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    Ethik, Moral, warum gibt es sie, ? ? ? Wenn ja, warum, weshalb wieseo ? ? ? - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 25.05.02 13:35:38 von
    neuester Beitrag 25.05.02 18:37:53 von
    Beiträge: 49
    ID: 590.220
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      Avatar
      schrieb am 25.05.02 13:35:38
      Beitrag Nr. 1 ()
      :):):)Hallo Ihr lieben Boardmitglieder!!!:):):)


      Vor kurzem hörte ich einen Bericht von einem Firmenboss, der in den USA die Verantwortung für rund 80.000 Arbeitsplätze hat. Diesem wurden von einer Reporterin verschiedene Fragen gestellt die auf das Thema Moral und Ethik zielten. Die Kernfrage die gestellt wurde war, wozu Moral und Ethik überhaubt gut sind, was sie in diesem Zusammenhang bedeuten und warum diese geschaffen wurde.


      Kurzum, Moral und Ethik, was ist´n das ? ? ?



      Betrachtet man diese beiden Begriffe, dann kann man eine Gesprächsrunde vielleicht mit zwei Kurzdefinitionen am besten beginnen.


      Der kleine Duden sagt zu Ethik: -- Ethik ist die Lehre vom sittlichen Wollen und Handeln --


      Zu Moral sagt der kleine Duden: -- 1.System sittlicher Grundsätze und Normen, Sittenlehre. 2. das sittliche Verhalten eines einzelnen oder einer Gruppe. 3. Einsatzbereitschaft, Kampfgeist. 4. lehrreiche Nutzanwendung.






      Für eine Diskussion hierüber, sollten wir uns zunächst mit dem Begriff -- Sitte -- befassen und klären, was -- Sitte -- eigentlich ist und ob der Begriff eine Tragweite hat, die wir vielleicht jetzt noch nicht erkennen können, weil unsere Horizonte noch nicht die mehrdimensionale Tiefe dieses und der anderen Begriffe fassen können.



      :):):)Auf eine gute und reichhaltige Diskussion die uns alle ein bisschen weiter bringt:):):)


      Liebe Grüße KR:look:


      :D:D:DP.S. Ich bin kein Apostel, werder für Sitte noch Moral und lasse alle ernstgemeinten Stellungnahmen gelten ! ! !:D:D:D
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 13:41:24
      Beitrag Nr. 2 ()
      Es gibt weder Ethik noch Moral.:)

      Es gibt nur eine vorherrschende Meinung.:rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 13:49:46
      Beitrag Nr. 3 ()
      Ethik und Moral ist die Begründung der Schwachen, warum man sie nicht hauen darf, obwohl man eigentlich könnte.
      jem
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 13:51:45
      Beitrag Nr. 4 ()
      @jem

      Am schlimmsten sind die Brillenträger.:mad:
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 14:05:09
      Beitrag Nr. 5 ()
      @antarra
      falsch. am schlimmsten sind immer die lehrer. :mad:
      einigen wir uns aus brillentragende lehrer. :mad:
      jem

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      schrieb am 25.05.02 14:21:06
      Beitrag Nr. 6 ()
      Fängt ja ganz gut an, aber was ist eigentlich mit Sitte

      Was ist Sitte, was bewirkt das ? ? ?

      Ist es sittlich seine Frau zu schlagen (auch wenn sie keine Brille trägt:D), ist es sittlich auf der Straße jemanden anzuspucken, ist es sittlich den Zeugen Jehowas 1000€ zu spenden oder ein Kind aus der 3. Welt 50€ monatlich über eine Missio Aktion zu schicken, damit es Bildung erfährt???




      SITTE, was´n das´n ???:confused:





      KR:look:
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 14:26:06
      Beitrag Nr. 7 ()
      Ist es sittlich seine Frau zu schlagen
      Kommt darauf an, ob sie Widerworte gegeben hat.

      Auf die Sitte wird immer dann verwiesen, wenn der betreffende zur Ausführung der gewünschten handung zu verklemmt ist.

      Spenden hat auch nix mit sittlich zu tun, eher mit Doofheit und das man sich selber ganz arg toll fühlt und für die nächste Mastrubationshandlung ein topic hat.

      Bin ich hier der Boardphilosoph, oder was?

      jem
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 14:31:44
      Beitrag Nr. 8 ()
      Neee, mal echt getz,


      warum sollen wir uns an Sitten halten??

      Folgendes, jem, Du wirst von einer mordenden und brandschatzenden Bande heimgesucht, benimmt diese sich den "guten Sitten" entsprechend??

      KR:confused:
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 15:16:24
      Beitrag Nr. 9 ()
      was sagt der duden zu sitte?
      ist mir zwar egal, da ich den kerl nicht kenne.
      versuchs vielleicht so:
      sitte = tradition
      ok so könnte es interessant werden aus meiner sicht.
      tradition = kampf zum überleben= was überlebt = tradition = sitte
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 15:28:17
      Beitrag Nr. 10 ()
      Hallo Brunooooooo,

      interessantes Gleichnis, oder ehr interessante Gleichung??:confused:

      Also, Sitte=Tradition, stimmt das???



      KR:look:
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 15:32:08
      Beitrag Nr. 11 ()
      Also, was sind die sogenannten Sitten ? ? ?


      KR:confused:
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 15:36:26
      Beitrag Nr. 12 ()
      lol wird ja sehr interessant
      sitte = usus = üblich?
      stimmt das?
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 15:38:39
      Beitrag Nr. 13 ()
      ok wenn ne andere antwort willst
      geh zu kuehe,
      der weiss alles über dieses thema lol
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 15:41:50
      Beitrag Nr. 14 ()
      Ha, tarammtammtammtammtei wie wärs denn mit uns Zwei.
      Tarammtammtammtammtei, SITTENPOLIZEI!!
      :laugh:
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 15:42:17
      Beitrag Nr. 15 ()
      Neee,
      komm´ mir nich´ mit Kuehe, den hab ich schon geschächtet!!!:laugh:


      KR:cool:
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 15:49:39
      Beitrag Nr. 16 ()
      @Tütensuppe ohne Ü!!!

      Sittenpolizei, was´n das´n nu´ scho´ wieder


      KR:cool:
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 15:54:07
      Beitrag Nr. 17 ()
      ha,
      kann dich verstehen,
      schade,
      kuehe nützt uns allen sehr viel.
      so viel hilfbereitschaft wie kuehe hat,
      so was bring ich net hin.
      oder hast du schon jemanden so viel geholfen dass er die gesetze und diesen gott von den israeilis akzeptiert?
      ehrlich ich kann das net.
      komisch , irgendwie schon komisch, der papst, der hat sich in rom eingenistet, warum ist der net in jerusalem?
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 16:00:35
      Beitrag Nr. 18 ()
      @Brunooo


      Frag ich mich auch...:confused:


      Also, nochmal, der Duden (zumindest meiner) gibt nichts her zum Thema SITTEN. Also, was sind die sogenannten SITTEN, gibt´s eine Definition von amtlicher Seite???


      KR:look:
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 16:01:37
      Beitrag Nr. 19 ()
      Waren die noch nicht an Deiner Tür?
      Aufmachen!!
      Die Sitte passt auf das Du Dir von den Junghühnern(vorher) den Ausweis zeigen lässt.
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 16:05:47
      Beitrag Nr. 20 ()
      :eek::eek::eek:


      SOLCHE LASS ICH NICHT REIN!!!!!!!!!!!:eek::eek::eek:


      KR:eek:
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 16:11:05
      Beitrag Nr. 21 ()
      SITTEN ... SITTIN ... SITTIN BULL INV

      fragt ihn, er weiss alles!
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 16:20:07
      Beitrag Nr. 22 ()
      @großerkurzer



      Der weiß nix!



      Sitt´n Bull Ivers:confused:




      Was soll das sein, eine respektlose Person???:D:D:D


      War das nicht so eine tragische Indianerfigur:confused:


      KR
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 16:38:56
      Beitrag Nr. 23 ()
      @bigshorty
      Wenn Du nicht weiterweisst hast Du ja noch den Telefonjoker:).
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 16:40:38
      Beitrag Nr. 24 ()
      @Ttensuppe Es ist NOCH schlimmer: ich versteh dich überhaupt nicht :cry:
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 16:40:45
      Beitrag Nr. 25 ()
      @all





      Also, nochmal, es geht um SITTE, wer weiß was SITTE ist oder die SITTEN sind???



      Genaue Definition bitte!!!:cool:






      KR
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 16:46:34
      Beitrag Nr. 26 ()
      @großkleiner





      :eek::eek::eek: Sach blos Du hast den fifftyfiffty Joker noch???




      KR
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 16:48:06
      Beitrag Nr. 27 ()
      Sitten sind Luxus.
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 16:52:48
      Beitrag Nr. 28 ()
      Ethik und Moral ist das, was jeder vom anderen erwartet, aber selbst kaum noch besitzt :eek:
      Von daher weiß eigentlich jeder, was er zu erwarten hat :laugh::laugh:
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 16:53:18
      Beitrag Nr. 29 ()


      Ahhhhh, Aleister, Du hier????:eek::eek::eek:


      Uiiii, solch hoher Besuch!!!:eek::eek::eek:


      Was mach unser Freund T.L. kreist der immernoch, der sollte doch wieder runter kommen, ich hab da noch 30 Liter!!!

      KR
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 16:55:03
      Beitrag Nr. 30 ()


      @Kalle,

      SITTEN, es geht um SITTEN ! ! !


      Nicht um Deine, nein, es geht um "DIE SITTE ODER DIE SITTEN" ! ! !


      KR
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 16:58:27
      Beitrag Nr. 31 ()
      Wie...Was??? Thema verfehlt...6...setzen :laugh:
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 17:01:34
      Beitrag Nr. 32 ()
      @Kalle

      :laugh::laugh::laugh:


      Ne sechs in Philo...:eek:

      KR
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 17:02:41
      Beitrag Nr. 33 ()
      Immanuel Kant

      (1724 - 1804)

      GRUNDLEGUNG
      ZUR METAPHYSIK DER SITTEN




      Rescogitans
      Philosophical Library

      Electronic edition © 1997



      Erster Abschnitt

      Übergang von der gemeinen sittlichen
      Vernunfterkenntniß zur philosophischen

      Es ist überall nichts in der Welt, ja überhaupt auch außer derselben zu denken möglich, was ohne Einschränkung für gut könnte gehalten werden, als allein ein guter Wille. Verstand, Witz, Urtheilskraft und wie die Talente des Geistes sonst heißen mögen, oder Muth, Entschlossenheit, Beharrlichkeit im Vorsatze als Eigenschaften des Temperaments sind ohne Zweifel in mancher Absicht gut und wünschenswerth; aber sie können auch äußerst böse und schädlich werden, wenn der Wille, der von diesen Naturgaben Gebrauch machen soll und dessen eigenthümliche Beschaffenheit darum Charakter heißt, nicht gut ist. Mit den Glücksgaben ist es eben so bewandt. Macht, Reichthum, Ehre, selbst Gesundheit und das ganze Wohlbefinden und Zufriedenheit mit seinem Zustande unter dem Namen der Glückseligkeit machen Muth und hiedurch öfters auch Übermuth, wo nicht ein guter Wille da ist, der den Einfluß derselben aufs Gemüth und hiemit auch das ganze Princip zu handeln berichtige und allgemein-zweckmäßig mache; ohne zu erwähnen, daß ein vernünftiger unparteiischer Zuschauer sogar am Anblicke eines ununterbrochenen Wohlergehens eines Wesens, das kein Zug eines reinen und guten Willens ziert, nimmermehr ein Wohlgefallen haben kann, und so der gute Wille die unerlaßliche Bedingung selbst der Würdigkeit glücklich zu sein auszumachen scheint.

      Einige Eigenschaften sind sogar diesem guten Willen selbst beförderlich und können sein Werk sehr erleichtern, haben aber dem ungeachtet keinen innern unbedingten Werth, sondern setzen immer noch einen guten Willen voraus, der die Hochschätzung, die man übrigens mit Recht für sie trägt, einschränkt und es nicht erlaubt, sie für schlechthin gut zu halten. Mäßigung in Affecten und Leidenschaften, Selbstbeherrschung und nüchterne Überlegung sind nicht allein in vielerlei Absicht gut, sondern scheinen sogar einen Theil vom innern Werthe der Person auszumachen; allein es fehlt viel daran, um sie ohne Einschränkung für gut zu erklären (so unbedingt sie auch von den Alten gepriesen worden). Denn ohne Grundsätze eines guten Willens können sie höchst böse werden, und das kalte Blut eines Bösewichts macht ihn nicht allein weit gefährlicher, sondern auch unmittelbar in unsern Augen noch verabscheuungswürdiger, als er ohne dieses dafür würde gehalten werden.

      Der gute Wille ist nicht durch das, was er bewirkt oder ausrichtet, nicht durch seine Tauglichkeit zur Erreichung irgend eines vorgesetzten Zweckes, sondern allein durch das Wollen, d. i. an sich, gut und, für sich selbst betrachtet, ohne Vergleich weit höher zu schätzen als alles, was durch ihn zu Gunsten irgend einer Neigung, ja wenn man will, der Summe aller Neigungen nur immer zu Stande gebracht werden könnte. Wenn gleich durch eine besondere Ungunst des Schicksals, oder durch kärgliche Ausstattung einer stiefmütterlichen Natur es diesem Willen gänzlich an Vermögen fehlte, seine Absicht durchzusetzen; wenn bei seiner größten Bestrebung dennoch nichts von ihm ausgerichtet würde, und nur der gute Wille (freilich nicht etwa als ein bloßer Wunsch, sondern als die Aufbietung aller Mittel, so weit sie in unserer Gewalt sind) übrig bliebe: so würde er wie ein Juwel doch für sich selbst glänzen, als etwas, das seinen vollen Werth in sich selbst hat. Die Nützlichkeit oder Fruchtlosigkeit kann diesem Werthe weder etwas zusetzen, noch abnehmen. Sie würde gleichsam nur die Einfassung sein, um ihn im gemeinen Verkehr besser handhaben zu können, oder die Aufmerksamkeit derer, die noch nicht gnug Kenner sind, auf sich zu ziehen, nicht aber um ihn Kennern zu empfehlen und seinen Werth zu bestimmen.

      Es liegt gleichwohl in der Idee von dem absoluten Werthe des bloßen Willens, ohne einigen Nutzen bei Schätzung desselben in Anschlag zu bringen, etwas so Befremdliches, daß unerachtet aller Einstimmung selbst der gemeinen Vernunft mit derselben dennoch ein Verdacht entspringen muß, daß vielleicht bloß hochfliegende Phantasterei insgeheim zum Grunde liege, und die Natur in ihrer Absicht, warum sie unserm Willen Vernunft zur Regiererin beigelegt habe, falsch verstanden sein möge. Daher wollen wir diese Idee aus diesem Gesichtspunkte auf die Prüfung stellen.

      In den Naturanlagen eines organisirten, d. i. zweckmäßig zum Leben eingerichteten, Wesens nehmen wir es als Grundsatz an, daß kein Werkzeug zu irgend einem Zwecke in demselben angetroffen werde, als was auch zu demselben das schicklichste und ihm am meisten angemessen ist. Wäre nun an einem Wesen, das Vernunft und einen Willen hat, seine Erhaltung, sein Wohlergehen, mit einem Worte seine Glückseligkeit, der eigentliche Zweck der Natur, so hätte sie ihre Veranstaltung dazu sehr schlecht getroffen, sich die Vernunft des Geschöpfs zur Ausrichterin dieser ihrer Absicht zu ersehen. Denn alle Handlungen, die es in dieser Absicht auszuüben hat, und die ganze Regel seines Verhaltens würden ihm weit genauer durch Instinct vorgezeichnet und jener Zweck weit sicherer dadurch haben erhalten werden können, als es jemals durch Vernunft geschehen kann, und sollte diese ja obenein dem begünstigten Geschöpf ertheilt worden sein, so würde sie ihm nur dazu haben dienen müssen, um über die glückliche Anlage seiner Natur Betrachtungen anzustellen, sie zu bewundern, sich ihrer zu erfreuen und der wohlthätigen Ursache dafür dankbar zu sein; nicht aber, um sein Begehrungsvermögen jener schwachen und trüglichen Leitung zu unterwerfen und in der Naturabsicht zu pfuschen; mit einem Worte, sie würde verhütet haben, daß Vernunft nicht in praktischen Gebrauch ausschlüge und die Vermessenheit hätte, mit ihren schwachen Einsichten ihr selbst den Entwurf der Glückseligkeit und der Mittel dazu zu gelangen auszudenken; die Natur würde nicht allein die Wahl der Zwecke, sondern auch der Mittel selbst übernommen und beide mit weiser Vorsorge lediglich dem Instincte anvertraut haben.

      In der That finden wir auch, daß, je mehr eine cultivirte Vernunft sich mit der Absicht auf den Genuß des Lebens und der Glückseligkeit abgiebt, desto weiter der Mensch von der wahren Zufriedenheit abkomme, woraus bei vielen und zwar den Versuchtesten im Gebrauche derselben, wenn sie nur aufrichtig genug sind, es zu gestehen, ein gewisser Grad von Misologie, d. i. der Haß der Vernunft, entspringt, weil sie nach dem Überschlage alles Vortheils, den sie, ich will nicht sagen von der Erfindung aller Künste des gemeinen Luxus, sondern sogar von den Wissenschaften (die ihnen am Ende auch ein Luxus des Verstandes zu sein scheinen) ziehen, dennoch finden, daß sie sich in der That nur mehr Mühseligkeit auf den Hals gezogen, als an Glückseligkeit gewonnen haben und darüber endlich den gemeinen Schlag der Menschen, welcher der Leitung des bloßen Naturinstincts näher ist, und der seiner Vernunft nicht viel Einfluß auf sein Thun und Lassen verstattet, eher beneiden als geringschätzen. Und so weit muß man gestehen, daß das Urtheil derer, die die ruhmredige Hochpreisungen der Vortheile, die uns die Vernunft in Ansehung der Glückseligkeit und Zufriedenheit des Lebens verschaffen sollte, sehr mäßigen und sogar unter Null herabsetzen, keineswegs grämisch, oder gegen die Güte der Weltregierung undankbar sei, sondern daß diesen Urtheilen ingeheim die Idee von einer andern und viel würdigern Absicht ihrer Existenz zum Grunde liege, zu welcher und nicht der Glückseligkeit die Vernunft ganz eigentlich bestimmt sei, und welcher darum als oberster Bedingung die Privatabsicht des Menschen größtentheils nachstehen muß.

      Denn da die Vernunft dazu nicht tauglich genug ist, um den Willen in Ansehung der Gegenstände desselben und der Befriedigung aller unserer Bedürfnisse (die sie zum Theil selbst vervielfältigt) sicher zu leiten, als zu welchem Zwecke ein eingepflanzter Naturinstinct viel gewisser geführt haben würde, gleichwohl aber uns Vernunft als praktisches Vermögen, d. i. als ein solches, das Einfluß auf den Willen haben soll, dennoch zugetheilt ist: so muß die wahre Bestimmung derselben sein, einen nicht etwa in anderer Absicht als Mittel, sondern an sich selbst guten Willen hervorzubringen, wozu schlechterdings Vernunft nöthig war, wo anders die Natur überall in Austheilung ihrer Anlagen zweckmäßig zu Werke gegangen ist. Dieser Wille darf also zwar nicht das einzige und das ganze, aber er muß doch das höchste Gut und zu allem Übrigen, selbst allem Verlangen nach Glückseligkeit die Bedingung sein, in welchem Falle es sich mit der Weisheit der Natur gar wohl vereinigen läßt, wenn man wahrnimmt, daß die Cultur der Vernunft, die zur erstern und unbedingten Absicht erforderlich ist, die Erreichung der zweiten, die jederzeit bedingt ist, nämlich der Glückseligkeit, wenigstens in diesem Leben auf mancherlei Weise einschränke, ja sie selbst unter Nichts herabbringen könne, ohne daß die Natur darin unzweckmäßig verfahre, weil die Vernunft, die ihre höchste praktische Bestimmung in der Gründung eines guten Willens erkennt, bei Erreichung dieser Absicht nur einer Zufriedenheit nach ihrer eigenen Art, nämlich aus der Erfüllung eines Zwecks, den wiederum nur Vernunft bestimmt, fähig ist, sollte dieses auch mit manchem Abbruch, der den Zwecken der Neigung geschieht, verbunden sein.

      Um aber den Begriff eines an sich selbst hochzuschätzenden und ohne weitere Absicht guten Willens, so wie er schon dem natürlichen gesunden Verstande beiwohnt und nicht sowohl gelehrt als vielmehr nur aufgeklärt zu werden bedarf, diesen Begriff, der in der Schätzung des ganzen Werths unserer Handlungen immer obenan steht und die Bedingung alles übrigen ausmacht, zu entwickeln: wollen wir den Begriff der Pflicht vor uns nehmen, der den eines guten Willens, obzwar unter gewissen subjectiven Einschränkungen und Hindernissen, enthält, die aber doch, weit gefehlt daß sie ihn verstecken und unkenntlich machen sollten, ihn vielmehr durch Abstechung heben und desto heller hervorseheinen lassen.

      Ich übergehe hier alle Handlungen, die schon als pflichtwidrig erkannt werden, ob sie gleich in dieser oder jener Absicht nützlich sein mögen; denn bei denen ist gar nicht einmal die Frage, ob sie aus Pflicht geschehen sein mögen, da sie dieser sogar widerstreiten. Ich setze auch die Handlungen bei Seite, die wirklich pflichtmäßig sind, zu denen aber Menschen unmittelbar keine Neigung haben, sie aber dennoch ausüben, weil sie durch eine andere Neigung dazu getrieben werden. Denn da läßt sich leicht unterscheiden, ob die pflichtmäßige Handlung aus Pflicht oder aus selbstsüchtiger Absicht geschehen sei. Weit schwerer ist dieser Unterschied zu bemerken, wo die Handlung pflichtmäßig ist und das Subject noch überdem unmittelbare Neigung zu ihr hat. Z. B. ist es allerdings pflichtmäßig, daß der Krämer seinen unerfahrnen Käufer nicht übertheure, und, wo viel Verkehr ist, thut dieses auch der kluge Kaufmann nicht, sondern hält einen festgesetzten allgemeinen Preis für jedermann, so daß ein Kind eben so gut bei ihm kauft, als jeder andere. Man wird also ehrlich bedient; allein das ist lange nicht genug, um deswegen zu glauben, der Kaufmann habe aus Pflicht und Grundsätzen der Ehrlichkeit so verfahren; sein Vortheil erforderte es; daß er aber überdem noch eine unmittelbare Neigung zu den Käufern haben sollte, um gleichsam aus Liebe keinem vor dem andern im Preise den Vorzug zu geben, läßt sich hier nicht annehmen. Also war die Handlung weder aus Pflicht, noch aus unmittelbarer Neigung, sondern bloß in eigennütziger Absicht geschehen.

      Dagegen sein Leben zu erhalten, ist Pflicht, und überdem hat jedermann dazu noch eine unmittelbare Neigung. Aber um deswillen hat die oft ängstliche Sorgfalt, die der größte Theil der Menschen dafür trägt, doch keinen innern Werth und die Maxime derselben keinen moralischen Gehalt. Sie bewahren ihr Leben zwar pflichtmäßig aber nicht aus Pflicht. Dagegen wenn Widerwärtigkeiten und hoffnungsloser Gram den Geschmack am Leben gänzlich weggenommen haben; wenn der Unglückliche, stark an Seele, über sein Schicksal mehr entrüstet als kleinmüthig oder niedergeschlagen, den Tod wünscht und sein Leben doch erhält, ohne es zu lieben, nicht aus Neigung oder Furcht, sondern aus Pflicht: alsdann hat seine Maxime einen moralischen Gehalt.

      Wohlthätig sein, wo man kann, ist Pflicht, und überdem giebt es manche so theilnehmend gestimmte Seelen, daß sie auch ohne einen andern Bewegungsgrund der Eitelkeit oder des Eigennutzes ein inneres Vergnügen daran finden, Freude um sich zu verbreiten, und die sich an der Zufriedenheit anderer, so fern sie ihr Werk ist, ergötzen können. Aber ich behaupte, daß in solchem Falle dergleichen Handlung, so pflichtmäßig, so liebenswürdig sie auch ist, dennoch keinen wahren sittlichen Werth habe, sondern mit andern Neigungen zu gleichen Paaren gehe, z. E. der Neigung nach Ehre, die, wenn sie glücklicherweise auf das trifft, was in der That gemeinnützig und pflichtmäßig, mithin ehrenwerth ist, Lob und Aufmunterung, aber nicht Hochschätzung verdient; denn der Maxime fehlt der sittliche Gehalt, nämlich solche Handlungen nicht aus Neigung, sondern aus Pflicht zu thun. Gesetzt also, das Gemüth jenes Menschenfreundes wäre vom eigenen Gram umwölkt, der alle Theilnehmung an anderer Schicksal auslöscht, er hätte immer noch Vermögen, andern Nothleidenden wohlzuthun, aber fremde Noth rührte ihn nicht, weil er mit seiner eigenen gnug beschäftigt ist, und nun, da keine Neigung ihn mehr dazu anreizt, risse er sich doch aus dieser tödtlichen Unempfindlichkeit heraus und thäte die Handlung ohne alle Neigung, lediglich aus Pflicht, alsdann hat sie allererst ihren ächten moralischen Werth. Noch mehr: wenn die Natur diesem oder jenem überhaupt wenig Sympathie ins Herz gelegt hätte, wenn er (übrigens ein ehrlicher Mann) von Temperament kalt und gleichgültig gegen die Leiden anderer wäre, vielleicht weil er, selbst gegen seine eigene mit der besondern Gabe der Geduld und aushaltenden Stärke versehen, dergleichen bei jedem andern auch voraussetzt, oder gar fordert; wenn die Natur einen solchen Mann (welcher wahrlich nicht ihr schlechtestes Product sein würde) nicht eigentlich zum Menschenfreunde gebildet hätte, würde er denn nicht noch in sich einen Quell finden, sich selbst einen weit höhern Werth zu geben, als der eines gutartigen Temperaments sein mag? Allerdings! gerade da hebt der Werth des Charakters an, der moralisch und ohne alle Vergleichung der höchste ist, nämlich daß er wohlthue, nicht aus Neigung, sondern aus Pflicht.

      Seine eigene Glückseligkeit sichern, ist Pflicht (wenigstens indirect), denn der Mangel der Zufriedenheit mit seinem Zustande in einem Gedränge von vielen Sorgen und mitten unter unbefriedigten Bedürfnissen könnte leicht eine große Versuchung zu Übertretung der Pflichten werden. Aber auch ohne hier auf Pflicht zu sehen, haben alle Menschen schon von selbst die mächtigste und innigste Neigung zur Glückseligkeit, weil sich gerade in dieser Idee alle Neigungen zu einer Summe vereinigen. Nur ist die Vorschrift der Glückseligkeit mehrentheils so beschaffen, daß sie einigen Neigungen großen Abbruch thut und doch der Mensch sich von der Summe der Befriedigung aller unter dem Namen der Glückseligkeit keinen bestimmten und sichern Begriff machen kann; daher nicht zu verwundern ist, wie eine einzige in Ansehung dessen, was sie verheißt, und der Zeit, worin ihre Befriedigung erhalten werden kann, bestimmte Neigung eine schwankende Idee überwiegen könne, und der Mensch, z. B. ein Podagrist, wählen könne, zu genießen, was ihm schmeckt, und zu leiden, was er kann, weil er nach seinem Überschlage hier wenigstens sich nicht durch vielleicht grundlose Erwartungen eines Glücks, das in der Gesundheit stecken soll, um den Genuß des gegenwärtigen Augenblicks gebracht hat, Aber auch in diesem Falle, wenn die allgemeine Neigung zur Glückseligkeit seinen Willen nicht bestimmte, wenn Gesundheit für ihn wenigstens nicht so nothwendig in diesen Überschlag gehörte, so bleibt noch hier wie in allen andern Fällen ein Gesetz übrig, nämlich seine Glückseligkeit zu befördern, nicht aus Neigung, sondern aus Pflicht, und da hat sein Verhalten allererst den eigentlichen moralischen Werth.

      So sind ohne Zweifel auch die Schriftstellen zu verstehen, darin geboten wird, seinen Nächsten, selbst unsern Feind zu lieben. Denn Liebe als Neigung kann nicht geboten werden, aber Wohlthun aus Liebe selbst, wenn dazu gleich gar keine Neigung treibt, ja gar natürliche und unbezwingliche Abneigung widersteht, ist praktische und nicht pathologische Liebe, die im Willen liegt und nicht im Hange der Empfindung, in Grundsätzen der Handlung und nicht schmelzender Theilnehmung; jene aber allein kann geboten werden.

      Der zweite Satz ist: eine Handlung aus Pflicht hat ihren moralischen Werth nicht in der Absicht, welche dadurch erreicht werden soll, sondern in der Maxime, nach der sie beschlossen wird, hängt also nicht von der Wirklichkeit des Gegenstandes der Handlung ab, sondern blos von dem Princip des Wollens, nach welchem die Handlung unangesehen aller Gegenstände des Begehrungsvermögens geschehen ist. Daß die Absichten, die wir bei Handlungen haben mögen, und ihre Wirkungen, als Zwecke und Triebfedern des Willens, den Handlungen keinen unbedingten und moralischen Werth ertheilen können, ist aus dem vorigen klar. Worin kann also dieser Werth liegen, wenn er nicht im Willen in Beziehung auf deren verhoffte Wirkung bestehen soll? Er kann nirgend anders liegen, als im Princip des Willens unangesehen der Zwecke, die durch solche Handlung bewirkt werden können; denn der Wille ist mitten inne zwischen seinem Princip a priori, welches formell ist, und zwischen seiner Triebfeder a posteriori, welche materiell ist, gleichsam auf einem Scheidewege, und da er doch irgend wodurch muß bestimmt werden, so wird er durch das formelle Princip des Wollens überhaupt bestimmt werden müssen, wenn eine Handlung aus Pflicht geschieht, da ihm alles materielle Princip entzogen worden.

      Den dritten Satz als Folgerung aus beiden vorigen würde ich so ausdrücken: Pflicht ist die Nothwendigkeit einer Handlung aus Achtung fürs Gesetz. Zum Objecte als Wirkung meiner vorhabenden Handlung kann ich zwar Neigung haben, aber niemals Achtung, eben darum weil sie bloß eine Wirkung und nicht Thätigkeit eines Willens ist. Eben so kann ich für Neigung überhaupt, sie mag nun meine oder eines andern seine sein, nicht Achtung haben, ich kann sie höchstens im ersten Falle billigen, im zweiten bisweilen selbst lieben, d. i. sie als meinem eigenen Vortheile günstig ansehen. Nur das, was bloß als Grund, niemals aber als Wirkung mit meinem Willen verknüpft ist, was nicht meiner Neigung dient, sondern sie überwiegt, wenigstens diese von deren Überschlage bei der Wahl ganz ausschließt, mithin das bloße Gesetz für sich kann ein Gegenstand der Achtung und hiemit ein Gebot sein. Nun soll eine Handlung aus Pflicht den Einfluß der Neigung und mit ihr jeden Gegenstand des Willens ganz absondern, also bleibt nichts für den Willen übrig, was ihn bestimmen könne, als objectiv das Gesetz und subjectiv reine Achtung für dieses praktische Gesetz, mithin die Maxime, einem solchen Gesetze selbst mit Abbruch aller meiner Neigungen Folge zu leisten.

      Es liegt also der moralische Werth der Handlung nicht in der Wirkung, die daraus erwartet wird, also auch nicht in irgend einem Princip der Handlung, welches seinen Bewegungsgrund von dieser erwarteten Wirkung zu entlehnen bedarf. Denn alle diese Wirkungen (Annehmlichkeit seines Zustandes, ja gar Beförderung fremder Glückseligkeit) konnten auch durch andere Ursachen zu Stande gebracht werden, und es brauchte also dazu nicht des Willens eines vernünftigen Wesens, worin gleichwohl das höchste und unbedingte Gute allein angetroffen werden kann. Es kann daher nichts anders als die Vorstellung des Gesetzes an sich selbst, die freilich nur im vernünftigen Wesen stattfindet so fern sie, nicht aber die verhoffte Wirkung der Bestimmungsgrund des Willens ist, das so vorzügliche Gute, welches wir sittlich nennen, ausmachen, welches in der Person selbst schon gegenwärtig ist, die darnach handelt, nicht aber allererst aus der Wirkung erwartet werden darf.

      Was kann das aber wohl für ein Gesetz sein, dessen Vorstellung, auch ohne auf die daraus erwartete Wirkung Rücksicht zu nehmen, den Willen bestimmen muß, damit dieser schlechterdings und ohne Einschränkung gut heißen könne? Da ich den Willen aller Antriebe beraubt habe, die ihm aus der Befolgung irgend eines Gesetzes entspringen könnten, so bleibt nichts als die allgemeine Gesetzmäßigkeit der Handlungen überhaupt übrig, welche allein dem Willen zum Princip dienen soll, d. i. ich soll niemals anders verfahren als so, daß ich auch wollen könne, meine Maxime solle ein allgemeines Gesetz werden. Hier ist nun die bloße Gesetzmäßigkeit überhaupt (ohne irgend ein auf gewisse Handlungen bestimmtes Gesetz zum Grunde zu legen) das, was dem Willen zum Princip dient und ihm auch dazu dienen muß, wenn Pflicht nicht überall ein leerer Wahn und chimärischer Begriff sein soll; hiemit stimmt die gemeine Menschenvernunft in ihrer praktischen Beurtheilung auch vollkommen überein und hat das gedachte Princip jederzeit vor Augen.

      Die Frage sei z. B.: darf ich, wenn ich im Gedränge bin, nicht ein Versprechen thun, in der Absicht, es nicht zu halten? Ich mache hier leicht den Unterschied, den die Bedeutung der Frage haben kann, ob es klüglich, oder ob es pflichtmäßig sei, ein falsches Versprechen zu thun. Das erstere kann ohne Zweifel öfters stattfinden. Zwar sehe ich wohl, daß es nicht gnug sei, mich vermittelst dieser Ausflucht aus einer gegenwärtigen Verlegenheit zu ziehen, sondern wohl überlegt werden müsse, ob mir aus dieser Lüge nicht hinterher viel größere Ungelegenheit entspringen könne, als die sind, von denen ich mich jetzt befreie, und, da die Folgen bei aller meiner vermeinten Schlauigkeit nicht so leicht vorauszusehen sind, daß nicht ein einmal verlornes Zutrauen mir weit nachtheiliger werden könnte als alles Übel, das ich jetzt zu vermeiden gedenke, ob es nicht klüglicher gehandelt sei, hiebei nach einer allgemeinen Maxime zu verfahren und es sich zur Gewohnheit zu machen, nichts zu versprechen als in der Absicht, es zu halten. Allein es leuchtet mir hier bald ein, daß eine solche Maxime doch immer nur die besorglichen Folgen zum Grunde habe. Nun ist es doch etwas ganz anderes, aus Pflicht wahrhaft zu sein, als aus Besorgniß der nachtheiligen Folgen: indem im ersten Falle der Begriff der Handlung an sich selbst schon ein Gesetz für mich enthält, im zweiten ich mich allererst anderwärtsher umsehen muß, welche Wirkungen für mich wohl damit verbunden sein möchten. Denn wenn ich von dem Princip der Pflicht abweiche, so ist es ganz gewiß böse; werde ich aber meiner Maxime der Klugheit abtrünnig, so kann das mir doch manchmal sehr vortheilhaft sein, wiewohl es freilich sicherer ist, bei ihr zu bleiben. Um indessen mich in Ansehung der Beantwortung dieser Aufgabe, ob ein lügenhaftes Versprechen pflichtmäßig sei, auf die allerkürzeste und doch untrügliche Art zu belehren, so frage ich mich selbst: würde ich wohl damit zufrieden sein, daß meine Maxime (mich durch ein unwahres Versprechen aus Verlegenheit zu ziehen) als ein allgemeines Gesetz (sowohl für mich als andere) gelten solle, und würde ich wohl zu mir sagen können: es mag jedermann ein unwahres Versprechen thun, wenn er sich in Verlegenheit befindet, daraus er sich auf andere Art nicht ziehen kann? So werde ich bald inne, daß ich zwar die Lüge, aber ein allgemeines Gesetz zu lügen gar nicht wollen könne; denn nach einem solchen würde es eigentlich gar kein Versprechen geben, weil es vergeblich wäre, meinen Willen in Ansehung meiner künftigen Handlungen andern vorzugeben, die diesem Vorgeben doch nicht glauben, oder, wenn sie es übereilter Weise thäten, mich doch mit gleicher Münze bezahlen würden, mithin meine Maxime, so bald sie zum allgemeinen Gesetze gemacht würde, sich selbst zerstören müsse.

      Was ich also zu thun habe, damit mein Wollen sittlich gut sei, dazu brauche ich gar keine weit ausholende Scharfsinnigkeit. Unerfahren in Ansehung des Weltlaufs, unfähig auf alle sich eräugnende Vorfälle desselben gefaßt zu sein, frage ich mich nur: Kannst du auch wollen, daß deine Maxime ein allgemeines Gesetz werde? Wo nicht, so ist sie verwerflich und das zwar nicht um eines dir oder auch anderen daraus bevorstehenden Nachtheils willen, sondern weil sie nicht als Princip in eine mögliche allgemeine Gesetzgebung passen kann; für diese aber zwingt mir die Vernunft unmittelbare Achtung ab, von der ich zwar jetzt noch nicht einsehe, worauf sie sich gründe (welches der Philosoph untersuchen mag), wenigstens aber doch so viel verstehe: daß es eine Schätzung des Werthes sei, welcher allen Werth dessen, was durch Neigung angepriesen wird, weit überwiegt, und daß die Nothwendigkeit meiner Handlungen aus reiner Achtung fürs praktische Gesetz dasjenige sei, was die Pflicht ausmacht, der jeder andere Bewegungsgrund weichen muß, weil sie die Bedingung eines an sieh guten Willens ist, dessen Werth über alles geht.

      So sind wir denn in der moralischen Erkenntniß der gemeinen Menschenvernunft bis zu ihrem Princip gelangt, welches sie sich zwar freilich nicht so in einer allgemeinen Form abgesondert denkt, aber doch jederzeit wirklich vor Augen hat und zum Richtmaße ihrer Beurtheilung braucht. Es wäre hier leicht zu zeigen, wie sie mit diesem Compasse in der Hand in allen vorkommenden Fällen sehr gut Bescheid wisse, zu unterscheiden, was gut, was böse, pflichtmäßig, oder pflichtwidrig sei, wenn man, ohne sie im mindesten etwas Neues zu lehren, sie nur, wie Sokrates that, auf ihr eigenes Princip aufmerksam macht, und daß es also keiner Wissenschaft und Philosophie bedürfe, um zu wissen, was man zu thun habe, um ehrlich und gut, ja sogar um weise und tugendhaft zu sein. Das ließe sich auch wohl schon zum voraus vermuthen, daß die Kenntniß dessen, was zu thun, mithin auch zu wissen jedem Menschen obliegt, auch jedes, selbst des gemeinsten Menschen Sache sein werde. Hier kann man es doch nicht ohne Bewunderung ansehen, wie das praktische Beurtheilungsvermögen vor dem theoretischen im gemeinen Menschenverstande so gar viel voraus habe. In dem letzteren, wenn die gemeine Vernunft es wagt, von den Erfahrungsgesetzen und den Wahrnehmungen der Sinne abzugehen, geräth sie in lauter Unbegreiflichkeiten und Widersprüche mit sich selbst, wenigstens in ein Chaos von Ungewißheit, Dunkelheit und Unbestand. Im praktischen aber fängt die Beurtheilungskraft dann eben allererst an, sich recht vortheilhaft zu zeigen, wenn der gemeine Verstand alle sinnliche Triebfedern von praktischen Gesetzen ausschließt. Er wird alsdann sogar subtil, es mag sein, daß er mit seinem Gewissen oder anderen Ansprüchen in Beziehung auf das, was recht heißen soll, chicaniren, oder auch den Werth der Handlungen zu seiner eigenen Belehrung aufrichtig bestimmen will, und was das meiste ist, er kann im letzteren Falle sich eben so gut Hoffnung machen, es recht zu treffen, als es sich immer ein Philosoph versprechen mag, ja ist beinahe noch sicherer hierin, als selbst der letztere, weil dieser doch kein anderes Princip als jener haben, sein Urtheil aber durch eine Menge fremder, nicht zur Sache gehöriger Erwägungen leicht verwirren und von der geraden Richtung abweichend machen kann. Wäre es demnach nicht rathsamer, es in moralischen Dingen bei dem gemeinen Vernunfturtheil bewenden zu lassen und höchstens nur Philosophie anzubringen, um das System der Sitten desto vollständiger und faßlicher, imgleichen die Regeln derselben zum Gebrauche (noch mehr aber zum Disputiren) bequemer darzustellen, nicht aber um selbst in praktischer Absicht den gemeinen Menschenverstand von seiner glücklichen Einfalt abzubringen und ihn durch Philosophie auf einen neuen Weg der Untersuchung und Belehrung zu bringen?

      Es ist eine herrliche Sache um die Unschuld, nur es ist auch wiederum sehr schlimm, daß sie sich nicht wohl bewahren läßt und leicht verführt wird. Deswegen bedarf selbst die Weisheit – die sonst wohl mehr im Thun und Lassen, als im Wissen besteht – doch auch der Wissenschaft, nicht um von ihr zu lernen, sondern ihrer Vorschrift Eingang und Dauerhaftigkeit zu verschaffen. Der Mensch fühlt in sich selbst ein mächtiges Gegengewicht gegen alle Gebote der Pflicht, die ihm die Vernunft so hochachtungswürdig vorstellt, an seinen Bedürfnissen und Neigungen, deren ganze Befriedigung er unter dem Namen der Glückseligkeit zusammenfaßt. Nun gebietet die Vernunft, ohne doch dabei den Neigungen etwas zu verheißen, unnachlaßlich, mithin gleichsam mit Zurücksetzung und Nichtachtung jener so ungestümen und dabei so billig scheinenden Ansprüche (die sich durch kein Gebot wollen aufheben lassen) ihre Vorschriften. Hieraus entspringt aber eine natürliche Dialektik d. i. ein Hang, wider jene strenge Gesetze der Pflicht zu vernünfteln und ihre Gültigkeit, wenigstens ihre Reinigkeit und Strenge in Zweifel zu ziehen und sie wo möglich unsern Wünschen und Neigungen angemessener zu machen, d. i. sie im Grunde zu verderben und um ihre ganze Würde zu bringen, welches denn doch selbst die gemeine praktische Vernunft am Ende nicht gut heißen kann.

      So wird also die gemeine Menschenvernunft nicht durch irgend ein Bedürfniß der Speculation (welches ihr, so lange sie sich genügt, bloße gesunde Vernunft zu sein, niemals anwandelt), sondern selbst aus praktischen Gründen angetrieben, aus ihrem Kreise zu gehen und einen Schritt ins Feld einer praktischen Philosophie zu thun, um daselbst wegen der Quelle ihres Princips und richtigen Bestimmung desselben in Gegenhaltung mit den Maximen, die sich auf Bedürfniß und Neigung fußen, Erkundigung und deutliche Anweisung zu bekommen, damit sie aus der Verlegenheit wegen beiderseitiger Ansprüche herauskomme und nicht Gefahr laufe, durch die Zweideutigkeit, in die sie leicht geräth, um alle ächte sittliche Grundsätze gebracht zu werden. Also entspinnt sich eben sowohl in der praktischen gemeinen Vernunft, wenn sie sich cultivirt, unvermerkt eine Dialektik, welche sie nöthigt, in der Philosophie Hülfe zu suchen, als es ihr im theoretischen Gebrauche widerfährt, und die erstere wird daher wohl eben so wenig als die andere irgendwo sonst, als in einer vollständigen Kritik unserer Vernunft Ruhe finden.
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      schrieb am 25.05.02 17:04:32
      Beitrag Nr. 34 ()
      Sitten= Gebräuche
      Althergebracht, denke da eher an alte Gewohnheiten, die von Generation zu Generation weitergegeben werden.
      Das Wort Sitte erinnert mich auch stark an Sippen.
      Jede Kultur hat seine Sitten.
      Ausrichtung der Hochzeit, oder Beschneidung junger Mädchen.
      Schon das Proost, ist ne Sitte.
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 17:04:54
      Beitrag Nr. 35 ()
      Zweiter Abschnitt

      Übergang von der populären sittlichen
      Weltweisheit zur Metaphysik der Sitten

      Wenn wir unsern bisherigen Begriff der Pflicht aus dem gemeinen Gebrauche unserer praktischen Vernunft gezogen haben, so ist daraus keineswegs zu schließen, als hätten wir ihn als einen Erfahrungsbegriff behandelt. Vielmehr, wenn wir auf die Erfahrung vom Thun und Lassen der Menschen Acht haben, treffen wir häufige und, wie wir selbst einräumen, gerechte Klagen an, daß man von der Gesinnung, aus reiner Pflicht zu handeln, so gar keine sichere Beispiele anführen könne, daß, wenn gleich manches dem, was Pflicht gebietet, gemäß geschehen mag, dennoch es immer noch zweifelhaft sei, ob es eigentlich aus Pflicht geschehe und also einen moralischen Werth habe. Daher es zu aller Zeit Philosophen gegeben hat, welche die Wirklichkeit dieser Gesinnung in den menschlichen Handlungen schlechterdings abgeleugnet und alles der mehr oder weniger verfeinerten Selbstliebe zugeschrieben haben, ohne doch deswegen die Richtigkeit des Begriffs von Sittlichkeit in Zweifel zu ziehen, vielmehr mit inniglichem Bedauren der Gebrechlichkeit und Unlauterkeit der menschlichen Natur Erwähnung thaten, die zwar edel gnug sei, sich eine so achtungswürdige Idee zu ihrer Vorschrift zu machen, aber zugleich zu schwach, um sie zu befolgen, und die Vernunft, die ihr zur Gesetzgebung dienen sollte, nur dazu braucht, um das Interesse der Neigungen, es sei einzeln oder, wenn es hoch kommt, in ihrer größten Verträglichkeit unter einander, zu besorgen.

      In der That ist es schlechterdings unmöglich, durch Erfahrung einen einzigen Fall mit völliger Gewißheit auszumachen, da die Maxime einer sonst pflichtmäßigen Handlung lediglich auf moralischen Gründen und auf der Vorstellung seiner Pflicht beruht habe. Denn es ist zwar bisweilen der Fall, daß wir bei der schärfsten Selbstprüfung gar nichts antreffen, was außer dem moralischen Grunde der Pflicht mächtig genug hätte sein können, uns zu dieser oder jener guten Handlung und so großer Aufopferung zu bewegen; es kann aber daraus gar nicht mit Sicherheit geschlossen werden, daß wirklich gar kein geheimer Antrieb der Selbstliebe unter der bloßen Vorspiegelung jener Idee die eigentliche bestimmende Ursache des Willens gewesen sei, dafür wir denn gerne uns mit einem uns fälschlich angemaßten edlern Bewegungsgrunde schmeicheln, in der That aber selbst durch die angestrengteste Prüfung hinter die geheimen Triebfedern niemals völlig kommen können, weil, wenn vom moralischen Werthe die Rede ist, es nicht auf die Handlungen ankommt, die man sieht, sondern auf jene innere Principien derselben, die man nicht sieht.

      Man kann auch denen, die alle Sittlichkeit als bloßes Hirngespinst einer durch Eigendünkel sich selbst übersteigenden menschlichen Einbildung verlachen, keinen gewünschteren Dienst thun, als ihnen einzuräumen, daß die Begriffe der Pflicht (so wie man sich auch aus Gemächlichkeit gerne überredet, daß es auch mit allen übrigen Begriffen bewandt sei) lediglich aus der Erfahrung gezogen werden mußten; denn da bereitet man jenen einen sichern Triumph. Ich will aus Menschenliebe einräumen, daß noch die meisten unserer Handlungen pflichtmäßig seien; sieht man aber ihr Tichten und Trachten näher an, so stößt man allenthalben auf das liebe Selbst, was immer hervorsticht, worauf und nicht auf das strenge Gebot der Pflicht, welches mehrmals Selbstverleugnung erfordern würde, sich ihre Absicht stützt. Man braucht auch eben kein Feind der Tugend, sondern nur ein kaltblütiger Beobachter zu sein, der den lebhaftesten Wunsch für das Gute nicht sofort für dessen Wirklichkeit hält, um (vornehmlich mit zunehmenden Jahren und einer durch Erfahrung theils gewitzigten, theils zum Beobachten geschärften Urtheilskraft) in gewissen Augenblicken zweifelhaft zu werden, ob auch wirklich in der Welt irgend wahre Tugend angetroffen werde. Und hier kann uns nun nichts vor dem gänzlichen Abfall von unseren Ideen der Pflicht bewahren und gegründete Achtung gegen ihr Gesetz in der Seele erhalten, als die klare Überzeugung, daß, wenn es auch niemals Handlungen gegeben habe, die aus solchen reinen Quellen entsprungen wären, dennoch hier auch davon gar nicht die Rede sei, ob dies oder jenes geschehe, sondern die Vernunft für sich selbst und unabhängig von allen Erscheinungen gebiete, was geschehen soll, mithin Handlungen, von denen die Welt vielleicht bisher noch gar kein Beispiel gegeben hat, an deren Thunlichkeit sogar der, so alles auf Erfahrung gründet, sehr zweifeln möchte, dennoch durch Vernunft unnachlaßlich geboten seien, und daß z. B. reine Redlichkeit in der Freundschaft um nichts weniger von jedem Menschen gefordert werden könne, wenn es gleich bis jetzt gar keinen redlichen Freund gegeben haben möchte, weil diese Pflicht als Pflicht überhaupt vor aller Erfahrung in der Idee einer den Willen durch Gründe a priori bestimmenden Vernunft liegt.

      Setzt man hinzu, daß, wenn man dem Begriffe von Sittlichkeit nicht gar alle Wahrheit und Beziehung auf irgend ein mögliches Object bestreiten will, man nicht in Abrede ziehen könne, daß sein Gesetz von so ausgebreiteter Bedeutung sei, daß es nicht bloß für Menschen, sondern alle vernünftige Wesen überhaupt, nicht bloß unter zufälligen Bedingungen und mit Ausnahmen, sondern schlechterdings nothwendig gelten müsse: so ist klar, daß keine Erfahrung, auch nur auf die Möglichkeit solcher apodiktischen Gesetze zu schließen, Anlaß geben könne. Denn mit welchem Rechte können wir das, was vielleicht nur unter den zufälligen Bedingungen der Menschheit gültig ist, als allgemeine Vorschrift für jede vernünftige Natur in unbeschränkte Achtung bringen, und wie sollen Gesetze der Bestimmung unseres Willens für Gesetze der Bestimmung des Willens eines vernünftigen Wesens überhaupt und nur als solche auch für den unsrigen gehalten werden, wenn sie bloß empirisch wären und nicht völlig a priori aus reiner, aber praktischer Vernunft ihren Ursprung nähmen?

      Man könnte auch der Sittlichkeit nicht übler rathen, als wenn man sie von Beispielen entlehnen wollte. Denn jedes Beispiel, was mir davon vorgestellt wird, muß selbst zuvor nach Principien der Moralität beurtheilt werden, ob es auch würdig sei, zum ursprünglichen Beispiele, d. i. zum Muster, zu dienen, keinesweges aber kann es den Begriff derselben zu oberst an die Hand geben. Selbst der Heilige des Evangellii muß zuvor mit unserm Ideal der sittlichen Vollkommenheit verglichen werden, ehe man ihn dafür erkennt; auch sagt er von sich selbst: was nennt ihr mich (den ihr sehet) gut? niemand ist gut (das Urbild des Guten) als der einige Gott (den ihr nicht sehet). Woher haben wir aber den Begriff von Gott als dem höchsten Gut? Lediglich aus der Idee, die die Vernunft a priori von sittlicher Vollkommenheit entwirft und mit dem Begriffe eines freien Willens unzertrennlich verknüpft. Nachahmung findet im Sittlichen gar nicht statt, und Beispiele dienen nur zur Aufmunterung, d. i. sie setzen die Thunlichkeit dessen, was das Gesetz gebietet, außer Zweifel, sie machen das, was die praktische Regel allgemeiner ausdrückt, anschaulich, können aber niemals berechtigen, ihr wahres Original, das in der Vernunft liegt, bei Seite zu setzen und sich nach Beispielen zu richten.

      Wenn es denn keinen ächten obersten Grundsatz der Sittlichkeit giebt, der nicht unabhängig von aller Erfahrung bloß auf reiner Vernunft beruhen müßte, so glaube ich, es sei nicht nöthig, auch nur zu fragen, ob es gut sei, diese Begriffe, so wie sie sammt den ihnen zugehörigen Principien a priori feststehen, im Allgemeinen (in abstracto) vorzutragen, wofern das Erkenntniß sich vom gemeinen unterscheiden und philosophisch heißen soll. Aber in unsern Zeiten möchte dieses wohl nöthig sein. Denn wenn man Stimmen sammelte, ob reine von allem Empirischen abgesonderte Vernunfterkenntniß, mithin Metaphysik der Sitten, oder populäre praktische Philosophie vorzuziehen sei, so erräth man bald, auf welche Seite das Übergewicht fallen werde.

      Diese Herablassung zu Volksbegriffen ist allerdings sehr rühmlich, wenn die Erhebung zu den Principien der reinen Vernunft zuvor geschehen und zur völligen Befriedigung erreicht ist, und das würde heißen, die Lehre der Sitten zuvor auf Metaphysik gründen, ihr aber, wenn sie fest steht, nachher durch Popularität Eingang verschaffen. Es ist aber äußerst ungereimt, dieser in der ersten Untersuchung, worauf alle Richtigkeit der Grundsätze ankommt, schon willfahren zu wollen. Nicht allein daß dieses Verfahren auf das höchst seltene Verdienst einer wahren philosophischen Popularität niemals Anspruch machen kann, indem es gar keine Kunst ist, gemeinverständlich zu sein, wenn man dabei auf alle gründliche Einsicht Verzicht thut, so bringt es einen ekelhaften Mischmasch von zusammengestoppelten Beobachtungen und halbvernünftelnden Principien zum Vorschein, daran sich schale Köpfe laben, weil es doch etwas gar Brauchbares fürs alltägliche Geschwätz ist, wo Einsehende aber Verwirrung fühlen und unzufrieden, ohne sich doch helfen zu können, ihre Augen wegwenden, obgleich Philosophen, die das Blendwerk ganz wohl durchschauen, wenig Gehör finden, wenn sie auf einige Zeit von der vorgeblichen Popularität abrufen, um nur allererst nach erworbener bestimmter Einsicht mit Recht populär sein zu dürfen.

      Man darf nur die Versuche über die Sittlichkeit in jenem beliebten Geschmacke ansehen, so wird man bald die besondere Bestimmung der menschlichen Natur (mitunter aber auch die Idee von einer vernünftigen Natur überhaupt), bald Vollkommenheit, bald Glückseligkeit, hier moralisches Gefühl, dort Gottesfurcht, von diesem etwas, von jenem auch etwas in wunderbarem Gemische antreffen, ohne daß man sich einfallen läßt zu fragen, ob auch überall in der Kenntniß der menschlichen Natur (die wir doch nur von der Erfahrung herhaben können) die Principien der Sittlichkeit zu suchen seien, und, wenn dieses nicht ist, wenn die letztere völlig a priori, frei von allem Empirischen, schlechterdings in reinen Vernunftbegriffen und nirgend anders auch nicht dem mindesten Theile nach anzutreffen sind, den Anschlag zu fassen, diese Untersuchung als reine praktische Weltweisheit, oder (wenn man einen verschrieenen Namen nennen darf) alsMetaphysikder Sitten lieber ganz abzusondern, sie für sich allein zu ihrer ganzen Vollständigkeit zu bringen und das Publicum, das Popularität verlangt, bis zum Ausgange dieses Unternehmens zu vertrösten.

      Es ist aber eine solche völlig isolirte Metaphysik der Sitten, die mit keiner Anthropologie, mit keiner Theologie, mit keiner Physik oder Hyperphysik, noch weniger mit verborgenen Qualitäten (die man hypophysisch nennen könnte) vermischt ist, nicht allein ein unentbehrliches Substrat aller theoretischen, sicher bestimmten Erkenntniß der Pflichten, sondern zugleich ein Desiderat von der höchsten Wichtigkeit zur wirklichen Vollziehung ihrer Vorschriften. Denn die reine und mit keinem fremden Zusatze von empirischen Anreizen vermischte Vorstellung der Pflicht und überhaupt des sittlichen Gesetzes hat auf das menschliche Herz durch den Weg der Vernunft allein (die hiebei zuerst inne wird, daß sie für sich selbst auch praktisch sein kann) einen so viel mächtigern Einfluß, als alle andere Triebfedern, die man aus dem empirischen Felde aufbieten mag, daß sie im Bewußtsein ihrer Würde die letzteren verachtet und nach und nach ihr Meister werden kann; an dessen Statt eine vermischte Sittenlehre, die aus Triebfedern von Gefühlen und Neigungen und zugleich aus Vernunftbegriffen zusammengesetzt ist, das Gemüth zwischen Bewegursachen, die sich unter kein Princip bringen lassen, die nur sehr zufällig zum Guten, öfters aber auch zum Bösen leiten können, schwankend machen muß.

      Aus dem Angeführten erhellt: daß alle sittliche Begriffe völlig a priori in der Vernunft ihren Sitz und Ursprung haben und dieses zwar in der gemeinsten Menschenvernunft eben sowohl, als der im höchsten Maße speculativen; daß sie von keinem empirischen und darum bloß zufälligen Erkenntnisse abstrahirt werden können; daß in dieser Reinigkeit ihres Ursprungs eben ihre Würde liege, um uns zu obersten praktischen Principien zu dienen; daß man jedesmal so viel, als man Empirisches hinzu thut, so viel auch ihrem ächten Einflusse und dem uneingeschränkten Werthe der Handlungen entziehe; daß es nicht allein die größte Nothwendigkeit in theoretischer Absicht, wenn es bloß auf Speculation ankommt, erfordere, sondern auch von der größten praktischen Wichtigkeit sei, ihre Begriffe und Gesetze aus reiner Vernunft zu schöpfen, rein und unvermengt vorzutragen, ja den Umfang dieses ganzen praktischen oder reinen Vernunfterkenntnisses, d. i. das ganze Vermögen der reinen praktischen Vernunft, zu bestimmen, hierin aber nicht, wie es wohl die speculative Philosophie erlaubt, ja gar bisweilen nothwendig findet, die Principien von der besondern Natur der menschlichen Vernunft abhängig zu machen, sondern darum, weil moralische Gesetze für jedes vernünftige Wesen überhaupt gelten sollen, sie schon aus dem allgemeinen Begriffe eines vernünftigen Wesens überhaupt abzuleiten und auf solche Weise alle Moral, die zu ihrer Anwendung auf Menschen der Anthropologie bedarf, zuerst unabhängig von dieser als reine Philosophie, d. i. als Metaphysik, vollständig (welches sich in dieser Art ganz abgesonderter Erkenntnisse wohl thun läßt) vorzutragen, wohl bewußt, daß es, ohne im Besitze derselben zu sein, vergeblich sei, ich will nicht sagen, das Moralische der Pflicht in allem, was pflichtmäßig ist, genau für die speculative Beurtheilung zu bestimmen, sondern sogar im bloß gemeinen und praktischen Gebrauche, vornehmlich der moralischen Unterweisung, unmöglich sei, die Sitten auf ihre ächte Principien zu gründen und dadurch reine moralische Gesinnungen zu bewirken und zum höchsten Weltbesten den Gemüthern einzupfropfen.

      Um aber in dieser Bearbeitung nicht bloß von der gemeinen sittlichen Beurtheilung (die hier sehr achtungswürdig ist) zur philosophischen, wie sonst geschehen ist, sondern von einer populären Philosophie, die nicht weiter geht, als sie durch Tappen vermittelst der Beispiele kommen kann, bis zur Metaphysik (die sich durch nichts Empirisches weiter zurückhalten läßt und, indem sie den ganzen Inbegriff der Vernunfterkenntniß dieser Art ausmessen muß, allenfalls bis zu Ideen geht, wo selbst die Beispiele uns verlassen) durch die natürlichen Stufen fortzuschreiten, müssen wir das praktische Vernunftvermögen von seinen allgemeinen Bestimmungsregeln an bis dahin, wo aus ihm der Begriff der Pflicht entspringt, verfolgen und deutlich darstellen.

      Ein jedes Ding der Natur wirkt nach Gesetzen. Nur ein vernünftiges Wesen hat das Vermögen, nach der Vorstellung der Gesetze, d. i. nach Principien, zu handeln, oder einen Willen. Da zur Ableitung der Handlungen von Gesetzen Vernunft erfordert wird, so ist der Wille nichts anders als praktische Vernunft. Wenn die Vernunft den Willen unausbleiblich bestimmt, so sind die Handlungen eines solchen Wesens, die als objectiv nothwendig erkannt werden, auch subjectiv nothwendig, d. i. der Wille ist ein Vermögen, nur dasjenige zu wählen, was die Vernunft unabhängig von der Neigung als praktisch nothwendig, d. i. als gut, erkennt. Bestimmt aber die Vernunft für sich allein den Willen nicht hinlänglich, ist dieser noch subjectiven Bedingungen (gewissen Triebfedern) unterworfen, die nicht immer mit den objectiven übereinstimmen; mit einem Worte, ist der Wille nicht an sich völlig der Vernunft gemäß (wie es bei Menschen wirklich ist): so sind die Handlungen, die objectiv als nothwendig erkannt werden, subjectiv zufällig, und die Bestimmung eines solchen Willens objectiven Gesetzen gemäß ist Nöthigung; d. i. das Verhältniß der objectiven Gesetze zu einem nicht durchaus guten Willen wird vorgestellt als die Bestimmung des Willens eines vernünftigen Wesens zwar durch Gründe der Vernunft, denen aber dieser Wille seiner Natur nach nicht nothwendig folgsam ist.

      Die Vorstellung eines objectiven Princips, sofern es für einen Willen nöthigend ist, heißt ein Gebot (der Vernunft), und die Formel des Gebots heißt Imperativ.

      Alle Imperativen werden durch ein Sollen ausgedrückt und zeigen dadurch das Verhältniß eines objectiven Gesetzes der Vernunft zu einem Willen an, der seiner subjectiven Beschaffenheit nach dadurch nicht nothwendig bestimmt wird (eine Nöthigung). Sie sagen, daß etwas zu thun oder zu unterlassen gut sein würde, allein sie sagen es einem Willen, der nicht immer darum etwas thut, weil ihm vorgestellt wird, daß es zu thun gut sei. Praktisch gut ist aber, was vermittelst der Vorstellungen der Vernunft, mithin nicht aus subjectiven Ursachen, sondern objectiv, d. i. aus Gründen, die für jedes vernünftige Wesen als ein solches gültig sind, den Willen bestimmt. Es wird vom Angenehmen unterschieden als demjenigen, was nur vermittelst der Empfindung aus bloß subjectiven Ursachen, die nur für dieses oder jenes seinen Sinn gelten, und nicht als Princip der Vernunft, das für jedermann gilt, auf den Willen Einfluß hat.

      Ein vollkommen guter Wille würde also eben sowohl unter objectiven Gesetzen (des Guten) stehen, aber nicht dadurch als zu gesetzmäßigen Handlungen genöthigt vorgestellt werden können, weil er von selbst nach seiner subjectiven Beschaffenheit nur durch die Vorstellung des Guten bestimmt werden kann. Daher gelten für den göttlichen und überhaupt für einen heiligen Willen keine Imperativen; das Sollen ist hier am unrechten Orte, weil das Wollen schon von selbst mit dem Gesetz nothwendig einstimmig ist. Daher sind Imperativen nur Formeln, das Verhältniß objectiver Gesetze des Wollens überhaupt zu der subjectiven Unvollkommenheit des Willens dieses oder jenes vernünftigen Wesens, z. B. des menschlichen Willens, auszudrücken.

      Alle Imperativen nun gebieten entweder hypothetisch, oder kategorisch. Jene stellen die praktische Nothwendigkeit einer möglichen Handlung als Mittel zu etwas anderem, was man will (oder doch möglich ist, daß man es wolle), zu gelangen vor. Der kategorische Imperativ würde der sein, welcher eine Handlung als für sich selbst, ohne Beziehung auf einen andern Zweck, als objectiv-nothwendig vorstellte.

      Weil jedes praktische Gesetz eine mögliche Handlung als gut und darum für ein durch Vernunft praktisch bestimmbares Subject als nothwendig vorstellt, so sind alle Imperativen Formeln der Bestimmung der Handlung, die nach dem Princip eines in irgend einer Art guten Willens nothwendig ist. Wenn nun die Handlung bloß wozu anders als Mittel gut sein würde, so ist der Imperativ hypothetisch; wird sie als an sich gut vorgestellt, mithin als nothwendig in einem an sich der Vernunft gemäßen Willen, als Princip desselben, so ist er kategorisch.

      Der Imperativ sagt also, welche durch mich mögliche Handlung gut wäre, und stellt die praktische Regel in Verhältniß auf einen Willen vor, der darum nicht sofort eine Handlung thut, weil sie gut ist, theils weil das Subject nicht immer weiß, daß sie gut sei, theils weil, wenn es dieses auch wüßte, die Maximen desselben doch den objectiven Principien einer praktischen Vernunft zuwider sein könnten.

      Der hypothetische Imperativ sagt also nur, daß die Handlung zu irgend einer möglichen oder wirklichen Absicht gut sei. Im erstern Falle ist er ein problematisch, im zweiten assertorisch-praktisches Princip. Der kategorische Imperativ, der die Handlung ohne Beziehung auf irgend eine Absicht, d. i. auch ohne irgend einen andern Zweck, für sich als objectiv nothwendig erklärt, gilt als ein apodiktisch-praktisches Princip.

      Man kann sich das, was nur durch Kräfte irgend eines vernünftigen Wesens möglich ist, auch für irgend einen Willen als mögliche Absicht denken, und daher sind der Principien der Handlung, so fern diese als nothwendig vorgestellt wird, um irgend eine dadurch zu bewirkende mögliche Absicht zu erreichen, in der That unendlich viel. Alle Wissenschaften haben irgend einen praktischen Theil, der aus Aufgaben besteht, daß irgend ein Zweck für uns möglich sei, und aus Imperativen, wie er erreicht werden könne. Diese können daher überhaupt Imperativen der Geschicklichkeit heißen. Ob der Zweck vernünftig und gut sei, davon ist hier gar nicht die Frage, sondern nur was man thun müsse, um ihn zu erreichen. Die Vorschriften für den Arzt, um seinen Mann auf gründliche Art gesund zu machen, und für einen Giftmischer, um ihn sicher zu tödten, sind in so fern von gleichem Werth, als eine jede dazu dient, ihre Absicht vollkommen zu bewirken. Weil man in der frühen Jugend nicht weiß, welche Zwecke uns im Leben aufstoßen dürften, so suchen Eltern vornehmlich ihre Kinder recht vielerlei lernen zu lassen und sorgen für die Geschicklichkeit im Gebrauch der Mittel zu allerlei beliebigen Zwecken, von deren keinem sie bestimmen können, ob er etwa wirklich künftig eine Absicht ihres Zöglings werden könne, wovon es indessen doch möglich ist, daß er sie einmal haben möchte, und diese Sorgfalt ist so groß, daß sie darüber gemeiniglich verabsäumen, ihnen das Urtheil über den Werth der Dinge, die sie sich etwa zu Zwecken machen möchten, zu bilden und zu berichtigen.

      Es ist gleichwohl ein Zweck, den man bei allen vernünftigen Wesen (so fern Imperative auf sie, nämlich als abhängige Wesen, passen) als wirklich voraussetzen kann, und also eine Absicht, die sie nicht etwa bloß haben können, sondern von der man sicher voraussetzen kann, daß sie solche insgesammt nach einer Naturnothwendigkeit haben, und das ist die Absicht auf Glückseligkeit. Der hypothetische Imperativ, der die praktische Nothwendigkeit der Handlung als Mittel zur Beförderung der Glückseligkeit vorstellt, ist assertorisch. Man darf ihn nicht bloß als nothwendig zu einer ungewissen, bloß möglichen Absicht vortragen, sondern zu einer Absicht, die man sicher und a priori bei jedem Menschen voraussetzen kann, weil sie zu seinem Wesen gehört. Nun kann man die Geschicklichkeit in der Wahl der Mittel zu seinem eigenen größten Wohlsein Klugheit im engsten Verstande nennen. Also ist der Imperativ, der sich auf die Wahl der Mittel zur eigenen Glückseligkeit bezieht, d. i. die Vorschrift der Klugheit, noch immer hypothetisch; die Handlung wird nicht schlechthin, sondern nur als Mittel zu einer andern Absicht geboten.

      Endlich giebt es einen Imperativ, der, ohne irgend eine andere durch ein gewisses Verhalten zu erreichende Absicht als Bedingung zum Grunde zu legen, dieses Verhalten unmittelbar gebietet. Dieser Imperativ ist kategorisch. Er betrifft nicht die Materie der Handlung und das, was aus ihr erfolgen soll, sondern die Form und das Princip, woraus sie selbst folgt, und das Wesentlich-Gute derselben besteht in der Gesinnung, der Erfolg mag sein, welcher er wolle. Dieser Imperativ mag der der Sittlichkeit heißen.

      Das Wollen nach diesen dreierlei Principien wird auch durch die Ungleichheit der Nöthigung des Willens deutlich unterschieden. Um diese nun auch merklich zu machen, glaube ich, daß man sie in ihrer Ordnung am angemessensten so benennen würde, wenn man sagte: sie wären entweder Regeln der Geschicklichkeit, oder Rathschläge der Klugheit, oder Gebote (Gesetze) der Sittlichkeit. Denn nur das Gesetz führt den Begriff einer unbedingten und zwar objectiven und mithin allgemein gültigen Nothwendigkeit bei sich, und Gebote sind Gesetze, denen gehorcht, d. i. auch wider Neigung Folge geleistet, werden muß. Die Rathgebung enthält zwar Nothwendigkeit, die aber bloß unter subjectiver zufälliger Bedingung, ob dieser oder jener Mensch dieses oder jenes zu seiner Glückseligkeit zähle, gelten kann: dagegen der kategorische Imperativ durch keine Bedingung eingeschränkt wird und als absolut, obgleich praktisch-nothwendig ganz eigentlich ein Gebot heißen kann. Man könnte die ersteren Imperative auch technisch (zur Kunst gehörig), die zweiten pragmatisch, (zur Wohlfahrt), die dritten moralisch (zum freien Verhalten überhaupt, d. i. zu den Sitten gehörig) nennen.

      Nun entsteht die Frage: wie sind alle diese Imperative möglich? Diese Frage verlangt nicht zu wissen, wie die Vollziehung der Handlung, welche der Imperativ gebietet, sondern wie bloß die Nöthigung des Willens, die der Imperativ in der Aufgabe ausdrückt, gedacht werden könne. Wie ein Imperativ der Geschicklichkeit möglich sei, bedarf wohl keiner besondern Erörterung. Wer den Zweck will, will (so fern die Vernunft auf seine Handlungen entscheidenden Einfluß hat) auch das dazu unentbehrlich nothwendige Mittel, das in seiner Gewalt ist. Dieser Satz ist, was das Wollen betrifft, analytisch; denn in dem Wollen eines Objects als meiner Wirkung wird schon meine Causalität als handelnde Ursache, d. i. der Gebrauch der Mittel, gedacht, und der Imperativ zieht den Begriff nothwendiger Handlungen zu diesem Zwecke schon aus dem Begriff eines Wollens dieses Zwecks heraus (die Mittel selbst zu einer vorgesetzten Absicht zu bestimmen, dazu gehören allerdings synthetische Sätze, die aber nicht den Grund betreffen, den Actus des Willens, sondern das Object wirklich zu machen). Daß, um eine Linie nach einem sichern Princip in zwei gleiche Theile zu theilen, ich aus den Enden derselben zwei Kreuzbogen machen müsse, das lehrt die Mathematik freilich nur durch synthetische Sätze; aber daß, wenn ich weiß, durch solche Handlung allein könne die gedachte Wirkung geschehen, ich, wenn ich die Wirkung vollständig will, auch die Handlung wolle, die dazu erforderlich ist, ist ein analytischer Satz; denn etwas als eine auf gewisse Art durch mich mögliche Wirkung und mich in Ansehung ihrer auf dieselbe Art handelnd vorstellen, ist ganz einerlei.

      Die Imperativen, der Klugheit würden, wenn es nur so leicht wäre, einen bestimmten Begriff von Glückseligkeit zu geben, mit denen der Geschicklichkeit ganz und gar übereinkommen und eben sowohl analytisch sein. Denn es würde eben sowohl hier als dort heißen: wer den Zweck will, will auch (der Vernunft gemäß nothwendig) die einzigen Mittel, die dazu in seiner Gewalt sind. Allein es ist ein Unglück, daß der Begriff der Glückseligkeit ein so unbestimmter Begriff ist, daß, obgleich jeder Mensch zu dieser zu gelangen wünscht, er doch niemals bestimmt und mit sich selbst einstimmig sagen kann, was er eigentlich wünsche und wolle. Die Ursache davon ist: daß alle Elemente, die zum Begriff der Glückseligkeit gehören, insgesammt empirisch sind, d. i. aus der Erfahrung müssen entlehnt werden, daß gleichwohl zur Idee der Glückseligkeit ein absolutes Ganze, ein Maximum des Wohlbefindens, in meinem gegenwärtigen und jedem zukünftigen Zustande erforderlich ist. Nun ists unmöglich, daß das einsehendste und zugleich allervermögendste, aber doch endliche Wesen sich einen bestimmten Begriff von dem mache, was er hier eigentlich wolle. Will er Reichthum, wie viel Sorge, Neid und Nachstellung könnte er sich dadurch nicht auf den Hals ziehen! Will er viel Erkenntniß und Einsicht, vielleicht könnte das ein nur um desto schärferes Auge werden, um die Übel, die sich für ihn jetzt noch verbergen und doch nicht vermieden werden können, ihm nur um desto schrecklicher zu zeigen, oder seinen Begierden, die ihm schon genug zu schaffen machen, noch mehr Bedürfnisse aufzubürden. Will er ein langes Leben, wer steht ihm dafür, daß es nicht ein langes Elend sein würde? Will er wenigstens Gesundheit, wie oft hat noch Ungemächlichkeit des Körpers von Ausschweifung abgehalten, darein unbeschränkte Gesundheit würde haben fallen lassen, u. s. w. Kurz, er ist nicht vermögend, nach irgend einem Grundsatze mit völliger Gewißheit zu bestimmen, was ihn wahrhaftig glücklich machen werde, darum weil hiezu Unwissenheit erforderlich sein würde. Man kann also nicht nach bestimmten Principien handeln, um glücklich zu sein, sondern nur nach empirischen Rathschlägen, z. B. der Diät, der Sparsamkeit, der Höflichkeit, der Zurückhaltung u. s. w., von welchen die Erfahrung lehrt, daß sie das Wohlbefinden im Durchschnitt am meisten befördern. Hieraus folgt, daß die Imperativen der Klugheit, genau zu reden, gar nicht gebieten, d. i. Handlungen objectiv als praktisch-nothwendig darstellen, können, daß sie eher für Anrathungen (consilia) als Gebote (praecepta) der Vernunft zu halten sind, daß die Aufgabe: sicher und allgemein zu bestimmen, welche Handlung die Glückseligkeit eines vernünftigen Wesens befördern werde, völlig unauflöslich, mithin kein Imperativ in Ansehung derselben möglich sei, der im strengen Verstande geböte, das zu thun, was glücklich macht, weil Glückseligkeit nicht ein Ideal der Vernunft, sondern der Einbildungskraft ist, was bloß auf empirischen Gründen beruht, von denen man vergeblich erwartet, daß sie eine Handlung bestimmen sollten, dadurch die Totalität einer in der That unendlichen Reihe von Folgen erreicht würde. Dieser Imperativ der Klugheit würde indessen, wenn man annimmt, die Mittel zur Glückseligkeit ließen sich sicher angeben, ein analytisch-praktischer Satz sein; denn er ist von dem Imperativ der Geschicklichkeit nur darin unterschieden, daß bei diesem der Zweck bloß möglich, bei jenem aber gegeben ist; da beide aber bloß die Mittel zu demjenigen gebieten, von dem man voraussetzt, daß man es als Zweck wollte: so ist der Imperativ, der das Wollen der Mittel für den, der den Zweck will, gebietet, in beiden Fällen analytisch. Es ist also in Ansehung der Möglichkeit eines solchen Imperativs auch keine Schwierigkeit.

      Dagegen, wie der Imperativ der Sittlichkeit möglich sei, ist ohne Zweifel die einzige einer Auflösung bedürftige Frage, da er gar nicht hypothetisch ist und also die objectiv-vorgestellte Nothwendigkeit sich auf keine Voraussetzung stützen kann, wie bei den hypothetischen Imperativen. Nur ist immer hiebei nicht aus der Acht zu lassen, daß es durch kein Beispiel, mithin empirisch, auszumachen sei, ob es überall irgend einen dergleichen Imperativ gebe, sondern zu besorgen, daß alle, die kategorisch scheinen, doch versteckter Weise hypothetisch sein mögen. Z. B. wenn es heißt: du sollst nichts betrüglich versprechen, und man nimmt an, daß die Nothwendigkeit dieser Unterlassung nicht etwa bloße Rathgebung zu Vermeidung irgend eines andern Übels sei, so daß es etwa hieße: du sollst nicht lügenhaft versprechen, damit du nicht, wenn es offenbar wird, dich um den Credit bringest; sondern eine Handlung dieser Art müsse für sich selbst als böse betrachtet werden, der Imperativ des Verbots sei also kategorisch: so kann man doch in keinem Beispiel mit Gewißheit darthun, daß der Wille hier ohne andere Triebfeder, bloß durchs Gesetz, bestimmt werde, ob es gleich so scheint; denn es ist immer möglich, daß ingeheim Furcht vor Beschämung, vielleicht auch dunkle Besorgniß anderer Gefahren Einfluß auf den Willen haben möge. Wer kann das Nichtsein einer Ursache durch Erfahrung beweisen, da diese nichts weiter lehrt, als daß wir jene nicht wahrnehmen? Auf solchen Fall aber würde der sogenannte moralische Imperativ, der als ein solcher kategorisch und unbedingt erscheint, in der That nur eine pragmatische Vorschrift sein, die uns auf unsern Vortheil aufmerksam macht und uns bloß lehrt, diesen in Acht zu nehmen.

      Wir werden also die Möglichkeit eines kategorischen Imperativs gänzlich a priori zu untersuchen haben, da uns hier der Vortheil nicht zu statten kommt, daß die Wirklichkeit desselben in der Erfahrung gegeben und also die Möglichkeit nicht zur Festsetzung, sondern bloß zur Erklärung nöthig wäre. So viel ist indessen vorläufig einzusehen: daß der kategorische Imperativ allein als ein praktisches Gesetz laute, die übrigen insgesammt zwar Principien des Willens, aber nicht Gesetze heißen können: weil, was bloß zur Erreichung einer beliebigen Absicht zu thun nothwendig ist, an sich als zufällig betrachtet werden kann und wir von der Vorschrift jederzeit los sein können, wenn wir die Absicht aufgeben, dahingegen das unbedingte Gebot dem Willen kein Belieben in Ansehung des Gegentheils frei läßt, mithin allein diejenige Nothwendigkeit bei sich führt, welche wir zum Gesetze verlangen.

      Zweitens ist bei diesem kategorischen Imperativ oder Gesetze der Sittlichkeit der Grund der Schwierigkeit (die Möglichkeit desselben einzusehen) auch sehr groß. Er ist ein synthetisch-praktischer Satz) a priori, und da die Möglichkeit der Sätze dieser Art einzusehen so viel Schwierigkeit im theoretischen Erkenntnisse hat, so läßt sich leicht abnehmen, daß sie im praktischen nicht weniger haben werde.

      Bei dieser Aufgabe wollen wir zuerst versuchen, ob nicht vielleicht der bloße Begriff eines kategorischen Imperativs auch die Formel desselben an die Hand gebe, die den Satz enthält, der allein ein kategorischer Imperativ sein kann; denn wie ein solches absolutes Gebot möglich sei, wenn wir auch gleich wissen, wie es lautet, wird noch besondere und schwere Bemühung erfordern, die wir aber zum letzten Abschnitte aussetzen.

      Wenn ich mir einen hypothetischen Imperativ überhaupt denke, so weiß ich nicht zum voraus, was er enthalten werde: bis mir die Bedingung gegeben ist. Denke ich mir aber einen kategorischen Imperativ, so weiß ich sofort, was er enthalte. Denn da der Imperativ außer dem Gesetze nur die Nothwendigkeit der Maxime enthält, diesem Gesetze gemäß zu sein, das Gesetz aber keine Bedingung enthält, auf die es eingeschränkt war, so bleibt nichts als die Allgemeinheit eines Gesetztes überhaupt übrig, welchem die Maxime der Handlung gemäß sein soll, und welche Gemäßheit allein der Imperativ eigentlich als nothwendig vorstellt.

      Der kategorische Imperativ ist also nur ein einziger und zwar dieser: handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, daß sie ein allgemeines Gesetz werde.

      Wenn nun aus diesem einigen Imperativ alle Imperativen der Pflicht als aus ihrem Princip abgeleitet werden können, so werden wir, ob wir es gleich unausgemacht lassen, ob nicht überhaupt das, was man Pflicht nennt, ein leerer Begriff sei, doch wenigstens anzeigen können, was wir dadurch denken und was dieser Begriff sagen wolle.

      Weil die Allgemeinheit des Gesetzes, wornach Wirkungen geschehen, dasjenige ausmacht, was eigentlich Natur im allgemeinsten Verstande (der Form nach), d. i. das Dasein der Dinge, heißt, so fern es nach allgemeinen Gesetzen bestimmt ist, so könnte der allgemeine Imperativ der Pflicht auch so lauten: handle so, als ob die Maxime deiner Handlung durch deinen Willen zum allgemeinen Naturgesetze werden sollte.

      Nun wollen wir einige Pflichten herzählen nach der gewöhnlichen Eintheilung derselben in Pflichten gegen uns selbst und gegen andere Menschen, in vollkommene und unvollkommene Pflichten.

      1) Einer, der durch eine Reihe von Übeln, die bis zur Hoffnungslosigkeit angewachsen ist, einen Überdruß am Leben empfindet, ist noch so weit im Besitze seiner Vernunft, daß er sich selbst fragen kann, ob es auch nicht etwa der Pflicht gegen sich selbst zuwider sei, sich das Leben zu nehmen. Nun versucht er: ob die Maxime seiner Handlung wohl ein allgemeines Naturgesetz werden könne. Seine Maxime aber ist: ich mache es mir aus Selbstliebe zum Princip, wenn das Leben bei seiner längern Frist mehr Übel droht, als es Annehmlichkeit verspricht, es mir abzukürzen. Es frägt sich nur noch, ob dieses Princip der Selbstliebe ein allgemeines Naturgesetz werden könne. Da sieht man aber bald, daß eine Natur, deren Gesetz es wäre, durch dieselbe Empfindung, deren Bestimmung es ist, zur Beförderung des Lebens anzutreiben, das Leben selbst zu zerstören, ihr selbst widersprechen und also nicht als Natur bestehen würde, mithin jene Maxime unmöglich als allgemeines Naturgesetz stattfinden könne und folglich dem obersten Princip aller Pflicht gänzlich widerstreite.

      2) Ein anderer sieht sich durch Noth gedrungen, Geld zu borgen. Er weiß wohl, daß er nicht wird bezahlen können, sieht aber auch, daß ihm nichts geliehen werden wird, wenn er nicht festiglich verspricht, es zu einer bestimmten Zeit zu bezahlen. Er hat Lust, ein solches Versprechen zu thun; noch aber hat er so viel Gewissen, sich zu fragen: ist es nicht unerlaubt und pflichtwidrig, sich auf solche Art aus Noth zu helfen? Gesetzt, er beschlösse es doch, so würde seine Maxime der Handlung so lauten: wenn ich mich in Geldnoth zu sein glaube, so will ich Geld borgen und versprechen es zu bezahlen, ob ich gleich weiß, es werde niemals geschehen. Nun ist dieses Princip der Selbstliebe oder der eigenen Zuträglichkeit mit meinem ganzen künftigen Wohlbefinden vielleicht wohl zu vereinigen, allein jetzt ist die Frage: ob es recht sei. Ich verwandle also die Zumuthung der Selbstliebe in ein allgemeines Gesetz und richte die Frage so ein: wie es dann stehen würde, wenn meine Maxime ein allgemeines Gesetz würde. Da sehe ich nun sogleich, daß sie niemals als allgemeines Naturgesetz gelten und mit sich selbst zusammenstimmen könne, sondern sich nothwendig widersprechen müsse. Denn die Allgemeinheit eines Gesetzes, daß jeder, nachdem er in Noth zu sein glaubt, versprechen könne, was ihm einfällt, mit dem Vorsatz, es nicht zu halten, würde das Versprechen und den Zweck, den man damit haben mag, selbst unmöglich machen, indem niemand glauben würde, daß ihm was versprochen sei, sondern über alle solche Äußerung als eitles Vorgeben lachen würde.

      3) Ein dritter findet in sich ein Talent, welches vermittelst einiger Cultur ihn zu einem in allerlei Absicht brauchbaren Menschen machen könnte. Er sieht sich aber in bequemen Umständen und zieht vor, lieber dem Vergnügen nachzuhängen, als sich mit Erweiterung und Verbesserung seiner glücklichen Naturanlagen zu bemühen. Noch frägt er aber: ob außer der Übereinstimmung, die seine Maxime der Verwahrlosung seiner Naturgaben mit seinem Hange zur Ergötzlichkeit an sich hat, sie auch mit dem, was man Pflicht nennt, übereinstimme. Da sieht er nun, daß zwar eine Natur nach einem solchen allgemeinen Gesetze immer noch bestehen könne, obgleich der Mensch (so wie die Südsee-Einwohner) sein Talent rosten ließe und sein Leben bloß auf Müßiggang, Ergötzlichkeit, Fortpflanzung, mit einem Wort auf Genuß zu verwenden bedacht wäre; allein er kann unmöglich wollen, daß dieses ein allgemeines Naturgesetz werde, oder als ein solches in uns durch Naturinstinct gelegt sei. Denn als ein vernünftiges Wesen will er nothwendig, daß alle Vermögen in ihm entwickelt werden, weil sie ihm doch zu allerlei möglichen Absichten dienlich und gegeben sind.

      Noch denkt ein vierter, dem es wohl geht, indessen er sieht, daß andere mit großen Mühseligkeiten zu kämpfen haben (denen er auch wohl helfen könnte): was gehts mich an? mag doch ein jeder so glücklich sein, als es der Himmel will oder er sich selbst machen kann, ich werde ihm nichts entziehen, ja nicht einmal beneiden; nur zu seinem Wohlbefinden oder seinem Beistande in der Noth habe ich nicht Lust etwas beizutragen! Nun könnte allerdings, wenn eine solche Denkungsart ein allgemeines Naturgesetz würde, das menschliche Geschlecht gar wohl bestehen und ohne Zweifel noch besser, als wenn jedermann von Theilnehmung und Wohlwollen schwatzt, auch sich beeifert, gelegentlich dergleichen auszuüben, dagegen aber auch, wo er nur kann, betrügt, das Recht der Menschen verkauft, oder ihm sonst Abbruch thut. Aber obgleich es möglich ist, daß nach jener Maxime ein allgemeines Naturgesetz wohl bestehen könnte: so ist es doch unmöglich, zu wollen, daß ein solches Princip als Naturgesetz allenthalben gelte. Denn ein Wille, der dieses beschlösse, würde sich selbst widerstreiten, indem der Fälle sich doch manche eräugnen können, wo er anderer Liebe und Theilnehmung bedarf, und wo er durch ein solches aus seinem eigenen Willen entsprungenes Naturgesetz sich selbst alle Hoffnung des Beistandes, den er sich wünscht, rauben würde.

      Dieses sind nun einige von den vielen wirklichen oder wenigstens von uns dafür gehaltenen Pflichten, deren Abtheilung aus dem einigen angeführten Princip klar in die Augen fällt. Man muß wollen können, daß eine Maxime unserer Handlung ein allgemeines Gesetz werde: dies ist der Kanon der moralischen Beurtheilung derselben überhaupt. Einige Handlungen sind so beschaffen, daß ihre Maxime ohne Widerspruch nicht einmal als allgemeines Naturgesetz gedacht werden kann; weit gefehlt, daß man noch wollen könne, es sollte ein solches werden. Bei andern ist zwar jene innere Unmöglichkeit nicht anzutreffen, aber es ist doch unmöglich, zu wollen, daß ihre Maxime zur Allgemeinheit eines Naturgesetzes erhoben werde, weil ein solcher Wille sich selbst widersprechen würde. Man sieht leicht: daß die erstere der strengen oder engeren (unnachlaßlichen) Pflicht, die zweite nur der weiteren (verdienstlichen) Pflicht widerstreite, und so alle Pflichten, was die Art der Verbindlichkeit (nicht das Object ihrer Handlung) betrifft, durch diese Beispiele in ihrer Abhängigkeit von dem einigen Princip vollständig aufgestellt worden.

      Wenn wir nun auf uns selbst bei jeder Übertretung einer Pflicht Acht haben, so finden wir, daß wir wirklich nicht wollen, es solle unsere Maxime ein allgemeines Gesetz werden, denn das ist uns unmöglich, sondern das Gegentheil derselben soll vielmehr allgemein ein Gesetz bleiben; nur nehmen wir uns die Freiheit, für uns oder (auch nur für diesesmal) zum Vortheil unserer Neigung davon eine Ausnahme zu machen. Folglich wenn wir alles aus einem und demselben Gesichtspunkte, nämlich der Vernunft, erwögen, so würden wir einen Widerspruch in unserm eigenen Willen antreffen, nämlich daß ein gewisses Princip objectiv als allgemeines Gesetz nothwendig sei und doch subjectiv nicht allgemein gelten, sondern Ausnahmen verstatten sollte. Da wir aber einmal unsere Handlung aus dem Gesichtspunkte eines ganz der Vernunft gemäßen, dann aber auch eben dieselbe Handlung aus dem Gesichtspunkte eines durch Neigung afficirten Willens betrachten, so ist wirklich hier kein Widerspruch, wohl aber ein Widerstand der Neigung gegen die Vorschrift der Vernunft (antagonismus), wodurch die Allgemeinheit des Princips (universalitas) in eine bloße Gemeingültigkeit (generalitas) verwandelt wird, dadurch das praktische Vernunftprincip mit der Maxime auf dem halben Wege zusammenkommen soll. Ob nun dieses gleich in unserm eigenen unparteiisch angestellten Urtheile nicht gerechtfertigt werden kann, so beweiset es doch, daß wir die Gültigkeit des kategorischen Imperativs wirklich anerkennen und uns (mit aller Achtung für denselben) nur einige, wie es uns scheint, unerhebliche und uns abgedrungene Ausnahmen erlauben.

      Wir haben so viel also wenigstens dargethan, daß, wenn Pflicht ein Begriff ist, der Bedeutung und wirkliche Gesetzgebung für unsere Handlungen enthalten soll, diese nur in kategorischen Imperativen, keineswegs aber in hypothetischen ausgedrückt werden könne; imgleichen haben wir, welches schon viel ist, den Inhalt des kategorischen Imperativs, der das Princip aller Pflicht (wenn es überhaupt dergleichen gäbe) enthalten müßte, deutlich und zu jedem Gebrauche bestimmt dargestellt. Noch sind wir aber nicht so weit, a priori zu beweisen, daß dergleichen Imperativ wirklich stattfinde, daß es ein praktisches Gesetz gebe, welches schlechterdings und ohne alle Triebfedern für sich gebietet, und daß die Befolgung dieses Gesetzes Pflicht sei.

      Bei der Absicht, dazu zu gelangen, ist es von der äußersten Wichtigkeit, sich dieses zur Warnung dienen zu lassen, daß man es sich ja nicht in den Sinn kommen lasse, die Realität dieses Princips aus der besondern Eigenschaft der menschlichen Natur ableiten zu wollen. Denn Pflicht soll praktisch-unbedingte Nothwendigkeit der Handlung sein; sie muß also für alle vernünftige Wesen (auf die nur überall ein Imperativ treffen kann) gelten und allein darum auch für allen menschlichen Willen ein Gesetz sein. Was dagegen aus der besondern Naturanlage der Menschheit, was aus gewissen Gefühlen und Hange, ja sogar wo möglich aus einer besonderen Richtung, die der menschlichen Vernunft eigen wäre und nicht nothwendig für den Willen eines jeden vernünftigen Wesens gelten müßte, abgeleitet wird, das kann zwar eine Maxime für uns, aber kein Gesetz abgeben, ein subjectiv Princip, nach welchem wir handeln zu dürfen Hang und Neigung haben, aber nicht ein objectives, nach welchem wir angewiesen waren zu handeln, wenn gleich aller unser Hang, Neigung und Natureinrichtung dawider wäre, sogar, daß es um desto mehr die Erhabenheit und innere Würde des Gebots in einer Pflicht beweiset, je weniger die subjectiven Ursachen dafür, je mehr sie dagegen sind, ohne doch deswegen die Nöthigung durchs Gesetz nur im mindesten zu schwächen und seiner Gültigkeit etwas zu benehmen.

      Hier sehen wir nun die Philosophie in der That auf einen mißlichen Standpunkt gestellt, der fest sein soll, unerachtet er weder im Himmel, noch auf der Erde an etwas gehängt oder woran gestützt wird. Hier soll sie ihre Lauterkeit beweisen als Selbsthalterin ihrer Gesetze, nicht als Herold derjenigen, welche ihr ein eingepflanzter Sinn, oder wer weiß welche vormundschaftliche Natur einflüstert, die insgesammt, sie mögen immer besser sein als gar nichts, doch niemals Grundsätze abgeben können, die die Vernunft dictirt, und die durchaus völlig a priori ihren Quell und hiemit zugleich ihr gebietendes Ansehen haben müssen: nichts von der Neigung des Menschen, sondern alles von der Obergewalt des Gesetzes und der schuldigen Achtung für dasselbe zu erwarten, oder den Menschen widrigenfalls zur Selbstverachtung und innern Abscheu zu verurtheilen.

      Alles also, was empirisch ist, ist als Zuthat zum Princip der Sittlichkeit nicht allein dazu ganz untauglich, sondern der Lauterkeit der Sitten selbst höchst nachtheilig, an welchen der eigentliche und über allen Preis erhabene Werth eines schlechterdings guten Willens eben darin besteht, daß das Princip der Handlung von allen Einflüssen zufälliger Gründe, die nur Erfahrung an die Hand geben kann, frei sei. Wider diese Nachlässigkeit oder gar niedrige Denkungsart in Aufsuchung des Princips unter empirischen Bewegursachen und Gesetzen kann man auch nicht zu viel und zu oft Warnungen ergehen lassen, indem die menschliche Vernunft in ihrer Ermüdung gern auf diesem Polster ausruht und in dem Traume süßer Vorspiegelungen (die sie doch statt der Juno eine Wolke umarmen lassen) der Sittlichkeit einen aus Gliedern ganz verschiedener Abstammung zusammengeflickten Bastard unterschiebt, der allem ähnlich sieht, was man daran sehen will, nur der Tugend nicht für den, der sie einmal in ihrer wahren Gestalt erblickt hat.

      Die Frage ist also diese: ist es ein nothwendiges Gesetz für alle vernünftige Wesen, ihre Handlungen jederzeit nach solchen Maximen zu beurtheilen, von denen sie selbst wollen können, daß sie zu allgemeinen Gesetzen dienen sollen? Wenn es ein solches ist, so muß es (völlig a priori) schon mit dem Begriffe des Willens eines vernünftigen Wesens überhaupt verbunden sein. Um aber diese Verknüpfung zu entdecken, muß man, so sehr man sich auch sträubt, einen Schritt hinaus thun, nämlich zur Metaphysik, obgleich in ein Gebiet derselben, welches von dem der speculativen Philosophie unterschieden ist, nämlich in die Metaphysik der Sitten. In einer praktischen Philosophie, wo es uns nicht darum zu thun ist, Gründe anzunehmen von dem, was geschieht, sondern Gesetze von dem, was geschehen soll, ob es gleich niemals geschieht, d. i. objectiv-praktische Gesetze: da haben wir nicht nöthig, über die Gründe Untersuchung anzustellen, warum etwas gefällt oder mißfällt, wie das Vergnügen der bloßen Empfindung vom Geschmacke, und ob dieser von einem allgemeinen Wohlgefallen der Vernunft unterschieden sei; worauf Gefühl der Lust und Unlust beruhe, und wie hieraus Begierden und Neigungen, aus diesen aber durch Mitwirkung der Vernunft Maximen entspringen; denn das gehört alles zu einer empirischen Seelenlehre, welche den zweiten Theil der Naturlehre ausmachen würde, wenn man sie als Philosophie der Natur betrachtet, so fern sie auf empirischen Gesetzen gegründet ist. Hier aber ist vom objectiv-praktischen Gesetze die Rede, mithin von dem Verhältnisse eines Willens zu sich selbst, so fern er sich bloß durch Vernunft bestimmt, da denn alles, was aufs Empirische Beziehung hat, von selbst wegfällt: weil, wenn die Vernunft für sich allein das Verhalten bestimmt (wovon wir die Möglichkeit jetzt eben untersuchen wollen), sie dieses nothwendig a priori thun muß.

      Der Wille wird als ein Vermögen gedacht, der Vorstellung gewisser Gesetze gemäß sich selbst zum Handeln zu bestimmen. Und ein solches Vermögen kann nur in vernünftigen Wesen anzutreffen sein. Nun ist das, was dem Willen zum objectiven Grunde seiner Selbstbestimmung dient, der Zweck, und dieser, wenn er durch bloße Vernunft gegeben wird, muß für alle vernünftige Wesen gleich gelten. Was dagegen bloß den Grund der Möglichkeit der Handlung enthält, deren Wirkung Zweck ist, heißt das Mittel. Der subjective Grund des Begehrens ist die Triebfeder, der objective des Wollens der Bewegungsgrund; daher der Unterschied zwischen subjectiven Zwecken, die auf Triebfedern beruhen, und objectiven, die auf Bewegungsgründe ankommen, welche für jedes vernünftige Wesen gelten. Praktische Principien sind formal, wenn sie von allen subjectiven Zwecken abstrahiren; sie sind aber material, wenn sie diese, mithin gewisse Triebfedern zum Grunde legen. Die Zwecke, die sich ein vernünftiges Wesen als Wirkungen seiner Handlung nach Belieben vorsetzt, (materiale Zwecke) sind insgesammt nur relativ; denn nur bloß ihr Verhältniß auf ein besonders geartetes Begehrungsvermögen des Subjects giebt ihnen den Werth, der daher keine allgemeine für alle vernünftige Wesen und auch nicht für jedes Wollen gültige und nothwendige Principien, d. i. praktische Gesetze, an die Hand geben kann. Daher sind alle diese relative Zwecke nur der Grund von hypothetischen Imperativen.

      Gesetzt aber, es gäbe etwas, dessen Dasein an sich selbst einen absoluten Werth hat, was als Zweck an sich selbst ein Grund bestimmter Gesetze sein könnte, so würde in ihm und nur in ihm allein der Grund eines möglichen kategorischen Imperativs, d. i. praktischen Gesetzes, liegen.

      Nun sage ich: der Mensch und überhaupt jedes vernünftige Wesen existirt als Zweck an sich selbst, nicht bloß als Mittel zum beliebigen Gebrauche für diesen oder jenen Willen, sondern muß in allen seinen sowohl auf sich selbst, als auch auf andere vernünftige Wesen gerichteten Handlungen jederzeit zugleich als Zweck betrachtet werden. Alle Gegenstände der Neigungen haben nur einen bedingten Werth; denn wenn die Neigungen und darauf gegründete Bedürfnisse nicht wären, so würde ihr Gegenstand ohne Werth sein. Die Neigungen selber als Quellen des Bedürfnisses haben so wenig einen absoluthen Werth, um sie selbst zu wünschen, daß vielmehr, gänzlich davon frei zu sein, der allgemeine Wunsch eines jeden vernünftigen Wesens sein muß. Also ist der Werth aller durch unsere Handlung zu erwerbenden Gegenstände jederzeit bedingt. Die Wesen, deren Dasein zwar nicht auf unserm Willen, sondern der Natur beruht, haben dennoch, wenn sie vernunftlose Wesen sind, nur einen relativen Werth, als Mittel, und heißen daher Sachen, dagegen vernünftige Wesen Personen genannt werden, weil ihre Natur sie schon als Zwecke an sich selbst, d. i. als etwas, das nicht bloß als Mittel gebraucht werden darf, auszeichnet, mithin so fern alle Willkür einschränkt (und ein Gegenstand der Achtung ist). Dies sind also nicht bloß subjective Zwecke, deren Existenz als Wirkung unserer Handlung für uns einen Werth hat; sondern objective Zwecke, d. i. Dinge, deren Dasein an sich selbst Zweck ist und zwar ein solcher, an dessen Statt kein anderer Zweck gesetzt werden kann, dem sie bloß als Mittel zu Diensten stehen sollten, weil ohne dieses überall gar nichts von absolutem Werthe würde angetroffen werden; wenn aber aller Werth bedingt, mithin zufällig wäre, so könnte für die Vernunft überall kein oberstes praktisches Princip angetroffen werden.

      Wenn es denn also ein oberstes praktisches Princip und in Ansehung des menschlichen Willens einen kategorischen Imperativ geben soll, so muß es ein solches sein, das aus der Vorstellung dessen, was nothwendig für jedermann Zweck ist, weil es Zweck an sich selbst ist, ein objectives Princip des Willens ausmacht, mithin zum allgemeinen praktischen Gesetz dienen kann. Der Grund dieses Princips ist: die vernünftige Natur existirt als Zweck an sich selbst. So stellt sich nothwendig der Mensch sein eigenes Dasein vor; so fern ist es also ein subjectives Princip menschlicher Handlungen. So stellt sich aber auch jedes andere vernünftige Wesen sein Dasein zufolge eben desselben Vernunftgrundes, der auch für mich gilt, vor; also ist es zugleich ein objectives Princip, woraus als einem obersten praktischen Grunde alle Gesetze des Willens müssen abgeleitet werden können. Der praktische Imperativ wird also folgender sein: Handle so, daß du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden andern jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst. Wir wollen sehen, ob sich dieses bewerkstelligen lasse.

      Um bei den vorigen Beispielen zu bleiben, so wird Erstlich nach dem Begriffe der nothwendigen Pflicht gegen sich selbst derjenige, der mit Selbstmorde umgeht, sich fragen, ob seine Handlung mit der Idee der Menschheit als Zwecks an sich selbst zusammen bestehen könne. Wenn er, um einem beschwerlichen Zustande zu entfliehen, sich selbst zerstört, so bedient er sich einer Person bloß als eines Mittels zu Erhaltung eines erträglichen Zustandes bis zu Ende des Lebens. Der Mensch aber ist keine Sache, mithin nicht etwas, das bloß als Mittel gebraucht werden kann, sondern muß bei allen seinen Handlungen jederzeit als Zweck an sich selbst betrachtet werden. Also kann ich über den Menschen in meiner Person nichts disponiren, ihn zu verstümmeln, zu verderben, oder zu tödten. (Die nähere Bestimmung dieses Grundsatzes zur Vermeidung alles Mißverstandes, z. B. der Amputation der Glieder, um mich zu erhalten, der Gefahr, der ich mein Leben aussetze, um mein Leben zu erhalten etc., muß ich hier vorbeigehen; sie gehört zur eigentlichen Moral.)

      Zweitens, was die nothwendige oder schuldige Pflicht gegen andere betrifft, so wird der, so ein lügenhaftes Versprechen gegen andere zu thun im Sinne hat, sofort einsehen, daß er sich eines andern Menschen bloß als Mittels bedienen will, ohne daß dieser zugleich den Zweck in sich enthalte. Denn der, den ich durch ein solches Versprechen zu meinen Absichten brauchen will, kann unmöglich in meine Art, gegen ihn zu verfahren, einstimmen und also selbst den Zweck dieser Handlung enthalten. Deutlicher fällt dieser Widerstreit gegen das Princip anderer Menschen in die Augen, wenn man Beispiele von Angriffe auf Freiheit und Eigenthum anderer herbeizieht. Denn da leuchtet klar ein, daß der Übertreter der Rechte der Menschen, sich der Person anderer bloß als Mittel zu bedienen, gesonnen sei, ohne in Betracht zu ziehen, daß sie als vernünftige Wesen jederzeit zugleich als Zwecke, d. i. nur als solche, die von eben derselben Handlung auch in sich den Zweck müssen enthalten können, geschätzt werden sollen.

      Drittens, in Ansehung der zufälligen (verdienstlichen) Pflicht gegen sich selbst ists nicht genug, daß die Handlung nicht der Menschheit in unserer Person als Zweck an sich selbst widerstreite, sie muß auch dazu zusammenstimmen. Nun sind in der Menschheit Anlagen zu größerer Vollkommenheit, die zum Zwecke der Natur in Ansehung der Menschheit in unserem Subject gehören; diese zu vernachlässigen, würde allenfalls wohl mit der Erhaltung der Menschheit als Zwecks an sich selbst, aber nicht der Beförderung dieses Zwecks bestehen können.

      Viertens, in Betreff der verdienstlichen Pflicht gegen andere ist der Naturzweck, den alle Menschen haben, ihre eigene Glückseligkeit. Nun würde zwar die Menschheit bestehen können, wenn niemand zu des andern Glückseligkeit was beitrüge, dabei aber ihr nichts vorsetzlich entzöge; allein es ist dieses doch nur eine negative und nicht positive Übereinstimmung zur Menschheit als Zweck an sich selbst, wenn jedermann auch nicht die Zwecke anderer, so viel an ihm ist, zu befördern trachtete. Denn das Subject, welches Zweck an sich selbst ist, dessen Zwecke müssen, wenn jene Vorstellung bei mir alle Wirkung thun soll, auch, so viel möglich, meine Zwecke sein.

      Dieses Princip der Menschheit und jeder vernünftigen Natur überhaupt, als Zwecks an sich selbst, (welche die oberste einschränkende Bedingung der Freiheit der Handlungen eines jeden Menschen ist) ist nicht aus der Erfahrung entlehnt: erstlich wegen seiner Allgemeinheit, da es auf alle vernünftige Wesen überhaupt geht, worüber etwas zu bestimmen keine Erfahrung zureicht; zweitens weil darin die Menschheit nicht als Zweck der Menschen (subjectiv), d. i. als Gegenstand, den man sich von selbst wirklich zum Zwecke macht, sondern als objectiver Zweck, der, wir mögen Zwecke haben, welche wir wollen, als Gesetz die oberste einschränkende Bedingung aller subjectiven Zwecke ausmachen soll, vorgestellt wird, mithin es aus reiner Vernunft entspringen muß. Es liegt nämlich der Grund aller praktischen Gesetzgebung objectiv in der Regel und der Form der Allgemeinheit, die sie ein Gesetz (allenfalls Naturgesetz) zu sein fähig macht (nach dem ersten Princip), subjectiv aber im Zwecke; das Subject aller Zwecke aber ist jedes vernünftige Wesen, als Zweck an sich selbst (nach dem zweiten Princip): hieraus folgt nun das dritte praktische Princip des Willens, als oberste Bedingung der Zusammenstimmung desselben mit der allgemeinen praktischen Vernunft, die Idee des Willens jedes vernünftigen Wesens als eines allgemein gesetzgebenden Willens.

      Alle Maximen werden nach diesem Princip verworfen, die mit der eigenen allgemeinen Gesetzgebung des Willens nicht zusammen bestehen können. Der Wille wird also nicht lediglich dem Gesetze unterworfen, sondern so unterworfen, daß er auch als selbstgesetzgebend und eben um deswillen allererst dem Gesetze (davon er selbst sich als Urheber betrachten kann) unterworfen angesehen werden muß.

      Die Imperativen nach der vorigen Vorstellungsart, nämlich der allgemein einer Naturordnung ähnlichen Gesetzmäßigkeit der Handlungen, oder des allgemeinen Zwecksvorzuges vernünftiger Wesen an sich selbst, schlossen zwar von ihrem gebietenden Ansehen alle Beimischung irgend eines Interesse als Triebfeder aus, eben dadurch daß sie als kategorisch vorgestellt wurden; sie wurden aber nur als kategorisch angenommen, weil man dergleichen annehmen mußte, wenn man den Begriff von Pflicht erklären wollte. Daß es aber praktische Sätze gäbe, die kategorisch geböten, könnte für sich nicht bewiesen werden, so wenig wie es überhaupt in diesem Abschnitte auch hier noch nicht geschehen kann; allein eines hätte doch geschehen können, nämlich: daß die Lossagung von allem Interesse beim Wollen aus Pflicht, als das specifische Unterscheidungszeichen des kategorischen vom hypothetischen Imperativ, in dem Imperativ selbst durch irgend eine Bestimmung, die er enthielte, mit angedeutet würde, und dieses geschieht in gegenwärtiger dritten Formel des Princips, nämlich der Idee des Willens eines jeden vernünftigen Wesens als eines allgemein gesetzgebenden Willens.

      Denn wenn wir einen solchen denken, so kann, obgleich ein Wille, der unter Gesetzen steht, noch vermittelst eines Interesse an dieses Gesetz gebunden sein mag, dennoch ein Wille, der selbst zu oberst gesetzgebend ist, unmöglich so fern von irgend einem Interesse abhängen; denn ein solcher abhängender Wille würde selbst noch eines andern Gesetzes bedürfen, welches das Interesse seiner Selbstliebe auf die Bedingung einer Gültigkeit zum allgemeinen Gesetz einschränkte.

      Also würde das Princip eines jeden menschlichen Willens, als eines durch alle seine Maximen allgemein gesetzgebenden Willens, wenn es sonst mit ihm nur seine Richtigkeit hätte, sich zum kategorischen Imperativ darin gar wohl schicken, daß es eben um der Idee der allgemeinen Gesetzgebung willen sich auf kein Interesse gründet und also unter allen möglichen Imperativen allein unbedingt sein kann; oder noch besser, indem wir den Satz umkehren: wenn es einen kategorischen Imperativ giebt (d. i. ein Gesetz für jeden Willen eines vernünftigen Wesens), so kann er nur gebieten, alles aus der Maxime seines Willens als eines solchen zu thun, der zugleich sich selbst als allgemein gesetzgebend zum Gegenstande haben könnte; denn alsdann nur ist das praktische Princip und der Imperativ, dem er gehorcht, unbedingt, weil er gar kein Interesse zum Grunde haben kann.

      Es ist nun kein Wunder, wenn wir auf alle bisherige Bemühungen, die jemals unternommen worden, um das Princip der Sittlichkeit ausfindig zu machen, zurücksehen, warum sie insgesammt haben fehlschlagen müssen. Man sah den Menschen durch seine Pflicht an Gesetze gebunden, man ließ es sich aber nicht einfallen, daß er nur seiner eigenen und dennoch allgemeinen Gesetzgebung unterworfen sei, und daß er nur verbunden sei, seinem eigenen, dem Naturzwecke nach aber allgemein gesetzgebenden Willen gemäß zu handeln. Denn wenn man sich ihn nur als einem Gesetz (welches es auch sei) unterworfen dachte: so mußte dieses irgend ein Interesse als Reiz oder Zwang bei sich führen, weil es nicht als Gesetz aus seinem Willen entsprang, sondern dieser gesetzmäßig von etwas anderm genöthigt wurde, auf gewisse Weise zu handeln. Durch diese ganz nothwendige Folgerung aber war alle Arbeit, einen obersten Grund der Pflicht zu finden, unwiederbringlich verloren. Denn man bekam niemals Pflicht, sondern Nothwendigkeit der Handlung aus einem gewissen Interesse heraus. Dieses mochte nun ein eigenes oder fremdes Interesse sein. Aber alsdann mußte der Imperativ jederzeit bedingt ausfallen und konnte zum moralischen Gebote gar nicht taugen. Ich will also diesen Grundsatz das Princip der Autonomie des Willens im Gegensatz mit jedem andern, das ich deshalb zur Heteronomie zähle, nennen.

      Der Begriff eines jeden vernünftigen Wesens, das sich durch alle Maximen seines Willens als allgemein gesetzgebend betrachten muß, um aus diesem Gesichtspunkte sich selbst und seine Handlungen zu beurtheilen, führt auf einen ihm anhängenden sehr fruchtbaren Begriff, nämlich den eines Reichs der Zwecke.

      Ich verstehe aber unter einem Reiche die systematische Verbindung verschiedener vernünftiger Wesen durch gemeinschaftliche Gesetze. Weil nun Gesetze die Zwecke ihrer allgemeinen Gültigkeit nach bestimmen, so wird, wenn man von dem persönlichen Unterschiede vernünftiger Wesen, imgleichen allem Inhalte ihrer Privatzwecke abstrahirt, ein Ganzes aller Zwecke (sowohl der vernünftigen Wesen als Zwecke an sich, als auch der eigenen Zwecke, die ein jedes sich selbst setzen mag) in systematischer Verknüpfung, d. i. ein Reich der Zwecke, gedacht werden können, welches nach obigen Principien möglich ist.

      Denn vernünftige Wesen stehen alle unter dem Gesetz, daß jedes derselben sich selbst und alle andere niemals bloß als Mittel, sondern jederzeit zugleich als Zweck an sich selbst behandeln solle. Hiedurch aber entspringt eine systematische Verbindung vernünftiger Wesen durch gemeinschaftliche objective Gesetze, d. i. ein Reich, welches, weil diese Gesetze eben die Beziehung dieser Wesen auf einander als Zwecke und Mittel zur Absicht haben, ein Reich der Zwecke (freilich nur ein Ideal) heißen kann.

      Es gehört aber ein vernünftiges Wesen als Glied zum Reiche der Zwecke, wenn es darin zwar allgemein gesetzgebend, aber auch diesen Gesetzen selbst unterworfen ist. Es gehört dazu als Oberhaupt, wenn es als gesetzgebend keinem Willen eines andern unterworfen ist.

      Das vernünftige Wesen muß sich jederzeit als gesetzgebend in einem durch Freiheit des Willens möglichen Reiche der Zwecke betrachten, es mag nun sein als Glied, oder als Oberhaupt. Den Platz des letztern kann es aber nicht bloß durch die Maxime seines Willens, sondern nur alsdann, wenn es ein völlig unabhängiges Wesen ohne Bedürfniß und Einschränkung seines dem Willen adäquaten Vermögens ist, behaupten.

      Moralität besteht also in der Beziehung aller Handlung auf die Gesetzgebung, dadurch allein ein Reich der Zwecke möglich ist. Diese Gesetzgebung muß aber in jedem vernünftigen Wesen selbst angetroffen werden und aus seinem Willen entspringen können, dessen Princip also ist: keine Handlung nach einer andern Maxime zu thun, als so, daß es auch mit ihr bestehen könne, daß sie ein allgemeines Gesetz sei, und also nur so, daß der Wille durch seine Maxime sich selbst zugleich als allgemein gesetzgebend betrachten könne. Sind nun die Maximen mit diesem objectiven Princip der vernünftigen Wesen, als allgemein gesetzgebend, nicht durch ihre Natur schon nothwendig einstimmig, so heißt die Nothwendigkeit der Handlung nach jenem Princip praktische Nöthigung, d. i. Pflicht. Pflicht kommt nicht dem Oberhaupte im Reiche der Zwecke, wohl aber jedem Gliede und zwar allen in gleichem Maße zu.

      Die praktische Nothwendigkeit nach diesem Princip zu handeln, d. i. die Pflicht, beruht gar nicht auf Gefühlen, Antrieben und Neigungen, sondern bloß auf dem Verhältnisse vernünftiger Wesen zu einander, in welchem der Wille eines vernünftigen Wesens jederzeit zugleich als gesetzgebend betrachtet werden muß, weil es sie sonst nicht als Zweck an sich selbst denken könnte. Die Vernunft bezieht also jede Maxime des Willens als allgemein gesetzgebend auf jeden anderen Willen und auch auf jede Handlung gegen sich selbst und dies zwar nicht um irgend eines andern praktischen Bewegungsgrundes oder künftigen Vortheils willen, sondern aus der Idee der Würde eines vernünftigen Wesens, das keinem Gesetze gehorcht als dem, das es zugleich selbst giebt.

      Im Reiche der Zwecke hat alles entweder einen Preis, oder eine Würde. Was einen Preis hat, an dessen Stelle kann auch etwas ander
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 17:05:54
      Beitrag Nr. 36 ()
      WILLSTdu noch mehr???


      Die Autonomie des Willens

      als oberstes Princip der Sittlichkeit

      Autonomie des Willens ist die Beschaffenheit des Willens, dadurch derselbe ihm selbst (unabhängig von aller Beschaffenheit der Gegenstände des Wollens) ein Gesetz ist. Das Princip der Autonomie ist also: nicht anders zu wählen als so, daß die Maximen seiner Wahl in demselben Wollen zugleich als allgemeines Gesetz mit begriffen seien. Daß diese praktische Regel ein Imperativ sei, d. i. der Wille jedes vernünftigen Wesens an sie als Bedingung nothwendig gebunden sei, kann durch bloße Zergliederung der in ihm vorkommenden Begriffe nicht bewiesen werden, weil es ein synthetischer Satz ist; man müßte über die Erkenntniß der Objecte und zu einer Kritik des Subjects, d. i. der reinen praktischen Vernunft, hinausgehen, denn völlig a priori muß dieser synthetische Satz, der apodiktisch gebietet, erkannt werden können, dieses Geschäft aber gehört nicht in gegenwärtigen Abschnitt. Allein daß gedachtes Princip der Autonomie das alleinige Princip der Moral sei, läßt sich durch bloße Zergliederung der Begriffe der Sittlichkeit gar wohl darthun. Denn dadurch findet sich, daß ihr Princip ein kategorischer Imperativ sein müsse, dieser aber nichts mehr oder weniger als gerade diese Autonomie gebiete.





      Die Heteronomie des Willens

      als der Quell aller unächten
      Principien der Sittlichkeit

      Wenn der Wille irgend worin anders, als in der Tauglichkeit seiner Maximen zu seiner eigenen allgemeinen Gesetzgebung, mithin, wenn er, indem er über sich selbst hinausgeht, in der Beschaffenheit irgend eines seiner Objecte das Gesetz sucht, das ihn bestimmen soll, so kommt jederzeit Heteronomie heraus. Der Wille giebt alsdann sich nicht selbst, sondern das Object durch sein Verhältniß zum Willen giebt diesem das Gesetz. Dies Verhältniß, es beruhe nun auf der Neigung, oder auf Vorstellungen der Vernunft, läßt nur hypothetische Imperativen möglich werden: ich soll etwas thun darum, weil ich etwas anderes will. Dagegen sagt der moralische, mithin kategorische Imperativ: ich soll so oder so handeln, ob ich gleich nichts anderes wollte. Z. E. jener sagt: ich soll nicht lügen, wenn ich bei Ehren bleiben will; dieser aber: ich soll nicht lügen, ob es mir gleich nicht die mindeste Schande zuzöge. Der letztere muß also von allem Gegenstande so fern abstrahiren, daß dieser gar keinen Einfluß auf den Willen habe, damit praktische Vernunft (Wille) nicht fremdes Interesse bloß administrire, sondern bloß ihr eigenes gebietendes Ansehen als oberste Gesetzgebung beweise. So soll ich z. B. fremde Glückseligkeit zu befördern suchen, nicht als wenn mir an deren Existenz was gelegen wäre (es sei durch unmittelbare Neigung, oder irgend ein Wohlgefallen indirect durch Vernunft), sondern bloß deswegen, weil die Maxime, die sie ausschließt, nicht in einem und demselben Wollen, als allgemeinen Gesetz, begriffen werden kann.





      Eintheilung

      aller möglichen Principien der Sittlichkeit
      aus dem angenommenen Grundbegriffe
      der Heteronomie

      Die menschliche Vernunft hat hier, wie allerwärts in ihrem reinen Gebrauche, so lange es ihr an Kritik fehlt, vorher alle mögliche unrechte Wege versucht, ehe es ihr gelingt, den einzigen wahren zu treffen.

      Alle Principien, die man aus diesem Gesichtspunkte nehmen mag, sind endweder empirisch oder rational. Die ersteren, aus dem Princip der Glückseligkeit, sind aufs physische oder moralische Gefühl, die zweiten, aus dem Princip der Vollkommenheit, entweder auf den Vernunftbegriff derselben als möglicher Wirkung, oder auf den Begriff einer selbständigen Vollkommenheit (den Willen Gottes) als bestimmende Ursache unseres Willens gebauet.

      Empirische Principien taugen überall nicht dazu, um moralische Gesetze darauf zu gründen. Denn die Allgemeinheit, mit der sie für alle vernünftige Wesen ohne Unterschied gelten sollen, die unbedingte praktische Nothwendigkeit, die ihnen dadurch auferlegt wird, fällt weg, wenn der Grund derselben von der besonderen Einrichtung der menschlichen Natur, oder den zufälligen Umständen hergenommen wird, darin sie gesetzt ist. Doch ist das Princip der eigenen Glückseligkeit am meisten verwerflich, nicht bloß deswegen weil es falsch ist, und die Erfahrung dem Vorgeben, als ob das Wohlbefinden sich jederzeit nach dem Wohlverhalten richte, widerspricht, auch nicht bloß weil es gar nichts zur Gründung der Sittlichkeit beiträgt, indem es ganz was anderes ist, einen glücklichen, als einen guten Menschen, und diesen klug und auf seinen Vortheil abgewitzt, als ihn tugendhaft zu machen: sondern weil es der Sittlichkeit Triebfedern unterlegt, die sie eher untergraben und ihre ganze Erhabenheit zernichten, indem sie die Bewegursachen zur Tugend mit denen zum Laster in eine Classe stellen und nur den Calcul besser ziehen lehren, den specifischen Unterschied beider aber ganz und gar auslöschen; dagegen das moralische Gefühl, dieser vermeintliche besondere Sinn, (so leicht auch die Berufung auf selbigen ist, indem diejenigen, die nicht denken können, selbst in dem, was bloß auf allgemeine Gesetze ankommt, sich durchs Fühlen auszuhelfen glauben, so wenig auch Gefühle, die dem Grade nach von Natur unendlich von einander unterschieden sind, einen gleichen Maßstab des Guten und Bösen abgeben, auch einer durch sein Gefühl für andere gar nicht gültig urtheilen kann) dennoch der Sittlichkeit und ihrer Würde dadurch näher bleibt, daß er der Tugend die Ehre beweist, das Wohlgefallen und die Hochschätzung für sie ihr unmittelbar zuzuschreiben, und ihr nicht gleichsam ins Gesicht sagt, daß es nicht ihre Schönheit, sondern nur der Vortheil sei, der uns an sie knüpfe.

      Unter den rationalen oder Vernunftgründen der Sittlichkeit ist doch der ontologische Begriff der Vollkommenheit (so leer, so unbestimmt, mithin unbrauchbar er auch ist, um in dem unermeßlichen Felde möglicher Realität die für uns schickliche größte Summe auszufinden; so sehr er auch, um die Realität, von der hier die Rede ist, specifisch von jeder anderen zu unterscheiden, einen unvermeidlichen Hang hat, sich im Cirkel zu drehen, und die Sittlichkeit, die er erklären soll, ingeheim vorauszusetzen, nicht vermeiden kann) dennoch besser als der theologische Begriff, sie von einem göttlichen, allervollkommensten Willen abzuleiten, nicht bloß deswegen weil wir seine Vollkommenheit doch nicht anschauen, sondern sie von unseren Begriffen, unter denen der der Sittlichkeit der vornehmste ist, allein ableiten können, sondern weil, wenn wir dieses nicht thun (wie es denn, wenn es geschähe, ein grober Cirkel im Erklären sein würde), der uns noch übrige Begriff seines Willens aus den Eigenschaften der Ehr- und Herrschbegierde, mit den furchtbaren Vorstellungen der Macht und des Racheifers verbunden, zu einem System der Sitten, welches der Moralität gerade entgegen gesetzt wäre, die Grundlage machen müßte.

      Wenn ich aber zwischen dem Begriff des moralischen Sinnes und dem der Vollkommenheit überhaupt (die beide der Sittlichkeit wenigstens nicht Abbruch thun, ob sie gleich dazu gar nichts taugen, sie als Grundlagen zu unterstützen) wählen müßte: so würde ich mich für den letzteren bestimmen, weil er, da er wenigstens die Entscheidung der Frage von der Sinnlichkeit ab und an den Gerichtshof der reinen Vernunft zieht, ob er gleich auch hier nichts entscheidet, dennoch die unbestimmte Idee (eines an sich guten Willens) zur nähern Bestimmung unverfälscht aufbehält.

      Übrigens glaube ich einer weitläufigen Widerlegung aller dieser Lehrbegriffe überhoben sein zu können. Sie ist so leicht, sie ist von denen selbst, deren Amt es erfordert, sich doch für eine dieser Theorien zu erklären (weil Zuhörer den Aufschub des Urtheils nicht wohl leiden mögen), selbst vermuthlich so wohl eingesehen, daß dadurch nur überflüssige Arbeit geschehen würde. Was uns aber hier mehr interessirt, ist, zu wissen: daß diese Principien überall nichts als Heteronomie des Willens zum ersten Grunde der Sittlichkeit aufstellen und eben darum nothwendig ihres Zwecks verfehlen müssen.

      Allenthalben, wo ein Object des Willens zum Grunde gelegt werden muß, um diesem die Regel vorzuschreiben, die ihn bestimme, da ist die Regel nichts als Heteronomie; der Imperativ ist bedingt, nämlich: wenn oder weil man dieses Object will, soll man so oder so handeln; mithin kann er niemals moralisch, d. i. kategorisch, gebieten. Es mag nun das Object vermittelst der Neigung, wie beim Princip der eigenen Glückseligkeit, oder vermittelst der auf Gegenstände unseres möglichen Wollens überhaupt gerichteten Vernunft, im Princip der Vollkommenheit, den Willen bestimmen, so bestimmt sich der Wille niemals unmittelbar selbst durch die Vorstellung der Handlung, sondern nur durch die Triebfeder, welche die vorausgesehene Wirkung der Handlung auf den Willen hat; ich soll etwas thun, darum weil ich etwas anderes will, und hier muß noch ein anderes Gesetz in meinem Subject zum Grunde gelegt werden, nach welchem ich dieses Andere nothwendig will, welches Gesetz wiederum eines Imperativs bedarf, der diese Maxime einschränke. Denn weil der Antrieb, den die Vorstellung eines durch unsere Kräfte möglichen Objects nach der Naturbeschaffenheit des Subjects auf seinen Willen ausüben soll, zur Natur des Subjects gehört, es sei der Sinnlichkeit (der Neigung und des Geschmacks) oder des Verstandes und der Vernunft, die nach der besonderen Einrichtung ihrer Natur an einem Objecte sich mit Wohlgefallen üben, so gäbe eigentlich die Natur das Gesetz, welches als ein solches nicht allein durch Erfahrung erkannt und bewiesen werden muß, mithin an sich zufällig ist und zur apodiktischen praktischen Regel, dergleichen die moralische sein muß, dadurch untauglich wird, sondern es ist immer nur Heteronomie des Willens, der Wille giebt sich nicht selbst, sondern ein fremder Antrieb giebt ihm vermittelst einer auf die Empfänglichkeit desselben gestimmten Natur des Subjects das Gesetz.

      Der schlechterdings gute Wolle, dessen Princip ein kategorischer Imperativ sein muß, wird also, in Ansehung aller Objecte unbestimmt, bloß die Form des Wollens überhaupt enthalten und zwar als Autonomie, d. i. die Tauglichkeit der Maxime eines jeden guten Willens, sich selbst zum allgemeinen Gesetze zu machen, ist selbst das alleinige Gesetz, das sich der Wille eines jeden vernünftigen Wesens selbst auferlegt, ohne irgend eine Triebfeder und Interesse derselben als Grund unterzulegen.

      Wie ein solcher synthetischer praktischer Satz a priori möglich und warum er nothwendig sei, ist eine Aufgabe, deren Auflösung nicht mehr binnen den Grenzen der Metaphysik der Sitten liegt, auch haben wir seine Wahrheit hier nicht behauptet, viel weniger vorgegeben, einen Beweis derselben in unserer Gewalt zu haben. Wir zeigten nur durch Entwickelung des einmal allgemein im Schwange gehenden Begriffs der Sittlichkeit; daß eine Autonomie des Willens demselben unvermeidlicher Weise anhänge, oder vielmehr zum Grunde liege. Wer also Sittlichkeit für Etwas und nicht für eine chimärische Idee ohne Wahrheit hält, muß das angeführte Princip derselben zugleich einräumen. Dieser Abschnitt war also eben so, wie der erste bloß analytisch. Daß nun Sittlichkeit kein Hirngespinst sei, welches alsdann folgt, wenn der kategorische Imperativ und mit ihm die Autonomie des Willens wahr und als ein Princip a priori schlechterdings nothwendig ist, erfordert einen möglichen synthetischen Gebrauch der reinen praktischen Vernunft, den wir aber nicht wagen dürfen, ohne eine Kritik dieses Vernunftvermögens selbst voranzuschicken, von welcher wir in dem letzten Abschnitte die zu unserer Absicht hinlängliche Hauptzüge darzustellen haben.
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 17:07:44
      Beitrag Nr. 37 ()


      Uiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii:eek:, das erfricht dass es zischt!!!


      Fast hätt´ich Dich gernegroß genannt...:eek::kiss::kiss:





      Das bringt uns weiter, das Boot auf offenem Meer!!!


      Kant!!! Nichts ist schlimmer:D:D:D


      KR
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 17:15:33
      Beitrag Nr. 38 ()
      Hab mir das jetzt alles ausgedruckt, ich geh lesen. :laugh:
      http://www.rescogitans.it/ita/Biblioteca/003/VORREDE.htm
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 17:18:20
      Beitrag Nr. 39 ()
      Ja ich will mehr.
      Kopiere doch noch die Enzeklopedia Britanica hier rein Du Schlaumeier.
      Hier sind Meinungen gefragt, nicht Dein ungeheures Wissen.

      Avatar
      schrieb am 25.05.02 17:21:32
      Beitrag Nr. 40 ()
      Hey, ruhig bleiben, hier ist Philo das Unterrichtsfach!!!, nicht Pöbelei!!!:D


      KR
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 17:23:01
      Beitrag Nr. 41 ()
      @KR, weisst Du warum Kant keine Kartoffeln gegessen hat?
      ;)
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 17:23:16
      Beitrag Nr. 42 ()
      :laugh: NEIN, DIE FRAGE WAR:


      #25 von Kubanisch_Rauchen 25.05.02 16:40:45 Beitrag Nr.: 6.486.107 6486107
      Dieses Posting: versenden | melden | drucken
      @all





      Also, nochmal, es geht um SITTE, wer weiß was SITTE ist oder die SITTEN sind???



      Genaue Definition bitte!!!

      ------

      Die genauste Definition hat nun mal Kant geschrieben

      Frag doch was einfacheres :laugh:
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 17:27:31
      Beitrag Nr. 43 ()
      @Tütensuppe

      ...jajaja, die dümmsten Bauern...


      @Big

      10 Seiten wow!!!

      Nehm ich gleich mit zur Arbeit!!!


      KR
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 17:28:41
      Beitrag Nr. 44 ()
      Weil er sie nicht mochte.
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 17:32:06
      Beitrag Nr. 45 ()
      Na dann:laugh::laugh::laugh:

      Der hatte bestimmt eine gestrenge Mutter...:laugh:


      KR
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 17:50:10
      Beitrag Nr. 46 ()
      Und nichts zu lachen:), der Kantshorty.
      @bigshorter
      Allgemeine
      Naturgeschichte und Theorie Des Himmels
      oder
      Versuch
      von der Verfassung und dem mechanischen Ursprunge
      des ganzen Weltgebäudes,
      nach
      Newtonischen Grundsätzen
      abgehandelt.
      :)
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 18:05:17
      Beitrag Nr. 47 ()
      Hier das Vorwort
      Vorrede

      Ich habe einen Vorwurf gewählt, welcher sowohl von Seiten seiner innern Schwierigkeit, als auch in Ansehung der Religion einen grossen Theil der Leser gleich anfänglich mit einem nachtheiligen Vorurtheile einzunehmen vermögend ist. Das Systematische, welches die grossen Glieder der Schöpfung in dem ganzen Umfange der Unendlichkeit verbindet, zu entdecken, die Bildung der Weltkörper selber und den Ursprung ihrer Bewegungen aus dem ersten Zustande der Natur durch mechanische Gesetze herzuleiten: solche Einsichten scheinen sehr weit die Kräfte der menschlichen Vernunft zu überschreiten. Von der andern Seite droht die Religion mit einer feierlichen Anklage über die Verwegenheit, da man der sich selbst überlassenen Natur solche Folgen beizumessen sich erkühnen darf, darin man mit Recht die unmittelbare Hand des höchsten Wesens gewahr wird, und besorgt in dem Vorwitz solcher Betrachtungen eine Schutzrede des Gottesleugners anzutreffen. Ich sehe alle diese Schwierigkeiten wohl und werde doch night kleinmüthig. Ich empfinde die ganze Stärke der Hindernisse, die sich entgegen setzen, und verzage doch nicht. Ich habe auf eine geringe Vermuthung eine gefährliche Reise gewagt und erblicke schon die Vorgebürge neuer Länder. Diejenigen, welche die Herzhaftigkeit haben die Untersuchung fortzusetzen, werden sie betreten und das Vergnügen haben, selbige mit ihrem Namen zu bezeichnen.

      Ich habe nicht eher den Anschlag auf diese Unternehmung gefasst, als bis ich mich in Ansehung der Pflichten der Religion in Sicherheit gesehen habe. Mein Eifer ist verdoppelt worden, als ich bei jedem Schritte die Nebel sich zerstreuen sah, welche hinter ihrer Dunkelheit Ungeheuer zu verbergen schienen und nach deren Zertheilung die Herrlichkeit des höchsten Wesens mit dem lebhaftesten Glanze hervorbrach. Da ich diese Bemühungen von aller Sträflichkeit frei weiss, so will ich getreulich anführen, was wohlgesinnte oder auch schwache Gemüther in meinem Plane anstössig finden können, und bin bereit es der Strenge des rechtgläubigen Areopagus mit einer Freimüthigkeit zu unterwerfen, die das Merkmaal einer redlichen Gesinnung ist. Der Sachwalter des Glauben mag demnach zuerst seine Gründe hören lassen.

      Wenn der Weltbau mit aller Ordnung und Schönheit nur eine Wirkung der ihren allgemeinen Bewegungsgesetzen überlassenen Materie ist, wenn die blinde Mechanik der Naturkräfte sich aus dem Chaos so herrlich zu entwickeln weiss und zu solcher Vollkommenheit von selber gelangt: so ist der Beweis des göttlichen Urhebers, den man aus dem Anblicke der Schönheit des Weltgebäudes zieht, völlig entkräfatet, die Natur ist sich selbst genugsam, die göttliche Regierung ist unnöthig, Epikur lebt mitten im Christenthume wieder auf, und eine unheilige Weltweisheit tritt den Glauben unter die Füsse, welcher ihr ein helles Licht darreicht, sie zu erleuchten.

      Wenn ich diesen Vorwurf gegründet fände, so ist die Überzeugung, die ich von der Unfehlbarkeit göttlicher Wahrheiten habe, bei mir so vermögend, dass ich alles, was ihnen widerspricht, durch sie für gnugsam widerlegt halten und verwerfen würde. Allein eben die Übereinstimmung, die ich zwischen meinem System und der Religion antreffe, erhebt meine Zuversicht in Ansehung aller Schwierigkeiten zu einer unerschrockenen Gelassenheit.

      Ich erkenne den ganzen Werth derjenigen Beweise, die man aus der Schönheit und vollkommenen Anordnung des Weltbaues zur Bestätigung eines höchstweisen Urhebers zieht. Wenn man nicht aller Überzeugung muthwillig widerstrebt, so muss man so unwidersprechlichen Gründen gewonnen geben. Allein ich behaupte: dass die Vertheidiger der Religion dadurch, dass sie sich dieser Gründe auf eine schlechte Art bedienen, den Streit mit den Naturalisten verewigen, indem sie ohne Noth denselben eine schwache Seite darbieten.

      Man ist gewohnt die Übereinstimmungen, die Schönheit, die Zwecke und eine vollkommene Beziehung der Mittel auf dieselbe in der Natur zu bemerken und herauszustreichen. Allein indem man die Natur von dieser Seite erhebt, so sucht man sie andererseits wiederum zu verringern. Diese Wohlgereimheit, sagt man, ist ihr fremd, sie würde, ihren allgemeinen Gesetzen überlassen, nichts als Unordnung zuwege bringen. Die Übereinstimmungen zeigen eine fremde Hand, die eine von aller Regelmässigkeit verlassene Materie in einen weisen Plan zu zwingen gewusst hat. Allein ich antworte: wenn die allgemeinen Wirkungsgesetze der Materie gleichfalls eine Folge aus dem höchste Entwurfe sind, so können sie vermuthlich keine andere Bestimmungen haben, als die den Plan von selber zu erfüllen trachten, den die höchste Weisheit sich vorgesetzt hat; oder wenn dieses nicht ist, sollte man nicht in Versuchung gerathen zu glauben, dass wenigstens die Materie und ihre allgemeine Gesetze unabhängig wären, und dass die höchstweise Gewalt, die sich ihrer so rühmlichst zu bedienen gewusst hat, zwar gross, aber doch nicht unendlich, zwar mächtig, aber doch nich allgenugsam sei?

      Der Vertheidiger der Religion besorgt: dass diejenigen Übereinstimmungen, die sich aus einem natürlichen Hang der Materie erklären lassen, die Unabhängigkeit der Natur von der göttlichen Vorsehung beweisen dürften. Er gesteht es nicht undeutlich: dass, wenn man zu aller Ordnung des Weltbaues natürliche Gründe entdecken kann, die dieselbe aus den allgemeinsten und wesentlichen Eigneschaften der Materie zu Stande bringen können, so sei es unnöthig sich auf eine oberste Regierung zu berufen. Der Naturalist findet seine Rechnung dabei, diese Voraussetzung nicht zu bestreiten. Er treibt aber Beispiele auf, die die Fruchtbarkeit der allgemeinen Naturgesetze an vollkommen schönen Folgen beweisen, und bringt den Rechtgläubigen durch solche Gründe in gefahr, welche in dessen Händen zu unüberwindlichen Waffen werden könnten. Ich will Beispiele anführen. Man hat schon mehrmals es als eine der deutlichsten Proben einer gütigen Vorsorge, die für die Menschen wacht, angeführt: dass in dem heissesten Erdstriche die Seewinde gerade zu einer solchen Zeit, da das erhitzte Erdreich am meisten ihrer Abkühlung bedarf, gleichsam gerufen über das Land streichen und es erquicken. Z. E. In der Insel Jamaica, so bald die Sonne so hoch gekommen ist, dass sie die empfindlichste Hitze auf das Erdreich wirft, gleich nach 9 Uhr Vormittags, fängt sich an aus dem Meer ein Wind zu erheben, der von allen Seiten über das Land weht; seine Stärke nimmt nach dem Masse zu, als die Höhe der Sonne zunimmt. Um 1 Uhr Nachmittages, da es natürlicher Weise am heissesten ist, ist er am heftigsten und lässt wieder mit der Erniedrigung der Sonne allmählig nach, so dass gegen Abend eben die Stille als beim Aufgange herrscht. Ohne diese erwünschte Einrichtung würde diese Insel unbewohnbar sein. Eben diese Wohlthat geniessen all Küsten der Länder, die im heissen Erdstriche liegen. Ihnen ist es auch am nöthigsten, weil sie, da sie die niedrigsten Gegenden des trockenen Landes sind, auch die grosste Hitze erleiden; denn die höher im Lande befindliche Gegenden, dahin dieser Seewind nicht reicht, sind seiner auch weniger benöthigt, weil ihre höhere Lage sie in eine kühlere Luftgegend versetzt. Ist dieses nicht alles schön, sind es nicht sichtbare Zwecke, die durch klüglich angewandte Mittel bewirkt worden? Allein zum Widerspiel muss der Naturalist die natürlichen Ursachen davon in den allgemeinsten Eigenschaften der Luft antreffen, ohne besondere Veranstaltungen deswegen vermuthen zu dürfen. Er bemerkt mit Recht, dass diese Seewinde solche periodische Bewegungen anstellen müssen, wenn gleich kein Mensch auf solcher Insel lebte, und zwar durch keine andere Eigenschaft, als die der Luft auch ohne Absicht auf diesen Zweck bloss zum Wachsthum der Pflanzen unentbehrlich vonnöthen ist, nämlich durch ihre Elasticität und Schwere. Die Hitze der Sonne hebt das Gleichgewicht der Luft auf, indem sie diejenige verdünnt, die über dem Lande ist, und dadurch die kühlere Meersluft veranlasst, sie aus ihrer Stelle zu heben und ihren Platz einzunehmen.

      Was für einen Nutzen haben nicht die Winde überhaupt zum Vortheile der Erdkugel, und was für einen Gebrauch macht nicht der Menschen Scharfsinnigkeit aus denselben! Indessen waren keine andere Einrichtungen nöthig, sie hervorzubringen, als dieselbe allgemeine Beschaffenheit der Luft und Wärme, welche auch unangesehen dieser Zwecke auf der Erde befindlich sein müssten.

      Gebt ihr es, sagt allhier der Freigeist, zu, dass, wenn man nützliche und auf Zwecke abzielende Verfassungen aus den allgemeinsten und einfachsten Naturgesetzen herleiten kann, man keine besondere Regierung einer obersten Weisheit nöthig habe: so sehet hier Beweise, die euch auf eurem eigenen Geständnisse ertappen werden. Die ganze Natur, vornehmlich die unorganisirte, ist voll von solchen Beweisen, die zu erkennen geben, dass die sich selbst durch die Mechanik ihrer Kräfte bestimmende Materie eine gewisse Rightigkeit in ihren Folgen habe und den Regeln der Wohlanständigkeit ungezwungen genug thue. Wenn ein Wohlgesinnter, die gute Sache der Religion zu retten, diese Fähigkeit der allgemeinen Naturgesetze bestreiten will, so wird er sich selbst in Verlegenheit setzen und dem Unglauben durch eine schlechte Vertheidigung Anlass zu triumphiren geben.

      Allein lasst uns sehen, wie diese Gründe, die man in den Händen der Gegner als schädich befürchtet, vielmehr kräftige Waffen sind, sie zu bestreiten. Die nach ihren allgemeinsten Gesetzen sich bestimmende Materie bringt durch ihr natürliches Betragen, oder, wenn man es so nennen will, durch eine blinde Mechanik anständige Folgen hervor, die der Entwurf einer höchsten Weisheit zu sein scheinen. Luft, Wasser, Wärme erzeugen, wenn man sie sich selbst überlassen betrachtet, Winde und Woken, Regen, Ströme, welche die Länder befeuchten, und alle die nützliche Folgen, ohne welche die Natur traurig, öde und unfruchtbar bleiben müsste. Sie bringen aber diese Folgen nicht durch ein blosses Ungefähr, oder durch einen Zufall, der eben so leicht nachtheilig hätte ausfallen können, hervor, sondern man sieht: dass sie durch ihre natürliche Gesetze eingeschränkt sind auf keine andere als diese Weise zu wirken. Was soll man von dieser Übereinstimmung denn gedenken? Wie wäre es wohl möglich, dass Dinge von verschiedenen Naturen in Verbindung mit einander so vortreffliche Übereinstimmungen und Schönheiten zu bewirken trachten sollten, sogar zu Zwecken solcher Dinge, die sich gewissermassen ausser dem Umfange der todten Materie befinden, nämlich zum Nutzen der Menschen und Thiere, wenn sie nicht einen gemeinschaftlichen Ursprung erkennten, nämlich einen unendlichen Verstand, in welchem aller Dinge wesentliche Beschaffenheiten beziehend entworfen worden? Wenn ihre Naturen für sich und unabhängig nothwendig wären, was für ein erstaunliches Ungefähr, oder vielmehr was für eine Unmöglichkeit würde es nicht sein, dass sie mit ihren natürlichen Bestrebungen sich gerade so zusammen passen sollten, als eine überlegte kluge Wahl sie hätte vereinbaren können.

      Nunmehr mache ich getrost die Anwendung auf mein gegenwärtiges Unterfangen. Ich nehme die Materie aller Welt in einer allgemeinen Zerstreuung an und mache aus derselben ein vollkommenes Chaos. Ich sehe nach den ausgemachten Gesetzen der Attraction den Stoff sich bilden und durch die Zurückstossung ihre Bewegung modificiren. Ich geniesse das Vergnügen ohne Beihülfe willkürlicher Dichtungen unter der Veranlassung ausgemachter Bewegungsgesetze sich ein wohlgeordnetes Ganze erzeugen zu sehen, welches demjenigen Weltsystem so ähnlich sieht, das wir vor Augen haben, dass ich mich nicht entbrechen kann es für dasselbe zu halten. Diese unerwartete Auswickelung der Ordnung der Natur im Grossen wird mir anfänglich verdächtig, da sie auf so schlechtem und einfachem Grunde eine so zusammengesetzte Richtigkeit gründet. Ich belehre mich endlich aus der vorher angezeigten Betrachtung: dass eine solche Auswickelung der Natur nicht etwas Unerhörtes an ihr ist, sondern dass ihre wesentlich Bestrebung solche nothwendig mit sich bringt, und dass dieses das herrlichste Zeugniss ihrer Abhängigkeit von demjenigen Urwesen ist, welches sogar die Quelle der Wesen selber und ihrer ersten Wirkungsgesetze in sich hat. Diese Einsicht verdoppelt mein Zutrauen auf den Entwurf, den ich gemacht habe. Die Zuversicht vermehrt sich bei jedem Schritte, den ich mit Fortgang weiter setze, und meine Kleinmüthigkeit hört völlig auf.

      Aber die Vertheidigung deines Systems, wird man sagen, ist zugleich die Vertheidigung der Meinungen des Epikurs, welche damit die grösste Ähnlichkeit haben. Ich will nicht völlig alle Übereinstimmung mit demselben ablehnen. Viele sind durch den Schein solcher Gründe zu Atheisten geworden, welche bei genauerer Erwägung sie von der Gewissheit des höchsten Wesens am kräftigsten hätten überzeugen können. Die Folgen, die ein verkehrter Verstand aus untadelhaften Grundsätzen zieht, sind öfters sehr tadelhaft, und so waren es auch die Schlüsse des Epikurs, unerachtet sein Entwurf der Scharfsinnigkeit eines grossen Geistes gemäss war.

      Ich werde es also nicht in Abrede sein, dass die Theorie des Lucrez oder dessen Vorgänger, des Epikurs, Leucipps, und Demokritus, mit der meinigen viele Ähnlichkeit habe. Ich setze den ersten Zustand der Natur, so wie jene Weltweise in der allgemeinen Zerstreuung des Urstoffs aller Weltkörper, oder der Atomen, wie sie bei jenen genannt werden. Epikur setzte eine Schwere, die diese elementarische Theilchen zum Sinken trieb, und dieses scheint von der Newtonischen Anziehung, die ich annehme, nicht sehr verschieden zu sein; er gab ihnen auch eine gewisse Abweichung von der geradlinichten Bewegung des Falles, ob er gleich in Ansehung der Ursache derselben und ihrer Folgen ungereimte Einbildungen hatte: diese Abweichung kommt einigermassen mit der veränderung der geradlinichten Senkung, die wir aus der Zurückstossungskraft der Theilchen herleiten, überein; endlich waren die Wirbel, die aus der verwirrten Bewegung der Atomen entstanden, ein Hauptstück in dem Lehrbegriffe des Leucipps und Demokritus, und man wird sie auch in dem unsrigen antreffen. So viel Verwandtschaft mit einer Lehrverfassung, die die wahre Theorie der Gottesleugnung im Alterthum war, zieht indessen die meinige dennoch nicht in die Gemeinschaft ihrer Irrthümer. Auch in den allerunsinnigsten Meinungen, welche sich bei den Menschen haben Beifall erwerben können, wird man jederzeit etwas Wahres bemerken. Ein falscher Grundsatz oder ein paar unüberlegte Verbindungssätze leiten den Menschen von dem Fusssteige der Wahrheit durch unmerkliche Abwege bis in den Abgrund. Es bleibt unerachtet der angeführten Ähnlichkeit dennoch ein wesentlicher Unterschied zwischen der alten Kosmogonie und der gegenwärtigen, um aus dieser ganz engegengesetzte Folgen ziehen zu können.

      Die angeführten Lehrer der mechanischen Erzeugung des Weltbaues leiteten alle Ordnung, die sich an demselben wahrnehmen lässt, aus dem ungefähren Zufalle her, der die Atomen so glücklich zusammentreffen liess, dass sie ein wohlgeordnetes Ganze ausmachten. Epikur war gar so unverschämt, dass er verlangte, die Atomen wichen von ihrer geraden Bewegung ohne alle Ursache ab, um einander begegnen zu können. Alle insgesammt trieben diese Ungereimtheit so weit, dass sie den Ursprung aller belebten Geschöpfe eben diesem blinden Zusammenlauf beimassen und die Vernunft wirklich aus der Unvernunft herleiteten. In meiner Lehrverfassung hingegen finde ich die Materie an gewisse nothwendige Gesetze gebunden. Ich sehe in ihrer gänzlichen Auflösung und Zerstreuung ein schönes und ordentliches Ganze sich ganz natürlich daraus entwickeln. Es geschieht diese nicht durch einen Zufall und von ungefähr, sondern man bemerkt, dass natürliche Eigenschaften es nothwendig also mit sich bringen. Wird man hiedurch nicht bewogen zu fragen: warum musste denn die Materie gerade solche Gesetze haben, die auf Ordnung und Wohlanständigkeit abzwecken? War es wohl möglich, dass viele Dinge, deren jedes seine von dem andern unabhängige Natur hat, einander von selber gerade so bestimmen sollten, dass ein wohlgeordnetes Ganze daraus entspringe, und wenn sie dieses thun, giebt es nicht einen unleugbaren Beweis von der Gemeinschaft ihres ersten Ursprungs ab, der ein allgenungsamer höchster Verstand sein muss, in welchem die Naturen der Dinge zu vereinbarten Absichten entworfen worden?

      Die Materie, die der Urstoff aller Dinge ist, ist also an gewisse Gesetze gebunden, welchen sie frei überlassen nothwendig schöne Verbindungen hervorbringen muss. Sie hat keine Freiheit von diesem Plane der Vollkommenheit abzuweichen. Da sie also sich einer höchst weisen Absicht unterworfen befindet, so muss sie nothwendig in solche übereinstimmende Verhältnisse durch eine über sie herrschende erste Ursache versetzt worden sein, und es ist ein Gott eben deswegen, weil die Natur auch selbst im Chaos nicht anders als regelmässig und ordentlich verfahren kann.

      Ich habe so viel gute Meinung von der redlichen Gesinnung derjenigen, die diesem Entwurfe die Ehre thun, ihn zu prüfen, dass ich mich versichert halte, die angeführte Gründe werden, wo sie noch nicht alle Besorgniss schädlicher Folgen von meinem System aufheben können, dennoch wenigstens die Lauterkeit meiner Absicht ausser Zweifel setzen. Wenn es dem ungeachtet boshafte Eiferer giebt, die es für eine würdige Pflicht ihres heiligen Berufs halten, den unschuldigsten Meinungen schädliche Auslegungen anzuheften, so bin ich versichert, dass ihr Urtheil bei Vernünftigen gerade die entgegengesetzte Wirkung ihrer Absicht hat. Man wird mich übrigens des Rechts nicht berauben, das Cartesius, als er die Bildung der Weltkörper aus blos mechanischen Gesetzen zu erkären wagte, bei billigen Richtern jederzeit genossen hat. Ich will deswegen die Verfasser der Allgemeinen Welthistorie (1) anführen: "Indessen können wir nicht anders als glauben: dass der Versuch dieses Weltweisen, der sich bemüht die Bildung der Welt in gewisser Zeit aus wüster Materie durch die blosse Fortsetzung einer einmal eingedrückten Bewegung zu erklären, und solches auf einige wenige leichte und allgemeine Bewegungsgesetze gebracht, so wenig als anderer, die seit dem mit mehrerem Beifall eben das versucht haben aus den ursprünglichen und anerschaffenen Eigenschaften der Materie zu thun, strafbar oder Gott verkleinerlich sei, wie sich manche eingebildet haben, indem dadurch vielmehr ein höherer Begriff seiner unendlichen Weisheit verursacht wird."

      Ich habe die Schwierigkeiten, die von Seiten der Religion meine Sätze zu bedrohen schienen, hinweg zu räumen gesucht. Es giebt einige nicht geringere in Ansehung der Sache selber. Wenn es gleich wahr ist, wird man sagen, dass Gott in die Kräfte der Natur eine geheime Kunst gelegt hat, sich aus dem Chaos von selber zu einer vollkommenen Weltverfassung auszubilden, wird der Verstand des Menschen, der bei den gemeinsten Gegenständen so blöd ist, in so grossem Vorwurfe die verborgene Eigenschaften zu erforschen vermögend sein? Ein solches Unterfangen heisst eben so viel, als wenn man sagte: Gebt mir nur Materie, ich will euch eine Welt daraus bauen. Kann dich die Schwäche deiner Einsichten, die an den geringsten Dingen, welche deinen Sinnen täglich und in her Nähe vorkommen, zu schanden wird, nicht lehren: dass es vergeblich sei, das Unermessliche und das, was in der Natur vorging, ehe noch eine Welt war, zu entdecken? Ich vernichte diese Schwierigkeit, indem ich deutlich zeige, dass eben diese Untersuchung unter allen, die in der Naturlehre aufgeworfen werden können, diejenige sei, in welcher man am leichtesten und sichersten bis zum Ursprunge gelangen kann. Eben so wie unter allen Aufgaben der Naturforschung keine mit mehr Richtigkeit und Gewissheit aufgelöset worden, als die wahre Verfassung des Weltbaues im Grossen, die Gesetze der Bewegungen und das innere Triebwerk der Umläufe aller Planeten, als worin die Newtonische Weltweisheit solche Einsichten gewähren kann, dergleichen man sonst in keinem Theile der Weltweisheit antrifft: eben also, behaupte ich, sei unter allen Naturdingen, deren erste Ursache man nachforscht, der Ursprung des Weltsystems und die Erzeugung der Himmelskörper sammt den Ursachen ihrer Bewegungen dasjenige, was man am ersten gründlich und zuverlässig einzusehen hoffen darf. Die Ursache hievon ist leicht zu ersehen. Die Himmelskörper sind rund Massen, also von der einfachsten Bildung, die ein Körper, dessen Ursprung man sucht, nur immer haben kann. Ihre Bewegungen sind gleichfalls unvermischt. Sie sind nichts als eine freie Fortsetzung eines einmal eingedrückten Schwunges, welcher, mit der Attraction des Körpers im Mittelpunkte verbunden, kreisförmicht wird. Überdem ist der Raum, darin sie sich bewegen, leer, die Zwischenweiten, die sie von einander absondern, ganz ungemein gross und also alles sowohl zur unverwirrten Bewegung, als auch deutlichen Bemerkung derselben auf das deutlichste aus einander gesetzt. Mich dünkt, man könne hier in gewissem Verstande ohne Vermessenheit sagen: Gebet mir Materie, ich will eine Welt daraus bauen! Das ist, gebet mir Materie, ich will euch zeigen, wie eine Welt daraus entstehen soll. Denn wenn Materie vorhanden ist, welche mit einer wesentlichen Attractionskraft begabt ist, so ist es nicht schwer diejenigen Ursachen zu bestimmen, die zu der Einrichtung des Weltsystems, im Grossen betrachtet, haben beitragen können. Man weiss, was dazu gehört, dass ein Körper eine kugelrunde Figur erlange, man begreift, was erfordert wird, dass frei schwebende Kugeln eine kreisförmige Bewegung um den Mittelpunkt anstellen, gegen den sie gezogen werden. Die Stellung der Kreise gegeneinander, die Übereinstimmung der Richtung, die Excentricität, alles kann auf die einfachsten mechanischen Ursachen gebracht werden, und man darf mit Zuversicht hoffen sie zu entdecken, weil sie aus die leichtesten und deutlichsten Gründe gesetzt werden können. Kann man aber wohl von den geringsten Pflanzen oder Insect sich solcher Vortheile rühmen? Ist man im Stande zu sagen: Gebt mir Materie, ich will euch zeigen, wie eine Raupe erzeugt werden könne? Bleibe man hier nicht bei dem ersten Schritte aus Unwissenheit der wahren innern Beschaffenheit des Objects und der Verwickelung der in demselben vorhandenen Mannigfaltigkeit stecken? Man darf es sich also nicht befremden lassen, wenn ich mich unterstehe zu sagen: dass eher die Bildung aller Himmelskörper, die Ursache ihrer Bewegungen, kurz, der Ursprung der ganzen gegenwärtigen Verfassung des Weltbaues werde können eingesehen werden, ehe die Erzeugung eines einzigen Krauts oder einer Raupe aus mechanischen Gründen deutlich und vollständig kund werden wird.

      Dieses sind die Ursachen, worauf ich meine Zuversicht gründe, dass der physische Theil der Weltwissenschaft künftighin noch wohl eben die Vollkommenheit zu hoffen habe, zu der Newton die mathematische Hälfte derselben erhoben hat. Es sind nächst den Gesetzen, nach welchen der Weltbau in der Verfassung, darin er ist, besteht, vielleicht keine anderen in der ganzen Naturforschung solcher mathematischen Bestimmungen fähig, als diejenigen, nach welcher er entstanden ist, und ohne Zweifel würde die Hand eines versuchten Messkünstlers hier nicht unfruchtbare Felder bearbeiten.

      Nachdem ich den Vorwurf meiner Betrachtung einer günstigen Aufnahme zu empfehlen mir habe angelegen sein lassen: so wird man mir erlauben, mich wegen der Art, nach der ich ihn abgehandelt habe, kürzlich zu erklären. Der erste Theil geht mit einem neuen System des Welgebäudes im Grossen um. Herr Wright von Durham, dessen Abhandlung ich aus den Hamburgischen freien Urtheilen vom Jahr 1751 habe kennen lernen, hat mir zuerst Anlass gegeben, die Fixsterne nicht als ein ohne sichtbare Ordnung zerstreutes Gewimmel, sondern als ein System anzusehen, welches mit einem planetischen die grösste Ähnlichkeit hat, so dass, gleichwie in diesem die Planeten sich einer gemeinschaftlichen Fläche sehr nahe befinden, also auch die Fixsterne sich in ihren Lagen auf eine gewisse Fläche, die durch den ganzen Himmel muss gezogen gedacht werden, so nahe als möglich beziehen und durch ihre dichteste Häufung zu derselben denjenigen lichten Streif darstellen, welcher die Milchstrasse genannt wird. Ich habe mich vergewissert, dass, weil diese von unzähligen Sonnen erleuchtete Zone sehr genau die Richtung eines grössten Zirkels hat, unsere Sonne sich dieser grossen Beziehungsfläche gleichfalls sehr nahe befinden müsse. Indem ich den Ursachen dieser Bestimmung nachgegangen bin, habe ich sehr wahrscheinlich zu sein befunden: dass die sogenannten Fixsterne oder feste Sterne wohl eigentlich langsam bewegte Wandelsterne einer höhern Ordnung sein könnten. Zur Bestätigung dessen, was man an seinem Orte von diesem Gedanken antreffen wird, will ich allhier nur eine Stelle aus einer Schrift des Herrn Bradley von der Bewegung der Fixsterne anführen. "Wenn man aus dem Erfolg der Vergleichung unserer besten jetzigen Beobachtungen mit denen, welche von diesem mit einem erträglichen Grade der Richtigkeit angestellt worden, ein Urtheil fällen will, so erhellt: dass einige Fixsterne wirklich ihren Stand gegen einander verändert haben und zwar so, dass man sieht, dass diese nicht irgend von einer Bewegung in unserm Planetengebäude herrührt, sondern dass es bloss einer Bewegung der Sterne selber zugeschrieben werden kann. Der Arktur giebt einen Starken Beweis hievon an die Hand. Denn wenn man desselben gegenwärtige Declination mit seinem Orte, wie derselbe sowohl von Tycho als auch von Flammsteed ist bestimmt worden, vergleicht, so wird man finden: dass der Unterschied grösser ist, als man ihn von der Ungewissheit ihrer Beobachtungen herzurühren vermuthen kann. Man hat Ursache zu vermuthen: dass auch andere Exempel von gleicher Beschaffenheit unter der grossen Anzahl der sichtbaren Sterne vorkommen müssen, weil ihre Lagen gegeneinander durch mancherlei Ursachen können verändert werden. Denn wenn man sich vorstellt, dass unser eigenes Sonnengebäude seinen Ort in Ansehung des Weltraums verändert: so wird dieses nach Verlauf einiger Zeit eine scheinbare Veränderung der Winkelentfernungen der Fixsterne verursachen. Und weil dieses in solchem Falle in die Örter der nächesten Sterne einen grösseren Einfluss haben würde, als in die Örter derjenigen, welche weit entfernt sind, so würden ihre Lagen sich zu verändern scheinen, obgleich die Sterne selbst wirklich unbeweglich blieben. Und wenn im Gegentheil unser eigen Planetengebäude stille steht und einige Sterne wirklich eine Bewegung haben: so wird dieses gleichfalls ihre scheinbare Lage verändern und zwar um destomehr, je näher sie bei uns sind, oder je mehr die Richtung der Bewegung so beschaffen ist, dass sie von uns kann wahrgenommen werden. Da nun also die Lagen der Sterne von so mancherlei Ursachen können verändert werden, indem man die erstaunlichen Entfernungen, in welchen ganz gewiss einige gelegen sind, betrachtet: so werden wohl die Beobachtungen vieler Menschenalter nöthig sein, die Gesetze der scheinbaren Veränderungen auch eines einzigen Sternes zu bestimmen. Viel schwerer muss es also noch sein, die Gegsetze fur alle die merkwürdigsten Sterne festzusetzen."

      Ich kann die Grenzen nich genau bestimmen, die zwischen dem System des Herrn Wright und dem meiningen anzutreffen sind, und in welchen Stücken ich seinen Entwurf bloss nachgeahmt, oder weiter ausgeführt habe. Indessen boten sich mir nach der Hand annehmungswürdige Gründe dar, es auf der einen Seite beträchtlich zu erweitern. Ich betrachtete die Art neblichter Sterne, deren Herr von Maupertuis in der Abhandlung von der Figure der Gestirne gedenkt (2), und die die Figur von mehr oder weniger offenen Ellipsen vorstellen, und versicherte mich leicht, dass sie nichts anders, als eine Häufung vieler Fixsterne sein können. Die jederzeit abgemessene Rundung dieser Figuren belehrte mich, dass hier ein unbegreiflich zahlreiches Sternenheer und zwar um einen gemeinschaftlichen Mittlepunkt müsste geordnet sein, weil sonst ihre freie Stellungen gegen einander wohl irreguläre Gestalten, aber nicht abgemessene Figuren vorstellen würden. Ich sah auch ein: dass sie in dem System, darin sie sich vereinigt befinden, vornehmlich auf eine Fläche beschränkt sein müssten, weil sie nicht zirkelrunde, sondern elliptische Figuren abbilden, und dass sie wegen ihres blossen Lichts unbegreiflich weit von uns abstehen. Was ich aus diesen Analogien geschlossen habe, wird die Abhandlung selber der Untersuchung des vorurtheilfreien Lesers darlegen.

      In dem zweiten Theile, der den eigentlichsten Vorwurf dieser Abhandlung in sich enthält, suche ich die Verfassung des Weltbaues aus dem einfachsten Zustande dur Natur bloss durch mechanische Gesetze zu entwickeln. Wenn ich mich unterstehen darf denjenigen, die sich über die Kühnheit dieses Unternehmens entrüsten, bei der Prüfung, womit sie meine Gedanken beehren, eine gewisse Ordnung vorzuschlagen, so wollte ich bitten das achte Hauptstück zuerst durchzulesen, welches, wie ich hoffe, ihre Beurtheilung zu einer richtigen Einsicht vorbereiten kann. Wenn ich indessen den geneigten Leser zur Prüfung meiner Meinungen einlade, so besorge ich mit Recht, dass, da Hypothesen von dieser Art gemeiniglich nicht in viel besserem Ansehen, als philosophische Träume stehen, es eine saure Gefälligkeit für einen Leser ist, sich zu einer sorgfältigen Untersuchung von selbst erdachten Geschichten der Natur zu entschliessen und dem Verfasser durch alle die Wendungen, dadurch er den Schwierigkeiten, die ihm aufstossen, ausweicht, geduldig zu folgen, um vielleicht am Ende, wie die Zuschauer des londonschen Marktschreiers (3) seine eigne Leichtgläubigkeit zu belachen. Indessen getraue ich mir zu versprechen: dass, wenn der Leser durch das vorgeschlagene Vorbereitungs Hauptstück hoffentlich wird überredet worden sein, auf so wahrscheinliche Vermuthungen doch ein solches physische Abenteuer zu wagen, er auf dem Fortgange des Weges nicht so viel krumme Abwege und unwegsame Hindernisse, als er vielleicht anfänglich besorgt, antreffen werde.

      Ich habe mich in der That mit grösster Behutsamkeit aller willkürlichen Erdichtungen entschlagen. Ich habe, nachdem ich die Welt in das einfachste Chaos versetzt, keine andere Kräfte als die Anziehungs- und Zurückstossungskraft zur Enwickelung der grossen Ordnung der Natur angewandt, zwei Kräfte, welche beide gleich gewiss, gleich einfach und zugleich gliech ursprünglich und allgemein sind. Beide sind aus der Newtonischen Weltweisheit entlehnt. Die erstere ist ein nunmehr ausser Zweifel gesetztes Naturgesetz. Die zweite, welcher vielleicht die Naturwissenschaft des Newton nicht so viel Deutlichkeit als der ersteren gewähren kann, nehme ich hier nur in demjenigen Verstande an, da sie niemand in Abrede ist, nämlich bei der feinsten Auflösung der Materie, wie z. E. bei den Dünsten. Aus diesen so einfachen Gründen habe ich auf eine ungekünstelte Art, ohne andere Folgen zu ersinnen, als diejenigen, worauf die Aufmerksamkeit des Lesers ganz von selber verfallen muss, das folgended System hergeleitet.

      Man erlaube mir schliesslich wegen der Gültigkeit und des angeblichen Werthes derjenigen Sätze, die in der folgenden Theorie vorkommen werden und wornach ich sie vor billigen Richtern geprüft zu werden wünsche, eine kurze Erklärung zu thun. Man beurtheilt billig den Verfasser nach demjenigen Stempel, den er auf seine Waare drückt; daher hoffe ich, man werde in den verschiedenen Theilen dieser Abhandlung keine strengere Verantwortung meiner Meinungen fordern, als nach Massgebung des Werths, den ich von ihnen selber ausgebe. Überhaupt kann die grösste geometrische Schärfe und mathemataische Unfehlbarkeit niemals von einer Abhandlung dieser Art verlangt werden. Wenn das System auf Analogien und Übereinstimmungen nach den Regeln der Glaubswürdigkeit und einer richtigen Denkungsart gegründet ist: so hat es allen Forderungen seines Objects genug gethan. Diesen Grad der Tüchtigkeit meine ich in einigen Stücken dieser Abhandlung, als in der Theorie der Fixsternensystemen, in der Hypothese von der Beschaffenheit der neblichten Sterne, in dem allgemeinen Entwurfe von der mechanischen Erzeugungsart des Weltbaues, in der Theorie von dem Saturnsringe und einigen andern erreicht zu haben. Etwas minder Überzeugung werden einige besondere Theile der Ausführung gewähren, wie z. E. die Bestimmung der Verhältnisse der Excentricität, die Vergleichung der Massen der Planeten, die mancherlei Abweichungen der Kometen und einige andere.

      Wenn ich daher in dem siebenten Hauptstück, durch die Fruchtbarkeit des Systems und die Annehmlichkeit des grössten und wunderwürdigsten Gegenstandes, den man sich nur denken kann, angelockt, zwar stets an dem Leitfaden der Analogie und einer vernünftigen Glaubwürdigkeit, doch mit einiger Kühnheit die Folgen des Lehrgebäudes so weit als möglich fortsetze; wenn ich das Unendliche der ganzen Schöpfung, die Bildung neuer Welten und den Untergang der alten, den unbeschränkten Raum des Chaos der Einbildungskraft darstelle: so hoffe ich, man werde der reizenden Annehmlichkeit des Objects und dem Vergnügen, welches man hat, die Übereinstimmung seiner Theorie in ihrer grössten Ausdehnung zu sehen, so viel Nachsicht vergönnen, sie nicht nach der grössten geometrichen Strenge, die ohendem bei dieser Art der Betrachtungen nich statt hat, zu beurtheilen. Eben dieser Billigkeit versehe ich mich in Ansehung des dritten Theiles. Man wird indessen allmal etwas mehr wie bloss Willkürliches, obgleich jederzeit etwas weniger als Ungezweifeltes, in selbigen antreffen.
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 18:35:43
      Beitrag Nr. 48 ()
      :)

      Ich weiß alles über Unsitten! :D:D:D
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 18:37:53
      Beitrag Nr. 49 ()
      Für alle Philosophen:


      Thread: Philosophie lebt!


      :)


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