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    Der Haushalt 2003 - reiner Wahlkampf - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 19.06.02 09:25:50 von
    neuester Beitrag 15.04.03 16:01:15 von
    Beiträge: 43
    ID: 599.115
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      schrieb am 19.06.02 09:25:50
      Beitrag Nr. 1 ()
      Der Haushalt 2003 – reiner Wahlkampf

      Eines muß man der Bundesregierung und Eichel zugute halten: es hätte schlimmer kommen können. In der Zeit nach Lafontaine wurden Risikoreserven in der Finanzplanung so gelegt, daß die Haushaltsansätze, wenn auch mit wachsenden Schwierigkeiten, eingehalten wurden. Hilfreich waren die Privatisierungserlöse von Deutscher Telekom und aus den UMTS-Lizenzen, die, auch dies ist positiv zu werten, für die außerordentliche Schuldentilgung eingesetzt wurden. In der Dämmerung der Ära Waigel waren die Reserven ausgeschöpft und wirkte der Finanzminister überfordert.

      Zum Schluß wurde es aber auch unetr Eichel schwierig, den Haushalt in den Griff zu bekommen. Z.B. wurde eine globale Stellenminderung von der Union übernommen, die den Personalbestand des Bundes jedes Jahr um 2% senken soll, ohne jedoch die Aufgaben des Bundes zu beschränken. Die Folge ist, daß die Effizienz des öffentlichen Dienstes abnimmt. Gleichzeitig wachsen die Pensionslasten relativ zu den Arbeitsleistungen des öffentlichen Dienstes weit überproportional. In manchen Bereichen überlastete Bedienstete, etwa im technischen Bereich, können immer noch im großen Umfang ihren Vorruhestand durchsetzen, durch den die Pensionslasten stärker als geplant anwachsen.

      Auch die Steuerreform und die schlechte konjunkturelle haben der Regierung unerwartet hohe Steuerausfälle beschert, die die Risikoreserven in der Finanzplanung völlig ausschöpften.

      Mit dem Haushalt 2003 nun wird der Stabilitätskurs verlassen. Es ist Wahlkampf, und das merkt man der Finanzplanung an. In folgenden Punkten ist der Haushalt 2003 ein reines Fantasiegebilde:

      1. Wachstum von 2,5 Prozent für 2003: unrealistische Annahme. Wahrscheinlich sind 1,5 bis 2 Prozent. Haushaltsrisiko dadurch: bis 15 Millliarden Euro.
      2. Zinsen sollen 2003 fallen: bei anziehender Konjunktur unrealistisch. Risiko: ca. 5 Milliarden Euro.
      3. Streckung der Tilgung des Fonds Deutsche Einheit: reiner Bilanztrick, der schon in den letzten Jahren angewandt wurde. Langfristig steigen dadurch die Zinslasten – es werden also Schulden in die Zukunft umverteilt und dabei erhöht. Risiko dadurch ca. 3 Milliarden Euro.
      4. Verkauf von Bundesbeteiligungen an die Kreditanstalt für Wiederaufbau. Das sind rein kalkulatorische Einnahmen, aber nicht reale. Haushaltsverschleierung: 6 Milliarden Euro.
      5. Einstellen unrealistischer Einsparungen (Erziehungsgeld, Rußlandschulden, Streichung der Planungsreserve): 3 Milliarden Euro.

      Es soll damit der nächsten Bundesregierung überlassen bleiben, der Öffentlichkeit zu verkünden, daß man die Kreditlinie 2003 nicht etwa senken kann, sondern im Gegenteil erhöhen muß. Während Eichel 15 Milliarden Euro neue Schulden in 2003 aufnehmen möchte, droht in Wirklichkeit eine Kreditaufnahme von über 40 Milliarden Euro. Egal wer regiert: es müssen weitere drastische Einschnitte im Haushalt vorgenommen werden. Gleichzeitig ist eine Erhöhung der staatlichen Einnahmen zumindest im Übergang erforderlich. Am realistischsten wäre hier eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um 1 Prozentpunkt. Leider hat keine Partei den Mut, dies der Öffentlichkeit zu sagen.

      Notwendig wären unter anderem als weitere Maßnahmen (manches, aber nicht alles wurde von der Union angekündigt):
      1. Senkung der Kapitalbesteuerung, um Fluchtkapital im Ausland wieder nach Deutschland zu locken. Gelingt es, 100 Milliarden Euro nach Deutschland zu locken, und die Einnahmen daraus effektiv mit 10 bis 20 Prozent zu belasten, könnten so um eine Milliarde Euro zusätzlich eingenommen werden. Das wahre Volumen des Fluchtkapitals ist unklar, kann aber diesen Ansatz durchaus übersteigen. Eine begrenzte Amnestie für Steuerhinterziehung könnte zusätzliche Einmaleinnahmen bescheren.
      2. Eine teilweise Rücknahme der Unternehmenssteuerreform: Beteiligungsverkäufe sind nicht mehr steuerfrei, sondern werden mit einem kleinen Prozentsatz (z.B. 5%) besteuert. Zusätzliche Einnahmen von 10 Milliarden Euro über die nächsten 5 Jahre wären daraus zu erwarten. Durch Mitnahmeeffekte könnte zudem die Entflechtung deutscher Firmen beschleunigt werden.
      3. Einfrieren von Sozialhilfe, Rente und Arbeitslosenhilfe auf einen begrenzten Zuwachs über die nächsten Jahre, Senkung des Bundeszuschusses zur Rentenversicherung. Hier winken 5 bis 10 Milliarden Euro Ersparnis.
      4. Ein Abbau von regulativen Eingriffen des Bundes, Reduzierung der Zahl der Formulare und der Vorschriften im Wirtschaftsleben. Einnahmeeffekte: schwer zu bewerten und eher langfristig.

      Man sollte Abschied nehmen von der Illusion, ein Regierungswechsel könnte zu einer Sanierung des Haushalts ohne schmerzhafte Einschnitte und ohne punktuelle Steuererhöhungen zumindest im Übergang führen. Oberstes Gebot muß sein, in Deutschland wieder ein starkes Wirtschaftswachstum zu starten, was nur über Deregulierung, Verwaltungsvereinfachung und steuerliche Entlastungen in Teilbereichen geht. Das würde einer neuen Regierung wohl einfacher fallen – allerdings würde auch die Union, wollte sie ein solches Programm umsetzen, einen Teil ihrer Versprechungen zurücknehmen. Und stünde, genau wie alle Vorgängerregierungen, übermäßig starken Interessenverbänden gegenüber. Die Hoffnung ist, daß sie im Fall einer Regierungsübernahme dem Vorbild der SPD folgt: nach dem „Kassensturz“ (das heißt, die Haushälter nehmen plötzlich zur Kenntnis, was sie bei der Arbeit im Haushaltsausschuß schon längst wissen) werden die zahlreichen bitteren Pillen für das Volk aus der Tasche gezogen. Größtes Hindernis: in einigen Bundesländern sind bald wieder Wahlen - ausgerechnet Hessen ist 2003 dran.
      Avatar
      schrieb am 20.06.02 08:51:10
      Beitrag Nr. 2 ()
      Ich glaube, das war den Leuten, die hier im Politikboard normalerweise die Diskussionen betreiben, zu hoch. :D

      Oder ich habe die Parolen für eine bestimmte Partei, die Schlüsselwörter Israel, Möllemann und Friedman und die Beschimpfung irgendeines Politikers vergessen. :D
      Avatar
      schrieb am 20.06.02 09:07:33
      Beitrag Nr. 3 ()
      Na dann ich mal ;)

      1. Wachstumsprognose zu hoch.... darüber lässt sich streiten, denn auf Grundlage der augenblicklichen Konjunktursignale liegt diese Schätzung nicht gerade am oberen Rand der Konjunkturforscher. Welche Regierung hat in den letzten Jahrzehnten in ihrer Prognose sich auf die unterste Prognose gestützt?

      2. Zinsen - sehr realistisch, denn der größte Teil der Zinslast wird durch die Nettokreditaufnahme bzw. Umschuldung im derzeitigen Umfeld bestimmt - m.a.W.: die derzeitig günstige Situation beeinflusst die Zinslast 2003 massgeblich, und nicht so sehr ein ggf. steigender Zins, den man ab Spätherbst vielleicht erwarten kann (by the way - dann auch wohl nur, wenn die Wachstumsprognosen in etwa so kommen, wie die Konjunkturforscher derzeit annehmen, und dann könnten sogar die 2,5% deutlich getoppt werden)

      Bei allen anderen Punkten kommt kein Widerspruch von mir
      Avatar
      schrieb am 20.06.02 09:21:40
      Beitrag Nr. 4 ()
      Neemann, es ist richtig, daß 2,5% Wachstum möglich sind. Aber sie sind eben nicht sicher. Daher fehlt hier die Sicherheitsreserve, die in den früheren Jahren Eichel für die Erzielung von Planungssicherheit genutzt hatte. Ich hatte mir mal von einem Mitarbeiter des Finanzministeriums erzählen lassen, an wie vielen Stellen Luft im Haushalt ist. Ohne diese Abpolsterungen hätten wir fast jedes Jahr einen Nachtragshaushalt. Und die werden jetzt für Wahlkampfzwecke fast völlig ausgenutzt.

      Es ist auch richtig, daß die Zinsen dann eher steigen, wenn das obere Wachstumsziel erreicht wird. Beide Risiken kompensieren sich etwas. Das habe ich bei meiner Zahl von 25 Milliarden Euro höherer Verschuldung als angegeben auch berücksichtigt, denn addierte man alle Angaben von mir auf, käme man auf 32 Milliarden Euro.

      Nun kann man verstehen, daß eine Regierung im Wahlkampf ihre Haushaltszahlen schönt. Aber ich halte dies auch für einen Ausweis, daß die Finanzplanung der Bundesregierung in schwere Probleme läuft. Sollte diese Bundesregierung die Wahl gewinnen, wird sie entweder einen Kurswechsel vollziehen oder die Verschuldung deutlich ausweiten. Sollte die Union gewinnen, wird sie mit Sicherheit erhebliche Abstriche an ihren Versprechungen machen. Ich glaube, eine neu in die Regierung gewählte Partei hat mehr Freiräume, einen Politikwechsel zu betreiben und dabei Einsparungen vorzunehmen. Über diese letzte Annahme kann man aber dann sicher streiten. ;)
      Avatar
      schrieb am 20.06.02 09:45:37
      Beitrag Nr. 5 ()
      for4zim,
      sicher ist bzgl. der Konjunktur gar nix. Nochmal: Kein Finanzminister hat je einen HH-Plan aufgestellt, in dem konjunkturell nur das worst-case-Szenario eingearbeitet war. Die 2,5% sind derzeit kein best-case-Fall, sondern realistisch bis leicht konservativ, auch wenn die Opposition das nicht gern so sieht.

      Und nochmals Zinslast: Der Posten ist bestens berechenbar, weil der Großteil der Kredite JETZT oder in jüngster Zeit neu aufgenommen oder umgeschuldet worden ist. Hast Du vielleicht mal in den letzten 1-2 Jahren Bundesobligationen doer Bundesschatzbriefe gehabt, die ausgelaufen sind bzw. überhaupt welche gekauft? Die Zinslast reduziert sich derzeit stetig, auch im Jahresverlauf 2002 wird das so sein.

      Du kannst auch gerne mal die eine oder andere Konjunkturprognose der Wirtschaftsforschungsinstitute nachlesen, die vor einigen Monaten gemacht wurden:

      DIW April-Prognose
      Im weiteren Verlauf des Jahres 2002 gewinnt die
      gesamtwirtschaftliche Produktion an Dynamik. Die industrielle
      Erzeugung - und hier insbesondere die Fertigung von Vorleistungs-
      und von Investitionsgütern - nimmt beschleunigt zu; der Rückgang im
      Baugewerbe wird schwächer. Die Produktion von konsumnahen
      Waren und Diensten wird wegen des nur verhalten expandierenden
      privaten Verbrauchs wenig ausgeweitet, ein stärkerer Zuwachs ist bei
      den Unternehmensdienstleistern und im Bereich Verkehr und
      Nachrichtenübermittlung zu erwarten. Das Bruttoinlandsprodukt wird
      im Jahresverlauf 2002 um 2 1/4 % steigen, im Jahresdurchschnitt
      wegen der niedrigen Ausgangsbasis jedoch nur um 0,9 % (Abbildung
      3.8).

      Frühjahrsgutachten aller Institute Ende April:
      2002 0,9% 2003 2,4%


      März-Prognose HWWA 2003 : 2,4%

      Juni-Prognose Institut für Weltwirtschaft
      Im Durchschnitt des Jahres 2003 wird das reale BIP um 2,5 Prozent steigen, nach 1,2 Prozent im Jahr zuvor.



      Dazu ist zu sagen, dass in den vergangenen 2 Monaten die Konjunkturfrühindikatoren stärker gestiegen sind als gedacht - auch in den USA, was für die Exportwirtschaft zusätzliche Bedeutung bekommt. Die jüngst überarbeiteten Prognosen hab ich im Netz nicht gefunden, aber die haben die genannten Zahlen rundweg nochmal nach oben korrigiert. Das HH-Szenario liegt derzeit voll auf Linie der alten Prognosen - in 03 liegt es zwar knapp drüber, rechnet aber noch mit 0,7% Wachstum in 2002, welches schon einigermassen sicher als übererfüllt angesehen werden kann.
      By the way - das eine oder andere Institut hat auf seinen Seiten auch Haushaltsprognosen auf der Ausgabenseite des Bundes, etwa das DIW: Eine weiter abnehmende Zinslast in 2003 ist dort ebenfalls nachzulesen.
      Ich stimme dir schon zu - diesmal sind weitaus weniger "stille Reserven" zu erkennen als zuvor, aber hinsichtlich der Wachstumsprognosen und der Zinslast widerspreche ich der Annahme, das sei zu optimistisch kalkuliert.

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      Avatar
      schrieb am 20.06.02 09:58:02
      Beitrag Nr. 6 ()
      Man sieht, dass Reformen gar nicht mehr möglich erscheinen, weil es nur darum geht, die Haushaltslöcher zu stopfen. Das schmälert die Akzeptanz in der Bevölkerung unheimlich, weil die Sanierung des Staatshaushaltes, bzw. ein ausgeglichener Staatshaushalt als Staatsziel der Bevölkerung nicht zu vermitteln ist.
      Mein Vorschlag wäre eine luxury tax nach amerikanischem Vorbild ( dort seit 10 Jahren, von 10% auf 1% jährlich fallend) für Güter wie Kraftfahrzeuge ab ? 40000 EURO, Kleinflugzeuge, etc ) auch wenn die LobbyProfis laut rufen werden. Umgehungsmöglichkeiten müssen natürlich berücksichtig werden.
      Zur Annahme des Wirtschaftswachstums.
      Der Privatkonsum ist am Boden, er wird sich auch nicht erholen, weil die Belastungen durch Beitragssteigerungen in der Renten/Krankenversicherung, sowie die leidige jährliche Ökosteuererhöhung ( die einen ungemein negativen psychologischen Effekt hat, weil man weiß, dass es wieder teuerer wird), auf die Kauflaune drücken. Steuerreform und hohe Lohnsteigerungen werden aufgrund des Verlaufs der Steuerprogression in der Einkommensteuer eher für Ernüchterung sorgen.
      Mal sehen, was die Reiseindustrie in diesem Jahr für Zahlen vorlegt.
      Die Automobilindustrie ist zwar zuversichtlich ( war sie schon für dieses Jahr aufgrund der vielen neunen Modelle), jedoch lauert hier die weitere Aufwertung des Euros als große Gefahr. In den USA sehe ich eine mittlere Katastrophe für die Hersteller, die Verschuldung der Haushalte dort ist gigantisch und ob die deutschen Hersteller bei einem dann zu erwartenden Preiskampf i.V.m. mit einen niedrigeren Dollar bestehen werden, wage ich zu bezweifeln.
      Zum Schluß noch ein Thema, welches sich mit Innovationen im Bereich der Finanzierung locker lösen läßt:
      Als weitere Möglichkeit im Bereich der Krankenversicherung schlage ich vor, den Beitrag der BfA zur KVder Rentner und Pfelegvers.der Rentner!! von derzeit 50% auf 40% zu reduzieren, sowie Selbstbehalte und Wahlmöglichkeiten der gesetzlich Versicherten einzuführen.
      Noch etwas, was viele vergessen haben. Ihr glaubt doch alle nicht, dass uns der 11.September 2001 nicht noch einmal bevorsteht. Die haben viel Zeit und planen in Ruhe.
      Das wird der Weltwirtschaft den Todesstoß versetzen.
      Avatar
      schrieb am 20.06.02 10:01:13
      Beitrag Nr. 7 ()
      Neemann, ich habe mir nochmal vor Augen geführt, was es eigentlich heißt, daß nur die neue aufgelegten Schulden auch im Zinssatz steigen oder fallen können. Es stimmt schon, die Risiken von der Seite scheinen wesentlich kleiner, als ich zunächst angegeben hatte.

      Bei dem Wirtschaftswachstum hingegen bleibe ich bei meinem Standpunkt. Wir wissen doch, daß die Fehlermarge bei den Prognosen der Wirtschaftsinsitute für das kommende Jahr nicht gering ist. Sie ist am höchsten dann, wenn sich die wirtschaftliche Lage ändert, etwa wenn die Wirtschaftslage von einer rezessiven Lage in einen Boom wechselt und umgekehrt. Und zur Zeit spekulieren wir ja auf einen Trendwechsel. Wenn der sich um wenige Monate verschiebt, flacher oder steiler ausfällt, führt das gerade in den Jahren des konjunkturellen Wechsels zu großen Fehlern. Ich habe das jetzt als Laie gesehen, deshalb klinge ich vielleicht trivial, aber ich denke, daß es der Haushaltsplanung nicht gut bekommt, 2,5% für das Wirtschaftswachstum anzusetzen, wenn im Frühjahrsgutachten 2,4% angesetzt werden. Daß die Börsen gerade wieder baissieren, ist ja eine Warnung davor, daß der Aufschwung nicht so sicher ist, wie viele vor wenigen Monaten noch glaubten.

      Und ein guter Anschlag von Al Qaida - und wir haben gute Chancen, daß es wieder einen oder mehr Zehntelprozentpunkte runter geht.

      Natürlich kann die nächste Bundesregierung auch Glück haben...aber das ist dann eben Glück und kein Ergebnis solider Planung.
      Avatar
      schrieb am 20.06.02 10:01:59
      Beitrag Nr. 8 ()
      Odlo,

      um Deinen Text mal auf das Threadthema zu beziehen - soll Eichel den Todesstoss in den HH 2003 einarbeiten ;)
      Avatar
      schrieb am 20.06.02 10:03:45
      Beitrag Nr. 9 ()
      @ for4zim,

      eine begrenzte Amnestie für geflohenes Kapital halte ich für nicht praktikabel. Diejenigen, die sich als Steuerhinterzieher outen, wissen doch ganz genau, dass sie in den Folgejahren permanent mit Betriebsprüfungen und ähnlichen Kontrollmaßnahmen des Finanzamtes zu rechnen haben.

      Die Zinsproblematik sehe ich ähnlich wie Neemann nicht.

      Ansonsten kann ich Deinen Ausführungen nur zustimmen.

      Spannend wird allerdings die Frage sein, ob eine Bundesregierung -ob schwarz oder rot- tatsächlich den Mut hat, den Großkonzernen ihr Bonbon - Steuerfreiheit nach §8b KStG - wieder zu nehmen.

      Erfreulich, dass es auch noch Threads ohne Beschimpfung des politischen Gegners gibt.

      MfG
      Avatar
      schrieb am 20.06.02 10:08:16
      Beitrag Nr. 10 ()
      for4zim,

      die Prognosen der Frühjahrsgutachten sind aber nicht im HH-Plan überboten - Eichel hat im Plan 0,7% 02 und 2,5 % 03 => 3,2% in 02/03
      Das Frühjahrsgutachten liegt in der Summe bereits über 3,3%, die Juniprognose vom stets konservativ rechnendem IfW liegt bereits bei 3,7%.

      Dennoch räume ich ein - die Prognosen sind immer mit Unsicherheit behaftet, nur ist das eigentlich nichts neues, und - darauf beharre ich - hat noch keine Regierung einen HH-Plan aufgestellt, in dem sie mit Hinweis auf diese Unsicherheit kräftig unter den Prognosen geblieben ist. Aber freilich räume ich ein, dass seit dem 11.9. die Situation auch eine andere ist und zu vorsichtigeren Ansätzen grund genug liefert. Das macht aus dem HH aber noch keinen Wahlkampfhaushalt.
      Avatar
      schrieb am 20.06.02 10:13:05
      Beitrag Nr. 11 ()
      Ich gebe zu, Lösungen wie Amnestien für Steuersünder drehen mir immer den Magen um, denn eigentlich gehören gerade solche Menschen hinter Gitter. Und richtig sauer machen mich Promis, die in Deutschland ihre Karriere beginnen und nach Erwerb von Millionen dann ihren Wohnsitz nach Monaco oder in die USA verlegen, um hier keine Steuern zu zahlen.

      Aber pragmatisch gedacht: hier geht es nicht um Gerechtigkeit, sondern darum, an die Einnahmen dieser Leute zumindest teilweise zu kommen. Wenn das nur über einen niedrigeren Spitzensteuersatz und eine geringere Besteuerung der Kapitalerträge geht, na gut, dann muß es eben sein.

      Und wenn ich also sage: Amnestie, um das Geld nach Deutschland zu holen, dann heißt das automatisch auch, niedrigere Steuern für Reiche, damit das Geld auch in Deutschland bleiben kann. Ich glaube, hier ist was machbar.
      Avatar
      schrieb am 20.06.02 10:20:58
      Beitrag Nr. 12 ()
      Neemann, mit den Punkten 3, 4 und 5 alleine wäre es schon ein Wahlkampfhaushalt (zugegeben, das war jetzt ein gemeiner rhetorischer Trick :laugh: ). Punkt 2 ist wohl auf einen Minibetrag relativiert. Punkt 1 habe ich vielleicht, aus meiner Kontraposition sehr groß dargestellt. Ich bin aber tatsächlich der Meinung, daß wir noch Probleme in der Konjunktur vor uns haben. Die neuerliche Baisse der Börsen, die Gefahr weiterer Terroranschläge, die angekündigten Streiks - ich glaube, da waren auch die Wirtschaftsforschungsinstitute zu optimistisch.

      Wenn ich wetten würde: ohne weitere Einschnitte oder Steuererhöhungen sollte der Haushalt 2003 um mindestens 10 Milliarden Euro zu optimistisch kalkuliert sein. Und die weitere Streckung der Tilgung des Fonds Deutsche Einheit, was soll das eigentlich? Schon die letzte Tilgungsstreckung, auch unter Eichel, war schon unannehmbar. Als Waigel das zum ersten Mal machte - in weitaus geringerem Umfang, wurde er dafür noch heftigst angegriffen. Und Eichel darf jetzt, wenn er noch stärker streckt, sich als Konsolidierer geben? Der Logik kann ich nicht folgen.
      Avatar
      schrieb am 20.06.02 10:21:15
      Beitrag Nr. 13 ()
      @fundamentalfan,

      ich halte die Frage der Steuerfreiheit von Veräusserungen eher für sekundär - das ist eher ein symbolischer Aufhänger der Opposition, nicht so sehr ein faktisches Problem. Dazu 2 Punkte:

      -> Zum einen bewirkt diese Steuerfreiheit in den nächsten Jahren eine Menge positiver Effekte. Wenn die Entflechtung jetzt so richtig in Gang kommt, sind die damit verbundenen dynamischen Auswirkungen erst im Laufe der nächsten Jahre zu spüren, aber diese werden durchaus eine Menge bewirken.
      -> Zum anderen schätzt man, dass von den ca. 25 Mrd.€ Steuerausfällen, die Bund/Länder/Gemeinden in diesem Jahr durch die Unternehmensstsuerreform zu beklagen haben, nur etwa 3 MRD.€ auf gerade diesen Aspekt zurückzuführen sind (immer vorausgesetzt, die Beteiligungsverkäufe würden auch ohne diese Befreiung stattgefunden haben). Der Knackpunkt liegt ganz woanders, nämlich bei der Steuerrückerstattung der Gewinnausschüttungen. Der Steuerverlust ist ganz offensichtlich und entgegen aller Warnungen von Finanzexperten unterschätzt worden.

      Man kann freilich auch annehmen dürfen, dass bei einem Steuersatz von etwa 10% auf Beteiligungsverkäufe die Entflechtung ebenfalls in gang gekommen wäre, und die Symbolik, die mit dieser gänzlichen Befreiung einhergeht, kommt auch nicht von ungefähr, da hat die Opposition völlig recht. Nur verspreche ich mir von einer Rücknahme dieser Maßnahme für die HH nicht sonderlich viel.
      Avatar
      schrieb am 20.06.02 10:23:57
      Beitrag Nr. 14 ()
      @for4zim,

      Punkte 3 bis x machen daraus einen Wahlkampfhaushalt


      OK :)

      Und bzgl. "Rhetorischer Trick": Wir sind hier ja nicht zum Austoben in Perkins-Threads - entsprechend scharf wird solche Rhetorik kritisiert ;)
      Avatar
      schrieb am 20.06.02 10:26:53
      Beitrag Nr. 15 ()
      Neemann, habe mich auch 2 Sekunden lang schuldig gefühlt. ;)

      Gucke später noch mal in den Thread hinein, okay?
      Avatar
      schrieb am 20.06.02 10:29:33
      Beitrag Nr. 16 ()
      @neemann,

      die finanziellen Auswirkungen des §8b KStG halte ich momentan für begrenzt. Trotzdem würde ich, wie Du selbst vorschlägst, einen Steuersatz von 10 % auf Veräußerungsgewinne für sinnvoll halten.

      Die entscheidende Frage für mich ist keine parteipolitische: Wie stark ist der Einfluss von Dt. Bank, Allianz, VW etc. auf die jeweiligen Regierungen ?
      Avatar
      schrieb am 20.06.02 12:13:59
      Beitrag Nr. 17 ()
      Der Bund der Steuerzahler hat den Haushaltsentwurf 2003
      von Eichel häftig kritisiert. Alles reines Wunschdenken
      von Eichel.2005 wird die Neuverschuldung noch höher liegen
      als 1998.
      Avatar
      schrieb am 20.06.02 12:53:06
      Beitrag Nr. 18 ()
      Zwei politische Beamte unterhalten sich :

      1. B : Wir müssen die Steuern senken !

      2. B : Gut dann stopfen wir die Schlupflöcher und nehmen mehr ein !

      1. B : Ausgezeichnet, ich schlage vor die steuerfreie Pauschale für uns Abgeordnete abzuschaffen , dass
      macht sich gut beim Volk ! ( Pressemeldung )

      2. Richtig , dann können wir mit den Mehreinnahmen die Diäten um 100 % anheben !

      1. Bravo ! So machen wir es !



      (Quelle : NRW )
      Avatar
      schrieb am 29.08.02 09:48:15
      Beitrag Nr. 19 ()
      Jetzt darf ich mich auch ein wenig als Prophet fühlen. :) Dabei geht es hier noch um den Haushalt 2002 und nicht um den Haushalt 2003. :eek:

      Aus: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,211384,00.h…

      Titel: Experten fordern Senkung der Steuerschätzung

      „Steuerexperten führender Wirtschaftsforschungsinstitute fordern eine deutliche Senkung der amtlichen Steuerschätzung für das laufende Jahr. Das Ergebnis vom Mai müsse um einen zweistelligen Milliardenbetrag nach unten revidiert werden.

      Berlin - Rund 2,5 Prozent des erwarteten Steueraufkommens von rund 454,8 Milliarden Euro dürften fehlen, heißt es im "Handelsblatt". "Sollten die Einnahmen im Monatsvergleich nicht bald steigen, könnte das Minus sogar zwölf Milliarden Euro übersteigen", sagte der Steuerexperte des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Alfred Boss.(...)“
      Avatar
      schrieb am 16.09.02 09:54:08
      Beitrag Nr. 20 ()
      Das wäre ein weiteres Haushaltsrisiko, das zu berücksichtigen wäre.

      "Der Finanzsenator der Hauptstadt will nach der Bundestagswahl den Bankrott Berlins erklären und den Bund um Milliarden-Unterstützung bitten. Im Herbst werde ein Rechtsgutachten vorgelegt, aus dem die Haushaltsnotlage hervorgehe, sagte Thilo Sarrazin der „Welt am Sonntag“.

      Der Finanzsenator machte deutlich, dass ein Gang zum Bundesverfassungsgericht unvermeidbar sei, wenn der Bund den Argumenten Berlins nicht folge. (...)

      Auch der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Klaus Zimmermann, sieht den Bund gefordert. (...) Jährlich seien etwa drei Milliarden Zinszahlungen fällig. Wenn eine einmalige Entschuldung nicht machbar sei, sollte der Bund für zehn Jahre die Zinszahlungen übernehmen, um der Stadt die Möglichkeit zur Regeneration zu geben, schlug der Wirtschaftsforscher vor.

      15.09.02, 11:42 Uhr
      (Quelle: ap)"

      Ich denke, das gibt bereits eine ungefähre Schätzsumme von vorerst 3 Milliarden Euro jährlicher Zusatzbelastung im Bundeshaushalt. Dazu kommt noch, daß die Kommunen für die ihnen auferlegten Integrationsleistungen bei der Zuwanderung Mittel verlangen. Wenn es hier zum Schwur kommt, könnten hier leicht weitere Milliardenlasten in kurzer Zeit entstehen.
      Avatar
      schrieb am 16.09.02 19:57:36
      Beitrag Nr. 21 ()
      Zur Hebung des Boardniveaus :eek: oder zur Hebung von irgendwas anderem: up


      :laugh:
      Avatar
      schrieb am 18.09.02 12:20:27
      Beitrag Nr. 22 ()
      Danke, Deep Thought. ;)

      Mir fällt da noch etwas ein. Und zwar stehen im Haushalt 2003 3,4 Milliarden Euro an Einnahmen für die LKW-Maut. 2 Milliarden davon sollen in Verkehrsinvestitionen gehen. Durch ein fehlerhaftes Ausschreibungsverfahren gibt es jedoch Verzögerungen, weshalb diese Einnahmen 2003 nicht mehr anfallen. Risiko für den Haushalt: ca. 1,4 Milliarden Euro. Außerdem entfallen 2 Milliarden Euro an dringend benötigten Investitionen des Bundes.

      Ich bleibe dabei, der Haushalt 2003 ist unseriös gerechnet und eigentlich klar auf ein verstärktes Schuldenmachen orientiert. Die Nettoneuverschuldung unter rot-grün mit diesem Haushalt wäre höher, als die Neuverschuldung 1998 unter Kohl - wer hätte das bei all den Kürzungen, die schon unetr Waigel und dann unter Eichel erfolgten, gedacht? Es ist die Einnahmeseite, die hier wegbricht, und daran ist das schlechte Wirtschaftswachstum schuld. Das aber ist in Deutschland schlechter als im europäischen Durchschnitt. Also sind die Probleme auch hausgemacht. Als wirtschaftswissenschaftlicher Laie nehme ich es dann schon mit Erstaunen zur Kenntnis, daß einige Wirtschaftsforscher Eichel bescheinigen, er hätte das strukturelle Haushaltsdefizit verringert. Warum haben wir dann für 2003 so schlechte Aussichten?
      Avatar
      schrieb am 17.10.02 08:58:18
      Beitrag Nr. 23 ()
      Und gestern kam eine weitere Bestätigung für diesen Thread: Deutschland liegt mit der Staatsverschuldung über 3% und damit über dem Maastricht-Limit und die Regierung muß einen Nachtragshaushalt beschließen, weil die zusätzliche Neuverschuldung dieses Jahr anscheinend sogar die erwarteten 10 Milliarden übertrifft. Möglicherweise haben wir dieses Jahr eine Nettoneuverschuldung von über 30 Milliarden Euro unter einem angeblichen Sparfinanzminister.

      Selbstredend hat die Bundesregierung das alles auch schon vor der Wahl gewußt, wie ich es ja auch allein aufgrund von Zeitungsartikeln hier anmerken konnte, aber die Wähler bewußt darüber getäuscht.

      Nächstes Jahr allerdings haben wir Chancen, mit der Staatsverschuldung wieder unter die 3%-Grenze zu rutschen - jedoch nicht, weil die Haushaltsführung solider geworden ist, sondern weil die Steuerbelastung tüchtig erhöht wird. Es könnte aber denoch Gefahr drohen. Die Wachstumserwartungen für dieses Jahr wurden inzwischen auf 0%, für nächstes Jahr auf 1% gesenkt. Wenn diese Zahlen auch noch unterschritten werden und wenn diese Regierung in dem Steuerchaos, das sie zur Zeit verursacht, die Einnahmeseite weiter einbrechen läßt, sind wir beim Defizit nächstes Jahr auch schnell wieder bei 30 Milliarden im Bund und entsprechend höheren Zahlen in den Ländern.

      Ich glaube, bei den Anhängern der Regierung sammelt sich bei Anblick dieser Zahlen und dem Chaos der letzten Tage einige Wut im Bauch. Die These, unter Stoiber wäre es genauso schlimm geworden, scheint mir zunehmend unhaltbar, selbst wenn ich daran denke, daß mir vieles an seinem Team und den Unionskonzepten mißfallen hatte. Aber die Wahlen sind ja gelaufen - nachkarten lohnt nicht. Hoffen wir also darauf, daß die Regierung durch ihre Beamten zur Vernunft gebracht wird und der Bundesrat hier kräftig als Korrektiv wirkt.
      Avatar
      schrieb am 07.11.02 18:42:43
      Beitrag Nr. 24 ()
      :eek:


      Ich ziehe meinen Hut!


      Hier ist definitiv mehr Wirtschaftskompetenz versammelt,
      als in der ganzen Regierung zusammen zu finden ist!

      :mad::D
      Avatar
      schrieb am 09.11.02 12:22:58
      Beitrag Nr. 25 ()
      Danke, sittin bull inv. :O

      Jetzt kommt die neue Steuerschätzung und die sieht bitter aus. Eichel selbst sieht noch eine zusätzliche Lücke von 1 Milliarde. Die Steuerschätzung aber erwartet wohl eine Lücke von 18 Milliarden Euro. Und dies kann immer noch überboten werden, denn einzelne Politiker und Wirtschaftsforschungsinsitute alten auch Einnahmeausfälle für den Bund und die Länder von über 20 Milliarden für möglich.

      Dieser Thread war nicht etwa eine pessimistische, sondern eine optimistische Schätzung der Misere, in der wir uns befinden. (Ich vermute, aldibroker ist jetzt der letzte, der noch daran glaubt, daß die Bundesregierung die Lage im Griff hat.) 1,5 Milliarden der geplanten Einsparungen wurden wieder kassiert, z.B. durch eine teilweise Rücknahme der Kürzungspläne bei der Eigenheimförderung. Bei aller Notwendigkeit zu Sparen - hier hätte man so konjunkturschädlich gekürzt, daß man vermutlich mehr verloren als gewonnen hätte.

      Vermutlich noch diesen Monat wird eine Störung des gesamtwirtschaftlciehn Gleichgewichts festgestellt werden. Da die wirtschaftliche Lage jetzt die gleiche ist wie vor drei Monaten, zeigt sich hier mal wieder deutlich, wie sehr der Bund seine Haushaltsbeschlüsse dem Wahlkampf untergeordnet hatte und mit geschönten Zahlen gearbeitet hatte. Daß das geschieht, ist nicht ungewöhnlich, nur das Ausmaß der Verschleierung der Lage war diesmal außergewöhnlich und erinnert fast an die DDR 1989, die von angeblichen Wirtschaftsexperten noch als zehntgrößte Wirtschaftsmacht der Erde gehandelt wurde, während in Wahrheit selbst pessimistische Erwartungen noch unterboten wurden.
      Avatar
      schrieb am 09.11.02 12:29:19
      Beitrag Nr. 26 ()
      das sieht wohl so aus! :mad:

      Wäre nett, wenn du hier mal mit anpacken könntest!

      Thread: Sanierungsfall Deutschland- Wie Reformstau beheben?

      Solche fachlich kompetenten wie dich brauchen wir noch in der Diskussion! ;)
      Avatar
      schrieb am 09.11.02 12:31:18
      Beitrag Nr. 27 ()
      Deutschland droht der Finanz-Kollaps
      Steuer-Mindereinnahmen summieren sich auf rund 20 Milliarden Euro. Nachtragshaushalte in Planung
      Berlin - In den öffentlichen Haushalten wächst die Angst vor dem Ergebnis der Steuerschätzung, das kommenden Mittwoch vorgestellt werden soll. Allein für den Bund rechnet Finanzminister Eichel für das laufende Jahr mit Mindereinnahmen "im einstelligen Milliardenbereich", sagte ein Sprecher. Länder und Gemeinden mit eingerechnet, "kann ich mir ein Minus von 18 bis 20 Mrd. Euro im Vergleich zur Mai-Steuerschätzung vorstellen", sagte der Finanzexperte vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW), Alfred Boss. Der Haushaltsexperte der CDU, Dietrich Austermann, geht sogar von 25 Mrd. Euro aus.

      Um die Lücke zu schließen wird Eichel dem Kabinett am 20. November zusammen mit dem Entwurf für den Etat 2003 samt mittelfristiger Finanzplanung einen Nachtragshaushalt für 2002 vorlegen. Neben den konjunkturell bedingten Einnahmeausfällen müssen dabei auch die Mehrausgaben etwa für die hohe Arbeitslosigkeit berücksichtigt werden. Insgesamt dürfte die Neuverschuldung dadurch über die derzeit für 2002 geplanten 21,1 Mrd. Euro auf bis zu 35 Mrd. Euro steigen. Zusammen mit den Schulden von Ländern und Gemeinden dürfte das deutsche Staatsdefizit dann bei mindestens 3,5 Prozent liegen. Im Stabilitätspakt erlaubt ist ein Anteil der Neuverschuldung in Höhe von drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes.

      Für das kommende Jahr rechnen die Finanzexperten mit Mindereinnahmen von mindestens 16 Mrd. Euro. Das bringt Eichel in Bedrängnis. Durch zahlreiche Änderungen am rot-grünen Finanzpaket fehlen "gut 900 Millionen Euro" um den gewünschten Einsparbetrag zu erzielen, bestätigte ein Sprecher. Die Finanzierung jeder zusätzlichen Lücke stehe in den Sternen. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer schließen SPD und Grüne derzeit jedoch noch aus.

      Hauptleidtragende der Steuerausfälle sind die Bundesländer. Etliche werden für das Jahr 2002 Nachtragshaushalte mit einer zum Teil deutlich höheren Neuverschuldung beschließen müssen. "Das wird ein Heulen und ein Zähneklappern geben", sagt der rheinland-pfälzische Finanzminister Mittler (SPD) mit Blick auf die Steuerschätzung. cw
      Avatar
      schrieb am 13.11.02 12:46:28
      Beitrag Nr. 28 ()
      Gottlob hab ich nur bzgl. Wachstumsprognosen und Zinslast widersprochen - bei ersterem hab nicht nur ich mich geirrt, bei letzterem hatte ich in etwa recht.

      Und insgesamt, for4zim, hattest sogar du unrecht, aber - Hut ab! - viel weniger als alle anderen :( - es ist alles weit schlimmer als in allen Alpträumen gedacht :( Ich krieg zun schon seit tagen die Klappe nicht mehr zu vor Staunen.
      Avatar
      schrieb am 13.11.02 12:50:23
      Beitrag Nr. 29 ()
      Neemann, ich habe noch nicht mal Lust, triumphierend "siehste" zu sagen, denn das alles muß ja irgendwie bezahlt werden. Irgendwann sehe ich da auch noch eine Rechnung...

      Ehrt Dich, daß Du den Thread hochholst...daß es so schlimm kommt, konnte man dann doch nicht vorhersehen...
      Avatar
      schrieb am 13.11.02 12:58:16
      Beitrag Nr. 30 ()
      P.S. in vielen Punkten bin ich inzwischen schlauer. Z.B. hatte ich die gesamten Steuermindereinnahmen dem Bundeshaushalt zugeordnet. Mit den Zinsen lag ich ganz falsch, das hatten wir ja geklärt. Und beim Wirtschaftswachstum hatte ich noch viel zu hohe Hoffnungen für 2003.

      Wenn man sich die Planungen in den Sozialversicherungen ansieht, wundert man sich auch nur noch. Etwa bei der BfA sind in der Finanzplanung die Beschäftigtenzahl für 2003 um über 100.000, in den folgenden Jahren um möglicherweise bis zu 400.000 zu hoch angenommen worden. Ich denke, die 19,5% Beitragssatz sind noch nicht die Obergrenze in den nächsten drei Jahren.
      Avatar
      schrieb am 13.11.02 13:18:49
      Beitrag Nr. 31 ()
      Das befürchte ich in der Tat auch. Und was die Rechnungen angeht, so krieg ich zumindest derzeit tagtäglich eine präsentiert - Spekusteuer (Im Grunde OK, wenn WENN eine Stichtagsregelung beim Erwerb kommt, aber davon war bis gestern noch keine rede), an die LVs wollen die ran, die Eigenheimzulage wird drastisch gekürzt, die Beitragssätze steigen allenthalben. ... Ach ja, und wenn mein befristeter Vertrag nächstes jahr ausläuft und ich einige Monate zu überbrücken habe - die Höhe des AL-Geldes bei Einkommensbeziehern mit Kindern wird auch gekürzt.
      Avatar
      schrieb am 13.11.02 13:40:21
      Beitrag Nr. 32 ()
      Wow, im Vergleich dazu müßte ich ja schon fast Regierungsanhänger sein - bei mir konnte ich die meisten Mehrbelastungen gut begrenzen bzw. falle nicht in die Kategorien.

      Allerdings dachte ich, es wäre inzwischen ziemlich sicher, daß die neue Spekufrist nur für Käufe ab einem Stichtag (z.B. ab Anfang 2003) gilt (wäre auch pfiffiger - in 2000 - 2002 haben sich die ganzen Börsenneulinge noch blutige Nasen geholt). Und Lebensversicherungen werden wohl (zur Zeit sowieso nicht) höchstens besteuert, wenn sie nicht mindestens bis zum Alter von 60 Jahren laufen.

      Wenn sie Kapitalerträge in die Sozialversicherungsbeiträge einbeziehen, wird es noch mal bitter, denn dann verdoppelt sich meistens fast die Belastung der Erträge. Dann hätte Deutschland weltweit die höchste Abschöpfung bei privaten Kapitalerträgen. Ob das unserem Finanzplatz gut tut? Mehr besorgt mich aber, daß dann auch die Rentenversicherungsansprüche entsprechend steigen. Das ist so kurzfristig gedacht, wie die Anhebung der BBG der Rentenversicherung auf 5100 Euro je Monat.
      Avatar
      schrieb am 13.11.02 13:50:05
      Beitrag Nr. 33 ()
      Beiträge auf kapitaleinnahmen, hatte ich glatt vergessen. Wie soll auch noch einer Übersicht haben? :confused:

      Und mit LVs ist das so eine sache - Eichel möchte diejenigen unangetastet lassen, die eine lebenslängliche Auszahlung aufweisen, weil - ich kann ja mit all dem geld auf einmal gar nicht umgehen :mad:

      Aber mein anderes problem ist, dass zwei Verträge in ca. 15 Jahren enden, wenn ich Geld für die Ausbildung meiner Kinder zur Verfügung haben will. Da spar ich wohl für den falschen Zweck :mad:
      Avatar
      schrieb am 13.11.02 14:00:29
      Beitrag Nr. 34 ()
      Das ist bitter. So etwas hatte ich auch mal vor - Ausbildungsrücklagen über LV. Zum Glück habe ich es dann gelassen.

      Was ich mich noch frage, wie das Halbeinkünfteverfahren wirkt. Steuerlich halbiert man im Grunde den Ertrag, bevor man ihn der Besteuerung unterwirft. Wenn ich das richtig verstehe (bin mir aber nicht sicher), sollen hingegen Veräußerungsgewinne aus Aktien bei der Berechnung der Sozialabgaben voll zählen.

      So oder so, es lohnt sich dann gewaltig, Kapitalerträge erst wirksam werden zu lassen, wenn man aus der Sozialversicherungspflicht rutscht - z.B. sie in die Rente zu verlagern.

      Die Besteuerung von LVs wird man wohl schlecht vom Auszahlungsplan abhängig machen können, denn der Normalfall der LV ist ja die einmalige Auszahlung. Und die direkte Fütterung in einen Auszahlplan (z.B. Rentenversicherung) kann man ja bei Bedarf leicht vornehmen. Aber wie gesagt, Vorsorge z.B. für die Ausbildung der Kinder wird wohl in absehbarer Zukunft so nicht mehr möglich sein.
      Avatar
      schrieb am 13.11.02 14:06:16
      Beitrag Nr. 35 ()
      @for4zim,

      wenn dem so wäre, könnte man sich ja durch Kapitalerträge in entsprechender Höhe, ggf. aus der Sozialversicherungspflicht "freikaufen". :look:
      Avatar
      schrieb am 13.11.02 14:19:26
      Beitrag Nr. 36 ()
      Wenn sie keine Ausnahmeregelungen einführen ("nachhaltiges Überschreiten der Versicherungspflicht" oder "bei der Feststellung der Überschreitung der Versicherungspflichtgrenze werden folgende Einkunftsarten nicht berücksichtigt..."), geht das dann.

      Lustig wird dann auch, daß der gleiche Ertrag aus Kapital beim Arbeiter oder Angestellten höher belastet wird als bei einem Beamten oder Unternehmer - das gibt Arbeit für die Gerichte...;)

      Dafür leisten letztere über ihre Steuern so um die 3-4% Beitrag in die Rentenkasse, obwohl sie aus der gar keine Leistungen beziehen...auch ganz lustig.
      Avatar
      schrieb am 13.11.02 14:41:30
      Beitrag Nr. 37 ()
      Obwohl die derzeitige Regierung ja nicht gerade den Ruf genießt, bei ihren Gesetzentwürfen der vergangenen Legislaturperiode wenigstens ein Mindestmaß an handwerklicher Kompetenz an den Tag gelegt zu haben, sollte sich eine Berücksichtigung von Spekulationsgewinnen im Hinblick auf die Sozialversicherungssysteme schon deshalb verbieten, da eine in meinen Augen verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Arbeitern und Angestellten gegenüber beamteten Spekulationsgewinnern die zwangsläufige Folge wäre. Dies war übrigens auch mein erster Gedanke, weshalb ich eines solche Verfahrensweise als nahezu ausgeschlossen ansehe.

      Aber die Sache ließe sich sogar noch viel weiter "spinnen". Was geschähe mit realisierten Spekulationsverlusten oder wie wirkten sich beispielsweise Verlustvor- bzw. -rückträge beitragstechnisch aus?
      Avatar
      schrieb am 13.11.02 15:40:06
      Beitrag Nr. 38 ()
      Woher wusste for4zim im Juni schon, was Eichel angeblich erst nach der Wahl wissen konnte? :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 13.11.02 15:58:21
      Beitrag Nr. 39 ()
      @ flitztass, # 38:

      eine echte Schmankerlfrage!

      Ich habe diesen Thread das erstemal überhaupt etwas überflogen.

      @ zim:

      toll kombiniert und argumentiert! Kompliment

      SFK
      Avatar
      schrieb am 15.04.03 11:34:35
      Beitrag Nr. 40 ()
      Wenn ich so zurückblicke - es hat sich ja gewaltig was getan. Leider nicht im positiven Sinne.

      Wie erwartet, fällt die LKW-Maut erst ab August an und wird nur den halben erwarteten Ertrag bringen. Weiterhin ist die Arbeitslosigkeit erheblich höher als erwartet, auch in dem korrigierten Haushalt 2003, was zu Mehrausgaben von bis zu 8 Milliarden Euro führen wird - es war nämlich ein Zuschuß von 0 Euro an die Bundesanstalt für Arbeit geplant, aber 5 Milliarden wird man für Arbeitslosengeld und -hilfe brauchen und 3 Milliarden, weil die Einsparungen des Hartz-Konzepts nicht so schnell greifen (siehe Financial Times Deutschland von heute).

      Bei der Rente sieht es auch schlecht aus - die Reserven sind so tief in der Rentenkasse gesunken, daß der Bund Hilfen vorziehen muß. Das wiederum kostet schlicht Geld. Lasten des Irak-Krieges hingegen werden wohl nicht sehr groß ausfallen, wenn sich die Regierung nicht über den Tisch ziehen läßt. Allerdings werden die Steuerausfälle die Planungen weit übersteigen, weil das Wirtschaftswachstum um fast 1% zu hoch geschätzt wurde. Das könnte noch einmal 2-3 Milliarden Euro kosten. Schließlich wurde nur ein Drittel der geplanten Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen erzielt, die die Regierung geplant hatte. Der Rest wurde (und man muß sagen, zum Glück) vom Bundesrat blockiert. Damit liegen wir zur Zeit mit gut 20 Milliarden Euro unter den Planungen bzw. es drohen über 30 Milliarden Euro neuer Schulden - so viel, wie im letzten Jahr.

      Die Frage ist wirklich: wo will die Bundesregierung eigentlich finanzpolitisch hin?
      Avatar
      schrieb am 15.04.03 11:54:08
      Beitrag Nr. 41 ()
      for4zim,

      wie du ganz richtig schreibst, wurde ein solider haushalt vom bundesrat blockiert. die frage ist also weniger, wo die regierung hin will, sondern was die union reitet.

      blockieren ohne vorschläge der gegenfinanzierung. klasse.
      Avatar
      schrieb am 15.04.03 12:09:19
      Beitrag Nr. 42 ()
      genova, was der Bundesrat da blockiert hatte, war das verstärkte Abwürgen der Konjunktur durch Steuererhöhungen. Und dadurch wäre noch nicht einmal der Haushalt in vernünftige Relationen gebracht worden.

      Beispiel: die geplante Anhebung der Dienstwagenbesteuerung von 1% auf 1,5% des Listenpreises. Nach Meinung der Fachleute hätte dies nicht zu höheren Einnahmen geführt, weil dann viele auf billigere Dienstwagen ausgewichen wären. Das hätte den Absatz französischer und italienischer Autos zu Lasten von BMW und Mercedes angekurbelt und somit der Binnenwirtschaft geschadet. Also: kaum neue Einnahmen, dafür mehr Steuerausfälle und wachsende Arbeitslosigkeit.

      Eigenheimzulage: hier wäre es besonders grotesk geween. Einerseits vergibt der Bund als Investitionsprogramm vergünstigte Kredite an Eigenheimbauer, anderseits hätten hier Subventionen der Eigenheimbauer gestrichen werden sollen. Hier sollte man zu einer günstigeren Zeit einen besseren Kompromiß finden.

      Besteuerung von Immobilienverkaufserlösen: hier wäre erst mal wieder neue Rechtsunsicherheit geschaffen worden.

      Besteuerung des Verkaufs von Wertpapieren: die einzige blockierte Regelung, um die es schade ist. Ob der Bund hier Mehreinnahmen erzielt hätte, ist fraglich, denn insgesamt hätte hier die neue Besteuerung die Belastung eher gesenkt. Immer weniger Anleger versuchen, Wertpapiere so lange zu halten, daß sie die Spekulationsdauer überschreiten. Und von den letzten Jahren haben erst mal viele ohnehin Verlustvorträge abzubauen.

      Mehrwertsteuer: eine kleinkarierte Regelung, z.B. Illustrierte durcheine beigelegte CD plötzlich statt mit 7 mit 16% Mehrwertsteuer zu belegen. Wahrscheinlich hätte auch hier die Neuregelung wenig neue Steuern, viel bürokratische Überwachung und Vermeidungshaltung bei den Betroffenen erbracht. Der blockierten Neuregleung trauere ich nicht nach.

      Insgesamt bleibt: es wäre der deutschen Konjunktur durch diese Gesetzesänderungen weiterer Schaden zugefügt worden. Die geplanten Mehreinnahmen wären daraus wahrscheinlich sowieso nicht erzielt worden. Die steigenden Arbeitslosenzahlen und die schwache Konjunktur sollten daran erinnern, was Eichelsche Finanzpolitik bisher bewirkt hat und die Lehre daraus ziehen, daß dieses Land ganz bestimmt nicht an zu niedrigen Steuern leidet...
      Avatar
      schrieb am 15.04.03 16:01:15
      Beitrag Nr. 43 ()
      ach du schande,

      jetzt hab ich wohl eine seriöse diskussion am hals... :D

      for4zim,

      du argumentierst im sinne der konjunktur, die vermeintlich angekurbelt wird. ich würde eher im sinne der steuer- bzw. sozialen gerechtigkeit argumentieren.

      beispiel eigenheimzulage: warum soll der staat jemandem, der schon über einen finanziellen grundstock verfügt, ein haus oder eine wohnung mitfinanzieren? und der, der diesen grundstock bzw. das einkommen nicht hat, geht leer aus. besonders pikant: letztgenannter finanziert durch die steuern den häuslebauer mit. absurd.

      beispiel mehrwertsteuer: warum cd mit 7 prozent besteuert werden sollen, ist nicht zu erklären. was das mit "überwachung" und "bürokratie" zu tun hat, ist mir schleierhaft. du meinst, da muss dann in jeden cd-laden ein steuerfahnder gestellt werden, der die etiketten prüft? :D

      beispiel dienstwagensteuer: auf billigere dienstwagen umzusteigen, halte ich nicht für ein problem. das schont die unternehmenskasse und baut dem deutschen wahn vor, fette autos fahren zu müssen. und wenn die leute dann ausländische wagen kaufen: soll sich bmw halt anstrengen und bessere autos bauen. ihr ruf ist doch schon wunderbar.

      im übrigen: mir fällt auf, dass genau die, die sonst lauthals den abbau von subventionen verlangen, IHRE schlupflöcher nicht missen möchten.


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