Rentenmarkt: Experten rechnen mit Kursrutsch - 500 Beiträge pro Seite

[BigLinus]

Auf dem Rentenmarkt wird die Luft immer dünner - Experten rechnen mit überraschendem Kursrutsch. Institutionelle Investoren starten rechtzeitig Gewinnmitnahmen


Berlin - Der Rentenmarkt gerät zur Zitterpartie. Seit Monaten steigen die Kurse, und allmählich wird die Luft dünn. Der Bund-Future hat im Juli immer neue Höchststände erreicht. Die Rendite der 10-jährigen Bundesanleihe, eine wichtige Orientierungsmarke für Bond-Anleger, sackte gestern auf 4,69 Prozent und näherte sich damit weiter dem Allzeit-Tief bei 4,5 Prozent. Von Aktien frustrierte Investoren reißen sich förmlich um Staatspapiere. Am Mittwoch verzeichneten Händler ein Umsatzvolumen von 1,5 Mio. Kontrakten. Der Bund-Future ist deshalb deutlicher denn je ein Spiegelbild der Aktienindizes. Doch viele Analysten halten das Ende der Fahnenstange für erreicht. Das kleinste Aufwärtssignal am Aktienmarkt könnte einen Erdrutsch bei den Renten auslösen. "Die Lage ist gespannt, weil alle Leute nach den Gewinnen der jüngsten Zeit Angst haben, falsch positioniert zu sein", sagte gestern ein Händler.

Schon als sich der Dax zur Wochenmitte ein paar Prozentpunkte ins Plus wagte, bliesen einige Rentenmarkt-Analysten zum Verkauf. So riet etwa Peter Müller vom Zinsstrategie-Team der Commerzbank den Investoren, sich nicht zu lange auf den Rentenpapieren auszuruhen: "Wir erachten die aktuell erreichten Kurse am Eurozone-Rentenmarkt als ein Niveau, das zum Zurückführen der Duration auf zumindest neutral genutzt werden sollte", heißt es in einer Markteinschätzung. Wenn der Bund-Future unter 108,50 Punkte fallen sollte, sei es zudem an der Zeit, Gewinne zu realisieren. "Wenn sich die Rendite der Zehnjahres-Anleihe auf fünf Prozent zu bewegt, könnte es sogar zu einem regelrechten sell-off kommen", Müller. Dabei sei ein Niveau von fünf Prozent allerdings schon jetzt "fundamental gerechtfertigt". Nur wenn es bei der konjunkturellen Entwicklung zu dem gefürchteten "double dip" komme, könnte der Rentenmarkt länger als erwartet auf dem jetzigen Niveau verharren.

Doch wann die Renten ins Rutschen geraten, lässt sich kaum vorhersagen. Karl Hensler von der Bank Vontobel beispielsweise geht davon aus, dass der Aktienbaisse-bedingte Kursschub bei den Renten "noch eine Weile anhalten" wird. Für Stefan Schneider, Technik-Analyst der WGZ Bank, liegt der Rentenmarkt hingegen schon "in den letzten Zügen". Der Bund-Future stehe "kurz vor seinem zyklischen Hoch". Er prognotiziert für die Orientierungsmarke noch ein Hoch von 111,30 Punkten Mitte August, gefolgt von einer Seitwärtsbewegung von einigen Wochen. Dann jedoch gehe es wieder abwärts "und zwar deutlich." Die BHF-Bank sieht die Rendite für die "Zehnjährige" in den kommenden sechs Monaten wieder auf 5,35 Prozent steigen.

Doch die Bond-Kurse könnten auch ohne eine Aufwärtsbewegung am Aktienmarkt schon einen Dämpfer erhalten. Viele institutionelle Investoren sehen sich derzeit gezwungen, Verluste im Depot durch frühzeitige Verkäufe an anderer Stelle auszugleichen. So beobachtete die WGZ-Bank am Mittwoch, als sich die Aktienmärkte etwas stabiler zeigten, unmittelbar einsetzende Gewinnmitnahmen auf der Rentenseite. Auch Commerzbank-Experte Müller will nicht ausschließen, dass einige institutionelle Investoren, die nicht an weitere Kursgewinne glauben, schon frühzeitig aussteigen. Christian Rauen von der WGZ-Bank sieht den Renten-Ausstieg der Investoren durch zunehmende Mittelzuflüsse in Geldmarktfonds bestätigt. "Vielen geht es einfach nur noch darum, die Unsicherheiten zu überstehen."

Quelle: Die WELT; 27.07.2002

[Grasgefluester]

wenn die Experten damit rechnen, sollte man verstärkt in den Rentenmarkt einsteigen.

GGF