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    [b]Scheitert der erwartete Aufschwung an der systematischen Kreditverknappung?[/b] - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 22.08.02 08:59:08 von
    neuester Beitrag 22.08.02 09:36:50 von
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      schrieb am 22.08.02 08:59:08
      Beitrag Nr. 1 ()
      Kredit-Klemme: Die Angst vor der Kredit-Verknappung geht um

      Scheitert der erwartete Aufschwung an einem so genannten Credit Crunch, an der systematischen, massiven Verknappung von Krediten durch die Banken?
      Manche Experten befürchten durchaus, dass die Unternehmen schon bald nicht mehr genügend Geld für Investitionen bekommen könnten.


      Vor allem Mittelständler, notorisch karg mit Eigenkapital ausgestattet, würden in Not geraten. Zumindest ein "weicher" Credit Crunch sei in den kommenden Monaten möglich, prognostiziert die US-Investmentbank Morgan Stanley in einer aktuellen Studie zu den Investmentperspektiven in Europa. "Solche Aussagen treffen nicht zu", heißt es dagegen unisono bei den deutschen Kreditinstituten.

      Tatsächlich ist die Datenlage uneinheitlich und nicht leicht zu interpretieren. Vor allem bei den Großbanken ist das ausstehende Nettokreditvolumen in den zurückliegenden 18 Monaten kräftig geschrumpft. Experten sehen den Grund dafür aber vor allem darin, dass die Kreditnachfrage sinkt, nicht hingegen das Angebot der Banken. Deutlich abgeschwächt hat sich seit Anfang 2001 die Kreditaufnahme von Unternehmen und Privatpersonen in der Bundesrepublik. Die Ausleihungen stiegen 2001 lediglich um 50,5 Mrd. Euro oder zwei Prozent, verglichen mit 116,5 Mrd. Euro oder fünf Prozent im Jahr davor, konstatiert die Deutsche Bundesbank. Im ersten Halbjahr 2002 ging das Kreditvolumen gegenüber dem Dezember 2001 sogar leicht zurück.

      Zugenäht haben ihre Taschen vor allem die Big Four der privaten Kreditwirtschaft Commerzbank, Deutsche, Dresdner Bank und HypoVereinsbank, die ihre Ausleihungen an inländische Unternehmen und Selbstständige von März 2001 bis März 2002 um insgesamt 9,3 Prozent auf 140 Mrd. Euro zurückgefahren haben. Dagegen erhöhten Sparkassen und Kreditgenossenschaften die Ausleihungen an ihre mittelständisch geprägte Firmenkundschaft noch merklich.

      (...)

      Phänome der Fremdkapital-Verknappung

      Steigende Zinsen. Ein knapper werdendes Angebot müsste die Kosten des Kapitals in die Höhe treiben. Ganz im Gegenteil sind aber derzeit die Zinsen in Deutschland im historischen Vergleich recht niedrig.

      Keine Kredite trotz gleichbleibender Bonität. Wenn die Banken die Kreditvergabe einschneidend begrenzen, dann müssen dies auch Unternehmen zu spüren bekommen, die bislang problemlos Geld bekamen. Abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen gibt es jedoch kaum Meldungen über Firmen, die ungeachtet einer gleichbleibend guten Kreditwürdigkeit von den Banken plötzlich im Stich gelassen werden.

      Gekappte Kreditlinien. In der ersten Jahreshälfte gab es zwar prominente Beispiele dafür, dass Banken angeschlagenen Firmen wie Dornier, Holzmann oder Kirch Media die Kredite nicht verlängern. Auf breiter Front ist aber keineswegs zu erkennen, dass die eingeräumten Kreditlinien gekappt oder gekürzt werden.

      (...)

      Auszug aus: © 2002 Financial Times Deutschland, 22.08.2002
      Avatar
      schrieb am 22.08.02 09:08:53
      Beitrag Nr. 2 ()
      In der Kredit-Klemme

      Mittelständler kriegen kaum noch Kredite. Experten sehen den Aufschwung gefährdet und machen Banken und die Firmeninhaber für das Desaster verantwortlich. Sie fordern eine Kulturrevolution in den Unternehmen.

      Cornelius Geber hat es anfangs nicht glauben wollen, was die Bank da forderte. Schließlich hatte die Paul Günther Logistik AG beste Zahlen vorgelegt, verbesserte Ertragsaussichten inklusive. Als Dankeschön verschärfte die Hausbank der Logistikfirma vor einigen Monaten ihre Konditionen.

      Statt vierteljährlich wollten die Kreditmanager nun einen monatlichen Lagebericht von der Firmenleitung. Kreditlinien wurden verteuert. Der Aufsichtsratsvorsitzende Geber traute seinen Ohren kaum: "Es kam der Rat von der Bank, wir sollten doch besser das Kreditinstitut wechseln oder andere Finanzierungsmöglichkeiten suchen."


      Jeder Dritte ohne Kredit

      Geber, als früherer Vorstandschef von Kühne & Nagel, Unternehmensberater und Finanzinvestor ein alter Hase im Business, war verblüfft. Und er steht mit seinen Erfahrungen nicht allein: Ein Drittel der Mittelständler klagt über massive Schwierigkeiten, an Kredite zu kommen. Das hat eine Umfrage der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) unter 7000 Firmen ergeben. KfW-Vorstand Hans Reich sieht eine "Katastrophe auf mittelgroße und kleine Unternehmen zukommen".

      Er ist nicht der Einzige: "Die Kreditversorgung klemmt", konstatiert auch Gunter Kayser, Leiter des Bonner Instituts für Mittelstandsforschung. "Die Zurückhaltung der Banken in Verbindung mit der schleppenden Rezession führt zu weniger Investitionen." Die Banken verhindern also den Aufschwung?

      Die würden den schwarzen Peter gern zurückgeben. Sie werfen den Firmen vor, ihren Finanzstatus zu verschleiern statt transparenter zu arbeiten. "Der Mittelstand tut sich schwer, sich zu öffnen", sagt Kurt Demmer, Chef-Volkswirt der Industrie-Kredit-Bank (IKB) in Düsseldorf. Seine Mitarbeiter kämen von Kundengesprächen häufig zurück mit der Erkenntnis: "Bei bestimmten Fragen habe ich dreimal nachbohren müssen."


      Rückläufiges Kreditvolumen

      Für viele Mittelständler klingt das wie Hohn. Denn unbestritten bleibt, dass die Banken in Deutschland anders als im Rest von Europa (siehe Grafik) weniger Kredite vergeben. Im Euro-Raum wächst das Kreditvolumen immer noch um fünf Prozent, hat Volker Nitsch, Volkswirt bei der Bankgesellschaft Berlin, berechnet. In Deutschland ist das Volumen im ersten Quartal 2002 gegenüber dem Vorquartal um 0,2 Prozent auf 2231 Mrd. Euro zurückgegangen.

      Für das Minus verantwortlich sind die deutschen Großbanken, die ihre Firmenkredite im März 2002 um 9,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurückgefahren haben. Sie haben keine Lust mehr, faule Kredite zu vergeben. Je schwächer die Konjunktur, um so mehr Ausfälle gibt es. Die Wertberichtigungen auf Kreditrisiken sind auf Rekordhöhen geschnellt. So musste die Dresdner Bank ihre Risikovorsorge im zweiten Quartal von 321 auf 729 Mio. Euro mehr als verdoppeln. Die HypoVereinsbank erhöhte um 55 Prozent auf 1,2 Mrd. Euro, die Deutsche Bank um ein Drittel auf 511 Mio. Euro.

      Angesprochen auf einen eventuellen Rückzug aus der Mittelstandsfinanzierung, reagieren die Großbanken allerdings empört. "Die Dresdner Bank zieht sich nicht zurück", sagt Wolfgang Dambmann, der dort den Bereich Firmen und Institutionen leitet. Und bei der Commerzbank heißt es im Brustton der Überzeugung: "Es gibt keine Gruppen, die wir ausgrenzen."


      Credit Crunch kommt

      Ob Wahrheit oder Lippenbekenntnis: Alle Banken wissen, dass die steigende Zahl fauler Kredite die Möglichkeiten für neue Vergaben einschränken. "Die Abschreibungen führen im Extremfall dazu, dass das vorgeschriebene Eigenkapital fehlt, um Kredite auszugeben", sagt Mark Wahrenburg, Professor für Bankbetriebslehre an der Universität Frankfurt. Dann könne es zum in letzter Zeit verstärkt beschworenen "Credit Crunch", dem Zermalmen der Kredite kommen. Die Kreditnachfrage eines Unternehmens wird in solchen Zeiten der Rationierung selbst dann nicht mehr in vollem Umfang bedient, wenn es bereit ist, einen höheren Zins zu zahlen.

      Ob Deutschland in der Kreditklemme steckt, darüber streiten die Gelehrten. Wahrenburg hält es für "verfrüht, von einem Credit Crunch zu sprechen". Nach Ansicht von Thorsten Polleit, Chef-Volkswirt bei Barclays Capital, steigen beim Credit Crunch die Kreditzinsen, das sei kaum der Fall. Polleit bevorzugt den Begriff "Kreditrationierung". Den Mittelständlern ist egal, welcher Begriff passt. Sie interessiert nur, dass sie kaum noch an Geld kommen. Auch bei neuen Kreditgebern werden sie oft nicht mit offenen Armen empfangen. Stattdessen hören sie überall "Basel II".

      (...)

      Auszug aus: © 2002 Financial Times Deutschland, 21.08.2002
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      schrieb am 22.08.02 09:36:50
      Beitrag Nr. 3 ()
      Kredit-Klemme: Restriktive Vergabe bremst Wachstum

      Die zunehmend restriktive Kreditpolitik vieler Banken droht nach Auffassung von Volkswirten das ohnehin nur noch schwache Wachstum in Deutschland zu bremsen. Da Unternehmen derzeit nur schwer an frisches Investitionskapital gelangen, werden Ausgabenpläne verschoben oder Investitionen ganz gestrichen.

      "Dadurch wird das konjunkturelle Tief verlängert", sagt Thomas Hueck, Ökonom bei der HypoVereinsbank. Nach den jüngsten Daten der Bundesbank von dieser Woche gingen im zweiten Quartal des Jahres "die Ausleihungen deutscher Banken an inländische Unternehmen spürbar zurück", wie die Bundesbank in ihrem August-Monatsbericht schreibt.

      Das Kreditwachstum lässt im Abschwung naturgemäß nach, weil die Kreditnachfrage von der Seite der Unternehmen sinkt. Viele Volkswirte vermuten jedoch, dass der besondere Strukturwandel im deutschen Bankensektor die konjunkturelle Tendenz rückläufiger Ausleihungen an Investoren seit etwa Mitte 2001 noch verstärkt hat.

      Eine Umfrage der Wirtschaftsauskunftei Creditreform hatte gezeigt, dass im vergangenen Frühjahr noch immer 40 Prozent der deutschen Unternehmen unter wachsenden Schwierigkeiten bei den Kreditverhandlungen mit Banken und Sparkassen litten. Zu dieser Zeit hatte sich, ausgelöst durch einen kräftigen Wachstumsschub in den USA, ein Konjunkturaufschwung auch in Deutschland jedoch längst angekündigt. Statt ihre restriktive Kreditpolitik angesichts der aufgehellten Konjunkturerwartungen zu lockern, wurden viele Geldhäuser im Frühsommer jedoch noch strenger.

      Eine Umfrage der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) unter 7000 kleinen und mittleren Firmen hat ergeben, dass ein Drittel der Mittelständler sich über massive Probleme beklagt, wenn es darum geht, an Kredite zu kommen. Vor allem die Großbanken fahren ihr Kreditvolumen an den Unternehmenssektor seit Mitte 2001 drastisch zurück. "Die Großbanken tun sich schwer mit Firmenkrediten, weil sie damit beschäftigt sind, sich auf neue Zielgruppen auszurichten", sagt Stefan Stein vom Institut für Kredit- und Finanzwirtschaft der Ruhr-Universität Bochum. Zur Zielgruppe der großen Privatbanken zählen nicht mehr kleinere Unternehmen, sondern Großunternehmen mit mehreren Hundert Millionen Euro Jahresumsätzen sowie vermögende Privatkunden.


      Schwache Eigenkapitalbasis der Unternehmen

      "Eigenkapital ist derzeit praktisch nicht zu beschaffen. Und auch der Fremdkapitalmarkt läuft extrem schlecht", sagt HypoVereinsbank-Ökonom Hueck. Die Private-Equity-Unternehmen seien "überschwemmt" mit Anlagekapital, das sie nicht loswürden. Viel genauer als früher würden die Banken heute auf die Kreditrisiken blicken. "Wenn keine Außenfinanzierung mehr möglich ist, sind die Unternehmen ausschließlich auf die Innenfinanzierung angewiesen", sagt Hueck. Der Cash-Flow sei jedoch vielfach schwach, da sich die Konjunktur in vielen Sektoren in den letzten Monaten wieder eingetrübt habe. "In so einer Situation geht es kumulativ abwärts", so Deka-Bank-Volkswirt Karsten Junius. Die Geldknappheit der Unternehmen verhindere Investitionen und habe deshalb auch negative Beschäftigungs- und Konsumeffekte. "Die Unternehmen zeigen eine zunehmende Tendenz, freie Cash-Flows nicht investiv, sondern zum Schuldenabbau zu verwenden", sagt Stein.

      Deutschland ist nach Einschätzung der Ökonomen allerdings noch weit entfernt von einer Kreditklemme, wie sie Japan seit Jahren erlebt. Dort leiden die Banken an massiven faulen Krediten. Diese werden inzwischen von der Finanzaufsicht auf 43.000 Mrd. Yen (370 Mrd. Euro) beziffert, private Analysten schätzen sie doppelt oder dreifach so hoch. Bis sie abgeschrieben sind, können die dortigen Institute es sich kaum erlauben, neue Kredite auszugeben.


      Ökonomen warnen vor Abwärtsspirale

      In die gefährliche Situation des Credit Crunch gerät die Wirtschaft, wenn das Kreditangebot des Bankensektors völlig ausbleibt. Einmal gefangen in der Liquiditätsfalle, kann auch eine noch so expansive Geldpolitik die Geldhäuser kaum bewegen, Kredite in den Unternehmenssektor zu geben, statt Liquidität zu horten. Das Ergebnis ist eine dauerhaft schrumpfende Wirtschaftsleistung. "Wirklich besorgniserregend wird die Situation, wenn auch in Deutschland sogar solide Unternehmen keine Kredite mehr bekommen würden", sagt Junius von der Deka-Bank. Das sei aber bislang nicht der Fall. Allerdings lasse sich der Beginn einer echten Kreditklemme "tatsächlich immer erst hinterher feststellen".

      Die Negativfolgen restriktiver Kreditvergabe müsse Wirtschaftspolitik durch Maßnahmen abfedern, die die Eigenkapitalbasis der Unternehmen stärkten, so die Volkswirte. Steuern und Abgaben müssten sinken, damit Unternehmen höhere Gewinnanteile in den Aufbau des Eigenkapitals stecken können. Das Programm des Bundeswirtschaftsministers, der mit Hilfe von zinsgünstigen Mikro-Darlehen in Höhe von 25.000 Euro pro Antragsteller die Finanzierungsprobleme des Mittelstands bekämpfen will, gehe in die falsche Richtung: Es erhöht noch die Abhängigkeit der Unternehmen vom Fremdkapital.

      © 2002 Financial Times Deutschland, 22.08.2002


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