PSE: info.box - 500 Beiträge pro Seite
eröffnet am 24.03.02 19:04:52 von
neuester Beitrag 14.07.02 01:23:38 von
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Philipp Steinhauer
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,188719,00.html
CARGOLIFTER
"Eine ungetestete Technologie kauft keiner"
Von Carsten Volkery, New York
Stolz hat die brandenburgische Luftschiff-Firma Cargolifter vergangene Woche ihren ersten Kunden präsentiert: Heavylift Canada. Doch bisher ist Cargolifter nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen der einzige Investor des kanadischen Unternehmens.
New York - Die Bekanntmachung auf der Cargolifter- Hauptversammlung klang gut: Die Firma Heavylift Canada werde für zehn Millionen US-Dollar den ersten Cargolifter-Ballon überhaupt kaufen. Der CL75-Aircrane, Durchmesser 61 Meter, werde zum Dezember 2002 ausgeliefert. Heavylift werde ihn dazu benutzen, um tonnenschwere Ölförderanlagen in das vereiste Delta des Mackenzieflusses im Norden Kanadas zu fliegen. Die Cargolifter-Aktionäre waren begeistert.
Doch schon kurz nach der erfreulichen Nachricht wurden Fragen laut: Wer steckt eigentlich hinter Heavylift Canada? Cargolifter hatte mitgeteilt, dass man selbst mit 20 Prozent (1,5 Millionen Dollar) in die kanadische Firma einsteigen werde. Spekulationen, es handele sich um eine Briefkastenfirma, wies das brandenburgische Unternehmen zurück.
Viel mehr als einen Briefkasten hat Heavylift aber noch nicht. Die Firma wurde speziell für die Vermarktung des AirCrane in der Arktis gegründet. Ein Büro gibt es offenbar noch nicht, Kontaktperson der am 6. Februar 2002 gegründeten Firma ist ein Anwalt in Calgary. Bisher sei Cargolifter der einzige Investor, sagt Heavylift-Chef John Angus in einem Gespräch mit SPIEGEL ONLINE.
Das sei aber nicht weiter verwunderlich, schließlich habe man erst vergangenes Wochenende den Vertrag unterzeichnet. "Erst muss das Haus stehen, dann kann die Party beginnen", sagt Angus. Erst habe Cargolifter sich selbst engagieren müssen, bevor man weitere Investoren überzeugen könne. Angus Unternehmensberatung Stonehenge Partners mit Sitz in Montreal ist auf Firmen-Turnarounds und Kapitalbeschaffung spezialisiert.
Investoren mit warmen Gefühlen
Im Moment rede er täglich mit potenziellen Investoren aus der Ölbranche, sagt Angus. Sie hätten "sehr warme Gefühle" für den AirCrane - aus dem einfachen Grund, dass sie ein Riesenproblem hätten: Bisher wurden die Ölförderanlagen von Schwertransportern über meterdick gefrorene "Ice Roads" an die Bohrstelle gebracht.
Auf Grund der Erderwärmung hat sich die Frostsaison jedoch um mehrere Wochen verkürzt - und jeder verlorene Tag kostet die Branche Millionen. "Wir haben hier eine milliardenschwere Industrie und Ölfelder, die man noch 30 Jahre ausbeuten kann. Das schreit nach einer Lösung", sagt Angus. Der von einem Bodenfahrzeug gezogene CL75 soll die Tonnenlast durch die Luft transportieren und dadurch den Druck auf die Eisstraßen verringern.
Allerdings müsse den Ölfirmen erst demonstriert werden, dass der Ballon auch tatsächlich funktioniert. "Eine ungetestete Technologie kauft keiner", sagt Angus. Sie seien besonders kritisch, weil die Ölförderanlagen Millionen wert sind. Heavylift plane, den gekauften Ballon im Dezember 2002 ins Mackenzie-Delta bringen und ihn dort vorzuführen. Dann hänge es von der Reaktion der Ölfirmen ab, ob man die mit Cargolifter vereinbarte Option ausübe und weitere Ballons kaufe.
Vorher allerdings fallen noch zusätzliche Kosten für das Zuggefährt an, das den Ballon ziehen wird. Wahrscheinlich wird das Kettenfahrzeug Husky-8 der kanadischen Firma Foremost umgerüstet. Auch andere Geräte müssten modifiziert werden. Gesamtkosten laut Angus: Mehr als eine Million Dollar. Einen Teil davon zahle ebenfalls Cargolifter. Heavylift werde keinen Cent dafür ausgeben. "Wieso sollen wir das gesamte Risiko tragen, damit die ihren Ballon testen können?", fragt Angus.
Das ist nicht die einzige Ausgabe, die die Kaufsumme von 10 Millionen Dollar kleiner erscheinen lässt. Der gesamte Ballon wird nämlich in den USA gebaut. Die Cargolifter-Halle im brandenburgischen Brand ist noch nicht dementsprechend ausgerüstet. Selbst der Prototyp, der in Brand zu sehen ist, stammt aus Elizabeth City im US-Bundesstaat North Carolina. Dort, im 300 Meter langen Hangar der Firma TCOM, wird die Ballonhülle hergestellt. "TCOM sind die einzigen, die derzeit den Ballon bauen können", sagt Angus. Auch die Produkt-Garantie gibt TCOM.
Geheime Details
Wieviel die US-Firma dafür erhält, will Cargolifter nicht preisgeben. Sicher ist nur, dass es nicht gratis ist. "Details unseres Kaufvertrags verraten wir nicht", sagt Silke Rösser, Sprecherin von Cargolifter in Berlin. "Ich kann Ihnen nur versichern, dass wir einen Profit machen."
Angus will sich zur Gewinnfrage nicht äußern. Er sagt nur: "Cargolifter hat das alte Problem: Wie vermarktet man eine brandneue Technologie?" Vom Marketing-Standpunkt her sei das Arktis-Projekt auf jeden Fall ein Gewinn. Das Problem: Cargolifter hat es nicht als Marketing-Projekt, sondern als regulären Verkauf dargestellt. Rösser sagt dazu lapidar: "Wir haben das Projekt den Aktionären als das vorgestellt, was es ist."
Angus selbst ist so überzeugt von Heavylift, dass er bisher nach eigenen Angaben gratis arbeitet. Sobald er die Investoren an Bord habe, erwarte er allerdings ein reguläres CEO-Gehalt. In der Vergangenheit hatte Angus von Cargolifters US-Tochter bereits Honorare für andere Tätigkeiten bezogen.
Die Idee, Ölförderanlagen mit einem Ballon zu transportieren, hatte Peter Jess, ein langjähriger Geschäftspartner von Angus. Jess hat eine eigene Firma in Calgary: Jessco Logistics ist eine der Anlaufstellen für Arktis-Projekte aller Art. "Pete ist einer von vielleicht fünf Leuten, zu denen man gehen muss, wenn man in die Arktis will", sagt Angus. Zu seinen Kunden in der Vergangenheit zählten große Ölfirmen ebenso wie die US-Raumfahrtagentur Nasa, die kanadische Regierung oder Abenteurer-Expeditionen.
Außergewöhnlicher Traum
Zusammen hätten sie schon viele Projekte angeschoben, sagt Angus. Auch bei diesem gebe es einen klaren Business-Plan. Im Moment sei man dabei, ein Team aus rund 20 Ingenieuren, Mechanikern und Arbeitern zusammenzustellen. Einige werden während des Sommers bei den Herstellerfirmen die Technologie des Ballons studieren, damit sie hinterher in der arktischen Wildnis "jede Schraube kennen". Ein Büro habe die Firma bisher nicht, um Kosten zu sparen. Sobald man nach Norden ziehe, werde Heavylift allerdings dort ein Büro aufmachen.
Um jeden Zweifel an dem Projekt zu zerstreuen, sagt er: "Glauben Sie mir, ich habe in meinem Leben eine Menge Träumer gesehen. Bei diesem Projekt kann ich Ihnen geradewegs ins Auge schauen und sagen: Dies ist eine außergewöhnliche Gelegenheit." Auch das klingt wieder gut.
Philipp Steinhauer
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,188719,00.html
CARGOLIFTER
"Eine ungetestete Technologie kauft keiner"
Von Carsten Volkery, New York
Stolz hat die brandenburgische Luftschiff-Firma Cargolifter vergangene Woche ihren ersten Kunden präsentiert: Heavylift Canada. Doch bisher ist Cargolifter nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen der einzige Investor des kanadischen Unternehmens.
New York - Die Bekanntmachung auf der Cargolifter- Hauptversammlung klang gut: Die Firma Heavylift Canada werde für zehn Millionen US-Dollar den ersten Cargolifter-Ballon überhaupt kaufen. Der CL75-Aircrane, Durchmesser 61 Meter, werde zum Dezember 2002 ausgeliefert. Heavylift werde ihn dazu benutzen, um tonnenschwere Ölförderanlagen in das vereiste Delta des Mackenzieflusses im Norden Kanadas zu fliegen. Die Cargolifter-Aktionäre waren begeistert.
Doch schon kurz nach der erfreulichen Nachricht wurden Fragen laut: Wer steckt eigentlich hinter Heavylift Canada? Cargolifter hatte mitgeteilt, dass man selbst mit 20 Prozent (1,5 Millionen Dollar) in die kanadische Firma einsteigen werde. Spekulationen, es handele sich um eine Briefkastenfirma, wies das brandenburgische Unternehmen zurück.
Viel mehr als einen Briefkasten hat Heavylift aber noch nicht. Die Firma wurde speziell für die Vermarktung des AirCrane in der Arktis gegründet. Ein Büro gibt es offenbar noch nicht, Kontaktperson der am 6. Februar 2002 gegründeten Firma ist ein Anwalt in Calgary. Bisher sei Cargolifter der einzige Investor, sagt Heavylift-Chef John Angus in einem Gespräch mit SPIEGEL ONLINE.
Das sei aber nicht weiter verwunderlich, schließlich habe man erst vergangenes Wochenende den Vertrag unterzeichnet. "Erst muss das Haus stehen, dann kann die Party beginnen", sagt Angus. Erst habe Cargolifter sich selbst engagieren müssen, bevor man weitere Investoren überzeugen könne. Angus Unternehmensberatung Stonehenge Partners mit Sitz in Montreal ist auf Firmen-Turnarounds und Kapitalbeschaffung spezialisiert.
Investoren mit warmen Gefühlen
Im Moment rede er täglich mit potenziellen Investoren aus der Ölbranche, sagt Angus. Sie hätten "sehr warme Gefühle" für den AirCrane - aus dem einfachen Grund, dass sie ein Riesenproblem hätten: Bisher wurden die Ölförderanlagen von Schwertransportern über meterdick gefrorene "Ice Roads" an die Bohrstelle gebracht.
Auf Grund der Erderwärmung hat sich die Frostsaison jedoch um mehrere Wochen verkürzt - und jeder verlorene Tag kostet die Branche Millionen. "Wir haben hier eine milliardenschwere Industrie und Ölfelder, die man noch 30 Jahre ausbeuten kann. Das schreit nach einer Lösung", sagt Angus. Der von einem Bodenfahrzeug gezogene CL75 soll die Tonnenlast durch die Luft transportieren und dadurch den Druck auf die Eisstraßen verringern.
Allerdings müsse den Ölfirmen erst demonstriert werden, dass der Ballon auch tatsächlich funktioniert. "Eine ungetestete Technologie kauft keiner", sagt Angus. Sie seien besonders kritisch, weil die Ölförderanlagen Millionen wert sind. Heavylift plane, den gekauften Ballon im Dezember 2002 ins Mackenzie-Delta bringen und ihn dort vorzuführen. Dann hänge es von der Reaktion der Ölfirmen ab, ob man die mit Cargolifter vereinbarte Option ausübe und weitere Ballons kaufe.
Vorher allerdings fallen noch zusätzliche Kosten für das Zuggefährt an, das den Ballon ziehen wird. Wahrscheinlich wird das Kettenfahrzeug Husky-8 der kanadischen Firma Foremost umgerüstet. Auch andere Geräte müssten modifiziert werden. Gesamtkosten laut Angus: Mehr als eine Million Dollar. Einen Teil davon zahle ebenfalls Cargolifter. Heavylift werde keinen Cent dafür ausgeben. "Wieso sollen wir das gesamte Risiko tragen, damit die ihren Ballon testen können?", fragt Angus.
Das ist nicht die einzige Ausgabe, die die Kaufsumme von 10 Millionen Dollar kleiner erscheinen lässt. Der gesamte Ballon wird nämlich in den USA gebaut. Die Cargolifter-Halle im brandenburgischen Brand ist noch nicht dementsprechend ausgerüstet. Selbst der Prototyp, der in Brand zu sehen ist, stammt aus Elizabeth City im US-Bundesstaat North Carolina. Dort, im 300 Meter langen Hangar der Firma TCOM, wird die Ballonhülle hergestellt. "TCOM sind die einzigen, die derzeit den Ballon bauen können", sagt Angus. Auch die Produkt-Garantie gibt TCOM.
Geheime Details
Wieviel die US-Firma dafür erhält, will Cargolifter nicht preisgeben. Sicher ist nur, dass es nicht gratis ist. "Details unseres Kaufvertrags verraten wir nicht", sagt Silke Rösser, Sprecherin von Cargolifter in Berlin. "Ich kann Ihnen nur versichern, dass wir einen Profit machen."
Angus will sich zur Gewinnfrage nicht äußern. Er sagt nur: "Cargolifter hat das alte Problem: Wie vermarktet man eine brandneue Technologie?" Vom Marketing-Standpunkt her sei das Arktis-Projekt auf jeden Fall ein Gewinn. Das Problem: Cargolifter hat es nicht als Marketing-Projekt, sondern als regulären Verkauf dargestellt. Rösser sagt dazu lapidar: "Wir haben das Projekt den Aktionären als das vorgestellt, was es ist."
Angus selbst ist so überzeugt von Heavylift, dass er bisher nach eigenen Angaben gratis arbeitet. Sobald er die Investoren an Bord habe, erwarte er allerdings ein reguläres CEO-Gehalt. In der Vergangenheit hatte Angus von Cargolifters US-Tochter bereits Honorare für andere Tätigkeiten bezogen.
Die Idee, Ölförderanlagen mit einem Ballon zu transportieren, hatte Peter Jess, ein langjähriger Geschäftspartner von Angus. Jess hat eine eigene Firma in Calgary: Jessco Logistics ist eine der Anlaufstellen für Arktis-Projekte aller Art. "Pete ist einer von vielleicht fünf Leuten, zu denen man gehen muss, wenn man in die Arktis will", sagt Angus. Zu seinen Kunden in der Vergangenheit zählten große Ölfirmen ebenso wie die US-Raumfahrtagentur Nasa, die kanadische Regierung oder Abenteurer-Expeditionen.
Außergewöhnlicher Traum
Zusammen hätten sie schon viele Projekte angeschoben, sagt Angus. Auch bei diesem gebe es einen klaren Business-Plan. Im Moment sei man dabei, ein Team aus rund 20 Ingenieuren, Mechanikern und Arbeitern zusammenzustellen. Einige werden während des Sommers bei den Herstellerfirmen die Technologie des Ballons studieren, damit sie hinterher in der arktischen Wildnis "jede Schraube kennen". Ein Büro habe die Firma bisher nicht, um Kosten zu sparen. Sobald man nach Norden ziehe, werde Heavylift allerdings dort ein Büro aufmachen.
Um jeden Zweifel an dem Projekt zu zerstreuen, sagt er: "Glauben Sie mir, ich habe in meinem Leben eine Menge Träumer gesehen. Bei diesem Projekt kann ich Ihnen geradewegs ins Auge schauen und sagen: Dies ist eine außergewöhnliche Gelegenheit." Auch das klingt wieder gut.
http://www.faz.net/IN/INtemplates/faznet/default.asp?tpl=inv…
Technologie
Die Aktie von General Electric ist angezählt
22. März 2002 General Electric (GE) gilt gemeinhin als Symbol für die Stärke Amerikas. Das Technologie-Konglomerat befindet sich seit Jahren auf Erfolgskurs und hat es mit einer Marktkapitalisierung von 372 Milliarden Dollar zum schwergewichtigsten Unternehmen der Welt gebracht.
Dank der glorreichen Erfolgsbilanz war GE lange Zeit über jede Kritik erhaben. Zumindest solange wie der kürzlich ausgeschiedene Chef Jack Welch das Zepter in der Hand hielt. Auch jetzt noch raten alle Analysten an Wall Street zum Kauf des Titels. Trotzdem hat sich im Zuge des Enron-Skandals neuerdings der Wind etwas gedreht. Plötzlich wird das Wachstum kritisch hinterfragt.
Am Donnerstag preschte dabei Bill Gross, Geschäftsführer des weltgrößten Rentenfonds, vor. Der Vertreter von Pacific Investment Management (Pimco) bemängelte die mangelnde Transparenz und hinterfragte die Ehrlichkeit des Unternehmens, was sich beim Aktienkurs in einem Minus von 3,5 Prozent auf 37,45 Dollar niederschlug. Gegenüber dem Rekordhoch von 60 Dollar summiert sich der Abschlag damit auf 37,6 Prozent.
Ratingänderung würde GE teuer zu stehen kommen
Ins Zwielicht zu geraten, kann sich GE aber nicht leisten. Dafür ist die Aktie mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 22,6 auf Basis des für das Jahr 2002 geschätzten Gewinns von 1,66 zu hoch bewertet. Und auch die Marktkapitalisierung ist gemessen am voraussichtlich in diesem Jahr erzielten Umsatz von 137,5 Milliarden Dollar korrekturanfällig.
Zweifel an seiner Zuverlässigkeit kann sich GE aber auch deshalb nicht leisten, weil die Expansionsstrategie auf den guten Ruf des Unternehmens aufbaut. Nur so war es in der Vergangenheit möglich, die Zukäufe günstig zu finanzieren. Dank eines AAA-Ratings, eine Bestnote, die nur acht weiteren Unternehmen aus dem S&P-500 Index zugebilligt wird, war die Kreditaufnahme bisher relativ billig.
Verteuern sich die Kosten wegen einer verschlechterten Kreditwürdigkeit, würde dies GE bei einem Schuldenberg von 103 Milliarden Dollar alleine im Bereich Commercial Papers teuer zu stehen kommen. Aber gerade die hohe Verschuldung in diesen kurzfristigen geldmarktnahen Firmenanleihen wird derzeit von Analysten als kritisch gesehen.
Aktienkurs zumindest vor längerer Verschnaufpause
Kann GE die Zweifel nicht ausräumen, könnte ein ganzes Kartenhaus ins Wanken geraten. Der Aktienkurs hinterlässt ohnehin schon seit einiger Zeit einen schwächelnden Eindruck. Der Blick auf den untenstehenden Chart zeigt, dass die Lage kritisch ist. Die Erfolgsbilanz, welche die Notiz von einem Dollar im Jahr 1980 im Hoch im Jahr 2000 bis auf 60 Dollar hievte, steht auf dem Spiel.
Bisher hat es GE zwar immer geschafft, alle Klippen zu umschiffen. Auch jetzt ist nicht ausgeschlossen, dass dies wieder gelingt. Dem Aktienkurs dürfte es trotzdem auf absehbare Zeit nicht gelingen, an die großen Erfolge der Vergangenheit anzuknüpfen.Dafür liegt die Messlatte einfach zu hoch.
Schlecht dürfte es vermutlich auch aufgenommen werden, wenn GE wie Gerüchte besagen tatsächlich für CIT Group, der Finanzdienstleistungssparte von Tyco International bieten sollte. Denn auch dieses Konglomerat stand zuletzt wegen fragwürdiger Bilanzierungspraktiken massiv in der Kritik.
Technologie
Die Aktie von General Electric ist angezählt
22. März 2002 General Electric (GE) gilt gemeinhin als Symbol für die Stärke Amerikas. Das Technologie-Konglomerat befindet sich seit Jahren auf Erfolgskurs und hat es mit einer Marktkapitalisierung von 372 Milliarden Dollar zum schwergewichtigsten Unternehmen der Welt gebracht.
Dank der glorreichen Erfolgsbilanz war GE lange Zeit über jede Kritik erhaben. Zumindest solange wie der kürzlich ausgeschiedene Chef Jack Welch das Zepter in der Hand hielt. Auch jetzt noch raten alle Analysten an Wall Street zum Kauf des Titels. Trotzdem hat sich im Zuge des Enron-Skandals neuerdings der Wind etwas gedreht. Plötzlich wird das Wachstum kritisch hinterfragt.
Am Donnerstag preschte dabei Bill Gross, Geschäftsführer des weltgrößten Rentenfonds, vor. Der Vertreter von Pacific Investment Management (Pimco) bemängelte die mangelnde Transparenz und hinterfragte die Ehrlichkeit des Unternehmens, was sich beim Aktienkurs in einem Minus von 3,5 Prozent auf 37,45 Dollar niederschlug. Gegenüber dem Rekordhoch von 60 Dollar summiert sich der Abschlag damit auf 37,6 Prozent.
Ratingänderung würde GE teuer zu stehen kommen
Ins Zwielicht zu geraten, kann sich GE aber nicht leisten. Dafür ist die Aktie mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 22,6 auf Basis des für das Jahr 2002 geschätzten Gewinns von 1,66 zu hoch bewertet. Und auch die Marktkapitalisierung ist gemessen am voraussichtlich in diesem Jahr erzielten Umsatz von 137,5 Milliarden Dollar korrekturanfällig.
Zweifel an seiner Zuverlässigkeit kann sich GE aber auch deshalb nicht leisten, weil die Expansionsstrategie auf den guten Ruf des Unternehmens aufbaut. Nur so war es in der Vergangenheit möglich, die Zukäufe günstig zu finanzieren. Dank eines AAA-Ratings, eine Bestnote, die nur acht weiteren Unternehmen aus dem S&P-500 Index zugebilligt wird, war die Kreditaufnahme bisher relativ billig.
Verteuern sich die Kosten wegen einer verschlechterten Kreditwürdigkeit, würde dies GE bei einem Schuldenberg von 103 Milliarden Dollar alleine im Bereich Commercial Papers teuer zu stehen kommen. Aber gerade die hohe Verschuldung in diesen kurzfristigen geldmarktnahen Firmenanleihen wird derzeit von Analysten als kritisch gesehen.
Aktienkurs zumindest vor längerer Verschnaufpause
Kann GE die Zweifel nicht ausräumen, könnte ein ganzes Kartenhaus ins Wanken geraten. Der Aktienkurs hinterlässt ohnehin schon seit einiger Zeit einen schwächelnden Eindruck. Der Blick auf den untenstehenden Chart zeigt, dass die Lage kritisch ist. Die Erfolgsbilanz, welche die Notiz von einem Dollar im Jahr 1980 im Hoch im Jahr 2000 bis auf 60 Dollar hievte, steht auf dem Spiel.
Bisher hat es GE zwar immer geschafft, alle Klippen zu umschiffen. Auch jetzt ist nicht ausgeschlossen, dass dies wieder gelingt. Dem Aktienkurs dürfte es trotzdem auf absehbare Zeit nicht gelingen, an die großen Erfolge der Vergangenheit anzuknüpfen.Dafür liegt die Messlatte einfach zu hoch.
Schlecht dürfte es vermutlich auch aufgenommen werden, wenn GE wie Gerüchte besagen tatsächlich für CIT Group, der Finanzdienstleistungssparte von Tyco International bieten sollte. Denn auch dieses Konglomerat stand zuletzt wegen fragwürdiger Bilanzierungspraktiken massiv in der Kritik.
http://www.manager-magazin.de/geld/artikel/0,2828,187740,00.…
27.03.2002
N E U E R M A R K T
Firmenjäger auf der Pirsch
Von Dietmar Palan
Der Wert vieler Unternehmen liegt unter dem Pegel ihrer liquiden Mittel. Aufkäufer lauern auf Schnäppchen. Wo lohnt der Einstieg für Privatanleger?
Neuer Markt: Unterbewertete Firmen bieten privaten Investoren Einstiegschancen
Hamburg - Aasgeier würden die Händler an der Nasdaq Leute wie Florian Homm oder Klaus Helbert nennen. Die beiden fielen in den vergangenen Monaten mit Geschäften auf, die an der US-Hightech-Börse zur Spezialität der so genannten Vulture-(Geier-)Investoren gehören - dem Aufkaufen und dem Ausschlachten abgestürzter Wachstumsfirmen.
Die Beutezüge funktionieren stets nach dem gleichen Muster: Zunächst suchen sich die Leichenfledderer ein Unternehmen mit voller Kasse und niedrigem Börsenwert. Dann sichern sie sich die Mehrheit. Am Ende krempeln sie die Firma entweder völlig um oder lösen den Laden einfach auf.
Exakt nach diesem Muster verfuhr Florian Homm (42), bis Anfang vergangenen Jahres Chef des Schwalbacher Vermögensverwalters Value Management & Research (VMR), beim Softwarehaus Trius.
Ein lohnendes Ziel: Die Kassen- und Wertpapierpositionen bei Trius waren beinahe doppelt so hoch wie der gesamte Börsenwert der Company. Homm kaufte Aktien, paktierte mit den beiden Trius-Gründern und ließ sich vergangenen November an die Spitze des Aufsichtsrats setzen. Nun zerschlägt er das Unternehmen zusammen mit seinen Verbündeten und verteilt die Beute unter den Aktionären. Der Ex-VMR-Chef dürfte mit seiner Attacke am Ende zwischen 50 und 60 Prozent verdient haben.
Klaus Helbert (35) ging die Sache dagegen mit einem etwas längerfristigen Zeithorizont an. Der smarte Kaufmann war als Verleger auflagenstarker Sexheftchen wie "Coupé" oder "Blitz-Illu" zu Geld und schlechtem Ruf gekommen. Nach dem Verkauf seines Schmuddelimperiums stieg er gleich bei mehreren Neuer-Markt-Firmen ein. Die digitale Videovertriebsplattform Media Netcom und die als Internet-Softwareanbieter gestartete Internolix führt er mittlerweile als Vorstandsvorsitzender.
Helberts Wirken hinterließ vor allem bei Internolix tiefe Spuren. Von den 220 Mitarbeitern, die das Unternehmen Anfang 2001 beschäftigte, sind gerade noch 21 da. Und statt Softwareentwicklung betreibt die Firma jetzt unter anderem eine Chat-Plattform, auf der auch Erotikfotos angeboten werden.
Der Neue Markt zu Beginn des Jahres 2002: Nach dem tiefen Fall der Frankfurter Wachstumsbörse herrscht Schlussverkaufsstimmung unter den Investoren, und auch namhafte Adressen greifen im großen Stil zu.
So sicherte sich der US-Internet Werbevermarkter Doubleclick eine Option auf 36 Prozent an seinem deutschen Konkurrenten Adlink . Der US-Elektronikkonzern Harman International hält seit Mitte Januar über 77 Prozent an dem schwäbischen Anbieter von Autonavigationssystemen CAA . Und der Werber OgilvyOne will die Wiesbadener Multimediaagentur Concept schlucken.
Anleger können in solchen Fällen entweder mit großzügigen Übernahmeprämien rechnen oder mit langfristigen Kurssteigerungen, wenn der neue Großaktionär mit dem Management der übernommenen Firma aufgeräumt hat.
Der Zeitpunkt für die Aufkäufer scheint günstig. Rund 150 der 321 an der Frankfurter Wachstumsbörse gelisteten Firmen notierten Anfang Februar unter ihrem Buchwert. Auch Unternehmen mit funktionierenden Geschäftsmodellen werden an der Börse derzeit deutlich unter dem Wert ihres Eigenkapitals gehandelt.
Eine interessante Wette auf schnelle Kursgewinne?
Gemach, nicht jedes Unternehmen, das vermeintlich zu Schleuderpreisen gehandelt wird, ist sein Geld tatsächlich wert. Hohe Verluste und zweifelhafte Bilanzansätze können die Kursfantasie schnell beenden. Wo also lohnt sich die Übernahmespekulation wirklich?
manager magazin hat zusammen mit dem unabhängigen Hamburger Analystenhaus SES Research Bilanzen und Quartalsberichte aller Unternehmen am Neuen Markt analysiert und die interessantesten Übernahme- und Kaufkandidaten herausgefiltert (siehe "mm-Check: Welche Unternehmen sich für Aufkäufer lohnen").
Es ist auf den ersten Blick eine Liste gescheiterter Existenzen. Seit dem Börsengang verloren die Unternehmen 70, 80 oder gar 90 Prozent ihres Marktwerts. Keines der ambitionierten Start-ups kam auch nur annähernd an die Prognosen heran, die beim Börsengang veröffentlicht worden waren.
Der Biotech-Anbieter Girindus etwa vervierfachte in den ersten drei Quartalen des vergangenen Jahres seine Verluste, statt die angekündigte schwarze Null zu schreiben. Das Softwareunternehmen Beta Systems bezahlte die US-Expansion mit tiefroten Zahlen. Die Biotech-Firma Genescan trennte sich erst im November von zwei ihrer vier Vorstände. Und der Callcenter-Dienstleister D+S Online verpatzte die Fusion mit der Konkurrenz von Camelot .
Warum solche Verlierer für Aufkäufer interessant sein sollen? Nun, sie haben während der Boomphase weniger Fehler gemacht als die inzwischen bankrotten Börsenstars Brokat oder Kabel New Media.
Die Vorstände waren vorsichtig genug, die Unternehmenskasse zusammenzuhalten und ihre Expansion nicht auf Pump zu finanzieren. Darüber hinaus haben die von manager magazin und SES Research herausgefilterten Kandidaten für die Verhältnisse am Neuen Markt ungewohnt vorsichtig bilanziert.
Verlustträchtige Auslandstöchter sind weit gehend abgeschrieben. Andere kritische Positionen wie selbst erstellte Software oder hohe Firmenwerte spielen in den Büchern keine nennenswerte Rolle.
Beispiel GAP : Den Oberhachinger Hersteller von Bordcomputern und Maschinensteuerungssystemen bewertet die Börse derzeit mit rund elf Millionen Euro. Das ist gut die Hälfte des Eigenkapitals von über 21 Millionen Euro und deutlich weniger als die 15 Millionen Euro, die das Unternehmen noch in der Kasse hat.
Eine solide Basis für den Einstieg größerer Konkurrenten. Vor allem, weil bei Gründer und Vorstandschef Ditmar Prigge die Illusionen aus der Zeit nach dem Börsengang rechtzeitig verflogen sind. Die verlustreichen Töchter in Großbritannien, Hongkong und Australien hat er rasch dichtgemacht. Die kostenträchtigen Pläne für den Aufbau eines US-Stützpunkts sind in der Schublade verschwunden.
Das Frankfurter Softwarehaus IFAO erscheint dagegen eher als lukratives Übernahmeobjekt für einen wie den Trius-Zerleger Florian Homm. Mit dem Anbieter von Buchungssoftware geht es seit dem Börsenstart stetig bergab. Trotz andauernder Vorsteuerverluste stehen aber immer noch mehr als 21 Millionen Euro liquide Mittel in der Bilanz.
Das Beispiel IFAO zeigt aber auch, dass die Spekulation auf Übernahme und Zerschlagung eine riskante Wette ist. Bei den meisten Unternehmen der manager-magazin-Liste scheint es fraglich, ob es einem Aufkäufer gelingt einzusteigen, bevor das Management das Firmenkapital restlos verbrannt hat.
Anleger sollten deshalb nur bei solchen Firmen zuschlagen, bei denen sich Übernahmespekulanten auch rasch die Kontrolle sichern können. Unternehmen wie der Dortmunder Softwareproduzent Pro DV , dessen Mehrheitsverhältnisse über Poolverträge bis 2004 festgezurrt wurden, erscheinen wenig geeignet.
Auch der an der Börse immer wieder als Kandidat gehandelte E-Business-Dienstleister Syzygy , der noch über den Großteil seiner Einnahmen aus dem Börsengang verfügt, dürfte kaum für eine plötzliche Übernahme und Zerschlagung in Frage kommen.
Für ein solches Manöver ist der Anteil der frei handelbaren Aktien, der bei knapp 27 Prozent liegt, einfach zu gering.
Und selbst eine gut gefüllte Firmenkasse und ausreichender Freefloat sind zuweilen ein schlechter Indikator für einen Erfolg versprechenden Angriff:
Zweifelhaft sind Unternehmen, bei denen das Geld im Rekordtempo abfließt. So ist die Übernahmefantasie etwa beim Breitbanddienstleister QSC arg beschränkt, trotz 176 Millionen Euro liquider Mittel in der Bilanz. Allein zwischen Januar und September 2001 gaben die Kölner rund 119 Millionen Euro aus.
Skepsis herrscht zudem bei Adressen, bei denen so genannte immaterielle Vermögensgegenstände die Bilanz beherrschen. Selbst erstellte Software, der Firmenwert von übernommenen Konkurrenten oder die Kosten selbst produzierter Kino- und Fernsehware gelten als hochriskant; das Zustandekommen der Buchwerte ist oft nicht nachvollziehbar; Neubewertungen können hohe Abschreibungen und drastische Gewinneinbrüche auslösen.
Trotz aller Risiken steht fest: Der Ausverkauf am Neuen Markt geht weiter. Experten wie Karl Fickel, Manager des Lupus-Alpha-Small-CapFonds, schätzen, dass von den derzeit 321 notierten Unternehmen Ende nächsten Jahres noch zwischen 200 und 250 übrig sein werden (siehe "Vielen Firmen fehlt die Börsenreife"). Einen Teil des Bereinigungsprozesses werden die Aufkäufer erledigen, und von deren Arbeit können auch Privatanleger profitieren.
Sie sollten allerdings wissen, worauf sie sich einlassen. Das Risiko solcher Wetten ist ähnlich hoch wie der Einstieg bei vorbörslichen Beteiligungen oder die Investition in Wagniskapitalfonds. Und da gilt die Regel, dass von zehn Einsätzen etwa drei bis vier erfolgreich sind; der Rest muss am Ende meist als Totalverlust abgeschrieben werden.
Schlechtes Image, solide Substanz
Welche Unternehmen sich für Aufkäufer lohnen
Rang Unternehmen WKN/ Chart Nemax-
Branche Börsenwert* Eigenkapital* liquide
Mittel*
1 IFAO 622452 Internet 11,6 46,1 21,7
2 GAP 580150 Technologie 10,8 21,4 15,0
3 Beta Systems 522440 Software 10,7 29,8 13,7
4 D+S Online 533680 Internet 11,7 33,8 18,1
5 Heiler Software 542990 Internet 14,5 27,1 25,3
6 Tele Atlas 927101 Technologie 92,2 267,9 126,3
7 Alphaform 548795 Industrie 10,5 27,0 12,7
8 Allgeier Computer 508630 IT-Service 17,4 26,1 20,3
9 Girindus 588040 Biotech 26,5 50,5 24,8
10 Genescan 586150 Biotech 27,2 53,6 40,2
* In Millionen Euro, gerundet. Quelle: SES Research,
Stand 25.01.02
So wurden die Unternehmen analysiert
Wie finden Firmenjäger ihre Übernahmeziele? manager magazin versuchte, dies zusammen mit dem Hamburger Researchhaus SES nachzuvollziehen.
Dazu wurden die Bilanzen aller Neuer-Markt-Unternehmen analysiert. Ziel: herauszufinden, welche Firmen eine höhere Bewertung verdienen, als es der momentane Börsenkurs wiedergibt.
Zunächst sortierte SES Research alle Unternehmen aus, deren Börsenwert über dem Buchwert liegt. Anschließend warfen die Experten alle Firmen aus der Wertung, deren Freefloat weniger als ein Drittel des Grundkapitals beträgt, und bereinigten die Liste von Gesellschaften, die eine Marktkapitalisierung von weniger als zehn Millionen Euro aufweisen.
Den Grad der Unterbewertung ermittelten die SES-Experten durch die Relation zwischen Eigenkapital und Börsenwert. Die Qualität der Cash-Position ergab sich zum einen aus dem Verhältnis zwischen liquiden Mitteln und operativem Ergebnis und zum anderen durch die Relation zwischen Kasse und Börsenwert. Die Belastung der Bilanz durch immaterielles Vermögen bestimmten die Analysten über den Anteil dieser Positionen am Eigenkapital.
Im letzten Schritt gewichtete SES die Kennzahlen, fasste sie zusammen und ermittelte so die Reihenfolge der Unternehmen.
27.03.2002
N E U E R M A R K T
Firmenjäger auf der Pirsch
Von Dietmar Palan
Der Wert vieler Unternehmen liegt unter dem Pegel ihrer liquiden Mittel. Aufkäufer lauern auf Schnäppchen. Wo lohnt der Einstieg für Privatanleger?
Neuer Markt: Unterbewertete Firmen bieten privaten Investoren Einstiegschancen
Hamburg - Aasgeier würden die Händler an der Nasdaq Leute wie Florian Homm oder Klaus Helbert nennen. Die beiden fielen in den vergangenen Monaten mit Geschäften auf, die an der US-Hightech-Börse zur Spezialität der so genannten Vulture-(Geier-)Investoren gehören - dem Aufkaufen und dem Ausschlachten abgestürzter Wachstumsfirmen.
Die Beutezüge funktionieren stets nach dem gleichen Muster: Zunächst suchen sich die Leichenfledderer ein Unternehmen mit voller Kasse und niedrigem Börsenwert. Dann sichern sie sich die Mehrheit. Am Ende krempeln sie die Firma entweder völlig um oder lösen den Laden einfach auf.
Exakt nach diesem Muster verfuhr Florian Homm (42), bis Anfang vergangenen Jahres Chef des Schwalbacher Vermögensverwalters Value Management & Research (VMR), beim Softwarehaus Trius.
Ein lohnendes Ziel: Die Kassen- und Wertpapierpositionen bei Trius waren beinahe doppelt so hoch wie der gesamte Börsenwert der Company. Homm kaufte Aktien, paktierte mit den beiden Trius-Gründern und ließ sich vergangenen November an die Spitze des Aufsichtsrats setzen. Nun zerschlägt er das Unternehmen zusammen mit seinen Verbündeten und verteilt die Beute unter den Aktionären. Der Ex-VMR-Chef dürfte mit seiner Attacke am Ende zwischen 50 und 60 Prozent verdient haben.
Klaus Helbert (35) ging die Sache dagegen mit einem etwas längerfristigen Zeithorizont an. Der smarte Kaufmann war als Verleger auflagenstarker Sexheftchen wie "Coupé" oder "Blitz-Illu" zu Geld und schlechtem Ruf gekommen. Nach dem Verkauf seines Schmuddelimperiums stieg er gleich bei mehreren Neuer-Markt-Firmen ein. Die digitale Videovertriebsplattform Media Netcom und die als Internet-Softwareanbieter gestartete Internolix führt er mittlerweile als Vorstandsvorsitzender.
Helberts Wirken hinterließ vor allem bei Internolix tiefe Spuren. Von den 220 Mitarbeitern, die das Unternehmen Anfang 2001 beschäftigte, sind gerade noch 21 da. Und statt Softwareentwicklung betreibt die Firma jetzt unter anderem eine Chat-Plattform, auf der auch Erotikfotos angeboten werden.
Der Neue Markt zu Beginn des Jahres 2002: Nach dem tiefen Fall der Frankfurter Wachstumsbörse herrscht Schlussverkaufsstimmung unter den Investoren, und auch namhafte Adressen greifen im großen Stil zu.
So sicherte sich der US-Internet Werbevermarkter Doubleclick eine Option auf 36 Prozent an seinem deutschen Konkurrenten Adlink . Der US-Elektronikkonzern Harman International hält seit Mitte Januar über 77 Prozent an dem schwäbischen Anbieter von Autonavigationssystemen CAA . Und der Werber OgilvyOne will die Wiesbadener Multimediaagentur Concept schlucken.
Anleger können in solchen Fällen entweder mit großzügigen Übernahmeprämien rechnen oder mit langfristigen Kurssteigerungen, wenn der neue Großaktionär mit dem Management der übernommenen Firma aufgeräumt hat.
Der Zeitpunkt für die Aufkäufer scheint günstig. Rund 150 der 321 an der Frankfurter Wachstumsbörse gelisteten Firmen notierten Anfang Februar unter ihrem Buchwert. Auch Unternehmen mit funktionierenden Geschäftsmodellen werden an der Börse derzeit deutlich unter dem Wert ihres Eigenkapitals gehandelt.
Eine interessante Wette auf schnelle Kursgewinne?
Gemach, nicht jedes Unternehmen, das vermeintlich zu Schleuderpreisen gehandelt wird, ist sein Geld tatsächlich wert. Hohe Verluste und zweifelhafte Bilanzansätze können die Kursfantasie schnell beenden. Wo also lohnt sich die Übernahmespekulation wirklich?
manager magazin hat zusammen mit dem unabhängigen Hamburger Analystenhaus SES Research Bilanzen und Quartalsberichte aller Unternehmen am Neuen Markt analysiert und die interessantesten Übernahme- und Kaufkandidaten herausgefiltert (siehe "mm-Check: Welche Unternehmen sich für Aufkäufer lohnen").
Es ist auf den ersten Blick eine Liste gescheiterter Existenzen. Seit dem Börsengang verloren die Unternehmen 70, 80 oder gar 90 Prozent ihres Marktwerts. Keines der ambitionierten Start-ups kam auch nur annähernd an die Prognosen heran, die beim Börsengang veröffentlicht worden waren.
Der Biotech-Anbieter Girindus etwa vervierfachte in den ersten drei Quartalen des vergangenen Jahres seine Verluste, statt die angekündigte schwarze Null zu schreiben. Das Softwareunternehmen Beta Systems bezahlte die US-Expansion mit tiefroten Zahlen. Die Biotech-Firma Genescan trennte sich erst im November von zwei ihrer vier Vorstände. Und der Callcenter-Dienstleister D+S Online verpatzte die Fusion mit der Konkurrenz von Camelot .
Warum solche Verlierer für Aufkäufer interessant sein sollen? Nun, sie haben während der Boomphase weniger Fehler gemacht als die inzwischen bankrotten Börsenstars Brokat oder Kabel New Media.
Die Vorstände waren vorsichtig genug, die Unternehmenskasse zusammenzuhalten und ihre Expansion nicht auf Pump zu finanzieren. Darüber hinaus haben die von manager magazin und SES Research herausgefilterten Kandidaten für die Verhältnisse am Neuen Markt ungewohnt vorsichtig bilanziert.
Verlustträchtige Auslandstöchter sind weit gehend abgeschrieben. Andere kritische Positionen wie selbst erstellte Software oder hohe Firmenwerte spielen in den Büchern keine nennenswerte Rolle.
Beispiel GAP : Den Oberhachinger Hersteller von Bordcomputern und Maschinensteuerungssystemen bewertet die Börse derzeit mit rund elf Millionen Euro. Das ist gut die Hälfte des Eigenkapitals von über 21 Millionen Euro und deutlich weniger als die 15 Millionen Euro, die das Unternehmen noch in der Kasse hat.
Eine solide Basis für den Einstieg größerer Konkurrenten. Vor allem, weil bei Gründer und Vorstandschef Ditmar Prigge die Illusionen aus der Zeit nach dem Börsengang rechtzeitig verflogen sind. Die verlustreichen Töchter in Großbritannien, Hongkong und Australien hat er rasch dichtgemacht. Die kostenträchtigen Pläne für den Aufbau eines US-Stützpunkts sind in der Schublade verschwunden.
Das Frankfurter Softwarehaus IFAO erscheint dagegen eher als lukratives Übernahmeobjekt für einen wie den Trius-Zerleger Florian Homm. Mit dem Anbieter von Buchungssoftware geht es seit dem Börsenstart stetig bergab. Trotz andauernder Vorsteuerverluste stehen aber immer noch mehr als 21 Millionen Euro liquide Mittel in der Bilanz.
Das Beispiel IFAO zeigt aber auch, dass die Spekulation auf Übernahme und Zerschlagung eine riskante Wette ist. Bei den meisten Unternehmen der manager-magazin-Liste scheint es fraglich, ob es einem Aufkäufer gelingt einzusteigen, bevor das Management das Firmenkapital restlos verbrannt hat.
Anleger sollten deshalb nur bei solchen Firmen zuschlagen, bei denen sich Übernahmespekulanten auch rasch die Kontrolle sichern können. Unternehmen wie der Dortmunder Softwareproduzent Pro DV , dessen Mehrheitsverhältnisse über Poolverträge bis 2004 festgezurrt wurden, erscheinen wenig geeignet.
Auch der an der Börse immer wieder als Kandidat gehandelte E-Business-Dienstleister Syzygy , der noch über den Großteil seiner Einnahmen aus dem Börsengang verfügt, dürfte kaum für eine plötzliche Übernahme und Zerschlagung in Frage kommen.
Für ein solches Manöver ist der Anteil der frei handelbaren Aktien, der bei knapp 27 Prozent liegt, einfach zu gering.
Und selbst eine gut gefüllte Firmenkasse und ausreichender Freefloat sind zuweilen ein schlechter Indikator für einen Erfolg versprechenden Angriff:
Zweifelhaft sind Unternehmen, bei denen das Geld im Rekordtempo abfließt. So ist die Übernahmefantasie etwa beim Breitbanddienstleister QSC arg beschränkt, trotz 176 Millionen Euro liquider Mittel in der Bilanz. Allein zwischen Januar und September 2001 gaben die Kölner rund 119 Millionen Euro aus.
Skepsis herrscht zudem bei Adressen, bei denen so genannte immaterielle Vermögensgegenstände die Bilanz beherrschen. Selbst erstellte Software, der Firmenwert von übernommenen Konkurrenten oder die Kosten selbst produzierter Kino- und Fernsehware gelten als hochriskant; das Zustandekommen der Buchwerte ist oft nicht nachvollziehbar; Neubewertungen können hohe Abschreibungen und drastische Gewinneinbrüche auslösen.
Trotz aller Risiken steht fest: Der Ausverkauf am Neuen Markt geht weiter. Experten wie Karl Fickel, Manager des Lupus-Alpha-Small-CapFonds, schätzen, dass von den derzeit 321 notierten Unternehmen Ende nächsten Jahres noch zwischen 200 und 250 übrig sein werden (siehe "Vielen Firmen fehlt die Börsenreife"). Einen Teil des Bereinigungsprozesses werden die Aufkäufer erledigen, und von deren Arbeit können auch Privatanleger profitieren.
Sie sollten allerdings wissen, worauf sie sich einlassen. Das Risiko solcher Wetten ist ähnlich hoch wie der Einstieg bei vorbörslichen Beteiligungen oder die Investition in Wagniskapitalfonds. Und da gilt die Regel, dass von zehn Einsätzen etwa drei bis vier erfolgreich sind; der Rest muss am Ende meist als Totalverlust abgeschrieben werden.
Schlechtes Image, solide Substanz
Welche Unternehmen sich für Aufkäufer lohnen
Rang Unternehmen WKN/ Chart Nemax-
Branche Börsenwert* Eigenkapital* liquide
Mittel*
1 IFAO 622452 Internet 11,6 46,1 21,7
2 GAP 580150 Technologie 10,8 21,4 15,0
3 Beta Systems 522440 Software 10,7 29,8 13,7
4 D+S Online 533680 Internet 11,7 33,8 18,1
5 Heiler Software 542990 Internet 14,5 27,1 25,3
6 Tele Atlas 927101 Technologie 92,2 267,9 126,3
7 Alphaform 548795 Industrie 10,5 27,0 12,7
8 Allgeier Computer 508630 IT-Service 17,4 26,1 20,3
9 Girindus 588040 Biotech 26,5 50,5 24,8
10 Genescan 586150 Biotech 27,2 53,6 40,2
* In Millionen Euro, gerundet. Quelle: SES Research,
Stand 25.01.02
So wurden die Unternehmen analysiert
Wie finden Firmenjäger ihre Übernahmeziele? manager magazin versuchte, dies zusammen mit dem Hamburger Researchhaus SES nachzuvollziehen.
Dazu wurden die Bilanzen aller Neuer-Markt-Unternehmen analysiert. Ziel: herauszufinden, welche Firmen eine höhere Bewertung verdienen, als es der momentane Börsenkurs wiedergibt.
Zunächst sortierte SES Research alle Unternehmen aus, deren Börsenwert über dem Buchwert liegt. Anschließend warfen die Experten alle Firmen aus der Wertung, deren Freefloat weniger als ein Drittel des Grundkapitals beträgt, und bereinigten die Liste von Gesellschaften, die eine Marktkapitalisierung von weniger als zehn Millionen Euro aufweisen.
Den Grad der Unterbewertung ermittelten die SES-Experten durch die Relation zwischen Eigenkapital und Börsenwert. Die Qualität der Cash-Position ergab sich zum einen aus dem Verhältnis zwischen liquiden Mitteln und operativem Ergebnis und zum anderen durch die Relation zwischen Kasse und Börsenwert. Die Belastung der Bilanz durch immaterielles Vermögen bestimmten die Analysten über den Anteil dieser Positionen am Eigenkapital.
Im letzten Schritt gewichtete SES die Kennzahlen, fasste sie zusammen und ermittelte so die Reihenfolge der Unternehmen.
http://www.mom.ch/cgi-bin/mhsnews/titel/news.pl?FUNC=SHOW&RE…
29.03.2002
Aktienbesitzer sind auf Verlieren programmiert
Dollar Cost Averaging Programme bringen weniger als das
Sparbuch mit 1% Zins. Was ist von den Versprechungen der Anlageberater zu
halten?
Bei einem traditionellen Börsenapéro einer grossen Regionalbank meinte deren
Börsenchef, dass in den letzten Dekaden die Aktionäre sehr verwöhnt worden
seien. Sie hätten sich an jährliche Renditen von 20% gewöhnt. Dies sei aber
in den nächsten Jahren nicht erreichbar. Man werde eher bei 8 - 10% liegen.
Es bezeichnete das als "sehr vorsichtige Prognose".
Etwas makaber ist, dass das Portfeuille, das dieselbe Bank vor einem Jahr
empfohlen hatte, mit 20% im Minus liegt. Der gute Mann wird eine gewaltige
Performance brauchen, um von minus 20% auf 8 - 10% plus zu kommen.
Dieses Beispiel ist kein Einzelfall. Es ist typisch. Wie sehen die Tatsachen
aus?
Ich nehme den Dow Jones Industrie Index, weil er am besten dokumentiert ist.
Ex Dividende ist der Durchschnitt der historischen Returns von 1905 bis 2002
gerade mal 5%. Im selben Zeitraum betrug die durchschnittliche Dividende des
DJ 4%. Somit ist die Gesamtperformance also 9%. Aber es ist Vorsicht
angebracht, wie ich in dieser Kolumne immer wieder dargelegt habe. Je
nachdem, wann man zu welchen Preisen gekauft hat, kann das Bild ganz anders
aussehen.
Durchschnittswerte sind irreführend. In einem Fluss, der im Durchschnitt
einen Meter tief ist, kann man leicht ertrinken. In 54%(!) aller 10
Jahres-Perioden lag der Zuwachs unter 5%, und in einer erheblichen Zahl von
Perioden sind Verluste eingetreten. Nur vier Mal in fast 100 Jahren lagen
die Returns ex Divididende bei 15%, nämlich ganz kurz Ende der 20er Jahre,
ebenso kurz in den 60er Jahren, Anfang 90er und schliesslich Ende 90er
Jahre, wo sie erstmals über 15% stiegen, aber niemals 20% erreichten.
Aber selbst der errechnete statistische Durchschnitt von 5% ist wegen der
massiven Kursschwankungen, der Volatilität, in der praktischen Anlagepolitik
nur schwer erzielbar. Es braucht hervorragendes Timing und perfektes
Money-Management, um auf diesen Wert zu kommen.
Die angeblich genialste Methode, um ständig Gewinne zu machen, ist das
sogenannte Dollar Cost Averaging, das von der Wallstreet Industrie, aber
auch bei uns massiv propagiert wurde und wird, als behaupteterweise sichere
Methode, um die Volatilität nicht nur zu kompensieren, sondern sie sogar zu
den eigenen Gunsten zu nutzen. Die Methode besteht darin, regelmässig - z.
B. monatlich - einen fixen Betrag in Aktien zu investieren. Mathematisch
gesehen bedeutet das, dass bei niedrigen Kursen für denselben Betrag mehr
Aktien gekauft werden als bei hohen. Das wird als fast narrensichere Methode
angesehen, die Börse mit ihren Kursschwankungen zu überlisten.
Wer genügend lange Trading Erfahrung hat, weiss, dass Mathematik an den
Börsen eines ist, und Praxis etwas anderes. Wer von Jänner 1997 bis Februar
2002 jeden Monat 500 $ im Rahmen eines Dollar Cost Averaging-Programmes im
S&P 500 angelegt hat, hat in den 62 Monaten einen Betrag von $ 31.000
investiert und verzeichnet jetzt einen Gewinn von sage und schreibe $ 162
(einhundertzweiundsechzig) und zwar inklusive(!) Dividenden - nicht gerade
ein Grund, eine Party zu feiern - und man bedenke: die narrensicherste
Methode, die bisher ausgetüftelt wurde und die Methode, die jedermann
favorisiert hat. Und - der grösste Börsenboom aller Zeiten ...
In Wahrheit war auch das nicht möglich, weil dieses Beispiel gerechnet wurde
ohne die Spesen, Gebühren und Steuern abzuziehen. Wer hingegen nach
derselben Methode dasselbe Geld für 3% im Money Market angelegt hat, ist bei
etwas über $ 2000 Gewinn. Spesen sind praktisch keine angefallen, allerdings
müssen auch hier noch Steuern bezahlt werden. Selbst bei nur 1% Zinsen wäre
das Ergebnis besser, als bei den Aktien.
Damit bin ich weder für Festverzinsliche noch gegen Aktien. Wofür ich bin,
sind Tatsachen. Und wogegen ich bin, ist das Geschwätz der vermeintlichen
Börsenexperten.
29.03.2002
Aktienbesitzer sind auf Verlieren programmiert
Dollar Cost Averaging Programme bringen weniger als das
Sparbuch mit 1% Zins. Was ist von den Versprechungen der Anlageberater zu
halten?
Bei einem traditionellen Börsenapéro einer grossen Regionalbank meinte deren
Börsenchef, dass in den letzten Dekaden die Aktionäre sehr verwöhnt worden
seien. Sie hätten sich an jährliche Renditen von 20% gewöhnt. Dies sei aber
in den nächsten Jahren nicht erreichbar. Man werde eher bei 8 - 10% liegen.
Es bezeichnete das als "sehr vorsichtige Prognose".
Etwas makaber ist, dass das Portfeuille, das dieselbe Bank vor einem Jahr
empfohlen hatte, mit 20% im Minus liegt. Der gute Mann wird eine gewaltige
Performance brauchen, um von minus 20% auf 8 - 10% plus zu kommen.
Dieses Beispiel ist kein Einzelfall. Es ist typisch. Wie sehen die Tatsachen
aus?
Ich nehme den Dow Jones Industrie Index, weil er am besten dokumentiert ist.
Ex Dividende ist der Durchschnitt der historischen Returns von 1905 bis 2002
gerade mal 5%. Im selben Zeitraum betrug die durchschnittliche Dividende des
DJ 4%. Somit ist die Gesamtperformance also 9%. Aber es ist Vorsicht
angebracht, wie ich in dieser Kolumne immer wieder dargelegt habe. Je
nachdem, wann man zu welchen Preisen gekauft hat, kann das Bild ganz anders
aussehen.
Durchschnittswerte sind irreführend. In einem Fluss, der im Durchschnitt
einen Meter tief ist, kann man leicht ertrinken. In 54%(!) aller 10
Jahres-Perioden lag der Zuwachs unter 5%, und in einer erheblichen Zahl von
Perioden sind Verluste eingetreten. Nur vier Mal in fast 100 Jahren lagen
die Returns ex Divididende bei 15%, nämlich ganz kurz Ende der 20er Jahre,
ebenso kurz in den 60er Jahren, Anfang 90er und schliesslich Ende 90er
Jahre, wo sie erstmals über 15% stiegen, aber niemals 20% erreichten.
Aber selbst der errechnete statistische Durchschnitt von 5% ist wegen der
massiven Kursschwankungen, der Volatilität, in der praktischen Anlagepolitik
nur schwer erzielbar. Es braucht hervorragendes Timing und perfektes
Money-Management, um auf diesen Wert zu kommen.
Die angeblich genialste Methode, um ständig Gewinne zu machen, ist das
sogenannte Dollar Cost Averaging, das von der Wallstreet Industrie, aber
auch bei uns massiv propagiert wurde und wird, als behaupteterweise sichere
Methode, um die Volatilität nicht nur zu kompensieren, sondern sie sogar zu
den eigenen Gunsten zu nutzen. Die Methode besteht darin, regelmässig - z.
B. monatlich - einen fixen Betrag in Aktien zu investieren. Mathematisch
gesehen bedeutet das, dass bei niedrigen Kursen für denselben Betrag mehr
Aktien gekauft werden als bei hohen. Das wird als fast narrensichere Methode
angesehen, die Börse mit ihren Kursschwankungen zu überlisten.
Wer genügend lange Trading Erfahrung hat, weiss, dass Mathematik an den
Börsen eines ist, und Praxis etwas anderes. Wer von Jänner 1997 bis Februar
2002 jeden Monat 500 $ im Rahmen eines Dollar Cost Averaging-Programmes im
S&P 500 angelegt hat, hat in den 62 Monaten einen Betrag von $ 31.000
investiert und verzeichnet jetzt einen Gewinn von sage und schreibe $ 162
(einhundertzweiundsechzig) und zwar inklusive(!) Dividenden - nicht gerade
ein Grund, eine Party zu feiern - und man bedenke: die narrensicherste
Methode, die bisher ausgetüftelt wurde und die Methode, die jedermann
favorisiert hat. Und - der grösste Börsenboom aller Zeiten ...
In Wahrheit war auch das nicht möglich, weil dieses Beispiel gerechnet wurde
ohne die Spesen, Gebühren und Steuern abzuziehen. Wer hingegen nach
derselben Methode dasselbe Geld für 3% im Money Market angelegt hat, ist bei
etwas über $ 2000 Gewinn. Spesen sind praktisch keine angefallen, allerdings
müssen auch hier noch Steuern bezahlt werden. Selbst bei nur 1% Zinsen wäre
das Ergebnis besser, als bei den Aktien.
Damit bin ich weder für Festverzinsliche noch gegen Aktien. Wofür ich bin,
sind Tatsachen. Und wogegen ich bin, ist das Geschwätz der vermeintlichen
Börsenexperten.
http://www.handelsblatt.com/hbiwwwangebot/fn/relhbi/sfn/buil…
0013,200050,515976/SH/0/depot/0/index.html
Stoibers Pleiten
Von CASPAR BUSSE
Nicht erst seit Fairchild Dornier: Es brennt in Bayerns Wirtschaft. Und
Stoibers liebste Feuerwehr, die Landesbank, dreht den Hahn zu.
Seinen persönlichen Leidensgang tritt der gläubige Christ Edmund Stoiber
erst nach den Ostertagen an. Die Feiertage verbrachte der bayerische
Ministerpräsident noch beim Schifahren unter der Sonne des schweizerischen
Ferienorts Samnaun. Und in der „Bild am Sonntag“ ließ sich der
Kanzlerkandidat vierfarbig als glücklicher Familienvater („Wir alle werden
den Papi wählen“) feiern.
Doch nun, Stoiber trifft gerade wieder in München ein, meldet der
Flugzeugbauer Fairchild-Dornier Insolvenz an. Der Kirch-Gruppe droht
ähnliches. „Das ist eine blitzgefährliche Geschichte für Stoiber“, heißt es
in Münchner Regierungskreisen.
Die beiden spektakulären Fälle sind nur der vorläufige Höhepunkt. Tausende
von Arbeitsplätzen in Bayern stehen auf dem Spiel. Und das Image Stoibers
als Wirtschaftsmacher ist in Gefahr. Die Strategie des Kanzlerkandidaten,
mit den Erfolgen der bayerischen Wirtschaft im Kampf gegen Gerhard Schröder
zu punkten, ist durchkreuzt.
Schon im November wurde die nordbayerische Schmidt-Bank in letzter Minute
vor dem Aus bewahrt. Im Januar musste der Fernsehproduzent Schneider, seit
Jahren mit staatlicher Hilfe Bayerns am Leben erhalten, endgültig zum
Konkursrichter. Auch der Todeskampf des fränkischen Stahlwerks Maxhütte,
ebenfalls seit langem mit Millionen aus München gepäppelt, geht wohl bald zu
Ende.
Außerdem trifft die weltweite Hightech-Krise Bayern besonders hart.
Infineon, Siemens, Epcos, Viag Interkom müssen Hunderte Stellen streichen.
Und aus den Arbeitsplätzen, die die Hauptverwaltung von US-Medien-Millionär
John Malone und seiner Liberty Media nach München bringen sollte, wird nach
dem Scheitern des Telekom-Deals nichts.
Klar ist: Bei Fairchild fühlt sich Stoiber nun in der Pflicht. Die
Staatsregierung kündigte – wie das Bundeswirtschaftsministerium – bereits
an, an der Rettungungsaktion teilnehmen zu wollen. Noch gestern wollten
Finanz- und Wirtschaftsministerium in Gesprächen mit den Beteiligten klären,
„ wie die Liquidität sicher gestellt werden kann“.
Allerdings scheint Stoibers liebstses industriepolitisches Instrument stumpf
geworden. Die Bayerische Landesbank, zu 50 Prozent in Besitz des Landes, ist
offensichtlich nicht mehr bereit, um jeden Preis seine Vorstellungen zu
realisieren. Der neue Bankchef Werner Schmidt geht demonstrativ auf Distanz
zum Ministerpräsidenten. „Wir sind keine Befehlsempfänger der Politik“,
versichert der Schwabe, der auch die Krisengespräche zur Kirch-Rettung
leitet. Denn die Landesbank muss zunächst vor der eigenen Haustür kehren.
Bis zu zwei Milliarden Euro hat sie Leo Kirch geliehen. Auch bei Fairchild
Dornier und beim Baukonzerns Holzmann ist die Landesbank mit hohen Summen
dabei. Die Risikovorsorge für faule Kredite musste schon im vergangenen Jahr
deutlich auf 1,2 Milliarden Euro erhöht werden.
Die bayerische Staatskanzlei schweigt zu den brisanten Fällen. „In solchen
Situationen hält man doch besser die Klappe“, sagt ein Leidtragender. Hinter
den Kulissen hat die Suche nach einem Schuldigen für den schlimmsten Fall,
einen Konkurs von Kirch, schon begonnen: CSU-Finanzminister Kurt
Faltlhauser. Der in der eigenen Partei umstrittene Wirtschaftsprofessor ist
nicht nur Vizechef des Verwaltungsrates der Landesbank und muss alle
Großkredite absegnen. Der 61-Jährige ist als Finanzminister auch für die
90-Millionen-Euro-Bürgschaft zuständig, die für Fairchild Dornier gewährt
wurde.
Aus der Schusslinie kommt damit nicht nur Stoiber selbst. Auch sein
Staatskanzleichef Erwin Huber kann in Deckung gehen. Der CSU-Minister, der
bei einem Wahlsieg der Union mit Stoiber nach Berlin gehen könnte, hat sich
Ende Januar schon klammheimlich aus dem Verwaltungsrat der Landesbank
verabschiedet. Auch vom Fall Kirch will der Stoiber-Mann nichts wissen.
„Dabei war Huber doch bisher der große Medien-Zampano“, heißt es verwundert
in Münchner Bankkreisen.
Noch im vergangenen Jahr hatte er bei der Hypo-Vereinsbank wegen der
Finanzierung des Formel 1-Einstiegs Kirchs interveniert – vergebens. Am Ende
gab die Landesbank frisches Geld.
HANDELSBLATT, Dienstag, 02. April 2002, 19:02 Uhr
0013,200050,515976/SH/0/depot/0/index.html
Stoibers Pleiten
Von CASPAR BUSSE
Nicht erst seit Fairchild Dornier: Es brennt in Bayerns Wirtschaft. Und
Stoibers liebste Feuerwehr, die Landesbank, dreht den Hahn zu.
Seinen persönlichen Leidensgang tritt der gläubige Christ Edmund Stoiber
erst nach den Ostertagen an. Die Feiertage verbrachte der bayerische
Ministerpräsident noch beim Schifahren unter der Sonne des schweizerischen
Ferienorts Samnaun. Und in der „Bild am Sonntag“ ließ sich der
Kanzlerkandidat vierfarbig als glücklicher Familienvater („Wir alle werden
den Papi wählen“) feiern.
Doch nun, Stoiber trifft gerade wieder in München ein, meldet der
Flugzeugbauer Fairchild-Dornier Insolvenz an. Der Kirch-Gruppe droht
ähnliches. „Das ist eine blitzgefährliche Geschichte für Stoiber“, heißt es
in Münchner Regierungskreisen.
Die beiden spektakulären Fälle sind nur der vorläufige Höhepunkt. Tausende
von Arbeitsplätzen in Bayern stehen auf dem Spiel. Und das Image Stoibers
als Wirtschaftsmacher ist in Gefahr. Die Strategie des Kanzlerkandidaten,
mit den Erfolgen der bayerischen Wirtschaft im Kampf gegen Gerhard Schröder
zu punkten, ist durchkreuzt.
Schon im November wurde die nordbayerische Schmidt-Bank in letzter Minute
vor dem Aus bewahrt. Im Januar musste der Fernsehproduzent Schneider, seit
Jahren mit staatlicher Hilfe Bayerns am Leben erhalten, endgültig zum
Konkursrichter. Auch der Todeskampf des fränkischen Stahlwerks Maxhütte,
ebenfalls seit langem mit Millionen aus München gepäppelt, geht wohl bald zu
Ende.
Außerdem trifft die weltweite Hightech-Krise Bayern besonders hart.
Infineon, Siemens, Epcos, Viag Interkom müssen Hunderte Stellen streichen.
Und aus den Arbeitsplätzen, die die Hauptverwaltung von US-Medien-Millionär
John Malone und seiner Liberty Media nach München bringen sollte, wird nach
dem Scheitern des Telekom-Deals nichts.
Klar ist: Bei Fairchild fühlt sich Stoiber nun in der Pflicht. Die
Staatsregierung kündigte – wie das Bundeswirtschaftsministerium – bereits
an, an der Rettungungsaktion teilnehmen zu wollen. Noch gestern wollten
Finanz- und Wirtschaftsministerium in Gesprächen mit den Beteiligten klären,
„ wie die Liquidität sicher gestellt werden kann“.
Allerdings scheint Stoibers liebstses industriepolitisches Instrument stumpf
geworden. Die Bayerische Landesbank, zu 50 Prozent in Besitz des Landes, ist
offensichtlich nicht mehr bereit, um jeden Preis seine Vorstellungen zu
realisieren. Der neue Bankchef Werner Schmidt geht demonstrativ auf Distanz
zum Ministerpräsidenten. „Wir sind keine Befehlsempfänger der Politik“,
versichert der Schwabe, der auch die Krisengespräche zur Kirch-Rettung
leitet. Denn die Landesbank muss zunächst vor der eigenen Haustür kehren.
Bis zu zwei Milliarden Euro hat sie Leo Kirch geliehen. Auch bei Fairchild
Dornier und beim Baukonzerns Holzmann ist die Landesbank mit hohen Summen
dabei. Die Risikovorsorge für faule Kredite musste schon im vergangenen Jahr
deutlich auf 1,2 Milliarden Euro erhöht werden.
Die bayerische Staatskanzlei schweigt zu den brisanten Fällen. „In solchen
Situationen hält man doch besser die Klappe“, sagt ein Leidtragender. Hinter
den Kulissen hat die Suche nach einem Schuldigen für den schlimmsten Fall,
einen Konkurs von Kirch, schon begonnen: CSU-Finanzminister Kurt
Faltlhauser. Der in der eigenen Partei umstrittene Wirtschaftsprofessor ist
nicht nur Vizechef des Verwaltungsrates der Landesbank und muss alle
Großkredite absegnen. Der 61-Jährige ist als Finanzminister auch für die
90-Millionen-Euro-Bürgschaft zuständig, die für Fairchild Dornier gewährt
wurde.
Aus der Schusslinie kommt damit nicht nur Stoiber selbst. Auch sein
Staatskanzleichef Erwin Huber kann in Deckung gehen. Der CSU-Minister, der
bei einem Wahlsieg der Union mit Stoiber nach Berlin gehen könnte, hat sich
Ende Januar schon klammheimlich aus dem Verwaltungsrat der Landesbank
verabschiedet. Auch vom Fall Kirch will der Stoiber-Mann nichts wissen.
„Dabei war Huber doch bisher der große Medien-Zampano“, heißt es verwundert
in Münchner Bankkreisen.
Noch im vergangenen Jahr hatte er bei der Hypo-Vereinsbank wegen der
Finanzierung des Formel 1-Einstiegs Kirchs interveniert – vergebens. Am Ende
gab die Landesbank frisches Geld.
HANDELSBLATT, Dienstag, 02. April 2002, 19:02 Uhr
http://www.handelsblatt.com/hbiwwwangebot/fn/relhbi/sfn/buil…
0104,201197,516280/SH/0/depot/0/index.html
Kein Versicherungsschutz mehr für bestimmte Handy-Modelle
Ärger mit Mobiltelefonen von Nokia
Von W. Gillmann und K. Slodczyk
Der finnische Mobiltelefonhersteller Nokia hat offenbar einige
Qualitätsprobleme. Nutzer bestimmter Nokia-Modelle klagen immer wieder über
defekte Displays. Dieser Fehler taucht bei den Geräten des finnischen
Konzerns nach Aussagen von Netzbetreibern und Händlern überdurchschnittlich
häufig auf.
HANDELSBLATT DÜSSELDORF. Nokia, weltweit mit
Abstand größter Hersteller von Mobiltelefonen, hat Probleme mit der Qualität
seiner Handys. Nach Aussagen von Händlern, Mobilfunknetzbetreibern und
Versicherungen sind die Geräte des finnischen Vorzeigeunternehmens
überdurchschnittlich häufig defekt. In der Regel ist es das Display, das
immer wieder ausfällt.
Torsten Bressmer, Technischer Leiter der Pro Systec GmbH, bestätigt diese
Qualitätsmängel. Der Spezialversicherer aus Mengen bei Siegmaringen
versichert Mobiltelefone gegen Schäden und Diebstahl. „Wir versichern einige
Modelle von Nokia nicht mehr, da die Schadenquote zu hoch ist“, sagt er auf
Anfrage. Besonders bei den Nokia-Modellen 3310, 3330, 8210 und 8850 seien
ganze Serien fehlerhaft. Bressmer: „Hier liegt die Schadenquote bei bis zu
192 %.“ Das bedeutet, dass die Versicherung in Schadenfällen bis zu 92 %
mehr auszahlen muss, als sie an Prämien eingenommen hat. Während bei Nokia
bis zu 70 % der Geräte schadhaft seien, liege die Rücklaufquote bei anderen
Herstellern deutlich unter 10 %, bei Siemens gar nur bei 3 %, berichtet
Bressmer.
Die Fernsehsendung „Plusminus“zitierte in ihrer Sendung am vergangenen
Dienstag einen Händler, der betonte, dass bei dem Nokia-Modell 8210 von zehn
verkauften Geräten sieben wegen eines Schadens am Display wieder zurück
kommen. Zudem zeige sich Nokia wenig kulant und lehne kostenlose Reparaturen
im allgemeinen ab.
Auch die Verbraucherzeitschrift „Test“ berichtet über viele Leserzuschriften
zu Mängeln bei Nokia-Handys. Das Modell 8210 führt demnach die Statistik an.
Bei der Pannenumfrage der Zeitschrift „Connect“ im vergangenen Juni lagen
bei 23 700 Einsendungen vier Nokia-Modelle auf den Rängen mit den höchsten
Fehlermeldungen. Auch hier gab es überdurchschnittlich viele Beschwerden
über ausgefallene Displays.
Mobilfunknetzbetreiber bestätigten diese Probleme: „Nokia-Geräte bereiten
uns wesentlich mehr Schwierigkeiten als andere Handys.“ Einer der Gründe sei
eine zu empfindliche Display-Konstruktion, die dem normalen Gebrauch nicht
auf Dauer standhalte. Ein weiteres Problem seien Akkus mit
Kontaktschwierigkeiten.
Nokia wollte auf Anfrage Qualitätsmängel bei den Mobiltelefonen nicht
bestätigen. Es seien keine generellen Probleme bekannt, genaue Zahlen wollte
eine Sprecherin nicht nennen. Sie räumte allerdings ein, dass von Oktober
2001 bis Januar dieses Jahres Zuliefererelemente eingebaut worden seien, die
nicht den Qualitätsansprüchen des Konzerns genügten. Dies habe zu Fehlern am
Display vor allem bei den Modellen 8210 und 3310 geführt. Die Fehler seien
aber inzwischen behoben. Generelle Qualitätsprobleme gebe es aber nicht,
dies verhinderten schon die regelmäßigen Qualitätsuntersuchungen.
HANDELSBLATT, Mittwoch, 03. April 2002, 19:12 Uhr
0104,201197,516280/SH/0/depot/0/index.html
Kein Versicherungsschutz mehr für bestimmte Handy-Modelle
Ärger mit Mobiltelefonen von Nokia
Von W. Gillmann und K. Slodczyk
Der finnische Mobiltelefonhersteller Nokia hat offenbar einige
Qualitätsprobleme. Nutzer bestimmter Nokia-Modelle klagen immer wieder über
defekte Displays. Dieser Fehler taucht bei den Geräten des finnischen
Konzerns nach Aussagen von Netzbetreibern und Händlern überdurchschnittlich
häufig auf.
HANDELSBLATT DÜSSELDORF. Nokia, weltweit mit
Abstand größter Hersteller von Mobiltelefonen, hat Probleme mit der Qualität
seiner Handys. Nach Aussagen von Händlern, Mobilfunknetzbetreibern und
Versicherungen sind die Geräte des finnischen Vorzeigeunternehmens
überdurchschnittlich häufig defekt. In der Regel ist es das Display, das
immer wieder ausfällt.
Torsten Bressmer, Technischer Leiter der Pro Systec GmbH, bestätigt diese
Qualitätsmängel. Der Spezialversicherer aus Mengen bei Siegmaringen
versichert Mobiltelefone gegen Schäden und Diebstahl. „Wir versichern einige
Modelle von Nokia nicht mehr, da die Schadenquote zu hoch ist“, sagt er auf
Anfrage. Besonders bei den Nokia-Modellen 3310, 3330, 8210 und 8850 seien
ganze Serien fehlerhaft. Bressmer: „Hier liegt die Schadenquote bei bis zu
192 %.“ Das bedeutet, dass die Versicherung in Schadenfällen bis zu 92 %
mehr auszahlen muss, als sie an Prämien eingenommen hat. Während bei Nokia
bis zu 70 % der Geräte schadhaft seien, liege die Rücklaufquote bei anderen
Herstellern deutlich unter 10 %, bei Siemens gar nur bei 3 %, berichtet
Bressmer.
Die Fernsehsendung „Plusminus“zitierte in ihrer Sendung am vergangenen
Dienstag einen Händler, der betonte, dass bei dem Nokia-Modell 8210 von zehn
verkauften Geräten sieben wegen eines Schadens am Display wieder zurück
kommen. Zudem zeige sich Nokia wenig kulant und lehne kostenlose Reparaturen
im allgemeinen ab.
Auch die Verbraucherzeitschrift „Test“ berichtet über viele Leserzuschriften
zu Mängeln bei Nokia-Handys. Das Modell 8210 führt demnach die Statistik an.
Bei der Pannenumfrage der Zeitschrift „Connect“ im vergangenen Juni lagen
bei 23 700 Einsendungen vier Nokia-Modelle auf den Rängen mit den höchsten
Fehlermeldungen. Auch hier gab es überdurchschnittlich viele Beschwerden
über ausgefallene Displays.
Mobilfunknetzbetreiber bestätigten diese Probleme: „Nokia-Geräte bereiten
uns wesentlich mehr Schwierigkeiten als andere Handys.“ Einer der Gründe sei
eine zu empfindliche Display-Konstruktion, die dem normalen Gebrauch nicht
auf Dauer standhalte. Ein weiteres Problem seien Akkus mit
Kontaktschwierigkeiten.
Nokia wollte auf Anfrage Qualitätsmängel bei den Mobiltelefonen nicht
bestätigen. Es seien keine generellen Probleme bekannt, genaue Zahlen wollte
eine Sprecherin nicht nennen. Sie räumte allerdings ein, dass von Oktober
2001 bis Januar dieses Jahres Zuliefererelemente eingebaut worden seien, die
nicht den Qualitätsansprüchen des Konzerns genügten. Dies habe zu Fehlern am
Display vor allem bei den Modellen 8210 und 3310 geführt. Die Fehler seien
aber inzwischen behoben. Generelle Qualitätsprobleme gebe es aber nicht,
dies verhinderten schon die regelmäßigen Qualitätsuntersuchungen.
HANDELSBLATT, Mittwoch, 03. April 2002, 19:12 Uhr
http://www.nzz.ch/2002/04/04/bm/page-article82RCC.html
4. April 2002, 02:06, Neue Zürcher Zeitung
Japans Börse der März-Krise entronnen
Keine Entwarnung für Nippons Finanzplatz
Dank einem rasanten Endspurt kurz vor Abschluss des Fiskaljahres ist Tokios
Börse von der oft prophezeiten März-Krise verschont geblieben. Die
unrealisierten Verluste auf Kapitalanlagen dürften bei den Banken dadurch
auf rund einen Drittel des noch im September ermittelten Wertes geschmolzen
sein. An den strukturellen Problemen der Finanzinstitute ändert dies kaum
etwas.
tf. Tokio, 3. April
Japans Finanzwelt hat den März hinter sich gebracht, und die in den
vergangenen Monaten oft und laut prophezeite März-Krise ist einmal mehr
ausgeblieben. Grund, sich zurückzulehnen und über die unangebrachte
Panikmache internationaler Anleger zu räsonieren, bietet dies aber kaum. So
ist es primär einem von der Regierung initiierten - und somit einem
künstlichen - «Börsenboom» kurz vor dem kritischen Stichdatum zuzurechnen,
dass Japans Banken in ihren per Ende März abzuschliessenden Geschäftsbüchern
wohl bessere Zahlen als unlängst noch befürchtet ausweisen können.
Staatliche Krisenprävention
Gemäss neuer Gesetzgebung müssen die Aktienbestände der in zahllosen
Kreuzbeteiligungen gefangenen Banken im Finanzjahr 2001/02 nämlich erstmals
zu Markt- und nicht zu (meist illusorisch hohen) Buchwerten in die Bilanz
gesetzt werden. Eine Mehrheit der Finanzinstitute wird dabei die
Durchschnittskurse des Monats März, einige wenige die Schlusskurse des
vergangenen Freitags als Basis verwenden. Vor dem Hintergrund der neuen
Rechnungslegungsvorschriften schwankt daher die finanzielle Solidität von
Nippons Banken in engster Korrelation mit dem Auf und Ab an Tokios volatilem
Aktienmarkt. Ende vergangenen Septembers, als der Nikkei-225-Index noch
unter 10 000 Punkten notierte, summierten sich die unrealisierten
Portfolioverluste der Grossbanken auf 3,09 Bio. Yen. Zusehends kritischer
wurde die Lage indessen, als der Index Anfang Februar mit 9421 Punkten auf
das tiefste Niveau seit Dezember 1983 abrutschte. Eine Rekapitalisierung von
Nippons mit hohen Beständen an Problemkrediten kämpfenden Banken schien
unausweichlich.
Die Regierung reagierte für einmal aber rasch und setzte verschärfte
Regulierungen für sogenannte Leerverkäufe - ein Instrument, mit dem
Investoren über die Ausleihe von Aktien auch von fallenden Kursen
profitieren können - durch. Die Bestrafung fehlbarer Broker folgte auf dem
Fuss. Da die Computertechnologie der Tokioter Börse den technisch
komplizierten Bestimmungen nicht unmittelbar angepasst werden konnte,
mutierten Leerverkäufe angesichts des wachsamen Auges der Finanzaufsicht zu
einem allzu riskanten Geschäft. Anleger sahen sich faktisch gezwungen, ihre
Short-Positionen möglichst schnell glattzustellen, sich also mit Aktien
einzudecken. Dies liess den Nikkei bis zum kritischen Datum per Ende März in
hohem Tempo über die Marke von 11 000 Punkten und somit auf ein Niveau
schnellen, das von Analytikern als eine vergleichsweise «sichere Zone»
bezeichnet wird.
Ein weiteres Verlustjahr
Die Rechnung der staatlichen Regulatoren ging mit anderen Worten auf. Der
Dirigismus ändert gleichwohl nichts an der Tatsache, dass auch das
abgeschlossene Fiskaljahr an Japans Aktienmarkt als ein Verlustjahr
abzubuchen ist. So verlor der Nikkei 225 im Jahresverlauf 15,2% an Terrain,
während der breiter gefasste Topix gar um 17% einsackte. Dennoch, dank dem
Endspurt vor allem in den späten Februarwochen dürften die unrealisierten
Kapitalverluste der Banken im Zeitraum zwischen September und März von 3
Bio. auf rund 1 Bio. Yen geschmolzen sein. Von den vier grossen Bankgruppen
des Landes werden die Mitsubishi Tokyo Financial Group und UFJ Holdings auf
ihren Wertschriftenbeständen voraussichtlich gar Gewinne verbuchen können.
Die März-Krise ist zwar nicht ausgebrochen. Die Lage für Japans Banken
bleibt gleichwohl kritisch. Da mit dem Abstossen von Aktien kaum Profite zu
erzielen sind und die Banken auf Grund einer wenig risikogerechten
Kreditpolitik (vor allem gegenüber Kleinunternehmen) weiterhin mit
hauchdünnen Margen operieren, verzögert sich der Abbau fauler Kredite. Das
Wirtschaftsblatt «Nihon Keizai» rechnet damit, dass die Problemkredite der
13 grössten Banken Japans in den vergangenen sechs Monaten um knapp 20% auf
24 Bio. Yen angestiegen sind. Die bedrängten Institute schreiben zwar stetig
faule Kredite ab. Die Wirtschaftsmisere und der Zwang zu Restrukturierungen
sorgen gleichwohl dafür, dass das Auftauchen neuer Problemkredite in weit
höherem Tempo erfolgt als die Entsorgung alter Problemkredite. Angesichts
einer Eigenkapitalrendite, die im Fiskaljahr per März 2001 bei den
Grossbanken des Landes bescheidene 1,8% ausmachte, fehlt es den Unternehmen
schlicht an erwirtschafteten Mitteln, um die Gesundung ihrer Bilanzen zu
beschleunigen.
Die Lage bleibt kritisch
Die Forderungen nach einer staatlichen Kapitalspritze für Nippons Banken,
wie sie von prominenter Seite namentlich Zentralbankchef Masaru Hayami
formuliert, werden angesichts dieser primär strukturellen Probleme kaum
leiser werden. Höchstens kurzfristige Linderung bewirken auch die
verschärften Regelungen zu Leerverkäufen; zeigen wird sich dies im Juni,
wenn die technische Infrastruktur von Tokios Börse den neuen Vorschriften
angepasst ist und Leerverkäufe wieder an Bedeutung gewinnen dürften.
Verkaufsdruck wird weiter von der gesetzlich erzwungenen Abstossung von
Kreuzbeteiligung aus den Bilanzen von Japans Grossbanken, deren
Aktienbestände sich auf über 25 Bio. Yen summieren, ausgehen. Sollten zu
alldem in den Ende Mai veröffentlichten Abschlüssen der Finanzhäuser noch
einige unliebsame Überraschungen zum Vorschein kommen, ist die
Wahrscheinlichkeit gross, dass die Krisenrhetorik wieder an Tokios Kabutocho
zurückkehren wird, ehe die Debatte über die ausgebliebene März-Krise so
richtig verklungen ist.
4. April 2002, 02:06, Neue Zürcher Zeitung
Japans Börse der März-Krise entronnen
Keine Entwarnung für Nippons Finanzplatz
Dank einem rasanten Endspurt kurz vor Abschluss des Fiskaljahres ist Tokios
Börse von der oft prophezeiten März-Krise verschont geblieben. Die
unrealisierten Verluste auf Kapitalanlagen dürften bei den Banken dadurch
auf rund einen Drittel des noch im September ermittelten Wertes geschmolzen
sein. An den strukturellen Problemen der Finanzinstitute ändert dies kaum
etwas.
tf. Tokio, 3. April
Japans Finanzwelt hat den März hinter sich gebracht, und die in den
vergangenen Monaten oft und laut prophezeite März-Krise ist einmal mehr
ausgeblieben. Grund, sich zurückzulehnen und über die unangebrachte
Panikmache internationaler Anleger zu räsonieren, bietet dies aber kaum. So
ist es primär einem von der Regierung initiierten - und somit einem
künstlichen - «Börsenboom» kurz vor dem kritischen Stichdatum zuzurechnen,
dass Japans Banken in ihren per Ende März abzuschliessenden Geschäftsbüchern
wohl bessere Zahlen als unlängst noch befürchtet ausweisen können.
Staatliche Krisenprävention
Gemäss neuer Gesetzgebung müssen die Aktienbestände der in zahllosen
Kreuzbeteiligungen gefangenen Banken im Finanzjahr 2001/02 nämlich erstmals
zu Markt- und nicht zu (meist illusorisch hohen) Buchwerten in die Bilanz
gesetzt werden. Eine Mehrheit der Finanzinstitute wird dabei die
Durchschnittskurse des Monats März, einige wenige die Schlusskurse des
vergangenen Freitags als Basis verwenden. Vor dem Hintergrund der neuen
Rechnungslegungsvorschriften schwankt daher die finanzielle Solidität von
Nippons Banken in engster Korrelation mit dem Auf und Ab an Tokios volatilem
Aktienmarkt. Ende vergangenen Septembers, als der Nikkei-225-Index noch
unter 10 000 Punkten notierte, summierten sich die unrealisierten
Portfolioverluste der Grossbanken auf 3,09 Bio. Yen. Zusehends kritischer
wurde die Lage indessen, als der Index Anfang Februar mit 9421 Punkten auf
das tiefste Niveau seit Dezember 1983 abrutschte. Eine Rekapitalisierung von
Nippons mit hohen Beständen an Problemkrediten kämpfenden Banken schien
unausweichlich.
Die Regierung reagierte für einmal aber rasch und setzte verschärfte
Regulierungen für sogenannte Leerverkäufe - ein Instrument, mit dem
Investoren über die Ausleihe von Aktien auch von fallenden Kursen
profitieren können - durch. Die Bestrafung fehlbarer Broker folgte auf dem
Fuss. Da die Computertechnologie der Tokioter Börse den technisch
komplizierten Bestimmungen nicht unmittelbar angepasst werden konnte,
mutierten Leerverkäufe angesichts des wachsamen Auges der Finanzaufsicht zu
einem allzu riskanten Geschäft. Anleger sahen sich faktisch gezwungen, ihre
Short-Positionen möglichst schnell glattzustellen, sich also mit Aktien
einzudecken. Dies liess den Nikkei bis zum kritischen Datum per Ende März in
hohem Tempo über die Marke von 11 000 Punkten und somit auf ein Niveau
schnellen, das von Analytikern als eine vergleichsweise «sichere Zone»
bezeichnet wird.
Ein weiteres Verlustjahr
Die Rechnung der staatlichen Regulatoren ging mit anderen Worten auf. Der
Dirigismus ändert gleichwohl nichts an der Tatsache, dass auch das
abgeschlossene Fiskaljahr an Japans Aktienmarkt als ein Verlustjahr
abzubuchen ist. So verlor der Nikkei 225 im Jahresverlauf 15,2% an Terrain,
während der breiter gefasste Topix gar um 17% einsackte. Dennoch, dank dem
Endspurt vor allem in den späten Februarwochen dürften die unrealisierten
Kapitalverluste der Banken im Zeitraum zwischen September und März von 3
Bio. auf rund 1 Bio. Yen geschmolzen sein. Von den vier grossen Bankgruppen
des Landes werden die Mitsubishi Tokyo Financial Group und UFJ Holdings auf
ihren Wertschriftenbeständen voraussichtlich gar Gewinne verbuchen können.
Die März-Krise ist zwar nicht ausgebrochen. Die Lage für Japans Banken
bleibt gleichwohl kritisch. Da mit dem Abstossen von Aktien kaum Profite zu
erzielen sind und die Banken auf Grund einer wenig risikogerechten
Kreditpolitik (vor allem gegenüber Kleinunternehmen) weiterhin mit
hauchdünnen Margen operieren, verzögert sich der Abbau fauler Kredite. Das
Wirtschaftsblatt «Nihon Keizai» rechnet damit, dass die Problemkredite der
13 grössten Banken Japans in den vergangenen sechs Monaten um knapp 20% auf
24 Bio. Yen angestiegen sind. Die bedrängten Institute schreiben zwar stetig
faule Kredite ab. Die Wirtschaftsmisere und der Zwang zu Restrukturierungen
sorgen gleichwohl dafür, dass das Auftauchen neuer Problemkredite in weit
höherem Tempo erfolgt als die Entsorgung alter Problemkredite. Angesichts
einer Eigenkapitalrendite, die im Fiskaljahr per März 2001 bei den
Grossbanken des Landes bescheidene 1,8% ausmachte, fehlt es den Unternehmen
schlicht an erwirtschafteten Mitteln, um die Gesundung ihrer Bilanzen zu
beschleunigen.
Die Lage bleibt kritisch
Die Forderungen nach einer staatlichen Kapitalspritze für Nippons Banken,
wie sie von prominenter Seite namentlich Zentralbankchef Masaru Hayami
formuliert, werden angesichts dieser primär strukturellen Probleme kaum
leiser werden. Höchstens kurzfristige Linderung bewirken auch die
verschärften Regelungen zu Leerverkäufen; zeigen wird sich dies im Juni,
wenn die technische Infrastruktur von Tokios Börse den neuen Vorschriften
angepasst ist und Leerverkäufe wieder an Bedeutung gewinnen dürften.
Verkaufsdruck wird weiter von der gesetzlich erzwungenen Abstossung von
Kreuzbeteiligung aus den Bilanzen von Japans Grossbanken, deren
Aktienbestände sich auf über 25 Bio. Yen summieren, ausgehen. Sollten zu
alldem in den Ende Mai veröffentlichten Abschlüssen der Finanzhäuser noch
einige unliebsame Überraschungen zum Vorschein kommen, ist die
Wahrscheinlichkeit gross, dass die Krisenrhetorik wieder an Tokios Kabutocho
zurückkehren wird, ehe die Debatte über die ausgebliebene März-Krise so
richtig verklungen ist.
http://www.ftd.de/bm/bo/1014398969079.html?nv=tbka
Aus der FTD vom 5.4.2002
www.ftd.de/kapital
Das Kapital: Der S&P 500 ist kaum 850 Punkte wert Die Stimmung an den Börsen
ist mittlerweile wieder so miserabel, dass es fast schon für ein Kursplus
von ein paar Prozent über die kommenden Wochen reichen sollte. Es wäre nicht
die erste und nicht die letzte (Mini-)Rally in einem Bärenmarkt - der
vermutlich noch einige Jahre anhalten wird.
Die Analysten sagen, der Markt sei billig.
S&P 500 versus Trend Vielleicht stimmt das im einen oder anderen Fall. Aber
die Musik wird an der Wall Street gespielt. Und die ist teuer, extrem teuer.
Das kann man drehen und wenden wie man will.
Fangen wir simpel an und setzen den S&P 500 mit seinem langfristigen Trend
ins Verhältnis. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs gerechnet, liegt der Trend
jetzt bei etwa 840 Zählern, ein Viertel unter dem aktuellen Indexstand.
Inflationsbereinigt ist die Kluft noch etwas höher, bei 30 Prozent. Mit dem
nominalen US-BIP verglichen, ist der wichtigste Index der Welt um etwa 35
Prozent teurer als im Schnitt der letzten 50 Jahre.
Jetzt kann man sagen, dass heute alles anders ist, wo doch Inflation und
Zinsen so niedrig sind und die Produktivitätsfortschritte so immens. Mal
davon abgesehen, dass auf dieses Postulat schon viele Generationen
reingefallen sind, stellt sich die Frage, wo sie denn sind, die vielen
Gewinne. Wieder den Trend seit dem Zweiten Weltkrieg betrachtet, hätten die
Firmen im S&P 2001, auf den Index umgerechnet, etwa 48,6 $ verdienen müssen.
Tatsächlich waren es 38,7 $ - in einem Jahr, in dem die Wirtschaft real um
1,2 und nominal um 3,4 Prozent gewachsen ist. Zudem ist die Börse auch ab
Mitte der 60er Jahre schlecht gelaufen, obwohl die Inflation noch fast bis
zum Ende dieses Jahrzehnts verhalten war.
Gehen wir einen Schritt weiter. Unterstellen wir, dass die Firmen trotz der
schweren US-Ungleichgewichte 2002 wieder operative Gewinne in Höhe des
Trends erzielen können, also knapp 52 $ im S&P. Immerhin ist der
wirtschaftliche Stimulus durch Fed und Fiskalpolitik enorm. Die Frage ist,
wie schnell die Gewinne danach wachsen werden. Seit 1945 sind sie im Schnitt
um 6,4 Prozent jährlich gestiegen, inflationsbereinigt um 2,2 Prozent. Seien
wir großzügig und taxieren die reale Wachstumsrate auf Grund des technischen
Fortschritts auf nunmehr 3,3 Prozent, also die Hälfte höher als im
langfristigen Vergleich. Rechnet man zwei Prozent Inflation hinzu, ergibt
sich eine nominale Gewinnwachstumsrate von 5,3 Prozent. Das entspricht in
etwa dem Schnitt seit 1988 - und der Rendite auf zehnjährige Staatsanleihen.
Letzteres ist insofern kein Zufall, als die Renditen am Bondmarkt das
erwartete nominale Wirtschaftswachstum indizieren. Seit zehnjährige Anleihen
1962 regelmäßig aufgelegt wurden, war ihre durchschnittliche Verzinsung
genauso hoch wie das Wirtschaftswachstum in dieser Zeit.
Wenn man von Aktien nur drei Prozent mehr Rendite erwartet als von Anleihen
und - wie im Schnitt der letzten 50 Jahre - eine Gewinnausschüttungsquote
von 50 Prozent unterstellt, errechnet sich für den S&P ein Wert von 860
Zählern. Schwer vorstellbar, dass der Index auf dieses Niveau fällt. Die Fed
jedenfalls wehrt sich mit Händen und Füßen. Aber sie wird es nicht
verhindern können, dass die Börse letztlich auf ihren Trend zurückfällt, wie
das immer der Fall ist. Geht es danach, wäre der S&P erst in knapp
viereinhalb Jahren die jetzigen 1130 Punkte wert. Es wird kein Spaß an der
Börse bis dahin.
Aus der FTD vom 5.4.2002
www.ftd.de/kapital
Das Kapital: Der S&P 500 ist kaum 850 Punkte wert Die Stimmung an den Börsen
ist mittlerweile wieder so miserabel, dass es fast schon für ein Kursplus
von ein paar Prozent über die kommenden Wochen reichen sollte. Es wäre nicht
die erste und nicht die letzte (Mini-)Rally in einem Bärenmarkt - der
vermutlich noch einige Jahre anhalten wird.
Die Analysten sagen, der Markt sei billig.
S&P 500 versus Trend Vielleicht stimmt das im einen oder anderen Fall. Aber
die Musik wird an der Wall Street gespielt. Und die ist teuer, extrem teuer.
Das kann man drehen und wenden wie man will.
Fangen wir simpel an und setzen den S&P 500 mit seinem langfristigen Trend
ins Verhältnis. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs gerechnet, liegt der Trend
jetzt bei etwa 840 Zählern, ein Viertel unter dem aktuellen Indexstand.
Inflationsbereinigt ist die Kluft noch etwas höher, bei 30 Prozent. Mit dem
nominalen US-BIP verglichen, ist der wichtigste Index der Welt um etwa 35
Prozent teurer als im Schnitt der letzten 50 Jahre.
Jetzt kann man sagen, dass heute alles anders ist, wo doch Inflation und
Zinsen so niedrig sind und die Produktivitätsfortschritte so immens. Mal
davon abgesehen, dass auf dieses Postulat schon viele Generationen
reingefallen sind, stellt sich die Frage, wo sie denn sind, die vielen
Gewinne. Wieder den Trend seit dem Zweiten Weltkrieg betrachtet, hätten die
Firmen im S&P 2001, auf den Index umgerechnet, etwa 48,6 $ verdienen müssen.
Tatsächlich waren es 38,7 $ - in einem Jahr, in dem die Wirtschaft real um
1,2 und nominal um 3,4 Prozent gewachsen ist. Zudem ist die Börse auch ab
Mitte der 60er Jahre schlecht gelaufen, obwohl die Inflation noch fast bis
zum Ende dieses Jahrzehnts verhalten war.
Gehen wir einen Schritt weiter. Unterstellen wir, dass die Firmen trotz der
schweren US-Ungleichgewichte 2002 wieder operative Gewinne in Höhe des
Trends erzielen können, also knapp 52 $ im S&P. Immerhin ist der
wirtschaftliche Stimulus durch Fed und Fiskalpolitik enorm. Die Frage ist,
wie schnell die Gewinne danach wachsen werden. Seit 1945 sind sie im Schnitt
um 6,4 Prozent jährlich gestiegen, inflationsbereinigt um 2,2 Prozent. Seien
wir großzügig und taxieren die reale Wachstumsrate auf Grund des technischen
Fortschritts auf nunmehr 3,3 Prozent, also die Hälfte höher als im
langfristigen Vergleich. Rechnet man zwei Prozent Inflation hinzu, ergibt
sich eine nominale Gewinnwachstumsrate von 5,3 Prozent. Das entspricht in
etwa dem Schnitt seit 1988 - und der Rendite auf zehnjährige Staatsanleihen.
Letzteres ist insofern kein Zufall, als die Renditen am Bondmarkt das
erwartete nominale Wirtschaftswachstum indizieren. Seit zehnjährige Anleihen
1962 regelmäßig aufgelegt wurden, war ihre durchschnittliche Verzinsung
genauso hoch wie das Wirtschaftswachstum in dieser Zeit.
Wenn man von Aktien nur drei Prozent mehr Rendite erwartet als von Anleihen
und - wie im Schnitt der letzten 50 Jahre - eine Gewinnausschüttungsquote
von 50 Prozent unterstellt, errechnet sich für den S&P ein Wert von 860
Zählern. Schwer vorstellbar, dass der Index auf dieses Niveau fällt. Die Fed
jedenfalls wehrt sich mit Händen und Füßen. Aber sie wird es nicht
verhindern können, dass die Börse letztlich auf ihren Trend zurückfällt, wie
das immer der Fall ist. Geht es danach, wäre der S&P erst in knapp
viereinhalb Jahren die jetzigen 1130 Punkte wert. Es wird kein Spaß an der
Börse bis dahin.
http://www.handelsblatt.com/hbiwwwangebot/fn/relhbi/sfn/buil…
0011,200729,516748/SH/0/depot/0/index.html
Signal für neuen Kurstrend
Pessimisten und Optimisten tauschen die Rollen
Trendwende an den Märkten? Darauf könnte
deuten, dass prominente Bullen zu Pessimisten mutieren, Bären hingegen
plötzlich Optimismus verbreiten.
tmo FRANKFURT/M. Der Streit zwischen „Bären“
(Pessimisten) und „Bullen“ (Optimisten) unter den Bankexperten nimmt eine
überraschende Wende: Der langjährige Bär und Chefstratege der Dresdner-
Bank- Tochter Kleinwort Wasserstein, Albert Edwards, fühlt sich mit seinem
Pessmismus nicht mehr recht wohl. Dagegen hat der bislang optimistische
Chefstratege der Deutschen Bank, Pascal Constantini, seinen Ton in der
jüngsten Studie merklich gedämpft. Auch die lange positiv gestimmten
Strategen der Commerzbank haben ihren Optimismus zuletzt gezügelt.
Wenn Pessimisten und Optimisten die Seite wechseln, lässt sich daraus
zweierlei ableiten: Zum einen spiegelt die wacklige Haltung der
Top-Strategen wider, dass viele Investoren stark verunsichert sind. Zum
anderen kündigt das „Umkippen“ exponierter Börsenauguren oft auch auf eine
Trendwende an den Märkten an. Fragt sich nur, ob die Aktienkurse aus ihrem
Seitwärtstrend nach oben oder unten ausbrechen.
„Wir glauben, dass aufkeimende Inflationssorgen im besten Fall das
Anstiegspotenzial begrenzen und im schlimmsten Fall eine niedrigere
Bewertung erzwingen“, schreibt der gewendete Bulle Constantini in seinem
neuesten Marktkommentar. Dresdner-Stratege Edwards erklärt dagegen in seiner
aktuellsten Studie, dass er derzeit „ernsthaft über eine
aktien-freundlichere Haltung nachdenkt“. Bislang gab Edwards sicheren
Anleihen den Vorzug gegenüber Aktien.
Psychologisch orientierte Investoren, etwa der verstorbene Altmeister André
Kostolany, werten Analystenstimmen oft als Kontra-Indikator. Nach dem Motto:
Tue stets das Gegenteil von dem, was die Experten empfehlen.
Dresdner-Stratege Edwards hat diese Erfahrung gemacht: „Ein Großinvestor
sagte mir: Wenn der letzte Bär optimistisch wird, dann gehen die Kurse bald
runter’“, erzählt Edwards. Andererseits weist die jüngste Warnung des
einstigen Optimisten Constantini in die umgekehrte Richtung.
Am Ende müssen die Anleger eben doch selbst entscheiden, wem sie trauen.
HANDELSBLATT, Freitag, 05. April 2002, 12:05 Uhr
0011,200729,516748/SH/0/depot/0/index.html
Signal für neuen Kurstrend
Pessimisten und Optimisten tauschen die Rollen
Trendwende an den Märkten? Darauf könnte
deuten, dass prominente Bullen zu Pessimisten mutieren, Bären hingegen
plötzlich Optimismus verbreiten.
tmo FRANKFURT/M. Der Streit zwischen „Bären“
(Pessimisten) und „Bullen“ (Optimisten) unter den Bankexperten nimmt eine
überraschende Wende: Der langjährige Bär und Chefstratege der Dresdner-
Bank- Tochter Kleinwort Wasserstein, Albert Edwards, fühlt sich mit seinem
Pessmismus nicht mehr recht wohl. Dagegen hat der bislang optimistische
Chefstratege der Deutschen Bank, Pascal Constantini, seinen Ton in der
jüngsten Studie merklich gedämpft. Auch die lange positiv gestimmten
Strategen der Commerzbank haben ihren Optimismus zuletzt gezügelt.
Wenn Pessimisten und Optimisten die Seite wechseln, lässt sich daraus
zweierlei ableiten: Zum einen spiegelt die wacklige Haltung der
Top-Strategen wider, dass viele Investoren stark verunsichert sind. Zum
anderen kündigt das „Umkippen“ exponierter Börsenauguren oft auch auf eine
Trendwende an den Märkten an. Fragt sich nur, ob die Aktienkurse aus ihrem
Seitwärtstrend nach oben oder unten ausbrechen.
„Wir glauben, dass aufkeimende Inflationssorgen im besten Fall das
Anstiegspotenzial begrenzen und im schlimmsten Fall eine niedrigere
Bewertung erzwingen“, schreibt der gewendete Bulle Constantini in seinem
neuesten Marktkommentar. Dresdner-Stratege Edwards erklärt dagegen in seiner
aktuellsten Studie, dass er derzeit „ernsthaft über eine
aktien-freundlichere Haltung nachdenkt“. Bislang gab Edwards sicheren
Anleihen den Vorzug gegenüber Aktien.
Psychologisch orientierte Investoren, etwa der verstorbene Altmeister André
Kostolany, werten Analystenstimmen oft als Kontra-Indikator. Nach dem Motto:
Tue stets das Gegenteil von dem, was die Experten empfehlen.
Dresdner-Stratege Edwards hat diese Erfahrung gemacht: „Ein Großinvestor
sagte mir: Wenn der letzte Bär optimistisch wird, dann gehen die Kurse bald
runter’“, erzählt Edwards. Andererseits weist die jüngste Warnung des
einstigen Optimisten Constantini in die umgekehrte Richtung.
Am Ende müssen die Anleger eben doch selbst entscheiden, wem sie trauen.
HANDELSBLATT, Freitag, 05. April 2002, 12:05 Uhr
http://www.heise.de/newsticker/data/anw-08.04.02-000/
Anleihebesitzer sollen Kabelbetreiber NTL übernehmen
Die hoch verschuldete britische Kabel-TV-Firma NTL soll an ihre Gläubiger übergehen. In Kürze wird laut Wall Street Journal vereinbart, den NTL-Anleihebesitzern das Unternehmen zu überschreiben. Die NTL betreibt das größte britische Kabelfernsehsystem. In Deutschland besitzt die Firma die Mehrheit am hessischen Kabelnetzanbieter iesy. Der Besitztransfer von NTL soll durch einen Gang der Firma zum Konkursrichter unter Chapter 11 des US-Konkursrechtes erfolgen.
NTL hat insgesamt mehr als 17 Milliarden US-Dollar (19,4 Milliarden Euro) Schulden. Davon sollen elf Milliarden US-Dollar im Zuge der Transaktion gestrichen werden. Die derzeitigen NTL-Aktionäre, darunter die France Telecom, würden weitgehend leer ausgehen und erhielten nur die Möglichkeit, zukünftig bis zu 24,5 Prozent an neuen Aktien zu kaufen. Der NTL-Aktienkurs lag Ende voriger Woche nur noch bei acht US- Cents.
Potenzielle strategische NTL-Partner wie die US-Medienfirmen Liberty Media und AOL Time Warner sind durch die offensichtliche Einigung der Anleihebesitzer mit NTL betroffen. Sie hatten gehofft, angesichts der Probleme von NTL bei der Kabelfernsehfirma billig zum Zug zu kommen. Die Konditionen der NTL-Transaktion seien noch nicht endgültig und müssten auch noch von den Banken und anderen Gläubigern genehmigt werden, hieß es. Diese halten nach Angaben der Zeitung insgesamt sechs Milliarden Dollar NTL-Schulden.
NTL galt als attraktives Ziel für amerikanische Investoren, die sich auf notleidende Anleihen konzentrieren. Sie kauften mehr als 50 Prozent der NTL-Anleihen und könnten jetzt eine Kontrollmehrheit an dem Unternehmen bekommen. Zu den Investoren zählen Investmentfonds der Angelo, Gordon & Co., die Apaloosa Investments, die Franklin Resources und die Vermögensverwaltungssparte der Citigroup, schrieb das Wall Street Journal. (anw/c`t)
Anleihebesitzer sollen Kabelbetreiber NTL übernehmen
Die hoch verschuldete britische Kabel-TV-Firma NTL soll an ihre Gläubiger übergehen. In Kürze wird laut Wall Street Journal vereinbart, den NTL-Anleihebesitzern das Unternehmen zu überschreiben. Die NTL betreibt das größte britische Kabelfernsehsystem. In Deutschland besitzt die Firma die Mehrheit am hessischen Kabelnetzanbieter iesy. Der Besitztransfer von NTL soll durch einen Gang der Firma zum Konkursrichter unter Chapter 11 des US-Konkursrechtes erfolgen.
NTL hat insgesamt mehr als 17 Milliarden US-Dollar (19,4 Milliarden Euro) Schulden. Davon sollen elf Milliarden US-Dollar im Zuge der Transaktion gestrichen werden. Die derzeitigen NTL-Aktionäre, darunter die France Telecom, würden weitgehend leer ausgehen und erhielten nur die Möglichkeit, zukünftig bis zu 24,5 Prozent an neuen Aktien zu kaufen. Der NTL-Aktienkurs lag Ende voriger Woche nur noch bei acht US- Cents.
Potenzielle strategische NTL-Partner wie die US-Medienfirmen Liberty Media und AOL Time Warner sind durch die offensichtliche Einigung der Anleihebesitzer mit NTL betroffen. Sie hatten gehofft, angesichts der Probleme von NTL bei der Kabelfernsehfirma billig zum Zug zu kommen. Die Konditionen der NTL-Transaktion seien noch nicht endgültig und müssten auch noch von den Banken und anderen Gläubigern genehmigt werden, hieß es. Diese halten nach Angaben der Zeitung insgesamt sechs Milliarden Dollar NTL-Schulden.
NTL galt als attraktives Ziel für amerikanische Investoren, die sich auf notleidende Anleihen konzentrieren. Sie kauften mehr als 50 Prozent der NTL-Anleihen und könnten jetzt eine Kontrollmehrheit an dem Unternehmen bekommen. Zu den Investoren zählen Investmentfonds der Angelo, Gordon & Co., die Apaloosa Investments, die Franklin Resources und die Vermögensverwaltungssparte der Citigroup, schrieb das Wall Street Journal. (anw/c`t)
http://archiv.nzz.ch/books/nzzsonntag/0/$82ZET$T.html
Zauberlehrling Greenspan, Gefangener seines Tuns
US-Notenbank lässt sich auf ein gefährliches Spiel mit der Börse ein. Von Beat Kappeler
Ein gefährliches Gift hat die amerikanische Finanzwelt durchsetzt, in Insiderkreisen wird es «Greenspan put» genannt. Denn eine Put-Option sichert Börsenkurse gegen unten ab, und das ist das, was die Finanzgemeinde vom amerikanischen Notenbankchef Alan Greenspan seit einiger Zeit erwartet. Es ist eine Option im übertragenen Sinn: Man fühlt sich sicher, dass Greenspan eingreifen würde, sollten die Kurse zu stark fallen. Greenspan hat noch immer Gas gegeben, wenn die Börsen schwächelten - beim Crash 1987, anlässlich der Asienkrise 1998 und nach dem 11. September 2001. Und vor einigen Tagen wurde bekannt, dass das Federal Reserve Board (Fed) Anfang des Jahres mit Milliarden von Dollar in die Märkte einzugreifen erwogen hatte. Für Spekulanten und Anleger kann also nie mehr etwas schiefgehen. Diese Erwartung aber schafft irrationale Börsenkurse. Und Alan Greenspan kann nie mehr davon abrücken - sonst wäre der Crash fatal.
Gemäss den soeben veröffentlichten Protokollen des Federal Reserve von Ende Januar schloss das hohe Gremium «unkonventionelle Politikmassnahmen nicht aus, sollte sich die Wirtschaft substanziell verschlechtern zu einem Zeitpunkt, da die Zinsen bereits auf sehr tiefem Niveau stehen». Und ein ungenannt sein wollender Sprecher aus dieser Runde erklärte gegenüber der «Financial Times», was damit gemeint sein könnte. Das Fed könne Geld in Umlauf setzen, indem es beispielsweise «US-Aktien kaufe». Aber letztlich könne das Fed «jedweden Wert aufkaufen, Schuldpapiere der Regierung oder der Lokalkörperschaften, Immobilien, Goldminen». Diese Aussagen waren als Illustration gemeint, aber nach den Greenspan`schen Rettungsaktionen der vergangenen Jahre leuchten sie jedem Spekulanten ein.
Nun ist Greenspan jedoch kein Knecht der Börsen, und er wirtschaftet auch nicht in die eigene Tasche. Er veröffentlicht jährlich sein Vermögen, das nur aus Staatsanleihen besteht. Greenspan hat die Krise nach dem Börsensturz 1929 gut studiert, schreibt sein Biograph Justin Martin. Damals hatte das Fed die Zinsen erhöht, um Solidität zu demonstrieren, worauf die Banken Angst bekamen, in grossem Umfang Kredite kündigten und die Wirtschaft einbrach. Deshalb hat Greenspan 1987, als der Dow Jones Industrial am 19. Oktober um 500 Punkte oder fast einen Viertel einbrach, den Banken sofort eine grosszügige Geldversorgung angeboten. Die Kurse erholten sich allmählich. Im Herbst 1998, als Russland zahlungsunfähig wurde, die kurzfristigen Gelder auch aus ganz Asien abgezogen wurden und die US-Börse tauchte, stellte Greenspan wiederum viel Geld zur Verfügung. Ausserdem koordinierte die US-Regierung massive Geldspritzen durch den Internationalen Währungsfonds, und Greenspan übte Druck auf die Banken aus, der Long Term Capital Management aus der 100-Milliarden-Dollar-Patsche aufzuhelfen.
Panik vermieden
Alles ging gut, die Börsenkurse erholten sich schon innert weniger Monate. Das Spiel wiederholte sich, etwas undramatischer, nachdem Greenspan zwar im Jahr 2000 mit immer höheren Zinsen in die Blase der Technologie-Werte an der Nasdaq gestochen hatte, aber mit kontinuierlichen Zinssenkungen ab Januar 2001 wenigstens die Kurse des Dow Jones Industrial stabilisierte. Die amerikanische und internationale Finanzwelt kann sich dank dem Geschick Greenspans nach anderthalb Jahrzehnten in einer derart behaglichen Sicherheit wiegen, dass der 150-Milliarden-Dollar-Bankrott Argentiniens und der 70-Milliarden-Dollar-Bankrott von Enron heute beinahe ohne Panik weggesteckt werden.
Die Bereitschaft des Fed, auch künftig die Märkte allenfalls stark zu stützen, lässt sich zwar wiederum gesamtwirtschaftlich begründen. Die Fed-Runde im Januar hatte Japans nicht enden wollende Depression vor Augen, mit fallenden Preisen und mit Zinsen, die sich nicht weiter senken lassen. Da müsse auf anderen Wegen die Wirtschaft stimuliert werden.
Doch Greenspan hat seit einiger Zeit sogar ausdrücklich auch die Börse selbst im Visier. Er schloss sich vor zwei Jahren der Ansicht an, dass etwa 4% bis 6% der Börsengewinne von den glücklichen Anlegern konsumiert werden. Angesichts der damals riesigen Gewinne - zumindest auf dem Papier - fachte dies den Verkauf in den Läden, den Hausbau und die Dienstleistungen stark an. Und heute, nach 4000 Mrd. $ Buchverlusten, drohen die Börsenkurse den Konsum ebenso kräftig zu drosseln. Greenspan fühlt sich als guter Notenbanker deshalb verpflichtet, die Börsenwellen mindestens zu glätten. Er sieht sich einem neuen Zusammenhang gegenüber: Eine schwache Wirtschaft drückt die Börse nach unten, die tiefen Kurse würgen aber den Konsum sowie die Investitionsfreude ab und schwächen die Wirtschaft gleich noch einmal. Somit fragt sich, ob Greenspan in seinen Entscheidungen von den Launen der Börsen überhaupt noch frei ist. Muss er nicht um jeden Preis verhindern, dass die heute in den USA fast jeden Haushalt umfassende Anlegergemeinde Angst bekommt, dass sie Verluste erleidet? Und wenn Greenspan einmal abträte, müssten da nicht die Märkte hysterisch werden? In diesem Fall wäre Greenspan selbst, nicht nur seine Politik, unersetzlich geworden.
Fünf glückliche Jahre
Noch sind wir hoffentlich nicht ganz so weit. Greenspan selbst hat immer wieder dazugelernt. So erkannte er in der rasch steigenden Leistungskraft der US-Wirtschaft grossen Spielraum für eine Expansion ohne Inflation und liess die geldpolitischen Zügel locker. Er schenkte damit wohl über einer Milliarde Arbeitern und Konsumenten in der reichen Welt fünf weitere glückliche Jahre. Die Schweizer Nationalbank kämpfte noch 1995/96 gegen eine vermeintliche Inflation, als Häuser- und Arbeitsmarkt flach am Boden lagen.
Aber die grosszügige Geldpolitik hat die US-Börse erst recht hochgeschraubt. Heute noch stehen die Aktienkurse im S & P-500-Index auf dem Sechzigfachen der Gewinne der 500 erfassten Firmen. Das langjährige Mittel wäre etwa das Fünfzehnfache. Zwar werden die Gewinne der Firmen wieder steigen, aber ein Ungleichgewicht dürfte bleiben. Um dieses Verhältnis zurechtzurücken, müsste Greenspan die Geldversorgung jahrelang knapp halten. Die USA haben unter Greenspan noch eine weitere Hypothek für die Prosperität aufgenommen. Die von den Börsengewinnern mit bewirkte Kaufwelle hat ein enormes Handelsbilanzdefizit aufgerissen. Zwar flossen die so verlorenen Dollars seit Jahren in die USA zurück, weil die Europäer und Asiaten an Wall Street investierten. Die US-Börse muss auch deshalb ihr Niveau halten, um diese stabilisierenden Rückflüsse anzulocken, sonst fällt der Dollar ins Leere. Auch aus dieser Sicht hat die US-Notenbank ihr Glück an die Börsenkurse gekettet - noch ein «Greenspan-put». Der Maestro hat alle immer hochgezogen und kann jetzt selber nicht mehr runter.
Fed-Chef Greenspan hat seit einiger Zeit ausdrücklich auch die Aktienmärkte im Visier. Er fühlt sich verpflichtet, die Börsenwellen zumindest zu glätten.
NZZ am Sonntag, Ressort Wirtschaft, 7. April 2002, Nr.4, Seite 53
Zauberlehrling Greenspan, Gefangener seines Tuns
US-Notenbank lässt sich auf ein gefährliches Spiel mit der Börse ein. Von Beat Kappeler
Ein gefährliches Gift hat die amerikanische Finanzwelt durchsetzt, in Insiderkreisen wird es «Greenspan put» genannt. Denn eine Put-Option sichert Börsenkurse gegen unten ab, und das ist das, was die Finanzgemeinde vom amerikanischen Notenbankchef Alan Greenspan seit einiger Zeit erwartet. Es ist eine Option im übertragenen Sinn: Man fühlt sich sicher, dass Greenspan eingreifen würde, sollten die Kurse zu stark fallen. Greenspan hat noch immer Gas gegeben, wenn die Börsen schwächelten - beim Crash 1987, anlässlich der Asienkrise 1998 und nach dem 11. September 2001. Und vor einigen Tagen wurde bekannt, dass das Federal Reserve Board (Fed) Anfang des Jahres mit Milliarden von Dollar in die Märkte einzugreifen erwogen hatte. Für Spekulanten und Anleger kann also nie mehr etwas schiefgehen. Diese Erwartung aber schafft irrationale Börsenkurse. Und Alan Greenspan kann nie mehr davon abrücken - sonst wäre der Crash fatal.
Gemäss den soeben veröffentlichten Protokollen des Federal Reserve von Ende Januar schloss das hohe Gremium «unkonventionelle Politikmassnahmen nicht aus, sollte sich die Wirtschaft substanziell verschlechtern zu einem Zeitpunkt, da die Zinsen bereits auf sehr tiefem Niveau stehen». Und ein ungenannt sein wollender Sprecher aus dieser Runde erklärte gegenüber der «Financial Times», was damit gemeint sein könnte. Das Fed könne Geld in Umlauf setzen, indem es beispielsweise «US-Aktien kaufe». Aber letztlich könne das Fed «jedweden Wert aufkaufen, Schuldpapiere der Regierung oder der Lokalkörperschaften, Immobilien, Goldminen». Diese Aussagen waren als Illustration gemeint, aber nach den Greenspan`schen Rettungsaktionen der vergangenen Jahre leuchten sie jedem Spekulanten ein.
Nun ist Greenspan jedoch kein Knecht der Börsen, und er wirtschaftet auch nicht in die eigene Tasche. Er veröffentlicht jährlich sein Vermögen, das nur aus Staatsanleihen besteht. Greenspan hat die Krise nach dem Börsensturz 1929 gut studiert, schreibt sein Biograph Justin Martin. Damals hatte das Fed die Zinsen erhöht, um Solidität zu demonstrieren, worauf die Banken Angst bekamen, in grossem Umfang Kredite kündigten und die Wirtschaft einbrach. Deshalb hat Greenspan 1987, als der Dow Jones Industrial am 19. Oktober um 500 Punkte oder fast einen Viertel einbrach, den Banken sofort eine grosszügige Geldversorgung angeboten. Die Kurse erholten sich allmählich. Im Herbst 1998, als Russland zahlungsunfähig wurde, die kurzfristigen Gelder auch aus ganz Asien abgezogen wurden und die US-Börse tauchte, stellte Greenspan wiederum viel Geld zur Verfügung. Ausserdem koordinierte die US-Regierung massive Geldspritzen durch den Internationalen Währungsfonds, und Greenspan übte Druck auf die Banken aus, der Long Term Capital Management aus der 100-Milliarden-Dollar-Patsche aufzuhelfen.
Panik vermieden
Alles ging gut, die Börsenkurse erholten sich schon innert weniger Monate. Das Spiel wiederholte sich, etwas undramatischer, nachdem Greenspan zwar im Jahr 2000 mit immer höheren Zinsen in die Blase der Technologie-Werte an der Nasdaq gestochen hatte, aber mit kontinuierlichen Zinssenkungen ab Januar 2001 wenigstens die Kurse des Dow Jones Industrial stabilisierte. Die amerikanische und internationale Finanzwelt kann sich dank dem Geschick Greenspans nach anderthalb Jahrzehnten in einer derart behaglichen Sicherheit wiegen, dass der 150-Milliarden-Dollar-Bankrott Argentiniens und der 70-Milliarden-Dollar-Bankrott von Enron heute beinahe ohne Panik weggesteckt werden.
Die Bereitschaft des Fed, auch künftig die Märkte allenfalls stark zu stützen, lässt sich zwar wiederum gesamtwirtschaftlich begründen. Die Fed-Runde im Januar hatte Japans nicht enden wollende Depression vor Augen, mit fallenden Preisen und mit Zinsen, die sich nicht weiter senken lassen. Da müsse auf anderen Wegen die Wirtschaft stimuliert werden.
Doch Greenspan hat seit einiger Zeit sogar ausdrücklich auch die Börse selbst im Visier. Er schloss sich vor zwei Jahren der Ansicht an, dass etwa 4% bis 6% der Börsengewinne von den glücklichen Anlegern konsumiert werden. Angesichts der damals riesigen Gewinne - zumindest auf dem Papier - fachte dies den Verkauf in den Läden, den Hausbau und die Dienstleistungen stark an. Und heute, nach 4000 Mrd. $ Buchverlusten, drohen die Börsenkurse den Konsum ebenso kräftig zu drosseln. Greenspan fühlt sich als guter Notenbanker deshalb verpflichtet, die Börsenwellen mindestens zu glätten. Er sieht sich einem neuen Zusammenhang gegenüber: Eine schwache Wirtschaft drückt die Börse nach unten, die tiefen Kurse würgen aber den Konsum sowie die Investitionsfreude ab und schwächen die Wirtschaft gleich noch einmal. Somit fragt sich, ob Greenspan in seinen Entscheidungen von den Launen der Börsen überhaupt noch frei ist. Muss er nicht um jeden Preis verhindern, dass die heute in den USA fast jeden Haushalt umfassende Anlegergemeinde Angst bekommt, dass sie Verluste erleidet? Und wenn Greenspan einmal abträte, müssten da nicht die Märkte hysterisch werden? In diesem Fall wäre Greenspan selbst, nicht nur seine Politik, unersetzlich geworden.
Fünf glückliche Jahre
Noch sind wir hoffentlich nicht ganz so weit. Greenspan selbst hat immer wieder dazugelernt. So erkannte er in der rasch steigenden Leistungskraft der US-Wirtschaft grossen Spielraum für eine Expansion ohne Inflation und liess die geldpolitischen Zügel locker. Er schenkte damit wohl über einer Milliarde Arbeitern und Konsumenten in der reichen Welt fünf weitere glückliche Jahre. Die Schweizer Nationalbank kämpfte noch 1995/96 gegen eine vermeintliche Inflation, als Häuser- und Arbeitsmarkt flach am Boden lagen.
Aber die grosszügige Geldpolitik hat die US-Börse erst recht hochgeschraubt. Heute noch stehen die Aktienkurse im S & P-500-Index auf dem Sechzigfachen der Gewinne der 500 erfassten Firmen. Das langjährige Mittel wäre etwa das Fünfzehnfache. Zwar werden die Gewinne der Firmen wieder steigen, aber ein Ungleichgewicht dürfte bleiben. Um dieses Verhältnis zurechtzurücken, müsste Greenspan die Geldversorgung jahrelang knapp halten. Die USA haben unter Greenspan noch eine weitere Hypothek für die Prosperität aufgenommen. Die von den Börsengewinnern mit bewirkte Kaufwelle hat ein enormes Handelsbilanzdefizit aufgerissen. Zwar flossen die so verlorenen Dollars seit Jahren in die USA zurück, weil die Europäer und Asiaten an Wall Street investierten. Die US-Börse muss auch deshalb ihr Niveau halten, um diese stabilisierenden Rückflüsse anzulocken, sonst fällt der Dollar ins Leere. Auch aus dieser Sicht hat die US-Notenbank ihr Glück an die Börsenkurse gekettet - noch ein «Greenspan-put». Der Maestro hat alle immer hochgezogen und kann jetzt selber nicht mehr runter.
Fed-Chef Greenspan hat seit einiger Zeit ausdrücklich auch die Aktienmärkte im Visier. Er fühlt sich verpflichtet, die Börsenwellen zumindest zu glätten.
NZZ am Sonntag, Ressort Wirtschaft, 7. April 2002, Nr.4, Seite 53
http://www.handelsblatt.com/hbiwwwangebot/fn/relhbi/sfn/buil…
Vermögensverwalter setzt auf Substanz
Die Empfehlungen von Jens Ehrhardt
Gold könnte das zentrale Anlagethema des laufenden Jahres werden. Seit die britische Notenbank mehr als die Hälfte ihres Vorrates verkauft hat, geht der Angebotsdruck auf dem Goldweltmarkt zu Ende.
Substanzstarke Bergwerksaktien, die außer dem
Abfindungskandidaten Allianz Leben jetzt die Topholdings meines Depots ausmachen, dürften von höheren Absatzpreisen bei gleichzeitig konstanten Kosten profitieren.
Bei den Favoriten tauschen wir KarstadtQuelle gegen Harmony Gold. Die Position in Gold Fields haben wir aufgestockt. Kleinere Positionen haben wir in goldpreisabhängigen Titeln wie Asa, Hecla Mining und Durban Deep aufgebaut. KarstadtQuelle haben wir verkauft, weil der gestiegene Ölpreis eine höhere Inflation und damit niedrigere Kaufkraft in Deutschland bringt. Die Einzelhandelszahlen haben sich überraschend nochmals verschlechtert.
MEINE
FAVORITEN:
GLÜCK AUF!
Die Toppositionen im Depot von Jens Erhardt
Aktie
WKN
Kurs
Zielkurs
Stoppkurs
K+S
716200
23,20
26,00
19,00
Gold Fields
862484
12,00
15,00
8,00
Anglo Gold
915102
28,80
30,00
23,00
Allianz Leben
840300
660,00
1000,00
590,00
Harmony Gold
864439
13,20
15,00
8,00
HANDELSBLATT, Freitag, 05. April 2002, 10:26 Uhr
Vermögensverwalter setzt auf Substanz
Die Empfehlungen von Jens Ehrhardt
Gold könnte das zentrale Anlagethema des laufenden Jahres werden. Seit die britische Notenbank mehr als die Hälfte ihres Vorrates verkauft hat, geht der Angebotsdruck auf dem Goldweltmarkt zu Ende.
Substanzstarke Bergwerksaktien, die außer dem
Abfindungskandidaten Allianz Leben jetzt die Topholdings meines Depots ausmachen, dürften von höheren Absatzpreisen bei gleichzeitig konstanten Kosten profitieren.
Bei den Favoriten tauschen wir KarstadtQuelle gegen Harmony Gold. Die Position in Gold Fields haben wir aufgestockt. Kleinere Positionen haben wir in goldpreisabhängigen Titeln wie Asa, Hecla Mining und Durban Deep aufgebaut. KarstadtQuelle haben wir verkauft, weil der gestiegene Ölpreis eine höhere Inflation und damit niedrigere Kaufkraft in Deutschland bringt. Die Einzelhandelszahlen haben sich überraschend nochmals verschlechtert.
MEINE
FAVORITEN:
GLÜCK AUF!
Die Toppositionen im Depot von Jens Erhardt
Aktie
WKN
Kurs
Zielkurs
Stoppkurs
K+S
716200
23,20
26,00
19,00
Gold Fields
862484
12,00
15,00
8,00
Anglo Gold
915102
28,80
30,00
23,00
Allianz Leben
840300
660,00
1000,00
590,00
Harmony Gold
864439
13,20
15,00
8,00
HANDELSBLATT, Freitag, 05. April 2002, 10:26 Uhr
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,191273,00.html
MERRILL LYNCH
"Piece of Shit" zum Kauf empfohlen
Merrill Lynchs Star-Analyst Henry Blodget hat offenbar ein übles Spiel mit seinem Publikum gespielt. Aktien, die er angeblich intern als Ramsch und Schund bezeichnete, empfahl er in seinen Analysen zum Kauf. Dummerweise gingen seine E-Mails auch an die Staatsanwälte.
New York - Eliot Spitzer spricht von einem "Schatz an unwiderlegbaren Beweisen". Der New Yorker Staatsanwalt, der seit Juli 2001 gegen mehrere Wall-Street-Banken ermittelt, spart nicht mit starken Worten. "Ich denke, das ist ein Fall, bei dem wir Strafanzeigen sehen könnten und sogar Gefängnisstrafen für Analysten", sagte er der "Financial Times". Was Spitzner so sicher macht, ist die Auswertung von rund 30.000 beschlagnahmten E-Mails. Seinen bisherigen Erkennnissen zufolge haben Analysten wissentlich Anleger mit geschönten Analysen getäuscht.
Die Empfehlungen von Henry Blodget
Zu Infospace am 13. Juli 2000
intern: "Diese Aktie ist ein Pulverfass"
offizell: "Kurzfristig kaufen und langfristig kaufen"
Zu Internet Capital am 6. Oktober 2000
intern: "Wir sehen in naher Zukunft keinen Turnaround"
offiziell: "Kurzfristig akkumulieren und langfristig kaufen"
Zu 24/7 Media am 10. Oktober 2000
intern: "Stück Scheiße"
offiziell: "Kurzfristig akkumulieren und langfristig akkumulieren"
Zu Lifeminders am 4. Dezember 2000
intern: "Stück Scheiße"
offiziell: "Kurzfristig akkumulieren und langfristig kaufen"
Quelle: Financial Times, Staatsanwaltschaft New York
Zum Beweis hat Spitzer vor Gericht brisantes Material veröffentlicht. So bezeichnete Merrill-Lynch-Analyst Henry Blodget in privaten E-Mails Unternehmen abschätzig als "Stück Scheiße" ("piece of shit) und "Pulverfass" ("powder keg"), obwohl die Aktien Investoren zum Kauf empfohlen wurden, zum Teil sogar mit dem bestmöglichen Rating ("Short-term buy and long-term buy"). "So dramatisch und verurteilenswert diese Beweise gegen Merrill Lynch auch sind, es könnte nur die Spitze eines Eisberges sein", sagte Spitzer. Er kündigte an, dass auch andere Wall-Street-Firmen in die Ermittlungen einbezogen werden.
Die "explosivsten Dokumente, die ich je gesehen habe"
John Coffee, Professor für Unternehmensrecht an der Columbia University, nannte die vorgelegten Dokumente gegenüber der "Washington Post" die "explosivsten, die ich je gesehen habe". Die anstehenden Gerichtsverhandlungen könnten für Merrill Lynch und andere Wall-Street-Banken eine "zeremonielle Demütigung" werden.
Merrill Lynch bemühte sich angesichts der schweren und peinlichen Vorwürfe, seinen Ruf zu verteidigen und wies die Anschuldigungen zurück. Die E-Mails seien aus ihrem Kontext genommen worden und die gezogenen Rückschlüsse "einfach falsch". Vizepräsident Robert McCann, zuständig für den Bereich Research, führte in einer Stellungnahme des Unternehmens die zum Teil bereits unternommenen Schritte an, die Arbeit der Analyse-Abteilung zu verbessern. So sollen Analysten künftig nach Erfüllung ihrer Prognosen bewertet und bezahlt werden. Dies sei Teil einer im vergangenen Sommer gestarteten Überarbeitung des gesamten Research-Bereichs.
Spitzer hingegen argumentiert, dass Merrill Lynch das Vertrauen der Investoren missbraucht habe. Systematisch sei die Research-Abteilung als Verkaufsarm für die Investmentbank genutzt worden. Als weiteren Beweis für die Fehler im System führte er die Mail eines ungenannten Merrill-Lynch-Analysten an. Dieser schrieb: "Die ganze Idee, dass wir von der Banking-Abteilung unabhängig seien, ist eine große Lüge".
Der Staatsanwalt drängt offenbar auf ein hohes Strafgeld. In Verhandlungskreisen wird von 100 Millionen Dollar berichtet, die teils als Strafe und teils als Wiedergutmachung an Investoren gezahlt werden soll. Zudem soll sich Spitzer dafür einsetzen, dass die Research-Abteilung als unabhängiger Bereich ausgegliedert wird. "Das würde uns helfen, zu einem Punkt zu gelangen, an dem wir in der ganzen Industrie strukturelle Entlastung bekämen. Ich glaube, man hat erkannt, dass mehr getan werden muss, als nur Überwachungsbüros anzumeckern."
Im Zuge der Ermittlungen interessiert sich die Staatsanwaltschaft auch für andere Wall-Street-Banken. Der US-Bundesstaat New York untersucht mögliche Interessenskonflikte zwischen Analysten und Investmentbanken. Nach Angaben des "Wall Street Journal" vom Mittwoch gehören Goldman Sachs, Credit Suisse First Boston, Morgan Stanley Dean Witter, Lehman Brothers, UBS PaineWebber, Salomon Smith Barney, Lazard Freres und Bear Stearns zu den Unternehmen, die eine Vorladung bekommen könnten.
In den kommenden Monaten müssen sich zumindest die Analysten von Merrill Lynch auf etliche Verhandlungstermine einstellen. Offiziellen Stellen zufolge sollen ehemalige und immer noch bei Merrill Lynch beschäftigte Mitarbeiter zu einer öffentlichen Vernehmung vorgeladen werden.
MERRILL LYNCH
"Piece of Shit" zum Kauf empfohlen
Merrill Lynchs Star-Analyst Henry Blodget hat offenbar ein übles Spiel mit seinem Publikum gespielt. Aktien, die er angeblich intern als Ramsch und Schund bezeichnete, empfahl er in seinen Analysen zum Kauf. Dummerweise gingen seine E-Mails auch an die Staatsanwälte.
New York - Eliot Spitzer spricht von einem "Schatz an unwiderlegbaren Beweisen". Der New Yorker Staatsanwalt, der seit Juli 2001 gegen mehrere Wall-Street-Banken ermittelt, spart nicht mit starken Worten. "Ich denke, das ist ein Fall, bei dem wir Strafanzeigen sehen könnten und sogar Gefängnisstrafen für Analysten", sagte er der "Financial Times". Was Spitzner so sicher macht, ist die Auswertung von rund 30.000 beschlagnahmten E-Mails. Seinen bisherigen Erkennnissen zufolge haben Analysten wissentlich Anleger mit geschönten Analysen getäuscht.
Die Empfehlungen von Henry Blodget
Zu Infospace am 13. Juli 2000
intern: "Diese Aktie ist ein Pulverfass"
offizell: "Kurzfristig kaufen und langfristig kaufen"
Zu Internet Capital am 6. Oktober 2000
intern: "Wir sehen in naher Zukunft keinen Turnaround"
offiziell: "Kurzfristig akkumulieren und langfristig kaufen"
Zu 24/7 Media am 10. Oktober 2000
intern: "Stück Scheiße"
offiziell: "Kurzfristig akkumulieren und langfristig akkumulieren"
Zu Lifeminders am 4. Dezember 2000
intern: "Stück Scheiße"
offiziell: "Kurzfristig akkumulieren und langfristig kaufen"
Quelle: Financial Times, Staatsanwaltschaft New York
Zum Beweis hat Spitzer vor Gericht brisantes Material veröffentlicht. So bezeichnete Merrill-Lynch-Analyst Henry Blodget in privaten E-Mails Unternehmen abschätzig als "Stück Scheiße" ("piece of shit) und "Pulverfass" ("powder keg"), obwohl die Aktien Investoren zum Kauf empfohlen wurden, zum Teil sogar mit dem bestmöglichen Rating ("Short-term buy and long-term buy"). "So dramatisch und verurteilenswert diese Beweise gegen Merrill Lynch auch sind, es könnte nur die Spitze eines Eisberges sein", sagte Spitzer. Er kündigte an, dass auch andere Wall-Street-Firmen in die Ermittlungen einbezogen werden.
Die "explosivsten Dokumente, die ich je gesehen habe"
John Coffee, Professor für Unternehmensrecht an der Columbia University, nannte die vorgelegten Dokumente gegenüber der "Washington Post" die "explosivsten, die ich je gesehen habe". Die anstehenden Gerichtsverhandlungen könnten für Merrill Lynch und andere Wall-Street-Banken eine "zeremonielle Demütigung" werden.
Merrill Lynch bemühte sich angesichts der schweren und peinlichen Vorwürfe, seinen Ruf zu verteidigen und wies die Anschuldigungen zurück. Die E-Mails seien aus ihrem Kontext genommen worden und die gezogenen Rückschlüsse "einfach falsch". Vizepräsident Robert McCann, zuständig für den Bereich Research, führte in einer Stellungnahme des Unternehmens die zum Teil bereits unternommenen Schritte an, die Arbeit der Analyse-Abteilung zu verbessern. So sollen Analysten künftig nach Erfüllung ihrer Prognosen bewertet und bezahlt werden. Dies sei Teil einer im vergangenen Sommer gestarteten Überarbeitung des gesamten Research-Bereichs.
Spitzer hingegen argumentiert, dass Merrill Lynch das Vertrauen der Investoren missbraucht habe. Systematisch sei die Research-Abteilung als Verkaufsarm für die Investmentbank genutzt worden. Als weiteren Beweis für die Fehler im System führte er die Mail eines ungenannten Merrill-Lynch-Analysten an. Dieser schrieb: "Die ganze Idee, dass wir von der Banking-Abteilung unabhängig seien, ist eine große Lüge".
Der Staatsanwalt drängt offenbar auf ein hohes Strafgeld. In Verhandlungskreisen wird von 100 Millionen Dollar berichtet, die teils als Strafe und teils als Wiedergutmachung an Investoren gezahlt werden soll. Zudem soll sich Spitzer dafür einsetzen, dass die Research-Abteilung als unabhängiger Bereich ausgegliedert wird. "Das würde uns helfen, zu einem Punkt zu gelangen, an dem wir in der ganzen Industrie strukturelle Entlastung bekämen. Ich glaube, man hat erkannt, dass mehr getan werden muss, als nur Überwachungsbüros anzumeckern."
Im Zuge der Ermittlungen interessiert sich die Staatsanwaltschaft auch für andere Wall-Street-Banken. Der US-Bundesstaat New York untersucht mögliche Interessenskonflikte zwischen Analysten und Investmentbanken. Nach Angaben des "Wall Street Journal" vom Mittwoch gehören Goldman Sachs, Credit Suisse First Boston, Morgan Stanley Dean Witter, Lehman Brothers, UBS PaineWebber, Salomon Smith Barney, Lazard Freres und Bear Stearns zu den Unternehmen, die eine Vorladung bekommen könnten.
In den kommenden Monaten müssen sich zumindest die Analysten von Merrill Lynch auf etliche Verhandlungstermine einstellen. Offiziellen Stellen zufolge sollen ehemalige und immer noch bei Merrill Lynch beschäftigte Mitarbeiter zu einer öffentlichen Vernehmung vorgeladen werden.
http://www.manager-magazin.de/koepfe/mzsg/0,2828,191329,00.h…
D I E M A L I K - K O L U M N E
Aus Japans Fehlern lernen
Von Fredmund Malik
Das einstige Musterland der Manager versinkt in einem deflationären Morast.
Schuld daran ist der Verlust eherner Tugenden und wirtschaftlicher
Grundprinzipien.
Vor zwölf Jahren, am letzten Handelstag des Jahres 1989, begann das Ende des
japanischen Wirtschaftswunders. Das war zunächst nicht ohne weiteres
erkennbar. Die Meldungen zur Lage hätten nicht besser sein können: Man
glaubte, am Beginn einer neuen Ära zu stehen; der allgemeinen Auffassung
zufolge waren sowohl die Inflation besiegt als auch der Konjunkturzyklus.
Meine Skepsis zu Japan und seinem Wunder ist in einem Buch des Jahres 1990
publiziert; die meisten der heutigen Kritiker haben damals als Consultants
das Loblied japanischen Managements gesungen - und viele Manager haben
andächtig gelauscht.
Von Japan kann und sollte man in mehrfacher Hinsicht lernen:
erstens, wie man von Null zu einer wirtschaftlichen
Weltmacht wird;
zweitens, wie man das alles wieder kaputt machen kann, in dem man eherne,
wenn auch langweilige Prinzipien des Wirtschaftens aufgibt und sie dem
modischen Glamour der Finanzwelt opfert;
drittens, wie wenig man noch tun kann, wenn man so gewirtschaftet hat
und viertens, dass man nicht auf Gurus, New Paradigm- Apostel und
Wunderrezeptverkäufer hören darf.
Japan spielt ein Deflationsszenario fast lehrbuchhaft vor - die Entstehung
der Deflationsursachen ebenso wie die Abwicklung einer Deflation.
Das Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit
In der ersten Phase entstanden die soliden, weil aus harter Arbeit und
robusten Strategien resultierenden, realwirtschaftlichen Nachkriegserfolge,
die Japan zur erst ignorierten, dann belächelten und zuletzt gefürchteten
Weltmarktkonkurrenz machten. Die Ursachen des Erfolges waren einfach und
leicht erkennbar, außer für jene, die vor lauter fernöstlicher
Infantil-Mystik die wirtschaftlichen Tatsachen nicht sehen konnten:
lange Arbeitszeiten,
kompromisslose Kundenorientierung,
Maximierung der Marktstellung,
hohe Ersparnisse für produktive Investitionen
und niedrige Zinsen.
Anders hätten die Japaner aus dem Debakel der totalen
Kriegszerstörung gar nicht herauskommen können.
In der zweiten Phase wurde die Realwirtschaft zuerst ergänzt und dann
verdrängt durch die Geldwirtschaft. Mittel wurden zu Zwecken - Kredit um des
Kredites willen; Akquisition um der Akquisition willen; Sparen nicht für
Investition, sondern für Spekulation.
Dazu kamen außerwirtschaftliche Zwecke: Größen, Werte, Summen - immer alles
im Superlativ - für die Ego-Trips imperialistischer Manager und Politiker.
Immer bestaunt, heroisiert, mystifiziert und als vorbildlich dargestellt
durch eine wachsende Zahl serviler, westlicher Hofberichterstatter,
abgesegnet durch wallfahrende Manager aus dem Westen - und endend in der
zweitgrößten Casino-Wirtschaft der Geschichte.
Bewertungsexzesse, Hyperspekulation in Aktien, Immobilien, Kunst und was man
sonst noch traden kann, scheinbar endlose Bull-Markets - in Wahrheit war
alles nichts anderes als eine auf dem Kopf stehende Pyramide fauler Kredite,
die unvermeidbar selbst die beste Realwirtschaft in den Strudel der
Deflation reißt.
Zwölf Jahre Deflation
Der Anfang vom Ende und die dritte Phase begann - ohne Vorwarnung,
unspektakulär, scheinbar ohne Ursache und daher völlig unbemerkt und bis
heute nicht richtig interpretiert - am 30. Dezember 1989 bei einem Nikkei-
Stand von rund 39.000 Punkten, die selbstredend nur als Vorstufe für Nikkei
40.000, 60.000 und 100.000 angesehen wurden. Die Börsenkapitalisierung
Tokios war größer als die in London und New York.
In Wahrheit war es der Beginn der Talfahrt. Was danach kam, wurde
interpretiert als "milde Korrekturen ..., "gesunde Verschnaufpausen ...",
"die letzten günstigen Kaufgelegenheiten ...", "ein Markt für langfristig
denkende Investoren ...", "retirer pour mieux sauter ...", "sit and wait
...".
Wie lange kann man sitzen und warten, wenn man bei Kurs-
Gewinn-Verhältnissen von 30, 50 und 70 zwar gekauft ( "it`s a new economy" ),
aber nicht bezahlt ( "it`s a new paradigm" ), sondern per Kredit finanziert
hatte?
Heute ist die japanische Wirtschaft noch immer in größten Schwierigkeiten
und versinkt, egal welchen Maßstab man nimmt, in einem deflationären Morast.
Der Staat hat schon bisher - das ist japanische Tradition - getan, was er
konnte, und das war nicht wenig. Damit konnte zwar bisher ein Kollaps
verhindert werden, die Probleme wurden aber nicht gelöst.
Inzwischen werden die Gelder der staatlichen Pensionsversicherung
eingesetzt, um die Finanzinstitutionen zu retten. Noch vor wenigen Jahren
fanden sich unter den zehn weltgrößten Banken acht japanische; heute sind es
noch zwei, und ob sie überleben werden ist fraglich, denn sie haben vor
allem faule Kredite in ihren Bilanzen.
Nikkei bei 4000?
Die stillen Reserven, für welche die Japaner weltberühmt waren und mit denen
sie nach gängiger Meinung allem Unbill trotzen konnten, sind weitgehend
aufgebraucht. Sobald die momentane Erholung der Börse zu Ende geht, werden
sie vollständig aufgezehrt.
Die letzten Reserven der Japaner sind ihre über Jahre aufgestockten Bestände
an US-Staatspapieren. Sie sind die Schneewechten über den Lawinenhängen der
US-Treasury- Märkte.
Japan hat noch weitere und in manchen Gebieten überhaupt erstmals Maßnahmen
zu ergreifen, bis man vom Einsetzen einer nachhaltigen Gesundung ausgehen
kann. Bevor der Nikkei auf einen Stand von 4000 oder 5000 Punkten gesunken
ist, dürfte die Sache kaum ausgestanden sein.
Und was tun heute eigentlich die Autoren der Erfolgsbücher über japanisches
Managen und Wirtschaften? Sie schreiben Erfolgsbücher über amerikanisches
Managen und Wirtschaften. Genauso falsch, aber man liest sie und glaubt
ihnen, genauso naiv.
D I E M A L I K - K O L U M N E
Aus Japans Fehlern lernen
Von Fredmund Malik
Das einstige Musterland der Manager versinkt in einem deflationären Morast.
Schuld daran ist der Verlust eherner Tugenden und wirtschaftlicher
Grundprinzipien.
Vor zwölf Jahren, am letzten Handelstag des Jahres 1989, begann das Ende des
japanischen Wirtschaftswunders. Das war zunächst nicht ohne weiteres
erkennbar. Die Meldungen zur Lage hätten nicht besser sein können: Man
glaubte, am Beginn einer neuen Ära zu stehen; der allgemeinen Auffassung
zufolge waren sowohl die Inflation besiegt als auch der Konjunkturzyklus.
Meine Skepsis zu Japan und seinem Wunder ist in einem Buch des Jahres 1990
publiziert; die meisten der heutigen Kritiker haben damals als Consultants
das Loblied japanischen Managements gesungen - und viele Manager haben
andächtig gelauscht.
Von Japan kann und sollte man in mehrfacher Hinsicht lernen:
erstens, wie man von Null zu einer wirtschaftlichen
Weltmacht wird;
zweitens, wie man das alles wieder kaputt machen kann, in dem man eherne,
wenn auch langweilige Prinzipien des Wirtschaftens aufgibt und sie dem
modischen Glamour der Finanzwelt opfert;
drittens, wie wenig man noch tun kann, wenn man so gewirtschaftet hat
und viertens, dass man nicht auf Gurus, New Paradigm- Apostel und
Wunderrezeptverkäufer hören darf.
Japan spielt ein Deflationsszenario fast lehrbuchhaft vor - die Entstehung
der Deflationsursachen ebenso wie die Abwicklung einer Deflation.
Das Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit
In der ersten Phase entstanden die soliden, weil aus harter Arbeit und
robusten Strategien resultierenden, realwirtschaftlichen Nachkriegserfolge,
die Japan zur erst ignorierten, dann belächelten und zuletzt gefürchteten
Weltmarktkonkurrenz machten. Die Ursachen des Erfolges waren einfach und
leicht erkennbar, außer für jene, die vor lauter fernöstlicher
Infantil-Mystik die wirtschaftlichen Tatsachen nicht sehen konnten:
lange Arbeitszeiten,
kompromisslose Kundenorientierung,
Maximierung der Marktstellung,
hohe Ersparnisse für produktive Investitionen
und niedrige Zinsen.
Anders hätten die Japaner aus dem Debakel der totalen
Kriegszerstörung gar nicht herauskommen können.
In der zweiten Phase wurde die Realwirtschaft zuerst ergänzt und dann
verdrängt durch die Geldwirtschaft. Mittel wurden zu Zwecken - Kredit um des
Kredites willen; Akquisition um der Akquisition willen; Sparen nicht für
Investition, sondern für Spekulation.
Dazu kamen außerwirtschaftliche Zwecke: Größen, Werte, Summen - immer alles
im Superlativ - für die Ego-Trips imperialistischer Manager und Politiker.
Immer bestaunt, heroisiert, mystifiziert und als vorbildlich dargestellt
durch eine wachsende Zahl serviler, westlicher Hofberichterstatter,
abgesegnet durch wallfahrende Manager aus dem Westen - und endend in der
zweitgrößten Casino-Wirtschaft der Geschichte.
Bewertungsexzesse, Hyperspekulation in Aktien, Immobilien, Kunst und was man
sonst noch traden kann, scheinbar endlose Bull-Markets - in Wahrheit war
alles nichts anderes als eine auf dem Kopf stehende Pyramide fauler Kredite,
die unvermeidbar selbst die beste Realwirtschaft in den Strudel der
Deflation reißt.
Zwölf Jahre Deflation
Der Anfang vom Ende und die dritte Phase begann - ohne Vorwarnung,
unspektakulär, scheinbar ohne Ursache und daher völlig unbemerkt und bis
heute nicht richtig interpretiert - am 30. Dezember 1989 bei einem Nikkei-
Stand von rund 39.000 Punkten, die selbstredend nur als Vorstufe für Nikkei
40.000, 60.000 und 100.000 angesehen wurden. Die Börsenkapitalisierung
Tokios war größer als die in London und New York.
In Wahrheit war es der Beginn der Talfahrt. Was danach kam, wurde
interpretiert als "milde Korrekturen ..., "gesunde Verschnaufpausen ...",
"die letzten günstigen Kaufgelegenheiten ...", "ein Markt für langfristig
denkende Investoren ...", "retirer pour mieux sauter ...", "sit and wait
...".
Wie lange kann man sitzen und warten, wenn man bei Kurs-
Gewinn-Verhältnissen von 30, 50 und 70 zwar gekauft ( "it`s a new economy" ),
aber nicht bezahlt ( "it`s a new paradigm" ), sondern per Kredit finanziert
hatte?
Heute ist die japanische Wirtschaft noch immer in größten Schwierigkeiten
und versinkt, egal welchen Maßstab man nimmt, in einem deflationären Morast.
Der Staat hat schon bisher - das ist japanische Tradition - getan, was er
konnte, und das war nicht wenig. Damit konnte zwar bisher ein Kollaps
verhindert werden, die Probleme wurden aber nicht gelöst.
Inzwischen werden die Gelder der staatlichen Pensionsversicherung
eingesetzt, um die Finanzinstitutionen zu retten. Noch vor wenigen Jahren
fanden sich unter den zehn weltgrößten Banken acht japanische; heute sind es
noch zwei, und ob sie überleben werden ist fraglich, denn sie haben vor
allem faule Kredite in ihren Bilanzen.
Nikkei bei 4000?
Die stillen Reserven, für welche die Japaner weltberühmt waren und mit denen
sie nach gängiger Meinung allem Unbill trotzen konnten, sind weitgehend
aufgebraucht. Sobald die momentane Erholung der Börse zu Ende geht, werden
sie vollständig aufgezehrt.
Die letzten Reserven der Japaner sind ihre über Jahre aufgestockten Bestände
an US-Staatspapieren. Sie sind die Schneewechten über den Lawinenhängen der
US-Treasury- Märkte.
Japan hat noch weitere und in manchen Gebieten überhaupt erstmals Maßnahmen
zu ergreifen, bis man vom Einsetzen einer nachhaltigen Gesundung ausgehen
kann. Bevor der Nikkei auf einen Stand von 4000 oder 5000 Punkten gesunken
ist, dürfte die Sache kaum ausgestanden sein.
Und was tun heute eigentlich die Autoren der Erfolgsbücher über japanisches
Managen und Wirtschaften? Sie schreiben Erfolgsbücher über amerikanisches
Managen und Wirtschaften. Genauso falsch, aber man liest sie und glaubt
ihnen, genauso naiv.
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,191687,00.html
DOKUMENTATION
Das abgekartete Spiel der Analysten
Von Carsten Matthäus
Merrill Lynch und Star-Analyst Henry Blodget samt seinem Team haben
Investoren offenbar systematisch an der Nase herumgeführt. Das geht aus der
38-seitigen Klageschrift hervor, die SPIEGEL ONLINE in Auszügen
veröffentlicht.
New York - Der oberste Staatsanwalt von New York, Eliot Spitzer, ist sich
seiner Sache sicher. "Das war ein schockierender Betrug von einer der
namhaftesten Wall- Street-Firmen", sagte er auf einer Pressekonferenz.
"Dieser Fall muss eine Reform der ganzen Branche nach sich ziehen".
Spitzer und sein Büro haben ganze Arbeit geleistet. Sie sichteten in zehn
Monaten rund 30.000 Dokumente. Viele davon waren interne E-Mails, die
zwischen Analysten, Chefs und Investmentbankern von Merrill Lynch
kursierten. Außerdem wurden rund 20 Zeugen unter Eid vernommen.
Das Dokument der Staatanwälte strotzt nur so von peinlichen Belegen dieses
unverschämten Betrugssystems. SPIEGEL ONLINE veröffentlicht nachfolgend
Auszüge der Klageschrift.
Herausgekommen ist ein 38-seitiger Bericht mit haarsträubenden Ergebnissen.
Demnach wurden Analysten dafür bezahlt, mit geschönten Empfehlungen neue
Kunden für das Investment Banking anzulocken. Aktien, die intern längst als
"Stück Scheiße" bezeichnet wurden, wurden in der Öffentlichkeit mit den
höchstmöglichen Bewertungen zum Kauf empfohlen.
Schlimmer noch: Positive Empfehlungen auszusprechen, die beobachteten Firmen
zu beraten oder bei den Firmen für neue Bankdienstleistungen Werbung zu
machen, brachte den Merrill- Lynch-Analysten Gehaltserhöhungen ein. Nach
Erkenntnissen der Ermittler stieg das Jahreseinkommen des Teamchefs Henry
Blodget von 1999 bis 2001 von drei auf zwölf Millionen Dollar an. Blogdet
tat etwas für sein Geld: Den Fernsehsendern CNN und CNBC gab er in den
Jahren 1999 und 2000 46 beziehungsweise 77 Interviews als "objektiver
Analyst" des größten Wall-Street-Hauses.
VORWURF 1
Merrill Lynch täuschte objektive Bewertungen nur vor
Bis zum 15. Juni 2001 hatte Merrill Lynch offiziell ein fünfstufiges
Bewertungssystem:
1 Buy (kaufen, Aktienkurs steigt um mehr als 20 Prozent)
2 Accumulate (akkumulieren, Aktienkurs steigt um 10 bis 20 Prozent)
3 Neutral (halten, Aktienkurs steigt oder fällt um bis zu 10 Prozent)
4 Reduce (reduzieren, Aktienkurs fällt um 10 bis 20 Prozent)
5 Sell (verkaufen, Aktienkurs fällt um mehr als 20 Prozent)
Für jede Aktie wurde eine kurzfristige (für die nächsten zwölf
Monate) und eine langfristige (für die Dauer über 12 Monate hinaus)
Bewertung abgegeben, sowie ein Risiko-Rating, das von A (am wenigsten
riskant) bis D (am riskantesten) reichte.
Außerdem trugen Analysen einen Hinweis auf die eigene Objektivität: "Die
Meinung der Analysten muss objektiv sein. Jeder Hinweis darauf, dass die
Ergebnisse eine Analyse nicht völlig objektiv sind oder durch ein
Geschäftsverhältnis mit der Firma beeinflusst wurden, könnten den Ruf
unseres Unternehmens ernsthaft beschädigen und rechtliche Schritte nach sich
ziehen."
Von Frühjahr 1999 bis Herbst 2001 veröffentlichte Merrill Lynch keine
einzige Studie der Internet Group, die eine Aktie mit "reduzieren" oder
"verkaufen" bewertet hätte. Die Analysten Henry Blodget und Kirsten Campbell
sagten unter Eid aus, dass ihre Gruppe keine einzige Aktie mit "reduzieren"
oder "verkaufen" bewertet hat. Somit wurde aus dem fünfstufigen System ein
dreistufiges.
Anstatt negative Kommentare abzugeben, stoppte die Internet Group in aller
Stille die Analyse einer Aktie, ohne den Anlegern dazu irgendeinen Kommentar
zu geben. Damit wurden der Öffentlichkeit niemals empfohlen, eine Aktie zu
verkaufen. Nicht einmal dann, wenn der Aktienwert bis auf nahezu Null
abrutschte.
VORWURF 2
Die öffentlichen Analysen stimmten nicht mit internen Äußerungen überein
Die Öffentlichkeit wurde nicht darüber informiert, dass die Analysten der
Internet Group einige Aktien äußerst negativ bewerteten. Im Gegenteil:
Während die Internet Group eine Vielzahl von Aktien mit "akkumulieren"
bewertete, kursierten interne Mails - die manchmal auch an ausgewählte
Investoren gingen -, die diese Aktien als "Stück Scheiße" oder "Ramsch"
bezeichneten.
Ein Beispiel ist die Aktie der Internet Capital Group. Nach einem
Höchststand am 22. Dezember 1999 sackte die Aktie bis zum 4. Oktober 2000
auf 15,69 Dollar ab (Derzeit notiert die Aktie bei 0,58 Dollar, Anm. d.
Red.). In internen Mails warnte Blodget am 5. und 6. Oktober, dass der
Aktienkurs weiter einbrechen werde: "Es gibt hier leider keine hilfreichen
Nachrichten. Das war ein Desaster ... Für die Aktie gibt es überhaupt keinen
Boden." Doch auch mit diesen Prognosen blieb das offizielle Rating bei
"kurzfristig akkumulieren und langfristig kaufen". Als die Aktie am 9.
November herabgestuft wurde, trug sie die immer noch positive Bewertung
"kurzfristig und langfristig akkumulieren". Bis September 2000 war die Aktie
der Internet Capital Group auf der Liste der "Top Ten Technology Stocks" von
Merrill Lynch.
VORWURF 3
Die Internet Group agierte nicht unabhängig vom Investment-Banking
In der Regel wird zwischen Analysten und Investment-Banker eine so genannte
"chinesische Mauer" aufgebaut. Um Interessenkonflikte zu vermeiden, sollen
Investment-Banker davon abgehalten werden, anderen Angestellten vertrauliche
Informationen über börsennotierte Firmen weiterzugeben.
Analysten von Merrill Lynch waren aktiv an der Ausarbeitung und Durchführung
von Aktivitäten der Investment-Banker beteiligt.
In einem Fall diskutierten ein Investment-Banker und ein Analyst die
Anwerbung eines neuen Kunden: "Wir sollten es machen wie bei Go2Net. Wenn du
sehr bullish bist (gute Bewertungen abgibst; Anm. d. Red.), werden sie mit
Goldman Sachs nicht mehr glücklich sein und aktiv werden."
Als Chef der Internet Group verfasste Blodget ein internes Memorandum unter
dem Titel "Managing the Banking Calendar for Internet Research", das an die
Chefs der Research- Abteilung und mehrere führende Investment-Banker
gesendet wurde. In diesem Schreiben geht Blodget unumwunden davon aus, das
mindestens 50 Prozent der Zeit von ihm und seinem Team für Belange des
Investment-Banking aufgewendet werden. Für sich selbst stellt er den
Zeitplan auf: "85 Prozent Banking, 15 Prozent Analyse". Blodgets eigene
Zeitplanung zeigt, dass Merrill Lynch Analyse als Verkaufshilfe für das
Investment-Banking betrachtete.
Nach eigener Einschätzung war die Internet Group von Dezember 1999 bis
November 2000 an Geschäften des Investment-Banking beteiligt, das Merrill
Lynch rund 115 Millionen Dollar an Umsatz einbrachte.
Investment-Banker beteiligten sich auch an der Bewertung von Aktien. So
schrieb einer von ihnen an die Analysten: "Es gibt kein Interesse, den
Beginn neutraler Bewertungen zu sehen." Den Analysten war der Einfluss der
Investment-Banker ein Dorn im Auge. In einer anderen Mail heißt es: "Das
ganze Konzept, dass wir von den Bankern unabhängig sind, ist eine große
Lüge - ohne die Banker wäre die Aktie mit `kurzfristig neutral und
langfristig akkumulieren` zu bewerten."
Merrill Lynch gab den Einfluss von Investment-Bankern auf Analysten niemals
öffentlich zu. Im Gegenteil, in der Öffentlichkeit wurden die Analysten als
unabhängig, objektiv und unvoreingenommen präsentiert. In einem Hinweis an
Henry Blodget vor einem seiner Fernsehauftritte heißt es: "CNN rief an und
wollte wissen, ob wir bei dem AOL-Deal als Berater tätig sind. Der
Pressechef hat ihnen keinen Kommentar gegeben. Wenn Du bei einem
Moneyline-Interview dazu befragt wirst, dann sage, dass Du nicht informiert
bist, weil Du Analyst und nicht Banker bist."
VORWURF 4
Die Bezahlung der Analysten war an die Arbeit für das Investment Banking
geknüpft
Im Herbst 2000 schrieb einer der Co-Chefs der Researchabteilung, Deepak Raj,
an alle Analysten: "Wir sind wieder einmal dabei, Ihre Unterstützung für das
Investment- Banking während des Jahres zu überprüfen... Bitte schicken Sie
uns detaillierte Berichte über Ihr Engagement. Eine besondere Rolle spielt
dabei, wie Ihre Analysen zur Gewinnung und Betreuung von Kunden beigetragen
haben. Bitte informieren Sie uns auch über Ihre Mitarbeit in der Beratung
von Beteiligungsgeschäften (mergers and acquisitions). ... Bitte informieren
Sie uns auch, wo Ihre Analysen entscheidend waren, um bei einem
umsatzträchtigen Geschäft dabei zu sein."
Blodget reagierte auf den Brief am 2. November 2000 und wies darauf hin,
dass seine Gruppe an 52 erfolgten oder potenziellen Transaktionen der
Investment-Banker beteiligt waren, bei denen insgesamt ein Umsatz von 115
Millionen Dollar erzielt wurde. Kurz nach dieser Rückmeldung wurde Blodgets
Gehaltsvertrag erneuert. Von 1999 bis 2001 ist seine jährliche Vergütung von
drei auf zwölf Millionen Dollar gestiegen.
VORWURF 5
Die Analysten waren nicht unabhängig von den Firmen, die sie analysierten
Die Mitarbeiter der Internet Group waren zeitweise mehr als Berater denn als
objektive Analysten tätig. Als die Aktien von InfoSpace mehr als 90 Prozent
an Wert verloren, stellte ein Mitarbeiter der Firma einem
Merrill-Lynch-Analysten einen Plan zum Kauf einer Firma vor. Die Antwort:
"Wir müssen darüber reden. Während ich Ihr echtes Interesse an der Firma
verstehe und Ihrem Killer-Instinkt vertraue, habe ich die Sorge, dass der
Markt momentan auf eine Kaufabsicht von InfoSpace nicht positiv reagiert."
Während Merrill Lynch offiziell vorgab, Aktien objektiv zu begleiten, gab
die Firma nicht bekannt, dass Analysten gleichzeitig der Firma Ratschläge
erteilten, wie der Aktienkurs stabil gehalten werden könnte.
Die Firmen hatten auch Einfluss darauf, ob sie überhaupt von den
Merrill-Lynch-Analysten beobachtet wurden. So heißt es in einer E-Mail, das
Management einer Firma, "will keine Analysen von uns, bis wir eine
Kaufempfehlung abgeben können".
DOKUMENTATION
Das abgekartete Spiel der Analysten
Von Carsten Matthäus
Merrill Lynch und Star-Analyst Henry Blodget samt seinem Team haben
Investoren offenbar systematisch an der Nase herumgeführt. Das geht aus der
38-seitigen Klageschrift hervor, die SPIEGEL ONLINE in Auszügen
veröffentlicht.
New York - Der oberste Staatsanwalt von New York, Eliot Spitzer, ist sich
seiner Sache sicher. "Das war ein schockierender Betrug von einer der
namhaftesten Wall- Street-Firmen", sagte er auf einer Pressekonferenz.
"Dieser Fall muss eine Reform der ganzen Branche nach sich ziehen".
Spitzer und sein Büro haben ganze Arbeit geleistet. Sie sichteten in zehn
Monaten rund 30.000 Dokumente. Viele davon waren interne E-Mails, die
zwischen Analysten, Chefs und Investmentbankern von Merrill Lynch
kursierten. Außerdem wurden rund 20 Zeugen unter Eid vernommen.
Das Dokument der Staatanwälte strotzt nur so von peinlichen Belegen dieses
unverschämten Betrugssystems. SPIEGEL ONLINE veröffentlicht nachfolgend
Auszüge der Klageschrift.
Herausgekommen ist ein 38-seitiger Bericht mit haarsträubenden Ergebnissen.
Demnach wurden Analysten dafür bezahlt, mit geschönten Empfehlungen neue
Kunden für das Investment Banking anzulocken. Aktien, die intern längst als
"Stück Scheiße" bezeichnet wurden, wurden in der Öffentlichkeit mit den
höchstmöglichen Bewertungen zum Kauf empfohlen.
Schlimmer noch: Positive Empfehlungen auszusprechen, die beobachteten Firmen
zu beraten oder bei den Firmen für neue Bankdienstleistungen Werbung zu
machen, brachte den Merrill- Lynch-Analysten Gehaltserhöhungen ein. Nach
Erkenntnissen der Ermittler stieg das Jahreseinkommen des Teamchefs Henry
Blodget von 1999 bis 2001 von drei auf zwölf Millionen Dollar an. Blogdet
tat etwas für sein Geld: Den Fernsehsendern CNN und CNBC gab er in den
Jahren 1999 und 2000 46 beziehungsweise 77 Interviews als "objektiver
Analyst" des größten Wall-Street-Hauses.
VORWURF 1
Merrill Lynch täuschte objektive Bewertungen nur vor
Bis zum 15. Juni 2001 hatte Merrill Lynch offiziell ein fünfstufiges
Bewertungssystem:
1 Buy (kaufen, Aktienkurs steigt um mehr als 20 Prozent)
2 Accumulate (akkumulieren, Aktienkurs steigt um 10 bis 20 Prozent)
3 Neutral (halten, Aktienkurs steigt oder fällt um bis zu 10 Prozent)
4 Reduce (reduzieren, Aktienkurs fällt um 10 bis 20 Prozent)
5 Sell (verkaufen, Aktienkurs fällt um mehr als 20 Prozent)
Für jede Aktie wurde eine kurzfristige (für die nächsten zwölf
Monate) und eine langfristige (für die Dauer über 12 Monate hinaus)
Bewertung abgegeben, sowie ein Risiko-Rating, das von A (am wenigsten
riskant) bis D (am riskantesten) reichte.
Außerdem trugen Analysen einen Hinweis auf die eigene Objektivität: "Die
Meinung der Analysten muss objektiv sein. Jeder Hinweis darauf, dass die
Ergebnisse eine Analyse nicht völlig objektiv sind oder durch ein
Geschäftsverhältnis mit der Firma beeinflusst wurden, könnten den Ruf
unseres Unternehmens ernsthaft beschädigen und rechtliche Schritte nach sich
ziehen."
Von Frühjahr 1999 bis Herbst 2001 veröffentlichte Merrill Lynch keine
einzige Studie der Internet Group, die eine Aktie mit "reduzieren" oder
"verkaufen" bewertet hätte. Die Analysten Henry Blodget und Kirsten Campbell
sagten unter Eid aus, dass ihre Gruppe keine einzige Aktie mit "reduzieren"
oder "verkaufen" bewertet hat. Somit wurde aus dem fünfstufigen System ein
dreistufiges.
Anstatt negative Kommentare abzugeben, stoppte die Internet Group in aller
Stille die Analyse einer Aktie, ohne den Anlegern dazu irgendeinen Kommentar
zu geben. Damit wurden der Öffentlichkeit niemals empfohlen, eine Aktie zu
verkaufen. Nicht einmal dann, wenn der Aktienwert bis auf nahezu Null
abrutschte.
VORWURF 2
Die öffentlichen Analysen stimmten nicht mit internen Äußerungen überein
Die Öffentlichkeit wurde nicht darüber informiert, dass die Analysten der
Internet Group einige Aktien äußerst negativ bewerteten. Im Gegenteil:
Während die Internet Group eine Vielzahl von Aktien mit "akkumulieren"
bewertete, kursierten interne Mails - die manchmal auch an ausgewählte
Investoren gingen -, die diese Aktien als "Stück Scheiße" oder "Ramsch"
bezeichneten.
Ein Beispiel ist die Aktie der Internet Capital Group. Nach einem
Höchststand am 22. Dezember 1999 sackte die Aktie bis zum 4. Oktober 2000
auf 15,69 Dollar ab (Derzeit notiert die Aktie bei 0,58 Dollar, Anm. d.
Red.). In internen Mails warnte Blodget am 5. und 6. Oktober, dass der
Aktienkurs weiter einbrechen werde: "Es gibt hier leider keine hilfreichen
Nachrichten. Das war ein Desaster ... Für die Aktie gibt es überhaupt keinen
Boden." Doch auch mit diesen Prognosen blieb das offizielle Rating bei
"kurzfristig akkumulieren und langfristig kaufen". Als die Aktie am 9.
November herabgestuft wurde, trug sie die immer noch positive Bewertung
"kurzfristig und langfristig akkumulieren". Bis September 2000 war die Aktie
der Internet Capital Group auf der Liste der "Top Ten Technology Stocks" von
Merrill Lynch.
VORWURF 3
Die Internet Group agierte nicht unabhängig vom Investment-Banking
In der Regel wird zwischen Analysten und Investment-Banker eine so genannte
"chinesische Mauer" aufgebaut. Um Interessenkonflikte zu vermeiden, sollen
Investment-Banker davon abgehalten werden, anderen Angestellten vertrauliche
Informationen über börsennotierte Firmen weiterzugeben.
Analysten von Merrill Lynch waren aktiv an der Ausarbeitung und Durchführung
von Aktivitäten der Investment-Banker beteiligt.
In einem Fall diskutierten ein Investment-Banker und ein Analyst die
Anwerbung eines neuen Kunden: "Wir sollten es machen wie bei Go2Net. Wenn du
sehr bullish bist (gute Bewertungen abgibst; Anm. d. Red.), werden sie mit
Goldman Sachs nicht mehr glücklich sein und aktiv werden."
Als Chef der Internet Group verfasste Blodget ein internes Memorandum unter
dem Titel "Managing the Banking Calendar for Internet Research", das an die
Chefs der Research- Abteilung und mehrere führende Investment-Banker
gesendet wurde. In diesem Schreiben geht Blodget unumwunden davon aus, das
mindestens 50 Prozent der Zeit von ihm und seinem Team für Belange des
Investment-Banking aufgewendet werden. Für sich selbst stellt er den
Zeitplan auf: "85 Prozent Banking, 15 Prozent Analyse". Blodgets eigene
Zeitplanung zeigt, dass Merrill Lynch Analyse als Verkaufshilfe für das
Investment-Banking betrachtete.
Nach eigener Einschätzung war die Internet Group von Dezember 1999 bis
November 2000 an Geschäften des Investment-Banking beteiligt, das Merrill
Lynch rund 115 Millionen Dollar an Umsatz einbrachte.
Investment-Banker beteiligten sich auch an der Bewertung von Aktien. So
schrieb einer von ihnen an die Analysten: "Es gibt kein Interesse, den
Beginn neutraler Bewertungen zu sehen." Den Analysten war der Einfluss der
Investment-Banker ein Dorn im Auge. In einer anderen Mail heißt es: "Das
ganze Konzept, dass wir von den Bankern unabhängig sind, ist eine große
Lüge - ohne die Banker wäre die Aktie mit `kurzfristig neutral und
langfristig akkumulieren` zu bewerten."
Merrill Lynch gab den Einfluss von Investment-Bankern auf Analysten niemals
öffentlich zu. Im Gegenteil, in der Öffentlichkeit wurden die Analysten als
unabhängig, objektiv und unvoreingenommen präsentiert. In einem Hinweis an
Henry Blodget vor einem seiner Fernsehauftritte heißt es: "CNN rief an und
wollte wissen, ob wir bei dem AOL-Deal als Berater tätig sind. Der
Pressechef hat ihnen keinen Kommentar gegeben. Wenn Du bei einem
Moneyline-Interview dazu befragt wirst, dann sage, dass Du nicht informiert
bist, weil Du Analyst und nicht Banker bist."
VORWURF 4
Die Bezahlung der Analysten war an die Arbeit für das Investment Banking
geknüpft
Im Herbst 2000 schrieb einer der Co-Chefs der Researchabteilung, Deepak Raj,
an alle Analysten: "Wir sind wieder einmal dabei, Ihre Unterstützung für das
Investment- Banking während des Jahres zu überprüfen... Bitte schicken Sie
uns detaillierte Berichte über Ihr Engagement. Eine besondere Rolle spielt
dabei, wie Ihre Analysen zur Gewinnung und Betreuung von Kunden beigetragen
haben. Bitte informieren Sie uns auch über Ihre Mitarbeit in der Beratung
von Beteiligungsgeschäften (mergers and acquisitions). ... Bitte informieren
Sie uns auch, wo Ihre Analysen entscheidend waren, um bei einem
umsatzträchtigen Geschäft dabei zu sein."
Blodget reagierte auf den Brief am 2. November 2000 und wies darauf hin,
dass seine Gruppe an 52 erfolgten oder potenziellen Transaktionen der
Investment-Banker beteiligt waren, bei denen insgesamt ein Umsatz von 115
Millionen Dollar erzielt wurde. Kurz nach dieser Rückmeldung wurde Blodgets
Gehaltsvertrag erneuert. Von 1999 bis 2001 ist seine jährliche Vergütung von
drei auf zwölf Millionen Dollar gestiegen.
VORWURF 5
Die Analysten waren nicht unabhängig von den Firmen, die sie analysierten
Die Mitarbeiter der Internet Group waren zeitweise mehr als Berater denn als
objektive Analysten tätig. Als die Aktien von InfoSpace mehr als 90 Prozent
an Wert verloren, stellte ein Mitarbeiter der Firma einem
Merrill-Lynch-Analysten einen Plan zum Kauf einer Firma vor. Die Antwort:
"Wir müssen darüber reden. Während ich Ihr echtes Interesse an der Firma
verstehe und Ihrem Killer-Instinkt vertraue, habe ich die Sorge, dass der
Markt momentan auf eine Kaufabsicht von InfoSpace nicht positiv reagiert."
Während Merrill Lynch offiziell vorgab, Aktien objektiv zu begleiten, gab
die Firma nicht bekannt, dass Analysten gleichzeitig der Firma Ratschläge
erteilten, wie der Aktienkurs stabil gehalten werden könnte.
Die Firmen hatten auch Einfluss darauf, ob sie überhaupt von den
Merrill-Lynch-Analysten beobachtet wurden. So heißt es in einer E-Mail, das
Management einer Firma, "will keine Analysen von uns, bis wir eine
Kaufempfehlung abgeben können".
http://www.welt.de/daten/2002/04/17/0417au326681.htx
Halfen die USA bei Chávez` Sturz?
"New York Times": Bush-Regierung ermutigte Gegner des venezolanischen
Präsidenten
Washington/Caracas - Die USA sind einem Bericht entgegentreten, dass die
Bush- Regierung zumindest verbal den Sturz des alten und neuen
venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez betrieben hat. Die "New York Times"
hatte mit Verweis auf einen hohen US- Beamten von mehreren Treffen von
Regierungsvertretern mit führenden venezolanischen Gegnern von Chávez vor
seinem Sturz am Freitag berichtet.
"Wir haben ihnen nicht davon abgeraten", zitierte die Zeitung den Beamten.
Stattdessen habe man den Verschwörern "informelle, subtile Signale gesandt,
dass wir den Typ nicht mögen", so der Pentagon-Mitarbeiter. "Wir haben nicht
gesagt: ,Wagt es bloß nicht, Chávez zu stürzen!` Wir haben aber auch nicht
gesagt: ,Hier habt ihr ein paar Waffen, wir helfen euch bei einem Putsch
gegen diesen Typen.`"
Ein anderer hochrangiger US-Beamter bestritt, dass die USA die Gegner von
Chávez direkt oder indirekt ermutigt hätten. Er lehnte es auch ab, von einem
Militärputsch zu sprechen, da die Militärs den Zivilisten Carmona als
Übergangspräsidenten ernannt und nicht selbst die Macht übernommen hätten.
Chávez hatte seit seiner Wahl vor drei Jahren die USA mit einer
prokubanischen Politik und der Unterstützung linker Guerillas in Kolumbien
verärgert.
Dass nun auch in Venezuela über mögliche CIA-Ränke spekuliert wird,
überrascht nicht. Der Ablauf der dramatischen Ereignisse in Caracas seit dem
vergangenen Donnerstag macht eine Verschwörungstheorie allerdings
unwahrscheinlich. Fast stündlich wechselten zum Beispiel Generäle und
Admiräle ihre Meinungen und Fronten. Spontan und teilweise chaotisch verlief
das Tauziehen um die Macht zwischen den Teilstreitkräften. Da war keine
planende Hand erkennbar. Ebenso wenig war voraussehbar, dass bewaffnete
Horden aus dem Lager von Hugo Chávez das Feuer eröffnen würden gegen eine
friedliche Massendemonstration der Opposition. Dieses Massaker war für viele
hohe Offiziere entscheidend dafür, dem Ex-Obersten den Rücken zu kehren.
Ein hochrangiger Vertreter der US-Regierung beschuldigte Chávez, den
Beschuss von Demonstranten bei den jüngsten Protesten angeordnet zu haben.
Chávez müsse darüber nachdenken, was ihn dazu gebracht habe, "sein Volk von
den eigenen Streitkräften töten zu lassen", sagte der Beamte.
Unterdessen wurde der Vorsitzende des Unternehmerverbandes, Pedro Carmona,
in Caracas unter Hausarrest gestellt. Er hatte nach dem Sturz von Chávez am
Freitag für einen Tag die Präsidentschaft übernommen. Gegen Carmona laufen
in Venezuela jetzt Ermittlungen wegen "militärischer Rebellion" und
Amtsanmaßung. Ihm droht eine Haftstrafe zwischen zwölf und 14 Jahren. Beim
Verlassen des Gerichts in Caracas rief der Unternehmer am Montag die
Venezolaner zur Versöhnung auf. Nach seiner Festnahme in der Nacht zum
Sonntag sei er "würdig und anständig" behandelt worden, sagte Carmona.
Chávez versicherte, Carmona habe seine "verbrieften Rechte".
Mit der Nominierung eines neuen Heereschefs hat Chávez seine Stellung weiter
gefestigt. Zum neuen Oberkommandierenden des Heeres ernannte Chávez General
Julio García Montoya. UN- Generalsekretär Kofi Annan äußerte sich zufrieden
über den "Prozess zur Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung in
Venezuela". Auf der ersten Pressekonferenz seit seiner Rückkehr ins Amt rief
Chávez zur nationalen Versöhnung jenseits aller Parteistreitigkeiten auf. Er
versicherte zugleich, dass es keine Hexenjagd und keine Verfolgung geben
werde. Auch das Recht auf freie Meinungsäußerung werde eingehalten,
versicherte Chávez im Präsidentenpalast in Caracas. HB/DW
Halfen die USA bei Chávez` Sturz?
"New York Times": Bush-Regierung ermutigte Gegner des venezolanischen
Präsidenten
Washington/Caracas - Die USA sind einem Bericht entgegentreten, dass die
Bush- Regierung zumindest verbal den Sturz des alten und neuen
venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez betrieben hat. Die "New York Times"
hatte mit Verweis auf einen hohen US- Beamten von mehreren Treffen von
Regierungsvertretern mit führenden venezolanischen Gegnern von Chávez vor
seinem Sturz am Freitag berichtet.
"Wir haben ihnen nicht davon abgeraten", zitierte die Zeitung den Beamten.
Stattdessen habe man den Verschwörern "informelle, subtile Signale gesandt,
dass wir den Typ nicht mögen", so der Pentagon-Mitarbeiter. "Wir haben nicht
gesagt: ,Wagt es bloß nicht, Chávez zu stürzen!` Wir haben aber auch nicht
gesagt: ,Hier habt ihr ein paar Waffen, wir helfen euch bei einem Putsch
gegen diesen Typen.`"
Ein anderer hochrangiger US-Beamter bestritt, dass die USA die Gegner von
Chávez direkt oder indirekt ermutigt hätten. Er lehnte es auch ab, von einem
Militärputsch zu sprechen, da die Militärs den Zivilisten Carmona als
Übergangspräsidenten ernannt und nicht selbst die Macht übernommen hätten.
Chávez hatte seit seiner Wahl vor drei Jahren die USA mit einer
prokubanischen Politik und der Unterstützung linker Guerillas in Kolumbien
verärgert.
Dass nun auch in Venezuela über mögliche CIA-Ränke spekuliert wird,
überrascht nicht. Der Ablauf der dramatischen Ereignisse in Caracas seit dem
vergangenen Donnerstag macht eine Verschwörungstheorie allerdings
unwahrscheinlich. Fast stündlich wechselten zum Beispiel Generäle und
Admiräle ihre Meinungen und Fronten. Spontan und teilweise chaotisch verlief
das Tauziehen um die Macht zwischen den Teilstreitkräften. Da war keine
planende Hand erkennbar. Ebenso wenig war voraussehbar, dass bewaffnete
Horden aus dem Lager von Hugo Chávez das Feuer eröffnen würden gegen eine
friedliche Massendemonstration der Opposition. Dieses Massaker war für viele
hohe Offiziere entscheidend dafür, dem Ex-Obersten den Rücken zu kehren.
Ein hochrangiger Vertreter der US-Regierung beschuldigte Chávez, den
Beschuss von Demonstranten bei den jüngsten Protesten angeordnet zu haben.
Chávez müsse darüber nachdenken, was ihn dazu gebracht habe, "sein Volk von
den eigenen Streitkräften töten zu lassen", sagte der Beamte.
Unterdessen wurde der Vorsitzende des Unternehmerverbandes, Pedro Carmona,
in Caracas unter Hausarrest gestellt. Er hatte nach dem Sturz von Chávez am
Freitag für einen Tag die Präsidentschaft übernommen. Gegen Carmona laufen
in Venezuela jetzt Ermittlungen wegen "militärischer Rebellion" und
Amtsanmaßung. Ihm droht eine Haftstrafe zwischen zwölf und 14 Jahren. Beim
Verlassen des Gerichts in Caracas rief der Unternehmer am Montag die
Venezolaner zur Versöhnung auf. Nach seiner Festnahme in der Nacht zum
Sonntag sei er "würdig und anständig" behandelt worden, sagte Carmona.
Chávez versicherte, Carmona habe seine "verbrieften Rechte".
Mit der Nominierung eines neuen Heereschefs hat Chávez seine Stellung weiter
gefestigt. Zum neuen Oberkommandierenden des Heeres ernannte Chávez General
Julio García Montoya. UN- Generalsekretär Kofi Annan äußerte sich zufrieden
über den "Prozess zur Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung in
Venezuela". Auf der ersten Pressekonferenz seit seiner Rückkehr ins Amt rief
Chávez zur nationalen Versöhnung jenseits aller Parteistreitigkeiten auf. Er
versicherte zugleich, dass es keine Hexenjagd und keine Verfolgung geben
werde. Auch das Recht auf freie Meinungsäußerung werde eingehalten,
versicherte Chávez im Präsidentenpalast in Caracas. HB/DW
http://www.businessweek.com/magazine/content/01_36/b3747616.…
SEPTEMBER 3, 2001
BUSINESSWEEK E.BIZ -- NET WORTH
Making Bad News Pay
Bear David Tice markets skepticism--and sinks his claws into Wall Street`s
overly positive research
David W. Tice has a reputation for analyzing anything that comes his way.
Just ask 15-year-old daughter Abby. When she was five, her father helped her
set up a lemonade business. "Dad would sit and analyze the best time of the
day and what the best location for the lemonade stands would be," she says.
Abby set up her lemonade concession on Saturdays along the bike trails
winding through Dallas. Little wonder that she ended up making more pennies
than most other kids in her neighborhood.
The analysis Tice gets paid for earns him far less adoration than he got for
his lemonade advice. Tice is a professional stock-market bear. He writes
scathing research reports, which he sells to institutional investors,
detailing why the stocks of some companies could be headed for a fall. He
also runs a mutual fund called the Prudent Bear that sells stocks short.
While the typical investor wants to buy low and sell high, short-sellers do
the opposite, borrowing stock and selling it at a high price and then buying
it back cheap after the price falls. Because he bets that a stock`s price
will tank, Tice benefits from the misery of others. "Whenever we make money,
lots of others lose money," he says.
Being a bear is paying off these days. Over the past year, the Prudent Bear
Fund has racked up a return of 35% while the Standard & Poor`s 500-stock
index has tumbled 19%. That puts Tice among the top 1% of all fund managers
over the last 12 months. His fund is up 3% in 2001, while the S&P is down
10%. Lately, his gains have been tempered because brief market rallies have
forced him to cover short positions and take losses in stocks, such as
telecom equipment maker Juniper Networks.
His research is getting more popular, too. His client list has increased 40%
in the last three years, to 200 people. While his "Behind the Numbers"
service is still much smaller than most investment newsletters, he charges
$15,000 a year, about 15 times the price of a high-end newsletter. He takes
pride in being a reality check on Wall Street analysts, who are coming under
fire for producing overly positive research to boost their
investment-banking business. "I feel particularly responsible about warning
people that there`s a cliff down below, and Wall Street will never say
that," he says.
Gobbledygook. Despite the stock market`s decline over the past 18 months, he
thinks there`s still a cliff ahead. About 75% of his investments are short
bets, he says. Among favorite targets these days are top tech players,
including Amazon.com (AMZN ), Yahoo! (YHOO ), Dell Computer (DELL ), and
eBay (EBAY ). He thinks some, including Dell and eBay, are good companies
that are simply overvalued. For example, he says analysts have been egging
on investors to buy Dell stock at a lofty 35 times their estimate of 2003
earnings. He calls the estimates "gobbledygook" because a price war among PC
sellers will hurt profits. By contrast, he thinks Yahoo still needs to prove
it has a legitimate business beyond being an Internet portal dependent on
online advertising. Many continue to consider Yahoo a strong growth company,
but Tice calls its operating performance "horrific," with 2001 revenues
likely to be 35% below last year`s. "If it`s a growth company, how come it`s
more cyclical than General Motors?" he questions. Yahoo didn`t return calls
seeking comment.
Tice finds his targets by playing the role of a sleuth, going over balance
sheets, income statements, and cash-flow statements with a fine-toothed
comb. He looks for misleading numbers or bogus information that, once
uncovered, will cause a stock to tumble. His analysis is almost always the
opposite of Wall Street`s. For example, Tice warned his clients in 1996 that
special charges at then-soaring Sunbeam Corp. (SOCNQ ) were concealing
underlying problems at the business. In 1998, the company restated its
financial results and CEO Albert J. Dunlap resigned his post. Sunbeam
declined to comment.
But critics argue that Tice sometimes overreaches. In October, 1999, Tice
wrote a report that questioned conglomerate Tyco International Ltd.`s
accounting practices, particularly its frequent use of one-time charges
related to acquisitions. That led to a 23% drop in the company`s stock in
one week. In a conference call, Tyco CEO L. Dennis Kozlowski blasted Tice`s
research as "false and misleading" and vowed "there are no restatements
coming from Tyco." In December, the Securities & Exchange Commission`s
Division of Enforcement opened an inquiry into Tyco`s acquisition-related
charges. In June, 2000, Tyco (TYC ) said that the SEC`s Corporation Finance
division had requested, following review of a Tyco securities registration,
that the company make several changes to its financial statements. The
changes were essentially a wash, reducing diluted earnings per common share,
after non- recurring charges and credits, by two cents in the first quarter
of fiscal 2000, and increasing the same earnings per share number by two
cents in fiscal 1999. Tyco`s stock surged 13% the day of the announcement.
In July, 2000, Tyco said the SEC`s Enforcement Division had ended its
inquiry without taking any action.
Both sides have claimed victory. Tice, who says he doesn`t short stocks
before he issues new research and was not shorting Tyco`s stock when he made
the report, says he feels vindicated because the SEC asked Tyco to restate
financials. Maryanne Kane, a Tyco spokeswoman, says the restatements were "a
completely separate matter" from Tice`s allegations, which have "proven to
be unfounded." The SEC declined comment. Tyco`s stock was 1% above its level
the day before Tice issued his report, while the S&P 500 has dropped 9% over
the 22-month period. That performance helped Tyco rank No. 1 this year on
BusinessWeek`s BW 50 ranking of top-performing companies.
No question, the late 1990s were rough years for Tice. As the bull market
galloped ever higher, Prudent Bear was hit with negative returns of 34% and
23% in 1998 and 1999. Tice, like many others, kept guessing that stocks were
overvalued only to see them rise higher. Many shorts closed shop, reducing
the field from 25 managers in 1990 to six at the end of the decade,
according to Harry Strunk, a Palm Beach (Fla.) investment consultant who
tracks short-only managers.
Sanity Check. Whether Tice is right or wrong about a stock going down,
clients value his insights. Monica Graham, a partner at the New York hedge
fund Graham Partners, thinks Tice is one of the most talented analysts she
has ever worked with. "For me, he is a sanity check at a time when it`s easy
to be swept away by all the euphoria," she says. Bob Holmes, who runs hedge
fund Gilford Partners in Chicago, values Tice`s deep analysis of financial
statements. "David sees the company`s fundamentals deteriorating, but the
stock continues to ramp up as it takes time for the rest of the world to
discover it," he says.
Consider his research into Amazon.com. Tice wrote his first negative report
on the company in October, 1998, arguing that its business was flawed
because it hadn`t shown the ability to translate rising sales into profits.
The stock continued to soar in 1999. Finally, last year, Tice made money
shorting Amazon as its stock fell 80%.
He`s still not convinced of Amazon`s business. He blasts the pro forma
earnings reported by the e-tailer as "nonsense" that suits the company more
than investors. While the company also reports financial results under
standard accounting rules, it highlights pro forma earnings that exclude
many expenses. Tice also points out that Amazon`s growth in its core
business of books, music, and videos has slowed to a crawl, and it now
emphasizes its faster-growing consumer electronics business. He calls it a
classic case of "Don`t look over here, look over here." He also says that
CEO Jeff Bezos has sold 1.1 million shares in the last three months. Amazon
spokesman Bill Curry says that Bezos has sold only 2% of his holdings to
diversify his portfolio and still owns 32% of the company. He added that pro
forma earnings are widely accepted.
One short position that Tice has regularly lost money on is America Online,
now AOL Time Warner (AOL ). In 1994, Tice released a report questioning the
validity of the business, especially in the face of increased competition.
"I miscalculated the power of the brand and the customer`s loyalty," says
Tice, who has an AOL account himself. That doesn`t mean he has quit: Tice
still believes that AOL is overvalued. One reason is that Internet use may
be slowing. As evidence, he cites a study by researcher Telecommunications
Reports International Inc. that shows U.S. households with Net access dipped
for the first time ever by 0.3%, to 68.5 million in the first quarter.
Another reason is AOL`s accounting. The company reported that free cash
flow, which usually comes from operations, was $651 in this year`s first
quarter. Tice figures it was only $70 million after the cash settlement of a
lawsuit related to the sale of Six Flags Theme Parks Inc. (PKS ) and several
other one-time charges. AOL spokesman Ed Adler says that its operations did
generate $651 million and argues that, under standard accounting rules,
special charges such as the settlement do not need to be counted as expenses
in the quarter in which they occur.
While investors often rip Tice apart on online bulletin boards, he says
they`re barking up the wrong tree: "We protect investors with our analysis.
The bad guys are the brokers that were promoting the outrageous valuations
of those companies," he argues. Tice recently went to Washington to make his
point. On June 14, he testified before a Congressional committee chaired by
Representative Richard Baker (R-La.) that is looking into the erosion in the
so- called Chinese wall that has traditionally shielded analysts from
investment- banking interests. Tice testified he believes the conflict of
interest between analysts and investment bankers encouraged stock market
speculation and pushed capital toward the tech sector at the expense of
other industries.
Tice attributes his skepticism to his Missouri upbringing. "It`s a show-me
state where we aspire to be as fiercely independent as Harry Truman," says
Tice who, like Truman, was raised in Independence. These could just be the
days for Give `Em Hell David Tice.
By Pallavi Gogoi
SEPTEMBER 3, 2001
BUSINESSWEEK E.BIZ -- NET WORTH
Making Bad News Pay
Bear David Tice markets skepticism--and sinks his claws into Wall Street`s
overly positive research
David W. Tice has a reputation for analyzing anything that comes his way.
Just ask 15-year-old daughter Abby. When she was five, her father helped her
set up a lemonade business. "Dad would sit and analyze the best time of the
day and what the best location for the lemonade stands would be," she says.
Abby set up her lemonade concession on Saturdays along the bike trails
winding through Dallas. Little wonder that she ended up making more pennies
than most other kids in her neighborhood.
The analysis Tice gets paid for earns him far less adoration than he got for
his lemonade advice. Tice is a professional stock-market bear. He writes
scathing research reports, which he sells to institutional investors,
detailing why the stocks of some companies could be headed for a fall. He
also runs a mutual fund called the Prudent Bear that sells stocks short.
While the typical investor wants to buy low and sell high, short-sellers do
the opposite, borrowing stock and selling it at a high price and then buying
it back cheap after the price falls. Because he bets that a stock`s price
will tank, Tice benefits from the misery of others. "Whenever we make money,
lots of others lose money," he says.
Being a bear is paying off these days. Over the past year, the Prudent Bear
Fund has racked up a return of 35% while the Standard & Poor`s 500-stock
index has tumbled 19%. That puts Tice among the top 1% of all fund managers
over the last 12 months. His fund is up 3% in 2001, while the S&P is down
10%. Lately, his gains have been tempered because brief market rallies have
forced him to cover short positions and take losses in stocks, such as
telecom equipment maker Juniper Networks.
His research is getting more popular, too. His client list has increased 40%
in the last three years, to 200 people. While his "Behind the Numbers"
service is still much smaller than most investment newsletters, he charges
$15,000 a year, about 15 times the price of a high-end newsletter. He takes
pride in being a reality check on Wall Street analysts, who are coming under
fire for producing overly positive research to boost their
investment-banking business. "I feel particularly responsible about warning
people that there`s a cliff down below, and Wall Street will never say
that," he says.
Gobbledygook. Despite the stock market`s decline over the past 18 months, he
thinks there`s still a cliff ahead. About 75% of his investments are short
bets, he says. Among favorite targets these days are top tech players,
including Amazon.com (AMZN ), Yahoo! (YHOO ), Dell Computer (DELL ), and
eBay (EBAY ). He thinks some, including Dell and eBay, are good companies
that are simply overvalued. For example, he says analysts have been egging
on investors to buy Dell stock at a lofty 35 times their estimate of 2003
earnings. He calls the estimates "gobbledygook" because a price war among PC
sellers will hurt profits. By contrast, he thinks Yahoo still needs to prove
it has a legitimate business beyond being an Internet portal dependent on
online advertising. Many continue to consider Yahoo a strong growth company,
but Tice calls its operating performance "horrific," with 2001 revenues
likely to be 35% below last year`s. "If it`s a growth company, how come it`s
more cyclical than General Motors?" he questions. Yahoo didn`t return calls
seeking comment.
Tice finds his targets by playing the role of a sleuth, going over balance
sheets, income statements, and cash-flow statements with a fine-toothed
comb. He looks for misleading numbers or bogus information that, once
uncovered, will cause a stock to tumble. His analysis is almost always the
opposite of Wall Street`s. For example, Tice warned his clients in 1996 that
special charges at then-soaring Sunbeam Corp. (SOCNQ ) were concealing
underlying problems at the business. In 1998, the company restated its
financial results and CEO Albert J. Dunlap resigned his post. Sunbeam
declined to comment.
But critics argue that Tice sometimes overreaches. In October, 1999, Tice
wrote a report that questioned conglomerate Tyco International Ltd.`s
accounting practices, particularly its frequent use of one-time charges
related to acquisitions. That led to a 23% drop in the company`s stock in
one week. In a conference call, Tyco CEO L. Dennis Kozlowski blasted Tice`s
research as "false and misleading" and vowed "there are no restatements
coming from Tyco." In December, the Securities & Exchange Commission`s
Division of Enforcement opened an inquiry into Tyco`s acquisition-related
charges. In June, 2000, Tyco (TYC ) said that the SEC`s Corporation Finance
division had requested, following review of a Tyco securities registration,
that the company make several changes to its financial statements. The
changes were essentially a wash, reducing diluted earnings per common share,
after non- recurring charges and credits, by two cents in the first quarter
of fiscal 2000, and increasing the same earnings per share number by two
cents in fiscal 1999. Tyco`s stock surged 13% the day of the announcement.
In July, 2000, Tyco said the SEC`s Enforcement Division had ended its
inquiry without taking any action.
Both sides have claimed victory. Tice, who says he doesn`t short stocks
before he issues new research and was not shorting Tyco`s stock when he made
the report, says he feels vindicated because the SEC asked Tyco to restate
financials. Maryanne Kane, a Tyco spokeswoman, says the restatements were "a
completely separate matter" from Tice`s allegations, which have "proven to
be unfounded." The SEC declined comment. Tyco`s stock was 1% above its level
the day before Tice issued his report, while the S&P 500 has dropped 9% over
the 22-month period. That performance helped Tyco rank No. 1 this year on
BusinessWeek`s BW 50 ranking of top-performing companies.
No question, the late 1990s were rough years for Tice. As the bull market
galloped ever higher, Prudent Bear was hit with negative returns of 34% and
23% in 1998 and 1999. Tice, like many others, kept guessing that stocks were
overvalued only to see them rise higher. Many shorts closed shop, reducing
the field from 25 managers in 1990 to six at the end of the decade,
according to Harry Strunk, a Palm Beach (Fla.) investment consultant who
tracks short-only managers.
Sanity Check. Whether Tice is right or wrong about a stock going down,
clients value his insights. Monica Graham, a partner at the New York hedge
fund Graham Partners, thinks Tice is one of the most talented analysts she
has ever worked with. "For me, he is a sanity check at a time when it`s easy
to be swept away by all the euphoria," she says. Bob Holmes, who runs hedge
fund Gilford Partners in Chicago, values Tice`s deep analysis of financial
statements. "David sees the company`s fundamentals deteriorating, but the
stock continues to ramp up as it takes time for the rest of the world to
discover it," he says.
Consider his research into Amazon.com. Tice wrote his first negative report
on the company in October, 1998, arguing that its business was flawed
because it hadn`t shown the ability to translate rising sales into profits.
The stock continued to soar in 1999. Finally, last year, Tice made money
shorting Amazon as its stock fell 80%.
He`s still not convinced of Amazon`s business. He blasts the pro forma
earnings reported by the e-tailer as "nonsense" that suits the company more
than investors. While the company also reports financial results under
standard accounting rules, it highlights pro forma earnings that exclude
many expenses. Tice also points out that Amazon`s growth in its core
business of books, music, and videos has slowed to a crawl, and it now
emphasizes its faster-growing consumer electronics business. He calls it a
classic case of "Don`t look over here, look over here." He also says that
CEO Jeff Bezos has sold 1.1 million shares in the last three months. Amazon
spokesman Bill Curry says that Bezos has sold only 2% of his holdings to
diversify his portfolio and still owns 32% of the company. He added that pro
forma earnings are widely accepted.
One short position that Tice has regularly lost money on is America Online,
now AOL Time Warner (AOL ). In 1994, Tice released a report questioning the
validity of the business, especially in the face of increased competition.
"I miscalculated the power of the brand and the customer`s loyalty," says
Tice, who has an AOL account himself. That doesn`t mean he has quit: Tice
still believes that AOL is overvalued. One reason is that Internet use may
be slowing. As evidence, he cites a study by researcher Telecommunications
Reports International Inc. that shows U.S. households with Net access dipped
for the first time ever by 0.3%, to 68.5 million in the first quarter.
Another reason is AOL`s accounting. The company reported that free cash
flow, which usually comes from operations, was $651 in this year`s first
quarter. Tice figures it was only $70 million after the cash settlement of a
lawsuit related to the sale of Six Flags Theme Parks Inc. (PKS ) and several
other one-time charges. AOL spokesman Ed Adler says that its operations did
generate $651 million and argues that, under standard accounting rules,
special charges such as the settlement do not need to be counted as expenses
in the quarter in which they occur.
While investors often rip Tice apart on online bulletin boards, he says
they`re barking up the wrong tree: "We protect investors with our analysis.
The bad guys are the brokers that were promoting the outrageous valuations
of those companies," he argues. Tice recently went to Washington to make his
point. On June 14, he testified before a Congressional committee chaired by
Representative Richard Baker (R-La.) that is looking into the erosion in the
so- called Chinese wall that has traditionally shielded analysts from
investment- banking interests. Tice testified he believes the conflict of
interest between analysts and investment bankers encouraged stock market
speculation and pushed capital toward the tech sector at the expense of
other industries.
Tice attributes his skepticism to his Missouri upbringing. "It`s a show-me
state where we aspire to be as fiercely independent as Harry Truman," says
Tice who, like Truman, was raised in Independence. These could just be the
days for Give `Em Hell David Tice.
By Pallavi Gogoi
aus dem Handelsblatt von heute:
>>> "Verkauft das viele Gold"
Handelsblatt Nr. 45 5.3.2002
Herr Ehrenberg (Bundestagsabgeordneter der SPD von 1972 bis 1990 und Bundesminister für Arbeit und Soziales von 1976 bis 1982) will nun also ran an den Goldschatz. Doch warum grade jetzt? Warum machte Herr Ehrenberg sich nicht für einen Verkauf während seiner Ministerzeit stark? Diese Frage darf gestellt werden, wenn man bedenkt, dass damals ein bis zu dreifacher Preis hätte erlöst werden können.
Warum hält es hier Herr Ehrenberg nicht so wie sein Parteikollege Eichel, welcher sinnbildlich bei einem Kurs der T-Aktie von etwa 50 Euro davon sprach, dass ein Verkauf von T-Aktien zu einem solch niedrigen Kurs einer Verhökerung des Volksvermögens gleichkomme. Warum sollte dies nicht für den Goldschatz gelten?
Hinzu kommt, dass sich - ganz im Gegensatz zur T-Aktie bei einem Kurs von 50 Euro - langsam beim Goldpreis ein Aufwärtstrend bemerkbar macht und ein höherer Goldpreis - ebenfalls ganz im Gegenteil zur erschreckend hoch verschuldeten Telekom - auch fundamental begründbar ist. Herr Ehrenberg führt mit dem Produktionsdefizit sogar ein Argument dafür ins Feld. Weitere Argumente sind hohe leerverkaufte Goldbestände von mindestens dem Doppelten der jährlichen Goldproduktion sowie die erschreckend niedrige Bewertung des Goldes; man sollte sich nur einmal die Entwicklung des Goldpreises und die der Geldmenge seit dem Amtsantritt von Herrn Ehrenberg anschauen.
Philipp Steinhauer
>>> "Verkauft das viele Gold"
Handelsblatt Nr. 45 5.3.2002
Herr Ehrenberg (Bundestagsabgeordneter der SPD von 1972 bis 1990 und Bundesminister für Arbeit und Soziales von 1976 bis 1982) will nun also ran an den Goldschatz. Doch warum grade jetzt? Warum machte Herr Ehrenberg sich nicht für einen Verkauf während seiner Ministerzeit stark? Diese Frage darf gestellt werden, wenn man bedenkt, dass damals ein bis zu dreifacher Preis hätte erlöst werden können.
Warum hält es hier Herr Ehrenberg nicht so wie sein Parteikollege Eichel, welcher sinnbildlich bei einem Kurs der T-Aktie von etwa 50 Euro davon sprach, dass ein Verkauf von T-Aktien zu einem solch niedrigen Kurs einer Verhökerung des Volksvermögens gleichkomme. Warum sollte dies nicht für den Goldschatz gelten?
Hinzu kommt, dass sich - ganz im Gegensatz zur T-Aktie bei einem Kurs von 50 Euro - langsam beim Goldpreis ein Aufwärtstrend bemerkbar macht und ein höherer Goldpreis - ebenfalls ganz im Gegenteil zur erschreckend hoch verschuldeten Telekom - auch fundamental begründbar ist. Herr Ehrenberg führt mit dem Produktionsdefizit sogar ein Argument dafür ins Feld. Weitere Argumente sind hohe leerverkaufte Goldbestände von mindestens dem Doppelten der jährlichen Goldproduktion sowie die erschreckend niedrige Bewertung des Goldes; man sollte sich nur einmal die Entwicklung des Goldpreises und die der Geldmenge seit dem Amtsantritt von Herrn Ehrenberg anschauen.
Philipp Steinhauer
http://www.handelsblatt.com/hbiwwwangebot/fn/relhbi/sfn/buil…
Versicherer sollen in Stress-Tests die Tragfähigkeit ihrer Garantien prüfen
Mathematiker besorgt um Sicherheit der Lebensversicherung
Quelle: Handelsblatt
Nach zwei schwierigen Jahren für Kapitalanleger, schlagen die Versicherungsmathematiker Alarm. Sie fordern einheitliche Anlage-Tests für Lebensversicherer.
rl DÜSSELDORF. Versicherungsaufsicht und Analysten begrüßen die Vorschläge gegenüber Handelsblatt. Analysten sind von angelsächsischen Versicherern ohnehin eine ausführlichere Berichterstattung über Kapitalmarktrisiken gewohnt. Bereits im vergangenen Jahr hat der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) den Mitgliedern ähnliche Stresstests nahe gelegt.
Lebensversicherer legen jedes Jahr über 100 Mrd. Euro neu an. Die anhaltende Niedrigzinsphase bei gleichzeitig schwachen Börsen macht ihnen zu schaffen. Aktuare (verantwortliche Mathematiker) haben dafür zu sorgen, dass die Gesellschaften die ihren Kunden gegebenen Garantien einhalten können. Lebensversicherer garantieren zurzeit 3,25 % auf das Sparguthaben.
Auf ihrer gestrigen Tagung in Weimar hat die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) nun mit deutlichen Worten auf die für Lebensversicherer ungünstige Situation hingewiesen. Viele Versicherer hätten voriges Jahr ihre Überschussbeteiligungen reduzieren müssen. Die Reservepolster seien deutlich abgeschmolzen.
Daher haben die Mathematiker in Weimar einheitliche Kriterien für „Stresstests“ vorgestellt. Diese sehen die Simulation eines Börsencrashs von 35 % innerhalb eines Jahres vor, bei einem gleichzeitigen Zinsanstieg um 2 %-Punkte. Wenn der Versicherer unter diesen Stress-Bedingungen nicht mehr in der Lage sein sollte, seinen Verpflichtungen nachzukommen, müssten umgehend Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Diese könnten laut Reiner Will von der Ratingagentur Assekurata folgende Konsequenzen haben: „Die Tests werden dazu führen, dass alle Versicherer ihre Aktienpositionen zurückführen müssen.“
Für große Versicherer sind Stress-Tests nichts Neues, aber mittlere und kleinere dürften sie noch nicht einsetzen. Gerling arbeitet bereits seit 1998 mit solchen Tests. „Eine solche Kontrolle ist aus Steuerungsgründen unbedingt erforderlich“, sagt Günther Hartmann, für die Bilanzierung der Gerling-Lebensversicherer verantwortlich.
HANDELSBLATT, Donnerstag, 25. April 2002, 19:02 Uhr
Versicherer sollen in Stress-Tests die Tragfähigkeit ihrer Garantien prüfen
Mathematiker besorgt um Sicherheit der Lebensversicherung
Quelle: Handelsblatt
Nach zwei schwierigen Jahren für Kapitalanleger, schlagen die Versicherungsmathematiker Alarm. Sie fordern einheitliche Anlage-Tests für Lebensversicherer.
rl DÜSSELDORF. Versicherungsaufsicht und Analysten begrüßen die Vorschläge gegenüber Handelsblatt. Analysten sind von angelsächsischen Versicherern ohnehin eine ausführlichere Berichterstattung über Kapitalmarktrisiken gewohnt. Bereits im vergangenen Jahr hat der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) den Mitgliedern ähnliche Stresstests nahe gelegt.
Lebensversicherer legen jedes Jahr über 100 Mrd. Euro neu an. Die anhaltende Niedrigzinsphase bei gleichzeitig schwachen Börsen macht ihnen zu schaffen. Aktuare (verantwortliche Mathematiker) haben dafür zu sorgen, dass die Gesellschaften die ihren Kunden gegebenen Garantien einhalten können. Lebensversicherer garantieren zurzeit 3,25 % auf das Sparguthaben.
Auf ihrer gestrigen Tagung in Weimar hat die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) nun mit deutlichen Worten auf die für Lebensversicherer ungünstige Situation hingewiesen. Viele Versicherer hätten voriges Jahr ihre Überschussbeteiligungen reduzieren müssen. Die Reservepolster seien deutlich abgeschmolzen.
Daher haben die Mathematiker in Weimar einheitliche Kriterien für „Stresstests“ vorgestellt. Diese sehen die Simulation eines Börsencrashs von 35 % innerhalb eines Jahres vor, bei einem gleichzeitigen Zinsanstieg um 2 %-Punkte. Wenn der Versicherer unter diesen Stress-Bedingungen nicht mehr in der Lage sein sollte, seinen Verpflichtungen nachzukommen, müssten umgehend Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Diese könnten laut Reiner Will von der Ratingagentur Assekurata folgende Konsequenzen haben: „Die Tests werden dazu führen, dass alle Versicherer ihre Aktienpositionen zurückführen müssen.“
Für große Versicherer sind Stress-Tests nichts Neues, aber mittlere und kleinere dürften sie noch nicht einsetzen. Gerling arbeitet bereits seit 1998 mit solchen Tests. „Eine solche Kontrolle ist aus Steuerungsgründen unbedingt erforderlich“, sagt Günther Hartmann, für die Bilanzierung der Gerling-Lebensversicherer verantwortlich.
HANDELSBLATT, Donnerstag, 25. April 2002, 19:02 Uhr
Für den breiten Geldzufluss in die Edelmetallmärkte gibt es zahlreiche Gründe
Labile Bankensysteme sind eine Ursache für den starken Goldpreis
UDO RETTBERG
HANDELSBLATT, 4.6.2002
FRANKFURT/M. Gold steigt – und Analysten staunen. Nur mühsam können Finanzmarkt-Experten ihre Goldpreis-Prognosen an das Tempo der Preissteigerungen des gelben Metalls anpassen. Bei der Analyse aktueller Trends am Edelmetallmarkt tun sich Analysten und Anleger gleichermaßen schwer. Die meisten Experten gehen trotz großer Orientierungslosigkeit davon aus, dass der feste Goldpreis nicht als Vorbote einer neuen politischen oder ökonomischen Weltkrise zu sehen ist.
Für Wolfgang Wrzesniok-Roßbach wird Gold derzeit vor allem durch tiefgreifende strukturelle Veränderungen des Goldmarktes geprägt. Der Leiter des Edelmetallhandels von Dresdner Kleinwort Wasserstein betont, dass die weltweite Minenproduktion seit Jahren unter der Nachfrage liege. Das daraus resultierende Angebotsdefizit werde vor allem durch Goldverkäufe der Notenbanken gedeckt. Wzresniok-Roßbach sieht im Konzentrationsprozess der Goldminenindustrie sowie in der Reduzierung der Preissicherungsgeschäfte der Minen weitere preistreibende Einflussfaktoren.
Für Angela Konrad, Analystin der SEB-Bankengruppe, ist die aktuelle Schwäche des Dollars ein weiterer Grund für einen steigenden Goldpreis. „Bei der Suche nach Alternativen findet das aus dem Dollar abfließende Geld jetzt unter anderem an den Edelmetallmärkten einen vermeintlich sicheren Hafen“, sagt die Analystin. Für die Edelmetalle spreche zudem, dass sich die Finanzmärkte derzeit in einer unsicheren Phase befinden.
Hans-Jürgen Klisch vom US-Finanzhaus Raymond James & Associates sieht die Gründe für die Goldhausse nicht nur in der Angebots- und Nachfragestruktur des Marktes, sondern vor allem in Faktoren, die außerhalb der Industrieländer liegen. „Rund zwei Drittel der Menschen leben in Ländern mit teilweise desolaten und ungeordneten Bankensystemen“, sagt Klisch. „Bei den Anlegern außerhalb Nordamerikas und Europas herrscht eine völlig andere Einstellung zu Gold“, sagt er. Die Anleger in diesen Länder sehen das gelbe Metall in deflationären und in inflationären Zeiten stärker als Instrument der Werterhaltung und als monetäre Alternative zu Geld. So hätten jene türkischen und argentinischen Anleger, die in Edelmetalle investierten, bei der massiven Abwertung ihrer Landeswährungen ihr Vermögen erhalten.
Die ernste Krise des Bankensystems in Japan auf der einen und die Konfiszierung von Bankeinlagen in Argentinien hätten deutlich gemacht, dass es weltweit genügend Unsicherheitsfaktoren gebe, die das Krisenmetall begünstigen. Gleiches sei über das instabile Bankensystem in Indien zu sagen. Indien ist eine der großen Käufernationen am Goldmarkt.
Für positive Stimmung bei Gold sorgte zuletzt auch das Festhalten der US-Notenbank Fed an ihren Goldvorräten von 8 149 Tonnen (t). Das sind fast 57 % der gesamten Devisenreserven der Fed. Europas Notenbanken wollen ihre bereits reduzierten Goldvorräte weiter abbauen. Fed-Chef Alan Greenspan sagte indes, die Fed halte ihre Währungsreserven nicht in Devisen, die schwächer als der Dollar seien, sondern in einer Anlageform, die man als stärker betrachte: Gold. Diese Aussagen wurden am Markt als ein Gold-Bekenntnis der Fed interpretiert. Einige Analysten fragen sich, ob Greenspan mit dieser Aussage nicht auch eine wieder zunehmende monetäre Bedeutung von Gold andeutete.
Einige Ökonomen sahen die Hausse bei Gold auch als möglichen Vorboten einer Krise, die aus einem möglichen Verfall des US-Wohnimmobilienmarktes resultieren könnte. Die Angst, dass nach Aktien damit auch die zweite Vermögenssäule der US-Bürger Risse zeigen könnte, wird von Fed-Chef Greenspan nicht geteilt. Im Gegensatz zur Aktienbörse sei der spekulative Charakter des Marktes für Wohnimmobilien wesentlich weniger ausgeprägt, Geenspan sieht daher keine spekulative Blase am US-Immobilienmarkt, dessen Platzen höhere Goldpreise rechtfertigen könnte.
HANDELSBLATT, Dienstag, 04. Juni 2002, 06:01 Uhr
Labile Bankensysteme sind eine Ursache für den starken Goldpreis
UDO RETTBERG
HANDELSBLATT, 4.6.2002
FRANKFURT/M. Gold steigt – und Analysten staunen. Nur mühsam können Finanzmarkt-Experten ihre Goldpreis-Prognosen an das Tempo der Preissteigerungen des gelben Metalls anpassen. Bei der Analyse aktueller Trends am Edelmetallmarkt tun sich Analysten und Anleger gleichermaßen schwer. Die meisten Experten gehen trotz großer Orientierungslosigkeit davon aus, dass der feste Goldpreis nicht als Vorbote einer neuen politischen oder ökonomischen Weltkrise zu sehen ist.
Für Wolfgang Wrzesniok-Roßbach wird Gold derzeit vor allem durch tiefgreifende strukturelle Veränderungen des Goldmarktes geprägt. Der Leiter des Edelmetallhandels von Dresdner Kleinwort Wasserstein betont, dass die weltweite Minenproduktion seit Jahren unter der Nachfrage liege. Das daraus resultierende Angebotsdefizit werde vor allem durch Goldverkäufe der Notenbanken gedeckt. Wzresniok-Roßbach sieht im Konzentrationsprozess der Goldminenindustrie sowie in der Reduzierung der Preissicherungsgeschäfte der Minen weitere preistreibende Einflussfaktoren.
Für Angela Konrad, Analystin der SEB-Bankengruppe, ist die aktuelle Schwäche des Dollars ein weiterer Grund für einen steigenden Goldpreis. „Bei der Suche nach Alternativen findet das aus dem Dollar abfließende Geld jetzt unter anderem an den Edelmetallmärkten einen vermeintlich sicheren Hafen“, sagt die Analystin. Für die Edelmetalle spreche zudem, dass sich die Finanzmärkte derzeit in einer unsicheren Phase befinden.
Hans-Jürgen Klisch vom US-Finanzhaus Raymond James & Associates sieht die Gründe für die Goldhausse nicht nur in der Angebots- und Nachfragestruktur des Marktes, sondern vor allem in Faktoren, die außerhalb der Industrieländer liegen. „Rund zwei Drittel der Menschen leben in Ländern mit teilweise desolaten und ungeordneten Bankensystemen“, sagt Klisch. „Bei den Anlegern außerhalb Nordamerikas und Europas herrscht eine völlig andere Einstellung zu Gold“, sagt er. Die Anleger in diesen Länder sehen das gelbe Metall in deflationären und in inflationären Zeiten stärker als Instrument der Werterhaltung und als monetäre Alternative zu Geld. So hätten jene türkischen und argentinischen Anleger, die in Edelmetalle investierten, bei der massiven Abwertung ihrer Landeswährungen ihr Vermögen erhalten.
Die ernste Krise des Bankensystems in Japan auf der einen und die Konfiszierung von Bankeinlagen in Argentinien hätten deutlich gemacht, dass es weltweit genügend Unsicherheitsfaktoren gebe, die das Krisenmetall begünstigen. Gleiches sei über das instabile Bankensystem in Indien zu sagen. Indien ist eine der großen Käufernationen am Goldmarkt.
Für positive Stimmung bei Gold sorgte zuletzt auch das Festhalten der US-Notenbank Fed an ihren Goldvorräten von 8 149 Tonnen (t). Das sind fast 57 % der gesamten Devisenreserven der Fed. Europas Notenbanken wollen ihre bereits reduzierten Goldvorräte weiter abbauen. Fed-Chef Alan Greenspan sagte indes, die Fed halte ihre Währungsreserven nicht in Devisen, die schwächer als der Dollar seien, sondern in einer Anlageform, die man als stärker betrachte: Gold. Diese Aussagen wurden am Markt als ein Gold-Bekenntnis der Fed interpretiert. Einige Analysten fragen sich, ob Greenspan mit dieser Aussage nicht auch eine wieder zunehmende monetäre Bedeutung von Gold andeutete.
Einige Ökonomen sahen die Hausse bei Gold auch als möglichen Vorboten einer Krise, die aus einem möglichen Verfall des US-Wohnimmobilienmarktes resultieren könnte. Die Angst, dass nach Aktien damit auch die zweite Vermögenssäule der US-Bürger Risse zeigen könnte, wird von Fed-Chef Greenspan nicht geteilt. Im Gegensatz zur Aktienbörse sei der spekulative Charakter des Marktes für Wohnimmobilien wesentlich weniger ausgeprägt, Geenspan sieht daher keine spekulative Blase am US-Immobilienmarkt, dessen Platzen höhere Goldpreise rechtfertigen könnte.
HANDELSBLATT, Dienstag, 04. Juni 2002, 06:01 Uhr
Kommentar: Warum der Dollar abstürzt
Von Wolfgang Münchau
Ausländische Investoren waren der Motor des US-Booms. Jetzt ziehen sie sich zurück - mit gutem Grund.
An den Finanzmärkten setzt jetzt genau das Szenario ein, das ich vor einigen Monaten an dieser Stelle prognostiziert habe. In den USA bildet sich ein Teufelskreis der Staatsfinanzen und der Finanzmärkte: Japanische Investoren ziehen ihr Geld aus den USA ab, das Leistungsbilanzdefizit wird nicht mehr durch Wertpapierkäufe aus dem Ausland gedeckt; unabhängig davon fallen die Aktienmärkte, was die Investoren weiter verschreckt und den Dollar nach unten treibt. Wir sind noch längst nicht am Ende dieser Wirkungskette.
In den letzten zwei Wochen ist der Dow Jones um 5,1 Prozent, und der Dollar gegenüber dem Euro um 2,5 Prozent gefallen. Auch am Montag setzte sich der Abwärtstrend an einigen Börsen fort. Was wir hier erleben, ist ein klassischer Bärenmarkt: mittelfristige Tendenz nach unten mit starken Schwankungen.
Das US-Finanzministerium bestätigte in der letzten Woche, dass die Kapitalströme aus dem Ausland im ersten Quartal diesen Jahres stark gefallen sind. Im vergangenen Jahr hatten die USA ein Leistungsbilanzdefizit von 417 Mrd. $. Dem gegenüber standen Nettokäufe von US-Wertpapieren von 522 Mrd. $. Das Defizit wurde also nicht nur finanziert, sondern "überfinanziert". Das erklärt zum Teil die Stärke des Dollar im letzten Jahr.
Der Wind dreht
Anfang des Jahres änderte sich die Situation schlagartig. Auf den Monat umgerechnet benötigen die USA rund 35 Mrd. $ an Netto-Kapitalzuflüssen, um das Defizit zu finanzieren. Im Durchschnitt der ersten drei Monate haben Ausländer aber nur 31 Mrd. $ an Wertpapieren gekauft.
Gerade japanische Investoren - einst begeisterte Käufer von US-Papieren - ziehen sich immer stärker zurück. Im ersten Quartal haben die Japaner 7,7 Mrd. $ netto an Wertpapieren verkauft. Amerika ist somit jetzt ein Nettoexporteur von Kapital nach Japan. Die Europäer sind zwar noch Nettoexporteure von Kapital in die Vereinigten Staaten, kaufen aber weitaus weniger Wertpapiere als im vergangenen Jahr.
Einer der Gründe hierfür ist die schwache Performance der US-Börsen. Das wiederum liegt zum einen an den ohnehin schon Schwindel erregenden Bewertungen. Zum andern hat sich bei vielen Investoren die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Chance einer heftigen Dollar-Abwertung erheblich größer ist als die einer auch nur geringen Dollar-Aufwertung.
Zum anderen haben eine Reihe von Ereignissen in den letzten Wochen erhebliche Unsicherheit unter den Investoren ausgelöst: Der Bilanz- und Steuerskandal um Tyco-Chef Dennis Kozlowski und der noch längst nicht in Vergessenheit geratene Skandal um Enron lassen Investoren an der Glaubwürdigkeit veröffentlichter Bilanzen zweifeln. Gleichzeitig gibt es eine Reihe externer Unsicherheiten. Die Nachricht von Montag, dass das FBI einen Anschlag mit einer schmutzigen Atombombe vereitelt hat, verstärkt die allgemeine Unsicherheit noch. Investoren haben Angst, sie haben Zweifel, und darüber hinaus haben sie eine Reihe rationaler Gründe, sich aus den USA zurückzuziehen.
Die Rückkehr des doppelten Defizits aus Haushalts- und Leistungsbilanzdefizit wird den Dollar über eine längere Zeit schwächen. Wir reden hier nicht von den Schwankungen um wenige US-Cent, wie wir sie in den letzten Tagen und Wochen erlebt haben, und die den Preis des Euro auf mittlerweile etwas über 94 US-Cent gebracht haben. Auch wenn der Euro mittlerweile weit von seiner Talsohle entfernt ist, bleibt er im Verhältnis zum Dollar noch unterbewertet. Es ist sehr wahrscheinlich, dass wir in nicht allzu ferner Zeit wieder eine Parität zwischen den beiden Währungen erleben werden. Dann kann es auch sein, dass der Euro kräftig aufwertet bis weit über 1,20 $, oder noch höher.
Wachstum ohne steigende Kurse
Es ist nicht leicht, Wechselkurse vorherzusagen. Es existiert noch kein allgemein akzeptiertes ökonomisches Modell, das dazu in der Lage wäre. Doch es steht fest, dass bestimmte Umstände, wie die Kombination eines hohen Leistungsbilanzdefizits und eines wachsenden Haushaltsdefizits, mit einer starken Währung unvereinbar sind.
Jetzt werden einige Leute einwenden, dass die relativ guten Konjunkturaussichten in den USA diese Entwicklung bremsen oder gar umkehren: "Wachstum erzeugt Börsengewinne", so hört man immer wieder. Das ist blanker Unsinn. Wer so argumentiert, versteht zu wenig von den Finanzmärkten. Zum einen ist die Erwartung einer kräftigen Konjunkturerholung in den jetzigen Preisen enthalten, sodass nur darüber hinausgehendes Wirtschaftswachstum einen kurssteigernden Effekt haben könnte. Des Weiteren ist längst nicht klar, dass höheres Wachstum unbedingt den Aktionären zu Gute kommt.
Es gab immer noch ein weiteres, allerdings gefährliches Argument für Marktoptimismus, nämlich überschüssige Liquidität. Die Kapitalfluss-Statistiken des US-Finanzministeriums zeigen allerdings, wie schnell Kapitalströme austrocknen oder sich umkehren. Auch in den USA selbst wird die Zentralbank nicht ewig den Geldhahn aufdrehen können, um überschüssige Liquidität im Inland zu erzeugen.
Somit handeln die Investoren, die sich jetzt aus den USA zurückziehen, rational. In den USA ist nichts mehr zu holen.
Von Wolfgang Münchau
Ausländische Investoren waren der Motor des US-Booms. Jetzt ziehen sie sich zurück - mit gutem Grund.
An den Finanzmärkten setzt jetzt genau das Szenario ein, das ich vor einigen Monaten an dieser Stelle prognostiziert habe. In den USA bildet sich ein Teufelskreis der Staatsfinanzen und der Finanzmärkte: Japanische Investoren ziehen ihr Geld aus den USA ab, das Leistungsbilanzdefizit wird nicht mehr durch Wertpapierkäufe aus dem Ausland gedeckt; unabhängig davon fallen die Aktienmärkte, was die Investoren weiter verschreckt und den Dollar nach unten treibt. Wir sind noch längst nicht am Ende dieser Wirkungskette.
In den letzten zwei Wochen ist der Dow Jones um 5,1 Prozent, und der Dollar gegenüber dem Euro um 2,5 Prozent gefallen. Auch am Montag setzte sich der Abwärtstrend an einigen Börsen fort. Was wir hier erleben, ist ein klassischer Bärenmarkt: mittelfristige Tendenz nach unten mit starken Schwankungen.
Das US-Finanzministerium bestätigte in der letzten Woche, dass die Kapitalströme aus dem Ausland im ersten Quartal diesen Jahres stark gefallen sind. Im vergangenen Jahr hatten die USA ein Leistungsbilanzdefizit von 417 Mrd. $. Dem gegenüber standen Nettokäufe von US-Wertpapieren von 522 Mrd. $. Das Defizit wurde also nicht nur finanziert, sondern "überfinanziert". Das erklärt zum Teil die Stärke des Dollar im letzten Jahr.
Der Wind dreht
Anfang des Jahres änderte sich die Situation schlagartig. Auf den Monat umgerechnet benötigen die USA rund 35 Mrd. $ an Netto-Kapitalzuflüssen, um das Defizit zu finanzieren. Im Durchschnitt der ersten drei Monate haben Ausländer aber nur 31 Mrd. $ an Wertpapieren gekauft.
Gerade japanische Investoren - einst begeisterte Käufer von US-Papieren - ziehen sich immer stärker zurück. Im ersten Quartal haben die Japaner 7,7 Mrd. $ netto an Wertpapieren verkauft. Amerika ist somit jetzt ein Nettoexporteur von Kapital nach Japan. Die Europäer sind zwar noch Nettoexporteure von Kapital in die Vereinigten Staaten, kaufen aber weitaus weniger Wertpapiere als im vergangenen Jahr.
Einer der Gründe hierfür ist die schwache Performance der US-Börsen. Das wiederum liegt zum einen an den ohnehin schon Schwindel erregenden Bewertungen. Zum andern hat sich bei vielen Investoren die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Chance einer heftigen Dollar-Abwertung erheblich größer ist als die einer auch nur geringen Dollar-Aufwertung.
Zum anderen haben eine Reihe von Ereignissen in den letzten Wochen erhebliche Unsicherheit unter den Investoren ausgelöst: Der Bilanz- und Steuerskandal um Tyco-Chef Dennis Kozlowski und der noch längst nicht in Vergessenheit geratene Skandal um Enron lassen Investoren an der Glaubwürdigkeit veröffentlichter Bilanzen zweifeln. Gleichzeitig gibt es eine Reihe externer Unsicherheiten. Die Nachricht von Montag, dass das FBI einen Anschlag mit einer schmutzigen Atombombe vereitelt hat, verstärkt die allgemeine Unsicherheit noch. Investoren haben Angst, sie haben Zweifel, und darüber hinaus haben sie eine Reihe rationaler Gründe, sich aus den USA zurückzuziehen.
Die Rückkehr des doppelten Defizits aus Haushalts- und Leistungsbilanzdefizit wird den Dollar über eine längere Zeit schwächen. Wir reden hier nicht von den Schwankungen um wenige US-Cent, wie wir sie in den letzten Tagen und Wochen erlebt haben, und die den Preis des Euro auf mittlerweile etwas über 94 US-Cent gebracht haben. Auch wenn der Euro mittlerweile weit von seiner Talsohle entfernt ist, bleibt er im Verhältnis zum Dollar noch unterbewertet. Es ist sehr wahrscheinlich, dass wir in nicht allzu ferner Zeit wieder eine Parität zwischen den beiden Währungen erleben werden. Dann kann es auch sein, dass der Euro kräftig aufwertet bis weit über 1,20 $, oder noch höher.
Wachstum ohne steigende Kurse
Es ist nicht leicht, Wechselkurse vorherzusagen. Es existiert noch kein allgemein akzeptiertes ökonomisches Modell, das dazu in der Lage wäre. Doch es steht fest, dass bestimmte Umstände, wie die Kombination eines hohen Leistungsbilanzdefizits und eines wachsenden Haushaltsdefizits, mit einer starken Währung unvereinbar sind.
Jetzt werden einige Leute einwenden, dass die relativ guten Konjunkturaussichten in den USA diese Entwicklung bremsen oder gar umkehren: "Wachstum erzeugt Börsengewinne", so hört man immer wieder. Das ist blanker Unsinn. Wer so argumentiert, versteht zu wenig von den Finanzmärkten. Zum einen ist die Erwartung einer kräftigen Konjunkturerholung in den jetzigen Preisen enthalten, sodass nur darüber hinausgehendes Wirtschaftswachstum einen kurssteigernden Effekt haben könnte. Des Weiteren ist längst nicht klar, dass höheres Wachstum unbedingt den Aktionären zu Gute kommt.
Es gab immer noch ein weiteres, allerdings gefährliches Argument für Marktoptimismus, nämlich überschüssige Liquidität. Die Kapitalfluss-Statistiken des US-Finanzministeriums zeigen allerdings, wie schnell Kapitalströme austrocknen oder sich umkehren. Auch in den USA selbst wird die Zentralbank nicht ewig den Geldhahn aufdrehen können, um überschüssige Liquidität im Inland zu erzeugen.
Somit handeln die Investoren, die sich jetzt aus den USA zurückziehen, rational. In den USA ist nichts mehr zu holen.
http://www.manager-magazin.de/geld/artikel/0,2828,200398,00.…
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Noch 14 Jahre Bärenmarkt?
Von Thomas Mayer
Die internationalen Anleger hoffen auf ein baldiges Ende der Aktienbaisse. Diese Hoffnung könnte enttäuscht werden. Eine Bestandsaufnahme der aktuellen Situation zeigt, dass einiges gegen eine schnelle Erholung spricht.
Obwohl das Konjunkturtal inzwischen hinter uns liegt, will auf den internationalen Aktienmärkten keine rechte Freude aufkommen. Nach einer schnellen Erholung im vierten Quartal letzten Jahres haben die wichtigen Aktienindizes unter hohen Schwankungen wieder nachgegeben.
Die Gründe dafür dürften in der andauernden Katerstimmung nach dem Aktienboom der neunziger Jahre und an der Unsicherheit über die weiteren Wirtschaftsaussichten liegen. Beide Faktoren werden wohl noch eine Weile fortbestehen, so dass sich die Aktienanleger für die absehbare Zukunft auch weiterhin auf magere Erträge bei hoher Volatilität einstellen müssen.
Die Spitze der Aktienpreise liegt nun schon zwei Jahre hinter uns und viele Anleger fragen sich, ob denn der Bärenmarkt demnächst nicht an die Altersgrenze stoßen und einem neuen Aufschwung Platz machen könnte. Ein Blick in die Geschichte des US-Aktienmarkts zeigt jedoch, dass dies keineswegs der Fall zu sein braucht.
Drei große Baisse-Phasen
Seit Beginn des letzten Jahrhunderts gab es drei ausgeprägte Phasen real sinkender Aktienpreise (gemessen am inflationsbereinigten Standard and Poor`s Composite Index).
Die Goldman-Sachs-
Kolumne
Thomas Mayer, Europa- Volkswirt der US- Investmentbank, schreibt jeden Mittwoch bei mananger-magazin.de. Einen Überblick über seine Kolumnen finden Sie hier.
Die erste Phase dauerte von September 1906 bis Dezember 1921 und brachte einen Fall des S&P-Index um 68 Prozent.
Die zweite Phase begann im September 1929 und endete im Juni 1949. Dazwischen fielen die Aktienpreise mit großen Schwankungen erstaunlicherweise ebenfalls um 68 Prozent.
Die dritte Phase dauerte schließlich von Dezember 1968 bis Juli 1982 und brachte einen inflationsbereinigten Rückgang des S&P-Index um insgesamt 63 Prozent.
Ausgeprägte Baissen im US-Aktienmarkt dauerten also im Schnitt 16 Jahre und ließen die Preise inflationsbereinigt um 66 Prozent fallen. Dagegen nimmt sich der bisher rund zwei Jahre dauernde Rückgang der Aktienpreise um insgesamt rund 28 Prozent eher bescheiden aus.
Hohes KGV als Vorbote großer Bärenmärkte
Aber vielleicht handelt es sich ja gegenwärtig nicht um einen der großen historischen Bärenmärkte. Vielleicht haben wir es ja eher mit einer jener kürzeren Korrekturphasen zu tun, die in den langen Bullenmärkten immer wieder auftraten.
In seinem Bestseller "Irrational Exuberance" hat Robert J. Shiller ein hohes Verhältnis der Aktienkurse zu den Unternehmensgewinnen als Vorbote großer Bärenmärkte ausgemacht. So ging dem Bärenmarkt von 1906 bis 1921 ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV, wobei die Gewinne im Durchschnitt der vorangegangenen zehn Jahre ausgedrückt werden) von 20 im Januar 1906 voraus. Im September 1929 betrug das KGV knapp 33, im Dezember 1968 gut 22.
Auf der Spitze des letzten Bullenmarkts stieg das KGV nach Robert Shillers Rechnung auf über 44 im Dezember 1999. Damit war der Markt nach dieser Rechnung doppelt so hoch bewertet wie 1968 and immerhin noch um ein Drittel teurer als 1929. Dies lässt vermuten, dass der seit 2000 zu beobachtende Rückgang der Aktienpreise keine Zwischenepisode in einem Bullenmarkt, sondern die Korrektur einer extremen Überbewertung darstellt.
Allerdings ist die Korrektur noch nicht sehr weit fortgeschritten. Folgt man Shillers Methode, die inflationsbereinigten Aktienkurse in Beziehung zu dem Durchschnitt der realen Unternehmensgewinne der vergangenen zehn Jahre zu setzen, kommt man auf ein KGV von gegenwärtig ungefähr 27.
Der Vorteil der Shiller-Methode
Dies liegt zwar unter dem Bewertungsniveau von 1929, aber noch deutlich über dem Wert von 1968. Außerdem - und dies ist wichtiger - liegt das gegenwärtige KGV weit über dem Durchschnitt der Jahre 1881 bis 2002 von knapp 16 und noch weiter über den Werten von weniger als 10, die am Beginn längerer Bullenmärkte standen.
Natürlich kann man gegen die von Shiller favorisierte Methode der KGV-Berechnung einwenden, dass sie wegen der Einbeziehung der Gewinne der vergangenen zehn Jahre extrem konservativ ist. Doch hat diese Methode den Vorteil, weniger anfällig für in der jüngeren Vergangenheit oft schön gerechnete Gewinne und optimistische Gewinnprognosen zu sein.
Anzeichen für eine andauernde Überbewertung
So erwartet zum Beispiel der Konsens der Analysten einen Anstieg des Gewinns pro Aktie im S&P500-Index um 16 Prozent dieses Jahr auf 52 Dollar. Damit würde bei einem S&P500-Index von 1040, wie kürzlich noch gesehen, das KGV dieses Jahr bei 20 liegen. Viele Investoren halten dies noch für hinnehmbar.
Neuerdings berechnet Standard and Poor`s jedoch sogenannte Kerngewinne, die z. B. die Kosten von Aktienoptionsplänen für Mitarbeiter und von Unternehmensumstrukturierungen berücksichtigen, und die Gewinne aus betrieblichen Pensionsfonds ausklammern. Nach dieser Rechnung dürfte der bereinigte Gewinn bei 36 Dollar pro Aktie und das KGV immer noch bei rund 29 liegen, was auf eine andauernde Überbewertung schließen lässt.
Alles in allem lässt sich also aus historischer Sicht festhalten, dass weder die bisherige Dauer der Baisse noch der Rückgang der Aktienpreise oder der Bewertungsniveaus auf ein baldiges Ende der Katerstimmung im Markt schließen ließe.
Die Optimisten werden einwenden, dass historische Betrachtungen bei der Aufstellung von Prognosen nur wenig helfen. Dies ist sicherlich nicht ganz falsch. Versuchen wir also, die Lehren aus der Vergangenheit mit einigen Überlegungen über wahrscheinliche künftige Entwicklungen abzugleichen.
Dazu nehmen wir als Ausgangspunkt den von Standard and Poor`s aus den Analystenvorhersagen für dieses Jahr errechneten Gewinn von 36 Dollar pro Aktie im S&P500-Index. Außerdem wollen wir annehmen, dass die US-Wirtschaft ab nächstem Jahr mit einer realen Trendrate von 3,25 Prozent wächst, die Inflation im weiteren Trend bei 2,25 Prozent liegen wird, der risikofreie Nominalzins beim gegenwärtigen Nominalzins auf zehnjährige US-Staatsanleihen von rund 5,0 Prozent bleibt, und 60 Prozent der Gewinne pro Aktie als Dividende ausgeschüttet wird.
Analyse mit dem Dividend Discount Modell
Folgt man dem Dividend Discount Modell, wäre auf der Basis dieser Erwartungen ein Indexwert von 1040 für den S&P500 dann gerechtfertigt, wenn die Aktienrisikoprämie 2,6 Prozent betragen würde. In diesem Fall läge das faire KGV wie oben erwähnt bei annährend 29.
Eine Aktienrisikoprämie in dieser Größenordnung konnte während des Bullenmarkts der 90er Jahre beobachtet werden, liegt jedoch weit unter dem historischen Durchschnitt von 5 bis 7 Prozent und passt nicht in eine Zeit, in der die Aussichten über den weiteren Verlauf der zyklischen Erholung und der langfristigen Wachstumsrate der US-Wirtschaft stark gestiegen sind.
Der faire Wert des S&P500
Verlangt man aber auch nur eine wenig höhere Risikoprämie, liegt der faire Wert des S&P500 deutlich unter den bislang gesehenen Werten. Fordern die Marktteilnehmer z.B. eine Aktienrisikoprämie von 3,5 Prozent, so ergibt sich bei ansonsten gleichen Annahmen ein Indexwert von 760 und ein KGV von 21.
Bei einer Risikoprämie von 4,5 Prozent ergibt sich ein Indexwert von 570 (62 Prozent unter dem Höchststand von 2000) und ein KGV von rund 16 (was dem langjährigen Durchschnitt entsprechen würde).
Die Katerstimmung wird noch eine Weile andauern
Sowohl der Rückblick als auch der (unter hoffentlich vernünftigen Annahmen erstellte) Ausblick lassen wenig Hoffnung auf ein baldiges Ende der Aktienbaisse zu. Diese Aussage wurde am Beispiel der USA erläutert, könnte aber auch für andere Aktienmärkte gelten.
Trotz günstigerer Bewertungen wird es für diese Märkte schwer sein, eine positive Preisdynamik zu entwickeln, solange der US- Markt im Abwärtstrend bleibt. Natürlich heißt dies nicht, dass mit Aktien kein Geld mehr verdient werden könnte.
Kräftige Zwischenerholungen sind auch in Bärenmärkten wahrscheinlich und manche Aktien werden sich von der Entwicklung der Marktindizes abkoppeln können. Jedoch können sich Aktieninvestoren bis auf weiteres nicht mehr darauf verlassen, dass ein freundliches Marktumfeld alle in ihrem Portfolio versammelten Boote heben wird.
D I E G O L D M A N - S A C H S - K O L U M N E
Noch 14 Jahre Bärenmarkt?
Von Thomas Mayer
Die internationalen Anleger hoffen auf ein baldiges Ende der Aktienbaisse. Diese Hoffnung könnte enttäuscht werden. Eine Bestandsaufnahme der aktuellen Situation zeigt, dass einiges gegen eine schnelle Erholung spricht.
Obwohl das Konjunkturtal inzwischen hinter uns liegt, will auf den internationalen Aktienmärkten keine rechte Freude aufkommen. Nach einer schnellen Erholung im vierten Quartal letzten Jahres haben die wichtigen Aktienindizes unter hohen Schwankungen wieder nachgegeben.
Die Gründe dafür dürften in der andauernden Katerstimmung nach dem Aktienboom der neunziger Jahre und an der Unsicherheit über die weiteren Wirtschaftsaussichten liegen. Beide Faktoren werden wohl noch eine Weile fortbestehen, so dass sich die Aktienanleger für die absehbare Zukunft auch weiterhin auf magere Erträge bei hoher Volatilität einstellen müssen.
Die Spitze der Aktienpreise liegt nun schon zwei Jahre hinter uns und viele Anleger fragen sich, ob denn der Bärenmarkt demnächst nicht an die Altersgrenze stoßen und einem neuen Aufschwung Platz machen könnte. Ein Blick in die Geschichte des US-Aktienmarkts zeigt jedoch, dass dies keineswegs der Fall zu sein braucht.
Drei große Baisse-Phasen
Seit Beginn des letzten Jahrhunderts gab es drei ausgeprägte Phasen real sinkender Aktienpreise (gemessen am inflationsbereinigten Standard and Poor`s Composite Index).
Die Goldman-Sachs-
Kolumne
Thomas Mayer, Europa- Volkswirt der US- Investmentbank, schreibt jeden Mittwoch bei mananger-magazin.de. Einen Überblick über seine Kolumnen finden Sie hier.
Die erste Phase dauerte von September 1906 bis Dezember 1921 und brachte einen Fall des S&P-Index um 68 Prozent.
Die zweite Phase begann im September 1929 und endete im Juni 1949. Dazwischen fielen die Aktienpreise mit großen Schwankungen erstaunlicherweise ebenfalls um 68 Prozent.
Die dritte Phase dauerte schließlich von Dezember 1968 bis Juli 1982 und brachte einen inflationsbereinigten Rückgang des S&P-Index um insgesamt 63 Prozent.
Ausgeprägte Baissen im US-Aktienmarkt dauerten also im Schnitt 16 Jahre und ließen die Preise inflationsbereinigt um 66 Prozent fallen. Dagegen nimmt sich der bisher rund zwei Jahre dauernde Rückgang der Aktienpreise um insgesamt rund 28 Prozent eher bescheiden aus.
Hohes KGV als Vorbote großer Bärenmärkte
Aber vielleicht handelt es sich ja gegenwärtig nicht um einen der großen historischen Bärenmärkte. Vielleicht haben wir es ja eher mit einer jener kürzeren Korrekturphasen zu tun, die in den langen Bullenmärkten immer wieder auftraten.
In seinem Bestseller "Irrational Exuberance" hat Robert J. Shiller ein hohes Verhältnis der Aktienkurse zu den Unternehmensgewinnen als Vorbote großer Bärenmärkte ausgemacht. So ging dem Bärenmarkt von 1906 bis 1921 ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV, wobei die Gewinne im Durchschnitt der vorangegangenen zehn Jahre ausgedrückt werden) von 20 im Januar 1906 voraus. Im September 1929 betrug das KGV knapp 33, im Dezember 1968 gut 22.
Auf der Spitze des letzten Bullenmarkts stieg das KGV nach Robert Shillers Rechnung auf über 44 im Dezember 1999. Damit war der Markt nach dieser Rechnung doppelt so hoch bewertet wie 1968 and immerhin noch um ein Drittel teurer als 1929. Dies lässt vermuten, dass der seit 2000 zu beobachtende Rückgang der Aktienpreise keine Zwischenepisode in einem Bullenmarkt, sondern die Korrektur einer extremen Überbewertung darstellt.
Allerdings ist die Korrektur noch nicht sehr weit fortgeschritten. Folgt man Shillers Methode, die inflationsbereinigten Aktienkurse in Beziehung zu dem Durchschnitt der realen Unternehmensgewinne der vergangenen zehn Jahre zu setzen, kommt man auf ein KGV von gegenwärtig ungefähr 27.
Der Vorteil der Shiller-Methode
Dies liegt zwar unter dem Bewertungsniveau von 1929, aber noch deutlich über dem Wert von 1968. Außerdem - und dies ist wichtiger - liegt das gegenwärtige KGV weit über dem Durchschnitt der Jahre 1881 bis 2002 von knapp 16 und noch weiter über den Werten von weniger als 10, die am Beginn längerer Bullenmärkte standen.
Natürlich kann man gegen die von Shiller favorisierte Methode der KGV-Berechnung einwenden, dass sie wegen der Einbeziehung der Gewinne der vergangenen zehn Jahre extrem konservativ ist. Doch hat diese Methode den Vorteil, weniger anfällig für in der jüngeren Vergangenheit oft schön gerechnete Gewinne und optimistische Gewinnprognosen zu sein.
Anzeichen für eine andauernde Überbewertung
So erwartet zum Beispiel der Konsens der Analysten einen Anstieg des Gewinns pro Aktie im S&P500-Index um 16 Prozent dieses Jahr auf 52 Dollar. Damit würde bei einem S&P500-Index von 1040, wie kürzlich noch gesehen, das KGV dieses Jahr bei 20 liegen. Viele Investoren halten dies noch für hinnehmbar.
Neuerdings berechnet Standard and Poor`s jedoch sogenannte Kerngewinne, die z. B. die Kosten von Aktienoptionsplänen für Mitarbeiter und von Unternehmensumstrukturierungen berücksichtigen, und die Gewinne aus betrieblichen Pensionsfonds ausklammern. Nach dieser Rechnung dürfte der bereinigte Gewinn bei 36 Dollar pro Aktie und das KGV immer noch bei rund 29 liegen, was auf eine andauernde Überbewertung schließen lässt.
Alles in allem lässt sich also aus historischer Sicht festhalten, dass weder die bisherige Dauer der Baisse noch der Rückgang der Aktienpreise oder der Bewertungsniveaus auf ein baldiges Ende der Katerstimmung im Markt schließen ließe.
Die Optimisten werden einwenden, dass historische Betrachtungen bei der Aufstellung von Prognosen nur wenig helfen. Dies ist sicherlich nicht ganz falsch. Versuchen wir also, die Lehren aus der Vergangenheit mit einigen Überlegungen über wahrscheinliche künftige Entwicklungen abzugleichen.
Dazu nehmen wir als Ausgangspunkt den von Standard and Poor`s aus den Analystenvorhersagen für dieses Jahr errechneten Gewinn von 36 Dollar pro Aktie im S&P500-Index. Außerdem wollen wir annehmen, dass die US-Wirtschaft ab nächstem Jahr mit einer realen Trendrate von 3,25 Prozent wächst, die Inflation im weiteren Trend bei 2,25 Prozent liegen wird, der risikofreie Nominalzins beim gegenwärtigen Nominalzins auf zehnjährige US-Staatsanleihen von rund 5,0 Prozent bleibt, und 60 Prozent der Gewinne pro Aktie als Dividende ausgeschüttet wird.
Analyse mit dem Dividend Discount Modell
Folgt man dem Dividend Discount Modell, wäre auf der Basis dieser Erwartungen ein Indexwert von 1040 für den S&P500 dann gerechtfertigt, wenn die Aktienrisikoprämie 2,6 Prozent betragen würde. In diesem Fall läge das faire KGV wie oben erwähnt bei annährend 29.
Eine Aktienrisikoprämie in dieser Größenordnung konnte während des Bullenmarkts der 90er Jahre beobachtet werden, liegt jedoch weit unter dem historischen Durchschnitt von 5 bis 7 Prozent und passt nicht in eine Zeit, in der die Aussichten über den weiteren Verlauf der zyklischen Erholung und der langfristigen Wachstumsrate der US-Wirtschaft stark gestiegen sind.
Der faire Wert des S&P500
Verlangt man aber auch nur eine wenig höhere Risikoprämie, liegt der faire Wert des S&P500 deutlich unter den bislang gesehenen Werten. Fordern die Marktteilnehmer z.B. eine Aktienrisikoprämie von 3,5 Prozent, so ergibt sich bei ansonsten gleichen Annahmen ein Indexwert von 760 und ein KGV von 21.
Bei einer Risikoprämie von 4,5 Prozent ergibt sich ein Indexwert von 570 (62 Prozent unter dem Höchststand von 2000) und ein KGV von rund 16 (was dem langjährigen Durchschnitt entsprechen würde).
Die Katerstimmung wird noch eine Weile andauern
Sowohl der Rückblick als auch der (unter hoffentlich vernünftigen Annahmen erstellte) Ausblick lassen wenig Hoffnung auf ein baldiges Ende der Aktienbaisse zu. Diese Aussage wurde am Beispiel der USA erläutert, könnte aber auch für andere Aktienmärkte gelten.
Trotz günstigerer Bewertungen wird es für diese Märkte schwer sein, eine positive Preisdynamik zu entwickeln, solange der US- Markt im Abwärtstrend bleibt. Natürlich heißt dies nicht, dass mit Aktien kein Geld mehr verdient werden könnte.
Kräftige Zwischenerholungen sind auch in Bärenmärkten wahrscheinlich und manche Aktien werden sich von der Entwicklung der Marktindizes abkoppeln können. Jedoch können sich Aktieninvestoren bis auf weiteres nicht mehr darauf verlassen, dass ein freundliches Marktumfeld alle in ihrem Portfolio versammelten Boote heben wird.
Quelle: www.mainichi.co.jp/women/news/200206/14-5.html
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Achtetmalaufebay
http://www.jungewelt.de/2002/06-21/008.php
Karl Unger
Bilanzkosmetik
Die Enron-Pleite und die kreative Buchführung im Zuge der allgemeinen
Deregulierung
Börsianer sind abergläubisch, und deshalb treibt sie seit dem Krach von 1929
die Furcht vor einem schwarzen Freitag um. Der 7. Juni war ein solcher zwar
nur für den Dienstleistungs- und Elektronikkonzern Tyco, aber mit
psychologischen Auswirkungen auf die Wallstreet insgesamt. Seine Aktie
stürzte an diesem Tag um über 30 Prozent ab und verlor damit innerhalb einer
Woche gut die Hälfte ihres Wertes. Der Grund waren Ermittlungen gegen den
ehemaligen Konzernchef Dennis Kozlowski wegen Steuerhinterziehung bei den
von Firmengeldern für ihn privat gekauften Immobilien und Kunstwerken.
Letzteres war zwar legal, doch fraglich ist, ob diese Vorgänge bei Tyco
korrekt bilanziert wurden. Und wenn heute das Wort »Bilanz« fällt, dann
läuten bei den Börsianern alle Alarmglocken. Nicht zu Unrecht, denn der
Zusammenbruch des texanischen Energiehändlers Enron im Dezember 2001 - die
größte Firmenpleite in der US-Geschichte - hat die Börsenaufsicht zu dem
Eingeständnis gebracht: »Es gibt in der Rechnungslegung keine einzig wahren
Zahlen.«
In den Verdacht der Zahlenkosmetik geriet damals neben dem Kabelbetreiber
Global Crossing und dem Handelsriesen Kmart, die beide Konkurs anmelden
mußten, auch Tyco. Der Aktienkurs ging seither beständig nach unten, und
inzwischen sind rund 100 Milliarden Dollar Börsenwert vernichtet. Das ist
mehr, als die Anleger durch die Enron-Pleite verloren haben.
Fünftgrößter Konzern der Welt
Der Fall Enron ist so bedeutend, weil der Konzern als Musterunternehmen des
deregulierten und innovativen Kapitalismus galt. Erst in den achtziger
Jahren als Händler von Energieformen aller Art gegründet, wurde Enron in
weniger als zwei Jahrzehnten zum fünftgrößten Konzern der Welt. Im Kern
stellten seine Aktivitäten eine neue, ausgeklügelte Form des Pyramidenspiels
dar. Im US-amerikanischen Geschäftsleben ist das nicht unüblich und wird
nach einem Bostoner Bankier, der 1920 einen riesigen Skandal verursacht
hatte, »Ponzi- Finanzierung« genannt. Die funktioniert solange, bis das
Unternehmen weder Kredite tilgen noch Zinsen zahlen kann. Daß dieser Zustand
bei Enron quasi über Nacht eintrat, hängt mit der »kreativen«, aber legalen
Buchführung zusammen.
Im Zuge der allgemeinen Deregulierung sind viele Vorschriften des
Bilanzwesens gelockert oder beseitigt worden, die als Hindernis für
unternehmerische Effizienz und Innovation galten. Das hat dazu geführt, daß
die unternehmerische Phantasie sich weniger mit der Entwicklung und
Vermarktung von Produkten beschäftigt als mit der Gestaltung der Bilanzen.
Eine wichtige Rolle spielen dabei Partnerschaften, sogenannte SPE (Special
Purpose Entities), an denen der Mutterkonzern mit weniger als 50 Prozent
beteiligt ist.
Bei Enron waren ausgewählte Mitarbeiter in rund 5000 solcher SPEs
gleichzeitig Partner und Angestellte. Theoretisch gelten SPEs
als »unternehmerische Gestaltungsvarianten«, um finanzielle Risiken zu
separieren und besser streubar zu machen. Praktisch heißt das: Riskante
Geschäfte und vor allem die Schulden werden ausgelagert, sie tauchen daher
in der Bilanz des Mutterunternehmens nicht mehr auf. Der Vermögensstatus,
der da aufscheint, ist also ein virtueller und kein realer. Dieser legale
Trick ist die notwendige Voraussetzung, um die »Ponzi-Finanzierung« am
Laufen zu halten, denn die so geschönte Bilanz gaukelt eine hohe
Kreditwürdigkeit vor. Enron bekam auch über all die Jahre ein gutes Rating
und konnte sich deshalb günstig finanzieren. Außerdem honorierte die Börse
den schönen Schein mit steigenden Aktienkursen.
Dafür war es natürlich wichtig, auch die Einnahmeseite kreativ zu gestalten.
Die legale Möglichkeit, die Enron dabei nutzte, war, die prognostizierten
zukünftigen Gewinne aus langfristigen Marktpreisänderungen im Energiesektor
in die aktuellen Bilanzen zu schreiben. Im letzten Geschäftsjahr soll das
mit einer Milliarde Euro zu Buche geschlagen haben. Der
Wirtschaftswissenschaftler Egon Matzner schätzt, daß sich durch diese bei
den US-Kapitalgesellschaften üblichen legalen Tricks, deren Börsenwert um
zirka 15 Prozent aufgebläht ist, eine Wertberichtigung auf eine Billion
Dollar belaufen müßte.
Richtig kreativ wurde das Enron-Management im Zusammenspiel mit dem
Wirtschaftsprüfungskonzern Arthur Andersen. Dieses, im Gefolge der
Enron-Krise wegen krimineller Aktivitäten liquidierte Unternehmen gehörte zu
den »Big Five«. So werden die wenigen Inhaber von Lizenzen der wichtigsten
Finanzaufsichtsbehörde der Welt, der US Securities and Exchange Commission
(SEC), genannt, die das Recht haben, die an der Wallstreet vertretenen
Aktiengesellschaften zu prüfen. Andersen erfand in Kooperation mit dem
Energiehändler den Tausch von Netz-Kapazitäten, einen beinahe perfekten
Finanztrick. Dabei lieh Enron einem Partner freie Kapazität, was in seinen
Büchern als Barerlös gebucht wurde und beim anderen als Investition. So
wuchs das Vermögen beider - auf dem Papier. Die ebenso wie die Buchprüfer in
den Medien über jeden Zweifel erhabenen Analysten und Sprecher
von »Forschungs«abteilungen der Investmentbanken glaubten das und empfahlen
die Enron- Aktie zum Kauf noch bis zwei Wochen vor dem Konkurs. Vielleicht
trauten sie den Zahlen auch nicht, aber die Analystengehälter sind an den
Umsatz des Investmentbanking gekoppelt.
Das führte bei Merrill Lynch, einem der Großen dieser Branche, dazu, daß
Aktien zum Kauf empfohlen wurden, die man in internen Papieren als Ramsch
bezeichnete. Die New Yorker Justiz stellte ihre Ermittlungen inzwischen ein,
weil das Bankhaus eine Buße von 100 Millionen Dollar bezahlte. Merrill Lynch
tat dies »freiwillig«, weil die Bank damit ein Schuldbekenntnis vermeiden
konnte, was sie hoffen läßt, Schadensersatzansprüchen von geprellten Kunden
zu entgehen.
Pro-forma-Ergebnisse
Die Bilanzen der US-Aktiengesellschaften sind ein großer Bluff, der Methode
hat. Schon im Jahr 2000 mußten rund 230 börsennotierte Unternehmen auf Druck
der SEC ihre Bilanzen wegen offensichtlicher Verfehlungen neu erstellen. Für
2001 wird sich diese Zahl erhöhen. Aber selbst die korrigierten Bilanzen
geben kein annähernd realistisches Bild vom Zustand eines Unternehmens. Das
liegt an den, inzwischen auch in der Bundesrepublik verwendeten,
US-amerikanischen Regeln der Rechnungslegung, den »Generally Accepted
Accountig Principles« (GAAP). Im Kern handelt es sich dabei um eine Sammlung
von Einzelnormen. Wenn es für ein konkretes Problem noch keine Regel gibt,
dann sind der Kreativität des Bilanzbuchhalters keine Grenzen gesetzt. Die
GAAP sind auch keine Rechtsnormen, sondern von einer privaten Institution
seit 1973 verlautbarte Standards. In der Rechtsprechung werden die GAAP als
nebulös in der Konzeption und unglaublich elastisch bezeichnet.
Deshalb behalten sich die Gerichte in Prozessen vor, selbst
eine »ordnungsgemäße Bilanzierung« zu erstellen. Das ist auch dringend
notwendig, wenn man z. B. das seit einigen Jahren so beliebte Instrument der
Aktienoptionen betrachtet. Diese neue Bezahlungsform für Manager war als
Anreiz gedacht, ihre Leistung zu erhöhen. Sie sollten über Aktienoptionen
Unternehmensbeteiligungen erwerben und so ein höheres Interesse am
wirtschaftlichen Wohlergehen des eigenen Hauses haben. Eine Studie der
US-Notenbank kommt jedoch zu dem Schluß, daß sich ein Zusammenhang zwischen
Firmenbeteiligung und Leistungsbereitschaft nicht nachweisen läßt. Warum
sich die Aktienoptionen dennoch so großer Beliebtheit erfreuen, hat einen
anderen Grund: Im Gegensatz zu den gewöhnlichen Gehaltszahlungen müssen sie
in der Bilanz nicht als Ausgaben verbucht werden und schmälern daher nicht
den Gewinn.
Der britische Ökonom Andrew Smithers hat errechnet, daß die versteckten
Kosten der Aktienoptionen bei den großen US- Konzernen im Jahr 2000
durchschnittlich rund 20 Prozent des Gewinns ausmachten. In der
High-Tech-Industrie waren es sogar 72,8 Prozent, also nahezu drei Viertel
der ausgewiesenen Gewinne. Und selbst das US- Finanzministerium meint, daß,
wenn die Kosten der Aktienoptionen berücksichtigt worden wären, neun der 40
größten Konzerne Verluste geschrieben hätten. Irgendwann sind zwar die
Möglichkeiten nach GAAP ausgeschöpft, doch für das »kreative Bilanzieren«
ist damit noch lange nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Denn es
besteht auch die Möglichkeit, sogenannte Pro-forma-Ergebnisse zu
veröffentlichen. Dafür gibt es keine anerkannten Standards, und deshalb kann
man sie nach eigenem Gutdünken gestalten. Nicht zufällig greifen
IT-Unternehmen wie Amazon, Cisco oder Lucent gerne zu diesem Instrument.
»Seit 1997«, so meint der US-Ökonom Paul Krugman, »haben viele Unternehmen
mit zunehmender Aggressivität zu Bilanztricks gegriffen, um ein
Gewinnwachstum vorzutäuschen.« Diese Feststellung wirft die Frage auf, ob es
sich dabei um ein nur für die USA typisches Phänomen handelt. Dem ist
natürlich nicht so. Cable & Wireless, einer der größten europäischen
Betreiber von Telekommunikationsnetzen, hat vor kurzem zugegeben,
mit »kontroversen Bilanzierungstechniken« die »angenommenen Gewinne«
geschönt zu haben. Aber selbstverständlich ist das nach britischen
Bilanzregeln zulässig. Wie überhaupt der »Goodwill«, d. h. Einnahmen, die
tatsächlich - wenn überhaupt - erst in Zukunft anfallen, sofort in die
Bilanz zu stellen, international rechtens ist. Wegen der als »starr«
verschrieenen Bestimmungen des Handelsgesetzbuches (HGB) gilt die
Bundesrepublik als Ausnahme im globalisierten Roßtäuschertum. Daran ist
zumindest so viel richtig, daß beispielsweise die Telekom, die 2001 einen
Verlust von 3,5 Milliarden Euro verzeichnen mußte, nach GAAP einen Gewinn
von einer halben Milliarde Euro erwirtschaftet hätte.
Ebitda-Arithmetik
Doch auch hierzulande gibt es zahlreiche Möglichkeiten zur Bilanzkosmetik.
Eine weitverbreitete ist das sogenannte Ebitda, d.h. das Ergebnis vor
Zinsen, Steuern, Abschreibung und Tilgung. Wie aussagelos diese Kennziffer
ist, zeigt das Beispiel der Telekom-Konzerne: Vodafone und France Télécom
hatten im Geschäftsjahr 2000 ein Ebitda von plus 11,2 bzw. 12,3 Milliarden
Euro. In Wirklichkeit aber machten sie Verluste von 12,9 bzw. 8,3 Milliarden
Euro. Die aktuellen Vorgänge um den Finanzdienstleister MLP zeigen, daß auch
die »starren« Regeln des HGB genügend Möglichkeiten zur »kreativen
Buchführung« bieten. So soll MLP seine Gewinne über Darlehen von
Rückversicherern künstlich aufgebläht haben. »Einnahmen« durch Kredite
wurden quasi als Gewinne verbucht. Dadurch ist ein in der Bilanz nicht
hinreichend ausgewiesener Schuldenberg von 150 Millionen Euro entstanden.
Zudem sollen die Provisionen an die Kundenberater nicht periodengerecht
verbucht worden sein, was ebenfalls die Gewinne geschönt hat.
2005 sind die »harten Zeiten« des HGB endgültig vorbei. Dann müssen in der
EU alle börsennotierten Firmen ihre Rechenwerke nach den »International
Accounting Standards« (IAS) erstellen. VW und BMW tun dies jetzt schon. Das
Ergebnis ist, daß ihr ausgewiesenes Eigenkapital nun nahezu doppelt so hoch
wie vorher und die Umsatzrendite um zehn Prozent gestiegen ist. An der
wirtschaftlichen Realität der beiden Konzerne ändert die Buchführung nur
insofern etwas, als die neuen schönen Zahlen die Kosten für die
Kapitalbeschaffung verringern.
Bilanztricks gehören zum Alltag des Kapitalismus. Überwog früher die
Tendenz, die Konzernergebnisse schlechtzurechnen, um Steuern zu sparen und
Lohnforderungen abzuwehren, so geht seit mehr als einem Jahrzehnt die
Tendenz in Richtung beschönigen. Eine Erklärung dafür gibt Karlheinz Küting,
Professor für Betriebswirtschaft: »Die Aktienmärkte honorieren nur stetige
Gewinnsteigerungen. Daß das Management unter Ausnutzung sämtlicher
Spielräume versucht ist, die geforderten Ergebnisse zu präsentieren, darf
nicht überraschen.« Dahinter steckt jene Veränderung des Kapitalismus, die
mit den Begriffen »Herrschaft der Finanzmärkte« und »Shareholder Value«
beschrieben wird.
Die zentrale Bedeutung der Finanzmärkte ergibt sich aus ihrer Rolle bei den
Investitionen. In einer wachsenden Wirtschaft finanzieren die Unternehmen
den Ausbau und die Modernisierung ihrer Anlagen nicht aus den laufenden
Gewinnen, sondern durch Kredite oder die Ausgabe von Aktien und Anleihen.
Ein Unternehmen, das hohe Gewinne bilanziert und reichlich Dividende
ausschüttet, ist für Anleger attraktiv. Ein hoher Shareholder Value steigert
also den Börsenwert und erleichtert die Möglichkeiten zur Geldbeschaffung an
den Finanzmärkten. Sinkende Aktienkurse hingegen bedrohen die
Selbständigkeit eines Konzerns, da sie »feindliche Übernahmen« erleichtern.
Der Marktwert an der Börse entscheidet zudem über die Vergabe von
zukünftigen Krediten. Und das erklärt die enge Verbindung von Shareholder
Value und »New Economy«. In einem Wirtschaftssektor, dessen ökonomische
Potenz nicht in der gegenwärtigen Produktion, sondern in seiner zukünftigen
Bedeutung gesehen wird, ist die Beschaffung von Krediten das wichtigste
Mittel im Konkurrenzkampf. So entsteht eine Spekulationsspirale, die
grundsätzlich auch für die »Old Economy« gilt: Der Shareholder Value, der
als Basis für neue Kredite fungiert, gründet sich auf die Bewertung eines
Unternehmens, die sich nicht an der wirtschaftlichen Realität orientiert,
sondern auf einer Spekulation auf die Gewinne von morgen basiert. Die müssen
aber - z.B. durch den »Goodwill« - in die aktuelle Bilanz einfließen, um
eine reichliche Dividende ausschütten zu können, d.h. einen attraktiven
Sharholder Value zu erzielen.
Umdefinition der Begriffe
Die andere wesentliche Ursache für die geschönten Bilanzen liegt in der
wirtschaftlichen Bedeutung, die Pensions- und Investmentfonds erlangt haben.
Das ungeschriebene Gesetz dieser Gesellschaft lautet, Kapital muß verwertet
werden. Die im goldenen Zeitalter des 20. Jahrhunderts angesammelten
Ersparnisse der Arbeiter und Angestellten waren brachliegendes Kapital. Um
das zu mobilisieren, wurde 1981 in den USA durch ein Gesetz eine
grundsätzliche Systemänderung bei den Pensionsplänen vorgenommen. Die
Arbeitnehmer wurden quasi gezwungen, ihr Geld in Aktien oder Staatsanleihen
anzulegen. Während 1982 gerade eine von zehn Familien Fondsanteile besaß,
hatten 1998 schon 119,8 Millionen US-Bürger ein Investmentdepot - das
entspricht zwei Depots pro Familie.
Mit dieser zunehmenden Bedeutung der Wertpapiermärkte hat auch eine wichtige
ideologische Veränderung stattgefunden. Sparen, also das, was die abhängig
Beschäftigten immer getan haben, wurde zur Investition. Diese Umdefinition
des Begriffs führt zu einem weiteren Verwischen der Klassenstruktur: Jetzt
sind alle Investoren, und die Unterscheidung zwischen den verschiedenen
Gruppen von Anlegern - Privatpersonen, Unternehmen, Arme, Reiche - hat sich
in nichts aufgelöst.
Weil auch das Kapital ein Interesse an einem realistischen Bild der
ökonomischen Situation hat, wird in den USA diskutiert, ob nicht die
IAS-Regeln für die Bilanzierung eingeführt werden sollten. Obwohl auch diese
einen virtuellen Wert und nicht das reale Nettovermögen angeben, müßten
viele Unternehmenswerte so abgewertet werden, daß weitere Konkurse
unausweichlich sind. Dadurch würde der ohnehin zögerliche
Konjunkturaufschwung gefährdet. Außerdem senkt eine Wertberichtigung die
Kreditwürdigkeit, und die Konzerne müßten höhere Zinsen für Anleihen zahlen,
was die Politik des billigen Geldes konterkariert, mit der die US-Notenbank
seit über einem Jahr versucht, die Wirtschaft anzukurbeln. Geht aber
andererseits die Roßtäuscherei weiter, nimmt der Vertrauensverlust der
Anleger zu, was die Börsenkurse weiter nach unten treibt und negative
Auswirkungen auf die Realwirtschaft hat. Auf ökonomischer Ebene scheint also
kein Ausweg aus diesem Dilemma möglich, wohl aber auf politischer. Mitte
Februar, auf dem Höhepunkt der Enron-Krise, meinte ein Anlageberater des
Schweizer Bankhauses Julius Bär: »Wenn der Irak angegriffen wird, redet
keiner mehr von Buchhaltung.«
Karl Unger
Bilanzkosmetik
Die Enron-Pleite und die kreative Buchführung im Zuge der allgemeinen
Deregulierung
Börsianer sind abergläubisch, und deshalb treibt sie seit dem Krach von 1929
die Furcht vor einem schwarzen Freitag um. Der 7. Juni war ein solcher zwar
nur für den Dienstleistungs- und Elektronikkonzern Tyco, aber mit
psychologischen Auswirkungen auf die Wallstreet insgesamt. Seine Aktie
stürzte an diesem Tag um über 30 Prozent ab und verlor damit innerhalb einer
Woche gut die Hälfte ihres Wertes. Der Grund waren Ermittlungen gegen den
ehemaligen Konzernchef Dennis Kozlowski wegen Steuerhinterziehung bei den
von Firmengeldern für ihn privat gekauften Immobilien und Kunstwerken.
Letzteres war zwar legal, doch fraglich ist, ob diese Vorgänge bei Tyco
korrekt bilanziert wurden. Und wenn heute das Wort »Bilanz« fällt, dann
läuten bei den Börsianern alle Alarmglocken. Nicht zu Unrecht, denn der
Zusammenbruch des texanischen Energiehändlers Enron im Dezember 2001 - die
größte Firmenpleite in der US-Geschichte - hat die Börsenaufsicht zu dem
Eingeständnis gebracht: »Es gibt in der Rechnungslegung keine einzig wahren
Zahlen.«
In den Verdacht der Zahlenkosmetik geriet damals neben dem Kabelbetreiber
Global Crossing und dem Handelsriesen Kmart, die beide Konkurs anmelden
mußten, auch Tyco. Der Aktienkurs ging seither beständig nach unten, und
inzwischen sind rund 100 Milliarden Dollar Börsenwert vernichtet. Das ist
mehr, als die Anleger durch die Enron-Pleite verloren haben.
Fünftgrößter Konzern der Welt
Der Fall Enron ist so bedeutend, weil der Konzern als Musterunternehmen des
deregulierten und innovativen Kapitalismus galt. Erst in den achtziger
Jahren als Händler von Energieformen aller Art gegründet, wurde Enron in
weniger als zwei Jahrzehnten zum fünftgrößten Konzern der Welt. Im Kern
stellten seine Aktivitäten eine neue, ausgeklügelte Form des Pyramidenspiels
dar. Im US-amerikanischen Geschäftsleben ist das nicht unüblich und wird
nach einem Bostoner Bankier, der 1920 einen riesigen Skandal verursacht
hatte, »Ponzi- Finanzierung« genannt. Die funktioniert solange, bis das
Unternehmen weder Kredite tilgen noch Zinsen zahlen kann. Daß dieser Zustand
bei Enron quasi über Nacht eintrat, hängt mit der »kreativen«, aber legalen
Buchführung zusammen.
Im Zuge der allgemeinen Deregulierung sind viele Vorschriften des
Bilanzwesens gelockert oder beseitigt worden, die als Hindernis für
unternehmerische Effizienz und Innovation galten. Das hat dazu geführt, daß
die unternehmerische Phantasie sich weniger mit der Entwicklung und
Vermarktung von Produkten beschäftigt als mit der Gestaltung der Bilanzen.
Eine wichtige Rolle spielen dabei Partnerschaften, sogenannte SPE (Special
Purpose Entities), an denen der Mutterkonzern mit weniger als 50 Prozent
beteiligt ist.
Bei Enron waren ausgewählte Mitarbeiter in rund 5000 solcher SPEs
gleichzeitig Partner und Angestellte. Theoretisch gelten SPEs
als »unternehmerische Gestaltungsvarianten«, um finanzielle Risiken zu
separieren und besser streubar zu machen. Praktisch heißt das: Riskante
Geschäfte und vor allem die Schulden werden ausgelagert, sie tauchen daher
in der Bilanz des Mutterunternehmens nicht mehr auf. Der Vermögensstatus,
der da aufscheint, ist also ein virtueller und kein realer. Dieser legale
Trick ist die notwendige Voraussetzung, um die »Ponzi-Finanzierung« am
Laufen zu halten, denn die so geschönte Bilanz gaukelt eine hohe
Kreditwürdigkeit vor. Enron bekam auch über all die Jahre ein gutes Rating
und konnte sich deshalb günstig finanzieren. Außerdem honorierte die Börse
den schönen Schein mit steigenden Aktienkursen.
Dafür war es natürlich wichtig, auch die Einnahmeseite kreativ zu gestalten.
Die legale Möglichkeit, die Enron dabei nutzte, war, die prognostizierten
zukünftigen Gewinne aus langfristigen Marktpreisänderungen im Energiesektor
in die aktuellen Bilanzen zu schreiben. Im letzten Geschäftsjahr soll das
mit einer Milliarde Euro zu Buche geschlagen haben. Der
Wirtschaftswissenschaftler Egon Matzner schätzt, daß sich durch diese bei
den US-Kapitalgesellschaften üblichen legalen Tricks, deren Börsenwert um
zirka 15 Prozent aufgebläht ist, eine Wertberichtigung auf eine Billion
Dollar belaufen müßte.
Richtig kreativ wurde das Enron-Management im Zusammenspiel mit dem
Wirtschaftsprüfungskonzern Arthur Andersen. Dieses, im Gefolge der
Enron-Krise wegen krimineller Aktivitäten liquidierte Unternehmen gehörte zu
den »Big Five«. So werden die wenigen Inhaber von Lizenzen der wichtigsten
Finanzaufsichtsbehörde der Welt, der US Securities and Exchange Commission
(SEC), genannt, die das Recht haben, die an der Wallstreet vertretenen
Aktiengesellschaften zu prüfen. Andersen erfand in Kooperation mit dem
Energiehändler den Tausch von Netz-Kapazitäten, einen beinahe perfekten
Finanztrick. Dabei lieh Enron einem Partner freie Kapazität, was in seinen
Büchern als Barerlös gebucht wurde und beim anderen als Investition. So
wuchs das Vermögen beider - auf dem Papier. Die ebenso wie die Buchprüfer in
den Medien über jeden Zweifel erhabenen Analysten und Sprecher
von »Forschungs«abteilungen der Investmentbanken glaubten das und empfahlen
die Enron- Aktie zum Kauf noch bis zwei Wochen vor dem Konkurs. Vielleicht
trauten sie den Zahlen auch nicht, aber die Analystengehälter sind an den
Umsatz des Investmentbanking gekoppelt.
Das führte bei Merrill Lynch, einem der Großen dieser Branche, dazu, daß
Aktien zum Kauf empfohlen wurden, die man in internen Papieren als Ramsch
bezeichnete. Die New Yorker Justiz stellte ihre Ermittlungen inzwischen ein,
weil das Bankhaus eine Buße von 100 Millionen Dollar bezahlte. Merrill Lynch
tat dies »freiwillig«, weil die Bank damit ein Schuldbekenntnis vermeiden
konnte, was sie hoffen läßt, Schadensersatzansprüchen von geprellten Kunden
zu entgehen.
Pro-forma-Ergebnisse
Die Bilanzen der US-Aktiengesellschaften sind ein großer Bluff, der Methode
hat. Schon im Jahr 2000 mußten rund 230 börsennotierte Unternehmen auf Druck
der SEC ihre Bilanzen wegen offensichtlicher Verfehlungen neu erstellen. Für
2001 wird sich diese Zahl erhöhen. Aber selbst die korrigierten Bilanzen
geben kein annähernd realistisches Bild vom Zustand eines Unternehmens. Das
liegt an den, inzwischen auch in der Bundesrepublik verwendeten,
US-amerikanischen Regeln der Rechnungslegung, den »Generally Accepted
Accountig Principles« (GAAP). Im Kern handelt es sich dabei um eine Sammlung
von Einzelnormen. Wenn es für ein konkretes Problem noch keine Regel gibt,
dann sind der Kreativität des Bilanzbuchhalters keine Grenzen gesetzt. Die
GAAP sind auch keine Rechtsnormen, sondern von einer privaten Institution
seit 1973 verlautbarte Standards. In der Rechtsprechung werden die GAAP als
nebulös in der Konzeption und unglaublich elastisch bezeichnet.
Deshalb behalten sich die Gerichte in Prozessen vor, selbst
eine »ordnungsgemäße Bilanzierung« zu erstellen. Das ist auch dringend
notwendig, wenn man z. B. das seit einigen Jahren so beliebte Instrument der
Aktienoptionen betrachtet. Diese neue Bezahlungsform für Manager war als
Anreiz gedacht, ihre Leistung zu erhöhen. Sie sollten über Aktienoptionen
Unternehmensbeteiligungen erwerben und so ein höheres Interesse am
wirtschaftlichen Wohlergehen des eigenen Hauses haben. Eine Studie der
US-Notenbank kommt jedoch zu dem Schluß, daß sich ein Zusammenhang zwischen
Firmenbeteiligung und Leistungsbereitschaft nicht nachweisen läßt. Warum
sich die Aktienoptionen dennoch so großer Beliebtheit erfreuen, hat einen
anderen Grund: Im Gegensatz zu den gewöhnlichen Gehaltszahlungen müssen sie
in der Bilanz nicht als Ausgaben verbucht werden und schmälern daher nicht
den Gewinn.
Der britische Ökonom Andrew Smithers hat errechnet, daß die versteckten
Kosten der Aktienoptionen bei den großen US- Konzernen im Jahr 2000
durchschnittlich rund 20 Prozent des Gewinns ausmachten. In der
High-Tech-Industrie waren es sogar 72,8 Prozent, also nahezu drei Viertel
der ausgewiesenen Gewinne. Und selbst das US- Finanzministerium meint, daß,
wenn die Kosten der Aktienoptionen berücksichtigt worden wären, neun der 40
größten Konzerne Verluste geschrieben hätten. Irgendwann sind zwar die
Möglichkeiten nach GAAP ausgeschöpft, doch für das »kreative Bilanzieren«
ist damit noch lange nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Denn es
besteht auch die Möglichkeit, sogenannte Pro-forma-Ergebnisse zu
veröffentlichen. Dafür gibt es keine anerkannten Standards, und deshalb kann
man sie nach eigenem Gutdünken gestalten. Nicht zufällig greifen
IT-Unternehmen wie Amazon, Cisco oder Lucent gerne zu diesem Instrument.
»Seit 1997«, so meint der US-Ökonom Paul Krugman, »haben viele Unternehmen
mit zunehmender Aggressivität zu Bilanztricks gegriffen, um ein
Gewinnwachstum vorzutäuschen.« Diese Feststellung wirft die Frage auf, ob es
sich dabei um ein nur für die USA typisches Phänomen handelt. Dem ist
natürlich nicht so. Cable & Wireless, einer der größten europäischen
Betreiber von Telekommunikationsnetzen, hat vor kurzem zugegeben,
mit »kontroversen Bilanzierungstechniken« die »angenommenen Gewinne«
geschönt zu haben. Aber selbstverständlich ist das nach britischen
Bilanzregeln zulässig. Wie überhaupt der »Goodwill«, d. h. Einnahmen, die
tatsächlich - wenn überhaupt - erst in Zukunft anfallen, sofort in die
Bilanz zu stellen, international rechtens ist. Wegen der als »starr«
verschrieenen Bestimmungen des Handelsgesetzbuches (HGB) gilt die
Bundesrepublik als Ausnahme im globalisierten Roßtäuschertum. Daran ist
zumindest so viel richtig, daß beispielsweise die Telekom, die 2001 einen
Verlust von 3,5 Milliarden Euro verzeichnen mußte, nach GAAP einen Gewinn
von einer halben Milliarde Euro erwirtschaftet hätte.
Ebitda-Arithmetik
Doch auch hierzulande gibt es zahlreiche Möglichkeiten zur Bilanzkosmetik.
Eine weitverbreitete ist das sogenannte Ebitda, d.h. das Ergebnis vor
Zinsen, Steuern, Abschreibung und Tilgung. Wie aussagelos diese Kennziffer
ist, zeigt das Beispiel der Telekom-Konzerne: Vodafone und France Télécom
hatten im Geschäftsjahr 2000 ein Ebitda von plus 11,2 bzw. 12,3 Milliarden
Euro. In Wirklichkeit aber machten sie Verluste von 12,9 bzw. 8,3 Milliarden
Euro. Die aktuellen Vorgänge um den Finanzdienstleister MLP zeigen, daß auch
die »starren« Regeln des HGB genügend Möglichkeiten zur »kreativen
Buchführung« bieten. So soll MLP seine Gewinne über Darlehen von
Rückversicherern künstlich aufgebläht haben. »Einnahmen« durch Kredite
wurden quasi als Gewinne verbucht. Dadurch ist ein in der Bilanz nicht
hinreichend ausgewiesener Schuldenberg von 150 Millionen Euro entstanden.
Zudem sollen die Provisionen an die Kundenberater nicht periodengerecht
verbucht worden sein, was ebenfalls die Gewinne geschönt hat.
2005 sind die »harten Zeiten« des HGB endgültig vorbei. Dann müssen in der
EU alle börsennotierten Firmen ihre Rechenwerke nach den »International
Accounting Standards« (IAS) erstellen. VW und BMW tun dies jetzt schon. Das
Ergebnis ist, daß ihr ausgewiesenes Eigenkapital nun nahezu doppelt so hoch
wie vorher und die Umsatzrendite um zehn Prozent gestiegen ist. An der
wirtschaftlichen Realität der beiden Konzerne ändert die Buchführung nur
insofern etwas, als die neuen schönen Zahlen die Kosten für die
Kapitalbeschaffung verringern.
Bilanztricks gehören zum Alltag des Kapitalismus. Überwog früher die
Tendenz, die Konzernergebnisse schlechtzurechnen, um Steuern zu sparen und
Lohnforderungen abzuwehren, so geht seit mehr als einem Jahrzehnt die
Tendenz in Richtung beschönigen. Eine Erklärung dafür gibt Karlheinz Küting,
Professor für Betriebswirtschaft: »Die Aktienmärkte honorieren nur stetige
Gewinnsteigerungen. Daß das Management unter Ausnutzung sämtlicher
Spielräume versucht ist, die geforderten Ergebnisse zu präsentieren, darf
nicht überraschen.« Dahinter steckt jene Veränderung des Kapitalismus, die
mit den Begriffen »Herrschaft der Finanzmärkte« und »Shareholder Value«
beschrieben wird.
Die zentrale Bedeutung der Finanzmärkte ergibt sich aus ihrer Rolle bei den
Investitionen. In einer wachsenden Wirtschaft finanzieren die Unternehmen
den Ausbau und die Modernisierung ihrer Anlagen nicht aus den laufenden
Gewinnen, sondern durch Kredite oder die Ausgabe von Aktien und Anleihen.
Ein Unternehmen, das hohe Gewinne bilanziert und reichlich Dividende
ausschüttet, ist für Anleger attraktiv. Ein hoher Shareholder Value steigert
also den Börsenwert und erleichtert die Möglichkeiten zur Geldbeschaffung an
den Finanzmärkten. Sinkende Aktienkurse hingegen bedrohen die
Selbständigkeit eines Konzerns, da sie »feindliche Übernahmen« erleichtern.
Der Marktwert an der Börse entscheidet zudem über die Vergabe von
zukünftigen Krediten. Und das erklärt die enge Verbindung von Shareholder
Value und »New Economy«. In einem Wirtschaftssektor, dessen ökonomische
Potenz nicht in der gegenwärtigen Produktion, sondern in seiner zukünftigen
Bedeutung gesehen wird, ist die Beschaffung von Krediten das wichtigste
Mittel im Konkurrenzkampf. So entsteht eine Spekulationsspirale, die
grundsätzlich auch für die »Old Economy« gilt: Der Shareholder Value, der
als Basis für neue Kredite fungiert, gründet sich auf die Bewertung eines
Unternehmens, die sich nicht an der wirtschaftlichen Realität orientiert,
sondern auf einer Spekulation auf die Gewinne von morgen basiert. Die müssen
aber - z.B. durch den »Goodwill« - in die aktuelle Bilanz einfließen, um
eine reichliche Dividende ausschütten zu können, d.h. einen attraktiven
Sharholder Value zu erzielen.
Umdefinition der Begriffe
Die andere wesentliche Ursache für die geschönten Bilanzen liegt in der
wirtschaftlichen Bedeutung, die Pensions- und Investmentfonds erlangt haben.
Das ungeschriebene Gesetz dieser Gesellschaft lautet, Kapital muß verwertet
werden. Die im goldenen Zeitalter des 20. Jahrhunderts angesammelten
Ersparnisse der Arbeiter und Angestellten waren brachliegendes Kapital. Um
das zu mobilisieren, wurde 1981 in den USA durch ein Gesetz eine
grundsätzliche Systemänderung bei den Pensionsplänen vorgenommen. Die
Arbeitnehmer wurden quasi gezwungen, ihr Geld in Aktien oder Staatsanleihen
anzulegen. Während 1982 gerade eine von zehn Familien Fondsanteile besaß,
hatten 1998 schon 119,8 Millionen US-Bürger ein Investmentdepot - das
entspricht zwei Depots pro Familie.
Mit dieser zunehmenden Bedeutung der Wertpapiermärkte hat auch eine wichtige
ideologische Veränderung stattgefunden. Sparen, also das, was die abhängig
Beschäftigten immer getan haben, wurde zur Investition. Diese Umdefinition
des Begriffs führt zu einem weiteren Verwischen der Klassenstruktur: Jetzt
sind alle Investoren, und die Unterscheidung zwischen den verschiedenen
Gruppen von Anlegern - Privatpersonen, Unternehmen, Arme, Reiche - hat sich
in nichts aufgelöst.
Weil auch das Kapital ein Interesse an einem realistischen Bild der
ökonomischen Situation hat, wird in den USA diskutiert, ob nicht die
IAS-Regeln für die Bilanzierung eingeführt werden sollten. Obwohl auch diese
einen virtuellen Wert und nicht das reale Nettovermögen angeben, müßten
viele Unternehmenswerte so abgewertet werden, daß weitere Konkurse
unausweichlich sind. Dadurch würde der ohnehin zögerliche
Konjunkturaufschwung gefährdet. Außerdem senkt eine Wertberichtigung die
Kreditwürdigkeit, und die Konzerne müßten höhere Zinsen für Anleihen zahlen,
was die Politik des billigen Geldes konterkariert, mit der die US-Notenbank
seit über einem Jahr versucht, die Wirtschaft anzukurbeln. Geht aber
andererseits die Roßtäuscherei weiter, nimmt der Vertrauensverlust der
Anleger zu, was die Börsenkurse weiter nach unten treibt und negative
Auswirkungen auf die Realwirtschaft hat. Auf ökonomischer Ebene scheint also
kein Ausweg aus diesem Dilemma möglich, wohl aber auf politischer. Mitte
Februar, auf dem Höhepunkt der Enron-Krise, meinte ein Anlageberater des
Schweizer Bankhauses Julius Bär: »Wenn der Irak angegriffen wird, redet
keiner mehr von Buchhaltung.«
Aus der FTD vom 24.6.2002
Kolumne: Wenn die Blase platzt
Von Wolfgang Münchau Die Aufwertung des Euro und der starke Verfall an den
Aktienmärkten markieren den Anfang eines Anpassungsprozesses an die
Realität. Wie sieht unsere Welt aus, wenn der Euro 1,50 $ wert ist, der Dow
Jones Industrial Average (DJIA) auf ein Niveau von 7000 gefallen ist und der
Dax 30 bei 3000 liegt?
Noch sind wir ein gutes Stück von diesem Szenario entfernt, doch die
Stimmung in den Märkten hat sich in den letzten Wochen deutlich
verschlechtert - und es kann weitaus schlimmer kommen. Das gerade
beschriebene Szenario ist angesichts der Ungleichgewichte in der
Weltwirtschaft sogar noch recht optimistisch: In den USA sind die doppelten
Defizite zurückgekehrt, und die Blase an den Aktienmärkten ist geplatzt,
insbesondere in der Telekommunikationsbranche. US-Notenbankchef Alan
Greenspan hat die Blase im Immobiliensektor unterschätzt, und in Europa
trauen sich Politiker nicht, längst überfällige Reformen in den
Arbeitsmärkten und in den sozialen Versicherungssystemen vorzunehmen.
Der Dollar gerät unter Druck
Die Dynamik einer Weltwirtschaft ist zu komplex für präzise langfristige
Voraussagen. Trotzdem lassen sich einige Trends ausmachen: Die Aufwertung
des Euro hat völlig andere Gründe als die des Dollar in den späten 90er
Jahren. Damals gingen ausländische Investoren in die USA, weil sie sich dort
wegen des starken Anstiegs der Produktivität höhere Renditen erhofften. Mit
diesem Kapital finanzierten die Amerikaner ihr hohes Leistungsbilanzdefizit.
In den vergangenen Monaten hat sich diese Entwicklung geändert. Der
Überschuss in der amerikanischen Kapitalverkehrsbilanz nimmt ab, der Dollar
gerät unter Druck.
In dieser Situation wäre zu erwarten, dass zum Beispiel die europäischen
Investoren ihr Geld aus den US-Aktienmärkten abziehen und in heimische
Aktien investieren. Genau das Gegenteil ist der Fall. Der Dax ist seit
Anfang April um rund 20 Prozent gefallen, der DJIA dagegen nur um rund zehn
Prozent.
Diese Asymmetrie hat verschiedene Gründe: Amerikas Märkte sind besser
reguliert, die US-Wirtschaft wird gerade wegen ihrer aggressiven Geld- und
Fiskalpolitik höhere Wachstumsraten erreichen als die Europäer. In den
Märkten hat sich herumgesprochen, dass auch ein Regierungswechsel in
Deutschland zu keinen nennenswerten Reformen führen würde. Somit ist nicht
damit zu rechnen, dass die europäischen Volkswirtschaften in wenigen Jahren
eine starke Eigendynamik entwickeln werden. Eine starke Währung würde hier
die Situation eher noch verschlimmern, insbesondere in stark
exportabhängigen Ländern wie Deutschland. Daher sind Investoren konsequent,
wenn sie den deutschen Markt so einschätzen, wie sie es zur Zeit tun.
Daraus ergibt sich ein relativ einheitlicher Trend für die Finanzmärkte in
den USA und Europa. An den Devisenmärkten zeichnet sich ab, dass der Euro in
relativ kurzer Zeit Parität zum Dollar erreichen wird - und damit immer noch
unterbewertet wäre. Hier zeigt sich die Stärke des Anpassungsbedarfs in den
Weltfinanzmärkten. Selbst wenn der Dollar oder der DJIA um 20 Prozent
fallen, sind die Kurse immer noch überbewertet.
Nach dem Crash ist vor dem Crash. Insbesondere sind diese Anpassungsprozesse
nicht linear. Gerade die Devisenmärkte neigen zum "Overshooting" - was im
Übrigen nicht alleine mit falschen Markteinschätzungen zu erklären ist. Die
immer noch wachsenden Defizite in der Leistungsbilanz, die bald wieder
auftretenden Defizite im US-Haushalt und eine sich verschlechternde
Kapitalverkehrsbilanz werden den Dollarkurs noch lange unter Druck halten.
In Anbetracht der neuen Ungleichgewichte in den USA wäre ein Euro-Kurs von
1,20 $ bis 1,30 $ angemessen, ein Kurs 1,50 $ im Rahmen des Möglichen und
selbst ein Kurs von 2 $ nicht völlig auszuschließen. Da die europäischen
Aktienmärkte relativ unattraktiv sind, fließt das aus der Wall Street
repatriierte Geld vor allem in die Bondmärkte. Dort steht eine steigende
Nachfrage einem weiterhin engen Angebot gegenüber.
Konsolidierung in Europa
Selbst wenn die Mitglieder der Euro-Zone die Vorgabe des Stabilitätspaktes
nicht genau einhalten, werden die europäischen Regierungen im Vergleich zu
den USA und Japan ihre Haushalte stärker konsolidieren. Die damit verbundene
Reduzierung der Neuverschuldung führt bei steigender Nachfrage zu höheren
Bondpreisen und geringeren Kapitalmarktzinsen. Damit verstärkt sich der
Trend zu starken Bondmärkten.
Die Aktienmärkte in Europa werden vom starken Euro kaum profitieren, zumal
auch sie von globalen Effekten betroffen werden - besonders von der
Anpassung nach der geplatzten Blase. Sie sind nach allen etablierten
Bewertungsmaßstäben stark überbewertet - und zwar ähnlich wie vor dem Crash
im Jahre 1929. Die Wirtschaftsgeschichte zeigt, dass Anpassungsprozesse nach
einer extremen Blase lang und schmerzvoll sind. So war es nach 1929, und so
war es nach der Aktien- und Immobilienblase in Japan während der 90er Jahre.
Es gibt keinen Grund zur Annahme, dass es in den USA und Europa demnächst
anders kommen wird.
© 2002 Financial Times Deutschland
Kolumne: Wenn die Blase platzt
Von Wolfgang Münchau Die Aufwertung des Euro und der starke Verfall an den
Aktienmärkten markieren den Anfang eines Anpassungsprozesses an die
Realität. Wie sieht unsere Welt aus, wenn der Euro 1,50 $ wert ist, der Dow
Jones Industrial Average (DJIA) auf ein Niveau von 7000 gefallen ist und der
Dax 30 bei 3000 liegt?
Noch sind wir ein gutes Stück von diesem Szenario entfernt, doch die
Stimmung in den Märkten hat sich in den letzten Wochen deutlich
verschlechtert - und es kann weitaus schlimmer kommen. Das gerade
beschriebene Szenario ist angesichts der Ungleichgewichte in der
Weltwirtschaft sogar noch recht optimistisch: In den USA sind die doppelten
Defizite zurückgekehrt, und die Blase an den Aktienmärkten ist geplatzt,
insbesondere in der Telekommunikationsbranche. US-Notenbankchef Alan
Greenspan hat die Blase im Immobiliensektor unterschätzt, und in Europa
trauen sich Politiker nicht, längst überfällige Reformen in den
Arbeitsmärkten und in den sozialen Versicherungssystemen vorzunehmen.
Der Dollar gerät unter Druck
Die Dynamik einer Weltwirtschaft ist zu komplex für präzise langfristige
Voraussagen. Trotzdem lassen sich einige Trends ausmachen: Die Aufwertung
des Euro hat völlig andere Gründe als die des Dollar in den späten 90er
Jahren. Damals gingen ausländische Investoren in die USA, weil sie sich dort
wegen des starken Anstiegs der Produktivität höhere Renditen erhofften. Mit
diesem Kapital finanzierten die Amerikaner ihr hohes Leistungsbilanzdefizit.
In den vergangenen Monaten hat sich diese Entwicklung geändert. Der
Überschuss in der amerikanischen Kapitalverkehrsbilanz nimmt ab, der Dollar
gerät unter Druck.
In dieser Situation wäre zu erwarten, dass zum Beispiel die europäischen
Investoren ihr Geld aus den US-Aktienmärkten abziehen und in heimische
Aktien investieren. Genau das Gegenteil ist der Fall. Der Dax ist seit
Anfang April um rund 20 Prozent gefallen, der DJIA dagegen nur um rund zehn
Prozent.
Diese Asymmetrie hat verschiedene Gründe: Amerikas Märkte sind besser
reguliert, die US-Wirtschaft wird gerade wegen ihrer aggressiven Geld- und
Fiskalpolitik höhere Wachstumsraten erreichen als die Europäer. In den
Märkten hat sich herumgesprochen, dass auch ein Regierungswechsel in
Deutschland zu keinen nennenswerten Reformen führen würde. Somit ist nicht
damit zu rechnen, dass die europäischen Volkswirtschaften in wenigen Jahren
eine starke Eigendynamik entwickeln werden. Eine starke Währung würde hier
die Situation eher noch verschlimmern, insbesondere in stark
exportabhängigen Ländern wie Deutschland. Daher sind Investoren konsequent,
wenn sie den deutschen Markt so einschätzen, wie sie es zur Zeit tun.
Daraus ergibt sich ein relativ einheitlicher Trend für die Finanzmärkte in
den USA und Europa. An den Devisenmärkten zeichnet sich ab, dass der Euro in
relativ kurzer Zeit Parität zum Dollar erreichen wird - und damit immer noch
unterbewertet wäre. Hier zeigt sich die Stärke des Anpassungsbedarfs in den
Weltfinanzmärkten. Selbst wenn der Dollar oder der DJIA um 20 Prozent
fallen, sind die Kurse immer noch überbewertet.
Nach dem Crash ist vor dem Crash. Insbesondere sind diese Anpassungsprozesse
nicht linear. Gerade die Devisenmärkte neigen zum "Overshooting" - was im
Übrigen nicht alleine mit falschen Markteinschätzungen zu erklären ist. Die
immer noch wachsenden Defizite in der Leistungsbilanz, die bald wieder
auftretenden Defizite im US-Haushalt und eine sich verschlechternde
Kapitalverkehrsbilanz werden den Dollarkurs noch lange unter Druck halten.
In Anbetracht der neuen Ungleichgewichte in den USA wäre ein Euro-Kurs von
1,20 $ bis 1,30 $ angemessen, ein Kurs 1,50 $ im Rahmen des Möglichen und
selbst ein Kurs von 2 $ nicht völlig auszuschließen. Da die europäischen
Aktienmärkte relativ unattraktiv sind, fließt das aus der Wall Street
repatriierte Geld vor allem in die Bondmärkte. Dort steht eine steigende
Nachfrage einem weiterhin engen Angebot gegenüber.
Konsolidierung in Europa
Selbst wenn die Mitglieder der Euro-Zone die Vorgabe des Stabilitätspaktes
nicht genau einhalten, werden die europäischen Regierungen im Vergleich zu
den USA und Japan ihre Haushalte stärker konsolidieren. Die damit verbundene
Reduzierung der Neuverschuldung führt bei steigender Nachfrage zu höheren
Bondpreisen und geringeren Kapitalmarktzinsen. Damit verstärkt sich der
Trend zu starken Bondmärkten.
Die Aktienmärkte in Europa werden vom starken Euro kaum profitieren, zumal
auch sie von globalen Effekten betroffen werden - besonders von der
Anpassung nach der geplatzten Blase. Sie sind nach allen etablierten
Bewertungsmaßstäben stark überbewertet - und zwar ähnlich wie vor dem Crash
im Jahre 1929. Die Wirtschaftsgeschichte zeigt, dass Anpassungsprozesse nach
einer extremen Blase lang und schmerzvoll sind. So war es nach 1929, und so
war es nach der Aktien- und Immobilienblase in Japan während der 90er Jahre.
Es gibt keinen Grund zur Annahme, dass es in den USA und Europa demnächst
anders kommen wird.
© 2002 Financial Times Deutschland
aus der aktuellen "Finanzwoche" von Dr. Ehrhardt:
"Eine Vorhersage zu wagen, wann das Vertrauen wieder hergestellt wird, ist
kaum möglich. Nach dem britischen Magazin Economist mussten zuletzt ca. 1000
US-Unternehmen ihre Gewinne berichtigen, was jetzt zu entsprechenden
Untersuchungen der US-Behörden führen wird. Es dürfte also noch eine ganze
Reihe von Enrons bzw. WorldComs und Xeroxes geben. Wenn die Vorstände einen
hohen Aktienanteil besitzen (den sie als Insider zu überhöhten Preisen
verkaufen wollen) bzw. größere Optionsprogramme bestehen, wird in den USA
immer mehr betrogen. Bei den deutschen DAX- und MDAX-Werten haben die
Vorstände in der Regel überhaupt keine eigenen Aktien, und außer bei der
Deutsch Telekom sowie einigen Banken und Technologieaktien in der Regel nur
angemessene, relativ bescheidene, nach oben begrenzte Optionsprogramme.
Abgesehen vom inzwischen am Boden liegenden Neuen liegenden Neuen Markt,
sind die Gefahren für betrügerische Machenschaften also an der US-Börse
ungleich viel höher als in Deutschland oder Europa. Amerika hat im Grunde
den Shareholder Value zerstört und daraus einen "Manager Value" gemacht. Das
Vertrauen in die US-Börse wird sich nicht so schnell reparieren lassen.
Hinzu kommt allerdings auch der volkswirtschaftlich völlig begründete
Vertrauensverlust in die amerikanische Wirtschaft und Währung: Ein weiterer
Absturz des US-Dollars wird sich nicht vermeiden lassen. Das
Leistungsbilanzdefizit von erwarteten ca. 500 Mrd. $ (das in den nächsten
Jahren noch steigen soll) konnte in den letzten Jahren nur aufgefangen
werden durch die verlogene Propaganda für US-Wertpapiere (Ausländerkäufe).
Bei den Anleihen gab es im 1. Quartal mit 32 Mrd. $ bereits die höchsten
Ausfälle in der Wirtschaftsgeschichte, für das 2. Quartal dürften sie noch
wesentlich gewachsen sein. Auf volkswirtschaftlicher Basis gingen die
Unternehmensgewinne seit 1997 massiv zurück, während sie bei den
veröffentlichten Gewinnen pro Aktie stiegen. Dies lag nicht nur an den auf
Kredit gekauften eigenen Aktien, sondern im wesentlichen an
Buchhaltungstricks im Zuge der inzwischen in Verruf geratenen
US-Buchhaltungsmethode GAAP. Es ist unmöglich, dass die volkswirtschaftliche
Gewinnsumme sich halbiert (bei gleichzeitiger Explosion der Zinskosten im
Zuge der Verschuldung), und andererseits die ausgewiesenen Gewinne der
einzelnen US-Aktiengesellschaften ständig steigen. Es gab wohl noch nie eine
überschätztere Wirtschaft als die US-Wirtschaft, und hier wiederum die Neue
Ökonomie.
Auch der US-Dollar ist wohl die in der Wirtschaftsgeschichte überschätzteste
Währung schlechthin. Normalerweise steigen und fallen Währungen mit einer
Veränderung der Handelsbilanz eines Landes. In den USA haben Volkswirte in
den letzten Jahren allen Ernstes das explodierende Defizit als "Stärke" der
Amerikaner gedeutet. In Wirklichkeit zeigt sich hier nur die nicht mehr
konkurrenzfähige US-Industrie, die nicht zu den Preisen der Importe
produzieren kann. Es ist wohl in der Wirtschaftsgeschichte einmalig, dass
ein Land durch geschickte Propaganda enorme Kapitalreserven an sich gezogen
hat, obwohl dies volkswirtschaftlich nicht gerechtfertigt ist. Von Daimler
bis zu vielen mittelgroßen Aktiengesellschaften gibt es fast nur Beispiele,
in denen neu erworbene US-Töchter hohe Verluste oder schlechte Gewinne
erwirtschaften. Die angeblich hohe Produktivität in den USA erscheint im
Hinblick auf die geschönten Zahlen im Zuge des hedonischen Preisindex mehr
eine Fata Morgana als Realität. Wenn die internationalen Anleger jetzt
beginnen, ihre Bestände in US-Aktien und Anleihen (im Zuge der zu
erwartenden Dollarschwäche) abzubauen, so kann man sich vorstellen, was
daraus volkswirtschaftlich resultiert. Nicht nur eine neue Verstärkung der
Dollarbaisse, sondern höhere Inflation in den USA über Importpreise, Anstieg
der langfristigen US-Zinsen im Zuge höherer Inflation, sowie auch
schlechterer Konsum im Zuge des Reichtumseffekts bei rückläufiger
US-Aktienbörse. Die volkswirtschaftlichen Ungleichgewichte in den USA können
sich eigentlich nur in Form einer ähnlichen Kettenreaktion ausgleichen.
Offensichtlich versucht man zur Zeit immer noch, den US-Dollar zu stützen.
Die japanische Notenbank tut dies offen, tatsächlich dürfte es aber auch
andere Stützungsaktionen geben. Inwieweit sich daran Amerikaner oder
Europäer beteiligen, ist schwer vorauszusagen. Im Euro-Währungssystem
verfrüht man bereits über mehr als 400 Mrd. € an Währungsreserven, die zum
größten Teil aus Dollars bestehen. Es wird kaum eine große Neigung bestehen,
sich in Europa noch weitere (abwertungsverdächtige) Dollars einzuverleiben.
Die Bundesbank hatte im letzten Jahr glücklicherweise wenigstens eine kleine
Milliardengröße an Dollars verkauft."
"Unser Haus hält es für hochwahrscheinlich, dass Gold in der Vergangenheit
künstlich gedrückt wurde."
"Eine Vorhersage zu wagen, wann das Vertrauen wieder hergestellt wird, ist
kaum möglich. Nach dem britischen Magazin Economist mussten zuletzt ca. 1000
US-Unternehmen ihre Gewinne berichtigen, was jetzt zu entsprechenden
Untersuchungen der US-Behörden führen wird. Es dürfte also noch eine ganze
Reihe von Enrons bzw. WorldComs und Xeroxes geben. Wenn die Vorstände einen
hohen Aktienanteil besitzen (den sie als Insider zu überhöhten Preisen
verkaufen wollen) bzw. größere Optionsprogramme bestehen, wird in den USA
immer mehr betrogen. Bei den deutschen DAX- und MDAX-Werten haben die
Vorstände in der Regel überhaupt keine eigenen Aktien, und außer bei der
Deutsch Telekom sowie einigen Banken und Technologieaktien in der Regel nur
angemessene, relativ bescheidene, nach oben begrenzte Optionsprogramme.
Abgesehen vom inzwischen am Boden liegenden Neuen liegenden Neuen Markt,
sind die Gefahren für betrügerische Machenschaften also an der US-Börse
ungleich viel höher als in Deutschland oder Europa. Amerika hat im Grunde
den Shareholder Value zerstört und daraus einen "Manager Value" gemacht. Das
Vertrauen in die US-Börse wird sich nicht so schnell reparieren lassen.
Hinzu kommt allerdings auch der volkswirtschaftlich völlig begründete
Vertrauensverlust in die amerikanische Wirtschaft und Währung: Ein weiterer
Absturz des US-Dollars wird sich nicht vermeiden lassen. Das
Leistungsbilanzdefizit von erwarteten ca. 500 Mrd. $ (das in den nächsten
Jahren noch steigen soll) konnte in den letzten Jahren nur aufgefangen
werden durch die verlogene Propaganda für US-Wertpapiere (Ausländerkäufe).
Bei den Anleihen gab es im 1. Quartal mit 32 Mrd. $ bereits die höchsten
Ausfälle in der Wirtschaftsgeschichte, für das 2. Quartal dürften sie noch
wesentlich gewachsen sein. Auf volkswirtschaftlicher Basis gingen die
Unternehmensgewinne seit 1997 massiv zurück, während sie bei den
veröffentlichten Gewinnen pro Aktie stiegen. Dies lag nicht nur an den auf
Kredit gekauften eigenen Aktien, sondern im wesentlichen an
Buchhaltungstricks im Zuge der inzwischen in Verruf geratenen
US-Buchhaltungsmethode GAAP. Es ist unmöglich, dass die volkswirtschaftliche
Gewinnsumme sich halbiert (bei gleichzeitiger Explosion der Zinskosten im
Zuge der Verschuldung), und andererseits die ausgewiesenen Gewinne der
einzelnen US-Aktiengesellschaften ständig steigen. Es gab wohl noch nie eine
überschätztere Wirtschaft als die US-Wirtschaft, und hier wiederum die Neue
Ökonomie.
Auch der US-Dollar ist wohl die in der Wirtschaftsgeschichte überschätzteste
Währung schlechthin. Normalerweise steigen und fallen Währungen mit einer
Veränderung der Handelsbilanz eines Landes. In den USA haben Volkswirte in
den letzten Jahren allen Ernstes das explodierende Defizit als "Stärke" der
Amerikaner gedeutet. In Wirklichkeit zeigt sich hier nur die nicht mehr
konkurrenzfähige US-Industrie, die nicht zu den Preisen der Importe
produzieren kann. Es ist wohl in der Wirtschaftsgeschichte einmalig, dass
ein Land durch geschickte Propaganda enorme Kapitalreserven an sich gezogen
hat, obwohl dies volkswirtschaftlich nicht gerechtfertigt ist. Von Daimler
bis zu vielen mittelgroßen Aktiengesellschaften gibt es fast nur Beispiele,
in denen neu erworbene US-Töchter hohe Verluste oder schlechte Gewinne
erwirtschaften. Die angeblich hohe Produktivität in den USA erscheint im
Hinblick auf die geschönten Zahlen im Zuge des hedonischen Preisindex mehr
eine Fata Morgana als Realität. Wenn die internationalen Anleger jetzt
beginnen, ihre Bestände in US-Aktien und Anleihen (im Zuge der zu
erwartenden Dollarschwäche) abzubauen, so kann man sich vorstellen, was
daraus volkswirtschaftlich resultiert. Nicht nur eine neue Verstärkung der
Dollarbaisse, sondern höhere Inflation in den USA über Importpreise, Anstieg
der langfristigen US-Zinsen im Zuge höherer Inflation, sowie auch
schlechterer Konsum im Zuge des Reichtumseffekts bei rückläufiger
US-Aktienbörse. Die volkswirtschaftlichen Ungleichgewichte in den USA können
sich eigentlich nur in Form einer ähnlichen Kettenreaktion ausgleichen.
Offensichtlich versucht man zur Zeit immer noch, den US-Dollar zu stützen.
Die japanische Notenbank tut dies offen, tatsächlich dürfte es aber auch
andere Stützungsaktionen geben. Inwieweit sich daran Amerikaner oder
Europäer beteiligen, ist schwer vorauszusagen. Im Euro-Währungssystem
verfrüht man bereits über mehr als 400 Mrd. € an Währungsreserven, die zum
größten Teil aus Dollars bestehen. Es wird kaum eine große Neigung bestehen,
sich in Europa noch weitere (abwertungsverdächtige) Dollars einzuverleiben.
Die Bundesbank hatte im letzten Jahr glücklicherweise wenigstens eine kleine
Milliardengröße an Dollars verkauft."
"Unser Haus hält es für hochwahrscheinlich, dass Gold in der Vergangenheit
künstlich gedrückt wurde."
ich habe etwas interessantes zu WCM gefunden: http://www.anlegerschutz-check.de/wcm_inhalt.htm
http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,205118,00.html
USA
"Klarheit und Wahrheit"
Bilanzbetrug und Bereicherung gerissener Firmenchefs erschüttern nicht nur
die Aktienmärkte, längst hat das Beben auch das Weiße Haus erreicht:
Präsident Bush und sein Vize Cheney geraten immer stärker in den Verdacht,
selbst von unlauteren Buchungstricks profitiert zu haben.
Präsident George W. Bush hatte zum Krisengipfel geladen: Erstmals trafen
sich vergangenen Freitag hochrangige Rechts- und Finanzexperten im Weißen
Haus, um dem aus dem Ruder gelaufenen Kapitalismus neue, strengere
Vorschriften und Regeln zu verpassen. Die "Eingreiftruppe gegen
Unternehmensbetrug" machte sich an die Arbeit.
Doch die Aura von Kompetenz, Entschlusskraft und Handlungsbereitschaft, die
sich der Feldherr des Anti-Terror-Kriegs nun auch für den Kampf gegen
Betrug, Bereicherung und Börsenmanipulation an der Heimatfront verschaffen
wollte, verblasste, noch ehe die Task Force überhaupt im Amtssitz des
Präsidenten zusammentrat.
Denn die Erschütterungen, die weltweit Aktienkurse auf Talfahrt schickten
und Millionen von Anlegern ihr Erspartes gekostet haben, brachten nun auch
die Hausherren an der Pennsylvania Avenue in Bedrängnis. Es scheint, als
hätten sich Bush und sein Stellvertreter Dick Cheney als Manager die
gleichen Sünden zu Schulden kommen lassen, die sie nun als Politiker
geißeln. Nach immer neuen Enthüllungen über ihre finanzielle Vergangenheit
sind Bush und Cheney, der starke Mann hinter dem Regierungschef, ebenfalls
vom Empörungssturm über faule Bilanzen erfasst worden. Die Eingreiftruppe,
die vor allem der US-Wirtschaft wieder aufhelfen sollte, muss erst mal das
angeschlagene Image des Chefs und seines Vizes aufpolieren.
Bush & Co haben allerdings nicht nur an Schaltstellen dieses Systems
gesessen, ehe sie die Macht im Land übernahmen. Republikanische Politiker
haben mehr als andere von der Großzügigkeit jener Bosse profitiert, deren
Gesetzestreue sie eigentlich hätten kontrollieren müssen.
Die neue Task Force muss das nun nachholen: Unter der Führung des
Justizministers sollen der Finanzminister, die Vorsitzenden von Börsen und
Aufsichtsbehörden zusammen mit Fachleuten der Bundesstaatsanwaltschaft
Vorschläge für den Präsidenten ausarbeiten, wie die Serie von
Wirtschaftsskandalen aufgedeckt, verfolgt, bestraft und neue künftig
vermieden werden können. In New York hatte der Präsident vorige Woche selbst
den Kurs angegeben.
In seiner Rede vor Wirtschaftsführern sprach Bush von "Exzessen" in den
Vorstandsetagen und einem "Missbrauch der Macht", der "den Seelenfrieden und
das finanzielle Wohlergehen von Millionen Menschen" bedrohe. Er gelobte, mit
allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln "Korruption aufzudecken und
auszurotten", und verlangte "eine neue Ethik" in der Wirtschaftswelt: "Wir
brauchen Männer und Frauen mit Charakter." Bush wünschte sich
"Wirtschaftslenker, die den Unterschied zwischen Ehrgeiz und Gier kennen,
zwischen gerechtfertigtem Risiko und Betrug".
Doch die großen Worte, die salbungsvollen Kadenzen, verfehlten die Wirkung.
Noch während seiner Rede rutschten die Börsenkurse tiefer in den Keller.
Und schwerer noch als das Misstrauen der Anleger trifft das Bush-Team der
kaum noch von der Hand zu weisende Verdacht, der Präsident selbst und seine
wichtigsten Berater hätten in Sachen Geschäftsmoral und Wirtschaftsethik
alles andere als Vorbildrollen gespielt. Bush junior wird eingeholt von
seiner schillernden Vergangenheit. Denn als Geschäftsmann hatte der heutige
Präsident noch nie eine überzeugende Figur abgegeben.
Über Beziehungen seines Vaters, der als langjähriger Ölunternehmer und
republikanischer Parteiführer in Politik und Wirtschaft gleichermaßen gut
verbunden war, erhielt der älteste Sohn immer wieder lukrative Pöstchen.
Geriet er bei seinen Unternehmungen in geschäftliche Schieflagen, was der
Regelfall war, paukten ihn finanzkräftige Freunde aus dem Umfeld von Bush
senior wieder heraus.
So gelangte George W. 1986 als Direktor in die Führungsriege der texanischen
Ölfirma Harken. Dort geriet er mit einem ominösen Aktiendeal an den Rand der
Legalität, mit Scheingeschäften seiner Firma womöglich auch darüber hinaus.
Mit sattem Gewinn hatte der damals 41jährige Bush Harken- Aktien im Wert von
848 000 Dollar verkauft. Acht Tage später veröffentlichte das Unternehmen
einen überraschenden Millionenverlust, was den Aktienkurs abstürzen ließ.
Der Deal trug Bush nicht nur ein Ermittlungsverfahren wegen Insiderhandels
ein, das Jahre später ergebnislos eingestellt wurde. Unangenehmer noch ist
für den heutigen Präsidenten, dass der Konzern zuvor offenbar über
Phantombuchungen seine Bilanzen kräftig aufgebläht hatte, um den Börsenkurs
nach oben zu treiben.
An sich selbst und einige Mitwisser hatte Harken-Vorstand Mikel Faulkner -
mit Zustimmung seiner Kollegen, darunter auch George W. - die kleine
hawaianische, zum Harken- Firmenverbund gehörende Tankstellenkette Aloha
Petroleum verkauft und dafür eine Million Dollar angezahlt. Als Verkäufer
verbuchte die Harken-Führung jedoch umgehend den Eingang von 7,9 Millionen
Dollar und senkte so die stattlichen Verluste. Niemand, auch nicht Bush, der
damals im dreiköpfigen Buchprüfungsausschuss des Vorstands saß, erhob
Einspruch gegen diese Art der Bilanzaufbesserung, die den Amerikanern seit
den Skandal-Konkursen von Enron und WorldCom nur zu vertraut ist.
Die Zweifel an den alten Geschäftspraktiken werden noch verstärkt durch
günstige Firmenkredite, die Harken Bush zum Aktienkauf gewährt hatte, und
durch neue Vorwürfe, die gegen Vizepräsident Dick Cheney erhoben werden. Der
einstige Verteidigungsminister und Golfkriegsstratege wechselte nach dem
unerwarteten Ende der ersten Regierung Bush 1993 als Chef zum
Öldienstleister Halliburton.
Insgesamt fünf Jahre, von 1995 bis zum Sommer 2000, stand Cheney dem
texanischen Konzern vor. Und wenn die Angaben stimmen, die bislang bekannt
geworden sind, dann hat Halliburton ebenfalls kräftig bei den Bilanzen
geschummelt.
So soll das Unternehmen seine Umsatzzahlen allein zwischen 1999 und 2001 um
insgesamt 445 Millionen Dollar nach oben getrickst haben, indem es einfach
strittige Forderungen an Geschäftspartner als bereits realisierte Einnahmen
verbuchte, ohne dies entsprechend zu kennzeichnen. Tatsächlich fällt der
lange verheimlichte Wechsel in der Bilanzierungsmethode, der den in den
Büchern ausgewiesenen Gewinn allein im vierten Quartal 1998 mehr als
verdoppelte, in eine für das Unternehmen äußerst kritische Zeit: Die kurz
zuvor von Cheney eingefädelte Übernahme einer Baustofffirma galt vielen
Experten an der Wall Street als verlustreicher Fehlgriff. "Das aufregendste
Ding, in das ich je verwickelt war", hatte Cheney stolz den Kauf von Dresser
Industries genannt. Was er verschwieg: Mit dem Geschäft handelte Halliburton
sich fast 300 000 anhängige Schadensersatzverfahren wegen Asbestverseuchung
ein.
Die Hinweise auf Unregelmäßigkeiten in der Buchführung im Cheney-Konzern
sind so gravierend, dass die Börsenaufsichtsbehörde SEC nun Ermittlungen
gegen den Konzern eingeleitet hat. Mitte vergangener Woche reichte die
Anlegerschutzorganisation Judical Watch zudem für zwei düpierte Anleger
Klage gegen Cheney auf Schadensersatz in Millionenhöhe ein. Der
Vizepräsident selbst hat zu den Vorwürfen bislang geschwiegen.
Welch engen und mitunter höchst zweifelhaften Kontakt viele Mitglieder der
Bush-Regierung in der Vergangenheit zur Industrie hielten, hatte schon der
Fall Enron gezeigt, jener Wirtschaftsskandal, mit dem die Serie von Betrug
und Schwindel in Amerikas Chefetagen im vergangenen Dezember begann.
Justizminister John Ashcroft musste sich gleich zu Beginn der Ermittlungen
für befangen erklären, weil er Geldgeschenke von Enron für seinen Wahlkampf
erhalten hatte.
Robert Zoellick, Handelsbeauftragter der Regierung, und Lawrence Lindsey,
Chefökonom im Weißen Haus, standen als Enron-Berater sogar direkt auf der
Payroll des Energieriesen. Und auch Präsident Bush hatte mit Enron-Chef
Kenneth Lay jahrelang vertraulichen Umgang gepflegt, wie eine Reihe von
Briefen an seinen Freund "Kennyboy" beweisen.
Für beide Seiten lohnten die engen Beziehungen: Mehr als vier Millionen
Dollar spendierte Enron der Republikanischen Partei; Kennyboy, der für
George Bush jetzt wieder bürgerlich- distanziert "Mr. Lay" ist, war der
größte Einzelspender im Wahlkampf des Präsidenten.
Im Gegenzug fand der Energiekonzern stets ein offenes Ohr für seine
Anliegen. Allein Vizepräsident Cheney empfing sechsmal Konzernvertreter aus
Houston, ehe er das Energiekonzept der Regierung formulierte. Der
US-Rechnungshof klagt nun auf die Herausgabe von Gesprächsunterlagen.
Dass sich der Kollaps des eben noch siebtgrößten Unternehmens des Landes
nicht sofort in einen politischen Skandal ausweitete, lag vor allem an der
Zurückhaltung, mit der die Freunde in Washington ganz offenbar auf Lays
Hilfeersuchen reagierten, als es mit Enron zu Ende ging. Sowohl
Finanzminister Paul O`Neill, bis 1999 Vorstandsvorsitzender des weltweit
größten Aluminiumherstellers Alcoa, als auch Handelsminister Donald Evans,
ein weiterer Lay-Buddy und im Wahlkampf Bushs oberster Spendeneintreiber,
blieben untätig.
Der Präsident wiederum kam mit seiner windigen Abstandssuche durch, weil
Amerika auf den Krieg gegen den Terror orientiert blieb und die
Wahrheitsfindung sich auf die Geschäftspraktiken in der Enron-Zentrale in
Houston konzentrierte, anstatt auf Wucherungen in die Politik. Nun freilich
kehrt die Erinnerung an diese besonders innige Form des "crony capitalism"
zurück, wie in Amerika der Kapitalismus unter Kumpeln heißt. Ohne Hilfe der
Abgeordneten in Washington - auch der Demokraten - wären viele Betrügereien
gar nicht möglich gewesen. Es waren ja die Politiker, die auf Druck der
Industrie die Bilanzvorschriften lockerten und die Kontrollmöglichkeiten der
Börsenaufsicht immer weiter einschränkten.
Nun bedrohen die Skandale nicht nur einen Erfolg in den - für jede Regierung
schwierigen - Halbzeitwahlen im November. Erstmals erscheint möglich, dass
Bush junior einen ähnlichen Absturz erleiden könnte, wie ihn sein Vater als
41. Präsident der USA erlebte. Der bejubelte Golfkriegssieger von 1991 war
ein Jahr später wegen seiner Versäumnisse in der Wirtschaftspolitik so tief
in der Wählergunst gesunken, dass er das Weiße Haus seinem Nachfolger Bill
Clinton überlassen musste.
Zwar sind noch immer 76 Prozent der US-Bürger mit der Amtsführung von George
W. zufrieden. Aber die Gefahr für ihn wurde sichtbar, als vorige Woche nicht
einmal mehr die Hälfte aller Amerikaner glaubte, dass ihrem Präsidenten die
Interessen seiner Mitbürger wichtiger sind als die der großen Konzerne.
Welcher Erklärungsdruck mittlerweile auf Bush junior lastet, zeigte sich am
vergangenen Montag, als er auf einer Pressekonferenz in Washington zu seinen
eigenen Aktiengeschäften Stellung nahm. Was als kurzer, kraftvoller Auftritt
gedacht war, um die lästige Harken-Geschichte endlich aus der Welt zu
schaffen, weitete sich zu einer peinlichen Befragung aus, in deren Verlauf
der Präsident genau jene "Klarheit und Wahrheit" vermissen ließ, die er
anderntags so kraftvoll anmahnte.
Verlegen nach Worten ringend, warum er die Börsenaufsicht über den geplanten
Verkauf von Harken-Aktien erst mit achtmonatiger Verspätung vollständig
unterrichtet habe, berief er sich auf eine Art Erklärungsnotstand: "Ich
verstehe bis heute nicht ganz, was da schief gelaufen ist."
Und als Reporter wissen wollten, wie er denn im Rückblick die seltsamen
Bilanzoperationen der Ölfirma sehe, antwortete der Mann, der die Welt bisher
immer schlicht in Gut und Böse aufgeteilt hatte, ausweichend: "Wenn es um
Bilanzfragen geht, sind die Dinge in der Wirtschaft oft nicht eindeutig
schwarz oder weiß."
JAN FLEISCHHAUER, SIEGESMUND VON ILSEMANN
USA
"Klarheit und Wahrheit"
Bilanzbetrug und Bereicherung gerissener Firmenchefs erschüttern nicht nur
die Aktienmärkte, längst hat das Beben auch das Weiße Haus erreicht:
Präsident Bush und sein Vize Cheney geraten immer stärker in den Verdacht,
selbst von unlauteren Buchungstricks profitiert zu haben.
Präsident George W. Bush hatte zum Krisengipfel geladen: Erstmals trafen
sich vergangenen Freitag hochrangige Rechts- und Finanzexperten im Weißen
Haus, um dem aus dem Ruder gelaufenen Kapitalismus neue, strengere
Vorschriften und Regeln zu verpassen. Die "Eingreiftruppe gegen
Unternehmensbetrug" machte sich an die Arbeit.
Doch die Aura von Kompetenz, Entschlusskraft und Handlungsbereitschaft, die
sich der Feldherr des Anti-Terror-Kriegs nun auch für den Kampf gegen
Betrug, Bereicherung und Börsenmanipulation an der Heimatfront verschaffen
wollte, verblasste, noch ehe die Task Force überhaupt im Amtssitz des
Präsidenten zusammentrat.
Denn die Erschütterungen, die weltweit Aktienkurse auf Talfahrt schickten
und Millionen von Anlegern ihr Erspartes gekostet haben, brachten nun auch
die Hausherren an der Pennsylvania Avenue in Bedrängnis. Es scheint, als
hätten sich Bush und sein Stellvertreter Dick Cheney als Manager die
gleichen Sünden zu Schulden kommen lassen, die sie nun als Politiker
geißeln. Nach immer neuen Enthüllungen über ihre finanzielle Vergangenheit
sind Bush und Cheney, der starke Mann hinter dem Regierungschef, ebenfalls
vom Empörungssturm über faule Bilanzen erfasst worden. Die Eingreiftruppe,
die vor allem der US-Wirtschaft wieder aufhelfen sollte, muss erst mal das
angeschlagene Image des Chefs und seines Vizes aufpolieren.
Bush & Co haben allerdings nicht nur an Schaltstellen dieses Systems
gesessen, ehe sie die Macht im Land übernahmen. Republikanische Politiker
haben mehr als andere von der Großzügigkeit jener Bosse profitiert, deren
Gesetzestreue sie eigentlich hätten kontrollieren müssen.
Die neue Task Force muss das nun nachholen: Unter der Führung des
Justizministers sollen der Finanzminister, die Vorsitzenden von Börsen und
Aufsichtsbehörden zusammen mit Fachleuten der Bundesstaatsanwaltschaft
Vorschläge für den Präsidenten ausarbeiten, wie die Serie von
Wirtschaftsskandalen aufgedeckt, verfolgt, bestraft und neue künftig
vermieden werden können. In New York hatte der Präsident vorige Woche selbst
den Kurs angegeben.
In seiner Rede vor Wirtschaftsführern sprach Bush von "Exzessen" in den
Vorstandsetagen und einem "Missbrauch der Macht", der "den Seelenfrieden und
das finanzielle Wohlergehen von Millionen Menschen" bedrohe. Er gelobte, mit
allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln "Korruption aufzudecken und
auszurotten", und verlangte "eine neue Ethik" in der Wirtschaftswelt: "Wir
brauchen Männer und Frauen mit Charakter." Bush wünschte sich
"Wirtschaftslenker, die den Unterschied zwischen Ehrgeiz und Gier kennen,
zwischen gerechtfertigtem Risiko und Betrug".
Doch die großen Worte, die salbungsvollen Kadenzen, verfehlten die Wirkung.
Noch während seiner Rede rutschten die Börsenkurse tiefer in den Keller.
Und schwerer noch als das Misstrauen der Anleger trifft das Bush-Team der
kaum noch von der Hand zu weisende Verdacht, der Präsident selbst und seine
wichtigsten Berater hätten in Sachen Geschäftsmoral und Wirtschaftsethik
alles andere als Vorbildrollen gespielt. Bush junior wird eingeholt von
seiner schillernden Vergangenheit. Denn als Geschäftsmann hatte der heutige
Präsident noch nie eine überzeugende Figur abgegeben.
Über Beziehungen seines Vaters, der als langjähriger Ölunternehmer und
republikanischer Parteiführer in Politik und Wirtschaft gleichermaßen gut
verbunden war, erhielt der älteste Sohn immer wieder lukrative Pöstchen.
Geriet er bei seinen Unternehmungen in geschäftliche Schieflagen, was der
Regelfall war, paukten ihn finanzkräftige Freunde aus dem Umfeld von Bush
senior wieder heraus.
So gelangte George W. 1986 als Direktor in die Führungsriege der texanischen
Ölfirma Harken. Dort geriet er mit einem ominösen Aktiendeal an den Rand der
Legalität, mit Scheingeschäften seiner Firma womöglich auch darüber hinaus.
Mit sattem Gewinn hatte der damals 41jährige Bush Harken- Aktien im Wert von
848 000 Dollar verkauft. Acht Tage später veröffentlichte das Unternehmen
einen überraschenden Millionenverlust, was den Aktienkurs abstürzen ließ.
Der Deal trug Bush nicht nur ein Ermittlungsverfahren wegen Insiderhandels
ein, das Jahre später ergebnislos eingestellt wurde. Unangenehmer noch ist
für den heutigen Präsidenten, dass der Konzern zuvor offenbar über
Phantombuchungen seine Bilanzen kräftig aufgebläht hatte, um den Börsenkurs
nach oben zu treiben.
An sich selbst und einige Mitwisser hatte Harken-Vorstand Mikel Faulkner -
mit Zustimmung seiner Kollegen, darunter auch George W. - die kleine
hawaianische, zum Harken- Firmenverbund gehörende Tankstellenkette Aloha
Petroleum verkauft und dafür eine Million Dollar angezahlt. Als Verkäufer
verbuchte die Harken-Führung jedoch umgehend den Eingang von 7,9 Millionen
Dollar und senkte so die stattlichen Verluste. Niemand, auch nicht Bush, der
damals im dreiköpfigen Buchprüfungsausschuss des Vorstands saß, erhob
Einspruch gegen diese Art der Bilanzaufbesserung, die den Amerikanern seit
den Skandal-Konkursen von Enron und WorldCom nur zu vertraut ist.
Die Zweifel an den alten Geschäftspraktiken werden noch verstärkt durch
günstige Firmenkredite, die Harken Bush zum Aktienkauf gewährt hatte, und
durch neue Vorwürfe, die gegen Vizepräsident Dick Cheney erhoben werden. Der
einstige Verteidigungsminister und Golfkriegsstratege wechselte nach dem
unerwarteten Ende der ersten Regierung Bush 1993 als Chef zum
Öldienstleister Halliburton.
Insgesamt fünf Jahre, von 1995 bis zum Sommer 2000, stand Cheney dem
texanischen Konzern vor. Und wenn die Angaben stimmen, die bislang bekannt
geworden sind, dann hat Halliburton ebenfalls kräftig bei den Bilanzen
geschummelt.
So soll das Unternehmen seine Umsatzzahlen allein zwischen 1999 und 2001 um
insgesamt 445 Millionen Dollar nach oben getrickst haben, indem es einfach
strittige Forderungen an Geschäftspartner als bereits realisierte Einnahmen
verbuchte, ohne dies entsprechend zu kennzeichnen. Tatsächlich fällt der
lange verheimlichte Wechsel in der Bilanzierungsmethode, der den in den
Büchern ausgewiesenen Gewinn allein im vierten Quartal 1998 mehr als
verdoppelte, in eine für das Unternehmen äußerst kritische Zeit: Die kurz
zuvor von Cheney eingefädelte Übernahme einer Baustofffirma galt vielen
Experten an der Wall Street als verlustreicher Fehlgriff. "Das aufregendste
Ding, in das ich je verwickelt war", hatte Cheney stolz den Kauf von Dresser
Industries genannt. Was er verschwieg: Mit dem Geschäft handelte Halliburton
sich fast 300 000 anhängige Schadensersatzverfahren wegen Asbestverseuchung
ein.
Die Hinweise auf Unregelmäßigkeiten in der Buchführung im Cheney-Konzern
sind so gravierend, dass die Börsenaufsichtsbehörde SEC nun Ermittlungen
gegen den Konzern eingeleitet hat. Mitte vergangener Woche reichte die
Anlegerschutzorganisation Judical Watch zudem für zwei düpierte Anleger
Klage gegen Cheney auf Schadensersatz in Millionenhöhe ein. Der
Vizepräsident selbst hat zu den Vorwürfen bislang geschwiegen.
Welch engen und mitunter höchst zweifelhaften Kontakt viele Mitglieder der
Bush-Regierung in der Vergangenheit zur Industrie hielten, hatte schon der
Fall Enron gezeigt, jener Wirtschaftsskandal, mit dem die Serie von Betrug
und Schwindel in Amerikas Chefetagen im vergangenen Dezember begann.
Justizminister John Ashcroft musste sich gleich zu Beginn der Ermittlungen
für befangen erklären, weil er Geldgeschenke von Enron für seinen Wahlkampf
erhalten hatte.
Robert Zoellick, Handelsbeauftragter der Regierung, und Lawrence Lindsey,
Chefökonom im Weißen Haus, standen als Enron-Berater sogar direkt auf der
Payroll des Energieriesen. Und auch Präsident Bush hatte mit Enron-Chef
Kenneth Lay jahrelang vertraulichen Umgang gepflegt, wie eine Reihe von
Briefen an seinen Freund "Kennyboy" beweisen.
Für beide Seiten lohnten die engen Beziehungen: Mehr als vier Millionen
Dollar spendierte Enron der Republikanischen Partei; Kennyboy, der für
George Bush jetzt wieder bürgerlich- distanziert "Mr. Lay" ist, war der
größte Einzelspender im Wahlkampf des Präsidenten.
Im Gegenzug fand der Energiekonzern stets ein offenes Ohr für seine
Anliegen. Allein Vizepräsident Cheney empfing sechsmal Konzernvertreter aus
Houston, ehe er das Energiekonzept der Regierung formulierte. Der
US-Rechnungshof klagt nun auf die Herausgabe von Gesprächsunterlagen.
Dass sich der Kollaps des eben noch siebtgrößten Unternehmens des Landes
nicht sofort in einen politischen Skandal ausweitete, lag vor allem an der
Zurückhaltung, mit der die Freunde in Washington ganz offenbar auf Lays
Hilfeersuchen reagierten, als es mit Enron zu Ende ging. Sowohl
Finanzminister Paul O`Neill, bis 1999 Vorstandsvorsitzender des weltweit
größten Aluminiumherstellers Alcoa, als auch Handelsminister Donald Evans,
ein weiterer Lay-Buddy und im Wahlkampf Bushs oberster Spendeneintreiber,
blieben untätig.
Der Präsident wiederum kam mit seiner windigen Abstandssuche durch, weil
Amerika auf den Krieg gegen den Terror orientiert blieb und die
Wahrheitsfindung sich auf die Geschäftspraktiken in der Enron-Zentrale in
Houston konzentrierte, anstatt auf Wucherungen in die Politik. Nun freilich
kehrt die Erinnerung an diese besonders innige Form des "crony capitalism"
zurück, wie in Amerika der Kapitalismus unter Kumpeln heißt. Ohne Hilfe der
Abgeordneten in Washington - auch der Demokraten - wären viele Betrügereien
gar nicht möglich gewesen. Es waren ja die Politiker, die auf Druck der
Industrie die Bilanzvorschriften lockerten und die Kontrollmöglichkeiten der
Börsenaufsicht immer weiter einschränkten.
Nun bedrohen die Skandale nicht nur einen Erfolg in den - für jede Regierung
schwierigen - Halbzeitwahlen im November. Erstmals erscheint möglich, dass
Bush junior einen ähnlichen Absturz erleiden könnte, wie ihn sein Vater als
41. Präsident der USA erlebte. Der bejubelte Golfkriegssieger von 1991 war
ein Jahr später wegen seiner Versäumnisse in der Wirtschaftspolitik so tief
in der Wählergunst gesunken, dass er das Weiße Haus seinem Nachfolger Bill
Clinton überlassen musste.
Zwar sind noch immer 76 Prozent der US-Bürger mit der Amtsführung von George
W. zufrieden. Aber die Gefahr für ihn wurde sichtbar, als vorige Woche nicht
einmal mehr die Hälfte aller Amerikaner glaubte, dass ihrem Präsidenten die
Interessen seiner Mitbürger wichtiger sind als die der großen Konzerne.
Welcher Erklärungsdruck mittlerweile auf Bush junior lastet, zeigte sich am
vergangenen Montag, als er auf einer Pressekonferenz in Washington zu seinen
eigenen Aktiengeschäften Stellung nahm. Was als kurzer, kraftvoller Auftritt
gedacht war, um die lästige Harken-Geschichte endlich aus der Welt zu
schaffen, weitete sich zu einer peinlichen Befragung aus, in deren Verlauf
der Präsident genau jene "Klarheit und Wahrheit" vermissen ließ, die er
anderntags so kraftvoll anmahnte.
Verlegen nach Worten ringend, warum er die Börsenaufsicht über den geplanten
Verkauf von Harken-Aktien erst mit achtmonatiger Verspätung vollständig
unterrichtet habe, berief er sich auf eine Art Erklärungsnotstand: "Ich
verstehe bis heute nicht ganz, was da schief gelaufen ist."
Und als Reporter wissen wollten, wie er denn im Rückblick die seltsamen
Bilanzoperationen der Ölfirma sehe, antwortete der Mann, der die Welt bisher
immer schlicht in Gut und Böse aufgeteilt hatte, ausweichend: "Wenn es um
Bilanzfragen geht, sind die Dinge in der Wirtschaft oft nicht eindeutig
schwarz oder weiß."
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