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    Ist Amerika noch eine Demokratie? - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 21.01.05 07:58:30 von
    neuester Beitrag 22.01.05 07:28:50 von
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      schrieb am 21.01.05 07:58:30
      Beitrag Nr. 1 ()
      Der Populismus der Mehrheit bedroht die Freiheit in den USA

      Von Paolo Flores d’Arcais

      Sind die Vereinigten Staaten des George W. Bush noch eine Demokratie? Wer so fragt, macht sich nicht viele Freunde. Tatsächlich aber ist die Frage dringend geboten.

      Es geht nämlich um das Problem der jakobinischen Demokratie, für die der Konsens alles ist. In ihr herrscht die Mehrheit, und alles, was sie entscheidet, wird umstandslos Gesetz. Dies gebietet schon das Prinzip der Volkssouveränität. Denn wer sonst sollte der Souverän sein, nachdem die Souveränität Gottes vom Thron gestürzt wurde? © Charles Ommanney/Agentur Focus BILD

      1. Die Ideale der Verfassung


      Liberale Denker haben stets davor gewarnt, auch eine Demokratie könne in ein plebiszitäres System abgleiten und totalitäre Züge annehmen. Denn der Volkswille an sich ist eine pure Abstraktion und hat große Ähnlichkeit mit dem »Gott will es« der absoluten Souveräne. Er ist ebenso kategorisch, ebenso unkontrollierbar. Denn um souverän zu sein, muss das Volk als Einheit, als »Eines« vorgestellt werden. In Wirklichkeit setzt sich das empirische Volk natürlich aus den »Vielen« zusammen, die dann als ein politischer Körper und als eine organische Realität vorgestellt werden. Was zu kurz kommt, ist das Volk aus Fleisch und Blut mit seinen Individuen.

      Anhänger der liberalen Demokratie sind laizistisch, säkularisiert und pragmatisch. Sie wissen, dass eine souveräne Mehrheit Minderheiten unterdrücken kann. Es war die Mehrheit, die Sokrates gezwungen hat, den Schierlingsbecher zu trinken. Deshalb will die liberale Demokratie der Souveränität Grenzen setzen und die Freiheit aller Bürger garantieren – die Freiheiten des Dissidenten gegenüber dem Souverän und der Mehrheit gegenüber sich selbst. Mit einem Wort: Eine liberale Demokratie muss die Macht aller Individuen sein. Deshalb ist demokratische Macht eine beschränkte und gefesselte, geteilte und gespaltene Macht. Darin besteht ihr Wesen. Andernfalls schlüge sie um in eine Diktatur des Konsenses, in freiheitsfeindlichen Populismus.

      Halten wir fest: Die Verfassung ist die Fessel der Macht. Sie begrenzt den Einfluss der Mehrheit und gewährt dem Einzelnen Rechte, die kein Repräsentant und keine Mehrheit verletzen darf, und sei sie noch so erdrückend. Bei der Festlegung dieser Rechte ist ein Rückgriff auf das Naturrecht zwecklos. Wer das tut, »entdeckt« überall »natürliche Rechte«, die ihm persönlich am Herzen liegen, wie etwa das Eigentum dem Eigentümer oder das Leben des Embryos dem integralistischen Katholiken.

      In Wirklichkeit ist das Naturrecht unauffindbar. Es ist nur der metaphysische Name, mit dessen Hilfe entweder Gott oder die Natur als Emblem für eigene Präferenzen benutzt wird. Dasselbe gilt für den demokratischen »Gottesersatz«, also die Behauptung vom einheitlichen und organischen Volk. Auch diese Einheit ist unauffindbar. Deshalb bleibt uns nichts anderes übrig, als das wirkliche Volk ernst zu nehmen, das Ensemble der streitenden Individuen. Ihnen müssen wir jene Freiheiten zuerkennen, die im Hinblick auf die autonome Teilhabe jedes Einzelnen an gemeinsamen und vor allem: revidierbaren Entscheidungen unverzichtbar sind.

      Das historisch erste Recht war das Recht auf Ketzerei. Bis dahin war das Feld der freien Entscheidung durch den Anspruch einer absoluten religiösen Wahrheit monopolisiert. Für eine liberale Demokratie heißt das: Die Befreiung der öffentlichen Sphäre von jedem autoritativen Wahrheitsanspruch ist die Bedingung demokratischer Freiheit. Zwangsläufig bedeutet dies auch die Neutralisierung der Religion. Natürlich muss die Freiheit der Religion unbedingt garantiert werden, aber als Privatsache.

      Welche Freiheiten müssen noch dem Willen der Mehrheit entzogen werden? Gewiss nicht jede Freiheit, weil man damit das Recht des Stärkeren predigen würde. Weil die Frage schwierig zu beantworten ist, schlage ich vor, vom demokratischen Minimum, vom kleinsten gemeinsamen Nenner auszugehen: von der prozeduralen Demokratie, an deren Anfang die freie und gleiche Wahl steht.

      Schon dieses Minimum ist ziemlich anspruchsvoll. Es geht nämlich darum, die Autonomie der freien und gleichen Wahl sicherzustellen. Das heißt, jeder Einfluss von außen, der die demokratische Entscheidung des Einzelnen beeinflusst, muss eingedämmt werden. Das betrifft die staatliche Macht, aber auch die sanfte, abstumpfende und allgegenwärtige Gewalt der Korruption. Denn in dem Moment, wo der Politiker bestimmte Vergünstigungen verspricht, um Wählerstimmen zu erhalten, setzt er die goldene Regel one man, one vote außer Kraft.

      Hinzu kommen Unwissenheit und Mangel an Information. Besitzt ein bestimmter Diktator Massenvernichtungswaffen, oder besitzt er sie nicht? Hat ein Bombenangriff zivile Opfer gefordert? Ein unparteiisches Informationssystem – also vor allem Radio- und Fernsehsender – ist keine Zusatzleistung. Es wird auch nicht von der »unsichtbaren Hand« des Marktes hervorgebracht. Denn ist der Markt erst einmal monopolisiert, herrscht der Totalitarismus der Desinformation.

      Deshalb müssen wir in der Verfassung Normen verankern, die ein unparteiliches Informationssystem fördern, so weit Unparteilichkeit angesichts der menschlichen Bosheit überhaupt möglich ist. Darüber hinaus sollten wir alles tun, eine kritische und nachdenkliche Kultur auf ganzer Breite zu ermöglichen, und alles zurückdrängen, was unsere Intelligenz dem Konformismus ausliefert.

      Kommen wir zur Armut. Sie bringt Verzweiflung und Untertänigkeit hervor und zwingt uns, all unsere Energie in den Kampf ums Überleben zu investieren. Wir sind ständig dazu verführt, trügerischen Versprechen auf den Leim zu gehen. Konservative Liberale haben das einmal gewusst. Sie haben gewusst, dass uns nur der Zugang zu ökonomischen und kulturellen Ressourcen vor der freiwilligen und unfreiwilligen »Knechtschaft« schützt.

      2. Die amerikanische Wirklichkeit


      Also noch einmal: Handelt es sich bei den Vereinigten Staaten von Amerika noch um eine Demokratie? Halten wir uns an die Fakten. Bush hat dank des Votums der von ihm mobilisierten protestantisch-fundamentalistischen Wähler gesiegt. Oder in den Worten des US-Predigers Jerry Falwell: »Man hatte uns die Unwahrheit gesagt: Man hat behauptet, Amerika habe über die Wirtschaft und über den Terrorismus abgestimmt. Das ist falsch. Es hat vielmehr so abgestimmt, wie Gott es wollte: Es hat über uns Gläubige und über den Glauben abgestimmt.«

      George W. Bush hat immer wieder betont, dass ihm wichtige Entscheidungen von Jesus persönlich eingegeben wurden. Sein Wahlkampf-Manager Karl Rove hat die Kampagne der Republikaner auf moral values abgestellt, auf fundamentalistische Werte. Das gesamte Programm des Präsidenten lässt sich in dem Satz zusammenfassen: »Gott ist mit uns.« Doch ähnelt das nicht dem islamischen Fundamentalismus, der sagt: »Der Koran ist unsere Verfassung«?

      Bush hat einen »Vertrag« mit dem protestantischen Extremismus, der übrigens nichts Evangelisches an sich hat. Dazu gehören das obligatorische Schulgebet, der Kreuzzug gegen Abtreibung und Homosexualität sowie die Gleichstellung der biblischen Schöpfungs- mit der Darwinschen Evolutionslehre. Selbstverständlich lässt sich die Ablehnung der Schwulenehe auch argumentativ vertreten. Bei sozialen Diskriminierungen hingegen ist das nicht ganz so leicht – doch hier ist ohnehin klar, dass der amerikanische »Wohlfahrtsstaat« eine Fata Morgana ist.

      Problematisch allerdings ist das Zwangsgebet. Es schließt den Ungläubigen und Andersgläubigen aus der Gemeinschaft der Nation aus. Es macht ihn zu einem Paria. Religionsfreiheit bedeutet nämlich, dass keine Glaubensrichtung ihre Werte durchsetzen darf. Natürlich versichert man in den USA, dies sei immer noch der Fall. Sobald jedoch mit der Laizität Ernst gemacht werden soll, ist es mit der Religionsfreiheit nicht mehr weit her.

      Es gibt noch andere demokratische Minimalstandards, denen die Vereinigten Staaten kaum genügen. Bis vor kurzem sah es so aus, als sei Amerika das Gelobte Land einer freien Presse und als würde die Öffentlichkeit die Lügen der Regierung nicht dulden. Aber wie war es im Fall von George W. Bush? Er durfte straflos, unverschämt und systematisch die Unwahrheit sagen. Er hat über die Gründe für den Irak-Krieg gelogen, einen Krieg, der fast 1400 amerikanische Soldaten und Zehntausende unschuldiger irakischer Bürger das Leben gekostet hat. Aber Bush wurde im Triumph wiedergewählt. Seine Lügen haben nicht mehr den Reflex der moralischen Entrüstung ausgelöst. Das puritanische Amerika ist nur noch eine Erinnerung. Gesiegt hat der Jesuitismus ohne Jesuiten.

      Die New York Times und andere große Blätter haben zugegeben, dass sie sich zum Sprachrohr der Regierung machen ließen. Aber ist dies entscheidend? Tatsächlich sinkt die Autorität der Tageszeitungen auf dem Markt der Ware »Information«. Die überwältigende Mehrheit bezieht ihr Wissen aus dem Fernsehen, diese TV-Informationen sind embedded, das heißt »eingebettet« in Regierungsinteressen. Außerdem verführt die brutale Konkurrenz auf dem Medienmarkt die TV-Sender zu Zensur, Manipulation und manchmal sogar zur Lüge. Immer seltener respektieren sie das, was Hannah Arendt die »bescheidenen Wahrheiten des Faktums« nannte. Fehlt dieser Respekt, ist die Demokratie gefährdet.

      Noch beunruhigender ist die schleichende »Normalisierung« der Folter, die während der ersten Bush-Administration von Theoretikern gewissermaßen vorgedacht wurde. So druckte die konservative Zeitschrift Commentary im Juli/August 2004 einen Aufsatz des Juristen Andrew McCarthy, der das »Undenkbare«, nämlich jede Konzession an die Folter, nicht nur für denkbar, sondern sogar für geboten hielt: »Es gibt betrübliche Umstände, die Maßnahmen erfordern, welche durch internationales Recht und amerikanische Gesetze verboten sind.«

      Nachdem der kritische Journalismus in den Fernsehanstalten geschwächt ist, existiert in Amerika noch ein Gegengewicht zur Regierung: die Justiz. Aber kann sie ihre Rolle wirklich in dem Umfang wahrnehmen, wie es die Gründerväter wollten?

      Wenden wir uns der »Bibel« der Demokratie zu, den Federalist Papers. Darin schreibt James Madison: »Die Anhäufung sämtlicher Gewalten, der gesetzgebenden, der vollziehenden und der richterlichen, in denselben Händen (…) lässt sich zu Recht als definierendes Merkmal der Tyrannei ansehen.« Nicht anders Thomas Jefferson in seiner Autobiografie: »Nicht durch die Konzentration der Gewalten, sondern nur durch ihre Verteilung wird eine gute Regierung verwirklicht.« Und Alexis de Tocqueville schreibt in seinem Buch Über die Demokratie in Amerika: »Was mich in Amerika am meisten abstößt, ist nicht die dort herrschende Freiheit, sondern der geringe Schutz gegen die Tyrannei, weil in manchen Staaten die Richter sogar von der Mehrheit gewählt werden (…) Ich sage nicht, dass man in Amerika von der Tyrannei häufig Gebrauch macht, ich sage lediglich, dass wir dort keine Sicherheit gegen die Tyrannei finden.«

      Nun verdankt nicht nur Bush seine erste Präsidentschaft einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes, die juristisch auf tönernen Füßen stand. Dieser Gerichtshof ist von Reagan und Bush senior in ihrem Sinn politisiert worden, und auch George W. Bushs zweite Amtszeit könnte im Zeichen einer »Gleichschaltung« der Justiz stehen (ZEIT Nr. 03/05). Richard Dworkin, einer der bedeutendsten amerikanischen Verfassungsrechtler, fürchtet gar: »Die religiösen Fundamentalisten wollen vor allem die Gerichte mit Richtern besetzen, die ihre Ansichten teilen, und Bush ist diesem Wunsch entgegengekommen, indem er für die Bundesgerichte nur Juristen nominiert hat, die sich durch ihre konservative Kompromisslosigkeit in Sachen Abtreibung, Rasse, Bürgerrechte, Arbeitnehmerschutz, Schwulenrechte, Religion oder Umwelt auszeichnen. Tatsächlich sind viele von ihnen auf peinliche Weise für ein Richteramt unqualifiziert (…) Ein Oberstes Gericht, das von Bushs Kandidaten dominiert würde, hätte wahrscheinlich eine ganze Generation zur Verfügung, in der es all jene Verfassungsrechte zerstören könnte, die der Gerichtshof im Laufe von Jahrzehnten aufgebaut hat.«

      Also noch einmal: Ist Amerika noch eine Demokratie? Die Tatsachen sagen uns, dass in den USA eine dramatische Konfrontation zwischen Demokratie und Populismus stattfindet, also zwischen den Verfechtern der Demokratie und jenen, die ihr gleichgültig oder gar feindselig gegenüberstehen. Wir erleben einen Kreuzzug des Populismus gegen die Demokratie. Für den Augenblick ist es ein siegreicher Kreuzzug, aber er könnte, wenn es schlimm kommt, die amerikanische Demokratie in einen ruhmlosen Untergang treiben.

      Zu Recht kann man sagen, angesichts der historischen und politischen Unterschiede zwischen den Kontinenten könne Europa den amerikanischen Wahlen keine gültige »Lektion« entnehmen. Wenn wir es aber trotzdem versuchen, dann ist diese Lektion äußerst »klar und deutlich«. Sie lehrt uns erstens: Man siegt, indem man Nichtwähler und Politikverdrossene gewinnt – und weniger dadurch, dass man dem Gegner Stimmen abtrotzt.

      Die amerikanische Wahl lehrt uns zweitens: Nur mit schlagkräftigen Botschaften kann man die Menschen zur Wahl bewegen – mit radikalen Entscheidungen von hohem existenziellen Stellenwert. Die amerikanische Lektion lehrt uns drittens: Man tritt dem politischen Gegner nicht dadurch entgegen, indem man Konzessionen macht und den Eindruck erweckt, man betreibe dieselbe Politik, nur besser und gemäßigter. Die Bush-Wahl lehrt uns viertens: Wahlentscheidend ist weder der Realitätsgehalt von Wahlprogrammen noch deren ideologische Aussage. Entscheidend ist, in welchem Maße existenzielle Werte unnachgiebig vertreten werden. Der angebliche Gegensatz von »konkreter Ökonomie« und »abstrakten Werten« ist dabei ad absurdum geführt worden. Gerade die Linke verkannte bislang, dass auch Werte konkret sind, und zwar so konkret wie das Materielle. Manchmal noch viel konkreter.

      Entscheidend ist also nicht, ob man von Werten spricht; entscheidend ist, welche Werte man meint. Bevor wir diesem Punkt nachgehen, sollten wir noch zwei Fragen beantworten: Auf welchem Aberglauben basiert das Gerede, Wahlen würden »in der Mitte gewonnen«? Und woran liegt es, dass im Herzen des Westens der Konflikt um Werte eskaliert?

      Wahlen werden nur dann »in der Mitte« gewonnen, wenn in einem Klima diffusen Wohlstands andere, dramatische Motive fehlen. Solange es den Söhnen künftig besser geht als den Vätern, wird man kaum jemanden finden, der nicht den Rassismus verabscheut, gegenüber Homosexuellen tolerant ist und soziale Ungerechtigkeit kritisiert. Sobald aber diese Freiheiten eingefordert werden, kehrt der populistische Dämon zurück. Man kann wie Thomas Jefferson das Recht aller auf Glück verkünden und behaupten, wir seien alle als Freie und Gleiche geboren – solange kein Schwarzer einem weißen Mädchen den Hof macht oder der Arbeiter sich gegen den Unternehmer organisiert.

      3. Die Zukunft der Freiheit


      Auch wenn Politikwissenschaftler diese Wahrheit ungern aussprechen: In liberalen Demokratien ist die politische Rechte häufig nur wider Willen demokratisch. Und wenn sie es ist, ist sie es oft nur aus taktischen Gründen und benutzt demokratische Verfahren als Vehikel zur Sicherung eigener Vorteile. Sobald aber die Demokratie ernst genommen wird und Privilegien infrage gestellt werden, kommt der Bodensatz des Populismus zum Vorschein, wobei auch Gott gern in Dienst genommen wird. Kurzum, je mehr die reale Demokratie ausgeweitet wird, desto mehr werden die Interessen des Establishments mobilisiert. Es fühlt sich bedroht – und bedroht seinerseits die Fundamente der Demokratie: von der Autonomie der Richter bis zum kritischen Journalismus. Es stellt den laizistischen Charakter des Staates ebenso infrage wie die Chancengleichheit bei Wahlen.

      Wenn die populistischen Dämonen, metaphorisch gesagt, »zu den Waffen rufen«, dann ist die Waffe häufig der reale Krieg. Jeder Populismus bedarf eines äußeren Feindes, um die liberale Logik auszuhebeln und innere Gegner in »Verräter« zu verwandeln. Der Krieg schließt den antidemokratischen Kreis des Populismus und heiligt seine Bestandteile: Die Gemeinschaft wird zu einer »großen Familie« (oder gar zur »Firma«) verklärt, mit einem »Vater« an der Spitze. Es gilt die Logik des Gehorsams. Der Dissens, der das demokratische Zusammenleben begründet, wird kriminalisiert und Konformismus zur Bürgertugend.

      Dieser Konformismus breitet sich gerade in der ländlichen Welt Amerikas aus. Er ist deshalb so gefährlich, weil seine moral values einen totalitären Anstrich haben und Minderheiten in Ausgeschlossene verwandeln. Der Einzelne wird zur Zugehörigkeit erpresst; er darf sich der »Herde« nicht verweigern. Gerade sein Selbstverständnis als Individuum ist der Mehrheit suspekt. Auch hier gilt: Wer die Nation zu einer großen »Armee« degradiert und glaubt, sie könne sich auf ein frevelhaftes »Gott ist mit uns« berufen, der verkehrt den Willen der Gründerväter und den Geist der Verfassung in sein Gegenteil.

      Immer häufiger sind daher Staaten, die wir als Demokratien bezeichnen, in Wirklichkeit Demokratien im Niedergang. Und es ist keineswegs ein bloßer Albtraum, wenn man fürchtet, Westen und Osten, erste Welt und zweite Welt würden unmerklich auf ein neues »Entwicklungsmodell« zusteuern: auf einen Kapitalismus ohne Demokratie. China und Russland schlagen jeweils auf eigene Weise diesen Weg bereits ein; das Amerika der Fundamentalisten und des Ölmagnaten Bush (um nicht vom kleinen Italien mit seinem Berlusconi-Regime zu reden) könnte auf sanftere Weise folgen.

      Paolo Flores D`Arcais ist einer der einflussreichsten Intellektuellen Italiens. Der 1944 geborene Philosoph wurde als Interpret Hannah Arendts bekannt und ist Herausgeber von »MicroMega«, dem Sprachrohr der Opposition gegen Berlusconi

      Aus dem Italienischen von Martin Pfeiffer
      Zeit 04/2005
      Avatar
      schrieb am 21.01.05 08:28:35
      Beitrag Nr. 2 ()
      Nein, die USA ist keine Demokratie mehr...seit Bush.
      Avatar
      schrieb am 21.01.05 09:45:32
      Beitrag Nr. 3 ()
      oh mein gott!!!

      was für ein scheiss artikel.

      es ist also keine demokratie wenn die mehrheit bestimmt?!
      was dann - wenn ein paar gewählte deppen tun und lassen was sie wollen???

      die politiker in den usa haben das ohr dicht am volk, das würde ich mir in europa auch wünschen.
      denn im gegensatz zu der demokratie usa halte ich die eu für eine beamten-diktatur in der das volk nichts zu melden hat - siehe türkeibeitritt usw.

      mich wundert immer die verzerrte berichterstattung hier in europa, muß eine art komplex sein jedenfalls ist bush in den usa durchaus beliebt.
      Avatar
      schrieb am 21.01.05 09:49:15
      Beitrag Nr. 4 ()
      >In der Demokratie liegt ein innerer Widerspruch. Es ist nicht die Mehrheit, die bestimmt. Nicht Volkes Wille- sondern es bestimmen ein paar Vetreteter, zwischen denen wir keine wirkliche Wahl haben- und oftmals entscheiden sie gegen das Volk, in ihren Interessen.

      Wenn wir also fragen, ist es noch eine Demokratie, müssen wir dazu diesen inneren Widerspruch hinzunehmen.


      Gibt es so etwas wie VOLKSHERRSCHAFT?
      Avatar
      schrieb am 21.01.05 12:02:16
      Beitrag Nr. 5 ()
      Sittin,

      wir brauchen weniger eine Volksherrschaft als Vertreter in den Parlamenten, die ausgewogene Politik sowohl für die Wirtschaft als auch für deren Abhängige praktiziert.

      Wir haben ein Ungleichgewicht zwischen monetären und humanen Interressen.

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      schrieb am 21.01.05 12:40:35
      Beitrag Nr. 6 ()
      Das sage ich doch schon seit Jahren.

      Wir haben keine politische Regierungsform, sondern leiden unter dem Diktat des Kapitalismus, genauer: Der Zinsgeld-schulden-exponential-wachstums-wirtschaft
      Avatar
      schrieb am 21.01.05 12:59:21
      Beitrag Nr. 7 ()
      du bist doch nicht etwa einer dieser Kommunisten?!

      der real existierende sozialismus ist jedenfalls sehr schnell
      vor die hunde gegangen....
      Avatar
      schrieb am 21.01.05 13:23:16
      Beitrag Nr. 8 ()
      Kritiker am Kapitalismus = Kommunist?

      Mann mann mann, in welcher Schwarz-Weiß-Welt einige doch leben...

      :look:


      Ganz deutliches Zeichen dafür, dass doch etwas an Hohmanns / Möllemanns Vermutungen dran sein dürfte, dass dieses Feindbild extra aufgebaut wurde, um jede Kritik am eigenen Wirken zu unterbinden.

      Schließlich hat das auch der US-Senator von Oklahoma seinerzeit festgestellt, Robert Latham Owen.
      Und das schon 1921.
      Avatar
      schrieb am 21.01.05 14:15:19
      Beitrag Nr. 9 ()
      EKLAT IM US-TV

      "Je schlechter der Krieg, desto größer die Party"

      40 Millionen Dollar kostete der Party-Marathon zur Amtseinführung George W. Bushs. Während der US-TV-Sender Fox mitjubelte, kam es vor laufender Kamera zum Eklat: "Vanity Fair"-Autorin Bachrach kritisierte Bush so stark, dass die Fox-Moderatorin schließlich das Gespräch abrupt beendete. SPIEGEL ONLINE hat den Dialog übersetzt.

      Fox-Moderatorin: Willkommen Judy! Wir haben diese gewaltige Menge Schnee gesehen, die in Washington fällt. Ich hoffe, der Schnee behindert nicht die Pläne (der Amtseinführung, Anmerkung der Red.). Schau mal, wie toll das Weiße Haus aussieht...

      Judy Bachrach ("Vanity Fair"): Ehrlich gesagt habe ich das Gefühl, die Pläne des Weißen Hauses sollten durchkreuzt werden, eine solch protzige Inaugurations-Party in Kriegszeiten zu veranstalten.

      Fox-Moderatorin: Wirklich? Ah... Okay.

      Bachrach: Ja. Ich habe festgestellt: Je schlechter ein Krieg verläuft, desto größer wird die Party zur Amtseinführung gefeiert. Als Franklin Delano Roosevelt in Kriegszeiten als Präsident eingeschworen wurde, gab er eine sehr bescheidene Party, bei der Hühnchensalat serviert wurde - und damals waren wir dabei, einen Krieg zu gewinnen.

      Fox-Moderatorin: Richtig. Aber Judy. Äh. Hmm. Der Präsident hat doch gesagt, ich glaube sein Zitat war: "Wir feiern die Demokratie, wir feiern einen friedlichen Übergang zur Demokratie". Was ist falsch daran?

      Bachrach: Kannst Du Frieden oder einen friedlichen Übergang zur Demokratie im Irak beobachten? Wenn Du das kannst, dann bist Du wohl die einzige Person, die das gesehen hat.

      Fox-Moderatorin: Aber jetzt stehen die Wahlen vor der Tür.

      Bachrach: Die scheinen nicht besonders friedlich zu verlaufen.

      Fox-Moderatorin: Judy, um ehrlich zu sein, ich dachte auch nicht, dass wir heute Morgen über Politik diskutieren würden.

      Bachrach: Ach so! Ich dachte, mir sei erlaubt das zu sagen, was ich sagen möchte...

      Fox-Moderatorin: Wow. Natürlich steht Dir das Recht zu. Lass mich das fragen: Auf was hätten sie (das Weiße Haus, Anmerkung der Red.) verzichten sollen?

      Bachrach: Wie wäre es mit 40 Millionen Dollar? Wir haben Soldaten, denen es nicht gelingt, sich in ihren Humvee-Fahrzeugen zu schützen (die nur teilweise gepanzert sind, Anmerkung der Red.). Sie müssen sich Altmetall-Teile besorgen, um ihre Fahrzeuge zu panzern. Die Fahrzeuge sind den Bomben schutzlos ausgeliefert. Und wir haben einen Präsidenten, der 40 Millionen Dollar ausgibt, um eine Party zu feiern.

      Fox-Moderatorin: Was würdest Du vorschlagen für die Amtseinführung? Wie würdest Du es machen?

      Bachrach: Wie wäre es mit einer bescheidenen Party? Genauso wie es FDR (Roosevelt, Anmerkung der Red.) gemacht hat. Ich denke, Du stimmst zu, dass er ein ziemlich guter Präsident war - mit einem feinen Gespür, was angemessen ist und was nicht. Zehn Partys sind in Kriegszeiten nicht angemessen, wenn gleichzeitig die eigenen Soldaten leichte Beute in sehr schlecht ausgerüsteten Fahrzeugen sind.

      Fox-Moderatorin: Aber hat der Präsident nicht erst gestern seine Unterstützung für die Soldaten gezeigt? Er hat an einer Messe teilgenommen. In den vergangenen Tagen wurden beachtliche Anstrengungen unternommen, um die Truppen zu ehren.

      Bachrach: Die Gebete werden die Soldaten in ihren Fahrzeugen sicherlich schön wärmen und sie beschützen. Ich würde aber lieber sehen, dass das Geld den Soldaten zu Gute kommt, als einem Mann, der zum zweiten Mal Präsident wurde....

      Fox-Moderatorin: Judy Bachrach! Ich denke, wir haben Dir heute Morgen mehr Zeit gegeben, als nötig war, um Deine Sicht der Dinge darzulegen.

      Bachrach: Danke, dass Ihr mich eingeladen habt.

      http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,337878,00.html


      jaja, land of the free
      Avatar
      schrieb am 21.01.05 18:36:43
      Beitrag Nr. 10 ()
      # 4 SittingBull

      Gibt es so etwas wie VOLKSHERRSCHAFT?
      Zumindest die Arbeiter-u und Bauernstatten kamen zumindest theorethisch der Volksherrschaft nahe.
      Es gibt aber auch Leute, die meinen, wenn jeder machen kann, was er will, das ist Demokratie.
      wilbi
      Avatar
      schrieb am 21.01.05 19:06:36
      Beitrag Nr. 11 ()
      Unsinn! Arbeiter- und Bauernstaaten hatten einen effektiven Ein-Parteien-Staat und damit eine supra-strukturierte Herrschaft. Daran ändert sich auch nichts, wenn man die Hierachie-ebenen in eine "Partei" auslagert.

      Wenn alle machten, was sie wollten, wäre das keine Demokratie, sondern Anarchie. Das was ich vertrete.

      Und jetzt komm nicht wieder mit Chaos. Anarchie ist Ordnung ohne Herrschaft. Wer auch immer uns darauf indoktriniert hat, nichts anderes denken zu können, als Chaos, die entstehen soll, wenn nicht mehr von oben über uns verfügt wird, ist ein übler Blender.
      Und macht das wahrscheinlich aus eigenen Interessen.
      Avatar
      schrieb am 21.01.05 21:35:57
      Beitrag Nr. 12 ()
      Sittin,

      ich kann mir nicht vorstellen, daß Du das selbst glaubst, was Du schreibst.
      wilbi
      Avatar
      schrieb am 21.01.05 22:40:27
      Beitrag Nr. 13 ()
      #1,

      nein!:cry:
      Avatar
      schrieb am 21.01.05 22:53:17
      Beitrag Nr. 14 ()
      Das geht mir bei einigen was ich so lesen muss genauso Wilbi. Es gibt so eklatante innere Widersprüche in unseren Systemen, das man schon eine Menge an Realitätsverdrängung braucht, um das zu glauben.


      Z.B. die nie hinterfragte Wachstumsdoktrin.
      Avatar
      schrieb am 22.01.05 01:39:18
      Beitrag Nr. 15 ()
      was der Autor in # 1 nicht begriffen hat, ist daß die Bush-Wahl mit dem religiösen Bekenntnis verbunden ist.

      Jahrzehntelang haben christliche Prediger die "christian values" in den Hirnen der Menschen eingepflanzt. Jetzt ist Erntezeit.

      Wer bibelfrommer Christ ist, muß den Mann wählen, der dies ebenfalls ist. Er hat keine andere Wahl !!!!!!!!!!!!!!

      Gott steht über den Dingen, auch über der Verfassung. Wer Gott am offensichtlichsten huldigt, macht am wenigsten falsch, weil der Allmächtige seine Hand über diesen Präsidenten hält.
      Und wenn doch etwas schiefgeht, ist es eben eine Prüfung.

      Ferner ist die Bibel zur absoluten Wahrheit geworden, Wort für Wort.

      Darum kann die Evolutionstheorie nicht mehr stimmen - sie gehört abgeschafft in den Augen der Bibelfrommen.


      Wer denkt, Bush sei das Problem, hat absolut nichts kapiert.

      Bush´s Erfolg ist nur logischer Bestandteil der christlichen Reformationsbewegung in den USA. Wenn es Bush nicht gäbe, wäre es ein anderer Wiedergeborener, der heute die USA regiert.

      In den USA findet eine massive Gesellschaftsveränderung statt, weil die Bevölkerung das so will, nachdem man sie ethisch-moralisch mittels Religion umerzogen hat !!!!!



      Das begreifen die europäschen Ami-Hasser einfach nicht. Sie operieren immer noch mit veralteten Klischees aus dem kalten Krieg, wo sie mit der Sowjetdiktatur sympathisierten, und deren Propagandaphrasen unreflektiert übernahmen.

      Weder der Kapitalismus, noch der US-Imperialismus, nicht der Irak-Krieg oder die Drohungen gegen den Iran sind das Problem.

      Es ist, daß dieser Gesinnungswandel in den USA die USA selbst bedrohen als freiheitliches Land.

      Die eigentlich gefährlichen Leute in den USA sind die Prediger, ist deren Religiosität, die sich die totalitären Elemente aus der Bibel pickt, und die pazifistisch-toleranten völlig unterschlägt.



      In der BRD sollte uns das US-Beispiel Warnung sein.

      Denn was in den USA die Kirchen, sind hier die Medien.
      Die Besetzung der wichtigsten Informations- und Kommentarquellen mit fast ausschließlich Linken (Wickert, Maischberger, die Blonde im Heute-Journal, die Talkmoderatoren usw. usw.) führt dazu, daß linke Standpunkte als die ethisch-moralisch Richtigen vermittelt werden, und wer sie nicht vertritt, ist unsozial, ausländerfeindlich, usw.
      Das ist das europäsche "Glaubens"-Pendant zur US-Religiosität.


      Die Politik von Rot/Grün bedroht die Freiheiten in der BRD und Europa mindestens genauso, wie Bush als Frontmann der christlichen Frömmler.

      In der BRD ist Demokratie schon jetzt nur noch eingeschränkt möglich, weil elementare Themen nicht öffentlich diskutiert werden dürfen, kein Wahlkampfthema sein sollen, wie insbesondere der Türkei-Beitritt und die Islamisierung Europas.
      Praktisch jede Diskussion, jede Dokumentation, ist einseitig und verfälschend pro islamisch, und somit in der Zielsetzung gegen das GG gerichtet, weil der Islam menschenrechtsfeindlich ist wie keine andere Ideologie.



      In den USA konnten die christlichen Fundamentalisten nur deshalb so erstarken, weil Religionsaufklärung und Kritik vollkommen tabuisiert war und ist.

      In Europa ist das Äquivalent hierzu die Tabuisierung der Unmenschlichkeit und Tyrannei des Islam, dessen Ziele und Geschichte.


      Wenn die Entwicklungen so weitergehen, wird Bush das Oberste Gericht mit christlichen Fundamentalisten besetzen, und in Europa keine offenen Diskussionen mehr möglich sein zu wichtigen Themen, was man scheinheilig mit Schlagworten wie "Antidiskriminierung" - dem Maulkorb schlechthin, durchsetzen wird.

      Am Ende wird die BRD erst rot/grün-mediendiktatorisch, und später islamisch.

      Selbst wenn Bush sich 100% durchsetzt, werden dann die USA gegenüber Europa weitaus humanere Standards aufweisen, aber weit hinter dem liegen, was man heute noch an Freiheit genießt in den USA.

      In Europa wird es mit Freiheit gänzlich vorbei sein, werden sich die repressivsten Normen europäischer Geschichte ausbreiten, auch wenn es vielleicht noch 50-100 Jahre bis dahin dauert - aber länger nicht.
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      schrieb am 22.01.05 02:05:06
      Beitrag Nr. 16 ()
      war amerika jemals eine demokratie???

      hi denali:)
      wird für die meisten u hoch sein:D
      Avatar
      schrieb am 22.01.05 07:28:50
      Beitrag Nr. 17 ()
      Ich kann die Bibel in wenigen Augenblicken für jeden entzaubern- entweder man flüchtet dann förmlich in eine noch tiefere kognitive Dissonanz, wie man sie von Sekten kennt.

      Oder man fängt an nachzudenken.

      *****

      Als abschließende Krönung möchte ich aus der Luther-Bibel zitieren und dies kommentieren, ein Text, der mir durch Christa Mulack ins Auge fiel.
      Warum die Bibel? Nun, ist sie wohl der bedeutendste Zeitzeuge, auch wenn sie gefälscht und manipuliert worden ist durch patriarchale Einflüsse, gelang es dennoch nicht, sie komplett von den matriarchalen Anschauungen zu befreien bzw. diese zu vernichten, wo sie nicht usurpiert wurden.
      Wenn man weiß, wonach man suchen muss, ist sie eine wahre Fundgrube für Anzeichen der gesellschaftlichen Transformation zum Patriarchat.
      Es gibt sogar einen richtigen Wissenschaftszweig dazu, die sog. feminine Exegese, leider vollkommen zu Unrecht unbekannt oder von herkömmlicher Wissenschaft angefeindet, schauen sie mal unter amazon.de zum Stichwort nach!
      Zwar war Luther ein wirklicher Frauenhasser, uns vieles fiel allein schon seiner Übersetzung zum Opfer, was er sich nicht erklären konnte ( Gesellschaften in denen Frauen und Männer die gleichen Rechte haben waren für ihn erwiesenermaßen undenkbar, googlen sie mal ein bischen! ), dennoch liefert dieser Ausschnitt mehr als nur Indizien für die Richtigkeit der o.g. Thesen.

      Hier kommt also nun der Text, aus dem Alten Testament,

      Das Buch Jeremia, ab 44.



      Zitat:
      44:1 Dies ist das Wort, das zu Jeremia geschah an alle Juden, so in Ägyptenland wohnten,
      [ .. ] , und sprach:

      44:2 So spricht der HERR Zebaoth [??], der Gott Israels: Ihr habt gesehen all das Übel, das ich habe kommen lassen über Jerusalem und über alle Städte in Juda; und siehe, heutigestages sind sie wüst, und wohnt niemand darin;


      Der strafende Gott hat wieder zugeschlagen und den Menschen "Prüfungen" und "Strafen" auferlegt! Und zwar in Form der Verwüstung, im wahrsten Sinne des Wortes. Das diese Verwüstung evtl. durch Menschenhand gemacht worden sein könnte, war kein Thema.


      Zitat:
      44:3 und das um ihrer Bosheit willen, die sie taten, daß sie mich erzürnten und hingingen und räucherten und dienten andern Göttern [ ... ]



      Hier sehen wir eine eindeutige Schuldreduktion und Projektion. Weil die Menschen anderen Göttern huldigten, wurden sie betraft. Das es eventuell mit der Art des Lebens in patriarchalen Gesellschaften zu tun hat, weil sie das Leben nicht als heilig empfanden, sondern als Verbrauchsgegenstand konsumierten, die Wälder rodeten, den Ackerbau übertrieben, dass also diese "Strafe" der Verwüstung über die Menschen kam, bleibt so unreflektiert und verborgen, ja es wird sogar noch den matriarchalen Menschen die Schuld in die Schuhe geschoben, weil sie nicht den "richtigen Glauben" hatten!



      Zitat:
      44:4 Und ich sandte stets zu euch alle meine Knechte, die Propheten, und ließ euch sagen: Tut doch nicht solche Greuel, die ich hasse.


      Hört hört, ein "Gott", der haßt. Er haßt das so sehr, das Menschen, die andere Götter neben ihn haben, sogar wiederholt mit Ermordung bedroht. Etwas sehr eifersüchtig, der HERR, nicht wahr?



      Zitat:
      44:5 Aber sie gehorchten nicht, neigten auch ihre Ohren nicht, daß sie von ihrer Bosheit sich bekehrt und andern Göttern nicht geräuchert hätten.



      Sie hatten die Stirn, dem HERRN nicht zu horchen...


      Zitat:
      44:6 Darum ging auch mein Zorn und Grimm an und entbrannte über die Städte Juda`s und über die Gassen zu Jerusalem, daß sie zur Wüste und Öde geworden sind, wie es heutigestages steht.

      44:7 Nun, so spricht der HERR, der Gott Zebaoth, der Gott Israels: Warum tut ihr doch so großes Übel wider euer eigen Leben, damit unter euch ausgerottet werden Mann und Weib, Kind und Säugling aus Juda und nichts von euch übrigbleibe,

      44:8 und erzürnt mich so durch eurer Hände Werke und räuchert andern Göttern in Ägyptenland, dahin ihr gezogen seid, daselbst zu herbergen, auf daß ihr ausgerottet und zum Fluch und zur Schmach werdet unter allen Heiden auf Erden?

      44:9 Habt ihr vergessen das Unglück eurer Väter, das Unglück der Könige Juda`s, das Unglück ihrer Weiber, dazu euer eigenes Unglück und eurer Weiber Unglück, das euch begegnet ist im Lande Juda und auf den Gassen zu Jerusalem?

      44:10 Noch sind sie bis auf diesen Tag nicht gedemütigt, fürchten sich auch nicht und wandeln nicht in meinem Gesetz und den Rechten, die ich euch und euren Vätern vorgestellt habe.

      44:11 Darum spricht der HERR Zebaoth, der Gott Israels, also: Siehe, ich will mein Angesicht wider euch richten zum Unglück, und ganz Juda soll ausgerottet werden.

      44:12 Und ich will die übrigen aus Juda nehmen, so ihr Angesicht gerichtet haben, nach Ägyptenland zu ziehen, daß sie daselbst herbergen; es soll ein Ende mit ihnen allen werden in Ägyptenland. Durchs Schwert sollen sie fallen, und durch Hunger umkommen, beide, klein und groß; sie sollen durch Schwert und Hunger sterben und sollen ein Schwur, Wunder, Fluch und Schmach werden.

      [ ]

      44:15 Da antworteten dem Jeremia alle Männer, die da wohl wußten, daß ihre Weiber andern Göttern räucherten, und alle Weiber, so in großem Haufen dastanden, samt allem Volk, die in Ägyptenland wohnten und in Pathros, und sprachen:


      ... Wie ungewöhnlich für das patriarchale Verständnis, das Frauen mitzureden hatten. Hier erkennen wir ganz klar den Rückschritt, die das Patriarchat vor allem in der Form der Entrechtung der Frauen brachte. Paulus: "Das Weib schweige in der Gemeinde!"
      Hier ist nur von "anderen Göttern" die Rede...


      Zitat:
      44:16 Nach dem Wort, das du im Namen des HERRN uns sagst, wollen wir dir nicht gehorchen;



      Der patriarchale Gott verlang nach Anbetung und duldet niemand neben sich!
      ( Vgl. Jan Asskamp, zum Monismus als "positive" Ausgrenzung )
      Und die Menschen wollen diesen einen Gott nicht- Ich wittere Rebellion, und das gegen einen abstrakten Gott, den man ja gar nicht widerlegen kann, weil er der einzig wahre "Gott" ist!



      Zitat:
      44:17 sondern wir wollen tun nach allem dem Wort, das aus unserem Munde geht, und wollen der Himmelskönigin räuchern und ihr Trankopfer opfern, wie wir und unsre Väter, unsre Könige und Fürsten getan haben in den Städten Juda`s und auf den Gassen zu Jerusalem. Da hatten wir auch Brot genug und ging uns wohl und sahen kein Unglück.


      Der erste interessante Hinweis auf die noch vollkommende Seins-Macht- aus unserem Munde- man ließ sich also den Mund weder verbieten noch etwas hineinlegen, was man selbst nicht dachte. Und dann das: Himmelskönigin!!! Was soll denn das bitteschön sein, wenn nicht ein erstklassiger Hinweis auf ein Matriarchat? Ich kannte bis heute keine Stelle der Bibel, in dem es eine weibliche Gottheit gab. Dazu ist noch einiges zu sagen. Himmelskönigin ist schon sprachlich etwas daneben, weil es aber wohl kein besseres Wort mehr gibt, ist es schon OK. Gerda Weiler spricht gerne von Herrin. Ist auch nicht wirklich richtig. Deshalb dazu von mir einige Anmerkungen.
      Wer hier meint, hier wäre eine Gottheit gemeint, die genauso abstrakt gedacht wird wie der HERR, der irrt. Die Himmelskönigin ist nicht das getrennte, abstrakte, entrückte Etwas wie ein patriarchaler Gott, sondern das konkret erfahrende weibliche Lebensprinzip, das all-eine, das sich in allen Lebensspendender Mütterlichkeit etc. zeigt. So etwas ähnliches meinten die Indianer Nordamerikas mit "Mother Earth", auch Gaia ist ein solches Gedankengebilde.
      Ein weiterer äußerst interessanter Hinweis: es gab genug Brot und niemand sah Unglück- es gab also auch keine Gewalt, wie man daraus schließen kann.



      Zitat:
      44:18 Seit der Zeit aber, daß wir haben abgelassen, der Himmelskönigin zu räuchern und Trankopfer zu opfern, haben wir allen Mangel gelitten und sind durch Schwert und Hunger umgekommen.


      Ein wunderschönes, überzeugendes Beispiel für Knappheitsgesellschaften wie das Patriarchat. Der Mangel mag zwar vorher auch gelegentlich vorgekommen sein, aber in den matriarchalen Gesellschaften war er kein Lebensprinzip.
      Durch Schwert und Hunger umgekommen sind die matriarchalen Menschen anscheinend vorher nicht- wieder passt das hervorragend in die Saharasia-These DeMeos, da Gewalt erst ein Lebensprinzip des Patriarchats wurde.



      Zitat:
      44:19 Auch wenn wir der Himmelskönigin räuchern und opfern, das tun wir ja nicht ohne unserer Männer Willen, daß wir ihr Kuchen backen und Trankopfer opfern, auf daß sie sich um uns bekümmere.


      Interessant- auch die Männer waren matriarchal und hatten den WILLEN dazu, so zu leben.
      Was für eine Schmach für alle die immer noch FrauenHERRschaft im Kopf haben!



      Zitat:
      44:20 Da sprach Jeremia zum ganzen Volk, Männern und Weibern und allem Volk, die ihm so geantwortet hatten:

      44:21 Ich meine ja, der HERR habe gedacht an das Räuchern, so ihr in den Städten Juda`s und auf den Gassen zu Jerusalem getrieben habt samt euren Vätern, Königen, Fürsten und allem Volk im Lande, und hat`s zu Herzen genommen,

      44:22 daß er nicht mehr leiden konnte euren bösen Wandel und die Greuel, die ihr tatet; daher auch euer Land zur Wüste, zum Wunder und zum Fluch geworden ist, daß niemand darin wohnt, wie es heutigestages steht.


      Wieder die Schuldzuweisung, die matriarchalen Menschen wären durch ihr Verhalten selbst schuld, obwohl das völlig irrational ist und es keinen "Beweis" gibt außer dem göttlichen Wort. Und das ist sicher kein Beweis. Die transformatorischen Deformationen des Patriarchats und seine Einhergehende Verwüstung sind also ziemlich real, werden aber den nicht-richtig-Glaubenden in die Schuhe geschoben.



      Zitat:
      44:23 Darum, daß ihr geräuchert habt und wider den HERRN gesündigt und der Stimme des HERRN nicht gehorchtet und in seinem Gesetz, seinen Rechten und Zeugnissen nicht gewandelt habt, darum ist auch euch solches Unglück widerfahren, wie es heutigestages steht.


      Wo sind die Beweise? Es werden nur wiederholt Anschuldigungen erhoben, nicht in Sinne des einen, richtigen Gottes gehandelt zu haben, welches zu der Verwüstung führte.
      Es folgen wiederholt die Drohungen gegen diejenigen, die weiter räuchern oder andere "Opfer" bringen. Bevor wir hier das Wort "Opfer" aus unser heutigen Wahrnehmung falsch deuten- Ein "Opfer" müssen matriarchale Menschen immer bringen, wenn sie den Kreislauf der Natur nicht stören wollen- denn ihnen war bewusst, dass man nicht nur immer nehmen kann, sondern auch etwas geben muss- in der Art etwa wie man Samen "opfern" muss, damit man neues Leben erhält.
      Erst das patriarchale "Menschenopfer" wurde zu einem Hohn auf die Sichtweisen des Ur-Matriarchats- in dem alles Leben heilig war und es noch keine Trennung zwischen profan und sakral gab.




      Zusammenfassung:

      Das Patriarchat stammt aus der Wüste, und verwüstet die Welt ständig weiter - allein durch seine Weltanschauung. Auch wenn das keine Schuldzuweisung sein soll, müssen wir doch endlich begreifen, dass es an den verstetigten Prinzipien des Patriarchats liegt, dass wir Menschen auf diesem Weg sind, und das wir Menschen nicht von Natur aus so rücksichtslos und egoistisch sind- wie heute noch bestehende Matriarchate beweisen.
      Selbst das Alte Testament belegt eindrucksvoll den Übergang vom Matriarchat zum Patriarchat und zeigt, das die damit einhergehende Verwüstung den Menschen zur Last gelegt wurde, die nicht dem richtigen Gott huldigten- dabei war es das neue "Lebensprinzip" des Patriarchats, dass eher den Tod mit sich brachte als das Leben, welches zur Verwüstung führte. So wie heute auch noch. Es hat sich an dem Gedankengebäude rein gar nichts verändert...

      Es wird Zeit für einen Paradigmenwechsel!


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