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    89 Milliarden Euro fehlen! - Geht Deutschland pleite? - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 09.11.02 17:08:15 von
    neuester Beitrag 12.11.02 13:03:40 von
    Beiträge: 15
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      schrieb am 09.11.02 17:08:15
      Beitrag Nr. 1 ()


      89 Milliarden Euro fehlen! - Geht Deutschland pleite?
      09.11.2003

      Alarm-Stimmung in Berlin, es droht ein viel gewaltigeres Haushaltsloch: Bis 2006 fehlen den öffentlichen Kassen bis zu 89 Milliarden Euro! Das berichtet „Der Spiegel“ in seiner Montags-Ausgabe. Geht Deutschland pleite?

      Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) ist bereits rot-grüner Dreikampf-Meister (Sparen, Kürzen, Streichen). Doch es hilft nichts: Die Staatsverschuldung ist auf Rekord-Niveau, die Kassen werden immer leerer. Und jetzt berichtet „Der Spiegel“: In diesem und im nächsten Jahr fehlen Eichel jeweils sechs Milliarden Euro Steuereinnahmen, seinen Länderkollegen sieben Milliarden Euro.

      Die neuen Horror-Zahlen gehen aus Berechnungen hervor, die in die Steuerschätzung in der kommenden Woche einfließen werden. Das Schock-Fazit der Experten: Bis 2006 summieren sich die Steuerausfälle auf 89 Milliarden Euro.

      Den nächsten Hammer gibt es gleich dazu: Deutschland, früher einmal Spar-Meister Europas, wird mit einem Staatsdefizit von 3,8 Prozent Europas Schulden-Champion. Dies liegt weit über der zulässigen EU-Höchstgrenze (3,0%).

      Und es wird noch schlimmer: Die Wirtschaftsexperten sagen für 2003 nur noch ein Wachstum von rund einem Prozent voraus. Herr Eichel, geht Deutschland pleite?

      Der Bundesfinanzminister gibt die Horror-Meldungen nur kleckerweise zu, räumte in einem Interview mit der „Passauer Neue Presse“ ein, dass trotz des Sparpakets noch immer eine Lücke von rund einer Milliarde Euro im Bundeshaushalt klafft.

      Er zieht die Notbremse, will noch weiter einsparen. Eichels Versprechen: „Sie können sicher sein, dass wir diese Lücke noch schließen“. Zum Beispiel über harte Einschnitte bei der Lebensversicherung!

      Rot-Grün plant nach Angaben der Deutschen Steuergewerkschaft die zwölfjährige Spekulationsfrist zu streichen, künftig Zinsen und Überschussanteile voll zu besteuern. Dieter Ondracek Chef der Steuergewerkschaft in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“: „Dies ist ein gravierender Eingriff in die private Altersvorsorge“.

      Quelle: http://www.bild.t-online.de/?toc=/geldboerse/toc/toc.html&bo…

      Weitere Nachrichtenseiten: http://www.Germany-Pool.de
      .
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      schrieb am 09.11.02 17:15:07
      Beitrag Nr. 2 ()
      Sind dort bereits die Mindereinnahmen durch die Maßnahmen der Bundesregierung zum Januar 2003 mit eingerechnet. Oder glaubt RUHIGE HAND, dass sein Wirken die Wirtschaft auf Touren bringt. Richtig abwärts geht es erst nächstes Jahr, nur bis die Steuerterroristen das wieder merken, dauert es bis 2004 !
      Avatar
      schrieb am 09.11.02 17:16:14
      Beitrag Nr. 3 ()
      Ich denke es ist langsam an der Zeit, die Pleite einzugestehen. Konkursverschleppung hilft uns nicht weiter. Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.

      Sofortige Einstellungen der Zinszahlungen aus Bundesanleihen! Für das Risiko das dieser Fall eintritt, gab es schliesslich pro Jahr um die 5% Zinsen. Jetzt tritt der Fall halt ein.

      Danach harte Reformen und Restrukturierungen (Rente, öffentlicher Dienst, Krankenversicherungen etc), anschliessend Neuanfang. Wenn wir das so har durchziehen, werden wir dem Rest der Welt voraus sein, denn der hat die gleichen Probleme.
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      schrieb am 09.11.02 17:23:46
      Beitrag Nr. 4 ()
      Bernd Senf:
      Zinssystem und Staatsbankrott
      Um es gleich vorwegzunehmen: Der folgende Beitrag rührt an einem Tabu, das sich auf erstaunliche Weise in einer ansonsten doch recht aufgeklärten Gesellschaft hat halten können. Gemeint ist das Zins-Tabu, die Tabuisierung der Zinsproblematik, d.h. des Zusammenhangs zwischen Zinssystem und vielfältigen Krisensymptomen. Dazu gehören Krisen der Wirtschaft, der Umwelt, der Gesellschaft, des Staates und der Dritten Welt. Hier soll es vor allem um die Krise des Staates - genauer: des Staatshaushalts - gehen, um die Eskalation der Staatsverschuldung und deren Finale, den Staatsbankrott.

      Zweimal Staatsbankrott in Deutschland
      In Deutschland hatten wir ihn in diesem Jahrhundert schon zweimal, und jedesmal verbunden mit sozialen Katastrophen: Im Gefolge des Ersten Weltkriegs die Inflation von 1923, und nach dem Zweiten Weltkrieg der Zusammenbruch der Währung 1948. Beide Male hatte die Währung den an sie gestellten Anspruch - nämlich zu währen, d. h. ihre Kaufkraft zu bewahren - eingebüßt.
      Auf dem Höhepunkt der Inflation 1923 konnte man für 1 Billion Mark gerade mal noch ein Brot kaufen, in so astronomische Höhen waren die Preise gestiegen. Bis im November 1923 eine Währungsreform stattfand und die alte Währung im Verhältnis 1 Billion : 1 in die neue »Rentenmark« umgerechnet und umgewechselt wurde. Von dieser Umrechnung waren alle Geldgrößen betroffen, Geldvermögen ebenso wie Schulden, auch Staatsschulden, die der Staat u. a. zur Finanzierung des Ersten Weltkriegs aufgenommen hatte. Durch die große Inflation und anschließende Währungsreform hat sich demnach der Staat auf "elegante" Art, aber mit dramatischen Folgen, seiner gigantischen Staatsschulden entledigt, im wahren Sinne des Wortes »für`n Appel und `n Ei« ;)- denn mehr waren die Staatsschulden und ihre Rückzahlung nicht mehr wert.

      Die Inflation hatte die Forderungen derjenigen, die dem Staat freiwillig oder per Zwangsanleihe Geld geliehen hatten, aufgefressen. Die Leidtragenden waren die Inhalber von Sparguthaben, von Lebensversicherungen und anderen Geldvermögen, deren Kaufkraft praktisch auf Null zusammengeschrumpft waren; und die Gewinner waren die Schuldner und die Eigentümer von Realvermögen (Boden, Mietshäuser, Fabriken oder andere Wertgegenstände), die all dies unbeschadet über die Inflation hinüberretten konnten. Und wer vor der Inflation über große Geldvermögen verfügte, war früh genug in Sachwerte umgestiegen, im Unterschied zu den kleinen Sparern und Lebensversicherten, denen derartige Möglichkeiten verbaut waren.

      Der verdeckte Staatsbankrott, abgewickelt über die galoppierende Inflation, ging mit einer dramatischen Umverteilung einher, deren Opfer insbesondere das Kleinbürgertum war. Seine Existenzgrundlagen wurden in einer Welle von faktischen Enteignungen zerstört, während das große Kapital davon profitierte. Daß zunächst vor allem das Kleinbürgertum in der Weimarer Republik anfällig für faschistische Ideologie war, lag auch in dessen ökonomischem Absturz und in seiner dadurch verursachten Identitätskrise begründet.

      Unter der Herrschaft des Nationalsozialismus wurde der sich erneut anbahnende Staatsbankrott auf andere Weise verschleiert. Die über Geldschöpfung »finanzierten« gigantischen Rüstungsprogramme trugen zunächst zu einer »Belebung der Wirtschaft« bei (welche Sprachverwirrung!). Unter marktwirtschaftlichen Bedingungen wäre die Folge eines wachsenden Nachfrageüberhangs - nach Auslastung der Produktionskapazitäten - eine Inflation gewesen; und unter demokratischen Verhältnissen hätten die Gewerkschaften um einen Inflationsausgleich gekämpft. Beides fand unter der Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus nicht statt: Die Gewerkschaften wurden zerschlagen, und der Wirtschaft wurde ein Lohn- und Preisstop aufgezwungen. Dadurch kam die Inflation nicht an die Oberfläche, sondern- blieb "zurückgestaut« und brach erst durch, nachdem die nationalsozialistische Gewaltherrschaft zusammengebrochen war - nach dem Zweiten Weltkrieg.

      Hier erst wurde mit einiger Verzögerung offensichtlich, daß die Währung nichts mehr wert war. Die Konsequenz davon war die Währungsreform 1948, bei der eine Umstellung der alten Reichsmark auf die neue D-Mark in den drei westlichen Besatzungszonen im Verhältnis 10: 1 (zum Teil 6,5: 1) erfolgte. Und wiederum waren Geldvermögen und Schulden gleichermaßen entwertet, zum Nachteil der Inhaber von Geldvermögen und zum Vorteil der Schuldner. Der Staat hatte sich zum zweiten Mal durch Bankrott aus seinen Schulden herausgestohlen, hatte sich durch den Zusammenbruch der Währung entschuldet - aber mit keinem Wort bei den Geschädigten dafür entschuldigt, geschweige denn sie dafür entschädigt.

      So ist es eben bei einem Bankrott: Der eine kommt seinen Verpflichtungen nicht mehr nach, und andere haben davon ihren Schaden und müssen auf die Einlösung ihrer Forderungen ganz oder teilweise verzichten. Und wenn es nicht ganz so schlimm kommt, können sie sich noch aus einem Teil der Konkursmasse bedienen. Aber was ist denn eigentlich die Konkursmasse des Staates, wenn er bankrott macht? Und wird der Laden danach wirklich dicht gemacht, wie beim Konkurs eine Privatunternehmens? Irgendwie scheint es doch Unterschiede zu geben zwischen dem Bankrott eines Privatunternehmens und einem Staatsbankrott. Aber worin liegen sie, und worin sind sie begründet? Und was zum Teufel hat die Staaten immer wieder in den Bankrott getrieben, und wird sie vielleicht auch künftig dahin treiben?

      Auf dem Weg in einen neuen Staatsbankrott?
      Oder sind wir gar schon mitten auf dem Weg dorthin? Die USA z. B., die Ende 95/Anfang 96 zeitweise nicht einmal in der Lage waren, ihre Staatsbediensteten zu bezahlen, und sie deshalb mehrmals vorübergehend in unbezahlten Zwangsurlaub schickten? War das schon der Anfang eines Staatsbankrotts? Oder bei uns die sich verschärfenden Auseinandersetzungen um die Sparpakete der öffentlichen Haushalte - auf Bundesebene, bei den Ländern und den Gemeinden, um die Gefährdung der Renten, um die Demontage des Sozialstaats? Sind das alles Vorboten eines neuerlichen Staatsbankrotts? Und wenn ja: Wie könnte er diesmal abgewickelt werden? Und mit welchen Folgen? Wir wollen diesen Fragen etwas systematischer nachgehen, und das erfordert zunächst einige etwas trockene Modellüberlegungen. Aber sie werden uns helfen, die wesentlichen Zusammenhänge besser zu verstehen und den Nebel zu durchdringen, der normalerweise über sie gelegt ist.
      Der Bankrott privater Unternehmen und seine Folgen
      Betrachten wir zunächst die Rolle des Bankrotts bei privaten Unternehmen. Der drohende Bankrott ist sozusagen die Peitsche, mit der das Unternehmen auf Trab gehalten wird. Das Zuckerbrot sind die Gewinne, über die das Unternehmen - nach Steuerabzug - frei verfügen kann. Aber so ganz frei auch wieder nicht: Denn wenn die Gewinne z. B. vollständig konsumiert oder ausgeschüttet werden und damit Nettoinvestitionen (die über die Ersatzinvestitionen hinausgehen) unterbleiben, fällt das Unternehmen im Konkurrenzkampf gegenüber anderen investierenden Unternehmen zurück. Weil es nicht - wie die anderen - z. B. mit modernen Produktionsmethoden die Stückkosten und damit die Preise senken kann und ihm die Käufer davonlaufen. Ihm ergeht es wie einer Figur auf einem abwärts laufenden Band: Wer stehenbleibt, dem droht der Abgrund, eben der Konkurs oder Bankrott. Die gesunkenen Erlöse reichen schließlich nicht mehr aus, um die Kosten zu decken, um den eingegangenen Verpflichtungen nachzukommen, um die Lieferanten und die Beschäftigten zu bezahlen und die Schulden zu bedienen.
      Was bleibt einem privaten Unternehmen angesichts des drohenden Konkurses? An zwei Seiten kann die Sanierung ansetzen, nämlich an der

      - Senkung der Kosten und/oder

      - Steigerung der Erlöse.

      Was die Kostenseite anlangt, läuft es vielfach auf Rationalisierung und entsprechende Senkung der Arbeitskosten hinaus, z. B. durch Kurzarbeit oder Entlassungen. Auch Material- und Maschinenkosten geraten unter Druck und erzwingen Material- (und Energie-) Einsparungen und die Erschließung billiger Bezugsquellen. Oder unrentable Teile des Unternehmens werden ganz stillgelegt. Nur bei den Finanzierungskosten läßt sich relativ wenig einsparen, weil sie sich aus den "Altlasten" des Schuldenbergs und dem über Jahre hinweg aufzubringenden Schuldendienst ergeben.

      Ein vom Konkurs bedrohtes Unternehmen könnte natürlich auch versuchen, anstelle der unangenehmen Sanierungsmaßnahmen neue Kredite aufzunehmen, um die Lücke zwischen Erlösen und Kosten zu schließen. Aber es wird dafür kaum Banken finden, die unter solchen Bedingungen bereit wären, ihm Kredit zu geben. Denn die Banken achten in der Regel sehr genau darauf, daß ihre Kredite auch mit Zinsen bedient und zurückgezahlt werden, und sie sichern sich ihre Kredite mit dinglichen Sicherungen wie Grundstücken, Häusern und Produktionsanlagen ab. Im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners wird auf solche Sicherheiten zurückgegriffen, sie werden versilbert, d. h. verkauft und in Geld verwandelt, und aus dem Erlös werden die Ansprüche der Banken bedient. Ihre Forderungen werden sozusagen mit Unbarmherzigkeit eingetrieben, und sei es denn, daß das Unternehmen selbst dabei auf der Strecke bleibt und sich die Banken aus dem Unternehmensleichnam noch ihre Teile herauspicken - natürlich auch im Interesse der Geldanleger, die ihnen ihr Geld gegen Sparzinsen überlassen haben.

      An die Rolle des Zinses - des Kreditzinses wie des Sparzinses - haben wir uns alle gewöhnt. Und dennoch verbindet sich mit ihm eine Dynamik, die in vieler Hinsicht langfristig verheerende Wirkungen hervortreibt und die eine wachsende Zahl privater Unternehmen und auch den Staat in Richtung Bankrott treibt wobei sich die Abwicklung des Staatsbankrotts allerdings grundsätzlich von der des Unternehmensbankrotts unterscheidet. Wir kommen später darauf zu sprechen.

      Zur Problematik des Zinssystems
      Betrachten wir zunächst einmal die Rolle des Zinses aus der Sicht der Geldanleger. Jede Bank oder Lebensversicherung rechnet einem vor und stellt es in entsprechenden Grafiken anschaulich dar, wie sich festverzinslich angelegtes Geld im Laufe der Zeit - scheinbar wie von selbst - vermehrt. »Geld wächst und wächst und wächst« oder »Lassen Sie Ihr Geld arbeiten« sind Werbeslogans, die jeder kennt. Werden die jährlichen Zinserträge nicht entnommen und für Konsumausgaben verwendet, sondern auf das angelegte Geldvermögen jeweils draufgepackt, dann ergibt sich gemäß der Zinseszinsformel ein exponentielles Wachstum des Geldvermögens, das sich von Jahr zu Jahr immer weiter beschleunigt.
      Zinssystem, Wachstumsdruck und monetärer Teufelskreis
      Wo aber kommt dieses Wachstum her, worin hat es seine Grundlage? Letztlich muß es irgendwo an anderer Stelle in der Produktion von Gütern und Dienstleistungen erwirtschaftet werden. Denn die angelegten Gelder fließen als Kredite z.B. an Unternehmen, die damit investieren. Um die aufgenommenen Kredite mit Zinsen zu bedienen und zurückzuzahlen, müssen die Unternehmen ihre Produktion, ihren Absatz und ihre Erlöse ausweiten. Gesamtwirtschaftlich bedeutet das: Das Zinssystem setzt die Produktion unter einen permanenten Wachstumsdruck. Dem exponentiellen Wachstum der Geldvermögen steht im übrigen ein entsprechendes exponentielles Wachstum der Schulden gegenüber. Helmut Creutz hat diesen Zusammenhang als »monetären Teufelskreis« bezeichnet.
      Indem das angelegte Geldvermögen als Kredit weiterverliehen wird, begründet es an anderer Stelle eine entsprechende Verschuldung. Deren Bedienung (Tilgung plus Zinsen) führt zu vergrößerten Rückflüssen, und die auf diese Weise vergrößerten Geldvermögen suchen sich neue Schuldner, usw. Als Schuldner kommen in Frage: private Unternehmen, private Haushalte und Staat im Inland sowie »das Ausland«.

      Betrachtet man die Entwicklung der Verschuldung im Verhältnis zur Entwicklung des Sozialprodukts in der Bundesrepublik von 1950 - 1993, so zeigt sich (ebenfalls nach Creutz) ein ungleich viel schnelleres Anwachsen der Schulden: Während sich das Sozialprodukt in diesem Zeitraum um das 8-fache erhöht hat, ist die Verschuldung (von Unternehmen, Haushalten und Staat zusammen) auf das 18-fache angestiegen.

      Der wachsende Schuldenberg fordert in wachsendem Maße seinen Tribut in Form von Zinslasten, die von den Schuldnern im Durchschnitt immer schwerer aufzubringen sind, die immer größere Teile des Sozialprodukts beanspruchen und an die Geldvermögensbesitzer bzw. an die Banken fließen.

      Zinssystem und Wirtschaftskrise
      Solange das Sozialprodukt (SP) noch kräftig wuchs und die Zinslasten nur einen geringen Prozentsatz ausmachten (aufgrund der durch die Währungsreform 1948 zusammengeschrumpften Schulden), fiel das Wachstum der Zinslasten nicht weiter auf. Es blieb immer noch ein absolut wachsender Rest des Sozialprodukts zur Verteilung übrig. Aber in einer Welt begrenzter Ressourcen und Absatzmärkte kann die Produktion auf Dauer unmöglich mit dem vom Zins geforderten exponentiellen Wachstum mithalten. Wenn sich das Wirtschaftswachstum aber verlangsamt, drücken die weiter wachsenden Zinslasten immer mehr auf das Sozialprodukt - und drängen andere Ansprüche an das Sozialprodukt immer mehr in die Defensive. Die Schuldner geraten dadurch immer mehr in die Klemme. Bleiben die erforderlichen Erlössteigerungen aus, denn müssen die privaten Unternehmen andere Kosten senken - mit der Folge von Entlassungen, gesamtwirtschaftlichem Nachfragerückgang, einer steigenden Zahl von Konkursen usw., kurz: mit der Folge einer Wirtschaftskrise. Die Zinslasten wachsen demnach wie ein Tumor, zuerst ganz langsam und unauffällig, dann immer dramatischer, und entziehen dem »sozialen Organismus« immer mehr Lebenskräfte, bis er daran zusammenbricht. Das Erstaunliche ist, daß die Wirtschaftswissenschaftler diesen Zusammenhang bisher so gründlich übersehen haben. Für sie ist der Zins eine Grundlage für die »Optimale Allokation der Ressourcen« und für das »Gleichgewicht am Kapitalmarkt« zwischen Sparen und Investieren. Sie verstehen das Wesen dieser wuchernden Schulden ebenso wenig wie die Schulmedizin das Wesen der Krebskrankheit.
      Zinssystem und Staatsverschuldung
      lm Unterschied zu privaten Unternehmen muß der Staatshaushalt auf Dauer und im Durchschnitt keine Gewinne erzielen, sondern die Staatsausgaben durch entsprechende Einnahmen decken. Er erzielt diese Einnahmen nicht in erster Linie durch Verkauf von öffentlichen Gütern und Dienstleistungen, sondern vor allem durch Steuereinnahmen, die einen grundsätzlich anderen Charakter haben als die Erlöse der privaten Unternehmen. Sie entstehen kraft hoheitlicher Gewalt des Staates, der seinen Bürgern Steuern auferlegen kann. Wenn sich laufende Ausgaben und laufende Einnahmen die Waage halten, handelt es sich um ein ausgeglichenes Budget.
      Es gibt aber auch für den Staat gute Gründe, sich zu verschulden, insbesondere dann, wenn damit langfristige Zukunftsinvestitionen finanziert werden, deren Früchte auch noch von späteren »Generationen« von Steuerzahlern als öffentliche Leistung in Anspruch genommen werden (z. B. Verkehrssystem, Bildungssystem). Würden derartige Investitionen allein aus Steuermitteln finanziert, so müßten die jetzigen Steuerzahler für etwas aufkommen, was zum erheblichen Teil auch von späteren Generationen genutzt wird, und im übrigen ließe sich ein Großteil dieser Investitionen ohne Kredite gar nicht finanzieren und müßte entsprechend unterbleiben. Ohne Verschuldung könnte der Staat demnach einen wesentlichen Teil seiner Funktionen gar nicht erfüllen, und ob diese Funktionen hinreichend durch privatwirtschaftliche Aktivität erfüllt werden könnten, ist äußerst fraglich. Durch Kreditfinanzierung werden die Lasten auch auf spätere Steuerzahler verteilt. Denn zur Verzinsung und Tilgung der Staatsschulden bedarf es späterer Steuereinnahmen, die über die späteren laufenden Staatsausgaben hinausgehen.

      Das Aufbringen wachsender Steuereinnahmen und die Bedienung der Staatsschulden ist solange kein Problem, wie das Sozialprodukt entsprechend wächst - und mit ihm (selbst bei gleichbleibenden Steuern und konstanten Steuersätzen) das Steueraufkommen. Angesichts der Dynamik der Zinseszinses und der entsprechend exponentiell wachsenden Zinslasten müßte aber das Sozialprodukt auf Dauer ebenfalls exponentiell anwachsen, was aus besagten Gründen unmöglich ist. Mit nachlassendem Wirtschaftswachstum fallen aber die Steuereinnahmen geringer aus, als es für die Bedienung der Staatsschulden erforderlich wäre. Damit gerät auch der Staat in die Schuldenklemme.

      Unterschiede zwischen Privat und Staatsschulden
      Ähnlich wie bei privaten Unternehmen gibt es auch für den Staat zunächst einmal zwei Ansatzpunkte, auf die Schuldenklemme zu reagieren:
      - Steuererhöhung und/oder

      - Staatsausgabensenkung (Sparprogramme)

      Bezüglich der Einnahmenerhöhung befindet sich der Staat in einer prinzipiell anderen Situation als die privaten Unternehmen, denn er kann die Steuererhöhung hoheitlich durchsetzen. Aber es schafft politische Konflikte, und in demokratischen Gesellschaften ist die Regierung spätestens bei den nächsten Wahlen auf ausreichende Mehrheiten angewiesen - oder in laufenden Legislaturperioden auf das Mitziehen von Koalitionspartnern bzw. auf ausreichende Mehrheiten im Parlament. Was die Ausgabenkürzungen anlangt, sieht es ähnlich aus. Auch sie schaffen politische Konflikte, wenn auch an anderen Stellen, und auch hier geht es um die Angst vor dem Verlust an Wählerstimmen und Mehrheiten.

      Was also liegt für die Regierungen näher, als sich eines anderen Mittels zu bedienen, das den Privatunternehmen so nicht zur Verfügung steht: der wachsenden Neuverschuldung, diesmal aber nicht nur zur Finanzierung von Zukunftsinvestitionen, sondern zum Teil auch zur Bedienung der Altschulden. Früher aufgenommene Kredite werden teilweise mit neu aufgenommenen Krediten zurückgezahlt - eine scheinbar elegante Lösung. Die Politik vermeidet auf diese Weise das Austragen der sonst unvermeidlichen Konflikte an der Einnahmen- bzw. Ausgabenfront. Nur: das Problem der Staatsverschuldung und ihrer Bedienung wird dadurch nicht gelöst, sondern in die Zukunft verlagert - und vergrößert. Und wenn in den folgenden Jahren der gewachsene Schuldenberg einen wachsenden Schuldendienst fordert, der nun noch weniger aus den laufenden Steuereinnahmen gedeckt werden kann, dann wird die Neuverschuldung eben noch weiter erhöht. Und so fort.

      Keynesianismus: Geldschöpfung als Droge
      Aber wer wird denn einem solchen Staat noch weiterhin Kredite geben? Wenn die versprochenen Zinsen hinreichend attraktiv sind, finden sich vielleicht genügend private Geldanleger, die entsprechende Staatsanleihen kaufen und auf diese Weise dem Staat ihr Geld leihweise zur Verfügung stellen.
      Sie vertrauen darauf, daß der Staat zur Bedienung der Schulden - anders als Privatunternehmen - notfalls die Steuern erhöhen und/oder die Staatsausgaben senken kann. Und wenn sich nicht genügend private Geldanleger finden, bleibt immer noch die Zentralbank (von der bisher überhaupt noch nicht die Rede war). Sie braucht im Prinzip nur den Geldhahn aufzudrehen, zusätzliches Geld zu drucken und dieses Geld an den Staat fließen zu lassen, damit dieser zusätzliche Staatsausgaben tätigen oder alte Schulden bedienen kann. Vornehm ausgedruckt heißt das: »Der Staat hat sich bei der Zentralbank verschuldet«, oder: »Die Zentralbank hat im Zuge ihrer Offenmarktpolitik Staatspapiere angekauft«.

      Rein technisch bestehen seit Abkoppelung des Geldes vom Gold keinerlei Schwierigkeiten oder Grenzen für eine solche Art von zusätzlicher Geldschöpfung, der kein entsprechendes Sozialprodukt gegenübersteht. Und die Zentralbanken der westlichen Industrieländer haben nach dem Zweiten Weltkrieg auch mehr oder weniger davon Gebrauch gemacht - mit der Folge schleichender Inflation in den 60er und 70er Jahren. Das war die Blütezeit des Keynesianismus, einer auf Keynes zurückgehenden Wirtschaftspolitik, die mit geldschöpfungsfinanzierten Defiziten im Staatshaushalt (deficit spending) die Konjunktur ankurbeln wollte - und es anfangs auch geschafft hat.

      Nur: Über Risiken und Nebenwirkungen gab es damals keine Packungsbeilage, und auch keinen Arzt oder Apotheker, den man diesbezüglich hätte fragen können. Die Nebenwirkung des Keynesianismus, die schließlich immer mehr zum Hauptproblem wurde, war die schleichende Inflation. Das System war süchtig geworden nach Geldspritzen, die zur Überwindung oder Vermeidung wirtschaftlicher Depression von den Zentralbanken verabreicht wurden - und die anfänglich tatsächlich wie Wunder wirkten (z. B. in der Bundesrepublik bei der Überwindung der ersten Nachkriegsrezession 66/67). Allerdings, wie das bei Drogen so ist: Nach einer Weile läßt die Wirkung nach, und um erneut die gleiche Wirkung zu erzielen, muß die Dosis gesteigert werden; und dadurch werden die Nebenwirkungen immer bedrohlicher.

      Die Entziehungskur der Monetaristen
      Bezogen auf die immer schneller schleichende Inflation gab diese Entwicklung ab Mitte der 70er Jahre denjenigen Auftrieb, die dringend das Absetzen der Geldspritze, d.h. eine Antiinflationspolitik forderten: den Monetaristen. Sie schoben die ganze Schuld an der Inflation den Keynesianern zu, und in den Wirtschaftswissenschaften und später in der Wirtschaftspolitik entbrannte ein heftiger Streit zwischen Monetaristen und Keynesianern, wobei die Monetaristen mehr und mehr die Oberhand gewannen.
      Ausgerüstet mit monetaristischer Munition führte Ronald Reagan 1980 seinen Wahlkampf um die amerikanische Präsidentschaft, forderte drastische Sparmaßnahmen und einen Abbau von Staatsverschuldung und Haushaltsdefizit und wurde zweimal zum Präsidenten der USA gewählt. Das Resultat seiner 8-jährigen Amtszeit bestand darin, daß im sozialen Bereich rigorose Kürzungen durchgezogen wurden, während der Rüstungshaushalt ins Gigantische gesteigert wurde - und damit insgesamt das Haushaltsdefizit und die Staatsverschuldung sich nicht verminderten, sondern im Gegenteil dramatisch anwuchsen. Darüber hinaus wechselten die USA ihre Rolle vom bis dahin größten Auslandsgläubiger zum größten Auslandsschuldner.

      Die Verdrängung der Zinsproblematik
      Aber ganz gleich, wie die Handhabung der eskalierenden Staatsverschuldung und der krebsartig wuchernden Zinslasten der öffentlichen Haushalte in Zukunft erfolgen wird, über immer drastischere Sparmaßnahmen, Steuererhöhungen oder über weiter wachsende Neuverschuldung und inflationäre Geldschöpfung: die wesentliche zugrundeliegende Ursache wird weder auf die eine noch auf die andere Art thematisiert oder gar behoben, sondern verdrängt. Es ist die destruktive Dynamik des Zinssystems, von der - entgegen dem ersten Anschein - nur ein verschwindend kleiner Teil der Gesellschaft profitiert.

      Dazu gehören nicht etwa die kleinen und mittleren Sparer und Geldanleger, die sich über ihre jährlichen Zinserträge freuen und dabei gar nicht merken, daß ihnen - über unsichtbare Zinsanteile in den Preisen, Mieten und Steuern - pro Jahr eine viel größere Summe an Zinslasten auferlegt und aus der Tasche gezogen wird. Offizielle Zahlen darüber gibt es bezeichnenderweise nicht, und deshalb ist man bislang auf Schätzungen angewiesen. Helmut Creutz schätzt den Anteil der Zinskosten, den die Unternehmen auf die Preise überwälzen und in die Preise einkalkulieren, auf durchschnittlich ungefähr 1/3 der Konsumgüterpreise. Um zu den Gewinnern des Zinssystems zu gehören, müßte man also jährlich Zinserträge beziehen, die 1/3 der eigenen jährlichen Konsumausgaben übersteigen. Und das sind in der Bundesrepublik nur ganze 10 % der Einkommensbezieher. Bei weiteren 10% halten sich Zinserträge und unsichtbare Zinslasten in etwa die Waage, und 80% der Einkommensbezieher zahlen drauf, tagtäglich, unsichtbar, unbewußt - und tragen auf diese Weise mit dazu bei, daß sich die Geldvermögen in den Händen dieser 10% immer weiter vergrößern - während Teile der Wirtschaft, der privaten Haushalte und der Staat von der gleichermaßen wachsenden Schuldenlast immer mehr erdrückt werden. Der Vergleich mit einem wachsenden Tumor drängt sich immer mehr auf.

      Und irgendwann bleibt nur noch der Schnitt: Einschnitte ins soziale Netz oder - als Endstation einer galoppierenden Inflation - der Währungsschnitt, die Währungsreform. Oder der Staat erklärt offen seine Zahlungsunfähigkeit, aber nicht nur - wie in jüngerer Zeit mit drastischen Sparmaßnahmen - gegenüber den sozial Schwachen, sondern auch gegenüber denjenigen, von denen er sich das Geld für seine Staatsschulden geliehen hat: indem er die Schulden nicht mehr bedient und für sich einen teilweisen oder vollständigen Schuldenerlaß verkündet.

      Das Besondere um Staatsbankrott
      Wie war es doch gleich bei Privatunternehmen, wenn sie zahlungsunfähig werden? Die Gläubiger treiben das Unternehmen in den Konkurs und holen sich aus der Konkursmasse ihren Anteil, allen voran die Kreditgeber mit ihren dinglichen Sicherungen. Und beim Staatsbankrott? Die Gläubiger, d.h. die Inhaber von Staatspapieren, müßten gegenüber dem Staat das Konkursverfahren einleiten. Aber wo ist in diesem Fall die Konkursmasse, wo sind die dinglichen Sicherungen? Sollten etwa der Staat oder Teile seines Vermögens zwangsversteigert werden, und sollte der Staat dann ein für allemal von der Bildfläche verschwinden - wie ein Privatunternehmen im Falle des Konkurses? Nein! Es gibt in diesem Sinn kein öffentliches Konkursrecht, und es gibt keine dinglichen Sicherungen für Staatsanleihen, außer das Vertrauen auf die hoheitliche Gewalt des Staates und darauf, daß er das Geld für die Bedienung der Schulden schon irgenwie eintreiben wird.
      Und selbst wenn der Staat bankrott macht: Er wird als Staat nicht verschwinden, sondern nach dem Bankrott wie Phönix aus der Asche steigen - mit einer neuen Regierung, vielleicht sogar mit einer neuen Staatsform und Verfassung, vielleicht auch als mehrere neue Staatengebilde, in die der alte Staat zerfallen ist; aber in seiner Funktion als Staat bleibt er erhalten. Und von allen Schulden (wenn auch nicht von aller Schuld) befreit, kann er das makabre Staatstheater mit dem Finale »Staatsbankrott« von neuem beginnen - mit einer Spieldauer von einigen Jahrzehnten. Die ökonomischen und sozialen Spannungen, die sich im Gefolge dieses Prozesses immer weiter erhöhen, tendieren dahin, sich nach außen und/oder innen gewaltsam zu entladen. Optimale Allokation der Ressourcen? Nein - Destruktion! Die dazu notwendigen Objekte des Hasses sind bisher noch immer gefunden worden, und die dazu notwendigen Rechtfertigungen auch. Das Zinssystem schafft Pulverfässer, weltweit, und der Zinssatz wirkt wie ein sozialer Sprengsatz. Aber kaum einer schaut hin. Obwohl die Sprengsätze tagtäglich mitten unter uns, direkt vor unseren Augen, gelegt werden wie bei »Biedermann und die Brandstifter«.

      Die Befreiung des Geldes vom Zins
      Der Zusammenhang zwischen Zinssystem und Krise der öffentlichen Haushalte (sowie weiteren Krisensymptomen) wird bis heute in der Wirtschaftswissenschaft, in der Politik oder in der Öffentlichkeit kaum diskutiert. Und dies, obwohl die Grundlagen für diese Einsicht schon vor rund 100 Jahren gelegt wurden - von Silvio Gesell, dem Begründer der sogenannten Freiwirtschaftslehre. Ein wesentlicher Gedanke dieser Schule liegt in der Forderung nach Überwindung des Zinssystems - durch eine Befreiung des Geldes vom Zins. Aber nicht einfach durch Zinsverbot; denn das würde nur dazu führen, daß das nicht für Konsum verwendete, überschüssige Geld nicht mehr dem Kapitalmarkt zufließt, sondern stattdessen gehortet und dadurch dem Wirtschaftskreislauf entzogen wird mit der Folge gesamtwirtschaftlicher Kreislaufstörungen und eines entsprechenden Kollapses der Wirtschaft.
      Vielmehr sollte das Geld auf andere Weise als mit dem destruktiven Zins in Umlauf gehalten werden: durch eine sogenannte konstruktive Umlaufsicherung des Geldes, durch eine Art Parkgebühr für gehortetes Geld. Diese Liquiditätsgebühr sollte etwas höher sein als die Liquiditätsvorteile des Hortens (die sich z. B. aus Spekulationsmöglichkeiten ergeben). je länger das Geld durch Horten dem Kreislauf entzogen und dadurch seiner öffentlichen Funktion als Tauschmittel beraubt wird, umso höher sollte die Gebühr werden. Unter solchen Bedingungen würde das überschüssige Geld nicht erst dann zum Kapitalmarkt weiterfließen, wenn es einen hinreichenden Zins bekommt, sondern allein schon deshalb, um der "Umlaufsicherungsgebühr" zu entgehen. Als Folge dieses wachsenden Geldangebots am Kapitalmarkt würde der Zins ganz von selbst immer weiter absinken - und mit ihm die vielfältigen destruktiven Tendenzen, die er langfristig hervortreibt.

      Angesichts der eskalierenden Staatsverschuldung, aber auch anderer Krisensymptome, die durch das Zinssystem hervorgetrieben bzw. verstärkt werden und sich derzeit in atemberaubendem Tempo immer weiter zuspitzen, scheint es mir dringend geboten, am bislang so wohl gehüteten Zins-Tabu zu rütteln und die Problematik des Zinssystems verstärkt in die öffentliche Diskussion zu rücken. Auch wenn die Grundlagen dafür schon vor 100 Jghren gelegt wurden, sind die entsprechenden Gedanken nicht veraltet, sondern werden im Gegenteil von Tag zu Tag aktueller. Es ist an der Zeit, sie wieder aufzugreifen und bezogen auf die heutigen Verhältnisse weiterzuentwickeln.

      Vertiefende Literatur
      Bernd Senf: Der Nebel um das Geld - Zinsproblematik, Währungssysteme, Wirtschaftskrisen - Ein Aufklärungsbuch, Gauke-Verlag, Lütjenburg 1996
      Helmut Creutz: Das Geldsyndrom - Wege zu einer krisenfreien Marktwirtschaft, Ullstein-Taschenbuch 34556, Frankfurt/Main, Berlin 1995

      Margrit Kennedy: Geld ohne Zinsen und Inflation, Goldmann-Taschenbuch, Wilhelm-Goldmann-Verlag, München 1993

      Silvio Gesell: Die Natürliche Wirtschaftsordnung, Gesammelte Werke, Band 1 1, Gauke-Verlag, Lütjenburg 1991

      Der Dritte Weg - Zeitschrift für die natürliche Wirtschaftsordnung, Feldstr. 46, 20357 Hamburg


      Hier die Probleme:
      www.staatsverschuldung.de
      www.staatsverschuldung-online.de


      Und hier die Lösung:

      www.Kennedy.de
      www.Geldreform.de
      www.Geldcrash.de
      www.inwo.de
      Avatar
      schrieb am 09.11.02 17:27:45
      Beitrag Nr. 5 ()
      Da fehlen aber noch die künftigen Pensionszahlungen an Telkom- Post- und Bahn-Mitarbeiter.

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      schrieb am 09.11.02 17:32:12
      Beitrag Nr. 6 ()
      Komischer Eichel: Sparen heißt für ihn, dem Bürger noch mehr aus den Taschen zu ziehen. Dem sollte man jemand erklären was Sparen heißt, diese Pappnase!
      Avatar
      schrieb am 09.11.02 17:36:05
      Beitrag Nr. 7 ()
      Eine andere Sache ist die, wie ich gehört habe, daß Millionen und Milliarden von Steuergeldern nicht beitreibbar sind (Steuerhinterziehung etc.) weil es zu wenig Finanzbeamte - vor allem Steuerfahnder gibt.
      Hat man mit dieser "Personalerosion" eine Kuh geschlachtet, die eigentlich Milch geben sollte?
      Auch hierfür ist Eichel zuständig!
      Avatar
      schrieb am 09.11.02 17:36:45
      Beitrag Nr. 8 ()
      Was machen denn Insolvenzverwalter bei einer Liquidation:
      -Kostensenkung durch Entlassung der Zeitarbeiter
      -Kostensenkung durch Lohnkürzung der Angestellten/Arbeiter
      -Trennung von unrentablen Teilbereichen
      -Streichung von unproduktiven Kosten (Verband, Verwaltung etc.

      Die praktische Umsetzung auf deutsche Realpolitik im Bund wird mit dieser Regierung nicht gelingen!
      Avatar
      schrieb am 09.11.02 17:45:05
      Beitrag Nr. 9 ()


      Armes Deutschland: Tiefes Steuerloch
      09.11.2002

      Die Aussichten werden immer trüber: Bund, Länder und Kommunen müssen angeblich bis zum Jahr 2006 mit 89 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen auskommen als bisher geplant. Allein 2002 und 2003 fehlten jeweils etwa 16 Milliarden Euro, berichtet "Der Spiegel". Das Nachrichtenmagazin beruft sich dabei auf die Prognose der Bundesregierung für die Steuerschätzung kommende Woche.

      Die Bundesrepublik wird die Euro-Stabilitätskriterien laut "Spiegel" noch deutlicher verfehlen als bisher angenommen: Die EU-Kommission habe für dieses Jahr ein deutsches Staatsdefizit von 3,8 Prozent prognostiziert. Erlaubt sind drei Prozent. In diesem und im nächsten Jahr müsse der Bund Steuermindereinnahmen von jeweils sechs Milliarden Euro hinnehmen, die Länder jeweils sieben Milliarden und die Kommunen rund drei Milliarden Euro. Die Angaben beziehen sich jeweils auf die Steuerschätzung vom Mai, bei der noch mit höherem Wirtschaftswachstum in beiden Jahren gerechnet worden war.

      Wegen der Mindereinnahmen muss Finanzminister Hans Eichel dieses Jahr die Neuverschuldung um mindestens zwölf Milliarden Euro ausweiten. Das Ressort erklärte, es werde sich vor der Steuerschätzung nicht "an den Spekulationen" beteiligen, räumte aber ein, dass die Konjunkturflaute das Steueraufkommen drücken werde.

      Die Prognose der Bundesregierung deckt sich mit der mehrerer Experten im Arbeitskreis Steuerschätzung, der am kommenden Dienstag und Mittwoch in Dessau tagt. Der Bund und zahlreiche Länder steuern damit auf verfassungswidrige Haushalte zu, bei denen die Neuverschuldung über den Investitionen liegt, was das Grundgesetz nicht erlaubt.

      Quelle: http://www.n-tv.de/3079009.html
      Avatar
      schrieb am 09.11.02 17:45:09
      Beitrag Nr. 10 ()
      @Wasser: Ein hervorragender Text. BTW ist das Zinssystem im Islam ja verboten. Vielleicht sollten wir nicht immer auf vermeintlich minderwertige Religionen hinabschauen, sondern ggf. enthaltene Weisheiten einfach selbst übernehmen. Aber das nur am Rande.
      Avatar
      schrieb am 09.11.02 17:52:00
      Beitrag Nr. 11 ()
      @Big apple!
      Ob ich das Ding Gebühr nenne oder Zinsen, das bleibt sich gleich.

      Vielmehr verlieren die die große Vermögen haben ein einer Inflation das meiste Geld. Denn soviel Geld wie die auf dem Konto haben, könnnen sie garnicht an Sachwerten kaufen. In einer Deflation verlieren alle, ohne Ausnahme.

      Deshalb wäre der Staat gut beraten, einen Schlustrich zu ziehen und dann von vorherein noch anzufangen. Außerdem sollte die Währung an den Goldstand gebunden werden. Das verhindert das Schuldenmachen des Staates. Als größter Infaltionstreiber und Schuldenmacher würde er dann ausfallen und uns würde es besser gehen.

      Aber das wird wohl nicht geschehen. Denn die Sozialpolitiker brauchen die Schulden, wie sollten sie sonst Ihre Programm finanzieren.

      coke
      Avatar
      schrieb am 09.11.02 18:01:01
      Beitrag Nr. 12 ()
      Avatar
      schrieb am 09.11.02 19:00:16
      Beitrag Nr. 13 ()
      ..was meint ihr zu diesem Betrug....

      Der Milliardenbetrug mit den "Altschulden"
      Die willkürliche Erzeugung von mehreren 100 Mrd. DM Schulden zu Lasten der ostdeutschen Wirtschaft und der gesamtdeutschen Steuerzahler ist ein so ungeheuerlicher Vorgang, daß viele ihn bis heute nicht begriffen haben.

      Warum blieb am Ende der "Abwicklung" durch die Treuhand vom gesamten Volksvermögen der ehemaligen DDR nichts als rund 400 Mrd. DM Schulden im Erblastentilgungsfonds übrig? Ein wesentlicher Faktor ist die von jedem normalen Standpunkt völlig unsinnige und rechtswidrige Übernahme der DDR-internen Pseudoschulden. Bei einem Seminar des "Diskussionsforums Ost" Ende Mai in Dresden befaßte der Dozent aus Halle Manfred Potschka sich in seinem Vortrag über die Treuhand und den "größten Vermögenstransfer der Geschichte" auch mit dem Thema Altschulden. Der folgende Text, soweit nicht kursiv gesetzt, ist dem Dresdner Vortrag von Herrn Potschka entnommen.

      Westliche Banken und Versicherungen übernahmen das ganze ostdeutsche Filialnetz der früheren DDR-Banken. Als aussagekräftige Quelle kann hier der Bericht des Bundesrechnungshofes "über die Abwicklung von Altkrediten der ehemaligen DDR und die Übernahme von Geschäften ehemaliger DDR-Kreditinstitute durch andere Geschäftsbanken" vom 27. September 1995 dienen: Das Eigenkapital der ehemaligen DDR-Banken wurde als einziges gesellschaftliches Vermögen bei der Währungsunion 1:1 umgestellt. Schon dies war ein gewaltiges Geschenk für die westdeutschen Banken, denn im Durchschnitt betrug das Umstellungsverhältnis der Betriebs-, Bevölkerungs- und Bankvermögen 1,81:1. Zusätzlich erwarben die Banken aber noch die Ansprüche auf Altschuldenforderungen, die im Verhältnis 2:1 umgestellt wurden und sich ab 1. Juli 1990 zu westüblichen Zinssätzen vermehrten.

      Diese Vorgänge beschrieb Der Spiegel vom 23. Oktober 1995 unter der Überschrift "Zweite Enteignung. Der Bundesrechnungshof wirft Bonn Verschleuderung von Steuergeldern in Milliardenhöhe beim Abwickeln des DDR-Bankensystems vor." So ließ sich beispielsweise die Berliner Bank A.G. bei den Verhandlungen mit der Berliner Stadtbank, die aus der Staatsbank der DDR hervorgegangen ist, eine Schadenersatzsumme von 115 Mio. DM festschreiben, falls die Fusion nicht klappen sollte, und drohte mit dem Abbau von mehreren tausend Arbeitsplätzen. Aber die Berliner Bank A.G. kaufte die Berliner Stadtbank für 49 Mio. und erwarb damit Ansprüche auf "Altschuldenforderungen" von 11,5 Mrd. DM. Bei nicht mehr eintreibbaren Schulden verpflichtete sich die Bundesregierung, einzuspringen. Dafür kommt letztlich der Steuerzahler auf.

      Das Mißverhältnis zwischen Kaufsumme und Profit (ca. 10000%) ist einfach unfaßbar. Wie konnte die Treuhand so einen Deal zulassen? Und die Berliner Bank A.G. ist kein Einzelfall: In "Verpaßte Chance" wird über ein Gerichtsurteil vom 21. September 1995 in Magdeburg berichtet, wonach die DG Bank, die am 10. September 1990 die "Bank für Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft" der DDR gekauft hatte, nicht berechtigt sei, alte "Kredite" an die LPGen einzutreiben. Geklagt hatten 20 LPGen, bei denen die DG Bank versucht hatte, Zinsen für "Kredite" in Höhe von 7,6 Mrd. DM zu kassieren. Im Zuge des Verfahrens kam heraus: Die DG Bank hatte besagte Bank für ganze 106 Mio. DM von der Treuhand gekauft, obwohl allein noch Bareinlagen in Höhe von 250 Mio. DM vorhanden waren, zudem Liegenschaften im ganzen DDR-Gebiet. Und außerdem hatte sie noch Schuldforderungen im Wert von 15 Mrd. DM erworben, für deren Rückzahlung die Bundesregierung bzw. die gesamtdeutschen Steuerzahler hafteten!

      Wie der Bundesrechnungshof in seinem Bericht vom 27. September 1995 darstellte, betrugen die Altkreditforderungen 177,5 Mrd. DM:

      Deutsche Kreditbank AG rd. 124,5 Mrd. DM
      Deutsche Außenhandelsbank rd. 7,0 Mrd. DM
      Genossenschaftsbank Berlin rd. 17,5 Mrd. DM
      Berliner Stadtbank AG rd. 11,5 Mrd. DM
      Deutsche Handelsbank AG rd. 6,5 Mrd. DM
      Sparkassen und Volksbanken rd. 10,5 Mrd. DM



      Aus welchen Kategorien von Schulden und Krediten setzten sich diese Forderung zusammen? Offiziell gab die Bundesregierung an, mit Inkrafttreten der Währungsunion am 1. Juli 1990 folgende Schulden übernommen zu haben:

      28,0 Mrd. DM interne Schulden des Staatshaushalts
      23,3 Mrd. DM Netto-Auslandsverschuldung
      38,0 Mrd. DM Wohnungsbaukredite
      104,0 Mrd. DM Altschulden der Treuhandbetriebe
      26,0 Mrd. DM Restausgleichsposten aus der Währungsumstellung

      --------------------------------------------------------------------------------

      216,7 Mrd. DM insgesamt



      Der weitaus größere Teil davon sind keine Schulden im westlichen Sinne: Das gilt für die Altschulden der Treuhandbetriebe, die "Kredite" an die Wohnungsbaugesellschaften und an die Kommunen (enthalten im ersten Posten) in Höhe von 6,9 Mrd. Schulden - zusammen fast 150 Mrd. DM!

      Umfassende Rechtsgutachten und auch Experten von Wirtschaftsinstituten gelangen immer wieder zu dem gleichen Ergebnis: Es ging bei diesen "Altschulden" der DDR in Wirklichkeit um Finanzzuweisungen einer zentralistischen Planwirtschaft, die mit Krediten im marktwirtschaftlichen Sinne nichts gemein hatten. Mit dem Einigungsvertrag wurden keine Schulden übernommen, sondern begründet und geschaffen. In der Planwirtschaft wurde im Planungsprozeß entschieden, wie viele Mittel ein Betrieb, eine Gemeinde bzw. LPG zu erhalten hatte - mit zu erfüllenden Auflagen. Es gab keine eigenverantwortliche Tätigkeit der Betriebe. Geld war kein allgemeines Äquivalent und kein Anrecht auf Leistungen und Güter. "Gläubiger" (Staatsbank der DDR u.a.) war der Staat, "Schuldner" (staatlicher Betrieb, Gemeinde als Staatsorgan) war ebenfalls der Staat mit staatlichen Aufgaben.

      Hinzu kommt, daß die "Kreditnehmer" diese "Kredite" zu DDR-Zeiten nicht zu den Bedingungen aufgenommen haben, die ihnen nachträglich auferlegt wurden. Es gibt keinen ursprünglichen "Kreditvertrag" und auch keine Unterschrift unter eine Verpflichtung zu 11% Zinsen (in der DDR lag der Zinssatz bei 0,5%). Das alles wurde nachträglich unter Androhung von Sanktionen aufgenötigt. In der Regel geschah das, indem der Erlaß eines Teils der "Schulden" davon abhängig gemacht wurde, daß die vorgerechneten Schulden und Modalitäten des Schuldendienstes anerkannt wurden.

      Unter den Augen von Bundesfinanzministerium und Treuhandanstalt wurden diese absurden "Altschuldenforderungen", soweit sie von der Bundesregierung übernommen wurden, in einem Erblastentilgungsfonds untergebracht, der rund 400 Mrd. DM umfassen soll. Der Schuldendienst an die westdeutschen Banken erfolgt streng separat vom übrigen Schuldendienst. Das ist nichts anderes als eine gewaltige Subventionierung der Banken zu Lasten der ostdeutschen Wirtschaft.

      Soweit Manfred Potschka. Man kann sich denken, wie sehr der Albatros der Altschulden dem Aufbau Ost geschadet hat. Auch der produktivste Betrieb mußte daran pleite gehen. Andere Betriebe wurden aufgrund dieser künstlichen Schulden in ihren Büchern für symbolische Summen verschenkt und dann oft dicht gemacht. Die Treuhand übernahm Altschulden und häufte ein Multimilliardendefizit auf, usw.

      Es bleibt die Frage, wer diesen Milliardenschwindel anzettelte und warum. Wer war verantwortlich für diesen Aspekt der Wirtschafts- und Währungsunion vom 1. Juli 1990? Was bewog die Volkskammer bei ihrer letzten Sitzung am 24. Juni 1990 zur Verabschiedung des Zinsanpassungsgesetzes, das den winzigen DDR-Zins auf Westniveau von 10-11% anhob?

      Direkt profitierten zweifellos die westdeutschen Banken, die das leicht kassierte Geld der Steuerzahler West und Ost sogleich ins große Finanzkasino trugen, um die größte Spekulationsorgie aller Zeiten zu veranstalten. Diese Party ist allerdings inzwischen auch vorbei.

      Wer wollte den Betrug mit den Altschulden noch? Wer hatte ein Interesse, den Aufbau Ost zu sabotieren, wenn nicht die Gegner der Wiedervereinigung in Ost und West? Ost: So mancher 1990 ins gesellschaftliche Abseits beförderte SED-Bonze wird Kohl & Co. diese Altschuldenzeitbombe wohl wärmstens gegönnt haben. West: Die geopolitische Fraktion à la Huntington, Kissinger, Brzezinski konnte zwar die Wiedervereinigung nicht verhindern, wollte aber auf keinen Fall, daß der Wirtschaftsaufbau der neuen deutschen Bundesländer bald zum Modell für ganz Osteuropa und den Rest der Welt würde. Eine Sabotageaktion, und erst recht eine für ihre Bankierfreunde so überaus lukrative wie der Altschuldenschwindel, war da gerade recht.

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      Titelinterview: Zeit-Fragen Nr. 27 vom 01.05.96, Seite 1 bis 2

      Zeit-Fragen im Gespräch mit Professor Karl A. Schachtschneider

      Unrecht kann nicht zu Recht werden
      Maastricht, DDR-Altschulden und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
      Das Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts zum Maastricht-Vertrag und die anstehende Entscheidung über die Altschuldenregelung im Einigungsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der ehemaligen DDR sind in ihrer Brisanz bislang kaum gewürdigt worden. Professor Schachtschneider, juristischer Vater beider Klagen, äussert sich zu den mit beiden Fällen verbundenen grundsätzlichen rechtlichen und politischen Fragen.



      Prof. Karl A. Schachtschneider bei einem Vortrag in Zürich. (Foto: uh/panaopticum)

      Zeit-Fragen: Herr Professor Schachtschneider, Sie haben das Maastricht-Verfahren massgebend geprägt. Worum ging es dabei? Was waren die Auswirkungen des Entscheids in dieser Sache?

      Professor Schachtschneider: In diesem Musterprozess ging es um eine wesentliche Veränderung des europäischen Verfassungsrechts. Die Institutionalisierung der Europäischen Union hat das Verhältnis der europäischen Gemeinschaft zu den europäischen Völkern von Grund auf verändert. Das vor einiger Zeit ergangene Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat dieses Verhältnis erneut wesentlich verändert und den Versuch eines Staatsstreiches abgewehrt: Denn der Maastricht-Vertrag hatte im Artikel F Abs.3 den Führern Europas das Recht gegeben, sogar die Verfassungen der Völker zu ändern. In einer Generalklausel sollte ihnen das Recht eingeräumt werden, alle Mittel zu nutzen, die erforderlich sind, um die Ziele und Politiken des Vertrages zu verwirklichen. An dieser Vorschrift wäre der Vertrag gescheitert, wenn das Gericht sie nicht als eine unverbindliche politische Absichtserklärung eingestuft hätte.

      Verantwortung bleibt bei nationalen Parlamenten
      Das demokratische Prinzip ist allein auf die Völker bezogen, so das Bundesverfassungsgericht: Das Europäische Parlament kann die demokratische Legitimation nur stärken, aber nicht begründen. Das bedeutet insbesondere: Die gesamte Politik in Europa ist wesentlich durch die Gesetzgebungsorgane der Völker, durch die nationalen Parlamente verantwortet. Letztere sind durch dieses Urteil enorm gestärkt worden.

      Wo wirkt sich dieses Verfahren heute aus?

      Diese Erkenntnisse sind hinsichtlich der Währungsunion von grosser Bedeutung. Die Währungsunion ist vom Bundesverfassungsgericht gutgeheissen worden, aber mit ganz erheblichen Vorbehalten.

      Das Entscheidende dabei ist, dass das Bundesverfassungsgericht die sogenannten Konvergenzkriterien für Deutschland verbindlich gemacht hat. Deutschland darf nur noch einer Stabilitäts gemeinschaft angehören, und die wird nach den Konvergenzkriterien bestimmt.

      Laut Vertrag sind diese Kriterien nämlich für die künftigen Mitgliedsländer überhaupt nicht verbindlich. Zwar gab es eine völkerrechtliche Verpflichtung für alle Mitglieder der Union, nach diesen Kriterien die Konvergenz anzustreben, aber sie sind nicht Voraussetzung der einheitlichen Währung.

      Währungsunion ohne Chance?
      Angenommen, der Europäische Rat begründet - allen Widerständen zum Trotz - die geplante Währungsunion, welche europäischen Staaten werden integriert? Und wenn sich diese Währungsunion dann nach einiger Zeit als instabil erweist, hat das Bundesverfassungsgericht dafür eine Handlungsvorgabe gesetzt?

      Nach dem Maastricht-Urteil müsste Deutschland, wenn die Währungsunion die Währungsstabilität nicht wahrt, aus dem Währungsverbund aussteigen. Die Währungsunion hat juristisch gesehen wegen dieses Urteils eigentlich keine Chancen, es sei denn, man ändert die Konvergenzkriterien - was der gesamten, jahrelangen Propaganda widerspräche. Dennoch - oder gerade deshalb - erwarte ich, dass in diesem Jahr auf der Maastricht-Revisionskonferenz die Konvergenzkriterien geändert werden, so dass auch Frankreich und vielleicht sogar Italien und Belgien werden teilnehmen können. Der Kanzler hat bereits in Mallorca gesagt: «Die Konvergenzkriterien sind äusserst wichtig, aber alle sollen mitwirken können.» Als der Finanzminister sagte, die Teilnahme Italiens sei problematisch, ist er sofort derart gerügt worden, dass er dies nie wieder sagen wird.

      Man kann diesen wesentlichen Schritt, der mehr oder weniger zur Einheitlichkeit Europas führen soll, nicht ohne die Mitgliedstaaten tun, die von vornherein die römischen

      Verträge mitgetragen haben, wie Belgien oder Italien. Es ist ganz klar: Diese Länder haben einen Staatsschuldenstand, den sie nicht beheben können, und sie haben dennoch diesem Vertrag zugestimmt. Das zeigt ganz deutlich, dass die Staatsschulden und andere Kriterien gar nicht verbindlich sein sollten!

      Maastricht-Urteil stärkt nationales Recht
      Dem hat das Bundesverfassungsgericht einen Riegel vorgeschoben. Das wird ein grosses rechtliches Dilemma werden. Das Gericht wird irgendwann vor der Frage stehen festzustellen, dass Deutschland an dieser Währungsunion, die es im wesentlichen selbst betrieben hat, nicht mitwirken darf. Insofern muss man wohl von grossen Wirkungen dieses Urteils sprechen.

      Neben diesen konkreten politischen Wirkungen hat das Bundesverfassungsgericht im Maastricht-Urteil weitere juristisch sehr bemerkenswerte Prinzipien angesprochen und festgelegt.

      Insgesamt kann man sagen, dass das Maastricht-Urteil die europäische Politik in enge Grenzen gewiesen hat. Die wesentliche Politik muss nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts von den nationalen Parlamenten gemacht werden, nicht von europäischen Organen. Die Organe der Gemeinschaft dürfen nur in engem Rahmen wirksam werden.

      Wichtig ist auch, dass der Europäische Gerichtshof in seiner Bedeutung als Motor der Integration zurückgestuft worden ist. Die Grundprinzipien des Rechts werden demnach nach wie vor von den Mitgliedstaaten verantwortet. Also: Die Frage, ob in Deutschland die Strukturprinzipien eingehalten sind - etwa das demokratische Prinzip und insbesondere der Wesensgehalt der Grundrechte -, wird letztlich in Deutschland vom Bundesverfassungsgericht verantwortet, nicht von einem europäischen Gremium.

      Allerdings habe ich eine grosse Sorge: Die Richter des Bundesverfassungsgerichts werden letztlich nach Parteienproporz und politischen Gesichtspunkten gewählt. Der jeweilige Kanzler hat da ein gewichtiges Wort mitzureden. Es gibt keinen Richter im Bundesverfassungsgericht, dessen Berufung nicht der Bundeskanzler zugestimmt oder wesentlich betrieben hat.

      Über 180 Milliarden D-Mark DDR-Altschulden
      Auch im Verfahren, das zurzeit im Zusammenhang mit den Altschulden der Kommunen in den neuen Bundesländern läuft, geht es um ganz grundsätzliche Rechtsfragen. Der gesamte Rechtsbegriff steht zur Diskussion. Können Sie kurz zusammenfassen, welches Anliegen hinter der Klage steckt, welche Problematik angesprochen wird?

      Es geht in dem Altschulden-Prozess um den Bestand der sozialistischen Verbindlichkeiten aus der früheren DDR. Der Pilotprozess wurde von mir für eine LPG, eine landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft in Liquidation, angestrengt. Der Sache nach wird allerdings für die Kommunen der ehemaligen DDR mitentschieden sowie für alle andern, die Altschulden aus der früheren Zeit der DDR haben, da es um die gleiche Rechtsfrage geht.

      Der Einigungsvertrag von 1990 hat diese Altschulden aufrechterhalten. Er hätte sie auch für erledigt erklären können, ohne dass irgendein Recht verletzt worden wäre. Er hat sie aber aufrechterhalten; das ist ein Volumen von etwa 180 Mrd. DM. Hinzu kommen die Zinsen: zurzeit etwa 40 bis 50 Mrd. DM.

      Diese Verpflichtungen, welche nach dem Zusammenbruch der DDR «Nonvaleurs» waren, also wertlose Zahlen auf dem Papier, sind durch den Einigungsvertrag verrechtlicht und verbindlich gemacht worden. Jetzt sollen sie von den Nachfolgern dieser verschiedenen Wirtschaftseinheiten - heute selbständige Unternehmen - bezahlt werden. Ein Urteil des Bundesgerichtshofes, das die Altschuldenregelung des Einigungsvertrages akzeptiert hat, habe ich im Auftrage des Beklagten angegriffen. Das Bundesverfassungsgericht nimmt die Sache sehr ernst und wird darüber entscheiden.

      Warum soll der Bestand an Krediten, der bei den ehemaligen DDR-Unternehmen aufgelaufen war, nicht von den heutigen Nachfolgebetrieben übernommen werden?

      In der DDR waren alle Wirtschaftseinheiten gezwungen, nach dem Prinzip der knappen Dotierung zu kalkulieren. Das heisst, zunächst wurden die Gewinne abgeschöpft, und danach mussten die Kosten durch Kredite finanziert werden, auch die Löhne. Das nannte man das Prinzip der Zwangskreditierung. So haben nahezu alle Wirtschaftseinheiten hohe Schuldenbestände. Man wollte auf diese Weise die Einhaltung der Pläne sicherstellen. In diese Planverwirklichung waren die sogenannten Staatsbanken involviert. Das waren administrative Stellen, die durch Zwangsverträge die Wirtschaftseinheiten - man kann sie nicht Unternehmen nennen - gesteuert hatten.

      Also hatten die Kredite Lenkungsfunktion, Kontrollfunktion und Planfunktion, auch Disziplinierungsfunktion - aber erst an letzter Stelle Finanzierungsfunktion. Es wurden Kreditbeträge auf die Konten geschrieben, so dass fast alle Unternehmen - wenn sie nicht aus irgendwelchen politischen Gründen rein willkürlich begünstigt wurden - hohe Verpflichtungen hatten.

      Rechtlose Ordnung
      Inwieweit stehen mit dieser Frage grundsätzliche Rechtspositionen zur Diskussion?

      Der Angriffspunkt ist, dass die sozialistischen Verhältnisse der DDR als Rechtsverhältnisse aufrechterhalten werden. Aus meiner Sicht waren diese Verhältnisse aber rechtlos, weil die DDR überhaupt kein Recht kannte, weil sie nämlich kein Gemeinwesen der Freiheit war, sondern eine Despotie. Es geht also in dem Prozess um das Verhältnis von Gesetz und Recht. In der DDR herrschten die Vorschriften einer Ordnung, die man nicht als Rechtsvorschriften einstufen kann, weil eben eine Rechtsgrundlage fehlte. Despotische Verhältnisse - die DDR war eine sowjetische Satrapie - können nicht Recht hervorbringen. Wir können nicht heute unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten die

      sozialistischen Unrechtsverhältnisse als Recht anerkennen! Ich kritisiere insbesondere, dass alle vom Unrechtsstaat reden, aber die DDR so behandeln, als sei sie doch ein Rechtsstaat gewesen.

      Obendrein geht es natürlich auch um die Willkürhaftigkeit der Altschulden. Ich meine, dass durch den Einigungsvertrag Grundrechte beeinträchtigt und verletzt werden. Es gibt gute Aussichten, dass das Gericht die Altschuldenregelung für verfassungswidrig erklärt. Das hätte immense Konsequenzen, weil es die gesamte Treuhand-Politik ins Unrecht setzen würde.

      Es geht um ein gigantisches wirtschaftliches und politisches Volumen. Alle Verkäufe der DDR-Wirtschaftseinheiten durch die Treuhand würden sich als Verschleuderung von Bundesvermögen darstellen: Denn sie alle wurden im Kaufpreis erheblich durch die Altschulden gedrückt, die alle diese Unternehmen hatten. Wenn der Altschuldenprozess gewonnen wird, würde es dem Steuerzahler, also uns allen, Vorteile bringen: Die Banken [als rechtliche «Erben» der DDR-Staatsbank, die Red.] fordern im Augenblick in Deutschland 95 Mrd. DM an Altschulden, und es wird noch mehr werden. Die würden wegfallen. Also wäre dies eine erhebliche Erleichterung auch für den Staatshaushalt.

      Vorsätzliche De-Industrialisierung?
      Sind Sie ein entschiedener Kritiker der Treuhandanstalt?

      Ich meine, dass die ganze Treuhand-Politik ein Skandal war, der im wesentlichen durch den Missgriff der Währungsumstellung bestimmt war: sie hat die Wirtschaft in der früheren DDR, in den neuen Ländern, endgültig ruiniert. Es war meines Erachtens eine vorsätzliche De -Industrialisierung zugunsten der westdeutschen Industrie, deren Manager wesentlich in den Vorständen und in der Treuhandanstalt mitwirken durfte.

      Der Druck der Altlasten sowie die Währungsumstellung im Zusammenhang mit den ohnehin sehr schwierigen Weltmarktverhältnissen hatte den Start für die neuen Länder unmöglich gemacht. Erst dadurch wurden die enormen Transferleistungen in die neuen Bundesländer nötig - etwa eine Billion DM!

      Hat Ihre Beurteilung der DDR-Gesetze auch Konsequenzen für andere Bereiche?

      Wenn man Frieden schaffen will in den neuen Ländern, dann muss das Recht hergestellt werden. Auch die strafrechtliche Bewältigung der DDR-Vergangenheit leidet darunter, dass man die früheren Verhältnisse als Rechtsverhältnisse einstuft und nur bestraft, wenn die Täter sich auch nach früheren Vorschriften der DDR strafbar gemacht haben. Das ist meist nicht der Fall. Denn das, was wir als Verbrechen einstufen, wie etwa die Todesschüsse an der Berliner Mauer, war nicht strafbar, sondern wurde prämiiert.

      Eine Despotie ist kein Rechtsstaat
      Besonders schlimm ist, dass die früheren Justizfunktionäre, die wesentlich an der Unterdrückung der Bevölkerung mitgewirkt haben, jetzt wegen Rechtsbeugung angeklagt sind und damit als Richter behandelt werden, obwohl es überhaupt kein Recht gab. Keiner von ihnen hat nämlich Recht zu sprechen versucht, sondern Massnahmen im Interesse der Partei, der SED, getroffen. Im übrigen waren sie nicht unabhängig, sondern weisungsabhängig vom Obersten Gericht, und das Oberste Gericht war - wie es direkt in der sogenannten DDR-Verfassung stand - dem Staatsrat verantwortlich. Das waren also keine Richter, sie sind somit auch heute nicht als solche zu beurteilen.

      Wir können die DDR heutzutage nicht so behandeln, als sei sie ein ebensolcher Staat, ein freiheitliches Gemeinwesen gewesen wie etwa die Bundesrepublik Deutschland. Natürlich bestehen in Deutschland auch viele Sorgen hinsichtlich der Rechtlichkeit, wir leben in einer Zeit des Verfalls des Rechts. Aber es gibt gewaltige Unterschiede zu der Tyrannei in der DDR.

      Einigungsvertrag nicht im Geiste der friedlichen Revolution
      Ich meine, dass der Einigungsvertrag die Revolution in der DDR von 1989 geradezu verraten hat: Die Revolution wollte diese Verhältnisse des Unrechts überwinden, in die Vergangenheit entlassen und zum Recht führen. Man kann im Altschuldenbereich nicht die alten Verhältnisse des Unrechts aufrechterhalten! Das Vertrauensschutzprinzip, das revolutionäre Vertrauensschutzprinzip, das eine «Retroaktivierung» der Verhältnisse verbietet, ist verletzt worden.

      Sie haben das Wort «vorsätzliche De-Industrialisierung» genannt. Können Sie dazu ein Beispiel nennen?

      Der Fall der Kali-Werke in Bischofferode ist für mich ein Beispiel. Denn die Tochter von BASF, die Kali+Salz AG Kassel, konnte mit Unterstützung der Treuhandanstalt eben mit den MDK, den Mitteldeutschen Kali-Werken, fusionieren: «Im Interesse der Arbeitnehmer», wie dann immer gesagt wurde, hat Kali+Salz eine Anschubfinanzierung von 1 Mrd. DM bekommen. Aber auf Grund der neuen Unternehmensstrukturen sind die Bergwerke in Mitteldeutschland weitestgehend stillgelegt worden, auch Bischofferode.

      Dieses Kali-Unternehmen in der früheren DDR hatte am Weltmarkt Platz 3 mit 13% Weltanteil; es war also durchaus ein erfolgreiches Unternehmen, auch wenn das zum Teil auf Subventionen beruht haben mag, was ich nicht im einzelnen beurteilen kann. Trotzdem: Man hat ein weltmarktfähiges Unternehmen ruiniert und einen Wettbewerber beseitigt, und das ausgerechnet durch den Konkurrenten auf dem Weltmarkt, das Kasseler Unternehmen, das sehr viel kleinere Weltmarktanteile, aber die starke BASF im Hintergrund hatte.

      Dies geschah schliesslich auch zu Lasten einer grossen Arbeitnehmerschaft. Mit Recht hat das in der früheren DDR grosse Bitternis ausgelöst. Es ist ein Beispiel unter vielen für solche Machenschaften, die zur De-Industrialisierung geführt haben.

      Währungsumstellung, ein Missgriff
      Könnten Sie in diesem Zusammenhang nochmals die Bedeutung der Währungsumstellung erläutern?

      Die Währungsumstellung 2:1 angesichts der Währung der früheren DDR war ökonomisch ein völliger Missgriff. Jeder Verantwortliche musste das wissen, dass diese Währungsumstellung, die eine Aufwertung von fast 500% bedeutete, der Ruin der Industrien in den neuen Ländern sein musste. Das ist nicht allein damit erklärt, wie es immer heisst, dass diese Unternehmen marode waren, sie waren ja immerhin auf Platz 16 im Weltniveau, also zum Teil durchaus erhaltenswert. Mit den enormen Mitteln, die zur Unterstützung aufgewendet wurden, hätte man die Unternehmen weitgehend weltmarktfähig machen können, auch mit arbeitsrechtlichen Massnahmen: Sicherlich hatten diese Betriebe viel zu viele Beschäftigte.

      Angesichts der ökonomischen Klarheit der Verhältnisse muss man sagen: Das ist vorsätzlich geschehen, gegen jeden gesamtwirtschaftlichen Sachverstand. Das rechtfertigt eben den Vorwurf und macht die Bitternis in den neuen Ländern auch erklärlich. Wir werden noch sehr viel damit zu tun haben. Die Treuhandanstalt hat einen Verlust von fast einer Billion erwirtschaftet - das habe nicht ich ausgerechnet! Sie hat also die mitteldeutsche Industrie verschleudert.

      Die Unternehmen sind fast alle auf Grund der Treuhand-Arbeit in die Hände von westdeutschen Konkurrenten geraten. Das ist letztlich mit Unterstützung der westdeutschen Gewerkschaften zu Lasten der mitteldeutschen oder ostdeutschen Arbeitnehmer geschehen, die jetzt arbeitslos und damit insgesamt in einer bitteren Lage sind. Diese Privatisierung kann man in der Wirkung einen kapitalistischen Raubzug nennen, und wohl nicht nur in der Wirkung.

      Weshalb hat dabei die parlamentarische Kontrolle versagt?

      Sie wissen vielleicht, dass der Treuhandausschuss im Bundestag die Akten über die Verkäufe der Unternehmen nie gesehen hat. Es wurde erfolglos darum prozessiert. Ich kenne das Verfahren im einzelnen nicht genau.

      Der Kampf um die Akten der Treuhandanstalt jedenfalls, den der Untersuchungsausschuss des Bundestags geführt hat, ging wochenlang durch die Presse: erfolglos! Die Regierung hat die Akten nicht herausgegeben. Zudem weiss keiner, was noch in den Akten steht, was vielleicht schon längst herausgenommen worden ist.

      Leider haben wir keine echte Opposition - obwohl die SPD ja im Bundesrat die Mehrheit hat. Man kann die SPD nicht reinwaschen - das alles ist gemeinsame Politik der grossen Parteien! Das ist eben der Sozialdemokratismus der CDU! Das ist hochkapitalistisch und gleichzeitig hochsozialistisch! Es ist eine seltsame Kombination. Das ist das Erfolgsrezept des Kanzlers. Deswegen gibt es keine Opposition.

      Herzlichen Dank für Ihre Ausführungen, Herr Professor Schachtschneider!



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      Prof. Dr. iur. Karl A. Schachtschneider

      1940 in Pommern geboren. Studium der Rechtswissenschaften in Berlin, Bonn und Tübingen. 1969 Promotion über den «Rechtsweg zum Bundesverfassungsgericht in Bund-Länder-Streitigkeiten». 1969 bis 1980 praktizierender Rechtsanwalt in Berlin. 1972 bis 1989 Professor für Wirtschaftsrecht zuerst in Berlin, dann in Hamburg. Seit 1989 Inhaber des Lehrstuhls für öffentliches Recht in Nürnberg.

      Im Rahmen seiner grundlegenden Darlegungen zur Freiheits-, Rechts- und Staatslehre erschien 1994 sein Grundlagenwerk «Res publica res populi».


      Titelinterview: Zeit-Fragen Nr. 27 vom 01.05.96, Seite 1 bis 2, letzte Änderung am 30.06.97
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      ....wir wurden 12Jahre ausgeplündert von den Politikern, um Kapital an die Banken umleiten zu können.
      Avatar
      schrieb am 12.11.02 12:35:09
      Beitrag Nr. 14 ()
      Die möglichen Gefahren eines Credit Crunches bzw. Pleitekollaps wird als Fluchtreaktion große Kapitalmengen in die Bereiche fließen lassen, die einen Zusammenbruch des Kreditsystems überstehen: Basis-Rohstoffe. Rohstoffe können nicht insolvent gehen oder mit Zahlungsausfällen drohen. Daher sind z.B. während der WWK in den 30er Jahren die Rohstoffpreise massiv angezogen - trotz jahrelanger Depression!
      Avatar
      schrieb am 12.11.02 13:03:40
      Beitrag Nr. 15 ()
      ...wißt ihr eigentlich, dass die Banken täglich 800 Millionen Euro an Zinszahlungen leisten, an wen auch immer...und dieses Geld immer wieder neue Kreditnehmer braucht (also täglich 800 Millionen neu aufgenommen Kreditnehmer sucht) weil sonst das Zinseszinssystem nicht mehr funktioniert....Schnellballsystem.


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