checkAd

    Dt. Juristentag diskutiert Verschärfung des Kapitalmarkt- & Börsenrecht - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 08.07.02 21:33:44 von
    neuester Beitrag 09.07.02 18:09:36 von
    Beiträge: 2
    ID: 605.745
    Aufrufe heute: 0
    Gesamt: 276
    Aktive User: 0


     Durchsuchen

    Begriffe und/oder Benutzer

     

    Top-Postings

     Ja Nein
      Avatar
      schrieb am 08.07.02 21:33:44
      Beitrag Nr. 1 ()
      Anlegerschutz bleibt eine Daueraufgabe. Ein Bilanzskandal jagt den nächsten. Der Begriff „Vertrauenskrise“ ist in aller Munde und Politiker aller Parteien sehen gesetzgeberischen Handlungsbedarf.

      Die jüngsten legislativen Errungenschaften, die für mehr Transparenz und erhöhten Anlegerschutz sorgen sollen – etwa das vierte Finanzmarktförderungsgesetz oder das Transparenz- und Publizitätsgesetz im Zusammenhang mit dem Corporate-Governance-Kodex – gelten bereits als überholt. Für das Bundesfinanzministerium ist der Anlegerschutz deshalb eine „Daueraufgabe“, auch für die Finanzmarktgesetzgebung der nächsten Legislaturperiode.

      So ist zu erwarten, dass der diesjährige Deutsche Juristentag (DJT), der im September in Berlin stattfindet, dieses Mal besonders aufmerksam beobachtet wird. Denn zu den Themen, die dort diskutiert werden, gehört auch die Frage, ob das Kapitalmarkt- und Börsenrecht den Interessen der Anleger gerecht wird oder ob es neu geregelt werden muss.

      Der Göttinger Rechtsprofessor Holger Fleischer empfiehlt in seinem DJT-Gutachten, an zwei Hebeln anzusetzen. Einerseits müsse die Haftung auf mehr Verantwortliche und auf alle für die Anleger relevanten Informationen ausgedehnt werden. Andererseits solle sie auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz beschränkt und in der Höhe begrenzt werden.

      Fleischers Vorschläge zielen darauf ab, die Haftung von Vorständen und Aufsichtsräten generell auszudehnen. Zudem plädiert er für eine erweiterte, allgemeine „Informationshaftung“, die auch falsche Darstellungen in Zwischenberichten, Jahresabschlüssen und allgemeinen Berichten zur Lage des Unternehmens bis hin zu freiwilligen Darstellungen umfasst. Seine Begründung: der kapitalmarktrechtliche Anlegerschutz „wiese eine empfindliche Schutzlücke auf, wolle man ihn auf falsche Pflichtangaben beschränken.“

      Auch die Beweislast für die Anleger muss laut Fleischer erleichtert werden. Darauf habe der Gesetzgeber bei den Neuregelungen im vierten Finanzmarktförderungsgesetz zur Haftung für fehlerhafte Ad-Hoc-Mitteilungen leider „in wenig überzeugender Weise“ verzichtet. Fleischer verweist auf die Grundsätze der Prospekthaftung: Nach § 46 des Börsengesetzes haften die Verantwortlichen nur dann nicht, wenn sie ihrerseits nachweisen können, dass sie Fehler oder Mängel des Prospekts nicht kannten. Diese „Verantwortlichen“ sind nach Lesart Fleischers aber ein weiter Kreis bis hin zu den Emissionsbanken und Wirtschaftsprüfern. Und die müssten nur für ihren konkreten Part bei der Information der Anleger einstehen.

      Der Rechtsprofessor meint zwar nicht, dass die börsenrechtliche Regelung eins zu eins auf alle Haftungsfragen übertragen werden sollte. Er plädiert jedoch für einen grundsätzlichen „Anscheinsbeweis“ zu Gunsten des Anlegers. Dabei werde darauf verzichtet, den ursächlichen Zusammenhangs zwischen falscher Information und Schaden konkret nachzuweisen. Dies entspreche auch internationalem Standard.

      Um die drohende „Klageflut sinnvoll zu kanalisieren“ schlägt Fleischer zum einen vor, Emittenten und Vorständen sowie Aufsichtsräten nur dann eine Schadensersatzpflicht im Rahmen der allgemeinen Informationshaftung aufzuerlegen, wenn ihr Fehlverhalten „grob fahrlässig“ war. Außerdem hält er Höchstgrenzen bei der Haftung für falsche Ad-Hoc-Mitteilung für „erwägenswert“: Dies widerspreche zwar dem Grundsatz des „vollen Schadensausgleichs“, sei aber „erträglich“. Haftungsnormen dienten nicht nur der Kompensation, sondern auch der Prävention von Vermögensschäden. Außerdem habe eine Haftungshöchstgrenze auch die „rechtsökonomische Vernunft“ auf ihrer Seite, meint Fleischer. Denn falsche Informationen schadeten nicht nur den Aktionären, sondern, wegen des schwindenden Vertrauens, auch der Gesellschaft selbst.

      Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) begrüßt jede Überlegung über einen verbesserten Anlegerschutz. Es müsse jedoch sichergestellt sein, dass die Aktionäre nicht „Steine statt Brot“ bekommen, sagt DSW-Geschäftsführer Carsten Heise. Zusätzliche Anspruchsgrundlagen – zum Beispiel eine allgemeine Informationshaftung der Vorstände und Aufsichtsräte – seien schön und gut. Sie nützten aber wenig, wenn die Haftung auf grobe Fahrlässigkeit beschränkt würde, die nur schwer zu beweisen sei.

      HANDELSBLATT, Montag, 08. Juli 2002, 19:02 Uhr


      Die Frage die sich mir stellt ist doch ob es mal wieder nur bei der Diskussion bleibt oder diesmal wirklich Hand an das Flickwerk gelegt wird.

      Ciao BigLinus :cool:
      Avatar
      schrieb am 09.07.02 18:09:36
      Beitrag Nr. 2 ()
      Jaja, mal wieder typisch Deutschland: sie basteln an den Gesetzen, anstatt für effektiven Vollzug, in diesem Falle eine effektive Börsenaufsicht zu sorgen.

      Und anstatt gleich wieder die große (praktisch kaum je durchsetzbare) Haftungskeule zu schwingen, sollte der Gesetzgeber doch erstmal zusehen, daß die von den Unternehmen rechtsverbindlich eingereichten Informationen dem anlagesuchenden Publikum auch tatsächlich zeitnah und möglichst zentralisiert zur Verfügung gestellt werden. Aber offenbar bereitet die Einrichtung einer Datenbank vergleichbar derjenigen der SEC (EDGAR) in Deutschland schier unüberwindliche Schwierigkeiten. Dabei wäre gerade mit einer solchen Datenbank nicht nur eine schnell erreichbare Informationsquelle eröffnet, sondern zugleich auch die langfristige öffentlich zugängliche Dokumentation der Daten, also eine für jedermann effektive Grundlage späterer Rechtsverfolgung gesichert.

      Aber wer (außer den kleinen Deppen) will hier schon wirkliche Effizienz? Viele der großen Akteure scheinen die theoretischen Ergüsse eines Herrn Fleischer ungeachtet aller praktischen Untauglichkeit allemal vorzuziehen. Warum nur?

      ;)


      Beitrag zu dieser Diskussion schreiben


      Zu dieser Diskussion können keine Beiträge mehr verfasst werden, da der letzte Beitrag vor mehr als zwei Jahren verfasst wurde und die Diskussion daraufhin archiviert wurde.
      Bitte wenden Sie sich an feedback@wallstreet-online.de und erfragen Sie die Reaktivierung der Diskussion oder starten Sie
      hier
      eine neue Diskussion.
      Dt. Juristentag diskutiert Verschärfung des Kapitalmarkt- & Börsenrecht