checkAd

    Wofür steht Horst Köhler? - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 11.03.04 16:45:17 von
    neuester Beitrag 12.03.04 13:20:58 von
    Beiträge: 11
    ID: 833.544
    Aufrufe heute: 0
    Gesamt: 254
    Aktive User: 0


     Durchsuchen

    Begriffe und/oder Benutzer

     

    Top-Postings

     Ja Nein
      Avatar
      schrieb am 11.03.04 16:45:17
      Beitrag Nr. 1 ()
      www.wsws.org/de/2004/mar2004/kvhl-m10.shtml

      Wofür steht Horst Köhler?

      Geschäftsführender Direktor des IWF zum Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten nominiert

      Von Ute Reissner
      10. März 2004
      Die Nominierung des bisherigen IWF-Direktors Horst Köhler zum Kandidaten für das Amt des deutschen Bundespräsidenten ist einer der Reflexe, mit denen die europäische Politik auf das aggressive Auftreten der USA im Irakkrieg reagiert. Köhler steht für einen rabiaten Kurs sowohl in der Innen- als auch in der Außenpolitik, der die herrschende Schicht in die Lage versetzen soll, auf Weltebene mit Amerika zu konkurrieren. Nach innen wird Köhler die von Bundeskanzler Schröder begonnene Zerschlagung des Sozialstaats forcieren. Außenpolitisch wird er mit verstärktem Nachdruck die Interessen Deutschlands in der Weltpolitik anmelden.

      Die Wahl des Bundespräsidenten erfolgt am 23. Mai durch ein besonderes Gremium, die Bundesversammlung, das ausschließlich zu diesem Zweck zusammentritt. Unter den 1206 Delegierten der Bundesversammlung, die zur Hälfte aus dem Bundestag und zur Hälfte aus den Länderparlamenten stammen, verfügen die Oppositionsparteien CDU /CSU und FDP über eine klare Mehrheit. Ihr Kandidat steht als Sieger von vornherein fest.

      Die Kandidatensuche war ein Schauspiel, mit dem diese Parteien dem ganzen Land ihre Zerstrittenheit und Zerrüttung vor Augen führten. Obwohl die CDU in Meinungsumfragen derzeit um die 50 Prozent Zustimmung erhält und die jüngsten Wahlen in Hamburg haushoch gewann, ist ihr innerer Zustand kaum besser als jener der SPD, die in den Landtags- und Kommunalwahlen der jüngsten Vergangenheit schwere Niederlagen hinnehmen musste und in den Meinungsumfragen mittlerweile um die 25 Prozent schwankt.

      Die wochenlangen Machtkämpfe, die der Nominierung Horst Köhlers vorausgingen, drehten sich im Wesentlichen um den nächsten Kanzlerkandidaten von CDU/CSU. Dabei stehen sich die Parteivorsitzende Angela Merkel (CDU), der bayerische Ministerpräsident und frühere Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) sowie eine Gruppe um den hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) gegenüber. Mit der Nominierung einer Frau wäre beispielsweise Merkel als künftige Kanzlerkandidatin ausgeschaltet gewesen. Stoibers Nominierung, von Merkel zeitweise angestrebt, hätte ihn aus dem Rennen um die Kanzlerschaft geworfen. Wolfgang Schäuble, der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, auf den sich Merkel und Stoiber einigten, wurde wiederum vom Vorsitzenden der FDP nicht akzeptiert.

      Aus all dem Gerangel und ebenso langen wie undurchsichtigen Intrigen stieg schließlich wie der Phönix aus der Asche der Caudillo der internationalen Kapital- und Finanzmärkte, Horst Köhler hervor. Köhler wurde von Merkel vorgeschlagen, die offenbar bereits Anfang des Jahres bei ihm vorgefühlt hatte.

      Die immer etwas unbeholfen wirkende Angela Merkel galt bisher innerhalb der CDU/CSU als kleinster gemeinsamer Nenner, auf den sich die auseinanderstrebenden Parteiflügel einigen konnten. Das Fehlen einer klaren politischen Identität machte sie zur passenden Kompromissbesetzung für den Führungsposten einer Partei, die von starken inneren Widersprüchen gekennzeichnet wird. Die CDU beherbergt aufgrund ihrer Nachkriegsgeschichte neben einem stramm rechten Flügel immer noch Kräfte, denen der Bruch mit den Traditionen des Sozialkompromisses weniger leicht fällt, weil ihre eigene Klientel davon betroffen ist.

      Indem Merkel Horst Köhler aus dem Hut zauberte, bezog sie eindeutig Stellung auf Seiten des äußersten rechten Flügels der Wirtschaftsliberalen, der sich damit auf dem Weg zur Macht in die Führungsposition schiebt.

      Horst Köhler ist ein internationaler Top-Banker mit reichlich außenpolitischer Erfahrung. Als Geschäftsführender Direktor des IWF gewöhnte er sich daran, das Leben der Nationen von der Warte der internationalen Finanzelite aus zu beurteilen. Zum Zeitpunkt seiner Nominierung war er gerade aus Brasilien zurückgekehrt und hatte davor Korea und Japan besucht. Überall diktierte er in offizieller Funktion eine Politik im Sinne des Wirtschaftsliberalismus. In einer Presseerklärung des IWF vom 1. März 2004 lobt er beispielsweise die Regierung Brasiliens, weil es ihr endlich gelungen sei, "langjährige Strukturprobleme" zu lösen, indem sie "das Renten- und Steuersystem reformierte".

      Köhler betrachtet die Bundesrepublik Deutschland aus dem gleichen Blickwinkel, wie alle anderen Nationen auch, und beurteilt sie anhand der üblichen IWF-Kriterien, zu denen in erster Linie die Rendite auf das eingesetzte Kapital gehört: günstige Investitionsmöglichkeiten, Freizügigkeit für Kapitalbewegungen, liberale Steuergesetzgebung, ein ausgeglichener Staatshaushalt (sprich Abbau von Sozialleistungen) - der ganze heilige Profitkanon.

      Obwohl Horst Köhler seit 1981 der CDU angehört, wurde er im Jahr 2000 von Gerhard Schröder für den obersten Posten des Internationalen Währungsfonds vorgeschlagen. Er hat angekündigt, dass er sich nicht von parteipolitischen Erwägungen leiten lassen werde, und Schröder bescheinigte ihm prompt eine hohe fachliche Kompetenz.

      Köhler bezeichnete Schröders "Agenda 2010" als "historisch", erklärte aber, noch in seiner Funktion als IWF-Direktor: "Aus meiner Sicht gehen die Vorschläge nicht weit genug." Er forderte "nachhaltige Reformen des Arbeits-, Sozial- und Steuersystems" und äußerte die Einschätzung, dass sich "zentralistische Lohnabschlüsse immer mehr als Arbeitsplatzvernichter" erweisen. "Es fehlt in Deutschland der Wille zur schöpferischen Zerstörung alter Strukturen", erklärte er im Herbst 2003 in einem Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Die FAZ zitierte ihn außerdem mit der "Selbstkritik", dass er während seiner Zeit in der Regierung Kohl an groben Fehlern beteiligt gewesen sei, weil die christlich-liberale Koalition nach der Wiedervereinigung und den damit verbundenen Soziallasten die Sozialsysteme viel zu großzügig ausgebaut habe.

      Horst Köhler war von 1990 bis 1993 als Staatssekretär im Bundesfinanzministerium für internationale finanzielle und monetäre Beziehungen zuständig und handelte in dieser Funktion die Verträge über die Wirtschafts- und Währungsunion mit der DDR aus. Bei den Vertretern Russlands hinterließ er als Verhandlungsführer in Sachen Rückführung der ehemaligen Sowjetstreitkräfte den Eindruck eines ziemlich ruppigen Zeitgenossen.

      Außerdem führte er im Auftrag der Bundesregierung die Verhandlungen über die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion, deren Ergebnisse 1992 im Maastricht-Vertrag festgehalten wurden. Auf seine maßgebliche Initiative gehen also die berüchtigten Maastricht-Kriterien zurück, mit denen in ganz Europa eine rigide Spar- und Kürzungspolitik begründet wird. Außerdem war Köhler persönlicher Vertreter von Bundeskanzler Kohl bei der Vorbereitung der vier G7-Wirtschaftsgipfel von 1990 bis 1993.

      Das Amt des Bundespräsidenten wurde bisher mit eher repräsentativen und symbolischen Aufgaben in Verbindung gebracht. Man wählte honorige Figuren, deren realer politischer Einfluss kaum über Versuche hinaus ging, das öffentliche Klima in der einen oder anderen Richtung zu beeinflussen. Der gegenwärtige Amtsinhaber Johannes Rau (SPD) gehört ebenso in diese Kategorie wie sein Vorgänger Roman Herzog (CDU).

      Horst Köhler fällt in der Reihe der bisherigen Bundespräsidenten eindeutig aus dem Rahmen. Weshalb wurde er nominiert?

      Die Auswahl früherer Anwärter auf dieses Amt war oft mit Fragen der parlamentarischen Machtverteilung verbunden. Der Spiegel verweist in seiner jüngsten Ausgabe auf die Auseinandersetzung zwischen Herbert Wehner und Willy Brandt in den 1960er Jahren. Wehner setzte die Zustimmung der SPD zu Heinrich Lübke (CDU) durch und ebnete damit den Weg in die große Koalition, während Brandt durch die Installierung seines Favoriten, Gustav Heinemann (SPD), 1969 die Weichen für die sozialliberale Koalition stellte.

      Oberflächlich gesehen ist auch die Nominierung Köhlers das Ergebnis innerparteilicher Intrigen und Richtungskämpfe in den Reihen einer Opposition, die sich auf die Regierungsübernahme vorbereitet. Doch es geht um weitaus mehr als die Neuverteilung der Mehrheiten im Bundestag. Horst Köhler taugt nicht für die Rolle eines bloßen Symbols parlamentarischer Bündnisverschiebungen. Der Mann ist gewohnt im Befehlston zu sprechen, und nicht beschaulich zu repräsentieren.

      Die Vorgeschichte von Köhlers Kandidatur verweist darauf, dass sowohl der Einbruch der SPD als auch die Krise der CDU tiefere Ursachen haben, die in der Entwicklung der Weltwirtschaft liegen. Mit der Nominierung Köhlers bricht sich eine objektive Tendenz der Globalisierung Bahn: die Unterwerfung der nationalen bürgerlichen Politik unter die Bedürfnisse der mächtigsten internationalen Kapitalinteressen.

      Unverkennbar zeichnet sich eine Neudefinition des Amts des Bundespräsidenten ab: In der bundesdeutschen Nachkriegsverfassung von 1949 waren seine Vollmachten bewusst beschnitten worden. Man zog gewisse Lehren aus der Rolle des Reichspräsidenten in der Weimarer Republik, der befugt war, über parlamentarische Beschlüsse hinweg mit Notverordnungen zu regieren. Diese Entwicklung des Reichspräsidenten zu einer über dem Parlament stehenden staatlichen Machtinstanz gipfelte in der fatalen Entscheidung von Präsident Hindenburg, Hitler zum Reichskanzler zu ernennen.

      Die jetzt bevorstehende hochkarätige Besetzung mit Horst Köhler stellt eine beginnende Abkehr von diesen Lehren durch eine politische Aufwertung des Bundespräsidentenamtes dar. Und wenn erst einmal der politische Bedarf besteht, kann man sicher sein, dass sich auch in der bestehenden Verfassung Ansatzpunkte zu seiner stärkeren Gewichtung finden werden. (Bei parlamentarischen Patt-Situationen kann der Bundespräsident das entscheidende letzte Wort haben. So entschied Johannes Rau im Juni 2002 den Streit um das Stimmverhalten Brandenburgs bei der Entscheidung des Bundesrats über das Zuwanderungsgesetz - das allerdings später vom Bundesverfassungsgericht gekippt wurde.)

      Die Bevölkerung hatte in dem ganzen Verfahren und in den Auseinandersetzungen, die der Kür des IWF-Chefs zum voraussichtlichen nächsten Staatsoberhaupt vorangingen, überhaupt keine Stimme.

      Neben dem innenpolitischen hat der Kandidat Köhler einen starken außenpolitischen Aspekt. Bundeskanzler Schröder hatte ihn im Jahr 2000 mit einigem Nachdruck als IWF-Chef durchgesetzt, nachdem die USA den ursprünglich von Europa nominierten Bewerber nicht zulassen wollten. (Traditionell wird der IWF von einem Europäer und die Weltbank von einem US-Amerikaner geführt.) Der jetzt erfolgte Abzug Köhlers wurde von den übrigen europäischen Regierungen nicht unbedingt gern gesehen und löste sofort Auseinandersetzungen um seine Nachfolge aus.

      Der Abstieg Köhlers von der internationalen auf die nationale Ebene bedeutet eine Verlagerung des Schwerpunkts der deutschen Außenpolitik. Der damit verbundene Verzicht Deutschlands auf den Spitzenposten des Internationalen Währungsfonds kommt einer Abwertung des IWF seitens des Berliner Politikbetriebs gleich. Er folgt damit dem Verhalten der USA, die durch ihre abschätzige Behandlung der Vereinten Nationen eben diese Entwertung der internationalen Institutionen vorexerzierten.

      Köhler ist ein erfahrener Außenpolitiker, der zahlreiche Regierungschefs der Welt persönlich kennt und gewohnt ist, ihnen in der weisungsgebenden Funktion des IWF-Direktors gegenüber zu treten. Seine Nominierung verheißt neue Spannungen im europäischen Einigungsprozess. Die von Köhler in wirtschaftlicher Hinsicht maßgeblich geprägte Wiedervereinigung zeichnete sich dadurch aus, dass Deutschland durch seinen Einfluss auf die europäische Geld- und Währungspolitik die Kosten dieses Prozesses teilweise auf die anderen EU-Staaten abwälzte.

      Verblüffend ist, in welcher Vollkommenheit die Person dieses fast zufällig aufgetauchten Kandidaten grundlegende historische Entwicklungstendenzen verkörpert. Horst Köhler steht für das Scheitern des sozialen Ausgleichs im nationalen Rahmen, das die CDU mit seiner Nominierung eingesteht. Er steht für die unbedingte Dominanz der internationalen Finanzmärkte über die nationale Politik. Er steht für den erneuten Anspruch Deutschlands auf eine eigene, offenere Interessenspolitik auf Weltebene. Er steht für die politische Entmündigung der einfachen Bevölkerung und für die Unterhöhlung des bestehenden parlamentarischen Systems.

      Die demokratischen Rechte der vergangenen Jahrzehnte waren direkt mit den sozialen Zugeständnissen an die arbeitende Bevölkerung verbunden, mit denen die kapitalistische Wirtschaftsordnung in Westeuropa nach 1945 gerettet wurde. Das Scheitern der reformistischen Arbeiterorganisationen - der SPD und der Gewerkschaften - an der Globalisierung bringt heute die akute Gefährdung dieser Rechte mit sich.

      Vierzehn Jahre nach dem Zusammenbruch der stalinistischen Staaten stehen im wiedervereinigten Deutschland Veränderungen auf der Tagesordnung, mit denen die alten Widersprüche, die den Beginn des 20. Jahrhunderts prägten, wiederaufflammen werden: tiefe Klassengegensätze und der Kampf um die Vorherrschaft in Europa.


      --------------------------------------------------------------------------------

      Copyright 1998 - 2004, World Socialist Web Site, Alle Rechte vorbehalten!

      Meine Einschätzung, wenn er Bundespräsident wird, wird hier ein noch rauherer Wind wehen, notfalls per Gesetzesänderung, das dem Bundespräsident größere Vollmachten einräumt.

      gjauch
      Avatar
      schrieb am 11.03.04 17:02:32
      Beitrag Nr. 2 ()
      natürlich für gildo horn:laugh:
      Avatar
      schrieb am 11.03.04 17:16:26
      Beitrag Nr. 3 ()
      Für Sozialabbau, Dumpinglöhne und als Sprachrohr der Industrie. Ein Bundeshartz.

      Von denen haben wir ja noch zuwenig.
      Avatar
      schrieb am 11.03.04 17:23:42
      Beitrag Nr. 4 ()
      Ein Satz von ihm!

      Politikverdrossenheit kommt daher weil wir den Leuten/Wählern die Reformen nicht verständlich rüber
      bringen !

      Der hält also auch alle wieder für Begriffstutzig!

      Nervt mich langsam die meinen wohl der kleine Mann
      ist zu blöd um zu kapieren!

      Wann schnallen die entlich was wirklich zur Verdrossenheit führt?


      Kastor
      Avatar
      schrieb am 11.03.04 17:27:58
      Beitrag Nr. 5 ()
      Kommt drauf an, wer mit kleiner Mann gemeint ist. Wenn ich mir die Typen anschaue, die tagsüber in der Kneipe hocken, ihre Stütze versaufen und alle ihre Weisheiten aus der Bild-Zeitung beziehen, dann hat er recht!

      Wenn er aber jeden Bürger meint hat er natürlich unrecht.

      Trading Spotlight

      Anzeige
      JanOne
      2,6000EUR -23,53 %
      Jetzt Countdown zum “Milliarden-Deal” gestartet!mehr zur Aktie »
      Avatar
      schrieb am 11.03.04 17:44:24
      Beitrag Nr. 6 ()
      Na da haben wir es ja mit dem SchröderGerd, dem FischerJohann mit ihrer Pudelträgerin viel besser, die mit Polen , Rumänien und die Türkei zur kulturellen Bereicherung in die EU holen, ohne sich ein Deut um die Angleichung der Steuersysteme zu scheren, damit es in Deutschland und Europa "spannender" wird. Und es wird hier recht "spannend" werden.

      In diesem Punkt sind der FischerJohann und der BushSchorsch übrigens ganz ähnlicher Meinung.
      Avatar
      schrieb am 11.03.04 17:47:25
      Beitrag Nr. 7 ()
      Präsidentschaftskandidat Horst Köhler hat der Politik vorgeworfen, in wichtigen Fragen zu langsam zu entscheiden. Den Bürgern sei beispielsweise nicht klar, warum sie sparen müssen, so Köhler in der " Bild" -Zeitung. Deshalb hätten viele Menschen das Vertrauen in die Politik verloren.
      Avatar
      schrieb am 11.03.04 18:19:35
      Beitrag Nr. 8 ()
      Auszug!
      Den Bürgern sei beispielsweise nicht klar, warum sie sparen müssen, so Köhler

      Sagt doch alles!
      Für das eventuell??
      EU-Politiker zocken illegal Tagegeld ab


      Kastor
      Avatar
      schrieb am 11.03.04 18:33:15
      Beitrag Nr. 9 ()
      :confused:
      wer ist Horst Köhler?
      Ich kenne nur Dieter Köhler;der war ´mal bei uns im Betriebsrat!:laugh:

      M.
      Avatar
      schrieb am 12.03.04 07:42:19
      Beitrag Nr. 10 ()
      14 Euro

      Horst Köhler sagt, wo es langgeht

      Am selben Tag, an dem der Kandidat von CDU/CSU und FDP für das Amt des Bundespräsidenten, zum ersten Mal über "Bild" zu zwölf Millionen Lesern sprach, beschloß das Bundeskabinett, daß die Bezieher des sogenannten Arbeitslosengeldes II, das am 1. Januar 2005 an die Stelle von Arbeitslosen- und Sozialhilfe treten soll, »der Würde des Menschen entsprechend« – wie aus dem Bundessozialministerium verlautete – 345 Euro in West- und 331 Euro in Ostdeutschland erhalten werden. Das lehrt: Der Artikel 1 des Grundgesetzes läßt sich quantifizieren – im Osten ist die Unantastbarkeit der Menschenwürde für 14 Euro weniger zu haben als im Westen.

      Horst Köhler kennt sich, ist anzunehmen, als ehemaliger Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) gut mit solchen Zahlen aus. Eine Institution, die seit 1990 vor allem dafür da ist, in Arbeitsteilung mit dem Pentagon die Neuaufteilung der Welt zu koordinieren – »Globalisierung« genannt – kann die Einführung von massenhaftem Hunger in Südostasien im Gefolge der Währungskrise von 1997 oder die Armutsexzesse nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch Argentiniens korrekt bilanzieren. Der IWF hatte sie schließlich wesentlich verursacht.

      In der Bundesrepublik geht es nicht ums Verhungern – vielleicht soll man langsam hinzufügen: Noch. Den Mythos vom Kleinhalten und Kleinkriegen der Kleinen, damit das große Ganze erhalten bleibt, den predigt Horst Köhler aber in Vollendung. Er denke, sagt er in "Bild", seine internationale Erfahrung könne »Deutschland helfen, Dinge zu bewegen.« Z. B. habe die Politik den Bürgern bisher nicht erklären können, warum sie sparen müssen.

      Das klappte schon beim IWF nicht richtig. Warum die Länder der »Dritten Welt« stets mehr in den Norden transferieren als sie je an Krediten aufgenommen haben, ist dort offenbar noch immer nicht begriffen worden. Möglich, daß es sich in der Bundesrepublik ähnlich verhält. Horst Köhler kann heute im Bundestag besichtigen, wie ein Gesetz verabschiedet wird, das der langfristigen Sicherung der Renten dienen soll. Sein Inhalt besteht darin, daß dafür die Rente abgeschafft wird, nachdem sie stetig gekürzt wurde. Es liegt auf der Hand, daß es sich nur um ein »Vermittlungsproblem« handeln kann, wenn deutsche Rentner für solchen Sparkurs noch keine Feiern abhalten. Wer seine Kunden richtig enteignet oder umgebracht hat, verkauft ja auch bekanntlich am besten. U. a. deswegen kann die Ost-Sozialhilfe 14 Euro weniger betragen.

      "Bild" und Köhler gemeinsam erklären das alles und schaffen wieder Vertrauen.
      Avatar
      schrieb am 12.03.04 13:20:58
      Beitrag Nr. 11 ()
      Mathias Bröckers 10.03.2004

      Deutschland muss endlich wieder rechnen lernen

      Dass Deutschland nach dem altersmilden Anstands-Rau-Rau nun einen Banker als Bundespräsident bekommt hat einen Vorteil: der Mann kann rechnen und uns Bürgern vielleicht auch klar machen, dass wir wieder Rechnen lernen müssen. Wenn in China ein Facharbeiter für 61Cent die Stunde antritt, während in Deutschland 16 Euro Kosten für eine Arbeitsstunde fällig werden - wo wird ein vernünftig kalkulierender Unternehmer seine nächste Produktionsstätte einrichten? Wenn ein deutscher Arbeiter in zwei Wochen soviel verdient wie der chinesische Kollege im ganzen Jahr, kann sich dann nicht jeder ausrechnen, wo in Zukunft Millionen Arbeitsplätze entstehen - und wo sie weiter abgebaut werden?

      Für den frommen Bruder Johannes waren derlei Dilemmata der Globalisierung zu finster, als dass er sie den Bürgerinnen und Bürgern erklärt und nahegebracht hätte - Rau erinnerte lieber daran, nicht alles auf das Materielle zu reduzieren und weiter auch den "Menschen" zu sehen.

      Das wird sich mit seinem Nachfolger jetzt wohl ändern. Aus seinem letzten Job beim Internationalen Währungsfond kennt er die Länder, wo für 61 Cent die Stunde gearbeitet wird, aus dem Effeff - und weiß wohin die Reise geht:

      Deutschland steht noch vor weiterem schwierigen Wandel, wenn es seinen Wohlstand sichern möchte. Bundeskanzler Schröder hat mit der Agenda 2010 den richtigen historischen Schritt zurückgelegt. Wir müssen den Sozialstaat durch Umbau sichern, daran gibt es gar keinen Zweifel.
      Köhler in einem seiner ersten Interviews nach der Nominierung

      Man merkt, der Mann ist internationales Parkett und diplomatischen Umgangston gewohnt: "den Sozialstaat durch Umbau sichern" klingt irgendwie besser als "Reform", "Anpassung" oder gar "Abbau". Fragt sich nur, wie wir das mit den 15, 39 EU Lohn pro Stunde lösen, die zwischen unseren Werktätigen und denen in China klaffen. Auf Zeit zu setzen, auf dass bei dem potentiellen Milliardenheer von 61-Cent-Sklaven die Bedürfnisse steigen, die Kranken- und Rentenversicherung durchgesetzt, Tarifrechte eingeführt werden und das Lohniveau sich angleicht, scheint für die kommenden Jahrzehnte völlig aussichtslos. Alle heimischen Arbeiter/innen zu entlassen und in Ich-AGs zu verwandeln, die dann wiederum auf eigene Rechnung zwei, drei Chinesen einstellen, funktioniert ebenfalls nur theoretisch, und vor allem nur, wenn die billigen Hilfskräfte bleiben, wo sie sind. Sobald sie in Deutschland wohnen, essen, U-Bahn fahren und zum Arzt gehen müssen, haut das ja mit den 61 Cent pro Stunde nicht mehr hin.

      Wie aber sollen die Millionen von neuen Ich-AGs kontrollieren, ob ihre Abermillionen von neuen Angestellten im fernen China auch richtig arbeiten? Organisatorisch ist das kaum zu bewältigen, es sei denn, man zieht um. Aber wer zieht schon freiwillig in ein Land, wo er nicht einmal die Fußballergebnisse lesen kann? Wenn wir also die Chinesen nicht herholen können, weil Europa zu eng und zu teuer ist, und selbst nicht nach China übersiedeln wollen, was bleibt?

      Wir werden tendenziell nicht darum herumkommen, auch in Europa chinesische Verhältnisse einzuführen: Maloche für`n Appel und`n Ei ist angesagt, der Trend geht zum Sklavenlohn - ansonsten wandert die Arbeit gnadenlos aus. Helfen könnten nur Handelsschranken, Zollbarrieren, Abschotten der Binnenmärkte - Instrumente, die der Bundespräsident in spe gut kennt und bei seinem letzten Arbeitgeber IWF verurteilen musste wie der Teufel das Weihwasser. Das wird er auch weiterhin tun - und auf seine Erklärungen sind wir gespannt. Denn, so der Kandidat gestern in der "Bild"-Zeitung:

      Die Politik hat den Bürgern bisher nicht erklären können, warum sie sparen müssen, deshalb haben viele das Vertrauen in die Politik verloren.

      Da braucht es in der Tat einen international versierten Rechenkünstler, der uns das erklärt - vor einem Jahr meldete "Radio China International" noch:

      Der derzeit in China weilende Präsident des Internationalen Währungsfonds, Horst Koehler, stellte am Montag fest, Asien sei immer noch der Dreh- und Angelpunkt der globalen Wirtschaft. Das rasche Wachstum der chinesischen Wirtschaft und der weiter wachsende Handel kämen der globalen und regionalen Wirtschaft zugute.

      Wie es dem "Standort Deutschland" und Europa zugute kommen soll, wenn VWs nicht mehr in Wolfsburg, sondern in China zusammengeschraubt werden, dies seinen Schäfchen vorzurechnen hat Koehler als Bundespräsident fünf Jahre Zeit - und übt sich derweil, beim ersten TV-Auftritt in der "Johannes B. Kerner"-Show mit der künftigen First Lady schon mal im präsidialen Gutzureden und Johannes-artigem Salbadern: "Es ist nicht alles schwarz zu sehen" und: "Es gibt keinen Grund, den Kopf hängen zu lassen". Na denn - verdrücken wir uns fröhlich auf die Rechenbank...

      Mathias Bröckers


      Beitrag zu dieser Diskussion schreiben


      Zu dieser Diskussion können keine Beiträge mehr verfasst werden, da der letzte Beitrag vor mehr als zwei Jahren verfasst wurde und die Diskussion daraufhin archiviert wurde.
      Bitte wenden Sie sich an feedback@wallstreet-online.de und erfragen Sie die Reaktivierung der Diskussion oder starten Sie
      hier
      eine neue Diskussion.
      Wofür steht Horst Köhler?