checkAd

    Die vierte Phase hat erst gerade begonnen - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 25.07.02 08:35:44 von
    neuester Beitrag 25.07.02 15:16:29 von
    Beiträge: 4
    ID: 612.077
    Aufrufe heute: 0
    Gesamt: 898
    Aktive User: 0


     Durchsuchen

    Begriffe und/oder Benutzer

     

    Top-Postings

     Ja Nein
      Avatar
      schrieb am 25.07.02 08:35:44
      Beitrag Nr. 1 ()
      "Die vierte Phase hat gerade erst begonnen"

      Eine Spekulationsblase entsteht und platzt in fünf Schritten / Am Ende kommt die Kapitulation, dann Abscheu


      hi. FRANKFURT, 24. Juli. An den Aktienmärkten geht es Schlag auf Schlag nach unten. Die bange Frage, wo das Desaster sein Ende finden könnte, beginnt langsam der schon fatalistisch klingenden Frage zu weichen, wann es endlich vorbei sei. Nur wenige Strategen vermögen überzeugende Antworten zu geben. Die meisten von ihnen haben sich diskreditiert, indem sie noch auf sehr viel höherem Niveau mit Verve das baldige Ende der Liquidationswelle ankündigten. Wer sich mit Anspruch auf Glaubwürdigkeit zur Lage äußert, hat entweder die Baisse von 1973/74 bewußt durchlitten und nichts vergessen. Seither gab es keinen Kursverfall mehr, der dem laufenden ähneln könnte. Oder er hat sich mit einem tiefen Zugriff auf die Historie der klassischen Hausse- und Baissebewegungen angenommen, in die sich die gegenwärtige inzwischen wohl mühelos einreihen läßt.

      James Montier, einer der Strategen von Dresdner Kleinwort Wasserstein, London, hat weit ausgeholt und ist in einer Arbeit unter dem Titel "The Anatomy of a Bubble" dem Entstehen spekulativer Blasen bis hin zu deren Verschwinden nachgegangen. Dabei beleuchtet er die Südsee-Bubble und den ersten Eisenbahn-Boom in Großbritannien ebenso wie die Hausse der zwanziger Jahre an der Wall Street und die Immobilien- und Aktienblase in Japan während der achtziger Jahre. Montier macht auf diesem Weg fünf Phasen aus; es beginnt mit Verwerfungen. Sie würden im allgemeinen von exogenen Schocks ausgelöst, die wiederum Gewinnmöglichkeiten in einigen Sektoren einer Wirtschaft schüfen, andere von solchen Chancen abschnitten. Im jüngsten Fall, der beispiellosen Hausse an den Aktienmärkten, habe eindeutig das Entstehen des Internets mit seinem revolutionären Wandel des Geschäfts- und auch des Privatlebens den externen Schock bereitet.

      Die zweite Phase stehe im Zeichen eines Konjunkturbooms, der durch monetäre Expansion und starkes Kreditwachstum immer weiter vorangetrieben werde. Im vorliegenden Fall sei dies daran abzulesen, daß die Investitionen in den Vereinigten Staaten im Jahr 2000 auf dem Gipfel des Booms fast 19 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausgemacht hätten. Ende der achtziger Jahre habe der Anteil bei nur rund 14 Prozent gelegen. In der dritten Phase komme zu den bereits vorhandenen Anreizen zu höherer Produktion und steigendem Absatz noch die Spekulation hinzu, die auf immerfort steigende Erlöse sowie die ertragsfördernde Nutzung von Krediten setze, das objektiv Mögliche hier aber unter dem Einfluß von Euphorie überschätze.

      Montier führt hierzu näher aus, der Umstand, daß Wertpapieranalysten und Unternehmen zuletzt sehr eng zusammengearbeitet hätten, habe bewirkt, daß die optimistischen Prognosen ersterer durch letztere im wesentlichen abgesegnet worden seien. Das geradezu lächerliche Maß von überzogener Zuversicht der Analysten habe schließlich Ende der neunziger Jahre auch das Management von Unternehmen angesteckt und zur verstärkten Verwendung von Krediten angeregt. Dies sei auch geschehen, um die Voraussagen der Analysten noch zu überbieten. Vor allem die hohe Verschuldung sei ein wesentliches Merkmal der späten neunziger Jahre gewesen.

      Das kritische Stadium, das von finanziellen Schwierigkeiten gekennzeichnet sei, stelle die vierte Phase dar, fährt Montier fort. In den Vereinigten Staaten habe sie eben erst begonnen. Typisch sei, daß in dieser Phase die Insider bei den Unternehmen, die das geschäftliche Geschehen gut überblickten, Kasse machten. Beträchtliche Insider-Verkäufe von Aktien sei das Herausragende an den Jahren 2000 und 2001 gewesen. Der Umstand, daß die Verkäufe dieser Spezies deren Käufe um das Vierfache übertroffen hätten, habe erkennen lassen, wie gering diese Insider die Chancen auf weiter steigende Aktienkurse jeweils auf Sicht von zwölf Monaten eingeschätzt hätten. Hinzu gekommen seien die hinlänglich, aber in ihrer Gesamtheit wohl noch nicht völlig bekannten Betrügereien und andere Fehlbarkeiten, die dem Prozeß noch eine besondere Note verliehen. Nun würden die Ruchlosen an den Pranger gestellt, was auch bewirke, daß Anleger eine ausgeprägte Präferenz für höchstmögliche Liquidität entwickelten.

      Das fünfte und letzte Stadium des Entstehens und Verschwindens einer spekulativen Blase ist nach Darstellung von Montier geprägt von Abscheu der Anleger. Der Schock der Ereignisse, in die sie selbst verstrickt worden seien, sitze bei ihnen so tief, daß sie sich entschlössen, nicht mehr an dem Treiben teilzunehmen. Der heute so häufig verwendete Begriff Kapitulation treffe diese Stimmungslage nicht ganz, denn Kapitulation gehe in der Regel der Abscheu voraus. Derzeit sei aber noch nicht einmal zu erkennen, daß die Anleger wirklich das Handtuch werfen.

      Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.07.2002, Nr. 170 / Seite 17
      Avatar
      schrieb am 25.07.02 08:39:49
      Beitrag Nr. 2 ()
      Wolken über Amerikas Haushalt

      Von Claus Tigges, Washington


      Fast über Nacht hat sich die Finanzlage der amerikanischen Regierung grundlegend gewandelt. Als Präsident George Bush im Frühjahr 2001 im Kongreß für seine umfangreichen Steuersenkungen warb, trübte kein Wölkchen den Himmel über dem amerikanischen Haushalt. Auf einige Billionen Dollar würden sich die Budgetüberschüsse in den kommenden zehn Jahren belaufen, lauteten die Prognosen. Darum gelang es Bush auch schnell, eine Mehrheit für Steuererleichterungen von 1,35 Billionen Dollar, verteilt über zehn Jahre, zu finden.

      Von Budgetüberschüssen ist heute keine Rede mehr. Längst gibt die amerikanische Regierung mehr Geld aus, als sie einnimmt; im laufenden Fiskaljahr ist ein Haushaltsdefizit von 160 Milliarden Dollar zu befürchten. Bezogen auf die Größe der amerikanischen Wirtschaft, nimmt sich dieser Fehlbetrag mit rund 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zwar moderat aus, gleichwohl gibt es Anlaß zur Sorge.

      Da ist zum einen die Geschwindigkeit, mit der sich die Etatlage verschlechtert hat. Im vergangenen Jahr zeigten sich Bush und sein Finanzminister Paul O`Neill noch überzeugt, die Obergrenze für die Staatsverschuldung von 5,95 Billionen Dollar bis 2008 nicht erhöhen zu müssen. Notenbankchef Alan Greenspan dachte damals sogar laut darüber nach, was geschehe, wenn eines Tages der Schuldenberg abgeschmolzen sei und keine Staatsanleihen mehr aufgelegt werden müßten. Solche Überlegungen stellt in Washington nun niemand mehr an. Vor kurzem hat der Kongreß der dringenden Bitte des Finanzministeriums und des Weißen Hauses entsprochen und die Verschuldungsobergrenze um 450 Milliarden Dollar erhöht. Damit ist die Zahlungsfähigkeit der Regierung fürs erste gesichert; schon zum Jahresende aber wird der Kongreß abermals über zusätzliche Schulden zu befinden haben.

      Neben der Geschwindigkeit, mit der sich die Budgetaussichten verdüstert haben, beunruhigen die Ursachen dieser Entwicklung. Der Konjunktureinbruch hat die Gewinne der Unternehmen zusammenschmelzen lassen oder gar in Verluste verkehrt. Zwangsläufig sind auch die Steuereinnahmen gesunken, verstärkt noch durch die Steuersenkungen. Hinzu kommt, daß die trübe Stimmung an den Börsen das Aufkommen der Kapitalertragsteuer erheblich gemindert hat.

      Diese Einnahmeausfälle allerdings geben nicht ernsthaft Anlaß zur Sorge, denn das Steueraufkommen wird sich in dem Maße erhöhen, in dem der Aufschwung Fahrt gewinnt. Bedenklich aber ist die schier ungebremste Ausgabenfreude, die seit Monaten in Washington herrscht und große Löcher in den Haushalt frißt. Nun mag der Kampf gegen den internationalen Terrorismus, der nach den Anschlägen in New York und Washington begonnen hat, zusätzliche Mittel für das Pentagon und die innere Sicherheit erfordern. Präsident Bush hat den Amerikanern zugesichert, diesen Kampf "um jeden Preis" zu gewinnen. Bushs Haushaltsentwurf für das nächste Fiskaljahr, das im Oktober beginnt, sieht einen Verteidigungsetat von 397 Milliarden Dollar vor. Damit hat das Pentagon voraussichtlich 46 Milliarden Dollar mehr als in diesem Jahr zur Verfügung. Das gestiegene Sicherheitsbedürfnis der Amerikaner aber wird kaum durch Einsparungen an anderer Stelle finanziert. Statt dessen werden neue Milliarden nahezu im Zurufverfahren bewilligt - sei es als Hilfe für die amerikanischen Fluggesellschaften oder für die Landwirte, die sich in den kommenden zehn Jahren auf 73 zusätzliche Milliarden freuen dürfen.

      Die Schuld an der unsoliden Finanzpolitik trifft freilich nicht nur die Regierung Bush. Auch der Kongreß macht munter einen Topf nach dem anderen auf und trägt dazu bei, daß die Ausgaben nach drei Vierteln des laufenden Haushaltsjahres gut zehn Prozent höher sind als im Vorjahreszeitraum. Vor den wichtigen Kongreßwahlen im November, bei denen die Republikaner ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus verteidigen und sie im Senat zurückgewinnen wollen, wittert so mancher Abgeordnete die Gelegenheit, lange zugesagte Versprechen an die Wähler einzulösen.

      Für die amerikanische Wirtschaft, deren erwartete rasche Erholung inzwischen durch die schlechte Stimmung an den Börsen gefährdet erscheint, sind die Haushaltsdefizite der kommenden Jahre eher eine Last als ein zusätzlicher Impuls. Die neuen Anleihen, die das Finanzministerium ausgeben wird, werden Kapital aus produktiveren Verwendungen abziehen und so die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft langfristig schmälern. Zugleich ist klar, daß die Defizite irgendwann bezahlt werden müssen, sei es durch höhere Steuern oder kräftige Ausgabensenkungen. Beides ist auch in Washington nicht besonders populär.

      Hinzu kommt: Das defizittreibende Wachstum des Regierungsapparats geschieht auf Kosten der persönlichen Freiheit. Die Liste staatlicher Eingriffe in den Alltag und das Wirtschaftsleben ist lang. Sie beginnt bei der Milliardenhilfe für Fluggesellschaften, reicht über die Verstaatlichung der Sicherheitskontrollen an Flughäfen und endet noch lange nicht bei der Übernahme von Versicherungsrisiken bei Terroranschlägen durch den Staat. All dies wie auch die Strafzölle auf günstigen ausländischen Stahl und die Subventionen für Amerikas Landwirte sind Ausdruck einer Politik, die Bush zu verhindern gelobt hatte.

      "Big Government", so hatte Präsident Bush im Wahlkampf versprochen, werde mit ihm keine Chance haben. Nun ist es anders gekommen. Längst nicht alles, was in diesen Tagen in Washington beschlossen wird, läßt sich mit dem unvermeidlichen Kampf gegen den Terrorismus rechtfertigen. Das Vertrauen auf die Kräfte des Marktes und eine gesunde Skepsis gegenüber staatlicher Einmischung haben Amerika den großen wirtschaftlichen Erfolg der neunziger Jahre beschert. Von diesem Weg sollte es sich weder durch die jüngsten Skandale in der Rechnungslegung noch durch die Terroranschläge abbringen lassen.

      Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.07.2002, Nr. 170 / Seite 9
      Avatar
      schrieb am 25.07.02 08:58:21
      Beitrag Nr. 3 ()
      Stimmt !
      Leider !!
      Avatar
      schrieb am 25.07.02 15:16:29
      Beitrag Nr. 4 ()
      glaubt hier eigentlich wirlich einer daran, daß die Fond und Big Player plötzlich über Nacht wieder Geld zur Verfügung haben um den Markt nach oben zu treiben?
      Das die Mittelabflüsse plötzlich wieder in Zuflüsse sich wandeln? Das der Staatsbankrott der USA sich über Nacht in eine Überschuß gewandelt hat, daß der bevorstehende Irak Krieg wegen steigender Kurse kurzer Hand abgeblasen wird :D: :D:
      Oder gar, der Kleinanleger ungeahnte Geldvorkommen unter den "Bett" entdeckt hat, um Aktien zu kaufen? Und überhaupt, wenn stört die Privatverschuldung der US-Bürger.


      Beitrag zu dieser Diskussion schreiben


      Zu dieser Diskussion können keine Beiträge mehr verfasst werden, da der letzte Beitrag vor mehr als zwei Jahren verfasst wurde und die Diskussion daraufhin archiviert wurde.
      Bitte wenden Sie sich an feedback@wallstreet-online.de und erfragen Sie die Reaktivierung der Diskussion oder starten Sie
      hier
      eine neue Diskussion.
      Die vierte Phase hat erst gerade begonnen