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    Krieg - Wollt ihr das wirklich? - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 15.11.01 14:36:18 von
    neuester Beitrag 16.02.03 16:29:40 von
    Beiträge: 69
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      schrieb am 15.11.01 14:36:18
      Beitrag Nr. 1 ()
      Eins vorweg: Ich bin gegen einen Krieg!

      Im folgenden ein Artikel von www.jungewelt.de Der Author heisst Peter Kleinert und dieser Artikel findet meine volle Zustimmung in all seinen Punkten!

      Mfg MH


      Geistige Mobilmachung

      Antikriegsdebatte (II): Und wieder haben die Medien vorzüglich funktioniert und sich qualifiziert für all die Kriege, die jetzt kommen werden

      5000 Attentats-Tote am 11. September, 35000 Hungertote jeden Tag. Auf diese Zahlen und den Widerspruch der ihnen jeweils gewidmeten Zeitungszeilen und Sendeminuten werde ich im folgenden nicht weiter eingehen.

      Als Journalist und Dokumentarfilmer gehöre ich zu den Leuten, die die Medien in den vergangenen 25 Jahren, vor allem das Fernsehen, als – in der Regel – gigantische Manipulationsmaschinerie kennen und als Dieb kostbarer Zeit verachten gelernt haben. Trotzdem saß ich am 11. September, nach dem, wie es überall heißt, »nichts mehr so sein wird, wie es einmal war«, weit weg von Köln, im äußersten Südwesten der Türkei, fasziniert von unfaßbaren realen Bildern, die ich bis dahin nur aus Horrorspielfilmen kannte, vor dem Schirm, machte Notizen und warf VHS-Kassetten zum Aufzeichnen in den Videorecorder. Das Fernsehen demonstrierte seine Vormachtstellung durch Rund-um-die Uhr-Sendungen, mit denen es, laut dpa, tagelang »am Ball« blieb. »Am Ball«! Bei der Deutschen Presseagentur hat man vermutlich bis heute nicht begriffen, wie genau diese Formulierung den Nagel auf den Kopf traf.


      Sprachrohre der Propaganda

      Schon im ersten Auslandsfeldzug der Bundeswehr, dem gegen Jugoslawien, galt der historische Satz: »Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche.« Am 12. September 2001 hielt es Herr Struck, anders als der Kaiser, im Bundestag für nötig zu sagen: »Heute sind wir alle Amerikaner.«

      »Wo es keine zwei Meinungen mehr gibt«, sagte dazu Konkret-Herausgeber Hermann L. Gremliza in einem Beitrag zum Hamburger »Tribunal gegen die NATO« schon im April 2000, »gibt es keine Information, sondern Propaganda. Das wäre vor ein paar Jahren eine Unterstellung gewesen, heute ist es offen erklärte Absicht.«

      Als die Monitor-Autoren Jo Angerer und Matthias Werth knapp ein Jahr später mit ihrem Film »Es begann mit einer Lüge« darstellten, wie die öffentliche Meinung durch die Lügen von Scharping und Shea auf den Kosovo-Krieg eingestimmt wurde, fielen die in diesem Film als Propaganda-Sprachrohre vorgeführten Journalisten über die beiden her und warfen ihnen, nicht nur in »FAZ« und »Welt«, im Chor mit Scharping Manipulation, Einseitigkeit und schlechte Recherche vor. Daß der Minister eine großmäulig angekündigte Gegendarstellung plus angedrohter Klage am Ende weder beim WDR noch bei Gericht vorlegen ließ, habe ich am Ende dieser Affäre via Internet nur in junge Welt gelesen.

      Haben, so fragte Konkret-Herausgeber Gremliza am Ende seines Vortrags im April 2000, deshalb die Medien während des Kosovo-Krieges versagt? Seine Antwort: »Natürlich nicht, im Gegenteil: Sie haben den zur totalen geistigen und psychischen Mobilmachung nötigen Bedarf an Falschmeldungen und Stimmungsmache gestillt, das nationale Kollektiv zusammengeschweißt, keine störenden, unnötigen Fragen gestellt. Sie haben vorzüglich funktioniert und sich qualifiziert für all die Kriege, die jetzt kommen werden.«

      Ausgerechnet das öffentlich-rechtliche ZDF bestätigt Gremlizas Analyse und Vorhersage gleich am 11. September 2001 mit der Schlagzeile »Terrorkrieg gegen Amerika«. Die steht dann Tag für Tag stundenlang auf der Studiowand hinter den Moderatoren der ZDF-»Spezial«-Sendungen.

      Zu diesem Zeitpunkt befindet sich der Sprecher der anglo-amerikanischen Ölkonzerne und ihrer »zivilisierten Welt«, George W. Bush, noch in der Phase eines eher marionettenhaften Stammelns, ist wohl noch nicht von seinen Beratern gebrieft, wen er als Drahtzieher des Anschlags verantwortlich machen soll, hat deshalb seine NATO-Partner auch noch nicht auf ihre »Bündnispflichten« nach dem NATO-Vertrag hinweisen können. Schröder, Scharping, Fischer, Beer haben auch noch keine Zeit gefunden, die USA der »uneingeschränkten Solidarität« aller Deutschen zu versichern, aber die Mainzelmännchen und ihr Intendant Dieter Stolte stimmen eben diese Deutschen bereits auf den NATO-Verteidigungsfall ein, der eigentlich nur dann eintritt, wenn ein Krieg gegen ein NATO-Mitglied vom Zaun gebrochen wird. »Terror gegen Amerika«, wie RTL seine Specials titelte, oder »America under Attack«, so die Headline vom ansonsten auch nicht eben zimperlichen CNN, reichen für den NATO-Verteidigungsfall halt nicht aus.

      Am 16. September, im Sonntagspresseclub der ARD, wollen WDR-Intendant Fritz Pleitgen und Zeit-Herausgeber Josef Joffe sich auch nicht vorwerfen lassen, sie, als echt liberale Journalisten, hätten im Kosovo-Krieg nichts gelernt. Im Gegenteil: »Wann schlägt Amerika zurück?« titelt Pleitgen die von ihm moderierte Sendung und gibt schon in den ersten Minuten seines Stammtischs dem vorsichtig warnenden Deutsche-Welle-Redakteur und Asien-Spezialisten Günter Knabe zu verstehen, daß »Amerika sich gezwungen sieht, militärisch zu agieren oder reagieren« (!). Joffe von der »Zeit« setzt noch einen drauf, als Knabe insistiert und »andere Mittel« als militärische Angriffe gegen Terroristen fordert. Nach den Angriffen auf World Trade Center und Pentagon stünden »die Amerikaner in einer ähnlichen Situation wie in Pearl Harbour, das heißt, sie sind direkt angegriffen worden«, behauptet Joffe. Deshalb werde zwar »kein dritter Weltkrieg, aber es wird ein globaler Krieg sein«.

      Knapp zwei Stunden vorher hat Johannes Kaul, Chefredakteur des ARD-Morgenmagazins, bei der Moderation seines Programms deutsche Journalisten noch ganz anders eingeschätzt. O-Ton Kaul: »Was aber die Kollegen von Fernsehen, Hörfunk wie auch Printmedien in den vergangenen Tagen ausgezeichnet hat, war eine distanzierte, nüchterne, der Versuch einer distanzierten, nüchternen Sicht.« Zum unfreiwilligen Witz wird Kauls Lob nicht erst nach zwei Stunden durch die Herren Pleitgen und Joffe. Nur wenige Minuten nach diesem Satz begrüßt Kaul im Morgenmagazin seinen Hauptstadt-Redakteur Sven Kuntze. Der hat ein Interview mit Innenminister Schily über dessen Pläne geführt, anläßlich der günstigen Gelegenheit, den Rechtsstaat durch ein Antiterrorpaket auszuhebeln – wie das später von Richterbund, Anwaltsvereinigungen und Nichtregierungsorganisationen kritisiert wird. Kuntze dagegen hat für Schilys Pläne volles Verständnis: »Der Innenminister steht unter einem gewissen Handlungszwang, vor allem angesichts der peinlichen Tatsache, daß die Terroristen sich in der Bundesrepublik offensichtlich sehr wohl gefühlt haben.«


      Mahnung des Presserats

      Drei Tage später, am 19. September, sieht der Deutsche Presserat Gründe, Journalisten und Medien »an die Einhaltung der publizistischen Grundsätze«, wie sie im Pressekodex festgelegt sind, zu erinnern. Trotz der »verständlichen emotionalen Betroffenheit« dürfe die Berichterstattung in Wort und Bild ihre »professionelle kritische Distanz nicht verlieren«. Sie solle Feindbildern nicht Vorschub leisten oder Vorurteile schüren. Und: »Bestrebungen zur Einschränkung von Grundrechten« werde der Presserat auch im Licht der Ereignisse kritisch beobachten.

      Fritz Pleitgen fühlt sich offenbar voll bestätigt. Laut epd-medien erklärt er am Tag darauf, der WDR werde noch mehr auf Hintergrundberichterstattung und kühle Analyse setzen. Es müsse »auch das Gegenteil dessen gedacht werden, was populär ist«. Gedacht vielleicht, nur ausgesprochen möglichst nicht. Beweise dafür, daß Osama bin Laden für die Anschläge vom 11. September verantwortlich ist, haben die USA angeblich zwar ihren NATO-Partnern in Brüssel, bis heute aber nicht der Öffentlichkeit vorgelegt. Kein Thema für die großen Medien, keine Schlagzeile, kein Leitartikel oder »Tagesthemen«-Kommentar, der auf diesen Widerspruch eingeht. Im Gegenteil: In den »Tagesthemen« fordert Pleitgens Kollegin, die NDR-Fernsehdirektorin Dagmar Reim, ganz in Schwarz vor der Kamera sitzend: »Herr Bush, halten Sie es mit dem alten Testament und schlagen Sie zurück – Auge um Auge, Zahn um Zahn«. Das gefällt dem sozialdemokratischen Freundeskreis im ZDF-Fernsehrat so gut, daß er am 29. Oktober beschließt, Frau Reim am 6. Dezember zur Nachfolgerin von ZDF-Intendant Dieter Stolte zu wählen.

      Herbert Kremp begrüßt den Bombardierungsbeginn in »Bild« mit den Worten: »Bush hat sich fast vier Wochen Zeit gelassen. Nun zieht er den Ring zu.« Und Zeit-Herausgeber Josef Joffe weiß, daß er dem im Presseclub angekündigten globalen Krieg wieder ein Stück näher gekommen ist: »Das Prinzip heißt Politik– wiewohl unter Beimischung von Blei.«


      »Wem nützt es?«

      Pleitgens »Gegenteil dessen, was populär ist« finde ich nach meiner Rückkehr nach Köln nur in Blättern mit geringen Auflagen. Am 21. September schreibt im Freitag dessen Mitherausgeber Günter Gaus auf der Titelseite: »Das Böse werden Bush und seine ihn anscheinend treibenden Ratgeber nicht aus der Welt verbannen können, aber die Vernunft und ihre Maßstäbe haben sie vorerst in den Untergrund getrieben ... So, wie ich uns Deutsche kenne, werden wir hinter den USA nicht zurückstehen wollen ... Die Annäherung der Berliner Republik an einen Polizeistaat wird alsbald in der Sprache der Politiker Züge des quasi Gottgewollten annehmen.« Am 19.Oktober bezieht sich Rainer Rupp in der jungen Welt auf eine newsweek-Recherche, nach der »mindestens zwei der angeblichen Bin-Laden-Terroristen saudische Luftwaffenpiloten waren, die in den USA auf militärischen Flugschulen ausgebildet wurden«. Im November-Heft von Konkret veröffentlicht Conrad Schuhler eine Chronik der terroristischen Außenpolitik der USA seit 1945 und eine Liste von Morden und Mordversuchen der US-Geheimdienste an ausländischen Staatschefs.

      Und in »Geheim« vom 30. September stellt Ingo Niebel die Frage, die bei jedem ordentlichen Gerichtsverfahren gestellt wird: Wem nützt es? Seine Antwort: »Der politische und wirtschaftliche Nutzen, der Washington aus den Anschlägen entstanden ist, ist weitaus größer als die menschlichen und materiellen Verluste.« Niebel verweist auf die katastrophale Wirtschaftslage der USA vor dem 11. September, auf ihre Überschuldung, auf die innen- und außenpolitische Isolation der Regierung Bush, auf die Terrorpläne, die das US-Oberkommando 1961 gegen die eigene Bevölkerung entwickelte, um eine Invasion Kubas zu rechtfertigen und setzt, Indiz für Indiz, ein Bild zusammen, das es mir kalt den Rücken herunterlaufen läßt: Danach könnten die Anschläge vom 11.September, anstatt vom gelehrigen CIA-Ziehsohn Osama bin Laden, gegen den Bushs weltweite »Antiterrorkoalition« inzwischen Krieg führt, durchaus von der CIA selbst oder von einem anderen US-Geheimdienst inszeniert worden sein. So wie die SS 1939 für Hitlers langgeplanten Angriff auf Polen einen Angriff »polnischer Terroristen« auf den Sender Gleiwitz inszeniert hatte.


      Skandal um ein klares Wort

      Daß derart unpopuläre Überlegungen eines Tages Grundlage einer Moderation von »Tagesthemen«-Onkel Ulrich Wickert werden könnten, ist kaum noch denkbar. Wickert hatte in einem Beitrag in der Illustrierten Max Ende September die Frage gestellt, welche tieferen Ursachen den Terroranschlägen zugrunde liegen könnten und von einem Angriff der Fundamentalisten nicht auf die ethischen Werte des Westens, sondern auf »dessen Überheblichkeit und Materialismus« geschrieben. Er bezog sich in seiner Kolumne auf einen Beitrag der wohl bedeutendsten indischen Autorin Arundhati Roy (»Der Gott der kleinen Dinge«) in der FAZ vom 28. September und zitierte aus diesem den Satz: »Osama bin Laden ist das amerikanische Familiengeheimnis, der dunkle Doppelgänger des amerikanischen Präsidenten«. Den Satz der Inderin erläuterte Wickert seinen Max-Lesern mit den Worten: »Bush ist kein Mörder und Terrorist. Aber die Denkstrukturen sind die gleichen.«

      Nach diesem ebenso klaren wie unpopulären Gedanken brach unter den Hütern der Presse- und Meinungsfreiheit nach Artikel 5 Grundgesetz ein Sturm der Entrüstung los, obwohl Wickert darauf verzichtet hatte, auf bin Ladens Nähe zu einem weiteren US-Präsidenten (Reagan) und dessen Krieg gegen »das Böse« in Gestalt der UdSSR einzugehen. Angela Merkel forderte »Konsequenzen«, Bild stellte auf der Titelseite in Frageform ein »TV-Verbot für Wickert« zur Debatte. Wickert entging einem Auftrittsverbot offenbar nur knapp, weil er bereits vor einer Schaltkonferenz der ARD-Chefs öffentlich und in Absprache mit der ARD-aktuell-Redaktion in den »Tagesthemen« um Entschuldigung gebeten hatte – für etwas, was er dort nie gesagt hatte, nie gesagt haben würde, weil es eben »das Gegenteil dessen« gewesen wäre, »was populär ist«.

      Noch einer mußte sich in diesen Tagen für eine unpopuläre Äußerung öffentlich entschuldigen: Ariel Scharon – für seine Warnung, die USA seien mit ihrer weltweiten Koalition gegen den Terror auf dem besten Wege, sich wie die Briten und Franzosen in München 1938 zu verhalten. Sollte Scharon, so frage ich mich, etwas von dem geahnt oder durch seinen Geheimdienst Mossad sogar erfahren haben, was Ingo Niebel in der kleinen Zeitschrift Geheim angedacht hat? Z. B. darüber, daß man fanatische Fundamentalisten durch geschickte Geheimdienstarbeit finanzieren, ausrüsten und für die eigenen strategischen Ziele instrumentarisieren kann, ohne daß die das überhaupt merken, wie es der CIA und US-Präsidentenberater Brzezinski mit Hilfe des pakistanischen Geheimdienstes ISI im Falle Osama bin Laden und der Taliban in ihrem verdeckten Krieg gegen die Sowjets in Afghanistan so gut gelungen war.

      Scharon wollte mit seinem Hinweis auf das Münchener Abkommen von 1938 sagen, daß die USA mit Israel so zu verfahren beginnen, wie Engländer und Franzosen es vor 63 Jahren mit der Tschechoslowakei beliebten. Mit ihrer »Appeasementpolitik« stimmten sie damals der Annexion der halben Tschechoslowakei zu, um Nazideutschland zu besänftigen.

      Israel war bislang im Kampf ums Öl im Nahen Osten Vorposten der anglo-amerikanischen Ölkonzerne und wurde dafür im Kampf um seine eigene Existenz von den USA nahezu bedingungslos mit Waffen und Dollars unterstützt. Sollte im Ergebnis des Anschlags auf Manhattan und das Pentagon das Kalkül von Bushs Beratern und Wahlkampf-Finanziers aus der Erdölindustrie aufgehen, dürfte der Nahe Osten auf der US-Hitliste mit den asiatischen Nachbarstaaten Afghanistans Konkurrenz bekommen. Dort liegen nämlich riesige, weitgehend ungehobene Öl- und Gasvorkommen, von den lukrativen Transportwegen, die für sie, aber auch für die an Aralsee und Kaspischem Meer bereits erschlossenen Vorkommen, über Pipelines notwendig sind, ganz zu schweigen. Dazu kommt die einmalige Chance, an den Grenzen Rußlands und Chinas Militärstützpunkte einzurichten, die nach einer Beseitigung des Taliban-Regimes nicht unbedingt wieder aufgelöst werden müßten.

      »Wir sind Freunde des Islam«, erklärte Bush folgerichtig noch in seiner Kriegserklärung an die Taliban, forderte Israel zu Mäßigung und Rückzug aus den besetzten Gebieten auf und stellte den Palästinensern gemeinsam mit Blair in kryptischen Worten ihren eigenen Staat in Aussicht.


      Es hat sich »für uns« gelohnt

      »Es geht nicht um eine Allianz gegen, sondern um eine Allianz mit den arabischen Staaten«, wußte auch Gerhard Schröder, der dafür, schon bevor er am 11. Oktober seine Kriegserklärung am Rednerpult des deutschen Bundestages ausgesprochen hatte, von den Medien gelobt wurde. Bush dürfte »klar sein«, hieß es in der FAZ in einem Bericht zu Schröders Besuch in Washington, »daß es zu den Leistungen der rot-grünen Regierung gehört, die Tabuisierung des Militärischen vorsichtig aufgebrochen zu haben«. Deutschlands offizieller Kriegszustand mit Afghanistan, den der Kanzler verkündete, ohne von Bush darum bis dahin überhaupt gebeten worden zu sein, verstößt zwar gegen das Grundgesetz, gibt ihm aber die Möglichkeit, weiterhin seine Führungsrolle in der EU zu behaupten, in der nur Tony Blair ihn zur Zeit rechts zu überholen versucht.

      Am 5. November bekommt Schröder dann endlich, was er sich schon am 11. Oktober so sehr gewünscht hatte: Bushs konkrete Bitte um Bundeswehrsoldaten. Werner Sonne, der dies in den »Tagesthemen«, fast so stolz wie Schröder, melden darf, dazu wörtlich: »Eines ist sicher. Diese Anforderung ist so weitgehend, daß der Bundestag dem auf jeden Fall zustimmen muß.« Muß? Auf jeden Fall! In den »Tagesthemen« am Abend drauf erklärt uns Ulrich Wickert, warum der Bundestag »zustimmen muß«: »Der Einsatz in Afghanistan stellt die Bundesrepublik endgültig auf die gleiche Stufe wie die Siegermächte in Europa.«

      Das heißt mit anderen Worten: Die größte Schmach der Niederlage von 1945 ist überwunden. Wir dürfen endlich wieder Krieg führen, einen »globalen Krieg« sogar. Dazu hat uns der »Terrorkrieg gegen Amerika«, der »Krieg gegen die zivilisierte Welt«, den, laut Bush und Schröder, ZDF und ARD, Osama bin Laden am 11. September vom Zaun gebrochen hat, verholfen. Der Anschlag auf World Trade Center und Pentagon hat sich also auch »für uns« gelohnt, nicht nur für die Vereinigten Staaten.

      * Der Artikel beruht auf einem Vortrag, den Peter Kleinert am 7. November 2001 im Kölner DGB-Haus gehalten hat.
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 14:39:00
      Beitrag Nr. 2 ()
      @MH:

      Bist Du gegen "einen" Krieg, gegen "diesen" Krieg oder gegen "alle" Kriege? Und mit "alle" meine ich wirklich alle!
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 14:41:09
      Beitrag Nr. 3 ()
      Ich bin gegen die Art dieses Krieges.
      Ich bin gegen Krieg im allgemeinen.
      Krieg aus der Verteidigung heraus, ist wohl unabwendbar.

      Mfg MH
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 14:41:43
      Beitrag Nr. 4 ()
      @MH120480
      8 Tage daneben:D:D:D
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 14:43:12
      Beitrag Nr. 5 ()
      Krieg ist krank und jeder den ihn produziert und unterstützt ist geisteskrank!!!

      Bush handelt genau falsch!!! Was soll das, es ist schon armselig, wenn sich ein Präsident nicht
      mehr anders helfen kann!!!

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      schrieb am 15.11.01 14:44:59
      Beitrag Nr. 6 ()
      @MH Dies ist ein Krieg aus der Verteidigung heraus.

      @Börsenanalyst Wer ist krank?
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 14:45:16
      Beitrag Nr. 7 ()
      8 Tage daneben? Der Artikel ist gestern erschienen...

      Aber vielleicht um nochmal kurz darzustellen, was ein Herr Bush von Demokratie hält:


      Bush will Verdächtige vor Militärgerichte stellen

      Noch immer haben die US-Ermittler keine gerichtsfeste Spur auf der Suche nach den Hintermännern der Terroristen. Doch Präsident Bush aktivierte schon jetzt Militärgerichtshöfe für mögliche Angeklagte. Zum letzen Mal wurden vor solchen Sondergerichten Nazi-Saboteure im Zweiten Weltkrieg verurteilt.

      Washington - Der Satz liest sich wie von einem Militärdiktator. Es sei "nicht praktikabel", so George W. Bush laut "Washington Post", von amerikanischen Gerichten zu verlangen, dass sie sich bei kommenden Terrorprozessen an die "Prinzipien von Gesetz und die Beweisregeln" halten, die eine Strafverfolgung vorschreibt.
      Was Bush offenbar meinte, wird durch eine Verordnung deutlich, die er am Dienstag erließ. Danach sollen in den USA oder im Ausland festgenommene Terroristen nicht vor "normalen" amerikanischen Gerichten angeklagt werden. Bush will für die erhofften Prozesse gegen die Mitglieder von Osama Bin Ladens al-Qaida-Netzwerk Militärgerichte einberufen.

      Damit zieht Bush das Gerichtsverfahren an sich und den Verteidigungsminister Donald Rumsfeld - was allerdings dem Prinzip der Gewaltenteilung und dem amerikanischen Rechtssystem widerspricht. Solche US-Militärgerichtshöfe hat es zuletzt bei der Verfolgung von Nazi-Saboteuren in den USA im Zweiten Weltkrieg gegeben.

      Bush will nach seinen Worten sicherstellen, dass Terroristen aus den USA oder dem Ausland "schnell und sicher" verurteilt werden. Die Militärgerichtshöfe seien notwendig, da die vielen Toten und Verletzten sowie die Zerstörung von Eigentum die "Kontinuität der Arbeit der amerikanischen Regierung" gefährdeten, zitiert die "Washington Post" den Präsidenten. Trotzdem versprach er "vollständige und faire Verhandlungen" für die Angeklagten. Diese können der Verordnung nach sowohl in den USA als auch im Ausland stattfinden. Bush betonte außerdem, dass "normale" Prozesse gegen Terroristen wie Bin Laden zu gefährlich seien.

      Bush und Rumsfeld als höchste Richter?

      Laut der Verordnung jedoch werden den möglichen Angeklagten einige grundlegende Rechte der Strafprozessordnung vorenthalten. So bestimmt beispielsweise der Präsident persönlich, welche Verteidiger vor dem Militärgericht zugelassen werden. Sein Verteidigungsminister setzt die Regeln und die Dauer der Verhandlungen fest. Zum Beispiel bestimmt er auch die Anforderungen an die Beweise, die für eine spätere Verurteilung nötig sind. In der Verordnung wird festgelegt, dass für eine Verurteilung eine Jury-Mehrheit von zwei Dritteln nötig ist. Die Zahl der Mitglieder wird jedoch nicht genannt.

      Die letzte Entscheidung über das Schicksal des Angeklagten liegt ebenfalls bei Bush und Rumsfeld: Beide sind berechtigt, die Entscheidung des Gerichts nach dem Urteil zu überstimmen. Eine spätere juristische Überprüfung oder eine Revision vor einem Bundesgericht ist nach dem Richterspruch nicht mehr möglich, auch wenn ein Todesurteil gefällt wird.

      Letzter Schritt der Beseitigung von Bürgerrechten

      Die Verordnung ist der Höhepunkt der Aushöhlung von rechtsstaatlichen Garantien, die in den USA seit dem 11. September stattgefunden hat. Seit den Terroranschlägen schränkt Bush Schritt für Schritt die Rechte von Verdächtigen und Angeklagten ein. Gesetze, die noch vor Monaten in einem Rechtsstaat als undenkbar galten, passieren nun das Parlament. So kann zum Beispiel ein Verdächtiger mittlerweile einen Monat lang ohne Angaben von Gründen oder einem Haftprüfungstermin festgehalten werden. Wenn er einen Anwalt hat, können alle Gespräche mit dem Rechtsvertreter abgehört werden.

      Bisher jedoch hält sich der Widerstand gegen die neuen Gesetze in den USA in Grenzen. Lediglich die Gesellschaft für Bürgerrechte protestierte gegen die neue Verordnung. Eine Sprecherin sagte, die neuen Gesetze seien ein Zeichen dafür, dass sich die Regierung vor den rechtsstaatlichen Methoden fürchte. Ob auf die leisen Klagen der Bürgerrechtler jedoch eine breite öffentliche und politische Debatte folgen wird, bleibt offen. Immerhin schlugen mehrere Rechtsprofessoren mittlerweile vor, dass ein internationaler Gerichtshof nach dem Beispiel in Den Haag gegründet werden solle. Ob Bush und Rumsfeld aber dem Vorschlag folgen, erscheint fraglich. Bisher haben die US-Behörden allerdings noch niemanden, den sie vor das Militärgericht stellen könnten.
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 14:48:42
      Beitrag Nr. 8 ()
      Es ist ja auch kein Zufall gewesen, dass Scharon und Bush quasi zeitgleich an die Macht kamen ;)

      Gruss Minolta
      Wusstet Ihr eigentlich, dass es Al Gore bei erneuter Stimmenauszählung doch geschafft hätte? Kam kurz nach dem Attentat am 11.9. heraus und wurde gedeckelt, um Bush nicht zu schwächen.
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 14:49:01
      Beitrag Nr. 9 ()
      ...und was hat das mit dem Krieg zu tun?
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 14:49:36
      Beitrag Nr. 10 ()
      krank ist derjenige, der Krieg produziert und den Schwachsinn unterstützt oder findet ihr es gut, wenn Leute
      umgebracht werden??? :confused:

      Aus Gegenhass entsteht immer stärkerer HASS!!!
      Ein Teufelskreis!!!
      Danke USA, danke Deutschland, arme WELT!!! :mad:
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 14:52:27
      Beitrag Nr. 11 ()
      Woher willst du wissen das dies ein Krieg aus der Verteidigung heraus ist? Wurden dir Beweise vorgelegt? Vielleicht solltest du den Artikel doch lesen bevor wir weiter diskutieren. Die Ansicht vertrete aber auch nicht erst seit gestern, doch die Umstände welche bereits kurz nach den Anschlägen zu meiner Meinung führten, werden immer offensichtlicher und die dreistigkeit der USA immer unglaublicher.

      Ja Minolta, das fand ich auch sehr interessant und so langsam werfen die Umstände von Bushs Wahlsieg doch einige Fragen auf, vorallem wenn man von der Theorie ausgeht, dass CIA und Konsorten in die Anschläge verwickelt sind...

      Mfg MH
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 14:55:08
      Beitrag Nr. 12 ()
      Das hat insofern mit den Krieg zu tun, als dass die eigentliche Problematik im Nahost-Konflikt zu suchen ist.

      Gruss Minolta
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 15:00:12
      Beitrag Nr. 13 ()
      Ich hatte zwar eigentlich nicht vor, folgendes im Board zu posten, aber vielleicht isses doch besser:

      Da mir die Rolle der Medien sowie die Rolle der Politik bei den Vorgängen um den 11. September, mehr als zweifelhaft vorkommt, habe ich versucht ein wenig die Initiative zu ergreifen und folgende Website letzten Freitag online gestellt:

      http://www.medien-krieg.de

      Im Rahmen meiner beschränkten zeitlichen Möglichkeiten werden ich die Seite auf und ausbauen. Nix schickes, aber zweckdienlich und transparent.

      Mfg MH
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 15:03:47
      Beitrag Nr. 14 ()
      @MH120480:

      Ich gehe mal davon aus, dass im Nick Dein Geburtstag verarbeitet ist und erkläre mir diesen Blödsinn daher mit Deiner Unreife.
      "CIA in Anschläge verwickelt"... Sag mal, bist Du sonst noch gesund?
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 15:09:33
      Beitrag Nr. 15 ()
      Athen (dpa) - Vor einer Filiale der US-Bank "American Express" in Athen hat es eine Explosion gegeben. Nach Angaben des griechischen Rundfunk handelte es sich um eine Bombe. Laut Polizei wurde niemand verletzt. Es entstanden aber erhebliche Schäden an der Fassade des Gebäudes. Niemand habe bislang die Verantwortung übernommen, hieß es. dpa
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 15:12:58
      Beitrag Nr. 16 ()
      Du solltest richtig lesen und vielleicht auch versuchen zu verstehen:

      Wenn man von der Theorie ausgeht, dass CIA und Konsorten in die Anschläge verwickelt sind...


      Wo bitte steht da, dass ich davon ausgehe?

      Aber ausschliessen kann und will ich es nicht, zumal ich folgende Gedanken und Argumentationsweisen bereits 2-3 Tage nach den Anschlägen hatte: (Auszug aus erstem Artikel)

      "Und in »Geheim« vom 30. September stellt Ingo Niebel die Frage, die bei jedem ordentlichen Gerichtsverfahren gestellt wird: Wem nützt es? Seine Antwort: »Der politische und wirtschaftliche Nutzen, der Washington aus den Anschlägen entstanden ist, ist weitaus größer als die menschlichen und materiellen Verluste.« Niebel verweist auf die katastrophale Wirtschaftslage der USA vor dem 11. September, auf ihre Überschuldung, auf die innen- und außenpolitische Isolation der Regierung Bush, auf die Terrorpläne, die das US-Oberkommando 1961 gegen die eigene Bevölkerung entwickelte, um eine Invasion Kubas zu rechtfertigen und setzt, Indiz für Indiz, ein Bild zusammen, das es mir kalt den Rücken herunterlaufen läßt: Danach könnten die Anschläge vom 11.September, anstatt vom gelehrigen CIA-Ziehsohn Osama bin Laden, gegen den Bushs weltweite »Antiterrorkoalition« inzwischen Krieg führt, durchaus von der CIA selbst oder von einem anderen US-Geheimdienst inszeniert worden sein. So wie die SS 1939 für Hitlers langgeplanten Angriff auf Polen einen Angriff »polnischer Terroristen« auf den Sender Gleiwitz inszeniert hatte."


      Nein, ich sage nicht, der CIA ist es oder der Osama ist es...denn wissen tue ich es nicht und dementsprechend urteile ich nicht endgültig...aber ich entscheide für mich selbst, dass die eine oder andere Theorie weitaus wahrscheinlicher klingt...

      Mfg MH
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 15:15:40
      Beitrag Nr. 17 ()
      @Rainer
      Nochmal auf die Anschläge zürückzukommen:
      Die Geheimdienste haben ja von den Anschlägen gewusst, nicht nur von den
      Abhöraktionen, sondern von einem Geheimdienst aus den Nachbarstadten von Afghanistan, der
      ja deutlichst gewarnt hat und die USA haben zugeschaut.
      TOLLE WELT!!! :mad:
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 15:18:59
      Beitrag Nr. 18 ()
      Die USA wussten auch bei Pearl Harbour vorher bescheid und haben nich gewarnt...warum? Weil sie in den Krieg eintreten wollten. Bezüglich Afghanistan und Kosovo habe ich noch einen interessanten Artikel, der sehr eindeutig darstellt, worum es eigentlich geht! Muss ich jedoch erst ausm Archiv kramen...

      Mfg MH
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 15:20:21
      Beitrag Nr. 19 ()
      Bevor hier wieder aller durcheinander gerührt wird und die wüstesten Verschwörungstheorien Platz greifen:

      @Börsenanalyst, das ist sooo schön einfach!
      Ich geb dir nur zwei Beispiele:

      ohne Krieg wäre das verbrecherische nazi-Regime bzw Nazi-Deutschland nie in die Knie gezwungen worden, die Aliierten hatten sich viel zu lange auf der Nase rumtanzen lassen.

      Wenn der Einmarsch von Saddam in Kuwait nicht auf die entsprechenden Reaktionen gestoßen wäre, hätte sich jeder andere Diktator ermutigt gefühlt, mal eben im Nachbarland einzumarschieren.


      Daß der ungeheurliche Anschlag aufs WTC "bestraft" werden muß, ist für mich klar, und wenn`s sein muß, mit einem Krieg.

      Und jetzt hört bitte mit diesem verschwörungs-Käse auf!

      Jagger
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 15:23:53
      Beitrag Nr. 20 ()
      @ Jagger:

      Wenn es keinen Krieg geben würde, dann hätten die Nazis diesen nie angefangen und Sadam wäre nirgends einmarschiert... ;o)

      Mfg MH
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 15:32:56
      Beitrag Nr. 21 ()
      @mh120480
      ?
      mfg.wangert;)
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 15:33:08
      Beitrag Nr. 22 ()
      @MH1980:

      zu #20: Dann ist es aber echt schade, dass Du damals noch nicht gelebt hast. Das hättest Du dann Hitler sagen können und wir alle hätten friedlich in der Lichterkette gestanden.

      Junge, werd erwachsen, aber schnell!

      Deine Aussagen zu Pearl Harbour geben eine Theorie wieder, keineswegs eine gesicherte Erkenntnis.

      Und zur Frage, wem es nützt: Wem nützen denn die Angriffe rechtsradikaler Idioten auf Ausländer? Vor allem den linken Parteien, also insbesondere der PDS, die dadurch auf die Gefahr des Faschismus in Deutschland aufmerksam machen kann und somit verstärkt Wähler an sich bindet. Nach Deiner kindlichen Logik müsste also eigentlich die PDS hinter diesen Angriffen stecken. Auch der Rest der Argumentation passt doch ganz gut: Die Braunen im Osten sind doch auch Kinder der SED/PDS, schließlich sind sie in der DDR-Diktatir aufgewachsen. Also ist die PDS auf jeden Fall für deren Aktionen verantwortlich.

      Merkst Du, wie schwach Deine Logik ist? Aber bleib gelassen, mit dem erwachsen werden kommt das schon noch.
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 15:35:58
      Beitrag Nr. 23 ()
      MH
      Selten ein saublöderen Scheiss hier gelesen!
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 15:39:43
      Beitrag Nr. 24 ()
      Krieg um Öl von Karatschi bis Triest

      Wie groß sind die kaspischen Gas- und Öllagerstätten? Geht es um mehr als um Transportinfrastruktur? Was haben deutsche Konzerne von den Kriegen?

      Für den NATO-Krieg gegen Jugoslawien warb Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping mit der Behauptung, Deutschland müsse humanitär intervenieren helfen. Der linkische Verteidigungsminister erzählte vorm Fernsehen frei Erfundenes über physikalisch unmögliche Gasexplosionen, erklärte Racak zum Ort eines Massakers, das nie stattgefunden hat, und wedelte vor der Kamera mit einem angeblich serbischen Hufeisen-Plan, der, böse Panne, einen kroatischen Titel trug. Wozu so viele Lügen, wozu Joseph Fischers Auschwitz-Verharmlosung während des Krieges, wozu überhaupt dieser Krieg und jetzt auch der gegen - ja, gegen wen eigentlich?


      Kosovo-Krieg

      Wer bei Jugoslawien nicht an eine humanitäre Intervention glauben mochte und nach handfesten Interessen suchte, wurde schnell belehrt: Im Kosovo gäbe es nichts zu holen.
      Einer wußte es besser: Dick Cheney, der heutige US-Vizepräsident, war vor seinem Amtsantritt Generaldirektor der Firma Halliburton Energy und ist immer noch ihr Teilhaber. Die britische Tochter von Halliburton heißt Brown & Root Ltd. Sie hat die Machbarkeitsstudie erstellt für eine Ölpipeline namens AMBO, mit deren Bau im Herbst 2001, also genau zu dem Zeitpunkt begonnen wurde, als die amerikanisch finanzierte UCK auch in Mazedonien die Waffen ruhen ließ. Investitionssumme, wie die FAZ vom 27. August 2001 schreibt: 1,13 Milliarden US-Dollar. Die Trasse führt vom Schwarzmeerhafen Burgas durch Bulgarien und Mazedonien, unweit der Grenze zum Kosovo bis Vlorë an der albanischen Adria. Mit ihrer Kapazität (750000 bbl/d) wird die Pipeline den laufenden Durst von 20 Millionen europäischen Autos stillen können. Über sie wacht die US-Festung Camp Bondsteel in der amerikanischen Besatzungszone des Kosovo - die größte Militärbasis außerhalb der USA seit dem Vietnamkrieg. Ausstattungs- und Versorgungsfirma von Camp Bondsteel: Dick Cheneys Halliburton.

      Bei AMBO geht es um mehr als eine Balkan-Pipeline für das Konsortium aus
      den Gruppen BP-Amoco-ARCO, Chevron und Texaco: Es geht um den transeuropäischen Korridor Nummer 8 mit Straßen, Tunnels, Brücken, Schienen, Hafen- und Wasserstraßenanschlüssen, Gas- und Glasfaserleitungen. Es geht um die infrastrukturelle Erschließung aller Profitmöglichkeiten auf dem Balkan.
      Der Schweizer Zeitschrift Zeit-Fragen zufolge sitzen deshalb die Konzerne Bechtel, Enron und General Electric mit im Boot. Die öffentliche Trade and Development Agency (TDA), der deutschen Hermes-Rückversicherung vergleichbar, hat das Projekt abgesichert. Die »Durchlauf«-Länder Bulgarien, Mazedonien und Albanien dagegen mußten staatliche Souveränitätsrechte an AMBO abgeben und sich zum Schweigen über die Pläne des Konsortiums verpflichten. Michel Chossudovsky, Ökonom an der Universität Ottawa meint:

      Mit AMBO sollte außerdem Total-FINA-Elf, der italienisch-französisch-belgische Konkurrent, ausgeschaltet werden.
      Der italienische Ölgigant ENI, unter anderem mit Libyen über eine Mittelmeerleitung gut im Geschäft, hat eine andere Balkanüberquerung für das Öl aus dem Osten im Auge: Vom rumänischen Schwarzmeerhafen Constanca durchs nördliche Jugoslawien zuerst nach Omisalj in Kroatien soll eine Leitung führen, später bis zum italienischen Triest mit Anschluß an das westeuropäische Pipelinenetz. Auch bei diesem, SEEL genannten, Projekt handelt es sich, wie Matthias George in den Schweizer Zeit-Fragen schreibt, um einen der Korridore des paneuropäischen Netzes. Mit der Gefangennahme Milosevics und der Regierungsübergabe an die jugoslawischen Weltbankangestellten in Belgrad ist auch von Jugoslawien nun alle Unterstützung für dieses westeuropäische Konzerngeschäft zu erwarten. Auf der internationalen Konfrenz »Adriatic pipeline - new perspectives for transport of Caspian oil to the European markets«, die im Juni 2000 im Rahmen des Inogate-Programms stattfand, sei genau diese Route als profitträchtigste ausgewählt worden. Die politischen Gründe gegen diese Pipeline seien mit dem NATO-Sieg entfallen, und Kroatien bestünde nicht mehr auf einer kostspieligen Umgehung Jugoslawiens via Ungarn. Allerdings hat die US-Airforce im jugoslawischen Abschnitt des SEEL-Korridors vier Brücken in die Donau gebombt - womöglich, um dem AMBO-Konsortium den Vorsprung vor der europäischen Konkurrenz zu sichern.


      Tschetschenien-Krieg

      Laut U.S. Trade and Development Agency vom Mai 2000 soll das Öl für AMBO aus Südrußland und Zentralasien kommen, von russischen und georgischen Häfen. Es muß also über den kaukasischen Isthmus zwischen dem Schwarzen und dem noch weiter östlichen Kaspischen Meer. Wie auf dem Balkan war auch hier immerfort Krieg: Georgien gegen die russisch unterstützten Separatisten in Abchasien; Armenien - um Nagorny-Karabach - mit Rußlands Hilfe gegen Aserbaidshan; und vor allem Tschetschenien, mit saudischer Unterstützung, gegen Rußland. Die nordkaukasische Leitung von Baku ans russische Schwarze Meer ist seit 1994 unterbrochen. Die Tschetschenen wollten mehr Wegezoll, als die Russen zahlen mochten.

      Nun gibt es eine Umgehung sowohl Tschetscheniens als auch Rußlands: eine - allerdings dünne - Ölleitung von Aserbaidshan nach Supsa an der georgischen Küste. Viel wichtiger: Im Bau ist eine gigantische Trasse von den riesigen Tengiz-Feldern in Kasachstan zum russischen Schwarzmeerhafen Noworossisk. Das Förderkonsortium ist zwar amerikanisch dominiert, die Leitungsgebühr aber kassieren russische Konzerne.

      Auch in der Erdgasbeförderung haben russische Konzerne - hauptsächlich Gasprom - immer noch die Nase vorn:

      1. über Belarus (Weißrußland) nach Polen und Deutschland. Das ist der Grund, weshalb die USA Michael Kozak als Botschafter nach Minsk geschickt haben. Er ist ein alter Nikaragua-Contra aus Bush Seniors Zeiten, agitiert gegen die belorussische Regierung und finanziert die Wahlkämpfe der prowestlichen Opposition. Doch Belarus und Rußland halten (noch) zusammen.

      2. von Noworossisk über den 2000 Meter tiefen Boden des Schwarzen Meeres nach Samsun in der Türkei. Konsortialführer: die italienische ENI. Im Konsortium sitzt die Ruhrgas AG. Die Meeresbodenleitung, in 2000 Meter
      Tiefe über Berg und Tal, ist im Bau.

      Wie können sich die US-amerikanischen Konzerne in dieser Lage den Profit sichern?

      Der Iran ist mit den USA verfeindet. Er böte sich als billigster Weg zum Meer an, nämlich zum Persischen Golf. Die zweitbeste Wahl für Öl: von Baku über Georgien durch das ehemals kurdisch beherrschte Ostanatolien nach Ceyhan am Mittelmeer. Zwar ist die kurdische Bevölkerung dezimiert worden. Sie könnte nicht mehr, wie die Tschetschenen in Rußland, »auf den Gartenschlauch treten«, also teilhaben am Reichtum über Leitungsrechte. Aber der Weg bis Ceyhan ist lang und die Rentabilität nur bei einem dauerhaft hohen Welt-Ölpreis gegeben. Das Baku-Ceyhan-Konsortium setzt sich freilich genauso zusammen wie das AMBO-Konsortium: US-amerikanisch.


      Afghanistan-Krieg

      Für Erdgas, zunächst einmal aus Turkmenistan, ferner auch aus Kasachstan, bietet sich die Strecke zum Indischen Ozean durch Afghanistan und Pakistan. Rußland wäre ausgebootet, ebenso der Iran. Aber auch hier besteht die gleiche Konstellation: Wer bekommt wieviel Wegezoll?

      1979 gelang es den US-amerikanisch finanzierten Mudschaheddin, die Sowjetunion zu einem Krieg zu provozieren. Nach großen Verlusten zogen die Sowjets zehn Jahre später ab, und die verbliebenen afghanischen Gruppen zerfleischten sich untereinander. Die Taliban wurden ins Land gebracht, von Saudi-Arabien, Pakistan und den USA finanziert. Sie schienen die Leitungs- und Transportsicherheit jedenfalls soweit gegen rivalisierende Gruppen garantieren zu können, daß der argentinische Konzern Bridas einerseits, die texanische Unocal und die saudische Delta andererseits eine transafghanische Erdgasleitung in Angriff nehmen wollten. Bridas wurde ausgestochen und unterlag bei einer Klage vor einem - texanischen - Gericht. Unocal und Delta handelten 180 Millionen Dollar jährlich mit den Taliban als Wegezoll aus. Die Taliban haben dann aber 1998 die US-Amerikaner, angeblich mit Attentaten, verprellt und wohl das Geschäft allein mit den Saudis machen wollen.
      Was genau passiert ist, liegt noch im dunkeln. Im August 1998 jedenfalls zog sich Unocal aus den Afghanistan-Plänen zurück, einen Tag, nachdem die USA Stützpunkte der Taliban in Afghanistan bombardiert hatten. Die italienische Zeitung Il Manifesto meint: Die Taliban wollten eine Konkurrenzfront zu den Amerikanern aufbauen. Jedenfalls wurde erst einmal nichts aus der Pipeline. Dafür setzen die Amerikaner jetzt offenbar auf die Nordallianz.

      Doch stellen sich mindestens drei Fragen: Um wieviel Öl und Gas geht es überhaupt? Geht es nur um Transportinfrastruktur? Was haben die deutschen Konzerne damit zu tun?


      Die kaspischen Lagerstätten

      Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, Hannover, schätzte das Gesamtpotential des Kaspischen Raumes (ohne Iran) 1998 für Erdöl auf gut 18 Milliarden Tonnen, für Erdgas auf zirka 24 Billionen Kubikmeter. »Damit ist es etwa doppelt so groß wie das Potential der Nordsee, steht aber deutlich hinter dem Nahen Osten (137 Milliarden Tonnen Erdöl, bzw. 78 Billionen Kubikmeter Erdgas) ... zurück.« Da eine Milliarde Tonnen Erdöl etwa den gleichen Brennwert hat wie eine Billion Kubikmeter Erdgas, bedeuten die kaspischen Öl- und Gasvorkommen: noch mal ein Fünftel auf den Nahen Osten drauf.

      Transportinfrastruktur heißt ökonomisch sehr viel: Man denke an die Erschließung des amerikanischen Kontinents durch die Eisenbahn - Rockefeller baute sein Imperium auf dem Öltransportmonopol per Eisenbahn auf, nicht auf dem Öl. In diesem Sinne konnte ausgerechnet Clintons Energieminister, Bill Richardson, die jetzt begonnene Eroberung des kaspischen Raumes quasi ankündigen: »Es geht um Amerikas sichere Energieversorgung. Und auch darum, strategische Querschläge durch die zu verhindern, die unsere Werte nicht teilen. Wir versuchen, die neuerdings unabhängigen Länder nach Westen zu bewegen. Wir möchten, daß sie sich auf westliche wirtschaftliche und politische Interessen ausrichten, statt andere Wege zu gehen. Wir haben politisch erheblich in die kaspische Region investiert, und für uns ist es sehr wichtig, daß die Pipelinekarte und die Politik zusammenpassen.« (Monbiot: A discreet deal in the pipeline. Guardian, 15.02.2001)

      Die lebendige Internetseite www.emperors-clothes.com (www.tenc.net, auch deutsch) geht weiter. Ihr zufolge versuchen die Vereinigten Staaten nach der gelungenen Auflösung der Sowjetunion nun das russische Umfeld zu destabilisieren und letztlich Rußland zu zerlegen. Dorthin mag die Hoheit über die Rohstofftransportwege, über die Rußland die Hälfte seines Staatshaushalts finanziert, ein wichtiger Schritt sein.

      Deutschlands industrielles Schwergewicht liegt auf Maschinenbau, Chemie, Straßenfahrzeugbau, Elektroindustrie. Alles, alles davon wird gebraucht für die geplanten Verkehrskorridore, Rohstoffextraktionen, zivilen und militärischen Sicherungsanlagen. Der einzige Kriegsgrund dürften Gas, Öl und Straßen für unsere regierungsamtlichen Exekutoren des Konzernwillens dennoch nicht sein. Es geht auch um die - nun erneute - Teilnahme Deutschlands an einer imperialistischen Schlacht. Das muß auch erst einmal sacken in Volkes Kopf.

      Quelle: www.jungewelt.de



      Mfg MH
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 15:46:01
      Beitrag Nr. 25 ()
      Zum glück erkennen einige die Komplexität der Sache nicht und somit bleibt den Medien dann doch noch eine Basis für ihre Propaganda... ;o)

      Erwiesenermassen mussten Redakteure des Springerverlages Verträge unterzeichnen, in denen sie zusicherten, nur eine Pro-Nato-Berichterstattung zu tätigen.

      Interessanterweise beschränken sich meine Kritiker wiedereinmal darauf, über mein Alter meine Aussagen unglaubwürdig erscheinen zu lassen. Vergessen wird dabei, dass ich nirgens gesagt habe, dass ich jene Verschwörungstheorien unterstütze sondern sagte nur das sie durchaus in Erwägung zu ziehen sind. So what?

      Als guter Bürger kann ich mich natürlich auch zurücklehnen, Bildzeitung lesen und muss und darf mir dann keine Gedanken machen... ;o)

      Mfg MH
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 15:48:57
      Beitrag Nr. 26 ()
      Zur Info:
      Junge Welt, Offical Paper of the East German Socialist Youth
      Organization FDJ (Freie Deutsche Jugend).
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 16:00:12
      Beitrag Nr. 27 ()
      ist mir egal, wer ihn geschrieben hat. ich denke, in dem artikel steckt sehr viel wahrheit!!!
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 16:07:14
      Beitrag Nr. 28 ()
      @ MH120480:
      Könntest Du den letzten Satz bitte in ein verständliches Deutsch übersetzen? Ist das die Kurzfassung eines Zitats? Ich verstehe die Aussage nicht...
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 16:10:21
      Beitrag Nr. 29 ()
      pure ironie meinerseits und eher antwort auf die polemisierung einiger hier...

      mfg mh
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 16:12:18
      Beitrag Nr. 30 ()
      Ach so. O.K.
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 16:32:36
      Beitrag Nr. 31 ()
      Rainer hat die Wahrheit `mal wieder für sich allein gepachtet:laugh:


      B.:laugh:
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 16:34:25
      Beitrag Nr. 32 ()


      Wenn man davon ausgeht, daß es sich bei MH120480 um einen wegen Pädophilie vorbestraften Anlagebetrüger handelt, dann kann man auch zu der Erkenntnis gelangen, daß er mit diesen Äußerungen vermutlich nur von einem laufenden Verfahren ablenken will und der W.O Community unseriöse Finanzanlagen anbieten möchte :mad:.

      mfg loewe

      PS: Bezog sich auf Posting #16 ;)
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 16:39:53
      Beitrag Nr. 33 ()
      #32 - gut gekontert !
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 16:40:58
      Beitrag Nr. 34 ()
      Wenn das so wäre, könnte man dies sicher vermuten wollen! ;o) Doch glücklicherweise ist es nicht so, weswegen die Überlegung als solche hinfällig erscheint... ;o)

      Aber es ist nunmal so, dass man es auch lesen sollte wie es dasteht und nich so wie man es gerne hätte und ich denke die Kernaussage hast du durchaus verstanden Loewenzahn.


      Mfg MH
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 17:29:30
      Beitrag Nr. 35 ()
      Mal ne Frage zu #24, vorletzter Satz.
      Wann hat Deutschland eigentlich das letzte Mal an einer "imperialistischen Schlacht" teilgenommen?
      War das nicht 1968?
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 22:32:28
      Beitrag Nr. 36 ()
      @mh

      du bist keine 10 mehr

      wird es nicht Zeit das alte FDJ-Kampfblatt abzubestellen

      oder wenigstens die Artikel kritisch zu hinterfragen

      wem nützt es?

      http://morgenpost.berlin1.de/archiv2001/010430/politik/story…
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 22:51:46
      Beitrag Nr. 37 ()
      MH, geh mal nach afghanistan und bringe dort den frieden.
      die ganze welt wird dir dankbar sein, wenn du diese jungs
      darum bietest, sie sollen keine anschlaege mehr verueben.
      wenn du so ueberzeugend wie hier argumentierst, werden sie
      sich sicherlich besinnen.

      ueberzeug sie, dass sie oefter die seite www.jungewelt.de besuchen.
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 22:53:34
      Beitrag Nr. 38 ()
      Ich hab ja nur drauf gewartet dass dieser Einwand kommt *lmao*. Und ich kann dir somit nun sagen das ich CDU Mitglied bin. ;o) Drüber bitte keine Diskussion, denn das ist Geschmackssache...

      Aber natürlich sollte man Artikel kritisch hinterfragen und les sie dir doch richtig durch, sie hinterfragen kritisch die Welt, welche uns dargestellt wird. D.h. ja nicht das sie völlig richtig sind, doch ein Anhaltspunkt, wie es denn nun wirklich aussieht, sind sie allemal und wer bedingungslos alles glaubt, dem ist eh nicht zu helfen... ;o)

      In der Mitte liegt bekanntlich die Wahrheit...aber deswegen muss man die FDP nicht umbedingt mögen... ;o)

      Übrigens online ist besagtes FDJ Kampfblatt kostenlos, warum also sollte ich es bestellen...!? ;o)

      Mfg MH
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 23:08:23
      Beitrag Nr. 39 ()
      Ach gurine...das Problem als solches liegt nicht in Afghanistan, dass ist wohl nur der Aufhänger...oder meinste, das die Afghanen es sind, welche die Anschläge verübt haben?

      Mitnichten, es sind bin Ladens Leute, wenn ich den USA glauben schenke und es spricht wohl vieles dafür, auch wenn ich trotzdem gerne Beweise sehen würde. Und mit verlaub, unser Rechtsstaat lehrt mich doch, dass jemand Unschuldig ist, bis ihm das gegenteil bewiesen wurde. Dementsprechend muss bin Laden im Sinne unseres Rechtsstaates unschuldig sein, denn der Bevölkerung wurden bisher keine Beweise vorgelegt.

      Warum also wird ein bereits zerstörtes Land niedergebombt, dessen Bürger höchstens im Sinne des Schweigens schuldig sind? Die grössten Verluste gibt es wohl unter der Bevölkerung..das streiten nicht einmal unsere Medien ab. Worin also liegt bitte der Sinn?

      Bauernopfer nennt man das wohl...doch ich sehe es als Mord an! Und jener Mord, in Kombination mit dem ausserkraftsetzen der Gerichtsbarkeit in den USA, wird zu einer Geschichte, die nicht mehr vertretbar ist. Und dementsprechend kann ich Herrn Bush nur nahelegen, dass er sich doch bitte mit seinen eigenen Maßstäben richten solle... ;o)

      Der Spiegel, welcher hier auch mit einem Artikel in diesem Thread vertreten ist, findet ähnlich kritische Worte wie die Junge Welt. Ist dies nun auch ein FDJ Kampfblatt?

      Ich finde die Begründungen, gegen diese Hinterfragung einfach zu banal, denn sie verurteilen die Artikel aufgrund einer Weltanschauung, welcher nicht der allgemeinen entspricht...

      Im übrigen, gerne werde ich das geforderte tun. Ein Termin bei bin Laden und Bush sowie einen Dolmetscher und etwas Einsichtsvermögen von beiden Seiten und es könnte sogar klappen. An letzterem scheitert es wohl...

      Mfg MH
      Avatar
      schrieb am 15.11.01 23:53:46
      Beitrag Nr. 40 ()

      MH,

      bin der meinung, dass bin laden es nicht verdient hat,
      im sinne unseres rechtsstaates behandelt oder beurteilt
      zu werden, ausser es sei, er wird ausgeliefert oder er stellt sich ( :) )
      dasselbe gilt fuer einen terroristenpack, mit denen man
      keinesfalls reden darf, sonst jagen sie verhandlungstisch
      in die luft.

      du hast recht, dass - wie in jedem krieg - am meisten die
      zivilbevoelkerung leidet. ich gebe freiwillig zu, dass ich einen toten
      bauer, der sich auch nur durchs schweigen oder bloedheit oder
      mitlaufen schuldig gemacht hat
      eher verkraften kann, als einen toten
      unschuldigen. ich meine, dass wir jetzt eine genau solche
      alternative haben.

      nichts fuer ungut; die meinungen sind diferenziert und es ist gut so.
      ich wollte eigentlich im vorherigen beitrag nicht ironisch werden.
      es freut mich, dass du es mir nicht uebel nimmst.
      Avatar
      schrieb am 16.11.01 01:01:20
      Beitrag Nr. 41 ()
      lol ich werd in letzter zeit selbst zu zynisch und ironisch als das ich das jemanden übel nehmen könnte. ich denke auf dauer kann man das thema anders nicht verkraften, weil egal welche richtung man einschlägt, eine "gute" lösung wirds wohl nicht geben. das liegt wohl auch daran, dass keiner nachgeben wird, sprich die hoffnung auf eine friedliche einigung, reine illusion wäre. trotzdem kann man sie befürworten...

      die frage die ich mir noch stelle ist:

      sind wir nicht auch schuldig im sinne des schweigens?

      Wenn ich diese mit nein beantworten kann, und das ist wohl momentan unmöglich, erst dann kann ich auch diese "bauernopfer" aktzeptieren. und bedenke eins, wenn wir auch in den krieg ziehen, wird es auch deutsche bauernopfer geben, denn mehr sind soldaten nie gewesen...

      sobald deutschland in diesen krieg eintritt, wird es fast zwangsläufig auch hier zu terroranschlägen kommen, doch krieg führen tun wir nur zweitrangig für uns.

      am freitag vor den terroranschlägen führte ich eine diskussion in diesem board, wobei wir auf den trichter kamen, dass es einen krieg geben wird, aufgrund der wirtschaftlichen lage.

      das er so schnell kam, verwunderte mich dann schon, doch historisch gesehen kam es so wie es kommen musste. und gerade weil es halt immer das selbe spiel ist, unterstütze ich eher die theorien, welche nicht umbedingt von den usa gerne gesehen werden...

      mfg mh
      Avatar
      schrieb am 16.11.01 21:26:37
      Beitrag Nr. 42 ()
      Günter Gaus

      Der Terror der Hysterie

      THE NEW WAR Jede Stimme gegen den jetzt geführten Krieg ist eine Stimme für die Rückkehr zur Vernunft

      In den vergangenen siebzig Jahren ist ein Weltbürgertum von Bombardierten
      entstanden. Mit dem 11. September 2001 sind die US-Amerikaner in diesen
      Kreis von terrorisierten Menschen eingetreten. Sie sind als Nachzügler
      gekommen. Bis dahin haben sie in ihrer Politik, offen wie verdeckt, bei
      Bedarf auch gegen das Recht, mehr Terror ausgeübt als erfahren. Wieso
      schmälert diese Wahrheit das Bewusstsein des Großzügigen,
      Partnerschaftlichen, das der amerikanischen Politik oft innewohnt - aber ihr
      nicht von Gottes Gnaden eingeboren ist? Wohin sind wir gekommen, dass aus
      einer solchen Feststellung auf Mangel an Mitgefühl für die Opfer des
      grausamen Terroranschlags vom 11. September geschlossen wird - oder
      jedenfalls ein solcher Schluss wider besseres Wissen politisch missbraucht
      werden kann?

      Jede politische Partnerschaft mit den USA besteht dauerhaft nur auf der
      Basis nüchterner Einsicht. Und gelegentlich wird sie nicht einmal darauf
      gestützt reibungslos funktionieren, denn es gibt auch keine eingeborene,
      vollständige Interessengleichheit zwischen den USA und Europa. Genau
      betrachtet, war vermutlich Charles de Gaulle ein besserer Amerikaner - im
      Sinne von Selbstbewusstsein, und sei es europäisch - als Gerhard Schröder.

      Die Medien wie die Politiker standen nach dem 11. September unter dem
      Eindruck oder wollten ihn vermitteln, bei dem Terroranschlag habe es sich um
      eine einmalige, erstmalige Tragödie gehandelt. Auf welcher Welt leben diese
      ahnungslosen jungen Reporter und gedankenlosen oder eingeschüchterten
      Politiker, die die Einmaligkeit einer Tragödie bezeugen wollten, der schon
      so viele im Wesenskern gleich geartete Tragödien vorangegangen waren und der
      so viele folgen werden? Erstmalig jetzt in den USA. Aber einmalig in der
      Weltgeschichte? Was war, zum Beispiel, in Nagasaki?

      Das Ereignis vom 11. September 2001 mag insoweit einmalig bleiben, als dass
      niemals wieder zwei vierhundert Meter hohe Türme zum isolierten Ziel von
      Kamikaze-Piloten in einer Millionenstadt und damit zum Schauplatz des
      Weltfernsehens live für jene Menschen auf dem Erdball werden, die sich ein
      Fernsehgerät leisten können. Das ist wahrscheinlich ein einmaliges Drama
      gewesen. Eine einmalige Tragödie war es nicht - wenn man auf die Opfer sieht
      und nicht auf die brutale Kränkung einer Weltmacht unter Missachtung der
      herkömmlichen, aber faktisch längst überholten Kriegsförmlichkeiten. Die
      Verletzung des eigenen Territoriums hat die USA veranlasst, einen globalen
      Krieg zu erklären. Die eigene Psyche musste geheilt werden. Auf die
      Zerstörung des Eiffelturms, beispielsweise, hätte Washington vernünftiger,
      rationaler, angemessener reagiert: mit einer bedingten Solidarität zweiter
      Klasse.

      Meine Generation ist an vielen Orten Europas Teilhaber von Tragödien
      einstürzender Häuser gewesen. Wozu gehörten: verschüttete Männer, Frauen und
      Kinder - ganz überwiegend unschuldige Zivilisten; zerfetzte Menschen,
      brennende Menschen, irrsinnig gewordene Menschen, beißender Rauch und
      Feuersbrünste, von deren Glut man nicht glauben konnte, dass sie noch einmal
      gelöscht werden würde. Wir waren Teilhaber an schierem Entsetzen. Und im
      Laufe der Jahre wurden wir Zeitzeugen von niemals endenden Wiederholungen
      der Tragödien solcher Art anderwärts auf der Welt: in Hanoi beispielsweise
      statt in Coventry, Warschau oder meiner Heimatstadt; um von ganzen
      Landstrichen in Vietnam, Kambodscha, Laos nicht zu reden.

      Werden die Überlebenden von Manhattan nun die Gewissheit von unseresgleichen
      teilen, dass es keinen sicheren Ort, nirgendwo auf Erden, gibt? Sind sie uns
      gebrannten Kindern jetzt ähnlicher geworden? Oder werden sie in absehbarer
      Zeit zur Selbstvertrauensseligkeit und Naivität des Lebensgefühls in einem
      US-Fort, das arrogant sein kann, zurückfinden?

      Aus meinem Tagebuch vom 23. September: Ich befürchte, dass die
      Krebserkrankungen, die bekanntlich auch ihre psychosomatischen Ursachen
      haben, demnächst signifikant zunehmen werden. Telefonate mit Freunden in den
      vergangenen Tagen erweisen übereinstimmend, dass die Freunde, Männer wie
      Frauen, sich schier vernichtet fühlen von der krank machenden Einsicht,
      derzeit außerhalb ihres vertrauten Kreises keinerlei
      Verständigungsmöglichkeit mehr zu haben. Sie empfinden sich als isoliert in
      der übergroßen Mehrheit der Mitmenschen, die sich vorläufig dem
      hemmungslosen Glauben an die zweckdienlichen Behauptungen ihrer Führer und
      der journalistisch-agitatorischen Ritualisierung des Erschüttertseins -
      Schweigeminuten et cetera - überantwortet hat. Dabei gibt es erste
      Anzeichen, dass die Menge alsbald wieder zu ihrer Tagesordnung übergehen
      wird - was ihr gutes Recht ist. Aber ist es nicht gerade diese Mischung aus
      schnell zu erzeugender Blindgläubigkeit, emotionalem Strohfeuer und im
      Grunde Unberührtbleiben, die die Menschen zu einem höchst geeigneten
      Manipulationsobjekt macht? Ende der Tagebucheintragung.

      Es ist nicht so schlimm gekommen, wie ich zunächst geargwöhnt habe. Viele
      Menschen hierzulande erweisen sich als skeptisch gegenüber dem Nutzen der
      Kriegführung der US-Amerikaner und ihrer Allianz zur Überwindung des
      Terrorismus. Aber wird solche Skepsis und Vernunft auf Dauer genügen - und
      Ausdauer wird nötig sein -, um uns zu wappnen gegen den Alptraum der
      eilfertigen, redselig nichtssagenden Allgegenwärtigkeit unserer
      elektronischen Medien? Gegen die Ahnung vom Ausgeliefertsein unserer
      technischen Zivilisation an auch nur einen Kurzschluss, der mit einem
      Terroranschlag verwechselt wird? Gegen unsere Hysterie angesichts von
      Normalität - beispielsweise Flugzeugabstürzen -, wenn die Normalität
      bedrohlich wirkt? Natürlich müsste man das Fernsehen jetzt für ein Jahr
      verbieten oder doch nur stumm laufen lassen. Die Bilder sind das schlimmste
      Übel nicht. Aber ist es uns noch erlaubt, Richtiges zu sagen, ohne es als
      einen Scherz auszugeben?

      Zunächst hatte ich hier die Beweggründe untersuchen und abwägen wollen, die
      einige Abgeordnete von SPD und Grünen im Bundestag haben, um gegen Schröders
      und Fischers kriegerischen Solidaritätsbeitrag zu stimmen. Aber dann stürzte
      am Montag Nachmittag, am 12. November, ein Verkehrsflugzeug über dem New
      Yorker Stadtviertel Queens ab. Fast eine halbe Stunde konnte ich vor dem
      Fernsehschirm Augen- und Ohrenzeuge der lustgeschüttelten Erwartung sein,
      dass wieder der Terror am Werk war. Danach blieb mir nichts mehr abzuwägen,
      sondern nur noch die Gewissheit: Jede Stimme im Bundestag gegen den jetzt
      geführten Krieg ist eine Stimme gegen die lebensbedrohende Hysterie.

      Quelle: freitag.de


      Mfg MH
      Avatar
      schrieb am 19.11.01 20:27:23
      Beitrag Nr. 43 ()
      WDR Kuturspiegel:

      Die verbotene Wahrheit über Osama bin Laden: Wie
      Geheimdienstexperten gefloppte Tauschgeschäfte der Amis mit den
      Taliban aufdecken

      Autorin: Claudia Kuhland

      Lange vor den Terroranschlägen auf New York und Washington haben
      die USA konkrete Pläne für die politische Zukunft Afghanistans
      geschmiedet. Monatelang haben sie mit den Taliban verhandelt und
      schon vor dem 11. September mit militärischem Druck gedroht. Das
      jedenfalls haben die beiden Geheimdienstexperten Jean-Charles
      Brisard und Guillaume Dasquié herausgefunden und in ihrem am
      vergangenen Mittwoch in Frankreich erschienenen Bericht "Ben
      Laden: La Verité interdite" ("Bin Laden: Verbotene Wahrheit")
      publik gemacht. Allein in den ersten beiden Verkaufstagen ging
      das Buch 30.000 Mal über den Ladentisch.

      Das Buch

      Die beiden Autoren führen aus, dass bereits die Regierung
      Clinton nach den Anschlägen gegen die US-Botschaften in Kenia
      und Tansania 1998 von den Taliban die Auslieferung des
      Hauptverdächtigen Osama bin Laden gefordert und im Gegenzug die
      Anerkennung des Regimes angeboten habe. Hauptziel sei aber nicht
      die Ausrottung des Terrorismus gewesen, sondern die
      Stabilisierung der politischen Situation in Afghanistan, um
      endlich den lange geplanten Bau einer Ölpipeline zwischen
      Zentralasien und den Weltmeeren realisieren zu können.
      Nachdem die Verhandlungen im Sande verlaufen waren, habe George
      W. Bush sie nach seinem Amtsantritt im Februar 2001 unter dem
      Einfluss der Öllobby erneut aufgenommen. Jean-Charles Brisard
      erklärt die Strategie: "Im Grunde sagen die Amerikaner den
      Taliban: Wir schätzen und brauchen euch, weil ihr Sunniten seid
      und Saudi-Arabien euch unterstützt. Aber da ihr international
      geächtet seid, solltet ihr bin Laden ausliefern und etwas von
      eurer Macht abgeben. Der afghanische König im Exil Sair Schah
      könnte das Land führen." Tatsächlich seien bereits im Frühjahr
      2001 Gespräche mit dem König aufgenommen worden. Der Plan war,
      unter internationaler Aufsicht ein gemeinsames Regime aller
      Stämme zu etablieren - ein Szenario, das also nicht erst infolge
      der Terroranschlägen entworfen wurde.

      Laut Brisard und Dasquié kam es bis zum Sommer 2001 zu einer
      Reihe von Verhandlungen mit den Taliban, an denen auch Vertreter
      der Vereinten Nationen und der Nordallianz teilgenommen haben.
      Höhepunkt sei ein Treffen im August 2001 in Berlin gewesen. Doch
      je klarer sich abzeichnete, dass die Taliban weder einer
      Beschränkung ihrer Macht zustimmen noch bin Laden ausliefern
      würden, desto stärker wurde der Druck, mit dem die Amerikaner
      sie zum Einlenken bewegen wollten. Schließlich hätten die USA
      mit militärischem Aktionen gedroht. "Wenn die Taliban bin Laden
      ausliefern und sich mit der Nordallianz einigen, legen wir ihnen
      einen goldenen Teppich aus. Wenn nicht, ist ein Bombenteppich
      die Alternative", zitieren die beiden Autoren einen
      US-Diplomaten. Diese Taktik habe dazu geführt, dass sich die
      Taliban in die Enge getrieben fühlten - mit dem Ergebnis, dass
      sie ihre Position radikal verhärteten. Bis zum letzten Moment
      hätten die Amerikaner die Machtposition Osama bin Ladens und
      seine Bedeutung für den Talibanführer Mohammed Omar
      unterschätzt.

      Besonders brisant ist Brisards und Dasquiés Vorwurf, dass die
      amerikanische Regierung die Ermittlungsarbeit des FBI massiv
      behindert habe. Dabei beruft sich Jean-Charles Brisard auf den
      ehemaligen Chef der Antiterrorabteilung des New Yorker
      FBI-Büros, John O`Neill, der über Jahre die Untersuchungen gegen
      die Terrororganisation Al Quaida geleitet hat. Bei zwei Treffen
      im Juni und im Juli 2001 habe John O`Neill ihm mitgeteilt, dass
      nach seinen Erkenntnissen das "Zentrum des Übels" in
      Saudi-Arabien liege. Das saudische Königshaus spiele eine
      verbrecherische Doppelrolle: als Unterstützer von Al Quaida und
      als Partner der USA im Kampf gegen den internationalen
      Terrorismus. Trotz der erdrückenden Beweise für die engen
      Verbindungen zwischen der königlichen Familie und Al Quaida habe
      Amerika die guten Beziehungen zu Saudi-Arabien nicht gefährden
      wollen, weil es ihm Dank für seine "Treue" und die Öllieferungen
      schulde. O`Neill habe schließlich den Eindruck gehabt, dass
      seine Ermittlungen gegen bin Laden von oberster Stelle
      boykottiert worden seien. Jean-Charles Brisard: "O`Neill sagte
      mir, er sei völlig frustriert. Ihm schien die Führung des FBI
      zunehmend dem starken politischen Druck nachzugeben. Der
      Einfluss der Diplomatie untergrabe seine Arbeit. Es wurde für
      ihn einfach unerträglich. Er war entschlossen, das FBI zu
      verlassen und in die Privatwirtschaft zu gehen."

      Im August 2001 kündigte John O`Neill und trat einen neuen Job an
      - als Chef des Sicherheitsdienstes im New Yorker World Trade
      Center. Dort wurde er bei dem Anschlag vom 11. September
      getötet.

      Die Autoren
      Der Wirtschaftsexperte Jean-Charles Brisard (33) verfasste 1997
      im Auftrag des französischen Geheimdienstes DST einen Bericht
      über die geheimen Finanzquellen von Al Quaida, den Präsident
      Chirac bei seinem Besuch in Washington Ende September dem
      amerikanischen Präsidenten George W. Bush übergab. Guillaume
      Dasquié (35) ist Chefredakteur des Fachdienstes "Intelligence
      Online", in dem wiederholt unter Berufung auf Geheimdienstkreise
      über bin Laden berichtet wurde - zum ersten Mal 1996.

      Buchtipp
      Jean-Charles Brisard et Guillaume Dasquié: "Ben Laden: La Verité
      interdite."
      Editions Denoël, 20 EUR
      Avatar
      schrieb am 05.12.01 16:12:47
      Beitrag Nr. 44 ()
      Im Rahmen der Allianz gegen den Terror akzeptiert Bush Moskaus Vorherrschaft
      in Zentralasien - Chancen für geplante Route Baku-Ceyhan sinken gegen Null


      USA geben Russland im Pipeline-Poker am Kaspischen Meer freie Hand


      Angeblich kämpfen die USA in Afghanistan auch für eigene Ölinteressen. Doch
      spielt der Krieg ausgerechnet Russland im Poker um die Energie- Reserven im
      Kaspischen Meer neue Trümpfe in die Hand.


      GEORG WATZLAWEK
      HANDELSBLATT, 4.12.2001

      DÜSSELDORF. Still und leise haben die USA ihre Energiepolitik in Mittelasien
      auf den Kopf gestellt. Nachdem die Clinton-Regierung mit allen Mitteln
      versucht hatte, Moskaus Einfluss bei der Erschließung der Energievorräte am
      Kaspischen Meer zurückzudrängen streckt nun die Bush-Mannschaft die Waffen.
      "Diese Pipeline stärkt die internationale Energiesicherheit", sagte
      US-Energieminister Spencer Abraham kürzlich ausgerechnet bei der Einweihung
      der Ölleitung des Caspian Pipeline Consortium (CPC) vom Ölfeld Tengis
      (Kasachstan) in den russischen Schwarzmeerhafen Noworossijsk.

      Die neue Politik Washingtons bedeutet das wahrscheinliche Aus für das
      konkurrierende, von den USA bislang massiv protegierte Pipeline-Projekt von
      Baku (Aserbaidschan) über Georgien bis in den türkischen Schwarzmeerhafen
      Ceyhan. Das trifft zwar auf wütenden Protest der bisher engsten
      US-Verbündeten in der Region, die Türkei und Aserbaidschan. Doch müssen
      deren Interessen hinter der neuen Partnerschaft von US-Präsident George W.
      Bush und seinem russischen Gegenpart Wladimir Putin zurückstehen.

      Damit beendet der Ex-Ölmanager Bush die Großmachtpolitik seines Vorgängers
      Bill Clinton in Mittelasien, der eine Vielzahl von strategischen Interessen
      in der Region über jede wirtschaftliche Vernunft gestellt hatte. Dabei geht
      es immer um die Frage, wer die Exportrouten der neuen Öl- und Gasfelder der
      kaspischen Region festlegt und damit über die Verteilung der massiven
      Einkünfte aus Förderung und Transit der Energiereichtümer bestimmt.

      Ökonomisch geboten wäre die Exportroute durch den Iran an die Ölterminals im
      Persischen Golf. Doch war - und bleibt - oberstes Ziel der USA, Teheran aus
      dem Geschäft herauszuhalten. Zugleich wollte die Clinton-Administration
      Moskaus Vorherrschaft in der Region begrenzen und dafür die Partner in
      Ankara und Baku aufwerten.

      Die kostspielige Pipeline in die Türkei hätte sich aber nur rentiert, wenn
      sie einen Großteil der gesamten Fördermenge der Region aufgenommen hätte.
      Dazu war unter anderem eine Zulieferröhre von Turkmenistan unter dem
      Kaspischen Meer hindurch nach Baku geplant. Doch mit dem Segen Washingtons
      für die Inbetriebnahme der CPC-Pipeline sind diese Pläne nun obsolet.

      Dafür bahnt sich eine breite Kooperation der USA und Russlands an. Hier hat
      das CPC-Konsortium Modellcharakter: Zwar halten Russland und Kasachstan die
      größten Anteile, doch wird das 2,65 Mrd. $ große Projekt vom US-Konzern
      Chevron Texaco geführt, der 15 % hält. Die auf eine Tagesleistung von 600
      000 Barrel ausgelegte Pipeline markiere nicht nur die intensivierte
      Partnerschaft Russlands und der USA, sondern belege das Vertrauen
      internationaler Konzerne, in Russland und Kasachstan zu investieren, sagte
      Chevron Texaco-Chef Dave O`Reilly in Noworossijsk.

      Der Sinneswandel der USA kam aber erst durch die grundlegende Veränderung
      der geostrategischen Koordinaten im Zuge der Anti-Terror-Kampagne in Gang.
      Russlands Präsident hatte sich sofort nach dem 11. September eindeutig auf
      die Seite Amerikas gestellte und eine militärische Präsenz Washingtons im
      eigenen Einflussbereich ermöglicht.

      Zudem bot Putin an, mögliche Öl-Lieferausfälle aus der islamischen Welt auf
      dem Weltmarkt auszugleichen. Damit wurde Russland, immerhin nach
      Saudi-Arabien zweitgrößter Energieexporteur der Welt, wichtigster Partner
      der energiehungrigen Amerikaner - nicht nur, wenn es darum geht, die Pläne
      der Opec zu durchkreuzen.

      Da Putin zudem erkannte hat, bei Projekten im eigenen Land wie im russischen
      Hinterhof auf Investitionen der US-Konzerne angewiesen zu sein, gibt es für
      die alte Rivalität in der Region keine Basis mehr. Substanzlos sind auch
      Vermutungen, Washington wolle in Kabul ein genehmes Regime sicherstellen, um
      die Basis für Exportpipelines durch Afghanistan zu legen.

      Zwar hatte der US-Konzern Unocal 1997 einen Vertrag mit Turkmenistan und
      Pakistan geschlossen, eine Gaspipeline durch Afghanistan in Richtung Indien
      zu bauen. Nicht zuletzt war das ein Grund Washingtons, in den Anfangsjahren
      des Taliban-Regimes den Kontakt zu Kabul zu suchen. Doch als Terrorchef
      Osama bin Laden unter die Obhut der Taliban floh, brachen diese Pläne
      zusammen. Heute dementiert Unocal jedes Interesse an dem Projekt. Für die
      Energieversorgung der USA hat es ohnehin keine Bedeutung.

      Hinzu kommt, dass die neuen Herren in Kabul, die Nordallianz, zwar mit
      Militärhilfe der USA an die Macht kamen, zu Russland aber weit engere
      Beziehungen unterhalten. Ironischerweise sind es auch in dieser Beziehung
      die Amerikaner, die Russlands Renaissance als Vormacht Zentralasiens
      befördern.


      HANDELSBLATT, Dienstag, 04. Dezember 2001, 06:01 Uhr
      Avatar
      schrieb am 05.12.01 17:25:35
      Beitrag Nr. 45 ()
      @MH

      #44 ehrt Dich (ernst gemeint).
      Avatar
      schrieb am 05.12.01 19:13:57
      Beitrag Nr. 46 ()
      Au ja , das finde ich auch klasse. Wir haben uns in Zukunft alle lieb und wenn uns jemand angreift halten wir auch die andere Wange hin. Denn Gewalt ist doof.
      Wir können ja schon mal aus der Nato austreten und als Vorbild gelten :laugh:.
      Avatar
      schrieb am 14.12.01 20:29:41
      Beitrag Nr. 47 ()
      AFGHANISTAN

      Die Jagd auf die Pipeline-Milliarden

      Von Matthias Streitz

      Nach der Niederlage der Taliban werden Pläne für den Bau einer Erdgas-Pipeline durch Afghanistan wieder aktuell. In Boom-Märkten wie Pakistan und Indien wartet eine gigantische Nachfrage auf den Rohstoff. Experten glauben, dass US-Konzerne schon an neuen Bauprojekten feilen.

      Aschgabad/Kabul - Für die Verschwörungstheoretiker ist die Sache klar, seit die ersten US-Bomber über Afghanistan hinwegdonnerten: Der wahre Kriegsgrund ist nicht die Jagd auf Terroristen, sondern auf Rohstoffe.
      Im Golfkrieg sei es die Kontrolle strategischer Ölreserven gewesen, auf die es die USA abgesehen hatten - nun gehe es um riesige Erdgas-Felder nördlich der afghanischen Grenze. Energie-Konzerne hätten sich die Bush-Regierung nicht ohne Grund mit Wahlkampfspenden gefügig gemacht.

      "Genau durchgerechnet, dass es sich lohnt"

      Kriegskritiker wie die indische Autorin Arundathi Roy betonen gern, dass sich in den neunziger Jahren schon einmal ein Konsortium namens CentGas um den kalifornischen Energiekonzern Unocal geschart hatte. Sein Ziel: der Bau einer gigantischen Gasleitung von Turkmenistan an die pakistanische Küste. Das Transit-Land: Afghanistan. Seine Fürsprecher: so hochrangige Figuren wie Ex-Außenminister Henry Kissinger, der als Berater für Unocal arbeitete. Zuvor hatte sich niemand geringeres als Präsident Clinton persönlich bei einem Treffen mit dem turkmenischen Autokraten Saparmurat Niyazov für den Bau der Gasleitung stark gemacht.

      Zentralasien-Experten halten es nach der Niederlage der Taliban für wahrscheinlich, dass diese 1998 gestoppten Pipeline-Pläne nun eine Renaissance erleben. Sicherlich, noch vor Beginn der US-Luftschläge sei das Vorhaben "mausetot" gewesen, sagt Jürgen Conrad, Turkmenistan-Experte bei Deutsche Bank Research, im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE.

      Nachdem die USA am Hindukusch intervenierten und in Bonn eine Übergangsregierung auf den Weg gebracht wurde, könne es sich aber "kein Gas- und Ölunternehmen der Welt mehr leisten, eine solche Option nicht zu verfolgen". Friedemann Müller, Leiter der Forschungsgruppe Globale Fragen bei der Stiftung Wissenschaft und Politik sagt sogar: "Als Aktionär würde ich mich an einem Unternehmen beteiligen", das den Bau einer Pipeline erneut anpacke.

      Auch Hilmar Rempel von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe sieht "durchaus wieder Chancen" für die Pipeline-Ideen. Selbst wenn Unocal nicht abermals einsteige, könne sich ein Ersatz-Investor finden. Schließlich habe das CentGas-Konsortium bereits Ende der neunziger Jahre die Route geplant und "durchgerechnet, dass es sich lohnt". Ansonsten wäre das Projekt nie so weit vorangekommen.

      150 Millionen Dollar Transit-Gebühr für Afghanistan?

      Unocal hatte seine Fühler Mitte der neunziger Jahre ausgestreckt. Hartnäckig halten sich Gerüchte, dass die Kalifornier damals persönlich mit Osama Bin Laden über den Bau verhandelten. Andere berichten, dass Taliban-Vertreter nach Amerika eingeladen und festlich bewirtet wurden. Bei allen Spekulationen ist zumindest klar, dass die Amerikaner mit mehreren Bürgerkriegsfraktionen verhandelten - eingestandenermaßen auch den Taliban.

      1440 Kilometer sollte die Pipeline messen, um die es ging, und die von den kaspischen Gasfeldern Turkmenistans hin zum Arabischen Meer führen sollte. Schätzungen der Kosten bewegten sich zwischen 1,9 und 2,7 Milliarden Dollar - auch heute noch ein realistischer Rahmen. Presseberichten aus der damaligen Zeit zufolge hätte Afghanistan bis zu 150 Millionen Dollar jährlich an Durchleitungsgebühren kassieren können. Geld, das das zerstörte Land heute dringender benötigen würde denn je.

      Zum CentGas-Konsortium, an dem die Amerikaner 46,5 Prozent hielten, gehörten neben der turkmenischem Regierung der russische Gazprom-Konzern, eine pakistanische Baugesellschaft und die Konstruktionstochter des koreanischen Konzerns Hyundai. Zuvor hatte sich auch die argentinische Gesellschaft Bridas für die Pipeline-Konstruktion interessiert. An Interessenten mangelte es also nicht, ebenso wenig wie an Erwartungen für die Lukrativität.

      Den Asien-Experten zufolge spricht in der Tat eine Reihe von Vorteilen für die Afghanistan-Connection. Da ist zum einen der Ressourcen-Reichtum der früheren Sowjet-Republik Turkmenistan. Sie verfügt über die fünftgrößten Ergasreserven der Welt. 1990, kurz vor dem Zusammenbruch der UdSSR, berichtet Müller, förderte allein Turkmenistan 90 Milliarden Kubikmeter Erdgas. Das habe 14 Prozent der sowjetischen Gesamtförderung entsprochen - und würde mehr als reichen, um den Bedarf Deutschlands zu decken.

      Die Potenz ist da, die Pipeline nicht

      Nach Querelen mit den Russen, die in den neunziger Jahren zeitweilig die einzigen Export-Pipelines zudrehten, fiel die Produktion aber dramatisch ab. Heute liege sie mit 30 Milliarden Kubikmetern immer noch markant unter den Höchstständen. "Die Potenz ist da, aber die Absatzmöglichkeiten fehlen", resümiert Müller.

      Auf der anderen Seite Afghanistans aber wohnen mögliche Kunden zuhauf. Allein den vergangenen zehn Jahren ist der Erdgas-Verbrauch in Pakistan um 70 Prozent nach oben geschossen. Ein großer Teil des Bedarfes wird durch Flüssiggas gedeckt. Das kommt per Schiff ins Land, mit unnötigen Kosten. Auch Indien sei als mächtiger Abnehmer-Markt denkbar, sagt Rempel, wenn sich der Staat mit Pakistan über eine Gas-Durchleitung einige. Vor allem wäre die Gasleitung ideale Entwicklungshilfe für das zerstörte Afghanistan. Müller nennt als Faustegel: Jedem Dollar, der in eine Pipeline investiert wird, folgen zwei weitere - für Pumpstationen, Straßen oder Häuser, in denen Arbeiter wohnen.

      Feministinnen gegen das Geschäft mit dem Gas

      Das erste Projekt starb im Dezember 1998 vor allem aus politischen Gründen. Unocal verabschiedete sich aus dem Konsortium, weil Feministinnen in den USA gegen die Diskriminierung von Frauen durch die Taliban Sturm liefen. Und im August 1998 beschoss Clinton Trainingslager der al-Qaida mit Cruise Missiles. Eine Pipeline von Bin Ladens Gnaden? Schlimmere Negativ-PR konnte es für ein US-Unternehmen nicht geben.

      Auf seiner Internet-Seite hat Unocal auch nach der Niederlage der Taliban ein General-Dementi veröffentlicht. Nein, das Unternehmen habe nie mit den Taliban irgendeinen Vertrag unterzeichnet. Die Unocal-Sprecherin Teresa Covington sagte jüngst zu Bloomberg News: "Unsere Interessengebiete liegen heute anderswo."

      Warten auf die Energie-Multis

      Andere, alte CentGas-Partner aber wittern neue Chancen. Die turkmenische Regierung würde sich an jedem realisierbaren Pipeline-Projekt beteiligen, ließ sie schon im November mitteilen. Und Phil Beck, der Chef des alten CentGas-Partners Delta Oil, sagt: "Wenn Stabilität in Afghanistan herrscht, ist das ein zweckmäßiges Vorhaben." Allerdings bräuchte man die Unterstützung eines Energie-Multis. Dabei mag er gar an Exxon Mobil gedacht haben: Der weltgrößte Mineralölkonzern untersucht in Turkmenistan derzeit zwei Öl- und Gas-Felder. Über welche Route Funde exportiert würden, hat Exxon noch nicht festgelegt.

      Die wichtigsten Vorraussetzungen für eine Gasleitung am Hindukusch heißen immer noch: Stabilität, Stabilität, Stabilität. Die zestrittenen Feldherren müssten ihre Territorien an eine Zentralregierung abtreten, so Conrad, die Gefahr von Terror-Anschlägen auf eine Gasleitung müsse gebannt sein. Bis westliche Konzerne ernsthaft neue Weg-Skizzen für eine Pipeline zeichnen, meinen die Experten, werde abgewartet, beobachtet, genau nachgerechnet. Rempel denkt an eine Warte-Periode von zwölf Monanten, Müller an drei Jahre, Conrad gar an fünf.

      Pipeline zum Mond

      Und natürlich gibt es diejenigen, die das Leitungsprojekt für irrsinnig erklären. Zum Beispiel Christian von Hirschhausen vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. "Genausogut könnte man eine Pipeline vom Mond nach Rotterdam bauen", kommentiert er die Diskussion. Afghanistan sei und bleibe Kriegsregion, kein Unternehmer wolle dieses Risiko tragen. Die Erdgas-Gewinnung in anderen Ländern als Turkmenistan sei sowieso profitabler, etwa in Katar: "Da quillt es aus jeder Ecke, man muss nur die Hand aufhalten."

      Einen Verdacht indes weisen alle Experten zurück: den, dass die US-Kriegsführung vorrangig von wirtschaftlichen Interessen geleitet sei. Hirschhausens Antwort an die Verschwörungstheoretiker: "Wenn es den Amerikanern um Rohstoffe ginge, hätten sie in Venezuela einmarschieren müssen. Davon hätten sie tausendmal mehr."

      spiegel.de
      Avatar
      schrieb am 17.12.01 04:50:02
      Beitrag Nr. 48 ()
      Der große Preis

      Die Lage rund um das Kaspische Meer ist unübersichtlich. Es gibt russische Friedenstruppen, amerikanische Einsatzkräfte und Blauhelme der UNO, es werden Bürgerkriege geführt, Staaten gegründet und Allianzen geschmiedet. Ein vermeintliches Chaos, das durch einen einzigen Begriff einen Sinn bekommt: Öl.

      „Is there any man, is there any woman, let me see any child here, that does not know that the seed of war in the modern world is industrial and commercial rivalry?“ US-Präsident Woodrow Wilson nach dem Ersten Weltkrieg



      Text und Foto: Lutz C. Klevemann




      ----- Die Stimme Henry Kissingers war auffallend unaufgeregt, als der US-Nachrichtensender CNN den ehemaligen US-Außenminister am 11. September, wenige Stunden nach den Anschlägen in New York und Washington, per Telefon interviewte. Anders als die meisten Befragten, die an diesem Tag nichts als Entsetzen und Trauer ausdrückten, forderte Kissinger in gewohnt ruhiger, von schwerem deutschen Akzent durchdrungener Sprache, dass die Vereinigten Staaten sich gegen die Angreifer militärisch verteidigen müssten. Nur wenige Tage dauerte es danach, bis die amerikanische Regierung den Feind, das Böse, ausgemacht hatte: Osama Bin Laden und das Taliban-Regime in Afghanistan. Washington setzte seine Soldaten in Bewegung.
      Polit-Pensionär Kissinger ist auch ein Vierteljahrhundert nach seinem offiziellen Rückzug aus Washington ein umtriebiger und viel gefragter Mann. Sein Geld verdient er vorwiegend mit politischer Lobbyarbeit für zahlungskräftige Firmen. Einer seiner Kunden ist der amerikanische Ölkonzern Unocal. Vor sechs Jahren, am 21. Oktober 1995, wohnte Kissinger in New York einer Zeremonie bei, auf der Unocal-Manager mit Saparmurad Niyazov, dem exzentrischen Diktator von Turkmenistan, ein Abkommen unterzeichneten. Vereinbart wurde, dass Unocal zwei Pipelines von den gerade entdeckten enormen Öl- und Gasfeldern in dem zentralasiatischen Land bis zu Pakistans Küste bauen würde – quer durch Afghanistan.
      In dem Land tobte damals wie heute ein blutiger Bürgerkrieg, doch die Taliban-Truppen waren auf dem Vormarsch und schienen das Land zu einigen und zu befrieden. Das zumindest glaubte die US-Regierung, deren Verbündete Pakistan und Saudi-Arabien die Taliban maßgeblich unterstützten. Als die Radikal-Islamisten im September 1996 Kabul einnahmen, glaubte die Regierung Bill Clintons, dies bedeute Stabilität am Hindukusch.
      Die Chancen für den Bau der Pipelines quer durch einen von den Taliban kontrollierten Korridor von Herat nach Kandahar stiegen. Auf Einladung des Ölkonzerns Unocal reisten im Februar und November 1997 zwei Taliban-Delegationen nach Washington und Houston. Sie führten Gespräche mit US-Regierungsvertretern und Unocal-Chefs, auf Konzernkosten wurden sie in einem Fünf-Sterne-Hotel untergebracht, sie besuchten Supermärkte, den Zoo und die NASA-Zentrale. Erst nach Protesten amerikanischer Feministinnen gegen die Unterdrückung von Frauen in Afghanistan rückte die US-Regierung vom Taliban-Regime und den Pipeline-Plänen ab. Das vorläufige Ende des Öl-Projekts kam im August 1998 mit den amerikanischen Raketen-Angriffen gegen Bin Ladens afghanische Ausbildungslager, als Vergeltung für Bomben-Attentate auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania.
      Drei Jahre später führen die Vereinigten Staaten, im Verbund mit einer ebenso großen wie brüchigen Anti-Terror-Koalition, Krieg gegen das Taliban-Regime in Afghanistan. Sinn des Feldzuges, so verlautet aus Washington, sei es, Bin Laden zu fangen und seine Terrorzellen auszuschalten.
      Viele Menschen in und um Afghanistan bezweifeln allerdings, dass es den Amerikanern allein um Bin Laden geht. Dass sich die US-Regierung – von Präsident Bush über seinen Vize Dick Cheney bis zur Nationalen Sicherheitsberaterin Condoleeza Rice – aus ehemaligen Topleuten der Ölindustrie zusammensetzt und maßgeblich von ihr unterstützt wird, ist bekannt. Nur wenige hundert Kilometer nordwestlich von Afghanistan, auf dem Grund des Kaspischen Meeres, liegen die weltweit größten unerschlossenen Vorräte an Öl und Erdgas, für die schon Hitler die Wehrmacht in den Kaukasus schickte. Sie erscheinen nun als der große Preis im Kampf um Kabul. Wie Vize-Präsident Cheney, damals noch Chef des Ölfirmenzulieferers Halliburton, in einer Rede vor Öl-Industriellen im Jahre 1998 in Washington sagte: „Ich kann mich an keine Zeit erinnern, in der eine Region so schnell strategisch so wichtig geworden ist wie jetzt die kaspische.“

      Aserbaidschan: Baku, das „Sunset Café“

      Im „Sunset Café“ treffen sich „die Ölmänner“. Nicht die harten Jungs von den Bohrinseln, die trinken ihr Bier lieber im „O’Mailley’s“, wo sie schottische Witze erzählen und Wetten auf den nächsten Hubschrauberabsturz abschließen. Das „Sunset“ ist für mittlere Manager mit zu großen Brillen und Khaki-Hosen, die sich nach Feierabend nach einem Stück Texas sehnen. Im „Sunset“ servieren dralle blonde Kellnerinnen in engen Jeans T-Bone-Steaks mit French Fries. Sie bemühen sich, Englisch mit amerikanischem Akzent zu sprechen, man kann in Dollars bezahlen. Hier können die Ölmänner für ein paar Stunden vergessen, dass Baku – Boom hin, funkelnde Glitzerneubauten in der Innenstadt her – das bleibt, was man im Englischen ein Shithole nennt.
      Auch eine pittoreske Altstadt mit alten Minaretten macht einen Ort nicht schöner, wenn die Luft in den Straßen Tag und Nacht von penetrantem Petroleumgestank durchzogen ist. Der neue Bürgermeister der Stadt hat sich obendrein als korantreuer Sittenwächter herausgestellt: Alle Straßencafés wurden geschlossen, die Polizei verhaftet neuerdings auch Ausländer, die mit Nutten erwischt werden. Die Stimmung unter den Ölmännern ist gedrückt.
      Baku, das Öl-Dorado, ist mit dem Kalifornien im Goldrausch verglichen worden, aber es hat noch immer einen mächtigen sowjetischen Kater. Es wimmle von Spionen, Geschäftemachern und Bösewichtern, sagt man. So wie im letzten James-Bond-Film, „The World is not Enough“, der in Baku spielt.
      „Agenten? Ohne Frage. Auf jeden Ölmann in dieser Stadt kommt mindestens ein Agent, und viele Ölmänner arbeiten selbst für Geheimdienste“, raunt Vahid Mustafayev. In seinem makellosen dunklen Anzug mit dick gebundener gelber Krawatte, beides aus Italien, würde der drahtige Mann mit dem kantigen Gesicht selbst einen guten Bond abgeben. Nur Mustafayevs kurz geschorene schwarze Haare, der Stoppelbart und die flackernden Augen sind leicht unenglisch. Eher sehr kaukasisch.
      Mit seinen 35 Jahren ist Mustafayev bereits eine Legende in Aserbaidschan. Heute Chef des Azerbaijan News Service (ANS), des einzigen regierungsunabhängigen Fernseh- und Radiosenders im Lande, hat er in den Neunzigern als waghalsiger Fernsehreporter über alle blutigen Kriege des Kaukasus berichtet, von Berg-Karabach über Abchasien (im Nordwesten von Georgien) und Südossetien (im Südosten von Georgien) nach Tschetschenien, auch für CNN und die ARD. „Bei all den Kriegen ist es immer auch um Öl gegangen“, sagt er. „Die Russen wollen die große Pipeline verhindern.“ Seit dem Ende der UdSSR vor zehn Jahren rangeln internationale Rohstoffkonzerne, Anrainerstaaten und Großmächte um die Ölreserven des Kaspischen Meeres. Allein Aserbaidschan und Kasachstan, so schätzt das US-Energieministerium nach Probebohrungen, sitzen auf Vorkommen von mehr als 110 Milliarden Barrel, dreimal so viel wie die Reserven der USA. Nur in Saudi-Arabien gibt es mit etwa 262 Milliarden Barrel noch mehr Öl.
      In westlichen Hauptstädten, die seit der Ölkrise von 1973 ihre Abhängigkeit von arabischen OPEC-Scheichs mindern wollen, hat der vermutlich letzte große Fund am Kaspischen Meer Euphorie ausgelöst. Immerhin importieren allein die USA jeden Tag Rohöl im Wert von 150 Millionen Dollar, ein Drittel davon (etwa 2,6 Millionen Barrel) aus dem Nahen Osten. Während westliche Regierungen reihenweise korrupten kaspischen Potentaten den Hof machen, haben Konzerne fette Verträge abgeschlossen und 30 Milliarden Dollar in neue Förderanlagen investiert.
      „Nur ein Problem gibt es: Das Öl liegt tausende Kilometer von Hochseehäfen entfernt, aus denen es Tanker zu den Märkten der industrialisierten Welt bringen können“, erläutert Mustafayev. „Also müssen Pipelines gebaut werden.“ Und um deren Verlauf gibt es am Kaspischen Meer, im Kaukasus und in Zentralasien, seit fast zehn Jahren Konflikte – und Kriege.
      Was im 19. Jahrhundert der englische Dichter Rudyard Kipling romantisch als „The Great Game“ verklärte, das geostrategische Ringen zwischen dem Britischen Königreich und dem zaristischen Russland um Einfluss in der Region, ist wieder voll entbrannt. Mit dem Unterschied, dass nun die Amerikaner Gegenspieler der Russen sind. Und dass außerdem dieses Mal die Regionalmächte – der Iran, die Türkei, China und Pakistan – kräftig mitmischen.
      Moskau, das sich noch immer als Chef seiner im 19. Jahrhundert eroberten ehemaligen kaukasischen und zentralasiatischen Kolonien fühlt, will die Amerikaner auf Armlänge halten. Russland, nach Saudi-Arabien selbst der zweitgrößte Erdölexporteur der Welt, besteht darauf, dass die Pipelines für das kaspische Öl wie zu Sowjetzeiten über sein Territorium laufen, nördlich des Kaukasus-Gebirges zum Schwarzmeer-Hafen Novorossiysk. Mustafayev meint: „Die Russen hassen die Vorstellung, dass wir hier unten den fetten Jackpot gewinnen und sie nichts davon abkriegen sollen.“
      Die Vereinigten Staaten wollen den kostbaren Rohstoff russischem Zugriff entziehen. Eine südliche Route durch den Iran, seit 20 Jahren Amerikas Erzfeind, kommt für Washington allerdings ebenfalls nicht in Frage. Es will eine Pipeline, die sowohl Russland als auch den Iran umgeht. „Die Amerikaner sagen, sie wollten Russlands Monopol auf Öltransport in der Region brechen und damit die Unabhängigkeit der ehemaligen Sowjetrepubliken von Moskau stärken“, erläutert Mustafayev weiter.
      Seit 1998, als alle Pipeline-Pläne für Afghanistan begraben werden mussten, macht Washington deshalb Druck für ein gigantisches Pipeline-Projekt über 1750 Kilometer von der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku über das Nachbarland Georgien zum türkischen Mittelmeerhafen Ceyhan. Zuerst hatte diese Idee die türkische Regierung, die befürchtete, Tanker aus dem Schwarzen Meer könnten im engen Bosporus havarieren und Istanbul verseuchen. Bauen soll die Pipeline die Azerbaijan International Operating Company (AIOC), ein internationales Konsortium aus einem Dutzend Ölkonzernen, angeführt von BP Amoco. Anfangs war die AIOC allerdings strikt gegen die Leitung, weil sie zu lang und mit 2,8 Milliarden Dollar zu teuer schien. Zudem würde sie durch politisch sehr unruhige Gebiete verlaufen.
      Das ist auch heute noch das Hauptproblem, glaubt Mustafayev: „Russland setzt alles daran, den südlichen Kaukasus zu destabilisieren, also Krisen und Kriege schwelen zu lassen und so Investoren abzuschrecken.“ Zuerst sei das im Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan um die Enklave Berg-Karabach geschehen, bei dem Anfang der Neunziger Zehntausende getötet wurden und fast eine Million Aserbaidschaner flüchteten. „Die Russen haben die Armenier gegen uns aufgehetzt und unterstützt“, glaubt Mustafayev. „Seitdem ist klar, dass es keine Pipeline durch Armenien und Karabach geben wird.“
      Das Gesicht des jungen Mannes verfinstert sich, wenn er an den Tag denkt, an dem sein Bruder, ebenfalls Kameramann, beim Filmen in Karabach ums Leben kam. Zerfetzt von einer Granate. Mustafayev holt ein zerknittertes Foto heraus, es zeigt nichts als unscharfe Grashalme und viel Himmel. „Das war die letzte Kameraaufnahme, nachdem mein Bruder getroffen und zu Boden gefallen war.“ Eine Weile schweigt Mustafayev. Dann grient er plötzlich und sagt: „Das Problem der Russen ist nur, dass ihre alte Pipeline von Baku nach Novorossijsk auch durch ein Gebiet führt, das nicht gerade friedlich ist – Tschetschenien.“

      Inguschetien: Nazran, das Flüchtlingslager Altievo Beslan

      Albukarov lebt in einem Schweinestall, mit seiner Frau und seinen zwei kleinen Töchtern. Wie gut 2000 andere tschetschenische Flüchtlinge, die in den Ställen der ehemaligen Kolchose „MTF Altievo“ in Nazran Obdach gefunden haben. „Auf den dritten Winter gehen wir jetzt zu, zum Glück haben wir ein Dach über dem Kopf“, sagt Albukarov, der vor seiner Flucht zu Beginn des zweiten Krieges 1999 ein Lebensmittelgeschäft in der Hauptstadt Grozny hatte. Seine Tochter Milona, zehn Jahre alt, die bereits den ersten Krieg von 1994 bis 1996 mit ihrer Mutter in Inguschetien verbrachte, erinnert sich nur noch blass an ihr altes Zuhause. „Alle meine Freunde kommen jetzt aus dem Lager“, sagt sie.
      „Spontane Niederlassungen“ heißen die notdürftigen Unterkünfte in der Sprache des UNHCR, des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen. Hunderte solcher Lager und ein halbes Dutzend riesiger Zeltstädte gibt es in Inguschetien, Tschetscheniens winziger Nachbarrepublik, in die sich etwa 200000 tschetschenische Zivilisten vor den brutalen Kämpfen zwischen Separatisten und der russischen Armee geflüchtet haben. Der Konflikt begann vor zehn Jahren, als Tschetschenen-Führer das Land, nach dem Beispiel anderer Sowjetrepubliken, für unabhängig erklärten. Moskau nahm das nicht hin und führte seitdem zwei gnadenlose Feldzüge, die mehr als 100000 Menschen, die meisten Zivilisten, das Leben gekostet haben sollen.
      Anfang des Jahres erklärte der Kreml die abtrünnige Republik offiziell für befriedet und fordert seitdem Flüchtlinge auf, in ihre Heimat zurückzukehren – jedoch ohne Erfolg. „Die Menschen haben Angst. In Tschetschenien herrschen schlimmere Anarchie und Gewalt als je zuvor“, sagt der deutsche Leiter einer Hilfsorganisation, die von Nazran aus Nahrung und Medikamente in das zwei Autostunden entfernte zerbombte Grozny bringt.
      Der Mann, der ungenannt bleiben will, berichtet von russischen Söldnern, die systematisch tschetschenische Dörfer durchkämmen, männliche Teenager verschleppen und sie brutal foltern. Freigelassen würden sie erst, wenn die Verwandten ein Lösegeld von 1000 Dollar zahlen. „Auf jeder Fahrt nach Grozny packt mich wieder das Grauen. Aber im Westen will niemand von den Verbrechen hier wissen.“ Erst recht nicht, seit Russlands Präsident Vladimir Putin Washington davon überzeugt hat, dass die tschetschenischen Rebellen nichts als islamische Terroristen seien, die man gemeinsam bekämpfen müsse.
      Auf die Frage, um was es in dem Krieg gehe, bekommt man an diesen kalten Herbsttagen in inguschetischen Flüchtlingslagern wenige pathetische Antworten wie „Freiheit“ oder „Unabhängigkeit“ zu hören. Um Geld gehe es, sagen die meisten. Geld aus Waffenverkäufen, aus Kidnappings und für das Öl. Durch Grozny führt die alte Pipeline aus Baku. „Hätten eben alle gern die Hände drauf, auf der Pipeline“, sagt ein Tschetschene, der seit Jahren in Nazran lebt. Und bitter ironisch fügt er hinzu: „Da lohnt es sich doch zu kämpfen.“
      Durch den hohen Norden Tschetscheniens, geschützt von der russischen Armee, wurde inzwischen eine neue Pipeline gebaut, die das gigantische Ölfeld Tengiz in Kasachstan mit einem neuen Terminal in Novorossiysk am Schwarzen Meer verbindet. Rund 2,6 Milliarden Dollar kostete die 1730 Kilometer lange Leitung, durch die 560000 Barrel pro Tag fließen können. Betrieben wird sie von einem internationalen Ölfirmen-Konsortium, das von den jüngst fusionierten US-Giganten Chevron und Texaco angeführt wird. Mitte Oktober, wenige Tage nach dem Abschluss in Houston, Texas, floss in Novorossiysk das erste Rohöl in einen italienischen Tanker. Dass der US-Konzern nicht auf die Fertigstellung der von Washington favorisierten Ceyhan-Pipeline wartete, sondern sich für einen Transportweg durch Russland entschied, bringt Milliarden Dollar an Zöllen für Moskau und ist ein erster Triumph seiner Außenpolitik.

      Aserbaidschan: Baku, das Hauptquartier von BP Amoco

      Die Villa Petrolea, die Konzernzentrale von BP Amoco in Baku, liegt im Süden der Stadt, nur wenige Autominuten entfernt von Bibiheybet, einer der gespenstischsten Industrieödlandschaften der Erde. Direkt am Ufer rosten hier hunderte Derricks, alte Ölfördertürme, inmitten riesiger Lachen aus schwarz glänzendem, schleimigem Ölschlick und rosa Wasser. Noch immer quälen sich einige Schwengelarme knirschend und rasselnd auf und ab, wie nickende Esel aus Stahl, und saugen Rohöl aus dem Erdreich. So verseucht ist das Gelände, dass auf mehreren Quadratkilometern nicht eine grüne Pflanze wächst, nicht ein trockener Grashalm.
      Hier brach Ende des 19. Jahrhunderts der erste Öl-Boom Bakus los, als die Rothschilds und Nobels in die Stadt kamen, famose Profite machten und ihre heute verfallenen grandiosen Villen bauten. Mehr als die Hälfte des Öls auf dem Weltmarkt kam vor hundert Jahren aus Baku. Aber auch die russische Arbeiterbewegung hatte hier ihre Ursprünge, aufgestachelt von einem georgischen Agitator namens Joseph Stalin. Nach der Oktoberrevolution vertrieb die Avantgarde des Proletariats die Ölbarone und verfeinerte deren Methoden, um die Natur restlos zu verseuchen. Auch die Villa Petrolea, in der heute BP Amoco die kaspischen Geschäfte leitet, war vor zehn Jahren noch ein Regierungsgebäude der Kommunisten. „Ja, das ist die Ironie der Geschichte“, sagt Steve Lawrence, der joviale Konzernsprecher, während er schmunzelnd auf die vielen kleinen Hämmer und Sicheln blickt, die in der fein verzierten Stuckdecke der Eingangshalle prangen.
      Lawrence ahnt die erste Frage. „Um es gleich zu sagen: Ja, die Pipeline scheint jetzt wirtschaftlich zu sein. Wenn es irgend geht, werden wir sie bauen.“ Schließlich habe BP Amoco, größter Anteilseigner im AIOC-Konsortium für den Bau der Ceyhan-Pipeline, bereits 150 Millionen Dollar allein für die Planung ausgegeben, die jetzt in der Schlussphase sei. Nur die genaue Route stehe noch nicht fest, aber im Sommer 2002 falle die endgültige Entscheidung. Bereits im Juni 2001 versprach Lord John Brown, Präsident von BP Amoco, bei einem Besuch in Baku, insgesamt 15 Milliarden Dollar in kaspisches Öl zu investieren. „Uns ist es also offenbar ernst hier.“ Es gebe natürlich gewaltigen politischen Druck, räumt Lawrence ein: „Seit Jahren drängt uns die amerikanische Regierung zu dieser Pipeline. Aber jetzt glauben wir, dass wir auch unsere Shareholder zufrieden stellen können, nicht nur US-Außenpolitiker.“
      Das wirtschaftliche Risiko ist immens, die Gewinnspanne gering. Um die knapp drei Milliarden Dollar Baukosten wieder reinzuholen, müssten die Betreiber bei einem Barrelpreis von mindestens 18 Dollar pro Tag etwa eine Million Barrel Öl durch die Leitung pumpen. Eine Nord-Süd-Route durch den Iran oder Afghanistan wäre weitaus kürzer und günstiger, das Rohöl wäre außerdem viel leichter auf den boomenden Märkten Südostasiens zu verkaufen als im gesättigten Europa. „Die Iran-Route wäre natürlich eine attraktive Lösung, aber solange die US-Sanktionen gegen Teheran fortbestehen, können wir nichts machen“, sagt Lawrence. „Wir können es uns nicht leisten, Washington zu verärgern.“ Die Reserven von BP Amocos Ölfeld Shah Deniz vor Baku allein reichen bislang nicht aus, um die Ceyhan-Pipeline auszulasten räumt Lawrence ein. Probebohrungen des vergangenen Jahres waren enttäuschend: Immer wieder stießen die Ingenieure nur auf trockenen Grund.
      Es macht die Forscherarbeit nicht leichter, dass sich die fünf kaspischen Anrainerstaaten bis heute nicht geeinigt haben, wie das Meer und die darunter liegenden Schätze untereinander aufgeteilt werden sollen. So zwang im Juli ein iranisches Kanonenboot ein BP-Forschungsschiff, Testbohrungen südlich von Shah Deniz abzubrechen und umzudrehen. „Unsere Leute waren mehr als hundert Seemeilen von der iranischen Küste entfernt. Aber die Iraner waren bewaffnet, da war nichts zu machen“, erzählt Lawrence. Das iranische Außenministerium begründete das Eingreifen damit, dass Teheran keine aserbaidschanischen Konzessionen an Ölfirmen anerkenne, solange nicht klar sei, wem was gehöre. „Also arbeiten wir daran, für die Ceyhan-Pipeline Öl von dritter Seite dazuzuholen.“ Das heißt: aus Kashagan, einem im vergangenen Sommer entdeckten Ölfeld am kasachischen Ufer des Kaspischen Meeres. Unter einem uralten Korallenatoll gelegen, ist Kashagan mit geschätzten 30 Milliarden Barrel vermutlich die zweitgrößte Ölblase der Erde. Die größte, Ghawar in Saudi-Arabien, birgt etwa 80 Millarden Barrel, die Felder der Nordsee noch insgesamt 17 Millarden.
      Unmittelbar nach der sensationellen Entdeckung forderte der Kreml von der kasachischen Regierung, russischem Territorium Vorrang für eine neue Pipeline zu geben. Um das schwarze Gold nach Ceyhan zu bringen, müsste das vom amerikanischen Konzern ExxonMobil angeführte Kashagan-Konsortium es ohnehin zunächst über das Kaspische Meer nach Baku bringen. Und dort gehen die Probleme eigentlich erst los. Lawrence holt eine Landkarte des Kaukasus hervor. Ein langer roter Filzstiftstrich zeigt die Route der Pipeline. „Berg-Karabach umgehen wir natürlich. Aber Georgien ist verdammt riskant.“

      Georgien: Tbilissi, der Rustaveli-Platz

      Eigentlich darf Alex Rondeli nach seinem Herzinfarkt vor einem Jahr keinen Rotwein mehr trinken, aber Sonja, fesch forsche Kellnerin im Café am Rustaveli-Platz, schiebt seine flache Hand über dem Glas beiseite und gießt nach, aus der dritten Flasche. „Das vertragen Sie schon noch, Herr Professor“, sagt sie und lacht. Doch Rondeli, ein großer, barocker Bonvivant mit schlohweißem Haar, schiebt das Glas beiseite. Der Historiker und angesehenste politische Beobachter Georgiens, sieht heute sehr ernst aus.
      „Früher oder später werden die Russen uns angreifen, und die Amerikaner werden wegschauen.“ Seit zwei Jahren beschuldigt Moskau die Regierung von Präsident Eduard Schewardnadze in Tbilissi, tschetschenischen Rebellen in den georgischen Bergen Zuflucht zu gewähren. Nun, nach den Anschlägen des 11. Septembers, fordern hochrangige russische Politiker, nach dem Vorbild der USA in Afghanistan endlich militärisch gegen tschetschenische „Terroristen“ in Georgien vorzugehen. Bereits zweimal haben russische Flugzeuge georgische Dörfer an der Grenze zu Tschetschenien bombardiert.
      „Russland ist unser Feind. Seit wir unabhängig wurden, tut Moskau alles, um unser Land zu destabilisieren und zu zersplittern“, sagt Rondeli. Er zeigt auf das Hotel-Hochhaus „Iberia“, einen Steinwurf vom Rustaveli-Platz entfernt. Einst die beste Adresse der Stadt, flattert heute Wäsche auf Balkonen, die teilweise mit Spanplatten zu Wohnraum ungewandelt worden sind – für die mehr als 1000 georgischen Flüchtlinge aus der abtrünnigen Provinz Abchasien, mit denen das Hotel seit Jahren vollgestopft ist. 1000 von insgesamt etwa 300000, schätzt man. „Russland hat den Bürgerkrieg angezettelt, um seine Soldaten nach Georgien zurückzubringen, als so genannte Friedenstruppe.“ Rondeli spricht das aus, was in Tbilissi jeder glaubt.
      Nur eine Rettung gebe es: „Wir brauchen die große Pipeline, damit wir die USA weiter gegen Russland auf unserer Seite haben.“ Da es der Welt sonst nichts zu bieten habe, müsse Georgien seine geografische Lage verkaufen, als Knotenpunkt einer neuen Seidenstraße sozusagen. „Wir sind Bettler, aber lieber Bettler sein, als wieder unter Moskaus Knute leben.“ Doch Rondeli macht sich Sorgen. Seit Monaten hört er von Freunden im Diplomatischen Corps, dass Washington die Geduld mit Georgien ausgehe; zu schlimm seien das Chaos und die Korruption der Machthaber. „Um Russland in die antiterroristische Koalition zu kriegen, werden die Amerikaner mit Putin einen Deal gemacht haben“, glaubt Rondeli. „Wer weiß, ob dabei nicht die Ceyhan-Pipeline geopfert wurde.“

      Abchasien: Suchumi, das Büro des Außenministers

      An der Wand hinter dem Schreibtisch von Sergei Shamba, dem abchasischen Außenminister, hängt eine nackte Frau. Lebensgroß, mit bemerkenswerten Brüsten, ein gesticktes Aktbild. Sie ist nicht allein. Von den drei anderen Seiten schauen sieben eingerahmte nackte Frauen Herrn Shamba bei der Arbeit zu, allesamt großbusig und in inspirierenden Posen. „Der Künstler ist ein Freund von mir, aus Suchumi, und, na ja, da dachte ich mir, warum auch nicht?“, murmelt Shamba etwas verlegen. Gar nicht draufgängerisch, eher bedächtig wirkt der gut gekleidete, leicht ergraute Mann, der mal der angesehenste Archäologe Georgiens war.
      Dass viele Staatsgäste an den Bildern Anstoß nehmen könnten, muss der Top-Diplomat nicht befürchten, denn Abchasien wird von keiner Regierung der Erde als Staat anerkannt. Seit sich die landschaftlich paradiesische Schwarzmeerprovinz Georgiens 1993 in einem blutigen Bürgerkrieg vom Rest des Landes abgespalten hat, kommt allenfalls mal ein Vertreter der Vereinten Nationen zu Besuch. Deren knapp über hundert Blauhelmsoldaten überwachen seit sieben Jahren einen wackeligen Waffenstillstand, zusammen mit 1700 selbst ernannten Friedenstruppen aus Russland, der Schutzmacht Abchasiens.
      Damit sind russische Truppen nur einen Tagesmarsch von der geplanten Ceyhan-Pipeline entfernt. Und von einer alten kleineren Pipeline, BP Amocos bisheriger Notlösung, zwischen Baku und der georgischen Hafenstadt Poti, 150 Kilometer südlich von Suchumi. Im Süden grenzt Poti an die Provinz Adjara, wo russische Truppen in alten sowjetischen Kasernen stationiert sind. Weswegen Adjaras prorussischer Präsident ebenfalls seit Jahren keine Anordnungen aus Tbilissi mehr annimmt. Georgien zerfällt.
      Der Blick aus Außenminister Shambas Bürofenster reicht über die Trümmer der Innenstadt bis zu den zerbombten Ruinen der Hotels an der einst exklusiven Strandpromenade. Schepprige Ladas, die noch sowjetische Kennzeichen tragen, teilen sich die zerkraterten Straßen mit wenigen, meist alten Menschen und Kühen. Eine Geisterstadt. Nicht einmal mehr 150000 Einwohner sollen in Abchasien leben. Auf dem Kasernengelände der russischen Friedenstruppen in Suchumi, direkt am Strand, machen Russen Urlaub, fettleibige Frauen in knappen Badeanzügen werden zum Strand von kalaschnikow-bewehrten Soldaten in Kampfuniform eskortiert. Abgesehen von der Acht-Uhr-Ausgehsperre, erinnert vieles an früher: Die Währung ist immer noch der Rubel, die Uhrzeit ist Moskaus, am Eingang der Kaserne zeigt ein großes Mosaik den Genossen Wladimir Iljitsch Lenin, mit hellblauer Krawatte.
      „Dass Russland uns Abchasen für seine eigenen Zwecke benutzt, wissen wir“, seufzt Außenminister Shamba, der selbst lieber Russisch statt Abchasisch spricht. „Aber genauso missbrauchen die Amerikaner die Georgier für ihre Ziele. Mit der Öl-Pipeline wollen sie doch nur die Russen aus dem Kaukasus verdrängen.“ In der nach dem 11. September gültigen Sprachregelung fügt er hinzu: „Die georgische Regierung ist ein Hort für internationale Terroristen, besonders Tschetschenen. Gemeinsam wollen sie Abchasien zurückerobern.“
      Auf dem Rückflug in Richtung Tbilissi zieht der Hubschrauber der UN sehr niedrig über das verwüstete Grenzgebiet zwischen Abchasien und Rest-Georgien. Kein Dorf, kein Haus ist zu sehen, das nicht niedergebrannt wurde. Zolt Romvari, ein freundlicher ungarischer UN-Offizier, sagt: „Da unten ist sehr viel Hass. Die Kämpfe können jeden Moment wieder losgehen.“ Wenige Tage später wird derselbe UN-Hubschrauber auf dem Flug nach Suchumi von georgischen Freischärlern abgeschossen. Besatzung und Passagiere sind sofort tot. In den folgenden Tagen fallen Dutzende Abchasen und Georgier bei Gefechten.

      Aserbaidschan: Baku, die Botschaft der USA

      Der Weg zu US-Botschafter Ros Wilson, Washingtons wichtigstem Diplomaten in diesem Teil der Welt, führt durch eine Metallschranke, die so lange piept, bis man auch den letzten Kugelschreiber aus der Tasche gekramt hat. Woraufhin die Sicherheitsbeamten, seit dem 11. September noch gewissenhafter als sonst, den Kugelschreiber in seine Einzelteile zerlegen – man kann nie wissen.
      Auch Botschafter Wilson, ein hochaufgeschossener, schlanker Mann aus Minnesota, hat wohl ein paar mehr Akten als sonst auf seinem Schreibtisch. Er scheint ganz froh zu sein, mal wieder über Öl statt islamische Terroristen reden zu können. Schon die ersten Sätze verraten den geschliffenen Karriere-Diplomaten: „Wir sehen uns nicht in einem großen Spiel mit Russland. Wir haben unsere Interessen, die Russen haben ihre, aber sie müssen nicht unbedingt miteinander kollidieren.“ Das Gefühl einiger Russen, Amerika wolle sie aus der Region verdrängen, sei grundlos.
      Nach einigen Phrasen über Demokratie, Frieden und Kooperation, die so sorgsam getrimmt sind wie sein rötlicher Vollbart, wird Wilson deutlicher: „Wir wollen sicherstellen, dass das kaspische Öl an die Märkte kommt.“ Das sei das Hauptargument für eine Pipeline, die Russland umgeht. Die Aserbaidschaner wüssten außerdem, dass nur die Pipeline nach Ceyhan ein Ticket für wirkliche Unabhängigkeit sei. „Die Aserbaidschaner versuchen natürlich, Amerika und Russland gegeneinander auszuspielen. Aber sie verstehen, dass nur die Vereinigten Staaten der Garant für ihre Unabhängigkeit sind.“ Wie einen Beschluss verkündet Wilson dann: „Das Öl wird nie durch Russland gehen.“
      Um das Ceyhan-Projekt zu verhindern, sagt Wilson, habe Russland in der Vergangenheit den Südkaukasus, besonders Georgien, destabilisiert. „Allerdings scheint das jetzt nicht mehr das Ziel Moskaus zu sein“, fügt er vorsichtig hinzu. Und wiederholt: Mit der Pipeline in die Türkei wolle Washington lediglich sicherstellen, dass das kaspische Öl an die Märkte gelange. Eine Route durch den Iran komme, trotz der Verständigung mit Teheran im Kampf gegen die Taliban, nicht in Frage. „Iran ist wie Russland ein Konkurrent Aserbaidschans, der dann das Kaspische Meer kontrollieren würde. Außerdem unterstützt der Iran Terroristen, also müssen wir seine Möglichkeiten beschneiden, Einkommen zu erzielen.“ Wilson erinnert an den Kanonenboot-Zwischenfall im Juli. Daraufhin habe Washington Aserbaidschan zwei Patrouillenboote geliefert, für die Küstenwache. Aber ein großes Spiel, ein Kampf ums Öl, Agenten und Spione rund ums Kaspische Meer? Wilson lacht, dünn bis tonlos: „Das gibt es doch nur in Romanen.“

      Usbekistan: Karshi, die Khanabad Airbase

      Im Morgengrauen des 6. Oktobers, so berichten Zeugen später, landet ein sehr großes schwarzes Flugzeug auf der Khanabad Airbase, einem heruntergekommenen Luftstützpunkt in der weiten Steppe Usbekistans, etwa 150 Kilometer nördlich der afghanischen Grenze. Was sie da mit ohrenbetäubendem Lärm aus dem Schlaf rüttelt, das ahnen die Bewohner der Gegend sofort, ist keine der alten sowjetischen Antonovs, die sonst über ihre Häuser donnern. Tatsächlich ist es eine C131-Transportmaschine der US Air Force, die erste von hunderten, die in den nächsten Tagen und Wochen einfliegen sollen. Die Gerüchte der vorausgegangenen Tage stimmten: Die Amerikaner kommen.
      An Bord der Maschinen befinden sich, wie das Pentagon zögernd bekannt gibt, 1000 Elite-Infanteristen der 10th Mountain Division, New York State, sowie Spezialeinheiten aus Fort Knox, Kentucky. Ihre offizielle Mission lautet, humanitäre Einsätze über Afghanistan zu fliegen und überdies abgeschossene US-Piloten zu retten. Weitere Details werden nicht bekannt gegeben, außerdem schotten schwer bewaffnete Sondereinheiten des usbekischen Innenministeriums die Khanabad Base kilometerweit gegen mögliche terroristische Angreifer ab. Und gegen Neugierige.
      Es sind die ersten amerikanischen Truppen mit Kampfauftrag, die auf dem Territorium der ehemaligen Sowjetunion ihr Lager aufschlagen, zehn Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges. Warum Moskau, das Zentralasien noch immer als seinen strategischen Hinterhof betrachtet, die Stationierung schluckt, bleibt vielen Diplomaten der Region ein Rätsel. Manche vermuten ein geopolitisches Gegengeschäft zwischen Washington und Moskau, das, grob gesagt, den Russen den Kaukasus und den Amerikanern Zentralasien überlässt.
      In den Kommuniqués der Verhandlungen nach dem 11. September zwischen Washington, der usbekischen Regierung und Moskau ist weder etwas über Öl noch über Pipelines zu lesen, viel hingegen über den gemeinsamen Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Inzwischen hat das Pentagon bestätigt, dass sich bereits seit Sommer 1999 US-Spezialeinheiten der berüchtigten Green Berets in Usbekistan aufhalten und die usbekische Armee trainieren.
      So streng sind die Sicherheitsmaßnahmen und die Geheimnistuerei der amerikanischen Truppen in Khanabad, dass keine Einheimischen auf der Basis angestellt werden. Alle Arbeiten, auch Kochen und Putzen, werden von Militärs verrichtet. Einzig Dolmetscher werden angeheuert, sie dürfen die Basis aber nicht mehr verlassen. Nur ein junger Übersetzer aus Taschkent, der anonym bleiben will, kündigte nach zwei Wochen, weil seine Frau ein Baby bekam. Man ließ ihn erst gehen, nachdem er versicherte, nicht über militärische Vorgänge zu plaudern. Daran hält er sich, fast. „Alles, was ich sagen kann, ist dies: Die Amerikaner richten sich so ein, als ob sie sehr lange bleiben wollten.“ -----|


      (Info Pipelines)
      Pipeline Baku-Novorossiysk (seit 1997)
      Verlauf: von Baku, Aserbaidschan, über Grozny, Tschetschenien, nach Novorossiysk, Russland, Schwarzes Meer
      Betreiber: Azerbaijan International Oil Consortium (AIOC)
      Länge: 1396 Kilometer
      Kapazität: 120000 Barrel pro Tag
      Kosten: 1,5 Milliarden Dollar
      Nachteile: veraltete Sowjet-Technologie, führt durch tschetschenisches Kriegsgebiet

      Pipeline Tengiz-Novorossiysk (seit 2001)
      Verlauf: vom Tengiz-Ölfeld in Kasachstan über das kaspische Nordufer und den Nordkaukasus nach Novorossiysk, Russland, Schwarzes Meer
      Betreiber: Caspian Pipeline Consortium (CPC)
      Länge: 1730 Kilometer
      Kapazität: 560000 Barrel pro Tag
      Kosten: 2,6 Milliarden Dollar
      Nachteil: führt durch tschetschenisches Kriegsgebiet

      Baku-Supsa (seit 1999)
      Verlauf: von Baku, Aserbaidschan nach Supsa, Georgien, Schwarzes Meer
      Betreiber: Azerbaijan International Oil Consortium (AIOC)
      Länge: 821 Kilometer
      Kapazität: 900000 Barrel pro Tag
      Kosten: 2,5 Milliarden Dollar
      Nachteile: veraltete Sowjet-Technologie, führt durch
      das krisengeschüttelte Georgien

      Baku-Ceyhan (Bau für 2002 geplant)
      Verlauf: von Baku, Aserbaidschan, über Tbilissi, Georgien, nach Ceyhan, Türkei, Mittelmeer
      Betreiber: Azerbaijan International Oil Consortium (AIOC)
      Länge: 1750 Kilometer
      Kapazität: 1 Million Barrel pro Tag
      Kosten: 2,8 Milliarden Dollar
      Nachteile: sehr lang und teuer, führt durch das krisengeschüttelte Georgien und unsichere Kurdengebiete in der Türkei

      Chardzhou-Gwadar (seit 1995 in Planung)
      Verlauf: von Chardzhou, Turkmenistan, über Herat, Afghanistan, nach Gwadar, Pakistan, Arabisches Meer
      Betreiber: US-Ölkonzern Unocal mit Partnern
      Länge: 1050 Meilen
      Kapazität: 1 Million Barrel pro Tag
      Kosten: etwa 1,5 Milliarden Dollar
      Nachteil: führt durch afghanisches Kriegsgebiet

      Quelle: brandeins.de
      Avatar
      schrieb am 21.12.01 09:09:35
      Beitrag Nr. 49 ()
      *applaus*

      Und jetzt geh ich auf die HV der Mallorca Lifestyle *g* die geben wenigstens zu das sie Betrüger sind... ;o)

      Mfg MH


      ARD: Bin-Laden-Video fehlerhaft übersetzt

      Übersicht

      Das ARD-Politmagazin "Monitor" hat nach eigenen Angaben in seiner
      Ausgabe
      von heute Übersetzungsfehler des US-Verteidigungsministeriums im
      jüngsten
      Osama-Bin-Laden-Video nachgewiesen. Das Amateur-Video, das Bin Laden im
      Kreis von Gefolgsleuten zeigt, war von US-Präsident George W.Bush vor
      wenigen Tagen als "vernichtendes Schuldeingeständnis" Bin Ladens
      bezeichnet
      und zur weltweiten Verbreitung freigegeben worden.

      Der Hamburger Orientalist Professor Gernot Rotter sowie zwei
      unabhängige,
      vereidigte Übersetzer stellen laut "Monitor" übereinstimmend fest: In
      der
      vom Pentagon herausgegebenen englischen Übersetzung des "Geständnisses"
      seien an gravierenden Stellen Bezüge hineinformuliert, aus denen eine
      eindeutige Täterschaft Bin Ladens abgeleitet werden soll.

      So würden Zeitbezüge behauptet, die angeblich sein Vorwissen belegen, in
      der
      arabischen Originalversion aber nicht auftauchen. Die
      "Monitor"-Recherchen
      stellten die Beweiskraft der vom Pentagon verbreiteten und von den
      meisten
      westlichen Medien übernommenen Version in Frage: "Die amerikanischen
      Übersetzer, die die Bänder abgehört haben und transkribiert haben, haben

      offensichtlich an vielen Stellen Dinge hineingeschrieben, die sie hören
      wollten, die aber so - auch nach mehrmaligem Anhören - nicht zu hören
      sind",
      sagte Professor Rotter dem Politikmagazin.
      Avatar
      schrieb am 26.12.01 16:08:23
      Beitrag Nr. 50 ()
      @MH und alle

      Ich habe gerade diesen Thread durchgelesen und möchte eigentlich MH meinen Respekt dafür aussprechen, dass er sich Gedanken über den Tellerrand hinaus macht.

      Wir werden alle und immer manipuliert. Die Medien bieten dazu hervorragende Möglichkeiten. Wie man Menschen manipulieren kann, wissen wir ja zur Genüge aus der Werbung. Ebenso wissen wir, dass totalitäre Staaten oder totalitäre Machthaber sich schnellsten der Medien bemächtigen, um ihre Kontrolle ausüben und andere Berichterstattungen ausschliessen zu können. Demokratien bemächtigen sich der Medienkontrolle mittels Gesetze oder wirtschaftlicher Konzentration. Sie haben aber alle das gleiche Ziel, die Meinung der Bevölkerung in die für sie nützliche Richtung zu lenken. Was auch der menschlichen Natur entspricht, denn wer verbreitet schon gerne die Meinung seines Gegners auf neutrale Weise. Wenn uns dies gelingen würde, hätten wir sicherlich ein hohes Mass an Demokratie erreicht.

      Kriege werden und wurden ebenfalls immer aus wirtschaftspolitischen Gründen geführt. Dies wird und wurde niemals ausgesprochen, sondern man bedient sich dazu immer eines ideellen Gedankenguts, um die Bevölkerung entsprechend einzustimmen.

      Wenn man also von oben geschriebenen ausgeht, und ich gehe davon aus, muss man die Hintergründe der gegenwärtigen Konflikte und Kriege tatsächlich genauer hinterfragen und untersuchen. Das hat mir MH mit seinem Thread in Erinnerung gebracht.

      @Rainer6767

      Die Jugend hat gegenüber den Älteren den Vorteil, dass sie kompromisslos und tatkräftig versucht, Fragen zu stellen und Antworten zu finden. Ältere, wie auch ich, sind oft im Alltag verstrickt und nehmen sich dazu oft zu wenig Zeit. Ich bin froh, dass ich von jungen Menschen lernen kann und ich hoffe, dass ich umgekehrt auch an sie etwas weitergeben kann.

      Herzliche Grüsse
      filippina
      Avatar
      schrieb am 26.12.01 20:33:31
      Beitrag Nr. 51 ()
      @ fili: jau :o)

      das interessante ist, ich habe den artikel über die fehlerhafte übersetzung u.a. an ein paar bekannte in us versendet, ohne weiteren kommentar. *g* was ich mir da anhören konnte von einigen, war beweis genug wie gut die medien in us funktionieren

      und dazu passend habe ich gerade einen artikel erhalten:

      G E O R G E W . B U S H

      "Whitewater hoch drei"

      Vor Ehrfurcht erstarrt: Die US-Medien sind ihrem Präsidenten gegenüber so zahm wie nie zuvor.

      Washington - US-Präsident George W. Bush hat etwas geschafft, was kaum einem anderen Staats- oder Regierungschef in einer westlichen Demokratie geglückt ist. Kritik an seiner Person oder seinem Krieg gegen den internationalen Terrorismus ist praktisch tabu. Die amerikanischen Medien, die einst jeden Ausrutscher von Bushs Vorgänger Bill Clinton mit Häme verfolgten, sind plötzlich so zahm wie nie zuvor. Offenkundig wurde dies erneut nach dem spektakulären Zusammenbruch des texanischen Energieriesen Enron.

      Zahlreiche enge Bush-Mitarbeiter hatten einst für den inmitten finanzieller Unregelmäßigkeiten zusammengebrochenen Konzern gearbeitet oder hatten wie Bushs Chefstratege Karl Rove Aktien des Unternehmens. Bush selbst ist mit Enron-Chef Kenneth Lay befreundet und erhielt in den vergangenen acht Jahren nach Informationen der "Washington Post" zwei Millionen Dollar an Spenden.

      "Enron ist Whitewater hoch drei", hieß es in einem der wenigen Kommentare in der "Los Angeles Times" in Anspielung an den Skandal um angeblich dubiose Grundstücksgeschäfte der Clintons. Doch während sich die Clintons im Whitewater-Skandal acht Jahre lang immer wieder aus Neue gegen die Vorwürfe verteidigen mussten, widmeten sich die Medien zwar ausführlich dem wirtschaftlichen Aspekt, doch die politischen Verwicklungen in einer der größten Firmenpleiten in der US-Geschichte blieben weitgehend unbeachtet.

      Patriotische Welle

      Zum einen hängt dies nach Einschätzungen von Beobachtern damit zusammen, dass in den Medien für andere Geschichten als den Krieg in Afghanistan kaum Platz ist, zum anderen sind die Medien aber auch von einer patriotischen Welle erfasst worden, wo Kritik einfach nicht opportun erscheint.

      Wer es wagt, Bush oder den Krieg gegen den Terrorismus zu kritisieren, muss mit dem spontanen Volkszorn rechnen. Einer der ersten, der dies erfahren musste, war der Talk-Show-Moderator Bill Maher, der Zweifel an Bushs Feststellung übte, dass die Mitglieder der Terrororganisation El Kaida alle Feiglinge seien. Mehrere lokale Fernsehsender strichen daraufhin Mahers Sendung aus dem Programm und erst nach seinen mehrmaligen Entschuldigungen durfte er weiter moderieren.

      Ähnlich ging es dem bekannten ABC-Moderator Peter Jennings, dem vom dem ultrakonservativen Radiomoderator Rush Limbaugh fälschlicherweise vorgeworfen worden war, er habe Bushs Verhalten in den ersten Stunden nach dem Anschlag auf das World Trade Center kritisiert. Binnen kürzester Zeit wurde der Sender mit 10 000 Anrufen und empörten E-Mails überflutet.

      Rücksprache mit dem weißen Haus

      Seitdem und auch angesichts von Zustimmungsraten von über 85 Prozent für Bush äußert sich kaum noch ein Moderator oder Zeitungskommentator kritisch gegenüber dem Präsidenten. Bezeichnend ist auch, dass die einst rebellischen US-Fernsehsender nach nur kurzem Zögern einwilligten, sich bei der Ausstrahlung von Videobotschaften des Terroristenführers Osama bin Laden erst mit dem Weißen Haus abzusprechen.

      Selbst kritische Magazine wie "Newsweek" profilieren sich inzwischen statt mit Enthüllungsgeschichten lieber mit Präsidentenlob. So brachte das Blatt kürzlich eine Titelgeschichte über Bush und die First Lady Laura, in der die "Stärke" Bushs so über allen Maßen gelobt wurde, dass die Medienkritiker der Organisation "FAIR" dafür plädierten, den Autoren dafür den großen Propaganda-Preis zu verleihen.

      Thomas Müller, dpa
      Avatar
      schrieb am 27.12.01 15:53:41
      Beitrag Nr. 52 ()
      @MH :-)

      Da Du mich jetzt wachgerüttelt hast, kann ich nicht einfach mehr in Unkenntnis dahinleben und so habe ich ein wenig im Archiv von spiegelonline rumgeblättert.

      Dabei interessieren mich besonders zwei Themen:

      1. Die Verteilungskämpfe um das Rohöl rund um das Kaspische Meer. Die Rolle, die dabei Russland, Amerika und die Anrainerstaaten spielen.

      2. Die Nomadenstämme rund um Afghanistan. Und dabei nicht nur die Paschtunen, sondern auch jene Stämme, die in Usbekistan, Tadschikistan und Kasachstan leben. Und da besonders ihre Verflechtungen mit Russland und USA.

      Ich würde mich freuen, wenn Du Information darüber, hier oder auf Deiner Homepage reinstellen kannst. Es ist doch ein wichtiges Thema und wird unsere Zukunft mitbestimmen.


      Herzliche Grüsse
      fili
      Avatar
      schrieb am 28.12.01 00:12:57
      Beitrag Nr. 53 ()
      lol n komplexeres thema kannst du dir nicht raussuchen oder fili? ;o)

      da ich über keinerlei informaten in diesem gebiet verfüge, muss ich das jetzt mal einfach so verneinen und kann nur versprechen, artikel hier reinzustellen die dieses thema behandeln, wenn ich sie sehe. wenn ein jeder das gleiche tut, sollten wir recht gut informiert sein...

      mfg mh
      Avatar
      schrieb am 29.12.01 15:08:38
      Beitrag Nr. 54 ()
      @MH

      gut, dann fangen wir halt mit dem Sammeln an. Ich setze einfach mal zum Thema Nomadenstämme rund um Afghanistan einen Spiegelartikel hier rein.

      ---------Anfang erster Teil

      DER SPIEGEL 45/2001 - 05. November 2001
      URL: http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,165975,00.html
      Titel

      Kleine Könige am Khyber-Pass

      Im Gefolge des afghanischen Exil-Monarchen Zahir Schah erhofft sich ein bunter Haufen ausgewanderter Mudschahidin die glorreiche Rückkehr in die alte Heimat. Doch im Herzen tragen sie die Narben von jahrzehntelangem Krieg, mörderischen Machtkämpfen und uralten Stammesfehden.

      Zum Totengebet für den Mudschahid Abdul Haq versammeln sich die Abgesandten der afghanischen Volksgruppen in ihrem Exil hinter dem Khyber-Pass. Männer mit wilden Augen in schwarzbraunen Gesichtern füllen den Gebetsraum; hagere Gestalten in weißen Dschallabas, Wollschals wie leere Säcke über die Schulter geworfen, Turbane und Kappen tief in der Stirn, drängen nach.

      "Gott lässt euch sterben, Gott macht euch wieder lebendig" - zur Sure al-Bakara wiegt sich an der Stirnseite des Raums unter blauem Turban Hadji Din Mohammed im Schneidersitz. Die Taliban haben einen seiner acht Brüder ermordet - Abdul Haq, einen Hoffnungsträger der Amerikaner und Helden des Kriegs gegen die "Schurawi", die gottlosen Sowjets. Hadji Din Mohammed aber, Minister in Kabul bis zu seiner Flucht Anfang der neunziger Jahre nach Pakistan, lächelt, jenseitig fast, und sagt: "Wir werden die friedliche Mission Abdul Haqs fortsetzen."

      Die Behelfs-Moschee des Flüchtlingslagers Shamshatu im Nordwesten Pakistans ähnelt währenddessen dem Aufmarschgelände eines Veteranentreffens vertriebener afghanischer Mudschahidin. Wer aus dem Mehrheitsvolk der Paschtunen Aussicht oder auch nur die Hoffnung hat, drüben in der Heimat am Ende des amerikanischen Bombardements wieder mitreden zu dürfen, der ist heute hier.

      Auf dem Ehrenplatz zur Linken der Hinterbliebenen kauert Qazi Amin Waqad. Der islamische Rechtsgelehrte, rotbärtiger Wiedergänger des Ajatollah Chomeini, ist ein gleichermaßen unerbittlicher wie gottesfürchtiger Hetzer gegen die Feinde Afghanistans. Als Feldherr im heiligen Krieg gegen die Sowjets hat Waqad Punkte gemacht. "Wir haben die Kommunisten und das KGB besiegt", ruft er donnernd in die Moschee: "Wer den Islam verteidigen will, darf keine Angst vor dem Tod haben."

      Im Mittelgang, Reihe zwei, hockt in grüner Tarnweste der massige General Abdul Rahim Wardak. Als Einziger trägt er keinen Bart, auch keinen Turban, und seine Hautfarbe ist bleich. Wardak war Oberkommandierender der Nationalen Islamischen Front und bis zur Machtübernahme durch die Taliban Generalstabschef der afghanischen Armee.

      "Unsere größte Chance für den Frieden ist der König. Ohne ihn bringen wir uns um."

      Wardak schräg gegenüber sitzt, ins Gebet versunken, sein Spezi Haji Zaman Ghamsharik, ein Warlord aus dem Osten Afghanistans. Mit dem Rücken zur Wand schließlich, die wachen Äuglein immer unterwegs, mustert Mohammed Agha Gailani das Stelldichein der Würdenträger. Er vertritt seinen Vater, Pir "den Weisen" Sayyid Gailani, den politischen Vertrauten des Exil-Königs Zahir Schah.

      Afghanen sind Hierarchen. Wer hier und heute weiter als zehn Meter entfernt von den Brüdern des Toten sitzt, wird in naher Zukunft nichts zu sagen haben in seiner Heimat.

      Alle Hauptdarsteller haben schon in den Achtzigern gekämpft für ein freies Afghanistan. Alle wollen sie jetzt, da es Bomben hagelt auf die Taliban-Hochburgen Kandahar und Kabul, ihre späte Chance nutzen, an die Macht zu kommen. Sie behaupten, ein gemeinsames Ziel zu haben - Frieden und nationale Einheit für ihre Heimat, die 40 Kilometer entfernt hinter Torkham am Khyber-Pass beginnt. Der alte König Zahir Schah soll die Einheit bringen.

      Doch der alte König ist nicht da. Er steht im 88. Lebensjahr, ist seit 70 Jahren verheiratet und seit 28 Jahren entmachtet. Er muss mit seinen Kräften haushalten. Sitzt also still im Exil vor den Toren Roms, empfängt Besucher aus der Heimat und versucht dabei, mit dem ihm eigenen Misstrauen zu ergründen, wie er es schaffen konnte, als Greis noch einmal zum Hoffnungsträger der untereinander zerstrittenen Afghanen zu werden.

      Auf der Rückfahrt vom Flüchtlingslager Shamshatu in die Provinzhauptstadt Peschawar fahren die alten Mudschahidin in Jeeps und Pick-ups durch das Kernland ihrer Bewegung - eine Mondlandschaft mit Ruß spuckenden Schloten, Kindern, die Lehmziegel schichten, und schwer beladenen Greisen auf staubigen Straßen.

      Die Afghanenlager im Nordwesten Pakistans sind ein Staat im Staat. Seit beinahe einem viertel Jahrhundert leben hier Menschen von jenseits der Grenze. Viele, die drüben an vorderster Front gegen die Sowjets gestanden haben und jetzt, 20 Jahre später, noch einmal mitmischen wollen: gegen die Taliban, gegen die Amerikaner, je nach Lage, haben hier seit je ihre Anhänger und Mitstreiter rekrutiert.

      Unter den 164 Studenten, die 1974 aus Kabul geflohen sind nach dem Sturz des Königs und die später in Peschawar die Hisb-i-Islami gegründet haben, die Islamische Partei, waren bereits Abdul Haq und sein Bruder; auch Gazi Amin Waqad, der jetzt in der Moschee vom Kampf gegen die Ungläubigen spricht; auch Gulbuddin Hekmatjar, bis heute Hisb-Chef, Widerstandsheld gegen die Sowjets, Bluträcher im folgenden innerafghanischen Krieg; und Ahmed Schah Massud, der "Löwe vom Pandschirtal", bis zu seiner Ermordung im September unverändert an der Front.

      Die historischen "Sieben von Peschawar", die Parteien des siegreichen Widerstands gegen die Rote Armee, haben sich danach, von 1992 bis 1996, untereinander leidenschaftlich zu Grunde gemetzelt. Eineinhalb Millionen Afghanen insgesamt ließen ihr Leben. Der wohl größten und erfolgreichsten CIA-Aktion aller Zeiten, der Aufrüstung der Mudschahidin gegen die Rote Armee, folgte kein amerikanisches Konzept für die Zeit danach. So kamen die Taliban an die Macht, so wurde Osama Bin Laden sesshaft im Land.

      Die Suppe, die Papa George Bush durch Nichtstun damals eingebrockt hat, muss der kleine George W. jetzt auslöffeln. Und Afghanistans Helden von gestern sind wieder dabei.

      In Peschawar, Stadtteil Muradabad, nahe beim Opiummarkt und den Lehmhäusern der Flüchtlinge, zieht in einer kloakengesäumten Gasse Qazi Amin Waqad seine Fäden. Als er geboren wurde, 1947, saß der König, der nun zurückkehren soll, bereits seit 14 Jahren auf dem Thron. "Ich bin nicht gegen den König, sofern er neue Ideen mitbringt", sagt Waqad listig: "Aber damals war er noch jung und hat schon nichts für sein Land getan. Wieso also sollte er jetzt etwas tun?"

      Waqad ist als ehemaliger Hisb-Chef, islamischer Rechtsgelehrter und ehemaliger Dschihad-Kommandeur eine dreifach geadelte Zentralfigur beim Machtkampf um die Taliban-Nachfolge in Kabul. Vor allem aber gehört er dem afghanischen Mehrheitsvolk der Paschtunen an wie der alte König Zahir Schah, wie der Taliban-Chef Mullah Omar. Er ist Strippenzieher im Gewirr der Parteien und Stämme.

      Waqad sagt: "Der Schlüssel zur afghanischen Nation liegt in den Händen der alten Dschihad-Kommandeure." Also in seinen Händen, beispielsweise. Waqad war im April, als der Westen sich noch nicht für Afghanistan interessierte, in Kabul und hat dort mit Taliban-Außenminister Muttawakil und dem Vertreter von Mullah Omar gesprochen. Im August hat er den Tadschikenführer Rabbani an der Nordfront getroffen; und im September im Pandschirtal den "Löwen" Schah Ahmed Massud - drei Tage vor dessen Ermordung.

      Allen hat er sein Konzept vorgelegt: von einer Regierung der nationalen Einheit, von der Lösung des "Osama-Problems", von der Rückkehr der Flüchtlinge. Doch zwei Tage nach seiner Rückkehr rasten Flugzeuge ins World Trade Center. Mit den Türmen zerbarst der Plan des Paschtunenführers von einer friedlichen Zukunft.

      Waqad sagt, er kenne Osama Bin Laden noch aus gemeinsamer Zeit in Peschawar: "Wir hatten engen Kontakt. Osama ist ein Muslim und kämpft für die richtige Sache. Aber auf eine Art, die der Islam nicht erlaubt." Eine neue afghanische Regierung habe darüber zu befinden, was mit Osama geschehen solle. Ob er sie anführen wolle? "Ja, das wäre schön", sagt Waqad.

      Durch die Basarstraßen Peschawars, durch das fieberhafte Gewimmel und Gehupe, das sich unter einem vom Qualm dreirädriger Droschken smogversiegelten Himmel entlädt, führt der Weg zum Haus von Haji Zaman Ghamsharik, dem Warlord. Er war ein Weggefährte Abdul Haqs.

      Deshalb gibt es jetzt vor dem Garten von Ghamsharik eine Leibesvisitation; im Rücken der auf dem Rasen Richtung Mekka betenden Kämpfer hat ein Leibwächter mit einem AK-47-Sturmgewehr Aufstellung genommen. Auch Ghamsharik trägt wieder eine Waffe. Er sagt: "Wir haben in den letzten 23 Jahren zu viele Führer verloren."

      Als Ghamsharik 1956 im Osten Afghanistans geboren wurde, saß der König, der nun zurückkehren soll, seit 23 Jahren auf dem Thron. Doch den graubärtigen Ex-Kommandeur der 11. Armee Afghanistans, der jetzt zwischen Bougainvilleen und Rosensträuchern von der Rückkehr in die Heimat träumt, stört das nicht: "Unsere größte Chance für den Frieden ist der König. Ohne ihn bringen wir alten Mudschahidin uns um."

      Ghamsharik spricht nach eigenen Angaben stellvertretend für 200 Kommandeure aus den vier Ost-provinzen. Jeder von ihnen soll zwischen 100 und 1000 Männer zur Verfügung haben. Ein Rekrutierungsbüro in Peschawar ist eröffnet worden. Doch es fehlt an Waffen, an Technik, an allem. Die Amerikaner, die schon seinen Gefährten Abdul Haq im Stich gelassen haben, zeigen sich zurückhaltend: "Mit leeren Händen", sagt Haji Zaman Ghamsharik, "lässt sich schlecht kämpfen."

      Je stärker die amerikanischen Bomber versuchen, der Nordallianz den Weg nach Kabul freizuräumen, dem Tadschiken Rabbani und dem Usbeken-General Dostam, desto größer wird die Furcht bei den stolzen Paschtunen in Pakistan, ihr Führungsanspruch unter den Volksgruppen Afghanistans könnte vergessen werden, wenn die siegreichen Kämpfer erst einmal in der Hauptstadt stehen.

      Auffällig oft zeigt sich Ghamsharik neuerdings an der Seite von General Wardak, der Sphinx der Bewegung. Als Wardak 1963 in die Armee von Zahir Schah eintrat, feierte der König, der nun zurückkehren soll, bereits sein 30. Thronjubiläum. Wardak diente in der Folge dem König, den Mudschahidin und schließlich der ersten postkommunistischen Regierung unter Rabbani - als Generalstabschef.

      Mitte der Achtziger schon flog Wardak als Emissär in die USA. Es ging um Militärhilfe für die Mudschahidin. Jetzt stehen seine Leute wieder ohne Waffen da, ohne feste US-Zusagen, wer Kabul nach einem eventuellen Sturz der Taliban regieren soll. Und General Abdul Rahim Wardak, der sich inzwischen als militärischer Berater des Königs bezeichnen lässt und mit dem Uno-Beauftragten Lakhdar Brahimi speisen darf, ist immer noch dabei.

      Wird man ihn in Kabul wiedersehen, demnächst? "Wenn alles gut geht - ja", sagt der Haudegen lächelnd, "aber bitte verstehen Sie, dass ich Gründe habe, in dieser Frage zurückhaltend zu sein."

      Die Gründe sind offensichtlich: Das exilafghanische 19-Parteien-Bündnis "Versammlung für Frieden und nationale Einheit in Afghanistan" einerseits, dem neben General Wardak die maßgeblichen Exil-Paschtunen angehören, und die Königskamarilla andererseits bewegen sich nur in Zeitlupe aufeinander zu. Währenddessen rücken die Truppen der Nordallianz auf die Taliban-Stellungen vor. Das beunruhigt vor allem einen - Pir Sayyid Ahmad Gailani, Sprecher der Koalition, die den König tragen soll.

      In einer baumbestandenen Villengegend von Islamabad sitzt der Erwählte in Anzug und Maßschuhen unter einer Ahnentafel voll mit kobaltblauen Rechtecken, auf der die Abkömmlinge des Propheten benannt sind: "Ja", sagt Pir Sayyid Gailani gnädig, "wir sind direkte Nachfahren Mohammeds."

      Gailani ist zumindest dem Familienerbe nach ein Mystiker vom Sufi-Orden der Kadirija. Die traditionelle Wollkutte (suf) zum Zeichen der Abkehr vom Weltlichen lehnt er allerdings ab. Seines Lebensstils wegen allenthalben als "Gucci-Mann" verspottet, wartet Gailani, bis der Diener den Tee gebracht hat und der Sekretär lautlos entschwunden ist, ehe er versichert: "Alles nur gemietet hier." Er will die Gotteskrieger, mit denen er wieder zu paktieren hat, nicht ohne Not gegen sich aufbringen.

      Der silberbärtige Gailani ist die Brücke zwischen König und ehemaligen Kämpfern. Er hat in die königliche Familie eingeheiratet, von dieser die Alleinvertretung für Peugeot-Importwagen in Kabul verehrt bekommen und also Geld gemacht. Jetzt ist Gailani 69 und würde gern noch etwas werden. Und dazu braucht er den König. Der soll, nach weiteren Versammlungen möglichst aller Parteien und Stämme, an die Spitze eines Obersten Rats von etwa zehn Mitgliedern gewählt werden. Und dann, am besten in Afghanistan selbst, die Loya Jirga einberufen - die große, verfassunggebende, für echte Afghanen einzig maßgebliche Plattform der Volksvertreter.

      "Amerika ist ein Dinosaurier, ein riesiges Tier mit einem winzigen Gehirn."

      Ohne König, sagt Gailani, ginge das Ganze natürlich auch. Dann könnte, beispielsweise, er selbst an die Spitze rücken. Aber da "His Majesty very much alive" sei und dringend benötigt würde, wolle er sich nicht vordrängen: "Es sei denn, das Volk riefe mich."

      Ruft es? Nein. Es singt, zumindest in den Straßen von Peschawar: "Unser Osama ist ein Löwe." Es organisiert Anti-US-Aufmärsche in den Basargassen. Es eilt, mit Kalaschnikows oder alten Schießprügeln bewaffnet, den Taliban zu Hilfe. Der Taliban-Kommandeur Jalaluddin Haqqani, ein schwarzbärtiger Paschtune, der schon von Reagan empfangen wurde, ist unlängst, während des US-Bombardements, in Pakistan gefeiert worden wie ein Friedensnobelpreisträger.

      Werden also die emeritierten Mudschahidin in Gucci-Schuhen oder Räuberzivil, die weit Gereisten, die "Ohrensessel-Kommandeure" wie gespottet wird, im soundsovielten Anlauf jenseits des Khyber-Passes noch an die Macht kommen? Das Pentagon stützt die Nordallianz, das State Department den alten König. Eine Linie ist bis auf weiteres nicht erkennbar.

      "Amerika ist ein Dinosaurier, ein riesiges Tier mit einem winzigen Gehirn, das auf jeden drauflatscht, ohne es zu wollen", hat Abdul Haq schon lange vor seinem Tod gesagt. Und: "Afghanisches Blut ist billiger als alles andere."

      In diesem Sinne wollen die alten Mudschahidin jedenfalls auch künftig nicht zurückstehen. "Wir kennen den Osten Afghanistans, wir kennen die Leute. Wir werden den Krieg dort beginnen", sagt Haji Zaman Ghamsharik. "Wenn der Krieg uns auferlegt wird, dann muss es sein", sagt der feine Pir Sayyid Gailani.

      "Wer die Russen besiegt hat, kann auch gegen die USA antreten", tönt Qazi Amin Waqad beim Totengebet. Und als daraufhin einer aufspringt und mit erhobenem Arm skandiert: "Marg bar Rus, Marg bar Amerikan" (Tod den Russen, Tod den Amerikanern), zögert der Prediger aus der mit westlicher Hilfe geschmiedeten Königskoalition keine Sekunde.

      Er spricht einfach weiter, als sei nichts passiert. Jedenfalls nichts, was er nicht einkalkuliert hätte.

      WALTER MAYR

      ---------Ende erster Teil

      filippina
      Avatar
      schrieb am 29.12.01 15:12:21
      Beitrag Nr. 55 ()
      Und hier der zweite Teil des Spiegelartikels:

      --------anfang zweiter Teil

      DER SPIEGEL 45/2001 - 05. November 2001
      URL: http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,165975,00.html
      Titel

      Kleine Könige am Khyber-Pass

      Im Gefolge des afghanischen Exil-Monarchen Zahir Schah erhofft sich ein bunter Haufen ausgewanderter Mudschahidin die glorreiche Rückkehr in die alte Heimat. Doch im Herzen tragen sie die Narben von jahrzehntelangem Krieg, mörderischen Machtkämpfen und uralten Stammesfehden.

      Zum Totengebet für den Mudschahid Abdul Haq versammeln sich die Abgesandten der afghanischen Volksgruppen in ihrem Exil hinter dem Khyber-Pass. Männer mit wilden Augen in schwarzbraunen Gesichtern füllen den Gebetsraum; hagere Gestalten in weißen Dschallabas, Wollschals wie leere Säcke über die Schulter geworfen, Turbane und Kappen tief in der Stirn, drängen nach.

      "Gott lässt euch sterben, Gott macht euch wieder lebendig" - zur Sure al-Bakara wiegt sich an der Stirnseite des Raums unter blauem Turban Hadji Din Mohammed im Schneidersitz. Die Taliban haben einen seiner acht Brüder ermordet - Abdul Haq, einen Hoffnungsträger der Amerikaner und Helden des Kriegs gegen die "Schurawi", die gottlosen Sowjets. Hadji Din Mohammed aber, Minister in Kabul bis zu seiner Flucht Anfang der neunziger Jahre nach Pakistan, lächelt, jenseitig fast, und sagt: "Wir werden die friedliche Mission Abdul Haqs fortsetzen."

      Die Behelfs-Moschee des Flüchtlingslagers Shamshatu im Nordwesten Pakistans ähnelt währenddessen dem Aufmarschgelände eines Veteranentreffens vertriebener afghanischer Mudschahidin. Wer aus dem Mehrheitsvolk der Paschtunen Aussicht oder auch nur die Hoffnung hat, drüben in der Heimat am Ende des amerikanischen Bombardements wieder mitreden zu dürfen, der ist heute hier.

      Auf dem Ehrenplatz zur Linken der Hinterbliebenen kauert Qazi Amin Waqad. Der islamische Rechtsgelehrte, rotbärtiger Wiedergänger des Ajatollah Chomeini, ist ein gleichermaßen unerbittlicher wie gottesfürchtiger Hetzer gegen die Feinde Afghanistans. Als Feldherr im heiligen Krieg gegen die Sowjets hat Waqad Punkte gemacht. "Wir haben die Kommunisten und das KGB besiegt", ruft er donnernd in die Moschee: "Wer den Islam verteidigen will, darf keine Angst vor dem Tod haben."

      Im Mittelgang, Reihe zwei, hockt in grüner Tarnweste der massige General Abdul Rahim Wardak. Als Einziger trägt er keinen Bart, auch keinen Turban, und seine Hautfarbe ist bleich. Wardak war Oberkommandierender der Nationalen Islamischen Front und bis zur Machtübernahme durch die Taliban Generalstabschef der afghanischen Armee.

      "Unsere größte Chance für den Frieden ist der König. Ohne ihn bringen wir uns um."

      Wardak schräg gegenüber sitzt, ins Gebet versunken, sein Spezi Haji Zaman Ghamsharik, ein Warlord aus dem Osten Afghanistans. Mit dem Rücken zur Wand schließlich, die wachen Äuglein immer unterwegs, mustert Mohammed Agha Gailani das Stelldichein der Würdenträger. Er vertritt seinen Vater, Pir "den Weisen" Sayyid Gailani, den politischen Vertrauten des Exil-Königs Zahir Schah.

      Afghanen sind Hierarchen. Wer hier und heute weiter als zehn Meter entfernt von den Brüdern des Toten sitzt, wird in naher Zukunft nichts zu sagen haben in seiner Heimat.

      Alle Hauptdarsteller haben schon in den Achtzigern gekämpft für ein freies Afghanistan. Alle wollen sie jetzt, da es Bomben hagelt auf die Taliban-Hochburgen Kandahar und Kabul, ihre späte Chance nutzen, an die Macht zu kommen. Sie behaupten, ein gemeinsames Ziel zu haben - Frieden und nationale Einheit für ihre Heimat, die 40 Kilometer entfernt hinter Torkham am Khyber-Pass beginnt. Der alte König Zahir Schah soll die Einheit bringen.

      Doch der alte König ist nicht da. Er steht im 88. Lebensjahr, ist seit 70 Jahren verheiratet und seit 28 Jahren entmachtet. Er muss mit seinen Kräften haushalten. Sitzt also still im Exil vor den Toren Roms, empfängt Besucher aus der Heimat und versucht dabei, mit dem ihm eigenen Misstrauen zu ergründen, wie er es schaffen konnte, als Greis noch einmal zum Hoffnungsträger der untereinander zerstrittenen Afghanen zu werden.

      Auf der Rückfahrt vom Flüchtlingslager Shamshatu in die Provinzhauptstadt Peschawar fahren die alten Mudschahidin in Jeeps und Pick-ups durch das Kernland ihrer Bewegung - eine Mondlandschaft mit Ruß spuckenden Schloten, Kindern, die Lehmziegel schichten, und schwer beladenen Greisen auf staubigen Straßen.

      Die Afghanenlager im Nordwesten Pakistans sind ein Staat im Staat. Seit beinahe einem viertel Jahrhundert leben hier Menschen von jenseits der Grenze. Viele, die drüben an vorderster Front gegen die Sowjets gestanden haben und jetzt, 20 Jahre später, noch einmal mitmischen wollen: gegen die Taliban, gegen die Amerikaner, je nach Lage, haben hier seit je ihre Anhänger und Mitstreiter rekrutiert.

      Unter den 164 Studenten, die 1974 aus Kabul geflohen sind nach dem Sturz des Königs und die später in Peschawar die Hisb-i-Islami gegründet haben, die Islamische Partei, waren bereits Abdul Haq und sein Bruder; auch Gazi Amin Waqad, der jetzt in der Moschee vom Kampf gegen die Ungläubigen spricht; auch Gulbuddin Hekmatjar, bis heute Hisb-Chef, Widerstandsheld gegen die Sowjets, Bluträcher im folgenden innerafghanischen Krieg; und Ahmed Schah Massud, der "Löwe vom Pandschirtal", bis zu seiner Ermordung im September unverändert an der Front.

      Die historischen "Sieben von Peschawar", die Parteien des siegreichen Widerstands gegen die Rote Armee, haben sich danach, von 1992 bis 1996, untereinander leidenschaftlich zu Grunde gemetzelt. Eineinhalb Millionen Afghanen insgesamt ließen ihr Leben. Der wohl größten und erfolgreichsten CIA-Aktion aller Zeiten, der Aufrüstung der Mudschahidin gegen die Rote Armee, folgte kein amerikanisches Konzept für die Zeit danach. So kamen die Taliban an die Macht, so wurde Osama Bin Laden sesshaft im Land.

      Die Suppe, die Papa George Bush durch Nichtstun damals eingebrockt hat, muss der kleine George W. jetzt auslöffeln. Und Afghanistans Helden von gestern sind wieder dabei.

      In Peschawar, Stadtteil Muradabad, nahe beim Opiummarkt und den Lehmhäusern der Flüchtlinge, zieht in einer kloakengesäumten Gasse Qazi Amin Waqad seine Fäden. Als er geboren wurde, 1947, saß der König, der nun zurückkehren soll, bereits seit 14 Jahren auf dem Thron. "Ich bin nicht gegen den König, sofern er neue Ideen mitbringt", sagt Waqad listig: "Aber damals war er noch jung und hat schon nichts für sein Land getan. Wieso also sollte er jetzt etwas tun?"

      Waqad ist als ehemaliger Hisb-Chef, islamischer Rechtsgelehrter und ehemaliger Dschihad-Kommandeur eine dreifach geadelte Zentralfigur beim Machtkampf um die Taliban-Nachfolge in Kabul. Vor allem aber gehört er dem afghanischen Mehrheitsvolk der Paschtunen an wie der alte König Zahir Schah, wie der Taliban-Chef Mullah Omar. Er ist Strippenzieher im Gewirr der Parteien und Stämme.

      Waqad sagt: "Der Schlüssel zur afghanischen Nation liegt in den Händen der alten Dschihad-Kommandeure." Also in seinen Händen, beispielsweise. Waqad war im April, als der Westen sich noch nicht für Afghanistan interessierte, in Kabul und hat dort mit Taliban-Außenminister Muttawakil und dem Vertreter von Mullah Omar gesprochen. Im August hat er den Tadschikenführer Rabbani an der Nordfront getroffen; und im September im Pandschirtal den "Löwen" Schah Ahmed Massud - drei Tage vor dessen Ermordung.

      Allen hat er sein Konzept vorgelegt: von einer Regierung der nationalen Einheit, von der Lösung des "Osama-Problems", von der Rückkehr der Flüchtlinge. Doch zwei Tage nach seiner Rückkehr rasten Flugzeuge ins World Trade Center. Mit den Türmen zerbarst der Plan des Paschtunenführers von einer friedlichen Zukunft.

      Waqad sagt, er kenne Osama Bin Laden noch aus gemeinsamer Zeit in Peschawar: "Wir hatten engen Kontakt. Osama ist ein Muslim und kämpft für die richtige Sache. Aber auf eine Art, die der Islam nicht erlaubt." Eine neue afghanische Regierung habe darüber zu befinden, was mit Osama geschehen solle. Ob er sie anführen wolle? "Ja, das wäre schön", sagt Waqad.

      Durch die Basarstraßen Peschawars, durch das fieberhafte Gewimmel und Gehupe, das sich unter einem vom Qualm dreirädriger Droschken smogversiegelten Himmel entlädt, führt der Weg zum Haus von Haji Zaman Ghamsharik, dem Warlord. Er war ein Weggefährte Abdul Haqs.

      Deshalb gibt es jetzt vor dem Garten von Ghamsharik eine Leibesvisitation; im Rücken der auf dem Rasen Richtung Mekka betenden Kämpfer hat ein Leibwächter mit einem AK-47-Sturmgewehr Aufstellung genommen. Auch Ghamsharik trägt wieder eine Waffe. Er sagt: "Wir haben in den letzten 23 Jahren zu viele Führer verloren."

      Als Ghamsharik 1956 im Osten Afghanistans geboren wurde, saß der König, der nun zurückkehren soll, seit 23 Jahren auf dem Thron. Doch den graubärtigen Ex-Kommandeur der 11. Armee Afghanistans, der jetzt zwischen Bougainvilleen und Rosensträuchern von der Rückkehr in die Heimat träumt, stört das nicht: "Unsere größte Chance für den Frieden ist der König. Ohne ihn bringen wir alten Mudschahidin uns um."

      Ghamsharik spricht nach eigenen Angaben stellvertretend für 200 Kommandeure aus den vier Ost-provinzen. Jeder von ihnen soll zwischen 100 und 1000 Männer zur Verfügung haben. Ein Rekrutierungsbüro in Peschawar ist eröffnet worden. Doch es fehlt an Waffen, an Technik, an allem. Die Amerikaner, die schon seinen Gefährten Abdul Haq im Stich gelassen haben, zeigen sich zurückhaltend: "Mit leeren Händen", sagt Haji Zaman Ghamsharik, "lässt sich schlecht kämpfen."

      Je stärker die amerikanischen Bomber versuchen, der Nordallianz den Weg nach Kabul freizuräumen, dem Tadschiken Rabbani und dem Usbeken-General Dostam, desto größer wird die Furcht bei den stolzen Paschtunen in Pakistan, ihr Führungsanspruch unter den Volksgruppen Afghanistans könnte vergessen werden, wenn die siegreichen Kämpfer erst einmal in der Hauptstadt stehen.

      Auffällig oft zeigt sich Ghamsharik neuerdings an der Seite von General Wardak, der Sphinx der Bewegung. Als Wardak 1963 in die Armee von Zahir Schah eintrat, feierte der König, der nun zurückkehren soll, bereits sein 30. Thronjubiläum. Wardak diente in der Folge dem König, den Mudschahidin und schließlich der ersten postkommunistischen Regierung unter Rabbani - als Generalstabschef.

      Mitte der Achtziger schon flog Wardak als Emissär in die USA. Es ging um Militärhilfe für die Mudschahidin. Jetzt stehen seine Leute wieder ohne Waffen da, ohne feste US-Zusagen, wer Kabul nach einem eventuellen Sturz der Taliban regieren soll. Und General Abdul Rahim Wardak, der sich inzwischen als militärischer Berater des Königs bezeichnen lässt und mit dem Uno-Beauftragten Lakhdar Brahimi speisen darf, ist immer noch dabei.

      Wird man ihn in Kabul wiedersehen, demnächst? "Wenn alles gut geht - ja", sagt der Haudegen lächelnd, "aber bitte verstehen Sie, dass ich Gründe habe, in dieser Frage zurückhaltend zu sein."

      Die Gründe sind offensichtlich: Das exilafghanische 19-Parteien-Bündnis "Versammlung für Frieden und nationale Einheit in Afghanistan" einerseits, dem neben General Wardak die maßgeblichen Exil-Paschtunen angehören, und die Königskamarilla andererseits bewegen sich nur in Zeitlupe aufeinander zu. Währenddessen rücken die Truppen der Nordallianz auf die Taliban-Stellungen vor. Das beunruhigt vor allem einen - Pir Sayyid Ahmad Gailani, Sprecher der Koalition, die den König tragen soll.

      In einer baumbestandenen Villengegend von Islamabad sitzt der Erwählte in Anzug und Maßschuhen unter einer Ahnentafel voll mit kobaltblauen Rechtecken, auf der die Abkömmlinge des Propheten benannt sind: "Ja", sagt Pir Sayyid Gailani gnädig, "wir sind direkte Nachfahren Mohammeds."

      Gailani ist zumindest dem Familienerbe nach ein Mystiker vom Sufi-Orden der Kadirija. Die traditionelle Wollkutte (suf) zum Zeichen der Abkehr vom Weltlichen lehnt er allerdings ab. Seines Lebensstils wegen allenthalben als "Gucci-Mann" verspottet, wartet Gailani, bis der Diener den Tee gebracht hat und der Sekretär lautlos entschwunden ist, ehe er versichert: "Alles nur gemietet hier." Er will die Gotteskrieger, mit denen er wieder zu paktieren hat, nicht ohne Not gegen sich aufbringen.

      Der silberbärtige Gailani ist die Brücke zwischen König und ehemaligen Kämpfern. Er hat in die königliche Familie eingeheiratet, von dieser die Alleinvertretung für Peugeot-Importwagen in Kabul verehrt bekommen und also Geld gemacht. Jetzt ist Gailani 69 und würde gern noch etwas werden. Und dazu braucht er den König. Der soll, nach weiteren Versammlungen möglichst aller Parteien und Stämme, an die Spitze eines Obersten Rats von etwa zehn Mitgliedern gewählt werden. Und dann, am besten in Afghanistan selbst, die Loya Jirga einberufen - die große, verfassunggebende, für echte Afghanen einzig maßgebliche Plattform der Volksvertreter.

      "Amerika ist ein Dinosaurier, ein riesiges Tier mit einem winzigen Gehirn."

      Ohne König, sagt Gailani, ginge das Ganze natürlich auch. Dann könnte, beispielsweise, er selbst an die Spitze rücken. Aber da "His Majesty very much alive" sei und dringend benötigt würde, wolle er sich nicht vordrängen: "Es sei denn, das Volk riefe mich."

      Ruft es? Nein. Es singt, zumindest in den Straßen von Peschawar: "Unser Osama ist ein Löwe." Es organisiert Anti-US-Aufmärsche in den Basargassen. Es eilt, mit Kalaschnikows oder alten Schießprügeln bewaffnet, den Taliban zu Hilfe. Der Taliban-Kommandeur Jalaluddin Haqqani, ein schwarzbärtiger Paschtune, der schon von Reagan empfangen wurde, ist unlängst, während des US-Bombardements, in Pakistan gefeiert worden wie ein Friedensnobelpreisträger.

      Werden also die emeritierten Mudschahidin in Gucci-Schuhen oder Räuberzivil, die weit Gereisten, die "Ohrensessel-Kommandeure" wie gespottet wird, im soundsovielten Anlauf jenseits des Khyber-Passes noch an die Macht kommen? Das Pentagon stützt die Nordallianz, das State Department den alten König. Eine Linie ist bis auf weiteres nicht erkennbar.

      "Amerika ist ein Dinosaurier, ein riesiges Tier mit einem winzigen Gehirn, das auf jeden drauflatscht, ohne es zu wollen", hat Abdul Haq schon lange vor seinem Tod gesagt. Und: "Afghanisches Blut ist billiger als alles andere."

      In diesem Sinne wollen die alten Mudschahidin jedenfalls auch künftig nicht zurückstehen. "Wir kennen den Osten Afghanistans, wir kennen die Leute. Wir werden den Krieg dort beginnen", sagt Haji Zaman Ghamsharik. "Wenn der Krieg uns auferlegt wird, dann muss es sein", sagt der feine Pir Sayyid Gailani.

      "Wer die Russen besiegt hat, kann auch gegen die USA antreten", tönt Qazi Amin Waqad beim Totengebet. Und als daraufhin einer aufspringt und mit erhobenem Arm skandiert: "Marg bar Rus, Marg bar Amerikan" (Tod den Russen, Tod den Amerikanern), zögert der Prediger aus der mit westlicher Hilfe geschmiedeten Königskoalition keine Sekunde.

      Er spricht einfach weiter, als sei nichts passiert. Jedenfalls nichts, was er nicht einkalkuliert hätte.

      WALTER MAYR

      ---------ende zweiter Teil
      Avatar
      schrieb am 03.01.02 18:40:49
      Beitrag Nr. 56 ()
      DER TERROR UND DIE FEHLER DER VERGANGENHEIT

      Warum sie uns wirklich hassen

      WARUM gibt es Menschen, die uns hassen, wo wir doch so gut sind?" fragte
      US-Präsident Bush kürzlich. Aus dieser Selbstwahrnehmung als "Reich des
      Guten" folgt die Anmaßung: Wer nicht für uns ist, ist gegen uns. Kaum einer
      in den USA diskutiert derzeit, welche Folgen es hat, wenn die einzige real
      existierende Supermacht sich stets als strahlender Sieger geriert. Dabei
      kommen die Triumphe von gestern Washington bereits heute teuer zu stehen,
      wie man an Ussama Bin Laden erkennt. Wie hoch wird der Preis sein für den
      Sieg über Bin Laden und die Taliban?

      Von NOAM CHOMSKY *

      Ausgangspunkt für die folgenden Überlegungen sind für mich zwei
      Grundannahmen: Erstens stellen die Ereignisse vom 11. September 2001 eine
      furchtbare Gräueltat dar, bei der mehr Menschen eines plötzlichen Todes
      starben als je zuvor in der Geschichte, sieht man von Kriegen ab. Zweitens
      muss alles unternommen werden, um die Gefahr einer Wiederholung solcher
      Attentate auf ein Minimum zu reduzieren, unabhängig davon, ob wir selbst
      oder andere betroffen sein mögen.

      Beginnen wir mit der Lage in Afghanistan. Dort sind mehrere Millionen
      Menschen vom Hungertod bedroht. Bereits vor den Anschlägen konnten sie nur
      dank internationaler Hilfe überleben. Am 16. September forderten die USA
      jedoch von Pakistan, den Transport von Lebensmitteln und anderen von der
      afghanischen Bevölkerung dringend benötigten Hilfsgütern zu unterbinden. Der
      Westen hat dagegen nur schwach protestiert. Als Hilfsorganisationen Teile
      ihres Personals abzogen, wurden die Hilfsaktionen noch problematischer. Eine
      Woche nach Beginn der Bombardierungen wiesen die Vereinten Nationen darauf
      hin, dass der bevorstehende Wintereinbruch die durch die US-Luftangriffe
      ohnedies bereits auf ein Minimum reduzierten Transporte unmöglich machen
      würde.

      Als die zivilen und religiösen Hilfsorganisationen gemeinsam mit dem
      Berichterstatter der Vereinten Nationen und der Welternährungsorganisation
      FAO die Einstellung der Bombardierungen forderten, war darüber in der New
      York Times nichts zu lesen. Der Boston Globe brachte die Meldung in einer
      Zeile, versteckt in einem Artikel über die Situation in Kaschmir. Mit ihrer
      resignativen Haltung hat die westliche Welt im Oktober 2001 den möglichen
      Tod von hunderttausenden Afghanen in Kauf genommen. Zur selben Zeit hat der
      Chef dieser Zivilisation (der US-amerikanische Präsident) erklärt, er würde
      weder auf die afghanischen Verhandlungsvorschläge zur Auslieferung Ussama
      Bin Ladens noch auf die Forderung der Taliban reagieren, die Beweise
      verlangten, um gegebenenfalls eine Auslieferung zu genehmigen. Für Bush kam
      nur die bedingungslose Kapitulation in Frage.

      Kein Verbrechen in der Geschichte war mörderischer als die Attentate vom 11.
      September, kaum ein Krieg hat innerhalb so kurzer Zeit so viele Opfer
      gefordert. Zudem wurde diesmal ein ungewöhnliches Ziel anvisiert: die
      Vereinigten Staaten. Der oft strapazierte Vergleich mit Pearl Harbor
      erscheint mir gleichwohl völlig unpassend. Die japanische Armee bombardierte
      1941 Militärstützpunkte in zwei Kolonien, die die USA sich unter ziemlich
      dubiosen Umständen(1) angeeignet hatten; die Japaner griffen also kein
      US-Territorium im engeren Sinne an.

      Seit beinahe zweihundert Jahren haben wir US-Amerikaner die indigenen Völker
      Lateinamerikas vertrieben oder ausgerottet (insgesamt einige Millionen
      Menschen), die Hälfte des mexikanisches Territoriums erobert, die Regionen
      der Karibik und Mittelamerikas geplündert, Haiti und die Philippinen
      überfallen und bei dieser Gelegenheit 100 000 Philippiner ermordet. Nach dem
      Zweiten Weltkrieg haben wir, wie allgemein bekannt ist, unseren globale
      Machtsphäre weiter ausgedehnt. Fast immer waren wir es, die getötet haben,
      und zwar in Kämpfen außerhalb unseres nationalen Territoriums.

      Wenn ich beispielsweise zur IRA und zum Terrorismus befragt werde, fällt mir
      immer wieder auf, dass sich die Fragen der Journalisten ganz wesentlich
      danach unterscheiden, ob die Fragesteller diesseits oder jenseits der
      Irischen See beheimatet sind. Im Allgemeinen erscheinen uns die Probleme
      unserer Erde in einem unterschiedlichen Licht, je nachdem ob man
      jahrhundertelang Schläge eingesteckt hat oder ob man selbst die Knute in der
      Hand hält. Vielleicht ist dies der Grund, warum die übrige Welt, obgleich
      sie sich von den Ereignissen vom 11. September zutiefst betroffen zeigte,
      auf die Anschläge von New York und Washington nicht genauso reagiert hat wie
      wir selber.

      Um die Ereignisse vom 11. September zu begreifen, muss man unterscheiden
      zwischen denen, die das Verbrechen begangen haben, und den zahlreichen
      Menschen, die dem Verbrechen Verständnis entgegenbrachten, obwohl sie es
      ablehnten. Wenn es sich, wie anzunehmen, um das Netz Bin Ladens handelt, so
      weiß über die Entstehung dieser fundamentalistischen Gruppe niemand besser
      Bescheid als die CIA und ihre Verbündeten. So hat sich etwa Zbigniew
      Brzezinski, der Sicherheitsberater von Präsident Carter, öffentlich zugute
      gehalten, den Sowjets 1978 eine "Falle" gestellt zu haben, indem man ihre
      Soldaten mittels Angriffen der Mudschaheddin (die von der CIA organisiert,
      bewaffnet und ausgebildet worden waren) gegen das Regime von Kabul binnen
      einem Jahr auf afghanisches Territorium gelockt habe.(2 )Erst nach 1990, mit
      der Errichtung dauerhafter US-Militärbasen auf dem für die islamische
      Religion heiligen Boden Saudi-Arabiens, begannen diese Kämpfer, sich gegen
      die USA zu wenden.

      Um das Sympathiepotenzial für das Bin-Laden-Netzwerk zu verstehen, sollten
      wir zunächst die Wut begreifen, die die USA mit ihrer Unterstützung
      autoritärer oder diktatorischer Regime ausgelöst haben. Wir müssen uns etwa
      vergegenwärtigen, dass die US-amerikanische Politik die irakische
      Gesellschaft zerstört hat, indem sie das Regime von Saddam Hussein
      konsolidierte, wie auch die Rolle Washingtons bei der israelischen Besetzung
      der palästinensischen Gebiete seit 1967. Während die Leitartikel der New
      York Times uns nach dem 11. September suggerierten, dass "sie" uns hassen,
      weil wir den Kapitalismus, die Demokratie, die Rechte des Individuums und
      die Trennung von Kirche und Staat verteidigen, bekam das besser informierte
      Wall Street Journal eine andere Auskunft, als es Banker und führende
      Wirtschaftsvertreter aus nichtwestlichen Ländern befragte: "Sie" hassen uns,
      weil wir die Demokratie und die wirtschaftliche Entwicklung behindern. Und
      weil wir brutale, terroristische Regime unterstützen.

      In westlichen Regierungskreisen beschrieb man den Krieg gegen den
      Terrorismus als "Kampf gegen eine Seuche, deren Erreger von den Barbaren
      verbreitet werden". Solche Worte sind nichts Neues. Vor zwanzig Jahren
      hörten wir es ganz ähnlich aus dem Munde Ronald Reagans und seines
      Außenministers Alexander Haig. Damals baute die US-Administration zur
      Bekämpfung der verderbten Gegner der Zivilisation gerade ein internationales
      Terroristennetz auf. Es spannte sich rund um die Welt, seine
      Hauptaktivitäten allerdings waren auf Lateinamerika konzentriert. Dabei ist
      ein Fall, nämlich Nicaragua, völlig unstrittig, denn er wurde sogar vor dem
      Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag und in der UNO verhandelt.
      Doch diesen eindeutigen Fall einer terroristischen Aktion, gegen die sich
      ein Rechtsstaat auf rechtlichem Wege zu wehren versuchte, hat kaum einer der
      großen Kommentatoren je angeprangert. Dabei handelte es sich um einen noch
      extremeren Präzedenzfall als bei den Attentaten vom 11. September: Der Krieg
      der Reagan-Administration kostete Nicaragua 29 000 Todesopfer und 28 000
      Verwundete und trieb das Land - womöglich auf irreversible Weise - in den
      Ruin.

      Recht behält, wer die Macht hat

      DIE Reaktion Nicaraguas bestand nicht etwa darin, Bomben auf Washington zu
      werfen, sondern vielmehr darin, den IGH in Den Haag anzurufen. Am 27. Juni
      1986 entschied der IGH im Sinne Nicaraguas, verurteilte "die illegale
      Gewaltanwendung" durch die USA (insofern diese nicaraguanische Häfen vermint
      hatten) und forderte Washington auf, seine kriminellen Praktiken zu beenden
      und im Übrigen eine Entschädigungssumme zu zahlen. Die Antwort der USA
      bestand in der Erklärung, man werde sich dem Urteil nicht beugen und den
      Gerichtshof nicht mehr anerkennen.

      Daraufhin beantragte Nicaragua beim Sicherheitsrat der Vereinten Nationen
      eine Resolution, mit der alle Staaten zur Einhaltung des internationalen
      Rechts angehalten werden. Diese Resolution hatte keinen expliziten
      Adressaten, doch wusste jeder, wem sie galt. Gegen sie legte Washington
      ein - ihm als ständigem Mitglied des Sicherheitsrates zustehendes - Veto
      ein. Daraufhin wandte sich Nicaragua an die Vollversammlung der Vereinten
      Nationen. Gegen die von Managua vorgelegte Resolution stimmten nur drei
      Staaten, nämlich die USA, Israel und El Salvador. Im darauf folgenden Jahr
      beantragte Nicaragua erneut eine Abstimmung über diese Resolution. Diesmal
      wurde die Reagan-Regierung nur noch von Israel unterstützt. Aber damit hatte
      Nicaragua seine Rechtsmittel erschöpft.

      Diese Geschichte enthält einige wichtige Lektionen. Die erste lautet, dass
      Terrorismus - nicht anders als Gewalt - durchaus erfolgreich ist. Die zweite
      Lektion lautet, dass der Terrorismus keineswegs nur ein Instrument der
      Schwachen darstellt. Wie die meisten tödlichen Waffen ist der Terrorismus in
      erster Linie eine Waffe der Mächtigen. Das Gegenteil lässt sich nur
      behaupten, weil die Mächtigen auch die ideologischen und die kulturellen
      Apparate beherrschen, weshalb ihr Terrorismus nicht als solcher benannt
      wird. Das funktioniert auch deshalb, weil es ihnen gelingt, die Erinnerung
      an anstößige Ereignisse auszulöschen. Dabei ist der Einfluss der
      amerikanischen Propaganda und Doktrinen so übermächtig, dass er sogar noch
      auf ihre Opfer wirkt. Fährt man heute nach Argentinien und fragt die
      Menschen nach der Vergangenheit, so bekommt man zur Antwort: "Ach ja, aber
      das haben wir doch längst vergessen!"

      Nicaragua, Haiti und Guatemala sind heute die drei ärmsten Länder
      Lateinamerikas. Und sie gehören nicht ganz zufällig zu den Ländern, in denen
      die USA unter dem Beifall westlicher Intellektueller militärisch
      interveniert haben. Die beriefen sich zum Beispiel noch vor wenigen Jahren
      selbstgefällig auf "ein Ende der Geschichte", eine neue Weltordnung, in der
      wir überall inhumane Verhältnisse abschaffen, und so weiter. Solche Formeln
      waren gängige Münze, während wir zugleich immer neue Gräueltaten zugelassen
      haben - ja schlimmer noch, uns aktiv daran beteiligt haben. Aber wer redet
      noch darüber? Eine der Errungenschaften der westlichen Zivilisation besteht
      vielleicht darin, dass in einer freien Gesellschaft solche Inkonsequenz
      möglich ist.

      Was verstehen wir unter Terrorismus? In den amerikanischen Armeehandbüchern
      wird Terror als kalkulierte Anwendung von Gewalt, Gewaltandrohung,
      Einschüchterung, Zwang für politische oder religiöse Zwecke definiert. Das
      Problem dieser Definition besteht darin, dass sie ziemlich exakt jenes
      Phänomen beschreibt, das die USA als Krieg von geringer Intensität
      bezeichnen - und selbst praktizieren. Als im Dezember 1987 die
      Vollversammlung der Vereinten Nationen eine Resolution gegen den Terrorismus
      verabschiedete, hat sich übrigens Honduras der Stimme enthalten und die USA
      und Israel haben dagegegen gestimmt. Warum? Wegen eines Paragrafen, der
      besagte, dass das Recht der Völker, sich gegen ein kolonialistisches Regime
      oder eine militärische Okkupation zu wehren, keinesfalls in Zweifel stehen
      dürfe.

      Damals war Südafrika ein Verbündeter der USA. Außer den Angriffen gegen
      Nachbarländer wie Namibia oder Angola, die hunderttausende Todesopfer
      gekostet und materiellen Schaden in Höhe von 60 Milliarden US-Dollar
      versursacht haben, kämpfte das Apartheidregime damals noch gegen einen
      inneren Gegner: den "terroristischen" Afrikanischen Nationalkongress (ANC).
      Israel wiederum hält seit 1967 Gebiete der Palästinenser besetzt und
      bekämpfte im lange Zeit ebenfalls besetzten südlichen Libanon gegen die
      Hisbollah, die Jerusalem und Washington ebenfalls als "terroristisch"
      bezeichnete.


      In den 1990er-Jahren spielten sich die schlimmsten Verstöße gegen die
      Menschenrechte in Kolumbien ab. Dieses Land war neben Israel und Ägypten -
      die wiederum ein Kapitel für sich darstellen - einer der Hauptempfänger von
      US-amerikanischer Militärhilfe. Platz eins belegte bis 1999 allerdings die
      Türkei, die seit 1984 von den USA eine stetig steigende Zahl von Waffen
      bezog. Warum gerade seit 1984? Nicht etwa, weil das Nato-Mitglied Türkei
      sich gegen die Sowjetunion behaupten musste - die befand sich damals bereits
      in Auflösung -, sondern weil Ankara einen Terrorkrieg gegen die Kurden
      führte. 1997 erhielt die Türkei mehr US-Militärhilfe als im gesamten
      Zeitraum zwischen 1950 und 1983, also in der Ära des Kalten Krieges. Das
      Resultat: 2 bis 3 Millionen Flüchtlinge, zigtausend Tote, 350 zerstörte
      Städte und Dörfer. Als die Repression zunahm, stammten fast 80 Prozent der
      von der türkischen Armee eingesetzten Waffen aus den USA. Erst 1999 gingen
      die Lieferungen zurück. Der militärische Terror, der von der Regierung in
      Ankara natürlich als "Kontraterror" bezeichnet wurde, hatte sein Ziel
      erreicht - wie fast immer, wenn Terror von den Herrschenden ausgeübt wird.


      Mit der Türkei hatten sich die USA einen dankbaren Verbündeten herangezogen.
      Washington hatte Ankara F-16-Kampfflugzeuge zur Bombardierung der eigenen
      Bevölkerung geliefert, 1999 bombardierte die türkische Luftwaffe damit auch
      Ziele in Serbien. Einige Tage nach dem 11. September ließ der türkische
      Premierminister Bülent Ecevit wissen, sein Land schließe sich mit
      Begeisterung dem amerikanischen Bündnis gegen Bin Laden an. Bei dieser
      Gelegenheit bekundete er, die Türkei stehe in der Schuld der Vereinigten
      Staaten, wobei er sich auf den eigenen "antiterroristischen Kampf" bezog und
      auf die beispiellose Hilfe, die Washington dazu geleistet habe. Zwar haben
      auch andere Länder die Türkei im Krieg gegen die Kurden unterstützt, doch
      keines mit dem Eifer und der Effizienz der USA. Diese Unterstützung erfolgte
      mit dem stillschweigendem Einverständnis der gebildeten Amerikaner. Denn die
      wussten sehr wohl, was gespielt wurde. Schließlich sind die USA ein freies
      Land; die Berichte der humanitären Organisationen über die Lage in Kurdistan
      waren allen zugänglich. Damals haben wir uns entschieden, die Gräueltaten zu
      unterstützen.


      Zu unserem Bündnis gegen den Terrorismus gehören noch andere Partner. Im
      Christian Science Monitor (in Sachen internationaler Berichterstattung wohl
      eine der besten amerikanischen Zeitungen) war zu lesen, dass gewisse nicht
      gerade amerikafreundliche Länder die USA allmählich mehr respektieren
      würden, und zwar wegen des von ihnen geführten Kampfs gegen den Terrorismus.
      Der Verfasser dieses Berichts nannte als Hauptbeispiel Algerien. Als
      Afrikaexperte wird er aber wissen, dass die Regierung Algeriens einen Krieg
      gegen das eigene Volk führt. Russland, das einen Terrorkrieg in
      Tschetschenien führt, und China, das Gräueltaten an seinen so genannten
      abtrünnigen Muslimen verübt, haben sich ebenfalls der amerikanischen Sache
      angeschlossen.


      Wie aber soll man nun in der aktuellen Situation reagieren? Ein radikaler
      Extremist, der Papst, hat vorgeschlagen, die Schuldigen der Verbrechen vom
      11. September aufzuspüren und vor Gericht zu stellen. Die USA lehnen aber
      die normale Gerichtsbarkeit ab, sie wollen keine Beweise und ignorieren die
      Existenz eines Internationalen Gerichtshofs. So wie sie es bereits 1991
      gegenüber der Regierung von Haiti taten: Als diese von Washington die
      Auslieferung von Emmanuel Constant forderte, dem sie die Ermordung von
      tausenden Menschen nach dem Putsch gegen Präsident Jean-Bertrand Aristide
      vom 30. September 1991 vorwarf, und Beweise für dessen Schuld vorlegte,
      stellte sich die US-Regierung taub. Der Auslieferungsantrag wurde nicht
      einmal diskutiert.


      Terrorismusbekämpfung bedeutet, das Ausmaß des Terrors einzuschränken, statt
      es immer mehr auszuweiten. Wenn die Irisch-Republikanische Armee (IRA) in
      London ein Attentat verübt, lassen die Briten weder in Boston, wo die IRA
      zahlreiche Sympathisanten hat, noch in Belfast Bomben niedergehen. Vielmehr
      versuchen sie, die Schuldigen aufzuspüren, um sie vor Gericht zu stellen.
      Ein Mittel, um den Terrorismus einzudämmen, müsste darin bestehen, auch
      selbst keinen Terror mehr auszuüben - und über die eigene Politik
      nachzudenken, die ein Reservoir von Sympathisanten geschaffen hat, von dem
      am Ende die Drahtzieher der Attentate profitierten.


      dt. Andrea Marenzeller


      Fußnoten:

      (1) Die Hawaii-Inseln waren bis 1895 ein selbstständiges Königreich. 1898
      wurden sie von den USA wegen ihrer strategischen Bedeutung für den
      spanisch-amerikanischen Krieg im Pazifik einfach annektiert. Zum regulären
      US-Bundesstaat wurde Hawaii erst 1959.

      (2) Brzezinski meinte, damit habe man den Sowjets ihr "Vietnam" bereitet.
      Und er bedaure das nicht, denn schließlich sei der Fall des sowjetischen
      Imperiums weltgeschichtlich bedeutsamer als der spätere politische Aufstieg
      der Taliban. Siehe "Regret", Le Monde diplomatique, Oktober 2001, S. 23


      Le Monde diplomatique Nr. 6626 vom 14.12.2001 Seite 14-15 426 Zeilen
      Avatar
      schrieb am 03.01.02 18:44:57
      Beitrag Nr. 57 ()
      Aufruf von ehemaligen DDR-Bürgerrechtlern zur Politik der rot-grünen
      Regierung



      Wir haben es satt ...
      Aus eigener Erfahrung mit der Diktatur in der DDR,
      aus guter Erinnerung
      an politischen Druck und Widerstehen,
      an Volksverdummung und Wahrhaftigkeit,
      an hohle Phrasen und aufsässige Verse,
      an militaristisches Gehabe und grundsätzliche Gewaltlosigkeit,
      an Bevormundung und Solidarität.

      Und aus jüngster Erfahrung mit der parlamentarischen Demokratie in der
      Bundesrepublik
      wenden wir uns nicht an den Bundeskanzler, nicht an Rot-Grün, nicht an die
      Oppositionsparteien, sondern an Euch, einfache Bürger wie wir.

      "Die Kommunikation zwischen Staat und Gesellschaft ist offensichtlich
      gestört."

      Das war 1989 so. Und das gilt heute wieder.

      Wir fühlen uns in wachsendem Maße ohnmächtig gegenüber wirtschaftlichen,
      militärischen und politischen Strukturen, die für Machtgewinn und Profit
      unsere Interessen in lebenswichtigen Fragen einfach ignorieren. Wir fühlen
      uns in unserer Auseinandersetzung mit den aktuellen Problemen unseres Landes
      und der Welt mehr und mehr an die uns wohlbekannten Übel der Diktatur
      erinnert.

      So können wir uns zwar alle vier Jahre bei den Wahlen für eine von vielen
      streitenden Parteien entscheiden.

      Wir stellen jedoch fest, dass die Programme dieser Parteien mit der Politik,
      die sie dann tatsächlich machen, kaum etwas zu tun haben. Die politischen
      Losungen in der DDR waren selten lustig, sie werden in ihrer Hohlheit von
      den Wahlwerbungen der Parteien heute übertroffen.

      Wir haben uns über das Abstimmverhalten der Volkskammerabgeordneten
      amüsiert. Angesichts des Abstimmverhaltens der Bundestagsabgeordneten ist
      uns das Lachen vergangen.

      Wir haben es gelernt, hohle Phrasen und den sinnverkehrenden Gebrauch von
      Schlagworten zu erkennen und schadlos an uns abperlen zu lassen:

      Früher: Ewige Waffenbrüderschaft; Unverbrüchliche Solidarität;
      Friedensdienst (mit der Waffe in der Hand); Erz für den Frieden (gemeint war
      das Uran der WISMUT für die russischen Atombomben); Mein Arbeitsplatz - mein
      Kampfplatz für den Frieden; Wer nicht für uns ist, ist gegen uns!

      Heute: Kreuzzug gegen das Böse; Ewige Freiheit; Grenzenlose Gerechtigkeit;
      Uneingeschränkte Solidarität; Geschlossenheit; Wer nicht für uns ist, ist
      für die Terroristen!

      Wir haben in der Revolution von 1989 Kopf und Kragen riskiert, um das
      verhasste und verachtete System von Bütteln und Spitzeln in der DDR zu
      überwinden.

      Wir hatten erwartet, dass nach dem Ende des Kalten Krieges auch die
      westlichen Geheimdienste abrüsten. Keiner von uns hat jedoch damit
      gerechnet, dass nach Beendigung des Kalten Krieges die
      Telefonabhöraktivitäten steil ansteigen, dass die von uns abgerissenen
      Stasi-Videokameras nur durch neue ersetzt werden.

      Wir sind entsetzt darüber, dass heute die Polizei zusammengestrichen und der
      Geheimdienst aufgeblasen wird. War denn alles umsonst? Wir wissen, wohin so
      was führt. Keiner von uns hat damit gerechnet, dass ein schrecklicher
      Terroranschlag in den USA zum Anlass genommen werden könnte, scheinbar
      unumstößliche Maßstäbe von Recht und Gerechtigkeitsgefühl in der ganzen
      westlichen Welt ins Rutschen zu bringen.

      Wir haben nicht vergessen, wie die Gummiparagraphen des politischen
      Strafrechts der DDR uns die Luft abgeschnürt haben. Wir greifen uns jetzt an
      den Hals, wenn wir lesen, mit welcher Leichtfertigkeit das
      Terrorismus-Bekämpfungsgesetz (der sogenannte Otto-Katalog) des
      Innenministers und die entsprechenden Entwürfe in anderen westlichen Staaten
      und auf europäischer Ebene Gummistricke drehen, die wir glücklich
      losgeworden zu sein gehofft hatten.

      Wir sind verblüfft und entsetzt, dass unsere Sehnsucht nach Gerechtigkeit
      mit höhnischem Gelächter und dem süffisanten Verweis auf den Rechtsstaat
      beantwortet wird. Wir sind entsetzt, wie selbstverständlich von hochrangigen
      Politikern gebilligt wird, dass die vermeintlichen Anstifter des
      Terroranschlags mit einer grotesk übermächtigen Militärmaschinerie umgelegt
      werden. Beweise für ihre Schuld? Haben deutsche Politiker bereits die amerik
      anische Begeisterung für die Todesstrafe übernommen?

      Wir sind entsetzt, mit welcher Dumpfbackigkeit Gegnern des Kriegseinsatzes
      in Afghanistan entgegengehalten wird, dass Krieg gegen Terroristen helfen
      kann.

      Weshalb traut sich niemand an die Waffenhändler in den USA und in der
      Bundesrepublik heran?

      Weshalb versuchen die USA mit allen Mitteln, die Errichtung eines
      Internationalen Strafgerichtshofs zu verhindern?

      Natürlich wollen wir, dass ein unabhängiges Gericht und nicht der
      Oberbefehlshaber der stärksten Armee der Welt entscheidet, ob die
      vorgelegten Beweise eine Verurteilung der vermeintlichen Hintermänner des
      Terroranschlags rechtfertigen.

      Wir sind entsetzt darüber, dass ganz nebenbei schon die Diskussion um die
      Anwendung der Folter salonfähig wird. Sind die Mächtigen in den westlichen
      Staaten nicht auf dem besten Wege, Verhaltensweise, Denkstruktur und
      Wertesystem einer Terroristenbande anzunehmen?

      Wir haben es einfach satt.

      Wir haben es satt, dass unter dem Banner von Freiheit und Demokratie gegen
      unsere Interessen regiert wird.

      Wir haben es satt, uns für dumm verkaufen zu lassen.

      Wir haben es satt, uns das platte Geschwätz auf Parteitagen anzutun.

      Wir haben Volksvertreter satt, die unsere Interessen nicht vertreten und das
      auch noch als Erfolg feiern.

      Wir haben einen Bundeskanzler satt, der um der Macht willen Abgeordnete dazu
      bringt, ja zum Krieg zu sagen, wenn sie nein meinen, und nein zu sagen, wenn
      sie ja meinen.

      Wir machen nicht mit, wenn Kriegseinsätze mit Worthülsen wie "Verantwortung
      übernehmen", "der neuen Rolle Deutschlands in der Welt", mit
      "Politikfähigkeit" und "der Durchsetzung der Rechte der Frauen" verharmlost
      werden.

      Wir verweigern uns diesem Krieg.

      Nur eine Diktatur braucht linientreue Parteisoldaten. Demokratie braucht
      mündige Bürger. Lassen wir Medien, Parteien, Kultur und Wissenschaft nicht
      von röhrenden Funktionären gleichschalten.

      Die erbärmlichen und erschreckenden Umstände der rot-grünen Entscheidung für
      den Krieg lassen keinen Raum mehr für parteitaktische Spielchen, für die
      Sorge um den eigenen warmen Arsch - machen wir endlich den Mund auf!

      Reden wir mit unseren Kindern und mit unseren Eltern über diesen Krieg, über
      Gerechtigkeit in Deutschland und der Welt und über die Rechtsstaatlichkeit,
      die uns zwischen den Fingern zu zerrinnen droht!

      Wir haben 1989 gelernt, dass es Sinn hat, zu widersprechen.

      Berlin, den 13. Dezember 2001

      Sebastian Pflugbeil, Berlin
      (Neues Forum, Gründungsmitglied; Mitarbeit Ökumenische Versammlung;
      Zentraler Runder Tisch; Mitglied der Stadtverordnetenversammlung von Berlin
      (Ost) a.D.; Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin a.D.; Minister a.D.;
      Nationalpreis 2000),

      Wolfgang Ullmann, Berlin
      (Demokratie Jetzt, Gründungsmitglied; Mitarbeit Ökumenische Versammlung;
      Bü90/Grüne, Zentraler Runder Tisch; Minister a.D.; Mitglied der Volkskammer;
      Mitglied des Bundestages a.D.; Mitglied des Europaparlaments a. D.),

      Hans-Jochen Tschiche, Groß-Ammensleben
      (Neues Forum, Gründungsmitglied; Mitarbeit Ökumenische Versammlung;
      Bü90/Grüne; Mitglied der Volkskammer; Mitglied des Bundestages a.D.;
      Nationalpreis 2000),

      Leonore Ansorg, Berlin
      (Initiative für Unabhängige Gewerkschaften)

      Erika Drees, Stendal
      (Neues Forum, Gründungsmitglied; Mitarbeit Ökumenische Versammlung)

      Frank Ebert, Berlin
      (Umweltbibliothek; Matthias-Domaschk-Archiv)

      Almuth Falcke, Erfurt
      (Sprecherin bei der Besetzung der ersten Stasizentrale)

      Heino Falcke, Erfurt,
      (Probst i. R.; Stellvertretender Vorsitzender der Ökumenischen Versammlung)

      Hans-Jürgen Fischbeck, Mülheim
      (Demokratie Jetzt, Gründungsmitglied; Mitarbeit Ökumenische Versammlung;
      Mitglied der Stadtverordnetenversammlung von Berlin (Ost) a.D.; Mitglied des
      Abgeordnetenhauses von Berlin a.D.; Bundesverdienstkreuz)

      Olaf Freund, Dresden
      (Neues Forum, Gründungsmitglied; Nationalpreis 2000)

      Christian Führer, Leipzig
      (Pfarrer in der Nicolai-Kirche; Friedensgebete; Montagsdemo;
      Theodor-Heuss-Medaille)

      Bernd Gehrke, Berlin
      (Initiative Vereinigte Linke; Zentraler Runder Tisch)

      Hans-Peter Gensichen, Wittenberg
      (Kirchliches Forschungsheim)

      Friedrich Hellmann; Potsdam
      (Bü90/Grüne; Landes- und Bundesvorstand a.D.)

      Jan Hermann, Pulsnitz
      (Neues Forum, Gründungsmitglied, Nationalpreis 2000),

      Martin Hoffmann, Berlin
      (Pankower Friedenskreis, Gründungsmitglied; Amnesty International - Sektion
      DDR, Gründungsmitglied)

      Renate Hürtgen, Berlin
      (Initiative für Unabhängige Gewerkschaften)

      Martin Klähn, Schwerin
      (Neues Forum, Gründungsmitglied, Nationalpreis 2000),

      Thomas Klein,
      (Initiative Vereinigte Linke, Gründungsmitglied; Zentraler Runder Tisch;
      Mitglied der Volkskammer; Mitglied des Bundestages a.D.),

      Lothar König, Jena
      (Pfarrer, Junge Gemeinde Jena-Stadtmitte)

      Irena Kukutz, Berlin
      (Neues Forum; Frauen für den Frieden; Mitglied des Abgeordnetenhauses von
      Berlin a.D.),

      Michael Kukutz, Berlin
      (Neues Forum; ehem. Bundesgeschäftsführer)

      Ekkehard Maaß, Berlin
      (Deutsch-Kaukasische Gesellschaft),

      Heiko Lietz, Güstrow
      (Neues Forum, Mitarbeit Ökumenische Versammlung; Bü90/Grüne; Zentraler
      Runder Tisch)

      Wolfgang Musigmann, Erfurt
      (Offene Arbeit)

      Arndt Noack, Benz
      (SDP, Gründungsmitglied)

      Christine Pflugbeil, Berlin
      (Neues Forum, Gründungsmitglied; Ärzte für den Frieden; Nationalpreis 2000)

      Peter Rösch (Blase), Berlin
      (Jenaer Friedensgemeinschaft)

      Wolfgang Rüddenklau, Berlin
      (Umweltbibliothek, Gründungsmitglied)

      Sabine Schaaf, Berlin
      (Neues Forum, Bundesvorstand)

      Walter Schilling, Braunsdorff/Thür.
      (Kirche von unten)

      Klaus Schlüter, Schwerin
      (Grüne Liga, Gründungsmitglied; Zentraler Runder Tisch; Minister a.D.)
      Walfriede Schmitt, Berlin (Unabhängiger Frauenverband; Zentraler Runder
      Tisch)

      Reinhard Schult, Fredersdorf
      (Neues Forum, Gründungsmitglied; Zentraler Runder Tisch; Mitglied des
      Abgeordnetenhauses von Berlin a.D.; Nationalpreis 2000)

      Tom Sello, Berlin
      (Umweltbibliothek; Matthias-Domaschk-Archiv)

      Steffen Steinbacher, Berlin
      (Neues Forum, Landesverstand)

      Marianne Subklew-Jeutner, Greifswald
      (Initiative Frieden und Menschenrechte; Stadtbezirksverordnete Berlin a.D.)

      Catrin Ulbricht, Dresden
      (Neues Forum, Gründungsmitglied)

      Hans-Jochen Vogel, Chemnitz
      (Studentenpfarrer i.R.)

      Klaus Wolfram, Berlin
      (Neues Forum; Zentraler Runder Tisch; Haus der Demokratie und
      Menschenrechte)
      Avatar
      schrieb am 04.01.02 22:56:33
      Beitrag Nr. 58 ()
      Noam Chomsky

      Die Macht der Indoktrination

      Der neue Krieg gegen den Terror. Teil II: Die Reaktion auf den Gedanken, daß
      Nikaragua vielleicht das Recht gehabt haben könnte, sich zu verteidigen

      Ein Aspekt, der viel über unsere Haltung zum Terrorismus preisgibt, ist die
      Reaktion auf den Gedanken, daß Nikaragua das Recht gehabt haben könnte, sich
      selbst zu verteidigen. Diese Frage habe ich in Archiven detailliert
      untersucht. Der Gedanke, daß Nikaragua vielleicht das Recht gehabt haben
      könnte, sich selbst zu verteidigen, wurde als empörend zurückgewiesen. Es
      gibt praktisch keinen einzigen Hinweis in den Mainstream-Kommentaren, der
      Nikaragua auch nur andeutungsweise dieses Recht eingeräumt hätte.

      Die Reagan-Regierung lancierte in jener Zeit regelmäßig Gerüchte, die
      Nikaraguaner würden von den Sowjets MIG-Kampfjets erhalten. An diesem Punkt
      spalteten sich in Washington die Falken und die Tauben. Die Falken
      sagten: »Okay, bombardieren wir sie.« Die Tauben sagten: »Wartet mal eine
      Minute, sehen wir, ob die Gerüchte wahr sind. Wenn die Gerüchte wahr sind,
      dann bombardieren wir sie, weil sie eine Bedrohung der Vereinigten Staaten
      sind.« Wieso erhielten die Nikaraguaner schließlich doch noch MIGs? Nun, sie
      hatten versucht, Kampfflugzeuge aus Europa zu erhalten, aber die Vereinigten
      Staaten hatten ihre Verbündeten unter Druck gesetzt. Die US-Verbündeten
      durften ihnen keine Waffen zu ihrer Verteidigung verkaufen. Washington
      wollte, daß sich Nikaragua an die Russen wendet. Das war gut für die
      Propaganda. Dadurch wurde Nikaragua zu einer Bedrohung für uns.

      Denken Sie bitte daran, daß Nikaragua nur zwei Tagesmärsche von Harlington,
      Texas, entfernt liegt. Wir riefen 1985 in der Tat einen nationalen Notstand
      aus, um das Land vor der »Bedrohung aus Nikaragua« zu schützen. Und der
      Notstand blieb bestehen. Also war es viel besser, wenn sie Waffen von den
      Russen erhielten. Wozu wollten sie überhaupt die Kampfflugzeuge haben? Aus
      den bereits erwähnten Gründen. Die Vereinigten Staaten hatten die absolute
      Kontrolle über den Luftraum Nikaraguas, und sie nutzten das, um der
      terroristischen Armee der Contras Instruktionen zu übermitteln, wie sie
      weiche Ziele angreifen konnten, ohne auf die nikaraguanische Armee zu
      stoßen. Jeder wußte, daß dies der Grund für die MIGs war. Sie wollten ihre
      Kampfflugzeuge für nichts anderes benutzen. Aber der Gedanke, daß es
      Nikaragua gestattet sein sollte, seinen Luftraum gegen Angriffe einer
      Supermacht zu schützen, die terroristische Streitkräfte darauf ansetzte,
      zivile Ziele anzugreifen, das wurde in den Vereinigten Staaten empört
      zurückgewiesen. Das war die durchgehende Meinung.


      Ausgerechnet Negroponte

      Die USA haben vor einigen Wochen einen neuen Botschafter für die Vereinten
      Nationen ernannt, der den Krieg gegen den Terrorismus anführen soll. Wer ist
      er? Nun, sein Name ist John Negroponte. Er war der US-Botschafter des
      Vasallengebietes, das Honduras in den frühen 80er Jahren gewesen ist. Es
      wurde wenig Aufhebens davon gemacht, daß er von den Morden und anderen
      Greueltaten gewußt haben mußte, die von den Sicherheitskräften von Honduras,
      die wir unterstützten, im großen Maßstab verübt wurden. Aber das ist nur ein
      Teilaspekt. Als »Prokonsul von Honduras«, wie er dort genannt wurde, war er
      der lokale Aufseher der USA über den von Honduras ausgehenden Terrorkrieg
      gegen Nikaragua, für den seine Regierung in Washington von dem
      Weltgerichtshof verurteilt worden war und eine entsprechende Resolution im
      Sicherheitsrat nur durch ein US-Veto blockiert werden konnte. Und
      ausgerechnet Negroponte wurde zum Botschafter der USA bei den Vereinten
      Nationen ernannt, wo er den globalen Krieg gegen den Terrorismus anführen
      soll.

      Seitdem die Vereinigten Staaten Nikaragua erneut »in Besitz« genommen haben,
      nachdem sie es in den 80er Jahren weitgehend zerstört hatten, ist das Land
      nun vollkommen zusammengebrochen, und zwar in jeder Hinsicht:
      wirtschaftlich, demokratisch, gesellschaftlich. Es ist nun das zweitärmste
      Land der Hemisphäre.

      Solche Dinge geschahen auch anderswo auf der Welt, nehmen wir zum Beispiel
      Afrika. Alleine während der Reagan-Regierung wurden durch südafrikanische
      Angriffe auf Nachbarländer mit Unterstützung der Vereinigten Staaten und
      Großbritanniens mehr als anderthalb Millionen Menschen getötet und ein
      Schaden von etwa 60 Milliarden Dollar verursacht. Wenn wir uns den Globus
      ansehen, können wir noch mehr Beispiele finden. All dies waren kleine
      Kostproben des ersten Krieges gegen den Terror. Nach dem derzeitigen Stand
      der Diskussion über Präsident Bushs globalen Krieg gegen den Terror zu
      urteilen, wurden aus dem ersten Krieg keine Lehren gezogen.

      Ich erwähnte, daß Nikaragua zum zweitärmsten Land der Hemisphäre geworden
      ist. Welches ist das ärmste Land? Nun, das ist natürlich Haiti, das
      zufälligerweise auch zum Opfer der meisten US-Interventionen des 20.
      Jahrhunderts geworden ist. Wir haben es vollkommen verwüstet. Es ist das
      ärmste Land. Nikaragua liegt bei der Anzahl von US-Interventionen im 20.
      Jahrhundert an zweiter Stelle. Eigentlich wetteifert es mit Guatemala. Sie
      wechseln sich jedes Jahr darin ab, wer das zweitärmste Land ist. Sie liegen
      auch darüber im Wettbewerb, wer an erster Stelle der
      US-Militärinterventionen liegt. Wir sollen alle glauben, daß das rein
      zufällig ist und nicht mit dem zusammenhängt, was in der Geschichte
      stattgefunden hat.


      Von der Türkei nach Kolumbien

      Für die bei weitem schlimmsten Menschenrechtsverbrechen der 90er Jahren ist
      Kolumbien verantwortlich. Während der 90er Jahre lag Kolumbien auch an
      erster Stelle der lateinamerikanischen Empfängerländer von US-Militärhilfe
      zur Aufrechterhaltung des Terrors und der Menschenrechtsverletzungen. 1999
      verdrängte Kolumbien die Türkei von der dritten Stelle des weltweit größten
      Empfängers von US-Waffenlieferungen, mit Ausnahme von Israel und Ägypten,
      die eine Kategorie für sich darstellen. Auch das sagt uns im Grunde einiges
      mehr über den gerade stattfindenden Krieg gegen den Terror.

      Wieso erhielt die Türkei solch riesige Waffenlieferungen von den USA? Die
      Türkei erhielt schon immer eine Menge amerikanischer Waffen. Das Land ist
      ein NATO-Mitglied, hat eine große geostrategische Bedeutung usw. Aber der
      Waffenfluß in die Türkei stieg 1984 stark an. Das hatte nichts mit dem
      Kalten Krieg zu tun. Rußland war gerade dabei zusammenzubrechen. Von 1984
      bis 1999 blieben die US-Lieferungen auf hohem Niveau, bis dann 1999 die
      Türkei von Kolumbien als drittgrößtes Empfängerland abgelöst wurde. Was war
      zwischen 1984 und 1999 passiert? Nun, 1984 begann die Türkei einen großen
      terroristischen Krieg gegen die Kurden im Südosten der Türkei. Und das war
      der Grund, weshalb die US-Militärhilfe stieg. Es ging nicht nur um die
      Lieferung von Pistolen, sondern auch um Kampfflugzeuge, Panzer,
      militärisches Training. Und die US-Unterstützung blieb hoch, auch als
      während der 90er Jahre die Greueltaten eskalierten. Die Hilfe nahm sogar
      noch zu. Ihr Höhepunkt war 1997, als die US-Militärhilfe an die Türkei höher
      ausfiel als während der gesamten Periode von 1950 bis 1983, die eine Periode
      des Kalten Krieges war.

      Die Ergebnisse der US-Waffenlieferungen an die Türkei waren beeindruckend:
      zwei bis drei Millionen Flüchtlinge als Folge einer der
      schlimmsten »ethnischen Säuberungen« der späten 90er Jahre. Zehntausende
      Menschen wurden getötet, 3500 Städte und Dörfer zerstört, viel mehr als im
      Kosovo unter der NATO-Bombardierung. Und die USA lieferten 80 Prozent der
      Waffen. Je mehr Greueltaten, desto mehr Waffen. Mit 1997 als Höhepunkt. Erst
      1999 nahm es wieder ab. Da hatte der Terror mal wieder funktioniert, so wie
      es meistens passiert, wenn er von seinen wichtigsten Agenten, den Starken
      und Mächtigen, ausgeübt wird. Weil 1999 der türkische Terror funktioniert
      hatte, wurde die Türkei bei den US-Waffenlieferungen durch Kolumbien
      ersetzt, das mit seinem terroristischen Krieg noch nicht den
      durchschlagenden Erfolg hatte.

      Was diese Geschichte so bemerkenswert macht, ist die Tatsache, daß sie vor
      dem Hintergrund einer riesigen Welle von Selbstbeglückwünschungen westlicher
      Intellektueller ablief. Die penetrante Selbstbeweihräucherung begann erst
      vor wenigen Jahren, als wir zum ersten Mal in der Geschichte so großartig
      waren, daß wir uns überall auf der Welt der Beendigung der Unmenschlichkeit
      verschrieben. Natürlich konnten wir da keine Greueltaten nahe der
      NATO-Grenzen tolerieren. Nur innerhalb der NATO-Grenzen, da tolerieren wir
      nicht nur viel schlimmere Greueltaten, sondern wir können auch noch zu ihnen
      beitragen. Ein anderer Einblick in die westliche, d.h. in unsere eigene
      Zivilisation, ist die Frage, wie oft dies zur Sprache gekommen ist. Es ist
      eine beeindruckende Leistung für ein Propagandasystem, dies in einer freien
      Gesellschaft fertigzubringen. Ich glaube nicht, daß dies in einem
      totalitären Staat gelingen könnte.

      Und die Türkei ist sehr dankbar. Sehr enthusiastisch gab Ministerpräsident
      Ecevit bekannt, daß die Türkei der Koalition gegen den Terror beitreten
      würde. Er erklärte auch, weshalb die Türkei Truppen beisteuern. Er
      sagte: »Wir schulden den Vereinigten Staaten sehr viel, weil die Vereinigten
      Staaten das einzige Land gewesen sind, das bereit war, uns so massiv bei
      unserem eigenen gegenterroristischen Krieg zu unterstützen«, d.h.
      Unterstützung bei den massiven ethnischen »Säuberungen«, Greueltaten und
      Terroroperationen der türkischen Regierung zu geben. Zwar halfen auch andere
      Länder ein wenig. Aber sie hielten sich im Hintergrund.

      Die Vereinigten Staaten dagegen beteiligten sich enthusiastisch und
      entscheidend an diesem gegenterroristischen Krieg der Türkei, und sie
      konnten dabei mit dem Schweigen - das richtigere Wort wäre Ergebenheit - der
      eigenen, gebildeten Schichten rechnen, die mit Leichtigkeit mehr hätten
      darüber herausfinden können. Es ist immerhin ein freies Land. Man kann
      Menschenrechtsberichte lesen. Man kann alle Arten von Dingen lesen. Aber wir
      entschieden uns, zu den Greueltaten beizutragen. Und die Türkei ist sehr
      glücklich darüber, sie schuldet uns viel, und sie wird Truppen beisteuern,
      genau wie während des Krieges in Serbien. Damals wurde die Türkei hoch
      gelobt, wegen des Einsatzes ihrer F-16-Jagdbomber, die wir ihr zur Verfügung
      gestellt hatten, um Serbien zu bombardieren, genau die gleichen Flugzeuge,
      die sie gegen ihre eigene Bevölkerung in der Türkei eingesetzt hatte, bis es
      ihr endlich gelungen war, den internationalen Terror, wie sie ihn nannte, zu
      zermalmen.

      Wie gewöhnlich schließt Widerstand auch Terror ein. Das war bei der
      amerikanischen Revolution der Fall. Das war bei jedem Fall so, den ich
      kenne.


      Freunde und Koalitionäre

      Die Koalition gegen den Terror schließt Algerien, Rußland, China und
      Indonesien ein. Laut Christian Science Monitor, einer der besten
      internationalen Zeitschriften mit eigenen Korrespondenten rund um die Welt,
      beginnen Leute, die früher die Vereinigten Staaten nicht mochten, uns zu
      respektieren, denn sie sind sehr glücklich über die Art und Weise, in der
      wir diesen Krieg gegen den Terrorismus anführen. Als Beispiel dafür wird
      Algerien genannt, das über den US-Krieg gegen den Terror sehr begeistert
      ist. Der Autor des Artikels gilt als Experte für Afrika. Folglich müßte er
      auch wissen, daß Algerien einer der bösartigsten terroristischen Staaten auf
      der ganzen Welt ist und in den letzten Jahren einen entsetzlichen Terror
      gegen die eigene Bevölkerung ausgeübt hat. Und wir sind nun sehr stolz
      darauf, daß einer der schlimmsten terroristischen Staaten der Welt den
      US-Krieg gegen den Terror enthusiastisch begrüßt. Das zeigt, wie populär wir
      geworden sind.

      Wenn wir uns die Koalition genauer ansehen, die sich gegen den Terror
      formiert, sagt uns das eine Menge mehr. Ein führendes Mitglied der Koalition
      ist Rußland, das statt der gelegentlichen Kritik nun über die Unterstützung
      der USA für seinen mörderischen und terroristischen Krieg in Tschetschenien
      entzückt ist. Auch China schließt sich enthusiastisch an. Peking freut sich
      über die Unterstützung für die Greueltaten, die es im westlichen China gegen
      die sogenannten muslimischen Sezessionisten verübt. Die Türkei ist, wie
      schon erwähnt, auch sehr glücklich über den Krieg gegen den Terror. Die
      Türken und Algerier sind Experten. Indonesien freut sich auf noch mehr
      US-Unterstützung für die Grausamkeiten, die es in Aceh und anderswo begeht.
      Die Liste der Staaten, die sich der Koalition gegen den Terror angeschlossen
      haben, ist ziemlich beeindruckend. Sie alle haben ein gemeinsames Merkmal.
      Sie befinden sich unter den führenden terroristischen Staaten der Welt. Und
      sie werden nicht zufällig vom Weltchampion angeführt.


      Was ist Terrorismus?

      Das bringt uns zurück zu der Frage, was ist Terrorismus? Darauf gibt es
      einige einfache Antworten. Es gibt eine offizielle Definition, die man in
      US-Armeehandbüchern findet und die besagt: Terror ist der kalkulierte
      Einsatz von Gewalt oder die Androhung von Gewalt, um politische, religiöse
      oder ideologische Ziele durch Einschüchterung, Zwang oder Angst
      durchzusetzen. Das ist Terrorismus. Das ist eine ausreichende Definition. Es
      ist vernünftig, das zu akzeptieren. Das Problem ist, daß es nicht akzeptiert
      werden kann, denn sonst käme man zu völlig falschen Ergebnissen. Denn, wenn
      man sich z.B. die Definition der Kriegführung niedriger Intensität ansieht,
      die ja offizielle US-Politik ist, stellt man fest, daß es eine sehr ähnliche
      Umschreibung dessen ist, was ich gerade als Definition des Terrorismus
      vorgelesen habe. Im Grunde ist die Kriegführung niedriger Intensität nur ein
      anderer Name für Terrorismus. Deshalb bezeichnen alle Länder, soweit mir das
      bekannt ist, alle entsetzlichen Taten, die sie begehen, als
      Gegenterrorismus. Wir dagegen sprechen von Aufstandsbekämpfung oder Konflikt
      niedriger Intensität. Daraus ergibt sich das Problem, daß man die derzeitige
      Definition für den Terrorismus nicht verwenden kann.

      Im Dezember 1987, auf dem Höhepunkt des ersten US-Krieges gegen den
      Terrorismus, verabschiedete die Vollversammlung der Vereinten Nationen eine
      Resolution gegen den Terrorismus, die ihn in schärfster Form verurteilte und
      alle Staaten dazu aufrief, ihn auf jede mögliche Weise zu bekämpfen. Sie
      wurde fast einstimmig angenommen. Ein Land, Honduras, enthielt sich der
      Stimme. Zwei Länder stimmten dagegen: die Vereinigten Staaten und Israel.
      Warum? Wo doch der Terrorismus mit den gleichen Ausdrücken verurteilt wurde,
      die von der Reagan-Regierung benutzt wurden? Nun, dafür gibt es einen Grund.
      Die UNO-Resolution beinhaltete eine Passage, die besagte, daß nichts in
      dieser Resolution das Recht von Menschen beeinträchtigen dürfte, die gegen
      rassistische und kolonialistische Regime oder fremde Militärregierungen
      kämpften. Das konnten die Vereinigten Staaten und Israel nicht akzeptieren.
      Damals lag der Hauptgrund darin, daß Südafrika ein verbündeter Staat war.
      Und in Südafrika gab es eine terroristische Organisation, die sich
      Afrikanischer Nationalkongreß (ANC) nannte, die offiziell als terroristische
      Organisation gebrandmarkt war. Die südafrikanische Apartheid-Regierung
      hingegen war ein Verbündeter, und wir konnten sicher nicht die Aktionen
      einer terroristischen Gruppe unterstützen, die gegen eine rassistische
      Regierung kämpfte. Das wäre unmöglich gewesen.

      Und natürlich gibt es noch ein anderes Problem. Nämlich die Gebiete, die
      Israel seit 35 Jahren besetzt hält. Bei den Versuchen, eine diplomatische
      Einigung seit mehr als 30 Jahren zu blockieren, wird Israel in erster Linie
      von den Vereinigten Staaten unterstützt. Und es gab noch ein anderes Problem
      zu jener Zeit. Israel hatte den Südlibanon besetzt, und es wurde von einer
      Gruppe bekämpft, die von den USA als eine terroristische Macht bezeichnet
      wurde, der Hisbollah, der es schließlich tatsächlich gelungen ist, Israel
      aus dem Libanon hinauszuwerfen. Daraus folgt, daß wir niemandem erlauben
      können, gegen eine militärische Besatzung zu kämpfen, wenn diese von einem
      Land ausgeübt wird, das wir unterstützen. Und deshalb stimmten die
      Vereinigten Staaten und Israel gegen die UN-Resolution gegen den
      Terrorismus.

      Wenn man sich die gelehrten Werke über den Terrorismus ansieht, wird darin
      von all dem nichts erwähnt. Der Grund liegt darin, daß in diesen Fällen die
      falschen Leute die Gewehre halten. Man muß sich deshalb die Definition des
      Terrorismus sorgfältig zurechtfeilen, damit man am Ende die richtigen
      Ergebnisse bekommt. Genau das ist das Problem, das bisher den Entwurf eines
      umfassenden internationalen Abkommens gegen Terrorismus verhindert hat.
      Avatar
      schrieb am 09.01.02 00:39:23
      Beitrag Nr. 59 ()
      Rainer Rupp

      Über 4000 Zivilisten getötet

      US-Professor veröffentlicht detaillierte Liste über Opfer der Angriffe in
      Afghanistan

      Der Feldzug Washingtons am Hindukusch hat nach Angaben eines US-Professors
      bisher mehr als 4000 Zivilisten das Leben gekostet. Damit wurden bei den
      Angriffen in Afghanistan deutlich mehr Menschen getötet, als bei den
      Terroranschlägen in New York und Washington, in deren Folge die USA ihren
      Krieg begannen.

      »Diese Leute sind tot, weil wir sie tot wollten« zitiert Professor Marc W.
      Herold einen Beamten des Pentagon. Bei den Toten handelte es sich jedoch
      nicht um Taliban- oder Al-Qaida-Kämpfer, sondern um die Zivilbevölkerung des
      afghanischen Bauerndorfes Chowkar-Karez, um Alte und Kinder, Väter und
      Mütter. Der Tod ereilte die Menschen, als sie in ihren Betten lagen. Das
      etwa 40 Kilometer von Kandahar entfernt liegende Dorf war in der Nacht zum
      23. Oktober von US-Kampfflugzeugen angegriffen worden. Mit ihren seitlich
      feuernden Maschinenkanonen zerstörten die AC-130 im langsamen Kreisflug das
      Dorf innerhalb kürzester Zeit. Mindestens 93 tote Dorfbewohner blieben
      zurück Es gab nur wenige Überlebende.

      In seinem Dossier über die zivilen Opfer des US-Angriffe in Afghanistan hat
      Herold eine lange Liste solcher und ähnlicher Verbrechen mit
      wissenschaftlicher Sorgfalt zusammengetragen und analysiert. Dem bereits von
      interessierten Seiten erhobenen Vorwurf, die Zahlen seien viel zu hoch,
      begegnet er mit dem Hinweis, er habe stets die niedrigere Zahl genommen,
      wenn etwa unterschiedliche Berichte über denselben Vorfall verschiedene
      Opferzahlen angaben.

      Ursprünglich hatte der an der Universität von New Hampshire Wirtschaft und
      internationale Beziehungen lehrende Herold sich zu der Studie entschlossen,
      weil er nicht glauben wollte, daß die modernen Waffen so präzise sind, wie
      es das Pentagon vorgibt. Bei der Suche nach Berichten über Verluste unter
      der Zivilbevölkerung »fand ich so gut wie nichts in den US-Medien«, sagte
      Herold, die dieses Thema so gut wie total ausblenden. In der ausländischen
      Presse fand er jedoch hinreichende Angaben über die Zahl der zivilen
      US-Bombenopfer, um zu beweisen, daß die Behauptung des Pentagon, es gäbe
      keine zivilen Opfer, falsch ist.

      So dokumentiert Herold, wie am 11. Oktober US-Jets das aus 60 Lehmhütten
      bestehende Bergdorf Karam bombardierten, das an der Wegstrecke zur
      Taliban-Bergfestung Tora Bora lag. Weil US-Zielplaner vermuteten, daß die
      Dorfbewohner durchreisenden Taliban- oder Al-Qaida-Kämpfern für die Nacht
      Unterschlupf gewährten, wurde es dem Erdboden gleichgemacht. Dabei wurde der
      Zeitpunkt des Angriffs so gewählt, daß er während des Abendessens und der
      Gebetsstunde stattfand, um möglichst viele zu treffen. Ganze Familien wurden
      ausgelöscht. Insgesamt wurden zwischen 100 und 160 Menschen ermordet.

      Mit Stand vom 4. Januar beläuft sich die Zahl der unschuldigen Opfer der
      US-Angriffe in Afghanistan auf 4050, was die Zahl der ebenfalls unschuldigen
      Terroropfer im World Trade Center von etwa 3000 bereits deutlich übersteigt.

      Mit dem US-Bombenangriff auf Qalaye Niazi wurde letztes Wochenende ein
      weiters Dorf in Afghanistan dem Erdboden gleichgemacht. Nach US-Darstellung
      ein Unterschlupf der Taliban und Al Qaida. Nach Inspektion vor Ort
      berichtete der Kriegskorrespondent des britischen Guardian von blutigen
      Kinderschuhen und über 100 toten Dorfbewohnern, die, so Bewohner aus den
      Nachbardörfern, nichts mit Taliban oder Al Qaida zu tun hatten. Statt dessen
      verdichtete sich der in jüngster Zeit bei ähnlichen Zwischenfällen zunehmend
      geäußerte Verdacht, daß auch in diesem Fall der Anführer eines
      rivalisierenden Stammes durch entsprechende Falschinformationen die USA zum
      Angriff auf das Dorf bewegt hat, das der Stammessitz seines Konkurrenten
      war. Bedenken von Vertretern der Vereinten Nationen stoßen in Washington auf
      taube Ohren. Der UN-Sondergesandte für Afghanistan, Lakhdar Brahimi, äußerte
      sich im Fall von Qalaye Niazi wegen der zivilen Opfer »sehr besorgt«.

      US-Verteidigungsminister Rumsfeld verteidigt derweil die Bombenerfolge am
      Hindukusch. »Ich kann an keinen anderen Konflikt in der Geschichte der
      Menschheit denken, in dem es weniger Kollateralschaden gab.« Herold
      widerspricht dieser Euphorie. Die hohe Zahl von zivilen Opfer des
      US-Bombenkriegs mit »der offensichtlichen Bereitschaft« der amerikanischen
      Militärstrategen zu erklären, »Bomben und Raketen auf dicht besiedelte
      Gebiete Afghanistans zu feuern«.

      * Herold im Internet: http://pubpages.unh.edu/~mwherold/
      Avatar
      schrieb am 17.01.02 20:45:56
      Beitrag Nr. 60 ()
      KRIEGSGEWINNER

      Die Milliardengeschäfte des Ministerkonzerns

      Von Carsten Matthäus

      Im Management regiert Reagans Militärchef, im Beirat wacht Bush seniors Außenminister. Das US-Investmenthaus Carlyle ist die schillerndste Ansammlung von Ex-Politikern. Mit dem Krieg gegen den Terror machten sie Millionen-Gewinne.


      AP

      Arbeitsteilung: Der Sohn macht Politik, der Vater Geschäfte


      Washington - Es gibt wohl keine Adresse, die näher an den Zentren der amerikanischen Macht liegt: Washington DC, Pennsylvania Avenue. Zum Weißen Haus und zum Kapitol sind es jeweils 15 Minuten Fußweg, die Zentrale des FBI und andere Regierungsbehörden sind in direkter Nachbarschaft. Hier residiert die Carlyle Group, eine Investmentfirma, die nicht nur örtlich ganz nah dran ist.
      Die Liste der Top-Manager und Berater liest sich wie das "Who is Who" der amerikanischen Politik: Carlyle-Chef Frank Carlucci war US-Verteidigunsminister unter Ronald Reagan und ist ein Intimus des jetzigen Amtsinhabers Donald Rumsfeld. Beiratschef des Investmenthauses, das ein Anlagevermögen von rund 12,5 Milliarden Dollar verwaltet, ist James Baker, der unter George Bush senior Außenminister war. Der Ex-Präsident und Vater des amtierenden Präsidenten höchstselbst ist ebenfalls für Carlyle regelmäßig als Berater unterwegs. Im Mai letzten Jahres beispielsweise in Saudi-Arabien, wo er mit König Fahd zusammensaß. Möglicherweise besuchte er bei dieser Gelegenheit auch Carlyle-Kunden wie Prinz Al-Walid und die Bin-Laden-Familie. Die Geschäftsbeziehungen der Carlyle Group zu den Bin Ladens wurden allerdings nach den Terrorattacken des abtrünnigen Clan-Sohns Osama schnell beendet - aus Imagegründen.

      The Carlyle Group
      Die Investmentfirma wurde 1987 von David Rubenstein gegründet. 1989 kam Frank Carlucci dazu und wurde 1993 zum Chef von Carlyle berufen. Neben den Hauptquartier in Washington unterhält die Gruppe 21 Büros weltweit und beschäftigt 500 feste Mitarbeiter. Nach eigenen Angaben hat Carlyle einen Kundenstamm von 435 Investoren in 55 Ländern.

      Mit dem anvertrauten Kapital von rund 12,5 Milliarden Dollar werden vornehmlich Firmen gekauft, um diese später mit Gewinn wieder zu verkaufen. Knapp 80 Prozent der Investments fließen in US-Firmen, in Europa werden 13 Prozent angelegt, knapp ein Zehntel fließt nach Asien.

      Neben den amerikanischen Politgrößen kann die Carlyle Group auch international auf die Unterstützung prominenter Ex-Politiker bauen: Die europäischen Geschäfte werden von dem britischen Ex-Premier John Major geleitet, zu den Beratern zählt der ehemalige philippinische Präsident Fidel Ramos. Außerdem sind große Namen aus der Finanzszene vertreten: Arthur Levitt, ehemaliger Vorsitzender der US-Börsenaufsicht, und Ex-Bundesbankchef Karl-Otto Pöhl.



      Bei anderen Geschäften sind die Polit-Profis von Carlyle weniger zurückhaltend. Virtuos nutzen sie ihre Erfahrungen in amerikanischer Regierungspolitik. Am 14. Dezember brachte das Investmenthaus das Rüstungsunternehmen United Defense an die Börse. Allein an diesem Tag nahm Carlyle nach Angaben der "Los Angeles Times" rund 237 Millionen Dollar ein.

      Das Timing für diesen Börsengang hätte besser nicht sein können. Tags zuvor hatten Repräsentantenhaus und Senat einer kräftigen Aufstockung des Verteidigungshaushaltes zugestimmt, von dem sich auch United Defense als fünftgrößter Waffenlieferant der US-Armee eine gehörige Scheibe abschneiden kann. 1997 für 850 Millionen Dollar gekauft, brachte United Defense den Investoren der Carlyle Group bisher einen Gewinn von rund einer halben Milliarde Dollar ein, schätzen Branchenbeobachter.

      Die märchenhafte Rendite kommt nicht von ungefähr. Als Carlyle zugriff, war United Defense am Boden, machte bei einem Umsatz von 1,2 Milliarden Dollar 122 Millionen Dollar Verlust. Unter den geschickten Händen der neuen Eigner schaffte die Rüstungsfirma mit ihren 5300 Mitarbeitern das, was man einen glanzvollen Turnaround (deutsch: Kehrtwende) nennt. Im vergangenen Jahr konnte United Defense einen Nettogewinn von knapp 19 Millionen Dollar melden, die Marktkapitalisierung des Börsenneulings liegt derzeit bei gut einer Milliarde Dollar.


      IM INTERNET

      · The Carlyle Group

      · United Defense


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      Grund für die großartige Geschäftsentwicklung ist eine politische Entscheidung. 1994 begann United Defense mit einem ambitionierten Projekt. Eine Panzerhaubitze sollte entwickelt werden, die alle bisherigen Artillerie-Systeme in den Schatten stellte. Das gelang auch: Die ersten Modelle des Crusader, einer gepanzerten 155-Milimeter-Haubitze, feuerten schneller und präziser als alle Konkurrenzprodukte. Allerdings hatte das selbstladende Waffensystem einen entscheidenden Nachteil: Es war zu schwer, die erste Version wog rund 110 Tonnen.


      AP

      Im Club der Ex-Politiker: James Baker, unter George Bush senior Außenminister, ist Chef des Carlyle-Beirates


      Außerdem kam der Crusader zu spät. Seit Jahren ist es die Strategie amerikanischer Militäreinkäufer, leichtes und schnell bewegliches Material zu beschaffen. Dass dies richtig ist, zeigt sich bei Einsätzen wie in Bosnien und Afghanistan. Ende 1997 war das Pentagon auch kurz davor, das Crusader-Projekt komplett zu beerdigen. Warum die schwere Haubitze immer noch mit Millionensummen gefördert wird, weiß kein Branchenkenner so genau. "Das ist ein gutes Beispiel für ein Relikt des Kalten Krieges, dessen Zeit vorbei", meinte beispielsweise Militärexperte Steve Grundman gegenüber dem Wirtschaftsmagazin "Red Herring". Das Urteil deutscher Beobachter fällt noch härter aus. Der Bau der Crusader-Haubitze, die erstmals im Jahr 2008 einsetzbar sein soll, "will und wird nicht gelingen", so Jürgen Erbe, Chefredakteur des Fachmagazins "Soldat und Technik".




      AP

      Carlyle-Chef Carlucci: Lobbyarbeit - niemals!


      Nach der Übernahme durch die Carlyle Group ging United Defense nach amerikanischer Art in die Offensive. Rund 300.000 Dollar an Wahlkampfhilfen wurden an Politiker verteilt, die Rüstungsfirma betrieb intensive Lobby-Arbeit. Außerdem sparten die Entwickler bei der Haubitze und ihrem Nachlade-Fahrzeug rund 20 Tonnen an Gewicht ein. Erfreuliches Ergebnis dieses Liebeswerbens: Für das Crusader-Programm wurden im Verteidigungsetat für 2002 mehr als 400 Millionen Dollar eingeplant. Dem erfolgreichen Börsengang von United Defense stand nichts mehr im Wege.

      Die Ex-Politgrößen der Carlyle-Group weisen selbstverständlich jede Art von Lobby-Arbeit meilenweit von sich. Carlucci, der sich in Interviews gerne damit brüstet, US-Verteidigungsminister Rumsfeld seit seiner College-Zeit "sehr gut zu kennen" und mit seinem Freund regelmäßig über Strategien zu diskutieren, sieht sich über jeden Zweifel erhaben. "Ich habe mehrfach klargemacht, dass ich in Verteidigungsfragen keine Lobbyarbeit mache", sagte er vor einiger Zeit der "New York Times".

      Kritischen Beobachtern ist Carlyle ein Dorn im Auge. "Es wird problematisch, wenn politische und private Interessen derart vermischt werden", sagt Peter Eisner, Chef des Center for Public Integrity, "wir haben hier die Situation eines Küchen-Kabinetts. Genau diese informellen Kontakte bringen Carlyle den Erfolg". Paul Krugman, Wirtschaftsprofessor und Kolumnist der "New York Times", formuliert es weniger diplomatisch: "Traurig aber wahr - nichts von alledem ist illegal - es stinkt nur zum Himmel".
      Avatar
      schrieb am 21.01.02 22:09:48
      Beitrag Nr. 61 ()
      Avatar
      schrieb am 21.01.02 22:10:35
      Beitrag Nr. 62 ()
      ups hier noch mal als direktlink:

      http://www.wdr.de/tv/monitor/beitraege.phtml?id=359

      mfg mh
      Avatar
      schrieb am 23.01.02 23:31:17
      Beitrag Nr. 63 ()
      an dieser stelle, erstmal an fili gute besserung :o)

      ist schon interessant, dass umso mehr fakten hier reinkommen und tatsachen belegt werden, es zunnehmend ruhiger wird... *g* und deshalb noch mal ein netter artikel für euch:


      Marcus Schwarzbach

      Rohstoffe für den Krieg

      Deutsche Firmen finanzieren mit Tantalhandel Rebellengruppen im Kongo

      Die Vulkankatastrophe im Kongo hat das Augenmerk der internationalen
      Öffentlichkeit wieder für eine kurze Zeit auf den afrikanischen Staat
      gelenkt. Berichte über die Dramatik der Naturereignisse und deren Folgen
      sind in den Medien an der Tagesordnung. Der Mangel an Trinkwasser und die
      befürchteten Epidemien werden auch mit den militärischen
      Auseinandersetzungen in Zusammenhang gebracht. Die Kriegsursachen spielen
      jedoch kaum eine Rolle. Oftmals wird nur von »Stammesauseinandersetzungen«
      gesprochen.

      Über zwei Millionen Tote sind dem Krieg im Kongo seit 1997 zum Opfer
      gefallen. Da die militärischen Greueltaten von der Öffentlichkeit in den
      Ländern des Nordens weitgehend unbeachtet bleiben, spricht amnesty
      international schon vom »unsichtbaren Krieg«.

      Nach einem Bericht der UNO vom vergangenen Jahr werden die Kämpfe im Kongo
      hauptsächlich um den Zugang zu Rohstoffquellen geführt. Neben Gold, Kupfer
      und Kobalt ist in erster Linie Tantal von Interesse. Tantal wird aus dem Erz
      Coltan gewonnen. Es hat eine hohe Dichte, ist hitze- und säureresistent und
      deshalb geeignet für Superlegierungen, die in Hochtechnologiegeräten
      eingesetzt werden. Tantal wird u.a. für Computer und Handys eingesetzt.
      Coltan-Vorkommen gibt es zwar auch in Australien und Brasilien; die größten
      Lagerstätten befinden sich jedoch im Kongo. Die Rebellenbewegung RCD
      (Kongolesische Sammlung für Demokratie) hat die Hoheit über die Abbaugebiete
      im Osten Kongos.

      Coltan wird von der Zivilbevölkerung Kongos meist mit bloßen Händen und mit
      einfachen Werkzeugen geschürft. Auch Kinder arbeiten in den Minen. Die
      Ausfuhr läuft über das Nachbarland Ruanda. Auch die ruandische Armee ist im
      Kongo aktiv und bietet Firmen, die das Erz fördern, Schutz an.

      Da die Exporterlöse direkt der Rekrutierung von Kämpfern und dem Kauf von
      Waffen dienen, fordert die UNO ein Importstopp für Tantal aus dem Ost-Kongo.
      Für den Sprecher Sprecher der Coordination gegen BAYER-Gefahren, Axel
      Köhler-Schnura, sind die Verantwortlichen klar: »Die Firma H.C. Starck trägt
      Mitverantwortung für die grauenhaften Kämpfe, denen bereits Hunderttausende
      zum Opfer fielen. Wir fordern die Firma auf, den Tantalimport aus dem Kongo
      umgehend einzustellen«. Vergeblich versuchte die Initiative jedoch,
      Forderungen nach einem Importverzicht aus dem Kongo auf der
      Bayer-Aktionärsversammlung im letzten Jahr durchzusetzen.

      Eine öffentliche Diskussion über das Thema hat Bayer zu vermeiden versucht.
      Offiziell betreibe der Konzern keinen Tantalhandel und bestreitet jegliche
      Beteiligung. Aber selbst die UNO nennt die 100 prozentige Bayer-Tochter H.C.
      Starck, Weltmarktführer für Tantal, als einen der wichtigsten Abnehmer des
      Rohstoffs.
      Avatar
      schrieb am 17.02.02 19:55:53
      Beitrag Nr. 64 ()
      Krisen - Krieg?

      Wankender Wirtschaftsriese

      Der amerikanische Verbraucher erhielt in den letzten Wochen, von Alan Greenspan endlich den hart erarbeiteten Adelsschlag. Als Retter der Wirtschaft und Motor einer neu aufflammenden Konjunktur, wird ihm die Rolle des Phönix zugebilligt, welcher bekanntlich aus der Asche ersteigt.

      Es scheint zu klappen! Von patriotischen Parolen getrieben und Krediten gestützt, werden Immobilien, Autos und andere Verbrauchsgüter, gekauft wie selten zuvor. Das dies zumindest statistisch einen Aufschwung suggeriert, dürfte kaum verwundern.

      In einer mittel- bis langfristigen Sichtweise, zeigen sich bei solch einer Einstellung jedoch gravierende Probleme, welche es zu verdauen gilt.
      Da Verbraucher zunehmend als Unternehmer angesehen werden, stellt sich die Frage, welcher Unternehmer seine Firma, zum Wohle der Allgemeinheit, überschuldet, wie es dem amerikanischen Verbraucher regelrecht abverlangt wird.

      Kein Unternehmer wird diese Last auf Dauer tragen können und spätestens bei einer drohenden Insolvenz seine Ausgaben senken. Der Lebenswandel ändert sich. Auf alle Bürger umgelegt, ist ein Konsumeinbruch zu erwarten, welcher das gesamte Wirtschaftssystem enorm belasten würde.

      Der Beginnende Zerfall , zeigt sich in der momentanen Verschuldungsrate, welche in Relation zum BIP um ein dreifaches höher liegt als 1929. Das gleichzeitig die Löhne seit 1973 beständig rückläufig sind, erklärt zumindest einen Teil der Verschuldung, zumal der Konsum gesteigert werden muss. Finanziert wird dies schlussendlich durch diverse Auslandskredite, was einen starken Dollar generiert.

      Kriegerische Lösung

      In diesem Zusammenhang beängstigend erscheint, dass die USA ihre Verteidigungsausgaben auf nunmehr 380 Milliarden US-Dollar erhöhen. Begründet wird dies mit dem Kampf gegen den Terror und andere Bösewichte, welche unsere Welt bevölkern sollen. Feindbilder gibt es durchaus genug, doch wenn man sich vor Augen führt, dass historisch gesehen fast jede Wirtschaftskrise mit einem Krieg endete, sollten die Feindbilder zumindest vom Rest der Welt sehr kritisch hinterfragt werden.

      Eine erste Tendenz war der Krieg in Afghanistan. Weitere Feindbilder, für den Moment, sind der Irak, Iran und Nordkorea. Ohne jegliche Beweise, werden einmal mehr Vorwürfe erhoben, mit welchen die USA bereits jetzt künftige Kriege begründet. Eine gewisse Doppelzüngigkeit ist hierbei nicht zu übersehen, denn um das amerikanische Volk zu schützen, sollen auch die Verbündeten mit in den Krieg ziehen. Von der globalen Bedrohung des Terrors, ist nicht mehr die Rede.

      Die momentan eher zurückhaltende Stellung Europas, erklärt sich durch die engen wirtschaftlichen Verknüpfungen und dementsprechend auch Abhängigkeit. Erst seit einigen Tagen mehren sich die kritischen Stimmen, teilweise gar Abneigung, gegen das amerikanische Verhalten. Ohne einheitliche Haltung, dürften diese jedoch kaum etwas bewirken.

      Hoffnung China

      Aus diesem Grunde liegen die Hoffnungen, für ein politisches Gegengewicht, mittlerweile auf China. Ein Land, welches den Spagat zwischen Markt- und Planwirtschaft geschafft hat und ein stabiles BIP-Wachstum verzeichnet. Ein Land, welches gleichzeitig wegen seiner kaum vorhandenen Menschenrechte und Verschlossenheit, Ausländern gegenüber, immer wieder angegriffen wird.

      Doch gerade diese Dinge machen China stark. Zum einen kann so ein Volk von über einer Milliarde Menschen unter Kontrolle gehalten werden und zum anderen die ausländischen Aktivitäten.

      Um dieses Gegengewicht bilden zu können, kaufen sich die Chinesen peu a peu in die Infrastruktur der westlichen Welt ein. Mobilfunk, Transportwesen und Datenübertragung gelten als vorrangiges Ziel, von Unternehmen a la Hutchison Whampoa und Co. Gleichzeitig wird ein Technologietransfer, welcher für europäische Verhältnisse an Technologieklau grenzt, vorgenommen, wie das Beispiel Transrapid sehr schön aufzeigt.

      Der Weg dahin ist jedoch noch weit und so mancher Krieg sehr nah...


      quelle: http://www.medien-krieg.de
      Avatar
      schrieb am 10.03.02 12:30:21
      Beitrag Nr. 65 ()
      Commentary
      Secret Plan Outlines the Unthinkable
      A secret policy review of the nation’s nuclear policy puts forth chilling new contingencies for nuclear war.

      By WILLIAM M. ARKIN



      WASHINGTON -- The Bush administration, in a secret policy review completed early this year, has ordered the Pentagon to draft contingency plans for the use of nuclear weapons against at least seven countries, naming not only Russia and the "axis of evil"--Iraq, Iran, and North Korea--but also China, Libya and Syria.

      In addition, the U.S. Defense Department has been told to prepare for the possibility that nuclear weapons may be required in some future Arab-Israeli crisis. And, it is to develop plans for using nuclear weapons to retaliate against chemical or biological attacks, as well as "surprising military developments" of an unspecified nature.

      These and a host of other directives, including calls for developing bunker-busting mini-nukes and nuclear weapons that reduce collateral damage, are contained in a still-classified document called the Nuclear Posture Review (NPR), which was delivered to Congress on Jan. 8.

      Like all such documents since the dawning of the Atomic Age more than a half-century ago, this NPR offers a chilling glimpse into the world of nuclear-war planners: With a Strangelovian genius, they cover every conceivable circumstance in which a president might wish to use nuclear weapons--planning in great detail for a war they hope never to wage.

      In this top-secret domain, there has always been an inconsistency between America`s diplomatic objectives of reducing nuclear arsenals and preventing the proliferation of weapons of mass destruction, on the one hand, and the military imperative to prepare for the unthinkable, on the other.

      Nevertheless, the Bush administration plan reverses an almost two-decade-long trend of relegating nuclear weapons to the category of weapons of last resort. It also redefines nuclear requirements in hurried post-Sept. 11 terms.

      In these and other ways, the still-secret document offers insights into the evolving views of nuclear strategists in Secretary Donald H. Rumsfeld`s Defense Department.

      While downgrading the threat from Russia and publicly emphasizing their commitment to reducing the number of long-range nuclear weapons, Defense Department strategists promote tactical and so-called "adaptive" nuclear capabilities to deal with contingencies where large nuclear arsenals are not demanded.

      They seek a host of new weapons and support systems, including conventional military and cyber warfare capabilities integrated with nuclear warfare. The end product is a now-familiar post-Afghanistan model--with nuclear capability added. It combines precision weapons, long-range strikes, and special and covert operations.

      But the NPR`s call for development of new nuclear weapons that reduce "collateral damage" myopically ignores the political, moral and military implications--short-term and long--of crossing the nuclear threshold.

      Under what circumstances might nuclear weapons be used under the new posture? The NPR says they "could be employed against targets able to withstand nonnuclear attack," or in retaliation for the use of nuclear, biological, or chemical weapons, or "in the event of surprising military developments."

      Planning nuclear-strike capabilities, it says, involves the recognition of "immediate, potential or unexpected" contingencies. North Korea, Iraq, Iran, Syria and Libya are named as "countries that could be involved" in all three kinds of threat. "All have long-standing hostility towards the United States and its security partners. All sponsor or harbor terrorists, and have active WMD [weapons of mass destruction] and missile programs."

      China, because of its nuclear forces and "developing strategic objectives," is listed as "a country that could be involved in an immediate or potential contingency." Specifically, the NPR lists a military confrontation over the status of Taiwan as one of the scenarios that could lead Washington to use nuclear weapons.

      Other listed scenarios for nuclear conflict are a North Korean attack on South Korea and an Iraqi assault on Israel or its neighbors.

      The second important insight the NPR offers into Pentagon thinking about nuclear policy is the extent to which the Bush administration`s strategic planners were shaken by last September`s terrorist attacks on the World Trade Center and the Pentagon. Though Congress directed the new administration "to conduct a comprehensive review of U.S. nuclear forces" before the events of Sept. 11, the final study is striking for its single-minded reaction to those tragedies.

      Heretofore, nuclear strategy tended to exist as something apart from the ordinary challenges of foreign policy and military affairs. Nuclear weapons were not just the option of last resort, they were the option reserved for times when national survival hung in the balance--a doomsday confrontation with the Soviet Union, for instance.

      Now, nuclear strategy seems to be viewed through the prism of Sept. 11. For one thing, the Bush administration`s faith in old-fashioned deterrence is gone. It no longer takes a superpower to pose a dire threat to Americans.

      "The terrorists who struck us on Sept. 11th were clearly not deterred by doing so from the massive U.S. nuclear arsenal," Rumsfeld told an audience at the National Defense University in late January.

      Similarly, U.S. Undersecretary of State John R. Bolton said in a recent interview, "We would do whatever is necessary to defend America`s innocent civilian population .... The idea that fine theories of deterrence work against everybody ... has just been disproven by Sept. 11."

      Moreover, while insisting they would go nuclear only if other options seemed inadequate, officials are looking for nuclear weapons that could play a role in the kinds of challenges the United States faces with Al Qaeda.

      Accordingly, the NPR calls for new emphasis on developing such things as nuclear bunker-busters and surgical "warheads that reduce collateral damage," as well as weapons that could be used against smaller, more circumscribed targets--"possible modifications to existing weapons to provide additional yield flexibility," in the jargon-rich language of the review.

      It also proposes to train U.S. Special Forces operators to play the same intelligence gathering and targeting roles for nuclear weapons that they now play for conventional weapons strikes in Afghanistan. And cyber-warfare and other nonnuclear military capabilities would be integrated into nuclear-strike forces to make them more all-encompassing.

      As for Russia, once the primary reason for having a U.S. nuclear strategy, the review says that while Moscow`s nuclear programs remain cause for concern, "ideological sources of conflict" have been eliminated, rendering a nuclear contingency involving Russia "plausible" but "not expected."

      "In the event that U.S. relations with Russia significantly worsen in the future," the review says, "the U.S. may need to revise its nuclear force levels and posture."

      When completion of the NPR was publicly announced in January, Pentagon briefers deflected questions about most of the specifics, saying the information was classified. Officials did stress that, consistent with a Bush campaign pledge, the plan called for reducing the current 6,000 long-range nuclear weapons to one-third that number over the next decade. Rumsfeld, who approved the review late last year, said the administration was seeking "a new approach to strategic deterrence," to include missile defenses and improvements in nonnuclear capabilities.

      Also, Russia would no longer be officially defined as "an enemy."

      Beyond that, almost no details were revealed.

      The classified text, however, is shot through with a worldview transformed by Sept. 11. The NPR coins the phrase "New Triad," which it describes as comprising the "offensive strike leg," (our nuclear and conventional forces) plus "active and passive defenses,"(our anti-missile systems and other defenses) and "a responsive defense infrastructure" (our ability to develop and produce nuclear weapons and resume nuclear testing). Previously, the nuclear "triad" was the bombers, long-range land-based missiles and submarine-launched missiles that formed the three legs of America`s strategic arsenal.

      The review emphasizes the integration of "new nonnuclear strategic capabilities" into nuclear-war plans. "New capabilities must be developed to defeat emerging threats such as hard and deeply-buried targets (HDBT), to find and attack mobile and re-locatable targets, to defeat chemical and biological agents, and to improve accuracy and limit collateral damage," the review says.

      It calls for "a new strike system" using four converted Trident submarines, an unmanned combat air vehicle and a new air-launched cruise missile as potential new weapons.

      Beyond new nuclear weapons, the review proposes establishing what it calls an "agent defeat" program, which defense officials say includes a "boutique" approach to finding new ways of destroying deadly chemical or biological warfare agents, as well as penetrating enemy facilities that are otherwise difficult to attack. This includes, according to the document, "thermal, chemical or radiological neutralization of chemical/biological materials in production or storage facilities."

      Bush administration officials stress that the development and integration of nonnuclear capabilities into the nuclear force is what permits reductions in traditional long-range weaponry. But the blueprint laid down in the review would expand the breadth and flexibility of U.S. nuclear capabilities.

      In addition to the new weapons systems, the review calls for incorporation of "nuclear capability" into many of the conventional systems now under development. An extended-range conventional cruise missile in the works for the U.S. Air Force "would have to be modified to carry nuclear warheads if necessary." Similarly, the F-35 Joint Strike Fighter should be modified to carry nuclear weapons "at an affordable price."

      The review calls for research to begin next month on fitting an existing nuclear warhead into a new 5,000-pound "earth penetrating" munition.

      Given the advances in electronics and information technologies in the past decade, it is not surprising that the NPR also stresses improved satellites and intelligence, communications, and more robust high-bandwidth decision-making systems.

      Particularly noticeable is the directive to improve U.S. capabilities in the field of "information operations," or cyber-warfare. The intelligence community "lacks adequate data on most adversary computer local area networks and other command and control systems," the review observes. It calls for improvements in the ability to "exploit" enemy computer networks, and the integration of cyber-warfare into the overall nuclear war database "to enable more effective targeting, weaponeering, and combat assessment essential to the New Triad."

      In recent months, when Bush administration officials talked about the implications of Sept. 11 for long-term military policy, they have often focused on "homeland defense" and the need for an anti-missile shield. In truth, what has evolved since last year`s terror attacks is an integrated, significantly expanded planning doctrine for nuclear wars.
      _ _ _


      William M. Arkin is a senior fellow at the Johns Hopkins University School of Advanced International Studies in Washington and an adjunct professor at the U.S. Air Force School of Advanced Airpower Studies. He is also a consultant to a number of nongovernmental organizations and a regular contributor to the Bulletin of the Atomic Scientists. Officials are looking for nuclear weapons that could help against a foe like Al Qaeda.

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      schrieb am 11.03.02 14:47:07
      Beitrag Nr. 66 ()
      Ich kann MH nur voll und ganz in seiner Aussage unterstützen:

      Es geht in der Weltpolitik nicht um das, was uns vordergründig gezeigt wird. 90% der Inhalte in Fernsehen und Zeitungen ist Futter für`s "dumme Volk" - reine Propaganda für die Meinungsmache. Und die Regierungen sind nicht die "guten Onkels", es sind machtgeile kranke Hirne, die jeden Bezug zur Realität verloren haben.

      Als ich vor ein paar Monaten in einem anderen Thread auf die offensichtliche Kausalkette Bush - Wahlspenden/Korruption - Ölkonzerne/-lobby - 9/11 - Afghanistan-Krieg hingewiesen habe, wurde ich natürlich sogleich von treuen Bildlesern als "Verschwörungstheoretiker" abgeurteilt.

      Inzwischen gab es Enron, Artikel über die Öl-Interessen in Focus und Spiegel, und jetzt packt Bush sogar die Atombombe wieder aus. Wo bleibt der Aufschrei des Entsetzens?

      Bush ist gefährlicher als 10 Osama`s, denn der hat keine Atombombe. Ich habe die heiße Phase des "kalten Krieges" persönlich miterlebt, inkl. Luftschutzübungen und Tipps gegen atomare Verseuchung (viel Jod essen, das hilft). Ich brauche das nicht noch einmal!

      Inzwischen umfasst die Liste der potentiellen "Empfänger" atomarer Wurfsendungen bereits 10 Staaten, darunter auch Russland und China - obwohl beide Staaten aktiv Bush in seinem Kampf gegen den Terror unterstützen. Ist das nicht paradox?

      Ich bin gerade aus Russland zurück und kenne das Land wohl besser als jeder andere hier im Board. Das Land ist in keinster Weise eine Bedrohung für die USA. Man hat dort nämlich gerade mit ganz anderen Sorgen zu kämpfen. Und Präsident Putin verfolgt eine extrem amerikafreundliche Politik, auch gegen den Widerstand alter kommunistischer Kader. Er duldet die Stationierung von US-Truppen auf dem Territorium der ehemaligen UdSSR. Er akzeptiert die Kündigung der ABM-Verträge, damit die USA ihre Star-Wars Pläne umsetzen können. Er unterstützte Bush in jeder Hinsicht beim Anti-Terror-Kampf. Kann sich also jemand hier im Board vorstellen, wie brüskiert Putin sein muß, wenn er dann aus der Presse erfährt, Russland steht jetzt auch auf der "Todesliste", gleich neben der "Achse des Bösen"? Kann sich jemand vorstellen, wie gefährlich das die Position von Putin in Russland schwächt, und wie es im Gegenzug den alten USA-Feinden Auftrieb gibt?

      Aber warum sollte Bush ausgerechnet den ersten USA-freundlichen Kreml-Herrscher in der Geschichte Russlands schwächen? Vielleicht ist ja diese Freundlichkeit gar nicht erwünscht? Es passt nicht zum Feindbild "böser Russe". Und es würde den USA nicht erlauben, den eigentlichen Masterplan vollständig umzusetzen: die vollständige Zerschlagung der ehemaligen Sowjetunion mit dem Ziel, die Kontrolle über die reichhaltigen Rohstoffe zu erlangen.

      Denn nur darum geht es. Der Wirschaftsbetrieb USA gerät ohne entsprechende Rohstoffe schnell ins Stottern. Und Bush hat nicht zuletzt mit der Ablehnung des Kyoto-Protokolls klar gemacht, daß er ALLES tun würde, was der amerikanischen Wirtschaft (seinen Financiers) nützt. Das ist seine Doktrin! Das ist sehr wichtig für das Verständnis von Bush und seiner aktuellen Politik.

      Bush - und damit meine ich ihn persönlich und den Filz aus Politikern, Industrie und Geld hinter ihm - kennt keine moralischen Skrupel. Der aktive Einsatz von Atomwaffen ist für ihn eine denkbare Option, um die o.g. Ziele durchzusetzen. Jeder, der Bush unterstützt, unterstützt auch die atomare Option.

      Für mich ist es absolut plausibel, daß jemand, der bereit ist atomare Waffen für wirtschaftspolitische Ziele einzusetzen, auch bereit ist, 2 Hochhäuser zu zerstören bzw. deren Zerstörung zuzulassen, weil es gut in`s Konzept passt.

      Wenn man sich die geopolitische Situation vor 9/11 und danach anschaut, dann haben die USA daraus einen enormen strategischen Vorteil gewonnen. Jetzt stehen reguläre US-Truppen im Süden der ehem. Sowjetunion, was zuvor von jedermann für undenkbar gehalten worden wäre. Jetzt ist die Tür offen für direkte CIA-Operationen in den angrenzenden russischen Republiken mit dem Ziel der weiteren Destabilisierung.

      Wer jetzt immer noch meint, daß sei doch alles nur Unsinn, der soll einfach noch ein paar Monate abwarten. Aber nicht vergessen:

      viel Jod essen, das hilft!
      Avatar
      schrieb am 12.03.02 19:05:11
      Beitrag Nr. 67 ()
      @Mad henry: ich stimme Dir 100%ig zu. Siehe auch mein "Dumpfbacken"-thread.

      Gruß stormy
      Avatar
      schrieb am 13.03.02 18:17:45
      Beitrag Nr. 68 ()
      Stormy,

      habe Deinen Thread gelesen. Gut erkannt!

      Kriege waren schon immer Kriege um Ressourcen. Auf dem Territorium der ehemaligen Sowjetunion lagern 70% der weltweiten Rohstoffvorräte und ein Großteil der Erdöl-Vorräte. Da wollen die Amis ran, darum geht es und um nichts anderes.
      Avatar
      schrieb am 16.02.03 16:29:40
      Beitrag Nr. 69 ()
      Wenn man das Startposting betrachtet, haben sich unsere deutschen Politiker doch recht wacker geschlagen


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