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    Rot-Grün hat versagt: Die gesetzliche Krankenversicherung kollabiert - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 30.08.01 19:33:40 von
    neuester Beitrag 12.07.07 12:07:11 von
    Beiträge: 1.210
    ID: 464.319
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      schrieb am 30.08.01 19:33:40
      Beitrag Nr. 1 ()
      Berlin - Die gesetzliche Krankenversicherung steuert auf ein neues Rekorddefizit zu. Die Kaufmännische Krankenkasse KKH teilte am Mittwoch in Hannover mit, für die erste Hälfte dieses Jahres werde mit einem Minus von rund fünf Milliarden Mark (2,56 Milliarden Euro) gerechnet. Preistreiber seien besonders die Ausgaben für Arzneimittel und für Krankengeld.

      Acht Milliarden Mark Verlust für Gesamtjahr?

      Die KKH bestätigte damit Meldungen der "Frankfurter Rundschau" und der "Financial Times Deutschland". Die "Süddeutsche Zeitung" berichtete, der Sachverständigenrat für das Gesundheitswesen sehe das deutsche System in einer tiefen Krise. Laut "Frankfurter Rundschau" wird im Umfeld des Berliner Gesundheitsministeriums für das Gesamtjahr ein Verlust von acht Milliarden Mark erwartet. Ursprünglich sei ein Minus von sechs Milliarden Mark einkalkuliert worden.

      Beiträge könnten um 0,3 Prozentpunkte steigen

      Beitragserhöhungen werden nicht ausgeschlossen. "Sie könnten bei 0,3 Prozentpunkten liegen", sagte die Leiterin der Berliner Außenstelle des Verbandes der Angestellten-Krankenkassen (VdAK), Eva Walzik, der "Financial Times Deutschland". Derzeit liegt der durchschnittliche Beitragssatz für die gesetzliche Krankenversicherung bei 13,6 Prozent.

      "Partielles Versagen der Selbstverwaltung"

      Vor diesem Hintergrund wird der Sachverständigenrat für das Gesundheitswesen zusammen mit Ministerin Ulla Schmidt (SPD) am Donnerstag sein neues Gutachten zur Unter- und Überversorgung chronisch Kranker vorstellen. Der "Süddeutschen" zufolge halten die sieben so genannten Gesundheitsweisen vor allem die Aufgabenteilung zwischen Gesetzgeber und Verbänden für reformbedürftig. In ihrem fast 1.000 Seiten umfassenden Bericht stellten sie ein "partielles Versagen der Selbstverwaltung" fest. Die Organisationen von Kassen und Ärzten bräuchten zu lange, um Gesetze umzusetzen und so Mängel zu beheben. Besonders kritisch beurteilten sie die Behandlung von Brustkrebs in Deutschland (Bericht zum Thema). Auch der Umgang mit Medikamenten sei geprüft worden, berichtet das Blatt.

      Studie: Gesundheitswesen teuer, aber nur Mittelfeld

      Die Studie ist der dritte Band eines Gesamtgutachtens. Die ersten beiden Bände hatten die Sachverständigen bereits im März präsentiert. Danach ist das deutsche Gesundheitswesen zwar sehr teuer, liegt aber bei der Lebenserwartung und der Versorgungsqualität nur im Mittelfeld. Aufgabe der Gesundheitsweisen ist es, die Politik zu beraten und Vorschläge für Reformen im Gesundheitswesen zu erarbeiten. Die Politik kann die Vorschläge aufgreifen, muss es aber nicht. Das Gremium erstellt die Gutachten im Auftrag des Gesundheitsministeriums. (sa/dpa)
      Avatar
      schrieb am 30.08.01 19:37:05
      Beitrag Nr. 2 ()
      das passierte nur weil ich die letzten 20 jahre da versichert war.
      jetzt bin ich gerade dabei einen privatversicherer zu ruinieren.

      DBV
      Avatar
      schrieb am 30.08.01 19:40:46
      Beitrag Nr. 3 ()
      :laugh: :laugh:
      Avatar
      schrieb am 30.08.01 20:09:49
      Beitrag Nr. 4 ()
      @DBV: :laugh::laugh:

      Gruss
      dickdiver
      Avatar
      schrieb am 30.08.01 22:52:25
      Beitrag Nr. 5 ()
      Und da hatte uns doch Rot/Grün vor bzw.nach der Wahl versprochen, die
      Lohnnebenkosten unter 40 % zu drücken und dafür
      wären die Leute auch bereit hohe Ökosteuer zu bezahlen.
      Denn geringere Lohnnebenkosten würde dazu beitragen
      , die Arbeitslosigkeit zu vermindern.
      Jetzt haben wir den Salat !!! Wir zahlen hohe
      Ökosteuer und Lohnnebenkosten über 40 % und haben steigende Arbeitslosenzahlen!!!! Und
      was haben jetzt die Bürger von der angeblich
      großartigen Politik von Rot/Grün jetzt gewonnen ???

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      Avatar
      schrieb am 30.08.01 22:56:11
      Beitrag Nr. 6 ()
      @LG,

      gute Frage! Auf DIE Antwort bin ich gespannt! Aber sie schleudern herum zwischen Aussitzen und blindem Aktionismus!Geile Politik, das! :D

      Jagger2000
      Avatar
      schrieb am 31.08.01 11:43:52
      Beitrag Nr. 7 ()
      Ich schätze, dass nach der Bundestagswahl Rot/Grün
      die Ökosteuer weiter kräftig erhöhen müssen, um nicht
      nur die maroden Rentenkassen, sondern zukünftig
      auch noch die maroden Krankenversicherungskassen finanziell
      zu finanzieren. Wenn die Arbeitslosigkeit weiter
      so steigt, brauchen die leeren Arbeitslosenkassen auch
      höhere Bundeszuschüsse. Ob da eine Politik der
      ruhigen Hand ausreicht, um die Probleme zu lösen !!!!
      Avatar
      schrieb am 31.08.01 21:40:23
      Beitrag Nr. 8 ()
      Da kann man nur zustimmen !!!
      Avatar
      schrieb am 31.08.01 21:50:54
      Beitrag Nr. 9 ()
      Frage(provokativ): was haltet Ihr davon nicht mehr über jede
      Kleinigkeit zu jammern und zum Arzt zu rennen?

      Anregung(konstruktiv): jedes Krankenhaus müßte privatisiert werden; jeder Arzt sollte den "Unternehmerstatus" kriegen;
      keine öffentlichen Krankenkassen mehr.....
      Avatar
      schrieb am 01.09.01 07:23:47
      Beitrag Nr. 10 ()
      Wir alle haben es in der Hand Rot/Grün nächstes Jahr
      wieder ins zweite Glied zu rücken ! :cool:

      Aber wer kommt dann ? :eek::eek::eek:

      Ich hoffe, dass wir nach der
      nächsten Wahl eine grosse Koalition haben werden.
      Zumindestens wäre dies einmal ein Versuch wert !
      Mit Stoiber als Kanzler !


      Gruss

      Legend

      P.S. Rot/Grün muss weg, da überfordert !
      Avatar
      schrieb am 01.09.01 11:24:55
      Beitrag Nr. 11 ()
      Hallo,

      wir haben ein Dreiklassensystem:

      1. Privatversichertte (auch Politiker), die kriegen alles noch relativ günstig.

      2. Sozialhilfeempfänger, die kriegen alles gratis

      3. Leistungsträger, die sich aufgrund Ihrer Einkommensverhältnisse nicht abkoppeln können. Die bezahlen Beiträgen und evtl Leistungen noch extra. Danke setzen !

      Gruß WKY
      Avatar
      schrieb am 01.09.01 12:02:26
      Beitrag Nr. 12 ()
      Über das Stadium der Berechnungen und Ankündigungen sind wir inzwischen längst hinaus.
      Ich habe von meiner Kasse (bei der ich freiwilliges Mitglied bin) gerade heute die Beitragserhöhung in der Post gehabt.

      Und nicht nur über 0,3%, sondern gleich mal 0,5%.
      Der Arbeitgeber wird sich freuen. Ich mich natürlich auch :D:

      Begründet wird das mit der Höhe des Risikostrukturausgleiches.

      Übrigens (@schalker) gehöre ich zu denen, die eigentlich erst mit dem Kopf unterm Arm zum Doc gehen. - DZ
      Avatar
      schrieb am 01.09.01 13:28:53
      Beitrag Nr. 13 ()
      @Legend
      Stoiber als nächster Bundeskanzler, Schröder mit der
      ruhigen Hand als Vizekanzler und der verliebte Scharping
      als Familienminister klingt nicht ganz unsympatisch !!!
      Avatar
      schrieb am 01.09.01 16:33:57
      Beitrag Nr. 14 ()
      1) Der gesundheitsmarkt ist der größte Arbeitgeber deutschlands. Selbst der Direktor der Bundesanstalt für Arbeit hat bereits im Frühjahr 1998 in einer Pressekonferenz den verduzten Journalöisten gesagt, die Arbeitslosenzahlen seien nicht wesentlich gesunken, weil im gesundheitsystem massiv Personalkosten einhgespart werden.
      (Ein Krankenhaus hat bis zu 70% Personalkosten und beschäftigt ca. 1,3 Vollzeitkräfte pro Bett - das heißt bei der häufigen teilzeitarbeit, daß selbst ein mittleres Krankenhaus schon zu den großen Arbeitgebern zählt. es werden dort schnell 1000-1200 Mitarbeiter unmittelbar beschäftigt!! )

      2) Der Anteil der gesundheitskosten am BruttoSozialProdukt ist seit 20 Jahren praktisch unverändert gleich.

      Die Kosten für die Zahlungspflichtigen nehmen einzig und allein deswegen zu, weil es im GEGENSATZ zur angeblichen
      KOSTENEXPLOSION in Wirklichkeit eine IMPLOSION der BEITRAGZAHLER durch exorbitante Arbeitslosigkeit, die Alterspyramide u.ä. gibt.

      Wirklich konsequente Experten verlangen bereist seit langer zeit, daß man vom alten Bismarckschen MOdell der Lohnbezogenen Beiträge, welche einzig in der Bundesrepublik existiert, zu einem modernen Ertragsbezogenen Modell z.B. über eine Mehrwertsteuer-abhängige Steuer zu wechseln und dafür die Lohnbezogenen Beiträge abzuschaffen.

      3) Die gleichen Politiker, die großkotzig von nötigen Umwälzungen reden, kneifen den Schwanz in, wenn in ihrem Wahlkreis ein Krankenhaus wegen Mangelbelegung geschlossen werden soll oder der aberwitzige und leistungsfeindliche BAT leistungsorientierten Gehältern weichen soll.

      4) Kein Schwein interessiert, daß 20% der Ausgaben im gesundheitswesen nur für unsere 28 Zähne zum fenster herausgeworfen werden. (!)

      5) ES gibt jede Menge Qualitätsreserven im Gesundheitssystem. Doch nachhaltig gute PAtientenversorgung wird im deutschen Gesundheitswesen nicht belohnt - im Gegenteil. Ein perfides System von Einzelkostenabrechnungen ohne jede Qualitätskontrolle sorgt für zunehmende KAufmanns-Mentalität mit schnellem Abhaken abrechnungsfähiger leistungen bei den niedergelassenen Ärzten - kein Wunder, wenn man die 2. Hälfte des Quartals UMSONST arbeitet und nur noch KOsten produziert.

      6) Es ist im DAtenschutz-Eldorado Bundesrepublik untersagt, DAten von PAtienten zur Kontrolle der Qualität zusammenzuführen - das ist grotesk. Die Kassen bekommen ledoglich die gesamten Daten der Quartale von der KV - welche Leistungen bei den einzelnen Mitgliedern abgerechnet wurden, wissen die meist nicht.
      Mittlerweile ist bekannt, daß oft z.B. große Immigrantenfamilien regelmäßig die Angehörigen aus xxxx nach deutschland holt, damit die mit der Chipkarte (die hat noch nicht einmal ein Passbild!! ) auf Kosten des Deutschen gesundheitssystems behandelt werden - unter dem NAmen ihrer in Deutschland ansässigen Angehörigen.

      Andere VAriante:
      Eine geklaute Chipkarte kostet am Bahnhof ca. 200,-- DM.



      7) Sämtliche Experten aus der Praxis (ausser vielleicht Herrn Prof. LAuterbach) sind sich darüber einig, daß die angekündigte neue Abrechnungsmethode G-DRG`s eine Pleite sein wird. Diese Methode basiert im wesentlichen auf einem völlig anderen gesundheitssystem (Australien) und wird dort bereits mit großer Skepsis gesehen, weil es die erhoffte Transparenz nicht gebracht hat.

      Die Politik hat die Cance verpasst, ein von 3M patentiertes Codierungssystem einzuführen, welches in den USA bereits gezeigt hat, daß es die Risiken des PAtienten am besten spiegelt und daher eine wirklich leistungsbezogene bezahlung besser gewährleistet und eine Qualitätskontrolle besser gewährleistet.

      8) Die Apotheker sind heutzutage durch die Fortschritte der Pharmazie zu KAufleuten gewandelt - sie nehmen im Prinzip zu 99% nur noch Medikamente aus dem regal, tippen den Preis ein und kassieren - Wenn nur noch echte Apotheker-leistungen bezahlt würden, könnten viele Mrd. DM pro Jahr im gesundheitswesen eingespart werden.

      Fazit:

      Der Gesundheitsmarkt ist riesig: Es geht um 6oo Milliarden DM pro JAHR !
      Jeder will ein möglichst großes Stück vom Kuchen - den meisten ist der Patient egal - insbesondere den Krankenkassen. Immerhin ca. 6-7% der Beiträge der gesetzlichen Krankenkassen gehen für VERWALTUNGSKOSTEN drauf!

      Übrigens sind die Angestellten der AOK selber keine Mitglieder der AOK - die haben eine eigene - na, was wohl? BETRIEBSKRANKENKASSE !!!! *lol*

      Gruß

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 01.09.01 19:05:03
      Beitrag Nr. 15 ()
      Im Gesundheits(un)wesen hilft nur noch die große Sense !

      1. Alle Ärzte müssen in den freien Wettbewerb

      2. Alle Apotheker müssen in den freien Wettbewerb

      3. Alle Krankenhäuser müssen in den freien Wettbewerb

      4. Alle Krankenkassen müssen in den freien Wettbewerb

      dadurch würden die Ausgaben rapide sinken und die
      Qualität steigen.

      Es kann nicht angehen, das Apoteker eine gesetzlich garantierte
      Gewinnspanne haben !

      Es kann nicht angehen, das Standesvertretungen (Ärztekammer)
      bestimmen, wer, wann, wo, wie eine Praxis eröffnen darf !

      Es kann nicht angehen, das Ärzten die Preise für ihre
      Dienstleistungen vorgeschrieben werden !

      Es kann nicht angehen, das Medikamente in DLand teurer
      als irgendwo anderst auf der Welt verkauft werden und es nicht
      erlaubt wird, dass sich die Händler dort eindecken wo die
      Preise am günstigsten sind.

      Wichtigster Punkt:
      Alle Patienten müssen zumindest eine Kopie der Rechnung
      für ihre Arztbesuche bekommen. Damit wären die Kosten
      transparent und Abrechnungsbetrüger hätten weniger Chancen !


      An diesen Moloch traut sich keiner ran, warum nur ?

      HG
      Avatar
      schrieb am 02.09.01 10:07:36
      Beitrag Nr. 16 ()
      @LauraGerhard

      Rot-Grün wird es meiner Meinung nach mit Sicherheit nach der Bundestagswahl nicht mehr geben. Ich halte Rot-Gelb oder Rot-Schwarz für realistisch. :) :) :)
      Avatar
      schrieb am 02.09.01 10:41:38
      Beitrag Nr. 17 ()
      Übrigens dürfen sich jetzt englische Patienten auch auf dem Kontinent auf Kosten des englischen Gesundheitssystems behandeln lassen. Damit gibt die englische Regierung dem Druck der Patienten nach, der durch lange Wartezeiten zum Beispiel bei Hüftoperationen und Herzerkrankungen entstanden ist. Das Gesundheitssystem in England steht schon seit Jahren unter einem erheblichen Druck. Jetzt gibt es nicht genügend Ärzte die die erforderlichen OPs durchführen können. Schlecht für englische Patienten, gut für deutsche Krankenhäuser. Nach der Informationsgesellschaft kommt die Gesundheitsgesellschaft. Also seht die Krankenkassenbeiträge doch mal als Investitionen in den Standort Deutschland....
      Avatar
      schrieb am 02.09.01 18:07:00
      Beitrag Nr. 18 ()
      @Aktienkrieger
      Ich halte eine große Koalition Rot/Schwarz für
      am sinnvollsten. Grundlegende Reformen in den Sozialsystemen
      sind m.M. nur im Rahmen eines gesamtpolitischen Konsens
      möglich, wie dies auch in den Niederlanden vor Jahren
      erfolgt ist. Seit Blüm gibt es nur parteipolitisches
      Gezänk um eine Gesundheitsreform; außer etwas Kosmetik
      ist bis heute nichts wesentliches passiert !! Ärzte,
      Krankenhäuser, Pharmafirmen , Krankenkassen usw.
      verteidigen wie schon immer ihre Besitzstände !!
      Avatar
      schrieb am 02.09.01 18:30:20
      Beitrag Nr. 19 ()
      Hi,

      mal `ne prima Diskussion!
      Den Analysen von Deep Thought kann ich nur beipflichten! Wenn es nicht den drohenden Kollaps aller sozialen Sicherungssysteme gäbe, vor allem wenn wir annährend Vollbeschäftigung hätten, gäbe es einen großen teil dieser Probleme gar nicht!

      hangglider bringt es auf den Punkt: was das Gesundheitssystem ruiniert hat, ist diese unglaubliche Regulierung und Bürokratisierung, die immerschlimmer wird und jetzt bei Rot-Grün schon wahnhafte Züge annimmt. Vor allem die geplante Abschaffung der freien Arztwahl soll englische Verhältnisse bei uns bringen.
      Also:Klares Votum für Transparenz und Wettbewerb!!
      Ich wäre froh, meine kassenpatienten würde sehen, daß ich zB für eine 20minütige Zweitberatung 3.50 DM bekomme, ich würde gerne alle Zahlen offenlegen!

      @LG,
      wenn eine rot-schwarze Koaltion auch demokratiefeindlich wäre -sowas wird immer auch benutzt,demokratische rechte abzubauen - , ist es wahrscheinlich die einzige Möglichkeit, zu den notwendigen durchgreifenden Reformen zu kommen!
      Dass alle ihre Besitzstände verteidigen, muß man vor allem angesichts der Konzeptions- und Perspektivlosigkeit der derzeitigen Politik verstehen. Was alle Beteiligten brauchen, ist Planungssicherheit, von mir aus auch auf niedrigerem wirtschaftlichen Niveau!

      Übrigens sind die Apotheken UND vor allem die Pharmaindistrie bis jetzt fein raus, bluten mußten vor allem die Krankenhäuser und die Ärzte!

      Jagger
      Avatar
      schrieb am 03.09.01 02:02:13
      Beitrag Nr. 20 ()
      Solange die Krankenkassen Werbung: Bei uns kostet eine Krankenversicherung für einen 30jährigen Mann nur 199,- DM pro Monat... machen können kanns nicht so schlimm sein.

      Die Gesundheitsreform die schon zu Kohls Zeiten eingeführt wurde ist voll fürn Arsch. Meine Meinung.

      Ich bin z. Bsp. privat Versichert.
      Meine Frau hat an einem Wochenende ein Prob. also schnell ins Krankenhaus zu ner ambulanten Behandlung.
      Ablauf: Stationäre Aufnahme mit einem nicht benötigten Bett, Untersuchung, Röntgen, Verband, Entlassung auf eigenen Wunsch, usw.

      Rechnung: 425,- Tagessatz Krankenhausbett
      Rechnung für Ärztliche Leistungen 389,- DM.

      Das sind also 814,- DM Ausgaben für meine Krankenkasse. 3,5 Stunden Zeitverlust wegen einer eigentlichen Pagadelle.

      Ich könnte noch mehr erzählen.

      gruss
      Avatar
      schrieb am 03.09.01 08:14:15
      Beitrag Nr. 21 ()
      Deep Thought: "2) Der Anteil der gesundheitskosten am BruttoSozialProdukt ist seit 20 Jahren praktisch unverändert gleich.

      Die Kosten für die Zahlungspflichtigen nehmen einzig und allein deswegen zu, weil es im GEGENSATZ zur angeblichen
      KOSTENEXPLOSION in Wirklichkeit eine IMPLOSION der BEITRAGZAHLER durch exorbitante Arbeitslosigkeit, die Alterspyramide u.ä. gibt.

      Wirklich konsequente Experten verlangen bereist seit langer zeit, daß man vom alten Bismarckschen MOdell der Lohnbezogenen Beiträge, welche einzig in der Bundesrepublik existiert, zu einem modernen Ertragsbezogenen Modell z.B. über eine Mehrwertsteuer-abhängige Steuer zu wechseln und dafür die Lohnbezogenen Beiträge abzuschaffen."

      Das ist richtig, aber die Schlußfolgerung möchte ich nicht ganz übernehmen. Über Steuern per Bundeszuschuß sollten die Sozialleistungen bezahlt werden, z.B. die Krankenversicherung der Kinder. Der Lebenspartner sollte hingegen nicht mehr beitragsfrei mitversichert werden (ein Anachronismus!) und die Spreizung der Beiträge aufgrund unterschiedlichen Gehalts sollte man senken, damit mehr freiwillig Versicherte einen Anreiz haben, ihre höheren Beiträge an die gesetzlichen Versicherungen zu zahlen. Die bedarfsunabhängig niedrigen Rentnerbeiträge verstehe ich überhaupt nicht. Alleine diese Maßnahmen brächten solche Zuflüsse, daß der Durchschnittsbeitrag der Versicherungen um mehr als einen Prozentpunkt sinken könnte. Die Kostenkontrolle sollte über eine Beitragsrückerstattung laufen (wie bei den Privaten Versicherungen). Und auch dieser Punkt ist richtig: bei den Krankenhäusern hat man noch nicht richtig angefangen zu sparen außer beim Pflegepersonal. Aber hier blicken wohl nur Experten durch, wo genau die Einsparungen ansetzen müßten, ohne daß die Qualität der Versorgung leidet.
      Avatar
      schrieb am 03.09.01 20:51:54
      Beitrag Nr. 22 ()
      @ For4Zim

      Die Abhängigkeit der Krankenkassenbeiträge von der Lohnsumme ist völlig absurd - steigt damit auch das Risiko, zu erkranken?

      Dieses System bestraft ausserdem mittelständische Betriebe , Handwerker und z:B. die Krankenhäuser und Arztpraxen - kurzum diejenigen, die noch Arbeitsplätze schaffen in deutschland. Wer Arbeitsplätze wegrationalisiert, der gewinnt doppelt. Übrigens wie gesagt auch Krankenhäuser und Arztpraxen, die gigantische Mengen an menschen in Lohn und Arbeit halten.
      Über zwei Mio Menschen sind in deutschland unmittelbar im Gesundheitssystem beschäftigt.


      >>Und auch dieser Punkt ist richtig: bei den Krankenhäusern hat man noch nicht richtig angefangen zu sparen außer beim Pflegepersonal. Aber hier blicken wohl nur Experten durch, wo genau die Einsparungen ansetzen müßten, ohne daß die Qualität der Versorgung leidet.<<

      Lieber For4Zim - im Moment beschäftige ich mich relativ viel mit diesem Thema und ich muss Dir sagen Du bist auf dem Holzweg.

      Verwaltungsleiter und Controller der Krankenhäuser bestätigen, daß man z.B. beim Material an die äussersten Grenzen des Sparens angelangt ist.
      Die Ärzte in den Krankenhäusern schieben Hunderttausende von Überstunden ohne irgendwelche Bezahlungen und für einen Nachtdienst bekommt ein Arzt in der höchsten Belastungsstufe lediglich 80% des Stundenlohns.

      Ich habe am Sonntag die NAchfolgesendung des berühmten "Frühschoppens" mit Fritz Pleitgen gesehn - es hat mir die Schuhe ausgezogen!! DA setzen sich Journalsiten frech als "Experten" an den Tisch, denen die einfachsten FAkten nicht geläufig sind. Das war eine Bestätigungs-Orgie alter Mythen:

      Ärzte bilden sich nicht weiter
      Man muss sie dazu verpflichten
      Schade, daß es keinen Medikamenten-Regress gibt
      Ärzte führen im Wartezimmer politischen Kampf
      Ärzte erschleichen sich durch Falschabrechnungen gigantische Summen von den Gesetzl. KV`s

      etc etc

      Die Verpflichtung zur weiterbildung ist Bestandteil der Berufsordnung - seit JAhrzehnten. Nicht umsonst hat die deutsche Ausbildung im ärztl. und Pflegerischen Bereich und deutsche Ärzte im Ausland einen extrem hohes Ansehen - auch z.B. in der schweiz, die immer wieder deutsche Ärzte abwirbt.

      DAs Bundesverfassungsgericht hat den Regress für Verfassungswidrig bezeichnet. Er führte u.a. dazu, daß Ärzte, die z.B. mehr Physiotherapie verschrieben als der Durchschnitt, jedoch drastisch weniger Medikamente und damit den Kassen Hunderttausende an Medikamentenkosten ERSPARTEN in Regress genommen wurden, weil sie im Bereich Physiotherapie über dem Durchschnitt lagen. Eine echte Prüfung überden wirtschaftlich sinvollen Einsatz gibt es nämlich bei den Kassen nicht.

      Die Ärzte wurden von allen möglichen Interessenverbänden seit JAhren in den Schmutz gezogen - ich wundere mich eigentlich nur, daß man nicht früher einmal die Patienten über die FAkten im Wartezimmer aufklärte.
      Für die 3,50 DM, die Jagger 2000 für eine ausführliche körperliche untersuchung und Erhebung der Krankengeschichte bekommt, würde bei VW nicht einmal ein Azubi gegen das Vorderrad pinkeln.

      Der Abrechnungsbetrug schädigt die Krankenkassen nicht um einenn einzigen PFennig - es ist nämlich so, daß die Kassen den KV`s jedes Quartal einen bestimmten GESAMTBETRAG zur Versorgung der PAtienten zusichern. Die ärztlichen Leistungen werden nach einem Punktesystem bewertet - am Ende eines Quartals wird die Gesamtsumme in DM durch die Punktzahl dividiert - und dann erst weiß der Arzt, wieviel er am UMSATZ gemacht hat. Hohe Gesamtpunktzahl= niedrige Punktwerte= weniger Kohle. Durch die deckelung hat der Arzt nur durch NOCH mehr Leistungen die Chance, den Umsatz zu steigern - meist reicht es jedoch nur zum gleichen Umsatz, da alle Ärzte mehr arbeiten.

      Die Ärzte befinden sich im wirtschaftlichen Hamsterrad -denn mit steigender Leistung steigt auch der Anteil der variablen Kosten - und die werden ja nicht weniger, wie der Punktwert, sondern nehmen relativ zu den Gesamtkosten ZU.
      Irgendwann ist dann der Umsatz gleich den Sachkosten.

      Abrechnungsbetrüger schädigen also keineswegs die Krankenkassen, sondern nur die eigenen Kollegen, die ehrlich(er) abrechnen. Mittlerweile hat allein die KV Nordrhein 100 Sonderprüfer zur Identifikation der Betrüger eingestellt - denn die ehrlichen Kollegen sind konkret vom Konkurs bedroht.

      In der erwähnten sendung wurde auch von einem schwachköpfigen "Experten" die Querfinanzierung der gesetzl. leistungen durch die Privatkassen gefordert.

      Der Mann weiß einfach nichts über die Finanzierung unseres gesundheitssystems; denn jedes Krankenhaus greift in den neueren verträgen bis zu 90% der Privateinnahmen der Chefs ab, um - na, was wohl? - den laufenden betrieb der KH zu finanzieren. Ca. 30 % der Erträge kommen aus diesem segment.
      In den Praxen sieht es nicht anders aus:
      Die "Einnahmen" aus den Gesetzl. Krankenkassen reichen oftmals nicht einmal für Zins, Tilgung, Angestellte etc.
      Die Praxen könnten ohne die ständige Querfinanzierung durch die Privateinnahmen keine gesetzlich Versicherten mehr behandeln, da keine Kostendeckung erreichbar wäre.

      Besonders putzig war auch die Forderung der "Experten" nach mehr wettbewerb der Leistungserbringer - keine 60 sekunden danach kam jedoch die Forderung, Praxen und Krankenhäuser dichtzumachen - ja, was denn nun?

      Gut an dieser sendung war nur eine Situation: Als die sendung nach 11:45 auf Phoenix weiterging gab Fritz Pleitgen eine Frage eines Anrufers mit den Worten an einen Journalisten weiter: " Da weiß ich nichts drüber" der Anrufer schlagfertig: "Das glaube ich gerne!" :D

      DAs schlimme am gesundheitswesen ist, daß es zuviele "Experten" wie z.B. diese Journaille und Politiker gibt, die nicht den blassesten Schimmer haben - aber das MAul aufreißen.

      Gruß

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 03.09.01 20:57:14
      Beitrag Nr. 23 ()
      Nchtrag:

      Keineswegs sind es die Pflege-Stellen, die in den Krankenhäusern reduzeirt werden - denn eine Erbsünde der Sozialliberalen Koalition sind die Pflegepersonalverordnung:
      Da wird jeder Pups einer PFlegekraft in den Stellenschlüssel eingerechnet.
      Die Anhaltszahlen der Ärzte jedoch stammen aus dem JAhr 1972!! Und wurden seitdem nicht mehr angehoben - daher arbeiten Ärzte sich zum Amusement des Pflegepersonals halbtot.
      Glaubst Du, eine Pflegekraft würde auch nur 15 Min Überstunden machen ohne Entgelt oder nachts wie ein Arzt zu 80% oder weniger des Stundenlohnes arbeiten?

      Gruß

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 03.09.01 21:31:11
      Beitrag Nr. 24 ()
      Ich kann mich noch gut daran erinnern, daß in Witten oder in Saarbrücken die ötv die skurilsten Dinge durchsetzte: der Weg vom parkplatz zur Arbeit, das Umziehen etc alles galt schon als Arbeitszeit, es gab Negativstunden oder Doppelstunden (?), wenn ein feiertag auf einen Sonntag fiel; ich hab`s bis heute nicht kapiert und die Gewerkschaftsschergen auch nicht!

      Die Krankenhäuser mußten extrem unter diesem ötv-Bonzentum leiden, für mivch der Hauptgrund, damals als Betriebsrat aus ötv und SPD auszutreten.

      Die heutige Situation der Kassenärzte ist auch bizarr: sie werden von den Verbrechern am Grünen Tisch - deren einzige Aufgabe es ist, irgendwie ihre Sesselfurzer-Daseinsberechtigung nachzuweisen - verfolgt bis auf`s Blut und mit einem einem nicht endenwollenden Strom von Bestimmungen zu überziehen: das nennt man dann Qualitätssicherung: das Geld und die Zeit kostet es die Ärzte, in den Vergütungen speigelt sich dieser Aufwand nicht mit einem Pfennig wieder!

      Jagger
      Avatar
      schrieb am 03.09.01 22:58:02
      Beitrag Nr. 25 ()
      Gibt es eigentlich eine Möglichkeit, Bilanzen der Krankenkassen einzusehen?
      Mich würde einiges interessieren:
      Personal(kosten), Immobilien(kosten) usw.

      mfg
      Mr.Straetz
      Avatar
      schrieb am 04.09.01 09:18:47
      Beitrag Nr. 26 ()
      gesetzliche Krankenkassen sind dazu verpflichtet, Bilanzen offenzulegen - allerdings frisieren die genauso wie andere auch:
      z.B. wurden in der Vergangenheit Vertriebsmannschaften unter "Allg. Verwaltung" anstatt unter "Werbungsmaßnahmen" verbucht..... :D

      Gruß

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 04.09.01 15:55:57
      Beitrag Nr. 27 ()
      ich hatte noch vergessen, hangglider kräftig zuzustimmen.

      Ein typisches beispiel für die Doppelzüngigkeit der Politik und der Krankenkassen ist das Beispiel Hannover:

      Hier sind bereits 8-9 Kliniken der Stadt HAnnover unter einer Führung zusammengeführt und es werden innerhalb des nächsten halben JAhres noch einmal soviel werden - durch die Einbeziehung des Umlandes.
      anschließend wird m.E. natürlich eines passieren: die Kassen werden die Krankenhäuser im Umfeld alle schließen lassen.


      Was passierte:

      Die Krankenkassen haben sich strikt geweigert, die Umfirmierung in eine einzige GmbH zu akzeptieren - sie hätten dann nämlich einen einzigen PArtner am Tisch gehabt. So können sie jedoch jedes einzelne Krankenhaus einzeln abkochen und unter Druck setzen.

      Natürlich hat auch die Politik daran kein Interesse, denn dann wären die Gewerkschaften sofort auf der Matte.... die Zwangsbeförderung a la ÖTV in immer höhere Lohngefilde würde extremen politischen Druck machen. da läßt man es doch lieber beim alten..... man will vor allem ja eins: wiedergewählt werden!

      Am Beginn dieser Entwicklung war ein Manager, der radikal für Klarheit und wirtschaftliche Perspektiven gesorgt hat - er überlebte aus politischen Gründen nicht lange - die Politiker rieben sich die Augen: "Der macht Unruhe!"

      Eine weitere für das Klinikum gute Managerin wurde von den KAssen als Gegner höchst elegant unschädlich gemacht: Man machte ihr ein finaziell höchst attraktives Angebot, in den Krankenkassen-Vorstand zu kommen.

      Das ließ sie sich nicht zweimal anbieten.
      Zuvor ließ sie sich noch klinikumsintern strategisch wichtige Unterlagen zusammenstellen - und wechselte ohne irgendeine Vorwarnung von einem zum anderen Tag die Front.

      Hartes Business.....


      Übrigens wird der geplante Abbau von 100.000 Betten von insgesamt 565.000 Betten in Deutschland einen enormen Einfluss auf die Arbeitslosenzahlen haben.

      P.S.: Im Gefolge der Einführung der DRG´s in den USA sank die durchschnittliche Verweildauer der PAtienten um 18% !!
      Allerdings waren die Patienten oftmals in einem Pflegebedürftigen Zustand.
      Hier werden also Kosten von einem Topf in demn anderen gepackt, denn das ist nicht mehr der Krankenkassen-Topf, sondern die Pflegeversicherung.

      Wenn es in deutschland nicht die Trennung der verschiedenen Versicherungssysteme (Sozialversicherung, rentenversicherung, Krankenversicherung, Unfallversicherung,Pflegeversicherung) gäbe, würde nicht einer die Kosten in das Zuständigkeitsgebiet des anderen zu schieben versuchen, sondern man wäre gezwungen, die Probleme wirklich zu lösen.

      Gruß

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 08.09.01 09:34:38
      Beitrag Nr. 28 ()
      Die Lobby der Pharmaindustrie ist für die Rot-Grüne Regierung anscheinend zu stark um durchgreifende Reformen durchzuführen. Zudem sind in den Aufsichtsgremien der Krankenhäuser sehr viele Kommunalpolitiker tätig, die meiner Meinung nach ihren Parteien die Reform der Krankenhäuser erschweren/blockieren.
      Avatar
      schrieb am 08.09.01 10:23:39
      Beitrag Nr. 29 ()
      D.T. ich hoffe, Du bleibst uns lange erhalten, habe hier viel gelernt, da bislang zu einseitig gesehen. Danke.
      Avatar
      schrieb am 08.09.01 10:38:12
      Beitrag Nr. 30 ()
      Sehr gute Diskussion!!!
      ist fast eine Ausnahmeerscheinung in w:o geworden.
      und einige kennen sich auch sehr gut aus!!

      ein paar punkte die schon angesprochen wurden: die sogenannte Einnahmen-Ausgaben Schere fürht zum problem der beitragserhöhung, nich eine einfache kostensteigerung, die kosten sind tatsächlich kaum gestiegen.

      was mir sorgen macht, ist die zunehmende macht der krankenkassen, setztlich oder privat ist schon fast egal. sie haben einfach zu wenig medizinische fachkompetenz an bord. habe einige kennengelernt, die hatten vor zwei jahren nur einen betriebsarzt!!! also könnte zu medizinischen fragen wohl jedes unternehmen genauso kompetent mitreden. in den vergangenen jahren wurden gesundheitsmanagement oder ähnlich bezeichnete positionen eingerichtet - also haben viele kassen und versicherungen jetzt vielleicht 2 bis 10 ärzte an board. die ausstattung solcher positionen ist allerdings regelmässig (von einer mir bekannten ausnahme abgesehen) so unattraktiv, das sie für hochqualifizierte nicht in frage kommen - resultat ein ischen know how an bord - aber mitreden.
      und ein teil der versicherungsfachangestellten (nach meiner meinung der größte)kann nicht zwei schritte voraus denken (was passiert wenn ich hier eine leistungsübernahme verweigere - dann steigen die gesamtkosten auf das dreifache).


      der gesamte gesundheitbereich krankt vor allem an der bürokratie und der viezahl von interessensvertretern. gleich welche regierung, wenn dort nicht ausgemistet wird bleibt das system wie gehabt fast manövrierungsunfähig.

      es bestehen qualitätsdefizite, trotz internationaler anerkennung. daran ändert auch die verpflichtende weiterbildung nichts, da die meisten kurse die dort angeboten werden ganz einfach grottenschlecht sind.

      tja und die lieben kassen/versicherungen udn ihre verwaltungs-, vertriebs- und marketing werbung sonstigen kosten: allerdings da wird verschleiert, das bekommt man nicht raus, keine chance, zu viele töpfe.

      die leidtragenden sind patienten, und zwar ausschließlich. sicher haben auch ärzte ihre probleme, sie aber haben nur (und nicht so weit verbreitet wie bejammert) ein kosten oder ertragsproblem - die patienten haben ein kostenproblem und ein qualitätsproblem, nur wissen sie es zum teil nicht.
      Avatar
      schrieb am 08.09.01 13:41:00
      Beitrag Nr. 31 ()
      @ Aktienkrieger:

      Laß`Deine Fokussierung auf Rot-Grün weg...
      ALLE Parteien haben versagt, wenn es darum ging, grundlegend etwas zu ändern.
      Früher ist es nur nicht so aufgefallen, weil noch genügend Beitragseingänge vorhanden waren - und Politiker haben bis auf wenige Exoten nur im Sinn, bei Finanzierungsproblemen die Einnahmenseite wieder glattzustellen - d.h. steuer- bzw. Beitragserhöhungen bei den Versicherungssystemen deutschlands (Sozial-, Kranken-, Unfall-, Pflege- und Arbeitslosen-Versicherung) durchzusetzen bzw. in schmieriger Bilanzfälschung Einkünfte von einem Topf in den anderen zu "zaubern".
      Die versicherungssysteme sind langjährig gerade von den Politikern aller PArteien zum kurzfristigen Stopfen von Löchern im jeweilig daniederliegenden Versicherungs-System geplündert worden.
      Die Grünen haben einen Finanzexperten, der in allen PArteien als Hochkompetent anerkannt ist - er hat bereits in Frankfurt/M bewiesen, daß er als einziger ALLES infrage stellt, wenn es um SPAREN geht. Und gerade im Moment ist er der einzige, der beharrlich gegen die selbst von Eichel jetzt wieder angedachte ERHÖHUNG DER NEUVERSCHULDUNG ist.

      Deutschland hat nur eine einzige Chance:
      KOSTENFÜHRERSCHAFT in den Bereichen der zur Bewahrung des sozialen Friedens nötigen Versicherungssysteme.

      Und dafür müssen in ALLEN Bereichen des Gesundheitswesens heilige Kühe geschlachtet werden - massenweise.

      Seehofer z.B. ist von der Pharmaindustrie regelrecht geschlachtet worden. In dem Moment, wo er die versuchte, anzugreifen, war er politisch-klinisch tot.
      Zuvor hatte er die Kassen zu Recht wegen des verschwenderischen Umgangs der Gelder in Verwaltung und Vertrieb angegriffen - danach bekam er bereits hohes, bedrohliches, politisches Fieber. :D

      Die GESETZLICHEN Kassen haben z.B. anstatt im Wettbewerb durch Effizienz zu bestehen, Mitglieder richtiggehend versucht, zu kaufen. Jeder kennt die Diskussionen um die Bauchtanz-Sponsoren AOK und Konsorten. Das waren Vertriebsmethoden auf dem Niveau von Drückerkolonnen!

      In Düsseldorf ist eine nicht-gesetzliche Krankenkasse von der AOK übernommen worden.
      Aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen verlautet nun, daß die AOK-Gutsherren den um ihren Arbeitsplatz fürchtenden Angestellten der anderen Kasse klargemacht haben, daß eine Übernahme nur in Frage kommt, wenn die alten Mitglieder zur AOK wechseln.
      Jetzt betätigen sich die angsterfüllten Angestellten als Telefon-Aufreißer und belästigen die Mitglieder mit Anrufen, in denen sie wahrheitswidrig (?) den Mitgliedern die Vorzüge der AOK preisen - in Wirklichkeit geht es um den Arbeitsplatz - aber das wissen die gutgläubigen Mitglieder natürlich nicht...

      Bis jetzt hat noch keine Krankenkasse mit Erfolgen in ihrem Kerngeschäft - der Bereitsstellung möglichst guter medizinischer Behandlung und der Prävention - geworben... ich konnte mir sogar vorstellen, daß einige Krankenkassen nicht einmal über diese wichtigen Daten verfügen :D

      Wieso sollte denn z:B. der Vorstand einer gesetzlichen KV über interne Kostensenkungen nachdenken, wenn er auf DREIFACHE Art und Weise sogr BELOHNT wird, wenn ihm die Kosten davonlaufen:
      1) Er kann den alten Mythos bemühen, daß die Ärzte dafür verantwortlich seinen (Wie das bei gedeckelten Honoraren möglich sein soll, weiß nur der liebe Gott und der GKV-Vorstand). Beliebt sind auch die Hinweise auf den Abrechnungs-Betrugs-Mythos, den ich bereits in älteren beiträgen widerlegt habe (Stichwort: gesamtbetrag durch leitung gleich Punktwert).

      2) Er kann durch Hinweise auf Beitragserhöhung extremen politischen Druck auf die Koalition ausüben, die postwendend den Druck per Mythos Nr.1 auf die Ärzte weitergibt
      Er führt durch ungerechtfertigte Erhöhungen von sage wir einmal 0,2 % die Wut der Mitglieder an sich vorbei wiederum zu den Knechten im Gesundheitswesen: denjenigen, die im HAmsterrad die Dienstleistungen erbringen.

      3) Er holt sich einfach die verschwendeten Gelder vom Mitglied über Erhöhungen zurück - fertig ist die Laube.


      Und 4) Er zeigt so, daß er scheinbar nicht defizitär ist und genehmigt sich kräftige Gehaltserhöhungen.


      Die Wirtschaft rennt im Eiltempo auf eine Rezession hin - die derzeitigen Einnahme-Probleme sind erst der Anfang.

      Es ist bereits 15 min NACH zwölf.

      Gruß
      D.T.
      Avatar
      schrieb am 08.09.01 13:56:08
      Beitrag Nr. 32 ()
      was ich noch vergaß:

      Der sogenannte "Risikostrukturausgleich" ist natürlich bestens dazu geeignet, Milliardenbeträge von gut geführten KV zu den schlecht geführten KV`s zu transferieren.

      Mir sind GKV`s bekannt, die mit einem Schlag jetzt Stellen für "Disease-MAnagement" in ihrem Unternehmen schaffen.
      Bei den Einstellungsgesprächen soll sich teilweise herausstellen, daß die ärztlichen Bewerber klarere Vorstellungen von so etwas haben als ihre gegenübersitzenden potentiellen Arbeitgeber.

      Es werden durch private Anbieter, die solche Dienstleistungen als externe Unternehmen an die KAssen verkaufen (und damit reichlich Versicherten-Gelder abziehen) bereits in großem Umfang Raubzüge durchgeführt.
      Eine neue "New Economy".

      jetzt fragt sich sicherlich jeder Leser: "JA aber, warum stellen die GKV`s dann leute ein?"

      Die Antwort ist ganz einfach:
      Um in den genuß und den Segen der MILLIARDEN € durch den Raubzug im Zeichen des sogenannten Risikostrukturausgleiches (=RSA)zu kommen, muss man... na, was wohl?
      Nur nachweisen, daß man die entsprechenden PLANSTELLEN für Disease-MAngaement geschaffen hat.

      Dies wird auf billigste Art und weise gemacht:

      Junge, unerfahrene ärztliche Berufsanfänger für möglichst wenig Geld einstellen, damit die formalen Voraussetzungen geschaffen sind.

      Nur wenige Kassen beschäftigen sich wirklich ernsthaft inhaltlich mit diesem Problem - zumeist private KV´s, die inhaltlich und vorausschauend denken können - und durch die Zwangsabgaben im Rahmen des RSA hin zu den GKV´s gezwungen werden, NOCH wirtschaftlicher zu arbeiten.

      Fazit: Ruhige Hände von populistischen Polikern aller Parteien führen sicher an den Lösungen vorbei - aber alle glauben, es würde etwas getan...... :D

      Gruß

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 13.10.01 13:51:20
      Beitrag Nr. 33 ()
      Ministerium weist Forderung nach Gesundheitsreform zurück

      Berlin, 13. Okt (Reuters) - Das Bundesgesundheitsministerium hat erneute Forderungen der Wirtschaft nach einer schnellen und umfassenden Gesundheitsreform zurück gewiesen. "Leute, die immer von einer Gesundheitsreform reden, wollen oft das System zerschlagen", sagte eine Sprecherin am Samstag in Berlin. Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt hatte der "Berliner Zeitung" (Samstagausgabe) gesagt, die bisher in Angriff genommenen Einzelgesetze seien kein Ersatz für eine Strukturreform, sondern zeugten von orientierungslosem Aktionismus. Der erwartete Anstieg des durchschnittlichen Beitragssatzes werde Arbeitgeber und Arbeitnehmer zehn Milliarden Mark zusätzlich kosten. In der Krankenversicherung ließen sich rund 40 Milliarden Mark einsparen, sagte Hundt. Damit könne der durchschnittliche Beitragssatz ohne Einbußen in der Versorgung auf unter 12 Prozent gesenkt werden. Derzeit liegt der Satz bei 13,6 Prozent des Bruttolohns und könnte nach Erwartungen des Gesundheitsministeriums nach Beitragsanhebungen auf durchschnittlich 13,8 Prozent steigen. Der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, Dieter Philipp, warf der Bundesregierung vor, ihr Ziel, die Sozialabgabenquote bis zur Wahl 2002 auf unter 40 Prozent zu senken, habe sich als Fata Morgana erwiesen. Dies habe negative Folgen für Wachstum und Arbeitsplätze, sagte er dem Blatt. Die Sprecherin des Gesundheitsministeriums bekräftigte, es werde in der laufenden Legislaturperiode keine umfassende Gesundheitsreform mehr geben. "Wir können das Gesundheitswesen nicht von jetzt auf gleich umstricken", sagte sie Reuters. Das Ministerium habe bereits eine Reihe von Maßnahmen auf den Weg gebracht, um Kosten zu senken. Forderungen nach einer großen neuen Reform liefen darauf hinaus, dass den Leuten etwas weggenommen werden sollte, sagte die Sprecherin. Die Menschen zahlten jedoch hohe Beiträge und erwarteten dafür auch eine Gegenleistung. Es gebe bereits jetzt keine Luxus-Versorgung. Abrechnungsbetrug von Ärzten kostet die Kassen nach eigener Einschätzung bis zu 1,5 Milliarden Mark im Jahr. Der Chef der kassenübergreifenden Arbeitsgruppe "Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen", Gernot Kiefer, sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstagausgabe), bis zu 20 Prozent der Ärzte rechneten regelmäßig oder unregelmäßig falsch ab. Mit teilweise krimineller Energie würden etwa Laboruntersuchungen mehrfach abgerechnet, sagte Kiefer, der auch Vize-Vorsitzender des Bundesverbandes der Innungskrankenkassen ist. Bundesärztekammer und Kassenärzliche Bundesvereinigung wiesen die Vorwürfe scharf zurück. "Nie sank Kassenpolemik tiefer als als mit Kiefer", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. Kiefer betrachte Ermittlungsverfahren als Urteile und laste die Komplexität der Abrechnungsvorschriften den Ärzten an. Dabei seien es die Kassen, die eine Modernisierung der Abrechnungsmodalitäten seit Jahren blockierten. cal

      Quelle: REUTERS
      Avatar
      schrieb am 14.10.01 10:41:45
      Beitrag Nr. 34 ()
      Gutes Forum!


      Frage:

      Was kann man Eurer Meinung nach konkret als Einzelner tun,
      damit die mißstände da endlich angepackt werden?

      Politisch anders wählen scheint kein Erfolgsrezept zu sein!
      Avatar
      schrieb am 14.10.01 11:29:29
      Beitrag Nr. 35 ()
      Berlin (AP) Die Verwaltungskosten der gesetzlichen Krankenkassen haben mit 14,3 Milliarden Mark im vergangenen Jahr einen Rekordstand erreicht.

      Das Bundesgesundheitsministerium bestätigte am Samstag in Berlin in Grundzügen einen entsprechenden Bericht der Tageszeitung «Die Welt». Die Kassen selbst warfen den Medizinern Abrechnungsbetrug vor. Ärzteorganisationen konterten, die Versicherer wollten nur von ihren hohen Verwaltungskosten ablenken.

      Allein im Westen seien die Verwaltungskosten seit 1989 um mehr als 50 Prozent gestiegen, heißt es in der «Welt» unter Berufung auf die Jahresstatistik für gesetzliche Krankenkassen des Ministeriums. Insgesamt lägen diese Kosten im Jahr 2000 um 2,1 Prozent höher als im Vorjahr (14 Milliarden Mark).

      Der FDP-Gesundheitsexperte Detlef Parr meinte: «Die gesetzlichen Krankenkassen gehen mit Geld ihrer Versicherten verantwortungslos um.» Sie hätten in der Vergangenheit immer wieder Kontrollmechanismen bis hin zu Regressforderungen bei den Ausgaben von Ärzten und Krankenhäusern verlangt. «Jetzt haben bei den Kassen selbst anscheinend alle Kontrollmechanismen versagt.» Parr forderte eine rasche Reform des Gesundheitswesens.

      Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft warfen der Bundesregierung schwere Versäumnisse in der Gesundheitspolitik vor und forderten ebenfalls eine durchgreifende Strukturreform des Gesundheitswesens. Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt sagte der «Berliner Zeitung», die verabschiedeten Einzelgesetze seien kein Ersatz für eine echte Reform, sondern «zeugen von hektischem und orientierungslosen Aktionismus». Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Michael Rogowski, nannte es unverständlich, warum die Regierung eine grundlegende Reform «verschleppt».

      «Krankenkassen zocken Milliarden ab»
      Zwischen Krankenkassen und Ärzten entbrannte ein heftiger Streit. Ursache ist der Vorwurf des Vorsitzenden der kassenübergreifenden Arbeitsgruppe Abrechnungsbetrug, Gernot Kiefer, immer mehr Mediziner würden betrügen und Schaden in Milliardenhöhe verursachen. Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung wiesen dies zurück und konterten: «Die Krankenkassen zocken bei den Versicherten Milliarden ab für Prachtbauten und Pensionsgehälter.»

      Kiefer warf den Medizinern vor, sie rechneten regelmäßig oder unregelmäßig unkorrekt ab. Der Innungskrankenkassen-Vorstand bezifferte in der «Neuen Osnabrücker Zeitung» den dadurch entstandenen Schaden auf bis zu 1,5 Milliarden Mark pro Jahr, die Zahl der beteiligten Ärzte auf bis zu 20 Prozent. Allein im vergangenen Jahr habe es 17.400 Ermittlungsverfahren gegen 1.600 Beschuldigte gegeben. Das entspreche einem Zuwachs von 30 Prozent. Als Beispiele nannte der Kassenmanager Abrechnung von Leistungen für längst verstorbene Patienten und die Nicht-Weitergabe von Herstellerrabatten.

      Die Ärztevertretungen warfen ihrerseits den Kassen vor, sie könnten ihre «exorbitanten Verwaltungskosten von zum Teil über sieben Prozent der Versichertengelder nur noch durch absurdeste Tatsachenbehauptungen versuchen zu kompensieren». Ermittlungsverfahren würden als Urteile gesehen. Die Komplexität der «zentimeterdicken Abrechnungsbibeln» werde «philisterhaft» den Ärzten angelastet.
      Avatar
      schrieb am 14.10.01 13:20:45
      Beitrag Nr. 36 ()
      Krankenkassen: Bis zu 1,5 Mrd DM Schaden durch Abrechnungsbetrug

      OSNABRÜCK (dpa-AFX) - Der Abrechnungsbetrug durch Ärzte erreicht nach Schätzung der Krankenkassen eine Größenordnung von bis zu 1,5 Mrd. DM pro Jahr. In der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag) bezifferte Innungskrankenkassen -Vorstand Gernot Kiefer die Zahl der beteiligten Ärzte auf bis zu 20 Prozent. Sie würden regelmäßig oder unregelmäßig unkorrekt abrechnen, sagte Kiefer, der auch Vorsitzender der kassenübergreifenden "Arbeitsgruppe Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen" ist. Allein im vergangenen Jahr habe es 17.400 Ermittlungsverfahren gegen 1.600 Beschuldigte gegeben. Das entspreche einem Zuwachs von 30 Prozent, sagte Kiefer. Als Beispiele nannte der Kassenmanager die Abrechnung von Leistungen für längst gestorbene Patienten und die Nicht-Weitergabe von Herstellerrabatten - etwa bei Kontrastmitteln für Röntgenaufnahmen oder bei Herzkathetern. Mit teilweise krimineller Energie würden Laboruntersuchungen mehrfach abgerechnet. BUND UND LÄNDER MÜSSEN KASSENÄRZTLICHE VEREINIGUNGEN ZWINGEN Der Nachweis sei auch deshalb schwierig, weil zum Beispiel Preisnachlässe an die Mediziner in Form von Reisen und Naturalrabatten gewährt würden oder bar an angebliche Fördervereine sowie Ehefrauen flössen. Zur besseren Betrugsbekämpfung forderte Kiefer, dass Patienten künftig die Abrechnung der Ärzte gegenzeichnen sollten. Außerdem müssten in allen Bundesländern Schwerpunkt- Staatsanwaltschaften eingerichtet und mit mehr Personal ausgestattet werden. Schließlich müssten Bund und Länder die Kassenärztlichen Vereinigungen zwingen, gezielter als bisher schwarze Schafe aufzuspüren, verlangte Kiefer. So sei es geradezu lächerlich, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen erst dann kontrollierten, wenn ein Arzt so viel abrechnet, dass er dafür theoretisch jeden Tag - einschließlich Sonn- und Feiertage - 16 Stunden hätte arbeiten müssen./ll/DP/jh/rh

      Quelle: DPA-AFX
      Avatar
      schrieb am 14.10.01 13:34:46
      Beitrag Nr. 37 ()
      es gibt doch sowieso kein sozial gerechtes gesundheitssystemn ...
      wer dem märchen glaubt is doch selber schuld ...

      es is halt wie im tierreich ...
      nur die harten kommen durch ...

      und geprügelt wird halt wieder mal auf die die sich nich wehren können ...
      pro patient 200;-- dm is doch eh ein witz ...

      wehe wennn da einer aus der reihe tanzt und nich glaubhaft begründen kann was wirklich los is ...
      und in einer maschinerie wie dem sogenannten gesundheitssystems is doch eh alles zum scheitern verurteilt was so großflächig angelegt is ...
      Avatar
      schrieb am 14.10.01 23:10:26
      Beitrag Nr. 38 ()
      Also, dies ist erneut der Beweis, daß die Kassen den Mythos des Abrechnungsbetruges zu LAsten der Versicherten ständig am Leben halten.
      Wie ich bereits zuvor erläuterte, sind die Geschädigten des Abrechnungsbetruges einzig und allein die ehrlichen Ärzte, denn DIESEN und NUR DIESEN wird von den betrügerischen Ärzten das geld entzogen (Erklärung siehe unten).

      Hinweis: In einer Woche wird das wissenschaftliche Institut der AOK den JAhresbericht vorlegen, in dem (theoretische)Einsparmöglichkeiten von bis zu 8,1 Mrd DM/Jahr allein im Medikamentenbereich errechnet wurden.

      Ihr könnt also den Wecker diesbezüglich stellen - in einer Woche werden die Nachrichten voll damit sein.

      Bereits vor 6 Monaten hatte das Institut eine Studie veröffentlicht, die nachwies, daß durch Internet-Apotheken mit HAuslieferung ca. 1,5 Mrd. DM eingespart werden könnten.
      Dies war den AOK-Vorständen keineswegs politisch recht... :D

      Übrigens kommen von den Ausgaben für MEDIKAMENTE nur ca. 55% bei den Medikamenten-Herstellern an - der Rest geht für den Vertrieb (ca. 10% Großhandel und ca. 30% Apotheke) drauf - ein absoluter Anachronismus.

      Und was auch kaum jemand weiß:

      Auch im Medikamentenbereich werden die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) von den Privaten Kassen (PKV)querfinanziert:

      Die GKV`s zahlen im Gegensatz zu den PKV-Patienten für viele Medikamente lediglich erheblich niedrigere Festpreise und erhalten darauf einen zusätzlichen Rabatt von derzeit 5%, der demnächst auf 6% erhöht werden soll.

      Die erheblich höheren Margen bei den PKV-PAtienten dienen zur Verbesserung der niedrigeren MArgen bei den GKV`s.


      Gruß

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 20.10.01 20:44:57
      Beitrag Nr. 39 ()
      Magazin - Barmer und DAK erhöhen Beiträge 2002 um 0,5 Punkte

      Berlin, 20. Okt (Reuters) - Die beiden größten deutschen Krankenkassen, Barmer und DAK, werden ihre Beitragssätze im nächsten Jahr nach einem Bericht des Magazins "Der Spiegel" jeweils um mindestens 0,5 Prozentpunkte erhöhen. Entsprechende Beschlüsse würden für die Verwaltungsratssitzungen der Kassen Ende November vorbereitet, hieß es in einem am Samstag verbreitetenden Vorabbericht unter Berufung auf interne Informationen des Bundesgesundheitsministeriums. Ursache seien vor allem die gestiegenen Arzneimittelkosten. Spitzenbeamte des Ministeriums erwarteten nun, dass der durchschnittliche Beitragssatz aller gesetzlich Krankenversicherten 2002 von derzeit 13,6 Prozent auf über 14 Prozent des Bruttolohns ansteigen werde. Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums sprach von reiner Spekulation. Der Schätzkreis beim Bundesversicherungsamt berate erst Ende des Jahres über die Finanzentwicklung in den sozialen Sicherungssystemen. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) geht nach früheren Angaben einer Sprecherin davon aus, dass der Beitragssatz der gesetzlichen Krankenkassen im nächsten Jahr um 0,2 Prozentpunkte ansteigen und damit unter der 14-Prozent-Marke bleiben wird. Die Bundesregierung hat eine große Gesundheitsreform nach der Bundestagswahl im Herbst 2002 angekündigt, sich aber noch nicht auf einen konkreten Zeitpunkt festgelegt. Bereits vor einigen Wochen war Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) vom Regierungsziel einer Absenkung der Lohnnebenkosten auf unter 40 Prozent des Bruttolohns im Wahljahr abgerückt. Die Lohnnebenkosten setzen sich zusammen aus den Beiträgen zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung und liegen derzeit bei knapp 41 Prozent des Bruttolohns. kad

      Quelle: REUTERS
      Avatar
      schrieb am 05.11.01 23:44:54
      Beitrag Nr. 40 ()
      Aus einem anderen Thread:


      Laut entsprechender gesetzlicher Verordnungslage hat der Patient nämlich nur Anspruch auf Leistungen, die
      innerhalb der Grenzen des Wirtschaftlichkeitsgebotes des § 219 Sozialgesetzbuch V liegen.

      Diesem § zufolge müssen die Leistungender gesetzliche Krankenkassen

      1.ausreichend
      2.zweckmäßig und
      3. WIRTSCHFTLICH

      sein.

      In einschlägigen Kommentaren heißt es:

      " Die Leistungen dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Das Wirtschaftlichkeitsgebot bringt so deutlich zum Ausdruck, daß die Krankenkassen die Beiträge nur treuhänderisch verwalten und sie deshalb nur in strenger Bindung an den Versiucherungszweck ausgeben dürfen.
      Bewilligt eine KRankenkasse gleichwohl ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem recht in Mirtschaftlichkeitsgebotes Leistungen, MUSS IHR VORSTAND BEI VERSCHULDEN HIERFÜR EINSTEHEN"

      Damit geht die Verpflichtung und das persönliche Haftungsrisiko eines Krankenkassen-Vorstandes im Prinzip wesentlich weiter als die eines Vorstandsvorsitzenden eines Unternehmens am Neuen Markt, wie Andy Rösch z.B.

      Unternehmerische Fehleinschätzungen und -Leistungen eines Andy Rösch (so, wie ich persönlich das einschätze) hätten bei Krankenkassen gigantische finanzielle Ausmaße...

      Im Gegensatz zur Börse besteht nämlich im Bereich der Gesetzlichen Krankenkassen das KOSTENDECKUNGSPRINZIP.

      Für die meisten Unternehmen am Neuen Markt ist dies immer noch ein Fremdwort aus einer anderen Welt.... :D

      :D

      Gruß

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 06.11.01 00:12:16
      Beitrag Nr. 41 ()
      Das mit dem Abrechnungsbetrug halte ich für mehr als Real !!!

      Ich habe so einem Beutelschneider letztens mal ordendlich
      Bescheid stoßen müssen.

      Wäre ich nicht privat Versichert, hätte ich es gar nicht mitbekommen.

      Und da besitzt dieser Meditrüger noch die Frechheit zu behaupten,
      er könnte Privatpatienten nicht anders behandeln als Kassenpatienten !

      "Ihre Kasse bezahlt das doch !" war sein Hauptargument.

      Was mich aber am Meisten aufgeregt hat:
      Ich habe in diesem Fall bei meiner Privaten !!! Kasse nachgefragt,
      was ich gegen die unberechtigten Forderungen machen kann.
      Da kam die Antwort: "Das weiß ich nicht, wir bezahlen die
      eingereichten Rechnungen."

      Dieser Sumpf muß mit brutalen Mitteln ausgetrocknet werden !

      HG
      Avatar
      schrieb am 07.12.01 18:09:28
      Beitrag Nr. 42 ()
      Eindeutig klar ist, daß bei Abrechnungen der gesetzlichen Krankenkassen systembedingt nur die ehrlichen Ärzte die Geschädigten sind (Erklärung habe ich bereits geliefert)

      Aber JETZT wird es richtig spannend:
      Abermilliarden wurden WIRKLICH den Versicherten gestohlen.... von den GKV´s !!!!


      Übrigens ist mir zu Ohren gekommen, daß eine ganze reihe Mitarbeiter der DKV einen KOSTENLOSEN Dienstwagen OHNE Eigenanteil, nicht einmal Spritkosten fallen an) fahren (ja, so etwas gibt es bei Krankenversicherungen! )

      Soviel zum Thema Selbstbedienung.....


      (Quelle: Spiegel-online)

      PFLEGEVERSICHERUNG

      Liehen sich Kassen zinslos Geld?

      Mehrmals sollen sich die finanziell angeschlagenen Krankenkassen Kredite bei der Pflegeversicherung geholt haben. Zinsen wurden dafür angeblich auch nicht gezahlt.

      Hamburg (dpa)- Die Kassen hätten den Umstand ausgenutzt, dass sie die "eiserne Kasse" der Pflegeversicherung mitverwalten, berichtet die "Bild"-Zeitung, die sich auf einen Prüfbericht des Bundesversicherungsamtes beruft.
      Zur Deckung ihrer laufenden Ausgaben hätten Krankenkassen immer wieder auf Mittel der Pflegekasse zurückgegriffen. "Die der Pflegekasse entgangenen Zinserträge haben die Krankenkassen oftmals nicht erstattet", zitiert das Blatt den Bericht. Durch die zinslosen Kredite bei der Pflegeversicherung konnten die Kassen teure Bankkredite vermeiden.

      Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Horst Seehofer, kritisierte die Finanzpraktiken der Kassen scharf. "Eine Plünderung der Pflegekassen. Wir brauchen das Geld für die Kranken und Pflegebedürftigen und nicht zur Sanierung der verfehlten Gesundheitspolitik von Rot-Grün", sagte Seehofer.

      Der CDU-Sozialexperte Andreas Storm warf Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) vor, nicht gegen die Kredit-Praxis der Kassen zu Lasten der Pflegeversicherung einzuschreiten. "Gesundheitsministerin Schmidt schaut tatenlos zu, wie auch noch die Pflegeversicherung finanziell vor die Wand fährt."
      -----------------------------------------

      DAs sind die Kassen, deren Medizinischer Dienst (Inquisitionbehörde gegen Ärzte mit Mitarbeitern zweifelhafter Qualifikation) pflegebedürftigen Versicherten nur Pflegestufe Null geben und fassungslose Angehörige mit hilflosen Alten hinterlassen.... der Teufel soll sie holen!
      Avatar
      schrieb am 12.12.01 17:05:57
      Beitrag Nr. 43 ()
      ...sprechen die GKV`s nicht immer von den Ärzten als "Selbstbediener" ???

      Jetzt kommt erneut Stimmung auf.... nur leider, leider in der falschen Richtung:

      Man möge beachten, daß die GKV-Bosse im Gegensatz zu den Kassen-Ärzten eine Gehaltsgarantie und Null INVESTITIONSRISIKO haben....
      Zu den erwähnten BETRÄGEN DARF MAN SICHERLICH NEBEN SATTEN Spesen auch noch Oberklasse-Dienstwagen hinzurechnen...



      Höhere Gehälter als Minister


      Angesichts steigender Kassenbeiträge will das Bundesversicherungsamt die teils hohen Gehälter der Kassenvorstände eindämmen. „Es kann nicht sein, dass der Vorstand einer kleinen oder mittleren Kasse mehr verdient als ein Bundesminister“, sagte der Präsident der Behörde, Rainer Daubenbüchel, der „Bild am
      Sonntag“. Die Aufseher prüfen derzeit alle Verträge der Kassenvorstände, wie die Zeitung berichtet. Dabei habe es eine Vielzahl von Beanstandungen gegeben.

      Mehr als 100 Innungs- und Betriebskrankenkassen seien bereits gecheckt, berichtete das Blatt. In sechs Fällen verlange das Bundesversicherungsamt eine Kürzung der Gehälter, drei Kassen wehrten sich juristisch dagegen. Darunter befinde sich die
      Innungskrankenkasse Hamburg, wobei es nach Angaben des Hamburger Sozialgerichts um eine Gehaltserhöhung von rund 40 000 auf 175 000 Mark pro Jahr gehe, so die Zeitung.

      09.12.01, 13:25 Uhr , Focus-online
      Avatar
      schrieb am 12.12.01 18:34:54
      Beitrag Nr. 44 ()
      Ich habe heute eine Rechnung von meinem Arzt geschickt bekommen, und auf der Rechnung stehen auch die 1,10 DM Porto für den Versand der Rechnung und 10 DM für das Ausstellen der Arbeits-unfähigkeitsbescheinigung, obwohl ich so eine Bescheinigung weder bekommen habe, noch brauche.

      Jaja, die Halbgötter in weiß werden uns noch alle ruinieren. :mad:
      Avatar
      schrieb am 12.12.01 20:52:42
      Beitrag Nr. 45 ()
      also dieser thread hat mich ganz überrascht. da hat sich bei w:o eine perle aufgetan.

      ich habe - insbesondere lieber d.t. - keine ahnung vom ganzen kassen- und gesundheitssystem. aber eines weiss ich aus langer langer erfahren: solange die politik "es richten" soll, geht es den bachabwärts. ich habe viel mit politikern zu tun. um es vorsichtig auszudrücken: es gibt keinen berufszweig, vor dem ich weniger achtung hätte. so korrupt, machtvergessen, egoistisch, infantil/anti-intellektuell, unbedarft, sich-völlig-überschätzend, letztlich total unfähig... das könnte sich sonst kein berufsstand leisten. und die sollen ein so komplexes system "reformieren". völlig unmöglich.

      zur sache: es handelt sich letztlich nur um reine planwirtschaft. ein rum"doktern" hilft nichts. eine patent-lösung ist aber auch nicht in sicht.

      aber man müsste die spitzen, die abzocker rauskriegen, die großen absahner. und wer bescheisst, fliegt. wie der kleine kassier. wenn der einen hunderter wegsteckt, fliegt er auch.

      gruss
      Avatar
      schrieb am 14.12.01 19:30:56
      Beitrag Nr. 46 ()
      @ hangglider

      Du musst zwischen versuchen, zwischen 2 Dingen unterscheiden:

      1. Abrechnungsbetrug bei der gesetzlichen Krankenkasse:

      Hier wird viel betrogen.
      Aber WER wird betrogen:

      Wie ich bereits zuvor einmal schrieb, ist auf den Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen "der Deckel drauf" .
      Diese typisch vornehm-zurückhaltende Wortschöpfung der Politiker "Deckelung" beschreibt ganz einfach den Umstand, daß die GESAMTAUSGABEN im ambulanten Gesundheitswesen seit vielen Jahren nach oben begrenzt sind.

      DA jedoch bedingt durch die zunehmende Lebenserwartung die NAchfrage nach medizin. Leistungen exorbitant ansteigt (ca. 70% der jemals verursachten Kosten im Gesundheitswesen entstehen nun einmal in denletzten 5 Jahren des Patientenlebens) und der Fortschritt in der Medizin enorm voranschreitet steigen die Leistungen der Ärzte enorm an.
      Durch die Deckelung besteht jedoch nur ein bestimmtes bundesweites Gesamt-Budget für alle Leistungen.

      Das GKV-Abrechnungssystem teilt nun ganz einfach (in den einzelnen Kassen-Regionen ) das regionale Budget durch die Gesamtpunktzahl aller erbrachten Leistungen sämtlicher Ärzte eines Bereiches (z. B. aller Ärzte der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein) - daraus ergibt sich dann ein unverbindlicher Punktwert - Monate nach Erbringen der Leistungen! Erst dann weiß also der Arzt, was er an ungefähr UMSATZ gemacht hat.

      Als niedergelassener Arzt schreibst Du Dir nur Punkte gut, denn jede Leistung hat im GKV einen bestimmten Punktwert.
      Am Anfang dieses Systems bedeutete ein Punkt 0,10 DM.
      53 Punkte waren also 5,30 DM.

      Mittlerweile ist der Punktwert (genau weiß ich das nicht, ist nur ein ungefährer Anhaltspunkt)
      auf ca. 5,5 Pfennige abgesunken.

      Das entspricht einem Preisverfall von satten 45% !!!!
      (Von wegen Kostenexplosion)


      Durch das Abrechnungssystem ( Zahlung quartalsweise frühestens 3-4 Monate NACH erbrachter Leistung ) ist der Arzt stets in Vorkasse für die Kasse - das macht riesige Zins-Summen allein beim einzelnen Arzt aus. Das schlimme jedoch ist, daß das Budget jahresbezogen ist - daraus ergibt sich der endgültige Punktwert erst im Januar oder Februar des darauf folgenden Jahres.

      Die einzige Möglichkeit, den Umsatz zu steigern, besteht in mehr Leistung. Daraus ergibt sich jedoch (da das Gesamt-Budget gedeckelt ist) durch die Mehrleistung ein immer mehr verfallender Punktwert. Ein unendliches Hamsterrad für die niedergelassenen Arzt.

      Da die einzelnen Punktwerte bereits am Anfang dieses Punktsystems knapp kalkuliert waren, ist natürlich das, was einmal betriebswirtschaftlich als erforderlich zur kostendeckung errechnet wurde - dahin. Die derzeitigen Punktewerte sind für gewissenhafte Ärzte schon lange nicht mehr kostendeckend - von gewinnen ganz zu schweigen.
      Wie bedrückend das ist, kannst Du Dir möglicherweise vorstellen, wenn Du Dir vor Augen führst, daß eine neue Facharzt-Praxis mindestens 1 Mio DM Investitionen erfordert und eine kardiologische interventionelle Praxis oder andere Praxen locker bis 2-5 Mio kosten können. Mach Dir einmal klar, was das für eine Zinslast und Tilgung (nach 5 Jahren ist alles durch den technologischen Fortschritt völlig überholt) bedeutet!
      Bei einem Kassenpatienten kann der Arzt meist keinen gewinn erwirtschaften, allenfalls einen Teil der Fixkosten abarbeiten. Gewinn geht zumeist nur mit Privatpatienten.

      und nun zurück zum Abrechnungsbetrug:

      Das derzeitige Abrechnungssystem zwingt die Ärzte oftmals geradezu zum Betrug - denn für eine ausführliche körperliche Untersuchung, Erhebung der Krankengeschichte incl. Beratung bekommt der Arzt ganze 5,30 DM . Selbst der Hr. Gerster von der SPD, ein Mensch mit ungemein primitiver, von Sozialhass geprägter Argumentation, wird das nicht als Kostendeckend ansehen.

      DAher rechnen unehrliche Ärzte Leistungen ab, die sie nicht erbracht haben.

      DA jedoch das Gesamtbudget gleich bleibt, verliert in diesem system, wer ehrlich bzw. weniger betrügerisch abrechnet als die Kollegen - der Patient bzw. Beitragszahler verliert keinen einzigen Pfennig. Lediglich der Gesamtpunktwert steigt und daher sinkt der Geld-Punktwert noch schneller.

      Desweiteren ist das Gesundheitssystem eine gigantische Job-Maschine - ca. 4 Millionen Menschen haben dadurch einen Job!!!!




      So, jetzt kommen wir zur sogenannten Kostenexplosion des gsunheitswesen , eine weitere verlogene Wortschöpfung der Politik.

      Das zur Verfügung stehende Gesamtbudget ergibt sich aus den Zahlungen aller Mitglieder der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV), welche einen ARBEITSPLATZ haben - und da sind wir bei dem eigentlichen Problem des Gesundheitswesens:
      Der Arbeitslosigkeit!

      Die sogenannte Kostenexplosion ist lediglich eine BEITRAGSIMPLOSION!!! denn die Beiträge der 4 Mio Arbeitslosen fehlen schlicht und einfach zur Kostendeckung.

      Die Politik der Billigjobs verschärft die Situation dadurch, daß bei niedrigeren Löhnen natürlich auch der absolute Betrag, der vom einzelnen an die Krankenkassen gezahlt werden muss, niedriger ist - obwohl der Patient natürlich keineswegs gesünder ist, weil er weniger verdient - eine weitere Falle für das Gesundheitswesen.

      2. der Abrechnungsbetrug bei Privatpatienten:


      Bei Privatpatienten wird nach der Gebührenordnung für Ärzte abgerechnet.
      Hier entsteht ein echter Schaden für den Beitragszahler, denn eine überhöhte Rechnung erzeugt höhere Kosten.

      Daher haben alle Privaten Kassen (PKV) mittlerweile einen Kontroll-Service, der formal unberechtigte Abrechnungen bereits jetzt nicht erstattet.
      DArüber hinaus gibt es mittlerweile auch das Angebot, formal richtige, jedoch deFacto nicht erbrachte Leistungen herauszufinden. DAs erfordert allerdings die Mitarbeit des Patienten, da nur er weiß, welche Leistungen tatsächlich erbracht wurden und welche nicht erbracht wurden.

      Dies erlebe ich mittlerweile übrigens auch (als Kollege !!) und zahle das einfach nicht bzw. teile das der Kasse mit.

      Fazit:
      Bei der GKV werden nur ehrliche Kollegen betrogen, bei der PKV entsteht tatsächlich (langfristig durch nötige Beitragserhöhungen) ein Schaden für den Patienten.


      der größte Schaden entsteht jedoch bei den Ärzten der GKV: Sie werden von der Abrechnungspolitik des Systems seit langem (ebenso wie die Krankenhäuser)dazu gezwungen, Gewinne im Bereich der Privatpatienten zu einem erheblichen teil zur Subventionierung der Behandlung dr Kassenpatienten zu benutzen.

      Es werden also deFacto Milliardenbeträge der Privatpatienten zur Querfinanzierung der gesetzlichen Krankenkassen benutzt.

      Und anstatt das zu einzugestehen, bezeichnen die Politiker die Ärzte und Krankenhäuser als Betrüger - ist ja auch einfacher.

      Gruß

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 14.12.01 19:32:18
      Beitrag Nr. 47 ()
      @ hangglider

      Du musst zwischen versuchen, zwischen 2 Dingen unterscheiden:

      1. Abrechnungsbetrug bei der gesetzlichen Krankenkasse:

      Hier wird viel betrogen.
      Aber WER wird betrogen:

      Wie ich bereits zuvor einmal schrieb, ist auf den Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen "der Deckel drauf" .
      Diese typisch vornehm-zurückhaltende Wortschöpfung der Politiker "Deckelung" beschreibt ganz einfach den Umstand, daß die GESAMTAUSGABEN im ambulanten Gesundheitswesen seit vielen Jahren nach oben begrenzt sind.

      DA jedoch bedingt durch die zunehmende Lebenserwartung die NAchfrage nach medizin. Leistungen exorbitant ansteigt (ca. 70% der jemals verursachten Kosten im Gesundheitswesen entstehen nun einmal in denletzten 5 Jahren des Patientenlebens) und der Fortschritt in der Medizin enorm voranschreitet steigen die Leistungen der Ärzte enorm an.
      Durch die Deckelung besteht jedoch nur ein bestimmtes bundesweites Gesamt-Budget für alle Leistungen.

      Das GKV-Abrechnungssystem teilt nun ganz einfach (in den einzelnen Kassen-Regionen ) das regionale Budget durch die Gesamtpunktzahl aller erbrachten Leistungen sämtlicher Ärzte eines Bereiches (z. B. aller Ärzte der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein) - daraus ergibt sich dann ein unverbindlicher Punktwert - Monate nach Erbringen der Leistungen! Erst dann weiß also der Arzt, was er an ungefähr UMSATZ gemacht hat.

      Als niedergelassener Arzt schreibst Du Dir nur Punkte gut, denn jede Leistung hat im GKV einen bestimmten Punktwert.
      Am Anfang dieses Systems bedeutete ein Punkt 0,10 DM.
      53 Punkte waren also 5,30 DM.

      Mittlerweile ist der Punktwert (genau weiß ich das nicht, ist nur ein ungefährer Anhaltspunkt)
      auf ca. 5,5 Pfennige abgesunken.

      Das entspricht einem Preisverfall von satten 45% !!!!
      (Von wegen Kostenexplosion)


      Durch das Abrechnungssystem ( Zahlung quartalsweise frühestens 3-4 Monate NACH erbrachter Leistung ) ist der Arzt stets in Vorkasse für die Kasse - das macht riesige Zins-Summen allein beim einzelnen Arzt aus. Das schlimme jedoch ist, daß das Budget jahresbezogen ist - daraus ergibt sich der endgültige Punktwert erst im Januar oder Februar des darauf folgenden Jahres.

      Die einzige Möglichkeit, den Umsatz zu steigern, besteht in mehr Leistung. Daraus ergibt sich jedoch (da das Gesamt-Budget gedeckelt ist) durch die Mehrleistung ein immer mehr verfallender Punktwert. Ein unendliches Hamsterrad für die niedergelassenen Arzt.

      Da die einzelnen Punktwerte bereits am Anfang dieses Punktsystems knapp kalkuliert waren, ist natürlich das, was einmal betriebswirtschaftlich als erforderlich zur kostendeckung errechnet wurde - dahin. Die derzeitigen Punktewerte sind für gewissenhafte Ärzte schon lange nicht mehr kostendeckend - von gewinnen ganz zu schweigen.
      Wie bedrückend das ist, kannst Du Dir möglicherweise vorstellen, wenn Du Dir vor Augen führst, daß eine neue Facharzt-Praxis mindestens 1 Mio DM Investitionen erfordert und eine kardiologische interventionelle Praxis oder andere Praxen locker bis 2-5 Mio kosten können. Mach Dir einmal klar, was das für eine Zinslast und Tilgung (nach 5 Jahren ist alles durch den technologischen Fortschritt völlig überholt) bedeutet!
      Bei einem Kassenpatienten kann der Arzt meist keinen gewinn erwirtschaften, allenfalls einen Teil der Fixkosten abarbeiten. Gewinn geht zumeist nur mit Privatpatienten.

      und nun zurück zum Abrechnungsbetrug:

      Das derzeitige Abrechnungssystem zwingt die Ärzte oftmals geradezu zum Betrug - denn für eine ausführliche körperliche Untersuchung, Erhebung der Krankengeschichte incl. Beratung bekommt der Arzt ganze 5,30 DM . Selbst der Hr. Gerster von der SPD, ein Mensch mit ungemein primitiver, von Sozialhass geprägter Argumentation, wird das nicht als Kostendeckend ansehen.

      DAher rechnen unehrliche Ärzte Leistungen ab, die sie nicht erbracht haben.

      DA jedoch das Gesamtbudget gleich bleibt, verliert in diesem system, wer ehrlich bzw. weniger betrügerisch abrechnet als die Kollegen - der Patient bzw. Beitragszahler verliert keinen einzigen Pfennig. Lediglich der Gesamtpunktwert steigt und daher sinkt der Geld-Punktwert noch schneller.

      Desweiteren ist das Gesundheitssystem eine gigantische Job-Maschine - ca. 4 Millionen Menschen haben dadurch einen Job!!!!




      So, jetzt kommen wir zur sogenannten Kostenexplosion des gsunheitswesen , eine weitere verlogene Wortschöpfung der Politik.

      Das zur Verfügung stehende Gesamtbudget ergibt sich aus den Zahlungen aller Mitglieder der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV), welche einen ARBEITSPLATZ haben - und da sind wir bei dem eigentlichen Problem des Gesundheitswesens:
      Der Arbeitslosigkeit!

      Die sogenannte Kostenexplosion ist lediglich eine BEITRAGSIMPLOSION!!! denn die Beiträge der 4 Mio Arbeitslosen fehlen schlicht und einfach zur Kostendeckung.

      Die Politik der Billigjobs verschärft die Situation dadurch, daß bei niedrigeren Löhnen natürlich auch der absolute Betrag, der vom einzelnen an die Krankenkassen gezahlt werden muss, niedriger ist - obwohl der Patient natürlich keineswegs gesünder ist, weil er weniger verdient - eine weitere Falle für das Gesundheitswesen.

      2. der Abrechnungsbetrug bei Privatpatienten:


      Bei Privatpatienten wird nach der Gebührenordnung für Ärzte abgerechnet.
      Hier entsteht ein echter Schaden für den Beitragszahler, denn eine überhöhte Rechnung erzeugt höhere Kosten.

      Daher haben alle Privaten Kassen (PKV) mittlerweile einen Kontroll-Service, der formal unberechtigte Abrechnungen bereits jetzt nicht erstattet.
      DArüber hinaus gibt es mittlerweile auch das Angebot, formal richtige, jedoch deFacto nicht erbrachte Leistungen herauszufinden. DAs erfordert allerdings die Mitarbeit des Patienten, da nur er weiß, welche Leistungen tatsächlich erbracht wurden und welche nicht erbracht wurden.

      Dies erlebe ich mittlerweile übrigens auch (als Kollege !!) und zahle das einfach nicht bzw. teile das der Kasse mit.

      Fazit:
      Bei der GKV werden nur ehrliche Kollegen betrogen, bei der PKV entsteht tatsächlich (langfristig durch nötige Beitragserhöhungen) ein Schaden für den Patienten.


      der größte Schaden entsteht jedoch bei den Ärzten der GKV: Sie werden von der Abrechnungspolitik des Systems seit langem (ebenso wie die Krankenhäuser)dazu gezwungen, Gewinne im Bereich der Privatpatienten zu einem erheblichen teil zur Subventionierung der Behandlung dr Kassenpatienten zu benutzen.

      Es werden also deFacto Milliardenbeträge der Privatpatienten zur Querfinanzierung der gesetzlichen Krankenkassen benutzt.

      Und anstatt das zu einzugestehen, bezeichnen die Politiker die Ärzte und Krankenhäuser als Betrüger - ist ja auch einfacher.

      Gruß

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 22.12.01 13:34:13
      Beitrag Nr. 48 ()
      Geringere Zuzahlung für kleinere Medikamenten-Packungen geplant

      Berlin, 22. Dez (Reuters) - Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) prüft eine Senkung der Zuzahlung für kleinere Medikamenten-Packungen, um einen sparsameren Umgang mit Arzneimitteln zu erzielen. Der "Bild"-Zeitung (Samstagausgabe) sagte die Ministerin: "Wenn die Zuzahlung für Großpackungen bei zehn Mark bleibt und für kleine von acht auf fünf Mark sinkt, lohnt es sich, sparsamer mit Medikamenten umzugehen." Vor der Bundestagswahl im September 2002 werde sich aber nichts an der Zuzahlungsregelung ändern. Weitere Einsparmöglichkeiten böten sich bei den Fahrkosten. Schmidt schlug vor, dass die Krankenkassen Patienten-Fahrten mit Kleinbussen organisieren, um von den hohen Taxi-Kosten für Fahrten von und zum Arzt herunter zu kommen. Der starke Anstieg der Ausgaben für Arzneimittel ist nach Angaben der Krankenkassen mit verantwortlich für die Erhöhungen der Beitragssätze vieler Kassen zum 1. Januar 2002. kps

      Quelle: REUTERS
      Avatar
      schrieb am 22.12.01 14:12:49
      Beitrag Nr. 49 ()
      Frau Schmidt ist anscheinend dümmer als die Polizei erlaubt....

      Nehmen wir einmal ein Umsatzstarkes Präparat wie Captopril (gegen Bluthochdruckund Herzschwäche)eines Nachahmer-Herstellers (generika-Produzent) :

      Packungsgrößen sind praktisch bei allen Präparaten 20, 50 oder 100 Tbl. (heißen dann N1, N2, N3)

      Preis der Roten Liste von 1998 (Preise der GKV liegen sicherdarunter, aber es geht um die Proportionen des Kosten).

      Captopril 12,5 mg Hersteller Stada:

      N1 (hier 30 Tbl.) 30,72 DM
      N2 (50 Tbl.) 47,74 DM
      N3 (100 Tbl.) 86,77 DM


      Ein chronisch auf dieses Präparat eingestellter Patient mit 3x1 Tbl. /Tgl. als Medikation

      Kommt mit der N3 ein Quartal, N2 16 tage und N1 10 tage aus.

      1) Er muss also pausenlos zum Arzt rennen, um sich neue Rezepte abzuholen (kostet den Arzt betriebswirtschaftlich richtig Geld, die Krankenlkasse nicht, da ja Kosten gedeckelt, es entstehen u.a. genau die Taxikosten, die ja angeblich gespart werden sollen)

      2) Der Patient bezahlt darüber hinaus pro kleine Packung derzeit 8 DM, vielleicht in Zukunft 5 DM, jedoch für die N3 10 DM

      das heißt für den Patienten:

      100 Tbl. bei kleiner Packung: Derzeit DM 26,66 Zuzahlung, in Zukunft vielleicht DM 16,66 Zuzahlung, alle 10 tage zum Arzt für´s Rezept, persönliche Kosten durch Transport zum Arzt, dann zur Apotheke, evtl. 3 mal soviel Taxikosten, jede Menge verschwendete Zeit aller Beteiligten.

      100 Tbl. bei großer Packung (N3) : 10 DM Zuzahlung, nur 1 x pro Quartal zum Rezeptabholen (meist dann sowieso mit Untersuchung) nur 1x Transport.....


      Dazu kommen noch höhere Kosten pro Tbl. für die Kleinen Packungen, in diesem Falle
      für 100 Tbl. 102,42 DM (kleine Packung)
      für 100 Tbl. 86,77 DM (große Packung)

      Fazit:

      Mehrkosten füpr Krankenkasse:
      18% Zuschlag für Kleinpackung, bezogen auf 100 Tbl.
      200% Mehr-Kosten für Taxi, falls erstattungsfähig

      Mehrkosten für Patient:
      Bei Kleinpackung derzeit Aufschlag Rezeptgeühr pro 100 Tbl:
      167% !!!!!

      Mehrkosten für Arzt:
      10 min Sprechstundenhilfe ( alle damit verbundenen Tätigkeiten zusammengerechnet) = 5 DM
      dazu Anteilige Kosten für Rezeptformulare, Drucker, Buchführung, etc. ca. 2-3DM

      So, und jetzt erzähle mir jemand, wo da Kosten GESPART werden???????

      Dies ist ein gigantisches Abzock-Spiel zugunsten der gesetzlichen Krankenkassen, der Apotheker, der Taxiunternehmer, der öfentlichen Nahverkehrsbetriebe

      zu Lasten von:

      Patienten, Ärzten, Arbeitgebern (z.B. Fehlzeiten)

      und verschmutzt unsere Umwelt (Transportkosten, Umverpackungen, Formulare, Druckerbedarf)

      Einzig bei Neusinstellung auf bestimmte Präparate und so weiter ist das Verschreiben von N1-Packungen sinnvoll, bei Chronischer Medikation ist das reinster Wahnsinn, aber bei Politikern ist das ja der Normalzustand....

      Gruß

      d.T.
      Avatar
      schrieb am 22.12.01 18:47:25
      Beitrag Nr. 50 ()
      Rot-Grün hat im Gesundheitsbereich meiner Meinung nach total versagt. Ich glaube sogar das es bei Seehofer diese Kostenexplosion in diesem Ausmaße nicht gegeben hätte!
      Avatar
      schrieb am 23.12.01 14:58:02
      Beitrag Nr. 51 ()
      @ Moorfrosch:

      Wie ich bereits vorher gezeigt habe, gibt es KEINE KOSTENEXPLOSION !!!

      Unter Seehofer wäre das genauso gelaufen, denn das Entscheidende sind z.B. die Arbeitslosen, die nicht mehr aktiv Beiträge zahlen.
      Es gibt keine Kostenexplosion, sondern eine Beitragszahler_Implosion!

      Seehofer hat sich für etwas feiern lassen, was er nicht verdient hat:
      U.a. dafür, daß in einem Jahr die Kosten enorm gesunken sind (ca. 1994/95 ) Das war jedoch dadurch bedingt, daß Leistungen gestrichen wurden (u.a. Brillengestelle, Zahnersatz) und die Patienten im Jahr zuvor nachdem die Kürzungen bekannt wurden, diese Leistungen "noch schnell" im alten Jahr haben durchführen (oder zumindest in rechnung stellen)lassen.
      Das waren damals, wenn ich mich recht erinnere, ca. 8 Mrd. DM.

      Gruß

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 23.12.01 17:53:33
      Beitrag Nr. 52 ()
      Hallo,
      extrem gute Beiträge hier.

      Einer der neuesten Absurditäten der Kassen, um Medikamentenkosten zu sparen, ist die Weigerung für nicht offiziell zugelassene Indikationen in der Krebstherapie die Kosten zu übernehmen.
      Zytostatika sind teuer, das ist bekannt, insbesondere neue Zytostatika, bei denen sich die Hersteller den Entwicklungsaufwand vergolden lassen. Krebs ist zwar die zweithäufigste Todesursache, aber die Gesamtkosten für Zytostatika liegen unter 5 % der Ausgaben für Medikamente in der GKV. Für Kinder ist nebenbei bemerkt kein einziges Zytostatikum zugelassen. In der Regel werden Zytostatika für ein bis zwei Krebsarten vom Hersteller zugelassen, die Anwendung dehnt sich in der klinischen Praxis auf sehr viele andere Tumorarten oder Situationen aus. Die Anwendung einer Substanz außerhalb der zugelassenen Indikation (off label use) ist häufig die einzige Möglichkeit einer adäquaten Behandlung nach den neuesten Forschungsergebnissen. So wird kaum ein Hersteller eine Zulassung für seltene Tumore anstreben, da der Markt nicht so viel hergibt, um das teure Zulassungsverfahren auch nur zu amortisieren.
      Berliner Krebsärzte wurden nun mit Regressforderungen im 6 stelligen Bereich überschwemmt, da sie der gängigen Praxis folgten und Zytostatika off label verabreichten. Forderungen, die jede Praxis in den Ruin treibt, wenn sie anerkannt würde. Der Scheinheiligkeit nicht genug : Es wurden nur Regresse wegen der teuren Zytostatika erhoben, nicht wegen der billigen.
      Insbesonders hervorgetan hat sich die BKK Stadt Berlin, von denen der Ausspruch kam, daß die Kassen die Patienten vor den Onkologen schützen müßten. Onkologen haben ein abgeschlossenes Hochschulstudium in Medizin, eine 6 jährige Facharztausbildung zum Internisten und eine 2 jährige Zusatzausbildung zum Onkologen, eine der längsten Ausbildungswege in der Medizin. Und sie haben sicherlich nur darauf gewartet, daß ihnen ein Vertreter einer (finanz-) kranken Kasse endlich mitteilt, wie sie ihre Patienten richtig zu behandeln haben.
      Unter Federführung eines ehemaligen Universitätsprofessors im Fachgebiet Hämatologie, der die persönliche Enttäuschung über seinen Karriereknick zu einem globalen Rachefeldzug gegen seine ehemaligen Fachkollegen ausufern läßt, wurde eine „Positivliste“ erarbeitet, was die Kassen im Bereich der Krebstherapie zu übernehmen haben. Sollte sich dies als Anweisung durchsetzen, wird in Deutschland im ambulanten Bereich eine Onkologie der frühen 90 iger Jahre betrieben. Oder der Patient zahlt kräftigst mit (5 stellige Beträge sind keine Seltenheit).
      Auch hier wieder ein Beispielt, wie Sesselfurzer, die allenfalls mit einer Exceltabelle umgehen können, Entscheidungen treffen, die weit in das therapeutische Arzt-Patienten-Verhältnis eingreifen können. Die Überheblichkeit und Selbstüberschätzung dieser Gesundheitsverwalter wird nur noch durch deren Mangel an Fachkompetenz übertroffen.
      Es ist erklärter politischer Wille der Sonderschullehrerin Schmidt, nach der Neuwahl den Einfluß der Kassen weiter zu stärken.

      Grüße
      Avatar
      schrieb am 28.12.01 18:06:17
      Beitrag Nr. 53 ()
      Private Krankenkassen erwägen Klage gegen Pläne der Gesundheitsministerin

      BERLIN (dpa-AFX) - Die privaten Krankenversicherungen haben energischen Widerstand gegen die Pläne von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) angekündigt, den Zugang zu den Privatkassen massiv zu erschweren. Der Direktor des Verbandes der privaten Krankenkassen (PKV), Christoph Uleer, sagte der "Berliner Zeitung" (Samstagausgabe), Schmidts Pläne seien ein schwerwiegender Eingriff in die Rechte der Unternehmen sowie der Versicherten und daher verfassungsrechtlich höchst problematisch. Uleer drohte mit einer Verfassungsklage, um das Vorhaben zu Fall zu bringen. "Verfassungs- und europarechtlich haben wir durchaus Chancen, dagegen vorzugehen", sagte er. "Wir werden das PKV-System mit allen unseren Möglichkeiten verteidigen." "OHNE PRIVATE FEHLT GESUNDHEITSWESEN VIEL GELD" Der Verbandsdirektor argumentierte, die privaten Kassen seien eine wesentliche Stütze des deutschen Gesundheitswesens. Die Privatversicherten leisteten einen überproportionalen Beitrag zur Finanzierung des Gesamtsystems. Viele Ärzte könnten nur überleben, weil sie Privatversicherte behandelten. "Ohne die Privaten fehlt dem Gesundheitswesen viel Geld", sagte er. Zudem sichere der Wettbewerb zwischen privaten und gesetzlichen Kassen die Qualität im Gesundheitswesen. Schmidt hatte angekündigt, sie wolle die Grenze für eine Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung um mehr als 2.000 Mark auf rund 8.800 Mark (rund 4.500 Euro) anheben. Nur wer mehr als diesen Betrag verdient, könnte dann noch in eine private Krankenkasse wechseln./hi/bi

      Quelle: DPA-AFX
      Avatar
      schrieb am 02.01.02 23:31:23
      Beitrag Nr. 54 ()
      Die GKV kollabiert???

      Wenn sie`s nur täte!!!

      (Dann hätte die Medizin wieder eine Chance! :D )
      Avatar
      schrieb am 05.01.02 16:20:36
      Beitrag Nr. 55 ()
      Die geplante drastisch-dreiste Erhöhung der Bemessungsgrenze ist dann praktisch eine Kriegserklärung an die Marktwirtschaft und die Bestrafung aller Privatversicherten.
      Dieser Schritt käme einer Abschaffung der PKV gleich, die Prämien für diejenigen Mitglieder, welche bereits länger in der PKV sind, würden trotz eigentlich höherer Wirtschaftlichkeit der PKV`s explodieren.
      Politiker lösen nie Probleme, sie vergrößern nur das JAgdgebiet ihrer Plünderungen funktionstüchtiger SYsteme zur Verlängerung des Sterbens überholter Modelle.


      Es läuft wieder einmal nach dem gleichen, uralten Prinzip:
      Wenn Politiker Probleme
      1. schaffen
      und
      2. dann noch tatenlos zusehen, wie ihnen die Probleme über den Kopf wachsen
      und
      3. trotzig an sichtbar falschen (bzw. überholten) konzepten
      festhalten,
      dann zerstören sie bessere Konzepte durch Plünderung, damit
      4. die Erde aus Parteien-sicht weiterhin eine SCHEIBE bleibt.

      Diese regierung hat wirklich eine Ablösung verdient - das Problem ist nur:

      Die Parteien sind alle gleich schlecht.

      Mir kommt es so vor, als wenn man auf der sinkenden Titanic nicht über Rettungsstrategien nachdenkt, sondern sich hingebungsvoll einzig der Frage zuwendet, welches Schlusslied das Orchester spielen soll.....

      In der aktuellen Wirtschaftswoche ist zu lesen, daß auch nach der "Steuerreform" die Bundesbürger ca. 66% direkte und indirekte steuern zahlen - und es reicht nicht einmal für ein Gesundheitssystem, welches kostendeckend ist.

      Derweil spielen sich hinter den Kulissen wirklich dramatische Situationen ab:

      Der Anzeigenteil des (wöchentlich erscheinenden) Deutschen Ärzteblattes hat mittlerweile über 90 ( ! ) Seiten Stellenangebote.

      Von vielen Chefärzten und Kranlkenhausleitungen vernimmt man mittlerweile, daß sie keine qualifizierten Nachwuchskräfte mehr finden - wieso auch? Der Beruf des Arztes ist extrem unattraktiv - beschissene Arbeitszeiten (60-80 Std./Woche ) im Krankenhaus rund um die Uhr und ein Umfeld, wo man nur noch als Parasit des Gesundheitssystems angesehen wird und darüber hinaus eine extrem niedrige Lebenserwartung (drastisch unter derjenigen der Durchschnittsbevölkerung).

      Wenn das noch 1-2 Jahre so weitergeht, dann haben wir ein dramatisches Qualitätsproblem und dann dadurch bedingt eine erhebliche mittelfristige Kostensteigerung durch Folgekosten (vermehrte kurz- und langfristige Komplikationen)

      Damit wird auch die zusätzliche Quersubventionierung durch die Zahlungen hier im Land behandelter ausländischer Patienten (keineswegs unerheblich!) ausbleiben, was zu weiteren Einnahmeproblemen führen wird.

      Die Politik der letzten 20 Jahre ist ein Lehrbeispiel für forcierte Untätigkeit.

      Gruß

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 12.01.02 13:30:52
      Beitrag Nr. 56 ()
      Meinung der FAZ vonheute:



      Krankenversicherung: Laßt den Bürger wählen

      ami. Es ist eine Binsenweisheit, daß rechtzeitige Prävention im Gesundheitswesen den Kranken auf Dauer viel Leid und ihren Kassen viel Geld sparen kann. Auf bis zu 30 Prozent beziffern Experten das Einsparpotential, wenn Erkrankungen verhindert, verzögert oder in ihrer Schwere gemindert werden können. Deshalb ist es richtig, daß sich der Sozialverband Deutschland in die breite Phalanx aus Politik und Verbänden einreiht, die seit Jahren das Hohelied von der Vorsorge singt. Doch es steht schlecht um die Prophylaxe. Und das hat einen einfachen Grund. Vorsorge kostet viel Geld. Mehr jedenfalls als die 4 Prozent des Etats, die die Kassen bisher bereit sind, dafür auszugeben. Denen reicht das Geld schon heute kaum aus, um die Behandlung der Krankheitsfolgen zu finanzieren. Auch hier weiß der Sozialverband Abhilfe. Er will alle Erwerbstätigen in die gesetzliche Krankenversicherung zwingen. Mit der Forderung steht der Behinderten-Verband nicht alleine da. Für eine Einheitskasse hegen auch Gewerkschaften wie die IG Metall Sympathien. Doch Einheitskasse bedeutet letztlich auch Einheitsleistung. Was der einzelne aber vom Gesundheitssystem erwartet, das sollte jeder selbst beantworten können - zumindest jenseits einer Basissicherung. Die Wünsche werden unterschiedlich ausfallen. Entsprechend vielfältig müssen auch die Möglichkeiten ihrer Absicherung sein - einschließlich der Prävention.

      Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.01.2002, Nr. 10 / Seite 11
      Avatar
      schrieb am 14.01.02 09:46:11
      Beitrag Nr. 57 ()
      drastischer Ärztemangel voraussehbar.

      Bereits jetzt sind in Ostdeutschland nicht mehr ausreichend Praxisübernahmen von Ärzten, die in den Ruhestand gehen, durch junge Kollegen möglich.

      Immer mehr Praxen bleiben ohne Nachfolger.

      Es wird sich ein ähnliches Bild innerhalb der nächsten 10 Jahre auch im Westen ergeben.

      Bereits jetzt treten von rund 10.500 Medizinstudenten, die jährlich erfolgreich das 3. und letzte Staatsexamen antreten, ca. 3.000 nicht einmal mehr das zur vollen Approbation nötige praktische Jahr an, sondern wandern in die wesentlich attraktiveren Grenzbereiche der Industrie oder Verwaltungen ab.

      Dies sagt wohl genug über die Attraktivität des Arztberufes aus....

      Es braut sich eine weitere Folge der völlig falschen Politik an: Falls die drastische Erhöhung der Bemessungsgrenze tatsächlich eingeführt werden sollte, dann wird durch die zunehmend ausfallende Querfinanzierung des Systems der Gesetzlichen Krankenversicherung durch die private Krankenversicherung eine wirtschaftliche Führung einer Kassenpraxis nicht mehr möglich sein.

      Dieser Beruf wird dann nicht mehr die besseren, sondern die schlechteren und zusätzlich noch einige extrem engagierte Akademiker anziehen - mit fatalen Folgen für die Kostenentwicklung der nächsten Jahrzehnte.
      Avatar
      schrieb am 14.01.02 09:59:23
      Beitrag Nr. 58 ()
      Das ganze Gesundheitswesen ist mittlerweile ein hoffnungsloser Fall. Jede Partei hat sich da bisher die Zähne daran ausgebissen, dass zu reformieren. Und alle Beteiligten sind für den schlechten Ruf mit verantwortlich.

      Was soll ich bspw. davon halten, wenn mir ein Arzt eine Rechnung schickt (wie es üblich ist, wenn man privat versichert ist) und auf der Rechnung u.a. 2 DM für "Porto + Versand" eben jener Rechnung stehen? Da frage ich mich, hat der Arzt das nötig bei einer Rechnung im 4-stelligen Bereich oder ist er einfach nur gierig?
      Avatar
      schrieb am 14.01.02 10:15:38
      Beitrag Nr. 59 ()
      Das Problem wird auch ein Herr Stoiber nicht lösen. Daher habe ich mich inzwischen privat versichert. Die Leistungen der GKV werden allmählich sinken und die Beiträge weiter steigen.

      ww
      Avatar
      schrieb am 21.01.02 12:35:51
      Beitrag Nr. 60 ()
      Jetzt reden auch mal wieder Leute über´s Gesundheitswesen, die beharrlich seit jahren die Leistungsfähigkeit und vor allem reformfähigkeit des gesundheitssystems zugunsten ihrer Klientel torpedieren... einfach grotesk, was sich da abspielt.... Der Bock spricht als Gärtner:



      VER.DI-CHEF BSIRSKE:
      Arzneiliste gefordert

      Der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di, Frank Bsirske, hat Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) aufgefordert, die so genannte Positivliste für Arzneien umgehend einzuführen. Das Aufstellen der Liste sei "überfällig", erklärte er gestern. (dpa)

      taz Nr. 6655 vom 21.1.2002, Seite 7, 12 Zeilen (Agentur)


      "überfällig" sind das abschneiden der alten ÖTV-Zöpfe und leistungsgerechte anstatt leistungsUNgerechter gehälter...
      Avatar
      schrieb am 21.01.02 12:37:57
      Beitrag Nr. 61 ()
      Aber die Positivliste sähen wir doch schon gerne, oder?
      Avatar
      schrieb am 21.01.02 12:41:04
      Beitrag Nr. 62 ()
      @ For4Zim

      Ja. Jedoch tu sich die in der entsprechenden Arbeitsgruppe versammelten aus sachlich-medizinischen gründen schwer.

      Immerhin sind in dieser Arbeitsgruppe jetzt auch Ärzte.... :d
      das war nicht immer so......
      Avatar
      schrieb am 21.01.02 12:50:37
      Beitrag Nr. 63 ()
      dieser populistische Aufruf vom ver.di Chef ist genauso hilfreich wie eine öffentliche aufforderung, das Waldsterben zu untersagen... :D

      Die Krankenhäuser in Deutschland können überhaupt nicht neu und effizienter gestaltet werden, weil seine eigenen Betriebsratsbonzen (in einer mir bekannten Uniklinik z.B. ist der Betriebsratsvorsitzende von seiner Ausbildung her METZGER !!!! ) meinen, nur ihre grotesken Besitzstände sichern zu müssen.

      Wer heutzutage ein krankenhaus sanieren möchte, muss im Grunde erst das Ding komplett schließen, um dann ein neues aufzumachen, wenn er wirklich Veränderungen will.

      Allerdings sind manche (sehr seltene)Betriebsratsvorsitzende mittlerweile sogar in der LAGE, KRITISCHER über das Problem nachzudenken als der Oberbonze.
      Die kapieren mittlerweile gelegentlich, daß ein haus mit dauerhaft roten zahlen nicht überleben wird und sind bereit, Schmarotzende MA´s nicht mehr ewig zu verteidigen.
      Avatar
      schrieb am 22.01.02 16:13:46
      Beitrag Nr. 64 ()
      Quelle: spiegel.de


      EIN JAHR GESUNDHEITSMINISTERIN SCHMIDT

      Politik der Bettvorleger

      Von Dorothee Scharner

      "Als Tiger gesprungen, als Bettvorleger gelandet" - das kann man Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) nun wirklich nicht vorwerfen. Als Tigerin hat sie sich nie gebärdet. Die Bilanz nach einem Jahr im Amt: Schmidts Politik ist zahnlos.

      Berlin - "Das Gesundheitswesen ist kein Haifischbecken", glaubte Ulla Schmidt noch kurz nach ihrem Amtsantritt verkünden zu können. Die 52-Jährige wollte es anders angehen als ihre Vorgängerin Andrea Fischer von den Grünen. Die hatte sich noch auf Konfrontationskurs mit den Ärzten begeben und sich dabei aufgerieben.
      Die SPD-Frau Schmidt versuchte eine Politik des Lächelns im Kampf mit Ärzten, Kassen, Pharmaindustrie und allen, die sich berufen fühlen, zum deutschen Gesundheitswesen ihre Meinung von sich zu geben. Von der Presse wurde sie deswegen "Gute-Laune-Ministerin" genannt.

      Ein Jahr später ist sich die ehemalige Sonderpädagogin schon nicht mehr so sicher, ob sie sich nicht doch "allein unter Haien" befindet. Es gebe schönere Berufe als den der Bundesgesundheitsministerin, gab sie beim Besuch einer Realschulklasse unverblümt zu. Derzeit steht Schmidt unter heftigem Beschuss von allen Seiten: Die Beiträge für die Krankenkassen steigen, und die Ministerin musste sich den Vorwurf gefallen lassen, durch die Aufhebung des Globalbudgets selbst maßgeblich dazu beigetragen zu haben.

      Auch mit ihrem Vorschlag, die Versicherungspflichtgrenze auf 4500 Euro anzuheben, stößt Schmidt auf Widerstand, vor allem in der Versicherungsbranche. Den Krankenkassen will sie mehr Macht geben, deswegen sind die Kassenärztlichen Vereinigungen sauer.

      Trotz dieser Anfeindungen zog die Ministerin am Dienstag auf einer Pressekonferenz eine positive Zwischenbilanz ihrer einjährigen Amtszeit. Verbesserungen bei der Brustkrebsvorsorge, die Planung von Diseasement-Management-Systeme für Volkskrankheiten und die gerechtere Verteilung der Honorare zwischen Ost und West rechnete sich Schmidt als Erfolge an.

      Nicht als Reform verkauft

      Ihr größter Fehler sei es gewesen, so Schmidt, die Veränderungen in ihrer bisherigen Amtszeit nicht insgesamt unter dem Namen "Gesundheitsreform" verkauft zu haben. Doch von wirklichen Reformen, so Kritiker, war bislang auch nicht viel zu sehen. Und vielen sind auch die künftigen Vorhaben zu zaghaft.

      So ist ein Plan der Ministerin, mehr junge Gutverdienende im Solidarsystem der gesetzlichen Krankenkassen zu halten. Dazu soll die Versicherungspflichtgrenze angehoben werden. Statt einer grundlegenden Reform des Beitragssystems will Schmidt einfach mehr Menschen in die gesetzlichen Krankenkassen zwingen.

      Eher kleinlaut musste die Ministerin auch verkünden, dass der durchschnittliche Beitragssatz der gesetzlichen Krankenkassen im laufenden Jahr knapp unter 14 Prozent bleibe, eine genaue Aussage sei aber erst im Februar möglich. Für eine Regierung, die sich ursprünglich vorgenommen hatte, die Sozialversicherungsbeiträge stabil zu halten beziehungsweise sogar zu senken, ist das eine bittere Aussage - waren die Beiträge doch überhaupt erst unter Rot-Grün auf dieses Niveau gestiegen.

      Sie wolle mehr Wettbewerb und mehr Transparenz im Gesundheitswesen, mehr Qualität bei geringeren Kosten, postulierte Schmidt. Das will sie unter anderem mit der Patientenquittung, dem Gesundheitspass, Fallpauschalen für niedergelassene Ärzte und mehr Kontrolle bei der Arzneimittelzulassung erreichen.

      Wann einschneidende Veränderungen angegangen werden sollen, ließ Schmidt offen. Kein Wunder: Das Thema bietet zu viel Zündstoff für eine Bundestagswahl - schon im vergangenen Jahr hat die Regierung beschlossen, Reformen erst in der nächsten Legislaturperiode anzugehen.
      Avatar
      schrieb am 23.01.02 12:55:30
      Beitrag Nr. 65 ()
      Wie ich soeben hörte, wird morgen, Donnerstag, den 24.1. gegen 20:15 im 3 Fernsehprogramm des SWF eine MAgazinsendung sich mit den miesen Arbeitsbedingungen und dem bereits jetzt existierenden Ärztemangels beschäftigen.

      Original-Text des Werbe-Trailers: "Die Ärzte laufen dem Gesundheitssystem in scharen davon"

      Ich sehe schon jetzt gegen Ende des Wahlkampfes die gleichen Politiker, die Ärzte nach einer berufsausbildung von satten 6 Jahren Studium und 4-6 Jahren Facharztausbildung (unter Langzeit-Bedingungen, wie sie selbst Soldaten ablehnen würden) als Schmarotzer darstellen, plötzlich schleimig-populistisch bessere Arbeitsbedingungen fordern - natürlich ohne einen Gedanken an die BEWÄLTIGUNG der Probleme zu verschwenden.
      Avatar
      schrieb am 23.01.02 13:19:43
      Beitrag Nr. 66 ()
      Ich frage mich, wo eigentlich das Gesundheitssystem in Ordnung ist.

      In den USA? Kann einen ja ruinieren, krank zu werden. Vermutlich gelangen wir ohnehin in Zweiklassenverhältnisse, aber die Zustände dort...?

      GB?
      Da ist das System ja noch maroder als irgend anders in gutsituierten Ländern.

      Niederlande?
      Hat sich mal einer die Verhältnisse dort angeschaut? Welche Wartezeiten es bei Operationen gibt, welche Tricks sich Leute einfallen lassen müssen, um bei der Notaufnahme angenommen zu werden?

      Deutschland?
      Kosten laufen aus dem Ruder, aber auch nicht erst seit rot-grün.


      Mir scheint ein erheblicher Teil des Problems systemimmanent zu sein.
      Avatar
      schrieb am 23.01.02 13:59:15
      Beitrag Nr. 67 ()
      Hauptproblem ist die schwer zu bewältigende, aber in heutigen Zeiten widersinnige Verflechtung einer "Vollkasko-Versicherung" (GKV) mit fehlendenm Anreizen zur Steigerung von Qualität und Fallkosten.

      Das bisherige Gesamt-Kostendeckungsprinzip ist ein Auslaufmodell.

      das Engagement für hohe qualität muss sich für die Beteiligten wieder auszahlen.

      Neue Wege können nur durch die völlige Liberalisierung geschaffen werden.

      Es sollte jeder, der es möchte, ein Krankenhaus eröffnen können. Nur so sind gleichermaßen die hoffnungslos veralteten Strukturen der öffentlichen Häuser als auch die ausbeuterisch-geringqualitativen Goldgruben zweifelhafter Privatanbieter zu überwinden.

      Eine Liberalisierung wird eine evolutionäre Entwicklung in Gang setzen, in der sich binnen 10-15 JAhren ein weit effizienteres und BILLIGERES system existieren wird.

      Das wäre übrigens auch ein großes Wirtschaftförderungsprogramm., denn viele potente Investoren würden viel Mrd. € investieren und der größte Arbeitsmarkt der Bundesrepublik (nämlich das Gesundheitssystem) würde jede Menge Arbeitsplätze schaffen.

      Gruß

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 23.01.02 14:05:01
      Beitrag Nr. 68 ()
      Die Annahme, eine völlige Liberalisierung wäre der Könisgweg, halte ich für zu kurz gegriffen. Speziell in D gibts zwar einige Bereiche, wo wirklich mal kräftig die Regularien durchforstet werden müssten, aber für den Gesundheitsmarkt insgesamt ist durch zahlreiche Probleme nicht zu erwarten, dass die völlige Liberalisierung die bessere Lösung wäre.

      Vielleicht meinst du es aber auch nicht so. Krankenhäuser sollte jeder, der will, eröffnen können? Nix dagegen. Preiswettbewerb beim Medikamentenverkauf - wäre auch mal an der Zeit. Dieser Bestandsschutz für unsere unendlich vielen Apotheken kostet Unsummen. Nix spricht gegen einen Wettbewerb in diesem Marktsegment.
      Avatar
      schrieb am 23.01.02 14:27:32
      Beitrag Nr. 69 ()
      Natürlich sind die Probleme sehr komplex.

      z.B. müssten wegen der Flächendeckung der versorgung finanz. Kompensationen in regionen mit schwacher Bevölkerungsdichte erfolgen - jedoch nur für die Notfall-versorgung (die den geringsten Anteil der kosten erzeugt)

      Die elektiven (= geplanten) Eingriffe und die Diagnostik kann in den jeweils besten Zentren erfolgen.

      bereits heute haben hochqualifizierte Netze und Verbünde Riesen-Erfolge (sowohl vom betriebswirtschaftlichen als auch von der Ergebnisqualität her) und werden von den wählerischen Privatpatienten geradezu gestürmt.

      Die Politik muss begreifen, daß nur ordnungspolitische Aufgaben wie Versorgungsaufträge geregelt werden müssen.


      So "leid" mir die Apotheker tun:

      Sie sind zum "Dampflok-Heizer" des Gesundheitssystems geworden....

      Die Führung eines Medikamenten-depots darf nicht länger fürstlich belohnt werden.

      Die eh´nur in seltenen Fällen erforderliche "Medikamenten-Beratung" wird sowieso vom Arzt geleistet und könnte durch WIRKLICH kompetente Beratungs-Zentralen (persönlich, telefon, Fax, etc.)

      Das würde ohne Probleme sofort und dauerhaft viele Mrd. unsinnige Kosten beseitigen.

      Den Alternativ-vertrieb bzw. die Logistik könnten die Hersteller mitfinanzieren.
      Da die Lagerhaltung dann nur mit den Produktionskosten zu Buche schlagen würde, entfallen riesige Teile der derzeitigen Zinslasten bei Vertrieb über Apotheken.

      usw. usw.

      Gruß

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 24.01.02 13:38:47
      Beitrag Nr. 70 ()
      Da sollten wir anfangen:

      BONN/BERLIN (dpa-AFX) - Das Bundesversicherungsamt hat die Vorstände der gesetzlichen Krankenkassen zu einem verantwortungsvollen Umgang mit den Beiträgen ihrer Mitglieder ermahnt. "Ich fordere die Krankenkassen auf, bei der Vergütung ihrer Vorstände künftig sorgfältiger mit den Beiträgen ihrer Mitglieder umzugehen", sagte der Präsident des Bundesversicherungsamtes, Rainer Daubenbüchel, der Tageszeitung "Die Welt" (Samstagausgabe).

      Es dürfe nicht sein, dass der Vorstand einer kleinen oder mittleren Krankenkasse mit 200.000 Euro Jahreseinkommen mehr verdiene als ein Bundesminister. "Es kommt häufiger vor, dass die Gehälter der Krankenkassen-Vorstände in keinem Verhältnis zur Mitgliederzahl der Kasse stehen. Das ist unakzeptabel", sagte Daubenbüchel.

      WEIGERUNG VON KASSEN ZUR OFFENLEGUNG VON VORSTANDSBEZÜGEN

      Das Bundesversicherungsamt in Bonn ist eine staatliche Aufsichtsbehörde für die überregionalen Sozialversicherungsträger (Renten-, Kranken-, Pflege- und Unfallversicherung). Die Behörde habe bisher rund 100 Innungs- und Betriebskrankenkassen geprüft. "25 Kassen weigern sich, die Bezüge ihrer Vorstände überhaupt offen zu legen. Dabei sind wir gesetzlich verpflichtet, die Vorstandsgehälter zu prüfen. Sollten sich die Kassen weiterhin weigern, werden wir hart durch greifen."

      Daubenbüchel kritisierte, dass sich viele Kassen nicht an die neue Haushalts-Vorschrift der Sozialversicherungsträger hielten. "Die Krankenkassen werden darin verpflichtet, die Gehälter ihrer außertariflich Beschäftigten, also auch der Vorstände, offen zu legen. Dahinter steht das Bedürfnis, den Versicherten und den Aufsichtsbehörden mehr Transparenz zu verschaffen. Bisher halten sich die meisten Kassen nicht daran. Das muss sich ändern."

      NICHT MIT MANAGERN IN DER FREIEN WIRTSCHAFT VERGLEICHBAR

      Die Kassen-Vorstände gehörten dem öffentlichen Dienst an und seien nicht mit Managern in der freien Wirtschaft vergleichbar. "Denn sie besitzen im Gegensatz zu Managern in der Privatwirtschaft nur sehr begrenzte Gestaltungsspielräume, da ja im Grunde alles gesetzlich geregelt ist", sagte der Präsident des Bundesversicherungsamtes. Hinzu komme, dass die Gehälter in der Wirtschaft aus den Betriebskosten erwirtschaftet würden und gewinnorientiert seien, während die Bezüge der Kassenvorstände aus Zwangsbeiträgen bezahlt würden. "Das ist absolut unvergleichbar." /bi



      Autor: dpa - AFX (© dpa),06:35 05.01.2002
      Avatar
      schrieb am 24.01.02 13:52:01
      Beitrag Nr. 71 ()
      Stellt sich die Frage ob die Vorstände privat versichert sind oder Sonderkonditionen im eigenen Haus erhalten.

      Na jedenfalls müssen im Monat ca 36 freiwillig Versicherte für ein Vorstandsgehalt zahlen.

      Weiß jemand aus wieviel Köpfen so ein Vorstand besteht?

      ..
      Avatar
      schrieb am 24.01.02 16:40:33
      Beitrag Nr. 72 ()
      @ deep thougt: nana, nun überleg mal was
      die meißten apotheker mit Ihrem Geld machen.
      Na? Richtig, Sie führen es der Volkswirtschaft
      wieder zu, indem sie hochpreisige Konsumgüter
      erwerben.

      Oder wer sonst, außer den gutverdienenden , intelligenten
      Berufsgruppenangehörigen käuft sich sonst z.B. ein
      Auto für über 60.000 EUR ? Bestimmt kein
      ALDI-Filialleiter.

      Bitte versucht nicht, das Pferd vom falschen Ende aufzuzäumen.
      Richtig wäre es meiner Meinung nach, den Krankenkassen
      ein Werbeverbot auszusprechen, damit wird nämlich
      ein Großteil der Beiträge verheizt.
      Avatar
      schrieb am 24.01.02 17:09:11
      Beitrag Nr. 73 ()
      Dann sollte man diesen Teil der GKV-Beiträge auch fairerweise als "Apotheker-Autozuschuss" separat ausweisen.... :D
      Avatar
      schrieb am 24.01.02 17:10:30
      Beitrag Nr. 74 ()
      Im Übrigen bleibt ja immer alles geld innerhalb der Volkswirtschaft...

      es streiten sich nur alle um das recht, selber das meiste davon ausgeben zu dürfen... :D
      Avatar
      schrieb am 24.01.02 17:27:50
      Beitrag Nr. 75 ()
      karlhesselbach,

      Pferd vom falschen Ende :laugh:

      OK, aber geh mit gutem Beispiel voran, denn DIE Argumentation ist zu billig - nach dem Motto: Strafsünderkartei in Flensburg erhalten, weil es Arbeitsplätze sind.

      Es geht volkswirtschaftlich immer darum, dass die Mittel so eingesetzt werden, dass sie den Leuten nutzen. Es nutzt niemandem, wenn 2 Apotheken 50 Meter nebenbeiander stehen, wie es in Deutschland tausendfach der Fall ist, und die gleichen Produkte zu gleichen Preisen anbieten. Das frisst nur Geld, auch wenn die Einnahmen von den Apothekern wieder ausgegeben werden.

      Dein Beispiel kann ich Dir auch vorhalten: Werbeverbot? Wieso denn, da doch die Werbeindustrie daran verdient und das Geld wieder ausgibt. Ist exakt die gleiche Sichtweise :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 24.01.02 18:11:11
      Beitrag Nr. 76 ()
      nee nee @ neemann, so einfach kommst Du mir nicht :laugh:

      klar verdient die werbeindustrie daran, wenn die
      gelder von den krankenkassen auch "vernünftig" ausgegeben
      werden würden, aber:
      - eine dümmliche broschüre der DAK, in der es aus
      billigste, schlupfrige Art um Männer geht...

      -oder ein Angebotsblättchen, indem die Krankenkassen
      Sportartikel oder ähnliches anbieten, das gehört meiner
      Meinung nach verboten, damit schädigen die Krankenkassen
      direkt Ihre Mitgliedsbetriebe, von denen Sie Ihre
      monatlichen Erpressergelder erhalten
      Avatar
      schrieb am 25.01.02 08:37:28
      Beitrag Nr. 77 ()
      Ist doch scheißegal, wie die Werbebroschüren aussehen - hauptsache, das geld wird ausgegeben - an Designer, Gestalter, Texter, Drucker, Post ...
      Lauter Leute verdienen daran und geben ihr verdientes Geld weiter aus. Das ist 1:1 Dein Apotheker-Argument - ist doch egal, ob die alle direkt nebeneinander stehen und tausende Apotheken vollkommen überflüssig sind - Hauptsache, da verdienen ein paar Geschäftsinhaber mehr, und das Geld kommt genauso vollständig von den Mitgliedsbeiträgen. Exakt der gleiche Schmarrn.
      Avatar
      schrieb am 25.01.02 08:53:13
      Beitrag Nr. 78 ()
      DER gesetzliche Auftrag der gesetzl. Krankenversicherungen ist die möglichst ökonomische Bereitstellung angemessener und ausreichender Gesundheitsversorgung.

      Genauso wie die Leistungserbringer sich neuen Entwicklungen anpassen müssen, ist es erforderlich, den Medikamenten-Vertriebsweg zu rationalisieren.

      Genauso, wie Apotheken in dünn besiedelten Gebieten weiterhin die wirtschaftlichere Variante sein werden, besteht in Städten die Möglichkeit, über eine Reduzierung der Ausgabestellen enorm Kosten zu sparen.
      Wobei man ja die Apotheken nicht schließen muss - die haben ja reichlich Einnahmen aus GKV-fremden Quellen.

      Aber die Preisspanne von ca. 30% bei der GKV ist unappetitlich, bei der Privaten KV ist sie exorbitant.

      Mit welchem Recht verdient ein Apotheker durch das bloße Herüberreichen eines teuren Medikamentes u.U. in wenigen Sekunden mehr an dem Patienten als der niedergelassene Arzt in einem ganzen JAhr???

      Hier stimmen die Verhältnisse einfach nicht.
      Avatar
      schrieb am 25.01.02 09:10:03
      Beitrag Nr. 79 ()
      karlhesselbach, da Du Ahnung zu haben scheinst: wieviel % des gesamten gesetzlichen Krankenkassenbudgets geht in Werbung?
      Avatar
      schrieb am 25.01.02 20:23:00
      Beitrag Nr. 80 ()
      Hallo,

      es folgt ein sehr subjektiv angehauchtes
      Schreiben.

      Wenn ein Handwerker für 2 Schrauben 7 DM berechnet, meckert keiner. Man wird immer wieder Einzelbeispiele finden, bei denen ein Kleinkrämer - und die gibt es bei den Ärzten in gleichem Maße wie in der übrigen Bevölkerung - ein paar peanuts auf die Rechnung zusätzlich schreibt wie Porto.
      Ist Ihnen denn bekannt, daß ein Arzt nach der derzeitigen Gebührenordnung für Kassenpatienten für einen Hausbesuch 20,45 Euro abrechnen kann. Sie schaffen maximal 2-3 Hausbesuche pro Stunde, wenn Sie Ihre Arbeit ordentlich machen wollen. (ist für mich Voraussetzung, überhaupt meine Arbeit zu tun). Das klingt viel, aber davon müssen auch Praxismiete und Angestellte und der ganze Anhang bezahlt werden.
      Entschuldigung, wenn ich jetzt ins klischeehafte abgleite, aber wann haben Sie zuletzt mal einen Klempner oder Elektriker bestellt. Der Mensch, der meine Computeranlage betreut, hat einen Stundenlohn von 90 E + MwSt.,Anfahrtszeit mitberechnet. Ich frage lieber nicht, wie lange der studiert hat und ob der auch am Wochenende oder nachts kommt. Wahrscheinlich würde diese Frage auf komplettes Unverständnis stoßen.
      Die Ärzte mucken langsam auf und zu Recht. Es wurde bislang nämlich völlig ignoriert, daß ein großer Teil der Arbeitsleistungen in den Nacht- und Wochenenddiensten in den Krankenhäusern kostenlos von den Assistenzärzten geleistet wird. Ich gehöre der Generation an, die noch häufig 36 Stunden am Stück gearbeitet haben. Immerhin 6 Jahre lang während der Facharztausbildung. Haben Sie eine Vorstellung, wie das Privatleben aussieht, wenn man 2 dieser Marathondienste pro Woche machen muß. Den Unterleib geben Sie für diese Woche am Besten gleich als erstes mit Dienstbeginn an der Krankenhauspforte ab, um z.B. vollgeschissene und vollgekotzte besoffene „honorige“ Bürger, die am anderen Tag den jungen, „inkompetenten“ Assistenzarzt nicht mit dem Arsch ansehen, wieder außerhalb derer selbstverursachten gesundheitlichen Gefahrenzone zu bringen.
      Wo waren jahrzehntelang die Gewerkschaften ? Akademiker durften anscheinend gnadenlos ausgebeutet werden ohne Rücksicht auf körperliche oder seelische Schäden. Warum ist die Selbstmordrate bei Ärzten am höchsten unter allen Berufsgruppen? Wenn ein Bankangestellter am Sonntag seinen Schalter öffnen müßte, würden selbiger und seine Gewerkschaft sofort empört über die Zerstörung der Familienstruktur und die unzumutbare Belastung beim Arbeitgeber Druck machen. Mich kotzt diese undifferenzierte Sichtweise des geldgierigen Arztes als Schmarotzer des Gesundheitswesen mittlerweise unsäglich an.
      Die Ärzte - die müssen ja aus Idealismus immer für ihre Patienten da sein. Danken Sie im Falle einer Erkrankung außerhalb der Kernarbeitszeiten eines Krankenkassenangestellten dem Arzt oder unpersönlicher dem lieben Gott, daß sie es noch tun.
      Solange Leiter einer kleinen Fuzzi-Krankenkasse ein Jahresgehalt von 200.000 E abstauben ohne die Verantwortung eines leitenden Managers in der Wirtschaft, sondern mit dem Entscheidungsrahmen eines Beamten und dem entsprechenden persönlichem Risiko, sind die Maßstäbe nicht mehr in Ordnung.
      Für viele Ärzte war diese unbezahlte Mehrarbeit früher der Tribut für den Eintritt in einen später lukrativ bezahlten Beruf -- doch das ist er nicht mehr. Und jetzt fordern die jungen Kollegen über ihre Standesvertretungen eine faire Bezahlung ihrer Nacht- und Sonntagsarbeit. Endlich. Sollten Sie durchkommen, wird nicht mehr über ein Medikamentenbudget oder andere Nichtigkeiten nachgedacht werden müssen, dann ist unser Gesundheitssystem von den Personalkosten unbezahlbar. Es müßten zum Ausgleich gewaltige Einschnitte stattfinden, die mit unserer jetzigen Vorstellung von einem Sozialsystem nicht mehr übereinstimmen dürften.

      Es besteht wahrlich derzeit wenig Grund zum Sozialneid auf Ärzte, die jünger als 45 Jahre sind. Und die Älteren haben hoffentlich etwas auf die Seite gelegt.

      Wenn jüngere Menschen mit dem Medizinstudium liebäugeln und mich um eine Meinung fragen, würde ihnen am liebsten abraten. Aus wirtschaftlicher und gesundheitlicher Sicht zumindest mit gutem Gewissen. Leider mache ich meinen Beruf sehr gerne, aber nur das, was direkt mit den Patienten zu tun hat. Alles ander kotzt mich unsäglich an.

      Grüße
      Avatar
      schrieb am 25.01.02 20:41:33
      Beitrag Nr. 81 ()
      @ for4zim, nein ich muß dich enttäuschen, ich habe davon keine Ahnung, aber zur Verdeutlichung meines Hasses
      gegen die GKV meine persönliche Geschichte:

      Ich bin nun 38 Jahre alt, das ist ja noch nicht schlimm.
      Aber, ich habe eigene Firmen, und bin freiwillig in der
      DAK versichert. Das scheint schlimm zu sein.

      Nun, ein Vorteil des Selbstständigen, ist die Anpassung seines Gehaltes an die wirtschaftlichen Gegebenheiten.
      Da ich vor ein paar Jahren mein Gehalt freiwillig um
      1000 DM gekürzt habe, um Kosten zu sparen, habe ich bei der
      DAK angerufen.
      Nein, war die Auskunft der Sachbearbeiterin, mein Beitragssatz zur GKV würde sich nicht ändern. Naja, hab ich
      gedacht, wenn es denn so ist.
      Wie die Krankenkassen so sind, kommt 7 Monate später die
      Routinemäßige Abfrage der Bezüge, für eine etwaige Neueinstufung.
      Und? Siehe da, ich habe in diesen 7 Monaten fast 1900 DM
      zuviel Beitrag gezahlt. Macht ja nichts, hab ich gedacht,
      kann man ja verrechnen.
      Halt!!!!!!!
      Nicht mit den Krankenkassendrecksäuen!! Rotzfrech wurde mir von ebendieser Sachbearbeiterin gesagt, ich hätte nicht mit Ihr telefoniert, und wenn ich das nur telefonisch vorgetragen hätte wäre das mein Fehler, das hätte ich schriftlich machen müssen. Zuviel gezahlte Beiträge
      werden nicht zurückgezahlt.
      Bis dahin glubte ich noch an eine inkompetente dumme Kuh.
      Ne ne, von wegen, das ist gesetzlich so geregelt, damit im nachhinein niemand sein Gehlat korrigiert um Geld von der Kasse zurückzuholen.
      Ist ja verständlich, aber ich konnte mit allem belegen, nicht mehr an mich auszuzahlen, wie den angegeben Betrag.
      Vollkommen egal, die Kasse hat das Geld behalten.

      Ich wechsele nun zur Techniker Krankenkasse.

      Anmerkung: Ich habe mich natürlich über diese Kuh informiert. Das feiste Luder ist so doof, nachdem Sie aus einem Urlaub zurückkehrt, zieht Sie immer eine weiße Bluse an, damit alle sehen wie braun Sie ist.
      Das weiß ich von einem Kollegen von Ihr, mit dem ich mich bekannt gemacht habe.

      Die kuh bekommt noch Spaß mit mir, das Geld hab ich nicht umsonst bezahlt, die wird leiden.....

      Entschuldigt meine Ausdrucksweise, aber dieser Vorgang übersteigt meine Geduld.

      Vielleicht kann mich der ein oder andere nun verstehen
      in meinem Haßß gegen die DAK

      euern karlh.
      Avatar
      schrieb am 25.01.02 21:43:14
      Beitrag Nr. 82 ()
      @ fetinsky

      vollste Zustimmmung!!

      Ein Kollege hat einmal einen Journalisten von der zeitung an seine Seite bekommen, der wollte mal sehen, wie so ein Dienst aussieht.

      NAch 20 SAtunden hat der nur noch um Gnade gewinselt und wollte nach HAuse... :D

      DAbei musste der doch keine entscheidungen treffen, sondern brauchte bloß nebenher zu traben.... :D

      Solche Arschlöcher wie Minister Geister, der den HAss auf die Ärzte schürt, sollte einmal 1 Monat an einen KH-Arzt gekettet werden... das würde lebensang reichen.
      Avatar
      schrieb am 28.01.02 11:36:09
      Beitrag Nr. 83 ()
      P O L I T I K
      DAK fordert konkrete Gesundheitsziele

      Die Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK) hat Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt aufgefordert, auch in Deutschland konkrete und verbindliche Gesundheitsziele einzuführen. "Mit Notreparaturen und Kostendämpfungsmaßnahmen kommt unser Gesundheitssystem in Zukunft nicht mehr über die Runden", erklärte der stellvertretende DAK-Vorstandsvorsitzende Eckhard Schupeta auf dem Kongress "Zukunftssicherung im Gesundheitswesen" am 25. Januar in Berlin.

      Die Kurzatmigkeit in der Gesundheitspolitik werde an der Zahl der neuen Gesetze und Gesetzesänderungen augenfällig. In den letzten 20 Jahren waren es über 200. Fast immer ging es um Kostendämpfungsmaßnahmen mit nur kurzfristiger Wirkung. Schupeta betonte, dass Gesundheitsziele ohne einen ordnungspolitischen Rahmen lediglich ein akademisches Thema blieben. Die Suche nach einem breiten politischen Konsens sei grundsätzlich richtig.

      "Wenn der Konsens aber zu Lasten des Patienten und der Versorgungsqualität geht, muss damit Schluss sein. Die Politik muss den Mut aufbringen, sich über Partikularinteressen hinwegzusetzen.“ In diesem Zusammenhang wiederholte der DAK-Vorsitzende seine Forderung nach einer Orientierung der Honorare für Ärzte am Behandlungserfolg. Außerdem sollten Krankenhäuser und andere Leistungserbringer regelmäßig zertifiziert und bewertet werden, so Schupeta. Nur so sei ein Vergleich möglich.
      /SR (25.01.02, Deutsches Ärzteblatt)


      ----------------------------------------------------------

      Wie war, wie wahr.....

      Aber das wissen alle schon seit etlichen Jahren.

      Mit der bald zu erwartenden Bezahlung von Millionen jahrzehntelang unbezahlten Überstunden der Kliniksärzte (Letzinstanzliches Urteil liegt m.W. vor) dürfte die Knechtschaft der Klinksärzte etwas abnehmen und weitere (dieses mal ausnahmesweise berechtigte) Kosten auf die KAssen zukommen.

      Bin einmal gespannt, was da nach der WAhl alles aus den schubladen geholt wird... eines kann als sicher gelten:

      Wirkliche Lösungen werden es bei der geringen Professionalität der derzeitigen Politiker aller PArteien nicht herauskommen.

      Armes Deutschland.
      Avatar
      schrieb am 28.01.02 11:40:22
      Beitrag Nr. 84 ()
      Heute in der SZ ein Artikel über das Gesundheitssytsem in Frankreich.
      Seit 10 jahren defizitär, Ärzte aufgrund niedriger Bezahlung unzufrieden; derzeit Streiks bei Krankenhäusern etc.


      Also neben USA, UK, Holland siehts in FR auch nicht besser aus.

      (Nur so als Unterstützung meiner Hypothese, dass derzeit kaum ein land den Gesundheitssektor im Griff hat)
      Avatar
      schrieb am 28.01.02 11:54:23
      Beitrag Nr. 85 ()
      Also,das angeblich so tolle und leistungsfähige Gesundheitssystem in Frankreich (wir erinnern uns an die selbstzerstörerische, vielzitierte und ziemlich angreifbare WHO-Studie)
      sucht in jedem Ärzteblatt händeringend nach den angeblich (Nestbeschmutzer, wie unsere Politiker halt sind) so schlecht ausgebildeten deutschen Ärzten - ebenso wie die Niederlande, Norwegen, die Schweiz, Österreich, Dänemark, Schweden, GRoßbritannien, ....
      unbefristete Verträge, bezahlte Überstunden, tatsächlicher Stundenausgleich, angenehmes Umgangsklima,.....

      Dort sind unsere jungen Ärzte extrem gefragt.
      Die Arbeitsbedingungen der dortigen Ärzte sind zumeist im Vergleich zu den deutschen absolut traumhaft!

      Es spricht sich übrigens immer mehr herum, da wird immer mehr Abstimmung mit den Füssen stattfinden.


      Die erwähnte Studie nimmt z.B. kritiklos die durchschnittliche Lebenserwartung als MAß für die Effizienz des jeweiligen gesundheitssystems.

      DAbei wird z.B. der 2. Weltkrieg mit seinen für Deutschland entsetzlichen demographischen Konsequenzen überhaupt nicht berücksichtigt.
      DAss die durchschnittliche Lebenserwartung notgedrungen sinkt, wenn der Großteil einer generation im 2.Weltkrieg ums Leben kommt oder verstümmelt wird, dürfte eigentlich jedem klar sein, oder?? :D

      DAss jede asymptotische Verlängerung des Lebens mit exponentiell steigenden Kosten erkauft werden muss, ist ebenfalls eine Binsenweisheit.

      Aber wo der dumme deutsche Politiker noch so groteske Begründungen findet, um von seinem Versagen abzulenken, da nimmt er sie gerne auf, um diesen Mythos als Tatsache zu verkaufen ( siehe auch die geiale Wortschöpfung der "KOstenexplosion" )
      Avatar
      schrieb am 29.01.02 16:08:19
      Beitrag Nr. 86 ()
      Empfehle die heutige FAZ, in der auf der 1.Wirtschaftsseite ein hervorragender Artikel (halbseitig) über unser krankes Gesundheitssystem steht.

      wirklich kompetent!


      Gruß

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 29.01.02 19:35:14
      Beitrag Nr. 87 ()
      Ich bin leider erst jetzt auf diesen Thread aufmerksam geworden und muss sagen,dass es angenehm ist wie sachlich und fundiert hier,insbesondere von "DEEP THOUGHT",gepostet wird.
      Wir werden in Deutschland nur weiterkommen,wenn wir in der Gesundheitspolitik,aber auch in allen anderen Bereichen,mehr Wettbewerb bekommen.
      Was wir z.Zt. erleben ist das hilflose Herumdoktern unserer leider oftmals nur "halbgebildeten" Politiker an Symptomen und nicht an Ursachen.Dieses bedeutet für den Patienten Deutschland nichts Gutes.
      Auf diese Art und Weise bekommen wir immer mehr Gesetze,Regularien,Erlasse etc. die im Endeffekt nichts bringen und oft nur zusätzliche Kosten verursachen.
      Für mich ist das der" Sozialismus durch die Hintertür",der sich langsam aber sicher in Deutschland wie ein Krebsgeschwür ausbreitet und alles "erstickt".
      Als Therapie empfehle ich 10 Jahre "Ludwig Erhardt" pur.
      Dann gibt es wieder neue Arbeitsplätze und dadurch auch wieder mehr Geld in das bis dahin hoffentlich gründlich reformierte Gesundheitswesen.


      REALBERTL
      Avatar
      schrieb am 30.01.02 11:19:31
      Beitrag Nr. 88 ()
      Ich habe nicht den Eindruck, daß schon jemand eine Lösung für die Kostenproblematik hätte. Die Kosten sind vorgegeben, an den Beiträgen kann man nur die Verteilung ändern, nicht das Gesamtaufkommen.
      Avatar
      schrieb am 30.01.02 12:21:11
      Beitrag Nr. 89 ()
      Die Ärzte wollen zur Bundestagswahl eine Plakataktion in ihren Wartezimmern starten. Darauf wird die Gesundheitsreform kritisiert mit dem Schlagwort "Wahltag ist Zahltag".

      Die Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) will den Ärzten diese Kritik nicht durchgehen lassen; das sei eine unzulässige Beeinflussung der Patienten....


      Unglaublich!


      Jetzt sieht die Schmidt die Ärzte bereits als Leibeigene ohne Recht auf freie Meinungsäusserung.

      .
      Avatar
      schrieb am 30.01.02 19:28:14
      Beitrag Nr. 90 ()
      hallo d.t.,

      vom Hartmann Bund, der Interessenvereinigung der niedergelassenen Hausärzte, geht diese Initiative aus. Selbstverständlich hat Frau Schmidt nicht das Recht, den Ärzten zu verbieten, ein Plakat mit dem Slogan "Wahltag ist Zahltag" aufzuhängen. Dagegen ist weder gesetzlich noch standesrechtlich ein ernsthafter Einwand zu erheben.
      Dennoch, die Arztpraxis soll ein Bereich sein, in dem der Patient mit seinen Sorgen und Nöten angenommen werden muß. Er muß immer das Gefühl haben, im Zentrum des Interesses und der Bemühungen zu stehen. Er darf in seiner Krankheit mit Maßen regredieren (psychologisch gesprochen) und sich auf sich selbst konzentrieren. Wenn der Arzt versucht, durchwegs gutgemeint zu manipulieren - denn eine Aufklärung über den desolaten Zustand unseres Gesundheitswesen ist dieses Plakat nicht - wird sich der Patient zurecht als Objekt der - finanziellen ? - Interessen des Arztes fühlen. Leider existiert immer noch der Reflex, wenn ein Arzt meckert, sind wohl seine fetten Pfründe in Gefahr. Eine Stellungnahme hierzu habe ich zuvor bereits sehr umfangreich abgegeben.
      Wenn mich ein Patient anspricht, wie ich zu diesem oder jenem Problem im Gesundheitssektor stehe, nehme ich auch durchaus harsche Wort in den Mund. Aber fast nie unaufgefordert. Wer wissen will, wo ich (gesundheits-)politisch stehe, kann mich auf öffentlichen Diskussionsforen erleben.

      Vor 30-40 Jahren- je nach persönlichem Alter - hätten wir wütend-schmollend "Ulla ist doof" an die Tafel gekrikkelt und uns saustark gefühlt.
      Wer sich damit besser fühlt, soll das Plakat aufhängen, aber ich bezweifle, ob davon nur der Hauch einer Veränderung ausgehen wird.

      Grüße
      Avatar
      schrieb am 30.01.02 22:39:10
      Beitrag Nr. 91 ()
      @ fettinsky

      Ich kenne das Plakat nicht und der HArtmannbund ist sicher diesbezgl. eine "hardcore"-Gruppe.

      Aber die Frechheit, den Ärzten eine Stellungnahme quasi verbieten zu wollen, ist einfach dreist von der auf ganzer Linie versagenden BM Schmidt.

      Du hast Recht mit Deiner Äusserung, daß Plakatierung zweischneidig ist.

      Hier macht sicherlich der Ton die Musik; wäre ich niedergelassen, so könnte es durchaus sein, daß ich z.B. rafik der Kostenentwicklung der Praxis über die Jahre mit dem Punktwert als Prozentwert vom Ausgangszeitpunkt X darstellen würde oder auch z.B. den Preis für eine ASU oder TÜV-Untersuchung mit dem für eine Anamneseerhebung, ausführliche körperliche Untersuchung incl. Beratung kommentarlos gegenüberstellen würde.

      Sicher ist es richtig: der Patient darf niemals das Gefühl haben, er könne aus wirtschaftlichen Gründen nicht den Arzt "belasten" (wie manche ältere, bescheidene Menschen) oder er könne aus wirtschaftlichen Gründen gar keine optimale Behandlung erwarten.

      Aber eins ist ziemlich klar:
      Ohne massiven Druck von den Leistungsempfängern (= PAtienten) wird sich die Politik niemals in die richtige Richtung begeben.

      Und die Patienten ,machen erst Druck, wenn sie die existenziellen Probleme sowohl der Niedergelassenen als auch der Kliniksärzte begreifen und sich für die Ermöglichung der (eigentlich ja als natürliche Symbiose zu betrachtende) guten und vetrauensvollen Beziehung zwischen Arzt und Patient einsetzt.

      So möchte ich mein vorangegangenes posting verstanden wissen - allerdings ist das so knapp formuliert, daß ich mich über Fehlinterpretationen nicht wundern sollte.

      Fazit:

      Es gibt etwas zwischen gnadenloser Standespolitik und Passivität - nämlich sachliche Information des Patienten - und genau DAS sollte man anstreben (so wie Du es wahrscheinlich machst) .

      Gruß

      D.T.

      P.S.: Warst Du am Wochenende auf dem Berliner Kongress "Zukunft im Gesundheitssystem" ?
      Avatar
      schrieb am 30.01.02 22:40:50
      Beitrag Nr. 92 ()
      Nachtrag:

      Als Info dieser angestrebten Art sehe ich u.A. meine postings hier im Thread an, und das geht ja auch aus einigen Statements von Nicht-Medizinern hervor.
      Avatar
      schrieb am 01.02.02 09:35:02
      Beitrag Nr. 93 ()
      Erstaunlich oft und in enorm zunehmender Häufigkeit stehen mittlerweile solche Meldungen in der Presse:


      Fehlender Nachwuchs für Arztpraxen

      Ärztekammer will osteuropäische Mediziner anwerben


      Der "Landarzt" hat nur noch im Fernsehen Konjunktur. In der Realität verwaisen vor allem in Ostdeutschland immer mehr Hausarztpraxen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) warnt bereits vor einem drohenden Kollaps der hausärztlichen Versorgung in den neuen Ländern. Das hohe Durchschnittsalter der Ärzte gibt Anlass zur Sorge: In den nächsten zehn Jahren erreichen KBV-Berechnungen zufolge 35 bis 40 Prozent aller ostdeutschen Hausärzte das Rentenalter. Zugleich mangelt es mehr und mehr am Berufsnachwuchs.
      Praxisinhaber haben keine Nachfolger
      "Noch vor zehn Jahren haben wir wegen des Überangebots flächendeckend Zulassungsstopps für Kassenärzte verhängt", sagt Wolfgang Eckert, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Mecklenburg-Vorpommern. Jetzt dagegen herrsche nur noch in Großstädten wie Rostock oder Schwerin Überversorgung. Vor allem auf dem flachen Land suchten Praxisinhaber, die auf das Rentenalter zugehen, händeringend Nachfolger - oft ohne Erfolg.

      Sogar Berlin ist von Ärztemangel bedroht
      In Brandenburg sind gegenwärtig 130 Hausarztpraxen frei, in Sachsen schlossen in den vergangenen beiden Jahren mehr als 60 Allgemeinpraxen ohne Nachfolger. In Thüringen stehen 50 Praxen aller Fachrichtungen leer, in Sachsen-Anhalt fehlen 120 Hausärzte. Sogar in Berlin, wo für die meisten Stadtbezirke wegen Überversorgung noch Zulassungssperren gelten, lassen sich laut KV erste Mangelsymptome nicht übersehen. Fast 60 Prozent aller Berliner Hausärzte sind älter als 50 Jahre, aber nur 7,7 Prozent jünger als 40.

      Arbeitsbedingungen von Ärzten sind unattraktiv

      Für die dringend notwendige Verjüngungskur stehen die Chancen eher schlecht. Um mehr als 23 Prozent ging die Zahl der Medizin- Absolventen in den vorigen sechs Jahren zurück, errechnete die KBV. Jährlich brechen 2400 Medizinstudenten, ein Fünftel eines Jahrgangs, ihr Studium ab. Absolventen wechseln immer häufiger in artfremde Branchen. Die Ärztevertretungen überrascht das nicht, der Beruf sei schließlich schon lange nicht mehr attraktiv. Sinkende Honorare, Arbeitsüberlastung, Budgetierung und kaum mehr zu überschauender Papierkrieg sorgen seit Jahren für Verdruss.


      Ärzte aus dem Ausland sollen angeworben werden
      Das gilt erst recht in Ostdeutschland, wo Kassenärzte nach wie vor nur etwa 75 Prozent der West-Honorare erhalten. "Dafür versorgen sie bis zu 20 Prozent mehr Patienten als ihre Westkollegen", beschreibt Ralf Herre, Sprecher der KV Brandenburg, das Dilemma. Um Abhilfe zu schaffen, kündigte die KV Sachsen-Anhalt jetzt an, Ärzte aus Osteuropa anwerben zu wollen. Die sächsische Ärztekammer plädierte gar für eine "Green Card" für osteuropäische Mediziner. Das stößt nicht nur auf Beifall. "Ärmeren Ländern die Ärzte wegzunehmen, kann keine Lösung sein", schüttelt Thüringens KV-Vorsitzender Karl Gröschel den Kopf. Gefragt sei vielmehr die Politik, die gegensteuern und die Bedingungen für die Ärzte verbessern müsse, meint Annette Kurth, Sprecherin der KV Berlin. "Backen können wir uns die Ärzte schließlich nicht."


      Quelle: T-Online.de
      Avatar
      schrieb am 14.02.02 15:43:08
      Beitrag Nr. 94 ()
      Ärztezeitung vom 14.2.02 --

      Ulla Schmidt darf Hausärzten keinen Maulkorb anlegen

      Verfassungsjurist hält Plakate in Praxen für Rechtens

      HALLE (hak). Ärzte dürfen auf Postern im Wartezimmer Entwicklungen in der Gesundheitspolitik kritisieren. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt darf ihnen keinen Maulkorb verordnen.

      Zu diesem Schluß kommt Verfassungsrechtler Professor Rüdiger Zuck in einer Expertise zur Plakat-Aktion des Hartmannbundes (HB) und des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte (FVDZ). Wenn laut Grundgesetz jeder das Recht habe, seine Meinung frei zu äußern, dann gelte dieses Freiheitsrecht selbstverständlich auch für Ärzte, so Zuck.

      Ministerin Schmidt hatte Ärzten aufsichtsrechtliche Schritte angedroht, falls sie ihre Praxen mit den Plakaten von HB und FVDZ politisieren. "Ein Vertragsarzt, der dieses Plakat aufhängt, verstößt gegen seine vertragsärztlichen und berufsrechtlichen Pflichten", so Schmidt.

      Unter dem Titel "Wahltag ist Zahltag" beschuldigen die Verbände die Politik, sich verfassungswidrig zu verhalten. Die Gesundheitsreformen schränkten die Würde von Patienten und Ärzten ein. Gestern präsentierten die Ärzteverbände in Halle die zweite Ausgabe ihrer Plakat-Serie. Titel: "Fasten ist gesund - Aushungern macht krank".

      Gegen diese Aktion habe Schmidt keine Handhabe, meint Zuck. Freien Ärzteverbänden könne keiner verbieten, solche Plakate zu drucken. Für sie gelten weder berufsrechtliche noch vertragsärztliche Pflichten. Und ein Arzt sei für politische Agitation nur zu belangen, wenn er dadurch Patienten verängstige. Alle Aussagen auf dem kritisierten Plakat hätten aber einen sachlichen Kern, so Zuck. "Jedes System, auch das der GKV, muß sich kritisch hinterfragen lassen."


      --

      Muß man dafür einen Verfassungsrechtler befragen ?
      Avatar
      schrieb am 14.02.02 16:06:14
      Beitrag Nr. 95 ()
      Traurig - aber wahr...

      Die Politik - auch die Gesundheitspolitik - hat völlig den Kontakt zur Wirklichkeit verloren.

      Wenn etwas falsch läuft - immer sind die Anderen die Bösen...

      DAs Gleiche beim Thema "Politikverdrossenheit" :

      Das ist mittlerweile ein Schimpfwort der Politiker an die Adresse der Wähler - die Zeiten, in denen man wenigstens als Politiker vorgab, über die in der konzeptlosen Politik liegenden Ursachen nachzudenken, sind schon lange vorbei.

      Die Gesundheitsministerin sieht die Ärzte schon als Sklaven, die keine eigene Meinung haben dürfen und panisch angegriffen werden, wenn sie die Patienten über ihre desaströse Situation (beider: Ärzte und Patienten) aufklären und die jahrelangen verbreiteten Lügen, die auf wundersame Art und Weise alle Gesundheitsmoinister verbanden, enttarnen.

      Gruß

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 24.02.02 21:42:23
      Beitrag Nr. 96 ()
      Jetzt bemerkt es die Öffentlichkeit:

      report am kommenden Dienstag:

      DER ÄRZTEMANGEL!

      sicher interessant...
      Avatar
      schrieb am 27.02.02 20:33:39
      Beitrag Nr. 97 ()
      Hallo,

      Deutschland hat unbemerkt von der Öffentlichkeit in der wissenschaftlichen Welt eine Sensation anzubieten : Die deutsche Studie zur Behandlung einer Form des Lymphdrüsenkrebses (Hodgkin-Krankheit) hat erheblich bessere Ergebnisse geliefert als andere Studien in anderen Ländern und die daraus resultierende Behandlungsempfehlung ist seit kurzem Standard in der westlichen Welt. Hurra, wir leisten wieder was. An der Studie waren Unikliniken, große Krankenhäuser aber auch in wesentlichem Umfang spezialisierte Fachpraxen für Hämatologie beteiligt.

      Die Behandlung erfolgte im Vergleich zu der bisherigen Standardbehandlung, die wesentlich schlechter abschnitt.

      Jetzt kommt das Perverse : Die Krankenkassen wollen die Kosten für die bessere Behandlung ( etwa 20 % mehr Überlebende !) nicht übernehmend, da - so die juristische Finesse - Krankenkassen nicht für die Finanzierung wissenschaftlicher Studien herangezogen werden dürfen.
      Andererseits klagen die Krankenkassen, daß sie in Deuschland ein teures System mit schlechter Leistung finanzieren.
      Wird da nicht versucht mit billigen demagogischen Mitteln von den wahren Mängeln abzulenken :
      Demografische Tatsachen mit Überalterung der Bevölkerung und damit Mißverhältnis von Beitragszahlern zu Kranken; Neue, teure Methoden in der Diagnostik und Therapie, Erheblich angestiegene Verwaltungskosten der Krankenkassen.

      Grüße
      Avatar
      schrieb am 05.03.02 12:50:21
      Beitrag Nr. 98 ()
      Der folgende Artikel gibt - das möchte ich betonen - die ärztliche Berufswirklichkeit, wie sie SEIT VIELEN JAHREN BEREITS besteht, wieder.

      Und bevor irgendwelche Schwachköpfe anfangen, über die Ärzte herzuziehen:

      Die arbeiten tag und Nacht mit Millionen unbezahlten Arbeitsstunden pro Jahr, nachts für sogar nur 80% des Geldes ( ! ) rund um die Uhr wie die Tiere, müssen durch die knappe Bettensituation bei Notaufnahmen plötzlich den "Besten" ( = am wenigsten von allen kranken) Patienten notfallmäßig von der Intensivstation irgendwohin auf eine Station oder ein Überwachungsbett vetrlegen, müssen dann nicht nur den neuen Patienten aufnehmen, sondern auch ewig in der gegend herumorganisieren, um irgendwo noch ein Bett zu bekommen und sicherzustellen, daß der zu verlegende Patient nicht auch noch Schaden nimmt... das geht alles auf seine Kappe.

      Nicht selten ist es auf einer Intensivstatiuon so, daß auf diese Art und Weise bei 12 Planbetten in Wirklichkeit 15 Patienten versorgt werden; das machen nur wenige jahrelang mit, weil es an die Substanz geht.
      Die Fluktuation des Personals auf solchen stationen spricht eine deutliche Sprache:

      Eine Intensivschwester (und die haben im Vergleich zu Ärzten geradezu paradiesische Arbeitsbedingungen) bleibt im Durchschnitt 2-3 Jahre in diesem bereich. dann sin ddie meisten ausgebrannt....

      Die Flucht aus dem von der Politik unerträglich gemachten gesundheitswesen ist mittlerweile derart groß, daß in Bälde solche Vorkommnisse explosionsartig zunehmen werden.

      Gruß

      d.T.





      RETTUNGSLOS VERLOREN

      Krankenhäuser verweigern Notfallpatienten die Aufnahme


      In einem kleinen Ort im Schwarzwald bricht ein Mann zusammen. Verdacht auf Hirnschlag, diagnostiziert die Hausärztin. Die herbeigerufene Besatzung eines Rettungshubschraubers sucht Hilfe für den lebensgefährlich erkrankten Freddy K. - vergebens.


      DPA

      Immer öfter werden Notärzte mit Schwerverletzten in Kliniken abgewiesen


      Acht Krankenhäuser in der Umgebung verweigern die Aufnahme, der Patient stirbt. Ein Alptraum, den Notärzte immer öfter erleben. Schuld ist offenkundig die Sparpolitik im Gesundheitswesen. In den Intensivabteilungen der Krankenhäuser fehlen Betten und technische Einrichtungen, das Personal ist vielfach überlastet. "Intensivstationen sind ein schlechtes Geschäft für die Kliniken", klagt ein Münchner Krankenhausmediziner verbittert.

      Noch trifft die Mehrzahl der Ärzte ihre Entscheidung für oder gegen die Aufnahme eines Kranken aus medizinischer und nicht aus wirtschaftlicher Sicht. Aber viele von ihnen befürchten, dass die aufwändige Spitzenmedizin in naher Zukunft auf ein immer niedriges Niveau gebracht wird und sich die Personal- und Bettenknappheit weiter verschärft.


      SPIEGEL TV über den Fall Freddy K. und die Krise im deutschen Rettungswesen.
      Avatar
      schrieb am 28.03.02 17:34:41
      Beitrag Nr. 99 ()
      Die durchschnittliche Lebenserwartung eines Arztes beträgt im Schnitt ca. 10Jahre weniger als der Bundesdurchschnitt.

      Ein klares Signal, wie schlecht die Lebensbedingungen von vielen Ärzten sind.
      Die hier zitierten 54 Wochenarbeitsstunden sind ein Treppenwitz. Durchschnittlich kommen Krankenhausärzte auf ca. 60-80Stunden/woche. Der niedrige Wert von 54 Std. beruht wohl darauf, daß viele Ärzte ihre Überstunden nicht einmal aufschreiben oder abrechnen, da sie die sowieso nicht bezahlt bekommen und Nachtdienststunden sowieso nur zu 80% zählen.

      Die extreme Belastung bei den Krankenhausärzten und vielen engagierten Niedergelasssenen kann ich nur bestätigen.
      Man muss sich in dieser Gesundheitswesen-Struktur für den Beruf oder sich selber bzw. die Familie entscheiden - die langjährigen Arbeitsbedingungen sind absolut unmenschlich.


      30. März 2002
      ÄRZTE

      Narkose ins Jenseits

      Mediziner begehen häufiger Selbstmord als Angehörige anderer Berufe - und sie gehen mit tödlicher Perfektion vor.


      Auch bei seiner letzten Operation wollte der erfahrene Chirurg nicht auf sein gewohntes Handwerkszeug verzichten. Er betäubte sich beide Leisten mit einem lokal wirksamen Narkosemittel. Dann präparierte er mit dem Skalpell beide Oberschenkelarterien frei.
      Mit einem schnellen Schnitt durchtrennte er schließlich die linke Arterie - Minuten später war sein Körper nur noch eine leblose Hülle. Von seinem blutreichen Ende bekam der Lebensmüde nichts mehr mit: Rechtzeitig hatte er sich einen äthergetränkten Wattebausch vor die Nase gehalten.

      Ausgerechnet die Mediziner, die eigentlich Leben retten sollen, bringen sich doppelt so häufig um wie Angehörige anderer Berufsgruppen; bei Ärztinnen liegt die Selbstmordrate sogar vierfach über dem Durchschnitt.

      Pro Jahr verzweifeln 100 bis 200 deutsche Mediziner am Leben. Die Tendenz zum Freitod ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. "Mindestens einmal im Monat", berichtet Bernhard Mäulen, Psych-iater und Psychotherapeut in Villingen-Schwenningen, der selbst mehr als hundert Ärzte in seiner Praxis betreut, "kommen Kollegen mit Selbstmordgedanken zu mir. Früher ist mir das nur selten passiert."

      Eingeweihte rechnen mit einer hohen Dunkelziffer: Aus Rücksicht auf die Angehörigen der Kollegen scheuen sich viele Ärzte, die wahre Todesursache auf dem Totenschein zu vermerken. Zudem lassen sich die von den lebensmüden Heilern verwendeten Arzneistoffe mit toxikologischen Routinemethoden häufig gar nicht erkennen. Die tatsächliche Zahl der Mediziner-Selbstmorde, so schätzen Experten, könnte deshalb bis zu zehnmal höher liegen.

      Die ärztliche Fachpresse reagiert auf die steigenden Fallzahlen verstört: "Warum bringen sich so viele Ärzte um?", fragte unlängst die "Münchener Medizinische Wochenschrift" ratlos.

      Bislang schien der Freitod vor allem ein Problem von Psychiatern zu sein. Doch neuere Untersuchungen zeigen, dass auch Chirurgen und Anästhesisten, Internisten, Praktiker, Gynäkologen und sogar Augenärzte als besonders selbstmordgefährdet gelten müssen.

      Viele der Suizidenten legen in der Klinik oder in der Praxis Hand an sich. Mit professionellem Wissen mixen sie Medikamentencocktails, die garantiert tödlich wirken - an die notwendigen Substanzen gelangen sie ohnehin so leicht wie niemand sonst.

      Jeder dritte lebensmüde Mediziner wählt nach einer Untersuchung von Bonner Rechtmedizinern Infusionen oder Injektionen als Todesmethode. Jeder vierte schluckt Tabletten in ausreichender Menge. Aber auch die klassischen Selbstmordtechniken wie Erhängen oder Erschießen werden gewählt - nur von Brücken oder Hochhäusern stürzen sich Ärzte offenbar nie.

      Dem gelernten Handwerk bleiben die meisten auch bis zum bitteren Ende treu. Anästhesisten befördern sich mit intravenösen Narkosen ins Jenseits. Andere benutzen Verweilkanülen und Infusionsbestecke, um die tödlichen Mittel schmerzlos in den Organismus rauschen zu lassen. Ein lebensmüder Anästhesist beispielsweise spritzte sich ein Curare-ähnliches Muskelrelaxans und verfolgte dann bei klarem Bewusstsein, wie seine Atemtätigkeit allmählich erschlaffte.

      "Es ist erschütternd", kommentierte das Fachblatt "Medical Tribune" die Neigung zur tödlichen Perfektion, "wie hoch spezialisierte Kollegen ihre Fähigkeiten fast kaltblütig nutzen, um ihrem Leben ein Ende zu setzen."

      Typisch für die Inszenierung des eigenen Endes ist der minutiös in Szene gesetzte multiple Selbstmord: In einem Fall schluckte ein lebensmüder Mediziner eine Überdosis des Schlafmittels Chloralhydrat, spritzte sich Morphium, stellte sich mit einer Schlinge um den Hals auf einen Stuhl - und schoss sich mit der Pistole ins Herz.

      Auch die 1999 bei der Bundeswehr zu Tode gemobbte Fliegerärztin Christine Bauer nahm einen Cocktail aus Alkohol und Tabletten zu sich und spritzte sich anschließend noch eine hohe Dosis Insulin in die Vene. Dennoch erlag sie erst zwei Jahre später ihrer Verzweiflungstat - so lange überlebte sie im Koma.

      Die Gründe für die zunehmende Selbstmordneigung unter den Medizinern sind bisher kaum erforscht. Liegt es womöglich am härteren Kampf ums Geld? Mäulen hält das für denkbar: "Wegen finanzieller Pleiten musste sich früher keiner von uns umbringen, da ging es eher darum, wohin mit der vielen Kohle." Heute äußern Mediziner, die sich kurz vor dem Bankrott wähnen, immer häufiger Selbstmordabsichten.

      Eine weitere Erklärung: Viele Ärzte vernachlässigen ihr Privatleben. Sie verausgaben ihre Kräfte und ihr Engagement für Patienten und Karriere; doch zu Hause führen sie eine emotional verarmte Beziehung. Mäulen: "Aus klinischer Sicht habe ich selten so viele asexuelle Ehen in einem Berufsstand gesehen wie bei den Ärzten."

      Wenn es in der Beziehung nicht mehr weitergeht, verlieren viele Mediziner den Boden unter den Füßen - wie im Mai 1995 im Fall des international renommierten Münchner Augenchirurgen Jürgen-Hinrich G., der sich nach einer Auseinandersetzung mit seiner Frau mit dem Revolver in den Mund schoss.

      Bei anderen reicht schon die Dauererschöpfung im Job, um den Lebensnerv zu ruinieren. Die durchschnittliche Arbeitszeit deutscher Ärzte liegt bei 54 Stunden pro Woche. Jeder dritte Mediziner ist nach einer repräsentativen Umfrage vom vergangenen Jahr mit seiner Lebensqualität unzufrieden. Die große Mehrzahl würde den eigenen Kindern dringend vom Heilberuf abraten.

      Nicht wenige flüchten sich in die Sucht: Rund 20 000 deutsche Mediziner sind nach Schätzungen von Experten suchtkrank. Mehr als die Hälfte von ihnen ist laut Matthias Gottschaldt, Leitender Arzt an einer Spezialklinik im Schwarzwald, alkoholabhängig. Fast jeder dritte von ihnen braucht sogar gleichzeitig Alkohol und Medikamente, um am Arbeitsplatz bestehen zu können - Alarmsignale, die eine überdurchschnittliche Selbstmordneigung plausibel machen.

      Vom Job überfordert fühlen sich vor allem junge Assistenzärzte an den Krankenhäusern, die nach dem Studium brutal im Klinikalltag aufwachen. Jeder zehnte fühlt sich laut einer aktuellen Studie durch schwierige Patienten wie Krebskranke überfordert. Jeder dritte Anästhesist reagiert hilflos bei der Behandlung chronischer Schmerzpatienten. Und jeder fünfte Gynäkologe in der Facharztausbildung kann mit depressiven Patientinnen nicht umgehen. Kein Zufall also, dass es unter Jungmedizinern vor allem in der schwierigen ersten Berufsphase zu Suiziden kommt.

      Aber auch bei erfahreneren Kollegen geschieht es, dass sie an den psychischen Belastungen im Klinikalltag zerbrechen. Den Berliner Psychiater Peter N. etwa zermürbte die Arbeit als Chefarzt im Maßregelvollzug: Er könne den Menschen in der U-Bahn nicht mehr in die Augen sehen, schrieb er in seinen letzten Aufzeichnungen, wenn von ihm therapierte Straftäter rückfällig werden und wieder ein Verbrechen begehen.

      Mit Kollegen sprach der als warmherzig geltende Mediziner fast nie über seinen inneren Zwiespalt. Im Alter von 45 Jahren erhängte er sich in seiner Kreuzberger Wohnung.

      Noch am Tag vor seinem Freitod hatte er, nach außen hin fröhlich, an einem Kindergeburtstag teilgenommen.

      GÜNTHER STOCKINGER (Spiegel.de)
      Avatar
      schrieb am 28.03.02 17:36:17
      Beitrag Nr. 100 ()

      100
      Avatar
      schrieb am 02.04.02 10:16:26
      Beitrag Nr. 101 ()
      Die Pharmahersteller wollen Ulla Schmidts Sparpaket aushebeln

      Die Ausgaben für Arzneimittel steigen weiter / Industrie setzt bei Aut-idem auf Umgehungsstrategie



      ami. BERLIN, 1. April. Die deutsche Pharmaindustrie will das Arzneimittel-Sparpaket von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) teilweise ins Leere laufen lassen. Das dürfte Krankenkassen und Beitragszahler um so härter treffen, als auch im Februar die Arzneimittelausgaben im Jahresvergleich nach ersten Einschätzungen der Branche um einen höheren einstelligen Prozentsatz gestiegen sind, obwohl die Menge kaum zugenommen hat. Unklar ist, inwieweit die Preissteigerungen möglicherweise auch eine Reaktion auf die von Sommer an erwartete Umsetzung der neuen Aut-idem-Verschreibungspraxis sind. Die Regelung sieht vor, daß die Ärzte nur noch den Wirkstoff verschreiben.

      In internen Veranstaltungen informieren Juristen die Unternehmen darüber, wie sie die "Aut-idem-Regelung" umgehen und durch eine "kreative" Preispolitik aushebeln können. In Schreiben an die Ärzte warnen die Pharmakonzerne vor vermeintlichen Rechtsunsicherheiten und empfehlen, Aut-idem grundsätzlich auszuschließen. Gelegentlich, sagen Insider, würden vorgedruckte Rezeptblöcke gleich mitgeliefert.

      Während Branchenvertreter davon sprechen, daß "Aut-idem gegen die Wand fährt", und frühere Einschätzungen bestätigt sehen, empört sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) über eine "noch nicht erlebte Kaltschnäuzigkeit der Industrie". Als "verwerflich bis skandalös" bezeichnet der Erste Vorsitzende der KBV, Manfred Richter-Reichhelm, deren Aktivitäten. Doch räumt er ein, daß die Ärzte Aut-idem nur unwillig nutzten. Er empfiehlt deshalb, preiswerte "Standardpräparate" auszusuchen. So würde eine Substitution verhindert. Die Gesundheitsministerin will mit der Möglichkeit, daß der Apotheker gleichartige Präparate durch preiswertere ersetzen kann, der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) jährlich Ausgaben von mehreren hundert Millionen Euro ersparen. Das ist Teil des Arzneimittelsparpaketes, das im Februar in Kraft getreten ist.

      Allerdings ist ein Austausch von Medikamenten an Bedingungen geknüpft, die die Umsetzung des Gesetzes verzögern. Bis Mitte des Jahres wollen Ärzte und Kassen eine größere Zahl von Präparaten auf ihre Vergleichbarkeit geprüft haben. Erst damit wäre die zwingende Voraussetzung für Apotheker gegeben, ein Präparat durch eines aus dem unteren Preisdrittel zu ersetzen, falls der Arzt das nicht ausgeschlossen hat. Voraussetzung ist aber, daß Wirkstoff, Dosierung und Packungsgröße gleich sind, die Präparate für die gleichen Erkrankungen zugelassen sind und die gleiche oder eine austauschbare Darreichungsform haben.

      Schon an dieser Hürde dürften viele Hoffnungen auf hohe Einsparungen scheitern: "Wir glauben, daß es nicht sehr viele Produkte gibt, die wirklich substituierbar sind", sagte Barbara Sickmüller, Geschäftsführerin beim Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI). Falls doch, läßt das Gesetz eine Reihe von "Umgehungsstrategien" zu, wie es eine auf Pharmathemen spezialisierte Bonner Rechtsanwaltskanzlei formuliert. Unter anderem nennt sie die "Schaffung neuer Packungsgrößen, die eine Substitution nicht zulassen". Eine 30-Pillen-Packung wäre kaum mehr vergleichbar und könnte so nicht durch eine preiswertere ersetzt werden. Auch weisen die Juristen auf die Möglichkeit der "Neueinführung besonders preisaufwendiger Dubletten und Generika" hin. Die würde dann zwar niemand kaufen, aber deren überhöhter Preis ginge ein in die Berechnung des "unteren Preisdrittels", das damit tendenziell steigen würde. Beispiele dafür gibt es schon. So bietet das Unternehmen Lindopharm zusammen mit dem bayerischen Arzneimittelhersteller Hexal mehrere Präparate zu maßlos überhöhten Preisen an. Die 100-Stück-Packung des Magenmittels "Famotidin" etwa kostet der Apothekenpreisliste zufolge 500,02 Euro. Ratiopharm bietet es für 29,48 Euro an.

      Doch bei Hexal - die nach eigenen Angaben auch Zwanziger-Packungen zu extrem niedrigen 2 Cent in die Preisliste einstellten - ist man sich keiner Schuld bewußt. Im Gegenteil, das Ganze sei ein "pädagogischer Akt", heißt es. Man habe "die Politik auf die Manipulationsfähigkeit und Manipulationsgefahr der Preisregulation in der jetzigen Form des Aut-idem aufmerksam machen wollen", erklärt Hexal-Vorstand Thomas Strüngmann. In der Branche wird aber auch von einem Fall berichtet, in dem einem kleinen Anbieter für den erwarteten Umsatzrückgang durch Aut-idem finanzielle Kompensation geboten worden sei. Dafür müsse er seine Preise oben halten.

      Der KBV-Vorsitzende Richter-Reichhelm, bremst angesichts solcher Berichte seine Empörung nur kurz vor einem Boykottaufruf: Anbieter, die auf solche Praktiken setzten, könnten "nicht mehr Partner der Ärzteschaft sein".

      Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.04.2002, Nr. 76 / Seite 13
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      schrieb am 02.04.02 10:17:53
      Beitrag Nr. 102 ()
      Aut-idem klappt nicht so recht

      ami. Das Arzneimittelsparpaket der Gesundheitsministerin hat viele Komponenten. Der Ablaßhandel mit den forschenden Pharmakonzernen gehört ebenso dazu wie der höhere Rabatt, den sie den Apothekern abknapst. Doch nur an einer Stelle wollte Ulla Schmidt (SPD) nachhaltig gestaltend in das bestehende Gefüge eingreifen: Nicht mehr allein der Arzt soll festlegen, welches Präparat der Patient bekommt. Unter bestimmten Bedingungen soll vielmehr auch der Apotheker ein gleichartiges, aber preiswerteres Medikament abgeben dürfen. Wenn nur die vertrackten Bedingungen nicht wären, mag die Ministerin inzwischen mehr als nur einmal gestöhnt haben. Denn die machen die Anwendung der grundsätzlich sinnvollen Regel fast unmöglich. Zudem nutzt die Industrie jede Möglichkeit, das wenig ausgereifte Paragraphenwerk auszuhebeln. Das ist nicht schön, aber legal - ebenso wie das Verwenden von Stempeln in Arztpraxen, wo oft auf Rezepten ohne Ansehen des Präparats der Vermerk "nicht austauschbar" aufgedruckt wird. So läßt sich das Ergebnis einer gutgemeinten Regulierung begutachten: Erwartete Einsparungen werden allenfalls in kleinen Dosen erreicht, dafür wächst die wechselseitige Verärgerung. Angesichts der schier unaufhaltsam davon eilenden Arzneimittelkosten werden neue ministerielle Sparerlasse nicht lange auf sich warten lassen. Ärzte und Konzerne sollten sich schon einmal darauf einstellen.

      Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.04.2002, Nr. 76 / Seite 13
      Avatar
      schrieb am 02.04.02 12:27:27
      Beitrag Nr. 103 ()
      In Rheinland-Pfalz wurde die "Patienten-Rechnung für Kassenpatienten" gestartet.

      Ich finde, das ist ein sehr guter Ansatz.

      Neben mehr Transparenz für die Patienten wird auch auf diese Art und Weise klar, daß ein nächtlicher Hausbesuch eines Arztes incl. aller Leistungen weit weniger kostet als allein die ANREISEKOSTEN eines Handwerkers.

      Viele Patienten werden ins Grübeln kommen, ob das ständige lamentieren der Politiker und der satten Krankenkassen wirklich berechtigt ist.

      Ein ganz wesentlicher Aspekt wird die Entlarvung falsch abrechenender Ärzte sein - daher wird das Projekt von ehrlich abrechnenden Ärzten und der Landesärztekammer RP auch massiv unterstützt.

      Originalton ZDF:

      "Auf diese Art und Weise wird auch mancher Patient erfahren, daß ein nächtlicher Hausbesuch alles in allem keine 40 Euro kostet."

      Hofen wir, daß die Patienten begreifen, wer im Gesundheitswesen wen verarscht....

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 05.04.02 10:26:05
      Beitrag Nr. 104 ()
      ÄRZTESCHWUND

      "Die Besten gehen nach Amerika"

      In deutschen Krankenhäusern grassiert der Ärztemangel - immer mehr Stellen bleiben frei. Angehende Mediziner können beim Berufsstart inzwischen wählerisch sein, doch den Standesvertretern bereitet der Aderlass Kopfzerbrechen.


      Etwa jeder fünfte Medizinstudent lässt den Abschluss sausen, und die besten jungen Ärzte wandern ins Ausland ab, vor allem in die USA. Das beklagt die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM). Ärztemangel in Deutschland drohe nicht, sondern sei längst Wirklichkeit, sagte der Vorsitzende Jürgen Meyer am Mittwoch kurz vor Beginn eines Internistenkongresses in Wiesbaden.

      Für Abiturienten gilt die medizinische Ausbildung offenbar nicht mehr als besonders reizvoll. Neben dem "langen und arbeitsintensiven Medizinstudium" sehen die Internisten auch die unsicheren Berufsperspektiven als Grund für den Ärzteschwund. Durch Einschränkungen der Niederlassungsfreiheit gebe es kaum noch Möglichkeiten, sich mit einer eigenen Praxis selbständig zu machen. Zudem seien die Zeiten blendender Verdienstmöglichkeiten längst passé, betonte DGIM-Generalsekretär Hans-Peter Schuster.

      Bessere Forschungsbedingungen im Ausland

      Nach Auffassung von Schuster erlebt Deutschland in der Medizin offenbar einen ähnlichen Aderlass wie in anderen wissenschaftlichen Arbeitsfeldern: Die USA böten jungen Top-Medizinern weitaus bessere Arbeitsbedingungen. Dort könnten sie viel unbelasteter von täglichen Routineaufgaben ihren Interessen in der Forschung folgen.

      "Die Besten gehen nach Amerika", bestätigte auch Jürgen Meyer. Die Zahl der Approbationen und der Ärzte im Praktikum sei seit 1994 um ein Viertel gesunken. Zudem brechen nach Angaben Meyers derzeit rund 2400 der jährlich 12.000 Medizinstudenten ihr Studium ab. Ein großer Teil des Nachwuchses wandere in fachfremde Berufe oder ins Ausland ab, beschrieb er den "Brain Drain". Und wer erst einmal einige Jahre in den Vereinigten Staaten gearbeitet habe, bleibe häufig für immer dort.

      Die Krankenhäusern melden bereits reichlich offene Stellen, mit steigender Tendenz. Auf rund 2000 Ärzte bezifferte Meyer die momentane Lücke.
      Abwanderungstendenzen hoch qualifizierter Akademiker seien aber nicht nur bei Medizinern, sondern auch bei Chemikern, Physikern und Ingenieuren zu beobachten.
      Avatar
      schrieb am 05.04.02 10:28:31
      Beitrag Nr. 105 ()
      JUNGE MEDIZINER

      Klare Tendenz zum Workaholic

      Von Jochen Leffers

      Heiler, Helfer, unermüdlich um das Wohl der Patienten besorgt: Mit solchen Idealen starten fast alle Medizin-Absolventen ins Berufsleben. Im Klinik-Alltag bleibt davon nicht viel übrig, wie eine neue Studie der Universität Erlangen-Nürnberg zeigt.

      Altruistische Vorstellungen stehen bei jungen Medizinern und Medizinerinnen zunächst hoch im Kurs. Deutlich stärker als Absolventen anderer Fachrichtungen verstehen sie ihren Beruf als Berufung und sehen den idealen Arzt als "fürsorglich und beziehungsorientiert". Sie wollen andere Menschen unterstützen, betreuen, die Zusammenarbeit mit Kollegen suchen. Und Leistung gilt ihnen als Lebensziel besonders viel.



      Grau ist alle Theorie. Wie dagegen die Berufspraxis abschneidet, hat die Universität Erlangen-Nürnberg untersucht und fünf Jahre lang dem beruflichen und privaten Lebensweg ihrer Absolventen nachgespürt. Im Vergleich zu anderen Disziplinen ergab sich bei Medizinern ein niederschmetternder Befund: Sie empfanden die Ausbildung in einem akademischen Lehrkrankenhaus als "außergewöhnlich belastend" und waren mit ihrer Arbeit fast durchweg unzufrieden.

      Schon in der Zeit als "Arzt im Praktikum" werden die ursprünglichen Ideale zurechtgestutzt. Die jungen Ärzte fühlen sich finanziell benachteiligt, berichten über geringe Handlungsspielräume und hierarchische Strukturen, erleben am Arbeitsplatz häufig negative Beziehungen. Einziger Pluspunkt: Ihre Zukunft schätzen die Nachwuchsdoktoren optimistisch ein. Ihre Qualifizierungsmöglichkeiten beurteilen sie als ebenso gut wie andere Absolventen, die Aufstiegschancen sogar deutlich besser.

      Vor allem Ärztinnen sinkt der Mut

      In derzeit als Assistenzarzt wächst die Belastung abermals. Die jungen Mediziner zeigen der Untersuchung zufolge eine deutliche Tendenz zum Workaholic, zeigen sich dem Dauerstress aber meist gewachsen - sie identifizieren sich stärker mit dem Beruf und sind mit ihrem Leben genauso zufrieden wie andere akademische Berufsgruppen.

      Für Frauen gilt das allerdings nur bedingt. Sie verlieren in den ersten Berufsjahren an Selbstvertrauen und leiden oft an einer Doppelrolle als Mutter und Ärztin. Knapp ein Fünftel verzichtet, zunächst vorübergehend, auf den Arbeitsplatz, um sich ganz den Kindern zu widmen. Doch das Risiko ist hoch, dass ihnen der Rückweg in den Beruf versperrt bleibt.



      Die Studie aus Erlangen-Nürnberg bestätigt die Klagen über den Krankenhaus-Stress für junge Ärzte. In den letzten Wochen hatte sich der Streit über die Arbeitsbelastung in den Kliniken verschärft. Beim Deutschen Ärztetag im Mai legte Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer, junge Mediziner sogar nahe, notfalls gegen ihre Vorgesetzten zu klagen.

      Hoppe hält die Situation in den Kliniken für nicht mehr verantwortbar, denn mit Bereitschaftsdiensten müssten die jungen Kollegen mitunter 32 Stunden am Stück arbeiten. Der Druck werde in der Klinik von oben nach unten weitergegeben, sagte Hoppe - und ganz unten in der Ärzte-Hierarchie rangieren die AiP-ler.
      Avatar
      schrieb am 05.04.02 10:30:12
      Beitrag Nr. 106 ()
      HOHE ARBEITSBELASTUNG

      Junge Ärzte sollen klagen

      Zum Beginn des Deutschen Ärztetages 2001 hatte der Streit über die Arbeitsbelastung der Klinikärzte an Schärfe zugenommen. Ärztepräsident Hoppe rief junge Mediziner auf, notfalls gegen ihre Vorgesetzten zu klagen.

      Ludwigshafen - Der Stress gerade für junge Ärzte in Krankenhäusern sei bisweilen unzumutbar hoch, sagte Jörg-Dietrich Hoppe. "Wenn nichts hilft, müssen sich die jungen Kollegen eben zu Sammelklagen zusammenschließen und Musterprozesse führen." Die Klinikträger boten neue Tarifgespräche über die umstrittenen Bereitschaftsdienste an.

      Die Chancen junger Mediziner, einen Rechtsstreit gegen zu hohe Arbeitszeiten zu gewinnen, stehen nach Hoppes Einschätzung gut. Neben dem deutschen Arbeitszeitgesetz gebe es seit Oktober ein wegweisendes Urteil des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg. Dort war entschieden worden, dass Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit zu werten ist. In Deutschland wird Bereitschaft als Ruhezeit verstanden. Würde das europäische Urteil in Deutschland umgesetzt, müssten laut Hoppe auf einen Schlag 15.000 neue Ärzte eingestellt werden. Das würde an die zwei Milliarden Mark kosten. Hoppe: "Das Geld ist da. Die Politik muss sich nur entschließen, es dafür einzusetzen."

      Wie auch der Vorsitzende des Marburger Bundes, Frank Ulrich Montgomery, hält Hoppe die Situation vieler junger Klinikärzte für nicht mehr verantwortbar. Mit Bereitschaften müssten die jungen Kollegen bisweilen 32 Stunden am Stück arbeiten. Der Druck werde in der Klinik von oben nach unten weiter gegeben, sagte Hoppe.

      Im Konflikt zwischen Krankenhäusern und Klinikärzten um die Bereitschaftsdienste erklärten sich die Arbeitgeber bereit, das Problem in Verhandlungen zu lösen. Im März 2000 seien Manteltarifgespräche zur Arbeitszeit von Ärzten und Pflegekräften ergebnislos vertagt worden. "Diese Gespräche können jederzeit wieder aktiviert werden", sagte Horst Baumgarten, Tarifexperte der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), der "Berliner Zeitung". Die VKA vertritt Städte und Gemeinden in deren Eigenschaft als Krankenhausträger.

      Baumgarten wies jedoch die Rechtsauffassung des Marburger Bundes und der Bundesärztekammer zurück, wonach Bereitschaftsdienste auch in Deutschland wie Arbeitszeiten zu werten sind. Dies gebe das Urteil aus Luxemburg vom Herbst 2001 nicht her.
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      schrieb am 06.04.02 14:13:59
      Beitrag Nr. 107 ()
      Wer viel verdient, soll viel zahlen


      Die Grünen wollen bei der für 2003 geplanten Gesundheitsreform die Krankenkassenbeiträge drastisch anheben. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, plädierte am Donnerstag in der Zeitung „Die Welt“ dafür, dass Kassenmitglieder mit einem Monatseinkommen von über 3375 Euro um bis zu 20 Prozent höhere Beiträge zahlen als bisher.

      Derzeit ist in der gesetzlichen Krankenversicherung ein Einkommen bis zu einer Höhe von 3375 Euro im Monat beitragspflichtig. Auf das darüber liegende Einkommen wird kein Beitrag mehr erhoben.

      In der Rentenversicherung liegt der Wert bei 4500 Euro. Göring-Eckhardt sprach sich dafür aus, die Krankenversicherung auf das Niveau der Rentenversicherung anzuheben. Das entspreche einer Anhebung von 20 Prozent.

      Eine Aufteilung des Kassenkatalogs in Wahl- und Pflichtleistungen lehnte Göring-Eckhardt ab. Stattdessen sollten die Patienten künftig zwischen verschiedenen Versicherungstarifen wählen können. „Beispielsweise könnte dann jemand entscheiden, immer zuerst naturheilkundlich behandelt zu werden.“ Die Sozialexpertin der Grünen sprach sich dafür aus, langfristig auch Beamte und Selbstständige in die gesetzliche Krankenversicherung einzubeziehen.

      04.04.02, 14:25 Uhr
      Avatar
      schrieb am 15.04.02 15:57:45
      Beitrag Nr. 108 ()
      LOBBYISMUS

      Wie Tabakkonzerne Kohl und Bangemann einspannten

      Von Udo Ludwig

      Dokumente in den USA zeigen, wie Tabakkonzerne deutsche Politiker bearbeitet haben, um Raucher-feindliche Verordnungen zu verhindern. Männer wie Helmut Kohl und Martin Bangemann parierten wie geplant.



      Milliardengeschäft Rauchen: "Nutzt allen erdenklichen deutschen Einfluss" ... "und arbeitet mit Kohl zusammen"


      Die strategischen Vorgaben des Marktführers waren so militärisch-knapp, als ginge es darum, einen bösen Feind zu bezwingen. Beamte in Brüssel untergraben, Politiker bearbeiten, Seilschaften schmieden und Strippen ziehen, so lautete der Auftrag aus Amerika. Konzentrieren müsse sich die Tabakindustrie besonders auf Deutschland und Großbritannien, schwor der Tabak-Multi Philip Morris seine Mitstreiter noch ein. "Nutzt allen erdenklichen deutschen Einfluss", um erfolgreich zu sein, lautete die Formel, und "arbeitet mit Kanzler Kohl zusammen".
      Rund neun Jahre nach diesem Feldzug kommt nun durch US-Dokumente heraus, was Firmen wie Philip Morris und deren Interessenvertretungen alles anstellten, um unangenehme Verordnungen mit aller Macht zu verhindern. Als die Gesundheitsminister einiger EU-Staaten 1989 den Kampf gegen den Zigarettenkonsum forcieren wollten, entwarfen sie einen genauen Plan. Ziel der massiven Lobbyarbeit sollten besonders vier Politiker "auf höchster Ebene" sein: Helmut Kohl, die britische Premierministerin Margaret Thatcher, der britische Minister Kenneth Clarke und der deutsche EU-Kommissar Martin Bangemann.

      "Lehrstunde dafür, warum sich der Tod immer weiter ausbreiten kann"


      "Was wir nun erkennen", sagt Derek Yach, Direktor bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO), sei beispielhaft für gnadenlosen Lobbyismus; es sei aber auch eine "Lehrstunde dafür, warum sich der Tod immer weiter ausbreiten kann". Nach Berechnungen der WHO sterben jährlich allein in Europa 500.000 Menschen an den Folgen des Rauchens.

      Yach stützt seine Kritik auf der laschen Anti-Tabak-Haltung der Politiker auf die Ergebnisse einer Arbeitsgruppe der University of California in San Francisco, die jetzt im seriösen US-Wissenschaftsmagazin "The Lancet" veröffentlicht wurden. Drei Wissenschaftler hatten Hunderttausende von internen Seiten ausgewertet, die die größten Tabakhersteller der Welt herausrücken mussten. Amerikanische Anwälte hatten die Konzerne im Rahmen der Raucherprozesse in den USA dazu gezwungen.

      Danach sollte die Strategie der Tabakkonzerne in drei Richtungen gehen:
      erstens neue Richtlinien wie das Tabakwerbeverbot bekämpfen und verzögern;
      zweitens neue Richtlinien verwässern, indem tabakfreundliche Gegenvorschläge untergeschoben werden;
      drittens neue Richtlinien juristisch bekämpfen.

      Als besonderen Verbündeten sah die Tabakindustrie stets Helmut Kohl an. Schon 1978, als Kohl noch Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU im Bundestag war, hatte er sich mit dem Verband der Cigarettenindustrie (VdC) verständigt. Es sei "das erste Mal", schwärmte der damalige VdC-Chef Dieter von Specht in einem Brief an Kohl, "dass sich ein Fraktionsvorsitzender in dieser Form persönlich an die Wirtschaft gewandt hat".

      Die guten Kontakte zahlten sich aus, als sich die EU im Jahr 1989 auf die Richtlinie 89/43 verständigte. Danach sollte ab 1998 keine Tabakwerbung mehr erlaubt sein. Da den Tabakmanagern klar war, dass sie Veränderungen nicht ganz verhindern konnten, entwarfen sie den so genannten "German compromise" - eine Liste von Zugeständnissen, mit denen sie hätten leben können. Die CECCM, eine Vereinigung der größten Tabakfirmen Europas, lancierte diese Vorschläge in die EU, aber so, wie ihr Chef damals intern berichtete, dass sie nach außen "nicht der Tabakindustrie zugeschrieben" werden konnten.

      Bangemann mit Drei-Jahres-Plan gefüttert?

      Besonderes Ziel der Bemühungen von Philip Morris, so die Autoren der Studie, war Bangemann und dessen EU-Ressort. Der FDP-Mann sollte nach einem genauen Drei-Jahres-Plan so gefüttert werden, dass er mit seinen tabakfreundlichen Gegenvorschlägen das bis dahin beabsichtigte totale Werbeverbot aushöhlen würde. Wenig später vermeldete ein Philip-Morris-Mann ersten Vollzug: Der Entwurf würde "vertraulich gehalten, um ihn spontan als Entwurf der Kommission präsentieren zu können". Dann wurde das geheime Tabak-Papier auf einer Konferenz von Gesundheitsexperten sogar als neuer EU-Vorschlag präsentiert. Die Raucherlobby glaubte nun Bangemann sicher auf ihrer Seite, um ihre Ideen "als `seinen` Vorschlag" zu präsentieren.

      Der CECCM konnte stolz in die USA vermelden, dass es wieder einmal geklappt habe, die Deutschen vor ihren Karren zu spannen: Das wichtigste EU-Mitglied würde in Brüssel nun Anträge stellen, "die weitestgehend auf dem Plan des VdC basieren".

      "Corpsgeist mit der Tabakindustrie ist eine große Tragödie"

      Und noch ein zweites Mal funktionierte der Plan: Der CECCM wollte zusätzlich auch juristisch gegen härtere Werbeverbotsregeln vorgehen. Wieder seien die deutschen Politiker so weich geklopft worden, so fanden die amerikanischen Rechercheure heraus, dass sie vor den Europäischen Gerichtshof zogen und das Werbeverbot zu Fall brachten.

      "Dieser Corpsgeist mit der Tabakindustrie ist eine große Tragödie", sagt WHO-Mann Yach. Denn nun sei belegt, wie die Industrie die Gesundheitspolitik mitbestimmt und dazu beiträgt, durchs Rauchen allein in Deutschland jährlich einen geschätzten Schaden von mindestens jährlich 17,5 Milliarden Euro zu verursachen.
      Avatar
      schrieb am 16.04.02 18:29:42
      Beitrag Nr. 109 ()
      Ärztemangel
      In jedem zweiten Krankenhaus fehlt Personal

      Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hat vor einem dramatischen Ärztemangel gewarnt. Bundesweit fehlten 2.000 Klinikärzte. "Was wir sehen, ist nur die Spitze des Eisbergs - wenn wir nicht umgehend handeln, ist ein Zusammenbrechen des Systems vorprogrammiert", sagte DKG-Präsident Burghard Rocke bei einem DKG- Forum.

      Klinikärzteverband fordert bessere Arbeitsbedingungen
      Fast jedes zweite Krankenhaus könne nicht mehr alle Arztstellen besetzen. In den neuen Ländern seien es sogar 76 Prozent. Der Klinikärzteverband Marburger Bund (MB) wandte sich allerdings gegen Green-Card-Regelung für Ärzte. Diese werde nur gefordert, um die Bezahlung der Ärzte senken zu können. "Man sollte lieber die Arbeitsbedingungen hier verbessern, dann haben wir gar kein Problem mehr", sagte der MB-Vorsitzende Frank Ulrich Montgomery im InfoRadio Berlin-Brandenburg.

      Unbezahlte Überstunden sind keine Ausnahme
      Die Ärzte litten vor allem an überlangen Arbeitszeiten. "Die durchschnittliche Arbeitszeit eines jungen Assistenzarztes beträgt 60 bis 80 Stunden in der Woche - und davon bekommt er 20 Stunden überhaupt nicht bezahlt. Dazu haben wir eine furchtbare Hierarchie mit befristeten Verträgen", sagte Montgomery. DKG-Präsident Rocke machte die seit den 90er Jahren geltende Ausgabenbegrenzung für die Misere verantwortlich. Als Folge bekämen die Krankenhäuser die Steigerungen der Tariflöhne der Beschäftigten nicht voll erstattet. Die Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofes zu den Arbeitszeiten werde die Lage weiter verschärfen. Nach dem Urteil gelten die Bereitschaftsdienste der Ärzte als Arbeitszeit.

      Umsetzung des Urteils bedeute Neueinstellungen
      Laut Rocke müssten die Krankenhäuser 27.000 Ärzte und 14.000 Beschäftigte zusätzlich einstellen, um das Urteil umzusetzen. Dies führe zu Mehrkosten von 1,7 Milliarden Euro jährlich. Zudem gebe der Arbeitsmarkt eine solche Zahl von Neueinstellungen nicht her. Dies bestritt Montgomery. Er sprach von 15.000 benötigten Ärzten, die vorhanden seien.

      Quelle: T-Online

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      Somit hat die Dt. Krankenhausgesellschaft erstmals offiziell zugegeben, daß die Kliniksärzte das Gesundheitssystem seit Jahrzehnten jährlich mit Milliarden von Euro (derzeit nach zurückhaltenden Schätzungen 1,7 Milliarden Euro !! allein an lt. EGH sofort erstattungspflichtigen Nachtdienst-Lohn-Differenz) subventionieren.

      Die Summe der früher durch die befristeten Dienstverträge erpressten "Freiwilligen Überstunden" ist um ein Mehrfaches höher.

      Gruß

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 26.04.02 21:21:53
      Beitrag Nr. 110 ()
      JUNGE MEDIZINER

      Flucht aus der Klinik


      In deutschen Krankenhäusern droht ein dramatischer Ärztemangel. Die Misere ist hausgemacht: Extreme Belastung durch Überstunden, chaotische Arbeitsabläufe und Mobbing durch Chefärzte treiben immer mehr junge Mediziner in andere Berufe.

      Es gab einen Punkt in meinem Leben", erzählt Anna Bauer aus München*, "da dachte ich nur noch an Essen und Schlafen." Das war vor vier Jahren, als sie noch als Assistenzärztin an einem angesehenen Lehrkrankenhaus in Berlin arbeitete - bis an die Grenze zur totalen Erschöpfung.


      Ungesund: Arbeiten bis zur totalen Erschöpfung


      Von morgens bis abends musste die junge Medizinerin Schwerkranke versorgen, und nach Feierabend noch bis tief in die Nacht hinein im Labor forschen. "Sinnvolle Ergebnisse", sagt sie, "konnten da nicht mehr rauskommen. Aber wenn ich wagte, mich zu beschweren, bekam ich zur Antwort: `Ich kann das Gejammere nicht mehr hören. Machen Sie einfach!`"

      Völlig hilflos war Bauer der Willkür des Chefarztes und der leitenden Oberärzte ausgeliefert, die sie oft rücksichtslos aus ihrer dringenden Stationsarbeit herausrissen und zu Hilfsdiensten im OP verpflichteten.

      Wer stoppt die Ärzteflucht?

      Irgendwann reichte es ihr. Sie beschloss, dem Krankenhaus den Rücken zu kehren. Inzwischen arbeitet Bauer für ein großes Pharmaunternehmen in München - und ist viel zufriedener als früher. "Man merkt einfach, dass der Arbeitgeber in einen investiert", sagt sie. An ihren neuen Kollegen schätzt sie vor allem zwei Dinge: "Es ist unglaublich angenehm, dass hier gewisse Grenzen der Höflichkeit eingehalten werden. Und außerdem wird bei der Arbeit viel gelacht."

      Warnungen vor dem Zusammenbruch der Kliniken

      Tatsächlich denken immer mehr junge Mediziner wie Bauer und hängen den Weißkittel an den Nagel. 20 Prozent der jährlich knapp 12.000 Studienanfänger im Bereich Humanmedizin brechen inzwischen ihr Studium ab; noch bis vor wenigen Jahren lag diese Quote ziemlich konstant bei nur 3 Prozent. Weitere 20 Prozent satteln direkt nach dem Examen um und gehen zu Unternehmensberatungen, in die Pharmaindustrie oder zu Versicherungen. Noch gar nicht berücksichtigt sind dabei diejenigen, die nach ihrer Zeit als "Arzt im Praktikum" (AiP) den Beruf wechseln.


      Die Folge: Obwohl genauso viele Frauen und Männer wie früher Medizin studieren, wird die Zahl der auf dem Markt verfügbaren Mediziner immer geringer.

      Vor allem die Krankenhäuser schlagen jetzt Alarm. Die Kliniken haben zunehmend Probleme, freie Stellen zu besetzen. "Bei Ausschreibungen für Facharztstellen", beklagte soeben Heinz Lohmann, Vorstandssprecher des Landesbetriebs Krankenhäuser Hamburg, "gab es früher oft 200 Bewerbungen, jetzt sind es manchmal nur 3" - eine Quote freilich, mit der Unternehmen anderer Branchen noch höchst zufrieden wären.

      Vergangene Woche schreckte auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), der Dachverband der Krankenhausträger, die Öffentlichkeit auf. Vor einem "dramatischen Ärztemangel in den Kliniken" warnte DKG-Präsident Burghard Rocke: "Was wir sehen, ist nur die Spitze des Eisbergs - wenn wir nicht umgehend handeln, ist ein Zusammenbrechen des Systems programmiert."

      Angst macht den Krankenhausbetreibern vor allem ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Der EuGH entschied im Oktober 2000, dass die Bereitschaftsdienste, wie sie Ärzte nachts und an den Wochenenden leisten, voll auf die Arbeitszeit anzurechnen sind; bislang gelten sie in Deutschland als Ruhezeiten.

      Miserable Arbeitsbedingungen, enorme Belastung

      Würde die EuGH-Entscheidung auch in Deutschland umgesetzt (ein Grundsatzurteil hierzu wird demnächst erwartet), würde dadurch die zulässige Gesamtarbeitszeit eines Krankenhausarztes erheblich sinken. 15 000 neue Stellen, schätzt der Marburger Bund, die Vereinigung der Krankenhausärzte, müssten dann neu geschaffen werden. Die DKG hat sogar einen Bedarf von 27 000 zusätzlichen Stellen errechnet - was jährlich bis zu 1,7 Milliarden Euro kosten würde.

      Arzt: Immer noch enorm hohes Ansehen


      "Um diese Stellen besetzen zu können", so DKG-Pressesprecher Andreas Priefler, "müssten wir als Ultima Ratio sogar die Einführung einer Green Card für Ärzte aus Osteuropa fordern."

      Über solche Vorschläge kann Frank Ulrich Montgomery allerdings nur lachen. "Die Deutsche Krankenhausgesellschaft sollte besser Deutsche Klagegesellschaft heißen", spottet der Vorsitzende des Marburger Bundes. Für Montgomery steht fest: Wenn es gelänge, den Arztberuf wieder attraktiver zu machen, drohte hier zu Lande auch kein gravierender Ärztemangel.

      Um die Flucht aus der Klinik zu stoppen, müsste sich aber einiges ändern. Denn in den vergangenen 15 Jahren, in denen der Markt mit Medizinern überschwemmt wurde, hat der Arztberuf erheblich an Attraktivität eingebüßt - vor allem in vielen Krankenhäusern sind die Arbeitsbedingungen miserabel.

      Willkürlich agierende Chefärzte, ständige Reibereien zwischen Ärzten und Pflegepersonal, eine Verwaltung, die jeden Kostendruck von außen sofort an die Ärzte weitergibt und teilweise groteske Arbeitsabläufe sorgen für eine Belastung, wie sie kaum sonst irgendwo anzutreffen ist. In vielen Kliniken sind Arbeitszeiten von 24 oder gar 36 Stunden am Stück und von 70 Stunden und mehr pro Woche an der Tagesordnung. Nicht selten werden dabei, damit sich dies überhaupt mit den geltenden gesetzlichen Arbeitszeitregelungen vereinbaren lässt, die Dienstpläne systematisch manipuliert.

      "Die meisten Patienten sind ziemlich zäh"

      Mit viel Phantasie unterlaufen die Kliniken die geltenden Arbeitszeitbestimmungen. Ein beliebter Trick besteht darin, Ärzte vor Nachtdiensten für einige Stunden nach Hause zu schicken (oft auch nur auf dem Papier) - denn dann dürfen sie nach dem Dienst legal den gesamten nächsten Tag weiterarbeiten.

      "Natürlich sinkt durch all dies die Qualität der Patientenversorgung", sagt Montgomery. Nach 24 Stunden Arbeit reagiert das Gehirn etwa so wie mit einem Promille Alkohol im Blut: Behandlungsfehler, zumindest kleinere, sind fast unvermeidlich.

      "Man kann nur froh sein", sagt eine Ärztin aus München, die inzwischen den Absprung aus dem Krankenhaus geschafft hat, "dass die meisten Patienten ziemlich zäh sind und kleinere Behandlungsfehler in der Regel wegstecken können."

      Nach Schätzungen des Marburger Bundes leisten Ärzte jedes Jahr rund 50 Millionen Überstunden. Nur ein Bruchteil davon - wahrscheinlich weniger als 20 Prozent - wird überhaupt aufgeschrieben; noch weniger wird tatsächlich bezahlt oder in Freizeit abgegolten.

      "Geisterärzte" arbeiten sogar umsonst

      Auf dem Höhepunkt des Ärzteüberschusses haben in bestimmten Fachrichtungen - etwa in der Dermatologie, wo Klinikstellen besonders knapp waren - sogar ganze Belegschaften als so genannte Gastärzte ganz umsonst gearbeitet. "Eigentlich müssten sie Geisterärzte heißen", sagt Anna von Borstell, die beim Marburger Bund für Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Auf immer noch 3000 wird die Zahl der Gastärzte in Deutschland geschätzt. Sie tauchen in keiner offiziellen Statistik auf. Von Borstell: "Nur ganz selten meldet sich mal jemand bei uns - immer anonym."

      Die meisten, die ohne Gehalt schuften, tun das, damit diese Arbeitszeit auf ihre Ausbildung zum Facharzt angerechnet wird. Immer wieder klagte die Bundesärztekammer über das "Gastarztunwesen" - geändert hat sich wenig.

      Tatsächlich ermittelt die Staatsanwaltschaft nur in wenigen Einzelfällen. Und auch die Gewerbeaufsichtsämter kontrollieren eher lasch. Oft dienen die offiziell ausgefüllten Überstundenzettel und Dienstpläne als Grundlage der Überprüfungen; mit den tatsächlichen Verhältnissen hat das kaum etwas zu tun. Die meisten Verstöße bleiben unentdeckt.

      Besonders junge Mediziner werden häufig bis an die Grenzen des Erträglichen getrieben. Stefanie Arnold* zum Beispiel kam vor Erschöpfung irgendwann kaum noch die Treppe rauf. Rund hundert Überstunden hatte sie im ersten Monat geleistet, sechs Nächte und jedes Wochenende durchgearbeitet. Auf ihrem Schreibtisch stapelten sich die Krankenakten, bergeweise Formulare waren auszufüllen, ständig drohte ein Notfall.


      Kliniken: Junge Ärzte suchen nach Alternativen


      Arnold war Assistenzärztin in einer internistischen Abteilung eines renommierten Lehrkrankenhauses. Obwohl eigentlich noch Anfängerin musste sie ohne Einarbeitung vom ersten Tag an die Verantwortung für 20 Patienten einer Herz-Spezialstation übernehmen. Sie musste die Schwerkranken im Eiltempo durch eine ganze Batterie von Untersuchungen schleusen, am Wochenende bis zu 35 Entlassungsbriefe diktieren und ständig für den Fall bereitstehen, dass es bei einem Patienten zum Herzstillstand kommt. Als ihr Oberarzt in Urlaub ging, war sie ganz auf sich allein gestellt.

      Irgendwann konfrontierte sie den Chef mit ihrer übermäßigen Arbeitsbelastung. Gegen die Überstunden hatte der ein einfaches Rezept: "Reden Sie einfach weniger mit den Patienten."

      "Da kam ich mir vor wie ein Sklave", sagt Arnold. Nach nur zwei Monaten kündigte sie. Die fünf Tage Urlaub, die ihr noch zustanden, durfte sie nicht nehmen ("Dafür ist keine Luft"). Von ihren Überstunden, rieten ihr die Kollegen, solle sie allenfalls einen Teil aufschreiben: "100 Stunden akzeptiert der Chef sowieso nicht."

      Mit Aufgaben allein gelassen, denen er noch nicht gewachsen war, wurde auch Matthias Will in seiner Zeit als Arzt im Praktikum: "Die hohe Verantwortung fast ohne jegliche Unterstützung hat mich schockiert."

      McKinsey statt Krankenhaus

      Der Mediziner aus Köln kann sich inzwischen nicht mehr vorstellen, noch einmal im Krankenhaus zu arbeiten. Dabei hatte er das zu Beginn seines Studiums durchaus vor. "Mich haben vor allem die biochemischen Zusammenhänge an der Medizin fasziniert", sagt er, "deshalb hatte ich vor, klinische Tätigkeit mit Forschung zu verbinden."

      Nach seinem Examen 1999 allerdings wurde Will schnell eines Besseren belehrt. Vor allem seine Erfahrungen als AiP (Bruttogehalt: 1100 Euro) haben dazu beigetragen. "Ich hatte zusätzlich zu meiner Stelle in Eigeninitiative Forschungsgelder beantragt und für zwölf Monate bewilligt bekommen", erzählt Will, "aber ich kam nicht dazu, sie auszugeben: Erst zwei Monate vor dem Ende meiner AiP-Zeit durfte ich von der Patientenstation, wo ich zwölf Stunden täglich sowie nachts und an Wochenenden geschuftet habe, ins Labor wechseln."

      Will zog daraus seine Konsequenzen: Er hatte Angebote von verschiedenen Unternehmensberatungen und arbeitet seit September vergangenen Jahres bei McKinsey. "Der neue Job", sagt er, "gefällt mir sehr. Es macht Spaß, mit anderen gemeinsam im Team Probleme zu lösen. Und wir sehen Erfolge, das ist sehr befriedigend."

      Was viele trotz allem motiviert, Arzt zu werden, ist das immer noch hohe Ansehen, das Mediziner in der Bevölkerung genießen. Im Krankenhaus ist der Schock für die jungen Ärzte dann groß: Dort stehen die Berufsanfänger am untersten Ende der Hierarchie.

      Frühstück neben der Leiche

      Selbst die Telefonzentrale ist in der Regel luxuriöser ausgestattet als das beste Arztzimmer. Und wenn die Mediziner sich nicht wehren, wird kaum eine Grenze respektiert. "Jahrelang war es hier sogar üblich, nachts Patienten zum Sterben ins Arztzimmer zu schieben", berichtet zum Beispiel eine Ärztin an einem großen Lehrkrankenhaus in Köln. "Kam ich morgens zur Arbeit, musste ich mich dann neben einer Leiche oder einem Sterbenden umziehen und mein Frühstücksbrötchen essen." Schwestern und Oberarzt, darauf angesprochen, fanden nichts dabei.

      Zwar sind extreme Arbeitszeiten für Krankenhausärzte schon seit langem üblich. Doch früher stand am Ende der Blut-Schweiß-und-Tränen-Zeit immerhin die realistische Chance, nach ein paar Jahren zum Einkommensmillionär aufzusteigen. Heute hingegen müssen Jungärzte damit rechnen, einmal eine Praxis mit hohen Schulden und unsicherem Einkommen am Hals zu haben - oder als Oberarzt mit mittelmäßigem Gehalt ein Leben lang der Willkür des Chefs ausgesetzt zu bleiben.

      Solche Zukunftsaussichten machen empfänglich für Alternativen außerhalb des Medizinbetriebes. Als Anfang der neunziger Jahre mehr und mehr Ärzte arbeitslos wurden, begannen Arbeitsämter, Ärztekammern, Privatfirmen und Universitäten systematisch, Schulungen in Krankenhausmanagement oder in Medizininformatik abzuhalten - mit durchschlagendem Erfolg. "Eigentlich müssten wir das jetzt alles sofort stoppen", meint Thomas Kopetsch von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.

      Ob das allerdings noch so ohne weiteres möglich wäre, ist indes mehr als fraglich. Denn inzwischen sind Ärzte in vielen Unternehmen sehr gefragt.

      Zeitverschwendung durch Verwaltung

      "Die Krankenhäuser müssen eben eigene Anreize schaffen, um die Ärzte zu gewinnen und zu halten", sagt Montgomery. So geht er davon aus, dass derzeit allein Tausende Ärztinnen nur deswegen nicht arbeiten, weil sich Kinder und Krankenhaus so gut wie nie vereinbaren lassen. Montgomery: "Wenn Ärzte dringend gebraucht werden, muss ein Krankenhaus dann eben auch mal so flexibel sein und Ärztinnen mit Kindern vom Nachtdienst befreien."


      Auch sonst könnten die Mediziner schon durch kleine Veränderungen entlastet, der Arztberuf attraktiver und die Kosten gesenkt werden. Oft sind die Arbeitsabläufe zum Beispiel dermaßen schlecht organisiert, dass viele Ärzte jeden Tag mehrere Stunden mit eigentlich unnötigen Verwaltungsaufgaben vertun müssen.

      So gibt es in vielen Krankenhäusern bis heute kein einheitliches Computersystem. Befunde müssen deshalb - von der Aufnahme bis zur Entlassung des Patienten - wieder und wieder abdiktiert werden; ein einfaches Kopieren per Mausklick funktioniert nicht.

      Verzweifelte Ärzte, die mit dem Diktieren der Entlassungsbriefe einfach nicht mehr hinterherkamen, haben, wie Montgomery berichtet, schon ganze Koffer voller alter Krankenakten einfach in einen tiefen See versenkt oder verbrannt.

      "Mittelalterliche Arbeitsabläufe"

      "Jeden Tag bin ich fast eine Stunde allein damit beschäftigt, Röntgenbilder oder Krankenakten zu suchen, die irgendwo im Haus verloren gegangen sind", stöhnt eine Ärztin aus Köln. "Mittelalterlich", kritisiert der Mediziner und Arbeitsforscher Walter Friesdorf von der TU Berlin die Arbeitsabläufe in den Kliniken, die er in mehreren Studien gründlich untersucht hat: "Krankenhäuser geben nur ungefähr ein Zehntel so viel wie die Autoindustrie für eine effiziente Arbeitsorganisation aus - dabei hätten die Kliniken es viel dringender nötig."

      Mittlerweile verbringen Krankenhausärzte zwischen 30 und 40 Prozent ihrer Arbeitszeit mit Papierkram. Und mit steigendem Kostendruck wird der Bürokratismus immer schlimmer: Seit Anfang des Jahres müssen die Ärzte jeden Handgriff, den sie am Patienten verrichten, im Computer verschlüsseln - für jeden wieder eine unbezahlte Überstunde pro Tag mehr.

      "Wenn man selbst mit drinsteckt in diesem System, macht man mit und hält das für normal", sagt Bauer rückblickend zu dem alltäglichen Wahnsinn, den sie als Krankenhausärztin erlebte. "Wenn man aber von draußen draufguckt, denkt man nur noch: Die spinnen ja alle."

      VERONIKA HACKENBROCH
      Avatar
      schrieb am 28.04.02 11:38:28
      Beitrag Nr. 111 ()
      Die SPD hat das Gesundheitswesen durch das "Nichtstun" endgültig zum kollabieren gebracht. Der größte Fehler war die Seehofer-Reformen aufzuheben, bzw. das Arzneimittelbudget abzuschaffen.
      Avatar
      schrieb am 28.04.02 19:27:52
      Beitrag Nr. 112 ()
      Hallo aktienkrieger,
      das Thema Arzneimittelbudget ist vielschichtiger als man denkt. Es genügt nicht einfach, den Verschreibern mit den Regressen zu drohen. Immerhin sind die Ärzte nicht nur zu einer wirtschaftlichen Verordnungsweise von der KV verpflichtet, sondern sie müssen auch für ihre Pat. eine Medizin nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft abliefern. Dies kann der Pat. auch rechtlich einklagen. Nur billig gehts auch nicht.
      Das Arzneimittelbudget führt dazu, daß die Ärzte mit ihrem Einkommen die Gesetzlichen Krankenkassen "subventionieren". Und genausowenig, wie sie immer weniger gewillt sind, mit ihren unbezahlten Überstunden das System zu finanzieren, wird ein Arzneimittelbudget auf Regressbasis akzeptiert werden.

      Ärzte Zeitung, 25.04.2002
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      Überstunden sind in Berliner Kliniken die Regel

      Bei über 86 Prozent der "jungen Ärzte" wurde mindestens einmal gegen Arbeitszeitregelungen verstoßen

      BERLIN . "Keine industrielle Branche und kein Dienstleistungssektor würde eine derartige Ausnutzung der Arbeitnehmer unter Mißachtung der gesetzlichen Vorschriften tolerieren", kommentieren Claudia Brendler und Tanja Gerhardus vom Arbeitskreis "Junge Ärzte" der Ärztekammer Berlin sowie Professor Ralph Brennecke vom Berliner "Institut für Soziale Medizin" die ernüchternden wie deprimierenden Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage. Es sei erstaunlich, daß "die medizinische Versorgung kranker Menschen überhaupt noch aufrecht erhalten werden kann".

      Von Hermann Müller

      Ein harsches Fazit, doch in Berliner Kliniken sind Verstöße wie zu lange Arbeitszeiten und häufige Bereitschaftsdienste eher die Regel als die Ausnahme. Nach der repräsentativen Umfrage wurde bei 86,2 Prozent der AiP/Weiterbildungsassistenten mindestens eine klare Verletzung der gesetzlichen und tarifvertraglichen Vorschriften festgestellt.

      Die Hälfte der jungen Ärzte muß monatlich vier bis sechs Bereitschaftsdienste schieben - jeder zehnte Arzt aber mehr als sechs Dienste monatlich. Für fast jeden sechsten Arzt (15 Prozent) folgt nach dem Ende des nächtlichen Bereitschaftsdienstes ein voller Arbeitstag, er ist dann 32 bis 35 Stunden im Einsatz. Viele der übrigen Kollegen kommen durch die Übergabe erst ein bis zwei Stunden nach Dienstschluß nach Hause.

      Obwohl sich Bereitschaftsdienste an einen normalen Arbeitstag anschließen, machen viele Kollegen in der Nacht kaum ein Auge zu. Bei jedem zweiten Arzt besteht der Bereitsschaftsdienst zu 50 und 75 Prozent aus Arbeit, 36 Prozent sind sogar mehr als 75 Prozent beschäftigt. "Damit wird der Bereitschaftsdienst als normaler Dienst mißbraucht", so die Wissenschaftler. Die Dienste werden überwiegend durch Freizeit oder Geld ausgeglichen.

      Es wird mehr gearbeitet als erlaubt. Laut Tarifvertrag darf während der Bereitschaft auf Dauer nicht länger als 49 Prozent der Zeit gearbeitet werden. Eigentlich müßten die Kliniken zusätzliche Ärzte ein- oder auf Schichtarbeit umstellen. Für Schichten können sich nur 40 Prozent erwärmen, 60 Prozent lehnen dies ab.

      Auch Überstunden fallen regelmäßig an. Zwei Drittel der jungen Kollegen arbeitet wöchentlich mehr als 44 Stunden, knapp 40 Prozent mehr als 49 Stunden, 17,8 Prozent mehr als 54 und 7,2 Prozent sogar mehr als 59 Stunden. Zwei Drittel der befragten Ärzte gaben an, daß Überstunden "einfach erwartet werden" und daß die Patienten ohne diese Mehrarbeit nicht ausreichend versorgt werden könnten. Fast jeder zweite Arzt macht Überstunden, weil sonst die Arbeit nicht zu schaffen sei.

      Etwa 40 Prozent aller AiP/Weiterbildungsassistenten werden regelmäßig zu Wochenendvisiten herangezogen. Doch bei nur einem Drittel werden die Dienste vollständig durch Freizeit oder Vergütung ausgeglichen, dagegen wird 65 Prozent der jungen Kollegen kein oder kein vollständiger Ausgleich gewährt.

      Die Chefärzte unterschätzen offenbar die anfallenden Überstunden. Nach Angaben der jungen Ärzte werden maximal 27 Prozent aller Überstunden dokumentiert. Dagegen sind 60 Prozent ihrer Chefs felsenfest davon überzeugt, daß alle anfallenden Überstunden korrekt erfaßt werden.

      Eine vordringliche Aufgabe sei eine verbindliche Dokumentation aller geleisteten Überstunden, Bereitschaftsdienste, Wochenendvisiten und Rufbereitschaften. Auf dieser Basis sollten gemeinsam Lösungen erarbeitet werden, schlagen die "Jungen Ärzte" und Brennecke vor.

      FAZIT

      Das Berliner "Institut für Soziale Medizin" unter Leitung von Professor Ralph Brennecke hat die Befragung des Arbeitskreises "Junge Ärzte" der Berliner Ärztekammer Kammer begleitet und ausgewertet.

      Nach einer Zufallsstichprobe wurden 2500 Ärzte im Praktikum/Weiterbildungsassistenten zur Arbeitszeit, -zufriedenheit und zur Weiterbildung befragt, 1019 junge Ärzte (das sind 42,7 Prozent) gaben Auskunft. Parallel dazu wurden 451 Chefärzte angeschrieben, 243 der leitenden Mediziner (53 Prozent) antworteten. (HML)

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      und andernsorts siehts ähnlich aus.

      Grüße
      Avatar
      schrieb am 08.05.02 12:35:37
      Beitrag Nr. 113 ()
      MEDIZIN-Absolventen wandern in die Wirtschaft ab

      Immer mehr Medizinstudenten wollen nicht als Arzt arbeiten und ziehen eine Tätigkeit in der Wirtschaft der am Krankenbett vor. Einerseits gebe es mit rund 370.000 so viele Ärzte wie nie zuvor, andererseits aber wanderten so viele Absolventen wie nie zuvor in den "Speckgürtel um die Medizin herum" ab, stellte der Marburger Chirurg Matthias Rothmund auf dem 119. Kongress der Deutschen Chirurgischen Gesellschaft in Berlin fest.
      Versicherungen und Verlage werden bevorzugt
      Häufig sähen gerade die besten Absolventen ihre Chancen eher bei Unternehmensberatungen, Medizinischen Diensten der Krankenkassen, Versicherungen, Verlagen und Redaktionen: "Mit anderen Worten, es gibt nicht nur zu wenige Bewerber um ärztliche Stellen, sondern auch nicht genügend Qualifizierte", betonte Rothmund.

      Harter Berufsalltag schreckt Absolventen
      Die Gesellschaft behandele ihre jungen Ärzte schlecht, ihr Berufsalltag sei im Verhältnis zu anderen Berufswegen wenig verlockend. So arbeiteten nach einer Erhebung der Hessischen Ärztekammer insgesamt 75 Prozent der Ärzte im Krankenhaus länger als 45 Stunden, die Hälfte davon mindesten 50 und ein Viertel mehr als 55 Stunden. Dabei seien die Bereitschaftsdienste noch nicht mitgerechnet, sagte Rothmund.[Anmerkung: Das heißt konmkret: wöchentliche Arbeitszeit mindestens 100 Stunden/woche!! ] Er forderte, die Bezahlung der Ärzte aus "dem Korsett des öffentlichen Dienstes" zu lösen: "Der Bundesangestelltentarif BAT muss sich nach der ärztlichen Tätigkeit richten und nicht umgekehrt."

      Anreiz durch bessere Karrierechancen
      Um die zunehmende Personalmisere zu beheben, müssten die jungen Ärzte vor allem bessere Berufs- und Karriereperspektiven bekommen: "Der Assistenzarzt, der Licht am Ende des Tunnels sieht, wird auch die eine oder andere Einschränkung seiner Lebensqualität in Kauf nehmen, wenn er weiß, dass es sich am Ende lohnt". Dazu gehöre auch die Möglichkeit einer geordneten und vor allem planbaren Weiterbildung, die derzeit allzu häufig als Nebenprodukt der Tätigkeit angesehen werde, erklärte der Chirurg.
      Avatar
      schrieb am 13.05.02 10:49:58
      Beitrag Nr. 114 ()
      Hochschulmedizin

      "Die Spitze der Bewegung"

      Rund 100 Millionen Euro sollen in der Berliner Hochschulmedizin eingespart werden. Beim SPIEGEL-Forum diskutierten Vertreter der Unikliniken, der Politik und der Studenten, wie das gehen kann, ohne dass Forschung und Ausbildung leiden. Im Gespräch sind Privatisierung und Studiengebühren.

      Demonstration vor dem Kanzleramt: "Zynische Vorgaben der Politik"


      Der rot-rote Berliner Senat war noch gar nicht im Amt, da brachte er schon eine komplette Klinikbelegschaft gegen sich auf. Um den überstrapazierten Landesetat zu entlasten, kündigten SPD und PDS im vergangenen Dezember an, das Universitätsklinikum Benjamin Franklin (UKBF), die Klinik der Freien Universität (FU) im Stadtteil Steglitz, zu einem normalen Krankenhaus herunterzustufen. Rund 98 Millionen Euro pro Jahr sollten damit eingespart werden. Zu Tausenden gingen aufgebrachte Ärzte und Studenten auf die Straße, um gegen die Pläne zu protestieren, die das Ende der Medizinerausbildung an der FU bedeutet hätten. Nur die Charité, das Klinikum der Humboldt-Universität, sollte nach diesen Plänen weiter bestehen.

      Schließlich lenkte der Senat ein: Er beauftragte den Wissenschaftsrat damit, eine Expertenkommission einzusetzen. Diese soll prüfen, ob in der Berliner Hochschulmedizin drastische Kürzungen auch ohne die Umwandlung der FU-Klinik möglich sind. Beim SPIEGEL-Forum am 13.Februar 2002 diskutierten Vertreter der Kliniken, der Politik, der Gesundheitsökonomie und der Studenten über die Zukunft der Berliner Unikliniken.



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      UniSPIEGEL: Herr Henke, lassen sich die Berliner ihre Gesundheit mehr kosten als der Rest der Republik?

      Klaus-Dirk Henke, 59, hat an der Technischen Universität Berlin den Lehrstuhl für Finanzwissenschaften und Gesundheitsökonomie inne.


      Henke: Allgemein lässt sich sagen, dass das Berliner Gesundheitswesen im Vergleich zu Westdeutschland teurer ist. Wenn man die Universitätsmedizin für sich betrachtet, und nur die steht hier zur Diskussion, trifft das aber nicht zu. Berlin ist so hoch verschuldet, dass täglich 5,7 Millionen Euro an Zinszahlungen anfallen. Dagegen sind die Millionen, die wir bei den Kliniken einsparen wollen, wirklich Peanuts. Das heißt aber nicht, dass wir nicht sparen müssen.

      UniSPIEGEL: Herr Senator Flierl, der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit hat erklärt, wenn man den Umwandlungsbeschluss für das Klinikum Steglitz nicht durchsetzen könne, bewege sich in dieser Stadt praktisch gar nichts mehr. Nun haben Sie diesen Beschluss doch fürs Erste aufgegeben - ein Offenbarungseid?

      Flierl: Ich sehe es als großen Fortschritt an, dass wir von einer zunächst nur haushaltspolitisch orientierten Entscheidung nun zu einer Entwicklung kommen können, die auch wissenschaftlich orientiert ist. Das ist ein Prozess, der die haushaltspolitischen Notwendigkeiten berücksichtigt und akzeptiert und dennoch zu sinnvollen Strukturen führen soll.




      UniSPIEGEL: Herr Paul, in ihrer ursprünglichen Form sollten die Kürzungen vor allem das Klinikum Steglitz betreffen. Sehen Sie jetzt die Möglichkeit, den geforderten Betrag von knapp 100 Millionen Euro einzusparen, ohne eine der Klinken zu schließen?

      Paul: Die wichtigste Aufgabe der jetzt eingesetzten Kommission ist es, Umstrukturierungen zu entwickeln, die die gesamte Universitätsmedizin in Berlin einbeziehen. Deswegen haben wir uns gegen den ursprünglichen Beschluss auch gemeinsam mit den Kollegen von der Charité gewehrt. Es ist unter planerischen Gesichtspunkten einfach nicht sinnvoll, ein Bein abzuhacken und alles andere unverändert zu lassen. Ich persönlich denke, dass radikale Reformen notwendig sind. Wir haben jetzt die große Chance, dass die Universitätsmedizin hier von der Lachnummer der Nation zur Spitze der Bewegung wird. Dann hätten wir wirklich etwas erreicht.

      Bernhard Motzkus, 59, ist Leitender Verwaltungsdirektor der Charité und gehört dem Vorstand der Berliner Krankenhausgesellschaft an.


      Motzkus: Die Einsparungen sind aber erst der Anfang der Problembewältigung. Wir haben in Berlin 22 500 Krankenhausbetten, bei einer durchschnittlichen Verweildauer der Patienten von 12 Tagen. Wir wissen aber aus internationalen Vergleichen, dass bei der Vergütung nach Fallpauschalen, wie sie jetzt kommen soll, die Verweildauer bei sechs Tagen liegt. Das heißt, wenn wir die Zahl der Betten nicht reduzieren, kommt es zu einem unkontrollierten Kliniksterben. Für die Expertenkommission geht es nicht nur um 98 Millionen Euro, es geht darum, dass wir die Hochschulmedizin hier insgesamt erhalten.

      UniSPIEGEL: Herr Dietel, Sie haben für Solidarität der Kliniken plädiert. Nun sieht es so aus, als würden die Einsparungen auch die Charité betreffen. Bereuen Sie Ihre Solidaritätsbekundungen bereits?

      Der Pathologieprofessor Manfred Dietel, 53, ist Ärztlicher Direktor der Charité.


      Dietel: Ganz gleich, wie die Sparmaßnahmen aufgeteilt werden, sie werden nicht ohne einen schweren Schaden für die Hochschulmedizin Berlins zu Stande kommen. Die Vorgabe der Koalition, dass man 100 Millionen Euro einsparen und gleichzeitig die Medizin auf ihrem Niveau halten soll, ist schlicht zynisch. Das ist, als würde man in einen Mercedes 300 einen VW-Motor einbauen und dann sagen: "Nun fahr genauso schnell wie vorher." Wir müssen uns klar machen, dass nicht nur die Hochschulmedizin, sondern auch ihr Umfeld - die biotechnologischen Firmengründungen oder die Freie Universität als Lehranstalt - einen schweren Schaden nehmen werden, wenn diese Vorgabe eingehalten werden muss.

      UniSPIEGEL: Herr Grabenhenrich, inwieweit sind die Studenten von dieser Diskussion überhaupt betroffen?

      Linus Grabenhenrich, 24, studiert im 6. Semester Medizin an der FU Berlin und ist Fachschaftssprecher.


      Grabenhenrich: Für uns steht nicht so sehr die Frage im Vordergrund, wie viele Millionen oder wie viele Betten an welchen Standorten eingespart werden müssen. Eine Universität besteht ja zum einen aus Wissenschaft und Forschung und zum anderen aus der Lehre - die ist für uns Studenten natürlich das Wichtigste. Für uns ist entscheidend, ob wir unser Studium so weiterführen können, wie es im Moment möglich ist. Es gibt nur wenige Orte in Deutschland, wo man in der Medizin ein ähnlich breites Angebot hat. Viele FU-Studenten nutzen die Möglichkeit, auch mal einen Kurs an der Humboldt-Universität zu machen oder sich dort einen Doktorvater zu suchen. Ob es eine oder zwei Unis gibt, ist für uns ganz wichtig.

      Dietel: Vergessen Sie noch eines nicht: Medizinstudenten werden auch am Patienten ausgebildet. Deswegen ist auch für sie wichtig, dass es an den Kliniken vernünftige Strukturen mit genügend Betten gibt. Es müssen genügend Patienten da sein und auch nicht zu kurze Zeit in den Betten liegen, weil eine Untersuchung durch Studenten unmittelbar nach einer Operation für alle Beteiligten nicht das Beste ist.


      Der Pharmakologieprofessor Martin Paul, 44, steht als Dekan dem Fachbereich Humanmedizin der Freien Universität (FU) Berlin vor.


      Paul: Ein Punkt könnte die Trennung von Krankenversorgung einerseits und Forschung und Lehre andererseits sein - auch in den Budgets und bei der Verantwortung für die Kosten. Zwischen Forschung und Lehre müssten die Finanzen allenfalls besser voneinander abgegrenzt werden. Man wird auch über eine Rechtsformänderung nachdenken müssen.

      UniSPIEGEL: Herr Henke, liegt das Heil in der Privatisierung?

      Henke: Ohne eine Sockelfinanzierung von staatlicher Seite kommen wir nicht aus. Wir brauchen eine "Public-Private-Partnership". Zum Beispiel könnten im Fall der FU Private 75 Prozent des Kapitals übernehmen, zugleich aber sollte das Präsidium der Universität eine Sperrminorität ausüben. So wäre gesichert, dass Forschung, Lehre und die Berufungen nach alten Standards laufen. Was ich hier predige, sind Modelle, wie sie zum Beispiel auch Harvard oder Stanford haben.

      UniSPIEGEL: Woher soll das Geld kommen? Mündet das nicht notwendigerweise in Studiengebühren? Oder erhoffen Sie sich große Spenden aus der Industrie?

      Henke: Sowohl als auch. Wir müssen schauen, dass wir über Spenden und Drittmittel an Geld kommen. Dass Studiengebühren auch eine Rolle spielen müssen, ist unstrittig. Aber das ist in einem Kooperationsvertrag zwischen einer Universitätsleitung und Geldgebern auszuhandeln.

      UniSPIEGEL: Wie klingt das in den Ohren eines PDS-Senators: Berlin als Vorreiter bei der Uni-Privatisierung?

      Thomas Flierl, 44, studierte Philosophie an der Berliner Humboldt-Universität. Seit Januar 2002 ist der PDS-Politiker Wissenschaftssenator von Berlin.


      Flierl: Es ist klar, dass die Modernisierung des Staates auch etwas mit Entstaatlichung zu tun hat. Aber wir haben uns in der Koalition entschieden, keine Studiengebühren einzuführen und Forschung und Lehre im Hochschulbereich weiterhin öffentlich zu finanzieren. Es geht um die Sockelfinanzierung; um die Trennung der Budgets und natürlich um eine Reaktion auf die von uns nur bedingt steuerbaren Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen. Das heißt, wir werden vermutlich um Privatisierungsmodelle - ob in landeseigener Trägerschaft oder anderer - im Bereich der Krankenversorgung gar nicht herumkommen.

      Motzkus: Ich habe die Privatisierung schon seit längerem gefordert - allerdings nur die Privatisierung der Krankenversorgung. Wenn die Fallpauschalen kommen, gehe ich davon aus, dass eine große Anzahl von öffentlichen Krankenhäusern - nicht nur Universitätskliniken - ihre Krankenhausträgerschaft aufgeben wird, weil einfach im öffentlichen Dienstrecht die Wettbewerbsfähigkeit dieser Einrichtungen nicht mehr gegeben ist.

      Zuhörer (aus dem Publikum): Was ist denn effektiver - zwei kleine, abgespeckte Universitätskliniken oder eine Mammutfakultät, wie sie im Gespräch war?


      Karsten Thielker

      Spitzenforschung am UKBF*: "Enge Verzahnung mit anderen Fachbereichen"


      Henke: Das ist betriebs- bzw. volkswirtschaftlich nicht so untersucht, dass man da Zahlen nennen könnte.

      Paul: Ein wichtiges Argument, alle Standorte zu erhalten, ist, dass sie in eine Struktur eingewachsen sind. Die enge Verzahnung nicht nur des Klinikums mit den vorklinischen Instituten, sondern auch mit den uns umgebenden naturwissenschaftlichen Fächern ist ein Grund dafür, diesen Standort nicht aufzugeben. Man kann ihn auch nicht transplantieren, dafür ist er in seinen Strukturen viel zu differenziert.

      Grabenhenrich: Die Konkurrenz zwischen den beiden medizinischen Fachbereichen habe ich als sehr beflügelnd und konstruktiv erlebt. Ich habe die Hoffnung, dass auch in den nächsten zehn Jahren diese Universitätskliniken noch so zusammenarbeiten, dass alle Studenten und vielleicht auch Professoren miteinander arbeiten und vor allem den Studenten die Türen an allen Universitätskliniken offen stehen, so wie wir das schon heute haben.

      Zuhörer (aus dem Publikum): Wären langfristig die Folgekosten bei der Schließung eines Forschungsstandortes größer als die Einsparungen?

      Paul: Es gibt eine Reihe von Berechnungen, die darauf hindeuten, dass wir für jede Mark oder für jeden Euro, den wir an Geld für die Forschung einsparen, gesamtwirtschaftlich ein Mehrfaches verlieren. Auch wenn man pleite ist, sollte man nicht gerade da sparen, wo man vielleicht noch etwas verdient und eine Wertschöpfung erzielt.

      Flierl: Es geht um strukturelles Sparen. Dass der Schließungsbeschluss mit erheblichen Folgekosten verbunden wäre, ist völlig klar. Wir müssen tatsächlich auch überlegen, ob wir die eine Mark ausgeben sollten, um die zweite und dritte Mark durch Drittmittel und Bundesmittel kassieren zu können. Berlin darf sich nichts vormachen: Wir sind tatsächlich so arm, dass wir uns das Sparen kaum noch leisten können.


      Das Forum moderierte SPIEGEL-Redakteur Johann Grolle.
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      schrieb am 15.05.02 09:32:44
      Beitrag Nr. 115 ()
      Klinikärzte sind ausgepowert

      Ärzte klagen über Überlastung wegen langer Arbeitszeiten. Mit Bereitschaftsdiensten wird Personalmangel kompensiert. Schichten können 32 Stunden dauern.
      Heute beginnen Tarifverhandlungen über Arbeitszeitmodelle in Krankenhäusern
      von TIMO BLÖSS

      Es ist wieder so weit: Erneut treffen die Tarifparteien Marburger Bund und der Verband der kommunalen Arbeitgeber heute aufeinander, um über neue Arbeitszeitmodelle für Krankenhausärzte zu verhandeln. Die zentrale Forderung der Ärzte ist "die Anerkennung des Bereitschaftsdienstes im Krankenhaus als Arbeitszeit", sagt Lutz Hammerschlag, der für den Marburger Bund in Köln am Verhandlungstisch sitzt.

      Eine Neuorganisation der Arbeitszeiten in den Kliniken erscheint dringend notwendig. Seit längerem schlagen die Kliniken Alarm: Ärztemangel droht, denn es mangelt an Ärztenachwuchs. 20 Prozent der Medizinstudenten brechen ihr Studium vorzeitig ab, weitere 20 Prozent verweigern nach absolviertem Studium die Arbeit im Krankenhaus als Arzt im Praktikum (AiP).

      Hauptgrund für die hohe Ausstiegsquote, so Dr. Frank Ulrich Montgomery, Vorsitzender des Marburger Bundes, "ist die Überlastung der Klinikärzte". Selten hält man sich in den Krankenhäusern an geltende Arbeitszeitbestimmungen, über 10 Stunden Arbeitszeit pro Dienst seien normal, erklärt Montgomery. Der Personalmangel in den Kliniken wird über Bereitschaftsdienste der Ärzte kompensiert, 32-Stunden-Dienste sind damit unausweichlich.

      Bereits im Oktober 2000 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) nach einer Klage spanischer Klinikärzte festgestellt, dass Bereitschaftsdienste keine "Ruhezeiten" sind und somit die auch in Deutschland gängige Verknüpfung von normaler Arbeitszeit und Bereitschaftsdienst unrechtmäßig ist. Bisher jedoch wurden die Leitlinien des Urteils in Deutschland nur in ganz wenigen Häusern ernst genommen: Wo deutsche Gerichte das EuGH-Urteil bestätigten, etwa in Kiel oder Herne, konnten Klinikärzte Verbesserungen erreichen.

      Eine entsprechende Änderung des Arbeitszeitgesetzes, wie auch von den Ärzten vielfach verlangt, ist freilich im Gesundheitsministerium nicht auf der Tagesordnung. Lediglich im Rahmen des Fallpauschalengesetzes stellt Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) den Kliniken 200 Millionen Euro zur Verbesserung der Arbeitssituation für die Jahre 2003 und 2004 in Aussicht. Mehr gibt es nicht, die Krankenhäuser sollten gefälligst selbst erst einmal Reformen in Angriff nehmen, heißt es aus dem Ministerium. Staatssekretär Schröder fordert, "den pragmatischen Weg der Umsetzung" der Urteils zu gehen. Über Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen, sagt er, könnten schon jetzt neue Arbeitszeitmodelle erprobt werden.

      Die Arbeitgeber wollen weiter an den Bereitschaftsdiensten festhalten, bis die Rechtslage abschließend geklärt ist. So lange halte man sich an das derzeitige Arbeitszeitgesetz. Zudem, schätzt Dr. Burghard Rocke, Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), erfordere die Umsetzung des EuGH-Urteils in Deutschland jährlich 1,7 Milliarden Euro, 27.000 weitere Arzt- und ca. 14.000 weitere Pflegerstellen. Das, so Rocke weiter, "gibt der Arbeitsmarkt nicht her".

      Der Marburger Bund hat andere Zahlen produziert: Die Gewerkschaft der Krankenhausärzte fordert, den Bereitschaftsdienst zu 100 Prozent als Arbeitszeit zu werten und diese bei einer 40-prozentigen Arbeitsbelastung nachts und am Wochenende auf maximal 12 Stunden zu begrenzen. Dafür, sagt Montgomery, fehlen den Krankenhäusern etwa 15.000 neue Arztstellen, den finanziellen Mehrbedarf beziffert er auf 0,5 bis 1,5 Milliarden Euro.

      Auf die Ergebnisse der Tarifverhandlungen, die voraussichtlich im Juni weitergeführt werden, darf man also gespannt sein: Unklar ist, inwieweit die Ärzte neuen Arbeitszeitmodellen überhaupt zustimmen. Denn die Kliniken zahlen für weniger Arbeit auch weniger Geld.

      Montgomery ist zuversichtlich: "Wenn man mit Tarifverträgen dasselbe erreichen kann wie mit gesetzlichen Regelungen - vor allem aber schneller -, dann sind wir dafür."

      taz Nr. 6749 vom 15.5.2002, Seite 9, 131 Zeilen (TAZ-Bericht), TIMO BLÖSS
      Avatar
      schrieb am 21.05.02 21:14:44
      Beitrag Nr. 116 ()
      Ärztezeitung von heute :
      Aktionspaket gegen Ärztemangel

      Mecklenburg-Vorpommern fordert Unterstützung von Kommunen

      SCHWERIN (di). 200 Arztsitze in Mecklenburg-Vorpommern sind schon jetzt nicht besetzt.

      Die Niederlassungsbedingungen zu verbessern. So könnten die Kommunen vor Ort etwa durch das Angebot attraktiver und kostengünstiger Standorte für Arztpraxen dafür sorgen, daß Medizinern die Entscheidung erleichtert werde. "Erste Gespräche zeigen, daß die Landräte sehr aufgeschlossen sind", so Eckert.

      Die Arbeitsbelastung durch die vielen Notdienste zu verringern. Erreichen will die KV dies über eine Einbeziehung der MDK-Ärzte. Die immerhin 73 ausgebildeten Fachärzte beim MDK könnten - bei angemessener Bezahlung - für eine Entlastung sorgen.

      Darüber hinaus fordert Eckert ein Umdenken. "Ärzte dürfen nicht länger öffentlich kriminalisiert und diffamiert werden", sagte Eckert.


      -----

      Hier erhebe ich Einspruch : Ärzte sollen nicht zdem schützenswerten Bestand der Tierwelt hinzugefügt werden. Wenn sie Fehler begehen, sollen diese auch zur Sprache gebracht werden. Wenn sie kriminell handeln, sollen sie auch als Kriminelle bezeichnet werden. Aber nur dann.
      Es würde ausreichen, wenn nicht ständig billig und billigst auf diesen Berufsstand aus niederen psychologischen Motiven (Sozialneid, Steigerung der Auflage einer Zeitung/ Zeitschrift oder nur eines Artikels) immer wieder eingedroschen würde. Wäre das nicht nur fair ?

      Grüße
      Avatar
      schrieb am 22.05.02 08:20:09
      Beitrag Nr. 117 ()
      @ fettisnsky

      Richtig, es ist wichtig, die (gemessen an der Gesamtzahl wenigen) schwarzen Schafe zu identifizieren und den Schaden, den sie sowohl bei Patienten, KAssen, aber auch den ehrlichen Kollegen anrichten, zu verringern.

      Die Medizin verliert immer schneller die besten (Nachwuchs-, aber auch ausgebrannte engagierte Alt- ) Ärzte.

      Die gleichen PArteien, die noch vor 10 Jahren dafür sorgten, daß ein fertiger Medizin-Hochschulabsolvent in den ersten anderthalb JAhren ein Gehalt in Höhe von (NACH der Aufstockung) nur unwesentlich mehr als der Sozialhilfe bekommt, geben sich jetzt vor den WAhlen besorgt um die medizinische Versorgung.

      Gestern in "Frontal 21" (ZDF) war zur Prime-Time zu sehen, wie das Gesundheitssystem in den neuen Bundesländern gerade zusammenbricht, weil dort Ärzte nicht nur (wie in den alten Bundeländern) elende Arbeitsbedingungen haben, sondern auch nur 87% des West-Gehaltes bekommen (und als "Belohnung" z.B. für geleistete Aufbauarbeit später auch noch geringere Rentenzahlungen).

      Und der Zusammenbruch des Gesundheitssystems in den alten Bundesländern wird ebenfalls kommen - nur geringfügig zeitverzögert.
      Die Menschen haben keine Vorstellung, was Ihnen dann blüht - englische Zustände:
      Wartezeiten von über einem Jahr auf dringliche OP´s, bei weniger dringlichen können es auch mehrere Jahre sein.

      Konsequenz der deutschen Arbeitsbedingungen ist weiterhin, daß immer mehr gerade der besten jungen Ärzte in das Ausland gehen (falls sie überhaupt noch klinisch tätig werden) , wo Sie nicht mit Sozialneid und Vorverurteilungen zu kämpfen haben, sondern einen roten Teppich aus Anerkennung, besserem Gehalt und meist geringeren Steuern ausgerollt bekommen.

      Der Schaden, den ALLE PArteien mit ihrem dummen LArvieren in den Untiefen des Gesundheitssystems und ihrer vordergründigen TAktiererei angerichtet haben, wird uns noch für die nächsten 20-30 JAhre zu schaffen machen.


      Gruß

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 23.05.02 09:22:03
      Beitrag Nr. 118 ()
      Wieder eine Chance vertan, riesige, unsinnig vergeudete Summen Geld sinnvoll einzusparen, aber man möchte ja den CSU-wählenden Apotheker nicht vergraulen.....




      Sozialministerium verbietet Kassen Internethandel mit Arzneimitteln

      Das bayerische Sozialministerium hat den Betriebskrankenkassen den Bezug von Medikamenten über Internet verboten. Die Bezirkskrankenkassen hatten einen Vertrag mit einer niederländischen Versandapotheke geschlossen. Das Ministerium untersagte den Kassen auch jede Werbung für den Internethandel mit Medikamenten. Die Versicherten der Betriebskrankenkassen können jetzt apothekenpflichtige Arzneimittel nicht mehr über Internet beziehen. Das Ministerium begründet das Verbot mit einem "fairen Wettbewerb" zwischen den Kassen, der durch den Internethandel nicht gegeben wäre.

      Das Sozialministerium vertritt die Auffassung, der Bezug von Medikamenten über das Internet verstoße gegen das Versandhandelsverbot für Arzneimittel. Nach dem deutschen Arzneimittelgesetz dürften Medikamente für den Endverbraucher nur von Apotheken abgegeben werden. Durch einen Versandhandel bestünden "unkalkulierbare Gesundheitsrisiken" für die Patienten. Das Versandhandelsverbot verstoße auch nicht gegen Europäische Recht, da die "Fernabsatzrichtlinie" es Mitgliedstaaten erlaube, den Versand von Medikamenten zu verbieten, argumentierte das Ministerium.

      Diese Argumentationslinie dürfte sich allerdings auf Dauer nicht halten lassen. Das Bundesgesundheitsministerium hatte wiederholt darauf hingewisen, dass der Internet-Versandhandel mit Medikamenten auch in Deutschland erlaubt werden soll. Bereits Ende April hatte sich auch der von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt initiierte "Runde Tisch im Gesundheitswesen", der alle wesentlichen Akteure des Gesundheitswesen versammelt, für die Freigabe des Online-Handels mit Medikamenten ausgesprochen. (wst/c`t)
      Avatar
      schrieb am 04.06.02 10:38:24
      Beitrag Nr. 119 ()
      Krankenkassen schon wieder mit hohem Defizit

      Deutlich mehr Ausgaben für Arzneimittel / Beiträge sollen aber zunächst nicht weiter steigen



      ami./Stü. BERLIN/BONN. Die gesetzlichen Krankenkassen haben im ersten Quartal ein Defizit von mehr als 800 Millionen Euro ausgewiesen. Sprecher der Kassen warnten angesichts statistischer Sondereffekte aber davor, den Ausgabenüberschuß auf das Gesamtjahr hochzurechnen. Eine neuerliche Anhebung der Beitragssätze, die erst zu Jahresbeginn auf durchschnittlich 14 Prozent erhöht worden sind, stehe derzeit nicht zur Debatte, sagten Krankenkassenvertreter übereinstimmend. Dagegen prognostizierte der Sozialexperte der Unionsfraktion im Bundestag, Andreas Storm (CDU), einen Jahresfehlbetrag auf Vorjahreshöhe von knapp 3 Milliarden Euro und höhere Kassenbeiträge von bis zu 14,5 Prozent im Durchschnitt. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt sei "endgültig gescheitert". Schmidt will die Daten zur Einnahmen- und Ausgabenentwicklung am Mittwoch präsentieren.

      Nach einer Umfrage dieser Zeitung weisen alle Kassenarten hohe Fehlbeträge aus. Bei den Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) ist in ganz Deutschland ein Minus von 344 Millionen Euro aufgelaufen, bei den Ersatzkassen beläuft es sich auf 255 Millionen Euro. Die Betriebskrankenkassen weisen einen Fehlbetrag von 184 Millionen Euro aus, die Innungskassen kommen auf 30 Millionen Euro.

      Als Grund für den hohen Zuwachs verweisen alle Kassenverbände auf die steigenden Arzneimittelausgaben, die nach einem Plus von 11,2 Prozent im vergangenen Jahr auch in den ersten drei Monaten dieses Jahres um 5,2 Prozent gestiegen sind. Die gesetzlichen Kassen hätten damit im ersten Quartal 5,7 Milliarden Euro mehr für Medikamente ausgegeben als im Vorjahreszeitraum, berichtete das Marktforschungsinstitut IMS Health. Damit habe sich der Ausgabenanstieg im Vergleich zum vergangenen Jahr aber wieder abgeflacht.

      Der Zuwachs ist auf deutlich gestiegene Preise neuer und teurer Arzneimittel zurückzuführen, wie die Hauptgeschäftsführerin des Verbands der forschenen Arzneimittelhersteller (VFA), Cornelia Yzer, in Berlin bestätigte. Sie attestierte den Ärzten zudem, daß sie unter den vorhandenen Rahmenbedingungen kostenbewußt verordneten. Die höheren Arzneimittelausgaben seien auf einen Nachholbedarf bei innovativen Therapien zurückzuführen. Wer den Ausgabenanstieg für Arzneimittel pauschal kritisiere, kritisiere letztlich auch die bessere Versorgung von Patienten bei Krebs, Aids und anderen lebensbedrohlichen Krankheiten, sagte Yzer.

      Die Quartalsbilanz der Kassen spiegelt den Ausgabenanstieg für Arzneimittel aber nur zum Teil wider. Denn auf der Einnahmenseite haben die Kassen die Einmalzahlung der forschenden Arzneimittelhersteller von gut 200 Millionen Euro verbucht. Damit hatte der VFA einen zuvor angedrohten gesetzlichen Eingriff in die Preisbildung abgewendet. Ohne den Einmaleffekt liegt das Defizit der gesetzlichen Kassen im ersten Quartal bei einer Milliarde Euro.

      Die Rechnungslegung des ersten Quartals unterzeichne allerdings die Lage traditionell, sagten Experten. Denn Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld seien noch nicht geflossen, und die Arbeitsmarktlage sei zu Jahresbeginn immer schlechter als im weiteren Verlauf. Auch würden als Folge der teils schon beschlossenen Tariferhöhungen die Beitragseinnahmen der Kassen im Jahresverlauf steigen.

      Zudem hätten die Kassen mit der Beitragssatzerhöhung zu Jahresbeginn auch Vorsorge für weitere Zusatzbelastungen getroffen, so daß derzeit kein Grund bestehe, über Beitragserhöhungen nachzudenken. Hans-Jürgen Ahrens, der Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, räumte allerdings ein, ohne eine deutliche Belebung der Konjunktur und eine Ausgabenbegrenzung könne es im Jahresverlauf "schwierig werden", Ausgaben und Einnahmen zur Deckung zu bringen.

      Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.06.2002, Nr. 126 / Seite 13
      Avatar
      schrieb am 04.06.02 10:43:47
      Beitrag Nr. 120 ()
      Jetzt rächt sich die Korruptions-handlung von Bundeskanzler Schröder, der sich gegen die Zahlung einer schlappen halbe Mrd. DM problemslos von der schenkelklopfenden Pharma-Industrie die Einführung von effizient kostensenkenden Medikamentenpropgrammen abkaufen ließ.

      Die jetzigen Kostensteigerungen im Pharma-Bereich sind erst der Anfang!
      Unsere Bundesregierung hat sich knebeln lassen wie ein Depp.

      Bananenrepublik pur!



      Die Versprechungen der Gesundheitsministerin

      ami. Die gesetzlichen Krankenkassen steuern unaufhaltsam auf ein neues Riesendefizit zu. Überstiegen die Ausgaben die Einnahmen im Jahr 2001 um 2,8 Milliarden Euro, so hat sich im ersten Quartal dieses Jahres bereits ein Fehlbetrag von mehr als 800 Millionen Euro aufgetürmt. Nun ist die statistische Basis eines Quartals zu dünn, um eine verläßliche Hochrechnung für das Gesamtjahr abzugeben. Niemand weiß, wie schnell sich der Arbeitsmarkt wieder erholt, wie stark sich die Tariferhöhungen auf die Einkommen der Mitglieder und die Einnahmen der Kassen auswirken. Auch fällt das erste Quartal traditionell schwach aus, sind doch Sonderzahlungen für Urlaub und Weihnachten noch nicht verbucht. Andererseits erscheint die Lage aufgrund der Quartalsdaten auch besser, als sie tatsächlich ist. Denn ohne die 200 Millionen Euro starke Sonderzahlung der forschenden Arzneimittelhersteller läge der Fehlbetrag für die ersten drei Monate bei einer Milliarde Euro. Ungeachtet aller Kostendämpfungsanstrengungen steigen die Arzneimittelausgaben weiter. Für die auch um ihre Wiederwahl kämpfende Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) ist das alles andere als schön. Erst im März hatte sie versichert, die Kassen würden 2002 wieder schwarze Zahlen schreiben und ihre Beitragssätze stabil halten. Drei Monate danach fällt es noch schwerer, an diese Versprechungen zu glauben.

      Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.06.2002, Nr. 126 / Seite 13
      Avatar
      schrieb am 04.06.02 15:43:50
      Beitrag Nr. 121 ()
      Lebenslauf von

      Ulla Schmidt
      Bundesgesundheitsministerin




      Ulla Schmidt, geb. Radermacher, wurde am 13. Juni 1949 geboren. Sie ist geschieden und hat eine Tochter. Ulla Schmidt ist Mitglied der SPD seit 1983. Sie ist ferner Mitglied der IG Bergbau, Chemie und Energie, der Arbeiterwohlfahrt, des Kinderschutzbundes und des Arbeiter-Samariter-Bundes.

      Ihr soziales und sozialpolitisches Engagement zieht sich wie ein roter Faden durch ihren gesamten Lebenslauf:



      Beruflicher Werdegang:

      1968:
      Abitur am Städtischen Einhardgymnasium in Aachen

      bis 1976:
      Studium der Psychologie (RWTH in Aachen) sowie Studium an der Pädagogischen Hochschule in Aachen für das Lehramt für Grund- und Hauptschule (1974 Hochschulabschluss), Referendariat im Studienseminar Aachen für Grund- und Hauptschule (1976 2. Staatsexamen)

      1976 bis 1985:
      Lehrerin an der Schule für Lernbehinderte in Stolberg, in dieser Zeit (1980 bis 1984) Studium und Hochschulabschluss an der Fernuniversität Hagen für das Lehramt zur Rehabilitation lernbehinderter und erziehungsschwieriger Schülerinnen und Schüler

      1985 bis 1990:
      Lehrerin an der Schule für Erziehungshilfe im Kreis Aachen, Bereich Integration

      gleichzeitig 1980 bis 1990:
      Mitglied im örtlichen Personalrat, im Bezirkspersonalrat und im Hauptpersonalrat für Lehrerinnen und Lehrer an Sonderschulen beim Kultusministerium des Landes Nordrhein-Westfalen


      Politischer Werdegang:

      seit 1983:
      Mitglied der SPD,
      verschiedene Funktionen auf örtlicher und überörtlicher Parteiebene wie z.B. Ortsvereinsvorsitzende Richterich, Mitglied des Unterbezirksvorstandes Aachen, Mitglied im Parteirat der SPD, Ratsfrau der Stadt Aachen, wohnungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion in Aachen, stellvertretende Vorsitzende des SPD-Unterbezirks Aachen-Stadt

      seit 1990:
      Mitglied des Deutschen Bundestages
      bis zu ihrer Ernennung zur Bundesgesundheitsministerin vielfältige Arbeit in verschiedenen Gremien, z.B. Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes der SPD-Bundestagsfraktion, Vorsitzende der Querschnittsgruppe für die Gleichstellung von Frau und Mann der SPD-Bundestagsfraktion, Stellvertretendes Mitglied im Ausschuss Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung, Stellvertretendes und später Ordentliches Mitglied im Vermittlungsausschuss, Sprecherin der Projektgruppe "Familienpolitik im 21. Jahrhundert", Sprecherin der ad hoc Arbeitsgruppe "Sexuelle Gewalt gegen Kinder", Vertreterin der SPD im ZDF-Fernsehrat
      Stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion für die Bereiche Arbeit und Soziales, Frauen, Familie und Senioren

      seit 18. Januar 2001: Bundesgesundheitsministerin



      .....................................................


      Ich will ja nicht gemein sein, aber inwiefern hat eine Lehrerin irgendwie Ahnung vom Gesundheitswesen ???
      Ohne ihre Pferdeflüsterer wäre sie wohl aufgeschmissen. :D

      ..........................
      Avatar
      schrieb am 06.06.02 10:51:34
      Beitrag Nr. 122 ()
      Kassen-Defizit verringert


      Das Defizit der gesetzlichen Krankenkassen ist im ersten Quartal 2002 geringer ausgefallen als erwartet. Dennoch haben die Versicherer trotz gestiegener Beitragssätze im ersten Quartal 2002 erneut ein Minus von 860 Millionen Euro erwirtschaftet. Das sind 280 Millionen Euro weniger als im Vorjahr.

      Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) zeigte sich bei der Präsentation der Ergebnisse am Mittwich in Berlin deutlich erleichtert und wertete die sich abzeichnende Entspannung als Erfolg des zum 1. Februar in Kraft getretenen Sparpakets der Regierung. „Die zur Jahresmitte wirksam werdenden Einkommenserhöhungen für viele Beschäftigten sowie die Anhebung der Renten hilft die Einnahmen der Kassen deutlich verbessern“, meinte Schmidt. „Es besteht die berechtigte Erwartung, dass wir ein ausgeglichenes Finanzergebnis in 2002 erhalten werden und stabile Beitragssätze“.

      Die Union hatte vor der Bekanntgabe der Quartalsergebnisse auf die bedrohliche Situation der Kassen hingewiesen. Fraktionsvize Horst Seehofer sprach von einer „Notsituation“ und forderte umgehend eine „konzertierte Aktion im Gesundheitswesen“. Auch der Marburger Bund als Vertretung der angestellten Ärzte wertete die Finanzentwicklung der Kassen kritisch. Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) sei ein „krankes System, das nicht nur an vereinzelten Ausgabensteigerungen leidet, sondern grundsätzlich am einkommensabhängig finanzierten Umlageverfahren“, meinte Frank Ulrich Montgomery, der Vorsitzende der Ärztevereinigung.

      Die GKV-Ausgaben wuchsen binnen Jahresfrist von 33,4 auf 34,3 Milliarden Euro, die Einnahmen um 1,2 Prozent auf 33,4 Milliarden Euro. Die Entwicklung war in West und Ost erneut unterschiedlich. In den alten Bundesländern gab es im ersten Quartal ein Defizit von 0,98 Milliarden, in den neuen Ländern dagegen einen Überschuss von 110 Millionen Euro. Die Versicherer im Osten bekommen aus dem Westen allerdings Ausgleichszahlungen, die auch in Zukunft beibehalten werden sollen.

      Stark legten die Ausgaben für Hilfsmittel (plus 5,5 Prozent), Heilmittel (8,6), Fahrkosten (7,0) Soziale Dienste und Prävention (6,8)
      und für die VERWALTUNG DER KASSEN (4,6) zu.



      ...
      Avatar
      schrieb am 08.06.02 14:54:53
      Beitrag Nr. 123 ()
      interessante, lesenswerte Zusammenfassung der jüngeren Geschichte der Gesundheitspolitik aus der FAZ:


      http://www.faz.net/IN/INtemplates/faznet/default.asp?tpl=faz…


      Gruß

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 10.06.02 10:09:59
      Beitrag Nr. 124 ()
      Aha, man scheint doch noch lernfähig zu sein:

      Deutsche Regierung will Online-Medikamente zulassen

      Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt bekräftigte gegenüber der Welt am Sonntag die Absicht der Bundesregierung, im Falle ihrer Wiederwahl das Verbot des Online-Handels rezeptpflichtiger Medikamente aufzuheben. Die Ministerin geht davon aus, dass die Mehrzahl der Patienten weiterhin ihre Medikamente aus der Apotheke um die Ecke beziehen wird. "Aber zunehmend wollen sie auch das Internet und den Versandhandel für die Bestellung von Arzneimitteln nutzen. Das werden wir spätestens ab 2004 rechtlich ermöglichen."


      Außerdem sei damit zu rechnen, dass der Europäische Gerichtshof mit seinem ausstehenden Urteil gegen die niederländische Internet-Apotheke DocMorris das Versandhandelsverbot aufheben werde. Der Online-Handel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten ist in Staaten wie den Niederlanden, der Schweiz oder Großbritannien bereits erlaubt.

      Die deutschen Apothekerverbände laufen gegen den Online-Verkauf von Arzneien Sturm. Sie argumentieren, der Verzicht auf die persönliche Beratung berge Risiken für die Patienten. [ Anmerkung: :D :laugh: ]

      Bundesministerin Ulla Schmidt meint, die Apotheken müssten sich dem Wettbewerb stellen und auf die Kundenwünsche eingehen. Allerdings solle auch der Versandhandel unter gleichen Wettbewerbsbedingungen erfolgen wie sie für die Apotheke vor Ort gelten. "Damit bleibt es beim hohen Niveau der Arzneimittelsicherheit und des Verbraucherschutzes." (bb/c`t)
      Avatar
      schrieb am 10.06.02 10:19:28
      Beitrag Nr. 125 ()
      Schon wieder Säbelrasseln der Industrie:

      Lasst sie ruhig drohen:
      Der deutsche Pharma-MArkt ist einer der lukrativsten (= renditestärksten) auf der Welt.

      Es wird nur gehen, wer sowieso gehen wollte - so oder so.....





      Pharmaindustrie droht mit Abwanderung

      Merck und Boehringer richten Blick nach Amerika / "Jedes EU-Land kocht sein eigenes Süppchen"



      lid. FRANKFURT, 9. Juni. Die europäische Pharmaindustrie zieht sich immer mehr aus ihren Heimatmärkten zurück. Nach dem zweitgrößten deutschen Pharmakonzern Boehringer Ingelheim und der Schweizer Novartis geht nun auch das Darmstädter Unternehmen Merck mit der Ankündigung an die Öffentlichkeit, für Investitionen verstärkt den Blick auf den amerikanischen Markt zu richten. In einem Fall handelt es sich um eine Investition von 300 Millionen Euro in eine Anlage zur Protein-Produktion. Bei der Auswahl eines Standorts gebe es ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit offenem Ausgang zwischen Thüringen und den Vereinigten Staaten, sagte Bernhard Scheuble, Vorsitzender der Geschäftsleitung von Merck, dieser Zeitung.

      Lange Zeit habe es trotz vieler Gespräche mit deutschen Politikern sogar ausschließlich Bewerbungen aus dem Ausland gegeben; hierzulande habe man Merck kaum Anreize zur Ansiedlung angeboten. Erst sehr spät habe sich Thüringen beworben, sagte Scheuble. Eine Entscheidung will er in der zweiten Jahreshälfte treffen.

      Merck würde sich bei einem Zuschlag für Amerika in guter Gesellschaft befinden. Vor wenigen Wochen kündigte der Schweizer Pharmakonzern Novartis an, die gesamten internationalen Forschungsaktivitäten und damit ein Kernstück des Unternehmens von Amerika aus leiten zu wollen. Boehringer Ingelheim stellte kurz zuvor in Aussicht, künftig einen Großteil seiner Direktinvestitionen in die Vereinigten Staaten zu lenken: "Das ist nur noch eine Frage der Zeit", sagte Boehringer-Chef Rolf Krebs bei der Bilanzvorlage des Konzerns. Die Altana AG aus Bad Homburg will in den kommenden Jahren 120 Millionen Dollar für den Aufbau eines Forschungszentrums im amerikanischen Boston ausgeben. Am gleichen Ort hat Merck schon heute den Schwerpunkt seiner Forschung im Bereich Krebs - neben Diabetes das wichtigste Krankheitsgebiet in der Pharmasparte.

      Der allmähliche Exodus aus Europa und insbesondere aus dem einst als "Apotheke der Welt" geltenden deutschen Markt hat auch damit zu tun, daß sich das Geschäft der Pharmakonzerne mehr und mehr in den Vereinigten Staaten abspielt. In Amerika werden deutlich mehr als 40 Prozent des Arzneimittelumsatzes in der Welt erzielt, in der Europäischen Union sind es 22 Prozent. Noch im Jahr 1990 lagen Europa und die Vereinigten Staaten gleichauf. In den kommenden Jahren wird sich die Schere weiter öffnen. Die Vereinigten Staaten bieten nach den Worten von Scheuble das bessere Forschungsumfeld, zum Beispiel durch die engere Verzahnung der Pharmaindustrie mit der akademischen Forschung. Mittlerweile werden 62 Prozent aller neuen Medikamente in Amerika entwickelt und nur noch 21 Prozent in Europa.

      Die schwindende Attraktivität der einheimischen Märkte hat sich Europa auch selbst zuzuschreiben. Europa ist kein Binnenmarkt wie die Vereinigten Staaten. Jedes Land koche sein eigenes Süppchen, meint Scheuble. Beispielsweise gebe es zuwenig Koordination zwischen den einzelnen Ländern in der Zulassung neuer Medikamente. Das koste Geld und bringe die Medikamente oft erst mit Verzögerung zum Patienten.

      [Anm.: FALSCH !!! Der einheitliche US-MArkt mit seiner sehr strengen Bundesbehörde FDA ist zumeist viel langsamer bei den Zulassungen als die EU-Länder. udem verschweigen die Pharma-Hersteller, daß sie viele Vorteile aus den in der Tat unterschiedlichen Zulassungsbestimmungen der EU ziehen: Ganz virtuos wählen sie seit vielen Jahren die für ihr zuzulassendes Produkt lascheste jeweilige Landesbehörde, um ihre Medikamente zuzulassen. NAch den EU-Richtlinien sind nämlich als Domino-effekt fast zu 100% die FOLGEZULASSUNG der Produkte in allen U-Ländern möglich! ]

      Darüber hinaus beklagt der Merck-Chef eine im Vergleich zum liberalisierten amerikanischen Markt starre und langwierige Preisgestaltung in Europa.

      Am heutigen Montag will Scheuble als Vorstandsvorsitzender des Verbandes der forschenden Arzneimittelhersteller (VFA) Gesundheitsministerin Ulla Schmidt mit der Forderung nach marktorientierten Strukturen konfrontieren. Am selben Tag will die Ministerin zusammen mit den EU-Kommissaren David Byrne (Gesundheit) und Erkki Liikanen (Industrie) die sogenannte G-10-Initiative mehrerer europäischer Staaten zur Arzneimittelpolitik vorstellen. Nach Meinung des VFA hat die Initiative eines ihrer wesentlichen Ziele - die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Pharmaindustrie - aus den Augen verloren und richte sich einseitig auf die Kostendämpfung in den nationalen Gesundheitssystemen aus. Darunter hat nach Ansicht von Scheuble vor allem die deutsche Pharmaindustrie zu leiden, die auch im innereuropäischen Vergleich zu den Schlußlichtern gehöre.

      Ist die Pharmaindustrie der Preistreiber im deutschen Gesundheitswesen? Die gesetzlichen Krankenkassen begründen ihr hohes Defizit vor allem mit steigenden Arzneimittelausgaben. Der Vorsitzende der Geschäftsleitung des Pharmakonzerns Merck, Bernhard Scheuble, rechtfertigt sich: Der Anstieg sei fast ausschließlich auf bessere Behandlungsmöglichkeiten der Patienten zurückzuführen und nicht auf höhere Preise. Mit Blick auf eine älter werdende Gesellschaft macht Scheuble wenig Hoffnung auf geringere Kosten und damit niedrigere Beitragssätze: "Die Ausgaben für Medikamente werden steigen, da kann man machen, was man will."

      Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.06.2002, Nr. 131 / Seite 13
      Avatar
      schrieb am 12.06.02 09:26:03
      Beitrag Nr. 126 ()
      Regulierungswut gegen die Pharmakonzerne

      ami. Bei den Schriftsetzern der politischen Rhetorik haben Begriffe wie "Verbesserung der Rahmenbedingungen", "Transparenz" oder "Wettbewerb" hohe Konjunktur. Doch werden sie an der rauhen Wirklichkeit der Ökonomie getestet, verkehren sie sich gern ins Gegenteil. Die Debatte um die sinkende Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Pharmaindustrie ist dafür ein Beispiel. Hier ziehen die Amerikaner den Europäern wie in Siebenmeilenstiefeln davon. Umsätze, Patentanmeldungen - bei allen wichtigen Indikatoren fallen die Europäer zurück. Hinzu kommen zähe Zulassungsverfahren und niedrigere staatliche Hilfen als jenseits des Atlantik. Das alles sind keine neuen Erkenntnisse. Schon Ende 2000 hatte die EU-Kommission das Problem erkannt. Inzwischen liegen Verbesserungsvorschläge vor. Doch deren geplante Umsetzung hierzulande läßt Schlimmes befürchten. Zur Absicherung der gesetzlichen Krankenversicherung will die Gesundheitsministerin den "klinischen Nutzen von Arzneimitteln und ihre Kosteneffektivität" gemeinsam bewerten. Zu deutsch: Der Industrie sollen (niedrige) Preise für ihre Produkte vorgeschrieben werden. Staatsinterventionen aber helfen niemandem: nicht den Patienten, die neue Arzneimittel spät oder gar nicht erhalten, und nicht den Beschäftigten, deren Arbeitsplätze unsicherer werden. Es hilft auch nicht dem Fiskus, wenn Unternehmen das Land verlassen und andere um den Standort einen noch größeren Bogen schlagen.

      Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.06.2002, Nr. 133 / Seite 24


      Gut so: Waffengleichheit zwischen beiden PArteien.
      Avatar
      schrieb am 12.06.02 14:03:12
      Beitrag Nr. 127 ()
      Gestern "Vorsicht! Friedman" mit dem Thema Gesundheitspolitik:


      Friedman hat beim Thema Gesundheitspolitik all das getan, was er anderen so gerne vorwirft:

      Besserwisserisch, aber zum komplizierten Thema völlig uniformiert und Ahnungslos,

      Brutal populistisch, Effektheischend (machte u.a. die Grüne Forderung nach Liberalisierung von Haschisch zu einem der zentralen Themen - krankt faran vielleicht unser gesundheitssystem??? ) und oberflächlich,

      Fragenstellend und dann wieder narzistisch den Antwortenden unterbrechend...

      Absolutes Bildzeitungsniveau!

      Gut dagegen die fachlich sehr souveräne Drogenpolitische Sprecherin der Grünen, die durch fundiertes Fachwissen ausserhalb der Drogenproblematik auffiel und süffisant dem gekränkten :D Friedman klarmachte, daß er nicht einmal den Unterschied zwischen Prävention und Früherkennung kennt - Friedman präsentierte nur peinliche Plattitüden und schwang sich in typischer Manier zum (unwissenden, inkompetenten) Moralapostel auf, der über Dinge redet, die er weder richtig recherchierte noch überhaupt begriffen hatte.

      In einem Nebensatz wurde hier auch endlich einmal von der Grünengesagt, daß es keine "Kostenexplosion", sondern ein Einnahmeproblem durch Arbeitslosigkeit gibt und die letzten Legislaturperioden die Krankenvesicherung durch die Politik für die Rentenversicherung geplündert wurde.

      Der Mann sollte sich nur mit Themen befassen, auf die er sich verantwortiungsvoll vorbereitet hat.
      Andere Journalisten iwe z.B. der brilliante und im Gesundheitswesen hochkompetente Moderator der WDR-Sendung "HArt, aber Fair" zeigen ihm, wie man ohne Krawall und mit Respekt Tiefgang in die allseitige Beleuchtung dieses hochkomplexen Themas bringt, fundiertes Wissen vermittelt und Verständnis für dieses Brisante Thema erzeugt.

      Gruß

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 24.06.02 08:21:52
      Beitrag Nr. 128 ()
      Mediziner-Arbeitsmarkt

      Goldene Zeiten für Weißkittel

      Von Kristina Debelius

      Überstunden, Nachtdienste, Dauerstress - der Beruf des Klinikarztes ist derzeit wenig begehrt. Umso besser stehen die Chancen für junge Mediziner: Sie können sich die Einsteigerstellen aussuchen, vor allem in Ostdeutschland. Viele Nachwuchs-Ärzte bevorzugen allerdings das Ausland.


      "Die zahlen ja sogar das doppelte Gehalt, um Leute zu kriegen", sagt Stephan Eckhardt. Der 30-jährige Gießener steht kurz vor dem "AiP" (Arzt im Praktikum). "Die AiP-Stellen bekommt man im Moment hinterhergeworfen, da muss man sich keine Sorgen machen." Weil ihm die Ausbildung in Deutschland zu wenig praxisbezogen ist, will er für sein AiP nach Ghana gehen: "Da lernt man mehr. Hier in Deutschland hat man einen 12- bis 14-Stunden-Tag und darf trotzdem höchstens mal eine Wunde nähen." Wie Stephan wandern daher viele junge Mediziner ab ins Ausland.

      Das Problem, das daraus folgt, ist nicht neu: In Deutschlands Kliniken oder Praxen herrscht notorischer Ärztemangel. Auf diese Wende im Arbeitsmarkt hat die Zentralstelle für Arbeitsvermittlung (ZAV) jetzt reagiert und einen Wegweiser für junge Mediziner veröffentlicht. Laut ZAV-Studie ist die Zahl der arbeitslosen Ärzte deutlich gesunken. Die Arbeitslosenquote liegt bei drei Prozent, also deutlich unter der durchschnittlichen Akademikerquote.

      Den Kittel an den Nagel hängen

      Kein Wunder angesichts der extremen Arbeitsüberlastung, mit der die meisten Ärzte zu kämpfen haben - und kein reizvoller Ausblick für viele Studienanfänger. Abiturienten überlegen es sich derzeit zweimal, ob sie später Überstunden, Nachtdienste und Überlastung in Kauf nehmen wollen. Die Zahl der Erstsemester in Humanmedizin jedenfalls ist rückläufig. Noch Mitte der siebziger Jahre konkurrierten sieben bis acht Bewerber um einen Medizinstudienplatz, inzwischen sind es nur noch zwei bis drei.

      Aber auch viele junge Ärzte hängen den Kittel an den Nagel und suchen sich attraktive, gut bezahlte Jobs in Wirtschaft und Industrie. Größeren Ärzte-Bedarf wird es in Zukunft wohl auch in den Bereichen Arbeits,- Betriebs- und Umweltmedizin geben.

      Besonders fehlt es an Fachärzten, zunehmend auch an Assistenzärzten. Ärzte im Praktikum können sich ohnehin die Stellen längst aussuchen. Fast drei Viertel der AiP-Stellenangebote kamen im Jahr 1999 von Krankenhäusern und Kliniken. Kleinere Häuser, aber auch niedergelassene Ärzte hatten es schwer, ihre Stellen zu besetzen. Die Mehrheit der Bewerber war an Positionen in Uni-Kliniken interessiert, um die Chancen für eine spätere Assistenzarztstelle zu verbessern.

      Mangelware sind Ärzte im Osten

      Auch Assistenz- und Fachärzte können nicht über fehlende Jobs klagen. Für sie kamen rund 40 Prozent der offenen Stellen von den Krankenhäusern. Assistenzärzte wurden vor allem für die Allgemeinmedizin, Fachärzte für Innere Medizin, Psychologie/Neurologie oder Orthopädie gesucht.


      "Die Stellenanzeigen im `Ärzteblatt` werden dicker und dicker. Die meisten Ärzte werden allerdings auf dem Land, besonders im Osten, gesucht," sagt der 33-jährige Moritz Vahlenkamp aus Hamburg, der sich gerade für Assistenzarzt-Jobs bewirbt. Wie viele seiner Kollegen will auch er in einer Klinik arbeiten, weil es nur dort die begehrten Weiterbildungsstellen gibt. "Vielleicht suche ich mir aber auch eine Stelle in Skandinavien, die Arbeitsbedingungen dort sind sehr gut", überlegt Vahlenkamp.

      Stephan Eckhardt und Moritz Vahlenkamp haben bereits längere Zeit im Ausland gearbeitet. Denn wer nicht mobil ist oder fachlich flexibel, hat schlechtere Chancen. Das ist besonders für Frauen ein Problem, die Beruf und Familie in der Weiterbildungsphase oft nicht unter einen Hut bringen können - ihnen droht daher die Arbeitslosigkeit.

      Gute Chancen in Schweden oder Norwegen

      Wer Facharzt werden will, muss häufige Stellenwechsel in Kauf nehmen. Wegen der vielen Hürden, mit denen die Ausbildung verbunden ist, suchen Mediziner ihr Glück oft lieber im Ausland. Besonders beliebt sind die USA, allerdings muss man dort noch eine zusätzliche praktisch-klinische Prüfung machen, den "Clinical Skills Assessment"-Test.

      Etwas einfacher ist es im europäischen Ausland. Großbritannien steht laut ZAV an der Spitze der Wunschliste, derzeit arbeiten dort bereits über 2000 deutsche Ärzte. Gut stehen die Chancen in Skandinavien: In Norwegen werden derzeit 800 bis 1000 Mediziner, in Schweden etwa 200 Mediziner benötigt.

      Grund für den akuten Ärztemangel in Nordeuropa sind die strengen Zulassungsbedingungen an den Universitäten. Wie in Deutschland fehlen Ärzte auch hier vor allem auf dem Land. Mehr Informationen zu den Job-Angeboten im Ausland gibt`s auf der Homepage der ZAV.




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      © SPIEGEL ONLINE 2002
      Avatar
      schrieb am 24.06.02 10:28:05
      Beitrag Nr. 129 ()
      was ich noch vergessen hatte, zu erwähnen:

      Der Titel "Goldene zeiten für Weißkittel"

      ist natürlich dumm und zynisch.... denn wenn Ärzte massenweise aus dem Beruf flüchten und die Erpressbarkeit junger Ärzte und Berufsanfänger vorübergehend etwas abnimmt, so zeigt das nicht "goldene zeiten", sondern nur, wie entsetzlich die Arbeitsbedingungen der Krankenhausärzte sind, die im Übrigen gerade in den letzten JAhren von den privaten Trägern gesundheitlich ausgepresst wurden wie eine Zitrone.

      Die Gehälter der Ärzte spotten im Vergleich zu anderen, gesundheitlich zuträglicheren akademischen Berufsbildern jeder Beschreibung - dort, wo selbst extrem engagierte Ärzte aus gesundheitlichen Gründen zum Selbstschutz traurig und frustriert ihre klinische LAufbahn beenden und NAchwuchs erst garnicht mehr einsteigt, da können wahrlich keine "Goldenen zeiten" herrrschen.
      Avatar
      schrieb am 04.07.02 02:22:47
      Beitrag Nr. 130 ()
      Ärzte versinken im Verwaltungssumpf

      Weil medizinische Leistungen immer penibler dokumentiert werden müssen, leiden die Ärzte - und mit ihnen die Patienten
      / Von Brigitte Roth und Robert Arsenschek


      Frankfurt. Ärzte sind nicht mehr das, was sie einmal waren: Ihr Beruf hat sich in den vergangenen 20 Jahren gründlich verändert. Die Arbeitsbelastung in den Krankenhäusern wächst und wächst. Der Anteil von arztfremden, vor allem bürokratischen Tätigkeiten nimmt zu. In der Öffentlichkeit stehen die einstigen „Halbgötter in Weiß“ wegen mutmaßlicher Abrechnungstricks als schwarze Schafe da. Knappe Budgets schränken den Spielraum beim Therapieren ein. All dies baden freilich nicht nur die Ärzte, sondern auch die Patienten aus.
      Nach Ansicht von Roland Wönne, Vorsitzender der Ärztegewerkschaft Marburger Bund in Hessen, werden Patienten heutzutage unter wirtschaftlichem Druck viel zu früh entlassen. „In dem Moment, wenn der Patient finanziell ausgelutscht ist, wird er nach Hause geschickt.“ Das freilich führe oft dazu, daß sich der Gesundheitszustand wieder verschlechtere und der Betreffende abermals ins Krankenhaus eingeliefert werden müsse - ein teurer „Drehtüreffekt“.
      Vor 20 Jahren lagen auch nach Wönnes Ansicht Patienten zu lange in der Klinik. Ein Bett sei erst dann frei gemacht worden, wenn es wieder belegt werden konnte: „Das haben doch alle so gemacht.“ Heutzutage prüft der medizinische Dienst der Krankenkassen genau, was aus seiner Sicht notwendig ist. Als überflüssig erachtete stationäre Aufenthalte und Therapien werden nicht honoriert. „Aber oft läßt sich erst hinterher sagen, ob eine ambulante Behandlung gereicht hätte“, gibt Alfred Möhrle, Präsident der Ärztekammer Hessen, zu bedenken.
      Mit der Einführung eines neuen Abrechnungssystems nach sogenannten diagnosebezogenen Fallpauschalen („DRGs“;) hat der Verwaltungsaufwand weiter zugenommen. „Die Bürokratie ufert aus“, klagt Möhrle. Früher hätten die Klinikärzte handschriftlich einen rosafarbenen Zettel für die Kasse ausgefüllt und einen Kurzcode für die Diagnose eingetragen. Heute muß man ein Computerprogramm aufrufen und die Codierungen eingeben, die gerade gültig sind. Wönne zeigt auf vier dicke Bücher auf seinem Schreibtisch, die er für die Verschlüsselung benötigt. Mindestens dreimal - bei der Aufnahme des Patienten, bei jedem weiteren Behandlungsschritt und am Ende der Therapie - müßten Daten erhoben und eingegeben werden.
      Auch müssen sich die Mediziner mittlerweile viel genauer überlegen, welche Leistungen der Patient erhalten hat. „Jede Haupt- und jede Nebendiagnose gibt ja Geld“, erzählt eine Ärztin, „und um Geld geht es jetzt viel mehr als früher.“ Wenn eine Frau entbinde, die wegen einer Epilepsie besonders behandelt werden müsse, werde das auch anders abgerechnet. Zudem müssen laut Wönne noch Zwischenanfragen des medizinischen Dienstes beantwortet werden, wobei es nicht mit Codes getan sei: „Man muß Sätze formulieren und begründen, warum man einen Patienten wie behandelt.“ All dies bekämen die Ärzte „zusätzlich aufs Auge gedrückt“, sagt Wönne. Wenn man einen zusätzlichen „Verschlüsselungsaufwand“ von täglich fünf Minuten je Patient in einem 100-Betten-Haus annehme, komme man auf 500 Minuten zusätzliche Arbeitszeit. „Das ist eine ganze Stelle“, sagt Wönne.
      Hinzu kommt, daß Krankenhausärzte heutzutage viel mehr Patienten zu versorgen haben, die Zahlen steigen kontinuierlich. Lag die durchschnittliche Verweildauer im Frankfurter Universitätsklinikum beispielsweise 1991 bei elf Tagen, so betrug sie zehn Jahre später 7,78 Tage. Wurden dort 2001 rund 52 600 Patienten behandelt, waren es 2000 rund 46 200. Zu höheren Patientenzahlen hat auch geführt, daß die jungen Eltern heute offenbar nicht mehr so „belastbar sind“, wie es Wönne ausdrückt, der Chefarzt am Clementine Kinderhospital in Frankfurt ist. Bei vielen macht er eine „völlige Hilflosigkeit“ aus: Habe ein Kind heute in der Nacht 40 Grad Fieber, „dann stehen die Eltern sofort auf der Schwelle“. Früher habe die Großmutter noch alte Hausrezepte weitergegeben. Hätten Anfang der neunziger Jahre zum Beispiel 100 bis 150 Kinder mit ihren Eltern pro Monat das Kinderhospital außerhalb der regulären Sprechzeiten aufgesucht, so versorgten die Ärzte dort inzwischen 1800 Notfälle pro Quartal.
      An der reinen Arbeitszeit der Klinikärzte hat sich nach Einschätzung von Wönne und Möhrle gegenüber früher wenig geändert. Schon vor 20 Jahren habe man erfolglos gekämpft gegen eine Wochenarbeitszeit, die mit Bereitschaftsdiensten oft bei 80 Stunden gelegen habe, sagt Wönne. Im Laufe der Jahre habe sich aber die Arbeit enorm verdichtet: Der Druck sei jetzt größer, der Freiraum geringer. Möhrle, seit 28 Jahren als Orthopäde niedergelassen, erkennt an, daß die heutige Ärztegeneration eine andere Einstellung habe. „Früher wurde gearbeitet, bis man umfiel“, formuliert er überspitzt, daß man nicht auf die Arbeitszeit geschaut habe. Die jüngeren Kollegen legten heute mehr Wert auf ein vernünftiges Verhältnis von Arbeit und Freizeit, nähmen mehr Rücksicht auf ihre Familie. Er meine das nicht negativ. Im Gegenteil - übertriebener Arbeitseinsatz schade.
      Auch niedergelassene Ärzte verlieren die Freude am Beruf.
      Ihnen sind durch Arzneimittel-, Heil- und Hilfsmittelbudgets und eine Begrenzung von Fallzahlen immer engere Fesseln in der Therapie angelegt worden. Ein Arzt könne heutzutage nicht mehr die Medizin anwenden, die er im Studium gelernt habe, sagt Möhrle. Er kennt eine Reihe Kollegen, die deshalb ihre Kassenzulassung zurückgegeben haben und nur noch Privatpatienten behandeln.
      Eine Ärztin, die diesen Schritt in die Unabhängigkeit gewagt hat, faßt ihre Stimmungslage so zusammen: „Endlich kann ich die Arzneimittel verordnen, die ich für richtig halte; endlich habe ich Zeit für meine Patienten; endlich werde ich angemessen honoriert.“ Und endlich mache ihr die Arbeit wieder „richtig Spaß“.

      Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 30.6.2002
      Avatar
      schrieb am 11.07.02 16:07:02
      Beitrag Nr. 131 ()
      Nur mal so, damit jedem klar ist, daß es sich keineswegs um ein spezifisch deutsches Problem handelt.... :D

      hier eine entwicklung aus der Schweiz:




      Acht Prozent teurer

      Wieviel die Krankenkassenprämien in diesem Jahr gestiegen sind


      Die Krankenkassenprämien sind in diesem Jahr um knapp acht Prozent teurer geworden. Die Zahlen des Bundesamtes für Statistik zeigen, dass es dabei deutliche kantonale Unterschiede gibt.


      SCHWEIZ (ap) Die Krankenkassenprämien sind dieses Jahr im Schnitt um knapp acht Prozent teurer geworden. In der Grundversicherung stiegen sie deutlich stärker als in den Zusatzversicherungen, wie das Bundesamt für Statistik (BFS) mitteilte. Das Wachstum des verfügbaren Einkommens wurde durch die Prämiensteigerung um 0,5 Prozent gebremst.

      Wie es in der Mitteilung vom Donnerstag heisst, stützt sich das BFS bei der Berechnung des Krankenversicherungsprämien-Indexes (KVPI) im Gegensatz zum Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) nicht nur auf die Erwachsenenprämien, so dass sich leicht abweichende Zahlen ergeben.

      Grosse kantonale Unterschiede
      In der Grundversicherung stiegen die Prämien im Durchschnitt aller Versicherten zwischen 2001 und 2002 um zehn Prozent. Der KVPI erreichte damit den Stand von 120,8 Punkten (1999=100). Laut BFS fallen dabei starke kantonale Differenzen auf. Am stärksten wuchsen die Prämien in den Kantonen Schaffhausen (15,5 Prozent), Graubünden und Thurgau (je 14,0 Prozent) sowie Schwyz (12,7 Prozent). Das geringste Prämienwachstum verzeichneten Solothurn (5,6 Prozent), Waadt (7,2 Prozent) und Genf (7,6 Prozent).

      Die Prämien für die Zusatzversicherten stiegen im gleichen Zeitraum um durchschnittlich 3,9 Prozent. Der Index erreichte hier den Stand von 115,4 Punkten. Auch bei den Zusatzversicherten wurden beträchtliche kantonale Unterschiede verzeichnet. Prämienerhöhungen belasten laut BFS das Budget der privaten Haushalte.

      Auswirkungen auf die Einkommen
      Die verfügbaren Einkommen, das heisst der tatsächlich für Konsum- und Sparzwecke verfügbare Betrag ohne Steuern und Versicherungsbeiträge, nahmen von 2001 bis 2002 um rund 1,7 Prozent zu. Ohne die Netto-Prämienerhöhungen der Krankenversicherung wäre der Anstieg laut BFS um 0,5 Prozent höher ausgefallen und hätte 2,2 Prozent erreicht.

      (NZZ, 11.7.2002)
      Avatar
      schrieb am 16.07.02 17:14:13
      Beitrag Nr. 132 ()
      A R B E I T S W E L T
      Arbeitszeit: Überlastete Ärzte

      Der durchschnittliche Berliner Krankenhausarzt arbeitet 57,8 Stunden pro Woche. Dabei leistet er monatlich 31 Überstunden, von denen 74 Prozent weder bezahlt noch durch Freizeit ausgeglichen werden. Das entspricht einem Wert von 65 Millionen Euro. Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage unter Berliner Krankenhausärzten*. Sie ergab zudem, dass sich 55 Prozent der Ärzte eine Reduzierung ihrer Arbeitszeit wünschen und gerne in Teilzeit arbeiten würden.

      Käme man den Wünschen der Berliner Klinikärzte nach, würden ihre unbezahlten Überstunden in zusätzliche Arbeitsplätze umgewandelt und, wie vom Europäischen Gerichtshof entschieden, Bereitschaftsdienste als Arbeitszeit angerechnet, müssten allein in Berlin 4 000 neue Stellen geschaffen werden – hochgerechnet auf Deutschland wären es 56 000. Dies liegt ein Vielfaches über der Zahl der Ärzte, die arbeitslos gemeldet sind.

      An der Befragung beteiligten sich 331 von 750 angeschriebenen Berliner Ärzten (45 Prozent), knapp die Hälfte von ihnen waren Frauen. Das Durchschnittsalter lag bei 40,4 Jahren. 57 Prozent aller Antwortenden, aber 97 Prozent der unter 35-Jährigen hatten nur einen befristeten Arbeitsvertrag. Die tägliche Arbeitszeit betrug durchschnittlich 9,2 Stunden und die Wochenarbeitszeit einschließlich der Bereitschaftsdienste 57,8 Stunden. Durchschnittlich leisteten Berlins Krankenhausärzte damit 30,7 Überstunden im Monat (Frauen 23,1, Männer 37,6). Das ist um das 2,5fache mehr als der Bundesdurchschnitt der Beschäftigten. Lediglich sechs Prozent der Befragten gaben keine Mehrarbeit an. 74 Prozent (22,8 Stunden) der geleisteten Mehrarbeit blieb ohne zeitlichen oder finanziellen Ausgleich. Wie diese Ergebnisse bereits vermuten lassen, schätzten 71 Prozent die eigene Arbeitzeitbelastung als zu hoch ein.

      Arbeiten in Teilzeit

      Während der Anteil der Teilzeitbeschäftigten unter den Krankenhausärzten in Berlin am 31. Dezember 1998 mit 10,2 Prozent wesentlich niedriger lag als bei den in Berliner Kliniken Beschäftigten aller Berufsgruppen (22,4 Prozent), verzeichnete die Umfrage eine wesentlich höhere Teilzeitquote von 18 Prozent. Erstaunlich war, dass mehr Singles in Teilzeit arbeiteten (22 Prozent), als in Partnerschaften Lebende (16 Prozent). Überstunden gehörten aber auch bei den Teilzeitbeschäftigten zum Alltag. Bei einer vertraglichen Wochenarbeitszeit von 24,8 Stunden arbeiteten sie im Durchschnitt 6,9 Stunden täglich.

      Die Wochenarbeitszeit einschließlich der Dienste betrug 44,3 Stunden. Teilzeitbeschäftigte Ärzte gaben signifikant seltener eine zu hohe Arbeitszeitbelastung an (40 Prozent) als Vollzeitkräfte (78 Prozent). Dies spiegelt sich auch in der Einschätzung der privaten Lebenszufriedenheit wider, die 70 Prozent der Teilzeitkräfte, aber nur 53 Prozent der Vollzeitkräfte als hoch einstuften. Demgegenüber wurde die Berufszufriedenheit von jeweils 42 Prozent als hoch eingeschätzt.

      Flexible Arbeitszeitmodelle gewinnen an Bedeutung. 55 Prozent der befragten Ärzte gaben an, in Teilzeit arbeiten zu wollen. Das Interesse an einer Teilzeitbeschäftigung ist abhängig vom Geschlecht, der aktuellen Arbeitszeit und dem Alter. So wünschten sich Frauen mit 67 Prozent signifikant häufiger eine Teilzeitbeschäftigung als Männer (43 Prozent). Bereits Teilzeitbeschäftigte reagierten aufgeschlossener (87 Prozent) als Vollzeitbeschäftigte (47 Prozent) (Abbildung 1). Auch bei den 35- bis 39-Jährigen war das Teilzeitinteresse mit 58 Prozent signifikant erhöht.

      Beim Freizeitausgleich klafften Wunsch und Wirklichkeit weit auseinander. So war dieser bei den Teilzeitbeschäftigten überwiegend nach den bekanntesten Modellen organisiert: tageweiser Freizeitausgleich, reduzierte Tagesarbeitszeit und wochenweiser Freizeitausgleich. Arbeiteten die Ärzte in Teilzeit, strebten sie eher „Vollzeitnähe“ an, was nur geringe Einkommenseinbußen bedeutet. Als „ideales Teilzeitmodell“ wurde hingegen zuerst der Blockfreizeitausgleich genannt, gefolgt von 3/4-Teilzeitstellen und Arbeitszeitkonten. Schichtdienst wurde lediglich von 14 Prozent als ideal angesehen.

      Während 79 Prozent der befragten Ärzte die Umsetzung von Teilzeitarbeitsmodellen generell für realistisch hielten, konnten sich das sogar 65 Prozent konkret an ihrem Arbeitsplatz vorstellen. Dabei hielten die Befragten vor allem klare Arbeitszeitregelungen (78 Prozent), zusätzliche Arbeitsplätze (67 Prozent) und die Unterstützung durch Verwaltung und Chefärzte (64 Prozent) für erforderlich. In den Antworten auf die Frage nach bevorzugten Arbeitszeitmodellen spiegelte sich das Bedürfnis wider, die Arbeitszeiten entsprechend den eigenen Lebensumständen zu gestalten. Bei notwendigen Neustrukturierungen in den Krankenhäusern, die die Optimierung sowohl der Patientenversorgung als auch der Arbeitsabläufe im stationären Alltag zum Ziel haben, scheint daher die Kombination von Schichtarbeits- und Gleitzeitmodellen sowie Arbeitszeitkonten praktikabel.

      Arbeitsmarkteffekte

      Der voraussichtliche Beschäftigungseffekt allein durch die Realisierung von Wünschen nach Teilzeitbeschäftigung beläuft sich in Berlin auf 1 050 Vollzeitarbeitsplätze. Hochgerechnet auf das Bundesgebiet ergibt sich ein Potenzial von 18 000 Vollzeitarbeitsplätzen. Rechnet man den Mehrbedarf durch den Abbau von Überstunden und die Umsetzung des EuGH-Urteils dazu, fehlen in Berliner Krankenhäusern etwa 4 000 Arztstellen. Den wesentlichen Kostenfaktor stellen die (unbezahlten) Überstunden mit annähernd 1 400 Vollzeitarbeitsplätzen dar. Ein noch höheren Arbeitsplatzbedarf bedingt die Umsetzung des EuGH-Urteils mit rund 1 600 Vollzeitarbeitsplätzen. Bundesweit entspräche das einem Bedarf von insgesamt 56 000 zusätzlichen Vollzeitarbeitsplätzen (Überstundenabbau 18 000, Bereitschaftsdienste 20 000).

      Die Zahlen belegen, dass der stationäre Sektor mit einem massiven Mangel an ärztlicher Arbeitskraft konfrontiert ist, dem durch eine dringend notwendige Ausbildungsoffensive sowie einem verstärkten „Import“ von Ärzten entgegengewirkt werden muss. Die jährlichen Zusatzkosten durch den ermittelten Arbeitsplatzbedarf lägen für Berlin bei 83 Millionen Euro beziehungsweise für Deutschland bei 1,1 Milliarden Euro (Tabelle 1). Diese würden jedoch durch zusätzliche Einnahmen sowie Minderausgaben bei der Arbeitslosenversicherung anteilig kompensiert.

      Darüber hinaus bewirken Neueinstellungen positive wirtschaftliche Effekte durch zusätzliche Steuereinnahmen sowie einen Zugewinn an Kaufkraft. Die entstehenden Kosten stehen in keinem Verhältnis zu den positiven Effekten für die Patientenversorgung, die Weiterqualifizierung von Fachkäften sowie mehr Arbeitszufriedenheit. /Daniel Sagebiel (26.03.02)

      Quelle: DÄ
      Avatar
      schrieb am 24.07.02 10:45:46
      Beitrag Nr. 133 ()
      SPIEGEL ONLINE - 23. Juli 2002, 11:32
      URL: http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,206404,00.html
      Todeskampf eines Rauchers

      Werbespot schockiert Frankreich

      "Dieser Mann hat nur noch fünf Tage zu leben", heißt es in einem umstrittenen Werbespot, der derzeit im französischen TV zu sehen ist. Der Film über den Todeskampf eines Rauchers gehört zu einer Anti-Raucher-Kampagne.


      Paris - Der extreme TV-Spot sorgt für Aufregung in Frankreich, denn derartige "Realo-Bilder" sind dort erstmals zu sehen. Vorbild ist eine britische Kampagne, deren Schockbilder anscheinend Wirkung zeigten.

      Der Film, der noch bis zum 5. August zu sehen sein soll, setzt auf ungeschönte Bilder aus den letzten qualvollen Lebenstagen eines Rauchers. Das 27-Sekunden-Werk zeigt einen lungenkrebskranken 49-Jährigen, der nur noch 39 Kilogramm wiegt. Der Mann, der im Januar 1999 starb, war in seiner Agonie von seiner Ehefrau gefilmt worden. "Mit 14 das Rauchen anzufangen ist tödlich". Mit diesem Feldzug gegen das Rauchen will das Nationalkomitee gegen den Tabak (CNCT) besonders Jugendliche von Zigaretten fern halten.

      "Das ist kein Voyeurismus, und wir wollen nicht schockieren. Die Bilder sind die Realität", sagte der Leiter des Nationalkomitees, Christian Peschang, am Dienstag der Tageszeitung "Libération".

      In der Presse ist die Kampagne auf Verständnis gestoßen. "Junge Raucher müssen verstehen, dass Zigaretten den Tod näher bringen", hieß es in einem Kommentar der "Havre Presse". In Frankreich sterben nach Angaben des CNCT pro Jahr etwa 60.000 Menschen an den Folgen des Tabakkonsums. Dabei liegt das Durchschnittsalter der ersten Zigarette bei etwa 14 Jahren.


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      Und in Deutschland:

      Deutschland war der einzige Staat innerhalb der EU, der jahrelang das Werbeverbot für Zigaretten blockierte!

      Warum?

      Nun - der deutsche Staat versteht sich eben NICHt als Hüter der gesundheit seiner Bürger, sondern als Lobbyist der deutschen Tabakindustrie!

      WArum?

      Nun, der Staat kassiert Milliarden an Tabaksteuern, die er keineswegs in die Therapie der dadurch vermehrt geförderten Volkskrankheiten ( Herz-Kreislauferkrankungen, Schlaganfälle, Herzinfarkte, Lungenkrebs, ... ) steckt;
      nein - er verhindert flächendeckende Volksaufklärung und läßt die Allgemeinheit lieber steigende Kosten für die Folgeerkrankungen zahlen; er schiebt die Schuld daran dann dem bösen Gesundheitssystem in die Schuhe.
      Avatar
      schrieb am 06.08.02 18:53:42
      Beitrag Nr. 134 ()
      Massage für Tote
      Krankenkassen kritisieren Ärzte

      Nach Schätzungen der Krankenkassen verursachen Abrechnungsbetrug und Mauscheleien im Gesundheitswesen jedes Jahr einen Schaden von mindestens einer Milliarde Euro. Bis zu jede fünfte Arztrechnung ist falsch. Diese Zahlen nannte der Leiter der Arbeitsgruppe Abrechnungsmanipulation der Kassen, Gernot Kiefer, in Berlin. Die Kassen forderten härtere Strafen. Betrügerische Ärzte sollen ihre Kassenzulassung dauerhaft oder auf Zeit verlieren. Auch Pharmafirmen, die schmieren, sollten nach Ansicht der Kassen für die betroffenen Medikamente die Zulassung oder den Patentschutz verlieren.
      Diaphragma für eine tote Frau
      Ärzte verordnen Toten Massagen, kassieren für Phantompatienten oder rechnen 27-Stunden-Arbeitstage ab. Die Kassen wollen zwar nicht gleich einen ganzen Berufszweig "zu Verbrechern" stempeln. Dennoch gehe es nicht nur um "einige wenige schwarze Schafe", sagt Gernot Kiefer. Die Dunkelziffer ist hoch, oft fliegen nur dreiste Fälle auf. Wie etwa ein Neurologe, der für eine Patientin nicht nur eine Reihe von Untersuchungen abrechnete, sondern auch ein Diaphragma. Pech nur, dass die 83- jährige schon tot war. Nicht minder kreativ zeigte sich eine Berliner Ärztin, die über Schulhöfe tingelte, um die Chipkarten von Schülern einzulesen und 350.000 Euro für angebliche Behandlungen abzurechnen. Die bekannt gewordenen Betrugsfälle im Gesundheitswesen sind nur die Spitze des Eisbergs, sagte Kiefer. Das Bundeskriminalamt geht von einem großen Dunkelfeld aus. Kiefer warnte zwar davor, einen ganzen Berufszweig zu kriminalisieren. Die meisten Ärzte und Heilberufler rechnen korrekt ab.

      Kassen fordern mehr Transparenz
      Fast 140 Milliarden Euro flossen allein 2001 über die gesetzlichen Kassen in den Gesundheitsmarkt. Doch es mangelt an Kontrolle. Krankenkassen-Vertreter warfen der Politik indirekt vor, nicht energisch genug gegen diese Missstände vorzugehen. Sie legten einen Maßnahmenkatalog vor, um Mauscheleien und Manipulationen wirksamer zu unterbinden. Notwendig ist vor allem mehr Transparenz bei den Abrechnungen. "Obwohl die Kassen als Sachwalter der Versicherten die Leistungen zu bezahlen haben, bleiben sie nach Ansicht der Krankenkassen als zahlende Zaungäste außen vor. Wir haben einen völlig unzureichenden Einblick in die Abrechnungsvorgänge", beklagte Kiefer.

      Kassen wollen Ärzte kontrollieren
      Kiefer forderte, dass die Kassen die notwendigen Daten bekommen, um einzelne Ärzte kontrollieren zu können. Auch muss es künftig leichter sein, Ärzten die Zulassung zu entziehen, wenn diese ihre Pflichten gröblich verletzen. Derzeit ist der Zulassungsentzug ein stumpfes Schwert, weil jedes Rechtsmittel aufschiebende Wirkung hat. "Das heißt, dem Arzt passiert einfach nichts." Die Kassen forderten den Gesetzgeber auf, ihnen den Zulassungsentzug auf Zeit zu ermöglichen.

      Sanktionen gegen Pharmaindustrie gefordert
      Massive Sanktionen forderte Kiefer auch für die Pharmafirmen, die bisher meist mit einer kleinen Geldstrafe davonkommen. So soll das betroffene Arzneimittel bei Betrug oder Bestechung die Zulassung verlieren. Bei patentgeschützten Mitteln muss aber sichergestellt werden, dass die Patienten weiterhin versorgt werden könnten. Daher soll bei solchen Medikamenten der Patentschutz erlöschen, forderte Kiefer. Jedes andere Unternehmen kann dann ein Nachahmerpräparat auf den Markt bringen. Kiefer forderte weiter eine Klausel im ärztlichen Berufsrecht. Diese soll jede Verbindung verbieten, "die den Arzt in seiner freien ärztlichen Entscheidung beeinträchtigen könnte".

      Ärzte wehren sich gegen Vorwürfe
      Deutschlands Ärzte reagierten überrascht auf die Vorwürfe. Der Hartmannbund konnte auf die Anfrage von T-Online noch keine offizielle Stellungsnahme formulieren. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) weist die Vorwürfe der Kassen in einer ersten Stellungnahme zurück und beruft sich auf die eigenen Kontrollen. Diese zeigen nach Ansicht des Verbandes Wirkung. So sei die Zahl der Verdachtsfälle auf Abrechnungsbetrug im Jahr 2001 auf 4.695 gesunken. Ein Jahr zuvor habe die Polizei noch 17.368 Fälle registriert. Nur ein kleiner Anteil dieser Verdachtsfälle münde in ein Gerichtsverfahren.
      Avatar
      schrieb am 07.08.02 11:06:59
      Beitrag Nr. 135 ()
      .

      Der von den Krankenkassen geschätzte Schaden von einer Milliarde Euro entsteht - auch, wenn die KAssen das immer wieder bewußt suggerieren - nicht den Krankenversicherungen, sondern den ehrlichen Ärzten

      Denn es werden durch Abrechnungsbetrug lediglich Gelder der zuvor für das gesamte Abrechnungsgebiet einer KAssenärztlichen Vereinigung festgelegten konkreten Höhe für die ambulante Versorgung zuungunsten der ehrlichen und zugunsten der betrügersichen Ärzte verschoben.

      Verlierer des Abrechnungsbetruges - bedingt durch die Deckelung und nachträglichen Festlegung des Punktwertes - sind einzig die ehrlichen Ärzte.
      Avatar
      schrieb am 07.08.02 17:24:14
      Beitrag Nr. 136 ()
      07.08.2002 13:49

      Ärztemangel


      Ärztenachwuchs meidet die Kliniken

      Strenge Hierarchien, schlechte Verdienstmöglichkeiten - warum Medizinstudenten nicht gern in Krankenhäusern arbeiten.




      Ein wesentlicher Grund für den zunehmenden Ärztemangel in Deutschland ist nach Angaben des Centrums für Krankenhausmanagement (CKM) die oft unzureichende Unternehmenskultur in den Kliniken. Die Organisation erklärte am Mittwoch in Münster, deutsche Krankenhäuser hätten in den vergangenen Jahren kaum eine Möglichkeit ausgelassen, gerade junge Ärzte zu demotivieren.

      Verantwortlich für die nachlassende Attraktivität der Arbeit seien mangelhafte Organisation, strenge Hierarchien, eine extrem hohe Arbeitsdichte, schlechte Verdienstmöglichkeiten und ständige Differenzen innerhalb und zwischen den Berufsgruppen im Krankenhaus
      , sagte der Geschäftsführer des von der Bertelsmann Stiftung und der Universität Münster getragenen CKM, Wilfried von Eiff.



      » Rund 40 Prozent der Medizinstudenten wollen nach dem Examen nicht in einer Klinik arbeiten. «

      Er wies darauf hin, dass der Wettbewerb um qualifizierte Ärzte erst begonnen habe. Zwischen 1994 und 2000 sei die Zahl der Approbationen um 22 Prozent zurückgegangen. Bereits im Jahr 2001 hätten in Deutschland 2.000 Arztstellen nicht besetzt werden können. Wegen der desolaten Arbeitsbedingungen wollten heute rund 40 Prozent der Medizinstudenten nach dem Examen nicht in einer Klinik arbeiten, erklärte der Experte.

      Bevorzugt würden Aufgaben in der Industrie, im medizinischen Dienst oder im Krankenhaus-Management. Viele junge Ärzte wanderten außerdem ins Ausland ab.


      Deutlich attraktiver werden könnten Krankenhäuser durch Anreiz- und Vergütungssysteme mit fixen und variablen Leistungsbestandteilen, sagte von Eiff. Auch neue Organisations-, Führungs-, Controlling- und Steuerungsinstrumente seien geeignet, um neue Mitarbeiter anzuziehen und bisherige Arbeitnehmer an das Krankenhaus zu binden.

      Eine partnerschaftliche Unternehmenskultur verbessere auch die medizinische Qualität in den Krankenhäusern, denn die so genannte Sozialqualität sei entscheidend für das Wohlbefinden der Patienten. Für Patienten und Angehörige sei dies der wichtigste Maßstab zur Beurteilung der Qualität im Krankenhaus.

      (sueddeutsche.de/AP)
      Avatar
      schrieb am 07.08.02 17:30:28
      Beitrag Nr. 137 ()
      23.05.2001 15:46

      Klinikalltag


      Ärzte ohne Grenzen

      Viele Berliner Ärzte macht der Marathon-Dienst im Krankenhaus krank – nun wollen sie klagen.
      Von Martin Lindner




      (SZ vom 23.5.2001) Wer Götz Eschenbach zuhört, spürt sofort die Wut. Er spricht schnell und aufgeregt. Als würde ein langes Schweigen gebrochen. „Red’ dich nicht um Kopf und Kragen“, hat ihm seine 18- jährige Tochter noch gesagt. Aber Eschenbach redet.

      „Wieso haben wir eigentlich ständig die Arschkarte?“, empört sich der Radiologe vom Berliner Krankenhaus Neukölln. Seit 16 Jahren schiebt er Nachtdienste und leistet Überstunden. „Man macht das fünf Jahre, zehn Jahre, vielleicht sogar 15 Jahre, aber irgendwann frisst es dich auf.“

      24 Stunden am Stück

      Was Eschenbach erzählt, darunter leiden viele Krankenhausärzte in Deutschland: 24 Stunden Arbeit am Stück, unbezahlte Mehrarbeit, Frust in Familie und Partnerschaft. Viele wollen das ändern – wenn nötig vor Gericht. Bestärkt werden sie durch zwei möglicherweise richtungsweisende Urteile: Im vergangenen Oktober hatte der Europäische Gerichtshof auf eine Klage spanischer Ärzte hin entschieden, dass Bereitschaftsdienste in voller Länge angerechnet werden, wenn sich die Mediziner dabei in der Klinik aufhalten. Bislang gilt selbst eine durchwachte Nacht, in der sich im Zweistundentakt der Notfall-Pieper meldet, nur eingeschränkt als Dienstzeit.

      „Die Ärzte haben jetzt ihr Coming-out“, hofft Frank Ulrich Montgomery, Chef der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, der derzeit gegen die Fron in der Klinik aufbegehrt. Auch beim Deutschen Ärztetag diese Woche in Ludwigshafen steht die Ausbeutung der Ärzte als Topthema auf der Tagesordnung. „Leute, klagt!“, rät Montgomery und verspricht den Revoluzzern vollen Rechtsbeistand. Die Forderung der Mediziner: Bereitschaftsdienste, die in der Regel 16 Stunden dauern und sich an den normalen Arbeitstag anschließen, sollten als volle Arbeitszeit gelten – und nicht, wie bisher, als überwiegende Ruhezeit.

      Gerade mal 48 Stunden Arbeitszeit pro Woche lässt die EU-Regelung zu, der Alltag in den Kliniken sieht anders aus. Wie eine jüngste Umfrage unter Berliner Ärzten zeigt, arbeiten Mediziner mit Vollzeitvertrag im Schnitt rund 60 Stunden – manche kommen sogar auf eine 80-Stunden-Woche.

      Gefahr für Patienten

      Möglich wird der Stundenmarathon durch das trickreiche deutsche Arbeitsrecht. So dürfen Ärzte nach einem gewöhnlichen Arbeitstag noch 16 Stunden Bereitschaftsdienst leisten, wenn sie mindestens die Hälfte der Bereitschaftszeit ruhen. Doch klagen viele Mediziner, dass sie während der Bereitschaft mitunter kein Auge zu tun. „Vor allem in großen chirurgischen Abteilungen, wo das Leben richtig brummt, wird manchmal noch eine weitere Tagschicht drangehängt“, sagt Montgomery.

      Der ausufernde Arbeitstag gefährdet nicht nur die Patienten, sondern macht auch die Ärzte krank. So kommt der schwedische Sozialmediziner Bengt Arnetz von der Universität Uppsala zu dem Schluss, dass die belastenden Arbeitsbedingungen in der Klinik zu der unter Ärzten erhöhten Rate von Depressionen und anderen psychischen Störungen beitragen. Zudem verminderten überlange Arbeitszeiten die Leistungsfähigkeit und könnten etwa die Hirnströme nachweislich verändern.

      Ob durch derartige Leistungseinbußen auch Patienten in Gefahr schweben, lässt sich zwar schwer nachweisen. „Bisher fehlen dazu systematische Studien“, sagt Frank Ulrich Montgomery. Doch nähren wiederkehrende Einzelfälle den seit langem geäußerten Verdacht. „Natürlich machen wir Fehler, und mit unserer Arbeitsbelastung werden wir weitere Fehler machen“, sagt der Chirurg eines großen Krankenhauses.

      Knochenjob

      Selbst Krankenhausmanager sehen inzwischen die Not ihrer Ärzte. „Der Dienst kann zum Knochenjob werden“, räumt Martin Walger von der Deutschen Krankenhausgesellschaft ein, der selbst offene Missstände nicht ausschließen will. Dennoch hofft Walger, dass Bereitschaftsdienste – entgegen dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs – weiterhin höchstens zur Hälfte als Arbeitszeit gelten. Denn wenn das Europa-Urteil auch im deutschen Arbeitsrecht umgesetzt würde, müssten deutsche Kliniken rund 15000 bis 20000 neue Ärzte einstellen und zusätzliche zwei Milliarden Mark ausgeben. Viele Krankenhäuser warten nun auf eine politische Entscheidung .

      Die könnte jedoch noch lange auf sich warten lassen. „Wir sind erst in der Diskussionsphase“, sagte eine Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums. Auch die EU-Kommission, die vorletzte Woche über das Thema beraten hatte, sei sich noch gar nicht im Klaren, welche Folgen das EU-Urteil für die einzelnen Mitgliedsstaaten tatsächlich besitzt.

      „Schluss mit der Angst“

      Manche Ärzte wollen sich jedoch nicht vertrösten lassen. „Ich hätte schon vor Monaten gegen die Bereitschaftsdienste geklagt“, sagt Cora Jacoby. Die Krebsspezialistin arbeitet im Krankenhaus Neukölln. Doch zurzeit nimmt sie selbst Erziehungsurlaub und kann keine eigene Betroffenheit geltend machen – und prozesswillige Kollegen hat sie bislang vergebens gesucht. Jacoby, die selbst mehrere Rechtsstreits gegen ihre Arbeitgeber hinter sich hat, kann die Angst jener Ärzte verstehen, die – wie in Berlin rund 50 Prozent – lediglich befristete Verträge besitzen und dadurch erpressbar sind. „Doch irgendwann muss auch mal Schluss sein mit der Angst.“

      Das sieht auch ihr Kollege Sebastian Dieckmann vom Berliner Auguste- Viktoria-Krankenhaus so. „Gern würde ich eine Sammelklage ins Rollen bringen“, sagt der Internist. Dazu will er zunächst über die Betriebsräte eine Liste in den städtischen Kliniken zirkulieren lassen, auf die sich klagewillige Kollegen anonym eintragen können. Ein paar Gleichgesinnte hat er schon gefunden.
      Avatar
      schrieb am 07.08.02 17:34:02
      Beitrag Nr. 138 ()
      Beruf im Detail:

      Arzt/Ärztin

      07.08.2002 - Ärzte arbeiten je nach Spezialisierung in den verschiedenen Fachbereichen eines Krankenhauses, beispielsweise in der Chirurgie oder in der Anästhesie, oder als niedergelassene Ärzte in der eigenen Praxis. Das Studium der Medizin dauert, mit allen Praxiszeiten, bis zu acht Jahre. Die Bewerbung für das Studium erfolgt über die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen in Dortmund, da Zulassungsbeschränkungen bestehen. (nini)


      Durchschnittsgehalt in Euro (brutto)

      Ausbildungsgehalt NACH ABSCHLUSS DES mind. 6-jährigen STUDIUMS !!! (monatlich):
      1.135-1.293 EURO

      Anfangsgehalt (monatlich):
      2.960 EURO

      Ausbildung:
      Uni

      Ausbildungsgehalt: Nach Ende des Medizinstudiums (nach dem praktischen Jahr) müssen angehende Ärzte die Phase Arzt im Praktikum (AiP) absolvieren.

      Anfangsgehalt nach dem AiP für einen Assistenzarzt (27 Jahre, BAT IIa).

      Ein Assistenzarzt, 36 Jahre, verheiratet, BAT IIa, verdient monatlich ca. 3490,89 Euro brutto.

      Ein Oberarzt, 40 Jahre, verheiratet, 1 Kind, BAT Ib, verdient monatlich ca. 4068,06 Euro brutto.

      Quelle: Marburger Bund
      Avatar
      schrieb am 07.08.02 17:47:37
      Beitrag Nr. 139 ()
      Beruf im Detail:

      Arzt/Ärztin

      07.08.2002 - Ärzte arbeiten je nach Spezialisierung in den verschiedenen Fachbereichen eines Krankenhauses, beispielsweise in der Chirurgie oder in der Anästhesie, oder als niedergelassene Ärzte in der eigenen Praxis. Das Studium der Medizin dauert, mit allen Praxiszeiten, bis zu acht Jahre. Die Bewerbung für das Studium erfolgt über die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen in Dortmund, da Zulassungsbeschränkungen bestehen. (nini)


      Durchschnittsgehalt in Euro (brutto)

      Ausbildungsgehalt: Nach Ende des Medizinstudiums (nach dem praktischen Jahr) müssen angehende Ärzte die Phase Arzt im Praktikum (AiP) absolvieren.

      Ausbildungsgehalt NACH ABSCHLUSS DES mind. 6-jährigen STUDIUMS !!! (monatlich):
      1.135-1.293 EURO




      Anfangsgehalt nach dem AiP für einen Assistenzarzt (27 Jahre, BAT IIa).
      Anfangsgehalt (monatlich):
      2.960 EURO



      Ein Assistenzarzt, 36 Jahre, verheiratet, BAT IIa, verdient monatlich ca. 3490,89 Euro brutto.


      Ein Facharzt oder Oberarzt, 40 Jahre, verheiratet, 1 Kind, BAT Ib, verdient monatlich ca. 4068,06 Euro brutto.

      Quelle: Marburger Bund
      Avatar
      schrieb am 07.08.02 18:02:55
      Beitrag Nr. 140 ()
      HÖHERE KASSENBEITRÄGE

      Widerstand ist zwecklos

      Schlechte Nachrichten für die privat Krankenversicherten: Gegen die für Anfang 2003 erwarteten deutlichen Beitragserhöhungen bei privaten Krankenversicherungen können sich die Mitglieder kaum wehren.


      Hamburg - Die Möglichkeiten, sich den Steigerungen zu entziehen, seien gering, sagte Charlotte Henkel, Juristin bei der Verbraucherzentrale Hamburg. Anders als bei den gesetzlich Versicherten mache auch ein Wechsel in eine andere private Krankenkasse kaum Sinn: "Bei diesem Wechsel würde die vom Versicherten bereits gezahlte Altersrückstellung verloren gehen", sagte Henkel.
      Diese Rückstellung bildet gemeinsam mit dem Risiko- und dem Verwaltungsbeitrag die Gesamtkosten für den Versicherten. Sie soll sicherstellen, dass die Beiträge mit zunehmenden Alter ein bestimmtes gesetzlich vorgeschriebenes Höchstmaß nicht überschreiten. Bei einem Wechsel müsste der betreffende Versicherungsnehmer diese Rückstellung von Neuem ansparen.


      Eine Möglichkeit, der Beitragserhöhung zu entgehen, ist Henkel zufolge ein Wechsel in einen anderen Tarif der gleichen Versicherung. "Dabei muss man dann aber auch Leistungseinbußen hinnehmen." Hinzu könne in solchen Fällen eine erneute Gesundheitsüberprüfung kommen. Manche Versicherungen bieten auch an, einen höheren Selbstbehalt zu übernehmen - der Versicherte zahlt im Krankheitsfall dann also einen größeren Teil der Kosten aus eigener Tasche. "Vor allem für Menschen, die häufiger krank sind, kann das ein Verlustgeschäft werden." Zudem komme man von dem höheren Selbstbehalt später nicht mehr herunter.

      Für Mitglieder ab 65 Jahre müssten die privaten Versicherungen besondere Tarife bereithalten, so Verbraucherschützerin Henkel. In den Genuss der so genannten Basis- oder Seniorentarife kommen aber nur Mitglieder, die zuvor mindestens zehn Jahre lang in der entsprechenden Versicherung waren. Außerdem geht mit diesen Tarifen ein Leistungskatalog wie bei den gesetzlichen Krankenkassen einher: "Der Anspruch auf Chefarztbehandlung oder Einzelzimmer entfällt", sagt Henkel. Zudem verweigerten manche Privatärzte die Behandlung.

      So gut wie ausgeschlossen ist der Wechsel von der privaten zurück in die gesetzliche Krankenversicherung. "Einmal privat versichert, immer privat versichert", sagt Henkel. Nur wer jünger als 55 Jahre ist und zuvor zwölf Monate lang insgesamt nicht mehr als 40.500 Euro verdient hat, darf zurück in eine gesetzliche Kasse. "In jedem Fall sollte man sich vor einer Wandlung der Mitgliedschaft das Kleingedruckte ganz genau durchlesen", empfiehlt die Expertin.
      Avatar
      schrieb am 08.08.02 16:22:24
      Beitrag Nr. 141 ()
      Eckpunkte der Gesundheitsreform 2002

      Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hat erste Eckpunkte für die geplante große Gesundheitsreform nach der Bundestagswahl 2002 vorgelegt. Sie stellte diese unter das Motto "Qualität sichern - Wirtschaftlichkeit stärken". Die Pläne im einzelnen:

      Hausarztsystem: Kassenpatienten, die zuerst ihren Hausarzt aufsuchen, sollen geringere Beiträge zahlen als Versicherte, die dies nicht tun. Auch solle die Hausärzte einen eigenen Tarif abrechnen können.

      Fortbildung: Anders als bisher sollen Kassenärzte zur Fortbildung verpflichtet werden. Bei Weigerung sollen sie im Extremfall ihre Zulassung zur Behandlung von Kassenpatienten verlieren.

      Arzneien: Das Arzneiangebot soll auf Kosten und Nutzen durchforstet werden. Bei gleicher Wirkung soll generell die günstigere Arznei gewählt werden. Unerwünschte Nebenwirkungen von Arzneien sollen systematischer erfasst werden. Auch erwägt Schmidt, Versandapotheken zuzulassen. Nach Zeitungsberichten will sie auch die Zuzahlungen der Patienten so ändern, dass Ärzte weniger Großpackungen verordnen.

      Versicherungspflichrgrenze: Diese soll möglicherweise erhöht werden. Damit müssten mehr gut Verdienende in den gesetzlichen Kassen bleiben und könnten nicht zu einer privaten Kasse wechseln.

      Versicherungsfremde Leistungen: Die beitragsfreie Mitversicherung der Mutter oder des Vaters während des Erziehungsurlaubs soll aus Steuergeldern bezahlt werden.

      Krankenkassen: In Zusammenarbeit mit Privatversicherungen sollen die gesetzlichen Krankenkassen ihren Versicherten günstige Zusatzpolicen etwa für einen besseren Auslandschutz oder Ein- und Zwei-Bettzimmer anbieten können.

      Verträge: Das Vertragsmonopol der Kassenärztlichen Vereinigungen soll fallen. Stattdessen sollen auch einzelne Mediziner mit den Kassen Verträge über Leistungen aushandeln und abschließen können.

      Honorare: Die Kassenärzte sollen stärker über Fallpauschalen vergütet werden, die die Behandlung eines bestimmten Krankheitsbildes abdecken. Dies soll die "Flucht in die Menge" unattraktiv machen.

      Vorsorge: Versicherte sollen über "attraktive Anreize" angehalten werden, ihre Gesundheit so gut wie möglich zu schützen.
      Avatar
      schrieb am 08.08.02 16:23:45
      Beitrag Nr. 142 ()
      Die neue Gesundheitsreform

      Nach der Bundestagswahl 2002 will Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) eine neue Gesundheitsreform angehen. Damit soll auf zwei Entwicklungen reagiert werden, die die Kosten im Gesundheitswesen in die Höhe treiben: Die Bevölkerung wird immer älter, wodurch auch der Bedarf an medizinischer Versorgung steigt. Zudem werden ständig neue medizinische Therapien entwickelt, die meist teuer sind. Folgende Vorschläge für eine Gesundheitsreform sind im Gespräch:

      Am konkretesten ausgearbeitet hat Schmidt bereits die Erweiterung der Krankenkassen-Chipkarte auf einen Gesundheitspass. Gespeichert werden sollen Informationen über den Gesundheitszustand des Versicherten, verschriebene Arzneimittel und durchlaufene Therapien. Das soll helfen, Doppeluntersuchungen und unerwünschte Nebenwirkungen von Medikamenten und damit Kosten zu vermeiden. Das Projekt stößt auf Skepsis bei den Grünen. Datenschützer wollen es nur unterstützen, wenn die Versicherten sich freiwillig für die Karte entscheiden können.

      Mit einem Sondertarif will Schmidt erreichen, dass Versicherte bei gesundheitlichen Beschwerden zunächst den Hausarzt aufsuchen. Wer gleich einen Facharzt konsultieren will, muss sich für einen höheren Kassentarif entscheiden. Die Ministerin geht davon aus, dass durch die zentrale Einbeziehung des Hausarzts die Behandlungen besser koordiniert und dadurch Kosten gesenkt werden können. Erwogen wird darüber hinaus auch ein Einstiegs-Tarif für Existenzgründer.

      Sympathie gezeigt hat Schmidt für den Vorschlag, die Grenze für die Versicherungspflicht anzuheben. Derzeit müssen Arbeitnehmer sich bis zu einem Monatseinkommen von 6601 Mark (3375 Euro) in einer gesetzlichen Krankenkasse versichern. Wer mehr verdient, kann zu einer privaten Kasse wechseln oder als freiwillig Versicherter in der gesetzlichen Kasse bleiben.

      Abgelehnt hat Schmidt eine Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze, deren Überprüfung ein von der SPD in Auftrag gegebenes Gutachten fordert. Für die Berechnung des Krankenkassenbeitrags wird das Monatseinkommen bis zu einer Grenze von derzeit maximal 6601 Mark (3375 Euro) herangezogen. Schmidt befürchtet, dass Gutverdienende in die privaten Kassen abwandern würden, wenn die Beitragsbemessungsgrenze angehoben wird.

      In der SPD immer wieder vorgebracht wird der Vorschlag, neben dem Arbeitseinkommen auch andere Einnahmen bei der Berechnung der Kassenbeiträge zu berücksichtigen. Gedacht wird etwa an Miet- oder Zinseinkünfte. Schmidt hat dies als langfristig denkbare Variante offen gelassen.

      Geht es nach den SPD-Beratern, soll die Versicherungspflicht ausgedehnt werden, d.h. künftig müssen sich neben Arbeitnehmern auch Selbstständige und Beamte in der gesetzlichen Kasse versichern. Dies hätte einen Zuwachs an Beiträgen, allerdings auch an Ausgaben zur Folge.

      Weniger Macht soll künftig die Ärzte-Selbstverwaltung haben. Derzeit verhandeln die Krankenkassen allein mit den Selbstverwaltungsverbänden der Kassenärzte, den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV), über die regionalen Honoraraufteilungen und die Versorgungsstrukturen. Das Gesundheitsministerium ist der Ansicht, dass die KV dabei zu unflexibel sind und bestehende rechtliche Möglichkeiten nicht ausreichend nutzen. Künftig sollen die Kassen deshalb auch mit einzelnen Ärzten direkt verhandeln können. Die Ärzteverbände warnen vor Billiganbietern und kündigten an, dass eine flächendeckende medizinische Versorgung dann nicht mehr zu gewährleisten sei.

      Von den Kassen und von den SPD-Gutachtern gefordert wird die Zulassung des Versandhandels mit Arzneimitteln. Die Kassen versprechen sich davon Einsparmöglichkeiten in Milliardenhöhe in dem Bereich mit dem höchsten Ausgabenzuwachs. Verbraucherschützer und Apotheker warnen, sachgerechte Lieferung und Fachberatung könnten nicht garantiert werden. Das Gesundheitsministerium prüft.

      Rund vier Milliarden Mark geben die Kassen jährlich für Leistungen wie Mutterschafts- und Sterbegeld aus. Solche versicherungsfremden Leistungen sollen ausgegliedert werden. Kassen wie Gesundheitspolitiker der Koalition fordern seit Jahren, diese Leistungen künftig über Steuern zu finanzieren. Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) lehnt die Ausgliederung dieser so genannten versicherungsfremden Leistungen als nicht finanzierbar ab. Durchsetzen will Schmidt aber, Haushaltshilfen und die beitragsfreie Versicherung während des Erziehungsurlaubs aus Steuermitteln bezahlt werden.

      Die CDU fordert, den Leistungskatalog der Krankenkassen in Grund- und Wahlleistungen aufzugliedern. Unklar ist bislang, was als medizinisch notwendig definiert werden kann. Die SPD lehnt diesen Vorschlag klar ab. Auch die CSU hält ihn nicht für praktikabel. In dem Wissenschaftler-Gutachten für die SPD wird gefordert, der Bundestag solle den Leistungskatalog der Krankenkassen festlegen. Auch dies hat Schmidt zurückgewiesen.
      Avatar
      schrieb am 08.08.02 16:36:19
      Beitrag Nr. 143 ()
      Die Aussage "Einmal privat versichert, immer privat versichert" ist m.E. nicht ganz richtig.
      Wer z.B. als Arbeitnehmer in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig wird (§ 5 Absatz 1 Nr. 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches) und mit seinem Jahresarbeitsentgelt unter der Beitragsbemessungsgrenze (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) liegt, kann den Vertrag mit einem privaten Krankenversicherungsunternehmen kündigen. Dies gilt sogar dann, wenn eine Mitversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung als Familienangehöriger entsteht (§ 5 Absatz 2 Nr. 9 SGB V).
      Die Möglichkeit, seine Verhältnisse so zu gestalten, daß man wieder in die gesetzliche Krankenversicherung hineinkommt, ist somit gegeben. Für wen die private Versicherung und für wen die gesetzliche günstiger ist, läßt sich nur im Einzelfall entscheiden. Allgemein bedeutet die beitragsfreie Mitversicherung von Familienangehörigen in der gesetzlichen KV einen großen Vorteil gegenüber der privaten KV.
      Avatar
      schrieb am 13.08.02 15:18:22
      Beitrag Nr. 144 ()
      Kuckuck klebt am Justizministerium

      BRÜSSEL dpa In Belgiens Justizministerium ist ein Gerichtsvollzieher seiner Arbeit nachgegangen. Philippe Mormal konfiszierte Radio- und Fernsehgeräte, Büromöbel und einige Kunstgegenstände, wie Medien gestern berichteten. Hintergrund ist ein vom Ministerium verlorener Prozess. Mit dem Gerichtsurteil vom Mai war der Staat, vertreten durch Justizminister Marc Verwilghen, zur Einstellung von mehr Psychiatern für eine soziale Einrichtung nahe Lüttich verpflichtet worden. Für jeden Tag der Nichterfüllung wurde ein Zwangsgeld von 500 Euro gegen den Justizminister festgesetzt. Dieses Geld will ein Anwalt jetzt eintreiben lassen, weil sich seit dem Urteil nichts getan habe. "Wenn das Ministerium sich nicht fügt und auch keine gütliche Einigung erfolgt, werden die Dinge am 18. September verkauft", drohte der Gerichtsvollzieher. Sein Vorgehen gegen eine Staatsbehörde sei übrigens gar nicht ungewöhnlich.

      taz Nr. 6825 vom 13.8.2002, Seite 2, 32 Zeilen (Agentur)
      Avatar
      schrieb am 13.08.02 15:36:56
      Beitrag Nr. 145 ()
      Kassenflucht der Versicherten

      BERLIN afp/dpa Die gesetzlichen Krankenkassen haben seit Jahresbeginn 380.000 Versicherte verloren. Dem Bundesverband der Betriebskrankenkassen zufolge sei der überwiegende Teil dieser Mitglieder in die Private Krankenversicherung gewechselt sein. Dies sei Besorgnis erregend, denn der Mitgliederschwund bedeute für die Gesetzliche Krankenversicherung einen Einnahmeausfall von rund einer Milliarde Euro. Gleichzeitig sieht Gesundheitsministerin Ulla Schmidt bei einem Wahlsieg der Union einen Anstieg der Krankenkassenbeiträge vorprogrammiert. So habe die Union angekündigt, die Ausgabenobergrenzen bei Arzthonoraren und Krankenhäusern aufzuheben.

      taz Nr. 6825 vom 13.8.2002, Seite 6, 24 Zeilen (Agentur)

      taz muss sein
      Avatar
      schrieb am 18.08.02 23:47:53
      Beitrag Nr. 146 ()
      PRIVATE KRANKENKASSEN
      Erste Pleiten drohen
      Nach den bedrohlichen finanziellen Schieflagen einiger Lebensversicherer sind dem Magazin Capital zufolge nun auch einige private Krankenkassen durch die Börsentalfahrt existenziell bedroht. Demnach stehen einige private Krankenversicherer am Rand der Pleite. (dpa)

      taz Nr. 6830 vom 19.8.2002, Seite 2, 12 Zeilen (Agentur)
      Avatar
      schrieb am 23.08.02 20:25:28
      Beitrag Nr. 147 ()
      Zwei-Klassen-Krebs ist angesagt

      Brustkrebs wird in die geförderten Disease-Management-Programme der Krankenkassen aufgenommen. Damit Brustkrebspatientinnen nicht schockiert werden, wenn sie bei ihrer Chemotherapie mit anderen (unappetitlichen) Krebspatienten mit Lungenkrebs oder Darmkrebs im gleichen Raum sitzen müssen, sollen diese Behandlungen nicht mehr bei den niedergelassenen Krebsärzten stattfinden. Sondern sie sollen unter sich bleiben, beim Brustzentrum. Der saubere, bessere Krebs !
      Chemotherapie ist ja bekanntlich zum Kotzen, aber die Dummheit und Ignoranz unserer Politiker und Krankenkassenvertreter ist unheilbar übelkeitverbreitend.
      Wir leisten uns im Gesundheitswesen übrigens den Luxus von mehr als 500 Krankenkassen, jede mit bürokratischen Metastasen in jeder Großstadt, die die Beiträge auffressen wie der Krebs an der Kraft des Betroffenen zehrt.
      Gestern sprach mir übrigens die Bild-Zeitung (gelingt ihr wirklich selten) mit ihrem Titel aus der Seele :
      Können unsere Politiker nicht mehr sparen ?
      Müssen die Steuern wegen der Flutkatastrophe erhöht werden ?
      An der Notwendigkeit der Hilfe besteht kein Zweifel.
      Vom Privatmann und auch vom Konzern wird Verzicht abverlangt, aber die Politiker leben weiter wie die Maden im Speck und beuten gnadenlos unter dem Deckmantel der Demokratie das Volk aus. Kein Prestigeprojekt wird geopfert, keine Flugmeile- so unsinnig der Flug auch sein mag - wird eingespart.
      Zurück zum Disease Management. Nutzen der vorhandenen Resourcen und Optimierung wäre ein gelungenes Konzept, nicht machtgeile Regulierungssucht (Krankenkassen) und ideologische Verbortheit (Regierungsparteien Grün wie Rot).

      Grüße
      Avatar
      schrieb am 28.08.02 03:42:29
      Beitrag Nr. 148 ()
      Kassenärzte verlangen 12 Prozent mehr Geld

      Androhung von Leistungskürzungen / Krankenkassen nennen Forderung überzogen


      ami. BERLIN, 27. August. Die Kassenärzte verlangen eine drastische Erhöhung ihrer Honorare. Andernfalls würden sie ihre Leistungen einschränken, kündigte der Erste Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Manfred Richter-Reichhelm am Dienstag in Berlin vor Beginn eines Spitzengesprächs mit den Krankenkassen an. Unter dem Strich belaufe sich die Forderung auf 12 Prozent. Kassenvertreter wiesen sie als überzogen zurück. Veränderungen des Honorarrahmens müßten kostenneutral geschehen. Bei 4 Millionen Arbeitslosen und angespannten Haushalten werde man keine Kostenexplosion zulassen, sagte eine Sprecherin des AOK-Bundesverbands.

      Nach Berechnungen der KBV würden sich die Mehrausgaben jährlich auf rund 2,3 bis 2,5 Milliarden DM belaufen. Die gesetzlichen Kassen haben 2001 für ärztliche Leistungen 42,9 Milliarden DM ausgegeben. Seit Jahren weiteten die Ärzte die Leistung aus, sagte Richter-Reichhelm. In dem gegebenen Budget führe das zu sinkenden Einkommen. Das werde man nicht länger hinnehmen. Entweder erhielten die 142000 Kassenärzte und Psychotherapeuten für ihre Arbeit mehr Geld, oder sie müßten Leistungen einschränken. Das würde auch zur "Bewußtseinsschärfung beim Gesetzgeber und den Kassen führen", sagte Richter-Reichhelm. Schließlich beklagten Politiker und Kassenvertreter oft kostentreibende Doppeluntersuchungen. Die Qualität der Versorgung werde allerdings nicht in Frage gestellt, sagte er.

      Hintergrund sind Gespräche über die Neuordnung der seit Jahren nicht angepaßten kassenärztlichen Honorierungsgrundlagen. Über eine Reform des "Einzelbewertungsmaßstabs (EBM), der jeder ärztlichen Leistung bestimmte Punktwerte zuordnet, verhandeln Kassen und Ärztevertreter seit längerem. Sie stehen unter Zeitdruck, weil nach einem Urteil des Bundessozialgerichtes bis Mitte 2003 die zum Honorarrahmen gehörenden Praxisbudgets abgeschafft werden sollen. Die Verhandlungen waren Ende 2001 am Widerstand der Kassenärzte gescheitert, die einen Kompromiß abgelehnt hatten. Statt des geforderten Honorars von 1,71 DM für eine "kalkulatorische Arztminute" wollten die Kassen vor neun Monaten nur 1,53 DM bieten. Am Samstag wird eine außerordentliche Vertreterversammlung der Kassenärzte ihre Verbandsspitze nun voraussichtlich wieder auf den höheren Betrag festlegen. Die Verhandlungen dürften sich über Monate erstrecken.

      Nach Berechnungen der KBV, die noch auf DM-Basis beruhen, ergibt die Forderung bei einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von gut 52 Stunden ein Bruttodurchschnittsgehalt von 189 000 DM im Jahr. Das entspräche dem eines angestellten Krankenhausarztes. Die Kassen hielten dagegen 138000 DM für ausreichend. Nach KBV-Angaben beläuft sich das verfügbare Jahresnettoeinkommen eines Hausarztes auf 55000 bis 125000 DM.

      Anders als über die finanzielle Bewertung der Leistungen streiten Kassen und Ärzte dagegen nicht über die Berechnung der Leistungen. Basis ist ein neu formulierter EBM, der einfacher und übersichtlicher werden soll und zudem für mehr Qualität und Wirtschaftlichkeit sorgen soll. Zudem sei der "EBM plus" mit allen derzeit von den Parteien debattierten Honorierungssystemen kompatibel.

      "Eine Kostenexplosion bei den ärztlichen Honoraren werden wir nicht zulassen"

      Barbara Marnach, Sprecherin AOK-Bundesverband

      Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.08.2002, Nr. 199 / Seite 11
      Avatar
      schrieb am 28.08.02 10:28:52
      Beitrag Nr. 149 ()
      @ fettinsky

      Volle Zustimmung!

      Leider ist noch kein Politiker auf die Idee gekommen, die abartig hohen Verwaltungskosten gesetzlich zu deckeln und real Jahr für Jahr drastisch abzusenken, wie sie das bei den Leistungserbringern seit Jahren machen.

      teilweise über 10 % Verwaltungskosten sind einfach abartig!
      Aber da wird vermutlich nichts angerührt, weil da viele Ex-Politiker "entsorgt" werden ???

      Zur leistungsvergütung:
      Erst eine Versorgung von Patienten nach dem Vorbild der Schweizer "Medix" wird da wohl ein Ausweg sein.
      Ist von der Bertelsmann-Stiftung als derzeit einzig sinnvoller Weg aus dem Dilemma angesehen und ausgezeichnet worden.

      Einsparpotenmtial für die Beiträge: derzeit ca. 15-20%, bei systematischer Anwendung bis zu 25%.

      Der Clou: Patienten werden für eine ärztliche Vergütungs-Pauschale betreut.
      Die Vertrags-Ärzte werden nach Patientenzufriedenheit und nach entstehenden Folgekosten beurteilt.

      Durch Verzicht auf Einzelkostenabrechnung wird nicht wie hier zu möglichst vielen Einzelleistungen "verführt", sondern zu einer behandlung mit optimaler Verhaltensweise des Patienten (= hohe Aufklärung, Informiertheit, hohe Compliance) und zu möglichst effizienter Diagnostik und Therapie. Patientenzufriedenheit und niedrigere stationäre Folgekosten sind m.E. sehr gute Erfolgsmaßstäbe.
      Übrigens hat man bei dem Modell auch die Medikamentenkosten nicht ausser Acht gelassen:
      Die Medix-Praxen sind auch integriert für die Medikamentenversorgung und Heilmittel zuständig.
      So kann jeder Arzt ohne Bürokratie, aber mit Eigeninitiative den optimalen Weg für den einzelnen Patienten such und finden.

      Schönes Modell, das hoffentlich auch hierzulande einmal mehr um sich greift.
      Da die Kassen ja Einzelverträge abschließen dürfen, wäre das Meiste hier möglich. Und über die alternativen Vertrieswege mit Medikamenten denken ja viele nach.

      Gruß

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 28.08.02 11:29:31
      Beitrag Nr. 150 ()
      Nach Berechnungen der KBV, die noch auf DM-Basis beruhen, ergibt die Forderung bei einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von gut 52 Stunden ein Bruttodurchschnittsgehalt von 189 000 DM im Jahr. Das entspräche dem eines angestellten Krankenhausarztes.

      Das ist eine bewußte Irreführung der Öffentlichkeit.

      Wie allseits bekannt ist, arbeiten die Krankenhausärzte bereits ohne Dienste in der Regel über 50 Stunden und können zumeist nur das Grundgehalt abrechnen.

      selbst die besserverdienenden Fach-/ Oberärzte verdienen bei bestmöglicher Einstufung als Verheiratet mit 1 kind:

      Ein Facharzt oder Oberarzt, 40 Jahre, verheiratet, 1 Kind, BAT Ib, verdient monatlich ca. 4068,06 Euro brutto.

      Das ergibt also bei 13 Monatsgehältern ganze 103.526,-- DM

      Ein Assistenzarzt, 36 Jahre, verheiratet, BAT IIa, verdient monatlich ca. 3490,89 Euro brutto. JAhresgehalt mithin unter 89.000 DM.

      Die Rechnung der Kassenarztvetreter ist einfach nur frech.
      Sie verschweigen, daß für die angegebenen Jahreseinkommen eine Wochenarbeitszeit von ca. 100 Std. ( !!! ) nötig wären.
      Avatar
      schrieb am 30.08.02 01:38:40
      Beitrag Nr. 151 ()
      Defizit der Kassen erreicht 2 Milliarden Euro

      Starke Kostensteigerung der gesetzlichen Krankenversicherung / Ärzte erwarten höhere Beiträge



      ami. BERLIN, 29. August. In der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist in den ersten sechs Monaten ein Defizit von mehr als 2 Milliarden Euro aufgelaufen. Das ergibt sich aus den Berechnungen der Krankenversicherungen. Damit hat sich das Defizit des ersten Quartals mehr als verdoppelt. Allein die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) haben nach Informationen dieser Zeitung zwischen Januar und Juli rund 850 Millionen Euro mehr ausgegeben als eingenommen. Eine Sprecherin des AOK-Bundesverbands wollte diese Zahlen nicht kommentieren. Die Ersatzkassen weisen ein Defizit von mindestens 1,05 Milliarden Euro aus (F.A.Z vom 22. August). Auch die Betriebskrankenkassen rechnen nach Angaben eines Sprechers nicht mit einem Überschuß. Die Innungskassen haben ein Minus von 55 Millionen Euro eingefahren. Am Montag will Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) die offiziellen Zahlen über die GKV-Ausgabenentwicklung im ersten Halbjahr vorlegen.

      Ein wesentlicher Grund für die Kostenentwicklung sind unverändert die steigenden Ausgaben für Arzneimittel, die schon eine Ursache des Vorjahresdefizits von 2,9 Milliarden Euro waren. Erschwerend kommen tendenziell sinkende Einnahmen hinzu, weil die hohe Arbeitslosigkeit und die im ersten Halbjahr nur um 0,3 Prozent gestiegene Grundlohnsumme die Kasseneinnahmen schmälern. Zudem weichen weiter viele Mitglieder auf die private Krankenversicherung aus. Die zu Jahresbeginn von fast allen Kassen vorgenommenen Beitragssatzerhöhungen reichen so kaum aus, die steigenden Kosten auszugleichen. Durchschnittlich liegt der Beitragssatz derzeit bei 14 Prozent des Arbeitnehmereinkommens.

      Ob die Beitragssätze nun abermals angehoben werden müssen, ist bei den Kassen umstritten. Sie verweisen unter anderem darauf, daß die Beitragseinnahmen steigen werden, weil viele Tariflohnerhöhungen zur Jahresmitte effektiv würden. Zudem trügen die Weihnachtsgeldzahlungen zum Jahresende traditionell zu einer Verbesserung der Kassenlage bei. Auch kämen Finanzumschichtungen durch den Risikostrukturausgleich der Kassen hinzu. Gesundheitsministerin Schmidt sieht deshalb auch keinen Grund für weiter steigende Beiträge.

      Der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, erwartet dagegen, daß die Kassen ihre Sätze erhöhen müssen. "Es wird mit Sicherheit eine Beitragserhöhung von 0,5 Prozent geben, wenn nicht mehr", sagte Hoppe am Donnerstag in Berlin. Ungeachtet aller Kostendämpfungsversuche sei die GKV "zweifellos nicht stabilisiert". In einem Brief an die Vorsitzenden aller sechs im Bundestag vertretenen Parteien forderte Hoppe, die Einnahmebasis der GKV zu stabilisieren und "die unmenschlichen Arbeitsbedingungen in der Patientenversorgung grundlegend zu verbessern". Nur eine "saubere" Finanzierung der Krankenversicherung, beispielsweise ohne die aus dem allgemeinen Steueraufkommen zu zahlenden versicherungsfremden Leistungen, könnte zu einem erheblich niedrigeren Beitragssatz führen.

      Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30.08.2002, Nr. 201 / Seite 11
      Avatar
      schrieb am 01.09.02 10:56:04
      Beitrag Nr. 152 ()
      Die Mär von der Kostenexplosion

      Das Defizit der Krankenkassen entsteht nicht durch steigende Ausgaben für die Patienten. Die Einnahmen brechen weg - vor allem, weil sich die Arbeitgeber entziehen
      Einmal mehr ist die Rede von "explodierenden" Kosten im Gesundheitswesen. Und einmal mehr hätten diese Ausgabensteigerungen ein "Rekorddefizit" zur Folge. Auf fünf Milliarden Mark beläuft es sich gerade, wie Gesundheitsministerin Ulla Schmidt gestern bekannt gab. Doch was sind explodierende Kosten? Und was verursacht die entstehenden Rekorddefizite?

      Selbst in seriösen Zeitungen und Zeitschriften findet man in Artikeln zur Diskussion über die Gesetzliche Krankenversicherung Balkendiagramme, die eine Kostenexplosion im Gesundheitswesen belegen sollen. Dazu werden Kostensteigerungen in DM zum Beispiel zwischen 1960 und der Gegenwart grafisch aufgetragen. Die nahe liegende Interpretation der stark ansteigenden Balkenlängen: Es ist nicht vorstellbar, dass unser Gesundheitssystem in Zukunft noch bezahlbar ist. Doch hier führen selbst richtige Zahlen zu falschen Schlüssen.

      Zunächst vergessen die Autoren, dass es Inflation gibt. Diese betrug zwischen 1960 und 2000 128 Prozent. Erst eine Kostensteigerung um weit mehr als den Faktor 2, mithin die Verdopplung der Balkenlänge in entsprechenden Grafiken, würde eine Konstanz der Kosten bedeuten.

      Die Kosten im Gesundheitswesen haben sich seit 1960 natürlich weit mehr als verdoppelt - schließlich wurde das medizinische Angebot deutlich ausgeweitet und verbessert. Man stelle sich vor, die Gesundheitsausgaben wären nur im Ausmaß der allgegenwärtigen Inflation gestiegen: Dann bekämen Beschäftigte im Gesundheitswesen heute Löhne, wie sie vor 40 Jahren üblich waren. Schon diese einfachen Zusammenhänge machen deutlich: die absoluten Kosten des Gesundheitswesens können und dürfen überhaupt nicht konstant bleiben. Der Anstieg wird wenigstens in Höhe der Zunahme der realen Wirtschaftsleistung einer Volkswirtschaft liegen, und diese betrug zwischen 1960 und 2000 rund 120 Prozent. Wenn Löhne steigen, dann tun sie das auch im Gesundheitswesen; und wenn die Produktivität der Wirtschaft wächst, so sind neue, bessere, aber häufig eben auch teurere Medikamente, Diagnose- und Therapieverfahren die Folge. Es ist sogar zu erwarten, dass sich die Gesundheitsausgaben mit steigendem Wohlstand überproportional erhöhen, da sich erst eine reiche Gesellschaft eine teure medizinische Versorgung leisten kann - und zumeist auch will.

      Will man also eine vernünftige Diskussion über unser Gesundheitswesen führen, so muss man immer den Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) untersuchen. Und wenn man diese Zahlen betrachtet, wird das Geschrei um eine Kostenexplosion im Gesundheitswesen völlig unverständlich. Legt man Zahlen des Instituts der Deutschen Wirtschaft zugrunde, so stieg der Anteil der Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung am Bruttoinlandsprodukt zwischen 1960 und 1980 von 3,1 auf 6,1 Prozent und blieb danach für zehn Jahre in etwa konstant. Zwischen 1991 und 1995 stieg der Anteil von 6,2 auf 6,8 Prozent, doch seit 1995 sinkt der Anteil der Ausgaben am BIP wieder ab. 1998 betrug er 6,6 Prozent, wo er bis heute verharrt: Gegenwärtig von einer "Kostenexplosion" im Gesundheitswesen zu reden ist ein frei erfundenes Märchen.

      Selbst wenn man die Kosten des gesamten Sozialsystems, also Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung zusammen betrachtet, findet man keine Steigerungen: der Anteil der Sozialausgaben am BIP, die so genannte Sozialleistungsquote, betrug bereits 1975 33 Prozent; zwischen 1980 und 1990 sank sie trotz steigender Arbeitslosigkeit auf unter 30 Prozent; aufgrund der Wiedervereinigung stieg sie auf 33,9 Prozent an, sinkt jedoch seit 1997 kontinuierlich ab. Die Kosten des Sozialstaates haben sich seit 26 Jahren offensichtlich nicht großartig geändert.

      Ein eklatanter Widerspruch tut sich auf: Während die Kosten des Sozialsystems konstant bleiben - also nur im Umfang des Bruttoinlandsprodukts wachsen -, müssen die Arbeitnehmer einen ständig steigenden Anteil ihrer Gehälter an die Sozialsysteme abgeben. Die Beiträge zur Krankenversicherung betrugen 1980 11,4 Prozent, im Jahr 2000 lagen sie bei ca. 13,6 Prozent; es war also eine Steigerung um 20 Prozent zu beobachten. Dies hat zwei zentrale Gründe:

      1) Die Löhne stiegen in der Vergangenheit häufig langsamer als das BIP: Wenn etwa die Kosten des Sozialstaates sowie das BIP real um 3 Prozent steigen, gleichzeitig die Löhne aber nur um 2 Prozent, so muss die Abgabenbelastung der unselbstständig Beschäftigten zunehmen.

      2) Weniger Versicherten stehen mehr Leistungsbezieher gegenüber: Wenn etwa die Zahl der Arbeitslosen steigt, so müssen deren Versicherungsleistungen von den Beschäftigten miterwirtschaftet werden. Wenn der Anteil an nicht versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen zunimmt, wird das Verhältnis ebenfalls ungünstiger.

      Das Problem der Sozialsysteme ist nicht auf der Ausgaben-, sondern auf der Einnahmeseite zu suchen. Will man die Abgabenbelastung reduzieren, so kommt man nicht umhin:

      - die Versicherungspflicht - ähnlich wie in der Schweiz - auf alle Beschäftigtengruppen auszuweiten, also vor allem auch auf die Selbständigen,

      - die Beitragsbemessungsgrenzen abzuschaffen,

      - Gewinn- und Vermögenseinkommen in die Beitragspflicht einzubeziehen und

      - Lohnsteigerungen zumindest in Höhe des Bruttoinlandsprodukts durchzusetzen.

      Im Jahre 1980 - so ist einer Aufstellung des Instituts der Deutschen Wirtschaft zu entnehmen - beteiligten sich die Unternehmen mit 32 Prozent an den Kosten des Sozialstaats. Diese Beteiligung (vor allem über die Arbeitgeberbeiträge) wurde fortan Jahr für Jahr zurückgefahren, im Jahr 1998 betrug sie nur noch 27 Prozent. Diese Verringerung um fünf Prozentpunkte bedeutet Einsparungen der Unternehmen in Höhe von 64 Milliarden Mark. Hätte es diese Verschiebung nicht gegeben, könnten die Beiträge zur Sozialversicherung um 10 Prozent geringer sein.

      Bei der Finanzierung der Pflegeversicherung kauften sich die Unternehmer frei, indem sie die Streichung eines Feiertags durchsetzten. Bei der Altersvorsorge haben sich die Arbeitgeber auch entlastet: Seit der Rentenreform sorgen die Arbeitnehmer in Teilen privat vor. In der Gesundheitsdiskussion bahnt sich Ähnliches an: Die Aufteilung wichtiger medizinischer Leistungen in Pflicht- und Wahlleistungen (etwa Anschluss-Rehas) stellt nichts anderes als eine Senkung der Arbeitgeberbeiträge zur Krankenversicherung dar. Ebenso verstärkt sich der Trend, dass man für essenziell benötigte medizinische Versorgungsleistungen unter Umständen hohe Zuzahlungen zu leisten hat - etwa für Krankenhausaufenthalte oder Fahrtkosten. Auch dies ist ein schleichender Rückzug der Arbeitgeber vom paritätischen Gesundheitswesen. Die diskutierte höhere Wahlfreiheit der Versicherungsnehmer, im Falle teurer Operationen auch Zuzahlungen von zum Beispiel 1.000 Mark zu leisten und dafür geringere Versicherungsbeiträge zu entrichten, senkt im Durchschnitt natürlich ebenfalls die Arbeitgeberbeiträge und belastet dafür die Arbeitnehmer, denn die Kosten entstehen in jedem Falle.

      Fazit: Dass Einsparpotenziale in der Gesundheitsversorgung existieren und realisiert werden müssen, ist unstrittig. Doch ständige Krisenmeldungen aus den Gesetzlichen Krankenversicherungen sowie aus allen anderen Sozialsystemen führen zu einer Stimmung, die eine Privatisierung und Deregulierung dieser Systeme gutheißen. Dabei werden Kostenprobleme maßgeblich dadurch verursacht, dass sich wohlhabende Schichten aus der Finanzierung dieser Systeme zurückziehen - und keinesfalls durch irgendwelche "Kostenexplosionen". Gäbe es die geschilderten Verschiebungen zuungunsten der Arbeitnehmer nicht und hätten auch Billigjobs, Scheinselbstständigkeit und Arbeitslosigkeit nicht zugenommen, die Sozialbeiträge wären seit 1975 überhaupt nicht gestiegen. Denn die Ausgaben für unser Sozialsystem haben in Relation zum Bruttoinlandsprodukt seit 25 Jahren nicht zugenommen, trotz steigender Arbeitslosigkeit und steigender Umschulungsmaßnahmen, trotz High-Tech-Medizin und trotz ungünstigerer Demografie! Wer diese Zusammenhänge nicht benennt und stattdessen die Unbezahlbarkeit der Sozialsysteme suggeriert, entzieht ihnen die Akzeptanz und forciert die neoliberale Sparwut. HARALD KLIMENTA

      taz Nr. 6537 vom 31.8.2001, Seite 11, 295 Kommentar, HARALD
      Avatar
      schrieb am 03.09.02 14:14:21
      Beitrag Nr. 153 ()
      DER SPIEGEL 36/2002 - 02. September 2002
      URL: http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,212247,00.html


      Medizin

      Spiel mit der Angst

      Durch Aufklärungskampagnen werden Allerweltsleiden immer häufiger zu bedrohlichen Krankheiten aufgebauscht - zum Wohle der Pharmaindustrie.


      Im Kampf gegen Knochenschwund tourten Ärzte bis Mitte August mit einem Lkw durchs Land. Frauen über 60 Jahre konnten in der mobilen "Osteoporose-Forschungs-Station" unter anderem kostenlos ihre Knochendichte messen lassen. Im Gegenzug erhofften sich die Mediziner des Berliner Zentrums für Muskel- und Knochenforschung interessante Forschungsdaten. Schirmherrin war die SPD-Gesundheitsexpertin Gudrun Schaich-Walch.

      Eine uneigennützige Aktion zu rein wissenschaftlichen Zwecken? Nicht ganz. Finanziert wurde das Forschungsmobil von zahlreichen Pharmaunternehmen, die Medikamente gegen Knochenschwund anbieten. Und diesen Sponsoren geht es vor allem um eines: möglichst viel Aufmerksamkeit erregen und Angst machen vor der still lauernden Osteoporose-Gefahr. Das zumindest meint die Hamburger Professorin für Gesundheitsforschung, Ingrid Mühlhauser. "Ich will Osteoporose nicht verharmlosen, aber es könnte passieren", so befürchtet sie, "dass die Frauen gesund in den Truck reingehen und so verunsichert wieder herauskommen, dass sie sich krank fühlen."


      Kuratorium Knochengesundheit

      Knochendichte-Messung: Aussagekraft umstritten


      "Disease Mongering" (Handel treiben mit Krankheiten) nennen Kritiker dieses Spiel mit der Angst der Patienten, das immer häufiger Bestandteil der Marketingstrategien der Pharmakonzerne ist - und sich offenbar auszahlt: Etwa jede zweite Frau, bei der eine verminderte Knochendichte gemessen wurde, beginnt mit einer medikamentösen Therapie - obwohl höchst umstritten ist, was diese Untersuchung allein über das tatsächliche Risiko aussagt, einmal an Osteoporose zu erkranken.

      An Beispielen für Disease Mongering mangelt es nicht. Vor allem Allerweltsleiden wie Darm- oder Nagelpilz, Inkontinenz, Sodbrennen oder das Reizdarmsyndrom werden durch groß angelegte Aufklärungskampagnen in den Stand gefährlicher und behandlungsbedürftiger Krankheiten erhoben - besonders, wenn ein passendes Medikament zur Verfügung steht.

      Diese Strategie zeigt sich auch in dem vertraulichen Entwurf eines Schulungsprogramms, den das Fachblatt "British Medical Journal" kürzlich enthüllt hat. Das Programm wurde von einer PR-Firma im Auftrag des Pharmaunternehmens GlaxoSmithKline in Australien als Teil einer Marketingstrategie zur Behandlung des Reizdarmsyndroms entwickelt. Dieses Syndrom gilt allgemein als harmlose, psychisch bedingte Ausschlussdiagnose.

      In dem PR-Papier, von dem GlaxoSmithKline sagt, es spiegele nicht die eigene Meinung wider, heißt es: "Das Reizdarmsyndrom muss in den Köpfen der Ärzte als wichtiges, klar umrissenes Krankheitsbild etabliert werden." Und weiter: Auch die Patienten "müssen überzeugt werden, dass das Reizdarmsyndrom eine weit verbreitete und anerkannte Krankheit ist".


      Kuratorium Knochengesundheit

      Osteoporose-Mobil (in Schwerin): Gesund hinein und krank wieder heraus?


      "Um da hinzukommen", erklärt Wolfgang Becker-Brüser, Mitherausgeber des industriekritischen "Arznei-Telegramms", "wird zunächst aus der Vielzahl der Erklärungsmodelle der Krankheit dasjenige herausgesucht, das am besten die Wirkung des jeweiligen Medikaments erklären kann." Beim Reizdarmsyndrom sei das eine (durch das vorhandene Medikament beeinflussbare) Störung im Haushalt des Transmitterstoffs Serotonin im Darm.

      "Dann werden Chefärzte oder Universitätsprofessoren gesucht und bezahlt, die auf Kongressen und in den Medien dieses Erklärungsmodell als maßgeblich und damit das Medikament als nützlich darstellen sollen", sagt Becker-Brüser. Auch in dem australischen Strategiepapier wird die Gewinnung der wissenschaftlichen Meinungsmacher als wesentlicher Schritt beschrieben.

      Ein typisches Beispiel war auch die Kampagne "Alarmzeichen Sodbrennen!". In Zusammenarbeit mit dem ZDF wurde dafür geworben, bei Sodbrennen zum Arzt zu gehen. Die dabei vermittelte Warnung: Ohne die Verordnung von "Protonenpumpenblockern" (einer der Hersteller sponserte die Kampagne, wie das "Arznei-Telegramm" enthüllte) könne Speiseröhrenkrebs entstehen.

      Tatsächlich wurde in einer aktuellen Untersuchung, die vor wenigen Wochen im "Deutschen Ärzteblatt" erschien, diese Behauptung abgeschwächt: Selbst wenn schon Krebsvorstufen bestehen sollten, fasst darin Volker Eckardt von der deutschen Klinik für Diagnostik in Wiesbaden den neuesten Forschungsstand zusammen, sei die Gefährdung geringer als angenommen.

      Der einzige Effekt von Aufklärungskampagnen, so Eckardt, sei bislang eine Verteuerung der Medizin - dennoch soll "Alarmzeichen Sodbrennen!" wegen des "Erfolgs, der Leben retten kann" (ZDF-Begleitwort), weitergeführt werden.

      Oft bewegen sich die Kampagnen nach Ansicht des "Arznei-Telegramms" am Rand der Legalität. "Werbung zu machen, die auf die Angst der Patienten zielt, ist laut Heilmittelwerbegesetz verboten", sagt Jutta Halbekath, "aber gerade weil die Kampagnen mit existenziellen Gefühlen spielen, sind sie wahrscheinlich auch so erfolgreich."

      Doch wo kein Kläger ist, da gibt es auch keine Klage: An den Aufklärungskampagnen beteiligen sich nicht selten Patienten-Selbsthilfegruppen, die manchmal auch großzügig von der Pharmaindustrie bedacht werden. Ignoriert werden dabei von den Patienten oft die gesundheitlichen Folgen einer Medikamenteneinnahme.

      So forderte ein Selbsthilfeverband in den USA die Wiedereinführung des Reizdarm-Präparats Alosetron. Das Mittel war zuvor nach Berichten über Todesfälle vom Markt genommen worden - inzwischen ist es mit Einschränkungen wieder zugelassen.

      VERONIKA HACKENBROCH


      spiegel.de
      Avatar
      schrieb am 28.10.02 21:28:41
      Beitrag Nr. 154 ()
      und hier ein kleiner Gruß zur Erinnerung
      von unserem gesperrten user DT;)

      [www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=34102]www.wallstreet-online.de[/www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=34102]
      Avatar
      schrieb am 28.10.02 21:30:45
      Beitrag Nr. 155 ()
      leider miserabel verlinkt......:mad:
      Avatar
      schrieb am 30.10.02 12:36:41
      Beitrag Nr. 156 ()
      P O L I T I K
      Ärzte und Opposition kritisieren Schröders Ankündigungen zur Gesundheitsreform



      Gerhard Schröder am 29. Oktober bei seiner Regierungserklärung dpa

      BERLIN. Regierung und Opposition setzen bei der Reform des Gesundheitswesens auf unterschiedliche Rezepte. Während Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) entschlossen ist, das Gesundheitssystem mithilfe einer neuen Kommission à la Hartz umfassend zu reformieren, fordern Opposition und Ärzteschaft vor allem rasches Handeln. Unions-Sozialexperte Horst Seehofer (CSU) sagte am 29. Oktober: „Mir fehlt jedes Verständnis, dass wir uns in dieser krisenhaften Situation der deutschen Krankenversicherung jetzt wieder auf die Bildung einer Kommission beschränken.“

      Schröder versicherte in seiner Regierungserklärung vor dem Bundestag, die Regierung wolle das hohe Niveau der gesundheitlichen Versorgung sichern und „für jedermann zugänglich“ halten. Dazu seien „mehr Verantwortung und mehr Wettbewerb im System“ notwendig. Strukturen müssten verändert, die Systeme geöffnet und „Effizienzreserven“ mobilisiert werden.

      Der Kanzler forderte eine „stärkere Zusammenarbeit zwischen Krankenkassen, Patienten, Ärzten, Krankenhäusern und Gesundheitszentren“. Von einer Reform der Gesundheits- und Altersvorsorge „nach dem Muster der Hartz-Kommission“ verspricht sich Schröder vor allem die Beseitigung von Blockaden.

      Seehofer sagte, Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) habe „zwei Jahre lang mit allen Beteiligten runde Tische geführt“. Diese seien „ohne Ergebnisse“ geblieben, weil der Regierung die Kraft zu Entscheidungen gefehlt habe.

      Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) forderten zum Zweck des von Schröder angekündigten Ausbaus der Prävention die Erschließung neuer Finanzierungsquellen. Der Zweite Vorsitzende der KBV, Dr. med. Leonhard Hansen, regte „eine zweckgebundene Abgabe auf Tabak und Alkohol“ an.

      [Anmerkung: Hatte ich hier im Thraed bereits vor über einem JAhr in einem posting gefordert :D ]

      Da nennenswerte Einsparpotenziale durch mehr Vorsorge nur langfristig spürbar würden, bedürfe es zunächst „zusätzlicher Ressourcen“. Zur Stärkung der Eigenverantwortung verlangte Hansen mehr Anreize und mehr Eigenbeteiligung der Versicherten.

      Die Vizepräsidentin der Bundesärztekammer, Dr. med. Ursula Auerswald, äußerte die Befürchtung, dass der Ausbau der Prävention angesichts knapper Kassen erneut „auf die lange Bank geschoben wird, obwohl man um die Notwendigkeit weiß“. /ddp
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      P O L I T I K
      Privatkasse prüft Klage gegen Gesundheitspaket

      BERLIN. Die Pläne der Bundesregierung zur Finanzierung des Gesundheitswesens stoßen auf Widerstand. Die Vereinte Krankenversicherung AG prüft eine Verfassungsklage gegen die Anhebung der Versicherungspflichtgrenze für Neumitglieder auf 5 100 Euro, sagte der Vorstandsvorsitzende der drittgrößten deutschen Privatkasse, Ulrich Rumm, am 29. Oktober in Berlin.

      Diese Regelung bedeute, dass es demnächst unterschiedliche Pflichtmitglieder gebe. Rumm warf der Regierung vor, mit ihren Maßnahmen betreibe sie „Flickschusterei“ und begebe sich „auf den Weg zurück in die Planwirtschaft“. Rumm rechnet damit, dass die Anhebung der Versicherungspflichtgrenze den privaten Krankenkassen zwischen 20 und 30 Prozent des Neugeschäfts entzieht.

      Dies gehe letztlich jedoch auch zulasten der gesetzlichen Krankenkassen, denn die privaten Kassen trügen durch ihre überdurchschnittlichen Honorare zur Finanzierung des Gesundheitssystems bei, sagte der Vorstandschef der Allianz-Tochtergesellschaft. Zur Steigerung der Effizienz im Gesundheitswesen forderte Rumm eine bessere Vernetzung, um Mehrfachbehandlungen zu vermeiden.

      Nötig seien auch mehr Transparenz in Bezug auf die Leistungen der Ärzte, die Behandlungsmethoden sowie die Rechnungserstellung, eine bessere Qualitätssicherung und mehr Eigenverantwortung der Patienten.

      Für die Privaten Krankenkassen forderte der Vereinte-Chef mehr Freiheiten. Die Vereinte wolle neue Vergütungsformen mit qualitätsorientierten Anreizen sowie Verträge mit einzelnen Gruppen von Leistungserbringern aushandeln und ihren Kunden einzelne Krankenhäuser oder Ärzte direkt empfehlen können. /ddp
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      Avatar
      schrieb am 30.10.02 12:47:03
      Beitrag Nr. 157 ()
      der Folgende Artikel beschreibt excellent die Probleme der derzeitigen Ärzte.

      Wer sich darauf einläßt, ihn ganz zu lesen, der wird die Situation der Ärzte besser verstehen lernen.

      Es ist einen relativ schonungslose Darstellung eines Berufsbildes der perfektionierten ärztlichen Selbstausbeutung.


      zunächst noch ein paar FAkten:

      Überlastung und Burnout

      Gebuhr hat im Auftrag des NAV-Virchow-Bundes 5 750 niedergelassene Ärzte verschiedener Fachgruppen in Deutschland befragt (4). Durchschnittlich arbeiten die Ärzte 55 Stunden in der Woche und versorgen 255 Patienten. Es sei daran erinnert, dass die 40-Stunden-Woche einen unbestrittenen sozialen Besitzstand in Deutschland darstellt
      und die Gewerkschaften bestrebt sind, die 35-Stunden-Woche flächendeckend zu installieren. Die Arbeitsorganisation und die Unterstützung durch die Arzthelferinnen werden von drei Vierteln der Ärzte als gut gewertet. Das heißt, die extensive Ausdehnung des Arbeitstages ist nicht Folge einer schlechten Arbeitsorganisation. Die
      körperliche Leistungsfähigkeit ist stark beeinträchtigt:
      59 Prozent der Ärzte geben an, ausgelaugt zu sein, 49 Prozent haben Schlafdefizite, und 57 Prozent essen nicht regelmäßig. Subjektive
      Einschätzung: 20 Prozent sind oft sehr verzweifelt, und 26 Prozent würden am liebsten alles hinwerfen. Das Privatleben wird bei 69 Prozent
      der niedergelassenen Ärzte als unbefriedigend beschrieben, und nur 21 Prozent haben genügend Zeit zur Wahrnehmung persönlicher Interessen.
      Viele Niedergelassene fühlen sich durch fordernde Patienten bedrückt (83 Prozent), das Verhältnis zu den Kollegen wird durch fehlende Geschlossenheit, Konkurrenz und Mangel an Kollegialität charakterisiert.
      Entscheidend ist für die niedergelassenen Ärzte die Unsicherheit der wirtschaftlichen Entwicklung insgesamt und für sich selbst – bis hin zu Sorgen und Zweifeln, was den Verkauf der eigenen Praxis im Alter anbelangt. Für 63 Prozent sind die finanziellen Verpflichtungen bedrückend, und es ist kein Wunder, dass die Ärzte die wirtschaftliche Zukunft pessimistisch einschätzen. Bezüglich der politischen Verhältnisse erleben mehr als 90 Prozent der niedergelassenen Ärzte das Ausmaß der Gesetzgebung im Gesundheitswesen und die Einflussnahme der Politik beziehungsweise der Kassen auf die Grundversorgung als belastend. Burnout gilt als symptomatisch für alle helfenden Berufe und ist üblicherweise durch folgende Merkmale
      charakterisiert: 1) Kombination aus körperlichem Stress beziehungsweise Zeitdruck und negativen Belastungen durch Enttäuschungen; 2) Depersonalisation: Der Betroffene zieht sich mehr und
      mehr in die innere Emigration zurück; und 3) Leistungseinbuße, die nicht selten durch Alkohol oder Pharmaka kompensiert wird, bis der totale Zusammenbruch erfolgt.
      Im stationären Bereich sind Arbeitszeiten bis zu 60 Stunden/Woche keine Seltenheit. In Hessen arbeiten 39 Prozent der AiPler 55 Stunden oder mehr, bei den Assistenten immerhin noch mehr als 22 Prozent. Eine Untersuchung in Berlin hat noch den besonderen Aspekt der Information der Chefärzte herausgearbeitet: Diese wissen zumeist nicht (oder wollen nicht wissen), wie die tatsächliche Belastung ihrer „Unterärzte“ aussieht. Fazit: Mindestens 86,1 Prozent aller in Berliner Krankenhäusern beschäftigten jungen Ärzte werden unter gravierender Verletzung des Arbeits- und Tarifrechts beschäftigt. Circa ein Drittel der betroffenen jungen Ärzte würde den Beruf nicht noch einmal wählen (1, 5).







      Ruebsam-Simon, Ekkehard
      Arztberuf in der Krise: Veränderung beginnt im Kopf
      Deutsches Ärzteblatt 99, Heft 43 vom 25.10.02, Seite A-2840
      THEMEN DER ZEIT

      Einige Bemerkungen zur Sozialisation des deutschen Arztes oder: Warum taugen Ärzte so wenig zum Widerstand?

      Die deutsche Medizin wurde im 19. Jahrhundert durch die Preußische Militärakademie, die „Pépinière“, geprägt. Die Niederlage von Austerlitz durch die Franzosen 1806 erzwang zahlreiche Reformen, um aus Preußen ein modernes Staatswesen zu machen. Dazu gehörte vor allem die Ausbildung guter Militärärzte. Diese wurden an dieser Eliteschule ausgebildet – die meisten deutschen Nobelpreisträger zu Anfang des 20. Jahrhunderts stammten von dort. An der „Pépinière“ wurde die Medizin nach militärischem Vorbild organisiert: Spätestens ab 1852 gibt es den Ober- und den Unterarzt. Da die Professoren der „Pépinière“ gleichzeitig Professoren der Charité waren, wurde so das Chefarztsystem an die berlinische Universität gebracht – und hat sich von dort in den deutschsprachigen Raum verbreitet (2).
      Ärzte wurden (und werden) nach militärischen Grundsätzen ausgebildet; das heißt, Gehorsam und widerspruchsfreies Verhalten werden belobigt und positiv sanktioniert, wohingegen Widerspruch und „abweichendes Verhalten“ negativ sanktioniert werden. Flintrops Beschreibung der Lebenswirklichkeit an deutschen Krankenhäusern (3) lässt etwas ahnen von dem Druck, der im hierarchisch-militärisch gegliederten Krankenhaus alter Prägung auf den Ärzten lastet und oft nach unten, horizontal und nur selten nach oben weitergegeben wird. In einem solchen Umfeld wollen sich Kreativität, soziales Engagement und einfühlsames patientenzentriertes Verhalten nur schwer einstellen. Emotionale Aufmerksamkeit und Sensibilität – das wesentliche Handwerkszeug eines guten Arztes – verkümmern hier.
      Über lange Zeit wurde die Ärzteschaft sowohl materiell als auch immateriell für ihren extrem belastenden Alltag entschädigt – materiell durch ein gutes Auskommen, immateriell durch ein sehr hohes Ansehen in der Gesellschaft. Dienst „rund um die Uhr“, Überstunden, emotional belastende Tätigkeiten wie Betreuung Todkranker waren durch ein solches soziales Polster abgefedert. Zurzeit beobachten wir eine gravierende Veränderung in der Medizin. Durch die „Industrialisierung“ der medizinischen „Produktion“ auf allen Ebenen – Beschleunigung der Zeittakte, Ausgliederung delegierbarer Funktionen, Einzug von Ökonomen und Verwaltungspersonen in die Führungsebenen der Krankenhäuser (cum grano salis gilt dies auch für die niedergelassenen Ärzte in ihrer Praxis) – verändert sich das ärztliche Handeln, aber auch das ärztliche Selbstverständnis. Standardisierung, Leitlinien, Algorithmen sollen die Arbeit der Ärzte (und anderer Beschäftigter) überschaubar und ökonomisierbar machen. Die jetzt einzuführenden diagnosebezogenen Fallpauschalen in den Krankenhäusern sind Ausdruck dieses Prozesses. Hier wird der statistische Mittelwert aus Aufwand und Ertrag einer medizinischen Dienstleistung im Sinne der Verwaltungsbürokratie zulasten der Menschen (Ärzte und Patienten) exekutiert.
      Menschliche Zuwendung
      bleibt auf der Strecke
      Die auch in der ambulanten Medizin entstehenden „ökonomisierbaren“ Potenziale (zum Beispiel Disease-Management-Programme [DMP]) und materielle Verluste der niedergelassenen Ärzte führen zu einem ähnlichen Prozess wie im Krankenhaus: Verlust an Substanz und Qualität der menschlichen Zuwendung – diese sind nicht ökonomisierbar. Ob der Wille, sich selbst Höchstleistungen abzuverlangen und Verantwortung für das Leben fremder Menschen zu übernehmen, auch weiterhin bei einer Berufsgruppe zu finden sein wird, die dafür weder materiell noch immateriell belohnt wird, ist längst nicht ausgemacht (8).
      Entscheidend für die Sozialisation junger Ärzte ist deren Ausbildung an der Universität. Durch eine jahrzehntelange Numerus-clausus-Ideologie wurden Studierende ausgewählt, die im Sinne der Selektion und Selbst-Selektion den Typ des „Hochleistungsmediziners“ verkörpern. Zeichneten sich früher Ärzte durch eine besondere lebenspraktische Begabung aus (man lese die Literatur von Molière bis Joyce), so wird heute der Typ des theoretischen, vor allem rein naturwissenschaftlich geprägten Intellektuellen bevorzugt. Nur wer schon in der Schule als „Einser-Kandidat“ auffällt, kann normalerweise Medizin studieren. Viele studieren Medizin, gerade weil sie ein Einser-Abitur abgeliefert haben. Damit wird die Frage nach der Berufung zum Arztberuf obsolet.
      Das Medizinstudium stellt einen Parforceritt quer durch die Naturwissenschaften und anschließend ein Dauertraining in Stressbelastbarkeit mit unendlich vielen Prüfungen dar. Irgendwann wird der Inhalt der Prüfungen unwichtig, und die Tatsache der Prüfung an sich bleibt übrig. Das Schein-Studium wird so zum „Scheinstudium“.
      Trotz langsamen Rückzugs bleibt die Multiple-Choice-Prüfung ein typischer Weg des medizinischen Denkens. Sie ist objektiv, genau, ins subspezielle Detail gehend und vor allem überprüfbar – und damit gerecht. Aber für diese Art des Denkens wird ein hoher Preis bezahlt. Der Überblick über das Ganze geht verloren, er wird nicht mitgedacht. Wird in der hohen Schule eine Unzahl von Symptomen mehr oder weniger auswendig gelernt, so ist die Problematik in der ärztlichen Praxis genau umgekehrt: Aus einer Vielzahl gleicher Symptome sind die wesentlichen herauszufiltern, die zielführend sind und die wie ein Flickenteppich übereinander gelagert sind. Die Zusammenschau vieler Dinge gleichzeitig und der Einsatz von Erfahrung und Intuition haben einen hohen, ja unbezahlbaren Stellenwert in der ärztlichen Alltagsarbeit.
      Es ist ein Wunder, dass das Gesundheitswesen in Deutschland immer noch so gut funktioniert, bedenkt man den Verbrauch an personalen Ressourcen, den die Gesellschaft billigend in Kauf nimmt. Wenn man sich fragt, warum Ärzte dies alles aushalten und mit sich machen lassen, kommt man zu dem vorläufigen Ergebnis, dass sie dies einer missverstandenen Ethik den Patienten, der Gesellschaft und sich selbst gegenüber zu verdanken haben.
      Ideologie des Freiberuflertums
      Viele niedergelassene Ärzte kompensieren dies alles mit der wohltönenden Ideologie des Arztes in freier Praxis und stellen sich in eine Reihe mit Architekten, Rechtsanwälten und so weiter. Nach Schnetzer (7) ist der Vertragsarzt kein Unternehmer und kein Freiberufler. Diese Freiberuflichkeit gilt nur in Beziehung zu seinen Privatpatienten – als Kassenarzt ist er Angestellter innerhalb vorgegebener Strukturen, auch wenn ihm das nicht passen sollte. Die Rechtsprechung der Sozialgerichte hat zunehmend klar gemacht, dass der Vertragsarzt keinen Anspruch auf angemessene Vergütung besitzt, ja Dienstleistungen erbringen muss, die nachgewiesenermaßen unwirtschaftlich und nicht kostendeckend sind.
      Zwar verlangt das Führen einer Praxis unternehmerische Fähigkeiten, aber ein Unternehmer ist man deshalb noch nicht. Der größte Teil unternehmerischer Tätigkeiten sind dem Vertragsarzt qua Berufs- oder Sozialrecht untersagt. Demgegenüber unterliegt der Vertragsarzt einer Reihe gravierender Einschränkungen. Es ist für die meisten Ärzte wahrscheinlich unerträglich, der Wahrheit ihrer faktischen Abhängigkeit direkt ins Gesicht zu sehen, und insofern haben sie kein Interesse an der Aufdeckung dieses Missverständnisses. Hier liegt eine grandiose Selbsttäuschung vor und ein wichtiger psychologischer Faktor der ärztlichen Selbsteinschätzung, der angemessen reflektiert gehört.


      Versuch eines sozialpsychologischen Profils
      Wichtig erscheint es in diesem Zusammenhang, auf die bedeutsame Rolle der Familie als Sozialisationsinstanz hinzuweisen. Genaue Zahlen über den Anteil von „Arztfamilien“, das heißt Familien, in denen schon Eltern oder Großeltern Ärzte waren, liegen nicht vor. Der Anteil ist aber beträchtlich und dürfte bei 20 bis 25 Prozent liegen. Da die Ärzteschaft schon seit seit langem in Kammern organisiert ist, ähnlich den Handwerkskammern, dürfte die Annahme, dass hier „zünftige“ Spielregeln gelten, nicht falsch sein. Dort sind die Berufe vom Vater auf den Sohn vererbt worden, und so war es auch bei Ärzten. Die Kraft des Vorbilds und der prägenden Persönlichkeit sollte nicht unterschätzt werden. Bei der Beobachtung der Spielregeln von Arztfamilien fällt auf: Pflichterfüllung und Entsagung sowie die Verleugnung/Verdrängung eigener Bedürfnisse haben einen extrem hohen Stellenwert. Daneben spielen Eigenschaften wie Leistungsbereitschaft bis zur Erschöpfung, Engagement für andere, soziales Verantwortungsgefühl eine erhebliche Rolle.
      Keine bis untergeordnete Bedeutung haben Eigenschaften wie Sorgen für sich selbst, Genussfreudigkeit, Hören auf die eigenen Bedürfnisse und die eigene Körperlichkeit. Ripke hat in seiner Analyse der eignen Krebserkrankung eine breite Diskussion angestoßen über die Problematik des „kranken Arztes“, der als Patient ein ebenso armer Teufel ist wie jedermann (6). Da er auch von den Kollegen nur en passant aufgeklärt wird, er aber ebensolche – wenn auch spezifisch anders gewichtete – Ängste hat wie jeder andere, befindet sich der kranke Arzt oft in einem emotionalen Vakuum, das ihn zu ersticken droht und nur durch permanente Tätigkeit überspielt werden kann. Die eigene Bedürftigkeit wird bis zur Selbstverleugnung negiert. Trotzdem kommt es bei vielen nach Jahren des Dauerstresses zu einer Crash-Situation, die als Rettungsversuch zu interpretieren ist.
      Wenn das ganze Panorama ärztlicher Sozialisation überblickt wird: von der ständisch-autoritativ geprägten Familienstruktur mit ihrer leistungsorientierten Grundhaltung über die Studien- und Krankenhausausbildung, die ebenfalls autoritär geprägt ist, so wundert es nicht, dass viele Ärzte wenig zur Opposition taugen – sie haben nichts anderes als Fügsamkeit und Ein- und Unterordnung unter ein „höheres Prinzip“ erfahren. Durch Verschmelzung mit der Autorität wird eigene „Unbedeutendheit“ veredelt. Wer die vorgegebene Autorität ohne Wenn und Aber akzeptiert, hat einen kleinen „Energiegewinn“, da er im breiten Strom der ärztlichen Gruppenidentität schwimmen kann.



      Politische Neutralität?
      Viele Ärzte vertreten die Philosophie des unpolitischen neutralen Wissenschaftlers, der nicht in die Niederungen der Politik hinabsteigt. Dabei ist Medizin per se eine politische Wissenschaft, das heißt, die Behandlung von Menschen geschieht immer im sozialpolitischen Raum und ist interessengebunden. Man kann als Arzt nicht politikfrei agieren, schon gar nicht als Vertragsarzt. Dies dämmert allmählich auch manchen Ärzten, die im Netz des Sozialrechts zappeln.
      Wenn man die Schlussfolgerungen aus den Beobachtungen zur Sozialisation deutscher Ärzte zieht, so ergeben sich einige wesentliche Eckpunkte:
      - Die Individuation und Sozialisation der deutschen Ärzte führt zu einem isolierten und autistischen Verhaltensmuster, das von anderen politischen Interessenträgern leicht in ihrem Sinne ausgenutzt werden kann durch Verstärkung der Gegensätze innerhalb der ärztlichen Gruppierungen.
      - Angstgesteuertes Verhalten und Mangel an Zivilcourage sind ein bestimmender Verhaltensfaktor des Vertragsarztes – aber auch angestellter Krankenhausärzte.
      - Es existiert ein spezifischer medikalisierter „Tunnelblick“ auf die Wirklichkeit; soziale und politische Wirkfaktoren werden gerne ausgeblendet.
      - Ärzte haben keine Erfahrung in solidarischen Verhaltensweisen, eine gemeinsame ärztliche Grunderfahrung in Zusammengehörigkeit fehlt. Stattdessen wird oft eine hohle ständische Gemeinsamkeit gepflegt, der jedoch die wirklich soziale Durchdringung fehlt.
      - Niedergelassene Ärzte agieren oft als Individuen und als Konkurrenten, selbst da, wo es für sie schädlich ist. Die Probleme des floatenden Punktwerts wären durch eine gemeinsame Aktion aller Ärzte leicht lösbar – das setzt jedoch einen Verzicht auf den unmittelbaren individuellen Vorteil voraus und die Annahme einer gemeinsamen Interessenlage. Insofern ist die Realisierung einer Leistungs- beziehungsweise Mengensteuerung durch die Vertragsärzte (EBM 2000 plus) als psychologische Illusion aufzufassen.
      - Ärzte sind als Wirtschaftssubjekte oft unerfahren bis unwissend; nur so ist die ständige Verletzung primitivster betriebswirtschaftlicher Grundtatsachen durch ärztliche Berufspolitiker zu verstehen. Diese verteilen Monopoly-Spielgeld wie echtes Geld und verfolgen dabei häufig nur verteilungs- und machtpolitische Gesichtspunkte, die von anderen (Staat und Krankenkassen) vorgegeben werden. Von einer angemessenen Vergütung einer hoch qualifizierten und verantwortungsvollen Tätigkeit kann keine Rede mehr sein.
      Ärztliche Politik, die wirksam sein und die Freiheit des ärztlichen Berufes erhalten möchte, muss von diesen Grundtatsachen ausgehen. So wie der niedergelassene Arzt 90 Prozent seines Honorars von den gesetzlichen Krankenkassen und zehn Prozent von privaten Krankenversicherungen erhält, ist auch die Verteilung seiner Autonomie zu sehen: überwiegend Abhängigkeit, wenig Freiheitlichkeit. Es hat sich eine Angestelltenmentalität breit gemacht, die den Stand des freien Arztes in niedergelassener Praxis verrät. Wer jede noch so unsinnige und dümmliche Anfrage der Kassen unreflektiert beantwortet, kämpft nicht für seinen freien Beruf und noch nicht einmal für sich selbst – er bezahlt seinen bürokratischen Aufwand auch noch selbst.
      Der Kampf um die ärztliche Qualität ist ein Rückzugsgefecht der ärztlichen Selbstverwaltung: Das Heilen wird auf eine erbärmliche, auch noch reduzierte Vorstellung einer Evidence based medicine zurechtgestutzt; die DMP sind der geronnene Ausdruck dieses Missverständnisses. Durch Verknüpfung mit ökonomischen Interessen vorwiegend der Krankenkassen wird das ärztliche Tun zunehmend reguliert und bürokratisch deformiert – und auch noch von Ärzten, die selbst zu solchen Bürokratismen neigen, vorangetrieben.
      Die Ideologie des Arztes als Unternehmer und seine Mitgliedschaft im Chor der Freien Berufe verdeckt oft genug die faktische Abhängigkeit von seinen wirklichen Geldgebern, KVen und Krankenkassen. Da auch in Verträgen und öffentlichen Verlautbarungen nicht zwischen Arzt und Vertragsarzt differenziert wird (Schnetzer), bleibt die Idee der eigenen Großartigkeit erhalten – aber eher als Selbsttäuschung.
      Gegenmaßnahmen



      Das ärztliche Tun wird reguliert und bürokratisch deformiert. Die Idee der Freiberuflichkeit entpuppt sich als Selbsttäuschung.

      Der ungeschönte und mitleidlose Blick auf die ärztliche Wirklichkeit erscheint nicht besonders erheiternd. Eine Patentlösung für eine Veränderung gibt es nicht. Eins ist jedoch klar: die Veränderung muss im Kopf der Ärzte beginnen und erst dann in den Strukturen. Die besten Reformen nützen nichts, wenn die Menschen, die sie umsetzen sollen, „Furcht vor der Freiheit“ (Erich Fromm) haben. Wer seine individuelle Ethik von sozialpolitischen Zwängen verbiegen lässt, hat die Schere im Kopf und ist nichts als ein subalterner Vollstrecker von Vorgaben anderer.
      Die ärztliche Selbstverwaltung, nota bene die Kassenärztlichen Vereinigungen, sind zum Tummelplatz von Individuen geworden, die sich als Staatsangestellte missverstehen und alles daran-setzen, die noch so unsinnigen Vorgaben der Politik getreu umzusetzen. Mit der selbst beruhigenden Formulierung, größeren Schaden abzuwenden, wird permanent neuer Flurschaden angerichtet.
      Eines Tages wird nur noch ein klares Nein gegen die Vorgaben der hohen Politik und ihren Zumutungen für die Ärzteschaft übrig bleiben – sonst nichts. Als mögliche konkrete Ansätze für eine Verbesserung der Situation der Ärzte können genannt werden:
      - Ausgangspunkt sollte das Eingeständnis der eigenen Bedürftigkeit sein. Ärzte sind auch nur Menschen – durch Erkenntnis dieser strukturellen Bedürftigkeit wird wenigstens der Automatismus der Selbstausbeutung vermindert.
      - Der Zugang zum Medizinstudium ist neu zu regeln, eine überwertige Betonung der intellektuellen Leistung qua Schulabschluss ist zu vermeiden. Die persönliche emotionale und soziale Kompetenz des Bewerbers sollte gleichwertig berücksichtigt werden – das schließt eine zentralisierte Auswahl durch die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) aus. Das persönliche Gespräch mit dem Bewerber muss deshalb stärker gewichtet werden.
      - Das Studium sollte weiter im Sinne einer größeren Praxisnähe umstrukturiert werden (siehe Modellstudiengänge Humboldt-Universität/Charité Berlin, Heidelberg/Harvard, Herdecke), die Bedeutung von isolierten Wissensfakten durch Multiple-Choice-Abfragen sollte infrage gestellt werden. Konzepte, die die Vernetzung von Teilbereichen der Medizin und übergeordnete Gesichtspunkte (wie zum Beispiel Gesundheitsökonomie, Betriebswirtschaft et cetera) beinhalten, sollten stärker Beachtung finden.
      - Fächer wie „allgemeine Medizin“ (im Sinne Victor von Weizsäckers), Psychosomatik, therapeutische sowie soziale und sozialpolitische Aspekte in der Medizin – insbesondere auch der erfahrbare Umgang mit dem Kranken – müssen wieder einen höheren Stellenwert bekommen.
      - Dysfunktionale Hierarchien in Krankenhäusern und Universitätskliniken müssen verschwinden – sie sind Hauptbrutstätte des autoritären Charakters deutscher Ärzte, der zur Fühllosigkeit mit Schwachen und Abhängigen verleitet.
      - Zusammenschlüsse von Ärzten im Sinne therapeutischer Gemeinschaften (zum Beispiel Balint-Gruppen), aber auch politische und sozialpolitische Gruppierungen sowie Ärzte-Netze wirken der Vereinzelung entgegen und schaffen Gemeinschaftsgefühl und soziale Kompetenz. Ärzte, die in solchen Verbünden arbeiten, tun das Beste gegen Burnout und innere Ängste. !
      - Strukturelle Veränderungen der so genannten Selbstverwaltungsorgane im Sinne größerer innerer Demokratie und hin zu mehr Serviceleistung werden unumgänglich sein. Die Akzeptanz paternalistischer Strukturen schwindet allmählich, stattdessen ist kollektiver und freiheitlicher Führungsstil überfällig.
      - Der Umbau des Gesundheitswesens im Sinne größerer Freiheitsgrade und Selbstbeteiligung der Akteure wird zu mehr Selbstverantwortung und weniger Staatsbevormundung führen.
      - Die Ärzteschaft muss sich stärker mit den ökonomischen Randbedingungen ihres Tuns vertraut machen – bei Strafe des Untergangs. Wer die Ökonomie kontrolliert, kontrolliert das System – es ist nicht einzusehen, dass Ärzte auf diese Kontrollfunktion freiwillig verzichten sollten.


      Zitierweise dieses Beitrags:
      Dtsch Arztebl 2002; 99: A 2840–2844 [Heft 43]

      Literatur
      1. Brennecke R, Brendler Cl, Gerhardus T: Arbeit in der Endlosschleife. Ergebnisse einer Befragung junger Ärztinnen und Ärzte in Berlin, Berliner Ärzte, Heft 5, 2002, S. 18 ff.
      2. Brökelmann J: Wir deutschen Ärzte müssen uns vom Staat emanzipieren. BAO-Mitteilungen, ambulant operieren 3/2000, S. 137 ff.
      3. Flintrop J: Mobbing im Krankenhaus – Mit Bauchschmerzen zum Dienst. Dt Arztebl 98; 2001: A 742 ff. [Heft 12].
      4. Gebuhr K, Brendan-Schmittmann-Stiftung: Die vertragsärztliche Gegenwart im Lichte des Burnout-Syndroms; Die wirtschaftliche Entwicklung und die ärztliche Selbstverwaltung in der vertragsärztlichen Meinung, Berlin, Mai 2002.
      5. Kaiser RH, Kortmann A: Ausgewählte Ergebnisse einer Umfrage der Landesärztekammer Hessen zu Arbeitszeiten und -bedingungen hessischer Krankenhausärztinnen und -ärzte im Sommer 2001.
      6. Ripke T: Der kranke Arzt. Dt Arztebl 97, 2000: A 237 ff. [Heft 5].
      7. Schnetzer K: Der Vertragsarzt ist kein Unternehmer und kein Freiberufler. Ärzte Zeitung 10. März 1999 und zahlreiche persönliche Mitteilungen.
      8. Unschuld PU: Der Arzt als Fremdling in der Medizin? Von der Triebfeder zum Getriebenen, 25. Interdisziplinäres Forum „Fortschritt und Fortbildung in der Medizin“ der Bundesärztekammer, Köln, Januar 2001.

      Anschrift des Verfassers:
      Dipl.-Pol. Ekkehard Ruebsam-Simon
      Facharzt für Allgemeinmedizin
      Vorstandssprecher der Nordbadischen Ärzteinitiative
      Schönauer Straße 48
      69118 Heidelberg
      E-Mail: ekkehard.ruebsam-simon@dgn.de
      Avatar
      schrieb am 01.11.02 12:04:16
      Beitrag Nr. 158 ()
      DA RotGrün anstatt einer grundlegenden Erneuerung der Gesetzlichen Krankenkassen leider nur der vermehrte Griff in die Taschen der besser Organisierten einfällt, kann ich nur jedem, der die Möglichkeit besitzt, zu einer Beratung raten und er/sie sollte sich einen Wechsel in die PKV überlegen.

      Wir werden in Deutschland aufgrund des weiteren Dilletierens der jetzigen regierung bereits in wenigen Jahren ein völlig ruiniertes Gesetzliches Versorgungssystem haben.

      Es gibt also m.E. nur noch die Wahl zwischen GKV PLUS ZUSATZVERSICHERUNG oder gleich der vernünftigeren Lösung einer PKV.

      Die GKV wird m.E. bereits in enigen Jahren eh´nur noch BAsismedizin anbieten.

      Vielleicht kann der eine oder andere einen Deal mit seinem Arbeitgeber machen, bei dem ja anstatt eines 13. Monatsgehaltes eine Verteilung des 13. Monatsgehaltes auf die 6 oder 12 Monate des folgenden Jahres erfolgt... manchem könnte das über die Hürde helfen... ;)

      Es gibt da sicherlich viele Möglichkeiten...

      Ich möchte darauf hinweisen, daß nicht nur die bemessungsgrenze erhöht wird, um den Umstieg zu erschweren, sondern auch damit automatisch die GKV-Beiträge der Besserverdiener ordentlich steigen werden!


      SPIEGEL ONLINE - 31. Oktober 2002, 6:28
      URL: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,220606,00.h…
      Regierungspläne

      Kassenwechsel soll schon nächste Woche schwieriger werden

      Wer noch von der gesetzlichen in eine private Krankenkasse wechseln möchte, sollte sich beeilen. Die Bundesregierung will die geplante Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze angeblich schon ab kommender Woche veranlassen.

      Hamburg - Die Anhebung der Versicherungspflichtgrenze um 450 Euro auf 3825 Euro solle schon mit der ersten Lesung des Gesetzes am Donnerstag kommender Woche gültig werden, berichtet die "Bild"-Zeitung. Damit bliebe gesetzlichen Krankenversicherten, die mehr als 3375 Euro, aber weniger als 3825 Euro im Monat verdienen, nur noch eine Woche Zeit, um ihrer Krankenkasse zu kündigen und in eine private Krankenkasse zu wechseln.

      In den rot-grünen Koalitionsvereinbarungen hatte es zur Versicherungspflichtgrenze noch geheißen, diese nur für Berufsanfänger auf 5100 von derzeit 3375 Euro anzuheben. Erst bei einem Einkommen, das die Versicherungspflichtgrenze überschreitet, kann ein Versicherter von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung wechseln. Die kurzfristige Sparwirkung der Anhebung nur für Berufsanfänger war von Experten als gering eingeschätzt worden.
      Avatar
      schrieb am 05.11.02 12:52:34
      Beitrag Nr. 159 ()
      SPIEGEL ONLINE - 30. Oktober 2002, 18:10
      URL: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,220558,00.h…
      Gesundheitssystem vor Finanz-Kollaps

      Rot-Grün packt den Sparhammer aus

      Von Markus Deggerich

      Die Krankenkassen sollen gezwungen werden, ihre Beiträge einzufrieren. Pharmakonzerne und Apotheker müssen Milliarden-Rabatte gewähren. Ärzten und Krankenhäusern droht eine Nullrunde. Angesichts dramatischer Defizite plant die Koalition jetzt im Eiltempo drastische Einschnitte.


      REUTERS

      Schluss mit Kuscheln: Ulla Schmidt


      Berlin - Die Situation ist offenbar dramatischer, als bisher zugegeben. Kaum hat sich der Rhetorik-Nebel von Antrittsreden und Regierungserklärungen verzogen, zieht Rot-Grün bei den Sozialversicherungen die Notbremse. Die neue Superministerin für Soziales, die neben Kranken- und Pflegekassen nun auch die marode Rentenkassen hütet, muss die Sozialbeiträge schnellstens in den Griff bekommen. "Uns steht das Wasser bis zum Hals", hieß es am Mittwoch in Regierungskreisen. Die Sozialbeiträge drohen zum Jahreswechsel sogar die magische 42-Prozent-Marke zu durchbrechen.

      Nicht nur die Beiträge zu den gesetzlichen Krankenkassen, auch die zur Rente laufen davon. Bereits jetzt summieren sich die Beiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern zur Renten-, Pflege-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung auf 41,3 Prozent. Dem Vernehmen nach wird der Rentenbeitrag von heute 19,1 Prozent trotz aller bereits beschlossenen Notmaßnahmen Anfang 2003 nicht nur auf 19,3 Prozent, sondern auf 19,4, oder gar 19,6 Prozent steigen. Auch bei den Kassenbeiträgen sagen Experten ohne Soforthilfe einen Sprung von heute im Durchschnitt 14 auf 14,4 Prozent oder mehr voraus.

      Um dies zu verhindern, will Schmidt bei den Gesundheitskosten hart auf die Bremse treten. Die viel gescholtene SPD-Gesundheitsministerin, die lange zittern musste, ob ihr Bundeskanzler Gerhard Schröder erneut den schwierigen Spitzenjob anvertraut, beendet den bisherigen Kuschelkurs mit den Verbänden. Jetzt legt sich Schmidt mit fast der gesamten Gesundheitslobby an: Insgesamt drei Milliarden Euro soll ihr Not-Sparpaket 2003 mit dem geplanten Vorschaltgesetz kurzfristig bei Ärzten, Apothekern, Krankenhäuser und Pharmaindustrie einbringen.

      Ärzten und Krankenhäusern will sie eine "Nullrunde" abverlangen: Anders als bisher sollen die Budgets für Honorare und Kliniken nicht wie die allgemeinen Einkommen steigen, sondern auf dem Stand von 2002 eingefroren werden. Dies könnte die Krankenkassen um rund eine Milliarde Euro entlasten.


      Heißer Herbst

      Schmidt (SPD) will den Krankenkassen im Grundsatz verbieten, nach einem bestimmten Stichtag ihre Beiträge zu erhöhen. Das käme einem gesetzlichen "Beitragsstopp" gleich, hieß es am Mittwoch in Koalitionskreisen. Dies soll den drohenden Anstieg der Beiträge noch verhindern oder zumindest deutlich abmildern. Höhere Beiträge seien dann nur noch in strengen Ausnahmefällen möglich.

      Außerdem will die Gesundheitsministerin nun doch für alle Versicherten den Wechsel zu einer privaten Krankenkasse erschweren. Demnach soll die so genannte Versicherungspflichtgrenze nicht nur wie bisher geplant für neue, sondern auch für bereits bei den gesetzlichen Kassen versicherte Arbeitnehmer von heute 3375 auf 3825 Euro angehoben werden. Erst ab dieser Bruttoeinkommensgrenze dürfen Arbeitnehmer dann zu einer Privatkasse wechseln.

      Bisher hatte Schmidt geplant, die Wechselhürde zwar stärker anzuheben - nämlich auf 5100 Euro - aber nur für Berufsanfänger. Die Erhöhung der Wechselhürde für alle Arbeitnehmer soll den Kassen allein im nächsten Jahr 200 bis 300 Millionen Euro mehr bringen. Schmidt erwägt zudem, das Sterbegeld zu kürzen. Die Höchstpreise, die Dentallabors für Zahnersatz nehmen dürfen, sollen um zehn Prozent gesenkt werden.

      Wasser bis zum Hals: Kabinett


      Bittere Pillen soll auch die Pharmabranche schlucken: Hersteller, Großhändler und Apotheker sollen den Kassen insgesamt fast 1,4 Milliarden Euro an Rabatten gewähren. Besonders die Apotheker könnten die Sparpläne hart treffen, wenn die Großhändler ihre Kosten weitergeben. Der einen oder anderen Apotheke drohe womöglich das Aus, heißt es in der SPD. Allerdings gebe es ohnehin eher zu viele Apotheken, sagten Mitglieder der SPD-Fraktion, die noch am Mittwochabend die neue Schmidt-Pläne diskutiert.

      Schmidt und der Koalition steht damit ein "heißer Herbst" bevor. Die Gesundheitsverbände dürften mit aller Macht versuchen, die Sparpläne zu Fall zu bringen. "Es wird einen Aufstand geben", fürchten Gesundheitspolitiker von SPD und Grünen. Die Krankenhäuser halten die geplante "Nullrunde" für sozialen Sprengstoff. Eine solche Deckelung sei eine "unsinnige Notbremse mit vielen Schwerverletzten", sagt der Vorstandssprecher des Gesundheitsunternehmens LBK Hamburg, Heinz Lohmann. "Eine Nullrunde in 2003 für alle Gesundheitsdienstleister ist heller Wahnsinn und kontraproduktiv". Schmidt erhalte dafür von niemandem Unterstützung, droht Lohmann, der Vorstandsmitglieder der Deutschen Krankenhausgesellschaft ist.

      Beifall wird Schmidt vorläufig nur von den Krankenkassen erhalten, die kurzfristig ihre Finanzlöcher stopfen können. Aber auch ihnen droht der Sparwille der Ministerin: Sie sollen Personal- und Verwaltungskosten abbauen - ebenfalls in Milliardenhöhe.


      Im Eiltempo wollen SPD und Grüne die Sofortmaßnahmen durch den Bundestag peitschen. Kommissionen mit Experten und Vertretern der betroffenen Verbände sollen parallel nach dem Vorbild der Hartz-Kommission dann grundlegende Reformen vorbereiten.

      Bei der Rente herrscht noch Ratlosigkeit: Als Sofortmaßnahme will Rot-Grün auf den "Notgroschen" der Rentenkassen zurückgreifen und gut Verdienende stärker belasten. Aber das verlagert nur das Problem in die Zukunft: Höhere Beiträge führen zu höheren Ansprüchen. Mit Schröders zentralen politischen Begriffen "Nachhaltigkeit" und "Generationengerechtigkeit" ließe sich das nicht vereinbaren.
      Avatar
      schrieb am 05.11.02 16:15:43
      Beitrag Nr. 160 ()
      Ein weiters beispiel für politische Dummheit:

      Monopolisierung statt Markt.

      Schlankere Kassen
      Bundesgesundheitsministerin Schmidt will die Zahl der Krankenkassen
      von 370 auf 50 verringern. Kontroverse um Gesundheitsreform hält an


      BERLIN ap/dpa Die Kontroverse um das Gesundheitssparpaket von Ministerin Ulla Schmidt reißt nicht ab. Während die AOK gestern Zustimmung signalisierte, erneuerte Grünen-Fraktionschefin Krista Sager ihre Kritik an einzelnen Maßnahmen. Ärztepräsident Jörg-Dietrich Hoppe kritisierte die Sparpläne als "Programm zur Vernichtung von Arbeitsplätzen im Gesundheitswesen". Unterstützung für Schmidts neue Pläne, die Zahl der Krankenkassen von knapp 400 auf rund 50 zu reduzieren, kam vom Patientenverband.

      In der ARD hatte Schmidt am Sonntag erklärt: "Wir haben mittlerweile ja auch noch ungefähr 370 Kassen. Die brauchen wir nicht … Das sind natürlich 300 verschiedene Vorstände, die aufgelöst werden müssen. Da kann man wirklich sparen", sagte sie. Ab 2003 solle eine Organisationsreform die Möglichkeit von Fusionen vereinfachen, "von Betriebskrankenkassen von mir aus mit AOKs oder anderen".

      AOK-Vorstandschef Hans-Jürgen Ahrens erklärte, die Gesundheitsreform gehe in die richtige Richtung. "Wir brauchen ein plötzliches und auch gleich greifendes Vorschaltgesetz, damit es ein bisschen Zeit gibt, dass die große Gesundheitsreform vorbereitet wird", sagte er. Eine Klage gegen das Einfrieren der Beitragssätze sei vom Tisch, nachdem Schmidt Ausnahmetatbestände verbindlich zugesagt habe. Die Festschreibung der Beitragssätze für ein Jahr könne "man durchaus machen". Dabei müsse die Leistungsfähigkeit einer Kasse jedoch sichergestellt bleiben. Es werde sich zeigen, ob die Beiträge stabil gehalten werden könnten.

      Unterdessen meldete der Bundesverband der Betriebskrankenkassen (BKK) Kritik an der Absicht von Schmidt an, die Zahl der Kassen drastisch zu reduzieren. "Fusionen an sich lösen keine Probleme", sagte ein BKK-Sprecher. "Wir wollen Vielfalt statt Einfalt bei den gesetzlichen Krankenkassen." Die Zahl der BKK habe sich in den letzten fünf Jahren sowieso schon halbiert. Auch die Rechnung "je größer, umso weniger Verwaltungskosten" gehe nicht auf. Die eher kleinen BKK hätten 2001 mit 98 Euro je Mitglied im Schnitt deutlich weniger für die Verwaltung ausgegeben als der Durchschnitt aller Kassen mit 150 Euro.

      taz Nr. 6896 vom 5.11.2002, Seite 2, 74 Zeilen (Agentur)
      Avatar
      schrieb am 05.11.02 16:19:51
      Beitrag Nr. 161 ()
      DT..
      Oh Mann nicht so schnell und viel auf einen Schlag;)

      sonst trifft mich noch der Schlag :D:D

      Alter Mann ist doch kein ICE - eher Regionalbahn - :laugh:

      Grüsse
      Gilly
      Avatar
      schrieb am 05.11.02 16:42:45
      Beitrag Nr. 162 ()
      wenigstens beim GKV-system wäre ein beherzter Schritt möglich, weil hier kein Generationsvetrag wie bei der rentenversicherung vorliegt.


      ANFANG VOM ENDE

      Der unvermeidbare Kollaps des Rentensystems


      Von Vlad Georgescu

      Die Anhebung der Rentenbeiträge erweist sich als Schritt in die verkehrte Richtung und Tropfen auf den heißen Stein zugleich: Wissenschaftler rechnen mit einem kompletten Zusammenbruch der Rentenversicherung und prophezeien Beitragssätze von über 40 Prozent.

      "Die Alterung der Gesellschaft wird ablaufen wie ein Uhrwerk"


      Hamburg - Die Zahlen beschäftigen derzeit die Republik, doch wenn es nach den Berechnungen von Herwig Birg, Direktor am Institut für Bevölkerungsforschung und Sozialpolitik (IBS) der Universität Bielefeld geht, ist das erst die Spitze des Eisberges: Auf 19,5 Prozent soll der Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung im nächsten Jahr steigen, damit die beschlossene Rentenanhebung 2003 Jahr stattfinden kann. Zugleich werde die Beitragsbemessungsgrenze von derzeit 4500 auf 5100 Euro angehoben und die Schwankungsreserve weiter reduziert, verkündete die aus SPD und Grüne bestehende Koalitionsrunde am gestrigen Montagabend in Berlin. Zwar hätte der Beitrag gemessen am prognostizierten Wachstum "minimal darunter" liegen können, erklärte SPD-Fraktionschef Franz Müntefering heute im Deutschlandfunk - und verkannte damit wie Politiker aller Couleur die bittere Wahrheit: Das Rentensystem steht am Anfang vom Ende.
      Die Charts, die das belegen, basieren auf der demografischen Entwicklung in der Bundesrepublik. Seit Jahren legt Birg das Datenmaterial vor - ohne in der Politik Gehör zu finden. Die Vergreisung der Gesellschaft hierzulande, erklärt der Wissenschaftler unverblümt, werde das soziale System der Bundesrepublik in wenigen Jahrzehnten kollabieren lassen. "Die Alterung der Gesellschaft ist keine Option, die sich durch gesellschaftliches und politisches Handeln gestalten lässt", sagt Birg, der auch als Berater des Bundesverfassungsgerichts und der Vereinten Nationen tätig ist, "sie wird ablaufen wie ein Uhrwerk".


      IN SPIEGEL ONLINE

      · Renten-Krise: Warum Rot-Grün (noch) nicht die Wahrheit sagt (05.11.2002)

      · Sparbeschlüsse: Handwerk befürchtet Verlust tausender Jobs (05.11.2002)

      · Gesundheitssystem vor Finanz-Kollaps: Rot-Grün packt den Sparhammer aus (30.10.2002)




      Mit mathematischer Präzision sei demnach voraussagbar, dass bis 2080 der Anteil der Menschen über 60 weiter steigt. Der Grund: Jede Frau gebärt heute - statistisch betrachtet - lediglich 1,3 Kinder in ihrem Leben. Selbst wenn wieder mehr Kinder das Licht der Welt erblicken würden, könnte Birg keine Entwarnung geben. Grund für die programmierte Baby-Baisse ist die generationenbedingte Verzögerung des Bevölkerungswachstums, denn weniger Kinder zeugen weniger Nachkommen. Weil die Lebenserwartung des Einzelnen indes steigt, ist der Effekt für die Gesellschaft unausweichlich: Sie vergreist.

      So wird bis zum Jahr 2050 die Zahl der über 60-Jährigen in Deutschland um 9,9 Millionen zunehmen, der Anteil der 20- bis 60-Jährigen jedoch um 16 Millionen zurückgehen. Damit steht aber schon heute fest, dass die vor knapp 150 Jahren zu Bismarcks Zeiten eingeführte Rentenversicherung faktisch tot ist. Der Grundgedanke nämlich, die Rentenbeiträge im sogenannten Umlageverfahren direkt und ohne zeitliche Verzögerung für die Rentenauszahlungen an die heutigen Rentner zu verwenden, wird bereits 2050 nicht mehr umzusetzen sein. Während im Jahr 2000 auf 100 Menschen im Alter zwischen 20 und 60 Jahren noch 43 zu Versorgende über 60 fielen, werden es in fünfzig Jahren über 90 sein. Zu viel, um das System am Leben halten zu können. Genau drei Möglichkeiten stehen Birg zufolge Politikern zur Verfügung, um diesen gordischen Knoten zu lösen - und alle drei sind politisch nicht durchsetzbare Varianten. Nach einer ersten Berechnung müsste sich der Beitragssatz zur Rentenversicherung im Jahr 2050 auf knapp 42 Prozent verdoppeln, um das heutige gängige Rentenniveau von 64 Prozent halten zu können. Alternativ müssten Rentner in Zukunft mit Rentenniveaus von 30 Prozent leben müssen, wollte man den Beitragssatz, wie heute üblich, bei rund 20 Prozent konservieren. Korrekturen dieser Art werden indes gerne ignoriert. "Sozialpolitiker, die selbst für die demographisch schwierigen Jahre nach 2020 nur wenig steigende Beitragssätze versprechen, verkennen die Brisanz der weiter steigenden Lebenserwartung", meint auch Norbert Walter, Chefvolkswirt der Deutschen Bank Gruppe, und urteilt: "Sie wird in vielen Bevölkerungsprognosen - auch in der offiziellen des Statistischen Bundesamtes - nur unzureichend erfasst."

      Auch die zweite Handlungsoption erscheint wenig charmant. Denn wollte Vater Staat den Rentnern auch in 20 Jahren noch ihr wohlverdientes Ruhegehalt auf heutigem Niveau zahlen, müssten die nachfolgenden Generationen einen Großteil ihres letzten Lebensdrittels in der Firma verbringen. Schon 2018 würden Berufstätige dann tatsächlich bis zum 65., im Jahr 2074 gar bis zum 73. Lebensjahr arbeiten.

      Die bereits heute oft nur auf dem Papier existierende Renteneintrittszeit von 65 Jahren wäre demnach in Zukunft die untere Latte des Renteneintrittsalters - darunter ginge nichts. Vorruhe mit 58, oder gar Austritt aus dem Arbeitsleben mit 55 Jahren bei entsprechender Abfindung und anschließender Vorruhestandsregelung, wie heute von Unternehmen und Staat vielfach praktiziert, wären dahin. Vor allem Personalmanager dürften auf die längere Lebensarbeitszeit verstimmt reagieren - zumal die Wirtschaft bereits heute viel Wert auf Jung-Dynamik und aktuelles Know-how legt.

      Die Ängste der Politiker, die Gunst ihrer Wählergemeinde zu verlieren, schürt auch Lösungsvorschlag Nummer drei. Weil sich das deutsche Volk bis 2080 keineswegs aus eigenem Antrieb heraus selbst verjüngen kann, müssten junge Einwanderer ins Land, um die Renten zu sichern. Die benötigte Zahl freilich dürfte jedem Kanzler den Schweiß auf die Stirn treiben: Insgesamt 188 Millionen Menschen müssten bis 2050 nach Deutschland einwandern, um den Anstieg des Altersquotienten zu stoppen. Sogar diese Menschenflut hätte jedoch nur einen vorübergehenden Effekt, weil die jungen Migranten eines Tages selbst vergreisen würden. Als flankierende Maßnahme müsste die Lebendgeburtenrate auf 3,8 Kinder je Frau steigen - sogar in den Entwicklungsländern liegt sie derzeit im Durchschnitt bei lediglich 3,0.

      Die aktuelle Beitragserhöhung sei trotz der erdrückenden Fakten der falsche Weg, sagt Walter: "Wir leben noch in einer demographischen Schönwetterperiode." Tatsächlich dürfte die unaufhaltsame Vergreisung erst ab 2020 auch für Laien erkennbar einsetzen. Bis dahin, rät der Deutsche Bank Chefvolkswirt der Politik, bliebe noch ausreichend Zeit für das Durchforsten des Rentensystems nach veralteten Leistungen.

      So könne beispielsweise die Frühverrentung ebenso wie die nahezu alljährliche Anhebung der Renten gestrichen werden. Auf letzteres zu verzichten indes hieße freilich, für jede Bundesregierung, rund 18 Millionen Wählerstimmen zu riskieren. Doch gravierender als der potenzielle Stimmenverlust sei es, die kommenden Generationen durch Ignorieren der Tatsachen bewusst zu betrügen, meint Walter: "Sie zahlen heute ein und bekommen am Ende nichts."
      Avatar
      schrieb am 05.11.02 20:12:59
      Beitrag Nr. 163 ()
      Die Welt :
      Ulla Schmidt will 300 Kassen wegfusionieren  

      Der Vorschlag von Ulla Schmidt, die Zahl der gesetzlichen Krankenkassen per Gesetz zu reduzieren, stößt bei diesen auf Widerstand


      Berlin - Die SPD-Gesundheitsministerin hatte sich für eine Reduzierung der Kassen von derzeit 370 auf 50 ausgesprochen, um Verwaltungskosten zu sparen. Dazu soll es kommendes Jahr eine Organisationsreform geben, die auch Fusionen von Betriebskrankenkassen (BKK) mit Ortskrankenkassen erlaubt.

      Der BKK-Bundesverband sprach sich daraufhin "klar gegen Zwangsvereinigungen" aus. Seit 1996 habe sich die Zahl der BKK durch Fusionen auf 270 halbiert, "aber nur dort, wo es sinnvoll war". Die BKK hätten einen Durchschnittsbeitrag von 13,2 Prozent versus 14 Prozent insgesamt. Die Verwaltungskosten betrügen 98 Euro pro Mitglied und Jahr versus 150 Euro insgesamt. Dies zeige, dass mehr Effizienz auch ohne Zwangsfusionen möglich sei.

      Von der Techniker Krankenkasse (TK) hieß es, Fusionen könnten ein sinnvolles Mittel für mehr Effizienz sein, "solange wir nicht auf ein Kassenmonopol zusteuern". Allerdings plant die TK - wie auch die anderen großen Ersatzkassen wie Barmer oder DAK - nichts dergleichen. Stattdessen, so die TK, müsse mit der Organisationsreform das Privileg der BKK fallen, Kassen zu gründen und allen Versicherten zu öffnen, was den Ersatzkassen untersagt sei.

      Unterdessen bekam Ulla Schmidt erstmals Unterstützung für ihr Sparpaket. Der Vorstands-vorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Hans-Jürgen Ahrens, sagte, das Spargesetz sei notwendig zur Vorbereitung der Gesundheitsreform. Ulla Schmidt will 2003 unter anderem mit einer Nullrunde für Ärzte und Krankenhäuser bis zu 3,5 Mrd. Euro einsparen. Die Ärzte protestieren dagegen scharf. Ahrens deutete an, dass die 17 AOK keine Beitragserhöhungen anstreben.
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      Die erste, ich betone erste mutige Tat der SPD, einen Irrsinn zu unterbinden, den sich kein anderes Land der Welt leistet : Verwaltungskosten von 370 Krankenkassen mit Zweigstellen im ganzen Bundesgebiet, die zu einem Aufwand an Kosten von 14 Milliarden pro Jahr führen. Der Markt für Medikamente liegt zum Vergleich etwa bei 16 Milliarden.

      Und es gibt dennoch Arschlöcher, die aufschreien. Welch eine Perversion. Lieber an der Versorgung Kranker sparen, als effektiv wirtschaften ( wäre allerdings mit dem Verlust von Arbeitsstellen für einige Sesselpupser verbunden).
      Avatar
      schrieb am 05.11.02 22:37:40
      Beitrag Nr. 164 ()
      Fusionen sind sinnvoll - aber Wettbewerb auch.

      Ich halte viel davon, wenn der MArkt für alle geöffnet wird und richtiger Wettbewerb stattfindet.
      Keine Einschränkung mehr für GKV´s auf PKV-gebiet und umgekehrt.

      10 bis 20 GKV-KAssen reichen dicke.

      DAs wird sich dann auf 4-10 Kassen in 10 JAhren konzentrieren.
      Avatar
      schrieb am 06.11.02 15:57:40
      Beitrag Nr. 165 ()
      5. November 2002 zurück · Druckversion

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      Ä R Z T E S C H A F T
      In Brandenburg fehlen Ärzte

      COTTBUS. Brandenburgs Ärzten geht der Nachwuchs aus. Vor allem im ländlichen Raum machen sich der Landesärztekammer zufolge Defizite bemerkbar. Praxen stünden leer, es fehlten rund 180 Assistenz- und Fachärzte.

      Der Grund für diese Entwicklung: Der Arztberuf werde für Jungmediziner immer unattraktiver. Jeder Dritte suche sich nach dem Medizinstudium eine Tätigkeit außerhalb der Patientenversorgung. „Wenn jetzt nichts getan wird, dann dauert es 20 Jahre, bis das System wieder reibungslos arbeitet“, erklärte der Präsident der Landesärztekammer Brandenburg, Dr. med. Udo Wolter.

      Deshalb sei es nötig, die Arbeitsbedingungen für den Nachwuchs schnell zu verbessern. Dazu gehöre insbesondere, die Phase des „Arztes im Praktikum“ abzuschaffen. Ein „AiPler“ verdiene rund 800 Euro im Monat – bei voller Arbeitsbelastung.
      /hil
      Avatar
      schrieb am 07.11.02 21:17:43
      Beitrag Nr. 166 ()
      #163 fettinsky:

      Der Anteil der Verwaltungsausgaben an den gesamten Ausgaben der Krankenkassen liegt bei knapp 6 %. Das bedeutet bei einem Beitragssatz von 14,5 % sind hierfür 0,87 Beitragssatpunkt erforderlich. Um diesen Satz könnte also der Beitrag gesenkt werden. Voraussetzung wäre u.a. allerdings, dass sich die Angestellten der Kassen sich bereit erklären, ihr Einkommen von Spenden ihrer Versicherten zu bestreiten.

      Vielleicht solltest Du Dir einmal darüber Gedanken machen, welche Rolle der Rückgang der Lohnquote für die Einnahmesituation der Krankenkassen spielt. Wäre die Lohnquote noch wie in den 70er Jahren hätten die meisten Kassen auch noch Beitragssätze von etwa 11 %. Auch sollte berücksichtigt werden, dass die Krankenkassen seit 1995 durch gesetzliche Umverteilungsmaßnahmen um etwa 30 Millliarden Euro belastet worden sind. So wurden mal eben die Beiträge, die das Arbeitsamt für Arbeitlose zahlt, um 20 Prozent gekürzt.

      Eine Diskussion Wert wäre auch die Frage, warum das kapitalistische Wirtschaftssystem trotz des gewaltigen Produktivitätsfortschritts, den es ohne Frage hervorgebracht hat, nicht in der Lage ist, auf Dauer ein funktionsfähiges Sozialleistungssystem aufrechtzuerhalten.
      Avatar
      schrieb am 08.11.02 01:21:44
      Beitrag Nr. 167 ()
      Schmidt macht wieder einmal eine Milchmädchenrechnung auf.

      Nullrunde heißt ja nicht nur die angeblichen 158 € weniger Einkommen, sondern gleichzeitig ein vielfaches an MehrAUSGABEN.
      Oder gibt es einen generellen staatlichen Preisstopp?

      Einen Lohnstopp bei Arzthelfer/innen, Mieten, Heizungskosten,.... ??? Wohl kaum. Und die Steigerung der Lohnnebenkosten der Angestellten wird ja auch stattfinden.

      Wer so die Menschen verarschen will wie Schmidt, der gehört nicht auf diesen Posten.


      Ein Arbeitsmarkt für 4,2 Millionen Menschen wird gegen die WAnd gefahren.

      Es hat bereits einmal (1997) einen zwangsweisen Entlassungschub bei den Praxen gegeben.
      DAmals erklärte JAgoda den staunenden Journalisten auf der Pressekonferenz erläutert, weshalb im Frühjahr die Arbeitslosenzahlen nicht gesunken waren:

      "Die niedergelassenen Ärzte sparen durch ihre wirtschaftliche Lage bedingt massiv Personal ein."

      Dies wird in den nächsten Monaten erneut geschehen.

      Nur dieses Mal werden auch die Krankenhäuser entlassen müssen.

      Absurd: Durch die Verweigerung des Inflationsausgleiches werden zehntausende Menschen zusätzlich arbeitslos werden.

      Und allein dadurch werden NOCH weniger die GKV_Beiträge zahlen können und die Bundesanstalt für Arbeit wird ein mehrfaches der Einsparungen an Arbeitslosengeld und Sozialen Ersatzleistungen zahlen müssen.

      NAchdem man auf diese Art zehntausende Arbeitslos machte,die eigentlich einen notwendigen Job machen, werden diese oder andere Menschen über zweifelhafte, teure Lohnsubventionierungen in unsichere zeit-Arbeitsplätze einer anderen Branche gedrückt, in einen anderen Beruf, wo sie mit anderen um die wenigen Jobs konkurrieren.

      Wegen knapp 1-2% an Inflationsausgleich.....


      Echt klasse, das RotGrüne Konzept.... brilliant.

      Dafür zahlen wir den 44.000 verbleibenden Steinkohle-Kumpels 3,6 Mrd. Euro an Subventionen (für jeden das VIERFACHE des Lohnes! ) , damit diese gerade einmal 1,8% des Energiebedarfes der Bundesrepublik erzeugen können.

      Echt klasse, Hut ab, Herr Clemens! :D

      Vielleicht können ja einige Sprechstundenhilfen jetzt auf den zukunftssicheren Job eines Bergarbeiters Umschulen?





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      Proteste gegen Sparvorhaben von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) angekündigt. Kassen stützen Pläne

      BERLIN dpa Ärzte, Krankenhäuser und Apotheker proben den Aufstand gegen das Sparpaket von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD). Parallel zur ersten Lesung des Notprogramms im Bundestag kündigten die im "Bündnis für Gesundheit" vereinten Verbände eine Protestwelle an. Zum Auftakt würden am Dienstag Beschäftigte vor das Brandenburger Tor ziehen.

      Als Folge der Sparpläne drohten Engpässe bei der Versorgung, Wartelisten bei Operationen und der Abbau von mehr als 60.000 Stellen, erklärten die Verbandsvertreter. Ärztepräsident Jörg Dietrich Hoppe forderte, lieber kurzfristig die Beiträge steigen zu lassen, als bei Ärzten und Kliniken zu sparen. Der Kostenstopp werde "unweigerlich auch ein Leistungsstopp".

      Schmidt warf den Verbänden dagegen Realitätsverlust vor. Ein Kassenarzt verliere durch die Sparpläne gerade 158 Euro monatlich an Honorarzuwachs. Auch Verbraucherverbände und Kassen stellten sich hinter Schmidts Sparpaket. Dieses sei sozial ausgewogen.

      Als Folge der Sparpläne müssen die Kassenärzte laut Ministerium 2003 auf 220 Millionen Euro an Honorarzuwachs verzichten, Zahnärzte auf 100 Millionen. Den Krankenhäusern gehe 340 Millionen an Zuwachs verloren. Zum Vergleich: Die Versicherten tragen durch die Halbierung des Sterbegelds rund 380 Millionen Euro zur Entlastung bei. Auch die gesetzlichen Kassen erwarten bis zu 300 Millionen Euro Mehreinnahmen, weil durch die höhere Versicherungspflichtgrenze mehr Gutverdiener bei ihnen bleiben müssen.

      taz Nr. 6899 vom 8.11.2002, Seite 2, 53 Zeilen (Agentur)
      Avatar
      schrieb am 09.11.02 13:24:39
      Beitrag Nr. 168 ()
      Der Beweis, daß die Bürger

      erstens

      klüger sind als die Politik

      und
      zweitens

      der Politik nicht mehr im geringsten glauben:



      http://www6.focus.de/G/GO/GOA/goa.htm?snr=235&streamsnr=7&ne…
      Avatar
      schrieb am 15.11.02 10:20:38
      Beitrag Nr. 169 ()
      Der Blindflug der Neulinge
      aus Berlin HEIKE HAARHOFF

      Die Worte wabern durch den Versammlungsraum im Reichstagsgebäude. Absenkung der monatlichen Schwankungsreserve. Rückkehr zum indikationsabhängigen Festzuschuss. Kapitaldeckungsverfahren der Zusatzversorgungskassen.

      Michael Hennrich sagt keinen Ton. Er versteht ja auch kaum einen Ton. Zu wenig jedenfalls, sagt der Bundestagsabgeordnete, "um mich zu Wort zu melden und mehr zu erreichen als eine Erwähnung im Protokoll". So schweigt er und verfolgt das Geschehen im Saal.

      Knapp 50 Experten aus Krankenhäusern, Krankenkassen, Arzneimittelhersteller- und Apothekerverbänden, Verbraucher- und Versicherungsgesellschaften, Gewerkschaften und Arbeitgeberorganisationen halten an diesem Dienstag ihre Vorträge. Das Publikum besteht aus 40 Abgeordneten, die dem "Ausschuss für Gesundheit und soziale Sicherung" des Bundestags angehören. Kurz vor der Abstimmung erhoffen sie sich noch einmal Argumentationshilfen von außerparlamentarischen Experten. Am heutigen Freitag wird abgestimmt. Es geht darum, dass Millionen Arbeitnehmer und ihre Unternehmen höhere Rentenbeiträge zahlen müssen und dass für die Gesundheitsversorgung der Menschen weniger Geld zur Verfügung steht. Zwei höchst umstrittene Gesetzentwürfe der rot-grünen Bundesregierung.

      Michael Hennrich sitzt für die CDU im Gesundheitsausschuss. 37 Jahre ist er alt, von Beruf Rechtsanwalt, spezialisiert auf Wirtschaftsverfahren. Die Wähler aus dem Kreis Nürtingen westlich von Stuttgart haben ihn Ende September in den Bundestag befördert, damit er ihre Interessen vertrete. Es sind seine ersten Wochen als Abgeordneter, der Ausschuss hat sich erst letzte Woche konstituiert. "Ich wollte wirklich gern in den Gesundheitsausschuss", sagt er, "und als unbefangener Mensch im Interesse des Allgemeinwohls entscheiden."


      Über Nacht 63 Seiten Protokoll

      Das hat er nun davon: Drinnen müht er sich, der Diskussion zu folgen, draußen demonstrieren 15.000 Menschen gegen die Gesundheitspolitik der Regierung, und am Freitag wird Michael Hennrich abstimmen. Er weiß, dass er opponieren wird. Er ist schließlich in der CDU. Aber er wird als inhaltlicher Laie entscheiden. Für eine gewissenhafte Auseinandersetzung mit den geplanten Gesetzen blieb keine Zeit, sagt Michael Hennrich. Nicht einmal den Mitgliedern des Gesundheitsausschusses, die sich mit den Gesetzentwürfen eingehender befassen sollen, bevor das ganze Parlament über sie berät und beschließt. Und die gelten innerhalb ihrer Fraktion immerhin als Experten.

      Experten. Er guckt aus großen Augen wie einer, der betrogen wurde und zur Gegenwehr noch zu überrascht ist. "In kürzester Zeit werden hier Gesetze durchgepeitscht", sagt er, "ohne Rücksicht auf Neulinge." Jeder kann selbst zusehen, wie er sich durch die sperrig formulierten Papiere kämpft.

      Der Anhörung im Bundestag folgt einen Tag später eine Ausschusssitzung. Es ist die zweite dieser Legislaturperiode, nicht mal alle Abgeordneten gleicher Parteizugehörigkeit hatten bislang Gelegenheit, sich mit Namen kennen zu lernen. "Den Herrn Hennrich suchen Sie? Ja, in welcher Partei soll der denn sein", fragt ein CDU-Abgeordneter am Eingang zum Sitzungsraum.

      Einen Tag nach der Anhörung geht es im Ausschuss wieder um die Spar- und Eilgesetze im Sozialbereich. Die Protokollanten waren fleißig: 63 Seiten stark ist über Nacht ihre Zusammenfassung der Expertenanhörung aus dem Reichstag geworden. Hennrich wünscht sich eine Woche Zeit, um die Ergebnisse bewerten zu können, Fachbegriffe noch einmal nachzuschlagen. Schon aber bringt die Hauspost sieben neue Änderungsanträge zu einem Gesetzentwurf, der zuletzt vor acht Tagen geändert wurde, und dessen Namen Hennrich schon wieder vergessen hat. Zur Kenntnisnahme. Für mehr reicht es ohnehin nicht.

      "Das Parlament muss aus eigener Kraft initiativ werden." Hennrich grinst ein bisschen, wie er, der Jurist, sich da selbst erzählt, was Gewaltenteilung ist, so als laufe er Gefahr, es zu vergessen. "Tatsächlich verlassen sich die Abgeordneten aus Zeitmangel zu stark auf die Regierung."

      Was bleibt ihnen auch? Von 40 Mitgliedern gehörten nur 15 bereits in der vergangenen Legislaturperiode dem Gesundheitsausschuss an. Sieben haben sich immerhin schon im früheren Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung mit dem Thema Rente beschäftigt. Die 18 anderen sind neu im Bundestag oder aus anderen Fachausschüssen hierher gewechselt. Die Wahl 2002 brachte den Generationenwechsel. Der Gesundheitsausschuss gilt als einer der thematisch komplexesten, einer, der seinen Mitgliedern ein hohes Maß an Fleiß, aber auch Misstrauen abverlangt: So viele widerstreitende Interessen und mächtige Lobbyisten gibt es anderswo selten. Umso schwerer wiegt der Verlust von Kontinuität und Fachwissen.

      Bei den Grünen ist nach dem Ausscheiden von Monika Knoche und Exministerin Andrea Fischer aus dem Bundestag sowie dem Aufstieg der Rentenexpertin Katrin Göring-Eckardt zur Fraktionschefin gesundheits- und rentenpolitisches Fachpersonal rar. Von den vier Grünen im Ausschuss hat nur eine bereits Bundestagserfahrung, jedoch nicht in der Gesundheitspolitik. Die anderen schlagen sich durch.

      Einmal und nie wieder

      Der Politikwissenschaftler Markus Kurth, 36, hatte auf Platz zwölf der Grünen-Landesliste von Nordhrein-Westfalen kaum mit einem Ruf nach Berlin gerechnet. Erst nach der Wahl fing er an, sich gezielt einzuarbeiten - in die Gebiete Wirtschaft und Arbeit. Es war das falsche Thema, denn er ließ sich von Parteifreunden in den Gesundheitsausschuss drängen. Zur Belohnung wurde er sozialpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion.

      Markus Kurth sagt, er könne nicht beschwören, alle Details des Sparpakets zu kennen, für das er heute stimmen wird. "Ich gehe aber davon aus, dass ein solcher Vorgang, vor allem die Geschwindigkeit, mit der er vorangetrieben wurde, die Ausnahme bleibt."

      Ein zweites Mal, da sind sich die Neuen im Bundestag über Parteigrenzen hinweg einig, wollen sie sich nicht vom politischen Aktionismus der Regierung überrumpeln lassen. Nicht etwa aus Wut über die eigene Unterlegenheit, sagt der CDU-Neuzugang Jens Spahn, o nein. "Es heißt, die Opposition soll konstruktiv mitarbeiten. Dann muss ihr dazu auch Gelegenheit gegeben werden."

      Aus Ahaus kommt er, dort, wo Atomkraftgegner regelmäßig die Straßen vor dem Castor blockieren. Mit 15 in die Junge Union, mit 17 in die CDU, mit 22 als Direktkandidat in den Bundestag. Jens Spahn, von Beruf Bankkaufmann, weiß, wie man sich durchsetzt. "Wir werden das System grundlegend ändern müssen", sagt er nach nicht mal zwei Monaten im Parlament. Krankenkassen sollten wie Hausratversicherungen funktionieren, "Leistung und Eigenbeteiligung legt jeder selbst fest", und von den Alten müsse endlich Gerechtigkeit, also Verzicht eingefordert werden, "die jetzige Rentenpolitik ist eine Katastrophe für unsere Generation". Jens Spahn findet, dass es dafür lohnt, sich mit der eigenen Fraktion anzulegen. Noch sei er dazu nicht ausreichend eingearbeitet. Wann hätte er das auch tun sollen? In den ersten Wochen musste er sich eine Wohnung in Berlin suchen, als Arbeitsraum wurde ihm ausgerechnet ein altes PDS-Büro zugeteilt, das zuerst nicht einmal einen Computer hatte. Das fand er nicht lustig. Die Visitenkarten sind bis heute nicht gedruckt.

      Normal, ganz normal sei dieses Aufmucken, wenn einer neu ist im Bundestag, sagt der SPD-Politiker Peter Dreßen. Mit acht Jahren Parlamentszugehörigkeit gehört der 59-jährige Gewerkschafter aus Südbaden schon zu den alten Hasen. "Du wirst ins kalte Wasser geworfen, kämpfst dich durch, ärgerst dich auch über die eigenen Leute, denkst, was die machen, dafür bist du nicht gewählt worden, diesen Dreck trägst du nicht mit." Für Dreßen hieß der Dreck Kosovokrieg. Er wehrte sich. Stimmte dagegen. "Sprecher oder Staatssekretär ist dann natürlich nicht mehr drin." Stattdessen: Einladungen zu Ranghöheren, vermeintlich verständnisvolle Gespräche, sanfter Druck. Wer die Mehrheit gefährdet, gefährdet sich selbst.

      Die Nullrunden für Krankenhäuser, die Erhöhung der Rentenbeiträge? "Wir müssen das jetzt machen", sagt Dreßen, "ich glaube, was da als Gesetzentwurf vorliegt, ist gut." Um Abweichler muss sich die SPD bei der Abstimmung jedenfalls keine Sorgen machen, nicht einmal bei denjenigen, die wissen, dass die Gesetze nicht der große Wurf sind.

      Der große Wurf kommt später

      Die Hautärztin Marlies Volkmer, 55 Jahre, hatte schon zwölf Jahre Gesundheitspolitik im sächsischen Landtag hinter sich, bevor sie vor wenigen Wochen nach Berlin wechselte - mit dieser Qualifikation ist sie eine Ausnahme unter den Neuen. "Wir in den neuen Ländern werden durch die Nullrunden stärker belastet", sagt die SPD-Politikerin, und macht zum Beweis eine Rechnung auf: Ursprünglich seien dem Osten 2,1 Prozent Budgetsteigerung zugesagt gewesen, dem Westen hingegen nur 0,8 Prozent. "Bei eingefrorenen Budgets ist der Verzicht im Osten also real größer." Trotzdem wird Marlies Volkmer zustimmen, sie hofft ja,dass die wirkliche Reform erst noch kommt.

      Darauf setzt auch die 48-jährige SPD-Abgeordnete Hilde Mattheis aus Ulm. "Natürlich konnte ich in der kurzen Zeit nicht Punkt für Punkt überprüfen, ob das Gesetz wirklich hält, was es verspricht", sagt die Lehrerin. Wichtig ist der Bundestagseinsteigerin, dass vor allem Pflegerinnen und Pfleger nicht noch mehr arbeiten müssen als bisher, wenn die Budgets eingefroren werden. Genau deswegen aber gingen diese in den vergangenen Tagen auf die Straße. Hilde Mattheis sagt: "Ich vertraue den Einschätzungen meiner Kollegen mit längerer Erfahrung."

      taz Nr. 6905 vom 15.11.2002, Seite 3, 267 TAZ-Bericht HEIKE HAARHOFF

      taz muss sein
      Avatar
      schrieb am 15.11.02 15:09:53
      Beitrag Nr. 170 ()
      Erschütternd:

      Ab 13:30 leerte sich bei noch laufender Debatte über das existenzielle Problem dieses Staates (Die Sozialvesricherungssysteme) das Plenum.
      um 14:30 waren noch ca. 20% der MdB´s im Bundestag....

      Gehälter wie geschäftsführer, Arbeitsmoral und Engagement wie ein Pfoertner.

      Und arrogant und dreist wie Bundesligaspieler.

      laut dem heutigen ZDF-Politbarometer würde die

      SPD 26% (!!!)
      CDU 55% (!!!)

      und

      Grüne 9%
      FDP 5% (!)
      PDS 3%

      bekommen.
      Avatar
      schrieb am 15.11.02 15:18:31
      Beitrag Nr. 171 ()
      Empfehlenswert: http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/0,1872,1020935,00.html


      Ärztemangel bedroht Ostdeutschland

      Mediziner-Nachwuchs zieht es ins Ausland

      Kassenärztliche Vereinigungen und Ärzteschaft warnen vor einem medizinischen Versorgungsnotstand in Deutschland. Eine große Zahl von praktizierenden Ärzten erreicht in den nächsten Jahren das Rentenalter und der Nachwuchs bleibt aus. Immer mehr Praxen stehen heute schon leer.


      Immer weniger Absolventen
      Das Problem besteht schon seit längerer Zeit, doch erst jetzt droht es akut zu werden: In Deutschland gibt es zu wenig Nachwuchs bei den Medizinern. Um mehr als 23 Prozent ging die Zahl der Medizin-Absolventen in den letzten Jahren zurück. Nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) brechen jährlich rund 2400 junge Menschen ihr Studium ab. Die Zahl der Ärzte im Praktikum, also die Zahl der Absolventen, die ihre Mediziner-Karriere fortführen, ist seit 1994 um ein Viertel gesunken.


      Erschwerend kommt hinzu, dass die ausgebildeten Mediziner verstärkt in fachfremde Berufe wechseln oder ins Ausland gehen. Gefragte Berufszweige sind nach Angaben der Bundesärztekammer Unternehmensberatungen und Pharmaunternehmen. Auch zieht es immer mehr junge Absolventen ins Ausland, vornehmlich in die USA. Dort haben sie bessere Arbeitsbedingungen als in Deutschland, vor allem, wenn sie in die Forschung wollen. "Die Besten gehen nach Amerika", sagt auch Professor Jürgen Meyer, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM). Dort könne man viel unbelasteter von täglichen Routineaufgaben seinen Interessen folgen. Mittlerweile wanderten 40 Prozent der Absolventen ab oder arbeiteten in anderen Berufszweigen. Ein Ärztemangel drohe nach seiner Ansicht nicht, sondern er sei schon längst Wirklichkeit.


      Immer schlechtere Bedingungen
      Ein Grund für die abnehmende Zahl neuer Ärzte seien nach Ansicht der Ärzteschaft die gewandelten Rahmenbedingungen: Arbeitszeiten von 70 Stunden seien keine Seltenheit, die Bezahlung sei schlecht und die Karriereaussichten in Deutschland ließen zu wünschen übrig. All dies dämpfe die Lust auf ein Medizinstudium und erhöhe die Zahl der Studienabbrecher, die mit dem anspruchsvollen und lernintensiven Studium ohnehin schwer zurecht kämen, berichten viele Mediziner.


      Zum Problem des mangelnden Nachwuchses kommt die Überalterung der Ärzteschaft hinzu.
      In den kommenden zehn Jahren werden nach Angaben des Vorsitzenden der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern, Axel Munte, rund ein Viertel aller Hausärzte in Pension gehen. "Da werden wir einen richtigen Ärztemangel haben". Der Anteil der Mediziner, die über 59 Jahre alt sind, ist in den letzten fünf Jahren um 45 Prozent angestiegen.


      In Ostdeutschland ist die Lage noch dramatischer: Dort erreichen 35 bis 40 Prozent aller Hausärzte in den nächsten zehn Jahren das Rentenalter. Und auch hier ist kein Nachwuchs in Sicht, denn im Osten sind die Bedingungen noch schwieriger. Ostdeutsche Mediziner erhalten immer noch nur 75 Prozent der West-Honorare, obwohl sie im Vergleich zu ihren Kollegen bis zu 20 Prozent mehr Patienten haben. Die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen fordert bereits jetzt die Greencard für osteuropäische Mediziner, auch Sachsen-Anhalt spricht sich für die Anwerbung ausländischer Kräfte aus.


      Immer mehr leere Praxen
      Die Zeit drängt: In Brandenburg und Sachsen-Anhalt stehen zur Zeit mehr als 130 Hausarztpraxen leer, in Sachsen schlossen in den letzten beiden Jahren über 60 Praxen ohne Nachfolger. In Thüringen sind 50 Arztpraxen verwaist. Und das soll erst der Anfang sein: In Sachsen-Anhalt rechnen die Kassenärztlichen Vereinigungen in den nächsten fünf Jahren mit weiteren 450 Arztpraxen, die geschlossen werden In Sachsen gehen in den nächsten acht Jahren 1000 der knapp 2500 Hausärzte in Rente. Im Freistaat war im Jahr 2001 die Anzahl der Praxisschließungen mit 24 so hoch, wie im gesamten Zeitraum 1995 bis 1999. Ebenso hoch ist die Zahl der Facharztpraxen, die ohne Nachfolger sind und daher schließen müssen.



      Thüringens Gesundheitsminister Frank-Michael Pietzsch (CDU) fordert den Bund zum Handeln auf: "Wenn die Probleme von den Verantwortlichen nicht bereits jetzt schon aufgegriffen werden, ist insbesondere für die fünf neuen Länder ein akuter Ärztemangel vorprogrammiert". Kritik übte Pietzsch an Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD). Sie habe einen drohenden Ärztemangel bestritten.
      Avatar
      schrieb am 16.11.02 14:05:37
      Beitrag Nr. 172 ()
      .


      Maximale Verwirrung

      Wie schlimm muss man finden, was die Regierung gestern im Bundestag abgeliefert hat? Die Regelungen zu Rente und Gesundheit wurden nicht umsonst "Notgesetze" getauft. Es handelt sich um Notfälle und um Notdürftigkeit. Na gut. Aber gestern passierte auch das Gesetzespaket zum Thema Hartz in absoluter Rekordgeschwindigkeit den Bundestag. Warum um Himmels Willen dieses Tempo?


      Kommentar
      von HEIDE OESTREICH

      Dass es viel zu schnell ging, zeigte nicht nur die Leidensmiene des SPD-Gewerkschafters Ottmar Schreiner, der nicht fassen konnte, dass die Koalitionsfraktionen diskussionslos die Absenkung der Arbeitslosenhilfe beschlossen haben. Das belegt auch ein Entschließungsantrag zum Gesetz. Danach sollen die Gesetze in Zukunft da, wo sie leider noch völlig unausgegoren sind, durch weitere Gesetze präzisiert werden. Das tut weh.

      Was Arbeitsminister Clement und Kanzler Schröder mit diesem Hartz-Schnellschuss erreicht haben, ist maximale Verwirrung: Die Leiharbeitsbranche jammert nicht nur, sie hat tatsächlich keine Ahnung, ob die Gewerkschaften so freundliche Tarifverträge abschließen werden, wie Onkel Clement anmahnt. Solche Verunsicherungen wären vermeidbar gewesen. Mit etwas mehr Vorlauf hätte man klären können, welche Form von Leiharbeit man will. Ja, man hätte sich auf ohnehin vorhandene Grundlagen beziehen können: etwa die neue EU-Richtlinie zur Leiharbeit, die eine Diskriminierung von Leiharbeitern, also ihre Schlechterstellung gegenüber der Stammbelegschaft, verbietet.

      Stattdessen log Clement zur Beruhigung der Branche, es gebe nur Basislöhne für Leiharbeiter. Im Gesetzentwurf dagegen steht, dass viele Zulagen in die Entlohnung eingeschlossen sind. Was sinnvoll ist, denn es ist EU-konform. Hat Clement sich nicht mehr getraut, das zu sagen?

      Genauso wie bei Leiharbeit hätte man in Ruhe überlegen müssen, was haushaltsnahe Dienstleistungen eigentlich sind oder was eine Ich-AG tun darf. Doch: Handlungsfähigkeit sollte demonstriert werden, Dilettantismus ist herausgekommen. Diese Regierung liefert der Opposition eine Steilvorlage nach der anderen. Die Steilvorlage Notgesetze hätte sie sich mit mehr Ehrlichkeit vor der Wahl ersparen können. Dass ihr nicht danach war, ist nachvollziehbar, wenn auch nicht entschuldbar. Die Steilvorlage Hartz-Gesetze jedoch kickt Clement der Union völlig unnötig vor die Füße: Jetzt muss er sich nicht wundern, wenn die auch schießt.

      taz Nr. 6906 vom 16.11.2002, Seite 1, 85 Zeilen (Kommentar), HEIDE OESTREICH, Leitartikel
      Avatar
      schrieb am 18.11.02 01:54:53
      Beitrag Nr. 173 ()
      "Völlig antiquiertes Politikverständnis"

      Der Münchener Soziologieprofessor Ulrich Beck kritisiert die rot-grüne Reformpolitik als ideenlos und veraltet

      BERLIN taz Die rot-grüne Regierung zeichnet sich durch einen eklatanten Mangel an "großen Ideen" aus, die gerade eine wirkliche "Reformpolitik in Zeiten der Krise" ausmachen. Diesen Vorwurf erhebt der Münchener Soziologe Ulrich Beck im taz-Interview. Die Regierung verfange "sich immer wieder in einem Pragmatismus des Kleinredens von Ideen", sagt Beck. Bundeskanzler Gerhard Schröder verfahre nach dem Motto: "Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen."

      Beck, der den Begriff der "Risikogesellschaft" prägte und als einer der meistdiskutierten deutschen Sozialwissenschaftler gilt, wirft Rot-Grün ein "völlig antiquiertes Politikverständnis" vor: "Die denken doch tatsächlich, sie sitzen an den Hebeln der Macht und müssen von paritätisch besetzten Kommissionen ergrübelte, konsensgestählte Konzepte ,nur eins zu eins` umsetzen." Ausgerechnet Rot-Grün verpasse damit aber die Chancen einer "sich verflüssigenden Welt".

      Das Versagen der etablierten Parteien begünstige den Rechtspopulismus. Denn trotz der politischen Entzauberung dieser Parteien in Österreich, Deutschland und den Niederlanden sieht Beck die Gefahr nicht gebannt. Zwar sei der Rechtspopulismus kein stabiler Bündnispartner für konservative Parteien, doch bestünden die Gründe fort, die dem Rechtspopulismus zum Aufstieg verhalfen. GB

      interview SEITE 3
      taz Nr. 6907 vom 18.11.2002, Seite 1, 46 Zeilen (TAZ-Bericht), GB

      taz muss sein: Was
      Avatar
      schrieb am 18.11.02 01:59:13
      Beitrag Nr. 174 ()
      "Rot-Grün verpatzt die Chancen"
      Interview ROBERT MISIK

      taz: Herr Beck, Sie haben Ihrem neuen Buch eine Einleitung über das Aufkommen des Rechtspopulismus in Europa vorangestellt. Nun ist die Liste Pim Fortuyn in Holland kollabiert, Schill ist entzaubert, Möllemann ist krank, und in Österreich droht der FPÖ eine vernichtende Niederlage. Ist der Spuk schon wieder vorbei?

      Ulrich Beck: Ich fürchte, diese Deutung ist zu einfach. Die Gründe, die dem rechten Populismus zum Aufstieg verholfen haben, bestehen fort. Dazu gehört vor allem, dass sich die etablierten Parteien nicht die Mühe machen, die großen Fragen anzugehen, die weltweit auf der Tagesordnung stehen. Die Schwäche der traditionellen Kräfte ist die Stärke der populistischen Kräfte. Aber in den Ereignissen, die Sie erwähnen, liegt dennoch eine Lehre, nämlich die: Der Rechtspopulismus ist kein stabiler Bündnispartner für konservative Parteien. Die rechte Mitte hat darum zwei sehr unangenehme Alternativen, die beide für sie schwer zu akzeptieren sind: Entweder muss sie sich für sozialdemokratische und grüne Themen öffnen, oder sie geht ein Bündnis mit dem Chaos ein.

      Man könnte aber doch auch sagen: Nehmt die Populisten so schnell wie möglich in die Regierung, dann sind sie nämlich hin.

      Schauen wir doch kurz über Europa hinaus. Im Grunde haben wir doch auch eine rechtspopulistische Regierung in den USA, die es sehr geschickt versteht, durch eine große Mission - Krieg gegen den Terror - andere Fragen zu absorbieren und große Mehrheiten zu erzielen. Freiheitsrechte werden abgebaut und militärische Optionen aufgebaut. Das strahlt auf Europa aus. Die Gefahr des Rechtspopulismus ist keineswegs gebrochen.

      Einzelne Debakel sind also einzelne Debakel - nicht mehr?

      Fragen wir umgekehrt: Wo liegt der Sieg der Rechtspopulisten? Vordergründige Antwort: in dem Einzug in die Regierung. Aber das ist nicht alles. Er liegt ja wesentlich darin, dass ihre Ziele und Werte in die etablierten Parteien hineingetragen werden. Der rechte Populismus infiziert das politische Milieu. Das sieht man in Frankreich, in Österreich und in Italien sowieso, auch in Großbritannien.

      Sie haben vom Dilemma der traditionellen Politik gesprochen. Dafür, so die Schlüsselthese Ihres neuen Buchs, ist deren fortbestehende Nationalstaatszentriertheit verantwortlich. Demgegenüber plädieren Sie für einen "selbstkritischen Kosmopolitismus" als die nächste "große Idee". Ist das nicht Wunschdenken?

      Das ganze Buch ist ein Versuch, zu zeigen, dass es kosmopolitische Realpolitik gibt. Früher hieß es, es gibt nationale Realpolitik auf der einen, den humanitären, kosmopolitischen Idealismus auf der anderen Seite. Ich drehe das um. Im Grunde sind wir in einer Situation, in der nationalstaatliche Lösungen fiktiv und illusionär geworden sind. Politischer Realismus heißt daher, zu sehen, dass wir unsere drängendsten, auch nationalen Probleme eben nicht mehr im Alleingang lösen können.

      Politik hat daraus bisweilen ihre Schlüsse gezogen, nehmen wir nur die Schaffung der Europäischen Gemeinschaft. Zuerst stand ein eher katholisch-konservativer Kosmopolitismus Pate. Die Integration vertiefte sich durch die Schaffung wechselseitiger Wirtschaftsinteressen und durch zunehmende Verrechtlichung bis hin zur Europäischen Union. Was Europa bestimmt, ist heute ein kosmopolitisches Modell, keineswegs ein nationalstaatliches, wenngleich das noch immer in den Köpfen herumspukt.

      Andererseits krankt es genug in diesem seltsamen europäischen Superstaat. Bis die Bürger die EU als ihr Staatswesen begreifen, ist es noch ein weiter Weg …

      Das liegt aber daran, dass dieser Kosmopolitismus noch nicht richtig verstanden wird. Wir glauben, am Ende der europäischen Staatsbildung müsse entweder ein Europa der Vaterländer stehen oder aber ein europäisches Volk, eine Homogenität, wie wir sie aus dem Nationalstaat kennen. Beide Vorstellungen leiten in die Irre.

      Der Verfassungsentwurf, der nun dem EU-Konvent vorgelegt wurde, ist der ein großer Sprung vorwärts?

      Für die Vielfalt der politischen Verfassungskulturen braucht es jetzt einen Verfassungsrahmen und den - sehr wichtigen - symbolischen Überbau. Denn wie man die Bürgerrechte im europäischen Rahmen definiert, entscheidet darüber, wie sich die Bürger mit Europa identifizieren, über Grenzen hinweg engagieren.

      Sie nennen noch weitere Beispiele für Ihre These vom kosmopolitischen Realismus: den Fall Pinochet, den Internationalen Strafgerichtshof. Aber gibt es nicht auch genügend Gegenbeispiele?

      Ja, und es gibt auch verwirrende Mischformen. So kann der Kosmopolitismus für nationalstaatliche Hegemonieinteressen instrumentalisiert werden. Oder die Kooperation zwischen Staaten kann im Dienste einer Zitadellenvision stehen; das sieht man deutlich an der gegenwärtigen Irak-Debatte und auch insgesamt am Krieg gegen den Terror.

      "Realitätsveränderung setzt Blickveränderung voraus", schreiben Sie. Dass die Welt sich ändert, wenn wir nur unsere Perspektive auf sie ändern, ist ja eine gewagte These.

      Das ist mein zentraler Punkt. Die Vorstellung, dass die Politik am Ende ist und sich in ihrem Detailgestrüpp verfängt - wie das jetzt wieder in Deutschland hochkommt -, die stimmt nur, wenn man Politik mit nationalstaatlicher Politik gleichsetzt.

      Was müsste ein Politiker, der auf der Höhe unserer Zeit ist, Ihrer Meinung nach tun?

      Die Vorstellung etwa, dass man mit der Konzentration auf einzelne Detailfragen der Arbeitsmarktregulierung - wie sie in Deutschland der Hartz-Plan vorsieht - die Gesellschaft reformieren kann, ist jedenfalls eine Fehlvorstellung. Gerade eine Reformpolitik in Zeiten der Krise bedarf großer Ideen, um große Mehrheiten zu erlangen. Nur so kann man Menschen aktivieren oder dazu bewegen, Einschnitte hinzunehmen.

      Aber Leute wie Schröder oder Fischer sind ja nicht dumm. Und doch bleiben sie meist weitgehend reaktiv, weil sie einfach mit einer Fülle immer neuer Probleme konfrontiert sind, auf die sie meist auch schnell reagieren müssen.

      Und sie verfangen sich immer wieder in einem Pragmatismus des Kleinredens von Ideen. Dann dürfen sie sich aber nicht wundern, wenn sie in diesem Mechanismus zerrieben werden. Der Verzicht auf Ideen ist ein Verzicht auf Macht.

      Das Publikum wäre bereit für eine ambitionierte Reformpolitik?

      Ich denke schon. Im Grunde sind doch alle unsere Gesellschaften gespalten: in eine experimentierfreudigere Hälfte und in jene, die sich stärker abkapseln, traditionalistisch, protektionistisch reagieren. Diese Polarisierung ist stark zu spüren, ob in den USA, in Deutschland oder anderswo. In Deutschland hat sich gezeigt, dass sich die eher weltoffene Strömung durchsetzen konnte, auch bei Wahlen.

      Allerdings nicht auf der Basis eines besonders elaborierten Reformprogramms.

      Ich sage: Obwohl sie ein charismatisches Reformprogramm nun wirklich nicht hatte, hat sie sich dennoch durchgesetzt!

      Nur zwei Monate nach der Wahl ist Rot-Grün einem Kreuzfeuer der Kritik ausgesetzt. Schon wieder ein Fehlstart?

      Schröder verfährt nach dem Motto: Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen. Rot-Grün hat ein völlig antiquiertes Politikverständnis. Die denken doch tatsächlich, sie sitzen an den Hebeln der Macht und müssen von paritätisch besetzten Kommissionen ergrübelte, konsensgestählte Konzepte nur "eins zu eins" umsetzen. Ausgerechnet Rot-Grün verpatzt die Chancen einer sich verflüssigenden Welt, hat die Macht bildende Kraft der Ideen verloren und droht darum zu scheitern.

      Ist es nicht so, dass ambitioniertere Ideen meist untergehen, weil die Politik nach allen Seiten hin Kompromisse schließen muss - innerhalb der nationalen Gesellschaften, im Kontext der EU, gar nicht zu reden vom globalen Kontext. Wie soll da große Politik wieder entstehen?

      Nehmen wir den 11. September 2001. Damals wurde schlagartig ein Konsens geschaffen. Die Gefahr für alle ließ alte Gräben, zumindest für eine historische Weltsekunde lang, zusammenbrechen. Das eröffnete Handlungsräume. Ein anderes Beispiel: Die größte Revolution, die Schröder in seiner Regierungszeit vollbrachte, vollzog sich im Wirbelsturm der BSE-Krise. Da wurde möglich, was vorher undenkbar war: Die Agrarlobby, die das Landwirtschaftsministerium seit Jahrzehnten geradezu besitzt, wurde mit einem Federstrich entmachtet.

      Politiker sollten Gewehr bei Fuß stehen, um bei der nächsten Katastrophe die Gelegenheit zu nutzen?

      In solchen Momenten gerät das, was völlig sicher schien, ins Wanken. Das zu nutzen ist eine der handwerklichen Fähigkeiten, die man von einem Politiker verlangen kann. Natürlich gibt es auch positivere Beispiele …

      … der Herbst 1989, der Fall der Mauer, wäre ein solches …

      … ja, nur kann die Politik solche windows of opportunities nur nutzen, wenn sie gewillt ist, sich Mehrheiten für große Ideen zu erkämpfen.

      taz Nr. 6907 vom 18.11.2002, Seite 3, 253 Interview ROBERT MISIK

      taz muss sein
      Avatar
      schrieb am 18.11.02 02:07:31
      Beitrag Nr. 175 ()
      Superreformer Rürup prescht vor
      Kaum ist Bert Rürup zum Chef der großen Reformkommission der Sozialversicherungen ernannt, sendet er auf allen Kanälen. Auf seine Ministerin nimmt er dabei wenig Rücksicht. In der SPD kommt Skepsis auf: Ist der Querkopf überhaupt der Richtige?
      :laugh:
      von JEANNETTE GODDAR

      Man fragt sich, wer da eigentlich mit wem streitet. Wenn die Riester-Rente als private Vorsorge nicht massenhaft genutzt werde, müsse man über eine Zwangsversicherung nachdenken, sagt die eine. "Eindeutig verfrüht", sagt der andere. Die Deutschen würden schon lernen, sich eigenverantwortlich um ihre Altersvorsorge zu kümmern.

      Die eine, das ist die Ministerin für Gesundheit und Soziales, Ulla Schmidt (SPD). Der andere ist mitnichten ihr christlich-sozialer Widersacher Horst Seehofer. Sondern ihr Parteigenosse Bert Rürup - jener Mann, der Schmidts neue Superkommission leiten soll.

      Die Besetzung der "Kommission für die Nachhaltigkeit in der Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme" ist noch nicht einmal bekannt, da lassen sich Rürups Positionen schon allerorten finden. In zahllosen Interviews und Beiträgen tut er sie kund - und lässt dabei kaum ein gutes Haar an der Politik seiner Auftraggeberin.

      Die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze bei der Rente hält er für "konzeptionslos". Er sagt: "Das hätte ich so nie gemacht!" Besser wäre es, so Rürup, von 2011 bis 2030 das Renteneintrittsalter schrittweise auf 67 anzuheben.

      In der Gesundheitspolitik sind seine Vorschläge noch umwälzender: Weg mit den einkommensabhängigen Krankenkassenbeiträgen, fordert er. Stattdessen solle jeder eine "Kopfpauschale" von 200 Euro bezahlen. Dadurch entstehende Ungerechtigkeiten sollten das Steuersystem sowie Transferleistungen ausgleichen. Gesetzliche Kassen sollten nur noch für Basisleistungen zuständig sein, für "Wahlleistungen" von Akupunktur bis Zahnersatz möge man sich privat versichern.


      Nun ist der 59-jährige Finanzwissenschaftler, der auch schon die CDU-Regierung beriet - von Rürup etwa stammte Norbert Blüms demografischer Rentenfaktor -, zwar im Besitz eines SPD-Parteibuchs. Dennoch war übertriebene Nähe zu sozialdemokratischen Urpositionen nicht zu erwarten. Wofür Rürup steht, kann man seit Jahren an seiner Arbeit ablesen. Ob als Finanzwissenschaftler, Wirtschaftsweise, Rentenexperte oder Mitglied des Sozialbeirats der Bundesregierung - immer steht Rürup für eines: dass die sozialen Sicherungssysteme ohne einen radikalen Kurswechsel vielleicht stückchenweise zu reformieren, aber letztlich nicht zu retten seien.

      Dass das so manchem SPD-Ordnungspolitiker zu weit gehen würde, war ebenfalls zu erwarten. Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Karl Hermann Haack, war jetzt der Erste, der auf Rürups lautstarken Dienstantritt reagierte. Haack teilte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung mit, führende Fraktionsmitglieder seien der Auffassung, Rürup möge sich "entsprechende Zurückhaltung" auferlegen. Laut FAZ gibt es bereits Überlegungen, ihm den Auftrag zu entziehen. Ein Sprecher des Sozialministeriums erklärte, man halte an Rürup fest: "Und dabei bleibt es auch."

      taz Nr. 6907 vom 18.11.2002, Seite 8, 100 Zeilen (TAZ-Bericht), JEANNETTE GODDAR
      Avatar
      schrieb am 18.11.02 02:41:35
      Beitrag Nr. 176 ()
      steht das Baord? kann nichts posten...
      Avatar
      schrieb am 18.11.02 12:03:55
      Beitrag Nr. 177 ()
      Interview
      „Ungerechtigkeit im Gesundheitswesen ist aberwitzig“

      11. April 2002 Mehr Wettbewerb unter Krankenkassen, Krankenhäusern und Ärzten könnte dem deutschen Gesundheitswesen aus den Finanznöten helfen, sagt Eberhard Wille, Volkswirt an der Universität Mannheim. Wille ist stellvertretender Vorsitzender des Sachverständigenrats für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen. Mit diesem Gespräch eröffnet FAZ.NET im Rahmen der FAZ.NET-Debatte „Zukunft Deutschland“ eine Diskussion um die Gesundheitspolitik.

      Herr Wille, seit zwanzig Jahren versuchen deutsche Gesundheitsminister, das kostenträchtige Gesundheitssystem zu reformieren. Braucht es einen Befreiungsschlag der Politik?

      Die Kostenanstieg im Gesundheitswesen ist ein internationales Problem. Nach den Daten der OECD sind die Gesundheitsausgaben in jedem Land dieser Erde stärker gewachsen als das Bruttoinlandsprodukt (BIP).

      Gibt es Unterschiede je nach den ordnungspolitischen Rahmenbedingungen der einzelnen Länder?

      Kaum. Sie finden den Kostenanstieg in Ländern mit marktwirtschaftlich organisiertem Gesundheitssystem wie den Vereinigten Staaten und der Schweiz genauso wie in steuerfinanzierenden Ländern wie Großbritannien und in beitragsfinanzierten Systemen wie in Frankreich und bei uns. Es gibt kein Land, dem es in den vergangenen dreißig Jahren gelungen wäre, die Gesundheitskosten auf einem Niveau mit dem BIP wachsen zu lassen. Im Gegenteil hat Deutschland das mit der gesetzlichen Krankenversicherung ab 1975 noch am ehesten geschafft. Seitdem steigen die Behandlungsausgaben etwa so wie das BIP.

      Worin liegt dann die Not des deutschen Gesundheitssystems?

      Die Finanzierungsbasis bricht weg. Die besteht ja nur noch aus Arbeitsentgelten und Renten. Die Wachstumsrate dieser beitragspflichtigen Einkommen ist wesentlich schwächer als das BIP. Von 1985 bis 1998 erreichte das beitragspflichtige Einkommen nach unseren Berechnungen etwa 55 bis 60 Prozent des Wachstums des BIP. Selbst wenn es uns also gelingt, die Wachstumsrate auf der Ausgabenseite auf der des BIP zu halten, müssen die Beitragssätze steigen, weil die Einnahmen nicht ausreichen.

      Warum haben sich die Ausgaben besser entwickelt als die Einnahmen?

      Auf der Ausgabenseite haben wir alle drei Jahre eingegriffen, um das System zu stabilisieren. Auf der Einnahmenseite haben wir sogar das Gegenteil getan, indem wir die Finanzen der Krankenversicherungen zugunsten der Arbeitslosenversicherung und der Rentenversicherung reduziert haben. Letztlich ereilt uns das Dilemma, die Beiträge erhöhen zu müssen, alle zwei bis drei Jahre, wenn wir nicht auf der Ausgabenseite extrem rationieren wollen - und da sind die Deutschen nicht so geduldig wie vielleicht die Engländer und die Schweden.

      Was ist also zu tun?

      Entweder lassen wir die Beitragssätze wachsen, was natürlich beschäftigungspolitisch nicht ideal ist. Oder wir erweitern die Finanzierungsbasis und schränken den Leistungskatalog ein. In jedem Fall müssen wir etwas grundsätzlich ändern. Da aber alle vorgeschlagenen Maßnahmen politisch nicht sehr gewinnträchtig sind, verschiebt die Politik das Problem lieber auf die Zeit nach der Bundestagswahl.

      Welche Änderungen schlagen Sie vor?

      Aus meiner Sicht wäre es sinnvoll, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun: zunächst muss man die Beitragsbemessungsgrenze um Zinsen, Mieten und Pachten auf das Gesamteinkommen erweitern. Denn wenn jemand 3000 Euro Lohn bekommt und sein Freund nur 1500 Euro, aber auch 1500 Euro Zinsen, dann bekommen die beiden zwar die gleiche Leistung, aber an Beiträgen zahlt der zweite nur die Hälfte vom ersten. Das ist aberwitzig.

      Zweitens sollte auch die nichtberufstätige Ehefrau, die keine Kinder erzieht und keine Pflegedienste verrichtet, wenigstens einen Mindestbeitrag zahlen. Denn wenn zwei Ehepartner jeweils 3000 Euro verdienen, in einer anderen Familie nur der Ehemann aber 6000 Euro, zahlt das erste Paar doppelt soviel Beiträge wie das zweite. Beide Beispiele verstoßen gegen die horizontale Gerechtigkeit.

      Dritten müssen die versicherungsfremden Leistungen ausgegliedert werden.


      Dann müssen diese Leistungen aber steuerfinanziert werden. Die Belastung für den einzelnen Versicherten bleibt.

      Global bleibt die Abgabenlast dieselbe. Aber der Faktor Arbeit würde von diesen Leistungen nicht mehr unmittelbar belastet. Man könnte die Kosten stattdessen über die Mehrwertssteuer finanzieren. So würde die Belastung von der Arbeit auf den Konsum verlagert.

      Was halten Sie von dem Vorschlag, die Beitragsbemessungsgrenze zu erhöhen?

      Das lehne ich ab. Denn die Menschen, die sich zwischen der gegenwärtigen und der vorgeschlagenen Grenze bewegen, haben schon einen sehr hohen Grenzsteuersatz bei der Einkommenssteuer.


      Diskutiert wird ebenfalls, ob man nur noch eine Reihe von Kernleistungen gesetzlich versichert und es dem Einzelnen überlässt, sich für mehr Leistung privat zu versichern.

      Das wird nicht ausreichen. Ich habe vorgeschlagen, als dritte Möglichkeit Satzungsleistungen einzuführen. Diese Leistungen sollen zwar auch solidarisch finanziert werden, allerdings nur innerhalb einer Krankenkasse. Diese könnte selbst entscheiden, ob sie beispielsweise eher Homöopathie finanzieren will oder Akupunktur. Der Vorschlag spart zwar kein Geld, aber er macht die Kassen flexibler und stärkt den Wettbewerb.

      Wie viel Wettbewerb braucht, wie viel Wettbewerb verträgt ein Gesundheitssystem überhaupt?

      Ich bin ein Befürworter des Kassenwettbewerbs, schon deshalb, weil der Versicherte dann eine echte Option hat. Zudem wäre eine so rigide Rationierung wie etwa in England bei einem Kassenwettbewerb gar nicht möglich. Es gäbe immer einzelne Kassen, die zusätzliche Leistungen anböten, und auch immer Kunden, die dafür mehr bezahlten. Noch ist der Beitragssatz statt des Angebots entscheidend für den Wettbewerb. Denn gleichgültig wo ich versichert bin: Der Arzt, zu dem ich gehe, bleibt immer der gleiche.

      Wettbewerb also nur unter den Krankenkassen?

      Ein Kassenwettbewerb macht nur Sinn, wenn es auch unter den Leistungserbringern einen Wettbewerb gibt. Man darf dabei natürlich nicht auf Qualität und Sicherheit verzichten. Aber Zertifizierungen könnten helfen. Die Krankenkassen sollten damit werben können, dass sie die besten Krankenhäuser und Ärzte unter Vertrag haben. So könnte der Wettbewerb die Qualität sogar noch steigern. Das beinhaltet aber auch das Recht der Kassen, mit Krankenhäusern, die die Leistungen nicht bringen, keine Verträge abzuschließen.

      Das Interview führte Karsten Polke-Majewski, FAZ
      Avatar
      schrieb am 19.11.02 17:23:34
      Beitrag Nr. 178 ()
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      P O L I T I K
      Reformkommission: Rürup für radikale Änderungen im Gesundheitssystem

      BERLIN. Schon vor der offiziellen Berufung der neuen Sozialreformkommission der Bundesregierung sorgt ihr designierter Vorsitzender Bert Rürup mit detaillierten Vorschlägen für Aufsehen. Der Darmstädter Wissenschaftler sprach sich für eine radikale Gesundheitsreform aus. So plädierte er am 16./17. November dafür, den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung auf das medizinisch Notwendige zu beschränken.

      Leistungen wie Zahnersatz könnten „aus dem Grundleistungskatalog herausgenommen und gegebenenfalls einer privaten Versicherung anheim gestellt werden“.
      Bundessozialministerin Ulla Schmidt (SPD) kündigte derweil an, die Mitglieder der Kommission in den nächsten Tagen vorzustellen. Nach Ansicht Rürups könnten die Bürger künftig auch dazu verpflichtet werden, eine „obligatorische private Unfallversicherung“ abzuschließen.

      Ferner könne der Arbeitgeberanteil zur Krankenversicherung in Form eines „Barlohns“ ausgezahlt werden. Dadurch ließen sich die „Gesundheitskosten von den Arbeitskosten entkoppeln“ und die Sozialabgaben senken. Der Experte sagte weiter: „Warum in Deutschland der Internet-Handel mit Medikamenten und der Besitz mehrerer Apotheken verboten ist, warum es eine Preisbindung für Medikamente gibt – das können Sie einem Ökonomen nicht erklären.“

      Der Wirtschaftsweise hält es zudem für sinnvoll, über einkommensunabhängige Beiträge zur Krankenversicherung nachzudenken. Nach gegenwärtigem Stand müsste jeder Erwachsene unabhängig von seinem Lohn eine Prämie von 200 Euro zahlen. Schmidt kündigte im Zug weiterer Reformen die flächendeckende Einführung der Patientenquittung für 2004 an.

      Allerdings würden die Patienten „dann zunächst nur sehen können, was der Arzt unternommen hat“. Die Preisauskunft werde noch etwas auf sich warten lassen. Schmidt will außerdem das Honorarsystem der Ärzte verändern. Ein Arzt, der mehr leiste und bessere Qualität anbiete, müsse auch mehr Geld verdienen.
      Zugleich stellte die Ministerin klar, dass sie sich Rürup als Kommissionspräsidenten gewünscht habe. /ddp
      Avatar
      schrieb am 19.11.02 17:29:15
      Beitrag Nr. 179 ()
      M E D I Z I N
      Demographen: Junge Patienten am teuersten

      ROSTOCK. Die zunehmende Zahl älterer Menschen in Deutschland muss nicht zwangsläufig zu einem Anstieg der Gesundheitskosten führen. Denn anders als weithin angenommen, steigen die Behandlungskosten nicht mit dem Alter der Patienten, wie eine Studie in Social Science & Medicine (2002; 55: 593–608) belegt.


      Eine frühere Studie aus den USA hatte gezeigt, dass ältere Patienten in Krankenhäusern weniger Kosten induzieren als jüngere. Im Jahr 1988 lagen die durchschnittlichen Kosten von Medicare für Patienten im Alter von 65 bis 69 Jahren bei 15 436 US-Dollar. Für die Patienten über 90 Jahre musste die staatliche Versicherung für Rentner dagegen nur 8 888 US-Dollar pro Patient ausgeben.

      Dr. Hilke Brockmann vom Max Planck Institut für Demographische Forschung in Rostock kommt jetzt für zwei AOKen in einem alten (Westfalen-Lippe) und einem neuen Bundesland (Thüringen) zu ähnlichen Ergebnissen. Die AOKen gaben 1997 fast 40 Prozent aller Kosten im Krankenhausbereich für zehn Prozent der Patienten aus. In Westfalen-Lippe waren jüngere Frauen im Alter von 20 bis 49 Jahren, die an Krebs starben, die teuersten Patienten.

      Durchschnittliche Behandlungskosten: 18 560 Euro. In Thüringen musste die AOK am meisten Geld für Brustkrebspatientinnen im Alter von 50 bis 59 Jahren bereitstellen, die innerhalb eines Jahres starben. Nach dem 60. Lebensjahr sinken die Ausgaben für die Patienten deutlich. Die Behandlungskosten der über 90-Jährigen seien nur halb so hoch wie die für die Altersgruppe der 65- bis 69-Jährigen, heißt es in der Studie. Ursache dafür ist nicht etwa ein im Alter verändertes Erkrankungs-Spektrum. Nein: Auch auf die gleiche ICD-Entität bezogen nehmen die Kosten im Alter ab.

      Eine mögliche Erklärung liegt in der höheren Komorbidität im Alter. Diese führe möglicherweise dazu, dass älteren Patienten einige Behandlungen nicht angeboten würden, entweder weil sie zu gefährlich für die älteren Patienten sind oder wie Brockmann sich ebenfalls vorstellen könnte, weil sie nicht genügend evaluiert sind und deshalb von den Ärzten sehr zurückhaltend eingesetzt würden.
      Was nicht unbedingt der medizinischen Evidenz entsprechen muss. Möglicherweise könnten viele Leben gerettet werden, wenn auf eine „Rationierung“ von medizinischen Behandlungen allein aufgrund des Alters verzichtet würde. /rme
      Avatar
      schrieb am 19.11.02 17:39:26
      Beitrag Nr. 180 ()
      Die RotGrüne Koalition war die einzige regierung, die rigorose Maßnahmen der EU gegen die tabakindustrie durch masive Blockade verhinderte. Sie steht damit in der Tradition der Ära Kohl...

      Lancet ist übrigens eine der angesehensten medizinischen Zeitschriften der Erde..... :D


      --------------------------------------------------------

      Krebsgesellschaft fordert energisches Vorgehen gegen die Tabakindustrie

      FRANKFURT. Die Deutsche Krebsgesellschaft hat von der Bundesregierung gefordert, ein unabhängiges Institut damit zu beauftragen, die Aktivitäten der in Deutschland tätigen Zigarettenindustrie zu untersuchen.


      „Mehr und mehr Erkenntnisse“ wiesen darauf hin, dass weltweit operierende multinationale Tabakkonzerne entscheidenden Einfluss auf den Tabakkonsum nähmen, erklärte die Gesellschaft in Frankfurt. Die Tabakwirtschaft versuche nach Angaben der Generaldirektorin der Weltgesundheitsorganisation, Gro Harlem Brundtland, die Gesundheitspolitik einzelner Staaten zu beeinflussen.

      In einem Artikel der Zeitschrift „The Lancet“ (Neumann M et al., Tobacco industry strategies for influencing European Community tobacco advertising legislation, The Lancet, Vol. 359, 1323–1330, April 13, 2002) wird in diesem Zusammenhang „Deutschland als zuverlässigster Partner der Zigarettenindustrie in Europa“ bezeichnet. /hil
      Avatar
      schrieb am 20.11.02 15:40:46
      Beitrag Nr. 181 ()
      Kurze, sehr grobe Überschlagsrechnung, wieviele Arbeitsplätze die "Nullrunde" von Frau Schmidt voraussichtlich vernichten wird:


      Also, bei einem Markt von sagen wir einmal 220 Mrd. für stationäre und ambulante Medizin und einer Lohnquote von über 70% geht es im gesundheitssystem also um insgesamt

      4,2 Millionen Arbeitsplätze

      und

      154 Mrd. an gehältern.

      Mal sehen, wieviele Hunderttausend Arbeitsplätze Frau "Superschlau" BMG Schmidt im Verlauf der nächsten 12 Monate vernichtet hat.

      Durchschnittlich entspricht das - sehr grob "über-alles" gerechnet - einem mittleren gehalt von 36.600 € pro Arbeitsplatz.

      Bei einem Gesamt-Lohneffekt für Lohnabschluss im öffentlichen Dienst plus bezahlung von bisher unbezahlten Überstunden zzgl. zusätzlicher Arztstellen für die umsetzung des EUGH-Urteils und der Abschafung der Verstöße gegen das Arbeitszeitschutzggesetz von INSGESAMT nur 2%

      wären das bereits 84.000 Arbeitsplätze bei "Nullrunde" .

      DA die nicht lohnabhängigen Kosten jedoch immerhin ca. 30% der 220 Mrd betragen, würde eine moderate Kostensteigerung der Sach- und Betriebskosten von nur 3% weitere 126 mio € ausmachen, so daß noch einmal ca. 5.000 Arbeitsplätze bei Kostenneutralität freigesetzt würden.

      diese äusserst grobe rechnung ist natürlich sehr optimistisch, denn erfahrungsgemäß werden ja die Schwächsten im Arbeitsmarkt freigesetzt.

      deren Jahreslohn liegt niedriger -und sie sind schwer vermittelbar.

      Also dürfen wir Frau Schmidt gratulieren, daß ihre Initiative vorraussichtlich über 100.000 Arbeitsplätze vernichten wird und ein gehöriger Anteil dieser menschen fortan Langzeitarbeitslos sein wird... Einige derer werden dann 2004 die Errungenschaften der der Sozialhilfe noch weiter angenäherten Arbeitslosenhilfe = "Arbeitslosengeld II" kennenlernen. Die Insolvenzverwalter und Gerichtsvollzieher haben dann halt mehr Arbeit.

      Diese 100.000 Menschen haben dann natürlich keine Gelegenheit mehr, Sozialabgaben in der früheren Höhe zu zahlen.

      Also wird es eine noch stärkere Schieflage der Sozialen Sicherungsysteme geben. Dies wird natürlich einschneidende Reaktionen erfordern: Neue Nullrunde, die in wirklichkeit ja eine Minusrunde ist.


      Die Sprechstundenhilfen haben übrigens einen Flächentarifvertrag. Da sind Mauscheleien beim Gehalt nicht drin bzw. untertarifliche Bezahlung einklagbar.

      Also keine Chance für freiwilligen Lohnverzicht.

      ich kenne einige NIedergelassene, die bereits, um nicht selber die BAnkkredite wegen unwirtschaftlichkeit zu gefährden, Überlegungen anstellen MÜSSEN, welche(n) Angestellten sie ein übles Weihnachtsfest und ein Böses neues Jahr bereiten werden.

      Wer meint, dies sei Schwarzmalerei:

      Alles bereits dagewesen - 1997 wurden bereits viele zehntausend Arbeitsplätze auf diese Art endgültig entsorgt.

      DAs ist Amtlich - hat Jagoda damals in der Frühjahrs-Pressekonferenz zugegeben.



      Aber dafür bezahlen wir halt ein vielfaches an Subventionen für 300 % überteuerte Steinkohle und die Ruhrkohle AG schafft damit defacto in den USA Arbeitsplätze.

      Ein wirklich überzeugendes Konzept.

      DAfür läßt sich Schröder halt feiern, wenn irgendwo ein Bruchteil der Menge an Arbeitsplätzen mit Subventionen erhalten werden.

      Motto: Lieber medienwirksam vor 1.000 mit Steuergeldern für nur 12 Monate subventionierten Arbeitnehmern feiern lassen, die dann trotzdem ihren Arbeitsplatz verlieren, als unspektakulär 100.000 Arbeitsplätze erhalten, die sonst unwiderruflich verloren sind.

      Alles eine Frage der Show.

      Und das ist ja das einzige, wovon Schröder bis vor der WAhl etwas verstanden hat.

      Aber selbst das ist vorbei.



      Übrigens.... mit "Nullrunde" ist nicht, wie man verständlicherweise meinen könnte, die KABINETT-RUNDE, sondern die faktische MINUS-RUNDE bei den Arbeitsplätzen im Gesundheitssystem gemeint..... :D
      Avatar
      schrieb am 20.11.02 21:02:17
      Beitrag Nr. 182 ()
      Rot-Grün ruiniert die Krankenversicherung immer mehr. Bisher wurde keine einzige Reform durchgeführt und die Versicherung durch Gesetze, Vorschriften und Verordnungen aufgebläht und total unübersichtlich gemacht. Hier ist ein radikaler Schritt erforderlich. Leider hat die Bundesregierung das nicht im "Kreuz" und wir steuern auf ein finales Fiasko zu.
      Avatar
      schrieb am 02.12.02 12:34:15
      Beitrag Nr. 183 ()
      Die Auswirkungen der chaotischen Flickschusterei der RotGrünen regierung auf den medizinischen Arbeitsmarkt und die PAtientenversorgung werden fürchterlich sein.

      Das planwirtschaftliche Krankenhaus-Budgetierungssystem, das leistungsfeindlich ist, wird uns zusätzlich in das Chaos führen. Wenn ein Krankenhaus leistungsfähig ist und im Verlaufe eines JAhres mehr Patienten behandelt als ursprünglich geplant (Krankheitsfälle lassen sich nicht "Planen" ), so wird im deutschen System das Krankenhaus dafür nicht belohnt, sondern mit satten Abschlägen bei den Entgelten bestraft.

      Meine seit über einem Jahr geäusserte Prognose, daß auch in deutschland in vielen Bereichen bald englische Verhältnissse (= lange Wartezeiten, demotivierte, unterbezahlte Leistungsträger) herrschen werden, werden mittlerweile von unverdächtiger Stelle bestätigt:


      http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,224825,00.html


      Kleiner Auszug aus dem Spiegel-Interview mit dem Vorstand der Rhön-Klinikum AG:

      Münch: ...Die Krankenhäuser müssen versuchen, diese irgendwie zu füllen oder zu schließen. Beides ist teuer, denn sie müssen investieren, um so Patienten anzulocken - oder sie müssen Prozesse ändern. Wer das nicht kann, den wird es erwischen.

      SPIEGEL ONLINE: Wie viele werden das sein?

      Münch: Das ist schwer zu beziffern. Viele kleine Häuser können schon heute keine Rationalisierungsinvestition mehr finanzieren. Bisher war das einfach: Der öffentlich-rechtliche Träger hat Fördermittel erhalten oder Geld bei der Sparkasse aufgenommen. Die meisten Landkreise und Städte stehen finanziell aber selbst an der Kante.

      SPIEGEL ONLINE: Nun belastet die Misere im Gesundheitswesen nicht nur die anderen. Wie sehr leidet Ihr Unternehmen unter der "Nullrunde", die die Regierung verordnet hat?

      Münch: Es gibt schon seit Jahren Preisrückgänge, weil viele Krankenhäuser - auch unsere - mehr Patienten behandeln, als ihr Budget vorsieht. Wir haben bisher gesagt: Das ist fürs Marketing richtig, wenn später die Budgets steigen - aber im Grunde geben wir den Krankenkassen einen Mengenrabatt. Wenn die Budgets nun gar nicht mehr erhöht werden sollen, wird dieser Effekt verschlimmert. Jeder zusätzliche Patient führt zu Kosten, die fast gar nicht refinanziert werden.

      SPIEGEL ONLINE: Immerhin, Sie müssen weiter sparen. Wie machen Sie das?

      Münch: Einmal, indem wir keine neuen Stellen schaffen und in den vorhandenen Häusern die Kapazität halten. Für unser Material haben wir Preise, die schon gut ausgehandelt sind. Jetzt müssen wir den Warenverbrauch senken. Das geht quer durch und betrifft über 20.000 Artikel - eine komplexe Aufgabe. Außerdem können wir nur noch in Ausnahmefällen mehr Patienten behandeln, als vom Budget gedeckt sind.

      SPIEGEL ONLINE: Irgendwo müssen diese Patienten hin.
      Münch: Sie wandern wahrscheinlich auf Wartelisten. In manchen Bereichen wie bei der Herzchirurgie werden die nicht so lang sein, weil die Kapazitäten hoch sind, schlimmer ist es beispielsweise in der Orthopädie. Am meisten steigen die Wartezeiten bei den modernsten Krankenhäusern, die ohnehin den größten Zulauf haben. Da können wir den Anzug nicht weiter dehnen, nur, um es allen Recht zu machen.
      Avatar
      schrieb am 02.12.02 12:38:33
      Beitrag Nr. 184 ()
      Deutlich saftigere Beiträge drohen


      Unerwartet viele Ersatz- und Betriebskrankenkassen planen offenbar noch in diesem Jahr erhebliche Beitragserhöhungen. Die „Bild"-Zeitung berichtete am Montag von rund 100 Kassen, die dies planten. Das Bundesversicherungsamt (BVA) habe bereits 29 entsprechende Eilanträge genehmigt und erwarte weitere 60 Anträge, hieß es. Der Norddeutsche Rundfunk berichtete, dass die Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK), die Hamburg-Münchner und die Barmer Ersatzkasse (BEK) ihren Beitragssatz eventuell auf über 15 Prozent erhöhen müssten. Die DAK bestätigte den Bericht, nannte aber nicht die Höhe der Steigerung.


      Laut „Bild“ will beispielsweise die Bahn-BKK ihre Beitragssätze von 13,5 auf 14,5 Prozent anheben. Der Chef der Abteilung Beitragsentwicklung bei der BVA, Rainer Pfohl, wird in dem Blatt zitiert: „Wir schätzen, dass weitere 60 Anträge auf Beitragserhöhungen gestellt werden.“ Die Bundesregierung will Beitragserhöhungen für das kommende Jahr gesetzlich verbieten.

      Laut NDR wollen die Verwaltungsräte von DAK und BEK über mögliche Beitragserhöhungen noch Mitte Dezember beschließen. Gleiches gelte für die Betriebskrankenkassen von Esso, Shell und Securvita, heißt es in dem Bericht weiter. Grund seien die massiven Defizite der Kassen. Die beiden größten Ersatzkassen BEK und DAK haben laut NDR derzeit ein Defizit von jeweils rund 400 Millionen Euro.

      02.12.02, 10:56 Uhr
      Avatar
      schrieb am 02.12.02 13:31:58
      Beitrag Nr. 185 ()
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      Krankenhäusern droht Existenzfrage


      ANNA TRÖMEL


      Durch die angedrohte Nullrunde und die Einführung des Fallpauschalensystems nimmt der Kostendruck auf die Krankenhäuser zu. Dem Dilemma können sie auch nicht mit eigener Initiative entkommen.


      FRANKFURT/M. Deutschlands Krankenhausfunktionäre schlagen Alarm. Die Sparpläne der Bundesregierung, insbesondere die für 2003 in Aussicht gestellte Nullrunde für Krankenhäuser, gefährden nach Ansicht des Verbandes der leitenden Krankenhausärzte 40 000 Arbeitsplätze. Und das, obwohl der Sektor schon heute an einem akuten Ärzte- und Pflegekräftemangel leide. Das werde der Patient auszubaden haben, prophezeit Verbandspräsident Hermann Hoffmann. Er sieht die regionale und soziale Chancengleichheit im Gesundheitswesen in Gefahr.

      Für Eugen Münch, Chef der privaten Krankenhausgruppe Rhön Klinikum AG, ist diese Chancengleichheit schon lange nicht mehr gegeben. „In Deutschland herrscht Über- und Unterversorgung gleichzeitig“, sagt er. Während in manchen Regionen Wartelisten für Operationen geführt würden, weil Kapazitäten fehlen, seien in anderen Gegenden leer stehende Krankenhausbetten die Regel. Schuld daran sei die Starre der Bettenbedarfspläne, die eine ausreichende Auslastung der Krankenhäuser gewährleisten sollen. Da nur die dort berücksichtigten Häuser mit einer Erstattung ihrer Leistungen durch die gesetzlichen Krankenkassen rechnen können, werden potenzielle Wettbewerber vom Markt ferngehalten.

      Unter dem Strich gilt die deutsche Krankenhauslandschaft jedoch als überversorgt. Während in Deutschland auf 10 000 Einwohner knapp 93 Krankenhausbetten kommen, sind es nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums in Frankreich 85 und in Dänemark lediglich 45. Als medizinisch unterversorgt gelten diese Länder deswegen noch lange nicht. Insbesondere in Skandinavien wurde der Kostenexplosion schon deutlich früher durch einen Ausbau der ambulanten Versorgung begegnet. Auch dank der zunehmenden Bedeutung von Methoden, die den Körper weniger stark belasten, können Patienten dort oft bereits wenige Stunden nach dem Eingriff nach Hause geschickt werden. Die Nachsorge erfolgt ambulant und ist dadurch deutlich weniger kostspielig. In Schweden gelang es auf diese Weise, die Bettenzahl pro 10 000 Einwohner von 140 im Jahr 1980 auf nur 37 im Jahr 1999 zu senken.

      Ähnliches hat auch das Bundesgesundheitsministerium im Blick, das durch die Einführung des Fallpauschalensystems die Krankenhäuser zu mehr Effizienz nötigen und die ambulante Versorgung stärken will. Statt an der Liegezeit orientiert sich das neue Abrechnungssystem an der Diagnose. Zu kämpfen hat Ministerin Ulla Schmidt (SPD) hierbei allerdings mit dem massiven Widerstand der Krankenhausärzte, die das Schreckbild der „blutigen Entlassung“ des Patienten aus Kostengründen an die Wand malen. Experten gehen davon aus, dass sich mindestens jede zehnte der 2 242 Akut-Kliniken in den kommenden Monaten die Existenzfrage stellen wird. Gefährdet sind vor allem etliche kleinere Häuser ohne betriebswirtschaftlich orientiertes Management, die schon seit Jahren ein Zuschussgeschäft für Länder und Kommunen sind. Da den öffentlichen Haushalten angesichts sinkender Steuereinnahmen das Geld für den Defizitausgleich auszugehen droht, ist die Privatisierung von Krankenhäusern längst kein Tabu mehr. Doch die potenziellen Käufer, selbst vom zunehmenden Kostendruck betroffen, winken immer häufiger ab. Jede Woche, sagt Uwe Drechsel, Geschäftsführer des privaten Klinikbetreibers Helios, lehne er mindestens ein Krankenhaus ab, das ihm zum Kauf angeboten werde.

      Erheblich verstärken würde sich der Konsolidierungsdruck durch die Ende Oktober angekündigte „Nullrunde“ für Krankenhäuser, ein Ausdruck, den alle Träger als Euphemismus geißeln. Eigentlich müsse es Minusrunde heißen. Denn wegen der vor zehn Jahren eingeführten Budgetdeckelung steigen die Einnahmen der Krankenhäuser trotz zunehmender Fallzahlen ohnehin nur in Abhängigkeit zur Lohnsummenentwicklung. Endgültig zur Minusrunde gerate das angedrohte Einfrieren der Budgets durch die Erhöhung des Rentenbeitragssatzes und vor allem durch die Erhöhung des Rentenfreibetrages. Er trifft die Krankenhäuser als Arbeitgeber der zu den überdurchschnittlich verdienenden Berufsgruppen zählenden Ärzte empfindlich. So erwartet die Asklepios Kliniken GmbH, die bundesweit 64 Krankenhäuser betreibt, hieraus eine Mehrbelastung von mehreren hunderttausend Euro. Hinzu kommt die Lohnforderungen der Gewerkschaften: für den öffentlichen Dienst, zu dem große Teile des Klinikpersonals zählen, satte 3 %. Diese würde das Budget im Falle einer Nullrunde unmittelbar belasten.

      Doch inzwischen hat sich Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) erweichen lassen. Krankenhäuser, die bereit sind, schon im kommenden Jahr auf das von 2004 an bindende Fallpauschalen-System umzustellen, sind von der Nullrunde ausgenommen. Der Wink mit dem Scheckbuch funktioniert offenbar: Bis Ende Oktober hatten sich nur knapp 350 Krankenhäuser für die budgetneutralen Trockenübung gemeldet. Gleich nach dem das Ministerium die Befreiung von der Nullrunde für den frühen Umstieg in Aussicht stellte, meldeten sich über 100 Krankenhäuser nach. Im Ministerium ist man sich ziemlich sicher, dass die Zahl bis zum Jahresende noch steigt.


      (Quelle: HAndelsblatt.de)
      Avatar
      schrieb am 02.12.02 14:39:01
      Beitrag Nr. 186 ()
      Die Doppelzüngigkeit und Verlogenheit der Bundesregierung wird erneut deutlich:

      Wie ein Zuhälter tut sie alles bis zu allerletzt dafür, daß die Zigarettenindustrie für Milliarden Steuern immer mehr Gefäßwracks erzeugt, die Gewinne in Höhe von über 12 Milliarden Euro fließen in alles, nur nicht das Gesundheitswesen.

      Jeder kann sich ausrechnen, um wieviele Prozent die Krankenkassenbeiträge sinken würden, wenn die Abermilliarden an Alkohol-und Tabaksteuern endlich der bekämpfung der damit verursachten gesundheitlichen und volkswirtschaflichen Schäden zugeführt würde.

      Anstatt dessen VERHINDERT die deutsche Regierung unter jeder Führung seit JAhrzehnten die Gesundheitsaufklärung und erzeugt damit indirekt die vielen arbeitsunfähigen Frührentner, die als Alkohol-und Gefäßwracks immense Kosten erzeugen.

      Absurder und verlogener geht es nicht mehr:


      SPIEGEL ONLINE - 02. Dezember 2002, 13:18
      URL: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,225203,00.html



      Tabakwerbeverbot

      EU verbannt den Marlboro-Mann


      Nach langem Kampf hat sich EU-Verbraucherschutzkommissar David Bryne endlich durchgesetzt. Ab 2005 wird Tabakwerbung in der Europäischen Union in allen Zeitungen und Zeitschriften verboten.

      Nur noch bis 2005: Tabakwerbung in der Formel 1


      Brüssel - Darauf einigte sich der EU-Ministerrat am Montag. Von dem Verbot werden auch Rundfunk, Internet sowie Sponsoring bei grenzüberschreitenden Großveranstaltungen wie Autorennen oder Konzerte betroffen sein. Deutschland stimmte dagegen, weil es ein Verbot nur für grenzüberschreitende Medien wollte. Großbritannien ging die Regelung nicht weit genug.

      Die Bundesregierung hatte ein erstes EU-weites Tabakwerbeverbot im Jahr 2000 vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg zu Fall gebracht. Die Richter sahen damals die Union nicht für Gesundheitsschutz zuständig. Ob Berlin nun erneut vor das Gericht ziehen will, war zunächst unklar.

      Nach Ansicht von EU-Verbraucherschutzkommissar David Byrne, von dem der Vorschlag stammt, besteht ein Zusammenhang zwischen Tabakkonsum und Werbung. Das Rauchen koste jährlich mehr als eine halbe Million Menschen in der EU das Leben.

      Den neuen Vorstoß begründet die Brüsseler Behörde angesichts des EuGH-Urteils jedoch nun mit den unterschiedlichen Regeln in den Ländern der Union, die im Sinne des gemeinsamen Binnenmarktes harmonisiert werden müssten. Den Binnenmarkt betreffende Gesetze fallen in die Zuständigkeit der Gemeinschaft.

      Das Europäische Parlament in Straßburg stimmte kürzlich bereits für das Werbeverbot. Die deutsche Werbewirtschaft sowie die Verleger lehnen die Vorschläge wegen befürchteter Einbußen strikt ab.
      Avatar
      schrieb am 02.12.02 14:49:21
      !
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      Avatar
      schrieb am 02.12.02 16:26:11
      Beitrag Nr. 188 ()
      Dümmer geht´s nimmer, OS-Power.

      ein Armutszeugnis in Perfektion.

      MAch´Dich mal schlau, wieviel volkswirtschaftlicher Schaden durch Nikotin und Alkohol verursacht wird.

      Deine Argumentation ist die Gleiche, als wenn man sofort ein Verbot von Gliedmaßenschutz an Kreissägen oder einen sofortigen Ausbau von Airbags aus Autos fordern würde, damit die Unfallchirurgischen Arbeitsplätze weiterhin gesichert wären.
      Avatar
      schrieb am 02.12.02 16:30:07
      Beitrag Nr. 189 ()
      ielleicht sagt Dir das Wort Prävention ja nichts, aber die Werber könnten Problemlos FÜR GESÜNDERE LEBENSFÜHRUNG Werbung machen. Wenn nur ein Bruchteil der TAbaksteuern dafür verwendet würden - wofür ich sogar ausdrücklich bin... :D

      DAs ist wohl wesentlich gesundheitsverträglicher....

      Herr, wirf´bitte Hirn vom Himmel für OS-Power... ich flehe darum.... :D :laugh:

      Sonst müssen demnächst Werber noch für überhhte Geschwindigkeiten in geschlossenen Ortschaften werben, damit mehr Rollstühle und Särge verkauft werden können...

      :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 02.12.02 19:03:19
      Beitrag Nr. 190 ()
      wie immer, doktorchen,

      beleidungen anstatt argumente.

      dass du in deinen beiträgen zu anderem in der lage bist, als lobbyistengeschwafel nachzuplappern und artikel zu kopieren, ist ja schon boardbekannt.

      das thema rauchen und gesundheitskosten ist im thread:

      Thread: Wer trinkt: Krankenkassenbeiträge +50% Wer raucht: +100% !!

      in den beiträgen vom user neemann, sowie in einigen anderen threads hinreichend erörtert.

      deine aussagen "glänzen" hingegen durch folgende "bestechende logik":

      1. man erkläre etwas zum unfug (hier das rauchen, man könnte genau so gut das autofahren, den sport, burger und pommes essen, oder sonst was nehmen)

      2. man addiere alle damit in zusammenhang stehenden ausgaben auf

      3. man erkläre diese zum resultierenden volkswirtschaftlichen schaden.

      so einfach ist die welt von dr. thought. und die werbewirtschaft soll "werbung mit einem teil der tabaksteuer" machen. jau, jau.

      leute wie du sollten in der tat nach hirn schreien. allerdings für sich selbst.
      Avatar
      schrieb am 02.12.02 19:33:54
      Beitrag Nr. 191 ()
      #187 von ospower 02.12.02 14:49:21

      wie immer keine ahnung, d.t.

      um keinen cent würden die gesundheitskosten ohne rauchen sinken.



      Tolles "Argument"....

      Nee,ospower, bis zu Deinem Auftauchen in diesem Thraed gab es hier nur sachdienliche postings. Geh´bitte wieder zu Deinen Stammtischbrüdern in den anderen von Dir mißhandelten Threads zu dem Thema.

      Es ist ebenso aberwitzig, Steinkohlekumpel dafür zu subventionieren, zum 4-fachen des Weltmarktpreises Steinkohle zu fördern, wie es aberwitzig ist, gesundheitsschädliche und volkswirtschaftlich fatale Genußgifte zu bewerben.

      In deiner Welt der Absurden gedanken muss es doch merkwürdig sein, daß die Kardiologen und die Deutsche Krebsgesellschaft seit vielen jahren gegen den asurden Schutz der Regierung für die Zigarettenindustrie und ie Blockade des Werbeverbotes sind, denn sie müssten ja wie deine Werbefuzzis für weitere Kundschaft sein, oder?

      Sind sie aber nicht.
      Nur so unverbesserliche Typen wie Du.

      Aber ich kann Dich bereuhigen:

      Sobald mal einer in Deinem Bekanntenkreis an LungenKrebs erkrankt oder sein Bein verliert oder nach einem größeren Infarkt nicht mehr den ersten Stock erreichen kann, wirst Du anders denken.

      Bis dahin bist du der alte Sprücheklopfer billigster Art.
      Avatar
      schrieb am 02.12.02 19:49:23
      Beitrag Nr. 192 ()
      #191,

      wenn du mal in der lage bist, zwischen gesundheitsschäden und volkswirtschaftlichen schäden zu unterscheiden, kannst auch mitreden.

      ansonsten: mässige dich in deinem ton, oder brauchst wieder mal ne pause?
      Avatar
      schrieb am 02.12.02 23:07:17
      Beitrag Nr. 193 ()
      :laugh:
      Avatar
      schrieb am 03.12.02 01:15:26
      Beitrag Nr. 194 ()
      Tabakwerbung ausgebremst

      EU-Ministerrat beschließt weitgehendes Verbot ab dem Jahr 2005. Medien in Deutschland betroffen. Bundesregierung erwägt, die Richtlinie wie schon einmal per Klage zu Fall zu bringen

      BERLIN/BRÜSSEL taz Deutschland wurde gestern beim Tabakwerbeverbot von den anderen EU-Ländern überstimmt. Tabakwerbung wird in der Europäischen Union in allen Zeitungen und Zeitschriften ab 2005 verboten. Darauf einigte sich der EU-Ministerrat am Montag in Brüssel. Von dem Verbot werden auch der Rundfunk, das Internet sowie das Sponsoring bei grenzüberschreitenden Großveranstaltungen wie Autorennen oder Konzerten betroffen sein. Erlaubt ist Werbung dann nur noch im Kino und auf Plakaten.

      Nach Ansicht von EU-Verbraucherschutzkommissar David Byrne, von dem der Vorschlag stammt, besteht ein Zusammenhang zwischen Tabakkonsum und Werbung. Das Rauchen koste jährlich mehr als eine halbe Million Menschen in der EU das Leben. Das Europäische Parlament in Straßburg stimmte kürzlich bereits für das Werbeverbot.

      Formel-1-Star Michael Schumacher muss künftig ohne die Millionen aus großflächiger Zigarettenwerbung auf den Schutzanzügen und den Autos auskommen. Die Werbewirtschaft sprach von 200 Millionen Euro weniger Umsatz jährlich für alle Medien Deutschlands. Rund ein Prozent der geschalteten Anzeigen in Zeitschriften wird von der Tabakbranche bezahlt.

      Allerdings hofft die Tabaklobby wieder auf die Bundesregierung: Die hatte die erste Version des EU-weiten Tabakverbots per Klage vor dem Europäischen Gerichtshof zu Fall gebracht. Im Jahr 2000 urteilten die Richter, Gesundheitsvorsorge sei Sache der einzelnen Länder und nicht der Union. Es ist deshalb nur folgerichtig, dass der zuständige Staatssekretär aus dem Verbraucherschutzministerium, Alexander Müller von den Grünen, gestern in Brüssel nicht ausschloss, die Bundesregierung werde auch diese Fassung vom Europäischen Gerichtshof prüfen lassen. Diese Möglichkeit hat EU-Kommissar Byrne vorausgesehen. Deshalb beruft er sich diesmal nicht mehr auf Vorsorge, sondern auf den Binnenmarkt. Angesichts von Tabakwerbeverboten in zahlreichen Ländern der EU sei eine Harmonisierung dringend geboten, so die Kommission schelmisch.

      Die Bundesärztekammer sprach gestern von einem skandalösen Verhalten der Bundesregierung: Angesichts eines Raucheranteils von einem Viertel bei 15-Jährigen brauche man eine Regierung, die mit gutem Beispiel vorangehe. DPS, REM

      wirtschaft SEITE 8
      taz Nr. 6920 vom 3.12.2002, Seite 1, 64 Zeilen (TAZ-Bericht), DPS / REM

      taz muss sein: Was
      Avatar
      schrieb am 03.12.02 01:33:15
      Beitrag Nr. 195 ()
      Das Werbeverbot war heute auch Inhalt eines sehr guten Kommentares in den "Tagesthemen"

      Übrigens ist pikanterweise derjenige, der in der Eu heute das Werbeverbot mit aller Macht und als einziger befürworter der Zigarettenindustrie verhindern wollte,
      Staatssekretär im Vrebraucherschutzministerium
      zynischer geht´s wohl nimmer....


      Hier noch ein Artikel zum Thema.

      Formel 1 demnächst rauchfrei
      Gegen den deutschen Willen beschließt der EU-Ministerrat ein weitgehendes Verbot von Tabakwerbung. Anzeigen in der Presse, im Internet, im Rundfunk und das Sponsoring von Radioprogrammen und Großveranstaltungen ab Juli 2005 untersagt
      aus Brüssel DANIELA WEINGÄRTNER

      Schlechte Nachrichten für Rennsportfreunde: Die EU hat gestern einen weiteren Anlauf genommen, die Tabakwerbung in Printmedien und bei grenzüberschreitenden Großveranstaltungen wie Autorennen zu verbieten. Gegen die Stimmen von Deutschland und Großbritannien beschloss der zuständige Rat der Gesundheits- und Verbraucherminister, die Richtlinie mit den vom EU-Parlament angefügten Änderungen abzunicken.

      Ende Oktober hatte der Internationale Automobilverband FIA beschlossen, wegen des in Belgien seit 1999 geltenden Werbeverbots den "Großen Preis von Belgien" im kommenden Jahr in ein anderes Land zu verlegen. Ab 2005, wenn die EU-Richtlinie in Kraft tritt, wird es möglicherweise überhaupt keine derartigen Großveranstaltungen mehr in der EU geben. Denn Tabakwerbung ist eine wichtige Einnahmequelle für die Veranstalter von Autorennen.

      Verbraucherkommissar David Byrne zeigte sich damals entrüstet über die Entscheidung der FIA: "Ist das beschmutzte Geld der Tabakproduzenten für den Formel-1-Apparat wichtiger als der Geist des Sports?", fragte er. Mit der gleichen Frage wird sich nun auch die Bundesregierung konfrontiert sehen, die die Richtline gestern gemeinsam mit Großbritannien zu stoppen versuchte.

      Allerdings gibt es neben der moralischen noch die juristische Seite des Konflikts, der nun schon mehrere Jahre andauert. 1998 hatte die EU bereits ein Tabakwerbeverbot beschlossen und ihre Zuständigkeit damit begründet, dass unterschiedliche nationale Vorschriften zur Tabakwerbung den grenzüberschreitenden Warenverkehr und den fairen Wettbewerb behindern könnten. Tatsächlich ging es damals wie heute um die Gesundheitsvorsorge. Doch wusste die EU-Kommission, dass sie nur unter dem Vorwand, für harmonisierte Binnenmarktregeln zu sorgen, tätig werden konnte. Der Europäische Gerichtshof akzeptierte den Etikettenschwindel nicht. Im Oktober 2000 stellte er fest, es sei der Kommission in Wahrheit um die Volksgesundheit gegangen - und in der Gesundheitspolitik habe die EU nur sehr eingeschränkte Kompetenzen.

      Dass sich an der Grundargumentation der EU-Kommission nichts geändert hat, wurde vorletzte Woche im Europaparlament bei der ersten Lesung des Richtlinienentwurfs deutlich. Das Werbeverbot solle helfen, den Zigarettenkonsum zu verringern, "indem die Botschaft, dass Rauchen cool ist, beseitigt wird", sagte der Verbraucherkommissar. Mehr als eine halbe Million Menschen stürben jährlich in der Union an den Folgen des Tabakkonsums.


      Die Worte werden in Berlin aufmerksam gehört worden sein. Denn auch wenn der neue Richtlinientext versucht, die Kritik des Gerichts zu berücksichtigen und das Argument eines freien Warenverkehrs nach einheitlichen Regeln deutlicher hervorzuheben, geht es in Wahrheit auch dieses Mal nicht um Binnenmarkt, sondern um Gesundheit. Schließlich gibt die Kommission in ihrer auf drei Jahre angelegten "Feel free to say no"-Kampagne Millionen für die Botschaft aus, Rauchen sei uncool.

      Formel-1-Fans, die nächstes Jahr auf den Großen Preis von Belgien verzichten müssen, haben wahrscheinlich eine Galgenfrist, bevor neue Enttäuschungen anstehen. Denn wie schon vor Jahren, wird auch diese Fassung vom Europäischen Gerichtshof geprüft werden.

      Was die wirtschaftliche Seite der Debatte angeht, lohnt ebenfalls ein Blick ins Land der Flamen und Wallonen: Ein Rückgang des Tabakkonsums, so melden Statistiker, sei dort seit Beginn des Werbeverbots nicht zu verzeichnen.

      taz Nr. 6920 vom 3.12.2002, Seite 8, 122 Zeilen (TAZ-Bericht), DANIELA WEINGÄRTNER


      Ich sehe also interessiert der Bundesregierung zu, wie sie als nächstes in der Widerspruchsbegründung der EU-Kommission vorwirft, sie kümmere sich in wahrheit um die gesundheit der Deutschen - IM GEGENSATZ ZUR DEUTSCHEN REGIERUNG... :D :mad:
      Avatar
      schrieb am 03.12.02 01:35:02
      Beitrag Nr. 196 ()
      ...und irgendwie scheint die Frau BMG Schmidt zu dem Thema keinerlei Meinung zu haben.... :D ziemlich auffällig, die Unauffälligkeit von Frau Schmidt, die sonst doch mit allem möglichen negativ auffällt .... jetzt könnte sie einmal positiv punkte machen....
      Avatar
      schrieb am 03.12.02 01:44:56
      Beitrag Nr. 197 ()
      Was die wirtschaftliche Seite der Debatte angeht, lohnt ebenfalls ein Blick ins Land der Flamen und Wallonen: Ein Rückgang des Tabakkonsums, so melden Statistiker, sei dort seit Beginn des Werbeverbots nicht zu verzeichnen.

      na wenn das kein grund ist die werbewirtschaft weiter zu ruinieren, was denn.

      das einzig positive, was diese regierung bisher überhaupt geleistet hat, sich diesem irrsinn zu widersetzen.

      und das einzige was sie immer neuen tabaksteuer-erhöhungen erreichen ist, dass immer mehr raucher auf zollfreie ausweichen.

      aber bevormunder wie du kapieren das nie.

      Avatar
      schrieb am 03.12.02 07:52:09
      Beitrag Nr. 198 ()
      Deutschlands rot-grüne Regierung im Würgegriff der Lobbyisten. Tabakindustrie, Gewerkschaftler und gesetzliche Krankenversicherungen bestimmen den weiteren Zerfall unseres Landes. Ihr seht: Veränderungen zum Positiven wird es mit diesen Versagern nicht geben.
      Avatar
      schrieb am 03.12.02 08:29:18
      Beitrag Nr. 199 ()
      Also ich persoenlich finde das Werbeverbot in Ordnung, aber nur wenn das auch fuer Alkohol gilt.

      Wie war das noch mit den Zahlen, rund 5 Mio. Alkoholiker und weitere 10 Mio. stark Alkoholgefaehrdete gibt es in der BRD. (Quelle: Spiegel)

      Sehr bedenklich, wie ich finde.
      Avatar
      schrieb am 03.12.02 11:08:26
      Beitrag Nr. 200 ()
      richtig, rocco.

      Aber ospower zufolge kann es nicht genug Alkoholabhängige geben.

      Die werbeausgaben der Zigarettenindustrie machen nicht einmal 1% des Umsatzes der Werbeindutstrie aus, wenn ich das richtig gelesen habe.

      Also nur ein verzweifeltes MAnöver der Werbe-lobby, die nach Jahren des zügellosen Wachstums angesichts der zusammengestrichenen Werbe-Etats der Konzerne versuchen, zu retten, was zu retten ist.

      Und da müssen die Bürger halt saufen und rauchen und abkratzen, was das Zeug hält - für das Wohl der verwöhnten Werbeindustrie.... der ist egal, wenn durch diese genußgifte zweistellige Milliardensummen volkswirtschaftlich verlustig gehen, ist ja nur ihr Job, anderen einzureden, rauchen wäre cool...

      Ich möchte jedenfalls als Vater nicht, daß meine Kinder ständig mit dieser Propaganda bombardiert werden.

      Aus ospower spricht wohl der Raucher... :D
      Avatar
      schrieb am 03.12.02 11:12:43
      Beitrag Nr. 201 ()
      Deep,es geht nicht um die Raucher,wart mal muss mal ziehen:laugh:,es geht um die Gleichbehandlung!
      Alle MAßnahmen gegen das Rauchen akzeptiere ich,wie sieht es.z.B.,mit Alkohol aus?Hier sterben jährlich 7000 menschen
      aktiv und unschuldig im Straßenverkehr?
      Avatar
      schrieb am 03.12.02 11:13:00
      Beitrag Nr. 202 ()
      Im übrigen:

      NAtürlich sinkt nicht sofort der Tabakkonsum nach dem Werbeverbot - ebensowenig wie durch die EINFÜHRUNG der ersten Airbags nicht plötzlich die Zahl der Unfalltoten sank.

      DAs läuft in anderen zeitlichen Dimensionen ab.
      Menschen, die nikotinabhängig sind, hören ja nicht mit dem Rauchen plötzlich auf, weil es keine Werbung dafür gibt.

      Aber über die JAhre werden halt immer weniger NEU anfangen, zu rauchen. So ein Prozess läuft über ein, zwei JAhrzehnte, bis statistisch einwandfreie Ergebnisse zu erheben sind.
      Avatar
      schrieb am 03.12.02 11:15:12
      Beitrag Nr. 203 ()
      Einspruch!!!!
      Der Einstieg zum Qulamen erfolgt immer früher,gilt auch für Alkohol.
      Deep.das ist nicht Folge der Werbung sondern?
      Avatar
      schrieb am 03.12.02 11:23:48
      Beitrag Nr. 204 ()
      @ optimalist

      Guter Einwurf - auch hier sollte Werbung, die den Alkoholgenuß verherrlicht, in der Öffentlichkeit (insbesondere aber dort, wo junge Menschen erreicht werden) unterbleiben.

      Ich halte den (inzwischen an Lungekrebs verstorbenen und nach seiner Diagnose der Krebserkrankung öffentlich GEGEN die Zigarettenindustrie auftretenden ) Marlboro-MAnn genauso für unethisch wie die vielen angeblich lebensfrohen, erfolgreichen, reichen Models, die an einsamen Südseestränden vor der werbekamera faxen machen und bereits Jugendliche knapp über 10 JAhren zu Zigaretten und Alkohol gerifen lassen.

      Kein Mensch würdeWerbung akzeptieren, die das FAhren ohne Sicherheitsgurt verherrlicht - aber Werbung für Zigaretten und Alkohol macht genau das im übertragenen Sinne.

      und es ist erbärmlich, wie unsere regierung zeigt, daß ihr die Volksgesundheit scheißegal ist, aolange sie dafür TAbak-und Alkoholsteuern kassieren kann. :mad:
      Avatar
      schrieb am 03.12.02 11:25:00
      Beitrag Nr. 205 ()
      Kein Einspruch!!!:laugh:
      Avatar
      schrieb am 03.12.02 11:26:41
      Beitrag Nr. 206 ()
      Huch,aber mein Fragezeichen hast du noch gar nicht beantwortet:confused:
      Avatar
      schrieb am 03.12.02 11:28:49
      Beitrag Nr. 207 ()
      # 203

      Natürlich ist nichts monokausal.

      Aber die Werbung ist EINER der WESENTLICHEN FAktoren.

      Der Kommentar gestern in den Tagesthemen war einfach klasse.

      Da sagte der Kommentator:

      "Stellen Sie sich vor, TAG FÜR TAG entführt AlQuaida einen Jumbo mit 300 Menschen und bringt ihn zum Ansturz.
      Die Bundesregierung beschützt Al Quaida und kassiert Schutzgelder und Absturzsteuern in Milliardenhöhe....

      So jedeoch läuft das im Tabakbereich: Jeden TAg sterben 300 Menschen an den Folgen des TAbakkonsums - und unsere Regierung tut alles, damit das so bleibt... "


      Guter Vergleich....
      Avatar
      schrieb am 03.12.02 14:42:22
      Beitrag Nr. 208 ()
      A U S L A N D
      EU verbietet Tabakwerbung ab 2005 weitgehend

      dpa

      BRÜSSEL. Tabakwerbung in Presse und elektronischen Medien wird ab 2005 in der gesamten Europäischen Union verboten. Das beschlossen am 2. Dezember in Brüssel die EU-Regierungen gegen die Stimmen Deutschlands und Großbritanniens. Die Bundesregierung prüft nun eine erneute Klage gegen das Werbeverbot beim Europäischen Gerichtshof (EuGH). Deutschland ist zwar nicht gegen die Zielrichtung des Verbots, bestreitet aber die EU-Kompetenz dafür. [Anmerkung: scheinheiliger geht es wohl nicht mehr!! Für wie blöd halten die die Bürger??? :mad: ]

      Deutsche Ärzte nannten das Verhalten der Bundesregierung „skandalös“ Die Werbewirtschaft sieht in dem Verbot einen Arbeitsplatz-Vernichter. Überraschend folgten 13 der 15 EU-Mitgliedstaaten der Forderung von EU-Verbraucherschutzkommissar David Byrne und votierten für das weitgehende Tabak-Werbeverbot. Damit wurde eine zweite Lesung der Richtlinie im Europaparlament verhindert, deren Ausgang angesichts des starken Drucks der Tabaklobby ungewiss gewesen wäre, wie Byrne betonte.

      Die Parlamentarier hatten sich bereits im vergangenen Monat in Straßburg für ein Werbeverbot stark gemacht. In Kraft treten wird die Richtlinie im kommenden Jahr. Zur Umsetzung haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit. Deutschland hatte bereits gegen das 1998 schon einmal verabschiedete Werbeverbot geklagt. Der EuGH annullierte daraufhin im Oktober 2000 die erste Richtlinie.

      Die Bundesregierung erkenne an, dass Werbeverbote ein geeignetes Mittel seien, um den Tabakkonsum zu verringern, räumte der deutsche Staatssekretär im Verbraucherschutzministerium, Alexander Müller, ein. Die EU-Richtlinie überschreite aber die Kompetenzen der EU eindeutig, weil davon auch Medien betroffen würden, die nicht über die Grenzen hinaus vertrieben würden.

      Die Bundesregierung plant nach Angaben von Müller ein „Gesamtpaket“, mit dem gesundheitspolitische Ziele unterstützt werden sollen. Die Bundesregierung opfere die Interessen der Bürger denen der Tabakindustrie und der Zeitungsverleger, kritisierte Bundesärztekammer-Präsident Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe. /afp (02.12.2002)
      Avatar
      schrieb am 07.12.02 01:56:34
      Beitrag Nr. 209 ()
      SPIEGEL ONLINE - 06. Dezember 2002, 12:06
      URL: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,225877,00.h…

      Das übliche Politikergeschwätz:

      "Die Rente und das Gesundheitssystem sind sicher"
      Anstatt endlich eine völlige Neuorientierzung politisch zu entwerfen nur die üblichen Fingerzeige auf Ärzte und dumme Ablenkungsmanöver von der eigenen absoluten Unfähigkeit zum konzeptionellen Denken.

      Wir brauchen nicht mehr Geld, nicht Nullrunden, wir brauchen endlich WAHRHEIT in den Prognosen für die sozialen Sicherungsysteme.




      Gesundheitspolitik

      Schmidt droht Ärzten mit bitterer Medizin

      Zwischen den Kassenärzten und Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) bahnt sich ein offener Kampf an. Für den Fall, dass die Kassen-Mediziner ihre Drohung wahrmachen und Dienst nach Vorschrift schieben sollten, kündigte die Ministerin die Entmachtung der Ärzte-Lobby an.


      Ulla Schmidt: Absage an Funktionärsinteressen


      Berlin - "Ich werde nicht dulden, das Patientinnen und Patienten zum Spielball von Funktionärsinteressen gemacht werden", sagte Schmidt am Freitag in Berlin. Es gebe "keinen Grund zu irgendwelchen Notaktionen". Den Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung bestellte sie für kommende Woche ins Ministerium ein.

      Außerdem will Schmidt rechtliche Schritte gegen die Bundesvereinigung prüfen lassen, da jede Art von Ärztestreik rechtswidrig sei. Kassenärzte hätten eine gesetzliche Pflicht, eine flächendeckende, umfassende Versorgung sicher zu stellen. Für den Fall, dass sie diese nicht wahrnähmen, drohte Schmidt mit Entmachtung der kassenärztlichen Vereinigungen. Dann könnte der Sicherungsauftrag per Gesetz auf die Krankenkassen übergehen. [Anm.: Na, DIE werden´s bestimmt richten... :laugh:]Über die Art weiterer rechtlicher Konsequenzen wolle sie nicht spekulieren, meinte Schmidt: "Ich habe kein Interesse, den Konflikt ausufern zu lassen."

      Hintergrund des Streits ist Schmidts Kassen-Sparpaket, das Ärzten eine Honorar-Nullrunde verordnet. Das Paket, das zudem gesetzlich Arzneirabatte vorschreibt, den Wechsel in die private Krankenversicherung erschwert und die Kassenbeiträge einfriert, soll am 20. Dezember endgültig im Bundestag beschlossen werden. Damit sollen laut Schmidt 2,8 Milliarden Euro eingespart werden. Den Kassen fehlen bereits zum Jahresende bis zu 2,5 Milliarden Euro, wie die Ministerin am Donnerstag eingestehen musste.

      Manfred Richter-Reichhelm, Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, hatte am Donnerstag den Aufruf zu "Dienst nach Vorschrift" ankündigt. Dies würde nach Angaben seines Verbands darauf hinauslaufen, dass 20 bis 30 Prozent der Praxen sofort bis zum Jahresende schließen, weil sie ihren Kostendeckel für Behandlungskosten erreicht haben. Im WDR wies Richter-Reichhelm am Freitag den Vorwurf zurück, dass dies eine Art Boykott oder rechtswidrig wäre. Vielmehr hielten sich die Ärzte streng an die Kostensenkungsvorgaben des Gesetzgebers. "Eigentlich machen wir nur das, was von uns verlangt wird", sagte der Ärztevertreter.

      Richter-Reichhelm verteidigte die Ärzteproteste. Die Nullrunde liefe auf Honorarkürzungen hinaus, weil die Praxiskosten weiter stiegen. Zudem sei sie nur der Anfang. Der nächste Schritt sei die Beschränkung der freien Arztwahl und damit das Ende vieler Facharztpraxen. Im Gesundheitswesen drohe ein "Systemwechsel hin zu einem Kassenstaat und hin zu einer fast Staatsmedizin".
      Die Gewerkschaft Ver.di appellierte dagegen an die Kassenarztfunktionäre, wieder zur Vernunft zu kommen.
      Avatar
      schrieb am 09.12.02 18:02:24
      Beitrag Nr. 210 ()
      #152 Die Mär von der Kostenexplosion

      Will man also eine vernünftige Diskussion über unser Gesundheitswesen führen, so muss man immer den Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) untersuchen. Und wenn man diese Zahlen betrachtet, wird das Geschrei um eine Kostenexplosion im Gesundheitswesen völlig unverständlich. Legt man Zahlen des Instituts der Deutschen Wirtschaft zugrunde, so stieg der Anteil der Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung am Bruttoinlandsprodukt zwischen 1960 und 1980 von 3,1 auf 6,1 Prozent und blieb danach für zehn Jahre in etwa konstant. Zwischen 1991 und 1995 stieg der Anteil von 6,2 auf 6,8 Prozent, doch seit 1995 sinkt der Anteil der Ausgaben am BIP wieder ab. 1998 betrug er 6,6 Prozent, wo er bis heute verharrt: Gegenwärtig von einer "Kostenexplosion" im Gesundheitswesen zu reden ist ein frei erfundenes Märchen.

      Obwohl in dem Absatz selbst von einer Zunahme der Quote GKV/BIP von 3,1% auf 6,6 % gesprochen wird, soll das „Geschrei um eine Kostenexplosion“ völlig unverständlich sein? Es geht nicht um eine „gegenwärtige“ Kostenexplosion, sondern um den seit Jahrzehnten anscheinend unaufhaltsam ansteigenden Beitragssatz, und das bei steigenden Löhnen.

      Selbst wenn man die Kosten des gesamten Sozialsystems, also Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung zusammen betrachtet, findet man keine Steigerungen: der Anteil der Sozialausgaben am BIP, die so genannte Sozialleistungsquote, betrug bereits 1975 33 Prozent; zwischen 1980 und 1990 sank sie trotz steigender Arbeitslosigkeit auf unter 30 Prozent; aufgrund der Wiedervereinigung stieg sie auf 33,9 Prozent an, sinkt jedoch seit 1997 kontinuierlich ab. Die Kosten des Sozialstaates haben sich seit 26 Jahren offensichtlich nicht großartig geändert.
      Die Sozialleistungsquote (Anteil der öffentl. Sozialleistungen am Sozialprodukt) ist nicht identisch mit einer Quote der ges. Sozialversicherungen (GKV, GRV, ALV + Pflegeversicherung) am BIP. Daher besagt eine unveränderte Sozialleistungsquote auch nicht, daß der Anteil der ges. Sozialversicherungen am BIP konstant wäre.

      :
      Die Löhne stiegen in der Vergangenheit häufig langsamer als das BIP: Wenn etwa die Kosten des Sozialstaates sowie das BIP real um 3 Prozent steigen, gleichzeitig die Löhne aber nur um 2 Prozent, so muss die Abgabenbelastung der unselbstständig Beschäftigten zunehmen.
      ditto: Die Kosten des Sozialstaates sind nicht identisch mit den Kosten der ges. Sozialversicherungen. Wenn die Löhne geringer ansteigen als das BIP, dann sollten auch die Löhne im Gesundheitssektor geringer steigen. Problem ist, wie sich die übrigen Kosten des Gesundheitssektors verhalten.

      Weniger Versicherten stehen mehr Leistungsbezieher gegenüber: Wenn etwa die Zahl der Arbeitslosen steigt, so müssen deren Versicherungsleistungen von den Beschäftigten miterwirtschaftet werden.
      Auch Arbeitslose sind Versicherte, das Verhältnis Versicherte/Leistungsbezieher bleibt unverändert. Die Beiträge für die Arbeitslosen sind jedoch geringer.

      Der Artikel ist wenig überzeugend. Der langfristige Anstieg der Quote GKV/BIP legt eher nahe, daß das Problem der ges. Krankenkasse auf der Ausgabenseite liegt. Die Behauptung, der Anstieg der Arbeitslosigkeit und unterdurchschnittliche Lohnsteigerung seien die eigentliche Ursache werden, wird durch keine Zahlen belegt.
      Avatar
      schrieb am 09.12.02 18:36:34
      Beitrag Nr. 211 ()
      @ ulfur

      selbst Seehofer gibt mittlerweile zu, daß es sich einzig um ein EINNAHMEPROBLEM handelt.
      Die Schmidt hat das bis vor dem wahlkampf ebenfalls zugegeben. Warum sie das jetzt nmicht mehr macht, ist sonnenklar...

      Das BIP ist auch ein schlechter Vergleich, denn der Gesundheits"markt" ist nicht konjunkturabhängig. Menschen werden unabhängig von Zinsentscheidungen und Wirtschaftsdepressionen krank und Pflegebedürftig. Einzig die Krankheitsquoten werden niedriger - weil auch Kranke aus Angst um den Arbeitsplatz nicht mehr bereit sind, ihre Erkrankung auszukurieren un dauch einige "Blaumacher" lieber weiterarbeiten. Aber das sind keine nennenswerten Entlastungen des Budgets.

      Fatalerweise werden prozyklisch mehr und mehr Arbeitslos. Und in Zeiten der Wirtschaftsdepression (bzw. -Flaute) sinken die Durchschnittseinkommen eher als daß sie steigen.

      Die Einschnitte beim "Arbeitslosengeld II" werden ja auch wieder zu minderen Einnahmen führen, da dann die daran gekoppelten GKV-Beiträge mit den niedrigeren Löhnen ebenfalls sinken.

      Niedriglohn-Jobs werden ebenfalls nicht mehr kostendeckende GKV-Beiträge zur Folge haben, sondern ebenfalls die Beiträge mindern.

      an einer "kopf-für-Kopf" - Prämie mit Ausnahme von erziehenden Elternteilen von minderjährigen Kindern bis 14 Jahren, dann hälftig von 14-18 Jahren, führt nichts mehr vorbei.
      Avatar
      schrieb am 09.12.02 18:43:16
      Beitrag Nr. 212 ()
      es ist doch absolut irrsoinnig, daß ich als Deutscher Staatsangehörige(r)

      OHNE EIN EINZIGES MAL IM LEBEN GEARBEITET ZU HABEN ODER EIN KIND ERZOGEN ZU HABEN

      lebenslang der gesellschaft auf der Tasche liegen kann, weil sich ein anderer Mensch dafür entschied, mich zum Ehepartner (oder jetzt auch noch gleichgeschlechtlicher Partner einer registrierten PArtnerschaft) zu machen.

      Ein Leben lang NULL Einzahlung in die Sozialsysteme, leben wie Gott in Frankreich, und nacher noch 60% der rente des verstorbenen Ehepartners einstreichen OHNE JE EINE LEISTUNG ERBRACHT ZU HABEN.....

      Ein Tabuthema unserer gesellschaft, das auch von den Grünen nur um die Homo-VAriante "bereichert" wurde, anstatt ein modernes Konzept zu etablieren.

      Perverserweise werden dafür diejenigen, die ein Kind großgezogen haben und NICHt heirateten bzw. sich trennten, auch noch bestraft.

      gerade in dieser Hinsicht hatte ich von Rotgrün endlich Klarheit erhofft...
      Avatar
      schrieb am 10.12.02 12:34:36
      Beitrag Nr. 213 ()
      Im 2. Kapitel des letzten Sachverständigengutachtens findet sich auf Seite 238 ff ein:

      „Exkurs: Beitragssatzanstieg in der Gesetzlichen Krankenversicherung:
      Ausgabensteigerungen oder Erosion der Beitragsgrundlage?“
      http://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/gutacht/jg02.h…

      Das Fazit des Sachverständigenrates:
      Die Analyse der Entwicklung der Ausgaben und der Beitragsgrundlage zeigt, dass die Gründe für den starken Anstieg des Beitragssatzes von 8,2 vH im Jahre 1970 über 11,4 vH im Jahre 1980 auf 14 vH im Jahre 2002 vor allem auf der Ausgabenseite und nur begrenzt auf der Einnahmeseite zu finden sind.
      Avatar
      schrieb am 10.12.02 12:38:08
      Beitrag Nr. 214 ()
      und nacher noch 60% der rente des verstorbenen Ehepartners einstreichen OHNE JE EINE LEISTUNG ERBRACHT ZU HABEN.....

      In Sachen Rente kann ich nicht folgen. Der eigentliche Skandal ist doch ein ganz anderer: Da muß man jahrzehntelang Zwangsbeiträge einzahlen, inklu. AG-Anteil sind das mitunter mehrere Hunderttausend DM und wenn der Versicherte vor Erreichen des Rentenalters oder kurz danach stirbt, streicht sich die Rentenkasse den ganzen Anspruch ein. Immerhin sind zumindest Ehepartner von dieser Totalenteignung ausgenommen.

      Wer würde denn Geld in eine Rentenkasse einzahlen wollen, wenn er wüßte, bei seinem vorzeitigen Tod wären sämtliche Beiträge futsch und sein Ehepartner müßte von der Sozialhilfe leben?

      Die beitragslose Mitversicherung von Kindern und Ehepartnern sollte auf den Prüfstand gestellt werden. Allerdings ist diese Mitversicherung nicht neu eingeführt worden, sie kann nicht für das Problem der ständig steigenden Krankenkassenbeiträge verantwortlich gemacht werden. Die Zahl der kostenlos Mitversicherten ist zudem gesunken, dadurch gab es bereits einen entlastenden Effekt für die GKV. Während 1986 zehn Mitglieder fünf Mitversicherte finanzieren mußten, entfielen 1999 auf zehn Mitglieder noch vier mitversicherte Familienangehörige
      http://www.hwwa.de/Publikationen/Wirtschaftsdienst/2000/wd_d…]
      Avatar
      schrieb am 10.12.02 13:13:39
      Beitrag Nr. 215 ()
      @ ulfur
      danke für die interessanten Hinweise.

      Nun, die Lebenserwartung und der dramatische Fortschritt im medizinischen Bereich hat sich in der lebenserwartung deutlich niedergeschlagen.

      Diese dürfte (kann das im Moment nicht belegen, müsste aber ungefähr passen) in diesem Zeitraum um etw 10 Jahre gestiegen sein.

      Niemand würde heutzutage akzeptieren, auf der Grundlage des med. Wissens der 70er behandelt zu werden.

      Was aber absolut dringed ist, ist die grundlegende Änderung des (vergütungsmäßig und strukturmäßig) maroden Gesundheitssystems, welches sehr gute leistungen erbringt, aber völlig falsche Anreize setzt.

      Eien selbstbeteiligung ist m.E. wichtig, um den Kunden an die eigenständige Beurteilung (und Wertschätzung) guter Leistungen heranzuführen und zu einer bewußten Auswahl guterLeistungsträger und die Vermeidung schlechter Angebote heranzuführen.

      Leider gibt Schmidt zukünftig 2 Mrd. für Patientenquittungen aus, ohne die gleichzeitigen KOSTENausdrucke zu akzeptieren.
      Am besten wäre ein Eigenbehalt mit Kostenerstattung wie in Frankreich.

      Das ist sehr durchsichtig, weil ein PAtient, der die erbärmlichen KAssensätze für die leistungen auf der Quittung sieht, nicht mehr für die Dämonisierung der Ärzteschaft zu gewinnen ist - er weiß dann einfach zu viel... ;) :D

      ( gestern im Bericht von report über die PAt-Quittungen waren solche einzelpositionen zusehen - teilweise mit Beträgen unter einem Euro. Eine komplette Behandlung war dort mit 38,-- €uro abgerechnet.
      Dafür würde ein HAndwerker nicht mal einen tropfenden Hahn zudrehen... )



      Gleichzeitig muss die Kassenärztliche Vereinigung notfals mit Brachialgewalt dazu gebracht werden, die verweigerung der individuellen Leistungs-Transparenz bezogen sowohl auf den PAtienten als auch auf die Leistungserbringer aufzugeben.

      Diese Datensätze sind eine Schatztruhe von wichtigen Rohdaten, die sowohl der med. Qualitätsverbesserung als auch der Erkenntnis von epidemiologischen Zusammenhängen und der aufdeckung von Leistungsbetrügern (sowohl auf ärztl. als auch auf Pat-seite) sowie insbesondere der ökonomisierung der versorgung dienen können.

      Es gibt noch viel potential zur ökonomisierung und Qualitätsverbesserung - aber nicht mehr so sehr in diesem erstarrtem system, sondern in einem besseren system.

      Leider hat frau Schmidt keine Gestaltungsfähigkeit, sie ist weitgehend konzeptionslos. der Politik fehlt der Mut und die Fähigkeit und die LUST, ein veraltetes system neu zu gestalten und wieder an die weltweite spitze zu führen.

      Eigentlich eine extrem reizvolle Gelegenheit, die jeden, der gestalten will, sehr reizen würde.

      Wenigstens bieten die DRG´s theoretisch einen richtigen Ansatz. Aber es ist nicht klar, ob der Ansatz des Größenwahns, der in den deutschen DRG´s sitzt, nicht zu viel Anspruch beinhaltet.

      Die PAtienten müssen die GKV-Leistung auch bei NICHT_GKV-Ärzten einbringen können, wenn sie bereit sind, noch etwas draufzulegen. Es sollte auf dem gesundheitsmarkt eine schrittweise völlige Liberalisierung eingeführt werden.

      Schmidt wird es vergeigen, so wie alle anderen zuvor ebenfalls.
      Avatar
      schrieb am 10.12.02 13:17:51
      Beitrag Nr. 216 ()
      interessanter Link zum Thema Verbesserung der Lebenserwartung im Alter:

      http://www.geroweb.de/altenbericht/3_1_gesundheitszustand.ht…

      Gruß

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 11.12.02 20:19:40
      Beitrag Nr. 217 ()
      morgen, 12.12. bei maischberger auf n-tv:

      Die BM gewsundheit, Schmidt.

      17:15/ Wh. 20:15/0:15 /3:15
      Avatar
      schrieb am 12.12.02 23:44:44
      Beitrag Nr. 218 ()
      Auch, wenn ich in einigen Bewertungen anders denke als der Autor dieses Artikels - er ist lesenswert:

      Im Dickicht der Kommissionen
      von ULRIKE HERRMANN
      Der SPD-Fraktionsvorsitzende Franz Müntefering wurde gestern deutlich: Die Sozialsysteme seien nur mit "Sensibilität" zu reformieren. Man müsse die Menschen "mitnehmen". Die Rürup-Kommission hat noch gar nicht getagt, da ist er schon dagegen, ihre Ergebnisse 1:1 umzusetzen.

      Aber vielleicht bleibt ihm dies sowieso erspart. Denn regierungsintern rechnet man nicht damit, dass sich die Rürup-Kommission einigen wird. "Das war eine typische Schröder-Idee." Was in neueren Zeiten bedeutet: eine Idee, die scheitert.

      Denn der Vorsitzende Bert Rürup, aber auch die beiden CDU-nahen Rentenexperten Börsch-Supan und Bernd Raffelhüschen hätten "ganz andere Vorstellungen als die Gewerkschaften". Dazu gehört etwa der Vorschlag, diverse Sozialleistungen zu privatisieren oder das Rentenalter drastisch zu erhöhen. Und die Kompromissbereitschaft wird nicht hoch eingeschätzt: "Die weichen nicht von ihren Vorstellungen ab".

      Zudem finden die Fachleute die Zusammensetzung der Kommission ein wenig bizarr: "Fast nur Rentenexperten!" Dabei soll sich die Reformkommission verstärkt um das Gesundheitswesen mühen, "aber Gesundheitsökonomen fehlen". Karl Lauterbach sei der einzige - allerdings nicht zu unterschätzen.

      Der Duzfreund von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) fiel etwa durch dieses harsche Urteil auf: Ein Viertel aller medizinischen Leistungen, so Lauterbach, seien "glatt überflüssig, weil keine wissenschaftliche Untersuchung ihren Nutzen belegt". Solche Äußerungen beunruhigen die Ständevertreter: Ärzte und Apotheker haben sich bereits beschwert, dass sie keinen Vertreter schicken durften.

      Sollte die Rürup-Kommission tatsächlich ohne einstimmiges Votum enden, wäre sie nicht das erste Gremium, das sich ergebnislos auflöst. Deutschland ist ein Kommissions-Dickicht - nur die Experten bleiben meist die Gleichen.

      So existiert seit 1977 die "Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen", die sogar gesetzlich verankert ist (SGB V, §141, 142). Verbandsfunktionäre sollen sich um Konsens bemühen. Tatsächlich aber traf man sich 1995 zum letzten Mal, "denn es kam nichts raus", kommentiert ein Insider.

      Nur der "Sachverständigenrat" aus sieben Wissenschaftlern, der ebenfalls zu dieser konzertierten Aktion gehört, erstellt noch seine Gutachten. Besonders das letzte dieser Gutachten sorgte für Furore, das sich 2001 mit der Fehl-, Über- und Unterversorgung im deutschen Gesundheitswesen beschäftigte. Am Beispiel Aachen wurde etwa nachgewiesen, dass in Deutschland nur 40 Prozent aller Brustkrebsfälle rechtzeitig erkannt werden, im nahen Maastricht aber 80 Prozent.

      Unterversorgung herrscht auch bei allen anderen chronischen Krankheiten wie Diabetes oder Bluthochdruck. Sie erzeugen zwar zwei Drittel aller Kosten - doch für die Prävention wird kaum etwas getan. Stattdessen therapieren die Ärzte lieber hinterher, das bringt mehr Geld. So können sie bei der "Volksseuche" Rückenschmerzen ihre Röntgenuntersuchungen und Operationen höchst lukrativ abrechnen. Aber vorsorglich eine Rückenschule zu verschreiben lohnt sich eben nicht. Einer der sieben Sachverständigen war übrigens: Karl Lauterbach.

      Doch ein Beratergremium reichte Ulla Schmidt nicht, deswegen berief sie noch ein zweites: Nebenher tagte "Der runde Tisch zu Reformen im Gesundheitswesen". Zwar löste sich diese Konsensrunde nach einem Jahr wieder auf. Aber vorher war man in allem Dissens ebenfalls zur Erkenntnis vorgedrungen, dass mehr Prävention vonnöten sei. Mitglieder von damals, die diese Gremienerfahrung in der Rürup-Kommission erneut beleben können: DGB-Vizin Ursula Engelen-Kefer und Arbeitgebervertreter Jürgen Husmann.

      Nicht nur bei Gesundheitsfragen kann sich Schmidt auf rege Berater verlassen: Seit 1957 ist auch der "Sozialbeirat" gesetzlich vorgeschrieben (SGB VI, § 154-156). Jährlich hat er sich zum Rentenversicherungsbericht der Bundesregierung zu äußern. Anfang Dezember war es wieder so weit - und der Vorsitzende begrüßte die neue Rürup-Kommission. Kein Wunder, der Vorsitzende des Sozialbeirats heißt: Bert Rürup. Er ist übrigens nicht der einzige Sozialbeirätler, der sein Wirken in der neuen Kommission fortsetzen kann: auch seine Kollegen Jürgen Husmann und die Verwaltungswissenschaftlerin Gisela Färber sind dabei.

      Nun ist es für ein Parlament immer schwer zu ertragen, wenn die Regierung unbeaufsichtigt denkt. Deswegen gründete man 1992 die Enquetekommission "Demographischer Wandel", die insgesamt zehn Jahre lang tagte und im Frühjahr ihren Abschlussbericht vorlegte. Auch dort erkannte man, dass Prävention nicht schadet, dass das Gesundheitssystem mehr Wettbewerb gebrauchen könnte, dass die unkontrollierbaren Abrechnungen der Ärzte problematisch sind oder dass man die Beitragsbemessungsgrenzen überdenken könnte. Über 300 Seiten hatte man am Ende verfasst, doch sie blieben weitgehend ungelesen. Insofern ist es nur konsequent, dass die damaligen Kommissionsmitglieder Gert Wagner und Bert Rürup nun in der Rürup-Kommission erneut versuchen, ihre Ideen durchzubringen.

      Aber das ist noch längst nicht das Ende aller Gremien: Der Sachverständigenrat der Bundesregierung, auch "fünf Weise" genannt, hat sich im Herbst ebenfalls mit 5 seiner 20 Programmpunkte zum Gesundheitswesen geäußert. Wieder dabei: Bert Rürup, der schon Riester und Blüm in weiteren Rentenkommissionen beraten hat. Darüber hinaus befassen sich OECD und die EU mit dem deutschen Sozialsystem - und auch die EZB neigt nicht dazu, dieses Thema zu ignorieren.

      Neben diesen staatlichen Runden gibt es aber auch privates Nachdenken. So fördert die Deutsche Bank das "Deutsche Institut für Altersvorsorge". Dort, welch Wunder, propagiert man gern private Rentenmodelle, die auch von Banken verkäuflich sind. Dies hat wiederum den "Verband Deutscher Rentenversicherer" nervös gemacht: Seit 2001 existiert daher das "Forschungsnetzwerk Alterssicherung", das für eine "rationale Diskussion" sorgen soll, die nicht allein von "gewinnorientierten Interessen" geleitet werde. Das hehre Ziel hat übrigens Verbandschef Franz Ruland formuliert - auch er sitzt nun in der Rürup-Kommission.

      Und eine weitere Gremien-Vermehrung ist schon abzusehen: Die SPD-Fraktionsvizin Gudrun Schaich-Walch kündigte an, dass man die Rürup-Kommission mit "eigenen Experten" begleiten wolle. Schließlich geht es um viel Geld: Das Gesundheitswesen setzt 300 Milliarden Euro um und beschäftigt vier Millionen Menschen - die kann man unmöglich nur einer Regierung überlassen, wo es doch so viele Experten gibt. Das jedenfalls scheint der einzige Konsens zu sein.

      taz Nr. 6929 vom 13.12.2002, Seite 8, 223 Zeilen (TAZ-Bericht), ULRIKE HERRMANN
      Avatar
      schrieb am 14.12.02 15:25:43
      Beitrag Nr. 219 ()
      der "Spiegel" über die excellente, tiefgründige PArodie auf Frau BM "RAtlos" Schmidt im "Scheibenwischer, die ich als ausserodentlich präzise entblößend genossen habe:


      "Richlings Parodie war der absolute Höhepunkt des Abends, weil sie trotz Faltenrock, Perücke und täuschend nachgemachtem rheinischem Frohsinnstimbre mehr war als die Präsentation einer Witzfigur. Wie der unaufhaltsame Gaga-Redefluss über das komatöse Gesundheitswesen hinwegrauschte und dabei die ganze Chuzpe, die tiefe, aber auch freche Ratlosigkeit der schwadronierenden Ministerin bloß legte - das war grandios. Den Videomitschnitt sollte es auf Rezept geben. AOK, bitte melden! "

      Es war einfach bitter-köstlich. Aber leider auch sehr wahr...
      Avatar
      schrieb am 15.12.02 02:06:13
      Beitrag Nr. 220 ()
      Geld und Mehr

      So hat sich Norbert Klusen das nicht vorgestellt. Da versucht er als Chef der Techniker Krankenkasse, ein bißchen frischen Wind in das erstarrte System der gesetzlichen Krankenversicherung zu bringen, und entfacht damit einen Orkan. Bonus-Tarif mit Selbstbehalt nannte er seinen Vorschlag, der schlicht den Usancen privater Krankenversicherungen entlehnt war. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt rief Klusen jedoch umgehend zur Ordnung und sah durch den Selbstbehalt das Solidarprinzip gefährdet. Klusen allerdings wollte genau das Gegenteil: die Solidargemeinschaft stärken, indem Anreize geschaffen werden, freiwillig Kassenversicherte in der Gesetzlichen zu halten, weil sie für sich die Möglichkeit haben zu sparen.



      Klusen hat eigentlich nichts anderes gemacht als private Krankenversicherungen: Sie versuchen, die Versicherten mit finanziellen Anreizen dazu zu bewegen, Gesundheitsleistungen möglichst nicht im Übermaß in Anspruch zu nehmen und damit Kosten zu sparen.


      Bei den privaten Krankenversicherungen heißt dies schlicht Selbstbeteiligung. Wer bereit ist, sich an den Ausgaben für seine Gesundheit zu beteiligen, der muß monatlich weniger zahlen. Bei ihnen ist ein derartiger Bestandteil der Tarifangebote allerdings auch sehr viel einfacher zu begründen. Jeder zahlt für sich selbst und muß seine eigenen Risiken abdecken. Bei der gesetzlichen Krankenversicherung indes zahlen die Versicherten als Solidargemeinschaft in einen großen Topf. Das Argument der Ministerin gegen den reformeifrigen Klusen ist also nicht ganz von der Hand zu weisen.


      Die Selbstbeteiligung bei den privaten Krankenversicherungen ist allerdings nur ein Modul in einem riesigen Baukasten. Als privat Versicherter hat man rein theoretisch die Möglichkeit, sich den Versicherungsschutz ganz individuell zusammenzustellen. Die Versicherungen schnüren dann allerdings Pakete, in denen mal mehr, mal weniger Schutz und damit Anspruch auf Leistung enthalten sind.


      Wer sich privat krankenversichern will, muß als erstes für sich selbst den gewünschten Versicherungsschutz definieren. Die Grundfrage lautet: Will ich Basisschutz oder Spitzenschutz? Der Verband der Privaten Krankenversicherungen empfiehlt darüber hinaus, sich über folgende fünf Aspekte Klarheit zu verschaffen:


      1. Wahlleistungen im Krankenhaus Darunter fällt die Frage nach der Unterkunft im Ein- oder Zweibettzimmer. Mit der Antwort ist in vielen Fällen auch schon über eine mögliche Chefarztbehandlung entschieden.


      2. Zahnersatz Hier ist zu klären, ob man sich - je nach persönlicher Risikolage - mit 50 Prozent Versicherungsschutz zufriedengibt.


      3. Selbstbehalt/-beteiligung Je höher die Selbstbeteiligung, desto niedriger der monatliche Beitrag - im Prinzip. Dabei sparen Angestellte aber nur zur Hälfte für sich selbst, weil sich der Arbeitgeber an den monatlichen Prämien für die private Kasse beteiligt.


      4. Krankengeld Hier empfiehlt sich bei Angestellten ein Blick in den Arbeitsvertrag und den darin festgelegten Zeitraum der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Erst wenn dieser ausläuft, sollte man sich mit Krankengeld versichern.


      5. Besonderheiten Wer auf alternative Behandlungsmethoden Wert legt, sollte darauf achten, daß diese in seinem Versicherungstarif auch enthalten sind.


      Die Entscheidung für den Austritt aus der gesetzlichen Krankenversicherung zugunsten einer privaten ist unwiderruflich, es sei denn, das Gehalt sinkt unter die Pflichtversicherungsgrenze von 3825 Euro im Monat. Zu bedenken ist auch, daß die Prämien bei den privaten Krankenversicherungen mit zunehmendem Lebensalter steigen. Um diese Steigerungen im Alter zu begrenzen, muß jeder Versicherte seit dem 1. Januar 2000 einen gesetzlichen Zuschlag von 10 Prozent bezahlen, der ausschließlich dafür verwendet wird, die Beiträge im Alter so lange wie möglich stabil zu halten. Dieser Beitragszuschlag und auch die üblichen Altersrückstellungen werden von den Versicherungen - wie gesetzlich vorgeschrieben - verzinst. Wer im Alter seine Prämie nicht mehr tragen kann, der darf auf den Standardtarif der Krankenversicherungen zurückgreifen, der auf den durchschnittlichen Höchstbeitrag der gesetzlichen Krankenkassen beschränkt ist, allerdings auch nur dessen Leistungsniveau bietet.


      Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 15.12.2002
      Avatar
      schrieb am 16.12.02 16:24:06
      Beitrag Nr. 221 ()
      Das habe ich seit fast einem Jahr prophezeit:


      Ärzte wollen ihre Leistungen einschränken

      Ärzten und Krankenhäusern droht im nächsten Jahr eine Nullrunde: Eine von mehreren Sparmaßnahmen der Bundesregierung, um die mit Millardenlöchern kämpfenden Krankenkassen zu entlasten. Die Leidtragenden sind voraussichtlich die Patienten. Denn Ärzte und Kliniken protestieren nicht nur, sondern kündigen Leistungseinschränkungen und Personaleinsparungen für das kommende Jahr an.


      Die Mehrheit der Ärzte wird sparen

      Zwei Drittel der Ärzte und Psychotherapeuten in Rheinhessen werden auf die geplante Nullrunde für 2003 mit Personaleinsparungen, Leistungseinschränkungen und Reduzierung der Sprechzeiten reagieren. Dies ergab die vorläufige Auswertung einer bereits Mitte November gestarteten umfassenden Mitgliederbefragung. Bisher haben über 400 von 1010 angeschriebenen Mitgliedern geantwortet, das sind 40 Prozent. Die Umfrage läuft noch bis zum 19. Dezember und wird dann an der Universität Mannheim ausgewertet.

      Geplante Sparmaßnahmen - Wie die Ärzte reagieren werden

      Nur noch "Dienst nach Vorschrift"
      Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Rheinhessen geht davon aus, dass spätestens im nächsten Jahr die jetzt geplanten Einschnitte und Veränderungen im Gesundheitswesen deutlich werden. Die Ärzte müssen reagieren, meint Dr. Günter Gerhardt. "Die Politiker und ihre Berater wollen, dass wir unsere Leistungen einschränken und nur noch die billigsten Arzneimittel verordnen. Wenn wir dann Dienst nach Vorschrift machen, setzen wir nur das um, was die Politik von uns verlangt und was in Krankenhäusern - ohne dass sich darüber jemand aufregt - schon länger üblich ist. Angesichts der Reaktionen auf die angekündigten Einschränkungen muss man sich fragen, was eigentlich von uns gewollt ist. Warum ist das jetzt auch schon wieder nicht recht?"

      Notwendige Versorgung ist sichergestellt
      Für Rheinhessen geht die KV davon aus, dass zum Jahresende wie üblich viele Praxen schließen und nicht notwendige Leistungen auf das nächste Jahr verschoben werden. Urlaub oder Fortbildung steht jeder Praxis zu. Die Versorgung wird sichergestellt sein, es ist allerdings möglich, dass nicht jeder Arzt der Wahl erreichbar ist. Die KV wird auf jeden Fall dafür sorgen, dass jeder Patient, der dringend einen Arzt braucht, auch behandelt wird. Für Anfang des nächsten Jahres rechnet die KV mit zunehmenden Einschränkungen.
      Avatar
      schrieb am 16.12.02 16:27:59
      Beitrag Nr. 222 ()
      Deutschland: 370 gesetzliche Krankenkassen.

      Frankreich: 1 einzige !!!


      Noch Fragen ?

      :mad:
      Avatar
      schrieb am 16.12.02 21:04:20
      Beitrag Nr. 223 ()
      nee. Blue max...

      in Frnkreich muss jeder Patient 25% zuzahlen, der Arbeitgeber zahlt ca. 12% der Lohnsumme, der Arbeitnehmer dafür nur 1,75% und hat die Wahl, sich zusätzlich für das Risko der 25% auch zu versichern (nach seinen ganz persönlichen Bedürfnissen) oder es halt zu lassen.

      Bürger im Bereich des Existenzminimums bekommen die 25% erstattet (eine sozialverträgliche Lösung, die die Ausgrenzung der Armen aus der Krankenversorgung verhindert)

      Wer spezielle Ansprüche hat, kann sich auch noch Privat für besondere WAHLLEISTUNGEN versichern (ähnlich der hiesigen PKV) .

      So kann jeder selber entscheiden, wie und was er an Krankenversicherung haben/leisten möchte.

      Übrigens.... wer in deutschland 100 € an Sozialabgaben bezahlt, bezahlt in Frankreich nur 66% .. soviel zum Thema "KOstenexplosion"....
      Avatar
      schrieb am 16.12.02 21:05:36
      Beitrag Nr. 224 ()
      Übrigens.... wer in Deutschland 100 € an Sozialabgaben bezahlt, bezahlt in Frankreich nur 66 €
      Avatar
      schrieb am 26.12.02 22:24:05
      Beitrag Nr. 225 ()
      KRANKENKASSEN
      Barmer will Rabatte
      Die Barmer Ersatzkasse will mit Beitragsrabatten ein gesundheitsbewusstes Verhalten ihrer Mitglieder fördern. Mit Rabatten könnten beispielsweise Menschen belohnt werden, die das Rauchen aufgäben, sich viel bewegten oder abnähmen, so Barmer-Chef Fiedler. (ap)

      taz Nr. 6939 vom 27.12.2002, Seite 6, 12 Zeilen (Agentur)
      Avatar
      schrieb am 29.12.02 22:44:06
      Beitrag Nr. 226 ()
      "Schmidt at her´s Best" :

      gestern noch wollte sie den Rabatt der techniker-Krankenkasse "mit aller mir verfügbaren Macht" verhindern,

      heute

      soll das zu einem Gesetzesentwurf führen, so daß alle Kassen zu so einem Rabatt erpflichtet werden....

      Halbwertszeit der Schmidtschen Verwirrtheitsäusserungen:
      weniger als 14 TAge.

      Weiterhin Gute Umnachtung, Frau Schmidt!!! :D

      :mad:
      Avatar
      schrieb am 29.12.02 22:55:56
      Beitrag Nr. 227 ()
      @BlueMax
      vor 10 Jahren hatten wir noch 1.200 GKVs, derzeit sind es 400 davon 270 Betriebskrankenkassen. Hat sich doch einiges bewegt?
      Avatar
      schrieb am 29.12.02 22:57:31
      Beitrag Nr. 228 ()
      @DeepThought
      Befinden sich die Gehälter in Frankreich auf dem gleichen Niveau wie in Deutschland? Der prozentuale Anteil der KV wäre aussagekräftiger!
      Avatar
      schrieb am 29.12.02 23:00:41
      Beitrag Nr. 229 ()
      @BlueMax
      würde es in Deutschland nur eine einzige Krankenversicherung geben, würde sich der Deutsche in seiner (Wahl)Freiheit eingeschränkt fühlen.

      Ist diese eine KV in Frankreich eine private oder staatliche?
      Avatar
      schrieb am 29.12.02 23:07:01
      Beitrag Nr. 230 ()
      @DeepThought

      ich arbeite in einer Branche die eine Nullrunde "hinlegen" musste, und weder mir noch meinen Kollegen würde es einfallen ihre Arbeitsleistung zu reduzieren. Mir würde der Gedanke gefallen, wenn Ärzte ihre Fachliteratur (Bücher, Zeitschriften) nur noch seitenweise bzw. zufallsbedruckt bekommen würden, aber selbstverständlich zum vollen Preis!
      Avatar
      schrieb am 30.12.02 18:28:41
      Beitrag Nr. 231 ()
      @ stella Luna

      In der lesenden Branche biste nicht? ;) Hatte das nämlich in diesem Thread bereits geschrieben.... :D

      In F gibt es nur eine staatliche KV, die 75% der Kosten übernimmt, 25% der Kosten muss der Patient übernehmen oder sich dafür privat ZUsatzversichern.

      Das fällt ihm leicht:

      In F bezahlt der AG 11,5 % des Gehaltes an die staatliche KV, der AN jedoch nur 1,75% - da bleibt viel GELD ÜBRIG FÜR EINE Zusatzversicherung....

      Die Sozialabgaben in F betragen 66% der Sozialabgaben in D.

      Steuersätze übrigens ebenfalls drastisch niedriger (Eingangssteuersatz 12% )

      NETTO sind die Gehälter höher.

      würde es in Deutschland nur eine einzige Krankenversicherung geben, würde sich der Deutsche in seiner (Wahl)Freiheit eingeschränkt fühlen

      Es macht keinen Sinn, fast identische GKV-Leistungen durch 400 Parallel-Systeme verwalten zu lassen.
      So dumm sind nur die Deutschen.



      Für angestellte, sehr gut qualifizierte Ärzte sind die Gehälter bezogen auf die Arbeitsstunden in CH, Österreich, Niederlande, Frankreich, Grossbritannien, zwischen 50 und 100% brutto und meist auch netto ebenso drastisch höher als in D. Die genannten Länder haben auch im Gegensatz zu D menschenwürdige Arbeitszeiten für Ärzte.

      Deine Formulierung:

      Mir würde der Gedanke gefallen, wenn Ärzte ihre Fachliteratur (Bücher, Zeitschriften) nur noch seitenweise bzw. zufallsbedruckt bekommen würden, aber selbstverständlich zum vollen Preis!

      gibt gewisse Rätsel auf..... :eek:

      Fachzeitschriften-Preise ebenso wie Fachbuchpreise sind in D "Dank" der Preisbindung bereits astronomisch hoch.
      Der Medizin-Markt befand sich Jahrzehnte in den Händen einiger, heftig abkassierender, hochprofitabler Medizinverlage - oder sollte man besser "Verleger-Mafia" sagen? ... :laugh:
      Allerdings scheinen die die elektronische Revolution völlig verschlafen zu haben, wie mir bereits vor 2 Jahren ein international in diversen Zeitschriften als (Mit- ) Herausgeber agierender Wissenschaftler und Kenner der Szene versicherte.

      Aus eigener Erfahrung kann ich als gelegentlicher Autor von Publikationen und Buchbeiträgen versichern, daß die eigentlichen geistigen Eigentümer keinen nennenswerten Betrag für die vielen Stunden Arbeit erhalten.

      Der Ertrag bleibt alles beim Verlag.

      selbst Sonderdrucke der Artikel werden mit fürstlichen Beträgen dem Autor BERECHNET...


      Eine dt. Fachzeitschrift kostet zumeist im Abo 150-300 € In meiner Bibliothek stehen Fachbücher für Stückpreise bis 500 €.... da kommen einige Mittelklassewagen zusammen...
      Avatar
      schrieb am 30.12.02 20:13:31
      Beitrag Nr. 232 ()
      @Deep Thought

      Den Vergleich mit Frankreich find ich toll!

      Einfach erstaunlich, wie groß die Unterschiede sich entwickeln können.

      Immerhin mußte Frankreich, wie Deutschland nach dem 2. Weltkrieg neue Systeme aufbauen. So unterschiedlich haz sich das nun entwickelt. Übrigens auch in andren Branchen gibt es solche Unterschiede, nehm nur die Kfz.-Branche.
      Aber zurück.
      Zunächst find ich es toll, dass auf einmal die Rabattregelung ins Gerede, wahrscheinlich in Kürze auch umgesetzt wurde.
      Habe aber auch den Anfang dieses Threads gelesen. Da sieht man aber, dass selbst eine umgesetzte Rabattregelung erst der Anfang sein kann!

      Und wenn man nur mal den kleinen Mut aufbringen würde, ein Bürgermeinung einzuholen, von mir aus im Vergelich zum fr. System, dann wird wahrscheinlich die Schmidt sofort zurück treten, weil spätestens dann stünde sie ganz allein dar mit ihrem kommunstischen Vorschaltgesetz, was ja wohl absolut daneben ist.

      Ich bin übrigens privat versichert, AXA, mit 1000,-€ SB/p.a.
      Damit lebe ich sehr gut, kriege sogar noch einen Monatsbeitrag erstattet:D
      Wenn ich den gegen die benötigten Arzneien und Arztbesuche dieses Jahr setzte, dann hab ich durch den geringen Monatsbeitrag immer noch massig gespart.:D
      Warum also will man unbedingt den AN entmündigt halten???
      Gibt es keinen Grund für!

      so long
      Avatar
      schrieb am 30.12.02 20:17:06
      Beitrag Nr. 233 ()
      Bei allem Frankreich-Verständniss sollte man doch auch erwähnen, dass dort 22,6% Mehrwertsteuer gezahlt werden!
      Avatar
      schrieb am 30.12.02 20:57:12
      Beitrag Nr. 234 ()
      @Deep Thought
      "Nach"-Lesen ist nicht unbedingt mein Ding ;)

      Frankreich scheint sich wohl mehr und mehr zum "gelobten Land" zu entwickeln. Eine staatliche Krankenversicherung für alle! Mit diesem staatlichen Versicherungsmodell sollte sich unsere Regierung intensivst auseinandersetzen, auch mit dem englischen, versprechen die staatlichen Systeme doch etwas kostengünstiger zu sein als unsere GKVs.

      Schwer vorstellbar für mich ist jedoch, dass sich die deutschen Arbeitgeber mit 11,5 % an einer staatlichen KV beteiligen und der Arbeitnehmer nur mit 1,75 % zur Kasse gebeten wird. Ich z. B. zahle 12,2 % in meine GKV, also weniger als in Frankreich Pflicht ist und habe keine 25 % Zuzahlung.

      Die Deutschen waren vor 10 Jahren noch viel dümmer, hatten sie damals doch 1.200 GKVs! Etwas hat man bei uns denn doch dazugelernt und die Übernahmen/Fusionen werden weitergehen.

      Um das deutsche Gesundheitssystem zu entlasten und selbst zu sparen, werden mehr und mehr Menschen deutsche Ärzte nicht mehr in Anspruch nehmen und sich im Ausland behandeln lassen (Zahnärzte in Ungarn, Schönheitsoperationen in Warschau z. B.).
      Ist es das, was man anstrebt?
      Avatar
      schrieb am 08.01.03 22:39:02
      Beitrag Nr. 235 ()
      letzten Montag in "report" :

      Der Exodus der deutschen Ärzte ins Ausland.

      Interessanter Bericht, der meine bisherigen postings bestätigte.

      keiner der befragten ausgewanderten deutschen Ärzte wollte zurück.

      Eine inzwischen beim "Bundesministerium f. Gesundheit" :laugh: angelaufenen Kampagne, um dt. Ärzte wieder nach Deutschland zurück zu werben, musste abgesagte werden: Es fanden sich keine Interessenten! :D :laugh:

      Dafür kann ich versichern, daß die Info-Veranstaltungen der abwerbenden Länder stark besucht sind und der Exodus weitergeht.


      Hier übrigens noch ein alter Link aus 2002, als die Ärzte noch versuchten innerhalb Deutschlands die Branche zu wechseln.
      Jetzt besinnen sich immer mehr auf ihren Wunsch, ärztlich tätig zu sein und lebenswürdige Umstände zu haben - im Ausland kein Problem.

      Wie gesagt, Frau BM Schmidt gefährdet ja nur lächerliche 4,2 Mio Arbeitsplätze... :D


      http://www.swr.de/report/archiv/sendungen/020225/02/


      .
      Avatar
      schrieb am 08.01.03 22:45:05
      Beitrag Nr. 236 ()
      @ StellaLuna

      Das britische Gesundheitssystem NHS gehört zu den marodesten in Europa. Jedenfalls, solange Du keine Privatklinik aufsuchst. Dort wirst Du perfekt behandelt.

      Wartezeiten für eine Meniskus-OP: derzeit ca. 2 Jahre.

      Wenn Du Nierenkrank bist und älter als 65 Jahre, musst Du in GB leider sterben. Menschen über 65 JAhre haben dort kein Anrecht auf Dialyse - geschweige denn, eine Nierentransplantation.

      "Nach"-Lesen ist nicht unbedingt mein Ding
      Dann lass´Dir doch VORlesen... :D ;)
      Avatar
      schrieb am 08.01.03 23:09:45
      Beitrag Nr. 237 ()
      report MÜNCHEN06.1.2003, 21.00 Uhr /ARD

      Flucht aus dem System -
      Warum immer mehr deutsche Ärzte ins Ausland gehen
      Untragbare Arbeitszeiten, mäßige Bezahlung, immer weniger Leistungen - und jetzt auch noch eine Nullrunde. In unserer Ärzteschaft wächst der Unmut über die Repressalien unseres Gesundheitssystems. Immer mehr Mediziner machen da nicht mehr mit, sie gehen ins Ausland. Hoch im Kurs stehen Großbritannien und die skandinavischen Staaten. Dort finden unsere Ärzte nicht nur bessere Arbeitsbedingungen vor, erstaunt stellen viele fest, dass andere Länder die hierzulande oft geforderten Reformen zur Sanierung des Gesundheitssystems längst durchgeführt haben
      Avatar
      schrieb am 14.01.03 09:11:36
      Beitrag Nr. 238 ()
      Wenn nun schon alle Dinge, die noch Vorteile der GKV gegenüber der PKV waren, abgeschafft werden sollen, wäre es doch auch überlegenswert, das ganze Krankenversicherungswesen privat zu organisieren. Man kann ja die sozialen Aspekte und Härtefälle regeln, damit dies keine Nachteile gibt.



      Kostenlose Familienversicherung vor dem Aus?

      14. Januar 2003 Die Bundesregierung lässt nach einem Zeitungsbericht die beitragsfreie Mitversicherung der Familie in der gesetzlichen Krankenkasse überprüfen.

      Wie der Berliner „Tagesspiegel“ berichtet, erging ein entsprechender Auftrag an die Rürup-Kommission zur Reform der sozialen Sicherungssysteme. Auch die Streichung des Mutterschafts- und des Sterbegeldes aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) stehe zur Prüfung an.

      Sollten diese versicherungsfremden Leistungen stattdessen über Steuern finanziert werden, könnte die gesetzliche Krankenversicherung bis zu fünf Milliarden Euro sparen. Nach einer Faustformel senken Einsparungen von 7,5 Milliarden Euro in der GKV den Krankenkassenbeitrag um etwa einen Prozentpunkt.
      Avatar
      schrieb am 14.01.03 10:25:49
      Beitrag Nr. 239 ()
      Also - ein zumindest ein Teil der Überlegungen sind absolut korrekt.

      Mit welcher begründung sol beispielsweise ein Ehepartner, der weder arbeitet, noch Kinder versorgt, von denjenigen, die das tun, lebenslang mit allen Sozialversicherungsleistungen mitversorgt werden?

      Das ist ein schöner Luxus: weder arbeiten, noch Kinder erziehen. Aber den soll derjenige selber (bzw. sein Ehepartner bzw. "registrierter Lebenspartner" ) bezahlen, wie anderen Luxus im Leben auch selber bezahlen.

      Ich finde einige wirklich richtige Ansätze hier, wobei der Qualitätsaspekt und "schlankere" medizinische Leistungseinheiten sowie höhere Qualität und vor allem massive Prävention und Gesundheitsaufklärung in den Schulen auf längere Sicht enorme Summen einbringen würden, im Vergleich zu denen die 5 Mrd. "Peanuts" wären;



      Die Rürup-Kommission zur Reform der Sozialsysteme soll laut Medienberichten prüfen, ob die beitragsfreie Familienmitversicherung, das Mutterschaftsgeld und das Sterbegeld aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherungen gestrichen werden können. Einen entsprechenden Auftrag habe die Bundesregierung der von ihr eingesetzten Kommission erteilt, berichtete der Berliner "Tagesspiegel" vorab ohne Nennung von Quellen.

      Offenbar bis zu fünf Milliarden Euro Einsparung möglich
      Das Ergebnis sei offen. Sollten die Leistungen gestrichen oder über Steuern finanziert werden, könnten die Versicherer dadurch bis zu fünf Milliarden Euro einsparen, hieß es. Müssten sie zudem nicht mehr Zuzahlungen bei Medikamenten für gesetzliche Härtefälle übernehmen, bedeute dies geringere Ausgaben von weiteren 1,3 Milliarden Euro. Beim Gesundheitsministerium war zunächst niemand für eine Stellungnahme erreichbar. :laugh:

      Experten: Versicherungsfremde Leistungen sind das Problem
      Die Krankenkassen hatten im vergangenen Jahr Verluste in Milliarden-Höhe erwirtschaftet. Experten hatten wiederholt kritisiert, die Kassen müssten eine Reihe von Leistungen finanzieren, die eigentlich nicht zu den Leistungen einer Krankenkasse gehören dürften. Geringere Ausgaben der Kassen könnten sich in geringeren Beiträgen zur Krankenversicherung niederschlagen, was zur Entlastung der Arbeitskosten führen könnte. Die im internationalen Vergleich relativ hohen Arbeitskosten in Deutschland sind nach Einschätzung von Wirtschaftsexperten ein Grund für die hohe Arbeitslosigkeit.

      DGB will Grundfreibetrag für Sozialabgaben
      Unterdessen will sich der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) für einen Grundfreibetrag bei den Sozialabgaben stark machen. Der DGB-Vorsitzende Michael Sommer wolle an diesem Dienstag einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten, berichtet die "Financial Times Deutschland". Danach sollen die Ausfälle für die Sozialkassen mit einer höheren Mehrwertsteuer gegenfinanziert werden.

      Auch Gewerkschaftler wollen Abgabenlast drücken
      "An einem Modell für eine Entlastung bei den Lohnnebenkosten wird gerechnet", sagte DGB-Sprecher Hilmar Höhn der Zeitung. Derzeit gibt es lediglich bei der Lohn- und Einkommensteuer einen Grundfreibetrag von 7205 Euro im Jahr für Unverheiratete. Dieser gilt aber nicht für die Sozialabgaben. Mit dem DGB-Vorschlag sollen die hohen Lohnnebenkosten von derzeit rund 42 Prozent gesenkt werden, um neue Arbeitsplätze zu schaffen.


      rtr/dpa
      Avatar
      schrieb am 14.01.03 11:26:43
      Beitrag Nr. 240 ()
      Das helvetische Krankenversicherungssystem weckt Interesse

      Die Schweizerische Krankenversicherungsreform wurde letztes Jahr mit dem Carl Bertelsmann-Preis geehrt. Die Schweiz teilt sich diese Auszeichnung mit den Niederlanden. Nun möchte Els Borst-Eilers, die holländische Ministerin für Wohlfahrt, Gesundheit und Sport, das Schweizer Krankenversicherungssystem genauer kennenlernen. Sie wird deshalb in Kürze bei Bundesrätin Ruth Dreifuss zu Gast sein und sich informieren.
      (Medienmitteilung des Eidgenössischen Departement des Inneren, 15.1.01)


      In der Schweiz müssen sich die, die Sport treiben, über eine separate Unfallversicherung versichern. Im Schadenfall zahlt die UV Krankenhaus und Reha. Man schätzt, die jährliche Entlastung in Deutschland könnte bei 10 Mrd. € liegen! Sicher sind da die Beitrags-Kosten der UV zu berücksichtigen. Aber in der Schweiz zahlen sie 8,4 % KV. Wobei der AG 50 % trägt!

      Auch ein richtiger Ansatz. Warum soll ich die individuellen Risiken anderer mit bezahlen. So manchem ist das Leben so langweilig, das er den Kick braucht. Eine extra UV hilft ihm da weiter !!
      Avatar
      schrieb am 14.01.03 11:43:12
      Beitrag Nr. 241 ()
      Wenn man die besucht, fragt man schon, ob die bald nach Deutschland kommen:

      http://www.egk.ch/
      Avatar
      schrieb am 14.01.03 14:32:56
      Beitrag Nr. 242 ()
      Die Entlastung könnte größer sein, wenn die Krankenhauskosten und Folgekosten nach Verkehrsunfällen von der Versicherung der Schuldigen auch wirklich bezahlt würde bzw. von der zunächst eintretenden KV zurückgefordert würde.

      Zumeist zahlt jedoch die Krankenkasse des Opfers.

      Schließlich deckt die KFZ-Versicherung Personenschäden ab.

      Würde übtrigens auch bei Straftaten (Körperverletzung) zusätzlich einen gewissen erzieherischen Effekt haben.
      Avatar
      schrieb am 14.01.03 14:34:59
      Beitrag Nr. 243 ()
      Danke für den Link, ist interessant!

      Gruß

      d.T.
      Avatar
      schrieb am 15.01.03 05:57:33
      Beitrag Nr. 244 ()
      KRANKENKASSE
      Bonus kommt an

      Das Bonusmodell der Techniker Krankenkasse (TK) findet Zuspruch bei den Versicherten. Seit dem Start des Modells zu Jahresbeginn hätten sich bereits 1.000 Mitglieder beteiligt, sagte Norbert Klusen, Vorstandsvorsitzender der TK, dem Hamburger Abendblatt.
      (ap)
      Avatar
      schrieb am 15.01.03 06:06:36
      Beitrag Nr. 245 ()
      Die Regierung hat die Rürup-Kommision abgebürstet.
      Die erwerbslosen Familienmitglieder bleiben beitragsfrei !
      Avatar
      schrieb am 15.01.03 09:54:24
      Beitrag Nr. 246 ()
      Tja, Schröder ist vor den AaWahlen wieder auf populismus-Tour.... einfach nur erbärmlich!
      Avatar
      schrieb am 15.01.03 10:02:33
      Beitrag Nr. 247 ()
      ich habe gegen ihn ( Schröder ) mittlerweile eine
      Aversion wie damals gegen Kohl und Barzel, kann es nicht mehr ertragen, wenn er ölig den Jovialen gibt. ekel.
      An Koch wag ich gar nicht zu denken, dann ist da noch die
      Möllemannpartei,..oje ...wo bin ich hingeraten...?:cry:
      Avatar
      schrieb am 15.01.03 10:06:49
      Beitrag Nr. 248 ()
      Wobei ich auch nicht weiß, wie dies aussehen soll bei Familien mit mehreren Kindern.
      Ich zahle rd. 270 € KV, mein AG zahlt noch einmal das gleiche.
      Sicher klingt es jetzt wie „Reform ja, aber nicht bei mir“, aber hier würden wieder die
      Familien belastet. Wieviel soll ich dann für die 2 Kinder und Frau bezahlen ???
      Am meisten zu sparen gibt es wohl im ärztlich-industriellen Komplex. Das kann man
      daran sehen, wie lautstark die schreien und zetern!
      Avatar
      schrieb am 15.01.03 10:22:18
      Beitrag Nr. 249 ()
      "DGB will keine "Leistungskürzungen"

      (Berlin) - Zu Meldungen, der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) wolle in der Gesundheitspolitik "Kassenleistungen streichen", erklärte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ursula Engelen-Kefer am 14. Januar:

      "Dem DGB geht es nicht um Leistungskürzungen, sondern um eine aufgabengerechte Finanzierung im Zusammenhang mit der mittelfristigen Reform der sozialen Sicherung. Insbesondere bei der Finanzierung versicherungsfremder Leistungen sind wir für neue Finanzierungsmodelle offen.

      Diese Diskussion ist aber nicht Gegenstand der bevorstehenden Gesundheitsreform. Bevor über neue Finanzierungsmodelle entschieden wird, muss das Gesundheitssystem auf Effizienz und Qualität überprüft werden. Vorrangiges Ziel des DGB ist und bleibt deshalb, durch eine Strukturreform im Gesundheitswesen die erheblichen Wirtschaftlichkeitsreserven zu erschließen und unnötige Kosten einzusparen".
      Avatar
      schrieb am 15.01.03 12:18:22
      Beitrag Nr. 250 ()
      P O L I T I K
      Bundesverfassungsgericht berät über Eilanträge gegen Sparpaket

      KARLSRUHE. Das Bundesverfassungsgericht (BVG) hat am 14. Januar in Karlsruhe seine Beratungen zu drei Eilklagen gegen das Sparpaket der Bundesregierung im Gesundheitswesen aufgenommen. In den drei Verfahren hatten der Pharmahändler Gehe GmbH, sowie drei Zahntechniker und vier Apotheker geklagt, weil sie in dem Sparpaket von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) unter anderem einen Eingriff in ihre Berufsfreiheit sehen.

      Über die Eilanträge wird voraussichtlich bis Monatsende entschieden. Ebenfalls anhängig ist vor dem BVG eine Klage des Landes Baden-Württemberg gegen das so genannte Beitragssatzsicherungsgesetz, die am 13. Januar einging. Darüber werde aber gesondert beraten, sagte eine Gerichtssprecherin.

      Baden-Württemberg will mit seiner Klage prüfen lassen, ob das umstrittene Gesetz die Zustimmung des Bundesrates gebraucht hätte. In ihm waren von Rot-Grün unter anderem die Anhebung des Rentenbeitrages sowie die drastischen Sparmaßnahmen im Gesundheitswesen beschlossen worden. /afp
      Avatar
      schrieb am 15.01.03 12:26:02
      Beitrag Nr. 251 ()
      @ JoeUp

      Es geht zumindest bei meinen Vorschlägen NICHT darum, Eheleute mit minderjährigen Kindern zu belasten, sondern die quasi Trittbrettfahrenden Ehepartner, die weder Arbeiten noch Kinder erziehen.
      Denen bezahlst nämlich DU und ICH ihr schönes Leben auf Kosten der Sozialsysteme.

      Und DAMIT muss endlich Schluss sein.

      Da die Kosten der GKV ja umgelegt werden, wird der Beitrag PRO KOPF erheblich sinken. Defacto wird sich in der gesamtsumme nicht viel ändern.

      WAs geschehen muss, ist:

      Eltern (und eben NICHT Eheleute) mit minderjährigen Kindern werden nicht schlechter gestellt.

      Eheleute ohne minderjährige Kinder werden pro Kopf veranlagt.

      Übrigens bezahlen ja privat versicherte seit eh´und je´ für den Ehepartner und die Kinder einzeln (und bewirken über die Quersubventionierung auch noch Csh-Flow in der GKV in Höhe von 6 Mrd. Euro/jahr bei der GKV) .

      Da hat sich komischerweise noch nie ein GKV-Patient drüber beschwert.... ;)
      Avatar
      schrieb am 15.01.03 14:36:00
      Beitrag Nr. 252 ()
      Korrekt. Ihr seht immer nur die Fragmente, wenn ein Kommissionsmitglied Vorschläge macht. Raffelhüschen hat sicherlich keine kompensationslose Streichung der Mitversicherung überlegt. Es geht vielmehr darum, dass diese kostenlose Mitversicherung nichts anderes als eine zwangsweise Subventionierung von Ehe und Kindern ist. Frage: Wieso müssen das dafür die Beitragszahler aufkommen? Förderung der Familie ist eine gesellschaftliche Aufgabe und muss demzufolge von allen getragen werden. Eine Umstellung bedeutet dann im Einzelnen:

      1. Adäquate beitragshöhen für Mitversicherte

      2. Steuerliche oder andersgeartete Unterstützung des Staates bei den Familien, die mit solchen Höhen nicht zu Rande kommen, etwa in dem ein (massgeblicher) Teil der Beiträge, die für Kinder gezahlt werden, vom Staat übernommen wird.

      Wirkung ist, dass die Sozialversicherungsbeiträge abgesenkt werden können, und nur vor dem Hintergrund geschieht dieser Vorschlag überhaupt. Das kostet letztlich nichts weniger, aber die finanzierung über Steuern wird von allen getragen, die Finanzierung über Sozialbeiträge entspricht eine Besteuerung des Faktors Arbeit.
      Avatar
      schrieb am 17.01.03 06:45:45
      Beitrag Nr. 253 ()
      http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,230992,00.html


      NEUER ÄRZTESKANDAL

      Das gute Geschäft mit den toten Patienten

      Mehrere Dutzend Ärzte haben nach Erkenntnissen einer Krankenkasse Behandlungen von toten Patienten abgerechnet. Allein in Niedersachsen soll es innerhalb von nur drei Monaten zu Betrügereien mit 140 "lebenden Toten" gekommen sein.
      Hier klicken!
      Mutmaßliche Ärzte-Betrügereien: Patienten auch im Tod noch nützlich
      DPA
      GroßbildansichtMutmaßliche Ärzte-Betrügereien: Patienten auch im Tod noch nützlich
      Hannover/Berlin - Die AOK Niedersachsen deckte die makabren Abrechnungsbetrügereien bei stichprobenartigen Prüfungen auf. Wie ein Sprecher heute bestätigte, stellte eine Reihe von Ärzten Behandlungen und Untersuchungen von Patienten in Rechnung, die schon seit Jahren auf dem Friedhof liegen. Bei einer Kontrolle für das vierte Quartal 2001 seien allein in Niedersachsen 140 Tote ermittelt worden, für die Ärzte abkassierten.

      Klaus Altmann von der Landes-AOK sagte dem ARD-Magazin "Panorama": "Hochgerechnet auf das ganze Bundesgebiet kommt man spielend auf mehrere tausend Tote, mit denen Ärzte noch ein Geschäft machen." So habe ein Wilhelmshavener Allgemein- und Sportmediziner "Hausbesuche und die Erhebung des Ganzkörperstatus" bei einer 72-Jährigen abgerechnet, die zum Zeitpunkt der "Behandlung" bereits seit fünf Jahren im Grab gelegen habe.

      Die Staatsanwaltschaft Oldenburg bestätigte den Bericht von "Panorama". Allein gegen den Arzt aus Wilhelmshaven werde wegen Betruges in 400 Fällen ermittelt. Unterlagen seien bereits im vergangenen Herbst sichergestellt worden. Demnach war im letzten Quartal 2002 rund ein Viertel der Behandlungen erfunden. Der Mediziner soll die Daten von insgesamt elf Toten illegal auf seinem Praxiscomputer gespeichert und für gefälschte Abrechnungen benutzt haben. Den Krankenkassen seien durch die Phantombehandlungen dieses Arztes und anderer Mediziner Schäden in Millionenhöhe entstanden, hieß es bei der AOK Niedersachsen.

      Schmidt befürchtet Milliardenschäden durch Betrug

      Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt verwies auf eine Schätzung, wonach durch falsche Abrechnungen eine Milliarde Euro pro Jahr auf Arztkonten flössen. Sie mache sich diese Zahl zwar nicht ohne Weiteres zu eigen, erklärte Schmidt. "Aber wenn es nur die Hälfte ist, hieße das: 500 Millionen Euro würden fehlgeleitet."

      Sie verlangte von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) nachdrücklich, Klarheit über Umfang und Erfahrungen mit Abrechnungsbetrug zu schaffen. Sie habe die KBV bereits am 23. Dezember zur Auskunft aufgefordert, aber bisher keine Antwort erhalten. Die jüngsten Vorwürfe, Ärzte hätten bei Toten abkassiert "müssen aus der Welt", erklärte sie. Sie schadeten der gesamten Ärzteschaft.

      Die KBV solle ihre Erkenntnisse über Betrügereien vorlegen, damit nicht zuletzt die Patienten erführen, was mit ihren Beiträgen geschehe. Die Behauptung, durch Betrügereien würden nicht die Versicherten, sondern nur die Ärzte selber geschädigt, sei "albern und falsch".

      Ärzteverband spricht von Rufmord

      KBV-Hauptgeschäftsführer Rainer Hess erklärte in Berlin, er könne Schmidt erst dann eine Antwort liefern, wenn die Ergebnisse einer Anfrage bei den einzelnen Kassenärzte-Verbänden vorliegen. Gleichzeitig kritisierte er die AOK-Angaben scharf. Die Kassen würden sich selbst "als Bastion von Saubermännern" darstellen und versuchten, die Ärzte in den Augen der Bevölkerung zu verunglimpfen.

      Die Hochrechnung der Fälle aus Niedersachsen sei unseriös und grenze an Rufmord. Man werde die AOK-Aussagen juristisch prüfen lassen. Weiter verwies Hess auf Zahlen des Bundeskriminalamts, wonach die gemeldeten Fälle von Abrechnungsbetrug drastisch zurückgegangen seien." target="_blank" rel="nofollow ugc noopener"> http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,230992,00.html


      NEUER ÄRZTESKANDAL

      Das gute Geschäft mit den toten Patienten

      Mehrere Dutzend Ärzte haben nach Erkenntnissen einer Krankenkasse Behandlungen von toten Patienten abgerechnet. Allein in Niedersachsen soll es innerhalb von nur drei Monaten zu Betrügereien mit 140 "lebenden Toten" gekommen sein.
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      Mutmaßliche Ärzte-Betrügereien: Patienten auch im Tod noch nützlich
      DPA
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      Hannover/Berlin - Die AOK Niedersachsen deckte die makabren Abrechnungsbetrügereien bei stichprobenartigen Prüfungen auf. Wie ein Sprecher heute bestätigte, stellte eine Reihe von Ärzten Behandlungen und Untersuchungen von Patienten in Rechnung, die schon seit Jahren auf dem Friedhof liegen. Bei einer Kontrolle für das vierte Quartal 2001 seien allein in Niedersachsen 140 Tote ermittelt worden, für die Ärzte abkassierten.

      Klaus Altmann von der Landes-AOK sagte dem ARD-Magazin "Panorama": "Hochgerechnet auf das ganze Bundesgebiet kommt man spielend auf mehrere tausend Tote, mit denen Ärzte noch ein Geschäft machen." So habe ein Wilhelmshavener Allgemein- und Sportmediziner "Hausbesuche und die Erhebung des Ganzkörperstatus" bei einer 72-Jährigen abgerechnet, die zum Zeitpunkt der "Behandlung" bereits seit fünf Jahren im Grab gelegen habe.

      Die Staatsanwaltschaft Oldenburg bestätigte den Bericht von "Panorama". Allein gegen den Arzt aus Wilhelmshaven werde wegen Betruges in 400 Fällen ermittelt. Unterlagen seien bereits im vergangenen Herbst sichergestellt worden. Demnach war im letzten Quartal 2002 rund ein Viertel der Behandlungen erfunden. Der Mediziner soll die Daten von insgesamt elf Toten illegal auf seinem Praxiscomputer gespeichert und für gefälschte Abrechnungen benutzt haben. Den Krankenkassen seien durch die Phantombehandlungen dieses Arztes und anderer Mediziner Schäden in Millionenhöhe entstanden, hieß es bei der AOK Niedersachsen.

      Schmidt befürchtet Milliardenschäden durch Betrug

      Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt verwies auf eine Schätzung, wonach durch falsche Abrechnungen eine Milliarde Euro pro Jahr auf Arztkonten flössen. Sie mache sich diese Zahl zwar nicht ohne Weiteres zu eigen, erklärte Schmidt. "Aber wenn es nur die Hälfte ist, hieße das: 500 Millionen Euro würden fehlgeleitet."

      Sie verlangte von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) nachdrücklich, Klarheit über Umfang und Erfahrungen mit Abrechnungsbetrug zu schaffen. Sie habe die KBV bereits am 23. Dezember zur Auskunft aufgefordert, aber bisher keine Antwort erhalten. Die jüngsten Vorwürfe, Ärzte hätten bei Toten abkassiert "müssen aus der Welt", erklärte sie. Sie schadeten der gesamten Ärzteschaft.

      Die KBV solle ihre Erkenntnisse über Betrügereien vorlegen, damit nicht zuletzt die Patienten erführen, was mit ihren Beiträgen geschehe. Die Behauptung, durch Betrügereien würden nicht die Versicherten, sondern nur die Ärzte selber geschädigt, sei "albern und falsch".

      Ärzteverband spricht von Rufmord

      KBV-Hauptgeschäftsführer Rainer Hess erklärte in Berlin, er könne Schmidt erst dann eine Antwort liefern, wenn die Ergebnisse einer Anfrage bei den einzelnen Kassenärzte-Verbänden vorliegen. Gleichzeitig kritisierte er die AOK-Angaben scharf. Die Kassen würden sich selbst "als Bastion von Saubermännern" darstellen und versuchten, die Ärzte in den Augen der Bevölkerung zu verunglimpfen.

      Die Hochrechnung der Fälle aus Niedersachsen sei unseriös und grenze an Rufmord. Man werde die AOK-Aussagen juristisch prüfen lassen. Weiter verwies Hess auf Zahlen des Bundeskriminalamts, wonach die gemeldeten Fälle von Abrechnungsbetrug drastisch zurückgegangen seien.
      Avatar
      schrieb am 17.01.03 08:21:19
      Beitrag Nr. 254 ()
      erstens:

      Die Betrüger müssen gnadenlos strafverfolgt werden und ihre Kassenzulassung verlieren.

      zweitens:

      wie ich bereits mehrfach schrieb, versucht die Schmidt wie alle BMG´s zuvor und die Kassen, hier den Eindruck zu erwecken, die erschwindelten gelder wären ansonsten nicht an die Ärzteschaft geflossen.

      Das ist aufgrund unseres Abrechnungssystems FALSCH und bewußt irreführend.
      Denn die EHRLICHEN ÄRZTE und nicht die Kassen sind die Geschädigten.

      Aber so kann man als unfähige BM Gesundheit rasch in populistischer Art und Weise Sozialneid mobilisieren, um der gesamt-Ärzteschaft mal wieder RAffgier zu unterstellen.

      DAs spiel wird - wie ich ebenfalls bereits schrieb - immer in den ersten Monaten des jAhres gespielt, wenn die Verhandlungen über die Budgets laufen.

      gehört zurpsychologischen Kriegsführung der KAssen und der Politiker, die über ihre Unfähigkeit hinwegtäuschen wollen.
      Avatar
      schrieb am 17.01.03 09:05:44
      Beitrag Nr. 255 ()
      Das Sytem lädt doch geradezu zu Betrügereien ein.

      Der Patient bekommt doch gar nichts mit, was abgerechnet wurde. Also muss der eingebunden werden und schon hört der Spass auf.
      Avatar
      schrieb am 17.01.03 09:27:03
      Beitrag Nr. 256 ()
      @ konns

      richtig, transparenz ist nötig.

      Dann käme man auch vielen Betrügereien von PATIENTEN auf die Spur (z.B. Behandlung von ausländischen Familienangehörigen auf der Chipkarte eines in Deutschland versicherten Angehörigen)

      Transparenz der KAssenvergütungen würde auch drastisch den patienten vor augen führen, das viele Ärzte den letzten Monat des Quartals arbeiten, ohne dafür einen Cent zu bekommen, aber weiterhin Kosten produzieren. Und dasss die Vergütungen teilweise absolut lächerlich sind.
      Avatar
      schrieb am 17.01.03 09:36:56
      Beitrag Nr. 257 ()
      Wer von Euch hat denn schon seine Lohn-oder Gehaltsabrechnung für Januar geöffnet? (Vorsicht! Erst setzen) ;)
      Avatar
      schrieb am 17.01.03 09:57:57
      Beitrag Nr. 258 ()
      "die erschwindelten gelder wären ansonsten nicht an die Ärzteschaft geflossen. Das ist aufgrund unseres Abrechnungssystems FALSCH und bewußt irreführend."

      DS, kurzfristig ja, langfristig wohl nicht, denn wenn all diese Misstände beseitigt wären, würde das zur verfügung stehende Geld entweder dazu verwandt, bestehende Leistungen besser zu bezahlen oder mehr echte Leistungen bei gleichem Budget anbieten zu können. Angekniffen sind wir alle, und es ist schon eine Frechheit sondergleiche, sich nicht mit den Skandalfällen zu beschäftigen, sondern lieber die Hochrechnung auf das Budnesgbeit juristisch anfechten zu wollen. Wenn du mich fragst, sind das inzwischen mafiöse Strukturen, wenn ich mir die kassenärztlichen Vereinigungen angucke. Anstatt sich darüber gedanken zu machen, wer bei welchen Medikamenten noch 1€ mehr zuzahlen müsste und ob es Sterbegeld geben soll oder nicht undwasweissich - sollte man mal darüber nachdenken, das dieses verwesende Kontrollsystem zerschlagen werden sollte!
      Avatar
      schrieb am 17.01.03 10:02:37
      Beitrag Nr. 259 ()
      @Deep Thought

      Ganz Deiner Meinung.

      Voraussetzung wäre aber ein verständliches Abrechnungssystem, das es bei uns nicht gibt. Mich würde wirklich interessieren, ob überhaupt jemand bei uns diesen Wälzer beherrscht (ich habe mir das mal zeigen lassen).

      Gut, meine Meinung zur KV (und den anderen SVs) wäre sowieso eine privatwirtschaftliche Lösung (Pflichtversicherung ähnlich wie beim Auto), bei der man die sozialen Aspekte einbauen kann und ebenso Härtefälle. Und da die AOKs so gut sind, sollten die viele neue Mitglieder bekommen.
      Avatar
      schrieb am 17.01.03 15:22:20
      Beitrag Nr. 260 ()
      Also,

      ich war sehr positiv überrascht von DGB-Sommer, der ganz klar viele meiner Forderungen hier aus dem Thraed jetzt ebenfalls als zukunftsweisend ansieht:

      Abkopplung der GKV-Beiräge vom LOHNeinkommen und zunehmende Speisung aus kompensatorisch erhöhten (in)direkten Steuern. DAmit würde die Basis der ZAhlenden fairer gestaltet. Ein Meilenstein.

      Und die Schaffung von Arbeitsplätzen würde nicht bestraft.

      ImGrunde sind bis jetzt aus den einzelnen Köpfen die richtigen Lösungen zusammengekommen. ;Man muss sie nur noch bündeln. Am besten wie in Frankreich mit zunehmender gewichtung auf Steuerliche Erhebung.

      Zu den KV´s:

      Vorgestern hat mich ein niedergelassener Freund von mir besucht. Ein sehr guter, engagierter Arzt.

      Und wir unterhielten uns über das Gesundheitssystem.

      DAbei kam das Thema auch auf die KV´s.

      Aufgrund der geringen WAhlbeteiligungen sind dort die falschen am Ruder.
      DAs hat wirklich teilweise Mafiöse Strukturen, weil sich etablierte maximal gegen Konkurrenz abschotten.

      DAbei ist die Selbstorganisation der Stände (die KV´s und die Ärztekammern sind ja Selbstorganisierte Körperschaften öff. Rechts) immer noch klug und effizienter als die Staatliche durch Nicht-FAchleute.

      Aber dieser Inner circle müsste in seinem formalen HAndeln (nicht so sehr inhaltlich) wiederum von AUSSEN Kontrolliert werden. Hier muss mehr Transparenz und weniger gemauschel Standard werden.

      Will Sagen: Die medizinische FAchkompetenz und Selbstorganisation ist o.k., aber sie muss transparenter, effizienter und Schlanker werden.
      es gibt im Übrigen auch gute ansätze bei so manchen LÄK´s.

      So hat z.B. die ÄK NOrdrhein zum Schutz der ehrlichen Ärzte beim Abrechnungsbetrug im AJhr 2001 über 100 Prüfer eingestellt. ich hoffe, daß jetzt einige Auswüchse auf Kosten der ehrlichen Ärzte abnehmen.

      Und damit ehrlicher gegenüber den übrigen Kollegen.
      Avatar
      schrieb am 17.01.03 15:25:45
      Beitrag Nr. 261 ()
      Noch der eine Satz:

      Die PAtienten MÜSSEN nicht nur eine genaue Aufstellung der Leistungen bekommen.

      Die Daten (ich schrieb es bereits früher) müssen auch für die Kassen zwecks Quercheck patientenbezogen verwertbar sein und auch für die epidemiologischen Untersuchungen, die all diese JAhrzehnte nur deswegen nicht möglich waren, weil sie stets in der KV anonymisiert wurden.

      Diese datenfriedhöfe müssen zum Wohl der PAtienten wissenschaftlich, aber auch rein investigativ endlich ausgewertet werden!
      Avatar
      schrieb am 17.01.03 15:38:11
      Beitrag Nr. 262 ()
      Da doch die gesetzlichen Kassen mehr mit sich selbst beschäftigt sind und die das auch tunlichst so lassen wollen, werden die auch wenig Interesse haben, den Status Quo zu ändern. Die ab und zu plakativ veröffentlichten Ärzteskandale sind doch eine ideale Ausrede.
      Allein die Tatsache, dass bei den gesetzlichen Kassen mittlerweile mehr Leute beschäftigt sind als es Vertragsärzte gibt, zeigt doch deutlich, dass da etwas nicht stimmen kann.

      Also ich verstehe meinen "Hausarzt" immer besser, der mir schon vor einigen Jahren sagte, dass er es nie angestrebt hat, Kassenarzt zu werden.

      Da stehen sich zwei Verwaltungsmonster (KV und GKV) gegenüber und das kann nicht auf Dauer gutgehen.
      Avatar
      schrieb am 17.01.03 15:44:14
      Beitrag Nr. 263 ()
      Was meinst Du, was da bei den Kassen teilweise für Typen rumlaufen... hochbezahlt.

      Ich habe neulich einen Vortrag eines Abteilungsleiters der Bundesstelle der größten Ersatzkasse gehört.

      der mann sollte für CAse- und disease-Management zuständig sein (Riesen-Budgets) und konnte beides in diesem Vortrag nicht richtig definieren.
      Erst dachte ich, der hat einen Blackout.
      DAnn wurde ich jählich gewahr: Der mann weiß es wirklich nicht richtig!

      Seitdem glaube ich, dass es bei den KAssen ebenso verzweifelte fachkompetente Menschen gibt wie im rest des Gesundheitswesens - aber auch eine große Menge inkompetenter Versager.

      Riesen-Einspar-Potential.
      Avatar
      schrieb am 17.01.03 15:45:59
      Beitrag Nr. 264 ()
      Kurz zurück zur KV:

      Aber solange die engagierten Niedergelassenen Ärzte halt nicht bei den KAmmerwahlen wählen gehen, werden die Mafiosi dranbleiben.Exakt wie in der Politik.
      Avatar
      schrieb am 20.01.03 05:16:07
      Beitrag Nr. 265 ()
      Ulla Schmidt strebt parteiübergreifenden Konsens an

      Sozialministerin Ulla Schmidt (SPD) signalisiert der Opposition Kooperationsbereitschaft / Strukturveränderungen könnten noch in diesem Jahr wirksam werden


      Die Reform der Rentenversicherung, vor allem aber des Gesundheitswesens, hat sich die rot-grüne Regierung vorgenommen. Dafür benötigt Sozialministerin Ulla Schmidt (SPD) auch die Zustimmung der Union im Bundesrat. Die Wirtschaft lahmt, die Beiträge zur Renten- und bei vielen Krankenversicherungen sind gerade erhöht worden. Sind weitere Steigerungen zu verhindern?

      Wir haben eine Chance, daß es zu keinen zusätzlichen Belastungen kommt. Das wird vor allem von der Einnahmeentwicklung abhängen. Entscheidend ist, was der Wirtschaftsminister mit den Hartz-Gesetzen für mehr Beschäftigung auf den Weg gebracht hat. Ich habe Wolfgang Clement dabei unterstützt und Einnahmerisiken in der Krankenversicherung in Kauf genommen. Wenn die Beschäftigung wächst, dann werden die Einnahmen steigen.

      Wirtschaftsexperten erwarten aber eine steigende Arbeitslosigkeit. Im Dezember sind die Überweisungen an die Sozialkassen dramatisch gesunken. Wie hoch schätzen Sie die Einnahmeausfälle?

      Die Finanzlage der Krankenkassen insgesamt kennt derzeit niemand genau. In der Rentenversicherung ist das Einnahmedefizit im Dezember mit minus 1,3 Prozent gegenüber dem Vorjahresende höher ausgefallen als erwartet. Viele Arbeitgeber haben die Tarifsteigerungen mit freiwilligen Leistungen verrechnet.

      Wenn weniger eingezahlt wird, droht die Reserve der Rentenversicherer unter eine halbe Monatsausgabe zu rutschen. Wollen Sie sie ganz abschaffen, um weitere Beitragserhöhungen zu vermeiden?

      Es besteht keine Notwendigkeit, eine solche Entscheidung zu treffen. Vielleicht tritt kurzzeitig ein, was Sie sagen. Aber damit ist die Reserve nicht aufgelöst. Ich bin im übrigen sehr froh, daß wir den Beitragssatz auf 19,5 Prozent und nicht nur auf 19,3 Prozent erhöht haben. Damit verfügen wir über ein Polster von mehr als 2 Milliarden Euro. Die Rentenversicherung ist und bleibt zahlungsfähig. Wenn wir allerdings einen Krieg im Irak bekommen - was keiner will, wir auch nicht alleine verhindern können - , dann könnten neue Risiken drohen.

      Das Problem Lohnnebenkosten bleibt?

      Wir verzeichnen seit einigen Monaten galoppierende Einnahmerückgänge. Hinzu kommen die seit Jahren anhaltenden Ausgabenprobleme, vor allem im Gesundheitswesen. Deshalb müssen wir das System zukunftsfit machen. In der Krankenversicherung muß die Leistungsseite in Ordnung gebracht werden. Daneben denken wir darüber nach, wie wir die Einnahmen unabhängiger von der Konjunktur machen. Hier hilft uns die Rürup-Kommission.

      Der Kanzler will die Verzahnung der Reformen von Ausgaben und Einnahmen. Sie sehen das eher skeptisch?

      Beides gehört zusammen. Aber: Wenn wir die ineffizienten Strukturen im Gesundheitswesen nicht beseitigen, wird das System an die Wand fahren. Wenn wir von Anfang an Hoffnung auf neue Einnahmen machen, nehmen wir den Druck auf der Ausgabenseite raus. Das wäre falsch. Zudem müssen wir die Reformen ohne Zeitverzug angehen. Bis Mai müssen wir der EU-Kommission Vorschläge für den Defizitabbau machen, auch im Gesundheitssystem. Unsere Maßnahmen müssen sofort wirken. 2003 wird ein Reformjahr.

      Der Vizefraktionschef der Union, Horst Seehofer, signalisiert Kooperationsbereitschaft, verlangt aber parallel eine Finanzreform. Lassen Sie sich darauf ein?

      Wir brauchen beides, aber es muß nicht alles auf einem Blatt stehen. Herr Seehofer sagt selbst, daß wir in großen Teilen übereinstimmen. Wir müssen Über-, Unter- und Fehlversorgung abbauen. Ich wünsche mir, daß die Angebote von CDU und CSU wirklich ernst gemeint sind. Dann können wir wichtige Strukturveränderungen bis zur Sommerpause auf den Weg bringen, so daß sie schon in diesem Jahr wirken könnten. Also: mehr Wettbewerb und eine größere Qualitätssicherung in der Versorgung, mehr vertragsrechtliche Spielräume für Kassen und Ärzte, Ansätze für eine integrierte Versorgung in Klinik und Ambulanz, auch mehr Transparenz, um Abrechnungsskandale und Betrügereien zu verhindern. Die Union sollte ihre Blockade gegen die Nullrunde bei den Verwaltungskosten der Kassen und Einsparungen bei Arzneimitteln aufgeben. Das würde 700 Millionen Euro bringen.

      Die Union will den Arbeitgeberbeitrag zur Krankenversicherung begrenzen, Eigenbeteiligung der Patienten ausbauen. Ist das verhandelbar?

      Das ist nicht unser Programm. Ich verstehe das nicht als Bedingung. Herr Seehofer hat in der F.A.Z. ja auch gesagt: Zunächst müßten Verhandlungen zwischen den Parteichefs, Fraktionsvorsitzenden und Ministerpräsidenten stattfinden. Wir werden sehen, ob man da zusammenkommt.

      Für welche Teile Ihrer Reform brauchen Sie die Zustimmung der Union?

      Es gibt Gesetze, die im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig sind, etwa das zur Gründung eines Instituts zur Sicherung der Qualität in der Medizin. Ich würde es sehr begrüßen, wenn wir zu gemeinsamen Reformen kommen. Bis eine nachhaltige Reform der Finanzen umgesetzt ist, wird noch einige Zeit vergehen. Deshalb sollten wir das fraktions- und parteiübergreifend organisieren. Die Menschen brauchen die Sicherheit, daß das nach einem politischen Wechsel nicht alles umgestoßen wird. Ich setze sehr darauf, daß wir zu dem Konsens zurückfinden, den es in diesen Fragen immer gab.

      Bei der letzten großen Reform, 1992 in Lahnstein ausgehandelt zwischen Union und SPD, stimmte die FDP als Koalitionspartner der Union dagegen. Ihr grüner Regierungspartner fände ein zweites Lahnstein vermutlich gar nicht gut.

      Die Koalition geht hier geschlossen vor. Wir reden noch über Einzelheiten. Entscheidend ist: Unabhängig vom Geldbeutel muß jeder das bekommen, was medizinisch notwendig und angemessen ist. Die Teilhabe an wirklichen Innovationen gehört ebenso dazu wie Präventionsangebote, um das Entstehen von Krankheiten zu verhindern, hinauszuzögern oder sie frühzeitig zu behandeln.

      Sollten versicherungsfremde Leistungen nicht aus Steuermitteln bezahlt werden? Das würde die Kassen um einige Milliarden Euro entlasten, der Verzicht auf Beitragsfreiheit für nichterwerbstätige Eheleute oder Kinder um viele Milliarden.

      Leistung und Finanzierung sauberer zu trennen wäre ordnungspolitisch richtig. Angesichts der Haushaltslage sehe ich aber nicht, wie wir entsprechende Leistungsgesetze finanzieren könnten. Die neue Kommission wird sich Gedanken dazu machen, was perspektivisch durch Steuern finanziert werden sollte. Angesichts der demographischen Entwicklung haben wir dazu keine Alternative.

      Ihre Reform stößt auf breiten Widerstand. Kassenärzte drohen mit "Dienst nach Vorschrift". Ist die Versorgung gefährdet?

      Dienst nach Vorschrift ist in Ordnung, wenn das medizinisch Notwendige getan wird. Leidet die Patientenversorgung, hat das bittere Konsequenzen für die Leistungsverweigerer.

      Die Apotheker fürchten eine Zerschlagung der Handelsstrukturen.

      Wenn sich die ganze Welt ändert, kann bei den Apothekern nicht alles bleiben, wie es ist. Wir werden den Versandhandel von Medikamenten unter klaren Voraussetzungen genehmigen. Wir werden die Preisgestaltung bei Arzneimitteln verändern. Ich bin prinzipiell auch offen für die Freigabe der Preise bei Arzneimitteln, die man ohne Rezept bekommt. Und warum sollte nicht ein Apotheker mehrere Apotheken besitzen dürfen oder jemand eine Apotheke kaufen, der kein Apotheker ist, solange das Personal qualifiziert ist?

      Ihre Reform würde die Krankenkassen um acht Milliarden Euro entlasten?

      Das sind Prognosen externer Wissenschaftler, die ich nicht bewerten kann. Aber es geht in Richtung deutliche Entlastung. Jedes Unternehmen, das straffer organisiert wird, benötigt weniger Betriebskosten. Das gilt auch für das Gesundheitswesen. Im Ergebnis bleibt für die Arbeit am Patienten mehr Geld übrig, und damit auch für Pfleger und Ärzte.

      Das Gespräch führten Andreas Mihm, Kerstin Schwenn und Nico Fickinger.

      Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.01.2003, Nr. 16 / Seite 13
      Avatar
      schrieb am 20.01.03 17:25:55
      Beitrag Nr. 266 ()
      Angefangen hatte ich mal mit dem lesen! ;)
      Aber im Moment habe ich nicht die Muße, den ganzen Thread zu lesen. Ich weiß das hier einige sehr kompetente User mitposten, die um die Problematik unseres Gesundheitswesen Bescheid wissen. Unabhängig vom Parteiengezänk stehen wir ja vor gewaltigen Problemen, deren Ausläufer wir heute schon merken.

      Das wären vor allem die Überalterung der Gesellschaft, die zu einem hohen Anteil älterer, hohen Krankheitskosten verursachender Personen führt, die unsere GKV`s jedes Jahr zu Mehrausgaben bringt, die sich in beständig steigenden Prozentsätzen vom sowieso steigenden Bruttolohn für die Altersvorsorge auswirken ( obwohl keine höheren Leistungsansprüche entstehen, sondern die auch jedes Jahr eingeschränkt werden )
      Aber auch die ständig steigenden Kosten des Gesundheitssystemes in Form von steigenden Lohnnebenkosten selber, für alle Bereiche der medizinischen Versorgung und Pflege, sind wohl ein Grund für die Unbezahlbarkeit unseres Systems.

      Das wir dann auch noch verschiedene Gruppen haben, die alle ihre Einnahmen mit unserem Gesundheitssystem machen, führt nicht zu einer Vereinfachung der Lage.

      Die einzelnen Probleme habt ihr ja hier lang und breit besprochen, u.a. faktische Mißwirtschaft der Kassen zu belohnen über den RSA, undurchsichtige Monopolpreise hierzulande verkaufter Medikamente, feste Gewinnspannen für Apotheken, nicht nachvollziehbare Abrechnung mit den Kassenärzten, weil Kunden als Kontrolle ausgeschaltet werden, unbezahlbare Dienstleistungen von Spezialisten, und vieles mehr. So kommt es, das wir uns weltweit zwar das teuerste, aber mit Abstand nicht das beste Gesundheitssystem haben.

      Obwohl jedes Jahr ein neuer Versuch gestartet wird, die Kostenexplosion im Gesundheitswesen einzudämmen, scheitert jeder Versuch schon im Ansatz. Warum?
      Jeder hat etwas zu verlieren!

      Ich habe unlängst bei meinen Recherchen zu Problemen unserer Zeit einen interessanten Artikel gelesen.
      Und zwar einen Vorschlag aus Japan.
      Eine überalternde Gesellschaft droht nämlich überall, bzw. ist überall schon im Entstehen, also auch in Japan!

      Die Idee: Kurz gesagt eine Art Pflegestunden-Arbeitszeit-Konto. Nennen wir es Gesundheitsfürsorge-Zeitkonto. Grundsätzlich wissen wir ja alle um die Problematik, dass wir im Alter selbst einmal Pflege benötigen könnten.
      Oder für die Pflegekosten von Verwandten aufkommen müssen. Also hat man in Japan eine private Organisation gegründet, mit Namen Sawayaka. Hier können Personen Dienstleistungen für ältere, pflegebedürftige Menschen erbringen. Stunden in der körperlichen Pflege werden dabei höher bewertet als beispielsweise Einkaufen, doch eines ist gleich. Man bekommt kein Geld für seine Dienste, sondern „Hureai Kippu“, eine Bezeichnung für eine Stundeneinheit, gutgeschrieben. Diese kann man im Alter selbst für Pflegedienste aufbringen, allerdings sind sie z.B. auch übertragbar, wenn beispielsweise die Eltern Hilfe benötigen. Da der Vorgang durch den persönlicheren Kontakt zu den Pflegebedürftigen selbst auch noch positive Nebenwirkungen hat, zieht man in Japan die „Hureai Kippu“ Pfleger den mit Geld bezahlten Kräften vor. Wichtig dabei ist nur das Vertrauen, das diese Gesellschaft auch im eigenen Alter noch existiert, sowie Clearing-Gesellschaften für die Abwicklung der Konten selbst.

      Bei uns hätte es noch weitere positive Effekte. Der Kostenhebel würde für viele Bereiche der Gesundheitsfürsorge wegfallen. Eine Stunde Pflege wäre wieder eine Stunde Pflege, ohne unsere hohen Sozialkosten. Und ohne Inflation. Und ohne steigenden Zinsanteil im Lohn. Ohne zu erwartende Unbezahlbarkeit unseres jetzigen Systems. Und das legal. Es wäre sofort einsetzbar, man könnte z.B. einen Teil eines zu leistenden Sozialjahres auf die Konten buchen, um selbst im Alter abgesichert zu sein. Denkbar wäre auch eine Vergünstigung für solche sich selbst vorsorgenden ( mündigen ) Mitbürger in Form von niedrigeren Krankenkassenbeiträgen bzw. Entfall der Pflegeversicherung. Theoretisch könnte man sämtliche Leistungen des Gesundheitswesens mit einem solchen System „bezahlen“, am Anfang wäre jedoch auch nur eine einfache Strukturierung von Pflegeleistungen denkbar.

      Das wir auf eine solche Idee nicht kommen, ist typisch für unser „GeldalseinzigesZahlungsmittel“ denkendes Land. Ich erkenne keinen Haken, und weiß nicht, warum so etwas hier entweder: existiert aber noch nicht bekannt ist- oder noch gar existiert.

      Bitte um rege Diskussion!
      Avatar
      schrieb am 20.01.03 21:03:04
      Beitrag Nr. 267 ()
      @sittin bull inv
      Diese japanische Idee ist eine sehr schöne, erfordert m. E. aber ein Gemeinschafts- und Zukunftsdenken und solange wir hier nach dem Motto "Sozial ist, was uns nützt" agieren, wird dies auch nicht diskutiert werden. Auch vor dem Hintergrund, dass wir uns mehr und mehr zu einer altersfeindlichen Gesellschaft entwickelt haben, sehe ich da überhaupt keine Chance. "Wie die Alten die Jungen schröpfen" war mal die Überschrift zu einem Artikel über Rentenkosten und dies zeigt deutlich das gereizte Klima zwischen den Generationen. Alte sind bei uns ein Kostenfaktor, nicht mehr, nicht weniger, sie belasten die Lohnkosten (Pflegeversicherung, Krankenversicherung, Rentenversicherung), sie belasten die entsprechenden Alters- und Pflegeeinrichtungen, heißt sie verursachen mehr Arbeit als sie Rendite einfahren, aber als Menschen werden sie nicht gesehen.
      Würde man dieses freiwillige Pflegestundensammeln hier auch nur annähernd in Erwägung ziehen, würden die Betreiber von Altenheimen und auch die ambulanten Pflegedienste ihre Pfründe gefährdet sehen, mit Massenentlassungen drohen und damit die Politik unter Druck setzen. „GeldalseinzigesZahlungsmittel“ muß sein der Rendite wegen.
      Das japanische Modell erfordert eine Kultur, und diese haben wir nicht.
      Avatar
      schrieb am 20.01.03 21:29:21
      Beitrag Nr. 268 ()
      Klingt im ersten Moment verführerisch und überzeugend.

      Betrachtet man dies jedoch in Ruhe, so fällt auf:

      Die fehlende Bezahlung und die zu vermutende wesentlich intensivere Bindung zwischen den "Hureai Kippu Pflegekräften" und den Pflege/Hilfebedürftigen ist mit Sicherheit ein wirklich gewaltiger Vorteil.

      Denn gerade ältere und pflegebedürftige Menschen können sich nicht mal eben im 8-Std-TAkt auf immer neue, unbekante Menschen einstellen (und umgekehrt).

      Hier also ein tolles MOdell, was allerdings auch deswegen aus JApan kommt, weil man dort traditionelle Hochachtung vor Eltern und Großeltern und älteren Menschen hat.

      Eine Übertragung auf deutsche Verhältnisse wäre wünschenswert, aber aufgrund unserer Kultur, die in ihrem Jugendwahn leider immer mehr das Alter/ältere Menschen als lästig empfindet, kaum umsetzbar.

      SDenkbar und wohl bereits im "Test" sind so eine Art WG, inder jüngere Alte pflegebedürftige Pflegen.

      Das wäre ein interessantes MOdell, denn bei einer gleichbleibenden ZAhl von Wohn-Plätzen ist eine ZUKUNFTSSICHERE korrekte Relation von Arbeitsfähigen und Bedürftigen noch am ehesten aufrecht zu erhalten.

      Das jap. Modell hätte auch den Charme, daß Arbeitslose ebenfalls gewissermaßen "einzahlen" könnten - sie könnten sogar die Zeiten der Nichtbeschäftigung im bezahlten Bereich optimal nutzen und würden nicht in die depression verfallen, in die viele AL verfallen, weil sie keinen Job haben.

      Jedoch hat das HGAnze einen Haken:

      Die demographie ändert sich ja nicht!

      D.h. der Unterschied besteht im Prinzip nur darin, daß eine Art abstrakter Warentausch auf der Ebene eines Generationsvertrages abgewickelt wird.

      Aber, wenn die jetzigen Pfleger ihre WAre in der Zukunft als Auszahlung benötigen, werden ebenso wie beim bezahlten Generationsvertrag die "Einzahler" zu wenig sein wiehierzulande.

      Der Charme liegt also im ersten Punkt (ein Meilenstein für die Patienten) und in der individuellen Disposition der jeweiligen Arbeitszeiten. Und der Nutzung von Lebensphasen für die "Einzahlung", die einem jeweils günstig erscheinen.
      Und in der Einfachheit des MOdells, dessen Verwaltung aufwand ziemlich gering sein müsste.

      DAs sind dicke Pluspunkte.

      Eine echte Lösung für die Probleme der Demoskopischen Bombe ist es jedoch nicht.

      Zudem - ich sehe bereits Myriaden von Besitzstandswahrern und Regulierungsfetischisten vor meinem gesitigen Auge - ist es zu gut, als daß ein Politiker in D sowas akzeptieren würde. (Gewerkschaften, Mindestlöhne, Unfallversicherung .... )

      Leider.
      Avatar
      schrieb am 20.01.03 21:46:50
      Beitrag Nr. 269 ()
      habs ausgegliedert, hätte den Rahmen dieses Threads gesprengt, ist im [Tread]685169[/Thread]

      Werde eure Antworten exportieren, und dort meine Antwort schreiben! :)
      Avatar
      schrieb am 20.01.03 21:48:08
      Beitrag Nr. 270 ()
      Avatar
      schrieb am 20.01.03 23:33:22
      Beitrag Nr. 271 ()
      Wäre es zuviel verlangt, Deine Antwort auch hier zu posten?? :D

      Im Übrigen ist es sehr schade, wenn solche Themen wie hier imBoard durch mehrere Threads zerfasert werden.

      Warum bleibst Du nicht hier im Aktienkrieger-Thread?

      Ich habe ja auch keinen eigenen Thread aufgemacht, aus obenstehenden Gründen.... ;)
      Avatar
      schrieb am 21.01.03 01:12:47
      Beitrag Nr. 272 ()
      oha. vorschlag von rot/grün

      kosten, verursacht durch freizeitunfälle sollen durch die gesetzl.krankenkassen nicht mehr abgedeckt werden.

      das heisst-private zusatzversicherung .

      schau mer mal wie das in der praxis ausschaut.

      autounfälle,freizeitsport + unfälle im haushalt sollen
      raus aus der gesetzl. krankenkasse.

      na,ja frau merkel hat sich schon dagegen ausgesprochen.
      Avatar
      schrieb am 21.01.03 02:18:33
      Beitrag Nr. 273 ()
      die versicherungen werden sicher jubeln.und ein paar andere natürlich auch.

      das wird den verwaltungsaufwand weiter steigern.

      und jede menge neue arbeitsplätze schaffen.

      vielleicht wird`s aber auch ganz einfach ! man bezahlt
      100 euro/monat höhere beiträge und damit ist alles abgedeckt.

      ja,ja so ist das wohl geplant.

      senkung der lohnnebenkosten !!ist doch eigentlich ganz einfach.

      einfach genial.weiter so rot/grün.

      kostensenkung durch die umsetzung dieser vorschläge ??
      lachhaft.

      es ist eine weitere umverteilung der kosten/beiträge !!
      und sonst gar nichts.

      kommt mir so vor wie bei der rentenvesicherung.die erworbenen ansprüche können vom staat in zukunft nicht mehr bedient werden.private vorsorge (lebensversicherung/aktien/immobilien ++) werden mit immer neuen/höheren steuern durch den staat praktisch zum lotteriespiel.

      die verbreiten einfach nur noch chaos in diesem land.

      diese politmafia ist eine einzige katastrophe.
      Avatar
      schrieb am 21.01.03 06:31:43
      Beitrag Nr. 274 ()
      Du bekommst sie auch hier hinein, ausgelagert gefällt mir die ganze extra- Diskussion trotzdem besser... ;)


      @ D.T. Du hast recht, die Problematik der demoskopischen Bombe entschärft das nicht, obwohl wie man vielleicht erwarten könnte das in Zukunft weniger Leute einer bezahlten Arbeit nachgehen werden, die also mehr Zeit hätten, Bonusstunden zu erwerben. Allerdings was soll man mit einer zu hohen Zahl von Bonusstunden?

      @ Stella: Auch richtig, Alter ist bei uns nur ein Kostenfaktor, obwohl es schon wieder die Gegenrichtung im Wirtschaftsleben gibt, ältere Arbeitnehmer als Wissensträger im Unternehmen zu behalten.
      Eine moralische Wende wird ohne weiteres nicht zu erreichen sein!
      Avatar
      schrieb am 21.01.03 08:34:36
      Beitrag Nr. 275 ()
      Tolle idee, Frau Ministerin, wie immer war nix besseres zu erwarten. Wie kommt man um echte Strukturreformen herum? Indem man hier ein bisserl ausgliedert, dort ein bisserl die Zuzahlung erhöht, anderswo a bisserl einspart. Den Konsens kriegt sie möglicherweise hin - alle sind dann mehr oder weniger zufrieden oder unzufrieden ... ach ja, bis auf die Versicherten :cry:
      Avatar
      schrieb am 21.01.03 09:18:55
      Beitrag Nr. 276 ()
      Also, es liege jetzt in der öffentlcihen Diskussion eine ganze Reihe vernünftiger Vorschläge vor und eine ganze Reihe schwachsinniger Pseudo-Lösungen, die eher sozialgesetzmäßige RAuchbomben zur bequemen Verlagerung der Kosten OHNE radikale Reformen vorsehen.

      Insofern kann kein Politiker später sagen, er hätte keine Aletrnativen aufgezeigt bekommen.

      Die GKV wird zum definitiven Prüfstein, ob es (was ich befürchte) mal wieder viel Tamtam gibt, der die Unfähigkeit der Deutschen zu Reformen belegt oder ob es nach 150 JAhren endlich eine zeitgerechte Korrektur der Sozialen Sicherungssysteme gibt.

      Wenn ich mir diese Pfeife von Schröder anschaue (unser demoskopie-Kanzler) , so scheint die Antwort klar.... :(
      Avatar
      schrieb am 21.01.03 10:13:20
      Beitrag Nr. 277 ()
      Zur Problematik der finanziellen Deckung der Alterspflege:



      Drei schlimme Aspekte im Bereich der Alterspflege möchte ich noch ansprechen:

      DERZEIT werden die Alten wie Vieh verwahrt und so mancher Tierschützer würde auf die BArrikaden gehen, wenn er beispielsweise Schafe oder Hühner so behandelt sähe wie wir als Gesellschaft diejenigen behandeln, die 1-2 WEltkriege durchlitten und in Knochenarbeit das Deutschland aufbauten, von dem WIR jetzt profitieren.

      Es ist nämlich so, daß die Bemessung der Pflegestufen abartig ist und der MdK klare "Quoten" einzuhalten hat, die sich nicht an den Tatsachen, sondern an politisch von den KAssen gewollten Vorgaben hält.

      So sind mir Fälle bekannt, wo faktisch blinde, demente Patienten trotz mehrfacher Einsprüche in Pflegestufe NULL bzw. später EINS eingestuft wurden. Und das ist die regel, nicht der Einzelfall.

      Desweiteren werden so unberechtigt Pflegebedürftigen die Mittel vorenthalten, die sie für einen menschenwürdigen Lebensabend benötigen und worauf sie ein gesetzlichen Anspruch haben. Gleichzeitig wurden Abermilliarden so vorenthaltene Mittel von den treuhänderisch für die Pflegeversicherung zuständigen GKV´s in strafwürdiger Untreue an sich selber als Darlehen gegeben - natürlich zu marktunüblichen Zinssätzen, wie Insider berichten.
      Es wird also im Gesundheitssystem geplündert, was das Zeug hält.

      Weiterhin ist menschenwürdige Pflege nicht bezahlbar. DAs ist FAkt.
      Vielleicht kennen einige hier den FAll des Börsenreporters Lehmann, der formal klar gesetzwidrig, aber ethisch berechtigt aus dieser FAlle den einzig richtigen Weg ging:

      Er behielt (günstig für die GKV) seinen Vater zuhause und ließ ihn von 1-2 polnischen "Schwarz"arbeitern pflegen.

      DAraufhin wurde er mit Strafbefehlen verfolgt und die Pflegekräfte ausgewiesen.

      Da die 24-Std-Pflege eines Menschen jedoch 3.000 bis 5.000 Euro kostet und die häusliche Pflege von der KAsse mit nicht einmal 1.000 Euro unterstützt wird, ist eine Pflege jedoch nur bezahlbar, wenn wir dieses Vorgehen legalisieren.

      denn die einzige legale "Lösung" ist die NICHTVERSORGUNG der Alten, mangels finanziellen Mitteln.

      Die Polen nehmen also keiner deutschen Pflegekraft Arbeit weg, wie das Arbeistamt behauptet, weil hier niemand für 1.500 Euro 24 Std nonstop pflegt.

      Diese "Jobs" gibt es also nicht.

      Gleichzeitig weigert sich die Pflegeversicherung, realistische Mittel für die Pflege bereitzustellen, wie sie eigentlich müsste - die nötigen gelder gibt es auch nicht.

      Typisch Deutsch ist es, daß sowohl Arbeitsamt als auch KAssen FÜR SICH ALLEIN UND UNTER GROSSZÜGIGEM IGNORIEREN DES EIGENTLICHEN PROBLEMS unter rein formalen Gesichtspunkten korrekt gehndelt haben.

      Und die Betroffenen mit ihren ungelösten Problemen alleine bleiben.

      typisch deutsch ist es, ein Problem nicht inhaltlich und querdenkend anzupacken, sondern so zu behandeln, daß lediglich keinem Entscheidungsträger grobe formale Pflichtverletzung vorgeworfen werden kann.

      Typisch deutsch ist es, daß so wieder einmal eine bevölkerungsgruppe, die keinerlei Lobby und Stimme in der Öffentlichkeit hat, wie tiere dahinsiechen.

      Und wer sich über die letzte Bemerkung mokiert, der hat noch nie in ein Altersheim geschaut und mit Menschen gesprochen, die versuchen, ihren Angehörigen zuhause einen erträglichen Lebensabend zu ermöglichen.
      Wer heute trotz guter rente pflegebedürftig wird, ist aufgrund der deckungslücke bei den Pflegekosten automatisch Sozialhilfeempfänger mit einen Mini-Taschengeld!

      Alle reden von den künftigen riesigen Summen, die diese generation (und Niemand anderes! ) in den letzten JAhrzehnten erarbeitet hat.
      Ganz offen machen sich Politiker Gedanken, wie sie sich unter irgendwelchen Vorwänden dieser Summen habhaft machen können - wie wär´s zur Abwechslung mal damit, daß diese gelder denjenigen zufließen, die dafür ihr Leben lang geschuftet haben und es zudem auch versteuert haben?

      Die gesellschaft hat kein recht, diesen Menschen ihr vermögen zu nehmen (über Erbschaftssteuer) und dies den nachfolgenden generationen zuzuschustern und gleichzeitig den generationsvertrag aufzukündigen.

      Wenn schon jede generation selber für die deckung sorgen muss, dann soll man den Alten diese Möglichkeit auch geben.

      DAher halte ich es für einen interessanten Aspekt, die Erbschaftssteuer als eine Art generationsinterne deckung für menschenwürdige Existenz Pflegebedürftiger zweckgebunden zu nutzen.


      Unsere generation wird schon durchkommen, wir haben dafür trotzdem noch viele, viele Vorteile durch die Arbeit derjenigen, die uns aufgezogen haben und zumeist um einen erheblichen Teil ihres Lebens durch die Entbehrungen im Krieg und der NAchkriegszeit des Aufbaues gebracht wurden.

      In diesem Sinne

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 21.01.03 10:29:29
      Beitrag Nr. 278 ()
      Es ist schon ein Trauerspiel, was für eine Ministerin derzeit dem Gesundheitswesen vorsteht. Die Vorschläge, die aus ihrem nicht-berufenen Munde so von Zeit zu Zeit sickern, sind ja wirklich alles andere als eine echte Lösung.

      Lustig wird`s, wenn jetzt z.B. ein Jogger - wie von Fischer vorgeschlagen - einen Rabatt erhält, sich aber im Haushalt mit dem Bügeleisen verbrennt.

      Ich find`s schon ziemlich derb, wenn die gesetzliche Krankenversicherung einerseits mehr und mehr Geld fordert, andererseits aber laut Frau Schmidt ganz wesentliche Teile plötzlich nicht mehr abdecken soll. Ich bin sicher, dass diese Ausgliederung natürlich bei gleichbleibenden Beiträgen vollzogen würde... :rolleyes:

      Hoffentlich ist dieses Gedankenspiel so ein Luftschloß wie viele andere Ideen der Heldin. Welch Verschwendung von Zeit...
      Avatar
      schrieb am 22.01.03 00:40:04
      Beitrag Nr. 279 ()
      @DeepThought
      Tür und Tor für das "Geschäft mit den Alten" hat Norbert Blüm mit seinem unsinnigen Pflegeversicherungsgesetz geöffnet, ein weiterer Fehler war die Öffnung des "Marktes" für die freien Betreiber. In den ersten Jahren (ca. ab 1995/1996) haben diese Betreiber Investoren mit Renditeversprechungen von 50 % und mehr angelockt. Diese Rendite wurde jedoch nicht erwirtschaftet mit Pflege sondern mit der Immobilie. Die Pflege-Branche hat sich selbst in Misskredit gebracht durch übelste Pflegemissstände. Insolvenzen von Betreibern waren fast schon Tagesordnung. Da wurden überbewertete Immobilien nur so hin- und hergeschoben, s. Refugium. Der Deutsche Orden ist ein Kapitel für sich.

      Geht nun ein alter Mensch in ein Altenheim oder Seniorenresidenz so zahlt die Pflegeversicherung, darüber hinausgehende Kosten übernimmt der Bezirk (Sozialhilfe) für einen Normalstandard. Hat der Bewohner jedoch Vermögen, muss dies verwendet werden oder aber seine direkten Verwandten müssen zahlen.

      Jede Betreiber AG lockt Investoren an mit dem Hinweis auf die demographische Entwicklung und das viele Geld das es zu vererben gibt, nachzulesen in HV-Protokollen. Es fehlen auch nicht Hinweise, dass, statt das Geld zu vererben für unnütze Dinge, wie beispielsweise einen Porsche, das Geld in der Seniorenresidenz besser angelegt wäre.

      Recht hast du zum Teil mit der Behauptung, dass Politiker sich überlegen wie sie diese Beträge bekommen können. Es gab keinen einzigen Betreiber, der nicht mindestens einen Politiker im Aufsichtsrat hatte (Refugium beispielsweise die damalige Landes-Sozialministerin, Marseille schmückte sich mit drei Politikern, Norbert Blüm, seinen ehemaligen Staatssekretär - beide sind mittlerweile ausgeschieden, und dann noch einen SPD-Bundestagsabgeordneten des Landes Brandenburg, Thomae, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP, ist Aufsichtsrat bei Curanum). Soweit ich informiert bin, sind/waren das keine Ehrenämter, sondern bezahlte Jobs.

      Die Pflegeversicherung war das Unsinnigste was uns die Regierung Kohl hinterlassen hat.
      Avatar
      schrieb am 22.01.03 22:42:35
      Beitrag Nr. 280 ()
      ftd.de, Mi, 22.1.2003, 19:07
      Deutschland klagt gegen Tabakwerbeverbot


      Deutschland wird vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg gegen das von der EU verhängte Tabakwerbeverbot klagen. Die Bundesregierung befürchtet Nachteile für die heimische Werbewirtschaft.


      Das gab das Bundesfinanzministerium am Mittwoch in Berlin bekannt. Wann die Klage eingereicht werde, stehe aber noch nicht fest, sagte Sprecher Jörg Müller. Erst wenn das Verbot im Amtsblatt der EU veröffentlicht sei, laufe die zweimonatige Klagefrist an.


      Der EU-Ministerrat hatte im Dezember gegen den Widerstand der Bundesrepublik ein weit reichendes Tabakwerbeverbot beschlossen, das ab Juli 2005 für Zeitungen und Zeitschriften, Radio und Internet gelten soll. Erlaubt ist Werbung für Zigaretten danach nur noch im Kino und auf Plakaten.


      Die Bundesregierung vertrat im Ministerrat die Ansicht, die EU überschreite mit einem derartigen Gesetz ihre Kompetenzen. Da auch Medien betroffen seien, die überwiegend regional oder lokal vertrieben würden, handele es sich um einen Eingriff in den nationalen Werbemarkt. Die EU dürfe aber nur Regeln erlassen, die den grenzüberschreitenden Handel beträfen.

      ------
      Für viele eine Notiz am Rande, aber bezeichnend für eine perverse Haltung einer Regierung. Es wird in Kauf genommen, daß die Bürger früher sterben, um einen Wirtschaftszweig nicht zu gefährden. Vielleicht auch, um keinen Cent an Tabaksteuern zu verlieren. Wohlwissend, daß es keinen Anwalt der Menschen mit zukünftigem Lungenkrebs, Raucherbein, Herzinfarkt oder Schlaganfall gibt.
      Beschämend wäre ein euphemistisches Attribut.
      Avatar
      schrieb am 23.01.03 08:33:46
      Beitrag Nr. 281 ()
      @ fettinsk

      In der Tat!

      Um den GERINGEN Anteil der Tabakwerbung am Gesamtbudget der Werbewirtschaft zu erhalten und vielleicht 1000 Abeitsplätze, werden einfach 150.000 TOTE PRO JAHR durch die Folgen des Tabakkonsums , unendliches Leid und jährlich unnötige Milliardenkosten der Sozialsysteme in KAuf genommen.

      Das ist genauso pervers, als wenn man Totschlag straffrei stellen würde, weil dadurch Richter, Staatsanwälte, Rechtsanwälte, Gefängniswärter und Polizisten ihren Unterhalt verdienen.

      Aber dafür setzen sich die Grünen entgegen aller neueren wissenschaftlichen Erkenntnisse dafür ein, Haschisch und MArihuana zu legalisieren.
      Ist ja auch wichtiger, als sich gegen das Verbot von Alkoholwerbung zu wenden - hier wird ja auch gerne staatlich verdient und jährlich hundertausend vernichtete Existenzen sowie volkswirtschaftliche Schäden in zweistelliger Mrd-Höhe in Kauf genommen. Immer mehr KINDER ( 10 - 16 jährige) werden alkoholabhängig und ie depperten Politiker verschwenden ihre gutbezahlte Zeit damit, weitere Drogen zu legalisieren.. :eek: :mad:

      Wer so naiv ist und glaubt, der deutsche Parteien-Staat würde sich um das Wohlergehen der Bürger kümmern und hätte sich nicht schon längst gegen ihn gewandt und verselbsständigt, der ist naiv.

      Wie sagte Ex- Bundespräsident von Weizäcker einmal in einem ehrlichen Moment:

      " Die PArteien haben sich den Staat zur Beute gemacht!"

      Dem ist an Deutlichkeit nichts hinzuzufügen....
      Avatar
      schrieb am 06.02.03 01:48:54
      Beitrag Nr. 282 ()
      Ärzte ohne Kontrolle
      KBV: Nur Kassen haben die Daten, um Falschabrechnung zu bekämpfen. Hauptproblem: vagabundierende Karten
      BERLIN taz Nachdem die Krankenkassen in den vergangenen Wochen hunderte Fälle von Abrechnungsbetrug veröffentlicht haben, setzten sich gestern die Chefs der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zwecks Rechtfertigung vor die Presse. "Wir haben die Daten gar nicht, um Falschabrechnungen zu erkennen", sagte der KBV-Vorsitzende Manfred Richter-Reichhelm. "Die Kassen haben die Daten." Der größte Schaden entstehe durch "vagabundierende Patientenkarten", also Plastikkarten von Versicherten, die entweder längst tot oder bei einer anderen Kasse sind.

      Über diese Karten würden allein in Bayern Leistungen im Wert von 1,2 Milliarden Euro erschlichen, sagte Richter-Reichhelm. Die KBV plädiert daher für ein Foto auf der Versichertenkarte. Eine Kontrolle des Personalausweises von Patienten lehnen viele Ärzte ab. Diese "wollen nicht Büttel der Kassen sein", erklärte Richter-Reichhelm.
      " UWI

      taz Nr. 6973 vom 6.2.2003, Seite 2, 33 Zeilen (TAZ-Bericht), UWI
      Avatar
      schrieb am 06.02.03 03:42:28
      Beitrag Nr. 283 ()
      es geht doch viel einfacher und effektiver:
      Weg von der Vollkaskochipkarte und hin zur Direktabrechnung zw. Arzt und Patient. Dann ist auch die einzig wirksame Kostenkontrolle wieder hergestellt.
      Das bedeutet aber, die Allmacht der vielen Beamte und Kassenfunktionäre zu beschneiden und diese den Patienten zu geben. Wäre allerdings ein schwerer Schlag für die Sozis...
      Avatar
      schrieb am 06.02.03 10:02:01
      Beitrag Nr. 284 ()
      "Einfach" wäre das nicht, aber der richtige Weg.

      die derzeitige "chipkarte" ist die am meisten ungeschützte Bargeldkarte der Welt.

      Eine Eigenbeteiligung wie in frankreich wäre klasse.
      Avatar
      schrieb am 06.02.03 10:21:50
      Beitrag Nr. 285 ()
      Bin auch für Eigenbeteiligung an Leistungen. Und Budgetkontrolle sowie Personalisierung der Chipkarte.

      rk
      Avatar
      schrieb am 12.02.03 15:51:12
      Beitrag Nr. 286 ()
      Gesundheitsreform muss Einnahmeseite reformieren

      12. Februar 2003 Die Union will das Gesprächsangebot von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) vorerst nicht annehmen. Gespräche über die Gesundheitspolitik werde es erst geben, wenn Rot-Grün einen Gesetzentwurf vorgelegt habe, sagte der Sozialexperte der Fraktion, Horst Seehofer (CSU). „Es gibt keine Verhandlungen, keine legitimierten Gespräche ohne Gesetzentwurf.“ Diese Linie sei auch mit den unionsgeführten Ländern abgestimmt.

      Schmidt hat bisher erst Eckpunkte für eine große Gesundheitsreform vorgelegt, die laut Seehofer zum Teil „Lichtjahre“ von den Vorstellungen der Union entfernt sind. Einen Gesetzentwurf will die Ministerin im Mai präsentieren.

      Ausgabe- und Einnahmeseite berücksichtigen

      An diesen Entwurf stellen CDU und CSU den Angaben zufolge zwei Forderungen: Er muss sowohl die Einnahme- als auch die Ausgabeseite der gesetzlichen Krankenversicherung beleuchten, und es dürfe keinen staatlichen Dirigismus geben, also beispielsweise keine Budgets.

      Es gibt keine Kostenexplosion im Gesundheitswesen

      Unterdes legte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) eine Studie vor, die belegt, dass das deutsche Gesundheitswesen nicht an einer „Kostenexplosion“, sondern an einer bröckelnden Einnahmebasis leide. Der Studie zufolge sind zwar die Beitragssätze zur Krankenkasse seit 1970 von 8,2 Prozent um 66 Prozent auf 13,6 Prozent im Jahr 1998 hochgeschnellt. Allerdings wuchsen die Gesundheitsausgaben insgesamt nicht schneller als die Wirtschaft. So habe sich der Anteil der Krankenkassenausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 1975 bis 1998 lediglich von 5,7 auf 6,0 Prozent erhöht.

      Einnahmebasis bröckelt weg

      „Von einer Kostenexplosion im Gesundheitswesen kann also keine Rede sein“, erklärt das DIW. Grund für die Finanznöte der Kassen sei vielmehr, dass die Einnahmebasis der Kassen - also die Lohn- und Gehaltssumme - wegbröckele. So machten Löhne und Gehälter einen immer kleineren Anteil am BIP aus. Das DIW plädierte dafür, die Einnahmebasis der Krankenkassen zu verbreitern und den Kassen neue Geldquellen zu erschließen. Dabei befürwortete das DIW eine Finanzierung über Pauschalprämien.
      Avatar
      schrieb am 12.02.03 15:53:36
      Beitrag Nr. 287 ()
      D ie Kassenärztliche Bundesvereinigung sträubt sich mit Händen und Füßen dagegen, Patientenquittungen verpflichtend einzuführen. Man unterstütze die geplante Neuerung nur auf freiwilliger Basis, sagte KBV-Chef Manfred Richter-Reichhelm am Mittwoch in Berlin. Quittungen für alle Leistungen würden den bürokratischen Aufwand für Ärzte unnötig erhöhen und zusätzliche Kosten von 800 Millionen Euro im Jahr verursachen.

      Den Durchschlag für Patienten, der die ärztlichen Leistungen dokumentiert, will sowohl Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) als auch die Union. Damit könne Abrechnungsbetrug verhindert werden, sagte CDU-Gesundheitsexperte Horst Seehofer am Mittwoch. „Der beste Kontrolleur ist der Patient.“

      Patienten hätten aber wenig Interesse an den Quittungen, behauptete die KBV. Ein Modellvorhaben der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinhessen habe ergeben, dass sich zuletzt nur noch 14 Pozent der Kassenpatienten auf eigenen Wunsch einen solchen Beleg ausstellen hääten lassen. Beim Start des Versuchs mit 93 Ärzten im Frühjahr 2002 seien es noch 22 Prozent gewesen.

      Ersatzkassen-Karten werden verschmäht

      Im Honorarstreit mit den Ersatzkassen haben
      Bayerns Zahnärzte ihre Drohungen wahr gemacht und behandeln Ersatzkassenpatienten nur noch auf Rechnung. Die Chipkarten würden seit Montagmorgen nicht mehr angenommen, teilte die Kassenzahnärztliche Vereinigung Bayerns (KZVB) mit. Bayerns Sozialministerin Christa Stewens (CSU) will den Boykott der Zahnärzte per Anordnung beenden. Der Verpflichtungsbescheid an die KZVB werde noch in dieser Woche erlassen, kündigte ein Ministeriumssprecher an.

      Die Ersatzkassenverbände in Bayern drohten, bei betroffenen Zahnärzten einen Entzug der Kassenzulassung zu beantragen. „Diese Zahnärzte verabschieden sich aus dem System der gesetzlichen Krankenversicherung und sie sollten konsequenterweise ihre Kassenzulassung zurückgeben“, sagte der stellvertretende Leiter der Ersatzkassenverbände in Bayern, Sergej Saizew.

      Die KZVB geht davon aus, dass sich fast alle 8000 Kassenzahnärzte im Freistaat an dem Boykott beteiligen.

      Sozialministerin Stewens warf der KZVB wie auch den Ersatzkassen rechtswidriges Verhalten vor. Auch die Aufsichtsbehörde der Kassen habe sich fragwürdig verhalten, als sie einen Schiedsspruch nicht anerkannte. Dieser hätte eine Anhebung der Punktewerte für die Leistungen für 2001 und 2002 um insgesamt rund 7,5 Prozent vorgesehen
      Avatar
      schrieb am 12.02.03 16:33:38
      Beitrag Nr. 288 ()
      .


      Kennt ihr schon den Besten Knüller der letzten Zeit?

      Ich habe vor 5 Tagen aus ziemlich gut unterrichteten Kreisen erfahren, daß...

      die "RÜRUP-Kommission" noch KEIN EINZIGES MAL GETAGT HAT !!!!!!

      :laugh:

      *brüll*

      DAS ist echt der Knüller!

      :laugh:
      Avatar
      schrieb am 12.02.03 17:06:48
      Beitrag Nr. 289 ()
      DeepThought

      ehrlich gesagt, überrascht mich das überhaupt nicht... Es paßt genau ins Bild der gesamten traurigen Veranstaltung, Gesundheitspolitik genannt.
      Avatar
      schrieb am 12.02.03 17:10:13
      Beitrag Nr. 290 ()
      @ apiru

      # 283

      "Das bedeutet aber, die Allmacht der vielen Beamte und Kassenfunktionäre zu beschneiden und diese den Patienten zu geben. Wäre allerdings ein schwerer Schlag für die Sozis..."

      Hier muss sich Dich arg enttäuschen... :D

      Die Funktionäre der Kassenärztlichen vereinigungen stehen überwiegend im FDP/CDU-LAger... :D

      Jetzt bist Du aber enttäuscht, gelle?
      Avatar
      schrieb am 15.02.03 13:57:06
      Beitrag Nr. 291 ()
      Endlich: der erste Schritt/Idee zur Verstaatlichung des Gesundheitswesens. Die PDS-Fans werden sich freuen, weil es ist nicht mehr weit zu den gelobten zeiten vor 1998. Warum denkt keiner mal an Rückzug des Staates mit entsprechender Gesetzgebung für Härtefälle, ...:


      Rürup-Kommission überprüft Abschaffung der Privatkassen

      Die Rürup-Kommission zur Reform der Sozialsysteme prüft Vorschläge, die private Krankenversicherung abzuschaffen. Dadurch ließen sich die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung nach Meinung von Experten deutlich senken.

      Hamburg - Nach einem Modell des Berliner Kommissionsmitglieds Gert Wagner sollen Privatpatienten, überwiegend Beamte, Selbständige und gut verdienende Angestellte, künftig in die gesetzliche Krankenversicherung einbezogen werden. Im Gegenzug dürften Privatversicherungen und Krankenkassen allen Mitgliedern private Zusatzpolicen etwa für Chefarzt-Behandlung oder besondere zahnärztliche Leistungen anbieten. Wagner, im Hauptberuf Ökonom am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), hofft auf "sinkende Lohnnebenkosten und positive Verteilungswirkungen": Durch die Ausweitung der gesetzlichen Solidargemeinschaft könnte der Krankenversicherungsbeitrag um rund einen Prozentpunkt sinken.
      Avatar
      schrieb am 15.02.03 14:03:50
      Beitrag Nr. 292 ()
      @konns
      Die Rürup-Kommission prüft und prüft und prüft!
      Manch einer fällt auf derartiges "Prüf-Geschwätz" rein, und du gehörst wohl zu dieser Zielgruppe!
      Hat die Rürup-Kommission seit ihrem Bestehen irgend etwas bewegt? Produziert hat sie Schlagzeilen ohne Ende!
      Diese Kommission besteht m. E. aus profilierungssüchtigen Mitgliedern!
      Avatar
      schrieb am 15.02.03 16:59:23
      Beitrag Nr. 293 ()
      Rürup-Kommission überprüft Abschaffung der Privatkassen

      Berlin - Die Rürup-Kommission zur Reform der Sozialsysteme prüft laut einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" Vorschläge zur Abschaffung der privaten Krankenversicherung. Nach einem Modell des Berliner Kommissionsmitglieds Gert Wagner sollen Privatpatienten künftig in die gesetzliche Krankenversicherung einbezogen werden. Dabei handelt es sich überwiegend um Beamte, Selbstständige und gut verdienende Angestellte. Im Gegenzug sollen Privatversicherungen und Krankenkassen allen Mitgliedern private Zusatzpolicen etwa für Chefarzt-Behandlungen oder besondere zahnärztliche Leistungen anbieten dürfen.
      Wagner hofft dem Bericht zufolge auf "sinkende Lohnnebenkosten und positive Verteilungswirkungen . So könne durch die Ausweitung der gesetzlichen Solidargemeinschaft der Krankenversicherungsbeitrag um rund einen Prozentpunkt sinken. Wagner ist Wirtschaftsprofessor an der Technischen Universität in Berlin und leitet zugleich das Sozioökonomische Panel am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. (ddp)

      ---------------------------------------------------------

      ganz klar eine ziemlich halbherzige Lösung.

      Aus der Meldung geht indirekt hervor, daß man die immer noch 400 KAssen weiterhin ca. 12
      - 15% der beiträge für vermeintliche Verwaltungsaufgaben zum Fenster rausschmeissen lassen will.
      Dafür will man offensichtlich an die Riesen-Rücklagen, zu den man die PKV´s vor JAhren verpflichtete (nochunterSeehofer) wie einen Goldschatz an sich bringen.

      Vernünftig wäre eine einzige, aus Steuern (teil-)finanzierte Einheitskasse der Grundversorgung sowie rein privatwirschaftlich organisierte Zusatzversicherungen, die individuell maßgeschneiderte Optionen anbieten.

      Echter fairer wettbewerb, wie ich mal forderte, ist in absehbarer Zeit eh´nicht möglich.

      Weiterhin ist es erforderlich, daß finanziell bedürftige Menschen ohne Einschränkung SINNVOLLE UND NÖTIGE medizinische Leistungen vom Staat bekommen, aber keinen Luxus. Also beispielsweise guten Zahnersatz, aber keinen Luxus.

      Das Einsparpotential im administrativen bereich ist gigantisch. Ich würde ihn (zugegebenermaßen extrem grob geschätzt) bei der zukünftigen Einheitskasse für die Grundversorgung auf ca. 30 Milliarden/jahr schätzen. Ohne, daß auch nur eine einzige Leistung gekürzt werden müsste.

      ESc muss ein Modell erarbeitet werden, aufgrund dessen ein guter Arzt, dessen Patienten besser versorgt werden als bei Kollegen, sich eine Art TAntieme erabeiten kann.

      Dies könnte in Form einer Dividendenartigen Zahlung erfolgen, die erst nach 3- 5 JAhren beginnt; und zwar, wenn sich erste statistische Unterschiede zum Durchschnitt rausstellen.

      ebenso muss man Ärzte, die Qualitätsprobleme haben, gezielt weiterbildungen zuführen - aber das ist SAche der Standesorganisationen; ein nicht fachkundiger Staatsapparat kann das nicht leisten.
      Avatar
      schrieb am 15.02.03 17:06:57
      Beitrag Nr. 294 ()
      Solange die Rot/Grünen Chaoten meinen, eine Sanierung der Krankenversicherung nur durch Erhöhung der Einnahmen erreichen zu können, wird sich langfristig an der katastrophalen Finanzsituationen nichts ändern.

      Eine Sanierung kann dauerhaft nur erfolgreich sein, wenn auch auf der Ausgabeseite (Leistungseinschränkung) massiv gekürzt wird. Man begreifen die endlich, dass diese Vollkaskomentalität nicht zu finanzieren ist.

      Jetzt soll die Privatversicherung eingesackt werden, weil angeblich der Beitragssatz dann um einen Prozentpunkt gesenkt werden kann. :D :D Auf wie lange wohl - 12 Monate! Dann ist alles wieder verpufft!

      So geht es schon seit über 20 Jahren - Herr Ehrenberg sprach von einer Reform dann ist alles wieder im Lot!
      Avatar
      schrieb am 15.02.03 17:47:55
      Beitrag Nr. 295 ()
      @ Adam Riese

      DAs hat nichts mit PArteipolitik zu tun.

      Wie Du schon zutreffend schriebst, geht das schon seit über 20 Jahren so.

      Also 16 JAhre Kohl und 4 Jahre Schröder.

      Kein Grund, parteipolitisch zu denken, finde ich.
      Avatar
      schrieb am 15.02.03 17:51:46
      Beitrag Nr. 296 ()
      Adam Riese

      Kleine Ergänzung dazu: Natürlich ist das Ganze doch ohnehin nur ein Schritt in die Richtung: Minimalversorgung zu Lasten aller Versicherten. Und alles was darüber hinausgeht, muss jeder alleine finanzieren.

      Konsequent waäre dann der nächste Schritt: Alle zahlen einen Anteil an die Krankenkassen, um die Verwaltungskosten zu decken. Die eigentlichen Versicherungsleistungen muss man sich dann im Individualvertrag erkaufen. :laugh:
      Avatar
      schrieb am 23.02.03 00:20:05
      Beitrag Nr. 297 ()
      und wie wird Ulla Schmidts neuste Idee gesehen? Einführung von Aufpassern, an die man sich melden kann, wenn man als Patient meint, dass falsch abgerechnet wurde (und auch Ärzte sollen sich dorthin wenden können).
      Nur wie soll der Patient ein Gefühl für falsche Abrechnung bekommen, wenn er keine Abrechnung zu sehen bekommt?
      Avatar
      schrieb am 23.02.03 01:02:46
      Beitrag Nr. 298 ()
      Der neue lacher:


      Regierung plant radikalen Umbau der Krankenversicherung

      Die Spitzen von Bundesregierung und SPD-Fraktion haben sich auf das Grundkonzept für die geplante Gesundheitsreform verständigt. Danach soll die gesetzliche Krankenversicherung bereits im kommenden Jahr um bis zu 25 Milliarden Euro entlastet werden. Dadurch könnte der Beitragssatz von derzeit durchschnittlich 14,3 auf unter 12 Prozent sinken.


      Hamburg - Um die entsprechenden Beträge einzusparen, hat sich die Regierung informell und ohne Gremienbeschlüsse auf folgende Maßnahmen verständigt:

      Das Konzept der Rürup-Kommission zur Reform der Sozialsysteme, die heutigen Krankenkassenbeiträge durch einheitliche Kopfpauschalen der Bürger zu ersetzen, hat die Regierung verworfen. Ein solches Konzept würde nach Berechnungen des Finanzministeriums auf Grund sozialer Ausgleichszahlungen den Staat bis zu 48 Milliarden Euro kosten. Diese Lösung sei zu teuer, befanden Eichel und Schröder.


      Mehr Wettbewerb zwischen Ärzten, Kliniken, Apothekern und Kassen soll Einsparungen von rund zwei Milliarden Euro erbringen.


      So genannte versicherungsfremde Leistungen wie Mutterschaftsgeld, Anti-Baby-Pillen für Minderjährige oder Mütter-Kuren sollen nicht mehr aus Beiträgen, sondern über Steuern finanziert werden. Geplant sind Einsparungen bei den Krankenkassen von rund vier Milliarden Euro im nächsten Jahr, die künftig aus dem Staatshaushalt beglichen werden.


      In zweistelliger Milliardenhöhe sollen die Ausgaben gesenkt werden, indem sich die Bürger gegen weitere Gesundheitsrisiken künftig privat versichern. Entschieden ist die Einführung einer Privatpolice für Unfälle beim Sport und in der Freizeit.
      Für welche weiteren Leistungen die Versicherten künftig in welchem Umfang selbst vorsorgen sollen, hat die Regierung noch nicht entschieden. Sie hat aber Modellrechnungen aus der privaten Versicherungswirtschaft angefordert, die verschiedene Privatisierungs- Alternativen aufzeigen:


      Die private Absicherung von Zahnarzt-Behandlungen und Zahnersatz könnte rund elf Milliarden Euro einsparen. Für die entsprechende Zusatzversicherung müssten die Kassen- Mitglieder nach diesen Berechnungen rund 20 Euro im Monat zahlen.


      Einen ähnlichen Betrag müssten die Versicherten aufbringen, wenn sie sich künftig privat gegen Unfälle beim Sport und in der Freizeit versichern. Werden diese Posten aus dem Kassenkatalog gestrichen, könnten die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung um 10,5 Milliarden Euro sinken.


      Die Ausgliederung der Lohnfortzahlung bei längerer Krankheit würde die Kassenkosten um rund sechs Millarden Euro entlasten. Die entsprechende Privatpolice würde die Versicherten je nach Einkommen mindestens zehn Euro im Monat kosten.


      Spiegel-online.de



      Tja, da werden wieder viele neue verwaltungs-Jobs zusätztlich entstehen - bei der Privatwirtschaft.

      ich tippe darauf, daß am Montag die versicherungswerte an der börse heftig profitieren werden...

      Den gleichen effekt hätte man OHNE VERWALTUNGS-MEHRAUFWAND einfach dadurch erreichen können, daß man die paritätische teilung der GKV-Kosten zuungunsten der Arbeitnehmer verschiebt. Das wäre aber optisch nicht gut gekommen. So erhöht man ihn Verdeckt: Offiziell ist er noch 50%/50% , aber es werden teile der leistungen "privatisiert" und der Arbeitnehmer zahlt halt ANFANGS 50 Euro pro Monat zusätzlich für die früheren GKV-Leistungen aus eigener tasche. das macht bei schlechtverdienenden einen enormen Prozentsatz aus. Nehmen wir einmal jemanden, der 1.500 euro verdient. 14% GKV-beiträge sind ca. 210 euro Beitrag.
      In Zukunft (wer´s glaubt, wird seelig) angeblich nur 12% = 180 euro. dafür muss er aber 50 euro mehr zahlen, also 230 euro. Das sind 15,4 %

      Das heißt konkret: Arbeitgeber zahlt künftig defacto 12%, Arbeitnehmer 15,4% Hätte man gleich so machen können, dann wären die unteren Einkommensklassen nicht so extrem belastet worden und es wäre sozial gerechter.

      So jedoch ist es genau andersherum. Umverteilung von Unten nach oben, was die Geldflüsse anbelangt.

      Zudem dürften chronisch Kranke, krebskranke, Behinderte die großen Verlierer sein:
      Sie wird keine versicherung dieser erde in eine Verdienstausfall-versicherung nehmen.

      Chronisch Krank, Krebs, Behindert?

      pech gehabt. ab in die Sozialhilfe.

      Aber dafür werden ja wieder neue verwaltungsjobs entstehen.
      daher werden die 50 Euro/Monat nur die "Einstiegsdroge" sein. naja, und bei kinderreichen familien sind es dann halt 200 oder 300 euro. dafür zahlen halt die verheirateten kinderlosen nur einen einzigen beitrag in der GKV. das wiegt die 100 Euro mehr/Monat locker auf.

      Zudem werden Juristen und Gutachter die sektkorken knallen lassen:Jetzt wird mehr geld in Streitfälle zur Abgrenzung von GKV- und Zusatzversicherungsleistungen fließen, anstatt in die Krankenversorgung. Echt Klasse, diese Strategie. Ach ja - und dann muss halt mehr Konkurrenz bei denen die die Leistung erbringen die Kosten für diejenigen, die sie verwalten, eben aufwiegen.
      Irgendwann werden dann 90% für Verwaltung und Dividenden von Privatversicherungs-Aktionären fleißen und , ach ja, da war doch noch was , 10% in die medizinischen Leistungen.

      Und derjenige, der Kinder hat, wird in Zukunft NOCH MEHR BESTRAFT.

      Genial, Herr Kanzler, genial!

      ... diese "schlanke" Strategie... :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 23.02.03 09:54:45
      Beitrag Nr. 299 ()
      Im Übrigen:

      Wie die "Kopfprämie" bei ausschließlicher Anwendung auf NICHTerziehende noch Geld kosten, anstatt von den bisherigen, zu unrecht Begünstigten zusätzliche Einnahmen zu generieren, ist wohl einzig Geheimnis von Rürup.

      der wollte wohl mit der Gießkanne alle auf die Kopfprämie setzen.
      Das ist zwar steuersystematisch betrachtet richtig (denn Förderung der Eltern, die NAchwuchs betreuen, ist nicht SAche der Mitversicherten, sondern des Staates) . Es würde jedoch reichen, erst einmal die schreiende Ungerechtigkeit bei den kostenlos mitversicherten Ehepartnern ohne Kinder ggü den nicht verheirateten, die dafür bestraft werden, abzubauen.

      DAs würde nicht 48 Mrd kosten, sondern endlich jährliche unnötige Mindereinnahmen in Höhe von ca. 30 Mrd. beseitigen.

      Wieder einmal eine gute Chance zu mehr Gerechtigkeit vertan.
      Avatar
      schrieb am 23.02.03 12:51:22
      Beitrag Nr. 300 ()
      Inzwischen ist seit august eine der größten BKK´s deutschlands ( zwischen 500.000 und 1.000.000 Mitglieder) kurz vor dem bankrott und hat bereits einen Sanierungs-Vorstand.

      Heimlich wurde bereits der feuerwehr-Fonds des BKK-gesamtverbandes kräftig bemäht, um das schlimmste zu verhindern. Der war eigentlich für die mmutmaßlich kleineren BKK´s gedacht - daher ist er jetzt praktisch leer.
      Der zweite BKK-Problemfall wird vermutlich den ersten heftigen Crash nach sich ziehen.

      Während Clement noch heute im ZDF herumquatschte, es sei im Gesundheitssystem "noch viel Luft" drin, bricht inzwischen alles allmählich zusammen.
      Der Grund liegt darin, daß ineffizient strukturiert wurde, wir leiste uns den einmaligen Luxus von ca. 400 GKV-Kassen, verschwenden gigantische Summen in unsinnige Verwaltungskosten. Solange hier nicht radikal saniert wird, wird es finanzielle Leichen ohne Ende geben.
      Statt dessen werden die Verwaltungskosten noch weiter gesteigert.

      Das Kerngeschäft, die ERBRINGUNG MEDIZINISCHER LEISTUNGEN, wird leider unverhältnismäßig unter Druck gesetzt, es werden durch immer widersprüchlichere, hektische Pläne und Gesetze solide und weitsichtige Kassen und Krankenhäuser, auch zukunftsweisende, effiziente Praxis-Netze in Bedrängnis gebracht, anstatt sie zu fördern.

      Der Crash wird fürchterlich sein.
      Avatar
      schrieb am 23.02.03 12:53:55
      Beitrag Nr. 301 ()
      Mit anderen Worten:

      "Luft" existiert vor allem in den Köpfen der handlungsunfähigen Politiker. :mad:

      Die glauben anscheinend inzwischen ihre eigenen absurden Lügen. NAja, beim Verdursten in der Sahara quasselt man ja am liebsten über Oasen.....
      Avatar
      schrieb am 23.02.03 12:58:05
      Beitrag Nr. 302 ()
      @ #299 von Deep Thought

      Sehr gute Ausführungen von dir.

      Wie sollte man deiner Meinung nach die Sozialsysteme reformieren?

      Man darf ja nie vergessen: Egal wie die Kosten der Arbeitslosigkeit oder Krankheit finanziert werden, ob privat oder staatlich, der Unterschied ist letztlich eher marginal. Privat wäre das ganze vielleicht effizienter organisiert als staatlich, o.k.

      Fakt ist jedoch die Bürger müssen letztendlich diese Beträge zahlen, ob an staatliche Einrichtungen oder private Versicherungen.

      Da kann der Kanzler so viel reformieren, wie er will, das wird fast nichts bringen.

      Die einzigen Reserven liegen m. E. in einer Entbürokratisierung und Entstaatlichung der Gesellschaft.
      Avatar
      schrieb am 23.02.03 13:07:15
      Beitrag Nr. 303 ()
      solange sich die Anbieter von Gesundheitsleistungen ungehemmt an der GKV bereichern wird sich nichts ändern :

      Arzneimittelkosten bundesweit um
      9,8 Prozent gestiegen

      BKK: Fehlende Kontrollen
      und Ausgabegrenzen

      Die Arzneimittelausgaben sind im vergangenen Jahr erneut deutlich gestiegen. Nach Schätzungen der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin von Freitag wuchsen die Ausgaben für Medikamente bundesweit um 9,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.


      11.01.2002 [Archiv]


      Insgesamt hätten Kassenärzte Medikamente im Wert von rund 21 Milliarden Euro verordnet. In 2000 lagen die Ausgaben noch bei 19,1 Milliarden Euro. Nach Ansicht des Bundesverbandes der Betriebskrankenkassen (BKK) haben fehlende Kontrollen und Ausgabengrenzen die Steigerung mitverursacht.

      Kontrollmöglichkeiten fehlen
      "Es fehlt an Kontrollmöglichkeiten", begründete der Leiter der BKK-Arzneimittelabteilung, Wolfgang Kaesbach, den Kostenanstieg. Einzelne Praxen würde kaum überprüft, Sanktionen fehlten. "Ärzte machen sich über Kosten der von ihnen verschriebenen Arzneien keine Gedanken." Allerdings hätten Mediziner kaum Möglichkeiten, Medikamentenpreise zu vergleichen, nahm Kaesbach die Ärzte in Schutz.

      Schuld sind nach Ansicht des BKK-Sprechers die nach dem Amtsantritt der Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) gestrichenen Ausgabengrenze. "Sie hat es versäumt, wirksame Alternativen einzuführen", sagte Kaesbach. Nach dem Wegfall der Ausgabenbegrenzungen seien deutlich mehr Original-Arzneien und teurere Nachahmer-Präparate verschrieben worden.

      Quelle :http://www.heute.t-online.de/ZDFheute/artikel/0,1367,WIRT-0-…

      Und der Patient soll im rahmen von immer mehr Zuzahlungen als Melkkuh dienen:mad:. die mafiösen Strukturen zwischen Pharmalobby und Ärzten/Apothekern müssen endlich aufgebrochen werden. Aus den aussagen von Bekannten, die als Pharmareferent arbeiten, weiß ich, wie die KV-Kassen ausgeplündert werden. :mad:

      Hier anzusetzten kann aber nur ein Schritt von vielen sein.
      Avatar
      schrieb am 23.02.03 13:12:50
      Beitrag Nr. 304 ()
      @Deep Thought
      und wie beurteilst du den Risikostrukturausgleich?
      Dieser müsste meiner Meinung nach auf Platz 1 der Streichliste stehen.
      Nicht nachvollziehbar ist für mich, dass es KVs gibt, die mit einem Beitragssatz von 12,2 % auskommen und anderen sind 15 % noch zu wenig.
      Avatar
      schrieb am 23.02.03 13:15:22
      Beitrag Nr. 305 ()
      @ Punk24

      DAs ist in der tat einer von diversen Ansätzen, die man hätte, aber nie verwirklichen wird.

      Schröder hat ja genau das Gegenteil gemacht:

      Die Pharma-Industrie hat sich 2001 für 300 Mio in das Staatssäckel das recht erkauft, jährlich 4 Mrd. Mehr zu kassieren. Jeder wäre dafür gefeuert worden, wenn er nicht als Kanzler die BRD, sondern als Vorstand ein Unternehmen geschädigt hätte. :mad:

      die Apotheken langen mittlerweile ungeniert zu.

      Die Vitaminpreise beispielsweise sind explodiert, alles, was nicht von der GKV bezahlt wird, hat inflationsraten, die einem die Luft wegnehmen.
      Avatar
      schrieb am 23.02.03 13:21:03
      Beitrag Nr. 306 ()
      @DT. ist zwar etwas "off Topic"...aber wer seine Vitamine in Apotheken kauft ist selbst Schuld :p. Ich kaufe ausgewählte Präparate (Vit. C und E, Mineraltabletten) bei Aldi oder in Holland. Dazu muss man sich allerdings mit den Inhaltsangaben auf der Verpackung ein wenig auskennen ;)
      Avatar
      schrieb am 23.02.03 13:32:39
      Beitrag Nr. 307 ()
      Ich bin mittlerweile der meinung, daß nur noch eine einzige staatliche Grundversorgungskasse sinn macht.

      Die PKVs sollte man belassen, Zusatzversicherungen für Extras ausserhalb der GKV zulassen, das frz. Modell halte ich für geschickt - hatte es bereits mehrfach hier beschrieben.
      Die Verwaltungskosten würden gereadezu implodieren.

      Ohne jede Lesitungseinschränkung wäre eine senkung der Beiträge auf 13% möglich.

      Dann gälte es, sinnvolle, langfristige Entwicklungen in GAng zu setzen, auf die sich die Leistungserbringer ausnahmsweise einmal verlassen können.

      Verzahnung von ambulanter und stationärer behandlung, Netze, die Möglichkeit, mit der GKV-Zahlung der Kasse auch privat behandeln zu lassen, wenn es einem wichtig erscheint und freiwillig die Differenz zu zahlen oder über eine zuvor abgeschlossene Zusatzversicherung abzudecken.

      Sobald Qualität in Deutschland auch lohnt und nicht bestraft wird, werden in einem zeitraum von 5-10 Jahren die besten Leistungserbringer vorne liegen.

      diese Erfahrung machen alle, die Private Versicherte behandeln - warum sollte man das nicht auf GKV-PAtienten ausdehnen? Die wissen nach ein paar JAhren am besten, wer gut und wer schlecht behandelt.

      dazu natürlich Kosten- und Leistungstransparenz.

      Der Risikostrukturausgleich ist "gut gemeint" - das ist stets das Gegenteil von "gut gemacht" .

      Theoretisch richtig, praktisch eine LAchnummer, weil natürlich die Krankenkassen genau das machen, was sie stets den Ärzten vorwerfen:

      Sie betrügen zumeist durch schnell aus dem Boden gestampfte billige Pseudo-"Chroniker-Programme" die regierung und sichern sich so unberechtigt auf formalem Weg die Milliarden aus dem RSA. Da sind viele frisch approbierte oder kaum erfahrene junge, aber sehr billige Ärzte eingekauft worden, um Potempkinsche "Programme" aufzulegen.... frei nach dem Motto: "Keine Sorge, wir brauchen bloß Ihre Stelle auf dem Plan, sie müssen nicht viel können... "
      der größte Flop und Betrug, der je im gesundheitswesen stattfand - fast schon organisierte Kriminalität, wenn ich das einmal verdeutlichend und sehr pointiert ausdrücken darf... ;)

      Aber dafür wurden ja auch wieder viele neue Stellen im gesundheitswesen egschaffen, die NICHT der LeistungsERBRINGUNG, sondern der LeistungsVERWALTUNG dienen.... :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 23.02.03 13:37:14
      Beitrag Nr. 308 ()
      @ punk24

      off-topic

      mache ich natürlich auch, aber viele andere eben nicht. die werden knallhart abgezockt.
      Wer seine Vitamine nicht beim Plus oder aldi kauft, ist nicht gut informiert.

      Es ist ein Wahnsinn, daß 30 - 50% der Arzneimittelkosten durch den Vertrieb über Großhandel und Apotheken absorbiert wird. Durch das Rücberreichen einer Arznei über die Theke kann man schneller geld verdienen, als durch die Diagnostik und Therapie - da stimmt doch etwas nicht!
      Avatar
      schrieb am 23.02.03 13:44:02
      Beitrag Nr. 309 ()
      Vitaminpräparate
      sehe ich insgesamt als Abzocke! Braucht man bei einigermaßen vernünftiger Ernährung doch nicht!
      Avatar
      schrieb am 23.02.03 18:52:39
      Beitrag Nr. 310 ()
      @ Stella, das siehst Du falsch.

      Diese alte meinung könnte überholt sein.

      Es fällt auf, daß die Dosisempfehlungen der DGEM immer wieder von neuem angehoben wurden.

      Zudem handelt es sich um einen vermuteten Durchschnitts-Bedarf, das Spektrum schwankt sicherlich stark.

      siehe auch : Linus Pauling, 2-facher Nobelpreisträer ;)
      Avatar
      schrieb am 23.02.03 19:04:26
      Beitrag Nr. 311 ()
      @Deep Thought
      ich kann da nur aus eigener Erfahrung sprechen. Meine Werte sind bestens und das ohne Zufuhr von zusätzlichen
      Vitaminen. Meine Infektanfälligkeit ist gleich Null, und auch die meiner Familie!

      Ich halte die "künstliche" Zufuhr von Vitaminpräparaten in unseren Breitengraden noch immer für eine Abzocke, auch vor dem Hintergrund, dass die "Dosisempfehlungen immer wieder von neuem angehoben werden".
      Avatar
      schrieb am 23.02.03 23:29:05
      Beitrag Nr. 312 ()
      Warum muß es ein "Gesundheits"kartell aus Ärzteschaft, Apothekern, Pharmaindustrie und Krankenkassen geben?
      Warum sträuben sich die Kassen so vehement dagegen, daß der Patient selbst die Rechnung kontrolliert und nicht die Kassenärztliche Vereinigung?
      Warum ist bei uns Aspirin doppelt so teuer wie in Holland?

      Warum? Weil alle Beteiligten sich bisher vollgesogen haben!
      Hat doch alles prima funktioniert.

      Ich würde als erstes sofort den Internethandel von Medikamenten zulassen. Als nächstes stände der freie Wettbewerb bei den Apotheken auf der Tagesordnung. Wenn ein Apotheker Rabatte gewährt - hervorragend! Warum nicht - bisher war das strafbar, das muß man sich mal reinziehen!
      Die Kassenärztliche Vereinigung würde ich zur kriminellen Vereinigung erklären und gleich verbieten. Das riecht doch förmlich nach Mauschelei.
      Jeder Patient kontrolliert seine Rechnung selbst - neben den lateinischen Fachbegriffen steht da zukünftig auch eine für den Laien verständliche Erklärung daneben. Warum soll das nicht gehen?

      Nirgendwo im Wirtschaftsleben gibt es derart verkrustete Kartellstrukturen wie im Gesundheitswesen.

      Weg mit dem Gesundheitskartell - so schnell es irgend geht!

      Aldy
      Avatar
      schrieb am 26.02.03 08:44:34
      Beitrag Nr. 313 ()
      Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs

      Rentner dürfen im Ausland gratis zum Arzt

      Kassen müssen auch die Behandlung von chronischen Krankheiten während eines Urlaubsaufenthaltes bezahlen


      Von Judith Reicherzer

      Luxemburg – Die europäischen Sozialversicherungen müssen reisefreudigen Rentnern im Ausland auch die Behandlung von chronischen Krankheiten bezahlen. Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg entschied am Dienstag, dass die Krankenkassen die Behandlungskosten für Rentner nicht nur bei akuten Erkrankungen übernehmen müssen.

      Wegen unklarer europäischer Verordnungen hatten die Versicherungen in den meisten EU-Staaten die Rentner den Arbeitnehmern gleichgestellt und bei Urlauben im Ausland die Arztkosten für chronische Leiden nicht übernommen. Nach Ansicht der EuGH-Richter aber wollten die europäischen Gesetzgeber mit den entsprechenden Verordnungen die Mobilität der Rentner fördern; sie hätten dabei auch ihre größere gesundheitliche Anfälligkeit und Abhängigkeit berücksichtigt. Anders als bei Arbeitnehmern müssten die Krankenkassen bei Rentnern deshalb auch dann zahlen, wenn eine chronische Erkrankung während der Auslandsreise eine Behandlung erforderlich mache.

      Die Richter entschieden damit den Fall eines griechischen Rentners, der bei einem Deutschlandbesuch wegen einer längst diagnostizierten Angina pectoris ins Krankenhaus gebracht werden musste. Vor der Reise hatte sich der Mann von seiner Krankenkasse in Griechenland einen Reisekrankenschein ausstellen lassen, mit dem er dann bei einer deutschen Kasse die Bezahlung seiner Krankenhauskosten beantragte. Nach deren Auffassung aber deckt ein Reisekrankenschein nur unverzüglich erforderliche Behandlungen ab, sie zahlte also nicht. Auch die Griechen weigerten sich, für die Behandlung der chronischen Krankheit die ausländischen Arztkosten zu tragen. Der Rentner ging vor Gericht. Die EU-Richter entschieden nun, dass im Prinzip die Kasse am Urlaubsort zahlen müsse. Weigere sich diese zu Unrecht, habe der Rentner zumindest in der Heimat ein Recht auf Erstattung der Behandlungskosten. Die europäischen Krankenkassen dürften diese Erstattung nicht von einem Genehmigungsverfahren oder einer akuten Krankheit abhängig machen. (Rs C-326/ 00)

      Die Richter in Luxemburg brachen damit eine Lanze für die europäischen Senioren, die unbeschwerter reisen sollen und nun auch während ihres Urlaubs in Spanien, Österreich oder der Schweiz leichter zum Arzt gehen können. Ausgenommen bleiben geplante Krankenhausaufenthalte, die von den Kassen am Wohnort genehmigt werden müssen.

      Die deutschen Kassen müssen nun ihren restriktiven Kurs ändern. Bisher übernahmen sie für ausländische Rentner höchst zögerlich deutsche Arztrechnungen, aus Angst, die ausländische Versicherung würden ihnen das Geld nicht zurückerstatten. Und auch deutschen Rentnern genehmigten sie Auslandsbehandlungen nur in Ausnahmefällen.

      Für eine Privilegierung der Rentner gebe es keinen Grund, hieß es im Bundessozialministerium. Nach diversen Urteilen des EuGH ist die Mobilität der europäischen Patienten EU-weit längst ein Politikum. EU-Kommission und Mitgliedstaaten suchen nach Lösungen, die die Prinzipien des vereinten Europas berücksichtigen, ohne die nationalen Gesundheitssysteme zu sprengen. Einig sind sich aber alle, dass die unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmern und Rentnern aufgehoben werden soll.
      Avatar
      schrieb am 01.03.03 02:38:02
      Beitrag Nr. 314 ()
      "Ich bin erhört worden" ... :laugh:



      Bender will Ehefrauen zur Kasse bitten
      In diese Diskussion hat sich jetzt auch die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Birgit Bender, eingemischt. Sie will an der beitragsfreien Mitversicherung von bestimmten Ehefrauen in der gesetzlichen Krankenversicherung rütteln. Dem Nachrichtenmagazin "Focus" sagte die Grünen-Politikerin: "Die kostenlose Mitversicherung von Frauen, sofern sie keine Kinder erziehen oder Angehörige pflegen, muss nicht durch die Gemeinschaft der Beitragszahler subventioniert werden." Derzeit sind Ehepartner grundsätzlich beitragsfrei mitversichert, wenn sie kein eigenes Einkommen haben.
      :D :D :D :D :D

      Schmidt: Kinder bleiben beitragsfrei
      Frühere Überlegungen von anderen Gesundheitsreformern - zum Beispiel von Mitgliedern der Rürup-Kommission - waren noch weiter gegangen. Es wurde auch darüber diskutiert, die Mitversicherung von Kindern abzuschaffen. Würde diese Maßnahme umgesetzt, könnten die Krankenversicherer bis zu fünf Milliarden Euro einsparen. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt hat aber bereits unmissverständlich klar gestellt, dass dies mit ihr auf keinen Fall zu machen ist. Die kostenlose Mitversicherung von Kindern werde auf keinen Fall aufgehoben.

      Bender: Besserverdienende sollen mehr bezahlen
      Laut Bender gibt es in Koalitionsfraktionen außerdem Überlegungen, von Besserverdienenden höhere Beiträge zu verlangen. Eine Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze müsse allerdings in Zusammenhang mit einer Reform stehen, mit der auch Selbstständige und Beamte in die gesetzliche Krankenversicherung einbezogen würden. Derzeit werden Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung bis zur Höchstgrenze von 3450 Euro brutto monatlich berechnet.

      Kosten im Gesundheitswesen explodieren
      Die Krankenkassen hatten schon im vergangenen Jahr Verluste in Milliarden-Höhe erwirtschaftet. 2002 waren die Arzneimittelkosten um 2,2 Milliarden Euro in die Höhe geschossen. Auch zu Beginn dieses Jahres sind die Kosten im Gesundheitswesen trotz der derzeitigen Sparbemühungen offenbar ungebremst gestiegen. Nach einer internen Berechnung aus dem Bundesgesundheitsministerium nahm allein im Januar die Zahl der Arzneiverordnungen um mehr als fünf Prozentpunkte zu. Diese Zahlen liegen der "Leipziger Volkszeitung" vor.


      AP/t-news
      Avatar
      schrieb am 01.03.03 11:05:21
      Beitrag Nr. 315 ()
      :D :D :D :D Vorteile für Ehefrauen bald passé?


      Die rot-grüne Bundesregierung denkt offenbar darüber nach, die beitragsfreie Mitversicherung von Ehefrauen in der gesetzlichen Krankenversicherung abzuschaffen. „Die kostenlose Mitversicherung von Frauen, sofern sie keine Kinder erziehen oder Angehörige pflegen, muss nicht durch die Gemeinschaft der Beitragzahler subventioniert werden“, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Birgit Bender, in FOCUS. Zuvor hatte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) lediglich ausgeschlossen, dass die kostenlose Mitversicherung von Kindern aufgegeben werde.
      :D :D :D

      Laut Bender gibt es in den Koalitionsfraktionen außerdem Überlegungen, von Besserverdienenden höhere Beiträge zu verlangen. „Natürlich kann man überlegen, ob man die Beitragsbemessungsgrenze anhebt“, so Bender. Dies müsse allerdings in Zusammenhang mit einer Reform stehen, mit der auch Selbstständige und Beamte in die Gesetzliche Krankenversicherung einbezogen würden. Derzeit werden Beiträge zur Gesetzlichen Krankenversicherung bis zur Höchstgrenze von 3450 Euro brutto monatlich berechnet.



      28.02.03, 14:30 Uhr
      Avatar
      schrieb am 01.03.03 11:34:27
      Beitrag Nr. 316 ()
      Ist doch völliger Quatsch,Besserverdienende,wer ist das eiegntlich,bezahlen bereits das 3-4fache von so genannten Geringverdienern,mit dem Unterschied,dass sie nahezu nie krank sind,weil sie sich das nicht leisten können.

      Kommt das so,beschleunigt sich die Abwärtsspirale,mein wort drauf:mad:
      Avatar
      schrieb am 01.03.03 12:09:27
      Beitrag Nr. 317 ()
      Das mit den "nicht berufstätigen Ehefrauen" ist schon mal ein richtiger Schritt in die richtige Richtung.
      Dies wird sich durchsetzen lassen, denn "nicht berufstätige Ehefrauen" haben keine Lobby.

      Wenn dann noch die 27 ärztlichen Vereinigungen aufgelöst bzw. auf max. 5 runtergefahren werden würde,
      käme massive Bewegung in unser Gesundheitssystem.
      Avatar
      schrieb am 01.03.03 13:14:18
      Beitrag Nr. 318 ()
      "Die kostenlose Mitversicherung von Frauen, sofern sie keine Kinder erziehen oder Angehörige pflegen, muss nicht durch die Gemeinschaft der Beitragszahler subventioniert werden." Derzeit sind Ehepartner grundsätzlich beitragsfrei mitversichert, wenn sie kein eigenes Einkommen haben..."

      Dieser Vorschlag wird ins Chaos führen!

      Millionen Ehefrauen sind in "Billigjobs" beschäftigt und müssen sich danach selber versichern. :(
      Avatar
      schrieb am 01.03.03 13:24:47
      Beitrag Nr. 319 ()
      Bernd.P
      Warum sollten sich Ehefrauen mit Billigjobs selbst versichern müssen? Das mussten sie bislang auch nicht.
      Ich stelle mir die Abwicklung so vor, dass der Ehegatte an seine Krankenkasse einen Beitrag XXX für seine Frau bezahlt.
      Sollte ihm der Beitrag zu hoch sein, kann er ihn ja von seiner Frau zurück fordern.
      Avatar
      schrieb am 01.03.03 13:34:13
      Beitrag Nr. 320 ()
      Bernd.P
      Im übrigen bin ich der Meinung, dass das Gesamteinkommen
      inkl. Billigjobs, bei der KV berücksichtigt werden sollte.
      Warum soll die Gruppe der kinderlosen, nicht erwerbstätigen Ehefrauen hier einen Sonderstatus haben?
      Avatar
      schrieb am 01.03.03 14:23:50
      Beitrag Nr. 321 ()
      Stella,ok,aber dann mir Konsequenz!

      -kein Beitrag,keine Leistung

      -die ersten 2 Wochen bei Krankheit kein Lohn

      -Einführung der 50 Stundenwoche,haben die Selbständigen auch

      -Kürzung von 10 Urlaubstagen,s.andere Länder

      -Kein Urlaubsgeld,wohl ein Witz ohne Gegenleistung Geld einzusacken,das gibt es nur in D

      -Streichung des 13.Monatsgehalts,Weihnachtsgeld usw
      Geld nur bei Gegenleistung

      Dies nur mal als kleiner Ausschnitt, gehört dazu,wenn man von
      Gerechtigkeit spricht!
      Ich kann den Katalog gerne verlängern!
      Avatar
      schrieb am 01.03.03 17:51:18
      Beitrag Nr. 322 ()
      Die Bundesregierung ist zwar nicht in Sachen Irak-Angriff isoliert, wohl aber weltweit in Sachen Zigarettenwerbung.... ZUSAMMEN mit den USA :D :D :D



      12:54, NZZ Online


      Weltgesundheitsorganisation legt den Tabakstreit bei

      Anti-Tabak-Konvention verabschiedet
      Die 192 Mitgliedsländer der Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben sich auf ein weit reichendes internationales Abkommen zur Beschränkung des Tabakkonsums geeinigt. Damit will die WHO die rasch wachsende Zahl der Tabaktoten reduzieren. Die Konvention sieht drastische Einschränkungen in der Tabakwerbung sowie den verstärkten Kampf gegen den Zigarettenschmuggel und das Passivrauchen vor.



      (sda) Heftig umstritten waren in de WHO vor allem das Werbeverbot für Tabak und die Verantwortung der Industrie für die Folgen des Rauchens. Die Mitgliedstaaten räumten in der Nacht zum Samstag in Genf nun jedoch alle strittigen Punkte aus. Das Abkommen tritt in Kraft, sobald 40 Staaten es ratifiziert haben.

      Bei der Werbung einigten sich die WHO-Staaten auf einen Kompromiss: Alle Beteiligten sollten in Übereinstimmung mit ihrer Verfassung ein vollständiges Werbeverbot für Tabak durchsetzen. Länder, deren Verfassung einen solchen Schritt verbietet, sollen die Werbung für Tabakprodukte einschränken.

      Im Oktober hatten sich etwa hundert Staaten - vor allem aus Afrika, Südostasien und Europa - für ein vollständiges Verbot ausgesprochen. Rund 80 Prozent der Raucher leben in Entwicklungsländern. Ihr Anliegen war jedoch von einigen anderen Ländern wie Deutschland vehement abgelehnt worden. Bei der Frage nach der Verantwortung der Industrie für Folgeschäden des Rauchens bleibt die Konvention vage.

      Fast fünf Millionen Tabak-Tote
      Widerspruch gegen einzelne Bestandteile des Abkommens äusserten die USA, Deutschland, China und auch Japan. Ungeachtet der Einwände beschlossen die Delegierten, das Abkommen der Ministerkonferenz der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Mai zur Beschlussfassung vorzulegen. Dort besteht allerdings die Gefahr, dass das gesamte Abkommen doch noch scheitert. Die USA könnten nämlich darauf beharren, einzelne Teile neu zu verhandeln


      Allein im vergangenen Jahr starben nach Angaben der WHO rund 4,9 Millionen Menschen an den Folgen des Rauchens. Nach Uno-Schätzungen könnte sich die Zahl der Opfer bis zum Jahr 2020 auf jährlich 10 Millionen Menschen verdoppeln.
      Avatar
      schrieb am 01.03.03 19:40:41
      Beitrag Nr. 323 ()
      optimalisty
      50 Stundenwoche habe ich auch, obwohl fest angestellt

      13. Monatsgehalt und Weihnachtsgeld sind freiwillige Leistungen meines Arbeitgebers

      diese Zusatzleistungen sind KV-pflichtig

      Gehaltsfortzahlung ist in den KV-Leistungen enthalten

      Mit Kürzung des Urlaubs hätte ich auch kein Problem,
      mein Arbeitgeber besteht darauf, dass ich meiner "Urlaubspflicht" nachkomme

      Ich weiß nicht, wo dein Problem liegt :confused:

      Ich gehe davon aus, dass dies nicht nur auf mich zutrifft!
      Avatar
      schrieb am 02.03.03 10:29:20
      Beitrag Nr. 324 ()
      Eine richtige Gesundheitsreform kann man die derzeitigen Pläne der Bundesregierung (Vorschläge der Reformkommissionen) nicht nennen, sondern eher einen Verladebahnhof. Die Beiträge werden nur umgeschichtet zu Lasten der Arbeitnehmer.
      Eine Reform die den Namen wert ist sollte eigentlich an der Struktur des Gesundheitssystem (Ärzte, Krankenhäuser, Krankenkassen) Veränderungen vornehmen.
      Avatar
      schrieb am 02.03.03 10:41:36
      Beitrag Nr. 325 ()
      324,Beides zusammen:)+Demographie-Faktor;)

      323,stella,die ersten 6 Wochen zahlt nicht die KV sondern der Arbeitgeber:)

      Soll ich dir deine Ausführungen abnehmen?Deine Einstellungen
      passen nicht dazu:confused:
      Avatar
      schrieb am 02.03.03 11:50:55
      Beitrag Nr. 326 ()
      #321 würde zum völligen Zusammenbruch der Binnennachfrage führen. allein eine 50St woche hätte bei gleichbleibender Produktivität einen unmittelbaren anstieg der Arbeitslosigkeit auf 6-7 Millionen zur Folge.Das kann jeder nachrechnen, der die Grundrechenarten beherrscht. Die quasi Streichnung der lohnfortzahlung (mehr als 2/3 aller krankheiten sind kürzer als 2 Wochen) würde unglaubliche Schäden an der volksgesundheit nach sich ziehen. kranke und halbtote würden sich aus wirtschaftlicher Not zur Arbeit schleppen, andere anstecken, unproduktiv arbeiten, noch kranker werden usw....

      Langsam beginne ich an deinem Verstand zu zweifeln opti :confused:
      Avatar
      schrieb am 02.03.03 12:17:30
      Beitrag Nr. 327 ()
      Mann,Punk,du solltest doch meine Gesamteinstellung kennen;)
      Schreibst du nie etwas,um den Gegenüber herauszufordern?:confused:
      Dich habe ich damit aber nicht gemeint:laugh:

      Wenn wir schon dabei sind:
      Arbeitszeitverlängerung senkt die Kosten,erschwert Schwarzarbeit,verhindert weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit und kurbelt somit die Binnennachfrage an,
      lässt sie zumindest nicht weiter einbrechen:)
      Logo,gilt das nur für Bereiche,wo es sinnvoll ist.

      Ansonsten lese ich immer,warum was nicht geht.Nie lese ich,wie was geht.Der Jetzt-Zustand löst sich auf jeden Fall auf,vielleicht nimmt man das mal zur Kenntnis!
      Alle zu beteiligen ist der einzig gangbare Weg.
      Avatar
      schrieb am 02.03.03 12:25:30
      Beitrag Nr. 328 ()
      @ punk

      Bei Grundrechenarten sind viele im Board überfordert.. :D
      Leider auch die meisten Politiker.

      DAs, was opti hier einstellt, ist ziemlich dünnbrettmäßig, gewissermaßen reflexartig.

      Die Gründe für das Problem im gesundheitswesen sind durchaus inzwischen hier vielschichtig beleuchtet.
      Aktienkrieger ahtRecht, wenn er der dieser Bundesregierung wie denen zuvor ebenso völlige Konzeptionslosigkeit vorwirft.

      Der Vorschlag der Beitragspflicht für nichterziehende Ehepartner ist das erste, was in die Nähe eines Reformgedankens auf Mikro-Ebene käme.

      Die "Suche nach den üblichen Verdächtigen" greift zu kurz.

      Aufgrund der gigantischen Wirtschaftskraft des Gesundheitssystems könnte eine gelungene reform auch einen starken positiven Schub auslösen.

      denn letztlich handelt es sich um eine - wenn auch äusserst komplexe - Kombination von Dienstleistung mit enormem sekundärem Investitionsvolumen und 4 Millionen Beschäftigten !!! und einem jährlichen gesamtvolumen von ca. 300 Milliarden EURO !!!
      Das ist allein ca. 3-4 mal so viel wie die Höhe der Beschäftigten der gesamten, sorgsam gepäppelten Autoindustrie.

      Die Politik hat immer noch nicht verstanden, daß Leistungen des Gesundheitssystems

      1)nichts anderes als ein Produkt ist, welches auf einem Markt verkauft wird.

      2) einen gigantischen LOHNANTEIL hat (ca. 65%) und daher eine der Schlüssselrollen bei KAmpf gegen die Arbeitslosigkeit spielt - einzig die Politik wird bestimmen, ob im positiven oder im negativen Sinne!

      3) langfristig Folgekosten unserer Gesellschaft "Kriegsentscheidend" (positiv oder negativ) beeeinflusst - im Sinne eines "Krieges um das Überleben im Wirtschaftskampf der Nationen" . DAmit meine ich jedoch NICHT so sehr die unittelbaren Lohnnebenkosten, sondern die Sekundärkosten einer effizienten Aufrechterhaltung der Gesundheit unserer NAtion und eine effiziente Versorgung alter und chronisch kranker Menschen.

      4) Unser Gesundheitssystem ein "Exportschlager" ist:

      Leider derzeit hauptsächlich beim Export excellent ausgebildeter Ärzte und beim Export von Kaufkraft (der Versicherten) . Es könnte jedoch der bereits (auf niedrigem Niveau) existierende IMPORT VON NACHFGAGE AUSLÄNDISCHER VERSICHERTER im Wert von vielen, vielen Milliarden Euro aus Ländern mit schlechterer Versorgung erfolgen.


      Politiker heutiger zeit haben halt keine Visionen - sie haben nur noch verdrängungsmecahnismen und Leugnen "erfolgreich" FAkten, die man nur endlich zur Kenntnis nehmen sollte. Und zum Anlaß, die Ärmel hochzukrempeln.


      Gruß

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 02.03.03 12:30:25
      Beitrag Nr. 329 ()
      328,
      hättest du 327 gelesen,hättest du dir deine Polemik sparen
      können.
      Das willst du aber doch auch gar nicht,gell:)
      Auch bei dir vermisse ich den demographischen Faktor,der zumindest mit dem Beginn der Privatisierung anfängt.
      Ohne, wird es wie bei der Rente keine längerfristigen Lösungen geben,der Betrug an der Jungen Generation setzt sich fort.
      Avatar
      schrieb am 02.03.03 12:34:05
      Beitrag Nr. 330 ()
      Deep,im übrigen hast du völlig Recht,die Gesundheit als Wirtschaftsfaktor und Diebstleistung zu betrachten.
      Auf diesem Feld sehe ich aber auch keine wirklichen Fortschritte.
      Avatar
      schrieb am 02.03.03 12:36:26
      Beitrag Nr. 331 ()
      @ #326 von Punk24

      #321 würde zum völligen Zusammenbruch der Binnennachfrage führen. allein eine 50St woche hätte bei gleichbleibender Produktivität einen unmittelbaren anstieg der Arbeitslosigkeit auf 6-7 Millionen zur Folge.Das kann jeder nachrechnen, der die Grundrechenarten beherrscht.

      Tja, dann muss ich gestehen, dass ich die vier Grundrechenarten nicht verstehe. Diese Argumentation erinnert mich an die der Gewerkschaften: Durch Vorruhestand und Abbau der Wochenarbeitszeit die Arbeitslosigkeit abbauen und durch Erhöhung der Vergütung im öffentlichen Dienst die Binnenkonjunktur stärken. (Was natürlich alles großer Unsinn ist.)

      Mit Kürzung der Wochenarbeitszeit erhöht man die Kosten für den Faktor Arbeit: Denn a.) ist der Rückgang der Vergütung meist nur unterproportional im Vergleich zum Rückgang der Wochenarbeitszeit und b.) existieren Einarbeitungszeiten (Kaffee kochen, mit Kollegen quatschen, Rechner hochfahren, usw. usf.) - die effektive Arbeitszeit wird durch eine solche Maßnahme verringert.

      Insgesamt steigen damit die Kosten für den Faktor Arbeit und die Beschäftigung in Stunden in einer Volkswirtschaft sinkt.

      c.) Es gibt zusätzlich noch den Effekt, dass die "Zeitoptimierungs-Dienstleistungsjobs" verloren gehen (siehe unten).

      Eine Wochenarbeitszeit von 50 Stunden halte ich persönlich zu viel, aber tendenziell sehe ich dadurch den Vorteil, dass dadurch Jobs im Dienstleistungssektor entstehen, weil viele keine Zeit mehr haben, einzukaufen, zu putzen, zu waschen und zu bügeln (Einkaufshilfe, Putzfrau, Reinigungsdienst).

      Die quasi Streichnung der lohnfortzahlung (mehr als 2/3 aller krankheiten sind kürzer als 2 Wochen) würde unglaubliche Schäden an der volksgesundheit nach sich ziehen. kranke und halbtote würden sich aus wirtschaftlicher Not zur Arbeit schleppen, andere anstecken, unproduktiv arbeiten, noch kranker werden usw....

      Diese Fälle gibt es sicherlich. Es es gibt auch insbesondere im öffentlich Dienst ganz andere Fälle. Deine Antwort ist meiner Meinung nach deshalb zu einseitig.
      Avatar
      schrieb am 02.03.03 12:39:56
      Beitrag Nr. 332 ()
      Lars,die 50 Stunden waren eine Provakation,versteht ihr das nicht:laugh:

      Dennoch,und dies war die Botschaft von321,liegt darin ein Kern der Wahrheit verborgen;)
      Avatar
      schrieb am 02.03.03 13:56:54
      Beitrag Nr. 333 ()
      Beispiel:
      1000 Leute Arbeiten 40 Stunden die Woche = 40000 Arbeitsstunden.

      Wievile Leute brauche ich, wenn diese 50 wochenstunden arbeiten.

      Rechenweg:

      1000 x 40= X x 50......:50
      1000 x 40/50 = X = 800

      Der Rechenweg ist Stoff des 7. Schuhljahrs (gebe z.Zt. meinem 13.-jährigen Patenkind Mathe Nachhilfe ;) )

      Bei einer Erhöhung der Wochenarbeitszeit auf 50 Stunden kann in o.g. Beispiel auf 200 Arbeitnehmer verzichtet werden.

      Deuschland hat rund 28 Mill. Beschäftigte denen wir der Einfachheit halber eine Wochenarbeitszeit von 40St. unterstellen. Die Arbeitslosenzahl beträgt rund 4,5Mill.

      Nach o.g. Rechenweg erhalten wir bei einer 50 Stunden woche eine beschäftigtenzahl von

      28000000 x 40/5 = 22400000 = 22,4 Mill. Beschäftigte. Rechnerisch würde die Arbeitslosenzahl um 5,6 Mill. auf dann über 10 Mill. zunehmen.:eek:

      Es müsste unserer wirtschaft nach eurer Theorie also gelingen, durch kostenersparnis, entstanden durch arbeitszeitverlängerung, nicht nur die 5,6 Mill überflüssigen Arbeitsplätze an anderer Stelle zu schaffen (Dann hätten wir immer noch 4,5 Mill arbeitslose) sondern darüber hinaus noch weitere 1-1,5 Mill, also insgesamt rund 7 Mill Arbeitsplätze, um die Arbeitslosigkeit signifikant zu senken. Und das bei einer weltweiten Rezession.

      Seid ihr noch ganz bei trost :confused:

      Was ihr hier propagiert ist nicht nur Schwachsinn, sondern gemeingefährlich. Arbeitszeit kann man nur in starken wachstumsphasen verlängern.
      Avatar
      schrieb am 02.03.03 14:08:03
      Beitrag Nr. 334 ()
      optimalisty
      deine "Provokation" der 50-Stunden-Woche ging voll daneben!
      Wer glaubst du leistet die Arbeit für die Entlassenen?
      Avatar
      schrieb am 02.03.03 14:09:54
      Beitrag Nr. 335 ()
      Punk,Theorie in der Mathematik und Praxis in der Betriebswirtschaft sind 2 Paar Steifel;)

      -wird die Zahl x länger gearbeitet,kann die Produktion um x
      erhöht werden.Dadurch sinken die Kosten um x,die Produkte können um x billiger angeboten werden,was zum einen x-fach höheren Verkauf führt,da konkurrenzfähig.

      Belassen wir alles beim alten,gibt es durch die y-Explosion der LN,die gerade erst beginnt,eine y-Steigerung der Arbeitslosen,da durch y die Arbeitskoste
      ständig erhöht werden,weniger y-Absatz,............

      Do you checking?
      Avatar
      schrieb am 02.03.03 14:10:56
      Beitrag Nr. 336 ()
      Stella, ich krieg dir schon noch:)
      Avatar
      schrieb am 02.03.03 14:11:19
      Beitrag Nr. 337 ()
      #304
      "Nicht nachvollziehbar ist für mich, dass es KVs gibt, die mit einem Beitragssatz von 12,2 % auskommen und anderen sind 15 % noch zu wenig."

      ...da ist ein gewaltiger Unterschied zwischen z.B. 12,2% von 3.450EUR+ für einen Besserverdiener (auch mit Ehefrau und Kinder) bei einer BKK und 15% (eigentlich noch weniger) von 800EUR für einen Rentner (oder vielleicht sogar 2 Rentner wenn Ehepartner kostenlos mitversichert ist) bei der AOK. Renter zahlen halt kaum Beiträge (auch wenn sie viel Vermögen besitzen - ob selbst erarbeitet oder geerbt)und verursachen dafür hohe Kosten....das war aber vor Jahren schon vorherzusehen (s. Demografie in Deutschland) - und die Rentner haben schon jahrelang während des Arbeitslebens höhere Beiträge ins GKV-System einbezahlt und dabei die damaligen Rentner `unterstützt`.

      yd
      Avatar
      schrieb am 02.03.03 14:14:11
      Beitrag Nr. 338 ()
      optimalisty
      und jetzt betrachte dies mal vor dem Hintergrund, dass diese "Überstunden" nicht bezahlt werden!
      Avatar
      schrieb am 02.03.03 14:19:14
      Beitrag Nr. 339 ()
      und wer soll das mehr produzierte Zeug dann kaufen :confused:

      die Billiglohn-Nigger, die 500 EUR im Monat verdienen :laugh:

      Der von dir gewünschte effekt tritt zur in wachstumsphasen ein, nicht aber in einer Rezession.

      Ich wäre auch mal für eine nachvollziehbare gegenrechnung dankbar. durch logisch fundierte Argumente lasse ich mich nämlich überzeugen.

      diese Gegenrechnung sollte veranschaulichen, wie genau die rechnerisch überflüssigen arbeitsplätze, durch kostenerparnis überkompensiert werden. Ich warte...;)
      Avatar
      schrieb am 02.03.03 14:22:26
      Beitrag Nr. 340 ()
      Stella,nach meinen Vorstellungen werden sie bezahlt:)
      s.Abgrund-thread aus 2000,gelesen?
      Beispiel:5 Stunden Arbeitszeitverlängerung,abgabenfrei.
      2,5 Std.für den AG,2,5Std erhält AN netto ausbezahlt.
      Folge,Reduzierung der Anfahrtskosten,billiger bedeutet im jeden Fall Reduzierung der Schwarzarbeit.höheres Gehalt stärkt die Binnenwirtschaft,..........
      Rest,s.335:)

      Stella, in vielen Bereichen hängen die Überstunden auch mit dem Fehlen von Qualifizierten zusammen.
      Wer die Struktur der Arbeitslosen und Sozialhilfeempfängern
      mal objektiv betrachtet,kann zu keinen anderen Ergebnissen
      kommen.Hierbei bitte mein Gesamtkonzept betrachten.
      Avatar
      schrieb am 02.03.03 14:24:46
      Beitrag Nr. 341 ()
      Punk,du machst dich lächerlich,merkst du das denn nicht?
      Die billigeren Waren lassen sich nicht verkaufen(s.Export),aber deine teureren schon:confused:
      Mann o Mann,schalt mal dein Hirn ein!:eek:
      Avatar
      schrieb am 02.03.03 14:25:20
      Beitrag Nr. 342 ()
      @yankee_doodle
      Ich glaube, du unterliegst einem Trugschluß! Kürzlich habe ich eine Statistik gelesen, dass Rentner ab 65 oder 70 wesentlich geringere Kosten verursachen als z. B. ein 40- oder 50jähriger! Die Auftraggeber dieser Statistik hat das Ergebnis selbst überrascht!

      Die Beitragsregelung der Rentner ist mir nicht bekannt. Tatsache ist, dass die Rentner von heute, die Rentner von gestern mitfinanziert haben, das nennt man wohl doch Generationenvertrag. Und dieser sollte aufgrund der demographischen Entwicklung "aufgekündigt" werden, da auf Dauer nicht finanzierbar.

      Möglich wäre sehr wohl, das Gesamteinkommen für die Beitragsberechnung zugrunde zu legen. Damit gewinnt man aber keine Wählerstimmen, wenn`s an die Pfründe geht.
      Avatar
      schrieb am 02.03.03 14:31:03
      Beitrag Nr. 343 ()
      @ opti: Deutschland hat (noch) kein Exportproblem, es sei denn, der € steigt weiter.

      Deutschland hat aber ein Problem mit der Binnennachfrage.

      Immerhin zeigst du in #340 erste gute Ansätze;).

      Meine Frage aus #339 beantwortet dies aber nicht hinreichend. Ich werde es in einer ruhigen selbst Stunde versuchen.

      Für heute ist jetzt aber Schluss mit W:O....:)
      Avatar
      schrieb am 02.03.03 14:33:04
      Beitrag Nr. 344 ()
      Punk,es gibt genügend Beispiele mittelständischer Unternehmen,die genau diesen Weg erfolgreich gegangen sind,alternativ(halt ich für ungünstiger,weniger Lohn,da sind wir uns einig?!),es wurden Entlassungen verhindert.
      Die Mehrproduktion verhalf zu günstigeren Stückkosten,was zu mehr Wettbewerbsfähigkeit führte,die Auftragszahlen stiegen.
      Viele dieser Unternehmen haben mittlerweile neue Arbeitsplätze geschaffen!
      Avatar
      schrieb am 02.03.03 14:36:03
      Beitrag Nr. 345 ()
      Ein letztes zur Binnennachfrage:
      Diese wird es dann wieder anziehen,wenn die Deutschendie Produkte die sie herstellen, selbst wieder bezahlen können.
      Ergo liegt auf der Hand,was zun ist!
      Avatar
      schrieb am 02.03.03 14:45:32
      Beitrag Nr. 346 ()
      optimalisty
      Die Unternehmen können nicht einerseits Mitarbeiter entlassen und andererseits die dadurch anfallende Mehrarbeit bezahlen! Passt doch nicht, oder? Es muss gespart werden, zumindest vorübergehend! Und das Sparen bedeutet auch "Nullrunde"!

      Deine Vorstellungen in allen Ehren, nur leider entsprechen sie nicht unbedingt der Realität - meine Erfahrung!

      Dass das Fehlen qualifizierter Mitarbeiter zu Überstunden führt, mag noch vor einigen Jahren Gültigkeit gehabt haben, m. E. aber heute nicht mehr.
      Avatar
      schrieb am 02.03.03 14:48:24
      Beitrag Nr. 347 ()
      Vielleicht können wir mal wieder zum Thema zurückkehren? :(

      Es ging hier mal um das dt. Gesundheitssystem....
      Avatar
      schrieb am 02.03.03 14:49:00
      Beitrag Nr. 348 ()
      du hast mich nicht verstanden:cry:
      Avatar
      schrieb am 02.03.03 14:52:38
      Beitrag Nr. 349 ()
      347,wieso:confused:
      kannste wohl da nicht mitreden:laugh:
      dat hängt doch alles zusammen:eek:
      erst wenn ihr das mal kapiert,lohnen sich eigentlich erst Diskussionen:)
      Avatar
      schrieb am 02.03.03 14:58:19
      Beitrag Nr. 350 ()
      Deep,ich mach Schluss,kannst wieder kommen:)
      Helau und Alaaf,Niro-Nira oder wie dat heisst:kiss:
      Avatar
      schrieb am 02.03.03 16:04:33
      Beitrag Nr. 351 ()
      um mal wieder beim thema anzufangen:


      Die Gründe für das Problem im gesundheitswesen sind durchaus inzwischen hier vielschichtig beleuchtet.
      Aktienkrieger hat Recht, wenn er der dieser Bundesregierung wie denen zuvor ebenso völlige Konzeptionslosigkeit vorwirft.

      Der Vorschlag der Beitragspflicht für nichterziehende Ehepartner ist das erste, was in die Nähe eines Reformgedankens auf Mikro-Ebene käme.

      Die "Suche nach den üblichen Verdächtigen" greift zu kurz.

      Aufgrund der gigantischen Wirtschaftskraft des Gesundheitssystems könnte eine gelungene reform auch einen starken positiven Schub auslösen.

      denn letztlich handelt es sich um eine - wenn auch äusserst komplexe - Kombination von Dienstleistung mit enormem sekundärem Investitionsvolumen und 4 Millionen Beschäftigten !!! und einem jährlichen gesamtvolumen von ca. 300 Milliarden EURO !!!
      Das ist allein ca. 3-4 mal so viel wie die Höhe der Beschäftigten der gesamten, sorgsam gepäppelten Autoindustrie.

      Die Politik hat immer noch nicht verstanden, daß Leistungen des Gesundheitssystems

      1)nichts anderes als ein Produkt ist, welches auf einem Markt verkauft wird.

      2) einen gigantischen LOHNANTEIL hat (ca. 65%) und daher eine der Schlüssselrollen bei KAmpf gegen die Arbeitslosigkeit spielt - einzig die Politik wird bestimmen, ob im positiven oder im negativen Sinne!

      3) langfristig Folgekosten unserer Gesellschaft "Kriegsentscheidend" (positiv oder negativ) beeeinflusst - im Sinne eines "Krieges um das Überleben im Wirtschaftskampf der Nationen" . DAmit meine ich jedoch NICHT so sehr die unittelbaren Lohnnebenkosten, sondern die Sekundärkosten einer effizienten Aufrechterhaltung der Gesundheit unserer NAtion und eine effiziente Versorgung alter und chronisch kranker Menschen.

      4) Unser Gesundheitssystem ein "Exportschlager" ist:

      Leider derzeit hauptsächlich beim Export excellent ausgebildeter Ärzte und beim Export von Kaufkraft (der Versicherten) . Es könnte jedoch der bereits (auf niedrigem Niveau) existierende IMPORT VON NACHFGAGE AUSLÄNDISCHER VERSICHERTER im Wert von vielen, vielen Milliarden Euro aus Ländern mit schlechterer Versorgung erfolgen.


      Politiker heutiger zeit haben halt keine Visionen - sie haben nur noch verdrängungsmecahnismen und Leugnen "erfolgreich" FAkten, die man nur endlich zur Kenntnis nehmen sollte. Und zum Anlaß, die Ärmel hochzukrempeln.

      Sämtliche politiker aller Couleur sind keine Visionäre, keine Planer; sie haben sich Lichtjahre von der Kunst des Gestaltens entfernt und beherrschen nur noch die Formen der Triebabfuhr Im RAhmen des täglichen lustigen gegenseitigen Denunzierens.


      Gruß

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 02.03.03 19:36:02
      Beitrag Nr. 352 ()
      @DeepThought
      warum funktioniert eine Wirtschaftskraft wie die Autoindustrie, nicht aber diese "gigantische Wirtschaftskraft des Gesundheitssystems"?
      Ich sehe da beim besten Willen keinen Zusammenhang!

      Visionen sind derzeit nicht angebracht, auch nicht die Kunst des Gestaltens.
      Das Gesundheitssystem ist am Ende, nur hat keiner den Mut das deutlich zu sagen.
      Die "Zielgruppe", nenne das wie du willst, Beitragszahler oder Patient, wurde jahrzehntelang den Lobbies der Ärzte, Pharmakonzerne und Apotheken ausgeliefert und abgezockt. Nun gibt es mehr vermutlich mehr Patienten als Beitragszahler, nun schreit die Lobby, da das "Ende der Fahnenstange" - einkommensmäßig - erreicht ist! Und nun wird um Verständnis geheischt, bei denen, die man abgezockt hat.

      Ärzte haben Medikamente verschrieben, die nicht notwendig waren, Ärzte haben Medikamente verschrieben die unverträglich waren, Ärzte haben sonstige Anwendungen verschrieben, die überflüssig waren, Ärzte haben Kuren verschrieben, weil ein "Anspruch" alle zwei Jahre bestand. Pharmakonzerne haben überteuerte Preise verlangt, Apotheken haben sich ihre Lobby bezahlen lassen.

      Und was deinen Punkt 2 anbelangt, ist ein Arbeitsloser aus der Autoindustrie wesentlich teurer als eine arbeitslose Sprechstundenhilfe, MTA, Krankenschwester oder Pfleger, denn die werden/wurden mit Hungerlöhnen abgespeist. Vor diesem Hintergrund zieht dein Argument nicht.

      Freuen können wir uns allerdings, dass wir noch immer in der Lage sind eine exzellente Ausbildung der Ärzte zu gewährleisten und sich diese zum Exportschlager entwickelt haben. Evtl. sollte man sich diesbezüglich einen "Ausfuhrzoll" überlegen. Dann wäre unser Gesundheitssystem saniert.
      Avatar
      schrieb am 02.03.03 19:51:00
      Beitrag Nr. 353 ()
      Stella,
      du leidest an der gleichen Krankheit wie Deep,Einäugigkeit.

      Damit machst du deine guten Ansätze zu nichte!

      Die armen Patienten und BZ haben natürlich mit den von dir beschriebenen Vorgängen absolut nichts zu tun,wurden wahrscheinlich zu den Kuren und Medikamenten von dunklen Mächten gezwungen:eek::confused:
      Avatar
      schrieb am 02.03.03 20:07:56
      Beitrag Nr. 354 ()
      optimalisty
      welche guten Ansätze :confused:
      was ist BZ?
      Avatar
      schrieb am 02.03.03 20:09:24
      Beitrag Nr. 355 ()
      BZ,Beitragszahler
      Was du schreibst stimmt schon,ist aber nur die halbe Wahrheit;)
      Avatar
      schrieb am 27.03.03 15:59:39
      Beitrag Nr. 356 ()
      Bereits vor fast 2 Jahren habe ich unser Gesundheitssystem als Exportschlager bezeichnet, und darauf hingewiesen, dass man jede Menge Patienten ilportieren kann auf diesen riesigen deutschen Markt mit immerhin 4 Mio. Beschaeftigten und ueber 300 Mio Euro (!) Umsatz/Jahr...

      Hier die Bestaetigung, wie einfach und schnell das bereits frueher haette gehen koennen, wenn die Politik die Weichen gestellt haette.

      Das haette auch ohne Krieg sein koennen!

      Aus dem Spiegel (in Auszuegen)


      "Auf Grund des amerikanischen Vorgehens gegen den Irak haben sich die Aufträge an deutsche Firmen in den letzten Monaten massiv verstärkt", beobachtet Peter Heinz, Vorstandssprecher der auf Handelsfinanzierung spezialisierten Arab Bank in Frankfurt am Main. Besonders aus Saudi-Arabien kämen derzeit viele Anfragen.

      Allein im vergangenen Jahr verkauften die Deutschen den Saudis Waren im Wert von 3,4 Milliarden Euro - ein Plus von 14 Prozent. Hingegen sackten die Exporte der amerikanischen Konkurrenz im wichtigsten Wüstenstaat 2002 um 20 Prozent auf 4,8 Milliarden Euro ab.

      "Es gibt hier derzeit eine große Neuorientierung Richtung Deutschland", sagt Manfred Rothgänger, Delegierter der Deutschen Wirtschaft in Saudi-Arabien.

      Rothgängers Kollegen in den Vereinigten Arabischen Emiraten bestätigen das deutschlandfreundliche Klima. Schröders Politik wirke "wie eine Exportförderung", sagt Jürgen Friedrich von der Handelskammer in Dubai. Die Widerstände gegen Bushs Politik bekommt Friedrichs Truppe hautnah mit. Es kämen bereits "Anfragen von lokalen Firmen, die wissen wollen, ob ein bestimmtes amerikanisches Produkt auch durch eine deutsche Firma geliefert werden kann".

      Den mit Abstand spektakulärsten Krisengewinn verzeichnet jedoch das deutsche Gesundheitswesen. Seit den Terroranschlägen im Jahr 2001 boomt vor allem eines: der Tourismus reicher Kranker aus den Golfstaaten.

      Noch vor zwei Jahren kontrollierten die Amerikaner in der Region einen Weltmarktanteil von 68 Prozent. Inzwischen kämpfen alle US-Kliniken mit massiven Einbrüchen. "
      Avatar
      schrieb am 27.03.03 16:33:36
      Beitrag Nr. 357 ()
      #340 @opti

      sag, opti
      habe ich den vorschlag richtig verstanden?
      5 stunden mehrarbeit, davon erhält der an 2,5 std(netto).
      der ag ebenfalls 2,5 std(netto?).

      ich sehe hier für den an einen (lohn)abzug von nur 50%.

      oder was habe ich mißverstanden
      Avatar
      schrieb am 14.04.03 09:51:19
      Beitrag Nr. 358 ()
      Krankenkassen müssen für Eltern von Ausländern in deren Heimat zahlen

      Behandlung in der Türkei und auf dem Balkan - Deutsche benachteiligt

      von Jochen Kummer

      Berlin -

      Deutsche Krankenversicherungen müssen für Familienmitglieder
      ausländischer Arbeitnehmer die Kosten für ambulante und stationäre
      Behandlungen bezahlen - selbst wenn diese gar nicht in Deutschland
      wohnen, sondern in ihrem Heimatland. Das gilt sogar für viele Eltern
      von in Deutschland krankenversicherten Ausländern aus der Türkei und
      den Nachfolgestaaten Jugoslawiens.

      Diese bisher weithin unbekannte Ausweitung der kostenlosen
      Mitversicherung wurde in dieser Woche vom Parlamentarischen
      Staatssekretär Franz Thönnes (SPD) aus dem
      Bundesgesundheitsministerium auf Grund einer Anfrage der Abgeordneten
      Erika Steinbach (CDU) enthüllt.

      Im Namen der Bundesregierung bestätigte der Staatssekretär: In der
      Türkei, in Bosnien und Herzegowina, Serbien und Montenegro lebende
      Eltern eines in Deutschland krankenversicherten ausländischen
      Arbeitnehmers haben Anspruch auf Leistungen aus der
      Krankenversicherung. Der Kreis der Anspruchsberechtigten richte sich
      nach den Rechtsvorschriften des Wohnsitzstaates der
      Familienangehörigen. Grundlage seien, so Thönnes, ein
      deutsch-türkisches Abkommen vom 30. April 1964 sowie ein
      deutsch-jugoslawisches Abkommen vom 12. Oktober 1968.

      Frau Steinbach fordert jetzt, diese Bevorzugung ausländischer
      Familieangehöriger in der kostenlosen Mitversicherung deutscher
      Krankenkassen abzuschaffen: "Deutschen Krankenversicherten ist die
      Einbeziehung von Eltern in die Familienmitversicherung verwehrt." Bei
      Deutschen dürften nur Ehegatten, Lebenspartner und Kinder beitragsfrei
      in die Familienversicherung aufgenommen werden.

      So funktioniert laut Thönnes die Hilfe: Die in den erwähnten Staaten
      lebenden Familienangehörigen erhalten im Krankheitsfall zunächst
      Leistungen der Krankenversicherung des Wohnsitzstaates. Die Kosten
      werden anschließend von der deutschen Versicherung erstattet. Das
      geschehe je Familie in monatlichen Pauschbeträgen, die jährlich
      vereinbart würden. Die Eltern eines Versicherten seien
      anspruchsberechtigt, wenn sie im Wohnsitzstaat nicht selbst auf Grund
      einer eigenen Versicherung oder der Versicherung einer anderen Person
      leistungsberechtigt sind und der Versicherte ihnen gegenüber
      unterhaltspflichtig ist. In der Türkei habe sich der vereinbarte
      Monatspauschbetrag für die Betreuung einer Familie 1999 auf
      umgerechnet 17,75 Euro belaufen. Wohnten die Angehörigen in
      Deutschland, ist es erheblich teurer. Die Gesamtsumme, wie viel die
      deutschen Krankenkassen jährlich auf Grund dieser Regelungen in das
      Ausland zahlen, nannte der Staatssekretär nicht.

      Nach Ansicht von Frau Steinbach muss diese Ungleichbehandlung "im Zuge
      der Umstrukturierung des Gesundheitswesens für ein Sparprogramm
      beseitigt werden". Staatssekretär Thönnes betont dagegen, die
      Bundesregierung plane "insoweit" keine Änderung der Abkommen mit der
      Türkei und des ehemaligen Jugoslawien.

      Außerdem kritisiert Frau Steinbach, dass die Bundesregierung das
      Gesamtvolumen für diese Versicherungsausgaben verschweigt: "Die Zahlen
      müssen auf den Tisch."

      Artikel erschienen am 13. Apr 2003

      Artikel drucken

      © WAMS.de 1995 - 2003

      Vollständige Url des Artikels: http://www.wams.de/data/2003/04/13/72368.html
      Avatar
      schrieb am 14.04.03 12:27:56
      Beitrag Nr. 359 ()
      Herrlich Pervers das System der GKV :laugh:
      Avatar
      schrieb am 22.04.03 20:17:50
      Beitrag Nr. 360 ()
      Ist eigentlich inzwischen bekannt, wieviele Kosten da jährlich abfliessen?
      Avatar
      schrieb am 22.04.03 20:21:24
      Beitrag Nr. 361 ()
      Schön, daß die CDU sowas auch aufdeckt und abschaffen will.
      Avatar
      schrieb am 25.04.03 15:51:43
      Beitrag Nr. 362 ()
      SPIEGEL ONLINE - 25. April 2003, 9:59
      URL: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,246071,00.html
      Prognose zum Gesundheitssystem

      "Schon 2010 droht der Kollaps"

      Der Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, Mitglied der Rürup-Kommission, wagt sich erneut mit einem Unheilsszenario an die Öffentlichkeit. Aus seiner Sicht droht dem nationalen Gesundheitswesen schon in sieben Jahren der Untergang.


      DDP

      Operation in Marburger Klinik: "Wir sind ins Mittelmaß abgerutscht - in Forschung und Praxis"


      Köln - Die Deutschen gingen zu oft unnötig zum Arzt, die jungen Beitragszahler fehlten, die Krankenkassen hätten kein Konzept: Aus Sicht des Sozialexperten läuft im deutschen Gesundheitssystem offenbar so ziemlich alles falsch, was falsch laufen kann. "Ohne massiven Umbau ist das System nicht überlebensfähig, schon 2010 droht der Finanzkollaps", sagte das Mitglied der Rürup-Kommission der "Bild"-Zeitung.

      Lauterbach ist Direktor des Kölner Instituts für Gesundheitsökonomie. Er hatte sich schon mehrfach öffentlich über das Gesundheitswesen und Reformideen geäußert und damit aus Sicht von Kritikern die Arbeit der Rürup-Kommission belastet.

      Der "Bild" sagte er nun, die Gesundheitskosten in Deutschland lägen fast ein Drittel über dem europäischen Schnitt. Zudem sei von den 520 Millionen Arztbesuchen der Deutschen im Jahr jeder vierte vermeidbar. Auch würde hier zu Lande zu wenig für die Prävention getan. Die Kassen wendeten weniger als ein Prozent ihrer Mittel für Vorbeugemaßnahmen wie Raucherentwöhnung, Ernährungsberatung oder Fitness-Programme auf.

      Insgesamt sei deshalb zu beobachten, dass das deutsche Gesundheitssystem europaweit keinen Spitzenplatz mehr einnehme: "Wir sind ins Mittelmaß abgerutscht - in Forschung und Praxis". In Deutschland stürben mehr Menschen an den Folgen von Herzinfarkt, Schlaganfall, Darmkrebs und Brustkrebs als in Frankreich, Schweden, Belgien oder Spanien. Nur jeder zweite Diabetes- und Bluthochdruck-Patient werde optimal behandelt.


      ____________________________________________________


      Herr Lauterbach (uebrigens nicht voll approbierter Arzt, hat nicht mal die Erfahrung eines AIP machen wollen) , dessen Institut lange Untermieter in den Raeumlichkeiten der AOK war (soviel zur Unabhaengigkeit)

      hat vermutlich nie die Realitaeten in anderen Laendern erfahren muessen.

      Wir brauchen Mahner, Veraenderer und Mutige, um ein Gesundheitssystem, welches AUF DER FINANZIERUNGSSEITE in Bedraengnis geraten ist, wiedfer zukunftssicher zu machen und es gibt in der Tat auch bei der Qualitaet noch viel Verbeserungsbedarf.

      Aber wer allen Ernstes meint, unsere deutschen gesundheitsleistungen seien denen Frankreichs oder auch anderer Laender unterlegen, sollte einfach mal in den betreffenden Laendern Besuche machen.... Statistiken sind nicht alles, denn es gilt den selection bias bei der Erhebung der Laenderdaten zu beruecksichtigen.

      <Ich persoenlich glaube, Herr Lauterbach hebt leider in einer milden Form des Groessenwahns ab und sollte weniger Kontakt zu unfaehigen Politikern wie Frau Schmidt und mehr Kontakt zu kritischen und avandgardistischen Aerzten pflegen, die im Gegensatz zu ihm Ahnung von der Realitaet haben....
      Avatar
      schrieb am 25.04.03 16:02:16
      Beitrag Nr. 363 ()
      Lauterbach hat doch schon das absolut richtige Rezept gebracht, mit dem das gesundheitswesen geheilt werden wird: es wird diese neue Kontroll- und Qualitätsbehörde geben.
      Und ganz überraschend ist auch schon mal in diversen Zeitungen der Name des ersten Chefs dieser Behörde von Ulla`s Gnaden bekannt geworden: Lauterbach

      Bald müsste ja jeder in Deutschland einen Kommissionsplatz haben und dann eröffnen sich natürlich Chancen.
      Avatar
      schrieb am 25.04.03 16:06:47
      Beitrag Nr. 364 ()
      Im Jahre 1994 unter Seehofer/CDU hatten die gesetzlichen Krankenkassen noch einen Überschuss von 50 Millionen Euro.

      Seit der SPD/Grüne Regierung machen die Kassen nur noch Defizite, zuletzt im Jahre 2002 rund 3 Milliarden Euro!
      :mad: :mad: :mad:
      Avatar
      schrieb am 03.05.03 13:43:30
      !
      Dieser Beitrag wurde vom System automatisch gesperrt. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an feedback@wallstreet-online.de
      Avatar
      schrieb am 09.05.03 09:03:00
      Beitrag Nr. 366 ()
      Und die Talente gehen massenweise ins Ausland, streben erst garnicht mehr eine klinische Karriere an und stimmen seit vielen Jahren (unter ALLEN Parteien, die allesamt versagt haben) mit den Fuessen ab:


      SPIEGEL ONLINE - 08. Mai 2003, 12:23
      URL: http://www.spiegel.de/unispiegel/jobundberuf/0,1518,247663,0…

      Mediziner-Mangel

      Der Kampf um Talente

      Die deutschen Krankenhäuser brauchen dringend Medizinernachwuchs. Doch junge, gut ausgebildete Ärzte sind ausgesprochen rar. "Wir haben einen War for Talent", sagt Peter Windeck, Headhunter bei der Personalberatung Kienbaum, im SPIEGEL ONLINE-Interview.

      SPIEGEL ONLINE: Sie sind selbst Mediziner und Chefheadhunter "Health Care" bei Kienbaum in Hannover. Noch Mitte der achtziger Jahre warnte man vor einer Ärzteschwemme, jetzt warnen Sie und andere vor einem Ärztemangel. Wie schlimm ist die Situation wirklich?


      Headhunter Peter Windeck: "Dramatischer Mangel an jungen Ärzten"


      Peter Windeck: Der Ärztemangel ist dramatisch. Die Zahl der Medizinabsolventen ist in den vergangenen Jahren deutlich gesunken. Der Bedarf an jungen Ärzten steigt dagegen. Insgesamt bleiben in diesem Jahr rund 2000 dringend benötigte Stellen im ärztlichen Dienst vakant, weil es die Bewerber einfach nicht gibt. Alarmierend ist auch die Zahl der Facharztanerkennungen, die um ein Viertel zurückgegangen ist. Und: Im Jahr 2000 standen 9000 Studienabsolventen nur noch 7000 AIP-Phasen gegenüber. Der Ärztenachwuchs wird einfach immer weniger.

      SPIEGEL ONLINE: Was sind die Gründe für diese Entwicklung?

      Windeck: Das ist schwer zu sagen. Bis in die neunziger Jahre hinein war es tatsächlich schwer, einen Job als Assistenzarzt zu bekommen. Damit hat sich offenbar auch das Bewusstsein bei den Medizinstudenten geändert. Viele haben sich neuen Berufsfeldern geöffnet und lehnen eine klassische Krankenhauslaufbahn ab. Hinzu kommt, dass der ärztliche Dienst im Krankenhaus mit anderen Branchen konkurriert. Ein Assistenzarzt - mit vergleichbarer Ausbildung - verdient heute weit weniger als ein Berufseinsteiger in der Wirtschaft. Außerdem herrschen in vielen Krankenhäusern nur mäßige Arbeitsbedingungen. Die Arbeitszeiten sind lang, es gibt starke Hierarchien und viel zu wenig Förderung und Weiterbildung. Das schreckt sehr viele ab.

      SPIEGEL ONLINE: Wo ist der Mangel an Ärzten am stärksten zu spüren?


      DPA

      War for Talent: Besonders Assistenzärzte werden gesucht


      Windeck: Es werden jetzt vor allem viele Assistenzärzte gesucht. Die Lage in den Ballungsräumen ist noch nicht ganz so schlimm. Aber in den ländlichen Gebieten ist die Situation dramatisch - besonders in den neuen Bundesländern. Auch bei den Oberärzten gibt es einen Mangel. So kommen auf jeden Bewerber vier bis fünf offene Stellen. Und schließlich haben wir bei den Chefärzten einen Generationswechsel zu verzeichnen. Also wird es auch da weitere Vakanzen geben. Das Problem: Wenn schon an der untersten Hierarchiestufe gute Mediziner fehlen, dann wird es später auch die Ober- und Chefärzte treffen. Und dann gehen uns irgendwann die Top-Leute aus.

      SPIEGEL ONLINE: Wie hat sich das Berufsbild des Arztes in den vergangenen Jahren verändert?

      Windeck: Die Krankenhäuser wandeln sich vom regulierten Trägersystem zum sozialen Dienstleistungsunternehmen. Das heißt nicht, dass junge Ärzte gleichzeitig Kaufleute sein müssen. Aber sie sollen zumindest über betriebswirtschaftliche Grundkenntnisse verfügen. Denn später als Ober- oder Chefarzt steht man oftmals vor Aufgaben, die denen von Managern in der Industrie sehr stark ähneln.

      SPIEGEL ONLINE: Sie sind als Headhunter im Auftrag von Krankenhäusern unterwegs und suchen für Ihre Kunden unter anderem Assistenzärzte. Welche Probleme gibt es beim Recruitment von jungen Ärzten?

      Windeck: Der Health Care Bereich ist momentan einer der wenigen Wirtschaftssektoren, auf dem in Deutschland ein "War for Talent" geführt wird. Die Zahl der qualifizierten Bewerber nimmt kontinuierlich ab, Arbeitsaufwand und Anforderungen steigen dagegen. Die Krankenhäuser stehen vor der ambivalenten Situation, dass sie trotz betriebswirtschaftlicher Zwänge und unattraktiven Rahmenbedingungen qualifizierte Fach- und Führungskräfte rekrutieren müssen. Das ist das Dilemma.
      Avatar
      schrieb am 23.05.03 08:22:00
      Beitrag Nr. 367 ()
      Die erste Krankeversicherung soll nun um 0,8% erhöhen und die anderen sollen folgen.

      Wenn ich betrachte, was die SPD vor der Wahl zu dem Thema versprochen hat ...

      Die Sache mit dem Rauchen wird auch nicht das bringen, was die einkalkuliert haben - die gehen immer von c.p. Betrachtungen aus bei deren Planungen als ob Erhöhungen nicht auch Effekte bringen würden. Schlimm ist das, was in dieser sogenannten regierung abgeht
      Avatar
      schrieb am 25.05.03 08:40:47
      Beitrag Nr. 368 ()
      ..und wieder eine schallende Ohrfeige für Ulla Schmidt:


      Pharmakologen lehnen Positivliste in derzeitiger Form ab

      MAINZ. Die Arbeitsgemeinschaft der planmäßigen Professoren in der Deutschen
      Gesellschaft für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie
      (DGPT) hat die Positivliste in ihrer derzeitigen Gestaltung abgelehnt.

      In einer Stellungnahme forderten die Professoren einstimmig, Arzneimittel ohne
      wissenschaftlichen Wirkungsnachweis aus der Erstattungspflicht der
      Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) herauszunehmen.

      Gleichzeitig sollte sichergestellt werden, dass GKV-Versicherte Arzneimittel und Impfstoffe mit wissenschaftlich erwiesener Wirkung und großer therapeutischer Bedeutung trotz höherer Kosten weiterhin erhalten.
      /hil
      Avatar
      schrieb am 25.05.03 08:55:52
      Beitrag Nr. 369 ()
      Wer Hoppe kennt, weiß, daß der MAnn absolut seriös ist.

      In seiner Rede vor dem Deutschen Ärztetag hat er Punkt für Punkt knallhart-sachlich die "Reform" von Ulla Schmidt auseinandergenommen und vor den schlimmen Folgen eines so halbgaren Vorhabens gewarnt.

      Ich habe das live gehört (Phoenix) und war über seine Sachlichkeit, die allerdings für jemand mit der Inkompetenz und intellektuellen "Fähigkeit" Ulla Schmidts ziemlich hart sein muss, beeindruckt.

      Klar, daß Ulla, die man dabei mit verzerrtem Grinsen unruhig auf ihrem Sitz herumrutschen sah, die KORREKTE zentrale Aussage von Hoppe, daß sich die Politik nicht traue, Rationierung im Gesundheitswesen als solche zu bezeichnen und stattdessen diese Aktion unter dem potempkinschen Terminus "Qualitätssicherung" laufen lassen würde, nicht auf die vielen zutreffenden Sachargumente, die seine Hoppes eingeht, sondern nur einen auf beleidigt macht... :rolleyes:
      zu mehr reicht es bei Schmidt eben nicht...

      Die Reaktion Schmidts zeigt nur, daß sie sich zu recht ertappt fühlt :laugh: und daß sie Argumente von reformwilligen Kennern des Gesundheitssystems lieber weiter ignoriert, damit auch der letzte Bereich Deutschlands, der Weltruf hat, lustvoll zerstört werden kann und die über 4 Mio Arbeitsplätze NOCH mehr gefährdet werden.

      Die Diffamierung von Andersmeinenden als "BÖSE" :laugh: ist ziemlich interessant....

      Damit ist sie rhetorisch wie auch intellektuell auf dem Niveau von George W.Bush identifiziert.






      P O L I T I K
      Schmidt weist "böse Vorwürfe" Hoppes zurück :laugh:



      Ulla Schmidt / dpa

      BERLIN/KÖLN. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) wehrt sich vehement gegen Anschuldigungen von Ärztepräsident Jörg-Dietrich Hoppe. Dieser hatte der Regierung am Dienstag in einer Rede auf dem 106. Deutschen Ärztetag in Köln vorgeworfen, sie steuere mit ihrer Gesundheitsreform auf eine Rationierung medizinischer Leistungen zu.

      Auch "nach wiederholtem Nachlesen" könne sie nicht erkennen, "dass dieser böse Vorwurf :laugh: ein Ausrutscher im Eifer der Debatte war", schrieb Schmidt am 21. Mai in einem Brief, der der Nachrichtenagentur ddp vorliegt. Vielmehr sei der Vorwurf "wider besseren Wissens" von Hoppe in die Welt gesetzt worden.

      Mit der Gesundheitsreform würden die Voraussetzungen geschaffen, damit die verschiedenen Ärztegruppen künftig besser miteinander kooperierten und jeder Euro im System nutzbringend verwendet werde.

      "Das hat mit Rationierung nichts zu tun" :laugh: , betonte die Ministerin. Zugleich zeigte sie sich "enttäuscht" :laugh: vom Verhalten Hoppes. In einem Brief vom 15. Mai zur Bewertung eines zuvor stattgefundenen Treffens habe er "einen solchen zentralen und bösen Vorwurf nicht erhoben". /
      Avatar
      schrieb am 25.05.03 09:06:56
      Beitrag Nr. 370 ()
      Hoppe: "Wir bleiben unserer Linie treu"


      Berlin (14.05.2003): "Einer Modernisierung des Gesundheitswesens, die auf institutionelle Fremdbestimmung und Qualitätsdumping setzt, erteilen wir eine klare Absage", kommentierte der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe, den jüngsten Arbeitsentwurf des Bundesgesundheitsministeriums für ein "Gesundheitssystem-Modernisierungsgesetz" vor dem anstehenden 106. Deutschen Ärztetag in Köln. "Mit den jetzt geplanten Regelungen will das Ministerium offenkundig eine Prüf- und Überwachungsbürokratie installieren, die der Vertrauensbeziehung zwischen Patient und Arzt grundsätzlich misstrauisch begegnet. Anders lässt sich dieser Hang zur Administrierung der Abläufe im Gesundheitswesen gar nicht erklären", sagte Hoppe. Er sehe aber auch positive Ansätze, beispielsweise die vorgesehene Steuerfinanzierung versicherungsfremder Leistungen und die Aufwertung der hausärztlichen Versorgung.

      Kritisch bewertet der Ärztepräsident das geplante Einkaufsmodell in der ambulanten Versorgung, wonach neu zugelassene Fachärzte nur noch über Einzelverträge mit den Krankenkassen an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen können. " Unter den derzeitigen Bedingungen würden die Fachärzte in ein Abhängigkeitsverhältnis zu den Kassen geraten. Das ist für einen Freien Beruf wie den des Arztes nur schwer erträglich. Aber auch die Patienten hätten keinen Nutzen davon, weil sie nur noch von den Fachärzten behandelt werden könnten, mit denen ihre Kasse Verträge abgeschlossen hat. Von freier Arztwahl kann dann keine Rede mehr sein."

      Hier die rRede Hoppes in der Vorabversion:

      http://www.bundesaerztekammer.de/10/010Interview-Hoppe.html" target="_blank" rel="nofollow ugc noopener">
      http://www.bundesaerztekammer.de/10/010Interview-Hoppe.html

      ältere Stellungnahme Hoppes:
      http://www.aekno.de/archiv/2003/03/010.pdf


      den Wortlaut der Schmidt-Rede kann ich nirgendwo finden - Ulla wird wissen, weshalb sie den nicht veröffentlichen läßt..... :laugh:
      Avatar
      schrieb am 25.05.03 10:42:45
      Beitrag Nr. 371 ()
      Es gibt kein Modernisierungsgsetz:D
      Es gibt aber ein Gesetz zur Privatisierung:D
      Avatar
      schrieb am 25.05.03 10:45:57
      Beitrag Nr. 372 ()
      und dieses Gesetz wird vorrangig-aber nicht nur-von der Demographie geschrieben:D

      Solltest dich mal mit beschäftigen,Deep!:cool:
      Avatar
      schrieb am 26.05.03 14:48:02
      Beitrag Nr. 373 ()
      Deep,
      durch Privatisierung der Krankenhäuser lassen sich 25% einsparen:cool:
      Im privaten Wettstreit liesse sicher auch die Arroganz mancher Ärzte nach,Krankenschwestern kümmern sich wieder mehr um Patienten als um ihren Kaffee:cool:

      Was mir hier vermehrt zugetragen wird,spottet jeder Beschreibung!:(
      Avatar
      schrieb am 26.05.03 23:26:24
      Beitrag Nr. 374 ()
      Deutsche Krankenkassen müssen für Familienmitglieder ausländischer Arbeitnehmer die Kosten für ambulante und stationäre Behandlungen bezahlen – selbst wenn diese gar nicht in Deutschland wohnen, sondern in ihrem Heimatland.

      ..aber pssst nicht weiter sagen, ist ein Tabu-Thema.
      Avatar
      schrieb am 27.05.03 09:58:28
      Beitrag Nr. 375 ()
      "Deutsche Krankenkassen müssen für Familienmitglieder ausländischer Arbeitnehmer die Kosten für ambulante und stationäre Behandlungen bezahlen – selbst wenn diese gar nicht in Deutschland wohnen, sondern in ihrem Heimatland."

      Gut....ich komme aus den USA und wohne seit Jahren in D. Mein Vater (60 J.) wohnt in den USA. Das heißt, ich müßte meinen Vater bei meiner KK anmelden und die KK würde dann für ihn aufkommen. :p

      Die o.g. Regelung gilt nur für die Türkei und einige Osteuropäische Länder, oder?

      yd
      Avatar
      schrieb am 27.05.03 10:01:48
      Beitrag Nr. 376 ()
      374,
      ob sich das Anmaelden noch lohnt?
      Entweder wir schaffen nicht nur diese hirnrissige Regelung
      ab oder die GKV schafft sich selbst ab!
      Avatar
      schrieb am 27.05.03 10:02:06
      Beitrag Nr. 377 ()
      #374

      Das trifft nur für einige südeuropäische Länder zu; u.a. die Türkei.
      Avatar
      schrieb am 27.05.03 11:34:08
      Beitrag Nr. 378 ()
      #358

      Ich würde sagen wieder ein Grund mehr
      Bei der nächsten Wahl die CDU zu wählen

      Grüne und SPD sind hinsichtlich solcher Schlamperei nicht mehr tragbar !!!


      Deutsche Krankenversicherungen müssen für Familienmitglieder
      ausländischer Arbeitnehmer die Kosten für ambulante und stationäre
      Behandlungen bezahlen - selbst wenn diese gar nicht in Deutschland
      wohnen, sondern in ihrem Heimatland. Das gilt sogar für viele Eltern
      von in Deutschland krankenversicherten Ausländern aus der Türkei und
      den Nachfolgestaaten Jugoslawiens.

      Frau Steinbach(CDU) fordert jetzt, diese Bevorzugung ausländischer
      Familieangehöriger in der kostenlosen Mitversicherung deutscher
      Krankenkassen abzuschaffen: "Deutschen Krankenversicherten ist die
      Einbeziehung von Eltern in die Familienmitversicherung verwehrt." Bei
      Deutschen dürften nur Ehegatten, Lebenspartner und Kinder beitragsfrei
      in die Familienversicherung aufgenommen werden

      Außerdem kritisiert Frau Steinbach (CDU), dass die Bundesregierung das
      Gesamtvolumen für diese Versicherungsausgaben verschweigt: "Die Zahlen
      müssen auf den Tisch."

      Artikel erschienen am 13. Apr 2003

      Vollständige Url des Artikels: http://www.wams.de/data/2003/04/13/72368.html
      Avatar
      schrieb am 27.05.03 11:44:10
      Beitrag Nr. 379 ()
      #377 @ keepit...du kannst in diesem fall auch nicht schwarz wählen.
      an diesen verabredungen mit der türkei, jugoslawien war die cdu mitbeteiligt.

      eine andere frage ist, warum es nicht möglich sein sollte, diese regelungen abzuschaffen.
      die politiker könnten ja andernfalls die gelder durch eigene spenden aufbringen.
      Avatar
      schrieb am 27.05.03 11:59:34
      Beitrag Nr. 380 ()
      #377

      Genau das ist doch unser Problem, dass an Dingen, die vielleicht mal sinnvoll waren (ich kann das zu dem Thema der Vereinbarungen nicht sagen) oder ein Ziel unterstützen sollten, festgehalten wird und sich niemand traut, endlich mal wirklich Änderungen vorzunehmen. So schaffen es unsere Politiker auch niemals, wirklich Anpassungen an die aktuellen und vermutlich kommenden gegebenheiten zu verwirklichen, weil immer nur so weit "reformiert" wird, dass gewissen negative Erscheinungen bis zur nächsten Wahl kaschiert werden, ohne dass es vermeintlich jemandem weh tut.

      Man sieht es deutlich bei den beiden großen Parteien im bezug auf das Gesundheitswesen:
      überspitzt gesagt, wollen die einen die Oberkieferbehandlung aus dem Leistungskatalog streichen und die anderen die Unterkieferbehandlung. Ob das System weiterhin seine Berechtigung hat, traut man sich nicht einmal in Frage zu stellen, weil man dann Kämpfe und Kritik von zig Lobbygruppen bekommen würde.
      Avatar
      schrieb am 27.05.03 12:27:28
      Beitrag Nr. 381 ()
      Sonderrechte bei der Krankenversicherung

      Es schreit zum Himmel: Deutsche Krankenkassen müssen für Familienmitglieder ausländischer Arbeitnehmer die Kosten für ambulante und stationäre Behandlungen bezahlen – selbst wenn diese gar nicht in Deutschland wohnen, sondern in ihrem Heimatland! Angesichts der desolaten Wirtschaftslage und der Tatsache, dass unser Krankenkassensystem vor dem finanziellen Kollaps steht und die Versicherten mehr und mehr geschröpft werden, ist dies ein kaum fassbarer Skandal. Denn: Bei Deutschen dürfen nur Ehe- und Lebenspartner sowie Kinder beitragsfrei in die Familienversicherung aufgenommen werden.


      Kein Anlass zum Handeln?

      Die Bundesregierung hat nach eigener Aussage nicht vor, auf eine Änderung dieser abenteuerlichen Regelung zu drängen. Man beruft sich auf ein entsprechendes deutsch-türkisches Abkommen aus dem Jahre 1964 und eine deutsch-jugoslawische Vereinbarung von 1968; gerade so, als seien diese verstaubten Verträge Naturgesetze, die nicht zu ändern seien. Eine Sprecherin des Bundesgesundheitsministeriums: "Wir sehen keinen Anlass, da tätig zu werden." Darüber hinaus ist die Regierung noch nicht einmal bereit, die Bürger darüber aufzuklären, in welcher Höhe bereits deutsche Krankenkassengelder beispielsweise in die Türkei geflossen sind.

      Der Krankenkassen-Skandal ist von den Polit-Verantwortlichen in den vergangenen Jahren regelrecht unter den Tisch gekehrt worden. Erst vor einigen Wochen kam der Umstand fast schon zufällig im Rahmen einer Fragestunde im Bundestag zur Sprache. Seither aber reißt die verständliche Empörung der Deutschen nicht ab. Die "Welt am Sonntag" kürzlich: "Die Bevorzugung von Ausländern in den deutschen Krankenversicherungen entwickelt sich zum Politikum." Eine "Welle der Empörung" ergieße sich über das Gesundheitsministerium.

      Das sind die Fakten: Familienangehörige von Versicherten etwa aus der Türkei, aus Bosnien und Herzegowina, aus Serbien und Montenegro erhalten im Krankheitsfall zunächst Leistungen der Krankenversicherung des Wohnsitzstaates. Die Kosten werden anschließend von der deutschen Versicherung erstattet. Sogar Eltern sind anspruchsberechtigt, wenn z.B. der Versicherte ihnen gegenüber unterhaltspflichtig ist.


      Und das wahre Ausmaß?

      In der Bundestags-Fragestunde erläuterte ein Regierungsvertreter: "Um den Verwaltungsaufwand gering zu halten, erfolgt die Erstattung der Kosten im Wege von kalenderjährlich zu vereinbarenden Monatspauschbeträgen je Familie. Diese Monatspauschbeträge basieren auf den Durchschnittskosten in der Türkei geschützter Personen nach türkischem Recht und berücksichtigen die durchschnittliche Zahl der in der Türkei wohnenden Familienangehörigen." Wenig glaubhaft klingt es, wenn der zuständige Parlamentarische Staatssekretär dann zum Besten gibt: "Der Bundesregierung liegen keine Zahlen darüber vor, wie viele Familienangehörige in der Türkei von bei deutschen Krankenkassen versicherten Arbeitnehmern Leistungen der türkischen Krankenversicherung erhalten haben, deren Kosten von den deutschen Krankenkassen zu erstatten sind."

      Fragt man bei den Krankenkassen nach, so erfährt man, dass Ende der 90er-Jahre mehr als 33.000 türkische Familien in den Genuss solcher Vergünstigungen gekommen seien. Wohlgemerkt: Bei dieser vagen und veralteten Angabe handelt es sich nur um die Ansprüche von Türken.


      "Welche Summen sind schon gezahlt worden? Wie hoch insgesamt sind die ,Pauschbeträge‘ jeden Monat aus hiesigen Kassen, die auf den Balkan und nach Kleinasien fließen? Mit welchen weiteren Staaten bestehen ähnliche Abkommen? Welche Mechanismen bestehen, um Missbräuche zu verhindern? Wie kontrolliert man eigentlich, wofür so alles aus unseren Krankenkassen in den Schluchten des Balkan, in Anatolien, im wilden Kurdistan und bei nordafrikanischen Wüstensöhnen gezahlt wird?"
      Avatar
      schrieb am 27.05.03 15:51:24
      Beitrag Nr. 382 ()
      Wer beim Thema gesundheitspolitik Parteipolitik betreibt, ist nicht ganz bei Trost:

      ALLE Parteien haben seit Jahrzehnten auf ganzer Linie versagt.

      Ohne eine Ausnahme; Neu ist lediglich, dass seit ( Jahren die Gruenen ihre Aufnahmepruefung in den Club hirnamputierter Gesundheitssystem-Dummschwaetzer mit Bravour geschafft haben. :(

      Und es gibt jetzt eine interessante "Allianz" , die Schmidt zunehmend als das entlarvt, was sie ist:

      INKOMPETENT UND FRECH.
      Avatar
      schrieb am 27.05.03 15:53:55
      Beitrag Nr. 383 ()
      GESUNDHEITSREFORM
      Auch Kassen dagegen
      Obwohl die geplante Gesundheitsreform bei Ärzten und anderen Gruppen als zu kassenfreundlich kritisiert wird, übten diese gestern heftige Kritik an Schmidts Reformwerk. Die möglichen Einsparungen von 13,3 Milliarden Euro seien deutlich zu hoch angesetzt. (ap)

      taz Nr. 7064 vom 27.5.2003, Seite 2, 12 Zeilen (Agentur)
      Avatar
      schrieb am 27.05.03 16:05:30
      Beitrag Nr. 384 ()
      #382 Dann muss halt mehr geraucht werden, damit die nicht realisierbaren Einsparungen kompensiert werden können.

      Ist doch klar, dass solche Behörden nicht einfach sagen können, dass diese Einsparungen geschafft werden. Somit macht man sich ja objektiv angreifbar und welche Behörde will das schon.
      Avatar
      schrieb am 27.05.03 22:01:28
      Beitrag Nr. 385 ()
      Krankenkassenbeiträge steigen weiter

      27. Mai 2003 Trotz Gesundheitsreform werden die Mitgliedsbeiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) 2004 eher steigen als sinken. Das zeichnet sich vor dem Hintergrund hoher Schulden, steigender Ausgaben und neuer, am Dienstag von Kassen bestätigter Millionen-Defizite für das erste Quartal sowie einer nur stufenweisen steuerlichen Entlastung der Beitragszahler durch die Tabaksteuererhöhung ab.

      Daneben wird die Umstellung der Krankengeldfinanzierung nach der am heutigen Mittwoch im Bundeskabinett beratenen Gesundheitsreform zwar den Arbeitgeberbeitrag senken, die Beitragszahlungen der Arbeitnehmer im Gegenzug aber erhöhen.

      Die Regierung verspricht sich von dem Gesetz neben der Umfinanzierung beim Krankengeld in Höhe von 7 Milliarden Euro eine Kostenentlastung der GKV von 13 Milliarden Euro. Darin enthalten sind allerdings rund 4,5 Milliarden Euro Einnahmen aus der angekündigten Erhöhung der Tabaksteuer, die allenfalls mittelfristig realisiert werden kann.

      Schmidt und Eichel einigen sich

      Finanzminister Hans Eichel (SPD) und Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) einigten sich im Grunde auf einen von der Zigarettenindustrie vorgeschlagenen Stufenplan. Als erster Erhöhungstermin ist der 1. Januar 2004 vorgesehen. Der Zeitpunkt der weiteren Steueranhebungen soll noch nicht feststehen, eine Erhöhung innerhalb eines Jahres wird indessen nicht ausgeschlossen.

      Die Mehreinnahmen sollen den Kassen zur Finanzierung versicherungsfremder Aufgaben wie Mutterschaftsleistungen zufließen. Unstrittig ist, daß alle Mehreinnahmen den Kassen zur Verfügung gestellt werden. Allerdings soll es auch keine zusätzliche Entlastung aus dem Etat geben. Verzögerungen in der Umsetzung des Gesetzes dürften das erwartete kurzfristige Einsparziel weiter gefährden. Denn selbst wenn das im Bundesrat zumindest in Teilen zustimmungspflichtige Gesetz wie geplant zum 1. Januar in Kraft tritt, benötigen Kassen und Ärzte zur Umsetzung Zeit. Vorsorglich ist im Gesetzentwurf deshalb schon von möglichen Beitragssenkungen erst zur Jahresmitte die Rede. Das Ziel, die Sätze von derzeit 14,4 Prozent im Durchschnitt auf 13 Prozent zu senken, rückt damit in die Ferne.

      Dies gilt auch vor dem Hintergrund, daß die Kassen Milliarden zur Ablösung von Krediten und zur Auffüllung ihrer Rücklagen benötigen, was alleine eine Anhebung der Sätze um etwa 0,6 Prozentpunkte auf dann 15 Prozent notwendig machen würde. Die zwischenzeitlich erwogene Erlaubnis, den Kassen übergangsweise eine Verschuldung zu ermöglichen, um so die Beiträge zumindest optisch niedriger zu halten, ist nach Informationen aus dem Gesundheitsministerium aus dem Gesetzentwurf wieder gestrichen worden. Das gilt auch für die erwogene Begrenzung des "Mehrbesitzverbotes" von Apotheken auf fünf.

      Neue Millionen-Defizite

      Ungeachtet der im Dezember mit dem "Beitragssicherungsgesetz" verabschiedeten Ausgabenbegrenzung sind die Ausgaben der Kassen im ersten Quartal weiter gestiegen. Allein die Ersatzkassen weisen nach eigenen Angaben ein Defizit von knapp 150 Millionen Euro aus, nach knapp 300 Millionen im Vorjahresquartal. Auch beim "Marktführer", den Allgemeinen Ortskrankenkassen und den Betriebskrankenkassen, dürften die Ausgaben die Einnahmen um mehrere hundert Millionen Euro übersteigen. Die Innungskassen haben ein Defizit von mehr als 50 Millionen Euro eingefahren.

      Die Konjunktur, die zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit, nicht aber der Grundlohnsumme führt, dürfte die Kassenhaushalte 2003 weiter in Bedrängnis bringen. Schließlich basieren sie auf Annahmen der Bundesregierung für ein Jahreswachstum von 1,5 Prozent. Im ersten Quartal schrumpfte die Wirtschaft dagegen.
      Avatar
      schrieb am 28.05.03 07:55:16
      Beitrag Nr. 386 ()
      Erstes Quartal


      Finanzlage der Kassen bleibt katastrophal


      Trotz der vorgeschriebenen Nullrunden im Gesundheitswesen haben die gesetzlichen Krankenkassen im ersten Quartal dieses Jahres erneut ein Defizit hinnehmen müssen.


      HB/dpa HANNOVER. Nach Informationen der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ (Mittwoch) aus Kassenkreisen summierte sich der Fehlbetrag allein bei den Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) im ersten Vierteljahr auf rund 350 Millionen Euro und bei den Ersatzkrankenkassen auf 90 Millionen Euro. AOK und Ersatzkassen versichern knapp 75 Prozent aller Kassenmitglieder.

      Bereits im Jahr 2002 hatten die Krankenkassen fast drei Milliarden Euro mehr ausgegeben als eingenommen. Um Beitragssatzerhöhungen zu verhindern, hatte die Bundesregierung zum 1. Januar das Beitragssatzsicherungsgesetz in Kraft gesetzt. Es sollte die Krankenkassen mit Nullrunden für Ärzte, Zahnärzte und Krankenhäuser um insgesamt 2,8 Milliarden Euro entlasten. Dennoch erhöhte ein Drittel aller Krankenkassen um den Jahreswechsel herum die Beiträge. Dadurch zahlen die Kassenmitglieder in diesem Jahr zusätzlich drei Milliarden Euro in die Versicherungen ein. All dies konnte das neue Defizit nicht verhindern.


      HANDELSBLATT, Mittwoch, 28. Mai 2003, 07
      Avatar
      schrieb am 28.05.03 08:01:35
      Beitrag Nr. 387 ()
      die Tabaksteuer wird stufenweise erhöht. Damit nicht zuviele Raucher abspringen. Soviel zum möglichen Gedanken einer Fürsorglichkeit der Gesundheitsministerin und des Finanzministers.
      Sollen Sie doch Lungenkrebs kriegen. Die Hauptsache sie zahlen jetzt erst mal Steuern.
      Avatar
      schrieb am 13.06.03 00:01:08
      Beitrag Nr. 388 ()
      Aus der FTD vom 13.6.2003 www.ftd.de/gesundheit
      Geldspritze für Ganoven aus dem Gesundheitswesen
      Von Philipp Jaklin, Hugh Williamson und Sonia Shinde

      Das deutsche Gesundheitswesen macht es Täuschern und Tricksern leicht: Im unübersichtlichen System fehlt die Kontrolle. Auch die neuen Gesetzesvorhaben von Sozialministerin Ulla Schmidt dürften daran nur wenig ändern.


      Omar und Tarek Mamisch sind wieder im Geschäft. Noch vor wenigen Monaten hat der Fall ihrer Mülheimer Zahntechnik-Handelsgesellschaft Globudent bundesweit Wellen geschlagen. Fast 9 Mio. Euro sollen sie Hunderten von Ärzten illegal zugeschoben haben, damit die ihren Patienten von Globudent importierten Billigzahnersatz aus China einbauen und teuer abrechnen.

      Jetzt werben die Brüder mit neuen Schnäppchen: Zahnersatz für 1 Euro lautet das Angebot der Globudent-Nachfolgefirma Mamisch Dentaltechnik. Der "Kennenlernpreis" gilt bis Ende des Jahres. Die Anschrift ist dieselbe, die Telefonnummer auch. "Ein paar Kunden haben wir schon noch", sagt Firmenchef Omar Mamisch. "Alles läuft ganz legal", versichert sein Anwalt Michael Tsambikakis. Derweil ermittelt die Wuppertaler Staatsanwaltschaft gegen Ex-Globudent-Mitarbeiter wegen "bandenmäßigen Betrugs".


      Globudent ist nur ein Fall von vielen: Korruption und Betrug im Gesundheitswesen kosten die Beitragszahler jedes Jahr mehrstellige Millionenbeträge. Komplizierte Abrechnungsvorschriften und mangelhafte Kontrollen machen es leicht, illegal gutes Geld zu verdienen. Im Zuge ihrer Gesundheitsreform will Sozialministerin Ulla Schmidt den Tricksern und Täuschern das Handwerk legen. Doch von den bislang vorgesehenen Gesetzesänderungen, die Schmidt am kommenden Mittwoch in den Bundestag einbringt, werden sich die immer systematischer vorgehenden Betrüger kaum bremsen lassen.



      Organisierte Kriminalität


      "Früher haben wir es eher mit einzelnen Betrugsfällen zu tun gehabt", sagt der Wuppertaler Oberstaatsanwalt Herbert Mühlhausen, dessen Behörde seit vielen Jahren auf die Gesundheitsbranche spezialisiert ist. "Das hat sich geändert. Im Laufe der Jahre werden unsere Fälle immer komplexer." Ein norddeutscher Kollege, der anonym bleiben will, wird deutlicher: "Einiges deutet darauf hin, dass es immer mehr um organisierte Kriminalität geht." Mühlhausen hat vor knapp zehn Jahren den Herzklappenskandal aufgedeckt - den bislang größten Fall von Abrechnungsbetrug in Deutschland. Jetzt koordiniert die Wuppertaler Behörde die Ermittlungen gegen 450 Ärzte und 22 Globudent-Mitarbeiter. Im Herbst soll die Anklage stehen. Den beiden ehemaligen Geschäftsführern drohen bis zu zehn Jahre Haft.


      Die von den Ermittlern vermutete Praxis bei Globudent folgt einem weit verbreiteten Schema: Medizinunternehmen machen ihren Schnitt, indem sie ihre Ware über Ärzte teuer abrechnen und diese an ihrem Profit teilhaben lassen. Globudent soll im Schnitt 20.000 Euro "Rückvergütung" an jeden der beschuldigten Mediziner gezahlt haben, damit diese ihren Patienten den Billigzahnersatz verschrieben und dafür bei den Kassen die Höchstsätze kassierten.


      Ralf G., Ärztlicher Direktor einer privaten Augenklinik in Ahaus im Münsterland, hat nach Erkenntnis der Staatsanwälte nicht nur Schmiergelder in Millionenhöhe für überteuerte Kontaktlinsen kassiert. Zur Verschleierung soll er zudem eine eigene Handelsgesellschaft in der Schweiz dazwischengeschaltet haben. Derzeit steht der 61-Jährige in Münster vor Gericht. "Ehrlichkeit" sei eines seiner wichtigen Prinzipien, heißt es auf seiner Webseite.



      Dreiste Lügen


      Mit nur ein wenig krimineller Energie lassen sich Fantasiebehandlungen erfinden, für die die Kasse klaglos zahlt. Im Dschungel der komplizierten Abrechnungsmodalitäten zwischen Ärzten, Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) und Krankenkassen fallen meist nur die dreistesten Lügen auf: So behauptete ein Arzt, einer 83-Jährigen ein Diaphragma eingesetzt zu haben; andere Mediziner rechneten gar für Therapien bei Toten ab.


      Möglich ist das dank der Gesamtbudgets, die Kassen mit den Standesvertretern der Kassenärztlichen Vereinigungen aushandeln. Die Budgets werden nach einem Punktesystem verteilt: Je mehr Punkte ein Arzt erreicht, desto größer ist sein Stück vom Honorarkuchen. "Die ärztliche Abrechnung gerät immer mehr zum Verteilungskampf", sagt Mühlhausen. "Das erinnert manchmal an einen Raubtierkäfig."


      Um auf eigene Kasse abrechnen zu können, schließen sich viele Ärzte in Laborgemeinschaften zusammen. Dazu müssen sie aber die Testergebnisse auch selbst freigeben. Es reicht nicht, wenn sie nur nachmittags auf einen Sprung im Labor vorbeischauen.


      Doch genau das taten Hunderte von Medizinern einer Laborgemeinschaft in Köln. Gegen 206 Ärzte leitete die Staatsanwaltschaft Verfahren ein. Mühlhausen: "Die Ärzte haben 8 Mio. Euro zu Unrecht abgerechnet." Zwei Drittel der Verfahren sind inzwischen gegen Geldbußen wieder eingestellt worden. Kein Wunder, dass die Methode Nachahmer findet: In Frankfurt und in Geesthacht bei Hamburg wurden ähnliche Fälle bekannt.



      Pharmakonzerne ködern Mediziner


      Auch ganz sanfte Formen der Bestechung sind in Deutschland weit verbreitet - mit einem finanziellen Schaden für die Gesundheitsbranche, der nicht abzuschätzen ist. Pharmakonzerne ködern Mediziner mit Fortbildungen an exotischen Orten, um für ihre Pillen zu werben.


      "Letztes Jahr hätte ich drei Tage im Hilton in Malta oder drei Tage in Nizza verbringen können - alles auf Kosten der Arzneimittelhersteller", sagt Wolfgang Schwinzer, Arzt aus Bad Sachsa und Aktivist der internationalen Anti-Korruptions-Organisation Transparency International (TI). In München laufen derzeit noch Ermittlungen gegen 1600 Ärzte und 270 Außendienstmitarbeiter der deutschen Niederlassung des britischen Pharmagiganten SmithKline Beecham, der inzwischen mit Glaxo Welcome fusioniert hat. Der Verdacht: Zwischen 1997 und 1999 soll der Konzern einzelnen Ärzten bis zu 25.000 Euro in bar zugeschoben haben - oder Kurztrips zur Fußballweltmeisterschaft 1998 in Frankreich.


      Der Markt ist heiß umkämpft. Und es geht um sehr viel Geld. 240 Mrd. Euro zahlen die Deutschen jedes Jahr für ihre Gesundheit. Da ist es nicht verwunderlich, wenn Kassenexperten wie Gernot Kiefer einen jährlichen Schaden von 1 Mrd. Euro durch Betrug und Korruption für möglich halten. "Bis zu 20 Prozent der Arztabrechnungen sind falsch", sagt Kiefer, der die Arbeitsgemeinschaft Abrechnungsbetrug der Krankenkassen leitet. "Einige wegen Betrugs, andere aus Versehen."


      "Die Kontrollmöglichkeiten der Krankenkassen sind sehr begrenzt", sagt Peter Scherler, Anti-Betrugs-Ermittler bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) Niedersachsen. Weder die Versicherten noch die Kassen wissen genau, wofür sie zahlen. Kassenpatienten erfahren nie, welche Behandlungen ein Mediziner bei ihnen abrechnet. Die Kassen bekommen von den Kassenarztvereinigungen nur anonymisierte Daten über die Leistungen zur Verfügung gestellt - aus Datenschutzgründen.


      Nicht nur bei den Krankenkassen schrillen angesichts der Masse von Betrugsfällen die Alarmglocken. Deutschland rangiert auf dem Korruptionsindex von TI lediglich auf Platz 18, kurz vor Ländern wie Botswana und Namibia. Korruption ist in vielen westlichen Ländern weniger verbreitet. "Wir glauben, dass dies zu einem erheblichen Anteil auf die Korruptionsfälle im Gesundheitssektor zurückzuführen ist", sagt ein Mitarbeiter des Sozialministeriums. "Das ist sehr alarmierend."


      Dennoch haben Gesundheitspolitiker dem Thema in Deutschland bislang nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. In Großbritannien spürt die Anti-Betrugs-Einheit des National Health Service kriminelle Machenschaften auf. Zu 330 Prozessen haben 1200 Ermittlungsverfahren schon geführt. 194 Mio. £ wurden eingespart. In den USA verfügt das staatliche Gesundheitsprogramm Medicaid in jedem der 52 Bundesstaaten über Anti-Betrugs-Einheiten mit insgesamt 1000 Experten.



      Neue Gesetze gegen Betrug


      In Deutschland verfolgen wenige Krankenkassen die Betrüger so gezielt wie die AOK Niedersachsen. Interne "Plausibilitätsprüfungen", bei denen die Kassenärztlichen Vereinigungen die Abrechnungen der Vertragsärzte checken, halten viele Experten für längst nicht ausreichend.


      Sozialministerin Schmidt will Betrug und Korruption mit neuen Gesetzen in den Griff bekommen: So können Patienten beim Arzt künftig eine Quittung über die abgerechneten Leistungen erhalten. Außerdem soll ein Anti-Korruptions-Beauftragter, mit besonderen Prüfrechten versehen, bei Verdacht Fälle an die Staatsanwaltschaft weiterleiten. Alle Krankenkassen werden verpflichtet, Prüf- und Ermittlungseinheiten einzurichten. Auch sollen Fortbildungsmaßnahmen für Mediziner von unabhängiger Seite zertifiziert werden.


      "Die Gesundheitsreform hat viele gute Ansätze", sagt Anke Martiny von TI. "Sie geht aber nicht weit genug." Die Kassen müssten überhaupt erst in die Lage versetzt werden, wirksamer bei Ärzten zu kontrollieren. Ärzte und Pharmahersteller sollten zudem zu regelmäßigen Rechenschaftsberichten über ihre Zusammenarbeit verpflichtet werden. Bund und Länder verhandeln darüber - im Gesetzentwurf der Schmidt-Reform steht dazu nichts.
      Avatar
      schrieb am 13.06.03 00:15:49
      Beitrag Nr. 389 ()
      kein Problem: Ulla ist doch dabei eine neue Behörde zu schaffen und dann wird alles besser. Und wenn das wirklich nicht greifen sollte, werden so lange neue Behörden geschaffen, bis es klappt.
      Avatar
      schrieb am 13.06.03 09:41:19
      Beitrag Nr. 390 ()
      das Problem ist dass Familienversicherungssystem
      normalerweise müsste jeder Mensch einen für sich
      getrennte Versicherung abschliessen.

      sogar bei Rentnern die Vermögen haben ist die Frau beim
      Mann mitversichert.
      oder der Mann ist bei der Frau mitversichert.

      Kinder sollten keinen Zugang zu Mitversicherungen haben
      jedes Kind muss einzeln versichert werden
      die Geldsorgen liegen dann nicht bei der Krankenkasse
      sondern beim Jugendamt oder beim Kindergeld.
      Avatar
      schrieb am 22.06.03 08:41:47
      Beitrag Nr. 391 ()
      Ich finde es schon erstaunlich, wie die Politiker derzeit über die Rausnahme von Leistungen aus der GKV diskutieren.

      Wenn es stimmt, dass die Privatversicherung von Krankengeld (ich habe extra das gewählt, weil hiervon nur der Versicherte betroffen sein kann und nicht z.B. dessen Kinder) eine Reduzierung von 2 Prozentpunkten der Beiträge bewirkt (bei 2500 Euro sind das dann 50 Euro), dann sollte dies doch Politiker aufschrecken und die sollten sich fragen, warum die GKV da fast 6x teurer versichert.
      Avatar
      schrieb am 02.07.03 10:28:10
      Beitrag Nr. 392 ()
      Leistungen runter, Beiträge rauf. Und das mit einer SPD-Regierung! :eek: :eek: :eek: Wo soll das nur enden? :( :( :(
      Avatar
      schrieb am 07.07.03 23:43:24
      Beitrag Nr. 393 ()
      Selbst, wenn die GKV keiner Leistungen mehr erbringen, weil alles privat versichert werden muss, wird der Beitragssatz meiner Meinung nach weiter zweistelling bleiben.
      Aber auch das wird bei uns niemanden stören, weil man gerne solche Systeme (und die dazu passenden auf der anderen Seite, wie die kassenärztlichen Vereinigungen) am Leben erhält.
      Avatar
      schrieb am 22.07.03 20:40:12
      Beitrag Nr. 394 ()
      Die jetzige „Gesundheitsreform“ ist eine Schande.

      Dies schreibt ein niedergelassener Arzt, ein Facharzt, der sogar nach den Zeitungsberichten demnächst zu den wenig Gerupften im Gesundheitswesen zählt und daher sorgsam sein Maul halten sollte.
      Es ist eine staatliche Verordnung zur Selbstkostenbeteiligung für Erkrankte, kein Ansatz einer Strukturreform. Und gerade diese wäre im Gesundheitswesen mindesten so notwendig wie z.B. in den gesamten Sozialsystemen und in den öffentlichen Strukturen überhaupt.
      Alle denkenden niedergelassenen Medizinier wären zu einem Opfer bereit, wenn, ja wenn das Gesundheitswesen wetterfest gemacht worden wäre für Jahrzehnte. Und damit wieder eine Perspektive und Planungssicherheits entstünde für die nächsten Jahre.
      Derzeit ist folgende Situation : Keine Investititon, möglichst mit wenig Personal das Optimum herausziehen und Ansparen für schlechtere Zeiten. Die geplante Einführung der Gewerbesteuer für Ärzte fördert diese Mentalität, da Kredite oder Leasinggebühren sich bei der Berechnung der Gewerbesteuer negativ für den Arzt auswirken.
      Sicherlich, das Berufsverbot für Fachärzte – und ein solches war von Schmidt (SPD) geplant- und deren Verschleppung in den Archipel „Poliklinik“ unter Aufgabe der freien Berufsausübung und zwanghaften Eingebundenheit in ein Angestelltenverhältnis war nicht akzeptabel und mit einem demokratischen Gedanken nicht vereinbar. Aber das schien die Rot/Grüne Machtausübung nicht zu interessieren. Alleine die Denkbarkeit dieses Gedankens in einer „Demokratie“ erschreckt die Ärzte etwas. Man soll nicht gleich die krasseste Form der Un-Demokratie in der Vergangenheit Deutschlands als Vergleich heranziehen, wie es – man darf es ja nicht laut sagen – schon gelegentlich getan worden ist.


      Etwas mehr Markt täte auch dem Gesundheitswesen nicht schlecht.
      Das heißt nicht, Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung generell, in der Form, wie es von der Sonderschullehrerin mit Berufung zur Errettung der Sozialsysteme geplant war.

      Der deutsche Bauer könnte sich auf dem freien Markt nicht gegen die Billig-Importe aus der Dritten Welt behaupten, es sei denn, in der WTO wird durch die Intervention der EU - diesmal nicht durch die USA- der Importzoll auf Nahrungsmittel aufrechterhalten.
      Gleichermaßen kann sich der niederglassene Arzt nicht gegen einen „subventionierten“ Klinikarzt, der die Gerätschaften der Klinik billigst nutzen kann und z.B. seine ambulante Arbeit in der Klinkdienstzeit - also doppelt abgesichert und vergütet – verrichten kann, durchsetzen.
      Hier den Mut zu haben, mit den entsprechenden Experten Modelle zu entwickeln, die zu einer realen Bewertungssituation und damit zu einem marktwirtschaftlichen Arbeitsweise führen könten, wäre zu wünschen. Wer den Preis und die Kosten kennt, kann sich in Konkurrenz begeben.
      Aber zur Marktwirtschaft gehört immer auch ein Teil Freiheit und Eigenverantwortlichkeit des Handelnden abseits einer staatlichen Kontrolle, ein nahezu obszöner Gedanke für einen Sozi.
      Avatar
      schrieb am 26.07.03 15:36:16
      Beitrag Nr. 395 ()
      1 Euro Zuzahlung für "Härtefälle" ... Die Verwaltungskosten für diesen 1 nen Euro dürften höher sein als sein Nutzen ! :laugh:
      Avatar
      schrieb am 30.07.03 22:32:08
      Beitrag Nr. 396 ()
      Eine Analyse des anvisierten Einsparvolumens von 21,5 Milliarden Euro zeigt, dass es die Versicherten und Patienten sind, die die Zeche bezahlen müssen. Während sie mit 18,5 Milliarden Euro belastet werden, entfallen auf Ärzte und Pharmaindustrie nur drei Milliarden. Im Gegenzug soll der durchschnittliche Kassenbeitrag von derzeit 14,3 Prozent auf 13,6 Prozent sinken. Bei einem Monatsverdienst von 2500 Euro ergibt sich dadurch für Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine monatliche Ersparnis von gerade mal 8,75 Euro, der aber wesentlich höhere Eigenleistungen der Versicherten gegenüberstehen.


      Zahnersatz und Krankengeld nur als Einstieg?


      Im einzelnen ist geplant, den Zahnersatz aus dem Leistungskatalog der Krankenkassen zu streichen. Die Versicherten müssen eine Zwangszusatzversicherung abschließen, deren Beiträge sie allein aufzubringen haben. Nach ersten Schätzungen wird bei einem Verdienst von 2500 Euro mit einem monatlichen Beitrag von 8,75 Euro gerechnet.


      Ab 2007 müssen gesetzlich Versicherte für das Krankengeld einen weiteren Sonderbeitrag in Höhe von 0,5 Prozent des Monatseinkommens zahlen. Die Zusatzbelastung bei einem Monatsverdienst von 2500 Euro beträgt dadurch 12,50 Euro.


      Skeptiker befürchten, dass die Eigenversicherung von Zahnersatz und Krankengeld nur der Einstieg für weitere Privatisierungen von bisherigen Kassenleistungen ist. Man darf darauf gespannt sein, ob als nächstes vielleicht Blinddarmoperationen oder Krebsbehandlungen aus dem Leistungskatalog der Krankenkassen genommen werden...


      Ab 2004 wird ferner eine Praxisgebühr von zehn Euro beim jeweils ersten Arzt- oder Zahnarztbesuch im Quartal fällig. Für Medikamente und Sachleistungen wie zum Beispiel Massagen müssen zehn Prozent zugezahlt werden (mindestens jedoch fünf, höchstens zehn Euro). Nicht verschreibungspflichtige Medikamente müssen in voller Höhe selbst bezahlt werden. Beim Krankenhausaufenthalt müssen künftig für maximal 28 Tage zehn Euro pro Tag zugezahlt werden – macht 280 Euro im Jahr (bisher neun Euro für höchstens 14 Tage).


      Mehr Bürokratie – mehr Kosten


      Dass für alle Zuzahlungen eine jährliche Höchstgrenze von zwei Prozent des Bruttoeinkommens gilt (für chronisch Kranke von einem Prozent), dürfte einen gewaltigen Verwaltungsaufwand für die ohnehin überbürokratisierten Krankenkassen mit sich bringen und gewiss nicht zur Kostensenkung beitragen.


      Ungebremst treffen die Versicherten aber wegfallende Leistungen der Krankenkassen. So wird das Sterbegeld von 525 Euro gestrichen. Angesichts der hohen Beerdigungskosten wird da künftig mancher Witwe und manchem Witwer nur der Gang zum Sozialamt übrigbleiben. Gestrichen wird auch das Entbindungsgeld (offenbar ist in den Augen etablierter Politiker die deutsche Geburtenrate immer noch zu hoch!). Taxi-Kosten für Fahrten Schwerkranker zum Arzt oder Krankenhaus werden nur noch in „strengen Ausnahmefällen“, wie es heißt, erstattet. Brillen und Kontaktlinsen werden nur noch für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren und für „schwer sehbeeinträchtigte Versicherte“ – eine Definition hierfür muss noch gefunden werden – übernommen, und da nur teilweise.


      Besonders hart betroffen von diesen Maßnahmen sind die Rentner. Sie sind öfters krank und müssen häufiger zum Arzt oder ins Krankenhaus. Zudem müssen sie künftig auf Zusatz- und Betriebsrenten den vollen Krankenkassenbeitrag entrichten; bisher betrug er nur die Hälfte. Aber auch Alleinverdiener werden besonders belastet. Nachdem jetzt beim Arztbesuch ähnlich einem Freibadbesuch ein Eintrittsgeld zu entrichten ist, müssen sie dieses auch für mitversicherte Ehepartner und Kinder über 18 Jahre aufbringen. Und auf den Kosten für nicht verschreibungspflichtige Medikamente, die wegen geringerer Nebenwirkungen bevorzugt für Kinder verordnet werden, bleiben sie künftig sitzen.


      „Pure Abzockerei“


      Die Reaktionen auf den geplanten sozialen Kahlschlag sind entsprechend. Walter Hirrlinger, Präsident des Sozialverbandes VdK, erregte sich über die „pure Abzockerei“. Ekkehard Bahlo, Vorsitzender der Gesellschaft für Versicherte und Patienten: „Beim Patienten wird gnadenlos abkassiert. Strukturprobleme bleiben ungelöst.“ Außerdem erkannte er sogleich ein weiteres Problem: Wenn man rezeptfreie Medikamente aus dem Leistungskatalog der Kassen nehme, werde dies dazu führen, dass vermehrt teurere rezeptpflichtige Medikamente verordnet würden.


      Der Deutsche Taxi- und Mietwagenverband befürchtet einen flächendeckenden Kollaps von Taxi-Unternehmen und weist darauf hin, in ländlichen Gegenden müssten kurzfristig 60 bis 80 Prozent der Taxi-Unternehmen aufgeben, wenn es zu einem Einbruch bei Patientenfahrten komme. Herbe Verluste sehen auch die Augenoptiker auf sich zukommen.


      Jedenfalls sind all die geplanten Streichungen und Kürzungen von Leistungen im Gesundheitswesen nur ein Herumdoktern an den Symptomen und gehen nicht an die Wurzel des Übels. Diese ist in der hohen Arbeitslosigkeit zu sehen, die einerseits zu gewaltigen staatlichen Aufwendungen und andererseits zu horrenden Steuer- und Beitragsausfällen führt. Für Arbeitslose, die für sich und ihre Familien durchschnittlich die gleichen Leistungen wie Berufstätige in Anspruch nehmen, entrichtet die Bundesanstalt für Arbeit nur den Mindestbeitrag an die Krankenkasse. Es muss daher alles für die Schaffung vieler neuer Arbeitsplätze unternommen werden. Hierfür sind – neben einer spürbaren Steuersenkung – gewaltige staatliche Investitionen im vielfachen Milliardenumfang notwendig.


      Der verschwiegene Skandal


      Was aber weder die etablierten Politiker noch die Medien zu thematisieren wagen, sind Milliarden verschlingende Skandale und Missbräuche, die maßgeblich an der Finanznot der Krankenkassen beteiligt sind. Durch Sozialversicherungsabkommen aus den 60er-Jahren werden bestimmte Ausländer gegenüber Deutschen bevorrechtigt. So sind beispielsweise in der Türkei oder auf dem Balkan lebende Eltern von hierzulande beschäftigten Ausländern in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung mitversichert. Werden sie daheim ärztlich versorgt, zahlen dies unsere Krankenkassen. Eltern deutscher Krankenkassenmitglieder sind hingegen nicht mitversichert.


      Der stellvertretende Chef der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern, Dr. Wolfgang Hoppenthaller, hat daneben auf den Betrug gewaltigen Ausmaßes durch „Gesundheitstouristen“ hingewiesen. In einem Interview erklärte er: „Deutschland ist ein Schlaraffenland in puncto ärztlicher Versorgung. Da braucht nur einer vom Balkan zu kommen, der einen Bekannten oder Verwandten in Deutschland mit gleichem Namen und einer gewissen Ähnlichkeit hat und sich dessen Chipkarte ausleihen. Schon ist das Ding geritzt. Mit dieser Chipkarte ist der Fremde bei der Arztbehandlung in das deutsche Gesundheitssystem integriert – bis hin zur Herzoperation.“ Missbrauch durch „wandernde“ Chipkarten und durch „Gesundheitstourismus“, so Hoppenthaller weiter, verursachen bundesweit einen Schaden von fast einer Milliarde Euro im Jahr.


      Zur Erinnerung: Der Amtseid, wie er in Artikel 56 des Grundgesetzes steht, verpflichtet die Politiker, ihre Kraft „dem Wohle des deutschen Volkes“ zu widmen, seinen Nutzen zu mehren und Schaden von ihm zu wenden. Man beachte: des „deutschen Volkes“! Vom Wohle fremder Völker oder gar multikultureller Betrüger ist nicht die Rede.
      Avatar
      schrieb am 05.08.03 09:15:29
      Beitrag Nr. 397 ()
      Kassen verwalten sich zu Tode

      Trotz aller Sparappelle haben die Verwaltungskosten der Gesetzlichen im vergangenen Jahr einen neuen Rekord erreicht.


      Nach der am Montag bekannt gewordenen neuen Jahresstatistik des Gesundheitsministeriums lagen die Verwaltungskosten über acht Milliarden Euro. Hatten AOK, Barmer und Co. 1991 pro Mitglied noch 94 Euro für Verwaltungsaufwand ausgegeben, so sind es im vergangenen Jahr 157 Euro gewesen. Auch im ersten Quartal hätten die Bürokratieausgaben mit 1,8 Milliarden Euro um 0,1 Milliarde höher gelegen als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.


      Kassen-Sprecher waren bereits am Wochenende davon ausgegangen, dass einige Versicherungen ihre Verwaltungsausgaben deutlich senken und die Beiträge reduzieren könnten. "Viele Krankenkassen können ihre Verwaltungskosten um bis zu einem Drittel kürzen", sagte der Sprecher der Gmünder Ersatzkasse der "Berliner Zeitung". [Anmerkung: Die Gmuender Ersatzkasse ist eine der innovativsten und bestgefuehrten Kassen deutschlands mit Vorbildcharakter]
      Der Sprecher der Direktkrankenkasse BIG erklärte, rechnerisch wäre ein 0,3 Punkte niedrigerer Durchschnitts-Beitragssatz möglich.

      Ministerium will Verwaltungskosten der Krankenkassen senken

      Das Gesundheitsministerium bestätigte die Zahlen und kritisierte die hohen Ausgaben für Bürokratie. Dazu sollen die Kassen ihren Versicherten künftig mitteilen, wie hoch der jeweilige Anteil der Verwaltungs- und Personalausgaben ist. Für 2004 wurde den Kassen bereits eine Null-Runde verordnet. Die Verwaltungsausgaben der gesetzlichen Kassen dürfen dann nur entsprechend den Einnahmen steigen.

      Neue Lasten durch Gesundheitskarte und Pflege

      Der Chef der Barmer Ersatzkasse, Eckart Fiedler, prophezeite neue Milliarden-Lasten. "Ab 2005 kommen auf die Kassen rund 1,5 Milliarden Euro an zusätzlichen Kosten zu, weil sie dann die medizinischen Behandlungskosten für Pflegefälle übernehmen", sagte er der "Financial Times Deutschland". Auch die elektronische Gesundheitskarte, die 2006 eingeführt werden soll, koste die Kassen mindestens 1 Milliarde Euro mehr.

      Gesundheitsministerium weist Kritik an Gesundheitskarte zurück

      Gesundheits-Staatssekretär Klaus Theo Schröder hat die Kritik der Krankenkassen an der geplanten elektronischen Gesundheitskarte zurückgewiesen. Durch die Einführung der Karten entständen zwar zunächst Kosten. Diese könnten aber durch ein innovatives Finanzierungskonzept "Zug um Zug" zurückverdient werden. Die Karte biete großes Einsparpotenzial, das Schröder auf eine Milliarde Euro bezifferte. So könnten künftig beispielsweise Kassenrezepte schneller und günstiger abgerechnet werden.

      05.08.2003, 05:15 Uhr focus.de
      Avatar
      schrieb am 05.08.03 09:24:11
      Beitrag Nr. 398 ()
      @ fettinsky

      Stimme Dir in allen Punkten zu...

      ich war fassungslos, als ich das jaemmerliche, erbaermliche Ergebnis sah, worauf der "Experte" Seehofer auch noch stolz war.

      So etwas mit einem Jahrhundertwerk Bismarks zu vergleichen, wie es die geradezu groessenwahnsinnige und inkompetente Frau Sonderschullehrerin Schmidt wagte, ist vom Ausmass der Wirklichkeitsverkennung her nicht mehr in Worte zu fassen.

      NICHTS - absolut GARNICHTS ist "reformiert" worden.
      Alle Chancen auf Strukturelle reformen - oder wenigstens Refoermchen - sind liegengelassen worden.

      Dafuer haben jetzt die Zahnaerzte die Lizenz zum Gelddrucken erhalten und das einzige, was man gemacht hat, ist der einseitig erfolgte Ausstieg aus der paritaetischen Kostenbeteiligung von Arbeitgebern und -nehmern.
      Ohne jeden Sinn und Verstand, die sinvolle und ueberfaellige Kopfpraemie, die eine extreme Entlastung im Bereich Lohnnebenkosten gebracht haette und endlich etwas mehr Gerechtigkeit gebracht haette, ist trotz vielfacher Bestrebungen in allen Parteien im Nirwana verschwunden.

      Einfach nur noch erbaermlich....
      Avatar
      schrieb am 05.08.03 17:23:09
      Beitrag Nr. 399 ()
      Krankenkassen-Bosse sahnen ab


      Nicht zuletzt die üppigen Vorstandsgehälter treiben bei den Krankenkassen die Verwaltungskosten in Schwindel erregende Höhen. Das Bundesversicherungsamt sei bei einer Prüfung der Vorstandsverträge auf eine Vielzahl von überhöhten Vergütungen gestoßen, berichtete die „Bild"-Zeitung am Dienstag.

      Das Versicherungsamt habe sich die Vorstandsverträge von rund 120 bundesweit tätigen Betriebs-, Innungs- und Ersatzkassen vorlegen lassen. Dabei deckten die Prüfer dem Blatt zufolge in neun Fällen auf, dass Kassen ihren Chefs zu hohe Gehälter zahlten.
      So erhielten Vorstände von kleinen Krankenversicherungen mit nur bis zu 20 000 Mitgliedern zwischen 100 000 und 120 000 Euro Gehalt im Jahr.

      Scharfe Kritik an den gestiegenen Verwaltungsausgaben der Kassen übte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Versicherte und Patienten (DGVP), Ekkehard
      Bahlo. „Es wäre besser, das Geld der Versicherten für die Kranken auszugeben als für die Verwaltung der Kassen“, sagte er.

      Angesichts der explodierenden Verwaltungskosten planen Ersatz- und Ortskrankenkassen die Schließung weiterer Geschäftsstellen sowie Entlassungen. Die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) Brandenburg, mit derzeit noch gut 2000 Mitarbeitern eine der größten Arbeitgeber im Bundesland, erwägt laut einem Bericht der „Financial Times Deutschland“ betriebsbedingte Kündigungen. Auch die Barmer Ersatzkasse wolle zusätzlich Geschäftsstellen schließen. Seit 1999 habe die Barmer bereits mehr als 1300 Mitarbeiter entlassen und 300
      Geschäftsstellen abgebaut.

      Laut Sozialministerium haben ihre Verwaltungskosten im vergangenen Jahr mit 8,02 Milliarden Euro ein neues Rekordhoch erreicht.

      Von Entlastung keine Spur

      In den nächsten Jahren rechnet die Barmer mit zusätzlichen Kosten in Milliardenhöhe für die Gesetzlichen Kassen. „Ab 2005 kommen auf die Kassen rund 1,5 Milliarden Euro an zusätzlichen Kosten zu, weil sie dann die medizinischen Behandlungskosten für Pflegefälle übernehmen“, sagte Eckart Fiedler, der Vorstandschef der Barmer Ersatzkasse, der „Financial Times Deutschland“.

      Eine weitere Milliarde Euro muss laut Fiedler in die ab 2006 geplante elektronische Gesundheitskarte investiert werden. Insgesamt beliefen sich die Mehrkosten für die Kassen in den nächsten drei Jahren auf mindestens 2,5 Milliarden Euro. „Diese Belastungen sind im aktuellen Finanztableau noch nicht enthalten“, sagte Fiedler.

      Nach dem Gesundheitskonsens von Regierung und Union soll der durchschnittliche Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung im nächsten Jahr von zurzeit 14,3 auf 13,6 Prozent sinken. Die gesetzlichen Kassen hatten der Regierung in der vergangenen Woche grundsätzlich zugesagt, die Beiträge zu reduzieren. Wie hoch die Kürzungen ausfallen sollen, wollten sie aber nicht festlegen.


      05.08.03, 10:45 Uhr focus
      Avatar
      schrieb am 10.08.03 22:08:56
      Beitrag Nr. 400 ()
      Gehört zwar eher zum rententhema, zeigt aber, wie desolat und politisch heruntergewirtschaftet unser Soziqlsystem ist:

      DER SPIEGEL 33/2003 - 11. August 2003
      URL: http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,260698,00.html




      Altersvorsorge

      Ende einer Illusion

      In aller Stille bereitet die Regierung tiefe Einschnitte in die gesetzliche Alterssicherung vor, die damit auf das Niveau einer Basisversorgung zusammenschmelzen dürfte. Schon planen Grüne und Union den Einstieg in einen grundlegenden Systemumbau.



      Ulla Schmidt versteht es, Grausamkeiten so in Worthülsen zu verpacken, dass sie kaum noch zu erkennen sind. "Auch die Älteren müssen mithelfen, die Lohnzusatzkosten zu senken", sagt die Sozialministerin etwa. Oder: "Ohne einen Beitrag der zukünftigen Rentner wird es nicht gelingen, eine neue Balance zwischen Rentnern und Beitragszahlern zu finden."

      Balance? Beitrag? Mithilfe? Deutschlands Senioren ahnen natürlich längst, was sich hinter dem Verbalnebel der Ressortchefin aus den vergangenen Wochen verbirgt: Die Regierung will an ihr Geld.

      Während die Republik noch eine aufgeregte Sommerlochdiskussion darüber führt, wie viele Hüftgelenke sie ihren Greisen künftig noch spendieren kann, bereiten die Beamten von Sozialministerin Schmidt und Finanzminister Hans Eichel hinter den verschlossenen Türen ihrer Berliner Amtssitze vor, was Rentnern wirklich wehtut: tiefe Einschnitte bei den Altersbezügen.

      Noch in diesem Herbst, so hat das Kabinett auf seiner Klausur in Neuhardenberg beschlossen, sollen die Minister die entsprechenden Gesetzentwürfe vorlegen - ohne Rücksicht auf die mächtige Seniorenlobby.





      Tatsächlich will die Regierung den Senioren in Zukunft allerhand zumuten: Das Rentenniveau soll erneut gesenkt werden, die Senioren müssen höhere Beiträge zur Pflegeversicherung abführen, Rentner sollen Steuern zahlen. Alles in allem werden die Rentenpläne die gesetzlichen Alterseinkünfte nach Schätzungen von Experten um mehr als 20 Prozent eindampfen.

      Was das bedeutet, zeigen interne Berechnungen aus der so genannten Rürup-Kommission der Bundesregierung sowie des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger: Danach werden die Vorhaben die gesetzliche Rente im Lauf der nächsten drei Jahrzehnte auf das Niveau einer Grundsicherung absenken. Selbst wer jahrzehntelang eingezahlt hat, kann dann künftig nur noch mit einer Rentenzahlung rechnen, die kaum höher liegt als die Sozialhilfe.

      Der Republik steht eine neue, alte Diskussion ins Haus. Wenn die Rente künftig für die Masse der Beschäftigten kaum noch das Lebensnotwendige sichern kann, warum nicht gleich den Umstieg auf ein System wagen, das der frühere sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf bereits vor 20 Jahren propagiert hat - die Grundrente?

      CDU-Chefin Angela Merkel hat ihre Sympathien für entsprechende Konzepte bereits zu erkennen gegeben. Bei den Grünen propagiert Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt ähnliche Ideen: "Wir müssen den Menschen ehrlich sagen, dass die gesetzliche Rente allein künftig nicht ausreichen wird, um den Lebensstandard im Alter zu sichern."

      Die Diskussion wird noch an Fahrt gewinnen, wenn die Regierung ihre Pläne in einigen Wochen vorlegt. Vorgesehen ist unter anderem:


      eine neue Rentenreform, um die Beiträge zu stabilisieren. Die fällige Altersgelderhöhung im nächsten Jahr soll ausgesetzt, das Rentenalter angehoben und ein so genannter Nachhaltigkeitsfaktor in die Rentenformel eingebaut werden. Er soll das Altersgeldniveau schon vom Jahr 2005 an stufenweise absenken. Der Abschlag wird sich im Jahr 2030 auf preisbereinigt rund 70 Euro je Monat belaufen, wie aus dem noch unveröffentlichten Abschlussbericht der Rürup-Kommission zur Reform der Sozialsysteme hervorgeht. Allein dadurch sinkt die Rente - zusätzlich zu den bereits beschlossenen Kürzungen der Riester-Reform - um weitere fünf Prozent.

      Auch die Not leidenden Kassen der Pflegeversicherung sollen mit Hilfe der Senioren saniert werden. Sozialministerin Schmidt prüft Pläne, den Rentnern künftig einen höheren Beitrag zur Pflegeversicherung abzuverlangen, nach Vorschlägen der Rürup-Kommission in Höhe von zwei Prozent der Altersbezüge. Für einen Durchschnittsrentner beliefe sich der so genannte intergenerative Lastenausgleich auf derzeit rund 20 Euro im Monat. Tendenz: steigend.

      Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts muss die Besteuerung der Rente grundlegend verändert werden. Heute lässt der Fiskus das gesetzliche Altersgeld weitgehend verschont, dafür greift er bei den Beiträgen der Arbeitnehmer zu. Finanzminister Hans Eichel will das Prinzip nun nach dem Verfahren der so genannten nachgelagerten Besteuerung umkehren: Schrittweise sollen die Versichertenabgaben in den nächsten Jahren vom Zugriff des Staates freigestellt, die Renten im Gegenzug besteuert werden.
      Den Effekt auf die Alterseinkünfte zeigen interne Modellrechnungen des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger: Danach bleiben Durchschnittsrentner in den nächsten Jahren zwar noch von Steuerzahlungen verschont. Wer aber im Jahr 2015 in Rente geht, muss auf seine Monatsrente bereits 35 Euro Steuern abführen. Im Jahr 2025 sind es bereits 138 Euro. Netto wird den Senioren die Rente damit um weitere 7,5 Prozent gekürzt.

      DER SPIEGEL


      Alles in allem werden die Pläne der rotgrünen Regierung die Renten in den nächsten zwei Jahrzehnten drastisch reduzieren. Der Bremer Ökonom Winfried Schmähl hat die Effekte addiert: Bereits die Riester-Rentenreform senkt das Renten-Niveau bis zum Jahr 2030 von derzeit 70 auf rund 64 Prozent der Nettolöhne. Die geplante Rentenreform der Regierung würde das Niveau im Jahr 2030 weiter auf nur noch 54 Prozent drücken. Und wer dann in Rente geht, muss als Folge der neuen Besteuerungsregeln mit einem weiteren Rückgang seiner Altersbezüge auf deutlich unter 50 Prozent rechnen.

      Das gesetzliche Altersgeld würde damit endgültig zu einer "Grundrente demontiert", sagt Schmähl. Mit gravierenden Folgen: Heute muss ein Durchschnittsverdiener rund 26 Jahre arbeiten, um ein Altersgeld auf dem Niveau der Sozialhilfe zu erhalten. Künftig wird er rund 37 Jahre berufstätig sein, um mit dem staatlichen Altersgeld wenigstens die Armutsschwelle zu überwinden. Dass die Rentenversicherung den Lebensstandard im Alter halbwegs halten kann, würde damit "endgültig zu einer Illusion", so Schmähl.

      Die Deutschen müssen sich umstellen. Derzeit geht es ihren Senioren so gut wie noch keiner anderen Rentnergeneration vor ihnen. So beziehen die meisten Männer im alten Bundesgebiet gegenwärtig eine monatliche Rente von 1200 Euro und mehr. Die Mehrheit der Männer Ostdeutschlands hat im Laufe ihres Berufslebens immerhin Ansprüche von 1000 Euro pro Monat erworben.

      Die durchschnittlichen Haushaltsbezüge der Senioren liegen jedoch noch wesentlich höher: Etwa jeder Zweite hat im Rentenalter neben dem staatlichen Altersgeld zusätzliche Einkünfte. Die einen besitzen Eigentumswohnungen, die anderen bekommen Betriebsrenten oder Lebensversicherungen, manche erhalten Zinsen aus Sparguthaben, einige wenige gehen sogar im hohen Alter noch arbeiten. Allerdings unterscheidet sich die Höhe der Zusatzeinkommen zwischen den alten und den neuen Bundesländern deutlich. Im Westen kommen immerhin durchschnittlich rund 400 Euro pro Rentner, im Osten über 100 Euro zur staatlichen Altersrente hinzu.

      Zählt man alle Einkommensquellen zusammen, so kann ein verheiratetes Seniorenpaar in den alten Bundesländern im Alter über durchschnittlich knapp 2000 Euro netto monatlich verfügen, in den neuen Bundesländern immerhin noch über 1750 Euro.

      Da verwundert es nicht, dass nur 1,5 Prozent der Älteren auf Sozialhilfe angewiesen sind, in der Gesamtbevölkerung sind es mehr als doppelt so viele.

      Dass es den heutigen Senioren materiell gut geht, haben sie nicht nur den großzügigen Rentengesetzen aus den Aufbaujahren der Republik zu verdanken, sondern auch der eigenen Gebärfreudigkeit. Die heutige Rentnergeneration hat genau jene Babyboomer der fünfziger und sechziger Jahre großgezogen, die derzeit noch die Fabriken und Büros bevölkern und mit ihren Beiträgen die Alterskassen füllen.

      Wenn diese Generation aber in einigen Jahren selbst in den Ruhestand wechselt, bekommt sie unausweichlich die Quittung für die Kinder-nein-danke-Mentalität der vergangenen drei Jahrzehnte präsentiert. Weil seit Anfang der siebziger Jahre die Geburtenrate drastisch sank, fehlt es bald an Beitragszahlern, um das heutige Rentenniveau zu halten.

      Die finanziellen Folgen hat das Deutsche Institut für Altersvorsorge berechnet. Danach hat ein 1930 geborener allein stehender Durchschnittsverdiener in 45 Arbeitsjahren rund 95 600 Euro in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt. Dafür erhält er das 1,7fache an Rente zurück: etwa 167 200 Euro. Das entspricht einer internen Rendite von real drei Prozent.

      Wer dagegen 2015 das Rentenalter erreicht, erzielt noch eine Rendite von gut einem Prozent. Jahrgänge, die 2030 in Rente gehen, können gerade mal den Gegenwert ihrer Beiträge als Rente erwarten. Wer noch später Rentner wird, muss sogar mit einer negativen Rendite rechnen. So bekommt der kinderlose Durchschnittsrentner des Jahres 2040 nur noch 80 Prozent seiner eingezahlten Beiträge zurück.

      So verheerend sind die Zahlen, dass in der Politik radikalere Reformpläne wieder Auftrieb erhalten: vor allem das bereits vor Jahrzehnten entwickelte Grundrentenkonzept des früheren sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf. Anstatt den schleichenden Tod des bestehenden Rentensystems abzuwarten, so die Idee, solle die Politik den unvermeidlichen Übergang lieber rasch und gezielt vollziehen: Ausgezahlt würde ein Sockelbetrag für alle auf Sozialhilfeniveau, finanziert von allen Steuerzahlern. Wer im Alter besser leben will, muss zusätzlich privat vorsorgen.

      Während die Regierungspartei SPD solche Konzepte bislang noch kategorisch ablehnt, haben die Grünen die Einführung eines ähnlichen Systems bereits vor wenigen Wochen auf einem Parteitag beschlossen. In der Union wächst die Zahl der Befürworter. Noch vor kurzem wurde die Idee einer Grundsicherung für die Altersversorgung von der CDU-Führung als "Einzelmeinung" des Ex-Ministers Horst Seehofer abgetan. Der christdemokratische Generalsekretär Laurenz Meyer gab die Parole aus: "Das ist nicht unsere Position." Jetzt teilt Parteichefin Merkel mit: "Wir lassen das derzeit durchrechnen." Und auch CSU-Chef Edmund Stoiber halte eine steuerfinanzierte Sockelrente für einen "interessanten" Vorschlag, verkündete kürzlich sein Generalsekretär Thomas Goppel.

      Wo christliche Politiker bislang sozialistische Gleichmacherei entdeckten, weil die Altersrente nicht mehr von der eigenen Arbeitsleistung abhängt, sehen sie nun Vorteile: Die Belastung des Faktors Arbeit mit Sozialbeiträgen würde drastisch sinken. Anders als heute müssten alle Bürger - auch Beamte und Selbständige - das Sozialsystem finanzieren. Ebenso würden neben dem Lohn auch Einkünfte aus Immobilienbesitz oder Wertpapieranlagen für die Finanzierung der Rente herangezogen.

      Ein Problem freilich haben die Biedenkopf-Nachfolger bis heute nicht gelöst. Wie kann der Übergang ins neue System organisiert werden? Die Ansprüche heutiger Rentner und Beitragszahler nämlich sind zu einem Gutteil verfassungsrechtlich geschützt. Für eine geraume Zeit müssten die Deutschen deshalb doppelt zahlen: für die Altansprüche der bisher Versicherten wie für den Aufbau des neuen Systems.

      Dennoch wächst in der Union die Bereitschaft, den Neustart zu wagen. "Die langfristigen Vorteile sind größer als die kurzfristigen Schwierigkeiten", urteilt Hermann-Josef Arentz, Chef der christdemokratischen Arbeitnehmer (CDA). "Das wäre ein Schub für mehr Arbeitsplätze."

      Die Bewahrer des alten Systems geraten derweil ins Abseits. Es gehe um den Unterschied zwischen "Bürger und Untertan", polemisierte noch jüngst Ex-Arbeitsminister Norbert Blüm, der sich in seiner Amtszeit unnachgiebig gegen die Biedenkopf-Ideen stemmte. "Die Grundrente ist ein Anschlag auf Fleiß und Sparsamkeit der Arbeitnehmer."

      Doch an die alten Slogans glauben inzwischen nicht einmal mehr die eigenen Verbündeten. Der CDU-Sozialexperte Josef Hecken zum Beispiel, der als Blüms Büroleiter jahrelang den Abwehrkampf gegen die Ideen des sächsischen Ministerpräsidenten organisierte, hat sich als zuständiger Staatssekretär des saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller inzwischen zum glühenden Befürworter der Grundrente gewandelt. "Der schönen Vergangenheit nachzuweinen ist sinnlos", sagt er heute. "Die Vergangenheit ist tot."


      MICHAEL SAUGA, CHRISTOPH SCHULT, JANKO TIETZ
      Avatar
      schrieb am 10.08.03 23:08:53
      Beitrag Nr. 401 ()
      War doch klar, dass der Generationenvertrag nicht mehr funktionieren kann.

      Unsere Geldverwalter haben zu allem Übel auch noch die stillen Reserven verzockt, unsere Staatsbanken den Enrons
      nachgeschmissen.
      Unsere CEOs setzen sich ins Ausland ab, nur unsere Apparatschkis meinen, sie leben auf einer Insel der Glückseligen.

      Unser Joschka sollte sich mal fragen, ob der Steuerzahler weiterhin gewillt ist, ihn mit seinen Steuern zu bezahlen,
      dass er mit unseren Geldern durch die Gegend fliegt, dass
      er seinen Lebensabend mit fetten Absicherungen genießen kann.

      Er sollte mal über seine eigenen ungerechtfertigten Privilegien nachdenken, bevor er mit der Keule um sich schlägt.
      Avatar
      schrieb am 27.08.03 01:36:05
      Beitrag Nr. 402 ()
      GESETZLICHE KRANKENKASSEN

      Offenbar erneuter Milliarden-Verlust

      Nach immensen Verlusten im Vorjahr haben die gesetzlichen Krankenkassen laut eines Zeitungsberichts im ersten Halbjahr 2003 abermals ein Milliarden-Defizit eingefahren.

      Frankfurt am Main - Nach Angaben aus Kassenkreisen hätten die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) in den ersten sechs Monaten dieses Jahres ein Defizit von etwa 900 Millionen Euro verbucht, berichtet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) in ihrer Mittwochsausgabe. Bei den Ersatzkassen belaufe sich der Verlust auf deutlich mehr als 700 Millionen Euro.

      Auch die Betriebs- und Innungskassen dürften Millionenfehlbeträge ausweisen. Sprecher der Krankenkassen verweigerten zu dem Bericht jeden Kommentar.

      Die Verlusthöhe ginge aus ersten Berechnungen der Spitzenverbände der Kassen hervor, berichtet die "FAZ". Die Kassen müssen die Daten bis zum Monatsende dem Bundesgesundheitsministerium übermitteln.

      Im Vorjahreszeitraum hatte die AOK noch ein Defizit von 850 Millionen Euro eingefahren. Bei den Ersatzkassen betrug der Verlust im ersten Halbjahr 2002 gut eine Milliarde Euro. Zum Jahreswechsel hatten mehrere große Kassen ihre Beitragssätze angehoben.

      http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,263059,00.html

      Das Beitragssicherungsgesetz von Ulla Schmidt scheint wieder einmal ein voller Erfolg zu werden!
      Avatar
      schrieb am 27.08.03 13:14:43
      Beitrag Nr. 403 ()
      Brüderle: Bürgerversicherung ist Sozialismus durch die Hintertür

      Kaum hat die Bundesregierung das 2000-Seiten-starke Reformpaket geschnürt, macht sie sich schon daran, es wieder zu zerpflücken. Die Grünen-Fraktion beharrt nach wie vor auf der Einführung einer Bürgerversicherung. SPD-Fraktionschef Franz Müntefering hingegen warnt davor, mit einer Debatte darüber die Bürger noch mehr zu verunsichern. FDP-Parteivize Rainer Brüderle meint: "Mit der grünen Umverteilungsideologie ist der totale Kollaps bei der Rente und der Krankenversicherung vorprogrammiert."

      Am Donnerstag will die so genannte Rürup-Kommission ihre Vorschläge zur Reform des Rentensystems präsentieren, doch schon jetzt bahnt sich zwischen SPD und Grünen ein Streit an. So unterstützen die Grünen den Vorschlag der Kommission zur Anhebung des gesetzlichen Rentenbeginns. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Thea Dückert hat zudem am Montag die Forderung nach einem raschen Systemwechsel in der Krankenversicherung bekräftigt. Die Frage der Einführung einer Bürgerversicherung stehe auf der Tagesordnung, sagte sie der "Rheinischen Post".

      Die SPD-Fraktion hingegen lehnt vor allem die Pläne von Kommissionschef Bert Rürup zur Absenkung des Rentenniveaus und zur Verschiebung des Renteneinstiegsalters ab. Müntefering hatte die Grünen zudem davor gewarnt, nach dem Kompromiss zwischen Regierung und Union zur Gesundheitsreform nun mit einer Debatte über eine Bürgerversicherung im Gesundheitswesen die Menschen zu verunsichern. Ein Wechsel zur Bürgerversicherung, wie ihn die Grünen wollten, könne die Probleme im Gesundheitswesen allein nicht lösen.

      Auch FDP-Parteivize Rainer Brüderle lehnt die Bürgerversicherung kategorisch ab. "Mit dem dreisten Etikettenschwindel namens Bürgerversicherung wollen die Grünen den Sozialismus durch die Hintertür wieder einführen", warnt der FDP-Wirtschaftsexperte. Es sei "absolut widersinnig", Selbstständige und Beamte in die überforderten Sozialsysteme zu zwingen. Denn die Beitragszahler von heute seien die Leistungsbezieher von morgen.

      Nach Ansicht Brüderles mache die "grüne Einheitsversicherung nach dem DDR-Modell" das Sozialsystem nicht zukunftsfest. Im Gegenteil: Die langfristigen Probleme der Alterssicherung oder der Krankenversicherung würden weiter verschärft. "Wir müssen aber genau den umgekehrten Weg gehen. Wir brauchen mehr Vielfalt, mehr Eigenverantwortung und mehr Wettbewerb in der Renten- und Krankenversicherung" so Brüderle.

      Die FDP-Bundestagsfraktion fordert ein langfristig tragfähiges Konzept und legt jetzt ein eigenes Rentenpapier vor. "Die FDP-Bundestagsfraktion will einen Systemwechsel in der Rentenpolitik, denn nur dann kann man die Menschen überzeugen, dass die bittere Medizin, die sie schlucken müssen, auch wirklich hilft", erklärt der rentenpolitische Sprecher Heinrich Kolb. FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt und der Sprecher für demographische Entwicklung, Daniel Bahr, stellen das Rentenpapier am Dienstag in Berlin vor.

      http://mdb.liberale.de/fraktion/dateien/initiativen/03-08-26…
      Avatar
      schrieb am 27.08.03 14:23:41
      Beitrag Nr. 404 ()
      #402...ich habe brüderle einmal angeschrieben, ob er und seine parteikollegen nicht ein gesetz einbringen wollen, der alle abgeordneten in die sozialversicherungsysteme einbindet, damit sie der mehrheit der wähler angehören.
      ich habe mich dabei auf westerwelle berufen, der dies im fernsehen vorgetragen hatte.

      das jahr ist bald um, es herrscht schweigen im walde.

      wasser predigen, wein saufen!
      Avatar
      schrieb am 27.08.03 15:23:53
      Beitrag Nr. 405 ()
      403...Du glaubst doch nicht im ernst, daß der Mann genug Zeit hat, jeden Brief den er bekommt zu beantworten. Nicht immer von dir auf andere schließen.
      Avatar
      schrieb am 27.08.03 18:09:26
      Beitrag Nr. 406 ()
      Man sollte den gesamten Versicherungbereich von Gesundheit bis Rente privatisieren. Die können es besser als die aufgeblähten Schuldenmacher von AOK und Co.
      Avatar
      schrieb am 28.08.03 15:58:15
      Beitrag Nr. 407 ()
      Schwedens Rat für Schröder
      aus Stockholm REINHARD WOLFF
      "Du musst das gleich und auf einem Schlag durchziehen", soll Ministerpräsident Göran Persson seinem deutschen Parteifreund Gerhard Schröder im letzten Jahr geraten haben. Aus eigener Sanierungserfahrung. Denn Perssons Sozialdemokraten muten den SchwedInnen schon seit Mitte der 90er-Jahre eine Selbstbeteiligung beim Gang zum Arzt zu.

      Je nach Wohnort werden in Schweden beim Allgemeinarzt zwischen 11 und 15 Euro fällig. Beim Facharzt klettert die Pauschale auf 14 bis 25 Euro. Auch die Zeiten kostenlosen Krankenhausaufenthalts sind vorbei. Hier ist das Einkommen für die Zuzahlung entscheidend. Höchstens wird jedoch eine Beteiligung von täglich rund 8 Euro fällig. Und auch für die insgesamt anfallenden Arztkosten gibt es eine Höchstgrenze: Mehr als 100 Euro muss niemand pro Kalenderjahr dafür ausgeben.

      Die Einführung und stetige Anhebung des Eigenanteils wird als wesentlicher Grund dafür gesehen, dass sich der Anstieg der Kosten des Gesundheitswesens in den letzten zehn Jahren bei jährlich unter 2 Prozent hielt. Mit einer Ausnahme. Die Kosten für Zahn- und Zahnersatzbehandlung stiegen zwischen 1998 und 2002 um 40 Prozent an. Die Regierung versuchte zuerst, diesen Sektor für eine freie Preissetzung zu öffnen. Was dazu führte, dass sich die Zahl der Zahnärzte kräftig erhöhte. Die damit steigende Konkurrenz führte allerdings nicht zu einem Preisdruck, sondern im Gegenteil zu einem weiteren Preisschub. Mindestens 40 Euro müssen jetzt für eine einfache Zahnuntersuchung gezahlt werden, aller Zahnersatz ist aus eigener Tasche zu finanzieren - es sei denn, man schließt eine teure Zusatzversicherung ab.

      Wenn Schweden jetzt oft als Beispiel einer gelungenen Sanierung des Gesundheitswesens gelobt wird, übersieht man meist die negativen Auswirkungen auf Service und Arbeitsmarkt: Da Personal eingespart wurde, muss der Patient oft monatelang auf eine Operation warten.

      Und auch politisch musste Göran Persson Federn lassen. Seine Partei hat Mitglieder wie WählerInnen verloren. Die exkommunistische Linkspartei konnte ihren Stimmenanteil in den Reformjahren verdoppeln und verdreifachen. Wenn Persson letztendlich doch im Amt blieb, nicht nur 2002, sondern auch bei den Wahlen 1998, als die Einschnitte noch wesentlich deutlicher spürbar waren, dann vor allem wegen einer fehlenden Alternative.

      Dabei hatte es der Ministerpräsident bei seiner Gesundheitsreform viel einfacher als Bundeskanzler Schröder. Denn das schwedische Sozialsystem wird über Steuern und nicht wie in Deutschland über Abgaben von Arbeitgebern und Arbeitnehmern finanziert. Ein privater Gesundheits- und Pflegesektor existierte damals praktisch nicht. So konnte Persson zentral und von oben eingreifen, ohne Rücksicht auf eine Vielzahl von Behörden, Kassen und Interessenverbänden zu nehmen. Bei einem über Steuern finanzierten Gesundheitssystem entfiel zudem die pädagogische Aufgabe, zu erklären, warum neben saftigen Krankenversicherungsbeiträgen auch noch eine Eigenleistung gezahlt werden soll. Ein Hinweis auf die Grenzen des Staatsbudgets genügte.

      Eine entscheidende Rolle bei der ohne große gesellschaftliche Proteste umgesetzten Reform kam den Gewerkschaften zu. In diesen sind rund 80 Prozent der SchwedInnnen organisiert, und so sehen sie es traditionell als ihre Aufgabe an, "gesamtwirtschaftliche Verantwortung" zu übernehmen. So gewöhnten sich die SchwedInnen, die bis dahin einen Staat kannten, der ihnen alles kostenlos liefert, erstaunlich schnell daran, dass sie für ihre Gesundheit nun kräftig in die Tasche greifen müssen.

      taz Nr. 7142 vom 28.8.2003, Seite 4, 122 TAZ-Bericht REINHARD WOLFF
      Avatar
      schrieb am 28.08.03 16:03:27
      Beitrag Nr. 408 ()
      Ein Millionär zahlt auch nicht mehr
      aus Zürich TONI KEPPELER
      Als in der Schweiz am 1. Januar 1996 das Krankenversicherungsgesetz in Kraft trat, wollte das Parlament damit drei Dinge erreichen: Es sollten die gesellschaftliche Solidarität bei der Finanzierung des Krankenwesens gestärkt, die Kosten gedämpft und die hohe Versorgungsqualität gesichert werden.

      Tatsächlich wurde - mit Einschränkungen - nur das letzte Ziel erreicht: Mit der obligatorischen Grundversicherung (vorher gab es keine Pflichtversicherung) hat jeder, der in der Schweiz lebt, Zugang zu einem engmaschigen Netz aus niedergelassenen Ärzten und Kantonalskrankenhäusern. Die Versicherung deckt Prävention, Medikamente, ambulante und stationäre medizinische Versorgung und Pflege ab. Allerdings: Zahnärztliche Behandlung oder Zahnersatz sind nicht versichert. Und die durchweg privaten Versicherungen bezahlen keinen Lohnausgleich im Krankheitsfall.

      Das Ziel der Kostendämpfung wurde weit verfehlt. Das Schweizer Gesundheitswesen schluckt 10,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Weltweit liegen nur noch die USA darüber, Deutschland ein paar Zehntelprozentpunkte darunter. Der Umfang der von den Versicherungen bezahlten Leistungen stieg von 1996 bis 2001 um 31,5 Prozent, die den Patienten zusätzlich zur Versicherungsprämie abverlangte Eigenbeteiligung sogar um 42,9 Prozent. Die Beiträge selbst stiegen allein von 2002 auf 2003 um 10 Prozent.

      Was die Berner Regierung unter Solidarität versteht, blieb schließlich völlig unklar. Jeder Schweizer, egal ob Multimillionär oder Fabrikarbeiter, bezahlt im selben Kanton in derselben Kasse dasselbe. Und er bezahlt alleine. Der Arbeitgeber bezahlt nichts. Nur für unter 25-Jährige gibt es Rabatte. Einkommensschwache können Zuschüsse vom Bund und Kanton bekommen. In der Theorie sollen die Beiträge 10 Prozent des Familieneinkommens nicht übersteigen. In der Praxis aber tun sie es oft genug trotzdem.

      Im Durchschnitt bezahlt jeder eine Kopfprämie von 269 Franken (rund 180 Euro) im Monat. Dazu kommen im Krankheitsfall die ersten 230 Franken im Jahr (Jahresfranchise) und von den ersten 6.000 Franken weitere 10 Prozent (Selbstbehalt). Vorteile haben jene, die gerne ein Risiko eingehen: Die monatlichen Beiträge können durch eine höhere Jahresfranchise (bis 1.500 Franken) gesenkt werden.

      taz Nr. 7142 vom 28.8.2003, Seite 4, 79 TAZ-Bericht TONI KEPPELER
      Avatar
      schrieb am 28.08.03 16:04:38
      Beitrag Nr. 409 ()
      Mit dem Hausarzt zur "Gezondheid"
      von KATHARINA KORELL
      "Bei uns geht man nicht gleich bei jedem kleinen Schnupfen zum Arzt", erklärt Suzanne van Leeuwen. Die BWL-Studentin aus Utrecht kennt das holländische Gesundheitssystem nämlich sehr genau. Sie weiß, dass der Arztbesuch häufig Wartezeiten bedeutet. Vor einem Jahr bekam sie diese Schwäche am eigenen Leib zu spüren: "Obwohl ich mein Knie beim Ballett so verletzt hatte, dass ich nur noch auf allen vieren kriechen konnte, sollte ich erst Monate später einen Termin für die Krankengymnastik bekommen", erzählt die 23-Jährige. Sie wollte ihr Los nicht hinnehmen und tat, was viele Holländer seit Jahren tun: Suzanne packte ihre Koffer und fuhr über die Grenze ins benachbarte Belgien. Dort wurde sie sofort behandelt.

      Die chronische Suche nach Ärzten hat einen einfachen Grund: den Mangel an Spezialisten. In Holland muss der Patient zunächst in jedem Fall den Hausarzt aufsuchen. Der überweist dann weiter an den Facharzt. Mit diesem "Hausarztsystem" sollen Patienten gelenkt und damit teure Mehrfachuntersuchungen vermieden werden. Dementsprechend ist der Pflichtbeitrag der gesetzlichen Krankenkassen gering. Bei einem durchschnittlichen Jahreseinkommen von 30.700 Euro muss der Holländer den Grundbetrag von 34,72 Euro monatlich entrichten. Abgedeckt ist damit die Basisversorgung. Alles, was darüber hinausgeht - beispielsweise Zahnersatz und Füllungen -, wird nicht bezahlt.

      Knapp 36 Prozent der Bürger im Reich von Königin Beatrix zahlen deshalb zusätzlich noch in private Versicherungen ein. Dann hat man auch das Privileg, sich den Arzt selbst auszuwählen. Denn der Kassenpatient muss - ob er will oder nicht - zu einem der an die rund 40 staatlichen Krankenkassen vertraglich gebundenen Ärzte. Der Besuch bei einem anderen Arzt geht nur gegen Cash.

      Bei dringenden Fällen hilft inzwischen der Ausflug ins World Wide Web. Auf der Homepage der Niederländischen Zahnarztkammer (NMT) findet man vielleicht einen der heiß begehrten freien Termine bei einem ihrer 7.300 Ärzte. "Die Sorge um die eigene Gesundheit ist unproportional zu der Zahl der ausgebildeten Ärzte gestiegen", meint NMT-Sprecherin Kyra Van der Mevlen.

      Die Zahnarztkammer bewertet diese Tendenz als positiv und regt sich deshalb über das eigene Gesundheitsministerium auf. Erst vor fünf Monaten nahm der Gesundheitsminister Hans Hoogervorst die kostenlose Untersuchung der Zähne durch Röntgenaufnahmen aus dem Paket der Basisversorgung für Pflichtversicherte heraus. "Aber gerade die Kontrolle vermeidet später schwere und teure Eingriffe", sagt Van der Mevlen.

      Suzanne will Holland und dem Gesundheitssystem im September den Rücken kehren und in den USA anfangen zu arbeiten. Dann wird eine neue Versicherung fällig. Und die wird mit Sicherheit privat sein.

      taz Nr. 7142 vom 28.8.2003, Seite 4, 96 TAZ-Bericht KATHARINA KORELL
      Avatar
      schrieb am 28.08.03 16:06:04
      Beitrag Nr. 410 ()
      Blair will eine Krankenhauselite
      aus London RALF SOTSCHECK
      Ein Gesundheitssystem für das 21. Jahrhundert hatte Tony Blair den britischen Wählern bei seinem Amtsantritt versprochen. Das war vor gut sechs Jahren. Zunächst einmal tat sich gar nichts, die Wartelisten blieben hartnäckig lang, und dann kam der Winter 1999/2000. Eine Grippeepidemie sorgte dafür, dass Britanniens Krankenhäuser kurz vor dem Zusammenbruch standen. Operationen mussten verschoben werden, Patienten lagen tagelang auf Bahren in den Gängen, Leichen mussten in Kühllastwagen gelagert werden, weil die Leichenhallen überfüllt waren. Die Medien verglichen das britische Gesundheitssystem damals mit der Dritten Welt.

      Blair, der um seine Wiederwahl bangte, versprach massive Investitionen, gekoppelt an weitreichende Reformen. Vor drei Jahren stellte er seinen Reformplan vor. In dem 143 Seiten dicken Papier war die Rede davon, die "Gesundheit der Nation" zu verbessern. Neue Krankenhäuser sollten gebaut, neue medizinische Geräte angeschafft sowie mehr Krankenschwestern und Ärzte eingestellt werden. Dafür will Blair zusätzlich 40 Milliarden Pfund (58 Milliarden Euro) bis 2008 investieren.

      Kernstück der Reformen sind die "foundation hospitals": Krankenhäuser, die bisher besonders effizient gearbeitet haben und nun mehr Autonomie erhalten sollen. Die Leitung der Hospitäler darf ihre Angestellten übertariflich bezahlen, sie darf Geld von Banken leihen und die Einnahmen aus dem Verkauf von Land behalten.

      Doch noch hat Tony Blair seine Reform nicht umgesetzt. Mehr als 60 Labour-Abgeordnete rebellierten im Mai gegen die Gesetzesvorlage, es war einer der größten Proteste bei einem innenpolitischen Thema.

      Und auch die britischen Gewerkschaften wollen das Projekt des Premiers verhindern. Sie befürchten, dass die Erlaubnis für unterschiedliche Gehälter zu einem zweigleisigen Gesundheitssystem führen werde. Wenn die Elitekrankenhäuser mehr zahlen, können sie Ärzte und Krankenschwestern von anderen Krankenhäusern abwerben. Dadurch würden die "foundation hospitals" dann noch leistungsstärker und würden noch mehr Zuschüsse, die nach Leistung bemessen sind, erhalten. Die Kluft zwischen der Elite der Krankenhäuser und den normalen Kliniken würde auf diese Weise immer weiter wachsen. Das sei zwar noch keine direkte Privatisierung, beklagt Exgesundheitsminister Frank Dobson, aber es sei ein erster Schritt in diese Richtung.

      Bisher hat noch jede britische Regierung versucht, das Gesundheitssystem zu reformieren, sie sind alle daran gescheitert. Und Tony Blair wird das auch, glaubt Gill Morgan vom Nationalen Gesundheitsdienst. Sie beschuldigte die Labour-Regierung, praktische Verbesserungen im Gesundheitswesen zugunsten "effektheischender struktureller Änderungen" wie der "foundation hospitals" aufgegeben zu haben.

      Der Erfolg der Gesundheitsreform würde aber nicht auf werbewirksamen Initiativen basieren, sondern vielmehr auf Veränderungen bei der Arbeitsorganisation, bei der Integration der Informationstechnologie und bei den Optionen für die Patienten auf lokaler Ebene, sagte sie und fügte hinzu: "Man kann große Verbesserungen herbeiführen, ohne die Struktur zu verändern, denn die perfekte Struktur gibt es nicht und wird es nie geben. In meinem Alter wird mir schwindlig, wenn dieselben Diskussionen und dieselben Optionen nun zum zweiten Mal die Runde machen - oder sogar zum dritten Mal."

      taz Nr. 7142 vom 28.8.2003, Seite 4, 117 TAZ-Bericht RALF SOTSCHECK
      Avatar
      schrieb am 28.08.03 16:07:32
      Beitrag Nr. 411 ()
      Rürups Reformladen macht heute seine Räumungsparty
      Nach neun Monaten mit Rürup & Co liegt wenigstens etwas vor: eine halbwegs lesbare Materialsammlung. Die wird heute mit Ulla Schmidt, Sekt und Selters gefeiert. Richtig neue Thesen hat die Kommission zur Sanierung der Sozialsysteme jedoch nur für die Pflegeversicherung erarbeitet
      BERLIN taz Stimmt, die Bibel klingt anders. "Verteilungsmäßige Schlechterstellungen der Versicherten im Vergleich zum gegenwärtigen System können durch die Gestaltung des Zuschusssystems und seiner Finanzierung vermieden werden, allerdings ergäbe sich dann ein zusätzlicher Finanzierungsbedarf und damit eine entsprechende Belastung der öffentlichen Haushalte." So zum Beispiel erläutert der Rürup-Bericht den Umstand, dass es ja schön wäre, wenn Steuergelder für die Krankenversicherung armer Leute da wären.

      Nun wird der Bericht der Kommission zur Sanierung der Sozialsysteme erst heute Morgen offiziell an die Sozialministerin Ulla Schmidt (SPD) übergeben. Mit den Worten, er sei "nicht die Bibel", hat sich jedoch Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) bereits von dem 400-seitigen Werk der 26 Fachleute aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik distanziert. Er wollte damit sagen, dass nicht alle Vorschläge im Bericht zur Sanierung des Renten-, Gesundheits- und Pflegesystems heilig sind. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit.

      Einen Gesetzentwurf zu Rente und Pflege hat die Regierung für den Oktober angekündigt. Mindestens bis dahin wird die Debatte um die "Rente mit 67", die Rentenschrumpfung gemessen am Nettoverdienst und den Stopp der Rentenerhöhung also noch weitergehen. Dass sich ein Gesetzentwurf dicht an der von Bert Rürup geleiteten Kommission orientieren wird, ist bereits klar - schließlich hat das Gremium bereits bekannte Ideen zusammengefügt. Und so viele Möglichkeiten, die Altersversorgung einer alternden Bevölkerung zu sichern, gibt es nicht.

      In der Gesundheit hat die Kommission keinen gemeinsamen Vorschlag erarbeitet, sondern zwei Wege aufgezeigt: zur "Kopfpauschale", den einheitlichen Kassenbeitrag für alle ohne Arbeitgeberanteil, und zur "Bürgerversicherung", einer gesetzlichen Versicherung auch für Gutverdiener und Beamte. Lediglich in der Pflege hat die Rürup-Kommission eine erste kritische Bestandsaufnahme der 1995 eingeführten Versicherung geleistet und neue Thesen produziert. Ausgehend davon, dass es im Jahr 2040 3,5 Millionen Pflegebedürftige geben wird (heute knapp 2 Millionen), schlägt die Kommission vor, Rentner erhöhte Beiträge zahlen zu lassen. Diese würden in eine Vorsorge für die Jüngeren umgemünzt. Hier kommt der "intergenerative Ausgleich" zum Tragen, die zurzeit vielbeschworene "Generationengerechtigkeit".

      Doch unabhängig davon, ob die Vorschläge Gesetz werden oder nicht: Die Kommission hat für die verzwickten und schwer überschaubaren sozialen Sicherungssysteme eine Materialsammlung erstellt, die ausführlich und für eingearbeitete Laien - Abgeordnete zum Beispiel - lesbar ist. Nichts anderes wird die rot-grüne Regierung erwartet haben, als sie im November 2002 die Kommission mit Experten besetzte, deren Unwillen, sich zu einigen, bekannt war.

      Die despektierliche Äußerung des Kanzlers -"nicht die Bibel" - soll daher nicht nur der Politik einen Handlungsspielraum zumessen. Sondern sie soll auch die Kommission selbst für ihre Medienpolitik kritisieren. Denn nicht Streit sollte ja vermieden werden, sondern eine Veröffentlichung von Streit, die den Politikern schaden könnte. Genau dies drohte jedoch zu geschehen, als etwa die Privatisierungsforderungen des Freiburger Ökonomen Bernd Raffelhüschen als Mehrheitsmeinungen kursierten. Oder als die Chefin des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, Barbara Stolterfoht, aus Wut darüber, sich gegen die Wissenschaftler-Gang nicht durchsetzen zu können, die ganze Kommissions-Berufung verfluchte.

      Heute jedoch ist es mit der Ärgerei vorbei. Dann wird Ulla Schmidt sich lächelnd bedanken und versprechen, den Bericht ernst zu nehmen. Und nichts anderes wird die Kommission erwartet haben.

      ULRIKE WINKELMANN

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      taz Nr. 7142 vom 28.8.2003, Seite 6, 129 TAZ-Bericht ULRIKE WINKELMANN
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      schrieb am 31.08.03 20:12:23
      Beitrag Nr. 412 ()
      Medizinermangel

      Ärzte auf der Flucht

      Der Befund ist eindeutig: Mediziner gilt längst nicht mehr als Traumberuf. Die deutsche Ärzteschaft schlägt Alarm, weil ihr der Nachwuchs davonläuft. Viele Krankenhäuser können inzwischen offene Stellen nicht mehr besetzen.



      Uni-Klinik: Ernste Nachwuchssorgen


      Der deutschen Ärzteschaft fehlt der Nachwuchs. Das geht aus einer Studie der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) hervor. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer, sagte: "Jedes zweite Krankenhaus kann offene Stellen im Dienst nicht mehr besetzen, in Ostdeutschland sind es sogar vier Fünftel der Krankenhäuser."

      Im Jahr 1998 gab es noch rund 9400 Absolventen eines Medizinstudiums, 2002 waren es lediglich 8900. "Arzt im Praktikum" (AiP) wurden von den Absolventen des vergangenen Jahres nur 6700. Der Schock durch das "praktische Jahr" vor der Zeit als "Arzt im Praktikum" führe dazu, dass viele Mediziner eine andere Richtung einschlügen, sagte Hoppe. Die schlecht bezahlte AiP-Phase nach dem Studium, die der Klinikärzteverband Marburger Bund als "Ausbeutung junger Mediziner" bezeichnet hatte, soll allerdings im kommenden Jahr abgeschafft werden.

      Auch wenn es auf den ersten Blick paradox erscheine, bei 300.000 berufstätigen Ärzten von einem Mangel zu sprechen, gebe es gravierende Probleme, sagte Hoppe. Viele Ärzte arbeiteten nicht Vollzeit oder seien nicht patientenbezogen beschäftigt.

      Wenn nach einem zu erwartenden Beschluss des Europäischen Gerichtshofs die Bereitschaftszeit als volle Arbeitszeit angerechnet werden müsse, werde es außerdem einen Anstieg der Ärztestellen um 15.000 bis 27.000 geben, sagte Hoppe. Die demografische Entwicklung der Bevölkerung und die Zunahme chronischer Krankheiten führten zusätzlich zu einem Anstieg der Patientenzahlen.
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      schrieb am 31.08.03 21:59:53
      Beitrag Nr. 413 ()
      Wißt ihr, daß ca. 50% der Kosten im Gesundheitswesen Verwaltungskosten sind ?
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      schrieb am 02.09.03 11:44:46
      Beitrag Nr. 414 ()
      Quatschkopf.

      Die Verwaltungskosten sin dzwar viel zu hoch, aber sie betragen bei den gesetzlichen kassen ca. 8 - 12%

      Bitte keine Latrinenparolen ausgeben, ja?
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      schrieb am 02.09.03 12:31:48
      Beitrag Nr. 415 ()
      Du meinst in den anderen 90% stecken keine Verwaltungskosten?
      Könntest Politiker werden.:lick:
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      schrieb am 02.09.03 22:53:44
      Beitrag Nr. 416 ()
      geh zurück an Deinen Stammtisch, Bruder...
      Avatar
      schrieb am 03.09.03 01:31:56
      Beitrag Nr. 417 ()
      Es ist absolut sinnvoll und gerecht, die gesetzlichen Krankenversicherungen auch für Privatversicherte wieder attraktiv zu machen, da somit wieder Geld in den leeren Topf kommen und das Solidarprinzip gestärkt werden würde.

      Nach dem jetzigen Muster wird doch jeder, der auch nur im Ansatz die Chance hat, aus der gesetzlichen Versicherung in die private getrieben und somit dringend nötiges Geld verstossen, da Privatversicherte nun mal ein gutes Einkommen haben.
      Nur die Leute, die eh nix haben, müssen auch noch für die aufkommen, die noch weniger haben.

      Somit richtet sich das Solidarsystem selbst zugrunde und führt auf geraden Wege in eine noch extremere Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich.

      Ich selbst bin privatversichert. Warum? Weil ich z.B. 100% Zahnbehandlung erstattet bekomme. Und dafür weniger bezahle , als wenn ich gesetzlich versichert wäre. Außerdem bekomme ich sofort einen Artzttermin zu jedem x-beliebigen Zeitpunkt. Aber immer erst, wenn ich darauf hinweise, daß ich Privatversichert bin. Daraus folgt doch, daß gesetzlich versicherte Personen wahrscheinlich noch kranker sind, wenn sie denn mal behandelt werden und daher die Ausgaben der KK weiter steigen werden.

      Somit haben wir dort schon eine ganz klare Ausprägung einer Zweiklassen-Gesellschaft.

      Aber diese Misere jetzt Rot/Grün in die Schuhe zu schieben ist natürlich Schwachsinn. Daran haben alle Schuld, die in diesem Lande regiert haben. Und nach Jahren gemessen, hat die Union am längsten regiert.

      Das Problem, welches Deutschland hat, wird sich nicht mit Parlamentarischen Mitteln lösen lassen. Dafür ist der 4-Jahres-Legislaturperioden-Horizont nicht geeignet, da er aufgrund des kurzen Zeitfensters nur für hohle Wahlkampfparolen-Planung ausreicht.
      Avatar
      schrieb am 03.09.03 02:24:01
      Beitrag Nr. 418 ()
      ... ja und ich sach noch...

      Der Chefarzt des Berliner Urban Klinikums Psychiatrie will mich, wie soviele andere intelligente Leute zwangsbehandeln. "Sie sind verrückt..." bei der Realität des Betruges kann man kaum mehr normal bleiben. Müttern werden die Kinder vom Jugendamt abgesprochen, weil Sie konsequent ausgestiegen sind. Sie werden zwangsweise unter schwere Psychopharmaka gesetzt und wie in der UDSSR numb gehalten d.h. im Dämmerzustand.

      Eine Monatspackung high tech "Hilfe" (Euthanasie?!) kostet ca. 500,- DM und die beschriebenen Nebenwirkungen sind kaum zu überbieten...

      Kosten für eine 2 monatige Spezialbehandlung evt. mit Fixierungen und Elektroschocks bei Gegenwehr, belaufen sich über 36000,- DM! Das mit richterlichem Zutun und realer Beschneidung der Rechte, da die Kollegen Juristen immer mehr zusammenhalten...

      Diese betroffenen "Kranken" - viele ehemalige Studenten/Akademiker werden in immer grösserem Maße gettoistiert d.h. Sie dürfen nur noch zu bestimmten Zeiten Besuche empfangen, welche sich anmelden müssen. Alles wird überwacht äh "betreut" z.B. Übergangswohnheim Berlin Kreuzberg Mariannenstrasse.

      :eek: :mad:
      Avatar
      schrieb am 03.09.03 02:38:53
      Beitrag Nr. 419 ()
      ...ich bin für Blüm :kiss:





      so lang unsere Renten sicher sind..
      Avatar
      schrieb am 09.09.03 10:34:03
      Beitrag Nr. 420 ()
      SPIEGEL ONLINE - 09. September 2003, 10:04
      URL: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,264861,00.html
      EuGH-Urteil

      Bereitschaftsdienst von Ärzten gilt als Arbeitszeit

      Das deutsche Gesundheitssystem wird voraussichtlich um einige Milliarden teurer werden. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass der Bereitschaftsdienst von Ärzten in Kliniken grundsätzlich als Arbeitszeit zu werten ist. Schätzungen zufolge müssen nun bis zu 27.000 Ärzte eingestellt werden.



      Luxemburg - Dies gilt auch dann, "wenn der Arzt sich in der Zeit, in der er nicht in Anspruch genommen wird, an der Arbeitsstelle ausruhen darf." Die Richter schlossen sich mit dem Urteil dem Generalanwalt beim EuGH an. Dieser hatte im April dem Kläger, einem Kieler Klinikarzt, Recht gegeben und erklärt, der Bereitschaftsdienst eines Arztes sei "in vollem Umfang" Arbeitszeit, weil dieser dem Arbeitgeber "zur Verfügung steht".

      Bereits im Oktober 2000 hatte der Gerichtshof auf die Klage spanischer Ärzte entschieden, dass Bereitschaftsdienst Arbeitszeit ist. Das höchste Gericht in der Europäischen Union (EU) widersprach damit einem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes (BAG). Das deutsche Gericht hatte im Februar eine Klage von Medizinern zur Anerkennung ihrer Bereitschaftszeit als Arbeitszeit abgewiesen.

      Nach früheren Schätzungen des Ärzteverbandes Marburger Bund müssten bei der Anerkennung als Arbeitszeit in den über 2000 Kliniken in Deutschland rund 15.000 zusätzliche Ärzte eingestellt werden; die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) ging sogar von 27.000 Ärzten aus.
      Avatar
      schrieb am 09.09.03 11:00:53
      !
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      Avatar
      schrieb am 09.09.03 12:13:21
      Beitrag Nr. 422 ()
      Aus der FTD vom 9.9.2003
      Rot-Grün forciert Bürgerkasse
      Von Gerrit Wiesmann, Timm Krägenow und Timo Pache, Berlin

      Die rot-grüne Koalition forciert den Umbau des Gesundheitssystems. SPD-Generalsekretär hat dafür plädiert, die gesetzliche Krankenversicherung verpflichtend auf alle Bürger auszudehnen.

      Wenige Wochen nachdem sich Regierung und Union auf eine Reform einigten, die das System zumindest über die nächsten Jahre retten soll, plädierte SPD-Generalsekretär Olaf Scholz am Montag dafür, die gesetzliche Krankenversicherung verpflichtend auf alle Bürger auszuweiten. Bereits Ende September soll dem Parteivorstand ein konkreter Plan vorliegen. Die Grünen prüfen derweil, wie diese so genannte Bürgerversicherung über pauschale Kopfprämien zu finanzieren ist.

      Die SPD solle sich zu einer Umstellung der gesetzlichen und privaten Krankenkassen zu einer "alle Bürger umfassenden Versicherung" bekennen, forderte Scholz. "Aus meiner Sicht ist es ein Defizit, dass nicht alle in gleicher Weise an Solidaritätsbeziehungen teilnehmen", begründete er den Vorstoß. In einer Bürgerversicherung würden alle, auch Beamte und Selbstständige, bei einer gesetzlichen Kasse abgesichert. Beiträge würden auch auf Mieten und Kapitalerträge fällig. Privaten Krankenkassen bliebe das Geschäft mit Zusatzpolicen.

      Ein Paradigmenwechsel

      Der oberste Stratege von Kanzler Gerhard Schröder zielt auf eine breite Debatte über die Reformoptionen im Gesundheitsbereich. Eine Bürgerversicherung wäre ein Paradigmenwechsel in der deutschen Gesundheitspolitik. Die Debatte zeigt, dass die rot-grüne Koalition einen Umbau im Gesundheitswesen für unaufhaltsam hält.

      Der Reformplan wird derzeit von einer Runde um den Kölner Gesundheitsökonomen und Regierungsberater Karl Lauterbach erarbeitet. "Wir werden eine Lösung präsentieren, die die Lohnnebenkosten deutlich senken wird", sagte Lauterbach der FTD. Er brachte auch ein Einfrieren der Arbeitgeberbeiträge ins Gespräch, um die Lohnzusatzkosten zu begrenzen. Ein Einfrieren der Arbeitgeberbeiträge wäre für die SPD ein absolutes Novum.

      Kanzler sträubte sich

      Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte sich zuletzt noch gegen eine Debatte über einen Umbau des Gesundheitssystems gesträubt. Die Grünen liebäugeln aber seit langem mit einer Bürgerversicherung und begrüßten deshalb die Äußerungen von Scholz. Parteichefin Angelika Beer kündigte an, die Grünen wollten möglicherweise bereits nächsten Montag erste Eckpunkte beschließen.

      "Es ist vorstellbar, die Bürgerversicherung mit Kopfpauschalen zu verbinden", sagte die Grünen-Gesundheitsexpertin Biggi Bender der FTD. Die Grünen versuchen, die von der Rürup-Kommission zur Reform der Sozialsysteme vorgeschlagenen widerstrebenden Modelle Bürgerversicherung und Kopfpauschalen zu verbinden. Die Kopfpauschalen würden unabhängig vom Einkommen erhoben. Der Arbeitgeberbeitrag würde direkt an die Beschäftigten ausbezahlt. Menschen mit niedrigen Einkommen erhielten einen Zuschuss aus Steuermitteln.

      Lasten auf mehr Schultern verteilen

      "Der Vorteil der Kopfpauschalen ist, dass damit die Sozialversicherung von den Lohnkosten abgekoppelt wird", sagte Bender. Die stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Thea Dückert sagte der FTD: "Ziel der nächsten Reform muss es sein, die Lasten auf mehr Schultern zu verteilen und die Lohnnebenkosten signifikant zu senken. Wir denken über alles nach, was diesen Zielen dient. Es macht keinen Sinn, von vornherein ein Modell auszuschließen."

      In der SPD dürften weitere Diskussionen allerdings auf Vorbehalte stoßen. Immerhin 17 Bundestagsabgeordnete stimmten am Montag bei einer internen Abstimmung gegen die Gesundheitsreform, die die eigene Ministerin Ulla Schmidt mit der Union ausgehandelt hatte. Das Gesetzespaket wird am Dienstag im Bundestag beraten.

      © 2003 Financial Times Deutschland


      Der Wahnsinn geht weiter. Ein funktionierendes System wird zerschlagen, um ein nicht funktionierendes System zu retten bzw. den Kollaps ein paar Jahre zu verschieben. Die gleichgeschalteten Medien (WAZ & Co.) werden sicher bald Stimmung machen gegen PKVs und deren Versicherte. Hier kann nur ein Wunder (Sturz der Regierung) oder Karlsruhe helfen. Freiwillig sollten wir uns jedenfalls nicht enteignen und entmündigen lassen. "Expropriiert die Expropriateure!" Freiheit = Weg mit dem Polit-Ges*chm*ei*ß!
      Avatar
      schrieb am 09.09.03 16:00:25
      Beitrag Nr. 423 ()
      EUGH-URTEIL ZU BEREITSCHAFTSDIENSTEN

      Clement erwartet gravierende Folgen für die gesamte Wirtschaft

      Das EuGH-Urteil zum Bereitschaftsdienst von Ärzten wird das Arbeitsleben voraussichtlich nicht nur in den Krankenhäusern verändern. Nach Ansicht von Wirtschaftsminister Clement (SPD) müssen jetzt wohl auch die Bereitschaftsdienste in anderen Branchen völlig neu geregelt werden.

      Berlin - "Das Urteil muss jetzt schnellstmöglich umgesetzt werden, damit die Akteure vor Ort so schnell wie möglich Rechtssicherheit erhalten", erklärte Clement am Dienstag. Deshalb werde er sich dafür einsetzen, dass die erforderlichen Änderungen des Arbeitszeitgesetzes in das parlamentarische Verfahren zu den Arbeitsmarktreformen eingebracht würden.
      Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte zuvor entschieden, dass Bereitschaftsdienste von Ärzten künftig als Arbeitszeit bezahlt werden müssen. Derzeit müssen Ärzte in Deutschland häufig Nachtbereitschaften auf sich nehmen, die aber nicht komplett als Arbeitszeit gerechnet werden. Das höchste europäische Gericht gab damit der Klage eines Assistenzarztes aus Kiel statt. (AZ.: c-151/02).

      Clement sieht Auswirkungen für gesamte Wirtschaft

      "Das Urteil berührt nicht nur Krankenhäuser, sondern auch andere Branchen, in denen es vergleichbare Arbeitszeitorganisationen gibt", hieß es in Clements Erklärung weiter. Nähere Angaben zu betroffenen Berufsgruppen und den zu erwartenden Kosten wurden nicht gemacht. Schon jetzt seien öffentliche Arbeitgeber an den vom EuGH aufgestellten Grundsatz gebunden. Bei privaten Arbeitgebern sei dies nach einem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom Februar nicht unmittelbar der Fall. Auch bei der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di hieß es, Spruch des EuGH betreffe andere Berufsgruppen.

      Bereits im Oktober 2000 hatte der Gerichtshof auf die Klage spanischer Ärzte entschieden, dass Bereitschaftsdienst Arbeitszeit ist. Die EU-Richter widersprachen damit einem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes (BAG). Das deutsche Gericht hatte im Februar eine Klage von Medizinern zur Anerkennung ihrer Bereitschaftszeit als Arbeitszeit abgewiesen.

      Zusatzkosten von mindestens einer Milliarde Euro

      Nach früheren Schätzungen des Ärzteverbandes Marburger Bund müssten bei der Anerkennung als Arbeitszeit in den über 2000 Kliniken in Deutschland rund 15.000 zusätzliche Ärzte eingestellt werden; dafür müssten nach Angaben des Verbandes die Klinikbudgets um eine Milliarde Euro aufgestockt werden. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) geht sogar davon aus, dass 27.000 weitere Ärzte benötigt werden. Frank Ulrich Montgomery, der Vorsitzende des Marburger Bundes, sagte, es sei. "blamabel, dass die Bundesregierung zu einer Gesetzesänderung erst juristisch gezwungen werden muss, obwohl es bereits vor drei Jahren ein ähnliches EuGH-Urteil gab".

      Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) wies die Kritik Montgomerys umgehend zurück. :laugh:
      [Anm.: Wenn Dummheit quietschen würde... ]

      Krankenhäusern stünden für Arbeitszeitmodelle in diesem und im nächsten Jahr zusätzlich bis zu 200 Millionen Euro zur Verfügung. Im Zuge der Gesundheitsreform sollten die Finanzmittel bis 2009 um jährlich weitere 100 Millionen aufgestockt werden, sagte Schmidt
      Avatar
      schrieb am 10.09.03 11:33:44
      Beitrag Nr. 424 ()
      30-Stunden-Schicht ade?


      Dauerstress im Dienst




      Nach monatelangem Hin und Her hat der Europäische Gerichtshof endgültig entschieden: Den Ärzten wird der Bereitschaftsdienst nun auch in Deutschland als volle Arbeitszeit angerechnet. Von Jennifer Fizia

      Noch im Februar hatte das Bundesarbeitsgerichtes eine Klage von Medizinern des Städtischen Klinikums Kiel zur Anerkennung ihrer Bereitschaftszeit als Arbeitszeit abgewiesen. Der Jubel auf Seiten der Ärzte ist groß. „Das ist ein historischer Sieg“, sagte Frank Ulrich Montgomery, Vorsitzender des Marburger Bundes, der Interessenvertretung der deutschen Klinikärzte am Dienstag.

      Bereits im Jahr 2000 waren spanische Ärzte mit ihrer Klage erfolgreich. Der höchste Gericht der Europäischen Union entschied damals, dass der Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit gilt. Spätestens ab diesem Zeitpunkt war der Stein auch in Deutschland ins Rollen gebracht. Im Städtischen Krankenhaus in Kiel protestierten 50 Ärzte gegen die viel zu langen Dienste.

      24 oder 32 Stunden waren und sind keine Seltenheit. Die Folge: Die übermüdeten Ärzte können sich nicht optimal um die Patienten kümmern. Aber was soll man tun, wenn die ausgebildeten Mediziner sich rar machen und sich mittlerweile jeder sechste Arzt nach rentableren Jobs umsieht?

      Die einzige Möglichkeit ist, dass man aus dem schöpft, was vorhanden ist. Das bedeutet 60 bis 70 Wochenarbeitsstunden für die Ärzte. Fast zwei Tage durcharbeiten – eine zu große Belastung? Der Mediziner muss sie aushalten. Und das in einem Beruf, der zu jedem Zeitpunkt volle Konzentration erfordert.

      Eine Studie der British Medical Association hat gezeigt, dass das Reaktionsvermögen des Arztes nach 24-stündiger Arbeit dem eines Autofahrers mit einem Blutalkohol-Spiegel von 1 Promille entspricht. Deswegen dürfen die Ärzte nach so einem Arbeitstag auch nicht mehr Autofahren. Operieren dürfen sie eigentlich auch nicht mehr. Aber sollen sie die Patienten sich selbst überlassen und einfach nach Hause gehen?


      Das Arbeitsgesetz, das 1994 auf der Basis der EU-Richtlinie erlassen wurde, verbietet sogar, dass übermüdete Ärzte arbeiten. Das unterstreicht sogar Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, die unbedingt verhindern will, dass der Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit gilt. Die reguläre Arbeitszeit liegt bei acht Stunden plus maximal zwei Überstunden. Doch wie sollen die 140 000 in Krankenhäusern beschäftigten Ärzte die Arbeit in dieser Zeit schaffen?

      Bis vor kurzem haben die meisten die Situation als unveränderbar hingenommen. Zu groß war und ist die Angst vor Entlassung, Abmahnungen, und Behinderung der Weiterbildungsmöglichkeiten. Die Kritik blieb hinter den Wänden der Aufenthaltsräume, den Weg zur Spitze fand sie nicht. Auch die 50 Ärzte am Städtischen Krankenhaus in Kiel waren verstummt. Bis sich Dr. Wolfhart Priesack lautstark zu Wort meldete. Der damalige stellvertretende Chefarzt der Kieler Klinik gewährte einen Einblick in das chaotische und harte Leben der Ärzte. Er erzählte von Behandlungsfehlern auf Grund von Übermüdung, von demotivierten Medizinern und 32-Stunden-Schichten. Die Medien wurden hellhörig, die Krankenhausleitung auch. Man drohte ihm mit Kündigung, erteilte ihm zwei Abmahnungen, die er abwehren konnte und entzog ihm die Stellvertretung als Chefarzt. Heute, drei Jahre später, muss sich der 63-Jährige keine Sorgen mehr machen – der Vorruhestand kommt wie gerufen.

      Davon ist Dr. Norbert Jaeger, Assistenzarzt am Städtischen Krankenhaus in Kiel, noch weit entfernt. Mit 43 Jahren hat er seine Karriere noch vor sich. Ob die in Kiel ihren weiteren Verlauf nimmt, ist allerdings ungewiss, denn er ist es, der die neue Regelung durchgesetzt hat. Quasi im Alleingang hatte er eine Klage eingereicht, die das Landesarbeitsgericht 2002 an den Europäischen Gerichtshof weitergab.

      Wie viele vermutet hatten, entschied der Gerichtshof wie im Fall der spanischen Ärzte: Von nun an gilt der Bereitschaftsdienst nicht wie bisher als Ruhezeit sondern muss als Arbeitszeit angerechnet werden. Nur Privatkliniken sind von der Regelung ausgenommen. Auch Berlin kann jetzt nichts mehr machen. Besonders die zusätzlichen Kosten hatten die Minister bis jetzt davon abgehalten, das Arbeitsgesetz zu ändern. Der Marburger Bund schätzt, dass in den über 2000 Kliniken in Deutschland rund 15 000 zusätzliche Ärzte eingestellt werden müssen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft geht sogar von 27 000 neu zu besetzenden Stellen aus. „Wir haben bereits einen Stufenplan aufgestellt. Pro Jahr werden 350 Millionen Euro für 5000 neue Ärzte benötigt. Dann wären wir in drei Jahren bei 15 000 neu besetzten Stellen. Das ist realistisch finanziert“, erklärt Drouyias den Plan gegenüber FOCUS Online.

      Doch diese Ärzte müssen erst einmal gefunden werden. Schlechte Bezahlung, miserable Arbeitsbedingungen und viel zu lange Arbeitszeiten – die Aussichten sind wahrlich nicht ideal. Viele angehende Mediziner gehen ins Ausland oder suchen ihr berufliches Glück lieber in der Industrie statt im Krankenhaus. Schon jetzt lassen sich mehr als 3000 Stellen in deutschen Kliniken nicht besetzen.

      Die Krankenhäuser brauchen dringend mehr Mediziner und vor allem höhere finanzielle Zuschüsse. Die notwendigen Finanzmittel müssen um rund eine Milliarde Euro erhöht werden, wie Ärztepräsident Jörg-Dietrich Hoppe meint. „Das Arbeitsgesetz muss schleunigst geändert und damit geregelte, humane Arbeitszeiten geschaffen werden. Zur Zeit riskieren die Ärzte sowohl ihre eigene Gesundheit, als auch die der Patienten“, erläutert Athanasios Drouyias die derzeitige Situation in deutschen Krankenhäusern.


      Von Jennifer Fizia/ba


      09.09.03 focus.de
      Avatar
      schrieb am 10.09.03 11:48:55
      Beitrag Nr. 425 ()
      EuGH: Mehr Schlaf für Ärzte
      Gerichtshof verkündet Ende der Bereitschaftsdienste in Krankenhäusern. Geläuterter Wirtschaftsminister Clement: schnellstmöglich umsetzen. Auch andere Berufsgruppen könnten profitieren: Polizisten und Krankenschwestern hoffen
      von MAREKE ADEN
      Den deutschen Ärzten steht ein Ende der Bereitschaftsdienste bevor. Die ungeliebten Dienste von 16 Stunden, die oft zwischen zwei normalen Schichten liegen, sind nach europäischem Recht illegal, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg gestern: "In vollem Umfang" sei ein Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit einzustufen, "auch wenn der Arzt sich in der Zeit, in der er nicht in Anspruch genommen wird, an der Arbeitsstelle ausruhen darf", heißt es in dem Urteil. Das richet sich gegen die, die behauptet hatten, ein ähnliches Urteil des EuGH in einem spanischen Fall sei nicht auf Deutschland übertragbar, weil die spanischen Dienste härter seien als die deutschen.

      Nun müssen sich die Arbeitszeiten der Ärzte und auch die Diensteinteilungen ändern. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement ist gewappnet: Er versprach nicht nur eine "schnellstmögliche Umsetzung", sondern bezog sich gleich auch auf andere Berufsgruppen: "Das Urteil berührt nicht nur Krankenhäuser, sondern auch andere Branchen, in denen es vergleichbare Arbeitszeitorganisationen gibt", hieß es in seiner Erklärung.

      Gemeint sind das Pflegepersonal in Krankenhäusern oder Polizisten, die wie Ärzte oft nachts arbeiten müssen. Die Gewerkschaft der Polizei fordert seit einiger Zeit, der Gesetzgeber solle endlich "zu Potte kommen".

      Die Ankündigung des Wirtschaftsministers, schnell zu handeln, kam überraschend, überraschender zumindest als das Urteil selbst - die bisherige Rechtsprechung und der Schlussantrag zum aktuellen Bescheid sprachen für einen Sieg der Ärzte. Bisher hatte die Regierung auf Zeit gespielt und die überfällige Änderung des Arbeitszeitgesetzes immer wieder verschoben.

      Das lag daran, dass diese Änderung die Arbeitswelt tatsächlich aufwirbelt. Zwischen 15.000 und 27.000 neue Stellen für Ärzte bräuchten die Kliniken in Deutschland ohne den Bereitschaftsdienst, haben verschiedene Ärztevertretungen ausgerechnet. Das Bundesgesundheitsministerium stellt 700 Millionen Euro für neue Stellen und die Erprobung neuer Arbeitszeitmodelle zur Verfügung. Doch in den Krankenhäusern ist man skeptisch. Eine Stunde nach dem Urteil gestern kamen die ersten Angstmeldungen aus Krankenhäusern: "Das Urteil bereitet uns Schwierigkeiten", sagte der Personalchef einer Essener Klinik. Man brauche mehr Geld als veranschlagt.

      Vergnügt war dagegen der Sprecher des Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) in Hamburg: "Ein schönes Urteil." Für die sieben städtischen Krankenhäuser des Stadtstaats bereitet der Betrieb schon vor zweieinhalb Jahren ein neues Arbeitszeitmodell vor, das ohne den Bereitschaftsdienst auskommt, "weil er sowieso Ausdruck eines überholten Klinikmodells ist", sagte Siegmar Eligehausen. In den 50er-Jahren hätten die Ärzte tatsächlich während der Bereitschaft kaum gearbeitet, weil jeder Patient viel länger im Krankenhaus gelegen habe. Aber intensivere Medizin bedeutet auch für die Ärzte intensivere Arbeit.

      In einem Pilotprojekt durften 66 Ärzte die Zahl ihrer Arbeitsstunden aussuchen: Sie konnten 38,5 tarifliche Stunden unter Lohnverzicht arbeiten oder die europäische Höchstgrenze von 48 Stunden auskosten. Auch eine Stundenzahl dazwischen stand zur Wahl. Trotzdem entschieden sich 90 Prozent der Ärzte für die Mindestarbeitszeit. Mit dem Geld aus dem niedrigeren Lohn hätten die Kliniken kostenneutral sechs Ärzte einstellen können. Obwohl diese Stellen nur intern ausgeschrieben waren, also nur für 1.450 Ärzte zugänglich, hätten sich 60 beworben.

      Nicht nur die Arbeitszeit, auch die Arbeit selbst wird anders gestaltet. Die Ärzte arbeiten in größeren Einheiten, in der Nacht stehen weniger Spezialisten bereit, weil "für die Wehwehchen in der Nacht ohnehin eher Allgemeinmediziner benötigt werden". Das neueste Hamburger Krankenhaus soll sogar ohne Ruheraum für Ärzte gebaut werden.

      Eligehausen rechnet damit, dass das Modell bis 2005 in allen städtischen Krankenhäusern durchgesetzt ist und dass dann ohne Mehrkosten 70 bis 100 neue Ärzte eingestellt werden. Auch vor dem viel beschworenen Ärztemangel hat er keine Angst. "Stellen mit festen Arbeitszeiten sind vor allem für viele junge Menschen wieder interessant", sagt er.

      Auf solche Initiativen baut auch die Politik. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt verwies gestern alle aufgeschreckten Kliniken auf ihre Website. Dort werden die Krankenhäuser vorgestellt, die schon vor dem Urteil die Arbeitszeiten geändert haben - und nicht wie die Regierung auf Zeit spielten.

      taz Nr. 7153 vom 10.9.2003, Seite 8, 157 Zeilen (TAZ-Bericht), MAREKE ADEN
      Avatar
      schrieb am 10.09.03 12:05:29
      Beitrag Nr. 426 ()
      @ Deep Thought:

      Die Anrechnung der Bereitschaft auf die Dienstzeit ist ohne Einschränkung begrüßenswert.
      Sie liegt im Interesse aller Beteiligten!

      Dies ändert nichts daran, die Krankenhäuser privatisieren zu müssen. Hierdurch lassen sich 30 % der Kosten einsparen.
      Ein Teil davon kann für die Mehrkosten für die Neueinstellung von Ärzten verwendet werden.

      Ulla Schmidt hat hierfür 200 Mio eingeplant, tatsächlich dürften sich die Kosten auf 1,2 Mrd belaufen.
      Avatar
      schrieb am 10.09.03 12:18:11
      Beitrag Nr. 427 ()
      viele ärzte verdienen bis zu 20 000 € durch ihre bereitschaftsdienste mehr im jahr.

      bei einer umstrukturierung ihrer arbeitszeiten würden viel ärzte aber auch weniger verdienen.

      das wollen aber viele ärzte auch nicht.

      das ist die kehrseite de medaille.

      mal abwarten was sich da so tut.

      zum anderen - woher wollen sie denn die 15000 zusätzlich benötigten ärzte nehmen.
      vile sind ausgewandert und verdienen sich woanders unter wesentlich besseren bedingungen ein goldenes näschen.

      deutsche krankenhäuser sind doch im wesentlich für den kassenpatienten hochleistungs- industrie - abzockmaschinen.

      produktivität geht vor dem dienst am menschen.
      Avatar
      schrieb am 10.09.03 12:28:21
      Beitrag Nr. 428 ()
      @ durran: Ich denke, Überstunden (die wird es weiterhin geben) und die große Nachfrage nach Ärzten werden hier schnell einen finanziellen Ausgleich schaffen ;)
      Avatar
      schrieb am 11.09.03 11:05:38
      Beitrag Nr. 429 ()
      SPIEGEL ONLINE - 11. September 2003, 10:16
      URL: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,265108,00.html
      Bereitschaftsdienst

      Der kranke Darm hört nicht auf die EU


      Von Horst von Buttlar

      Nach dem EuGH-Urteil haben die Verwaltungschefs in den deutschen Krankenhäusern den Taschenrechner ausgepackt. "Wie sollen wir das zahlen?", fragen sie sich. Den Ärzten ist klar: Auch in Zukunft werden sie Überstunden machen müssen. Ein Fallbeispiel aus der Berliner Charité.


      AP

      OP trotz Schichtende: Im Notfall müssen Ärzte auch nach Dienstschluss ran


      Berlin - Peter Kipp und Peter Wegner haben gerechnet: 140 neue Ärzte, Kostenpunkt: fünf Millionen Euro. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes über den Bereitschaftsdienst von Ärzten muss auch das Schlachtschiff Charité, mit gut 2300 Betten und 49 Kliniken das größte Klinikum Europas, auf Kurs gebracht werden. Kipp, Personalmanager der Berliner Charité, und Wegner, eine Art Unternehmensberater in Sachen Personalfragen, sitzen in der Verwaltung des Virchow Klinikums in Berlin Wedding und reden über Modelle, Schichtdienste und vor allen Dingen: Zahlen.

      Seit dem Urteil kursieren Schätzungen. Von 15.000 oder gar 27.000 zusätzlichen Ärzten reden Verbände wie die Deutsche Krankenhausgesellschaft. Bis zu zwei Milliarden Euro sollen auf das Gesundheitssystem zukommen. "Ich finde diese Zahlenspiele gefährlich", sagt Kipp. Deswegen sind auch die 140 Ärzte, die er einstellen müsste, eine theoretische Zahl.

      Bisher war es an deutschen Krankenhäusern Praxis, dass Ärzte nach ihrer Schicht den so genannten Bereitschaftsdienst übernahmen. Dieser galt als Ruhezeit, obwohl die Realität meistens anders aussah. Laut Urteil aus Luxemburg gilt dieser Dienst nun als Arbeitszeit. Jede Station kann sich nun also selbst ausrechnen, wie viel Ärzte sie in Zukunft mehr braucht.

      Doch wo sollen die Ärzte - insbesondere Fachärzte wie Knie- oder Wirbelsäulenspezialisten - herkommen? Wie andere Kliniken hat sich auch die Charité vorbereitet. Die Klinik wird jetzt mit mehreren Arbeitszeitmodellen in die Testphase gehen, um für jede Abteilung und Klinik ein adäquates Modell zu finden. Adäquat heißt: Die Gerichtsmedizin hat andere Bedürfnisse und Arbeitszeiten als die Notaufnahme.

      Schon in der Vergangenheit waren Ruhezeiten in der Charité nicht eingehalten worden. Nachdem vor knapp zwei Jahren einige Ärzte Anzeige erstattet hatten, wurde die Charité kontrolliert. "Natürlich haben viele Ärzte zu lang gearbeitet", sagt Wegner. Die zuständige Behörde verhängte Geldbußen, nach dem Einspruch schlummern die Fälle beim Amtsgericht.

      Seit der Prüfung gibt es die Arbeitsgruppe um Personalchef Kipp, der Wegner als Berater mit ins Boot holte. "Seitdem haben wir alle Kliniken der Charité systematisch durchforstet", sagt Wegner. Und es gab einen wesentlichen Problemfall: die Unfallchirurgie. Auf dieser Station prallen Rechenbeispiele und Vorschriften mit dem wirklichen Leben aufeinander.

      Almut Tempka sitzt an einer dieser Kollisionsstellen. Die 42-jährige ist Oberärztin in der Unfallchirurgie im Virchow Klinikum der Charité. "Außer Klumpfüße machen wir alles", sagt Tempka, seit 18 Jahren Ärztin und seit 1992 in der Klinik, "das heißt, wir behandeln nicht nur den angefahrenen Radfahrer von der Straße, sondern auch Schäden von Dauerbelastungen." Sie vergleicht die Diskussionen über die Arbeitszeiten mit dem - inzwischen wieder abgeschafften - neuen Tarifsystem der Bahn. Fazit: Es passt nicht zum Leben.

      "Der Darm klemmt nachts ein", sagt Tempka, "egal, ob die Schicht vorbei ist oder nicht." Ihr Job als Arzt, zumal auf der Unfallchirurgie, geht oft an Tarifen und Vorschriften des deutschen Arbeitszeitgesetzes - auf EU-Richtlinie getrimmt oder nicht - vorbei. "Kein Arzt geht von der Station, wenn der Patient nicht versorgt ist", sagt Tempka.

      Die vielen Überstunden hatten auch Vorteile: Junge Ärzte konnten früh viel operieren und Erfahrungen sammeln. Mit dem neuen Bereitschaftsdienst, so erwarten die jungen Ärzte auf ihrer Station, wird die Ausbildung länger dauern. Auch dürften viele Mediziner in Zukunft weniger verdienen: monatlich bis zu 1000 Euro, schätzt Kipp. Denn mit den vielen Überstunden stockten die Ärzte ihr Grundgehalt auf. "Viele Ärzte werden zu privaten Krankenhäusern gehen, wo sie die Verträge frei verhandeln können", meint denn auch Oberärztin Tempka, "oder sie gehen gleich nach Amerika oder Norwegen."

      Kipp dagegen hofft mit den neuen Arbeitsprinzipien gerade junge Ärzte halten und anlocken zu können, denn eins ist klar: "Wir werden einstellen." Die Zukunft wird dabei wohl dem Schichtdienst gehören. Entweder werden die Stationen in drei Schichten zu je acht Stunden besetzt oder mit zwei Schichten zu je zwölf Stunden. Für Letzteres bräuchte das Klinikum eine Ausnahmegenehmigung. Vorteil wäre, dass nach etwa zwölf Stunden Dienst der Arzt wirklich Ruhe hätte.


      AP

      Arzt vor der Operation: Verdient er mit dem Schichtdienst bald weniger?


      Nachteil des Schichtdienstes: Bei jeder Übergabe zwischen den Schichten können Informationen über den Patienten verloren gehen. Auch das persönliche Verhältnis zwischen Arzt und Patient wird beeinflusst. So kann es sein, das die Operation von der einen Schicht gemacht wird, aber der Arzt der zweiten Schicht den Patienten begrüßt, wenn er die Augen aufschlägt.

      Ausprobiert hat die Charité bereits einige revolutionäre Arbeitszeitmodelle. In Tests arbeiteten die Ärzte mehrere Wochen hintereinander, es folgten einige Wochen Freizeit, danach eine Phase, in der geforscht werden konnte. "Die Ärzte meinten, das ist unser Modell." sagt Kipp. Die Idee dahinter: Die Arbeitszeit wird nicht mehr über den Tag, sondern über das Jahr betrachtet.

      Klar ist jedoch auch: Die Charité wird sparen, möglicherweise Leistungen aus dem Katalog streichen müssen. "Das Geld für die Ärzte muss erwirtschaftet werden", umschreibt Kipp es elegant. Doch egal welche Schichten die Ärzte fahren werden, die Wirklichkeit steckt wohl in einem kleinen Satz, den Wegner fallen lässt: "Es gibt im Arbeitsalltag Ausnahmen."

      Die Ausnahme ist oft der Alltag von Medizinern wie Almut Tempka. Ein junger Arzt auf ihrer Station findet die Entscheidung des Europäische Gerichtshofes zwar notwendig. "Es hat mit Anerkennung zu tun", sagt er, "denn der Bereitschaftsdienst ist in der Regel Arbeitszeit." Dann wiegelt er ab: "Doch ich wusste, was Arbeitszeit hier bedeutet." Für Oberärztin Tempka wurde beim Europäischen Gerichtshof die eigentliche Frage gar nicht gelöst, geschweige denn gestellt: "Die Leute müssen sich fragen: Was ist ein Arzt mir wert?", sagt sie. Wenn gut ausgebildete Spezialisten rund um die Uhr zur Verfügung stehen sollen, dann koste das nun mal Geld.
      Avatar
      schrieb am 11.09.03 11:32:57
      Beitrag Nr. 430 ()
      @ hamBir

      Ich kenne die Strukturen öffentlicher Kliniken bis zu Unikliniken und private Kliniken wirklich sehr gut.

      In beiden Bereichen gibt es brilliante Krankenhaus-Manager und brilliante, innovative leitende Ärzte - ebenso wie totale versager.

      Die "Privatisierung" (fälschlich als vermeintliches Allheilmittel gepriesen, meist von HAlbwissenden oder von Lobbyisten der Gesundheitskonzerne) sorgt zunächst nur dafür, daß ALLE medizinischen Maßnahmen unter Kostengesichtspunkten gesehen werden (was prinzipiell richtig ist, aber auch fatale Folgeentwicklungen haben kann), aber es werden auch (zu Recht) heilige Kühe geschlachtet.

      DAs gleiche macht aber auch ein vernünftiger Manager eines öffentlichen Hauses.

      Das Problem der privaten Häuser ist, daß sie reine Renditeobjekte sind und ZUSÄTZLICH noch einen bemerkenswerten Anteil am erwirtschafteten geld abführen müssen. Angestellte werden fast durchgängig mit falschen Versprechungen gelockt und sehr häufig nach dem hire-and-fire Prinzip als Leibeigene betrachtet.

      Der Gewinndruck sorgt sehr häufig für ein Rosinenpicken, welches die Hochrisikopatienten ausgrenzt.

      Besser ist eine WIRKLICHER Reform des Gesundheitswesens, die ihren Namen verdient und so radikal ist, daß Qualitätswettbewerb stattfindet.

      Das kann nur durch freigeben des Marktes geschehen, mit entsprechenden Verpflichtungen der Kliniken, alle PAtienten zu versorgen, ggf. Korrekturen drastischer finanzieller Art und Aussortieren von Glücksrittern, die nicht an solider Qualität, sondern an Geldschneiderei interessiert sind.

      Kassenpatienten müssen die Freiheit haben, mit ihrem Kassenbudget in Privatkliniken zu gehen und selber freiwillig draufzuzahlen, wenn sie das für ihre Gesundheit richtig halten.
      Und mittlerweile bin ich der festen Meinung, eine konsequente einheitliche Bürger-Basisversicherung auf pauschaler Kopfbasis mit freiwilligen Optionen (beispielsweise 25% ZUzahlung auf eigene rechnung oder per Zusatzversicherung wie in Frankreich) ist die derzeit beste Lösung.

      Die gesetzlichen KAssen kann man in einer Einheitskasse zusammen fassen, das ergibt innerhalb von 1-2 Jahren 5-15 Mrd. JÄHRLICHE KOsteneinsparungen.

      Ich als PKV-versicherter würde sogar zustimmen, die PKV in die Kopfpauschalen-regelung einzubeziehen und dafür den PKVs zu ermöglichen, JEDEM deutschen Bürger eine Zusatzversicherung nach seinem persönlichen Bedürfnis anzubieten.

      Ich denke, die PKVs haben das bereits lange als denkbare und gangbare Variante akzeptiert.

      -----------------------------------------------------


      @ durran

      Du liegst falsch.
      Aus eigener Erfahrung kann ich Dir versichern, daß es kaum Ärzte gibt, die 40 JAhre lang 80-120 Stunden in der Woche arbeiten wollen.

      Der Stundenlohn netto ist bei den Überstunden durch die extreme Steuerprogression derart niedrig und der gesundheitliche, sofort spürbare Gewinn derart hoch, daß bisher fast jeder Arzt, der einmal in den Genuss einer menschenwürdigen Arbeitszeit auch dabei bleibt.

      Gottseidank
      Avatar
      schrieb am 14.09.03 18:04:20
      Beitrag Nr. 431 ()
      Das zeigt wieder einmal, daß es der Bundesregierung NICHt um die Bürger geht, sondern sie lieber als Zahler ausbeutet:

      Erst
      tabaksteuer bezahlen,
      dann
      die vielen Behandlungen der Krebspatienten und vor allem der Gefäßkrankheiten über das staalich finanzierte Umlagesystem
      und zum Schluß
      die Frühberentung der vielen Gefäßwracks durch das staaliche Rentenumlagesystem.

      toll, wie sich die Bundesregierung um die Gesundheit der Bürger kümmert, nicht?

      Jedenfalls, solange sie
      Reemtsma, Phillip Morris, BAT oder ähnlich heißt..... ob sie da nicht irgendetwas verwechselt?

      --------------------------------------------------
      Eichel fürchtet „Kompetenz-Überschreitung“ der EU


      Die Bundesregierung hat Klage gegen das geplante EU-weite Tabak-Werbeverbot beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingereicht. Die Schrift des Berliner Finanzministeriums wirft der EU-Kommission in erster Linie „Kompetenzüberschreitung“ vor, wie FOCUS berichtete. Mit dem im Dezember gegen deutschen Widerstand gefassten Beschluss, Zigarettenwerbung ab 2005 aus Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunk und Internet zu verbannen, greife die EU unzulässig in die Presse- und Meinungsfreiheit ein.

      Das höchste EU-Gericht hatte vor knapp drei Jahren einen ersten Entwurf, Tabakwerbung zu verbieten, als rechtlich fehlerhaft aufgehoben. Nach FOCUS-Informationen geben Juristen in Brüssel der deutschen Klage daher gute Erfolgschancen. Die Begründung ging am Mittwoch in Luxemburg ein.

      14.09.03, 13:22 Uhr focus.de
      Avatar
      schrieb am 15.09.03 11:42:34
      Beitrag Nr. 432 ()
      Grün light
      Die Bündnisgrünen wollen mit einer Bürgerversicherung das Gesundheitssystem renovieren. Doch mit dem, was früher damit gemeint war, hat das nur noch wenig zu tun
      Die Bündnisgrünen haben bei ihren Wählern den Ruf, im harten politischen Alltag ihren Idealen letztendlich doch treu geblieben zu sein. Doch bei ihrem Marsch durch die Institutionen scheinen die Grünen vor allem eines gelernt zu haben - wie man an alten Begriffen festhält und deren Inhalt nachhaltig verändert.

      So wurde einst das Grundsicherungskonzept entwickelt, um trotz Massenarbeitslosigkeit alle wirksam vor Armut und Perspektivlosigkeit zu schützen. Mittlerweile dient der zu einer "Kindergrundsicherung" eingedampfte Ansatz faktisch dazu, eine Politik der aktiven Armutsförderung zu bemänteln. Auch die Bündnisgrünen unterstützten die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, die dazu führen wird, dass künftig 400.000 Kinder und Jugendliche zusätzlich unter Armutsbedingungen leben. "Grün wirkt" in der Tat - aber ganz anders, als man es mal gewollte hatte.

      Ein ähnliche Begriffsverwandlung bahnt sich nun in der grünen Gesundheitspolitik an. Lange Zeit war die "Bürgerversicherung" ein Ladenhüter im grünen Programmrepertoire, der gelegentlich auf die Bühne gerollt wurde, um die Parteibasis dazu zu bewegen, im Wahlkampf brav Plakate zu kleben. Plötzlich ist diese Forderung hoch aktuell. Der Rürup-Kommission gilt die Bürgerversicherung neben einem Kopfpauschalensystem als einzige Möglichkeit, um die marode Finanzierungsbasis der gesetzlichen Krankenversicherung bei fortdauernder Massenarbeitslosigkeit zu stabilisieren.

      Bürgerversicherung heißt, dass auch die Arbeitseinkommen von Selbstständigen und Beamten sowie Kapitaleinkünfte bis zu einer neuen Beitragsbemessungsgrenze von 5.100 Euro in die Krankenversicherung integriert werden. So könnten Beitragssätze gesenkt und Durchschnittsverdiener entlastet werden. Die Einbeziehung von Kapitaleinkommen mildert die Abhängigkeit der Gesundheitsfinanzierung vom Arbeitsmarkt.

      Doch von diesem Konzept scheinen die Bündnisgrünen heute nicht mehr viel wissen zu wollen. Sie wollen zwar noch immer Selbstständige, Beamte und bislang nicht Versicherte in die Krankenversicherung integrieren. Doch gleichzeitig soll der Arbeitgeberbeitrag eingefroren werden - das bedeutet, dass alle künftigen Beitragssatzerhöhungen allein von Arbeitnehmern finanziert werden. Indem man an der bisherigen Beitragsbemessungsgrenze von 3.450 Euro festhält, bleiben hohe Kapitaleinkünfte und Spitzenlöhne fast unberücksichtigt.

      Diese "Bürgerversicherung light" hat wohl maßgeblich der neue Sozialexperte Josef Fischer durchgesetzt - und zwar gegen jene Bündnisgrünen, die mit neoliberaler Brachialgewalt eine Kopfgeldvariante durchsetzen wollen. Kopfpauschalen bedeuten, dass jeder Bürger den Beitrag zahlt, der den durchschnittlichen Pro-Kopf-Gesundheitsausgaben entspricht. Das unterste Einkommensfünftel müsste dann massiv staatlich unterstützt werden. Doch damit wären die Armen vom politischen Willen der jeweiligen Regierung abhängig.

      Mit Fischers Rückkehr in die Innenpolitik stehen die Bündnisgrünen für einen mittleren Kurs. Das "rot-grüne Projekt" in der Sozialpolitik, das auf unrealistischen Verteilungsspielräumen gründete, haben die Grünen aufgegeben. Gleichwohl, so Fischers Botschaft, will man an den Werten des Wohlfahrtsstaats weiterhin festhalten.

      Doch genau dies lösen die grünen Konzepte nicht ein. Ein Finanzierungskonzept im Gesundheitswesen muss Antworten auf drei Fragen geben: Wie kann die Abhängigkeit des Gesundheitssystems von der Lage auf dem Arbeitsmarkt verringert werden? Und: Wie kann das demografische Problem der Gesundheitsversorgung - mehr Rentner, die mehr kosten, und weniger Versicherte, die weniger einzahlen - gemildert werden? Und wie gewährleistet man bei weiter steigenden Gesundheitsausgaben faire Gesundheitschancen für alle, wenn Ärmere ein deutlich höheres Gesundheitsrisiko haben, aber gleichzeitig geringere Ressourcen und Chancen, um ihre Gesundheitsrisiken zu verringern? Gemessen an diesen Zielen scheitert Fischer mit seinem gesundheitspolitischen Erstlingswerk einer halbierten Bürgerversicherung.

      Denn die Light-Variante unterscheidet sich von einer tatsächlichen Bürgerversicherung eklatant in ihrer Verteilungswirkung. Eine Bürgerversicherung würde vor allem vorrangig kleinen und mittleren Einkommen und Familien mit Kindern geringere Beiträge bescheren. Spitzenverdiener würden stärker belastet. Die Light-Variante kehrt diese Verteilungswirkung um. Denn entlastet werden nur die Arbeitgeber, denen eine Beteiligung an den kommenden Kostensteigerungen im Gesundheitswesen erspart wird. Weil die Beitragsbemessungsgrenze bei 3.450 Euro bleibt, üben die ökonomisch Stärksten nur ein bisschen Solidarität: Spitzenverdiener werden nicht stärker an der Gesundheitsfinanzierung beteiligt als mittlere Einkommen, auf die durch die Einbeziehung von Kapitaleinkommen erhebliche Mehrbelastungen zukommen. Wer bei einem mittleren Einkommen noch über die Mieteinnahme aus Omas Häuschen verfügt, zahlt demnach die gleichen Kassenbeiträge wie Spitzenverdiener, denen ganze Straßenzeilen gehören.

      Solche Argumente mögen viele Bündnisgrünen heute als altlinke Umverteilungsrhetorik abtun. Fakt ist aber, dass ohne die echte Beteiligung der wirtschaftlich Stärksten das ganze Bürgerversicherungskonzept ein Torso bleibt. Der Faktor Arbeit wird dabei nur unmerklich entlastet, weil hohe Nichtarbeitseinkommen nicht bei der Finanzierung der Gesundheitsausgaben berücksichtigt werden. Die halbierte Bürgerversicherung gibt somit auf das durch Arbeitslosigkeit und ein sinkendes Rentenniveau noch verschärfte demografische Problem in der Gesundheitsversorgung keine Antwort.

      Auch das "Einfrieren" der Arbeitgeberbeiträge ist zumindest zwiespältig: Zwar würde damit die Abhängigkeit des Gesundheitssystem von Arbeitsmarktlage, Lohnnebenkosten und Konjunktur verringert, die Gesundheitspolitik heute auf bloße Kostendämpfung einschwört. Doch dieser Vorteil ist zugleich ein entscheidender Nachteil, wenn es um kostenbegrenzende Strukturreformen geht. Ohne das machtvolle Interesse der Arbeitgeber an Effizienzsteigerungen und Einsparungen werden sich künftige Verbesserungen im Gesundheitswesen noch weniger gegen die Medizinlobby durchsetzen lassen.

      Der entscheidende Einwand gegen eine halbierte Bürgerversicherung (wie gegen Kopfpauschalen) ist jedoch ein anderer: Es ist der Einstieg in den Ausstieg aus einer bedarfsgerechten Gesundheitsversorgung für alle. Künftig dürfen konkurrierende gesetzliche und private Kassen nämlich mit Wahlleistungstarifen und entsprechenden Beitragsermäßigungen verstärkt um gesunde Kunden buhlen. Verlierer dieser Veränderung dürften chronisch Kranke und Arme mit schlechter Gesundheitsverfassung sein.

      "HARRY KUNZ

      taz Nr. 7157 vom 15.9.2003, Seite 13, 241 Zeilen (Kommentar), HARRY KUNZ, taz-Debatte

      taz muss sein: Was ist Ihnen die Internetausgabe der taz wert?
      Avatar
      schrieb am 15.09.03 22:11:07
      Beitrag Nr. 433 ()
      Avatar
      schrieb am 17.09.03 10:56:06
      Beitrag Nr. 434 ()
      429, Deep Thought:

      Deine indirekte Kritik verstehe ich nicht, da du in deinen Ausführungen selbst erhebliche Komponenten einer Privatisierung artikulierst.
      Die demographische Entwicklung gibt die Richtung vor, eine Privatisierung ist unausweichlich.
      Bürgerversicherung und Kopfpauschalen blähen die Verwaltung auf und tragen der demographischen Entwicklung in keinster Weise Rechnung.
      Privaisierung für alle Menschen kann nur das Motto sein.
      Avatar
      schrieb am 17.09.03 11:39:21
      Beitrag Nr. 435 ()
      #431...der beitrag sagt vieles aus, aber eines stellt es am schluß klar, solange die einzahler kein mitspracherecht haben, werden sie gegen die medizin.-pharmalobby nichts ausrichten können und es wird nur zu weiteren kostensteigerungen kommen.

      t.d. hat einen weg mit der französischen kv aufgezeigt. hier zeigt sich aber auch, daß mediziner nicht automatisch nach 10 jahren ihre praxis bezahlt haben und noch gleichzeitig millionäre sind.

      übrigens t.d., die rhönkliniken zeigen, daß betriebswirtschaftlich einiges möglich ist und die ärzte zwar arbeiten müssen, ihr einkommen aber überdurchschnittlich ist.
      und nicht jedes ihrer häuser konnte sich der allgemeinen versorgung entziehen.
      Avatar
      schrieb am 18.09.03 21:17:11
      Beitrag Nr. 436 ()
      die rhönkliniken zeigen, daß betriebswirtschaftlich einiges möglich ist und die ärzte zwar arbeiten müssen, ihr einkommen aber überdurchschnittlich ist.



      Das ist falsch. Vorzeigechefs werden gut bezahlt - wenn sie knallhart verhandeln.

      Der rest wird verheizt. Teilweise - so wurde mir berichtet - werden (bewusst?) Anzeigen geschaltet, bevor die Angestellten (durch die praezise Stellenbeschreibung auf das DANN FOLGENDE Kuendigungsgespraech vorbereitet) einfach rausgeworfen werden.
      Die Fluktuation ist teilweise unglaublich hoch - stets ein Zeichen fuer schlechte Arbeitsbedingungen, irrefuehrende Einstellungsgespraeche und ein extrem hoher Risikofaktor fuer die Produktqualitaet.
      Was das im medizinischen Bereich bedeutet, brauche ich wohl kaum zu erklaeren.

      Das, was Du da schreibst, erzaehlt Muench jedem - gehoert zur extrem effizienten PR und eigenen Legendenbildung der Rhoengruppe. Koennte so einer Presseerklaerung entnommen sein.

      Rhoen ist das Paradebeispiel fuer deutsches Hire and Fire - im Vergleich zu anderen Privatketten moeglicherweise noch zu den besseren gehoerend - der Rest spottet hinsichtlich echter Patientenversorgung, Qualitaet und weitsichtiger MA-Entwicklung teilweise jeder Beschreibung.

      Allerdings tun dies auch viele nicht-private Kliniken.
      Damit ware ich erneut bei meinem Credo:

      Es gibt excellente Manager und Aerzte in beiden Systemen - und es gibt in beiden totale Versager.

      Es kommt eben auf die Entscheidungstraeger an und nicht auf den Arbeitgeber, fuer den sie arbeiten.

      Private und oeffentliche Kliniken haben beide ihre Vor- und Nachteile.

      Die Loesung liegt nicht in der Foerderung der einen oder anderen Systemrichtung, sondern in der konsequenten Durchsetzung gleicher Rahmenbedingungen.

      Oft wurde dort, wo "erfolgreich eine Rueckkehr in die schwarzen Zahlen" erreicht wurde, nur radikal mit dem Rasenmaeher die Rahmenbedingungen fuer die schutzwuerdigen engagierten und fuer die schmarotzenden Mitarbeiter verschlechtert, anstatt die Leistungstrager (das muessen entgegen landlaeufiger MEINUNG nicht immer die Chefs sein, oft sind es eher die Leute im mittleren Management) zu foerdern und die faulenzer unter diskreten Wandlungsdruck zu setzen.
      das nicht kurz- aber mittelfristige Ergebnis ist oft der weggang derjenigen, die enttaeuscht sind und sich aufgrund ihrer hohen Qualifikation etwas anders suchen koennen:angeboten bekommen - wenn sie nicht aus familiaeren Gruenden am ort gebunden sind. Wenn doch - kuendigen sie innerlich.

      Das Problem in der Medizin ist oftmals, dass das Produkt/Produktionsprozess derart komplex ist, dass kurzfristig keine transparente Analyse moeglich ist.

      Viele "erfolgreich sanierte" , privatisierte Krankenhaeuser haben das nur dadurch geschafft, dass sie TEILE der alten Strukturen ausgliederten und diese " neuen " Firmen durch geschicktes Bilanz-Spiel mit der MwST-Befreiung der Mutter laestige Konkurrenten auf dem Markt ausstechen. Die haben immer 16% Kalkulationsvorsprung.... auf Kosten des Steuerzahlers, der nicht weiss, dass hier eine "privatisierte" Tochter einfach grosszuegig auf die Berechnung der MwST verzichtet...
      Wuerden sie ordnungsgemaess Rechnungen stellen, saehen sie alt aus....

      Boese Zungen behaupten, das sei Steuerbetrug... :D ;)
      Avatar
      schrieb am 18.09.03 21:59:09
      Beitrag Nr. 437 ()
      #435...deep, ohne es groß zu vertiefen, ich kenne die häuser in bad neustadt, leipzig und bad berka.
      den übergang b.berka´s zu den rhön kliniken habe ich unmittelbar miterlebt (als externer).
      d.h. auf der arbeitebene mit dem medezinischen fachpersonal, z.b. ärzten.
      das münch, 2x pers. in b.n. getroffen, knallhart wirtschaftlich kalkuliert, weiß ich.

      jedoch waren die bewerbungen zu diesen häusern immer immens hoch. eben auch wegen der rel. guten bezahlung, gerade für jüngere ärzte.

      deswegen breche ich aber keine lanze für diesen klinikverbund, der mir immer noch besser gefällt, als marsailles.
      und für noch schlimmer halte ich die sonstige chefarztstruktur.
      Avatar
      schrieb am 11.10.03 09:44:40
      Beitrag Nr. 438 ()
      SPIEGEL ONLINE - 10. Oktober 2003, 15:34
      URL: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,269160,00.html
      Tabaksteuer-Erhöhung

      Kassen warnen vor vielen Toten

      Die Spitzenverbände der Krankenkassen wollen Vorschläge einiger Finanzpolitiker, die Tabaksteuer weniger drastisch anzuheben, gleich im Keim ersticken. Wenn es soweit komme, werde es wesentlich mehr Tote geben, warnen die Lobbyisten.


      DPA

      Kassen machen sich für maximale Tabaksteuer-Erhöhung stark: Warnhinweis auf einer Zigarettenpackung


      Bergisch Gladbach - Die Kassen attackierten ein von der Tabakindustrie in Auftrag gegebenes Gutachten, wonach eine Erhöhung um drei Cent letztlich mehr Steuereinnahmen bringe als eine Erhöhung um 4,5 Cent. "Diese Mutmaßung entspricht weder den Erfahrungen anderer Länder und den fiskalischen Ergebnissen, noch berücksichtigt es die jährlich etwa 10.000 tabakbedingten Todesfälle, die bei einer geringeren Erhöhung einkalkuliert werden müssten" heißt es in dem Papier.

      Bei den unter 35-jährigen und hier vor allem den Kindern und Jugendlichen wäre statt des vorgesehenen 39-prozentigen nur ein 26-prozentiger Konsumrückgang zu erwarten. Die geringere Preiserhöhung werde eine deutlich höhere Morbidität und Mortalität nach sich ziehen. "Genau hier ist die gesamtgesellschaftliche Aufgabe der Prävention gefragt und konkret möglich", heißt es in der Erklärung.

      Das Gesetz soll am 17. Oktober verabschiedet werden. Zuletzt hatte sich eine Annäherung zwischen der rot-grünen Koalition und der Union abgezeichnet, die statt der ursprünglich vorgesehenen Anhebung der Tabaksteuer um 4,5 Cent pro Zigarette lediglich drei Cent vorsieht.

      Das ursprüngliche Konzept der Regierung sah vor, die Tabaksteuer in drei Stufen bis zum 1. Juli 2005 um insgesamt 4,5 Cent pro Zigarette erhöhen. Damit würde die Schachtel Zigaretten dann rund einen Euro mehr kosten. Mit den Zusatzeinnahmen in Höhe von rund einer Milliarde Euro in der ersten, 2,5 Milliarden Euro in der zweiten und 4,2 Milliarden Euro in der dritten Stufe sollen versicherungsfremde Leistungen finanziert werden, die derzeit noch von den Krankenkassen getragen werden. Der Änderungsantrag der Union sieht nun eine Erhöhung um nur drei Cent bis zum 1. Oktober 2005 vor.

      Auch bei Finanzexperten in den Koalitionsfraktionen gibt es auch erhebliche Zweifel an den erwarteten Zusatzeinnahmen. Grund ist die Befürchtung, dass dies zu erheblichen Konsumeinschränkungen bei den Rauchern und zu einem stärkeren Umschwenken auf billige Schmuggelzigaretten aus dem Ausland führen wird. Daher könnte eine geringere Erhöhung letztlich gar mehr Einnahmen bringen.
      Avatar
      schrieb am 29.10.03 12:08:40
      Beitrag Nr. 439 ()
      Durch die Gesundheitsreform wird wiedereinmal nur an den Symptomen herum operiert und nicht das Übel an der Wurzel gepackt.
      Avatar
      schrieb am 03.11.03 11:24:01
      Beitrag Nr. 440 ()
      DER SPIEGEL 45/2003 - 03. November 2003
      URL: http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,272285,00.html



      Krankenversicherungen

      Gruseliges Ergebnis

      Fehlspekulationen an den Aktienmärkten bringen die privaten Krankenversicherer in Bedrängnis. Die Versicherten müssen sich auf drastische Beitragssteigerungen einstellen.



      DER SPIEGEL


      In der Mitgliederversammlung und im Aufsichtsrat der Freien Arzt- und Medizinkasse sitzt das geballte detektivische Wissen der hessischen Polizei. Zahlreiche Kriminaloberkommissare, Hauptbrandmeister und Polizeipräsidenten kontrollieren, dass bei dem privaten Krankenversicherer alles mit rechten Dingen zugeht.

      In finanziellen Dingen fehlt den Polizisten offenbar der richtige Spürsinn. Denn die Wirren auf den Kapitalmärkten haben in der Bilanz des Versicherers für die Angehörigen der Berufsfeuerwehr und der Polizei im Jahr 2002 tiefe Spuren hinterlassen. Stille Lasten in Höhe von 6,3 Millionen Euro türmten sich am 31. Dezember in der Bilanz, weil die kleine Krankenkasse sich an den Börsen verspekuliert hat.

      Dennoch versichert Peter Frerichs, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Kasse und im Hauptberuf Polizeipräsident in Wiesbaden: "Wir haben nach Auskunft des Vorstands keine Probleme." :laugh: Tatsächlich jedoch stehen den stillen Lasten nur ausgewiesene stille Reserven in Höhe von 552 000 Euro und ein aufsichtsrechtliches Eigenkapital von 4,4 Millionen Euro gegenüber.


      DER SPIEGEL


      Die Freie Arzt- und Medizinkasse ist kein Einzelfall. Ähnlich wie die Lebenversicherer haben viele private Krankenversicherer an den Börsen kräftig danebengelangt. In den vergangenen beiden Jahren verloren sie nach Berechnung der Kölner Ratingagentur Assekurata insgesamt sieben Milliarden Euro an den Kapitalmärkten.

      Die privaten Krankenkassen legen einen Teil ihrer Einnahmen zurück und am Kapitalmarkt an, um für das Alter ihrer Mitglieder vorzusorgen: Mit diesen gesetzlich vorgeschriebenen Rückstellungen sollen die Beiträge der acht Millionen Versicherten im Alter stabiler gehalten werden können, wenn die medizinische Versorgung richtig teuer wird.

      So weit die Theorie, doch sie funktioniert nur, wenn die Versicherer das Geld ihrer Beitragszahler weitgehend krisensicher anlegen. Das Gegenteil geschah: Wie viele Lebensversicherer stockten auch zahlreiche Krankenversicherungen in den Jahren des Börsenbooms den Aktienanteil dieser Anlagen immer weiter auf. Dann brach die Börse ein - mit dramatischen Folgen für die Kapitalausstattung. Ende 2002 lagen bei 9 der 34 wichtigsten Krankenversicherer laut Assekurata die stillen Lasten über den stillen Reserven.

      Marco Metzler von der Ratingagentur Fitch kommt zu einem noch gruseligeren Ergebnis. "Auf Basis von Marktwerten lag am 31. 12. 2002 bei sechs Krankenversicherern ein negatives Eigenkapital vor", sagt er. Will heißen: Die in der Branche üblicherweise äußerst knappe Eigenkapitaldecke reichte bei sechs Unternehmen nicht aus, die Differenz zwischen den tatsächlichen Marktwerten der Aktien und den höheren Buchwerten in der Bilanz auszugleichen.

      Nun sind die Versicherer keine normale Branche. Der Gesetzgeber hat den Kranken- und Lebensversicherern erlaubt, für beschränkte Zeit mit den höheren Buchwerten zu bilanzieren. Den Gang zum Konkursrichter anzuordnen, den der Vorstand eines Industrieunternehmens bei einer solchen Überschuldung antreten müsste, ist der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vorbehalten. Um keine unerwünschten Absetzbewegungen der Kunden loszutreten, schweigt die BaFin über die Problemkandidaten.

      Im BaFin-Jahresbericht heißt es nur allgemein, dass ein knappes Drittel der Versicherer die übliche Verzinsung der Alterungsrückstellungen von 3,5 Prozent nicht aus den Kapitalanlagen erwirtschaftet hat.

      Zu den Unternehmen, die mit den Rückstellungen für ihre Kunden negative Kapitalrenditen erwirtschaften, gehört laut Berechnungen von Experten die Inter Krankenversicherung. Die Versicherung mit Sitz in Mannheim ist auch für die Kapitalanlagen der Freien Arzt- und Medizinkasse verantwortlich und hat in ihrer Bilanz Ende 2002 stille Lasten von 170 Millionen Euro angesammelt. Nach Abzug der vorhandenen stillen Reserven blieb ein Minus von 136 Millionen Euro, dem nur ein Eigenkapital von rund 110 Millionen Euro gegenüberstand. Auch dem Schwesterunternehmen Inter Leben geht es schlecht.

      Der Aufschwung an den Börsen in diesem Jahr hat das Blatt nicht wirklich wenden können. Nach Auskunft von Bernd Jansen, dem Vorstandsvorsitzenden der Inter, sind zurzeit allein bei der Krankenversicherung immer noch stille Lasten von 140 Millionen Euro vorhanden.

      Doch eine Existenzgefährdung seiner Krankenversicherung will Jansen nicht sehen. "Wir haben eine Überdeckung beim Kapital von 170 Millionen Euro", sagt er. Neben einigen stillen Reserven bei Immobilien oder Beteiligungen rechnet er dabei allerdings auch die so genannten freien Rückstellungen für Beitragsrückerstattung in Höhe von gut 100 Millionen Euro mit ein.

      Kleiner Schönheitsfehler: Diese Rückstellungen stehen den Versicherten der Inter Kranken zu, um beispielsweise Kostensteigerungen bei der medizinischen Versorgung aufzufangen. Sie zählen deshalb nach Auskunft des Versicherungsanalysten Metzler nicht zum Eigenkapital und können auch nicht zum Ausgleich der in Zukunft notwendigen Abschreibungen auf die Kapitalanlagen verwendet werden.

      Immerhin, so argumentiert Jansen, könne mit Zustimmung der BaFin auf die Rückstellungen zugegriffen werden, wenn tatsächlich ein Notfall einträte. Er gibt sich allerdings optimistisch, dass die Inter und die von ihr gemanagte Polizei-Krankenkasse ohne größere Notoperationen über die Runden kommt. Die Aktienquote hat er von rund 22 Prozent Anfang des Jahres auf 14,5 Prozent abgesenkt und durch Sicherungsgeschäfte nach unten weiter abgefedert.

      Für die Zukunft soll helfen, dass die auf Ärzte und Handwerker spezialisierte Inter mit ihrem aktuellen Tarif die Angebote der meisten Konkurrenten unterbietet. "Wir haben 35 Prozent Steigerung im Neugeschäft", freut sich Jansen. Da dies meist jüngere Menschen mit wenig Krankheiten sind, hilft das bei der Sanierung.

      Ob die Neukunden trotz der günstigen Tarife auch in Zukunft ein gutes Geschäft machen, ist zweifelhaft. Versicherungsexperten rechnen vor, dass auf jeden der rund 145 000 Vollversicherten bei der Inter durch die verfehlte Anlagepolitik eine stille Last von beinahe 1000 Euro kommt.

      Auch bei den Krankenversicherungen der Axa, der Arag und der Victoria überstiegen die stillen Lasten die Reserven. Die Mannheimer Krankenversicherung wurde nach der Fastpleite ihres Schwesterunternehmens Mannheimer Leben von der Continentalen übernommen. Selbst die Hallesche Krankenversicherung aus Stuttgart, die bei den Ärzten wegen ihrer generösen Erstattungspraxis einst den Ruf eines Mercedes unter den Krankenversicherern hatte, kämpft mit Fehlspekulationen.

      Mit einem radikalen Schritt wurde nun die Aktienquote auf null gedrückt. Um die anstehenden Abschreibungen in der Bilanz zu bewältigen, will die Hallesche die Verzinsung der Alterungsrückstellungen deutlich unter die sonst üblichen 3,5 Prozent bringen. Das Geld wird fehlen, um die Beitragssteigerungen der Zukunft zu dämpfen.
      [/i]

      Und die fallen auch ohne die Fehlspekulationen an den Aktienmärkten nicht zu knapp aus. "Wir rechnen für neue Verträge mit Beitragsanpassungen von durchschnittlich rund zehn Prozent für das kommende Jahr", sagt Reiner Will, der Geschäftsführer der Kölner Ratingagentur Assekurata.

      In den nächsten Jahren drohen weitere Beitragssteigerungen. Da ist zunächst die höhere Lebenserwartung ihrer Kunden, die die Anbieter auf Veranlassung der BaFin in die Tarife einkalkulieren müssen.

      Zurzeit rechnen die meisten Krankenversicherer noch mit veralteten Sterbetafeln. Doch inzwischen hat sich die Lebenserwartung insbesondere der Männer deutlich erhöht. Ein langjährig Versicherter 50-Jähriger wird voraussichtlich allein aus diesem Grund etwa sechs Prozent mehr zahlen müssen, bei einer gleichaltrigen Frau sind es etwa zwei Prozent.

      Hinzu kommen die Preissteigerungen bei Arztrechnungen oder für das Krankenhaus. Auch hier wird mit einem Plus von zusätzlich rund fünf Prozent gerechnet, das letztlich über Beitragserhöhungen der Krankenversicherer refinanziert werden muss.

      Fehlspekulationen bei der Kapitalanlage dürfen dagegen nicht als Begründung für eine Erhöhung der Beiträge herangezogen werden. Doch stillschweigend wird genau das passieren, da sind sich die meisten Versicherungsexperten einig.


      Außerdem steht noch der Medicator bereit, der Pleitekandidaten unter den Krankenversicherern auffangen soll. Der wurde Mitte des Jahres auf Veranlassung der BaFin gegründet. Vorbild ist die Auffanggesellschaft Protektor bei den Lebensversicherern, die zurzeit ein erstes von Pleite bedrohtes Unternehmen, die Mannheimer Leben, abwickelt.

      Doch inwieweit die chronisch eigenkapitalschwache Branche im Ernstfall tatsächlich fähig ist, mit frischen Geldern einem maladen Unternehmen unter die Arme zu greifen, muss sich erst zeigen.

      CHRISTOPH PAULY
      Avatar
      schrieb am 05.11.03 19:44:28
      Beitrag Nr. 441 ()
      Die AIP-Phase wurde uebrigens vom genialen "die RENTE IST SICHER" - Bluem eingefuehrt.
      Damals konnte es sich die Politik noch erlauben, die Aerzte zu verarschen.

      Aber die Zeiten sind vorbei.... :D


      - 05. November 2003, 18:48
      URL: http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,272664,00.ht…
      AiP wird abgeschafft

      Schluss mit der Ausbeutung junger Ärzte

      Den Kliniken bescherte der AiP günstige Arbeitskräfte, für junge Mediziner ist es bisher ein ungeliebter Durchlauferhitzer mit langen Arbeitszeiten zu Dumping-Löhnen: Die Ausbildungsstation "Arzt im Praktikum" wird im nächsten Jahr abgeschafft.
      Künftig erhalten Medizin-Absolventen mehr Geld.


      Medizinstudenten: Weg mit dem AiP


      Die Krankenhäuser, Medizinfakultäten und junge Ärzte befinden sich derzeit in einer kuriosen Situation: Der Run auf das Medizinstudium ist ungebrochen, Abiturienten drängeln sich wie selten zuvor bei der ZVS, um einen der Studienplätze zu ergattern. Zugleich aber schlagen die Ärzteverbände und Kliniken Alarm, weil ihnen der Nachwuchs wegbricht - viele Stellen können derzeit nicht besetzt werden.

      Bisher wurden Medizin-Absolventen nach dem Studium 18 Monate lang "Arzt im Praktikum", zu kümmerlichen Löhnen und mit langen Arbeitszeiten. Zum 1. Oktober 2004 jedoch soll das AiP abgeschafft werden. Am Mittwoch machte das Bundeskabinett dafür den Weg frei, als es einem Paket zur Novellierung der Bundesärzteordnung und anderer Gesetze zustimmte. Junge Mediziner sollen künftig direkt nach ihrem Studium mit der Weiterbildung zum Facharzt beginnen können und dann wie Assistenzärzte bezahlt werden, die derzeit knapp 3000 Euro brutto monatlich erhalten.

      [Anm.: Fuer ca. 80 Std Arbeit in der Woche ]

      Ärzte-Ausbildung: Bisher und künftig


      "Dadurch werden der Arztberuf insgesamt und der Arbeitsplatz Krankenhaus wieder attraktiver", begründete Bundessozialministerin Ulla Schmidt (SPD) den Schritt. Die neue Approbationsordnung mache die Ausbildung der Ärzte praxisnäher, der AiP sei nicht mehr notwendig.

      Bisher lag die AiP-Bezahlung nach Angaben der Deutschen Krankenhausgesellschaft zwischen 1057 und 1323 Euro brutto im Monat. Eine Übergangsregelung sieht aber vor, dass auch jene Mediziner, die zum Stichtag noch ihre AiP-Phase absolvieren, finanziell mit den Assistenzärzten gleichgestellt werden.

      Junge Mediziner hatten das 1988 eingeführte Modell von Anfang an auch wegen seiner Dauer von 18 Monaten heftig kritisiert. "Mit der Abschaffung des AiP beugen wir auch der Tendenz eines Ärztemangels insbesondere an den Krankenhäusern vor", sagte Ministerin Ulla Schmidt.



      Ärztevertreter Montgomery: "Reine Ausbeutung"


      Nach Auffassung des Marbruger Bundes ist es höchste Zeit, den AiP abzuschaffen. Die Pflichtzeit für junge Mediziner habe sich im Laufe der Zeit "zu einer reinen Ausbeutungsphase" gewandelt, die zum Ärztemangel in den Krankenhäusern entscheidend beigetragen habe, sagte der Vorsitzende Frank Ulrich Montgomery. Die Bezahlung junger Mediziner und Assistenzärzte sei nach wie vor "anachronistisch".


      Trotz der Approbations-Novelle sollen Medizinstudenten, die ihr Examen bis zum 30. September 2004 ihr Examen ablegen, weiterhin die 18-monatige AiP-Zeit absolvieren. Frank Ulrich Montgomery hält das für unnötig und forderte eine sofortige Änderung der Ausbildung.










      Zum Thema:

      In SPIEGEL ONLINE: · Ärztemangel: Mediziner können sich den Job wieder aussuchen (20.10.2003)
      http://www.spiegel.de/unispiegel/jobundberuf/0,1518,268493,0…

      · Achtung, Examen: Boom bei der Angst AG (03.11.2003)
      http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,255658,00.ht…

      · Medizinstudentin Anke Moll: "Wenn man schlecht arbeitet, schändet man die Leiche" (19.09.2003)
      http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,248926,00.ht…

      · Medizinermangel: Ärzte auf der Flucht (30.08.2003)
      http://www.spiegel.de/unispiegel/jobundberuf/0,1518,263644,0…

      · Wunderknabe: Zwölfjähriger startet ins Medizinstudium (05.05.2003)
      http://www.spiegel.de/unispiegel/wunderbar/0,1518,247176,00.…

      · Mediziner-Mangel: Lassen Sie mich durch, ich bin Arzt (08.05.2003)
      http://www.spiegel.de/unispiegel/jobundberuf/0,1518,247663,0…

      · Studienplatz per Klage: Die Gerichts-Mediziner (04.12.2002)
      http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,225459,00.ht…

      · ZVS: Sechs Bewerber pro Medizin-Platz (04.03.2003)
      http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,238646,00.ht…
      Avatar
      schrieb am 25.11.03 11:52:14
      Beitrag Nr. 442 ()
      das war doch gestern bezeichnend (kam in einer WDR Sendung): das sitzt ein Spezialist der Krankenkassen rum, der die Preise und Preisentwicklungen im Arzneimittelmarkt beobachten soll - Durchblick hatte der keinen und die Journalisten mussten ihn auf vermeintliche Missstände hinweisen; aber nun wird er aktiv und es wird geprüft und geschrieben und gemahnt werden. Vielleicht sollte man zuerst diesen Herrn einsparen, weil der sowieso nichts mitbekommt, wenn er nicht von außen informiert wird.
      Avatar
      schrieb am 30.11.03 15:51:52
      Beitrag Nr. 443 ()
      @ konns

      Es kommt noch besser:
      Ich habe im Jahr 2001 den sehr jungen, inkompetenten, jedoch umso selbstbewussteren Leiter der BundesZentrale einer der groessten Ersatzkasse Deutschlands fuer das neue Betaetigungsfeld "Case- und Disease-Management" bei einer veranstaltung "schaetzen" gelernt, der nach eigenen ngaben fuer ein dreistelliges Budget der Barmer zustaendig sein sollte.

      Der Mann konnte nicht einmal den Dreisatz fuer die einfachen Krankenhaus anwenden, verwechselte mangels Durchblick pausenlos (auch nachdem er auf den Fehler aufmerksam gemacht wurde) case- mit Diseasemanagement und erzaehlte von einem "typischen angeblichen Erfolg bei der Kostensenkung:
      Er hatte eine schwerkranke Frau durch massiven Druck aus der sie versorgenden Familie in ein Pflegeheim gepresst, um ca. 2000 DM pro Monat fuer seinen Arbeitgeber einzusparen. Diese hemmungslose Kranken-Entsorgung erzaehlte er noch stolz.
      Dumm fuer ihn, dass die fassungslosen Zuhoerer nachfragten und nicht so dumm waren, wie er dachte

      Dieser Vortrag war die groesste Pleite der betrefenden Kasse, die man sich in fachkundigen Kreisen vorstellen konnte.

      Er bezog sich auch auf eine Studie, die eine geringere Liegedauer der Patienten als moeglich darstellte.
      Er behauptete in diesem Zusammenhang auch, dass beispielsweise eine um 10% verringerte Liegedauer logischerweise um 10% verringerte Kosten nach sich ziehen wuerden - voellig schwachsinnig.

      ich belehrte ihn, dass in einem krankenhaus bei einer Standardbehandlung ueber 80% der medizinischen gesamtkosten in den ersten 5 Tagen entstehen. Und dass nur durch die altertuemliche Berechnung eines virtuellen "Tagespflegesatzes" die letzten Tage bensoviel kosten wie die ersten, also mithin bei einer 10% niedrigeren Liegedauer nur etwa 10% der NICHTMEDIZINISCHEN "HOTELKOSTEN" eingespart werden koennten, keineswegs jedoch die bereits anfangs entstandenen medizinischen Kosten.
      Der mann hat das auch nach zweimaligen Erklaeren nicht verstanden und mir immer wieder verzweifelt den Pflegesatz mit der Liegezeit multipliziert... :laugh:

      Fazit: Ein "Entscheidungstraeger", der von Krankenhausprozessen keinen Schimmer hat, die Patienten ueber den Tisch zieht und oeffentlich aberwitzig dumme Milchmaedchenrechnungen aufstellt - und fuer eines der zu recht wichtigsten Zukunftsprojekte einer der groessten Kassen Deutschlands zustanedig ist.

      Arme <versicherte>...





      __________________________________________________________
      Die Krankenkassen werden nach Einschätzung des AOK-Bundesverbands auch dieses Jahr mit einem Riesen-Defizit abschließen. „Der Trend dazu verfestigt sich“, sagte der Verbandsvorsitzende Hans Jürgen Ahrens dem „Tagesspiegel am Sonntag“. Rechnerisch müssten die Beiträge deshalb um 0,3 Prozentpunkte steigen. Bereits im Vorjahr hatten die Krankenkassen ein Defizit von 2,96 Milliarden Euro verbucht.

      Auf mögliche Beitragssenkungen durch die Gesundheitsreform 2004 legte er sich nicht fest. Die Reform werde zwar zu Einsparungen in Höhe von neun bis zehn Milliarden Euro führen, die Kassen hätten aber auch Schulden angehäuft, die sie zum Teil tilgen müssten.

      „Außerdem verzeichnen wir in diesem Jahr erhebliche Kostensteigerungen, etwa bei den Arzneimitteln, und einen deutlichen Rückgang der Beitragseinnahmen etwa auf Grund der hohen Arbeitslosigkeit“, sagte Ahrens. Angestrebt ist eine rasche Beitragssenkung durch die Gesundheitsreform von derzeit durchschnittlich 14,3 auf 13,6 Prozent.

      30.11.03, 10:30 Uhr focus.de
      Avatar
      schrieb am 30.11.03 16:57:28
      Beitrag Nr. 444 ()
      @DeepThought

      Ist schon schlimm, wie abgehoben und unfähig die Obrigkeit sein kann.

      Für mich eine Erklärung, weil die garnicht wissen, was und wofür ihnen da Geld vom Kassenkonto abgebucht wird.
      Das ganze System ist schrottreif.
      Keine Versicherung läßt sich was abbuchen, ohne vorher zu prüfen, ob es richtig ist.
      Nur dieses GKV-System geht so unverantwortlich mit seinen Beitragsgeldern um.

      Tollhaus
      Avatar
      schrieb am 02.12.03 14:10:20
      Beitrag Nr. 445 ()
      @ rhum56

      "Keine Versicherung läßt sich was abbuchen, ohne vorher zu prüfen, ob es richtig ist. "

      Wenn Du wuestest.... :laugh:

      Ein kleines Beispiel gefaellig:

      Es gab einmal ein kleines, aber sehr gutes Herzzentrum in Rotenburg an der Fulda.

      Und das hatte einen Versorgungsauftrag der GKV ergattert.

      Das Herzzentrum war derart gut, dass man nicht nur eine aussergewoehnlich gute medizinische Versorgung bei hochzufriedenen Patienten erreichte, man sah sich bald nicht nur extrem vielen Privaten Patienten gegenueber (deren ersorgung kein Problem war) , sondern auch mit viel mehr Anfragen verzweifelter GKV-Patienten konfrontiert als man versorgen durfte.

      Was geschah, ist typisch fuer das dt. Gesundheitssystem:

      1. Man hat einfach mehr GKV-Patienten als "erlaubt" versorgt, weil die unbedingt dort versorgt werden wollten, in der Hochzeit ueber 2.000 pro Jahr.

      2. Man hat einfach mit den vielen verschiedenen GKV-Kassen die fuer alle Kassen verhandelte OP-Pauschale incl. Nachversorgung abgerechnet (die im uebrigen nur etwa die Haelfte der Kosten einer Uniklinik oder der meisten anderen Herzzentren betrug) und so zum Wohle der Patienten (die gut versorgt wurden) , zum eigenen Wohl (das Unternehmen war derart gut organisiert, dass trotz der niederigen Pauschale eine hohe Rendite erwirtschaftet wurde) aber durchaus auch zum Wohle der Kassen ( sehr niedrige Pauschalen) .

      3. Nach ueber 10 Jahren ( !!!! ) fiel den Kassen zum ersten Male auf :laugh: , dass hier doppelt so viele Patienten versorgt wurden wie erlaubt.

      Daher haben die Kassen rueckwirkend fuer die 10 Jahre saemtliche Erstattungen fuer erfolgte OP`s, die ueber den "erlaubten" OP-Zahlen des Versorgungsvertrages lagen, auf einen Schlag zurueckverlangt.

      Damit war das hochrentable und medizinisch excellent beleumundete Herzzentrum auf einen Schlag in Konkurs, laeuft m.W. nur noch in Regie eines Konkursverwalters und mit halbierter Patientenzahl..

      Jetzt werden wieder mehr Patienten in teureren Zentren versorgt, die nicht selten NICHT die guten Ergebnisse erzielen wie dieses Zentrum.

      Aber die Verantwortlichen der Kassen sind sicherlich noch in Amt und Wuerden, haben sich durch die enormen Regressforderung eine kleine finanzielle Verschnaufpause geholt, um danach umso mehr und schneller das Geld der versicherten zum Fenster rauszuwerfen.


      Alles klar?

      Soviel zu "kostenpruefenden" und "betriebswirtschaftlich denkenden" GKV`s.... :laugh:
      Avatar
      schrieb am 02.12.03 14:14:12
      Beitrag Nr. 446 ()
      nur, um Missverstaendnissen vorzubeugen:

      Dieses Herzzentrum muesste die Pauschalen fuer TATSAECHLICH GELEISTETE ARBEIT zurueckzahlen, es wurden in der Vergangenheit nur OP`s abgerechnet, die auch tatsaechlich stattfanden!

      Das Vergehen war, gegen die auch jetzt noch uebliche Planwirtschaft im gesundheitssystem zu verstossen und Patienten zu operieren, die unbedingt dort operiert werden wollten.
      Avatar
      schrieb am 02.12.03 16:57:29
      Beitrag Nr. 447 ()
      Jeder Fünfte nimmt lieber Urlaub
      (und die Kosten steigen)


      Viele Menschen gehen in Deutschland auch zur Arbeit, wenn sie sich wirklich krank fühlen. Das liegt aber weniger am Arbeitseifer, sondern vielmehr an der Angst um den Arbeitsplatz

      Bonn - Fast 71 Prozent der Arbeitnehmer haben im vergangenen Jahr gearbeitet, obwohl sie sich richtig krank fühlten, heißt es in einer repräsentativen Umfrage im "Fehlzeiten-Report 2003" des Wissenschaftlichen Instituts der AOK, der am Dienstag in Bonn vorgestellt wurde. Demnach warteten 62 Prozent der rund 2000 befragten Arbeitnehmer zur Erholung auf das Wochenende, etwa jeder fünfte nahm zur Genesung sogar Urlaub. Knapp zwei Drittel der Beschäftigten befürchten berufliche Nachteile bei Krankmeldungen.
      Diese Angst vor Verlust des Jobs - aber auch eine verbesserte betriebliche Gesundheitsförderung - sorgten 2002 für einen geringeren Krankenstand unter den AOK-Mitgliedern. Unter den 10,9 Millionen versicherten Erwerbstätigen sank die Quote um 0,1 Punkte auf 5,2 Prozent. Damit war jedes Mitglied im Durchschnitt 19 Kalendertage krankgeschrieben. Die höchsten Krankenstand verzeichnete die öffentliche Verwaltung mit 5,9 Prozent, die niedrigsten Werte wiesen der Handel (4,5 Prozent) sowie Banken und Versicherungen (3,5) auf.

      Immer mehr Arbeitsausfälle gibt es nach Angaben des Instituts wegen psychischer Erkrankungen. Mittlerweile seien diese mit einem Anteil von rund sieben Prozent die vierthäufigste Ursache für Fehlzeiten. Die häufigsten Gründe sind Erkrankungen der Muskeln und des Skelettes (28 Prozent), Verletzungen (13,8) und Atemwegs-Leiden (13,0). Bei den psychischen Erkrankungen dominierten Depressionen sowie neurotische Leiden, etwa Angsterkrankungen, Zwangsstörungen oder psychosomatische Erkrankungen.

      Neuste NachrichtenKrank zur Arbeit Jeder Fünfte nimmt lieber Urlaub - Wirtschaft - SPIEGEL ONLINE.htm
      Avatar
      schrieb am 06.12.03 23:52:52
      Beitrag Nr. 448 ()
      Wer als verarschter Arzt noch nicht auf gepackten Koffern sitzt, der solte anfangen, zu packen, alle anderen EU-Laender setzen das Urteil um bzw. haben es umgesetzt:


      Regierung will Urteil umgehen


      Bei der Anerkennung von Bereitschaftsdiensten von Ärzten und Pflegern als Arbeitszeit dringt Deutschland auf eine Ausnahmeregelung. Wie FOCUS unter Berufung auf diplomatische Kreise in Brüssel berichtet, will die Bundesregierung so das Urteil des Europäischen Gerichtshofes aushebeln und erreichen, dass Deutschland es nicht umsetzen muss.


      Im September hatten die EuGH-Richter beschlossen, Bereitschaftsdienste in Europa als Arbeitszeit zu werten. Krankenhäuser fürchten Milliardenkosten.

      06.12.03, 14:06 Uhr focus.de
      Avatar
      schrieb am 07.12.03 16:41:28
      Beitrag Nr. 449 ()
      #444 von Deep Thought

      Du hast mich mißverstanden. Ich meinte damit, dass sich keine andere Versicherung, also nicht GKV/PKV ,etwas so einfach abbuchen läßt.

      so long
      Avatar
      schrieb am 09.12.03 15:26:17
      Beitrag Nr. 450 ()
      Teure Gesundheit, kranke Kassen - Therapie durch Gesundheitsreform?

      Berlin. (dpa) "Wer kann das bezahlen, wer hat so viel Geld?" Ein alter Gassenhauer hat längst neue Bedeutung erhalten - zum Beispiel für Patienten und Krankenversicherte. Das 225 Milliarden Euro teure Gesundheitssystem droht zu kollabieren. Es wird - unbemerkt von vielen - mehr Geld ausgegeben als eingenommen. Die gesetzlichen Krankenkassen schreiben rote Zahlen. Die Wende bringen soll die rot-grün-schwarze Gesundheitsreform, die zum Jahreswechsel startet. Sie löst langfristig die Probleme des Gesundheitssystems aber nicht.

      Eines steht fest: Patienten müssen vom 1. Januar an für ihre Gesundheit tiefer in die Tasche greifen. Höhere Zuzahlungen sind fällig für Medikamente und stationäre Behandlung im Krankenhaus. Selbst der Besuch beim Hausarzt kostet künftig: Fällig wird erstmals eine Praxisgebühr von zehn Euro im Quartal. Im Gegenzug wird der Katalog der Kassenleistungen dünner: Auf der Streichliste stehen Taxifahrten für den Besuch beim Arzt, das Sterbe- oder Entbindungsgeld, und auch die Sehhilfen auf Kassenkosten gibt es für Erwachsene künftig nicht mehr.

      Insgesamt knapp zehn Milliarden Euro soll die Operation zur Entlastung der Krankenkassen bringen - und die Patienten werden dafür bluten und Abschied nehmen müssen von lieb gewonnenen Leistungen. Doch auch Pharmaindustrie und Apotheken kommen nicht ungeschoren davon: Sie haben ihr Scherflein von rund drei Milliarden Euro beizusteuern -zum Beispiel durch niedrigere Festbeträge für neue Medikamente ohne erkennbaren Zusatznutzen, durch Wegfall der Preisbindung für rezeptfreie Arzneien und durch die Verpflichtung, Re-Importe billiger abzugeben.

      Die Reform-Eingriffe dienen einem einzigen Zweck: Sie sollen die die Kosten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) drücken, um die Beitragszahler, also Beschäftigten und Arbeitgeber, zu entlasten, ohne dass der Gesundheitsschutz grundsätzlich verloren geht. Eine Senkung des Durchschnitts-Beitrags um 0,7 Prozentpunkte auf 13,6 Prozent hat sich Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) für 2004 von der Reform erhofft. Doch flaue Konjunktur, hohe Arbeitslosigkeit und rote Zahlen der gesetzlichen Kassen drohen die Rechnung zu durchkreuzen.

      Nur wenn die Konjunktur 2004 "außerordentlich gut läuft" sei das Ziel noch erreichbar, ließ die Ministerin dieser Tage vorbeugend verkünden. Die Nennung einer konkreten Ziel-Zahl vermeidet sie inzwischen. Zu unsicher ist die Prognose, denn die Kassen werden auch 2003 das Jahr mit einem Defizit abschließen. Ein Fehlbetrag von bis zu drei Milliarden Euro zeichnet sich ab, der Schuldenberg dürfte noch einmal leicht wachsen. Das dämpft zwangsläufig die Hoffnungen auf rasche Beitragssenkungen.

      Die Gesetzlichen Kassen halten sich mit Versprechungen zurück: Viele wollen abwarten, wie die Reform wirkt. Nur eine Minderheit von ihnen - meist jene, die bereits heute hohe Beiträge verlangen - wird bereits zum 1. Januar billiger. Um etwa 0,3 bis 0,4 Beitrags-Punkte, nicht aber um den "ganz großen Schritt". Völlig anders dagegen die Situation bei den Privatkassen: Die werden teurer, in Einzelfällen bis zu 25 Prozent. Immerhin kürzen sie die Leistungen nicht, sorgen sogar vor und bauen - gesetzlich dazu verpflichtet - die Altersrückstellungen für ihre Kunden weiter auf.

      Die Einschnitte und Mehrbelastungen für die Patienten sind mit Beginn des neuen Jahres nicht zu Ende: 2005 fällt der Zahnersatz aus der Erstattungspflicht der gesetzlichen Kassen. Der muss dann auf eigene Rechnung abgesichert werden. Von 2006 an schließlich wird der volle Beitrag für die Krankengeld-Versicherung fällig, die von der 7. Krankheitswoche an die Stelle von Lohn und Gehalt tritt. Der bisher hälftige Arbeitgeberanteil entfällt.

      Wie geht es mit der solidarischen Krankenversicherung weiter? Sie leidet, wie die Rentenkassen, unter Einnahme-Erosion bei gleichzeitig steigenden Gesundheitskosten einer älter werdenden Gesellschaft. Zwei Lösungs-Modelle - Bürgerversicherung oder Kopfpauschale - stehen sich gegenüber. Beide stellen praktisch einen radikalen Systemwechsel dar.

      Für die Bürgerversicherung, in die auch Selbstständige und Beamte nach Einkommenshöhe gestaffelte Beiträge entrichten müssten, machen sich Grüne und, mit Vorbehalten, auch die SPD stark. Die CDU dagegen setzt, anders als die Schwesterpartei CSU, auf einkommensunabhängige Kopfpauschalen nach dem Vorschlag der Herzog-Kommission. Beide Modelle sind nach dem Urteil vieler Fachleute noch nicht ausgegoren, werfen auch nach Ansicht von Ulla Schmidt viele Fragen auf. Um die "System-Entscheidung" dürfte deshalb noch lange gerungen werden.



      Wer die ab 1. Januar 2004 fällige Praxisgebühr nicht sofort zahlen kann, dem droht im Mahnverfahren ein Zuschlag von vier Euro. Führt eine Zahlungserinnerung nicht zum Erfolg, übernimmt die Kassenärztliche Vereinigung das gerichtliche Mahnverfahren. Bleibt die Forderung uneintreibbar, springt die Krankenkasse ein.
      Avatar
      schrieb am 09.12.03 17:59:25
      Beitrag Nr. 451 ()
      @ Rhum56

      ach so, ja, dann habe ich Dich in der Tat missverstanden.

      Gruss

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 10.12.03 09:41:21
      Beitrag Nr. 452 ()
      Wie man mal eben so viele milliarden an der richtigen Stelle einsparen kann, anstatt bei chronisch kranken Patienten:

      DER SPIEGEL 50/2003 - 06. Dezember 2003
      URL: http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/0,1518,277209,00.html
      Schmu beim Kindergeld?

      Beim Kindergeld gibt der Staat möglicherweise Milliarden zu viel aus - mutmaßlich spielt auch Betrug eine Rolle. Zu dieser Auffassung sind Mitarbeiter des Bundesfinanzministeriums gekommen. Ihnen war aufgefallen, dass seit Jahren zwar immer weniger Nachwuchs in Deutschland zur Welt kommt, die Summe der Kindergeldzahlungen dagegen kontinuierlich steigt. Derzeit belaufen sich die Ausgaben auf fast 35 Milliarden Euro pro Jahr. Dass Rot-Grün ab Januar 2002 den Zuschuss erhöht hat (für das erste Kind von 138 auf 154 Euro im Monat), haben die Fachleute bei ihren Vergleichsrechnungen bereits berücksichtigt.


      DPA

      Trotz weniger Nachwuchs: Schwimmen im Kindergeld


      Auch der Bundesrechnungshof ist zu einem alarmierenden Ergebnis gekommen: Bei einzelnen Familienkassen - diese Behörden bearbeiten die Anträge auf Kindergeld - stellten die Prüfer eine Fehlerquote von bis zu 20 Prozent fest. Dies teilte das Finanzministerium mit, das nun die Einzelkontrollen bei den Kassen deutlich erhöht hat. Als Grund nennt ein hochrangiger Ministerialer: "Wenn auch nur bei drei Prozent der Anträge Schindluder getrieben oder gar betrogen wird, kostet das den Staat eine Milliarde Euro." Vorstellbar sei beispielsweise, dass Eltern an verschiedenen Wohnorten Kindergeld beantragen. Auf Grund der weit verzweigten Bürokratie wäre ein derartiger Fall nur schwer aufzudecken: Bundesweit werden die Anträge bei rund 16000 Familienkassen bearbeitet.

      Als weitere - und harmlose - Ursache für die Auffälligkeiten kommt in Frage, dass Kinder auf Grund längerer Ausbildungszeiten ihren Eltern länger auf der Tasche liegen. Aber auch hier könnte geschummelt werden. Um Abhilfe zu schaffen, hat die Regierung eine interministerielle Arbeitsgruppe eingesetzt. Mitarbeiter aus dem Finanz-, dem Wirtschafts- und dem Familienministerium sollen Vorschläge erarbeiten, wie die Auszahlung des Kindergeldes effizienter gestaltet werden kann.
      Avatar
      schrieb am 10.12.03 11:53:20
      Beitrag Nr. 453 ()
      "...Um Abhilfe zu schaffen, hat die Regierung eine interministerielle Arbeitsgruppe eingesetzt. Mitarbeiter aus dem Finanz-, dem Wirtschafts- und dem Familienministerium sollen Vorschläge erarbeiten, wie die Auszahlung des Kindergeldes effizienter gestaltet werden kann...." :mad:

      Eine Datenbank mit allen Kindern und Geburtsdaten, dazu die Ausweisnummer des/der Bezugsberechtigten, fertig.
      (Vermutlich benötigt man dafür weit über eine Milliarde für eine Leistung die ein einzelner Programmierfreak vermutlich in 4 Wochen mit links schafft.)

      Oder mal eben einen Datencrash haben:p, wobei alle Zahlungen verlorengehen und sich die Bezugsberechtigten neu melden müssen.

      Um solche und andere Auswüchse zu bekämpfen habe ich keine Probleme mit Datenabgleich, da ich überhaupt nichts zu verbergen habe!
      Avatar
      schrieb am 10.12.03 17:19:37
      Beitrag Nr. 454 ()
      170 Betriebskrankenkassen senken Beiträge nicht

      - DAK geht dagegen zum Jahresbeginn um 0,5 Prozentpunkte runter

      Anders als von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) angestrebt können die Versicherten von 170 Betriebskrankenkassen vorerst nicht mit einer Senkung ihrer Beiträge rechnen. "Mehr als zwei Drittel" der 250 Betriebskrankenkassen mit insgesamt 14 Millionen Mitgliedern "werden ihre Beiträge erstmal stabil halten", sagte der Sprecher des BKK-Bundesverbandes, Florian Lanz, dem "Hamburger Abendblatt". Dagegen können die fünf Millionen Versicherten der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) sich auf eine Beitragssatzsenkung um 0,5 Prozentpunkte von derzeit 15,2 Prozent einstellen.

      Lanz begründete die Entscheidung der BKKs mit finanziellen Unsicherheiten. Die betroffenen Kassen wollten "erstmal abwarten, wie sich die Einspareffekte durch die Gesundheitsreform im nächsten Jahr tatsächlich auswirken". Ohnehin würden nur wenige Kassen die Beiträge überhaupt senken. Die Entlastung werde insgesamt im Durchschnitt sehr gering ausfallen und "ganz deutlich entfernt" von den O,7 Prozentpunkten bleiben, die Schmidt für das kommende Jahr anstrebt. Derzeit liegt der Durchschnittsbeitrag bei 14,3 Prozent. Die Ministerin sagte in Berlin, in den nächsten vier Jahren werde es sukzessive Beitragssenkungen geben.
      Der DAK-Vorstandsvorsitzende Hansjoachim Fruschki sagte, die Beitragssatzsenkung sei ein Signal an Politik und Versicherte. Die DAK leiste einen Beitrag, um die Lohnnebenkosten zu senken. Für die Versicherten könne ein Teil der zusätzlichen Belastungen durch die Gesundheitsreform aufgefangen werden. Die DAK hatte zu Jahresbeginn ihren Beitragssatz erhöht. Seither verlor sie 400.000 Mitglieder.

      Wie andere Kassen bietet auch die DAK ab dem kommenden Jahr Bonusmodelle, Zusatzversicherungen und Individualtarife an. Bei den Bonusprogrammen können die Versicherten durch gesundheitsbewusstes Verhalten wie etwa den Erwerb des Sportabzeichens Punkte sammeln, für die es Prämien wie Pulsmesser und Rudergeräte geben kann. Prämien in Form von Erstattung der Praxisgebühr kann sich sichern, wer sich in Hausarztmodelle einschreibt oder etwa als Diabetespatient an Gesundheitsprogrammen teilnimmt.
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      schrieb am 02.01.04 03:39:48
      Beitrag Nr. 455 ()
      Kritiker: Ulla Schmidts Pflegepläne "Unfug"
      Experten kritisieren Regierungspläne, die Leistungen der Versicherung für Heimpflegestufen einzudampfen




      BERLIN taz Heftige Kritik der Experten lösen die Pläne der Sozialministerin Ulla Schmidt (SPD) zur Reform der Pflegeversicherung aus. Es handle sich um "Unfug", sagte Karl Jung, ehemaliger Staatssekretär im Sozialministerium und amtierender Vorsitzender des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen, gestern zur taz. Schmidt wird in wenigen Wochen Eckpunkte einer Reform präsentieren; bekannt ist bereits, dass die Leistungen der Pflegeversicherung für die Heimpflege in den Stufen I und II stark gekürzt werden sollen, um den Anreiz für die Pflege zu Hause zu erhöhen. Diese Idee geht auf die Rürup-Kommission zurück, die im August ihren Abschlussbericht vorlegte.

      "Wer so denkt, hat keine Ahnung", sagte Jung gestern. "Die Leute sind nicht aus Jux und Dollerei im Heim, sondern deshalb, weil sie zu Hause niemand mehr pflegen kann." Die Leistungen etwa in der Pflegestufe I um mehr als die Hälfte zu kürzen, werde zehntausende Menschen in die Sozialhilfe treiben. "Und dies ist das Gegenteil dessen, was die Pflegeversicherung wollte." Karl Jung hat unter dem damaligen Sozialminister Norbert Blüm (CDU) die Pflegeversicherung 1994/95 mit erschaffen.
      Er schlägt vor, zunächst das damals angelegte Finanzpolster auszuschöpfen - bis etwa 2007 wird es noch reichen - und dann die Beiträge von derzeit 1,7 Prozent anzuheben. "Die Gesellschaft muss sich entscheiden, was ihr die Pflege alter Menschen wert ist", sagte er. "UWI

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      Hinter der hinterhältigen Formulierung "den Anreiz für die Pflege zuhause erhöhen"
      steckt eine ganz PRIMITIVE STRATEGIE:

      Erstens bekommt eine Familie für ihr Engagement in der Pflege nur ein "Taschengeld" ,einen BRUCHTEIL der realen Kosten.
      Zweitens:

      Wenn wieder mehr alte Menschen in der Sozialhilfe enden, so zahlt häufig eben nicht endgültig der Staat, sondern die Angehörigen werden anschließend gemolken.
      Und es ist keineswegs zufällig, dass in der Verschärfung der Zahlungspflichten für Angehörige ab 1.1. 2004 auch entferntere verwandte zur Ader gelassen werden.

      Wir steuern heftig auf US-amerikanische Verhältnisse zu.
      Avatar
      schrieb am 02.01.04 04:35:41
      Beitrag Nr. 456 ()
      In Zukunft ganz dynamisch

      VON ULRIKE WINKELMANN
      "Frau Schäferjohann, welcher Tag ist heute?" - "Mittwoch doch wohl, nicht?" Na ja, stimmt fast. Aber die Schürze kann Annemarie Schäferjohann noch tadellos hinterm Rücken zubinden. Und wenn sie ihre Bluse nicht mehr richtig zukriegt, weil die Finger doch wackeln - der Kittel tuts doch schon seit 50 Jahren. Beim Baden hilft der 92-Jährigen ihre 85-jährige Schwester, die eigentlich nichts Schweres mehr heben soll. Aber der Sohn mag seine Mutter nicht nackt anfassen. Darüber freilich redet keiner.

      Nach 45 Minuten ist die Dame - Annemarie Schäferjohann nennt sie seither "das Mädchen" - vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen mit der Befragung fertig. Ergebnis: keine Pflegestufe. Die Pflegeversicherung stellt kein Geld dafür zur Verfügung, dass sich Frau Schäferjohann regelmäßig einen ambulanten Pflegedienst bestellen könnte. Zwar lässt Frau Schäferjohann schon mal die Herdflamme an, wenn sie unvollständig bekleidet zum Einkaufen huscht. Zwar riecht sie oft schon recht streng. Aber es wird niemand gebraucht, der ihr mehr als 90 Minuten täglich bei den "Aktivitäten des täglichen Lebens", im Jargon heißt es: den ATLs, helfen müsste: Waschen, Toilette, Einkaufen, Essen, Umziehen, Putzen. Wird schon gehen.

      Eine Million Besuche dieser Art macht der Medizinische Dienst jährlich. Ein Drittel aller Anträge lehnt er ab. Wer Eintritt in das Reich der Pflegeversicherung bekommt, wird einer der drei Pflegestufen zugeordnet (siehe Kasten) und bekommt Geld - entweder, um sich zu Hause helfen zu lassen, oder um die Kosten eines Heimaufenthalts zumindest teilweise abzudecken.

      Die Pflegeversicherung ist nicht dazu da, alle Kosten für Pflege zu decken, sondern ist geprägt vom so genannten Teilkasko-Prinzip. Die Grünen oder auch Sozialministerin Ulla Schmidt (SPD) verwenden in diesem Zusammenhang gerne das Stichwort "keine Erbenschutzversicherung": Gemeint ist, dass die Pflegeversicherung 1994 nicht geschaffen wurde, um privates Kapital zu schützen, sondern um Pflegebedürftige nicht automatisch in die Sozialhilfe rutschen zu lassen. Bei etwa 300.000 Menschen ist dies auch gelungen.

      Doch der Anteil derer, die außer Pflegeversicherungsgeld auch Sozialhilfe brauchen, wächst wieder: In den Heimen liegt er bei weit über einem Drittel der Bewohner. Grund dafür ist vor allem, dass seit Einrichtung der Pflegeversicherung die Leistungen nicht gestiegen sind, die Kosten aber sehr wohl: Die Pflegeversicherung entwertet sich selbst. Trotzdem müssen die Pflegekassen schon seit 1999 eine halbe bis ganze Milliarde Euro im Jahr mehr ausgeben, als sie einnehmen.

      Auch demografische und medizinische Entwicklungen werden an der Pflegeversicherung noch mächtig zerren. Allein bis 2010, so wird geschätzt, werden zu den jetzt 2 Millionen 400.000 weitere Pflegebedürftige hinzukommen. Bis 2030 rechnet etwa die Rürup-Kommission mit 3,1 Millionen Pflegebedürftigen.
      Vor allem aber hat die Bundesregierung bis 2005 ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen: Die Karlsruher Richter verlangten im April 2001, dass Erziehende besser gestellt werden als Kinderlose, schließlich trage zum Erhalt der Pflegeversicherung bei, wer Beitragszahler in die Welt setze und aufziehe.

      Mehr als genug Gründe für eine Reform der Pflegeversicherung - und die steht nun an. Noch im Januar wird Sozialministerin Ulla Schmidt Eckpunkte eines Gesetzes vorlegen, das bis zum Sommer verabschiedet sein soll. Erste Details wurden zu Jahresende schon verraten: So soll von Nicht-Erziehenden ein Extrabeitrag von 2,50 Euro verlangt werden. Zwar haben sämtliche Experten geraten, die Vorgabe des Karlsruher Gerichts lieber über die Steuer umzusetzen. Doch von Finanzminister Hans Eichel (SPD) ist in diesem Jahr nichts, gar nichts zu erwarten.

      Also muss Schmidt sich mit ihrer Strafgebühr unbeliebt machen - vor allem bei denen, deren Kinder schon aus dem Haus sind. "Der Zuschlag wird der Systematik des Kindergelds folgen", sagt Schmidts Staatssekretärin Marion Caspers-Merk. Und weil länger befreit sei, wer mehrere Kinder hintereinander erziehe, werde ja sogar die Zahl der Kinder berücksichtigt. Natürlich hofft Rot-Grün, dass sich über 2,50 Euro letztlich niemand groß aufregen wird.

      Immerhin 1,2 Milliarden Euro im Jahr sollen so aber zusätzlich eingenommen werden - und damit die "Dynamisierung" der Pflegesätze, sprich ihre jährliche Anpassung an die steigenden Löhne, bezahlt werden. Über die Höhe dieser prozentualen Anhebung herrscht zwischen Rot und Grün noch Uneinigkeit: "Wir wollen die Dynamisierung so früh und hoch wie möglich", sagt die grüne Pflegeexpertin Petra Selg - nicht erst 2007, sondern 2006, und nicht bloß 1,7 Prozent, sondern 2 Prozent Wachstum. Dies hätte natürlich zur Folge, dass der bisherige Beitragssatz - der nach Regierungswille vorläufig unter keinen Umständen steigen darf - von 1,7 Prozent vom Brutto nicht lange haltbar sein wird. Soll der nicht steigen, sagt Selg, "dann müssen wir uns eben schon 2010 und nicht erst 2015 über den Aufbau einer Demografie-Reserve unterhalten".

      Mit Sicherheit den größten Ärger wird es zunächst einmal mit der geplanten Absenkung der Pflegesätze für die Heimpflege in den Stufen I und II geben. Das formale Argument lautet, dadurch werde die ambulante Pflege aufgewertet oder "attraktiver gemacht", aber natürlich handelt es sich schlichtweg um eine Leistungskürzung für alle, die neu ins Heim kommen. Bisherige Heimbewohner genießen Vertrauensschutz.

      Etwa für die Pflegestufe I soll nach Schmidts Plänen der Satz von 1.023 auf 500 Euro mehr als halbiert werden - ein Schritt, der die Zahl der Sozialhilfe-Empfänger in den Heimen entgegen allen Reformzielen anheben würde. "Der Trend zur Heimpflege lässt sich nicht stoppen, indem man Geld entzieht", erklärt die Bremer Pflegewissenschaftlerin Martina Hasseler. "Die Leute gehen nicht ins Heim, weil sie dort mehr Geld bekommen, als sie für die ambulante Pflege bekämen, sondern weil ihre Angehörigen sie nicht pflegen können."


      Die Pflegewissenschaft betrachtet die Reformdebatte mit Sorge. Zu sehr lastet auf Rot-Grün der Druck, Reformfähigkeit zu beweisen, zu kurzatmig und auf Finanznöte beschränkt könnten Gesetze ausfallen. "Pflege ist mehr als Waschen und Essenreichen", sagt Hasseler. Die gesamte Pflegeversicherung leide darunter, dass sie einen zu engen Begriff von Pflegebedürftigkeit habe, der sich mit dem Ziel, "aktivierend" zu pflegen, nicht vertrage.

      Nun sollen mit dem Reformgesetz zwar auch neue Pflegeformen gefördert werden: "der Dritte Weg zwischen Heim- und Zu-Hause-Pflege", wie Caspers-Merk sagt. Die Rede ist dabei von neuen Wohnformen und Tagesbetreuungen. Durch flexible Kurzzeitmodelle könnten auch die vielen pflegenden Töchter und Schwiegertöchter entlastet werden. Doch wie viel Geld es für Experimente und Testprojekte wirklich geben wird, lässt Caspers-Merk lieber offen.

      Auch auf den Gedanken, dass Verwirrung, geistige Behinderung und psychische Erkrankungen künftig auch in der Pflegeversicherung zu berücksichtigen sind, ist die Regierung schon gekommen. Der rot-grüne Gesetzentwurf wird daher vorsehen, dass Demente eine halbe Stunde täglich an Pflegebedarf zuerkannt bekommen. Dadurch würden nach Berechnungen des Ministeriums 100.000 Menschen in die Pflegestufe I aufgenommen, 60.000 Menschen würden von der Pflegestufe I in die Pflegestufe II rutschen.

      Das reicht nicht, sagen die Pflege-Berufsverbände. Sie gehen davon aus, dass derzeit rund 1 Million Demenzerkrankte auf Leistungen aus der Pflegeversicherung warten. Doch diese Zahl ist ohnehin nur mit spitzen Fingern anzufassen: Wie die Debatte um eine Pflegereform steht auch die Datenerfassung in der Pflege noch ganz am Anfang. Es existieren keine haltbaren Daten darüber, welche Krankheiten und Verfallserscheinungen zu einem medizinisch und pflegerisch begründeten Anstieg der Kosten führen werden. Der stark gestiegene Anteil der Heimbewohner im Wachkoma beispielsweise kann einerseits damit begründet werden, dass halt alle alten Menschen, die sich noch halbwegs rühren, inzwischen ambulant versorgt werden - andererseits aber auch damit, dass immer mehr Wachkoma-Patienten immer länger leben.

      "Niemand weiß, ob mit zunehmendem Alter auch die Pflegebedürftigkeit steigt", sagt Sabine Bartholomeyczik, Vorsitzende des Dachverbands Pflegewissenschaften. Andere Experten erklären jedoch, dass zumindest bei der Demenz ein Zusammenhang zwischen Hochaltrigkeit und Altersverwirrtheit bestehe: Und je mehr 80-, 90- und 100-Jährige es gibt, desto mehr Verwirrte werden zu pflegen sein.

      Einig sind sich die Pflegeexperten jedoch in einem: Wer Pflege braucht, wie man Pflegebedarf definiert, und wie die Pflege schließlich auszusehen hat, das darf man nicht dem Satt-und-sauber-Blick des Medizinischen Dienstes überlassen. Dass Pflegebedürftigkeit etwas anderes als Krankheit ist, dass nicht die Ärzte, sondern Pflegefachleute dafür zuständig sind, dass Pflege neben der Medizin eine ganz eigene Welt ist, muss sich noch herumsprechen. Der Blick der Gesellschaft auf die Pflege wird erst noch geöffnet werden müssen.

      taz Nr. 7247 vom 2.1.2004, Seite 3, 266 Zeilen (TAZ-Bericht), ULRIKE WINKELMANN
      Avatar
      schrieb am 13.01.04 12:53:52
      Beitrag Nr. 457 ()
      Hier muss man ganz klar sagen, dass die ueberpruefung der Identitaet des Patienten wohl kaum eine "Diskriminierung" ist.

      Das Argument der KV ist absolut laecherlich.

      Der Missbrauch der Chipkarte reisst jedes Jahr mehrere Mrd. Euros aus der Tasche der ehrlichen Versicherten.
      Ganze auslaendische Clans lassen sich auf Kosten der Versichertengemeinschaft rundum-sanieren.

      Das muss aufhoeren.

      Naiv ist allerdings die Ueberpruefung des Geburstdatums als "Kontrolle" .
      Wer bewusst in betruegerischer Absicht seine Karte weitergibt, der wird dem Familienangehoerigen natuerlioch auch das gebDatum sagen, falls der das nicht sowieso weiss.

      Ich fordere Sanktionen fuer ertappte Betrueger:
      Wer seine Karte weitergibt, der soll mit sofortiger Wirkung aus den, gestzlichen Kassen fliegen ( erkann sich ja dann teuer privat versichern :D )und wer leistungen mit fremder Karte erschleicht, der muss betstraft werden wie ein Scheckkartenbetrueger incl. Schadenersatz.

      Wenn die ersten eratppt werden und man dafuer sorgt, dass die Presse und das TV darueber berichtet, dann wird der Missbrauch auf den harten kern der richtig Kriminellen beschraenkt.
      Das ist kein Kavaliersdelikt.




      SPIEGEL ONLINE - 13. Januar 2004, 7:56
      URL: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,281597,00.html
      Software-Pilotprojekt

      Krankenkasse geht gegen Chipkarten-Tricks vor

      Patienten gehen mit ungültigen Chipkarten zum Arzt oder leihen sie sich bei Freunden: Durch Missbrauch von Krankenkassenkarten entsteht jedes Jahr Milliardenschaden. Jetzt hat eine Kasse ein Softwareprojekt gestartet, um die Betrügerei zu stoppen.



      AP
      Chipkarten: Kassenärzte und Krankenkassen geben sich gegenseitig die Schuld
      Berlin - Die BKK Verkehrsbau (BKK VBU) ist nach eigenen Angaben die erste Kasse bundesweit, die ein solches Projekt anschiebt - aber sie wird kaum die letzte sein. Angesichts steigender Ausgaben und immenser Sparzwänge wollen die deutschen Kassen den Missbrauch von Chipkarten durch nicht versicherte Patienten eindämmen.
      Allein bei den Arzneimittelverordnungen entstehe bundesweit jährlich ein finanzieller Schaden von rund 800 Millionen Euro, sagte die zuständige Referentin der BKK VBU, Aurica Krause, der Nachrichtenagentur ddp. Hinzu kommt der Missbrauch in anderen Fällen. Das Software-Projekt der BKK VBU sei zum Jahresbeginn angelaufen.

      Diskriminierung oder legitime Kontrolle?

      Die Ortskrankenkassen bemühen sich mit konventionelleren Mitteln, den Missbrauch einzudämmen. In Baden-Württemberg ist nach AOK-Angaben versuchsweise eine Karte mit integriertem Foto des Inhabers eingeführt worden. Wo dies noch nicht der Fall sei, sei von den Ärzten verlangt worden, diejenigen Patienten genauer zu überprüfen, die sich erstmals in einer Praxis vorstellten, sagte der AOK-Sprecher Rainer Eikel. Beispielsweise könne man das nicht auf der Karte ausgewiesene Geburtsdatum des Patienten erfragen oder den Personalausweis verlangen.

      Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin hielt diese Forderung allerdings für unpraktikabel. Das Verlangen des Personalausweises könne zur "Diskriminierung einzelner Patienten" führen, sagte KV-Sprecherin Annette Kurth. Zudem bedeute dies zusätzlichen Arbeitsaufwand für die Praxen. Die Krankenkassen sollten daher konsequenter als bisher die Karten verstorbener Versicherter oder zu anderen Krankenkassen gewechselter Patienten zurückverlangen.
      Avatar
      schrieb am 13.01.04 12:59:28
      Beitrag Nr. 458 ()
      Die Gesundheitsreform ist wohl ein Schuss ins Gebirge. Durch noch mehr Bürokratie wird das bestehende System weiter ausgehöhlt. Eine Reform kann man das wohl nicht nennen.
      Avatar
      schrieb am 13.01.04 14:08:19
      Beitrag Nr. 459 ()
      ich war mal Mitglied bei der DAK
      seit ca. 12 Monaten zahle ich keinen Euro
      Beitrag an die DAK
      und trotzdem lagert noch die DAK-Chipkarte in meinen
      Unterlagen.
      (halte gerade um 14.07-Berlin-Time am 13.Jan04 die Karte
      in der Hand)


      Betrug ist also sehr leicht möglich.



      In Deutschland läuft viel zu viel auf Vertrauensbasis
      Als ich mein Bankkonto kündigte sollte ich
      dem Bankangestellten meine EC-Karte übergeben.

      Der Bankangestellte war nicht mal in der Lage
      die EC-Karte vor meinen Augen zu lochen und somit
      ungültig zu machen.
      Soviel Vertrauen sollte man nicht haben
      wenn man seine Karte abgibt dann am besten vorher
      selbst lochen (ein Loch reinmachen).
      Avatar
      schrieb am 20.01.04 17:27:32
      Beitrag Nr. 460 ()
      Preisbomben schockieren Patienten und die Apotheken-Kundschaft
      Auch diese Fälle gibt‘s schon: Sozial Schwache verzichteten bereits auf verschriebene Medikamente

      Offenbach (klawe) - Die Gesundheitsreform hat ihre Preisbomben dort einschlagen lassen, wo das Geld am knappsten ist - bei den sozial Schwachen. Die ersten haben bereits resignieren müssen: Nach Schilderung von Apothekenpersonal sagten sie entweder offen, sie könnten sich das nicht leisten, oder sie zögen sich zurück mit der Bemerkung, sie wollten sich das Einlösen des Rezeptes „noch einmal überlegen“. Derweil herrscht unter einem Großteil der Apotheken-Kunden Zorn und Verbitterung. Und manche meinen gar, die Apotheken würden nun das dicke Geschäft machen. „Das stimmt nicht“, sagt die Offenbacher Apotheken-Sprecherin Ursula Weil-Monnard. Danach sind es die neuen „Pauschalen“, die gerade die früher billigen Medikamente bis zu 900 Prozent teurer machen.

      Für alle, die häufiger Medikamente brauchen, ist dies eine bittere Pille. Wiebke Schörner von der Löwen-Apotheke am Stadthof hat schon Kunden erlebt, die mit hängenden Köpfen das Geschäft verlassen haben: "Sie konnten die Zuzahlung nicht aufbringen. Oder sie sagten, sie wollten sich das alles noch mal überlegen."

      Silvia Piris von der Pam-Apotheke kennt auch verständnisvolle Kunden. Viele aber seien verärgert - und es gebe sogar welche, die den Apotheken die Schuld gäben.

      Auch eine Angestellte der Schwanen-Apotheke am Markt hat ihre Erfahrungen: "Für viele ist es ganz schön heftig - erst die zehn Euro beim Arzt, dann hier die Zuzahlung. Ich bin überzeugt, dass sich das nicht alle leisten können."

      "Zähneknirschend" zahlen auch die Kunden bei Apotheker Jürgen Schmidt von der Europa-Apotheke. Er hat den Einsparungseffekt vor Augen: "Dadurch sparen die Kassen im Jahr 500 Millionen Euro - das muss man auch sehen. Denn durch die Neuregelung werden zwar die billigen Medikamente teurer - die teuren aber billiger. Denn auch bei einem Medikament, das beispielsweise 500 Euro kostet, können wir Apotheker nur die drei Prozent und die Pauschale draufrechnen - das macht das Medikament logischerweise billiger."

      Was für viele noch undurchsichtig erscheint, erläutert die Apothekensprecherin, die Inhaberin der Hirsch-Apotheke, Ursula Weil-Monnard. Danach muss der Patient zwischen zwei Medikamentenarten unterscheiden:

      Die apothekenpflichtigen Medikamente, die nicht verschreibungspflichtig sind, dürften seit Anfang Januar eigentlich nicht mehr verschrieben werden - sie fallen damit im Prinzip nicht mehr unter die Medikamente, für die der Patient eine "Zuzahlung" leisten muss - er muss sie dagegen voll bezahlen.

      Aber: Auch auf diesem Sektor gibt es zurzeit Streit und Probleme. Ursula Weil-Monnard: "Im Moment wird geklärt, ob das für alle nicht verschreibungspflichtigen Mittel gilt und welche Medikamente unter den so genannten therapeutischen Standard fallen. Das heißt praktisch, wenn ein Arzt beispielsweise den Blutverdünner ASS 100 verschreibt und darauf besteht, dass dieses Mittel therapeutischer Standard sei, dann muss der Patient bei dem um die drei Euro teuren Mittel nur die drei Euro, nicht aber die fünf Euro Rezeptgebühr bezahlen." (Die neue Zuzahlungsregelung lesen Sie unten).

      Die andere Gruppe von Medikamenten ist die der "verschreibungspflichtigen Arzneien". Hier gilt seit 1. Januar eine völlig andere Regelung. Apotheken dürfen nicht mehr prozentual, wie es ansonsten im Handel üblich ist, ihre Preisspannen festlegen, sondern sie müssen pro verschriebenem Medikament eine Pauschale in Höhe von 8,10 Euro hinzurechnen (zwei Euro erhalten die Kassen). Der Verkaufspreis setzt sich also so zusammen: Einkaufspreis + 3 Prozent + 8,10 Euro Pauschale + 16 Prozent Mehrwertsteuer. Das aber führt zu Preisbomben, die Patienten verbittern. Beispiel: Das Rheumamittel "Diclofenac" kostet statt 2,20 Euro heute 10,68 Euro, das Beruhigungsmittel "Diazepam" statt früher ein Euro nunmehr 9,96 Euro. Diese Preise schlagen zwar nicht voll auf den Patienten durch, er muss aber dadurch pro Medikament fünf Euro zuzahlen.
      Avatar
      schrieb am 21.01.04 17:31:19
      Beitrag Nr. 461 ()
      Unseren Buergern geht`s noch Sahne gegen 20 Prozent der US - Bevoelkerung....

      DEUTSCHES ÄRZTEBLATT ONLINE

      USA: Krankenversicherungs-Report sorgt für Schlagzeilen
      WASHINGTON. Ein einflussreiches Expertengremium hat die US-amerikanische Regierung aufgefordert, dafür zu sorgen, dass die gesamte Bevölkerung bis spätestens 2010 krankenversichert ist. „Es ist nicht akzeptabel, dass viele Millionen US-Bürger über keinerlei Absicherung im Krankheitsfall verfügen“, stellten die 16 Mitglieder der „Institutes of Medicine“ (IOM) der „National Academy of Sciences“ in einem Report fest.

      Die Veröffentlichung der Untersuchung sorgt in den USA für gesundheitspolitische Schlagzeilen. Bislang hatten sich derart bedeutende Experten nie für ein komplett reformiertes Gesundheitswesen eingesetzt. Laut Gesundheitsministerium in Washington sind derzeit rund 43 Millionen Menschen in den USA ohne Krankenversicherung. Die Zahl der Nicht-Versicherten steige seit Jahren.

      ( ... )

      Laut IOM ist die Reform des Krankenversicherungssystems eine gesundheitspolitische Priorität. Das IOM beschäftigte sich mehr als drei Jahre mit dem Thema „Krankenversicherungen“, bevor es seinen Report vorlegte. /KT (20.01.2004)
      Avatar
      schrieb am 01.02.04 13:33:42
      Beitrag Nr. 462 ()
      DER SPIEGEL 6/2004 - 02. Februar 2004
      URL: http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,284449,00.html
      Private Krankenversicherungen wollen sich Kassenpatienten öffnen

      Kassenpatienten sollen künftig ohne Gesundheitscheck in eine private Krankenversicherung wechseln können. Laut einem internen Strategiepapier ("Zukunft der PKV") des Verbandes der privaten Krankenversicherungen will sich die Branche verp flichten, selbst Alten und Kranken einen "risikounabhängigen Standardtarif" anzubieten. Eine Risikoprüfung werde lediglich beim Abschluss von Versicherungen mit Zusatzleistungen wie Chefarztbehandlung oder Einzelzimmer im Krankenhaus verlangt. Die Behandlungskosten für Standardversicherte, die krankheitsbedingt besonders hohe Ausgaben verursachen, will die Branche über einen gemeinsamen Finanzpool bezahlen. Mit dem Standardtarif soll es künftig auch möglich sein, von einer Privatkasse in eine andere zu wechseln; die bei dem alten Unternehmen angesparten Rückstellungen würden dabei "ungekürzt dem aufnehmenden Unternehmen zur Verfügung gestellt, und zwar ohne Berücksichtigung des Risikos". Mit dem Vorschlag will die Privatassekuranz die Bundesregierung davon abhalten, das Konzept für eine Bürgerversicherung weiter zu verfolgen, wonach die PKV nur noch für Zusatzversicherungen zuständig sein sollten, was die Branche, so das Papier, "in ihren Grundfesten" erschüttern würde.
      Avatar
      schrieb am 01.02.04 23:01:35
      Beitrag Nr. 463 ()
      Das ist dreist!

      DAs hiesse ja im übertragenen Sinne, dass ein Soldat garnicht bezahlt werden braucht, weil ja nie krieg ist, eine Verkäuferin nur für den Kontakt mit Kunden bezahlt wird, wenn kein Kunde da ist, wird nicht bezahlt.

      Ein Polizist oder ein Feuerwehrmann, der auf der Wache auf Einsätze wartet, braucht dann auch nicht bezahlt werden.

      DA werden sich die anderen Länder Europas erneut hocherfreut zeigen:

      In den nächsten Monaten werden wieder viele höchstqualifizierte Ärzte dieses irrsinnige dt. Gesundheitssystem verlassen, um in den anderen Ländern zu arbeiten.

      Besonders pervers die weltfremde Annahme, dass ein Rettungsanitäter oder ein Notarzt nach der Rückkehr von einer Wiederbelebung oder einem Unfall mit Schwerstverletzten ruhig schläft, weil er ja gerade "Pause" hat.

      Vielleicht sollten die Herren BAG-Richter einmal neben den betroffenen Berufgruppen 24- Stunden-Dienste schieben, damit sie wieder Bodenkontakt mit der Realität bekommen... :mad:


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      Krankenhäuser müssen nicht mehr für Bereitschaftsdienste zahlen



      ERFURT. Auf das Gesundheitswesen kommen nun doch nicht die befürchteten Mehrkosten in Milliardenhöhe durch die Europa-Rechtsprechung zu Bereitschaftsdiensten zu. Wie am 28. Januar das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt entschied, können Ärzte und Rettungssanitäter daraus keinen Anspruch auf mehr Geld ableiten.

      Damit wies das BAG zwei entsprechende Klagen eines Krankenhausarztes und eines Rettungsfahrers ab. Die europäische Arbeitszeitrichtlinie diene dem Gesundheitsschutz, sage aber nichts über die Vergütung aus, erklärte das BAG zur Begründung. Nach dem im Gesundheitswesen üblichen Vertragsklauseln sei der Bereitschaftsdienst ausreichend bezahlt (Az: 5 AZR 530/02 und 503/02).


      Der Assistenzarzt hatte in seinem Arbeitsvertrag mit einer badischen Privatklinik Nacht- und Wochenend-Bereitschaften vereinbart. Als "Basis" für die Bezahlung eines Bereitschaftsdienstes von 24 Stunden wurden "13,2 Stunden zugrunde gelegt". Ähnlich wurde auch bei dem Rettungsfahrer des Roten Kreuzes in Hessen der Bereitschaftslohn aus der regulären Vollarbeit abgeleitet. Beide Regelungen entsprechen der des in Krankenhäusern überwiegend angewendeten Bundesangestelltentarifs.

      Sie bedeuteten nicht, dass etwa bei dem Arzt 10,8 von 24 Stunden nicht bezahlt würden, betonte das BAG. Vielmehr werde der Bereitschaftsdienst in voller Länge bezahlt, allerdings zu einem verringerten Stundensatz. Das sei zulässig, weil auch die Inanspruchnahme der Arbeitnehmer geringer als im regulären Dienst sei.

      So bekomme der Arzt für eine Inanspruchnahme von 55 Prozent 68 Prozent des regulären Gehalts, der Rettungsfahrer sei nur zu 20 Prozent im Einsatz und erhalte dafür immerhin den halben Lohn. Dies sei auch der Höhe nach nicht unangemessen, urteilte das BAG. Auf die Frage, ob die Bereitschaftsdienste nach den deutschen oder europäischen Arbeitszeit-Begrenzungen überhaupt zulässig waren, komme es für die Berechnung der Vergütung nicht an. /afp
      Avatar
      schrieb am 02.02.04 01:19:30
      Beitrag Nr. 464 ()
      Wie man mal eben viele Mrd. Euro sparen und viel Leid vermeiden kann....


      SPIEGEL ONLINE - 01. Februar 2004, 12:52
      URL: http://www.spiegel.de/auto/aktuell/0,1518,284474,00.html
      VCD-Studie

      "Masterplan gegen den Unfalltod"


      Von Sebastian Knauer

      Der "Masterplan Vision Zero" soll dazu beitragen, die Zahl der Verkehrstoten und Verletzten auf Deutschlands Straßen bis 2010 halbieren. Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) stellt die Studie jetzt in Berlin vor.


      Die Studie "Vision Zero" soll helfen, die Zahl der Verkehrstoten zu halbieren

      Berlin - Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe soll mehr für die Verkehrssicherheit tun. Diese Forderung erhebt der Verkehrsclub Deutschland (VCD), der am Dienstag im Berliner Reichstag ein Konzept zur Halbierung der Unfallzahlen im Straßenverkehr bis zum Jahre 2010 vorlegt.
      Derzeit sterben durchschnittlich auf Deutschlands Straßen täglich 18 Menschen - bis zu 1400 Menschen werden bei Unfällen verletzt, ein Fünftel von ihnen schwer. Mit dem Programm "Masterplan Vision Zero" sollen Unfallschwerpunkte entschärft, tempobeschränkte Zonen eingerichtet oder innerstädtische Radwege gesichert werden. Andere europäische Länder wie Schweden, die Schweiz und Niederlande setzten "Vision Zero" oder vergleichbare Programme teilweise bereits seit Jahren mit Erfolg ein.

      Automobilkonzerne wie DaimlerChrysler entwickeln zur Unfallverhütung derzeit elektronische Erkennungssysteme für Passanten oder Hindernisse auf der Fahrbahn. Ebenso können neuartige Karosserieformen mit verletzungsärmeren Stoßflächen sowie nicht-splitterndes Scheinwerferglas zur Verbesserung der Unfallbilanzen beitragen.

      In den Forschungslabors von Ford Deutschland beispielsweise sind Karosserien mit aufklappenden Motorhauben in Erprobung, die den Aufprall von Fußgängern wie in einem Außen-Airbag besser abfedern. Serienmäßig verfügbar sind bereits Wegfahrsperren bei denen der Wagen nur mit angelegten Sicherheitsgurten gestartet werden kann. Eine Technik, die dem kürzlich beim Aufprall seines außer Kontrolle geratenen Fahrzeuges tödlich verunglückten Fotograf Helmut Newton in Los Angeles möglicherweise das Leben gerettet hätte.

      Die VCD-Studie beziffert die volkswirtschaftlichen Kosten aller Verkehrsunfälle durch Rettungsdienste, medizinische Versorgung, Sachkosten oder Invalidität sowie der Todesfolgen auf 36 Milliarden Euro jährlich. Im gesamten Bundeshaushalt seien dagegen, so kritisiert VCD-Sprecher Daniel Kluge, lediglich 11 Millionen Mark für Verkehrssicherheit ausgewiesen. Das Bundesverkehrsministerium verweist auf die seit den achtziger Jahren deutlich rückläufige Zahlen der Verkehrstoten in Deutschland - rund 6550 im vergangenen Jahr im Vergleich zu 6842 in 2002.
      Avatar
      schrieb am 11.02.04 21:50:47
      Beitrag Nr. 465 ()
      Zum Thema Gentechnologie und "individuelle Medikamente"


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      5. Februar 2004

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      Medizin
      Ursache für Warfarin-Resistenz gefunden

      WÜRZBURG. Eine internationale Forschergruppe hat eine der letzten weißen Flecke auf der biochemischen Landkarte des Menschen aufgeklärt. Der Bericht in Nature (2004; 427: 537–541) verdeutlicht die Wirkungsweise von Vitamin-K-Antagonisten und erklärt, warum diese Medikamente bei manchen Patienten nicht wirken.


      Medikamente wie Warfarin hemmen die Synthese von Vitamin K in der Leber und setzen damit die Gerinnungsfähigkeit des Blutes herab. Obwohl diese Medikamente seit langem eingesetzt werden und heute Mittel der Wahl zur Prävention von Thromboembolien sind, aber wegen der Risiken nur bei besonders gefährdeten Patienten eingesetzt werden, ist ihr Wirkungsmechanismus weiter unklar.

      Bekannt war nur, dass Warfarin auf einen Vitamin-K-Epoxid-Reduktase-Multiprotein-Komplex (VKOR) einwirkt. Dieser Komplex recycelt Vitamin-K-2,3-Epoxid zu Vitamin-K-Hydrochinon, das als Kofaktor bei der Bildung mehrerer Blutgerinnungsfaktoren benötigt wird.

      Die Bestandteile des VKOR-Komplexes waren bisher nicht bekannt. Der Komplex erregte das besondere Interesse der Gruppe um Dr. Johannes Oldenburg vom Biozentrum an der Universität Würzburg, weil Fehler im VKOR-Komplex an zwei genetischen Erkrankungen beim Menschen beteiligt sind: an einem kombinierten Defekt der Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren Typ 2 (VKCFD2; Online Mendelian Inheritance in Man (OMIM) 607473) und an der Resistenz gegenüber Warfarin (OMIM 122700).

      Gemeinsam mit Forschern aus München, Frankfurt, Münster, Norwegen und England gelang es, die Ursache für die Warfarin-Resistenz zu finden. Bei den Patienten liegt eine Missense-Mutation in dem Gen VKORC1 vor. Die Erkenntnisse dürften zu einem Gentest führen, mit dem Humangenetiker die Warfarin-Resistenz gezielter diagnostizieren können.

      Außerdem kann die Forschung jetzt nach verbesserten Medikamenten zur Prävention von Thromboembolien suchen. Die Behandlung ist zurzeit sehr kompliziert, da die Wirkung von Warfarin (oder anderer Vitamin-K-Antagonisten wie Marcumar) erst mit starker Verzögerung eintritt und der Grat zu Blutungskomplikationen schmal ist.

      /rme
      Avatar
      schrieb am 20.02.04 18:00:40
      Beitrag Nr. 466 ()
      Typischer Artikel des "SPIEGEL" , bei dem der Redakteur zeigt, wie inkompetent er ist:

      Ruegenswertes fehlverhalten wird journalistisch aufgepeppt durch fachlich unhaltbare Unterstellungen, die nur zeigen, dass man von Medizin ekinerlei ahnung hat.

      Lanciert wurde das - wie immer - puenktlich zum Fruehjahr in der Presse von den Krankenkassen, die sich grossmaeuliger Journalisten bedienen, um kurz vor den alljaehrlichen Budgetverhandlungen zwischen den Leistungstraegern und den Kassen Stimmung gegen die Aerzte, medizinisches Hilfspersonal etc. zu machen.

      Wenn bespw. ein medizinischer Laie ueber telefon einen Notruf absetzt und von "bisschen am Kopf verletzte fahrradfahrerin" spricht, kann das AUESSERLICH durchaus eine kleine Verletzung sein, aber bereits eine innerlich schwerwiegende Hirnverletzung, die sich nach der Meldung zu einer lebensbedrohlichen Hirnblutung entwickelt.

      Da ist ein entsprechend mit Beatmungsmoeglichkeit ausgestatteter rettungswagen absolut angesagt, auch wenn sich die verletzung IM NACHHINEIN als tatsaechlich geringfuegig herausstellt.

      der Redakteur sollte sich vor dem Svhreiben vielleicht einmal die DIN-Normen fuer KTWs und RTWs und deren Platzangebot fuer die echte Notfallversorgung anschauen.
      Dann wird er feststellen, dass ein KTW im Grunde ein Liegend-Taxi mit ein bischen sauerstoff ist.

      Jaehrlich sterben viel Nichtsesshafte an Unterkuehlung.
      Sie sind oft in einem erbaermlichen GHesundheitszustand, leiden oft an lebensbedrohlichen Krampfleiden ( Epilepsie) .

      Soll man die einfach liegen lassen?

      Nichtsesshafte sind ein gesellschaftliches Problem.
      Nicht die rettungsdienste sind fuer deren Problematik verantwortlich, das sind weissgott andere.
      beispielsweise die Staedte, die lieber Geld ausgeben, um die "Penner" ausserhalb der Stadtgrenzen auszusetzen, anstatt diese menschen mit dem allernoetigsten zu versorgen.

      die scherzhafte Formulierung "Adliger im gebuesch" hat in dem artikel nix zu suchen. Sie ist Effekthascherei auf billigem BILD-Niveau, dem sich der Spiegel leider immer haeufiger angleicht.
      Avatar
      schrieb am 20.02.04 18:08:18
      Beitrag Nr. 467 ()
      Dabei hat der Redakteur sicherlich eine PC am arbeitsplatz, der ihm diesen peinlichen Artikel haette vermeiden helfen:

      http://www.m-pet.de/Rettungsdienst/Fahrzeuge/body_fahrzeuge.…
      Avatar
      schrieb am 20.02.04 18:10:01
      Beitrag Nr. 468 ()
      Krankentransportwagen sind für den Transport von Patienten gedacht, die keine Notfallpatienten sind, aber während des Transportes der fachgerechten Betreuung durch Rettungsdienstpersonal und/oder der besonderen Einrichtung des Fahrzeuges bedürfen. Eine Sauerstoffinhalation ist möglich.
      Avatar
      schrieb am 20.02.04 18:12:45
      Beitrag Nr. 469 ()
      "Ein Rettungswagen dient zur Versorgung von Notfallpatienten oder für Patienten, bei denen auf Grund ihrer Erkrankung/Verletzung nicht auszuschließen ist, das sie zu Notfallpatienten werden könnten."

      Aber der redakteur hat natuerlich prophetische gaben. Nur er kann von seinem schreibtisch an der Alster entscheiden, wer "ein notfallpatient werden KOENNTE... "
      Avatar
      schrieb am 21.02.04 14:33:39
      Beitrag Nr. 470 ()
      Wo ist die versprochene Senkung der Krankenkassenbeiträge, Frau Schmidt? :mad:
      Avatar
      schrieb am 21.02.04 15:32:25
      Beitrag Nr. 471 ()
      @ DEEP Thought,

      wenn du ehrlich bist, musst du zugeben, dass mit Krankenwagen / Rettungswagen erheblicher Schindluder getrieben. Wird.
      z.B.:
      - manche Leitstellen haben einfach "immer" keine Krankenwagen und schicken einfach "Rettungswagen raus"
      - Leute rufen wegen Bagatellen an - Rettungswagen kommt - Patient wird "nur" transportiert - warum kann man dann nicht nur einen "Krankentransport" abrechnen, es wurden keine weiteren als Transportleistungen erfüllt.

      Der ständige bürokratische Scheiß hat dazu geführt, dass Kommentarlos ein "Rettungswageneinsatz" bestätigt wird, weil der ansonsten darauf folgende monatelange Schriftverkehr mit dem 100% Endergebnis "Rettungswagen" tödlich ist.

      Das ist die Realität. Unvermögen und Schlaraffenlandbedingungen bei bzw. für Bevölkerung - Auslegungsbetrug bei den Rettungsdiensten!
      Avatar
      schrieb am 01.03.04 13:28:11
      Beitrag Nr. 472 ()
      @ predator007

      Lies mal mein posting noch mal in Ruhe.
      es beginnt mit:

      "Ruegenswertes fehlverhalten"

      Ich weise einfach nur zu recht darauf hin, dass der Spiegel-Artikel aufbauschend in die alte standard-Kerbe haut, journalistisch stark unprofessionell ist, sich wie BILD liest, unsachlich ist, und vor allem bar jeder Sachkenntnis.

      Und Du hast ebenfalls nicht begriffen, weil Du von IM NACHHINEIN davon sprichst, man habe nur Transportkosten gehabt.

      Das ist betriebswirtschaftlicher Unsinn.

      Ein Transport eines Verletzten in einem RTW ist eine Dienstleistung.

      Wenn die Polizei einen zur Fahndung ausgeschriebenen ohne Widerstand vom festnahmeort zur Wache bringt; ist das auch nicht " im Nachhineien nur eine Trabnsportleistung" , sondern die hochqualifizierte Bereitstellung einer im Umfang nach oben offenen Dienstleistung, die bis zur Verfolgung gehen kann.


      WIRKLICH Geld kosten die Buerger, die wegen ihres Schnupfen zu faul sind, in der Apotheke Aspirin zu kaufen, sondern sich bspw. eines kassenaeztlichen notarzt oder sogar den echten Rettungsarzt vorbeikommen lassen. Das kostet die in der Gesamtsumme die viel, viel Kasse Geld, den Arzt viel Zeit ( die denkbar schlecht bezahlt wird und diese aerztliche >Personal-Resource fuer WIRKLICH WICHTIGE Faelle blockiert)
      Aber davon schweigen sowohl die Kassen ( Patienten sind ja umworbenen Kunden) , der Spiegel ( sind ja potentielle Spiegel-Leser) und natuerlich ebenfalls die Leserbriefschreiber.
      Ebenso sind die professionellen Arzt-Hopper extrem teuer, die solange immer wieder aufs neue und immer wieder neue Aerzte "besuchen", weil ihr Leben leer ist oder sie endlich den Arzt finden wollen, der ihnen bestaetigt, dass sie nicht zu fett sind, das bischen Zucker und Bluthochdruck nicht schlimm sei, sie ruhig weiterrauchen und masslos saufen koennen und es im Uebrigen ein genuss sei, sich zum 1456. Mal die alte Krankengeschichte in allen unwichtigen Einzelheiten anzuhoeren.

      Die Praxisgebuehr ist sicherlich ungeschickt, aber im Grunde richtig. Warum man aber schon beim ERSTEN Besuch gebuehr zahlen soll und nicht beim Arzt-Hopping bzw. Arztwechsel, das weiss vor allen die duemmste im gesundheitssystem nicht: Frau Schmidt.





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      SPIEGEL ONLINE - 01. März 2004, 11:45
      URL: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,288616,00.html
      Gastkommentar

      Die Ärzteschaft vergreist

      Von Christoph Keese

      Auf die Anhänger eines starken Sozialstaats, der möglichst viel zentral steuert und verwaltet, wartet eine böse Überraschung. Bald wird die Bundesrepublik unter den Folgen eines gravierenden Ärztemangels zu leiden haben.


      Krankenhaus-Arzt: 30-Stunden-Schichten bei schlechter Bezahlung
      Schon heute kann die Hälfte der Krankenhäuser in den alten Ländern offene Stellen nicht besetzen, im Osten sind es vier von fünf Häusern. Dem Gesundheitssystem droht der Kollaps durch Personalmangel. Rund ein Drittel der Kliniken plant die Einführung von Wartelisten für Patienten - Gesundheit wird zur Geduldsprobe. Nach Berechnungen der Bundesärztekammer sind derzeit 4800 Arztstellen vakant. In den nächsten fünf Jahren werden fast 30.000 neue Ärzte gebraucht, bis 2013 sind es sogar 62.000. Niemand weiß, wo der Nachwuchs herkommen soll. Junge Medizinabsolventen meiden die unterbezahlten Jobs in Krankenhäusern, wo sie 30-Stunden-Schichten schieben müssen und weit weniger verdienen als ihre Ex-Kommilitonen aus den BWL- oder Ingenieurs-Fakultäten.
      Auch das Niederlassen ist unpopulär geworden. Ständig wechselnde Regeln und neue Gesundheitsreformen machen den Betrieb einer Praxis zum Hasardeurspiel. Teure Apparate zu kaufen und Mitarbeiter einzustellen ist wirtschaftlich riskant, weil die Umsätze unkalkulierbar sind.

      Ärzte aus dem Ausland können die Nachwuchslücke nicht schließen. So viele Deutsch sprechende Fachleute mit Wechselwunsch gibt es nicht. Außerdem wäre es unmoralisch, massenhaft Mediziner aus den ärmeren Ländern Ost- und Südeuropas abzuwerben und damit das dortige Gesundheitssystem zu schwächen. Weil Nachschub fehlt, nimmt die Zahl der niedergelassenen Ärzte ständig ab. Berufsgruppen wie Haus-, Augen-, Kinder- und HNO-Ärzte schrumpfen seit Jahren. Besonders drastisch verläuft die Entwicklung in den neuen Bundesländern.

      Demografische Katastrophe

      Gleichzeitig nimmt das Durchschnittsalter der Ärzteschaft zu. Über 50 Jahre ist es inzwischen bei den Vertragsärzten und über 40 bei den Krankenhausmedizinern. Jeder siebte Vertragsarzt ist älter als 60, im Osten ist es sogar jeder vierte. Nur noch 17 Prozent aller berufstätigen Ärzte sind jünger als 35 Jahre. Die Vergreisung der Gesellschaft beginnt mit den Heilberufen - ein unübersehbares Zeichen für die demografische Katastrophe, auf die Deutschland zusteuert.

      Nun sind Nachwuchskrisen in keiner Branche etwas Ungewöhnliches. Der übliche Schweinezyklus führt automatisch zu Phasen der Über- und Unterversorgung. In Perioden des Personalmangels erscheint ein Beruf vielen Schulabgängern attraktiv, weil er gute Chancen bietet, lockt damit aber mehr Menschen an, als er ein paar Jahre später aufnehmen kann. Sobald Absolventen auf der Straße stehen, meiden junge Leute die Ausbildung und wenden sich anderen Branchen zu.

      Auf dem Markt für Ingenieure sorgt der Schweinezyklus schon seit Beginn der Industrialisierung für ein ständiges Auf und Ab. Klug denkende Arbeitgeber steuern dagegen und bauen ihr eigenes antizyklisches Ausbildungsprogramm auf, und clevere Berufsanfänger gehen darauf ein. Damit konnte die Technikerzunft allzu große Ausreißer in beide Richtungen vermeiden. Der freie Markt erzeugt den Zyklus, aber er belohnt gleichzeitig antizyklisches Verhalten und dämpft damit die Folgen seines eigenen Versagens.

      Komplett regulierter Markt

      Ganz anders verläuft der Schweinezyklus auf dem hoch regulierten Markt für Mediziner. Der heutige Ärztemangel ist ein Lehrbeispiel dafür, dass zentrale Verwaltung nicht in der Lage ist, Engpässe rechtzeitig zu erkennen und gegenzusteuern. Alle Stufen der Gesundheitsausbildung unterstehen staatlicher oder berufsständiger Kontrolle: Die Länder legen die Zahl der Studienplätze fest, allerdings weniger nach der Markt- als nach ihrer eigenen Haushaltslage. Verteilt werden drei Viertel der Plätze von der Dortmunder Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS), rund ein Viertel der Bewerber dürfen die Universitäten selbst auswählen. Nach dem Studium landen die Mediziner in einem streng abgezirkelten System aus Stellen- und Bedarfsplänen, das fast jeden Aspekt der Berufsausübung akribisch reguliert.

      Wie kann ein derart planwirtschaftliches Verfahren einen solchen Mangel produzieren? Warum hat die ZVS nicht vor Jahren reagiert und mehr Medizinstudenten zugelassen? Interessenten gibt es genug, noch immer kommen auf jeden Studienplatz mehr als drei Bewerber. Warum hat die Politik nichts unternommen, als deutlich wurde, dass viele Absolventen vor dem Arztberuf flüchten und Jobs in Industrie und Forschung vorziehen? Sehenden Auges sind die Zentralverwalter in einen Schweinezyklus hineingelaufen, wie er auf einem freien Markt so aggressiv fast nie vorkommt.

      Die Planwirtschaftler in ZVS, Bildungsministerien und Gesundheitsverwaltung haben es geschafft, dass Krankenhäuser Wartelisten einführen müssen, während nahezu alle anderen Leistungen der Volkswirtschaft in ausreichender Menge und Qualität zur Verfügung stehen.

      Am Ende lässt sich der Markt durch Plansysteme nicht überlisten. Die jungen Ärzte stimmen mit den Füßen ab; sie wollen sich nach einem Jahrzehnt der Ausbildung nicht zu Billiglöhnen ausbeuten lassen. Zurückgewinnen kann man sie nur mit fairen Konditionen. Das wird teurer als bisher und kostet Geld, das die Krankenkassen nicht haben. Angebot und Nachfrage finden zum diktierten Preis nicht mehr zusammen, das Plansystem implodiert. Einen leichten Ausweg gibt es nicht - aber egal, was die Planwirtschaftler des Gesundheitssystems sich ausdenken, sie müssen auf den Marktdruck des flüchtenden Medizinernachwuchses reagieren.


      Christoph Keese ist Chefredakteur der Financial Times Deutschland
      Avatar
      schrieb am 02.03.04 18:39:23
      Beitrag Nr. 473 ()
      Die Krankenkassen haben im letzten Jahr wieder ein Defizit von stolzen 3 Milliarden (zum bestehenden Schuldenberg) gemacht. Trotz der Gesundheitsreform werden die Bürger keine Entlastung durch niedrigere Beiträge bekommen.

      ... und da wundert sich Schröder und Müntefering, dass sie nicht mehr gewählt werden !!!!

      :D :cool: :cry: :O :mad:
      Avatar
      schrieb am 02.03.04 20:14:32
      Beitrag Nr. 474 ()
      @ aktienkrieger

      Das ist ein Problem, was nicht parteipolitisch bedingt ist.
      In den 16 Jahren unter Kohl ist das System bereits gegen die Wand gefahren worden, damals noch unter seehofer, der auch jetzt wieder heftige populistische haken schlaegt.

      Den darf man auch nicht ernster nehmen als die Schmidt oder die unsaegliche Fischer zuvor - alle unfaehig.
      Avatar
      schrieb am 02.03.04 20:17:08
      Beitrag Nr. 475 ()
      Dafuer wirft Schroeder anderswo die Mrd nur so zum fenster hinaus.
      Diese Pappnase hat jetzt Toll-Collect eine Zusage gemacht, die einfach nur zeigt, dass ihm einfachste Managerqualitaeten fehlen.

      Dafuer hat Toll-Collect eine Rendite von sagenhaften 18 PRozent sicher, wenn das Ding laueft... sagenhaft, so eine Lizenz zum gelddrucken haette ich auch gerne... :(
      Avatar
      schrieb am 02.03.04 20:20:42
      Beitrag Nr. 476 ()
      Wohlgemerkt:

      18 Prozent des FREMDUMSATZES EINES MONOPOLISTEN !!!

      denn es gibt ja kein Entkommen fuer jeden, der nach dem beginn der Maut auf unseren ZENTRAL IN EUROPA gelegenen Autobahnen fahren will!

      Allein diese Marge ist ein absoluter Skandal und zeigt, zie das Eigentum der Buerger von korrupten Politikern mit Vergnuegen durchgebracht wird wie von einem Alkoholabhaengigen Trinker, der seine Erbschaft in wenigen Wochen unter die Gastwirte bringt... einfach nur noch wiederlich.
      Avatar
      schrieb am 02.03.04 20:58:14
      Beitrag Nr. 477 ()
      DER SPIEGEL 10/2004 - 01. März 2004
      URL: http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,288573,00.html



      Ortstermin

      Im Packeis

      Ortstermin: Reformministerin Ulla Schmidt beim Solo-Auftritt in "Harry`s New York Bar" in Berlin



      Über ihr hängen die Bilder der US-Präsidenten, von George W. bis George W. In der fein verrauchten Lounge-Luft schwebt noch ein Rest Charlie Parker, "Barbados". An den Cocktailtischen lehnen 80, 90 Erfolgreiche, alle privat versichert, und Ulla Schmidt weiß, dass sie jetzt sehr allein ist.

      "Bitte, Frau Ministerin", sagt der Herr neben ihr. Er sieht ein wenig aus wie Frank Steffel von der CDU, ist es aber nicht. Es ist Said Yasavoli, der die "berlinlounges" im Grand Hotel Esplanade organisiert. Treffen, um Business-Kontakte zu machen. Die Reden sind das Beiprogramm. Yasavoli hat die Ministerin eingeladen, weil niemand in Deutschland im Moment mehr Gegner hat als sie: "Bitte sehr."

      "Danke schön." Schmidt trägt Schwarz und hat einen Schal um den Hals gelegt. Sie soll über Reformen reden. Über den Umbau von Deutschlands Sozialsystemen. Die Herren halten Gläser in der Hand.

      Hinter der Ministerin liegt ein Tag dieser Reformen. Ein Tag voller Besprechungen, Gegengutachten, Lobbybriefen, Quartalszahlen und Referentenentwürfen, zwischendurch eine hochrangige Delegation aus Paris, unangenehme Telefonate und eine Pressemappe, in die sie schon gar nicht mehr hineinschauen möchte.

      Sie redet. Ihre Referentin hat ihr ein paar Namen gezeigt, die hier irgendwo in den Anzügen stecken, Industrieleute, der BASF-Vertreter, die Frau von IBM. Ulla Schmidt redet einfach los. Sie sagt Sätze wie: "... müssen mehr Investitionen in die Köpfe unserer Jugend getätigt werden. Dass das ein Punkt ist." Zwischen den Sätzen senkt sie den Blick, als schaute sie auf etwas hinunter. Aber da ist nur die Tastatur des weißen Barflügels, kein Manuskript.

      "... Rahmenbedingungen für Technologie verbessern, weil wir wissen, dass soziale Sicherungssysteme geschaffen oder verbessert werden ..."


      Entertainerin Schmidt: "Man on the moon oder Herzverpflanzung?"

      Wenn nach einem Reformtag voller Termine im Amt frei geredet werden soll, dann verschachteln sich die Nebensätze, liegen vier-, fünffach gestaffelt und gesättigt mit "Ich sage mal"-Kanzlerismen, Zahlen und zigfach erprobten Bausteinen: "... was wichtiger war, der Man on the moon oder die Herzverpflanzung? Für Menschen, die krank sind, gewiss die Herztransplantation ..."

      In der Linken hält sie das Mikrofon. Die rechte Hand ist ständig in Bewegung, greift, schneidet und ballt sich, schiebt, krallt und flattert wie außer Kontrolle. Manchmal bleibt Ulla Schmidt im Satz stecken und schaut auf ihre weiterredende Hand, als erwarte sie Hilfe.

      "... das Zweite ist auch, wir müssen dann sagen, dass Wirtschaftswachstum nicht ausreicht zu Wohlstand wie früher, sondern dass auch Beschäftigung grundlegend ist ..."

      Manchmal lächelt sie strahlend bei einem Wort, und man weiß nicht genau weshalb. Es heißt, Politiker tragen ihr Lächeln wie eine Stoßstange. Ulla Schmidts Lächeln ist der Bug eines Eisbrechers.

      Sie redet und lächelt und weiß, dass selbst die Garderobenfrau draußen sie heimlich verwünscht. Nichts von dem, was sie macht, ist populär. Aber es ist richtig. Ulla Schmidt redet weiter. Sie hat sich vorgenommen, das durchzustehen.

      Auf der anderen Seite des Barflügels, der Ministerin genau gegenüber, steht ein unauffälliger Mann in dunklem Anzug, die Arme verschränkt, und hört zu. Es ist Herr G. aus Essen. Er baut Schiffspropeller. Die größten des Kontinents. Er weiß alles über Gießverfahren. Er kann erzählen, dass U-Boote gern achtflügelige Schrauben haben, dass man den Typ eines Schiffes an der Gestalt seiner Schraube erkennen kann, dass es Speziallegierungen gibt, Verstellpropeller, und wie atemberaubend schön es ist, wenn 110 Tonnen flüssige Manganbronze in die Gussform stürzen. Herr G. ist in die Lounge gekommen, um zu hören, was die Superministerin über die Zukunft zu sagen hat.

      "... dazu gehört eine Reihe Ziele, die wir brauchen. Wir haben aber immer mehr auch ältere Menschen ..." Ulla Schmidt spricht von Nachhaltigkeitsfaktoren, von einer "Herausforderung des hohen Wirtschaftsstandorts" und von der Arzneimittelpreisspannenverordnung. "... da wollen wir noch weiter gehen und das auch zusammen mit der Industrie. Ich sage das mal in zwei Punkten, die wirklich wichtig sind ..." Sie redet und redet, und jedem ist klar, was für ein trostloser Job es ist, Politiker zu sein.

      Herr G. schaut auf Ulla Schmidt. Er wird nachher eine Frage stellen, eine einfache Frage, weshalb Medikamente im Ausland billiger sind. Er wird ein eisweißes Lächeln als Antwort erhalten und viele Worte und nicht wissen, was eigentlich gemeint ist. Herr G. wird dann noch eine scherzhafte Frage stellen und merken, dass sie nicht verstanden wird. Dann wird er nichts mehr sagen. Er wird denken: Wieso tut die sich das an?

      Herr G. könnte erzählen, wie elf Meter breite Schiffspropeller nachts im Sondertransport über die Landstraßen Mecklenburgs gekarrt werden, wie die Schrauben mit einer Speziallagerung um die Alleebäume herumgeschlängelt werden müssen, und wie lang es dauert, bis solch eine gewaltige Masse Metall abkühlt.

      Doch wirklich staunen tut Herr G. über etwas anderes.

      ALEXANDER SMOLTCZYK
      Avatar
      schrieb am 09.03.04 17:25:31
      Beitrag Nr. 478 ()
      Zwei am gleichen tag erschienene meldungen und der Beweis, wie man im gesundheitssystem mit gezinkten Karten spielt:

      Erste Meldung, die einem die Mitleidstraenen fuer dei Pharmaindustrie in die Augen treibt - aber nur auf den ersten Blick:


      Der Markt bricht ein


      Die Kassen zahlen rezeptfreie Medikamente nicht mehr. Deshalb ist der Absatz stark zurückgegangen, klagt die Pharmaindustrie.

      Seit Januar geht so gut wie nichts mehr für nicht-rezeptpflichtige Arzneimittel. Der Arzt darf sie nicht mehr auf Rezept geben und keiner will sie selber bezahlen. Dabei würden die Kassen in Ausnahmefällen diese Kosten sogar noch übernehmen. Doch diese Regelungen kennen Ärzte und Patienten meist nicht, klagt Bernd Wegener, Chef des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI).
      Bis Ende März dürfen Ärzte solche Arzneien noch verschreiben, wenn sie für die Therapie unerlässlich sind. Ab April soll es dann eine Liste geben, mit Mitteln, die für einige Krankheitsbilder als Standardtherapie doch noch erstattet werden – z. B. Acetylsalicylsäure für Herzerkrankungen.

      Die Liste erarbeitet der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten und Krankenkassen. Über sie soll nach Angaben des Gesundheitsministeriums am 16. März beraten werden. Hinter den Kulissen wird noch gestritten, wie viele pflanzliche und anthroposophische Mittel der Ausnahmekatalog umfassen soll. Das Ministerium setze auf Therapievielfalt, betonte Sprecher Klaus Vater. BPI-Vorsitzender Wegener erklärte, die Industrie sei für eine starke Ausweitung der Liste. „Kranke Menschen haben ein Recht auf die individuell bestmögliche Behandlung“, erklärte er.

      Wegener forderte Sozialministerin Ulla Schmidt zudem auf, die gesetzlich vorgeschriebenen Rabatte zu Lasten der Pharmaindustrie in diesem Jahr zu deckeln: Sobald die von der Politik gewünschte Entlastung um eine Milliarde Euro erreicht sei, müsse die Rabattregelung ausgesetzt werden. Zudem sei auf das Volumen „der zu viel gezahlte Rabatt“ der Hersteller aus 2003 anzurechnen. Der Gesetzgeber habe ein Rabattvolumen von 420 Millionen Euro gewünscht, tatsächlich hätten die Unternehmen 640 Millionen Euro Nachlass gewährt. Die „zu viel entrichteten 220 Millionen Euro“ sollten von der für 2004 angesetzten Milliarde abgezogen werden, meinte Wegener.


      09.03.04
      (Quelle: ap)
      ______________________________________________________


      und nun die zweite Meldung, die den Pharma-Lobbyisten als geschickten Luegner erscheinen laesst:



      Flaute in den Arztpraxen


      Drei bis fünf Prozent weniger Patienten kamen im Februar in die Praxen als im Vergleichsmonat des Vorjahres. Im Januar war die Zahl der Arztbesuche um fünf bis acht Prozent zurückgegangen.


      Patienten meiden vor allem die Fachärzte, so die Kasssenärztliche Bundesvereinigung (KBV). Hals-Nasen-Ohrenärzte, Orthopäden und Hautärzte seien überproportional vom Rückgang betroffen. Noch nicht klar ist, ob die „gewisse Enthaltsamkeit“ der Versicherten darauf zurückzuführen sei, dass diese im November und Dezember zum Arzt gegangen sind und sich mit Medikamenten eingedeckt haben.

      Ein Indiz für diese These sind Berechnungen der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände: Danach lagen die Arzneimittelausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung im vergangenen Dezember um 616 Millionen Euro über dem Monatsdurchschnitt 2003. Dies sei auf so genannte Vorzieheffekte kurz vor Inkrafttreten der Gesundheitsreform Anfang Januar zurückzuführen.
      Um der Praxisgebühr, erhöhten Zuzahlungen und Leistungsausschlüssen auszuweichen, hätten viele Versicherte für das neue Jahr geplante Arztbesuche bereits im Dezember erledigt.

      Mehrere Krankenkassen prüfen inzwischen, wegen der Kostenersparnisse im Laufe des Jahres ihre Beiträge weiter herabzusetzen. „Wir peilen das an“, sagte ein Sprecher der Barmer Ersatzkasse dem „Tagesspiegel am Sonntag“. Die mit gut siebeneinhalb Millionen Mitgliedern größte deutsche Kasse hat bereits beschlossen, zum 1. April ihren Beitrag von 14,9 auf 14,7 Prozent zu senken.

      Dies hat auch die Deutsche Angestellten-Krankenkasse (DAK) im Visier: „Wir können hoffentlich am Ende des Jahres sagen, dass wir die Beiträge noch einmal senken werden“, sagte ein Sprecher. Die DAK hatte zum 1. Januar ihren Satz von 15,2 auf 14,7 Prozent reduziert. Man wolle aber noch abwarten, wie sich die Finanzlage entwickle, erklärte der Sprecher.


      08.03.04
      (Quelle: ap)



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      Alles klar?

      ;) :D
      Avatar
      schrieb am 22.03.04 09:10:18
      Beitrag Nr. 479 ()
      Ueber die regionalen Parlamentswahlen in Frankreich:

      " ... Nach den Parlaments- und Präsidentenwahlen von 2002 war dies die erste Gelegenheit der Wähler, Unmut über die Regierungspolitik zu äußern. Die höher als erhoffte Wahlbeteiligung ist nach Einschätzung politischer Beobachter "Ausdruck des Protestes" und hat in diesem Fall die sozialistische Opposition begünstigt.

      Beim zweiten Wahlgang in einer Woche könnten die Konservativen indes wieder Boden gutmachen. Sollte die Regierung jedoch auch dann eine Schlappe erleiden, halten Politik-Experten eine Ablösung Raffarins für möglich. Die Regierung könnte zudem ihre Politik der Privatisierung, Deregulierung und Einsparungen überdenken, insbesondere in politisch schwierigen Bereichen wie dem Gesundheitswesen. "
      Avatar
      schrieb am 29.03.04 18:36:05
      Beitrag Nr. 480 ()
      Die Rezeptumsätze der Apotheken sind dem Vorsitzenden des Deutschen Apothekerverbands (DAV), Hermann Keller, zufolge im Januar und Februar um 40 Prozent gefallen. Er führt den Umsatzeinbruch auf Vorzieheffekte zurück. Viele Patienten hätten sich kurz vor der Reform im Dezember vergangenen Jahres noch mit Medikamenten eingedeckt. Nachdem diese Vorräte inzwischen oft aufgebraucht seien, würden sich die tatsächlichen Auswirkungen der Gesundheitsreform erst im kommenden Quartal zeigen.

      500 Millionen weniger Gewinn

      Dennoch rechnen die deutschen Apotheken in diesem Jahr mit insgesamt 500 Millionen Euro weniger Reingewinn als noch 2002. Vor zwei Jahren erzielten alle deutschen Apotheken rund 9,4 Milliarden Euro. Zudem werden nach Angaben Kellers etliche Apotheken schließen oder Filialen bilden müssen. In Deutschland ist es erst seit Januar erlaubt, mehrere Apotheken zusammenzuschließen.

      Schröder steht hinter Praxisgebühr

      Diese Entwicklung will Bundeskanzler Gerhard Schröder forcieren, so wie er auch voll und ganz hinter der Anfang des Jahres eingeführten Praxisgebühr steht. Das Instrument sei notwendig, um der Bevölkerung deutlich zu machen, dass medizinische Leistungen auch etwas kosten und nicht umsonst zu haben seien. Der Kanzler sieht erste positive Konsequenzen aus der Gebühreneinführung und eine wachsende Einsicht bei vielen Menschen, dass mit dem Gesundheitssystem sorgfältig umgegangen werden müsse.

      „Grotesk“ nannte er die Regelung, dass Apotheker in Deutschland nur höchstens vier Geschäfte besitzen dürfen. Eine weitergehende Lockerung sei bei der Gesundheitsreform an der Opposition gescheitert. Dies habe nichts mit freier Marktwirtschaft zu tun, sondern dabei handle es sich um „klassische Klientelpolitik“.

      Quelle: focus.de
      Avatar
      schrieb am 29.03.04 18:43:15
      Beitrag Nr. 481 ()
      Aber ekine Sorge, die Apotheker jammern auf hohem Niveau:

      Noch im Herbst 2002 gab es eine Kartellstrafe gegen Pharmaunternehmen wegen Preisabsprachen bei Vitaminpräparaten.

      Daraufhin hätten die Endkundenpreise eigentlich sinken müssen.

      Sicherlich sind die Einkaufspreise der Apotheker daraufhin gesunken, aber irgendwie hat man wohl "vergessen", die Preissenkungen weiterzugeben.

      100 g Vitamin-C kosteten vor der Kartellstrafe in der Apotheke 1,50 DM

      jetzt kosten 100g Vitamin-C mindestens 2,-- EURO

      Eine Preissteigerung des Verkaufspreises von rund 170 Prozent.... bei vermutlich deutlich gesunkenem Einkaufspreis..
      Avatar
      schrieb am 01.04.04 12:00:41
      Beitrag Nr. 482 ()
      SPIEGEL ONLINE - 01. April 2004, 8:21
      URL: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,293473,00.html


      Praxisgebühr

      22 Prozent weniger Arztbesuche

      Drei Monate nach Einführung der Praxisgebühr melden Krankenkassen und Ärzteverbände einen massiven Rückgang der Patientenzahlen. Der Hartmann-Bund bezifferte den Rückgang für das erste Quartal auf 18 bis 22 Prozent.


      Zehn Euro Praxisgebühr: Konkrete Zahlen erst Ende des Monats
      Berlin - Die zehn Euro Praxisgebühr hielten die Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen davon ab, so häufig wie noch im vergangenen Jahr einen Allgemeinarzt aufzusuchen. Ein Sprecher der Deutschen Angestellten Krankenkasse sprach von einem Rückgang in Höhe von bis zu 15 Prozent in einzelnen Praxen, verlässliche Zahlen lägen aber noch nicht vor.

      Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) nannte weniger drastische Zahlen. Sie bezifferte den Rückgang anhand von Umfragen für Januar auf fünf bis acht Prozent und für Februar auf drei bis vier Prozent, berichtet die Zeitung weiter. Konkrete Zahlen seien nach Angaben der KBV jedoch erst Ende April verfügbar, wenn die Ärzte mit den Krankenkassen abgerechnet hätten.

      Die Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK) sieht in dem Rückgang einen ersten Erfolg der Gebühr. "Die Praxisgebühr ist für Menschen, die ernsthaft krank sind, kein Grund, den Arztbesuch zu vermeiden", sagte der DAK-Sprecher Jörg Bodanowitz.

      Die Barmer Krankenkasse vermutet, der Rückgang habe mit Vorzieheffekten zu tun. Vor allem viele chronisch Kranke seien noch am Ende des vergangenen Jahres zum Arzt gegangen, um einen Besuch im Frühjahr und damit das Zahlen der Gebühr zu vermeiden, so die Barmer.
      Avatar
      schrieb am 01.04.04 15:29:29
      Beitrag Nr. 483 ()
      #480

      Nichts liegt mir ferner als die Abzocker der Pharmaindustrie zu verteidigen, aber mit den Vitamin C Preisen hast du einen schlechten Indikator ausgewaehlt.

      Ich habe zufaellig mit Ascorbinsaeure (=Vitamin C) zu tun und die Preissituation war im letzten Jahr recht chaotisch, da durch die SARS Krise sehr viel Vitamin C nachgefragt wurde.

      Trotzdem ist natuerlich ein VK von 2 Euro/100g schon ganz schoen "healthy" :D
      Avatar
      schrieb am 01.04.04 17:23:02
      Beitrag Nr. 484 ()
      @ rocco2

      "ganz schoen healthy" ist nett ausgedrueckt... ;)

      Die Preissteigerung wurde zumeist bereits in der Folge der Waehrungsumstellung durchgezogen. also lange vor SARS.

      Vitamin C habe ich deswegen gewaehlt, weil es ein extrem billig herzustellendes Basisprodukt ist, fuer das keinerlei Patentschutz gibt und wo ein gewisser Wettbewerb angenommen werden kann...
      auserdem ist es so ziemlich das einzige Medikament, welches ich persoenlich nehme... ;)

      Ich vermute die herstellungskosten im bereich weniger Cent/Kilo und den Apotheken-EK bei ca. 30 cent/100 g, maximal.

      Mir ist aufgefallen, dass offensichtlich zumindest im regionalbereich NRW klare Presiabsprachen der Apotheken existieren: Der Preis ist wie von "Geisterhand" geschrieben ueberall, aber wirklich ueberall gleich...
      Avatar
      schrieb am 01.04.04 18:00:48
      Beitrag Nr. 485 ()
      @ DT

      Ganz so schlimm duerfte es nicht sein. Das Zeug ist ganz schoen teuer, jedenfalls seit dem letzten Jahr.

      Preise ab Werk in China fuer Containermenge, also rund 20 Tonnen, liegen sogar ueber deinen angenommenen Apotheken EKs.
      Mitte letzten Jahres auch erheblich darueber.
      Ich habe gerade dieser Tage noch ein aktuelles Angebot bekommen welches recht hoch war.
      Avatar
      schrieb am 04.04.04 14:23:11
      Beitrag Nr. 486 ()
      Das dürfte es normalerweise gewesen sein mit dem GKV System - ich bin gespannt, wie diese Zahlen nun geschönt werden, um an dem für alle Beteiligten bequemen System festhalten zu können:


      GESUNDHEIT

      In der Schuldenfalle

      Erschreckender Minus-Rekord und kein Ausweg: Den gesetzlichen Krankenkassen fehlen fast 15 Milliarden Euro - einige frühere Billiganbieter stehen vor der Pleite.


      Viele gute Nachrichten sind es nicht, die der Kanzler in diesen Tagen verkünden kann - und so bemüht er inzwischen selbst die bescheidensten, fast schon unscheinbaren Fortschritte, um das Gelingen seiner Reformpolitik zu belegen.

      "Die Beiträge zur Krankenversicherung werden noch im Laufe dieses Jahres sinken", versprach Gerhard Schröder voller Vorfreude in der Regierungserklärung zum ersten Jahrestag seines Reformvorhabens: "Das sind die hier und heute messbaren Erfolge der Agenda 2010."

      Seiner Gesundheitsministerin blieb es vorbehalten, diese Errungenschaft der rotgrünen Modernisierer im Detail zu verkaufen. Ja, der durchschnittliche Beitragssatz sei zurückgegangen, gab Ulla Schmidt in der vergangenen Woche zu Protokoll. Ja, er sei sogar schon zum 1. Januar gesunken, und - ja - er werde weiter sinken.

      Die Botschaft der notorisch frohgemuten Genossin aus Aachen war klar: Der Ärger mit der Gesundheitsreform, die öffentliche Erregung um Praxisgebühren, Leistungskürzungen und Zuzahlungen für Pillen oder Krankenhausaufenthalte haben sich gelohnt. Das, was erreicht werden sollte, ist eingetreten: Die Finanzierung des Systems ist gewährleistet, die Kostendämpfung funktioniert, die arbeitsplatzvernichtenden Lohnnebenkosten sind unter Kontrolle, die Beiträge gesenkt.

      Die schöne Meldung unterfütterte die Politikerin mit neuesten Schätzzahlen. Danach sank der durchschnittliche Beitragssatz von 14,32 auf 14,20 Prozent des Bruttolohns - um magere 0,12 Prozentpunkte also. Die Menschen in einem Haushalt mit 3000 Euro Monatseinkommen müssen danach 1,80 Euro weniger an ihre Kasse zahlen als vor der Reform.

      Und auch diese Dividende ist nur möglich, weil die angeschlagene Ministerin um jeden Preis einen Erfolg nachweisen muss. Dabei weiß sie genau, dass die meisten gesetzlichen Krankenkassen schon seit Jahren mit den Beitragsgeldern ihrer Mitglieder nicht auskommen und Monat für Monat, Quartal für Quartal Millionenverluste erwirtschaften.

      Daran haben auch die drastischen Einsparungen durch die Gesundheitsreform kaum etwas geändert.

      Nach internen Berechnungen der Kassen ist das Minus mittlerweile auf gigantische 14,4 Milliarden Euro angeschwollen. Wegen der schlechten Konjunktur hat sich die Finanzlage der Versicherer seit Ulla Schmidts Amtsantritt im Januar 2001 rapide verschlechtert.

      Sechs Milliarden Euro müssten die Kassen für laufende Ausgaben vorhalten, doch das Geld ist längst verschwunden. Drei Milliarden schreiben ihre Satzungen als Rücklage vor, eine Summe, die ebenfalls aufgebraucht ist. Zu diesem Minus von neun Milliarden kommen die Schulden, die die Kassen aufnehmen mussten - exakt 5 589 350 107,23 Euro.

      Besonders dramatisch stellt sich die Lage vieler Betriebskrankenkassen (BKK) dar. Auf jedem der über zehn Millionen BKK-Mitglieder lasten rechnerisch 190 Euro Schulden. Aber auch Angestellten-Ersatzkassen wie DAK und Barmer, die vor allem Besserverdiener zu ihren Kunden zählen, kommen inzwischen auf eine Pro-Kopf-Verschuldung von mehr als 90 Euro.


      Chipkarten: Niedrige Beiträge, großzügige Honorare
      Und die Versicherungen tun alles, um ihre katastrophalen Bilanzen zu verschleiern. Transparenz ist ein Fremdwort bei den öffentlich-rechtlichen Einrichtungen, in deren publizierten Zahlen die Verbindlichkeiten systematisch verschwiegen werden.

      Ginge es nach dem Haushaltsrecht, dürften sie allenfalls einen Bank-Dispo in Anspruch nehmen - als so genannten Kassenverstärkungskredit, um kurzfristige Liquiditätsengpässe zu überbrücken. Spätestens am Jahresende muss das Konto wieder ausgeglichen sein. Unmissverständlich weist die zuständige Aufsichtsbehörde, das Bundesversicherungsamt, auf die Rechtslage hin: "Krankenkassen dürfen keine Kredite aufnehmen."

      Das hat deren Manager nicht davon abgehalten, regelmäßig mehr auszugeben, als sie von ihren Mitgliedern einnahmen - in der vagen Hoffnung, die Konjunktur werde bald anspringen und damit wieder mehr Beiträge auf die Konten spülen. Die Gesundheitsministerin hatte sie dabei noch bestärkt. Ulla Schmidt forderte im "Beitragssatzsicherungsgesetz" die Kassen auf, ihre längst nicht mehr kostendeckenden Sätze stabil zu halten - obwohl etliche Experten vor einer Schuldenfalle warnten.


      Bis zu 500 Millionen Euro zahlen die Kassen mittlerweile pro Jahr allein für Zins und Zinseszins; inzwischen droht die erste Pleite. Die Betriebskrankenkasse für Heilberufe in Düsseldorf, die vor allem bei Arzthelferinnen und Medizinern beliebt ist, steht vor der Zahlungsunfähigkeit. Jahrelang hatte sie Ärzten großzügige Honorare zugestanden und gleichzeitig mit Niedrigbeitragssätzen fast eine halbe Million Kunden für sich geworben. "Es gibt eben Kassen", lobte sich der Versicherungschef Hansjörg Schulten damals, "die es besser können als die Dinosaurier der alten Zeit."

      In Wahrheit finanzierte der Manager sein Unternehmen weitgehend auf Pump. Insgesamt 300 Millionen Euro schuldet die Kasse den Banken, davon allein 200 Millionen der Apotheker- und Ärztebank, die dem Unternehmen schon bei seiner Gründung 1996 unter die Arme griff. Erst als die Trickserei im Februar vergangenen Jahres aufflog, wurde Schulten eilig in den Ruhestand versetzt.

      Bei anderen Billigkassen von einst ist die Lage kaum besser. Der BKK-Bundesverband hat mittlerweile ein knappes Dutzend Betriebskrankenkassen identifiziert, die in schweren Geldnöten stecken, vornweg die BKK für Heilberufe, die BKK Mobil Oil (738 000 Mitglieder), die mhplus (261 000 Mitglieder), die Novitas Vereinigte (262 000 Mitglieder) und die Taunus-BKK (631 000 Mitglieder). Mit niedrigen Beitragssätzen hatten sie jahrelang gezielt um junge Gutverdiener gebuhlt - und dabei offenbar vergessen, dass auch Aufsteiger krank werden oder ihren Job verlieren können.

      Auch die Zahlungsverpflichtungen in den Risikostrukturausgleich der gesetzlichen Krankenversicherung wurden von den Managern regelmäßig unterschätzt. Etwa ein Drittel ihrer gesamten Beitragseinnahmen mussten die Kassen an jene Konkurrenten abführen, die anders als sie überdurchschnittlich viele Arme und Alte versorgen.

      Weil diese Rechnungen aber in der Regel erst mit monatelanger Verspätung eintrafen, wähnten sich die Verantwortlichen, von denen sich manche gern ihr Firmenlogo in den gestärkten Hemdkragen sticken ließen, reicher, als sie tatsächlich waren. "Bei den guten Haushaltszahlen", weiß BKK-Verbandschef Wolfgang Schmeinck, habe es sich in Wahrheit "um Scheinliquidität gehandelt".

      Aus Angst vor einem Imageschaden wäre es den Spitzenfunktionären auf Bundesebene am liebsten, die maroden Betriebskrankenkassen möglichst geräuschlos zu entschulden. Alle BKK, die noch zahlungsfähig sind, sollen, so hat es der Bundesverband per Satzungsänderung beschlossen, ein Sonderopfer leisten und für künftige Krisenfälle in einen Sicherungsfonds einzahlen.

      Doch so viel Solidarität geht vielen Managern zu weit. "Nachdem uns die Billigkassen mit künstlich niedrigen Beitragssätzen jahrelang unter Druck gesetzt haben", sagt Bertelsmann-BKK-Chef Wolfgang Diembeck, "sehen wir nicht ein, jetzt auch noch deren Schulden zu begleichen."

      Vergangenen Freitag traf sich Diembeck mit 20 Kollegen in Solingen. Die Spitzenmanager, darunter die Bosse von BKK Gildemeister, BKK Dr. Oetker und BKK Krups/Zwilling, kamen überein, das Sorgenkind fallen zu lassen: "Die BKK für Heilberufe", so Diembeck, "bekommt von uns keinen Cent."

      Bestärkt fühlt er sich durch ein 39 Seiten starkes Rechtsgutachten einer Hamburger Großkanzlei. Die BKK für Heilberufe habe allein schon mit der Aufnahme langfristiger Kredite "gegen Treu und Glauben verstoßen", urteilen die Juristen.

      Den staatlichen Kontrollinstanzen wird dabei ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt: "Das Bundesversicherungsamt hätte die ihm zur Verfügung stehenden Aufsichtsbefugnisse einsetzen müssen, um eine unverzügliche Rückführung der Darlehen durchzusetzen."

      Zum ersten Mal würde mit der BKK für Heilberufe ein gesetzlicher Krankenversicherer, immerhin eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, den Offenbarungseid leisten. Tausende Ärzte und Apotheker, aber auch Krankenhäuser blieben danach auf unbezahlten Rechnungen, Banken auf geplatzten Krediten sitzen.

      Für die Funktionäre des BKK-Bundesverbands wäre eine solche Entwicklung fatal. Sie würden lieber die anderen Versicherungen belasten - und damit womöglich selbst gesunde Kassen in den Ruin treiben.

      So haben zehn kleinere Betriebskrankenkassen in Ostwestfalen bereits ausgerechnet, dass sie für die Entschuldung der BKK für Heilberufe zusammen 75 Millionen Euro aufbringen müssten - etwa ein Viertel ihrer derzeit verfügbaren Jahresetats. Um das Geld zu beschaffen, müssten sie entweder die Beiträge ihrer Mitglieder drastisch erhöhen und sie damit zur Konkurrenz treiben oder selbst Schulden aufnehmen.

      Für einen dritten Ausweg hat sich vor zwei Wochen die für 70 000 Mitglieder sorgende BKK von Airbus entschieden. Das Unternehmen ist zwar kerngesund, doch aus Angst vor einer möglichen Mithaftung für überschuldete Billigkassen will sich die Versicherung kurzerhand auflösen.
      Avatar
      schrieb am 04.04.04 18:52:05
      Beitrag Nr. 487 ()
      Das der BKK fuer Heilberufe bereits seit ueber einem Jahr das Wasser nicht nur bis zum Hals steht, das habe ich hier glaube ich bereits gepostet, moeglicherweise ohne klare Angabe der BKK H. ( hatte juristische Gruende)

      Stammte damals von einem Insider der BKK Heilberufe.

      Das System implodiert.

      Was Schroeder ebensowenig hinbekam wie Kohl die 16 Jahre zuvor, das wird der Markt besorgen.
      Avatar
      schrieb am 04.04.04 22:19:29
      Beitrag Nr. 488 ()
      letzte Woche war ein Bericht in einer Tageszeitung, dass die Kassen Abrechnungen aus 2002 noch nicht gezahlt haben, weil es Diskussionsbedarf wegen der Höhe geben würde. Das waren einige hundert Millionen.
      Jeder Geschäftsführer, der solche Informationen nicht in seiner Bilanz verarbeitet hätte, würde schon längst beim Staatsanwalt sitzen udn schwitzen.
      Und die Kassenoberen ficht das offenbar nicht an.

      Wie kann man ein System dulden, bei dem es minimale Transparenz gibt und das faktisch bei allen Beteiligten, die ja offenbar in der Vergangenheit gut und bequem gelebt hatten.

      Aus meiner Sicht ist das Thema GKV nun beendet. Und es wird bei der Rente und der Arbeitslosenversuicherung genauso aussehen.

      Hoffentlich handeln die Politiker endlich mal schnell und radikal.
      Avatar
      schrieb am 06.04.04 17:54:56
      Beitrag Nr. 489 ()
      Ich habe bereits frueher hier gepostet, dass verkehrsopfer eine enorme gesellschaftliche Belastung darstellen und daher eine Verbeserung der verkehrssicherheit enorme Entlastungen darstellen.

      jetzt hier die mir zuvor unbekannte Groesse des dazugehoerigen Schadens beim BIP:





      Annan beklagt Verkehrsopfer

      BONN/NEW YORK epd UN-Generalsekretär Kofi Annan hat zu größeren Anstrengungen für Verkehrssicherheit vor allem in Entwicklungsländern aufgerufen. Trotz enormer Verbesserungen kämen jedes Jahr weltweit fast 1,2 Millionen Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben, davon 90 Prozent in den armen Ländern, betonte Annan in einer Erklärung zum Weltgesundheitstag am 7. April. Die Unfallopfer seien zumeist Fußgänger, Zweiradfahrer oder Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel. "Die meisten dieser Unfälle erlangen keine Beachtung in den Medien und sind doch immer eine persönliche Tragödie", unterstrich Annan. Die Zahl der Verletzten werde weltweit auf 20 bis 50 Millionen Menschen pro Jahr geschätzt. Neben dem Leid, das die Familien zu tragen hätten, zahle auch die Gesellschaft einen hohen Preis. Schätzungen zufolge kosten Verkehrsunfälle jeden Staat etwa zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
      Avatar
      schrieb am 07.04.04 18:31:54
      Beitrag Nr. 490 ()
      | 07.04.04 |

      10 bis 20 gesetzliche Krankenkassen haben nach Ansicht von Horst Seehofer (CSU) ihre Ausgaben rechtswidrig durch Kredite finanziert. {/b]


      „Eigentlich hätten diese Krankenkassen in der Vergangenheit ihre Beiträge erhöhen müssen", sagte Seehofer dem ZDF-Magazin „Frontal 21“. Sie hätten aber Kredite aufgenommen. Dies sei „rechtswidrig“. Seehofer kritisierte, einige Kassen hätten sich dadurch einen Wettbewerbsvorteil verschafft und mit künstlich niedrig gehaltenen Beitragssätzen Mitglieder bei teureren Kassen „abgeworben“. Die Schulden der Gesetzlichen Krankenversicherung betragen aktuell rund zehn Milliarden Euro. Seehofer forderte lückenlose Aufklärung und bei Bedarf auch gesetzliche Konsequenzen.

      (Quelle: dpa)
      Avatar
      schrieb am 07.04.04 21:53:37
      Beitrag Nr. 491 ()
      . April 2004

      --------------------------------------------------------------------------------
      Ärzteschaft
      Immer mehr deutsche Ärzte gehen ins Ausland


      BERLIN. Immer mehr deutsche Ärzte suchen sich einen Job im Ausland. Im Gegenzug kommen zunehmend Mediziner aus osteuropäischen Nachbarstaaten nach Deutschland. Das berichtet die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) am 7. April. „Im Ausland sind gegenwärtig ungefähr 12 000 deutsche Ärzte tätig, darunter nicht wenige Mediziner, die Deutschland für immer den Rücken gekehrt haben“, hieß es aus der Vertragsärzteorganisation. Skandinavien und Großbritannien seien die bevorzugten Ziele.

      Im Gegenzug arbeiten nach Angaben der KBV annähernd 16 000 Ärztinnen und Ärzte aus dem Ausland in Deutschland. Die größten Zuströme kämen aus Österreich und Russland. Das bestätige auch eine Analyse der Landesärztekammer Sachsen. Danach hatten sich Ende des Vorjahres 607 ausländische Ärzte aus 67 Ländern bei der Kammer angemeldet. Im Jahr 2001 waren es noch 254. Der Anteil der ausländischen Ärzte erhöhte sich in Sachsen damit von 1,5 auf 3,6 Prozent. /hil
      Avatar
      schrieb am 08.04.04 00:24:08
      Beitrag Nr. 492 ()
      sowas kann sep nicht passieren... wir würden uns noch am gleichen Tag sorgen machen, ob ihm was zugestoßen sein könnte...

      http://aktuell.focus.msn.de/hps/fol/newsausgabe/newsausgabe.…

      naja, ein bißchen schwarzer Humor muss sein...
      Avatar
      schrieb am 08.04.04 12:10:26
      Beitrag Nr. 493 ()
      SPIEGEL ONLINE - 08. April 2004, 9:41
      URL: http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,294535,00.html
      Schwierige Geburt

      Schwangere rettet Baby durch selbst durchgeführten Kaiserschnitt

      Eine werdende Mutter hat ihr Baby selbst per Kaiserschnitt entbunden. Die Frau habe bemerkt, dass es Komplikationen bei der Geburt gebe. Da der Weg ins Krankenhaus zu weit war, setzte sie selbst das Messer an.

      Chicago - Die hochschwangere Mexikanerin sei mit ihren Kindern alleine zu Hause gewesen, als die Wehen einsetzten, berichtet die medizinische Zeitschrift "International Journal of Gynecology und Obstetrics". Als die Frau bemerkte, dass es Komplikationen gebe, habe sie sich mit einem Messer den Bauch aufgeschnitten. Einem ihrer Kinder habe die 40-Jährige noch den Auftrag gegeben, Hilfe zu rufen, bevor sie in Ohnmacht gefallen sei, berichtet Rafael Valle von der US-Northwestern University zusammen mit den behandelnden Ärzten aus Mexiko in dem Artikel.

      Mutter und Baby hätten die schwere Geburt überlebt - und das, obwohl die Fahrt ins Krankenhaus acht Stunden gedauert habe und die Patientin dort noch hätte warten müssen, heißt es in dem Bericht. Der Junge sei das neunte Kind der Frau, die bereits einmal ein Baby bei der Geburt verloren habe.

      Der Fall, der sich vor zwei Jahren ereignet habe, unterstreiche die katastrophalen Auswirkungen von mangelndem Zugang zur Gesundheitsversorgung. "Das Hauptanliegen meines Artikels ist es, den Menschen bewusst zu machen, dass so etwas nie passieren dürfte", sagte Valle.
      Avatar
      schrieb am 08.04.04 17:28:43
      Beitrag Nr. 494 ()
      typisches Beispiel fuer das Marionettenkabinett im Irak:

      Bremer fordert einen Schiiten auf, sein Ministeramt niederzulegen.
      Und der macht das dann auch.

      Das wird die Iraker stark beeindrucken, diese Form von demokratie.... :laugh:

      und es zeigt der weltoeffentlichkeit, wie rasch die Besatzer sich den Staat untertan gemacht haben....
      Avatar
      schrieb am 08.04.04 17:30:31
      Beitrag Nr. 495 ()
      sorry, falscher Thread.... :laugh:
      Avatar
      schrieb am 11.04.04 23:40:24
      Beitrag Nr. 496 ()
      Wir sind das Gehirn des Gesundheitswesens
      150 Milliarden Euro geben die Kassen jedes Jahr aus. Wohin die fließen, bestimmt ein Funktionärszirkel. Eine Expedition nach Siegburg.

      Von Georg Meck
      Siegburg. An der Klingel steht noch "Mustermann". Innen riecht es nach frischer Farbe, die Wände sind klinisch weiß. Bei "Ralfs Tierfutter-Laden" links einbiegen, hatten sie gesagt. Kein Wegweiser ist zu sehen, kein Schriftzug am Dach. Und auch sonst nichts, was darauf schließen ließe, wer hier am Waldrand von Siegburg residiert: "Gemeinsamer Bundesausschuß" nennt sich der Mieter Auf dem Seidenberg 3a. Das klingt nach Bürokratie. Und das ist es auch.
      So kompliziert ist das Gebilde, daß die Chefin es zur Erklärung mit einem Bild versucht: Wäre das deutsche Gesundheitswesen ein menschlicher Körper, dann säße hier das Gehirn. "Auch wenn der Vergleich deutlich hinkt", wie Geschäftsführerin Dorothea Bronner, eine gelernte Chemikerin, eilig anfügt.
      Die Milliarden, die Jahr für Jahr in Arztpraxen, Apotheken und Kliniken fließen, werden von hier aus gesteuert - viele Milliarden, an die 150 im vorigen Jahr. Mehr Geld als Siemens, BMW und Lufthansa zusammen eingenommen haben. "Keine gesetzliche Kasse darf Ihnen als Patient einen Cent erstatten, wenn das nicht von uns so gewollt ist", sagt ein Beamter und liefert ungewollt die Vorlage für all die Spötter, die das deutsche Gesundheitswesen als letzte Bastion der Planwirtschaft geißeln. Nicht der Markt, nicht die Wünsche der 70 Millionen gesetzlich Versicherten entscheiden, sondern die im Bundesausschuß versammelten Funktionäre. Die Vertreter der Kassen auf der einen und die der Standesverbände auf der anderen Seite.
      Sie beschließen den sogenannten Leistungskatalog und somit das, was an medizinischer Versorgung als sinnvoll zu gelten hat. Unter Ausschluß der Öffentlichkeit tagen die Funktionäre, zur Geheimhaltung verpflichtet. Als "schwarzes Loch" titulierte Gesundheitsministerin Ulla Schmidt den Machtzirkel einmal. Wäre also, nur um im Bild zu bleiben, das Gesundheitssystem eine sozialistische Kommandowirtschaft, dann säße in Siegburg das Zentralkomitee. Das Gehirn des sozialbürokratischen Komplexes sozusagen.
      Dessen Vorläufer-Clubs blieben dem gemeinen Beitragszahler zumeist verborgen. Wenn sie außerhalb der Fachzirkel auftauchten, dann am Rande - wahrgenommen als irgendein Ausschuß, irgendwo im Ministerium oder sonstwo in Berlin.
      Seit dem 1. Januar 2004 aber ist alles anderes, seit dem "Geh-Em- Geh", wie sie in der Szene sagen. Das Kürzel bezeichnet das, was Frohnatur Ulla Schmidt als Gesundheitsreform bejubelt ("Das System wurde transparenter") und was als "Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG)" Eingang in die Fachliteratur fand.
      Seither, wie gesagt, ist in Siegburg nichts mehr, wie es war. Neue Kompetenzen, neue Räume, neues Personal und neue Visitenkarten bekamen sie von Ulla Schmidt spendiert. Bei der konstituierenden Sitzung Mitte Januar sprach die Ministerin höchstpersönlich. Eine richtige Institution des öffentlichen Rechts, um nicht zu sagen eine Behörde, ist der Ausschuß nun. Und einen eigenen Auftritt im Internet (www.g-ba.de) hat er nun auch.
      Das hat für die Gesundheitsbürokraten die Nebenwirkung, daß die Versicherten jetzt leichter Kontakt zu ihnen aufnehmen können. Ein zweifelhafter Effekt in den gesundheitspolitischen Chaostagen seit Anfang des Jahres. Praxisgebühr, Chronikerregel, Krankenfahrten, Naturheilmittel, Lifestyle-Präparate. Das sind die Stichworte, in die die Beamten die Phasen der öffentlichen Erregung einteilen. Die Anrufer waren so stürmisch, daß sie sich in Siegburg manchmal nicht anders zu helfen wußten, als den Hörer neben die Gabel zu legen. "Wir können nicht alle Anfragen beantworten. Dazu bräuchten wir ein Call-Center", sagt Geschäftsführerin Bronner. Im übrigen könne sie den Unmut der Versicherten zum Teil verstehen. Was da aus Berlin an Vorgaben geliefert wurde, war "medizinisch nicht immer wirklich sinnvoll".
      Das zumindest sieht die Basis genauso. Die Verwirrung war groß, die Wut auch. Muß ich dem Notarzt Praxisgebühr bezahlen? Wie alt muß ich sein, um die Anti-Baby-Pille erstattet zu bekommen? Warum gibt es von der Kasse erst kein Geld mehr für Johanneskraut und dann wieder doch? Fragen über Fragen. Und immer wieder Beschwerden, daß die Kasse weniger zahlt. Und was diesem komischen Ausschuß überhaupt einfällt, der da als maßgebliche Instanz genannt wird.
      Die Politik habe es sich leichtgemacht mit ihrem Sparprogramm. So empfinden sie es in Siegburg. Ulla Schmidt habe in ihrem GMG nur das Prinzip festgelegt: Die Gesundheit muß billiger werden. Das Nähere, die unpopulären Details, regelt der Gemeinsame Ausschuß, über "untergesetzliche Rechtsnormen", wie es im Juristendeutsch heißt. Und da sitzen sie nun in Arbeitsgruppen, Ausschüssen und Unterausschüssen und erledigen die bürokratische Drecksarbeit. Die einigermaßen willkürliche, finanziell aber folgenschwere Trennung der Chroniker in Kranke und Schwerkranke etwa - aus Siegburger Sicht ist sie nur ein Beispiel dafür, daß es Frau Schmidt nicht um gedankliche Klarheit ging, sondern allein um die Senkung der Kosten. Es wäre also gelogen, von einem spannungsfreien Verhältnis zum Berliner Ministerium zu reden. Man bemühe sich, Streitfälle im Vorfeld auszuräumen, sagt Frau Bronner nur. "Keinem ist daran gelegen, Konflikte eskalieren zu lassen."
      Das nächste heiße Thema haben sie bereits auf dem Tisch. Nach Ostern will der Ausschuß Festbeträge für Arzneimittel bestimmen. Hört sich harmlos an, ist aber eine höchst knifflige Sache, da weitere Zuzahlungen auf die Versicherten zukommen, die öffentliche Empörung daher vorprogrammiert ist. Im Kern geht es auch hier darum, die Ausgaben der gesetzlichen Kassen zu senken. Dazu setzt der Bundesausschuß Höchstpreise für Medikamente fest. Die errechnen sich aus dem Durchschnitt vergleichbarer Arzneimittel. Und da in diese Rechnung auch günstige Nachahmerprodukte einfließen, werden die Kassen patentgeschützte Pillen knüftig nur noch zum Teil erstatten. Den Rest hat dann der Patient zu tragen, es sei denn, er weicht auf billigere Arzneimittel aus. Die forschende Pharmaindustrie ist höchst alarmiert, schickt Studien, warnt vor dem Ruin der Branche, droht mit dem Verlust von Arbeitsplätzen. Das ganze Programm, um die Entscheidung in letzter Minute noch zu verhindern. Im Ausschuß selbst haben die Arzneihersteller keine Stimme. Sowenig wie die Patienten, die ihre Medikamente schlucken.

      Text: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 11.04.2004, Nr. 15 / Seite 41
      Avatar
      schrieb am 11.04.04 23:41:09
      Beitrag Nr. 497 ()
      Die Gesundheitsbürokraten

      Der Gemeinsame Bundesausschuß besteht aus 21 Mitgliedern - je neun von seiten der gesetzlichen Krankenkassen sowie der Leistungserbringer sowie drei unparteiische Mitglieder. An den Sitzungen nehmen außerdem neun Patientenvertreter teil. Die haben jedoch kein Stimmrecht.
      Die Geschäftsstelle des Ausschusses wird ausgebaut und verfügt demnächst über 46 Planstellen. Der Etat für das laufende Jahr beträgt sechs Millionen Euro, finanziert wird er über sogenannte "Systemzuschläge", das heißt: Bei jedem abgerechneten Krankheitsfall fließt ein Obolus nach Siegburg.
      Der Bundesausschuß errichtet gerade das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen - ein Lieblingsprojekt rot-grüner Gesundheitspolitiker. 35 Personen haben sich für die Leitung beworben, bis Mitte Mai soll die Personalie entschieden sein. Dann soll auch der Aufbau der Organisation beginnen.

      Text: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 11.04.2004, Nr. 15 / Seite 41
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      schrieb am 12.04.04 09:41:51
      Beitrag Nr. 498 ()
      Verteilung der GKV Ausgaben in %:

      Krankenhausbehandlungen 32,4
      Arzneien 16,7
      Arztbehandlung 15,8
      Zahnarztbehandlung 8,1
      Sonstige 27,0
      Avatar
      schrieb am 13.04.04 23:05:01
      Beitrag Nr. 499 ()
      http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,295039,00.html" target="_blank" rel="nofollow ugc noopener">http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,295039,00.html
      Man möge sich die osten der vielen Verletzten vorstellen, die entstehen und die man sparen kann - vom Leid ganz abgesehen..
      Avatar
      schrieb am 14.04.04 08:54:51
      Beitrag Nr. 500 ()
      # 498 Kosten


      SOZIALSYSTEME

      Seehofer hält Reformpläne der CDU für überteuert

      Horst Seehofer legt sich mal wieder quer. Der CSU-Sozialexperte bezweifelt, dass die Reformpläne der CDU finanzierbar sind. Die Umsetzung würde 100 Milliarden Euro kosten.



      Seehofer: "Merkwürdiger Vorgang"

      Berlin - "Es reicht ja nicht, wenn man neu denkt, sondern man muss auch sehen, ob das Neue finanzierbar ist", sagte Seehofer der "Welt". Das gesamte Reformpaket der CDU würden nach Angaben des Sozialpolitikers Kosten in Höhe von 100 Milliarden Euro verursachen.

      Seehofer rechnete die Einzelposten vor: Zu den rund zehn Milliarden Euro für die von den Präsidien beider Parteien beschlossenen Steuerreform kämen 40 Milliarden für die von der CDU geplante Gesundheitsprämie dazu. Die weiteren Positionen belaufen sich laut Seehofer auf 18,6 Milliarden für die geforderte Kindergelderhöhung, 22 Milliarden für veränderte Kindererziehungszeiten bei der Rentenberechnung und zwölf Milliarden für eine Mindestrente.

      Seehofer wies Vorwürfe des CDU-Politikers Friedrich Merz zurück. Dieser hatte im SPIEGEL der CSU vorgeworfen, sie sei bei den Reformen zu zögerlich. Seehofer nannte die Kritik von Merz einen "merkwürdigen Vorgang".
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