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    Lektionen der Geschichte - DER TULPENCRASH - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 27.02.01 22:09:56 von
    neuester Beitrag 27.02.01 22:14:49 von
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      schrieb am 27.02.01 22:09:56
      Beitrag Nr. 1 ()
      Der Tulpencrash

      Heiße Tipps von Börsengurus und 4000% in wenigen Wochen. »Verrückte neue Welt«, könnte man denken, aber so neu ist das Phänomen der Kurshysterie nicht. Bereits im 17. Jahrhundert erlebten die Niederlande den Börsenvirus. Er kam duftend und in bunten Blättern – und sein Name war Tulpe.

      Wer sich heute einen Strauß Tulpen auf den Ostertisch stellt, ahnt meist nicht, welch tragische Geschichte mit dieser Blume verbunden ist. Doch was dem modernen Kleinanleger die Aktie von Mobilcom oder EM-TV, das war den holländischen Webern und Apothekern des 17. Jahrhunderts die Tulpenzwiebel. In einem hysterischen Rausch stürzten sich zwischen 1633 und 1637 immer mehr Holländer in den Handel mit der exotischen Blume. Konnte man anfangs bereits für den Gegenwert eines Humpen Biers in das Geschäft einsteigen, wurden zum Höhepunkt des Tulpenwahns Preise gezahlt, für die man eine Handelsflotte hätte kaufen können. Das Ende des Massenbegehrens war wenig rühmlich aber unausweichlich. Innerhalb weniger Tage verlor die Tulpe im Frühjahr 1637 über 90 Prozent ihres Wertes und stürzte so manche Familie in den Schuldturm oder Hungertod. Die Welt hatte den ersten Crash ihrer Geschichte erlebt und noch heute verpflichten Banken ihre jungen Investmentbanker zum Studium des Tulpenwahns.

      Es waren Kaufleute und Diplomaten, die in der Mitte des 16. die ersten Tulpen vom Hof des osmanischen Sultans mit nach Europa brachten. Anfangs interessierten sich nur Gelehrte für die neue Pflanze. Mit der Zeit jedoch wurden reiche Kaufleute auf die schmucke und höchst seltene Pflanze aufmerksam. Sie waren bereit, gutes Geld zu zahlen und erste Züchter nahmen sich der Sache an. Da sich Tulpen nicht nach Belieben vermehren lassen, überstieg die Nachfrage bald das Angebot und die Beete wurden scharf bewacht. Für weiteren Auftrieb sorgte paradoxerweise eine Krankheit, der »Mosaikvirus«. Von Blattläusen übertragen, bewirkte der Erreger eine unkontrollierbare Farb- und Formänderung der Blütenblätter. Die Blumen entwickelten zum Entzücken der Züchter geflammte Farbmuster, die mit den ausgefallensten Namen belegt wurden. So waren die »Semper Augustus«, die »Admiral Liefkens« oder die »Generael der Generaelen von Gouda« besonders begehrt. Durch die entstehende Vielfalt konnten die Blumenliebhaber jede Saison mit einer neuen, erregenden Schönheit gelockt und versorgt werden. Da die Muster nicht durch Züchtung sondern zufällig entstanden, stiegen die Preise für seltene Arten stetig und schnell. Das Geschäft begann zu blühen. Um nicht auf minderwertigen oder aus der Mode gekommenen Tulpen sitzen zu bleiben, begannen die Züchter, ihre Ware auf Jahrmärkten zu vertreiben. So lernten auch Bauern, Arbeiter und Polderjungen die Tulpe kennen – und schätzen…

      Die Niederlande befanden sich damals im goldenen Zeitalter. Von spanischer Knechtschaft befreit, hatte ein amerikanischer Traum den aufstrebenden Staat erfasst. Tatsächlich war es im Gegensatz zum restlichen Europa selbst Bauern und Handwerkern möglich, über Handel reich zu werden. Die Tulpe wurde für viele der Unterprivilegierten zum Symbol für den leichten, nicht rußgeschwärzten oder rückenlahmen Reichtum. Je mehr Weber und Schmiede ihr Handwerkszeug beliehen, um in den Handel einzusteigen, um so höher stiegen die Preise für das anfangs knappe Gut. Das Geschäft schien todsicher und schon bald koppelte es sich von der Realität ab. Die Händler kauften und verkauften nur mehr untereinander. Keiner von ihnen hatte ernsthaftes Interesse an den Tulpen. Kaufen, verkaufen, Gewinn einstreichen – darum ging es.

      Um nicht an die kurze Pflanz- und Blütezeit gebunden zu sein, begannen die Floristen Zwiebeln zu verkaufen, die noch in der Erde lagen. Ein Derivatesystem entwickelte sich, dass noch heute an den Börsen üblich ist. So konnte man ganzjährig die Option auf eine bestimmte Anzahl Tulpenzwiebeln kaufen und gleich wieder verkaufen. Der Handel wurde über Wechsel abgeschlossen, sodass immer seltener tatsächliches Geld den Besitzer wechselte. Windhandel nannten die Holländer dieses Verfahren – nicht ohne Grund, denn das Geschäft barg viele Risiken. So konnte niemand vorhersagen, wie die Tulpe aussehen würde, kam sie im Frühjahr endlich aus der Erde. Auch war nicht sichergestellt, dass der Verkäufer die Zwiebeln tatsächlich besaß. Zudem wechselte eine Zwiebel zwischen der Pflanzung und der Blüte so oft den Besitzer, dass sich im Chaos der gewechselten Wechsel die Spur verlieren konnte. Doch die Gier überstieg jedes Nachdenken. In einem lustigen Treiben kauften und verkauften sich die Floristen ihre Knollen untereinander bei steigenden Preisen. Dass die Geschäfte in Schankhäusern abgewickelt wurden war dabei Sitte und Brauch. Möglichst im Vollrausch galt es zu handeln. Ein kompliziertes Ritual regelte die Verhandlungen, die, ob man sich einig geworden war oder nicht, mit einem Umtrunk beendet werden mussten.

      Anfang Februar 1637 brach das System der Trunkenen in sich zusammen. Zweifel hatten sich eingeschlichen und die ersten begannen, ihre Erlöse nicht weiter in Tulpen zu investieren. Der Faden riss und die Zahl der Verkäufer überstieg mit einem Mal die Zahl der Käufer. Als sich am 4. Februar bei einem Händlertreffen in einer Haarlemer Schankstube herausstellte, dass keiner der Anwesenden bereit war, zu steigenden Preisen zu kaufen, begann der Tulpenwert zu purzeln. Einmal ins Rutschen gekommen, gab es kein Halten. Innerhalb weniger Tage verbreitete sich die Neuigkeit im ganzen Land und so mancher, der noch vor einer Woche sein Haus versetzt hatte, um eine »Viceroy« zu erwerben, konnte sich für die blasse Zwiebel gerade noch ein Stück Käse kaufen.

      Bei allem Übel jedoch führte dieser Crash dazu, dass ganz Europa auf die Tulpe aufmerksam wurde und die verführerische Pflanze mit eigenen Augen sehen wollte. Die Holländischen Züchtern begannen, ihre Tulpen ins Ausland zu liefern und setzten so den Grundstein für die Vorherrschaft im internationalen Blumenhandel, der noch heute besteht.

      Wer sich für das Thema interessiert, dem sei das Buch »Tulpenwahn« des englischen Historikers Mike Dash empfohlen. Im Classen Verlag erschienen, kostet es DM 36.

      von Christian Nink
      Avatar
      schrieb am 27.02.01 22:14:49
      Beitrag Nr. 2 ()
      oder das Buch "Der Tulpenkönig" von Christie Dickason, erschienen im Bastei Lübbe Verlag


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