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    Die Akte Fischer - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 30.11.02 12:55:38 von
    neuester Beitrag 02.12.02 22:21:37 von
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      schrieb am 30.11.02 12:55:38
      Beitrag Nr. 1 ()
      Herr Fischer, Herr Fischer, wie tief steht das Wasser?


      Verdacht

      Er war gut vorbereitet, der Herr Außenminister. Gauck, der die Sendung moderierte und Josef Fischer befragen sollte, wirkte dagegen fahrig und nervös. Mehrere Male bemühte er sich, die Putzgruppe der Frankfurter Spontiszene aus den siebziger Jahren mit den "Kameradschaften" der NPD oder des Rechtsmilieus in den ostdeutschen Ländern im Jahre 2000 zu vergleichen. Fischer war eher verwundert über diesen Vergleich. Er hatte sich auf ganz andere Probleme präpariert, weil er überzeugt war, daß Gauck die HVA-Akten eingesehen haben könnte. Plötzlich brach es aus Fischer heraus und er gab eine Stellungnahme ab, die Gauck gar nicht erörtert wissen wollte. Sinngemäß sagte Fischer, daß er nichts damit zu tun habe, daß seine Staatsschutzakte seit 1985 aus dem hessischen Staatsarchiv verschwunden sei. Er hätte jedenfalls als hessischer Umweltminister auf diesen Aktenbestand keinerlei Zugriff gehabt. Fischer hatte eher unbeabsichtigt einen Zusammenhang angesprochen, den, wie gesagt, Gauck gar nicht wissen wollte, der jedoch der Schwachpunkt in der politischen Karriere von Fischer zu sein scheint. Mit seinen Beratern hatte er vor diesem Gespräch immer wieder das Verschwinden der Staatsschutzakte "Fischer" abgewogen, denn es war eindeutig, daß von den westlichen Akten keinerlei Gefahr mehr ausging, aber im Osten konnten Schriftstücke der HVA-Recherchen auftauchen. Die Hauptverwaltung für Aufklärung (HVA) hatte die politische Klasse im Westen gründlich studiert und sich außerdem mit Oppositionsgruppen befaßt, die die Potentialität von Politikfähigkeit besaßen. Hier konnte der Verwaltung Fischer in den Blick geraten sein. Da die HVA gute Zugänge zu Verfassungs- und Staatsschutz besaß, konnte es auch sein, daß ein Duplikat der "Akte Fischer" in die DDR kam.

      Lediglich der "Spiegel" (Nr.3, 15. Jan. 2001) ging leicht verschlüsselt auf den möglichen Inhalt der "Akte Fischer" ein. Fischer, eine Art "Kommandante" der Putzgruppe, ihr Sprecher und Befehlshaber war bereit, die Militanz zu steigern und der Einsatz von Benzinbomben gegen die Polizei wurde erwogen. Aus Anlaß des Todes von Ulrike Meinhof im Herbst 1977 fand ein derartiger Angriff auf ein Polizeiauto statt. Ein Polizist wurde spät verletzt. Eine Videokamera hatte die Werfer aufgezeichnet. Josef Fischer war es nicht. Der Haftrichter ließ sich den Täterkreis vorführen. Am Abend wurden alle entlassen. Die Hauptverdächtige war seit diesem Zeitpunkt Zuträgerin für den Verfassungsschutz. Was mit Herrn Fischer geschah, wird in der verschwundenen Akte verzeichnet sein.

      Unternehmen Stadtguerilla

      Aus dem Milieu radikaler Opposition entstanden in Westeuropa, Südamerika, Japan und USA Ende der 60er Jahre Stadtguerillagruppen. RAF und "2.Juni" waren unter militärischen Gesichtspunkten in Westdeutschland sehr erfolgreich. Es zeigte sich, daß der Polizeiapparat, Verfassungsschutz, Bundeskriminalamt, Justiz diesen Angriffen kaum gewachsen waren und nur sehr schwer in die Logistik dieser Gruppen Eingang fanden. Überläufer aus den Reihen der Stadtkämpfer gab es nicht. Sie waren politisch hoch motiviert und engagiert und voller Haß gegen den bestehenden Staat. Vor allem die Kommandoebene und die unterschiedlichen "Generationen" der Kämpfer waren interessant. Andreas Baader, der eindeutige Befehlsgeber, hatte sich durchgesetzt gegen die "Intellektuellen". Er hatte eine mittelmäßige Schulausbildung und war im undurchsichtigen Milieu der Jobber und Kleinkriminellen groß geworden. Es besaß keinerlei moralische oder intellektuelle Hemmungen und wurde an der Aufgabenstellung groß, eine illegale Einheit von Kämpfern, vor allem Frauen, zu formen, die Radikalität verbinden konnten mit Engagement, Disziplin und Gehorsam. Die einzelnen Kampfgruppen waren fähig, höchst komplizierte Kommandounternehmen durchzuführen und sich vor dem polizeilichen Zugriff illegal zurückzuziehen.

      FBI und CIA veranstalteten ab Anfang der 70er Jahre mehrere Konferenzen in den USA, um im Vorfeld der Entstehung derartiger Stadtguerillagruppen zu unterbinden. Lehrstück war der Kampf gegen die Black Panther in den USA. Diese Formation wurde zweifach von Staatsseite aufgerieben. Einerseits wurde das organisierte Verbrechen auf die Gruppe angesetzt, die Schlupfwinkel dieser Kämpfer aufzuspüren und einzelne Personen zu liquidieren. Außerdem wurden einzelne Fighter im Gefängnis umgedreht und zu Spitzeln und Zuträgern gemacht. Durch diese Vorgehensweise wurde diese Partisaneneinheit zersetzt und in kurzer Frist aufgerieben. In den USA bildete sich seit Mitte der 70er Jahre keine Stadtguerilla mehr, die aus dem Oppositionsmilieu kam. FBI und organisierte Kriminalität bekamen dadurch die politische Radikalszene in den Würgegriff.

      In der Bundesrepublik standen die einzelnen Sympathisantengruppen der RAF, der ML-Parteien und der Spontigruppen unter Beobachtung. Den Szenefürsten Fischer und Cohn-Bendit wurde viel zugetraut. Dem Situationskomiker Bendit wurde jedoch nicht die Militanz unterstellt, Befehlshaber einer Partisaneneinheit zu werden. Derartige Qualifikationen besaß Fischer. Er zeichnete sich durch keinerlei intellektuelle Skrupel aus und hatte keinerlei Ambitionen, rhetorisch zu brillieren. Er war sportlich. Kräftig, durchsetzungsfähig, männlich und war fähig, einen großen Kreis junger Männer und Frauen an sich zu binden. Er besaß die Übersicht und einen Gruppensinn, Leute richtig einzusetzen und internen Streit zu vermeiden. Er war ein idealer Kommandante. Aus der Putzgruppe konnte eine neue Partisanenformation entstehen, die ähnlich haßerfüllt war wie die RAF, aber auch diese Mischung von Intellektualität, Gehorsam und Draufgängertum bot. In der Gewaltfrage stand eine Eskalation bevor, wenn die Straßenspiele mit der Polizei radikalisiert wurden mit dem Einsatz von Flitschen und Benzinbomben. Verfassungs- und Staatschutz mußten vorher eingreifen, um ähnlich wie in den USA den Aufbau einer Partisaneneinheit in Frankfurt zu unterlaufen.

      Parteibesetzung

      Die Putzgruppe in Frankfurt hatte zwar Bezüge zu den Revolutionären Zellen, wie der Prozeß gegen Klein-Klein markiert, der Kern dieses Kreises hielt jedoch ab 1977 Distanz zur "revolutionären Gewalt"; wurde jedoch auch kein Fußballverein oder Kinderladen. Mit dem Zerfall der K-Gruppen und den Initiativen konservativer und linker Kreise, die Ökologiefrage zu politisieren, bildete sich eine grüne Partei heraus, die in den Anfangsjahren keinerlei Strukturen und politische Kontinuität aufwies. Sie wurde ab 1982 Objekt der Besetzung durch die unterschiedlichen Kaderorganisationen, um unter der Ökologie die eigenen Ambitionen zu verbergen und machtpolitische Ziele zu verfolgen. Dadurch wurde der politische Bankrott dieser Kaderorganisation verhüllt. In Frankfurt marschierte die Putzgruppe in diese Partei und beanspruchte die unterschiedlichen Machtposten und für Fischer erst das Ministeramt und später ein Bundestagsmandat. Eine Umorientierung der Radikalopposition auf die Probleme der großindustriellen Vergiftung und Zerstörung von Natur und Menschen wurde unmöglich, weil diese Machtpolitiker sich als Koalition und Satellit einer mehr oder weniger bankrotten SPD aufbauten, die dabei war, ihre soziale Verwurzelung aufzugeben und jede Konzeption einer reformistischen und demokratischen Alternative zum monopolistischen Umbau der Welt zu verlieren. In einer Situation einer markt- und machtpolitischen Globalisierung , die dem Lobbyismus, Korruption und Sonderinteressen diente, verlor die SPD den radikaldemokratischen Druck einer Oppositionspartei und wandelte sich selbst zur Monopolpartei. Die grüne Partei wurde wie die FDP Steigbügelhalter für eine große Staatspartei. Das mußte Konsequenzen haben für den großen Umbau Europas, dem plötzlich die ökologische und demokratische Alternative fehlte.

      Dieser Zusammenhang wird kaum noch in der Akte Fischer verzeichnet sein. Aber sie könnte erklären, warum ein potentieller Kommandante aufgebaut wurde zu einem machtloyalen Staatspolitiker. Immerhin hat er als ehemaliger "Revolutionär" den ersten deutschen Krieg nach 1945 im Kosovo zu verantworten. Inzwischen wurden alle Begründungen dieses Krieges von Noam Chomsky in "Le Monde", Elsässer u.a. widerlegt. "Europa" benötigte lediglich diesen Krieg als "Gründermythos". Er sicherte außerdem den us-amerikanischen Einfluß auf die NATO und auf die politischen Eliten. Statt nie wieder Krieg, sollte ein "nie wieder Holocaust" die europäische Zukunft bestimmen. Aber trug eine derartige Parole nicht heuchlerische Züge, wenn Milosevic mit Himmler identisch gesetzt oder die Erschießungskommandos serbischer Killertrupps mit der industriellen Massenvernichtung der SS verglichen wurden? Diese Politik folgte dem Plan, davon abzulenken, daß der Einigungsprozeß Europas unter der Regie der Monopole und der europäischen Bürokratie erfolgte, daß die Ursachen der demographischen Entwicklung so wenig beachtet wurden wie Massenarbeitslosigkeit. Die Gleichgültigkeit der Politiker war geblieben. Konnte Massenvernichtung nicht andere Namen und Potentialitäten enthalten und als BSE, uranhaltige Munition, Vergiftung durch Arzneimittel und Lebensmittel eskalieren?

      Die Politik beweist tagtäglich, daß sie noch immer keine Moral gewonnen hat und Entscheidungen verschleppt und zerredet. Als Regierungspartei haben die Grünen alle Elemente von Ökologie und Radikaldemokratie aufgegeben. Sie sind nur noch Staats- und Machtpartei. Unter diesen Gesichtspunkten kann es bedeutsam sein, die Frage zu stellen, was stand denn nun drin in der "Akte Fischer" und wieso konnte sie so erfolgreich umgesetzt werden.



      Autor: Conrad Weiszhaupt
      Quelle: © Philosophischer Salon
      Update: Berlin, Mo., 29.01.2001
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      schrieb am 30.11.02 13:53:21
      Beitrag Nr. 2 ()
      :D Vom Saulus zum Paulus und wieder zum Saulus?
      Wahrscheinlich nicht eher vom Teufelchen zum Teufel mutiert! Demokratie ist sowieso schon tot! Es geht nur noch um die Verteilung des Kuchen, mehr nicht!
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      schrieb am 30.11.02 15:46:40
      Beitrag Nr. 3 ()
      hmmm ein interessanter Artikel. Trotzdem- Fischer paßt in diese politische Landschaft ganz gut.
      Sehen wir über den Teich, betrachten wir den derzeitigen Cowboy, der mich doch irgendwie an den
      "Kleinsten" von den Dalton´s erinnert,-Ihr wißt schon...diese 4Comic-Helden. Dieser Mini-Rambo
      braucht schon ein kalibriges Gegengewicht. Ist gar nicht soo schlecht....
      Avatar
      schrieb am 30.11.02 17:29:21
      Beitrag Nr. 4 ()
      #3 Das kann doch nicht Dein Ernst sein! Dieser Schwätzer Fischer, aufgeblasen und mit pseudo-weltmännischem Gehabe, ist doch kein Gesprächspartner für einen US-Präsidenten, auch wenn er Bush heißt. Was hat Fischer denn bewegt? Er ist Schröder hinten rein gekrochen und hat alle seine Küsschen-Beziehungen zu Madelaine Albright bzw. Powell aufgegeben, damit er durch Schüren der Kriegsangst an der Macht bleibt. Fischer ist und bleibt für mich ein Verräter, der sich seit seiner Frankfurter Prügelzeit nur hochgeschleimt hat. Wie der zu dem Beliebtheitsgrad kommt, ist mir ein Rätsel, zeigt aber auch, wie einfältig die Wähler sind.
      Avatar
      schrieb am 02.12.02 22:21:37
      Beitrag Nr. 5 ()
      # 1
      Erst war es Ablehnung, langsam steigerte es sich gar zur Aggression gegen die Pauschalisierung und die laxe Wortwahl des Autors. Irgendwo sägte er doch an meinem Glauben an den einzig noch etwas vertrauenswürdigen in der zur reinen Raffgier entarteten politischen Landschaft, dessen Niedergang von Sumpf zu Sumpf ich seit zwei Jahrzehnten mit Wut erlebe. Zugegebenermaßen wurmte es mich irgendwie am meisten, im Gesamtzusammenhang einiges zu entdecken, was meinen eigenen Enttäuschungen an Fischer allzu stark doch ähnelt.
      Beide vermissen wir die Zähne des doch engagiert wirkenden Löwen, der nach hoffnungsvollem Durchstarten auch zu meinem Unverständnis nur noch gelegentlich, ganz verhalten brüllt …

      Sind sie durch Koalitionszwänge abgestumpft, oder sind sie ihm gezogen worden, oder hat ihm tatsächlich jemand den Schneid abgekauft, wie der Aufsatz von Conrad Weiszhaupt es suggeriert???
      Er hat mich irgendwie neugierig gemacht …
      und meine Recherche förderte einen weiteren Aufsatz von ihm zutage:
      „Die Implosion politischer Macht in Europa“,
      herausgegeben im Polit-Magazin „Kalaschnikow“ im Jahre 2000
      in denen er die Thesen von Theuerkauf radikalisiert.

      http://www.kalaschnikow.net/de/archiv/a15/a15weiszhaupt.shtm…

      Du meine Güte Weiszhaupt! Muß man alte Aufsätze erst ausgraben, um den neuen zu verstehen? Nun sehe ich im Kontext die Attacke ganz anders! Endlich mal einer, der sich traut zu schreiben, was so manche nur denken! Selbst, wenn es meinen zahnlosen Hoffnungsträger betrifft. Das Manko der aufgekauften politischen Landschaft bringst Du fast auf den Punkt!!! Warum hast Du da jedoch so abrupt gestoppt?? Warum stoppst Du vor dem benennen der Reiter, wenn Du die Rösser schon ansprichst???
      Ach so, es wird ein Dreiteiler??? : - ))
      Hast einen Fan in mir, ich freue mich schon darauf!

      Laß Dir nicht wieder soviel Zeit damit!
      Ich hoffe, die Beteiligten, wie Deutsche Bank Aufsichtsratchef Hilmar Kopper, Durchlaucht Graf Lambsdorf, ach, was schreibe ich da von den Randfiguren , die ganze Truppe der Bilderberg-Konferenzen und die darüber wachenden Gremien würden sich bestimmt freuen gebührend bedacht zu werden! Denn, wenn Du Deine Thesen im Gegenzug auch etwas radikalisieren könntest, dann kommt vielleicht die Feststellung heraus, dass nicht nur unsere, sondern auch die Figuren all der anderen Regierungen, insbesondere der von Dir mit Ehrfurcht bedachten Amerikanischen instrumentalisiert sind und feste eingespannt an den Fäden bestimmter Interessengruppen hängen, welche die Welt nicht erst seit gestern unter sich aufgeteilt haben, Regierungen nach belieben ein- und absetzen, Krieg und Frieden geben und nehmen … …
      oder ist das alles nur „Conspiracy Theory“ ???
      Ich wünschte uns allen, es wäre so!


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