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    EU-Verfassung - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 04.07.04 08:04:59 von
    neuester Beitrag 04.07.04 11:00:47 von
    Beiträge: 2
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      schrieb am 04.07.04 08:04:59
      Beitrag Nr. 1 ()
      EU-Verfassung
      Elementare demokratische Grundsätze werden aufgegeben
      von Prof. Dr. Klaus Buchner (gekürzt)
      Schon in den ersten Sätzen wird klar, dass wichtige demokratische Grundsätze außer Kraft gesetzt werden. Denn der Entwurf bekennt sich zwar zu den Menschenrechten und Grundfreiheiten (Art. I-7), jedoch nicht zu den demokratischen Grundrechten. Diese werden in Art. I-4 definiert als der freie Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapital-Verkehr sowie die Niederlassungsfreiheit. Das sind neo-liberale Wirtschaftsregeln für die Globalisierung, aber keine Freiheiten im Sinn der Menschenrechte.

      Die Bestimmung des Art. 20 des Deutschen Grundgesetzes fehlt: „Alle Staatsgewalt geht vom Volk aus.“ Folgerichtig hat das von den BürgerInnen gewählte EU-Parlament nur wenige Kompetenzen: Gesetzesentwürfe können nur auf Vorschlag der EU-Kommission eingebracht werden. Diese Gesetze und der Haushalt können vom EU-Parlament nur gemeinsam mit dem Ministerrat beschlossen werden. Sonst darf das EU-Parlament nur Misstrauensanträge gegen die gesamte Kommission einbringen und die Kommission beraten. Die für Demokratien so wesentliche Gewaltenteilung zwischen Gesetzgebung und Politik / Verwaltung fehlt. Die Kommission, die die Gesetze formuliert und die Verwaltung durchführt, wird gar nicht gewählt, sondern steht unter dem direkten Einfluss der Wirtschaft, deren Vertreter ständigen Zugang zu allen Bereichen der Kommission haben.
      Die Mitglieder der EU-Kommission werden von den Regierungen der EU-Staaten aus-gehandelt. Ihr Präsident wird vom EU-Rat vorgeschlagen und vom EU-Parlament bestätigt, das somit die Statistenrolle erhält, zu der sich die bisherigen deutschen Bundespräsidenten hergeben haben. Horst Köhler ist der erste, der bei Amtsantritt seinen Vorbehalt erklärte, Gesetze zu unterschreiben.
      Die Zentralmacht dieses antidemokratischen Machwerks ist somit die EU-Kommission, die die Verwaltung ausübt. Auch im bisherigen Deutschland ist die Verwaltung das Instrument, dass die BürgerInnen am direktesten schikanieren kann und dessen Verantwortliche sich meist dem gerichtlichen Zugriff entziehen.
      Insgesamt will also die EU-Verfassung einen zentralistischen Staat von entmündigten Bürgern. Es geht nicht um Demokratie , sondern um eine problemlose und unentrinnbare zentrale Verwaltung.
      Ein Beispiel:
      Die Grenzwerte für die Mobilfunkstrahlung sollten für Europa einheitlich festgelegt werden. Dazu berief das EU-Parlament eine Gruppe von Wissenschaftlern, die den sehr niedrigen Wert von 0, 000 1 W/m2 vorschlugen. Da aber das EU-Parlament keine Gesetzentwürfe machen darf, konnte es diesen Vorschlag nicht weiter verfolgen. Die Kommission, die unter dem Einfluss der Industrie steht, wollte dagegen die 50 000 bis 100 000 mal höheren deutschen Grenzwerte festlegen. Sofern die Kommission hierzu kein Gesetz, sondern nur eine Verordnung erlässt, kann sie das jederzeit gegen den Willen des Parlaments tun. Da inzwischen BMW in seinem Verfügungsbereich die Grenzwerte auf ein Hunderttausendstel dessen senkte, womit wir gegrillt werden, bei erhaltener Telekommunikationsfähigkeit, ist bewiesen, dass die Zentralmacht der EU, die Kommission, aus IgnorantInnen besteht.
      Unionsrecht bricht grundsätzlich das Recht der Mitgliedsstaaten (Art. I-10) und setzt sogar Teile von deren Verfassungen außer Kraft. Ein Beispiel dafür ist die Verteidigungspolitik: Art. I-40 (3) verpflichtet zur Aufrüstung: „Die Mitgliedsstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern. Diese werden zur Friedenssicherung, Konfliktverhütung und Stärkung der internationalen Sicherheit gemäß den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen eingesetzt. Das bedeutet z.B. auch Bundeswehreinsätze zur Terrorismus-Bekämpfung außerhalb Europas im Interesse von Drittstaaten (siehe Irakkrieg) und zur Krisenbewältigung überall in der Welt (beides in Art. III-210) und steht im klaren Widerspruch zum Deutschen Grundgesetz, das nur die militärische Verteidigung zulässt (Art. 87a des Grundgesetzes) und Angriffskriege unter Strafe stellt (Art. 26, Abs.1, §§ 80 und 138 StGB). Bei der Entscheidung über Krieg und Frieden haben weder der Deutsche Bundestag noch das Europäische Parlament ein Mitspracherecht. Sie wird allein vom Europäischen Ministerrat gefällt.
      Da die Zuständigkeit der Union nicht genau eingeschränkt wird (Art. I-9), greift sie in immer mehr Bereiche ein. So bleiben den nationalen Parlamenten immer weniger Kompetenzen. (Verletzung des Subsidiaritätsprinzips: So viel lokal wie möglich, soviel überregional wie nötig).
      Ein harmloses Beispiel:
      Form und Größe der importierten Bananen gehören sicher nicht zu den ausschließlichen Zuständigkeiten der Union (nach Art. I-12). Wenn aber ein EU-Kommissar beschließt, die Eigenschaften von Bananen müssen im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik (Art. I-12 (1)) für die ganze EU einheitlich festgelegt werden, so kann er das tun. Weniger harmlos ist es, wenn die EU wichtige Befugnisse von Regierungen den privaten Konzernen übergibt. Wie das geschehen kann, zeigen die folgenden beiden Punkte:
      Der EU-Verfassungsentwurf sieht vor, dass internationale Verträge ohne Zustimmung der Mitgliedsstaaten geschlossen werden (Art. I-12 (2)). Dies geschieht auch ohne Zustimmung des EU-Parlaments, aber im direkten Einflussbereich von Wirtschaftsverbänden (z.B. European Services Forum). In nächster Zeit betrifft dies beispielsweise den sog. GATS-Vertrag, der u.a. die Öffnung von Bildungseinrichtungen für Privatfirmen festschreibt.
      Damit private Anbieter gleiche Chancen haben, dürfen Universitäten nicht mehr bezuschusst werden. Als Folge davon müssen dann Studiengebühren, eventuell auch Schulgeld erhoben werden. Volkshochschulen sind in der bisherigen Form nicht mehr möglich. Zuschüsse zu Krankenhäusern, eine öffentliche Wasserversorgung und Müllabfuhr stehen auf dem Prüfstand, ebenso wie der Öffentliche Nahverkehr. Der Einfluss der Politik wird somit gegenüber der Wirtschaft stark eingeschränkt: Sozial- und Umweltstandards, Gesundheits- und Verbraucherschutz werden geopfert. Der GATS-Vertrag, der von der EU ins Auge gefasst wird, sieht vor, keine unnötigen Hemmnisse gegen den freien Warenverkehr aufzubauen. Im Vertrag ist ein Notwendigkeitstest für nationale Gesetze enthalten (Art. XIV, XX). Er besagt, dass bei bestimmten Dienstleistungen weder die Kernarbeitsnormen der internationalen Arbeiterorganisation ILO, noch Einhaltung von Tarif- und Gewerkschaftsverträgen gefordert werden dürfen. Selbstverständlich werden auch Gesetze zum Umwelt- und Verbraucherschutz aufgehoben, soweit sie den Interessen der betroffenen Firmen im Weg stehen.
      Die Folgen derartiger Verträge bekommen wir jetzt zu spüren: Die EU, insbesondere die deutsche Ministerin Künast, ist vor den USA eingeknickt und lassen den Import genmanipulierter Nahrungsmittel zu. Bisher mussten derartige Verträgen jedoch im Ministerrat von den zuständigen Ministern der Mitgliedsstaaten beschlossen werden. Nach dem Verfassungsentwurf ist das in Zukunft nicht mehr nötig. Die Kommission, die keinerlei demokratische Legitimation hat, bestimmt darüber allein. Die Soziale Marktwirtschaft wird praktisch abgeschafft. Art. I-3 (3) enthält zwar noch die Formulierung „wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft“. Aber in der konkreten Ausgestaltung in Abschnitt III ist das Wort „soziale“ nicht mehr enthalten. Schlimmer noch: In Art. III-69 (1) heißt es: Die Tätigkeit der Mitgliedsstaaten und der Union im Sinne des Artikels I-3 umfasst nach Maßgabe der Verfassung die Einführung einer Wirtschaftspolitik, die ... dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb verpflichtet ist. Kein Wort von ökologischer oder sozialer Marktwirtschaft! Was das praktisch bedeutet, wurde oben in 6. an einem Beispiel gezeigt.
      Ein weiteres Beispiel:
      In umständlicher Sprache legt Art. III.55 (1) etwas Ungeheueres fest: Die Mitgliedsstaaten werden in Bezug auf öffentliche Unternehmen und auf Unternehmen, denen sie besondere oder ausschließliche Rechte gewähren, keine den Bestimmungen der Verfassung und insbesondere deren Artikel I-4.Absatz 2 und den Artikeln III-55 bis III-58 widersprechende Maßnahmen treffen oder beibehalten. Diese Maßnahmen sind nach III-56 Beihilfen der Mitgliedsstaaten oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen. Das ist ein Anschlag auf die öffentliche Daseinsvorsorge z.B. durch staatliche Schulen, Universitäten, Rundfunk- und Fernsehsender usw., sobald andere Unternehmen als Konkurrenten auftreten, z.B. Schulen ausländischer Bildungskonzerne oder Islamschulen fundamentalistischer Muslims. Dieses Beispiel ist nicht aus der Luft gegriffen. Bei den GATS - Verhandlungen steht unser Schulsystem tatsächlich zur Disposition, d.h. die Bezahlung von Schulen durch den Staat kann verboten werden, wenn andere Schulen als benachteiligte Konkurrenten dagegen klagen. Bisher bekommen Privatschulen hohe Zuschüsse, falls sie die Lehrpläne und bestimmte Mindeststandards erfüllen. Nach der EU-Verfassung darf, wenn ein Konkurrent auftritt, kein Schulsystem staatliche Gelder bekommen. Dann muss selbst in Grundschulen alles von den Eltern bezahlt werden.
      Der 1957 abgeschlossene Euratomvertrag gilt weiter und wird sogar im EU-Verfassungsentwurf ausdrücklich bestätigt (Protokoll zur Änderung des Euratom-Vertrags in Abschnitt IV). Dort heißt es: „ Unter Hinweis darauf, dass die Bestimmungen des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft weiterhin volle rechtliche Wirkung entfalten müssen, „Das bedeutet, dass sogar Länder, die dem Euratomvertrag nicht beigetreten sind und selbst keine Atomkraftwerke betreiben (z.B. Österreich), auch in Zukunft über ihre EU-Beiträge AKWs in Osteuropa subventionieren müssen.
      Aus diesen Gründen lehnt die ödp den vorliegenden Verfassungsentwurf ab. Sie fordert, dass eine so weitreichende Einschränkung demokratischer Rechte nur nach einer Volksabstimmung erfolgen darf. 92,4% der Deutschen sprechen sich für diese Volksabstimmung aus. Aber 90% der Bundestagsabgeordneten sind dagegen. Denn bei einer Volksabstimmung nach einer fairen Information der Bevölkerung hätte diese Verfassung kaum eine Chance.

      Prof. Dr. Klaus Buchner ist Bundesvorsitzender der ödp und war Spitzenkandidat für die Europawahl am 13. Juni 2004.
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      schrieb am 04.07.04 11:00:47
      Beitrag Nr. 2 ()
      Das Dumme ist doch, auch in diesem Thema werden die meisten Völker nicht gefragt.


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