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    eröffnet am 12.08.02 08:14:36 von
    neuester Beitrag 12.08.02 18:50:06 von
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      schrieb am 12.08.02 08:14:36
      Beitrag Nr. 1 ()
      Die Erwartungen einer Zinssenkung in Amerika verfliegen

      Das Hilfspaket des IWF für Brasilien hilft vielen amerikanischen Konzernen / Der Bericht vom internationalen Finanzmarkt / Von Christian Schubert


      LONDON, 11. August. Alle Augen sind auf die amerikanische Notenbank gerichtet, wenn die Finanzmärkte in dieser Woche nach Halt und Führung suchen. Die Erwartungen, daß der Offenmarktausschuß der Federal Reserve auf seiner Sitzung am Dienstag die Leitzinsen senken werde, sind gegenüber der vergangenen Woche allerdings schon wieder geschwunden. Nachdem die Wahrscheinlichkeit eines Zinsschrittes an den Terminmärkten zur Wochenmitte noch mit 40 Prozent veranschlagt wurde, fielen die Chancen in den Augen der Anleger bis zum Wochenende auf weniger als 20 Prozent. Nicht zuletzt wurden dafür einige Artikel in einflußreichen amerikanischen Zeitungen verantwortlich gemacht, hinter denen gezielt gestreute Andeutungen der Federal Reserve vermutet wurden.<BR/><BR/>An der Wall Street hatten die großen Aktienindizes Dow Jones und S&P-500 zum Wochenausklang zu kämpfen, um im Plus zu bleiben. Die Nasdaq schloß am Freitag gar mit einem Tagesverlust, und auch der Dollar fiel gegenüber dem Euro um einen halben Cent auf 0,971 Dollar. Zwischen Dienstag und Donnerstag vergangener Woche hatten die Zinssenkungserwartungen eine handfeste Rally ausgelöst. Fast schon wie Drogensüchtige auf den nächsten Schuß hoffen, so hielten die Aktienmärkte noch billigeres Geld der Zentralbank für das Allheilmittel gegen die wirtschaftliche Abkühlung und die damit verbundenen Kursverluste. Am besten gleich eine Absenkung um einen halben Prozentpunkt, denn weniger bringe nichts, hieß es.<BR/><BR/>Doch im Wochenverlauf kam mehr Vorsicht auf. Hatte nicht Fed-Chairman Alan Greenspan erst im vergangenen Monat die Geldpolitik vor dem Kongreß als "entgegenkommend" bezeichnet, und würde die amerikanische Zentralbank gleich nach der ersten Runde schwacher Kennziffern ihr geschrumpftes Arsenal an Zinsmunition aufs Spiel setzen? Außerdem, so die Kalkulation, könnte ein solcher Schritt die Vermutung nähren, daß die Fed große Konjunktursorgen plagen. Hinzu kommt, daß sich auf den Kreditmärkten - denen die verstärkte Aufmerksamkeit der Fed gilt - zuletzt wieder eine leichte Entspannung gezeigt hat. Immerhin haben es mit Alcoa und Safeway zum ersten Mal seit Mitte Juni wieder zwei Konzerne geschafft, Bonds im Wert von jeweils mehr als einer Milliarde Dollar zu verkaufen.<BR/><BR/>Auch in Europa stiegen am Freitag die Kurse für Unternehmensanleihen - im Gegensatz zu Regierungspapieren - leicht an. Konzernen mit starkem Engagement in Lateinamerika wie Telefónica gab das umfangreiche Hilfspaket des Internationalen Währungsfonds (IWF) für Brasilien Auftrieb. Auch für amerikanische Konzerne wirkt die Unterstützungsaktion entspannend. Brasilien steht seit Anfang der neunziger Jahre für 30 Prozent ihrer in Lateinamerika erzielten Gewinne; sie haben dort noch mehr investiert als in Mexiko oder in China. In Brasilien selbst sind indes die Währung sowie die Aktien- und Anleihekurse zum Wochenschluß wieder gesunken, nachdem die jüngsten Umfrageergebnisse die Sorgen vor einem Regierungswechsel zugunsten eines linksgerichteten Kandidaten im Oktober verstärkt haben. Auch die Bekanntgabe der Weltbank und der interamerikanischen Entwicklungsbank, Brasilien sieben Milliarden Dollar bis zum Jahresende zu leihen - drei Milliarden mehr als erwartet -, änderten daran nichts. Die Kursgewinne des Vortages wurden damit zum Teil wieder zunichte gemacht.<BR/><BR/>Die starken Schwankungen unterstreichen, daß die Investoren die Erfolgschancen des IWF-Eingriffs unterschiedlich beurteilen. Die einen verweisen auf die wirkungslos verpufften IWF-Milliarden in Argentinien, die anderen deuten auf erfolgreiche Rettungsaktionen wie die von Mexiko Mitte der neunziger Jahre. Ausschlaggebend wird sein, inwieweit die neue brasilianische Regierung die Vorgaben des IWF befolgt.<BR/><BR/>Mit dem 14. August steht in dieser Woche ein weiteres einschneidendes Datum an. Die amerikanische Börsenaufsicht Securities and Exchange Commission (SEC) hat die Chief Executives und Finanzvorstände von 745 Unternehmen aufgefordert, ihre Geschäftsabschlüsse bis dahin unter Eid zu beglaubigen. Die Behörde rechnet mit einem großen Schwung "am oder um den 14. August herum", laut ihrer Website ist bisher nur ein kleiner Teil eingegangen. Ein unmittelbarer Niederschlag auf den Märkten dürfte ausbleiben, doch Fondsmanager glauben, daß alle Unternehmen ohne Beglaubigungen mit der verstärkten Aufmerksamkeit der Investoren rechnen müssen.<BR/><BR/>Von der EZB erwarten die Investoren mehrheitlich keine rasche Zinssenkung. Die europäischen Währungshüter haben ihre abwartende Haltung in ihrem Bulletin am Donnerstag bekräftigt. Die Anleger an den Terminmärkten sehen allenfalls am Jahresende eine kleine Chance für eine Zinssenkung. Die Bank von England indes hat in ihrem jüngsten Inflationsreport ihre Bereitschaft zu Zinssenkungen für den Fall deutlich gemacht, daß sich die wirtschaftliche Lage nicht bessert. Viele Marktbeobachter rechnen am Dienstag mit einem ähnlichen Hinweis der Fed in den Vereinigten Staaten.

      Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.08.2002, Nr. 185 / Seite 22
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      schrieb am 12.08.02 13:06:15
      Beitrag Nr. 2 ()
      Boden verpasst? Es ist immer noch genug Zeit, bullisch zu werden! Newssuche
      WKN / Symbol / Stichwort




      Die Zeichen für eine Bodenbildung vermehren sich und die Bullen haben einfach die besseren Argumente.

      Market Track / kurzfristige Sicht / Kommentar:

      Der Handelsverlauf am vergangenen Freitag lief nach dem selben Muster ab wie die Vortage. Emulex (ELX) hat eine kräftige Gewinnwarnung abgegeben und verunsicherte die Börsengeister zu Handelsbeginn. Die Indizes eröffneten im Minus und drifteten zunächst gen Süden ab. Es war ein schlechter Handelsauftakt, doch nach kurzer Zeit wurde die Nachfrageseite aktiv und beförderte die Indizes wieder in nördliche Gefilde. Dow und DAX konnten im positiven Terrain schließen und der COMPX beendet den Freitagshandel mit einem leichten Abschlag von -0,8 %. Das Handelsvolumen war eher gering und die Marktbreite durchwachsen.

      Was wir am Freitag gesehen haben, war der dritte Akkumulationstag in Folge und es war auch der dritte Tag mit einer negativen Handelseröffnung und einer anschließenden Erholung. Der Markt ist in der Lage negative Nachrichten abzuschütteln und was uns vor wenigen Wochen ein sattes Minus beschert hätte, wird heute zum Anlass genommen die Futures nach unten zu pressen, um eine niedrigere Akkumulationsbasis zu forcieren. Mit anderen Worten heißt das, dass wir drei Tage in Folge ein bullisches Handelsmuster gesehen haben. Das einzig Traurige an der Freitagsaction ist der satte Abschlag von Emulex, da sich dieser Wert mit einem Anteil von 3 % in meiner Modellallokation befindet. Ich habe mich von diesem Wert getrennt!

      Gute Nachrichten gibt es auch von Investors Intelligence. Die Bullenquote hat letzte Woche abgenommen, während die Bärenquote angestiegen ist. Die Differenz zwischen Bullen und Bären beträgt -4 %, sprich es sind 4 % mehr Bären als Bullen da draußen. Die Differenz hat sich praktisch zu Gunsten der Bären erholt, obwohl wir eine feste Handelswoche gesehen haben. Wenn der Markt bärischer wird während er steigt, sprechen wir von einer POSITIVEN DIVERGENZ in den Sentimentindikatoren und das ist auch bullisch. Dahinter steckt folgende Idee. Die Differenz zwischen Bullen und Bären ist im Wochenvergleich um 6 % zu Gunsten der Bären angestiegen. Jene Marktteilnehmer, welche bärisch geworden sind, haben sich von ihren Positionen getrennt und Angebot auf den Markt gebracht. Wenn der Markt vor diesem Hintergrund trotzdem steigt, kam offensichtlich eine andere Kraft ins Spiel, die genug Nachfrage in den Markt gebracht hat, um die Indizes nach oben zu befördern.

      Lasst uns diese Kraft mal genauer ansehen. Wer wird da wohl gekauft haben? Privatanleger? Lieschen Schmidt von nebenan hat sich einen bärischen Börsenbrief reingezogen und sich schlagartig erinnert, dass man sich bei extrem bärischer Börsenverfassung mit Aktien eindecken muss. Sie verbreitetet diese Erkenntnis bei der nächsten Kaffeerunde unter ihresgleichen und schon beugten sich die Bären einer Nachfrageflut der Hausfrauengilde? So muss es wohl gewesen sein. Es könnte aber auch sein, dass die mächtigen und cleveren Marktteilnehmer wissen, dass man den Markt an seinem jetzigen Extrem nicht mehr von der kurzen Seite anfassen darf. Sie nutzen die Angebotsflut um ihre Milliarden weitestgehend unbemerkt in den Markt zu schleusen und fühlen sich dabei wie im Sommerschlussverkauf bei Hertie. Es liegt also auf der Hand, dass das SMART MONEY längst auf die lange Seite gewechselt hat und das steckt meines Erachtens hinter einer positiven Divergenz in den Sentimentindikatoren. Tenor ist, dass die Kraft auf der Käuferseite unbedingt ernst genommen werden sollte.

      Wem das zu schwammig ist, weil er zu jenen Menschen gehört, welche ein Auto als Fortbewegungsmittel in Frage stellen, weil sie sich keine genaue Vorstellung darüber machen können, wie der Motor funktioniert, der sollte einen genaueren Blick auf die Liquiditätsflüsse werfen. Vom 20 Juni bis zum 17. Juli 2002 sind 48 Mrd. USD aus Investmentfonds geflossen. Alleine in der dritten Juliwoche sind 18,4 Mrd. USD aus Fonds geflüchtet. Das ist die größte Verkaufswelle seit der dritten Septemberwoche 2001, als 19 Mrd. USD aus dem Markt flossen. In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass Extremausflüsse aus Investmentfonds zu den verlässlichsten Contraindikatoren gehören.

      Lasst uns einen Blick auf CORPORATE AMERICA werfen. In den letzten zwei Jahren habe ich bei jeder Gegenbewegung moniert, dass die CORPORATE INVESTORS, sprich die Unternehmen, bärisch sind. Diese Haltung ließ sich am hohen Umfang der Insiderverkäufe ablesen und an der Tatsache, dass nur sehr wenige Aktien von den Unternehmen zurückgekauft worden sind. Der Corporate Investor ist der beste Indikator, den wir haben. Es steckt die Idee dahinter, dass die einzelnen CEOs am besten wissen, wie es um ihr Unternehmen bestellt ist. Schließlich brauchen Sie nur einen Blick in Ihre Auftragsbücher zu werfen. Abgesehen davon wissen Sie um die Investitionsvorhaben ihrer Kunden Bescheid und können den zukünftigen Verlauf des Unternehmens am besten einschätzen.

      Woran sieht man nun, dass der Corporate Investor bullisch geworden ist?

      Alleine in der dritten Juliwoche wurden Aktienrückkäufe in Höhe von 18,4 Mrd. USD von US Aktiengesellschaften angezeigt. In der vierten Juliwoche haben alleine Pepsico und AIG für jeweils 5 Mrd. USD Aktienrückkäufe angemeldet. Letzte Woche hat Cisco ihr Aktienrückkaufprogramm von 3 Mrd. auf 8 Mrd. USD aufgestockt. Wir sahen etwas ähnliches im September 2001, doch damals ist die Sache staatlich forciert worden und demzufolge zweifelten wir berechtigter Weise an der Nachhaltigkeit der Rückkäufe. Schon bald stellt sich heraus, dass die damaligen Rückkaufsabsichten eher kosmetischer Natur waren und viele Unternehmen nicht wirklich zurückkauften. Heute ist das anders und vor diesem Hintergrund sollten wir nicht erwarten, dass die CEOs aufspringen und uns erzählen, dass sie bullisch sind. Da die Aktien nicht nur aus institutionellen Beständen erworben werden, sondern auch am freien Markt gekauft werden müssen, wird man sich naturgemäß hüten den eigenen Aktienkurs in die Höhe zu treiben, bevor die eigenen Rückkäufe abgeschlossen worden sind.

      Oder würdet Ihr es an die große Glocke hängen?

      Zwei Jahre lang hörten wir auf diversen Conference Calls, dass der Boden nah ist und dass es mannigfaltige Stabilisierungssignale gebe. Nun bekommt man urplötzlich kein Zeitfenster mehr geboten. Positive Nachrichten werden derzeit unterdrückt, so wie es mit negativen Nachrichten an zyklischen Markthochs der Fall ist. Oder habt Ihr gewusst, dass die Steuerabgaben amerikanischer Unternehmen im Juli um 12,8 % im Vergleich zum Vorjahr zugenommen haben? Habt Ihr diese Nachricht verpasst? Halb so wild, sie ist eben nicht an die große Glocke gehängt worden.

      Was ist mit dem Bodenausruf in den Medien?

      Die Medien und viele Marktstrategen haben sich im Bärenmarkt wahrlich eine blutige Nase bei diversen Bodenausrufen geholt. Kaum stieg der DAX oder auch der Dow um 10 %, vernahm man reichlich Stimmen, die einen Boden ausriefen. Das hat uns unter anderem veranlasst, jede Gegenbewegung zur Bärenmarktrally zu erklären. Wir stellten uns konsequent auf den Standpunkt, dass der junge Bulle von den wenigsten Investoren erkannt wird, was eben nicht der Fall ist, wenn nach 10 % Aufwärtsbewegung der Boden ausgerufen wird. Heute stehen wir an einem Punkt, wo der Dow 17 % seit seinem Julitief zugelegt hat und bis heute ist auf CNBC oder NTV kein offizieller Boden ausgerufen worden.

      Das ist das erste Mal!

      Statt dem üblichen Bodengerede sprechen die optimistischen Stimmen von der Möglichkeit einer größeren Gegenbewegung. So endeten in der Vergangenheit ALLE Bärenmärkte. Ich erinnere mich an eine Mail von letzter Woche, die ich als bezeichnend für die psychologische Verfassung vieler Marktteilnehmer sehe. Der Absender erklärte mir, dass er dem Markt in all den Gegenbewegungen der letzten 2 Jahre sein Vertrauen geschenkt und Aktien gekauft hat. Nun glaubt er nicht mehr an die Nachhaltigkeit einer Rally und wartet bis der COMPX bei 600 Punkten steht. Vorher macht er nichts mehr. So seine Ausführung und es war nicht die einzige Mail mit diesem Charakter. Dies ist ein weiteres Indiz dafür, dass die Angst, eine Rally zu verpassen bei vielen Investoren verschwunden ist.

      Ihr habt es fast geschafft, nun kommt der letzte Absatz.

      Ich bin weder ein Leuschel noch ein Thieme und was Kollegen wie unser Großmeister Förtsch abziehen, entspricht nicht meiner Lebensphilosophie. Ich verbringe viel Zeit damit, mich selber zu analysieren und zu prüfen, ob ich symmetrisch denke. Bei jedem von uns ist oft der Wunsch der Vater des Gedankens und an der Börse kostet das regelmäßig viel Geld. Wenn der Markt über eine hohe Volatilität verfügt, wirbelt er unsere Emotionen auf und versetzt uns in extreme psychologische Zustände. Viele Investoren schaffen es nicht sich von diesem Extremzustand zu lösen (Psychofalle) und ganz andere nutzen diese Situation bewusst aus. Das aktuelle Setup der Börse ist typisch für den Beginn eines neuen Bullenmarktes. Der junge Bulle ist noch schwach (teilweise dünnes Handelsvolumen) und macht einen wackeligen Eindruck (starke Rücksetzer), doch es ist im Begriff größer zu werden (zunehmende Bodenbildungen in Einzelwerten) und seine Kraft wächst von Tag zu Tag. Seine Dankbarkeit richtet sich vor allem an diejenigen, welche ihn früh nährten (am Boden kaufen) und sie drückt sich in überdurchschnittlichen Vermögenszuwächsen aus.

      Ich möchte den heutigen Beitrag mit der Feststellung beenden, dass es in den kommenden Jahren keinen besseren Zeitpunkt geben dürfte Aktien zu kaufen als heute. Dennoch warne ich vor kurzfristigen Ausrichtungen! Wer heute kauft, sollte sich auf 3-6 Monate, sprich mittelfristig ausrichten. Orientiert Euch an Wochencharts, das macht die Sache erheblich einfacher und es ist ein gutes Rezept sich emotional von kurzfristigen Schwankungen zu lösen. Da wir uns einer Bodenbildungsphase befinden, können jederzeit neue Kursspitzen nach unten ausgebildet werden und die sind nicht im Kopf auszuhalten, wenn man zu nah am Markt steht!
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      schrieb am 12.08.02 18:50:06
      Beitrag Nr. 3 ()
      Niedrige Zinsen wecken Besorgnisse über die Konjunkturlage

      Spekulationen über abermaligen Rückschlag der amerikanischen Wirtschaft / Warten auf Zinsentscheidung


      Diese neue Börsenwoche wird auch in Europa spannend. Die technisch orientierten Analysten warten auf weitere Bestätigungen für die These, daß die Aktienmärkte wenigstens fürs erste einen Boden erreicht haben könnten. Die Fundamentalisten erwarten fast gebannt die jeweils neuen Konjunkturdaten, denn sie wollen bestätigt wissen, ob die Optimisten oder die Pessimisten über die besseren Argumente verfügen.

      Als das herausragende Ereignis für alle Parteien gilt die auf den 13. August anberaumte Tagung des Offenmarkt-Ausschusses (FOMC) der amerikanischen Notenbank. Senkt er den Zielsatz für Tagesgeld (federal funds) und, wenn ja, wie stark? Oder beläßt er das Ziel bei 1,75 Prozent, und begnügt er sich damit, die Märkte in der üblichen Erklärung nach Abschluß der Tagung auf die Möglichkeit weiterer Zinssenkungen einzustimmen?

      Als sicher gilt aller Erfahrung nach, daß der FOMC alles zu vermeiden trachtet, was die Finanzmärkte überraschen könnte. Die Skeptiker sind davon überzeugt, daß die Notenbank in einer zum Teil selbstgefertigten Falle steckt und, was auch immer sie jetzt unternimmt, nur das Falsche tun kann. Da die europäischen Finanzmärkte unverändert im Sog der amerikanischen mitgezogen werden, hat die Reaktion der Wall Street auf die Zinsentscheidung in jedem Fall auch Konsequenzen für die europäischen Börsen.

      Es ist nach Meinung mancher Anlagestrategen schon beachtenswert, wie weithin ignoriert wird, was sich bei Staatsanleihen aus der westlichen Hemisphäre ereignet. Dabei gilt ihre Aufmerksamkeit weniger Titeln aus dem Euroraum als Papieren des Schatzamtes in Washington. Die Rendite zweijähriger Notes ist schon vor einigen Wochen auf das niedrigste Niveau seit deren Einführung vor rund 20 Jahren gesunken, und sie fällt tendenziell weiter. Unterdessen hat auch die Rendite zehnjähriger Bonds des Schatzamtes die im Herbst 2001 verzeichneten Tiefs, die zugleich die Tiefstpunkte der vorausgegangenen 40 Jahre waren, unterschritten. Vergleichbare Titel aus dem Euroraum sind noch recht weit von den entsprechenden tatsächlichen beziehungsweise fiktiven Marken entfernt, doch weist die Tendenz in die gleiche Richtung wie die der amerikanischen Papiere.

      Dies muß nach der Überzeugung einer wachsenden Zahl von Strategen etwas zu bedeuten haben. Allein mit einem massenhaften Umschichten von Aktien in Zinstitel lasse sich die Entwicklung nicht erklären, heißt es. Daher ist in den vergangenen Wochen mehr und mehr die These akzeptiert worden, der Konjunkturaufschwung lasse nach und es drohe besonders mit Blick auf die amerikanische Wirtschaft möglicherweise ein abermaliger Rückschlag (double-dip) mit der Gefahr einer neuen Rezession.

      Ein solcher Rückschlag der amerikanischen Wirtschaft würde auch einen Rückschlag der Weltwirtschaft bedeuten, meint Stephen Roach von Morgan Stanley. Dies müßte natürlich Konsequenzen für die Unternehmensergebnisse haben. Und in der Tat stutzen die Analysten ihre Prognosen zu den Ergebnissen bereits zurück.

      Mit Blick auf Europa erklärt Dresdner Kleinwort Wasserstein, dieser Prozeß stehe hier erst an seinem Anfang. Daß in einem solchen Umfeld Inflation kein Thema sei, dafür aber deflationäre Erscheinungen sehr aufmerksam beobachtet werden müßten, erklären inzwischen mehr oder minder uneingeschränkt zum Beispiel die Ökonomen von Morgan Stanley und Goldman Sachs. Andere scheinen mit jedem verstreichenden Tag bereiter zu werden, dieser These zu folgen. Richard Bernstein, der Chefstratege von Merrill Lynch, wählt einen Mittelweg, indem er erklärt, vielleicht bleibe der amerikanischen Wirtschaft ein "double-dip" erspart, doch Anleger sollten diese Möglichkeit nicht ausschließen. Bei dieser Gelegenheit erinnert er an seine These, der Gewinnzyklus, nicht aber der Konjunkturzyklus bewege die Aktienkurse. Obgleich der Konjunkturzyklus zweifellos den Gewinnzyklus beeinflusse, sei letzterer doch sehr viel schwankungsanfälliger als ersterer.

      Zu den Anleihemärkten hat sich unter dem Aspekt der Haushaltsdefizite Invesco Gedanken gemacht und ist dabei zu dem Schluß gelangt, die bislang abschätzbaren Budgetlöcher in Europa allein stellten noch keine Gefahr für diese Märkte dar. In Verbindung mit anderen schlechten Nachrichten würden die Kurse hier jedoch wahrscheinlich fallen. Die in letzter Zeit beobachtete leichte Beschleunigung des Wirtschaftswachstums in der Region habe bisher das Steueraufkommen nicht steigen lassen. Vielmehr wirkten sich hier die Folgen des konjunkturellen Einbruchs von 2001 noch immer negativ aus. Sollten sich die Haushaltsdefizite weiter erhöhen, müßten die öffentlichen Hände den Kapitalmarkt verstärkt beanspruchen. Daher könne am europäischen Anleihemarkt noch keine Entwarnung gegeben werden, erklärt Invesco.

      Der deutsche Aktienmarkt, gemessen am Dax-Index, zählt zu den schwankungsanfälligsten in ganz Westeuropa. Dies liegt nach Darstellung von Analysten wesentlich an seiner vergleichsweise hohen Technologielastigkeit. Ist der Tech-Sektor gerade einmal für einen Tag oder zwei in Mode, so geht es dem Dax gut. Fällt der Bereich im Zuge der rasch wechselnden Präferenzen in Ungnade, kippt er unverhältnismäßig stark ab. Wesentlich stabiler zeigt sich in seiner Entwicklung dagegen der M-Dax, obgleich er der Tendenz des Dax in den zurückliegenden zwölf Monaten über weite Strecken hinweg fast deckungsgleich gefolgt ist. Von der zuvor lange beobachteten relativen Stärke des überwiegend mit zyklischen Aktien bestückten M-Dax blieb wenig übrig. Für nicht wenige Analysten ist dies ein Beweis dafür, daß die konjunkturellen Aussichten und damit auch die Perspektiven für wachsende oder auch nur stabile Unternehmensergebnisse nicht gut eingeschätzt werden. Der M-Dax hat Ende Juli ebenso wie der Dax sein bisheriges zyklisches Tief vom September 2001 eindeutig unterschritten. Während der Dax sein neues, bei 3332,65 Punkten verzeichnetes zyklisches Tief bisher noch nicht testen konnte oder mußte, hat der M-Dax diesen Test nach dem Urteil von Chartisten bereits mit Erfolg bewältigt.

      Unterdessen verfolgen ausländische Investoren mit gespannter Aufmerksamkeit den Verlauf des Wahlkampfs in Deutschland. Sollten sich Hinweise darauf ergeben, daß mit Blick auf Reformen bislang Versäumtes oder nur halbherzig Aufgebrochenes nachgeholt oder vorangetrieben wird, hätte dies nach der Überzeugung von Strategen sicherlich sehr rasch Folgen für die Aufteilung anzulegenden Kapitals zugunsten des deutschen Aktienmarktes.


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