checkAd

    Das Ende der Spaßgesellschaft - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 14.09.01 17:51:31 von
    neuester Beitrag 17.09.01 13:22:56 von
    Beiträge: 11
    ID: 472.481
    Aufrufe heute: 0
    Gesamt: 476
    Aktive User: 0


     Durchsuchen

    Begriffe und/oder Benutzer

     

    Top-Postings

     Ja Nein
      Avatar
      schrieb am 14.09.01 17:51:31
      Beitrag Nr. 1 ()
      zur Person
      Archiv Roland Leuschel


      Das Ende der Spaßgesellschaft
      Der 11. September 2001 wird in die Annalen der Geschichte eingehen, und er wird das Ende unserer Spaßgesellschaft bedeuten. Wir haben den Konsum vor alles gestellt (immerhin wird zwei Drittel des Bruttosozialproduktes Amerikas in Konsumgütern aller Art erstellt), und wir haben das Kapital oder schlicht einfach das Geld zum allmächtigen und alleinigen Gott erhoben, dem zu opfern wir alles bereit waren. Am 11. September erfolgte ein Angriff auf unsere zivilisierte Gesellschaft. Er war so gewaltig, dass Pietät eigentlich gebietet zu schweigen. Als Kolumnist gebe ich trotzdem einige persönliche Eindrücke weiter, ich bin es auch meiner Familie und meinen Freunden schuldig.

      Der italienische Minister für Außenhandel, Adolfo Urso, hat es so formuliert: „Der Anschlag war eindeutig gegen die Globalisierung gerichtet, die ohnehin seit dem G8-Gipfel in Genua für viele Menschen negativ belastet ist.“ Meiner Ansicht nach ist dieser Angriff vor allem auf die „globale Amerikanisierung“ der Welt gerichtet. Es kann und es wird nie eine kulturelle Globalisierung geben. Es ist daher völliger Unfug mit Hilfe des kapitalistischen Systems die Welt gleichschalten zu wollen, zum Beispiel nach amerikanischen Muster. Die Terroristen von New York und Washington haben uns allen gezeigt, wie verwundbar unsere Welt ist. Schließlich haben wir den Terroristen auch das notwendige Kapital zur Verfügung gestellt, mit dem eine solche Terroraktion finanziert wurde. Die Verdreifachung des Ölpreises seit über einem Jahr kam nicht etwa der Dritten Welt oder den Minderbemittelten unserer Konsumgesellschaft zugute, sondern den reichen Ländern und einigen Mächtigen im Nahen Osten. Die Terroristen haben uns gezeigt, wie dumm und unsinnig es ist, mit hohem Aufwand ein Raketensystem im Weltraum aufbauen zu wollen, das letzten Endes nur einigen großen Gesellschaften Grossaufträge vermittelt. Sie haben gezeigt, es genügt ein paar Verkehrsflugzeuge zu kapern, um das Zentrum des Weltkapitals in Schutt und Asche zu legen. „Es geht geradezu eine biblische Symbolik von dieser entsetzlichen Schicksalswende aus.“ erklärte der Historiker und Nahost-Experte Peter Scholl-Latour.

      Ich empfehle Ihnen, Ihre Anlagestrategie auf Grund dieser neuen Situation zu überdenken und folgende Punkte zu beachten:

      Es erscheint mir notwendiger denn je, einen hohen Anteil von Liquidität zu halten. Außerdem sollten Triple A-Anleihen das Rückgrad ihres Portfeuilles bilden. Ich habe seit mehreren Jahren diese Anlagestrategie immer wieder empfohlen und dafür viel Kritik einstecken müssen. Anfang August (siehe meine Kolumne: Sind in Wirklichkeit die aktuellen Nachbeben nur die Vorbeben für den Mega-Crash? Nicht auszuschließen... ) empfahlen folgende Top-Investmentbanken eine Reduktion der Cash-Position eines Portfeuilles auf null: Deutsche Bank (Ed Yardeni), Goldman Sachs (Abby Joseph Cohen), Lehman (Jeffrey Applegate), Morgan Stanley (Peter Canelo), Salomon Smith Barney (Comité). Jeder der über eine gewisse Lebenserfahrung verfügt, sollte immer einen Teil seiner Anlagen in Liquidität halten, um flexibel zu bleiben und nicht Banken oder anderen Institutionen das Handeln zu überlassen. Das bedeutet natürlich, dass ein Teil des verfügbaren Einkommens nicht konsumiert oder in Aktien investiert wird. Die Spaßgesellschaft dagegen ist nur am kurzfristigen Genuss und an der Gewinnmaximierung ausgerichtet; sie kam vor allen Dingen seit 1996 in Schwung, als die Börsen der Welt mit jährlichen Zuwachsraten von über 15 Prozent den Anlegern vorführten, dass trotz schwachen Wirtschaftswachstum die Aktienkurse in den Himmel wachsen können. Der Hohepriester dieser Spaßgesellschaft, Alan Greenspan, hatte 1997 und 1998 alle Ängste der Anleger vertreiben können, und auch heute wird berichtet, dass es weltweit eine gigantische Liquiditätsversorgung von 80 Milliarden Dollar organisiert, um den Schaden des Angriffes zu kompensieren. Anhänger der Spaßgesellschaft vertrauen ihm, dass auch dieses Mal das Problem mit einer Geldspritze gelöst werden kann und fangen bereits an, Aktien zu kaufen.

      Aber dieses Mal ist es wirklich anders, und es werden Jahre vergehen, bevor die Wunden vernarbt sind und eine neue Gesellschaftsform mit anderen Sicherheitsstandards entsteht. Wir wissen aus der Geschichte, dass aus großen Ereignissen eine neue Kraft entstehen kann, von der wir heute noch keine Ahnung haben. Die Konsequenz aus der letzten Weltwirtschaftskrise in den 30er Jahren war die Wirtschaftspolitik eines Präsidenten Roosevelts mit dem New Deal. Es wird zu einem New Deal kommen, und bis dahin sollten die Anleger konservativ bleiben. Es ist mehr als wahrscheinlich, dass der US-Verbraucher in seinem Zukunftsvertrauen in die Wirtschaft erschüttert ist: Mit anderen Worten, er könnte wieder sparen, denn in Amerika ist die Sparquote zum ersten Mal in diesem Jahr wieder negativ geworden, und der Konsument sah auch die Sinnlosigkeit des Sparens ein, da sein Nettoreichtum (wealth effect) ihn immer reicher werden ließ. Wer also sparte, verhielt sich dumm, denn er konnte en Spaß nicht maximieren. Vergessen wir nicht, dass auch in Deutschland ein mächtiger Vertreter der Spaßgesellschaft, die Dresdner Bank, in kostspieligen Fernsehwerbespots den Leuten klarzumachen versuchte, wie dumm sparen eigentlich ist. Wir dürfen keine Illusionen haben, wenn der US-Verbraucher wieder anfängt zu Sparen, dann bricht die US-Wirtschaft, die ohnehin schon in einer Stagnation ist, ein. Wir werden eine Rezession in Amerika bekommen und mit der Globalisierung wird es eine Weltwirtschaftskrise geben. Ich würde noch keine Neuengagements in Amerika machen, da die Aktienbörse noch zu teuer ist, und der Dollar einbrechen kann, da besonders das Vertrauen der Ausländer in die Stärke und Unverwundbarkeit Amerikas gelitten hat, uns es waren diese Ausländer, die das Rekordleistungsbilanzdefizit von 4,5 % des BSP finanzierten.

      Ich wiederhole meine frühere Empfehlung, US-Aktien erst wieder zu kaufen, wenn der Dow Jones unter 8.000 ist. Aber vielleicht hat auch der von mir sehr geschätzte Marc Faber recht, der in einem Interview in der Zeitung Die Welt vom 5. September den Dow bei 6.000 sieht. (In demselben Interview wiederholte ich meine Prognose von 8.000 für den Dow und 4.000 für den Dax.) In einem muss ich mich allerdings korrigieren. Der jüngste Börsencrash hatte zwar eine Vernichtung des Kapitals von 5.000 Milliarden Dollar verursacht, aber wenn man es genau berechnet, und die heutigen Kurse mit den jeweiligen Höchstkursen ins Verhältnis stellt, war die Kapitalvernichtung noch vier Mal größer.

      Halten Sie Ihr Pulver weiterhin trocken und halten Sie sich an die Empfehlung aus meiner letzten Kolumne vom 4. September : Es wird weltweit von Kaufgelegenheiten bei Aktien nur so wimmeln, und dann – nur dann – sollten Sie Ihren Cash abbauen und den Anteil der Aktien hochfahren!

      Roland Leuschel

      13.09.2001
      Avatar
      schrieb am 14.09.01 17:56:44
      Beitrag Nr. 2 ()
      meine Worte...
      Avatar
      schrieb am 14.09.01 17:58:45
      Beitrag Nr. 3 ()
      Ja.

      Die Funteenies und alle anderen die "sich mit nix ausser
      Spasshaben" auf dieser Welt identifizieren wollten sind
      jäh und rüde aus dem Traum der wunderbaren warmen heilen
      Welt gerissen worden, zurück auf den Boden der tatsachen
      der Realen Welt.
      Avatar
      schrieb am 14.09.01 18:09:24
      Beitrag Nr. 4 ()
      @weehaa

      Sorry, das halte ich für Quatsch. Die "Funteenies" interessiert das Weltgeschehen einen Dreck!

      So lange sie nicht am eigenen Hintern gepackt werden, merken die NICHTS.

      PARA
      Avatar
      schrieb am 14.09.01 18:16:25
      Beitrag Nr. 5 ()
      @ paraneujahr

      da hast du recht.
      Ich dachte dabei auch etwas längerfristig.
      Denn um "fun" zu haben, so wie ihn die Teenies heute
      haben, braucht man wirtschaftlichen Wohlstand, und genau
      der wird wegbrechen. Dazu wird ein sich in den nächsten
      Jahren völlig verändertes bewusstsein in die allgemeinheit
      einprägen die auch die jüngere Generation nicht
      unbeeinflusst lassen wird.

      cu

      Trading Spotlight

      Anzeige
      InnoCan Pharma
      0,2100EUR +5,00 %
      Jetzt in die Doppel-Chance investieren?!mehr zur Aktie »
      Avatar
      schrieb am 14.09.01 18:20:46
      Beitrag Nr. 6 ()
      Für uns Börsianer ist die Fungesellschaft schon seit 18 Monaten zu Ende. Und die RTL2 Partyschiff-Teens interessieren sich wohl kaum für solche Diskussionen.
      Avatar
      schrieb am 14.09.01 20:18:09
      Beitrag Nr. 7 ()
      Das Ende der Spaßgesellschaft begann aber schon mit harald Schmidt!
      Avatar
      schrieb am 14.09.01 20:43:42
      Beitrag Nr. 8 ()
      ein sehr treffender Artikel
      danke burakiye.
      Avatar
      schrieb am 14.09.01 22:29:34
      Beitrag Nr. 9 ()
      @ burakiye

      Türkiye seninle gurur duyuyor.........
      Avatar
      schrieb am 17.09.01 13:05:28
      Beitrag Nr. 10 ()
      guter Artikel
      Avatar
      schrieb am 17.09.01 13:22:56
      Beitrag Nr. 11 ()
      Ist das auch Spaßgesellschaft:
      Mein Patenkind berichtet, das Ihre Freundin in der letzten Realschulklasse ist, und nun 3 Schultage, nach den Ferien die Abschlußfahrt durchgeführt wird, obwohl doch das ganze Schuljahr noch vor Ihnen liegt.
      Das heißt, die evtl. verdiente Belohnung, also die Abschlußfahrt(heißt nun mal so)bekommt die Klasse schon im voraus.
      Wie im richtigen Leben wir bekommen Dinge die wir noch nicht verdient haben.
      "Spaßgesellschaft" oder
      "Man Gönnt sich ja sonst nichts"


      Beitrag zu dieser Diskussion schreiben


      Zu dieser Diskussion können keine Beiträge mehr verfasst werden, da der letzte Beitrag vor mehr als zwei Jahren verfasst wurde und die Diskussion daraufhin archiviert wurde.
      Bitte wenden Sie sich an feedback@wallstreet-online.de und erfragen Sie die Reaktivierung der Diskussion oder starten Sie
      hier
      eine neue Diskussion.
      Das Ende der Spaßgesellschaft