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    Die Neuaufteilung des deutschen Aktienmarktes - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 29.09.02 10:00:04 von
    neuester Beitrag 29.09.02 10:05:02 von
    Beiträge: 2
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      schrieb am 29.09.02 10:00:04
      Beitrag Nr. 1 ()


      Tja,ich lass mal das Bildchen unkommentiert.:D

      Allen erfolgreiches Handeln:)
      Avatar
      schrieb am 29.09.02 10:05:02
      Beitrag Nr. 2 ()
      Aus der FTD vom 27.9.2002 www.ftd.de/neuer-markt



      Tod einer Börse


      Von Tim Bartz, Frankfurt

      Drei Jahre lang galt der Neue Markt als Erfolgsstory: Die Zahl der notierten Unternehmen wuchs ebenso rasant wie der Wohlstand der Kleinaktionäre. Dann kam der tiefe Fall. Gewinneinbrüche, Pleiten und Betrügereien haben den Ruf des Vorzeigesegments ruiniert. Jetzt ist Schluss.



      Nemax All Share, in Punkten


      Die Dementis waren eindeutig: "Der Neue Markt wird auch in Zukunft so heißen", versicherten die Topmanager der Deutschen Börse in letzter Zeit immer dann, wenn Gerüchte vom Exitus des einstigen Wachstumssegments die Runde machten. Der Neue Markt werde sich um Skandalfirmen und Insolvenzen bereinigen, das Vertrauen der Anleger schon zurückkehren, die Kurse wieder anziehen, hieß es optimistisch.

      Von wegen. Seit Donnerstag ist klar, dass das einstige Aushängeschild der Börse, die viel gepriesene Jobmaschine und Cash-Cow einer ganzen Generation ambitionierter Jungmanager, tot ist. Die Sargträger sind bestellt, die Beerdigung der "deutschen Nasdaq" steht kurz bevor.


      "Deutsche Börse stellt neue Aktienmarktsegmentierung vor" - unter der harmlos klingenden Überschrift einer trockenen Pressemitteilung schreiben die Frankfurter dem Neuen Markt in Zeile 23 verschämt den Totenschein aus: "... die bestehenden Handelssegmente Neuer Markt und Smax (sollen) spätestens Ende 2003 vollständig eingestellt werden."


      Vollständig eingestellt haben viele Kleinanleger den Irrglauben, am Aktienmarkt schnell und ohne Risiko Geld zu scheffeln. 211 Mrd. Euro sind verbrannt, mit denen Eigentumswohnungen, Sportwagen und Ruhesitze auf Mallorca finanziert werden sollten.



      Starvorstände haben ausgesorgt


      Ausgesorgt haben nur die ehemaligen Starvorstände. Boulevardgrößen wie EM.TV-Chef Thomas Haffa oder Peter Kabel von Kabel New Media privatisieren auf Yachten und Latifundien, die sie sich leisten können, weil sie rechtzeitig Aktien der eigenen Firma abgestoßen haben, während sich treuherzige Kleinsparer noch von angeblich dreistelligen Wachstumsraten bei Umsatz und Gewinn blenden ließen und fleißig Wertpapiere nachkauften.


      Der Start des Neuen Marktes lässt die Rasanz seines Aufstiegs und das Drama seines Absturzes keineswegs erahnen. "Die Kandidaten für den Neuen Markt sind rar", schreibt "Der Spiegel" im März 1997, als das Segment das Licht der Finanzwelt erblickt.


      Zwei Firmen stehen auf dem Kurszetteln unter dem Signet "Neuer Markt": der Börsenneuling Mobilcom aus einem norddeutschen Städtchen namens Büdelsdorf und der Ingenieurdienstleister Bertrandt, zuvor am Geregelten Markt notiert. Mobilcoms Schicksal ist bekannt, Bertrandt gehört heute mit 155 Mio. Euro Börsenwert zu den Großen am Neuen Markt.


      "Wir waren sehr froh, mit Mobilcom und Bertrandt zwei sehr ordentliche Unternehmen zum Start gefunden zu haben", räumt Rainer Riess, Chef des Neuen Markts, später ein. Die Börsenmanager wollen um jeden Preis die Seriosität des Segments herausstellen. Immerhin trauen sich bis Ende 1997 noch 15 Firmen an den Start. Die Kleinanleger warten ab.



      Euphorische Entrepreneure


      Dabei hat die Börse die Wachstumssparte vor allem für private Investoren kreiert, um den Deutschen das bis dahin vernachlässigte Anlageprodukt Aktie schmackhaft zu machen. "Es war das erste Mal, dass die Börse an den Privatanleger als Kunden gedacht hat", sagt Riess im März 2001, als der Neue Markt seine beste Zeit schon längst hinter sich hat.


      In Deutschland rollt eine Gründerwelle, denn Risikokapitalgeber verfügen nun endlich über einen "Ausstiegskanal", über den sie ihre Beteiligung versilbern können: den Neuen Markt. Die jungen Entrepreneure äußern sich euphorisch über die neue Geldquelle, die sich ihnen auftut: "Wenn wir nur ein Zehntel des Risikokapitals mobilisieren können, entsteht ein unglaublicher Dampf, der viele Unternehmen nach oben reißen wird", sagt Horst Görtz, Chef des Nachrichtenverschlüsselers Utimaco, der Februar 1999 an den Neuen Markt geht. Heute klingen die Worte wie Hohn.


      Der Schwung der New Economy reißt nicht nur die Startups mit. Biedere deutsche Großunternehmen und fleißige Mittelständler wollen am positiven Image des Neuen Marktes teilhaben. Automobil- und Pharmafirmen gründen Internet-Plattformen, um den Einkauf von Produktionsmitteln zu bündeln und die Zulieferindustrie unter Preisdruck zu setzen. Die Versorger Veba und Viag schließen sich zu einem Unternehmen an, dessen wunderlicher Name "E.on" irgendwie an "dot.com" erinnert.


      Das Emissionstempo am Neuen Markt legt zu. Ende 1998 sind dort 64 Titel mit einem Marktwert von 26 Mrd. Euro notiert. Der Gesamtindex hat sich seit dem Start mehr als verfünffacht.


      Im Sommer 1999 bringt die Deutsche Börse Ordnung in das immer schneller wachsende Segment. Die größten 50 Unternehmen werden im Auswahlindex Nemax 50 zusammengefasst. 124 Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von 56 Mrd. Euro sind zu diesem Zeitpunkt am Neuen Markt notiert.



      Kleinanleger werden aufmerksam


      Jetzt werden auch die Kleinanleger auf die Wunderbörse aufmerksam. Banken verkaufen die ersten Neuer-Markt-Fonds. Kioske pflastern ihre Auslagen mit Anlegermagazinen und Börsen-Infodiensten. In "Tagesschau" und "Heute"-Nachrichten berichten Reporter live vom Parkett über die neuesten Kurssprünge und heizen das Interesse am Neuen Markt weiter an. Bundesschatzbriefe als Geschenk zum 18. Geburtstag scheinen passé.


      Kurz darauf zündet die Rakete Neuer Markt die nächste Stufe. Ähnlich wie an der 1972 gegründeten Hightech-Börse Nasdaq boomen die Technologiewerte. Banken, Telekommunikationsanbieter, Internetfirmen investieren massiv in ihre Informationstechnik und treiben den Nemax 50 im Jahr 1999 von 3400 auf über 5000 Zähler


      Zum Millenniumswechsel stehen 201 Titel auf dem Kurszettel. Wer sämtliche Aktien vom Markt kaufen wollte, müsste 111,3 Mrd. Euro ausgeben. "Bookbuildingspanne" und "Zeichnungsfrist" gehen den deutschen Kleinanlegern lässig von der Zunge. "I-P-O" wird zum beliebtesten Kürzel. Wer beim Initial Public Offering zu den Erstzeichnern zählt, kann garantiert mit rasanten Kurssteigerungen rechnen.


      Die Banken prügeln sich regelrecht um Konsortialmandate bei den Börsengängen, denn sie wissen, dass ihnen die Anleger alles aus den Händen reißen werden, was irgendwie nach Internet und Wachstum klingt.



      Warnungen werden ignoriert


      Die ersten Händler warnen vor Übertreibungen und erwarten deutliche Kurskorrekturen. Mahnende Stimmen sind allerdings selten. Jeder will dabei sein beim großen Spiel.


      "Wer auf die Euphorie-Bremse trat, wurde als Miesepeter abgekanzelt", blickt der Geschäftsführer des Deutschen Aktieninstituts, Rüdiger von Rosen, später zurück. Doch selbst unter den aktienerfahrenen Amerikanern grassiert das Börsenfieber. Notenbankchef Alan Greenspan hat bereits Ende 1996 in seinem üblichen Kauderwelsch gefragt: "Wie können wir wissen, wann irrationaler Überschwang die Wertpapierkurse unangemessen erhöht hat?" Die Antwort geben sich die Anleger selbst: "Keine Ahnung, aber es interessiert uns auch nicht." Greenspan warnt, versäumt, jedoch etwas gegen das Entstehen der Spekulationsblase zu tun.


      Im Jahr 2000 geht die Super-Hausse zunächst ungebremst weiter. Am dritten Geburtstag des Neuen Marktes am 10. März schließt der Nemax All Share auf einem Rekordhoch von 8546,19 Punkten. Die Marktkapitalisierung der 229 Firmen beläuft sich auf 234,3 Mrd. Euro. Der Börsengang von T-Online im April ist mit einem Volumen von 2,5 Mrd. Euro die größte Emission des Segments.



      Blase angestochen


      Zu diesem Zeitpunkt befinden sich die Kurse bereits auf dem Rückzug, die Blase ist angestochen, die Luft entweicht langsam, aber stetig. Im September schockt das Telekomunternehmen Gigabell die Anleger mit dem Gang zum Insolvenzrichter - die erste Firma am Neuen Markt ist pleite. Am Jahresende ist der Börsenwert der insgesamt 339 Gesellschaften auf 120,9 Mrd. Euro zusammengeschnurrt.


      Börsennachrichten werden zu Horrormeldungen. Zahlreiche Firmen verunsichern mit Gewinn- und Umsatzwarnungen, die Banken ergreifen die Flucht, betrügerische Firmenvorstände kommen in Haft, IPOs werden Mangelware. Immer mehr Unternehmen flüchten freiwillig in den Geregelten Markt, um den Ausschlussregeln zu entgehen, mit denen die Börse ab Oktober 2001 Billigaktien vom Neuen Markt verbannen will. Dass die Börse mit ihrem Vorstoß später vor Gericht scheitert, registrieren die meisten Kleinanleger in ihrem Trauerschmerz nicht mehr.


      Im Oktober 2001 unterschreitet der Nemax 50 erstmals sein Startguthaben von 1000 Punkten, im November beantragt der IT-Sicherheitsspezialist Biodata als erster Nemax-50-Wert die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Die 327 Firmen am Neuen Markt sind zum Jahresende noch 49,9 Mrd. Euro wert. Diesen Donnerstag sind die Aktien der 264 Überlebenden für 23 Mrd. Euro zu haben.


      Viele werden wohl nicht mehr die Kraft haben, die Asche des Neuen Marktes wegzupusten und ins neue Premiumsegment zu wechseln.



      © 2002 Financial Times Deutschland , © Illustration: FTD


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