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    Vergleich historisches Römisches Imperium- USA heute - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 14.02.03 07:58:39 von
    neuester Beitrag 19.04.03 21:34:33 von
    Beiträge: 86
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      schrieb am 14.02.03 07:58:39
      Beitrag Nr. 1 ()
      wir sollten hier mal unsere Infos sammeln! :)

      Erstmal Lyndon Larouche, jaja, ich weiß an ihm scheiden sich alle Geister, ich will hier nur den text reinstellen, der zum Thema paßt...



      ...In den USA selbst verwandelte sich die Gesellschaft, die einmal die größte und mächtigste Produzentengesellschaft der Welt gewesen war - d.h. den größten Reichtum pro Kopf und Quadratkilometer auf der ganzen Erde produzierte - , in eine Verbrauchergesellschaft. Mit der Rock-Drogen-Sex-Gegenkultur änderten sich die Werte. Wir taten auch noch alles weitere, um die Industriegesellschaft zu zerstören: "Industrie ist schlecht, konsumieren ist gut!"

      Wie ging das vor sich? Es war ähnlich wie beim Römischen Reich. Am Ende des Zweiten Punischen Krieges war Rom auf dem Wege, ein Imperium zu werden. Vorher stützte Rom seinen Reichtum und seine militärische Macht weitgehend auf die Produktivität der Menschen in Italien. Das änderte sich nun plötzlich und immer rascher, bis Rom im Zuge der Bürgerkriege und anderen Geschehnisse dann unter Augustus das Imperium gründete. Dieses Römische Reich war eine Verbrauchergesellschaft. Es stützte sich in Italien zunehmend auf Sklaven und versorgte die italienische Bevölkerung, indem es die unterworfenen Völker ausbeutete. Seine Macht erhielt es aufrecht, indem es tat, was Brzezinski, Bernard Lewis und Sam Huntington heute als "Kampf der Kulturen" gegen den Islam vorschlagen. Die Römer nannten es die "Limes-Politik": ein Kampf der Kulturen, bei dem permanent völkermörderische Kriege gegen die Nationen am Rande des Imperiums geführt wurden. Das ist es, was Huntington heute vorschlägt, was Bernard Lewis Kissinger und Brzezinski rät.



      Wir ließen die Welt für uns arbeiten
      So kamen die USA an den Punkt, an dem wir sagten, andere Länder sollten billig für uns produzieren - praktisch mit Sklavenarbeit. Wir ließen die ganze Welt für uns arbeiten. Wie? Wir manipulierten die Preise. Wir setzten den Wert der Währungen fest. Wir beuteten andere Länder aus, damit sie produzieren, was wir essen, was wir anziehen. Wo gibt es heute in Amerika noch eine Schuhfabrik oder Textilfabrik? Wieviele sind es noch? Wieviele Teile an dem Auto, das wir fahren, sind überhaupt noch in den USA hergestellt? Warum bekommen wir alles so billig?

      Weil wir uns entschieden haben, ein Römisches Reich zu werden. Genauer gesagt, einige von uns entschieden es. Unser Volk sollte zu Parasiten werden, wie es Rom mit den Italienern machte. Und die übrige Welt würde ausgeplündert und mit Methoden militärischer Tyrannei beherrscht.



      http://www.solidaritaet.com/neuesol/2003/6/larouche.htm
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 08:02:03
      Beitrag Nr. 2 ()
      Griechisch - römische Zeit

      Etwa zur gleichen Zeit entwickelten sich auch die Gesellschaften im Einflußbereich der griechischen und später der römischen Kultur. Auch hier entwickelte sich die Form des menschlichen Zusammenlebens aus den Anfängen der Stämme, aus Jägern und Ackerbauern hin zu größeren und damit stärkeren Gesellschaftsformen. Die sich entwickelnden Reiche kämpften, egal in welcher Staatsform, um die politische Vorherrschaft aber auch um Arbeitskräfte. Der Begriff der Sklaven ist aus der griechischen Geschichte deutlich überliefert. Die körperliche Arbeit als Verrichtung des Körpers war des freien Menschen unwürdig. Sie stellte einen Zwang dar

      Aristoteles (384 ... 324 v.Chr.) sagt:
      ..... und hindert den Menschen an der Muße der Kontemplation, die das eigentliche Tun des Weisen ist.
      ..... Arbeit und Tugend schließen sich gegenseitig aus.

      Platon (427 ... 347) stellt in Gorias fest:
      Demnach steht fest, daß du (der Philosoph) ihm gegenüber ( dem Ingenieur) voller Geringschätzung bist, ebenso wie du seine Kunstfertigkeit mit Verachtung betrachtest; daß es eine Schande bedeuten würde, wenn du ihn als Mechaniker anredetest und daß du weder bereit wärst, seinem Sohn die Hand deiner Tochter zu überlassen, noch die seine annehmen würdest.

      Im 4. Jh. v.Chr. waren auf Attika ein Viertel der Bevölkerung Sklaven (80.000). Nach dem Aufkommen der Geldwirtschaft im 6. Jh. v.Chr. wurde das Kaufen und Verkaufen von Sklaven gang und gäbe. Menschen wurden zur Marktware.

      Bei den Römern galt der Spruch des Juristen Gaius:
      Alles, was durch einen Sklaven erworben wird, wird für den Herrn erworben.

      Noch Cicero (106 ... 43 v.Chr. ) erklärt,
      ..... daß die Handwerker einen niederen Beruf ausüben ......

      Besonders in der römischen Wirtschaft waren die Sklaven unerläßlich geworden.

      Die Kriege mit ihren riesigen Menschenverlusten führten zu einem enormen Arbeitskräftemangel. In der Zeit der Kriege mit Karthago wurden die verbliebenen kleinen italischen Bauern durch die Kriegsbelastungen ruiniert, da vor allem sie die Last der Kriege zu zahlen hatten. Sie mußten die Soldaten stellen und daneben die materielle Unterstützung für die Legionen erbringen. Sie waren gezwungen, ihr Land an Großgrundbesitzer zu verkaufen, die ihrerseits das Land durch Sklaven bestellen lassen konnten. Denn nur Sklaven und Tagelöhner machten die gewinnbringende Bewirtschaftung möglich. Der Bedarf in den entstehenden Großbetrieben der Landwirtschaft war entsprechend riesig. In den späten römischen Republiken waren immer noch ein Drittel der Gesamtbevölkerung (250.000 bis 300.000) Sklaven.

      Konstantin der Große versuchte, die Bauern durch Zwangsverpflichtung auf ihrer Scholle zu halten, als Kolonnen. Der Status entsprach in etwa den Leibeigenen des Mittelalter. Ähnliche Regelungen versuchte er bei anderen Berufen in der Stadt, denn auch dort waren die Verhältnisse denen auf dem Lande ähnlich. Durch die Anordnung von Zwangsinnungen für Handwerker entstand eine Art gelenkter Wirtschaft insbesondere zur Sicherstellung der Heeresversorgung.

      Das freie Bauerntum verschwand fast völlig. Die Bauern zogen in die großen Städte, um dort zu einem wurzellosem Proletariat zu werden. Diese wirtschaftliche Ordnung, begleitet von einer entsprechenden politischen Ordnung, würden wir heute als kapitalistisch bezeichnen. Sie brachte neben dem Stand der Sklaven auch den Stand der Plebs hervor, das Proletariat der römischen Zeit, das aus den mittellos gewordenen Bauern und kleinen Handwerkern entstand. Diese Verhältnisse führten zwangsläufig zu sozialen Spannungen. Es zeigte sich schon im alten Rom, daß der Besitz der Produktionsmittel (damals Grund und Boden) und des Kapitals von entscheidender Bedeutung für die sozialen Fragen waren. Diese Aufteilung behinderte schon in dieser Zeit die eigene Existenzsicherung und die soziale Geborgenheit der Menschen.

      Thomas Mann sagte zu diesem Teil unserer abendländischen Geschichte:
      ..... wer das erste Jh. v.Chr. studiert hat, braucht in der Geschichte nicht mehr viel hinzulernen ...

      Zur Zeit Cicero (106 ... 43 v. Chr.) hatte der Bauernstand noch ein hohes Ansehen
      ..... Doch der Bauer zerfurcht mit dem krummen Pflug die Erde, dies ist die Arbeit des Jahres, damit erhält er die Heimat .....
      Von allen Erwerbsarten ist die Landwirtschaft die beste, die des freien Mannes würdigste.

      Mit Verachtung jedoch blickten wohlhabende römische Bürger auf die Handwerker, besonders auf jene, die sich nicht einmal Sklaven leisten konnten und ihre Waren selbst verkaufen mußten. Diese beurteilte der gleiche Cicero wie folgt:

      Da in der Werkstatt kein Raum für erhabene Gedanken ist, verrichten alle Handwerker einen schmutzigen Beruf. Am meisten sind jene Berufe zu verachten, die von den Sinnesfreuden leben: Fisch- und Geflügelhändler, Metzger und Köche, die Verkäufer von kosmetischen Artikeln, Tänzer und Gaukler.

      Ehrenhafte Berufe sind jene, die besondere Fähigkeiten erfordern und gemeinnützig sind, wie die Heilkunst, die Baukunst und der Unterricht in den Wissenschaften.

      Der Kleinhandel ist ganz und gar zu verurteilen, der Großhandel jedoch, der aus allen Teilen der Welt vielerlei Waren einführt und diese, ohne zu betrügen, vielen zugänglich macht, ist nicht zu verachten.

      Wichtig für die Römer aber trotzdem besonders verachtet waren die Walker, die die schmutzigen Kleidungsstücke der Römer reinigten.

      Die Folgen dieser sozialen Stufung regte die Handwerker zu Zusammenschlüssen, später auch Zünfte genannt, an. Sie entwickelten strenge und rigide Regeln für ihr Handwerk, um so gegen-über den Bürgern sozial bestehen zu können. Denn die Stellung in der Gesellschaft wurde durch den Census bestimmt, der jedem Bürger aufgrund seines Besitzes seinen Platz in der Gesellschaft zuwies.

      Nach dem Abschluß der Bürgerkriege ergab sich für den Staat als brennendes Problem die soziale Frage. Tiberius Gracchus (113 v. Chr.) brachte ein Ackergesetz ein, nach dem neue Bauernhöfe aus Gemeinbesitz zu schaffen waren. Die Begründung war:

      "Die Tiere Italiens haben Höhlen, Lager oder Unterschlupf, die Männer aber, die für Italien kämpfen oder sterben, haben nichts. Ohne Haus und Hof irren sie mit Weib und Kind umher. Die Feldherren lügen, wenn sie die Soldaten mahnen, für die Gräber der Ahnen und ihre Heiligtümer zu kämpfen, denn keiner hat einen Hausaltar oder ein Ahnengrab. Sie heißen Herren der Erde, und dennoch gehört ihnen nicht eine Scholle Land..
      Dieser Sinneswandel deutet auf eine enorme Schwierigkeit in der Beilegung der sozialen Schwierigkeiten, wahrscheinlich aber auch auf eine Gefahr für das Bestehen des Staates.
      Nach dem Eindämmen des Sklavenhandels und damit auch der Sklavenhaltung durch Kaiser Augustus (31 v.Chr. ... 96 n. Chr.) kam es zu ernsthaften wirtschaftlichen Störungen, zu einer wirtschaftlichen Stagnation. Der Mangel an billigen Arbeitskräften ermöglichte den Anstieg der billigen Importe und damit eine Verstärkung der Verelendung der einheimischen Handwerker u.ä., die (noch) nicht bereit waren, auf die niedrigeren Bezahlungen einzugehen. Es kam zu einer zunehmenden Vermögenskonzentration. Es wäre wahrscheinlich interessant zu untersuchen, welchen Einfluß die Entscheidung über die Sklavenhaltung und damit Veränderung der bis dahin tradierten Gesellschaftsstruktur in ihren Schichtungen und Klassen auf den inneren Zerfall der römischen Gesellschaft hatte. Vergleiche zur heutigen Situation als Folge der offenen Grenzen, der Globalisierung drängen sich auf.

      Kaiser Diokletian verfügte etwa um 300 n.Chr. ein Höchstpreisedikt gegen die Inflation. Die Folge war aber der Zusammenbruch des großräumigen Handels. Tausch und Handel war wegen der Transportkosten nur noch auf kurze Entfernungen wirtschaftlich. Um dieses Edikt durchzusetzen, wurde der Beamtenapparat aufgebläht. Es gab zeitweise mehr staatliche Gehaltsempfänger als Steuerzahler. Auch der Versuch einer Währungsreform, verbunden mit einer Politik des knappen Geldes durch Konstantin den Großen zur Beendigung der Inflation und dem Rückgang von Handel und Gewerbe, schlug fehl. Die Folgen der sinkende Löhne und der Arbeitslosigkeit führten zur weiteren Erhöhung der sozialen Spannungen.

      Der Untergang des römischen Reiches, der Übergang zum Mittelalter, hatte sicher viele Gründe. Mit Sicherheit war aber die Überbeanspruchung der Wirtschaftskraft durch die militärischen Ausgaben, die dadurch ständig steigenden Lasten für die Bürger in den verschiedenen sozialen Schichten, die Gleichgültigkeit gegenüber der staatlichen Ordnung und auch der Zerfall der Familie in ihren Werten von entscheidender Bedeutung. Die wirtschaftliche Basis ganzer Schichten der Gesellschaft brach zusammen. Die ständigen internen Machtkämpfe, die Trennung in Ost- und Westrom sowie der religiöse Umbruch von der Heidenreligion zur christlichen Religion trugen das ihre wahrscheinlich dazu bei.

      Salvian von Massilia, schrieb Mitte des 5. Jh. zum Zerfall des römischen Reiches

      Die Habsucht der Vornehmen, die Käuflichkeit der Finanzbeamten und die Ungerechtigkeit der Kurialen bringen es zuwege, daß die Schwachen die Lasten der Stärkeren tragen müssen.
      Die Situation in dieser Zeit kann vielleicht auch aus einigen Quellen des Neuen Testament abgeleitet werden, Matthäus Evangelium 6. Kapitel
      ..... Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, da sie die Motten und der Rost fressen .
      ..... Sorget nicht für euer Leben, was ihr essen und trinken werdet, auch nicht für euren Leib , was ihr anziehen werdet......
      Sehet die Vögel unter dem Himmel, sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen, und eurer himmlischer Vater nähret sie doch....
      Matthäus, einer der Jünger Jesu, gibt wohl einen Hinweis auf eine notwendige Bescheidenheit des Menschen. Die Arbeit soll nicht für die Ansammlung von Schätzen, also Dingen, die nicht der Befriedigung der eigenen Bedürfnisse dienen, mißbraucht werden. Die Aussagen der Evangelisten stehen unter dem Eindruck der Auswüchse des materiellen Reichtums. Es war die Spiegelung der Zeit der römischen Kaiser.
      Die römische Gesellschaft hat unzweifelhaft für den Fortgang der Entwicklung in Europa, in der christlichen Welt entscheidende Dinge hervor gebracht. Das Recht, die Rechtsprechung, die Form des Staates, die Herausarbeitung der Staatsformen; von der Diktatur bis hin zur Republik, all dies entstand in jener wechselvollen Geschichte. Aber die Stellung des einzelnen Menschen war geprägt durch ein immer mehr an Unterordnen unter die Forderungen des Staates. Die staatliche Macht legitimierte sich aus der göttlichen Macht. Damit war dem Menschen vorgegeben, in welchen Schichtungen er zu leben hat. Das Einzelschicksal ging unter in der Anonymität. Am Ende der Kaiserzeit war das römische Reich ein Klassenstaat geworden.

      Der Untergang des römischen Reiches unter dem Ansturm der germanischen Stämme aus dem Norden markiert den Beginn des Mittelalters. Für unseren Kulturkreis war dieses auch das Ende der Naturreligionen und der Beginn der Christianisierung.






      http://www.uni-ulm.de/LiLL/3.0/D/wsd/ARB_BI01.htm
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 08:06:37
      Beitrag Nr. 3 ()
      Artikel 21: Zeit-Fragen Nr. 52/53 vom 30. 12. 2002

      Mit der Globalisierung zur Weltherrschaft?
      von Manfred Ritter, Nürnberg
      Dem Aufstieg des antiken Rom zur Weltmacht stand zunächst Karthago als gleichstarker Rivale im Wege. Erst als Karthago zerstört war, konnte Rom seine Herrschaft ohne übermässige Schwierigkeiten von England bis Ägypten ausdehnen.

      Die Geschichte scheint sich etwa 2000 Jahre später zu wiederholen. Die USA etablieren sich immer mehr als das neue Rom und die Rolle des Verlierers (also Karthagos) ist der ehemaligen Sowjetunion zugefallen. Nachdem dieses rivalisierende Imperium zerfallen ist, steht nun nichts mehr der Eroberung der Welt durch die USA im Wege. Die «einzige Weltmacht» strebt dieses Ziel auch systematisch an. Sie will offenbar alle Völker beherrschen und notfalls auch unterwerfen, die Bodenschätze besitzen oder sonstige (zum Beispiel strategische) Bedeutung haben.

      Andernfalls riskieren diese, von einer gigantischen Militärmaschinerie niedergewalzt zu werden. Wer dies noch bezweifelt, sollte nur einmal den Rüstungsetat der USA (über 350 Mrd. Dollar) betrachten, der inzwischen grösser ist als der der gesamten restlichen Welt. Wenn er nur zur Verteidigung dienen soll, müsste man ihn - bei den derzeitigen weltpolitischen Machtverhältnissen - als eine gigantische und völlig absurde Verschleuderung von Steuergeldern bezeichnen. Er wird allerdings dann zu einer «sinnvollen» Investition, wenn er der Vorbereitung von Angriffskriegen dient. Angriffskriege sind zwar seit den «Nürnberger Prozessen» verboten. Dies scheint die Entscheidungsträger in den USA aber offenbar nicht zu stören, denn Sanktionen gibt es bekanntlich immer nur für den jeweiligen Besiegten.

      Die Zielrichtung dieser Politik kann inzwischen wohl nur noch von ganz Einfältigen geleugnet werden. Jeder Staat, der sich nicht dem neuen Imperium unterwirft, dürfte in Kürze am Schicksal des Irak studieren können, wohin dies führt.

      Mancher Kenner der römischen Geschichte könnte hier zwar einwenden, dass ein neues «römisches Weltreich - made in USA» auch gewisse Vorteile bieten würde, wie etwa einen Weltfrieden entsprechend dem alten «pax romana», und viele wären sogar bereit, dafür den Verlust von Selbstbestimmungsrechten in Kauf zu nehmen. Diese an sich erwägenswerte Überlegung geht allerdings in einem entscheidenden Punkt von falschen Voraussetzungen aus.

      Denn das, was uns heute als US-Weltherrschaft entgegentritt, hat nicht im Entferntesten die staatstragende politische Kraft des alten Roms und seine kulturelle und zivilisatorische Gestaltungsfähigkeit. Der Präsident der USA und seine Administration sind trotz aller von ihnen repräsentierten Macht nur ein Werkzeug in der Hand des (vorwiegend in den USA angesiedelten) Grosskapitals. Sie haben in den entscheidenden Fragen ausschliesslich diesem Kapital zu dienen und seiner Gewinnmaximierungs- und Ausbeutungspolitik den Weg zu ebnen.

      Ein amerikanischer Soziologe hat einmal erklärt, dass etwa 200 Familien in den USA dieses Kapital im wesentlichen repräsentieren und gemeinsam bestimmen, welche Politik der jeweilige US-Präsident mit seinem gesamten militärischen und finanziellen Potential weltweit durchzusetzen hat.

      Ideologie der Gewinnmaximierung
      Hier liegt die entscheidende Gefahr. Denn diese im Hintergrund agierenden Herrschaftskreise haben leider nur eine Ideologie, und dies ist die Gewinnmaximierung mit der Konzentration des Reichtums und damit der Macht auf wenige Personen bzw. Familien. Wie bei den alten Pharaonen in Ägypten gibt es am Ende dieser Machtergreifung nur noch eine ganz kleine Oberschicht mit absoluter Macht, und der Rest der Menschen lebt in einem Fellachenstatus. Der derzeit in den Industriestaaten vorhandene breite Mittelstand hat in einer solchen Welt keine Überlebenschancen mehr.

      Solche Gesellschaftsordnungen, die den «Wohlstand für alle» endgültig beseitigen, dürften allerdings nicht problemlos durchzusetzen sein. Zumindest würde die Umstrukturierung unserer relativ freien Gesellschaft in eine verarmte Sklavengesellschaft mit Chaos, Mord und Totschlag verbunden sein. Auch Kriege könnten in einer solchen Welt inszeniert werden, um die Rüstungsindustrie anzukurbeln oder um die Betroffenen von der Erkenntnis ihrer Unterdrückung durch das Grosskapital abzulenken. Es wird also voraussichtlich nicht zum «römischen Frieden», sondern eher zum Kampf aller gegen alle und zur allgemeinen Verelendung führen.

      Wem die Weltmacht nur dazu dient, seine masslose Geldgier zu befriedigen, der wird nie im Sinne des Gemeinwohls regieren. Denn einem geldgierigen Kaufmann fehlt bereits jedes Bedürfnis, die politische Führung zum Wohle aller Menschen anzustreben und auszuüben. Dazu müsste er seinen Charakter völlig ändern, und so etwas wäre nur mit einem Wunder zu bewerkstelligen. Wenn eingefleischte Kaufleute daher die politische Macht total kontrollieren, führt dies zu krassen Fehlentwicklungen, da es dann am gesellschaftlich notwendigen Gleichgewicht der Kräfte fehlt, das allein eine Politik zum Wohle aller Beteiligten sicherstellen kann.

      Die Menschen sind und bleiben trotz ihres ausgeprägten Denkvermögens Teil der Natur und werden von ihren Trieben gesteuert und nicht selten auch fehlgesteuert. Wir folgen also letztlich alle uralten genetischen Programmierungen. Diese haben bisher das Überleben und den Aufstieg der Menschheit gesichert. Dies gilt auch hinsichtlich der von der Natur vorgesehenen «Leithammel». Von diesen wird erwartet, dass sie sich für das Wohl ihrer Herde einsetzen oder gar aufopfern. Dafür und nur dafür wird ihnen grössere Macht zugebilligt als den übrigen. Dies gilt auch für menschliche Gesellschaftsstrukturen. Menschliche Triebe sind jedoch besonders stark der Gefahr von Perversionen ausgesetzt.

      Deshalb ist es auch nicht unüblich, politische Macht «einzukaufen», nur um damit noch mehr Geld zu verdienen bzw. aus den Völkern herauszupressen. Vom natürlichen Standpunkt aus ist dies aber eine der übelsten und zerstörerischsten Perversionen des menschlichen Erwerb- und Machttriebes. Denn die Natur hat den Machttrieb dafür vorgesehen, dass einzelne mit seiner Hilfe das Gemeinwohl gegen den individuellen Egoismus durchsetzen und damit das Überleben der Gruppe zu sichern, nicht jedoch um extremerweise individuelle Reichtümer anzuhäufen. Deshalb hat der Machttrieb auch in gut funktionierenden Demokratien seinen berechtigten Platz; allerdings immer unter der Kontrolle durch die Mehrheit der Bürger.

      Grosskapital steuert Politiker
      Über die anonym arbeitenden Vertreter des Grosskapitals und deren Steuerung der Politiker aus dem Hintergrund fehlt jede Kontrolle durch das Volk. Es würde diesem nicht einmal nutzen, den formal herrschenden Präsidenten durch ihr Wählervotum abzusetzen, da dessen Nachfolger mit der gleichen Selbstverständlichkeit wieder «eingekauft» würde wie sein Vorgänger. Bei der heutigen nahezu totalen Herrschaft der grossen Medien über das Denken der meisten Bürger hat ohnehin nur der Kandidat eine Chance gewählt zu werden, der sich das Wohlwollen der grossen Medien erkaufen kann. Letztere leben allerdings weitgehend von den Werbeausgaben der Grossindustrie und müssen daher deren Weisungen befolgen. Im Vergleich zu diesem wahlentscheidenden Einfluss der Massenmedien sind die eigentlichen Parteispenden nur noch «peanuts».

      Damit schliesst sich der Kreis der Herrschaft. Ein Aussenstehender hat so gut wie keine Chance, in diesen Kreis hineinzukommen. Wenn in den USA ein Wahlkampf stattfindet, dann ist es allenfalls ein Kampf rivalisierender Konzerne, die sich beim Sieg des von ihnen gesponserten bzw. eingekauften Kandidaten Vorteile beim Zugriff auf staatliche Gelder versprechen. Im Fall des derzeitigen US-Präsidenten hat eindeutig die Rüstungsindustrie gesiegt.

      Nationale Grenzen niedergewalzt
      Solche US-internen Auseinandersetzungen ändern aber relativ wenig an der immer deutlicher sichtbar werdenden Zielrichtung der Eroberung der Welt. Diesem Ziel stehen nationale Grenzen natürlich im Wege. Sie werden daher auf allen möglichen Ebenen niedergewalzt. Gleiches geschieht mit der nationalen Interessenswahrnehmung, obwohl sie unverzichtbare Voraussetzung jeder Selbstbestimmung und jeder Demokratie ist.

      Da man sich in den USA derzeit offiziell (noch) zur Rechtsstaatlichkeit und Demokratie bekennt und diese Staatsform auch der übrigen Welt predigt, kann man (noch) nicht einen Weltdiktator ernennen, der dann systematisch die übrige Welt militärisch erobert, sondern muss diese Eroberung subtiler mit den feineren Waffen des Kapitals durchführen. Dass diese Methode besser funktioniert als rohe Gewalt, hat schon König Philipp, der Vater von Alexander dem Grossen erkannt, als er erklärte, dass ein Sack Gold jedes Stadttor öffnen würde.

      Wie derzeit die Dritte Welt mit Geld erobert und zum Kolonialstatus zurückgeführt wird, kann man übrigens detailliert in dem Buch «Global brutal» von Michel Chossudovsky (Michel Chossudovsky. Global brutal. Der entfesselte Welthandel, die Armut und der Krieg. Frankfurt am Main 2002. Verlag Zweitausendundeins, ISBN 3-86150-441-3) nachlesen.

      Die Verschuldung dieser Länder zwingt sie zur weitgehenden Aufgabe ihrer demokratischen Selbstbestimmung und zur politischen und wirtschaftlichen Unterwerfung gegenüber ihren Gläubigern.

      Wenn man bedenkt, dass die weiterhin anhaltende Abwanderung der Industrie aus den Hochlohnländern in die Niedriglohnstaaten im Rahmen der Globalisierung und die damit verbundene kontinuierliche Verschlechterung der Wirtschaftslage auch Europa in absehbarer Zeit (auch aufgrund hoher Staatsverschuldung) in eine ähnlich desolate finanzielle Situation bringen wird, wie sie derzeit in den Entwicklungsländern herrscht, kann man sich vorstellen, welches Schicksal unseren Demokratien und damit unserer Freiheit droht.

      Rolle der Globalisierung
      Hier wird auch erkennbar, welche Rolle die Globalisierung der Wirtschaft neben der Gewinnmaximierung der grossen Konzerne in diesem strategischen «Spiel» um die Weltmacht spielt. Sie soll die derzeit noch relativ starken Hochlohnländer - insbesondere Europa - durch das mit der Abwanderung der Industrie bewirkte langsame Ausbluten der Wirtschaft so sehr schwächen, dass sie der neuen US-Weltherrschaft (des Grosskapitals) keinerlei Widerstand mehr entgegensetzen können und froh sein dürfen, wenn sie mit einem gehobenen Vasallenstatus davonkommen. Die englische Regierung hat dies bereits erkannt und übt sich in den entsprechenden Unterwerfungsgesten.

      Dies müsste nicht so sein. Die Europäer müssten nur die Kraft aufbringen, sich von der WTO mit ihrem Ziel weltweiter totaler Zollfreiheit abzuwenden. Sie müssten also geeignete Massnahmen beschliessen, um sicherzustellen, dass der Grossteil aller in Europa verbrauchten höherwertigen Waren auch vor Ort produziert wird. Dazu müsste man nur die Chancengleichheit der hier produzierenden Betriebe gegenüber den Produzenten in Niedriglohnländern wieder herstellen. Dies kann allerdings nur durch Wiedereinführung entsprechender Schutzzölle für eine wirtschaftliche Grossregion Europa (an den gemeinsamen Aussengrenzen) geschehen. Nur so könnten sich die Europäer noch aus dem Würgegriff durch das Grosskapital der USA befreien.

      Wer dagegen glaubt, das Heil sei in der bedingungslosen Unterwerfung unter die USA zu finden, könnte eine sehr böse Überraschung erleben, wenn das System der globalisierten Wirtschaft einen Kollaps erleidet und in einer Weltwirtschaftskrise von noch nie dagewesenem Ausmass endet. Dann scheitern zunächst auch die Welteroberungspläne des US-Grosskapitals, das auf einem globalen wirtschaftlichen Scherbenhaufen auch keine Paläste mehr aufbauen kann. Es geht ihnen dann nicht anders als den Walfängern, die nach dem Abschlachten der letzten Wale ihre Schiffe verschrotten können.

      Eine solche Erkenntnis scheint aber nicht in die Köpfe der US-Entscheidungsträger eindringen zu können. Hier spielen wohl auch historisch gewachsene Mentalitäten in den USA eine Rolle, da man sich in diesem riesigen, sehr dünn besiedelten Land einen rücksichtslosen Raubbau an der Natur leisten konnte, weil immer noch genügend unberührtes Land übrigblieb. Wenn man allerdings bei der extrem wachsenden Weltbevölkerung eine solche Politik weltweit umsetzen würde, müsste dies mit einer globalen Katastrophe enden.

      Die im Rahmen der Globalisierung erfolgende zunehmende Ausbeutung der Ressourcen mit ihrer Zerstörung gewachsener Strukturen, die über Jahrhunderte eine entscheidende Lebensgrundlage der betroffenen Völker darstellten, richtet zunehmend Schäden an, die eines Tages mit unzähligen Toten bezahlt werden müssen.

      Wir sollten daher nach besten Kräften auf diese Gefahren hinweisen und so versuchen, diese Entwicklung noch zu verhindern.

      Manfred Ritter verfasste zusammen mit Klaus Zeitler das Buch «Armut durch Globalisierung - Wohlstand durch Regionalisierung». Es ist erschienen im Leopold-Stocker-Verlag, Graz 2000. ISBN 3-7020-0883-7





      http://www.zeit-fragen.ch/ARCHIV/ZF_100b/T21.HTM
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 08:08:09
      Beitrag Nr. 4 ()
      Das ist ja nun wirklich Blödsinn. Wäre es nicht besser, in Geschichtsbücher zu schauen? Dann würde schnell klar, daß das oben geschriebene eine völlige Fehldeutung ist. Es war kein spezielles Muster der Römer, Vernichtungskriege zu führen, nachdem der Limes errichtet wurde, bei den Nachbarvölkern hingegen durchaus, und auch, als Rom sich über Italien ausbreitete, bis zu den Punischen Kriegen, ausgenommen vielleicht Judäa und Gallileia.

      Und der Untergang des Imperiums im ökonomischen Sinne kam, als der Luxushandel zurückging und die Villae, die großen Landgüter, imemr mehr zu Selbstversorgern wurden - das geht so ziemlich in die entgegengesetzte Richtung Deienr Intentionen, sittin bull inv, denn es heißt nichts anderes, als daß das Römische Reich daran zugrunde ging, daß man von Arbeitsteilung und Geldwirtschaft abging zu autonomen Untergruppen und Subsistenz- und Tauschwirtschaft. Also, das was Du als erstrebenswert anpreist war das, was das Römische Reich ruinierte. Nur dort, wo der Luxushandel aufrecht erhalten blieb, wo es weiter große Kapitalströme, Stadtkultur und Fernhandel gab, in Ostrom, überlebte das Römische Reich noch volle 1000 Jahre weiter.

      Der Nachsatz über die Ausbeutung der Welt durch die USA ist dann völlig konfus, weil dort jegliche Begründungen fehlen. Hier wird eher noch das britische Empire vor dem Zweiten Weltkrieg beschrieben.
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 08:08:59
      Beitrag Nr. 5 ()
      sorry, wie immer lange Texte!

      :O

      1. Konstruktion der Sklaverei
      1.1. Einleitung
      Das Phänomen der Sklaverei ist nichts ungewöhnliches in Stammesgesellschaften, nichts ungewöhnliches in der Antike, in veränderter Form -- als Leibeigenschaft -- nichts ungewöhnliches im Mittelalter oder in der frühen Neuzeit[1]. Aber in einem demokratischen Staat, einem Staat, der mit dem Anspruch auftritt,

      "that all men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty, and the Pursuit of Happiness",[2]

      vermutet man nichts dergleichen, im Gegenteil -- man vermutet dort viel eher das konsequente Vorgehen gegen jegliche Art von Ungleichheit, gegen jegliche nicht durch kriminelle Taten verschuldete Abhängigkeit eines Individuums von einem anderen.[3] Dennoch ist der Gegensatz zwischen erstrebter Freiheit und tatsächlicher Duldung und Förderung der Sklaverei prägend für die Geschichte der USA. Thomas Jefferson selbst, als er obigen Appell an die Freiheit schrieb, besaß über einhundert Sklaven, und sein Besitz war nur ermöglicht worden eben durch die Sklaverei,[4] obwohl er durchaus kein Befürworter derselben war[5].

      Noch heute hängt diese Epoche wie ein Damoklesschwert über den Vereinigten Staaten, noch immer sind Sezession und Bürgerkrieg zentrale Themen für Geschichtsforschung und -unterricht, noch immer geistert das Thema der Sklaverei durch Literatur, Film und Fernsehen. Das Land ist noch immer geprägt vom kolonialen Erbe und dem Versäumnis, dieses nach der Erklärung der Unabhängigkeit abzuschütteln. Das Problem der Ungleichheit und Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Rasse prägt noch heute Politik und Gesellschaft -- nach dem Ende des offensichtlichen Abhängigkeitsverhältnisses sind neue entstanden, die oftmals viel schwieriger zu durchschauen sind.

      Betrachtet man die Anfänge der Sklaverei, die Ursachen und Folgen; versucht man, regionale und familiäre Aspekte einzubeziehen, so erhält man mitunter ein differenzierteres Bild -- keines, das erreichen könnte, die Sklaverei auch nur ansatzweise zu rechtfertigen; aber auch keines, das auf einfache Antworten Hoffnung machen könnte[6]. Im folgenden nun wird auf die Konstruktion dieses Abhängigkeitsverhältnisses eingegangen werden, sowie auch auf den Prozess, dieses wieder aufzulösen.

      1.2. Begriffe
      "Die Struktur gestattet dem Sichtbaren, indem sie es begrenzt und filtriert, sich in Sprache zu transkribieren. [..] Aber die so erhaltenen Beschreibung ist nichts weiter als eine Art Eigenname. Sie läßt jedem Wesen seine strenge Individualität und formuliert weder die Übersicht, zu der es gehört, noch die Nachbarschaft, die es umgibt, noch den Platz, den es einnimmt. Sie ist schlicht und einfach Bezeichnung."[7]

      Ein Begriff wie derjenige der Sklaverei scheint in der Regel auf einen wie auch immer konkret aussehenden common ground zurückzugreifen; ein jeder scheint zu wissen, worum es sich handelt, Assoziationen treten wie von selbst auf und meinen doch nur höchst selten dasselbe; was bleibt, ist meist Verwirrung und ein allzu simplifizierender Kompromiß.

      Sklaverei ist zunächst nichts anderes als eine Gruppenbezeichnung für verschiedene Phänomene, die nur insofern miteinander verwandt sind, als sie eine wie auch immer geartete Form der Unfreiheit bezeichnen. Jedoch sind Sklaverei im Römischen Reich, Sklaverei bei einzelnen Stämmen im historischen Afrika, Leibeigenschaft im Mittelalter und im russischen Zarenreich, Sklaverei in der Karibik und Sklaverei in den englischen Kolonien und den späteren Vereinigten Staaten jeweils verschiedene Erscheinungen. Es mag sinnvoll sein, all diese Zustände als Sklaverei zu bezeichnen; jedoch werden dabei Grenzen und Kontext verwischt, ebenso wird die Existenz der Sklaverei gleichsam als selbstverständliche Institution hingenommen, einer langen Tradition folgend.

      Meist jedoch, und so auch im Beispiel der Sklaverei auf dem Gebiet der USA, erfolgte die Errichtung der Sklaverei nicht im Hinblick auf Tradition oder Gemeinwillen, sondern schrittweise als Reaktion auf wirtschaftliche und territoriale Herausforderungen. Sklaverei ist zunächst eine wirtschaftliche Einrichtung, deren Sinn und Zweck im Zeitalter der Arbeitslosigkeit sicherlich um so fragwürdiger erscheint. Und in der Tat, wer heute von Staates wegen in einer westlichen Marktwirtschaft ein Sklavenhaltersystem einführen wollte, beginge damit schon rein aus wirtschaftlichen Überlegungen einen groben Fehler. Daß heutzutage Sklaverei verurteilt wird, hat leider nicht immer mit noblem Humanismus zu tun, sondern folgt vielmehr oftmals einer streng wirtschaftlichen und politischen Argumentation.

      In all den zuvor aufgezählten Systemen, die Sklaverei zuließen und förderten, gab es einen Mangel an Arbeitskräften, gab es keine strikte Marktwirtschaft. Besonders in der Antike wird dies deutlich -- ohne Sklavenarbeit hätte es keine Pyramiden, kein Römisches Imperium gegeben. Wären die antiken Staaten auf ihre eigenen Bürger als Arbeitskräfte angewiesen gewesen, hätten Monumentalbauten nicht errichtet werden können. Auch war die Sklaverei als Folge der Gefangennahme im Krieg eine Selbstverständlichkeit, ebenso resultierte sie oft aus Geldmangel (Schuldsklaverei). Was im englisch-amerikanischen System neu ist, ist der rassische Aspekt, wobei sich aber auch dieser weitestgehend aus pragmatischen Überlegungen ergeben hat, ob bewußt oder unbewußt.

      1.3. Das Andere
      "They grabbed what they could get for the sake of what was to be got. It was just robbery with violence, aggravated murder on a great scale, and men going at it blind -- as is very proper for those who tackle with darkness. The conquest of the earth, which mostly means the taking it away from those who have a different complexion or slightly flatter noses than ourselves, is not a pretty thing when you look into it too much. What redeems it is the idea only. And idea at the back of it; not a sentimental pretence but an idea; and an unselfish belief in the idea -- something you can set up, and bow down before, and offer a sacrifice to..."[8]

      Der Begriff Sklaverei ist eine künstliche Konstruktion, eine Festlegung, die verschiedenartige Phänomene auf einige offensichtliche Gemeinsamkeiten zu reduzieren versucht. Dabei können aber regionale oder zeitliche Spezifika nicht nur verloren gehen, sondern auch verfälscht werden. Entstanden ist die Institution der Sklaverei aus wirtschaftlichen Beweggründen. Je stärker diese aber verbreitet und gesellschaftlich akzeptiert war, und je mehr sich ein Staat wie Athen, Rom oder Amerika als republikanisches oder demokratisches Gemeinwesen empfinden wollte, wurde nach Rechtfertigungsmodellen gesucht, welche die pragmatischen Erwägungen durch Ideologie ersetzen sollten. Derartige Rechtfertigungen beziehen sich oft auf sogenannte natürliche Gegebenheiten oder aber auf internationale Konventionen. War es im Römischen Reich und in der antiken Welt Konvention, daß Kriegsgefangene versklavt werden konnten, so trat diese Argumentation bei der Einführung der Sklaverei in der Neuen Welt mit Sicherheit in den Hintergrund. Sie diente zwar den Sklavenhändlern in Afrika wohl als Rechtfertigung zur Versklavung anderer, verlor aber an Bedeutung, sobald die Sklaven durch Kauf quasi rechtmäßiges Eigentum der Käufer geworden waren.

      Um überhaupt eine Versklavung durchzuführen, muß dieses Konzept verständlich gemacht werden; es muß ent-sentimentalisiert, ent-moralisiert werden. In den USA waren Sklaven Eigentum der Sklavenhalter. Andererseits waren im Verständnis der damaligen Zeit auch Frauen, insbesondere Ehefrauen, ebenfalls stark in ihren Rechten eingegrenzt, was auch die Affinität zwischen Abolitionisten- und Frauenbewegung teilweise erklärt.

      Wie aber kann ein Mensch einen anderen als Eigentum besitzen? Selbstverständlich war es undenkbar, daß ein weißer, freier Mann einen anderen Weißen als Eigentum auf Lebenszeit besaß. Die indentured servants wurden daher nicht als Sklaven verkauft sondern bezahlten ihre Überfahrt nach Amerika gleichsam mit Arbeitszeit. Auch Sklaverei aufgrund einer Straftat war etwas anderes. Die "eigentliche" Sklaverei nun beinhaltete eine Ent-menschlichung in Sprache, Gesetz und Kultur.

      Bezeichnenderweise gibt es in anderen Sprachen auch Worte für Sklaven, die diesen Eigentums- und Sachcharakter herausstellen. So wird ein Sklave im Griechischen neben ho doûlos, welches etwa dem lateinischem servus entspricht (s.u.), auch tò andrápodon genannt, quasi Beute oder Werkzeug "auf menschlichen Füßen", bezeichnenderweise ein Neutrum. Auch gibt es im Griechischen das Wort ho paîs, welches neben "Kind" auch "Sklave" heißen kann und somit die Unmündigkeit dieser Person darstellen soll -- Sklaven als Kinder auf Lebenszeit, die unmündig sind und ständig erzogen werden müssen[9]. Die Sklaven der Cherokee dagegen rechneten ihre Sklaven den Haustieren zu, der "Kategorie der atsi nahsa`i, jenen Lebewesen, die man zu eigen haben kann[10]. Die Bezeichnungen slave und Sklave dagegen stammen vom Mittellateinischen sclavus, das lediglich die Bezeichnung des Volksstammes der Slawen wiedergab, welche zur damaligen Zeit in großer Zahl versklavt worden waren. Das im Englischen ebenso gebräuchliche Wort servitude dagegen ist ein allgemeinerer Begriff, der auch für Schuldsklaverei verwendet wurde; serf und serfdom dagegen spiegeln eher die Leibeigenschaft wider; alle diese drei Worte aber gehen zurück auf das Lateinische servus, das zwischen Diener und Sklave alles bedeuten konnte und den Charakter des Dienens hervorhob[11]. Aber warum waren die Sklaven in den USA zumeist Schwarze?

      1.4. Hautfarbe und Rasse
      "I am apt to suspect the negroes and in general all other species of men (for there are four or five different kinds) to be naturally inferior to the whites. There was never a civilized nation of any other complexion than white, nor even any individual eminent either in action or speculation. No ingenious manufactures amongst them, no arts, no sciences ... Such a uniform and constant difference could not happen, in so many countries and ages, if nature had not made our original distinction betwixt these breeds of men."[12]

      Die Idee der Überlegenheit der "weißen Rasse" war weder ein spezifisch amerikanisches noch ein wirtschaftspolitisches Konstrukt; im Gegenteil, deren gedankliche Wurzeln reichen bis in die Antike zurück, wobei Rassismus in der Antike als "System" allerdings wohl schwerlich nachzuweisen ist. Im Römischen Reich, einem Vielvölkerstaat, wäre das auch ziemlich undenkbar gewesen -- man erkannte durchaus Unterschiede in der Hautfarbe, sah deren Ursache jedoch eher in unterschiedlichen klimatischen Bedingungen. Zwar äußert sich Plinius mit Erstaunen über das andersartige Aussehen der Äthiopier und fragt sich, ob diese noch zur menschlichen Rasse gehörten[13], doch war durchaus sichtbar, daß ein Volk wie die Ägypter, ebenfalls von dunklerer Hautfarbe, eine längere und ruhmvolle Geschichte besaßen.

      Dennoch herrschte ein gewisser Chauvinismus, besonders bei den Griechen, die jeden nicht der griechischen Sprache mächtigen Ausländer abfällig als Barbaren bezeichneten, mit einem lautmalerischen Wort, das die mangelnde Sprachbegabung illustrieren sollte und auch rohes, ungehobeltes Verhalten ausdrückte[14], -- auch Römer konnten Barbaren sein. Diese schließlich übernahmen dieses Wort, wobei Barbaren allerdings auch wegen deren kultureller Leistungen bewundert werden konnten[15]. Tacitus schließlich verklärt in seiner Germanica die Germanen gleichwohl als "Edle Wilde", als Überwinder der dekadenten Römischen Kultur.

      Abgesehen von dieser allgemeinen Egozentrik, die bei Griechen wie Römern zu finden war, verstärkt Aristoteles nun dieses Vorurteil mit der Behauptung, manche Menschen wären von Natur aus ideale Sklaven. Was er für Individuen behauptet, und womit er durchaus lebenslängliche Sklaverei begründet, weitet er auch auf Barbaren aus, Euripides[16] zitierend, "daß Griechen über Barbaren herrschen, ist schicklich"[17], somit in widersprüchlichster Weise die Institution der Sklaverei rechtfertigend, obwohl ein menschliches Verhältnis zwischen Herrschendem und Beherrschtem gefordert wird[18]. Aristoteles rechtfertigt aber die Sklaverei nicht aufgrund der Hautfarbe, sondern wegen der Fremdartigkeit -- das Andere wird zusätzlich stigmatisiert.

      Derartige Ideen wurden in der Zeit der Aufklärung wieder neu belebt. Nicht nur Hume, sondern auch Kant äußerte sich in ähnlich abwertender Form über nicht-weiße "Rassen", wobei letzterer einen Zusammenhang zwischen Hautfarbe und Intellekt erkennen wollte und wie selbstverständlich schwarze Hautfarbe mit Dummheit gleichsetzte[19]. Hegel dann streitet Afrika jegliche Geschichte und Kultur sowie moralisches Empfinden ab.

      "New Englanders, like other English people, were prepared by their ethnocentric attitudes to regard Africans as `strangers` (or `outsiders`) who could justifiably be enslaved."[20]

      In den USA wurden Ideen wie die der Aufklärung und die antiker Autoren durchaus rezipiert, außerdem sind die Rechtfertigungsmuster ähnlich. Die Konstruktion der Sklaverei wird von einer Konstruktion von Unterschieden, von einer Konstruktion des Anderen begleitet und erst ermöglicht. Indem (emotionale wie räumliche) Distanz geschaffen wird, kann der Andere entmenschlicht werden. Nur in der konsequent verbreiteten Vorstellung, daß die Schwarzen entweder Menschen einer niederen Entwicklungsstufe oder sogar überhaupt keine Menschen waren, konnten die seit der Unabhängigkeitserklärung der USA und der Französischen Revolution durchaus bekannten Ideale umgangen, ja sogar ausgenutzt und als Legitimation mißbraucht werden. Die Sklaverei wurde sogar teilweise als humane Einrichtung betrachtet und verstanden, mit deren Hilfe "unterentwickelten" Schwarzen die Zivilisation "beigebracht" werden sollte. Denn noch immer gilt der bemerkenswerte Widerspruch, daß

      "die erste Menschenrechtserklärung, die Virginia Bill of Rights, in einem Sklavenstaat abgegeben wird."[21]

      In der Reduktion des Menschen auf eine Sache lag auch die Möglichkeit, Ehen unter den Sklaven für ungültig zu erklären, sowie über deren Kinder zu verfügen. Dinge haben keine Gefühle, und wenn Sklaven Dinge sind, so haben auch Sklaven keine Gefühle:

      "These critters an`t like white folks, you know; they gets over things, only manage right."[22]

      The biological school saw the Negro as a pathetically inept creature who was a slave to his emotions, incapable of progressive development and self-government because he lacked the white man`s enterprise and intellect."[23]

      Eine weitere Legitimationslinie bezieht sich auf pseudo-religiöse Elemente, nach denen die Schwarzen entweder als Nachfahren des Brudermörders Kain[24] oder Hams, des Sohnes Noachs[25] gelten und so durch Gottesurteil wegen früherer Verfehlungen zu Recht benachteiligt, durch die Hautfarbe bleibend gekennzeichnet und den christlichen Weißen untergeordnet sein sollten. Auch wurde die Religiosität der Sklaven in Frage gestellt und somit deren Versklavung als missionarischer Akt gesehen, obwohl sich die meisten Religionsgemeinschaften kritisch gegenüber der Sklaverei äußerten.

      Die Unterscheidung aber zwischen einzelnen menschlichen Rassen ist eine künstliche[26], sie ist vor allem keine biologische, sondern eine rein politische -- Nutzen bringend denen, die durch eine derartige Diskriminierung ihren eigenen Einfluß, ihr eigenes Prestige schützen wollen. Die Unterscheidung aufgrund eines fiktiven rassischen Unterschieds ermöglicht es, ganze Gruppen von Menschen auszugrenzen, die ansonsten alle Rechte und Pflichten des Staatsbürgers besäßen, genau so, wie schon in der Antike zwischen Bürgern und Nichtbürgern unterschieden wurde. Schon in der Antike waren Nichtbürger keine Menschen; der Grieche ist zunächst einmal ein Mann, welcher Bürger der Polis ist[27]. Und so ist es kein Zufall, daß in der Unabhängigkeitserklärung von Menschen nur als "men" geredet wird[28].

      Aber nicht nur die schwarze Rasse wurde zu dieser Zeit definiert. Im Gegenteil, die Definition des Anderen wurde zur Stütze für die Definition des Eigenen:

      "The American ‚ethnologic` self-image, whether described as Anglican, Anglo-Saxon, Celtic-Anglo-Saxon, or simply Caucasian, was being formulated and popularized at the very time when the slavery controversy focused interest on the Negro character. No longer were Americans in general being characterized primarily by their adherence to a set of political and social ideals allegedly representing the universal aspirations of all humanity, but democracy itself was beginning to be defined as racial in origin and thus realizable perhaps only by people with certain hereditary traits. The heightened consciousness of what were supposed to be white racial characteristics undoubtedly helped make it easy for many, on both sides of the sectional debate over slavery, to accept a stereotype of the Negro which made him a kind of anti-Caucasian."[29]

      Dabei wird die Kausalität nicht nur verwischt, sondern außer Kraft gesetzt: Sklaverei und Abgrenzung bedingen sich gegenseitig; Sklaverei existiert wegen der Abgrenzung der erfundenen Rassen; die Definition der Rasse wurde aber notwendig zur Legitimation der Sklaverei[30]. Wie künstlich diese rassische Abgrenzung in der Tat war, zeigen Beispiele, nach denen es in Lateinamerika möglich war, per Besitz "weiß" zu werden; oder auch die unterschiedliche Definition der Farbigkeit -- Mexikaner und Chinesen sind in Kuba Weiße, während sie in den USA als Farbige gelten[31].

      1.5. Teile und Herrsche
      Daß Menschen schwarzer Hautfarbe versklavt wurden, liegt in praktischer Hinsicht zunächst daran, daß die direkte Versklavung Weißer ungeeignet scheinen mußte. Die Indianer zu versklaven scheiterte, vermutlich vor allem deshalb, weil die Weißen noch immer die Eindringlinge waren, mit dem Land weniger vertraut und auch, zumindest anfangs, auf eine gewisse Form der Koexistenz mit den Ureinwohnern angewiesen. Die konsequente Versklavung der Indianer hätte einen größeren bewaffneten Konflikt in einer sehr fragilen Phase der Kolonialisierung bedeutet. Auch konnten Indianer auf Unterstützung aus dem Hinterland hoffen. Schon die spanischen conquestadores hatten, auch auf späteren Territorien der USA, anfangs Indianer versklavt mit der Begründung der Andersartigkeit, und daß sie Heiden und Barbaren seien. Doch schon damals regte sich Widerstand gegen diese Methode -- richtigerweise mit dem Argument, nicht ein ganzes Volk versklaven zu können:

      "De lo cual se sigue necesariamente ser imposible de toda imposibilidad que una nación toda sea inhábil o tan de poco y barbarísmo juicio y de baja y apocada razón que no se sepa gobernar y no pueda ser inducida y atraída y doctrinada en cualquiera buena doctrina moral, y mayormente instruída en las cosas de la fe e imbuída en la religión cristiana, y esto es de fe tenerlo así, como en otra parte hemos probado."[32]

      Die "Entdeckung" des Dreieckshandels löste verschiedene Probleme auf scheinbar geeignete Weise: Die Sklavenbeschaffung wurde afrikanischen Sklavenhändlern überlassen, die Europäer mußten sie schließlich "nur" kaufen und transportieren. Somit war ein legales, scheinbar sauberes Geschäft entstanden. Durch den Sklaven-Warenaustausch konnten auch Handelsstützpunkte in Afrika legitimiert und unterstützt werden. Zudem waren die Schwarzen für die Zielgebiete "geeignet", auch konnten sie auf keine Unterstützung der Urbevölkerung hoffen -- sie waren somit entwurzelt, isoliert und jeglicher effektiven Fluchtmöglichkeit beraubt. Die Hautfarbe diente als Erkennungszeichen für einen entflohenen Sklaven.

      Sklaverei kann nur funktionieren durch Ausübung von Macht. Neben rein physischer Gewalt wurde auch intellektuelle Macht demonstriert, indem den Schwarzen (bis auf wenige Ausnahmen) konsequent Wissen und Bildung verweigert wurden. So wurde das eigene Geburtsdatum den Sklaven gegenüber geheim gehalten[33], sie durften weder Schreiben noch Lesen lernen (abgesehen von wenigen Haussklaven, die Verwaltungsfunktionen übernahmen). Wesentlich war vor allem das Zurückhalten von Informationen über Geographie und Politik; viele Sklaven wußten nicht einmal, daß in den Nordstaaten (ab einem gewissen Zeitpunkt) keine Sklaverei existierte. Wenn jede Aussicht auf Flucht genommen war, wenn auch keine Vorstellung existieren konnte, wie eine Gesellschaft ohne Sklaverei aussehen konnte, so erklärt sich auch teilweise die erstaunlich geringe Zahl an Sklavenrevolten. Sklaven wurden durch physische und psychische Gewalt an ihren Master gebunden[34], im seltenen Fall einer Freilassung wurde sogar in einigen Staaten der Wegzug der Schwarzen gefordert[35]. Vielleicht spricht aus diesem fortgesetzten Abhängigkeitsverhältnis und der fortgesetzten Abgrenzung aber auch eine latente Angst vor dem Unkontrollierbaren, "Vitalen", Unberechenbaren und Wilden; schwarzes Selbstbewußtsein wurde nicht nur nicht gewünscht sondern auch gefürchtet. Körperkraft und sexuelle Energie -- gepaart mit Bildung und Intelligenz sicher eine gefürchtete Mischung[36].







      2. Wirtschaftliche und politische Aspekte
      2.1. Makroökonomie -- Mikroökonomie
      Zur eigenen Legitimation vielleicht, oder um die Institution der Sklaverei zu entschärfen, oder aus welchen Motiven auch immer, war von verschiedener Seite betont worden, die Sklaverei lohnte sich nicht, sie hätte nicht wirklich Profite erwirtschaftet. Doch was im großen sprich volkswirtschaftlichen und infrastrukturellen Rahmen durchaus nicht von der Hand zu weisen ist, kann im kleinen sprich betriebswirtschaftlichen Rahmen nur für (gezielte) Verwirrung sorgen.

      Der Süden war zur Zeit der Sezession dem Norden wirtschaftlich unterlegen, die Südstaaten sagten sich vom Norden gerade deshalb los, weil sie glaubten, von diesem wirtschaftlich benachteiligt zu werden. Dieses Argument entbehrt zwar nicht jeder Grundlage, aber die Ursachen dafür liegen mit Sicherheit nicht bei den Stärken des Wirtschaftssystems des Nordens sondern viel eher bei den Schwächen des Südens.

      Zur Zeit der Unabhängigkeitserklärung wurde der Süden als der wirtschaftlich stärkere Teil der englischen Kolonien gesehen[37]. Im Verlauf der Industrialisierung des Nordens aber versäumte es der Süden nachzuziehen. Die Aufrechterhaltung des agrarischen Systems verhinderte die Ausbildung einer funktionierenden Infrastruktur, von Straßen, zivilen Einrichtungen, vielfältigen Industriezweigen etc.[38] Der Süden wurde von einer Landaristokratie beherrscht, die ihren eigenen Luxus über den Aufbau des Landes stellte -- und auch nur eine Minderheit der Bürger repräsentierte. Nicht jeder Südstaatenbürger war ein Sklavenhalter, das einfache Volk verarmte und mußte die Plantagenwirtschaft als übermächtige Konkurrenz erfahren[39]. Die großen Plantagen aber waren alles andere als unproduktiv, sie warfen im Gegenteil große Gewinne ab, und dies ohne großes Risiko[40].

      Dies ist auch ex eventu zu erklären: In einer gewinnorientierten Produktion wäre die Sklaverei schon viel eher aufgegeben worden, wenn sie tatsächlich unproduktiv gewesen wäre. Daß dennoch der Norden erfolgreicher war, liegt in dem aufwendigeren Verfahren der Industrialisierung, dessen Nutzen auf lange Sicht aber auch der breiten Masse zugute kommen sollte. In einer gleichsam aristokratischen Gesellschaft aber zählt nur der eigene Gewinn; nur im direkten Vergleich zwischen Norden und Süden mußte im 19. Jahrhundert ein sichtbares Defizit auftreten. Doch für eine weniger am Gemeinwohl interessierte Gesellschaft zählt die Infrastruktur nur in Krisenzeiten wie dem Bürgerkrieg, in welchen in kürzester Zeit viel Menschen und Material mobilisiert werden müssen.

      In einer demokratischen Gesellschaft, in der freier Wettbewerb zählt, ist Sklaverei wie jede andere Form der konkurrenzlosen oder konkurrenzbereinigten Planwirtschaft dagegen ein Hemmnis wirtschaftlichen Fortschritts; auch sind Sklaven nicht annähernd so produktiv wie Freie. Ohne Aussicht auf persönlichen Profit und Selbstverwirklichung, ohne Anteil am Gewinn fehlt dem Arbeitnehmer die Motivation, dem Arbeitgeber die Legitimation. Letzterer kann diese Situation durch Gewaltanwendung und psychischen Druck kurzzeitig zwar kontrollieren, langfristig aber wird er scheitern.

      2.2. Die Sanktionierung der Sklaverei in der Verfassung
      "The failure to abolish slavery in the late eighteenth century left succeeding generations stymied, imprisoned by the Constitution`s apparent protection of slavery, yet conscious of the implicit attack on it in the Declaration of Independence. The post-Revolutionary sons, it could be said, harbored the sins of the past until the accumulated pressure -- of territorial acquisition, of political dissension, of guilt -- became too great."[41]

      Die Ausgangslage der unabhängig gewordenen Kolonien benötigte dringend einen Kompromiß: Die Einheit der zu formenden Nation. In einer Gesellschaft wie den zu formenden Vereinigten Staaten aber haben diejenigen, die zunächst das Volk repräsentieren sollen, entweder schon zuvor einigen Einfluß im Staat gehabt oder können es sich leisten, Politik zu machen, ohne den Verlust der materiellen Grundlage riskieren zu müssen[42]. Im Kongreß saß also im wesentlichen die aristokratische Oberschicht -- womit die Sklaven haltenden Staaten durch Sklavenhalter oder deren Vertreter repräsentiert wurden. Daher kann es nicht verwunderlich erscheinen, daß die Sklaverei -- obwohl von der Mehrzahl der Nordstaaten geächtet -- durch die Verfassung nicht nur nicht verboten, sondern sogar unterstützt wurde. Somit diente "the dirty compromise"[43] der Einheit der Nation, durch den die Amerikanischen Staaten durch einen "covenant with death" und ein "agreement with hell" vereint wurden[44]:

      "Our `fear of dissolving the Union` is the strongest reason for `our supineness of the subject of slavery`"[45]

      Somit wurde in der Verfassung die Repräsentation der Südstaaten durch die 3/5-Regelung gestärkt, nach der die Bevölkerungsanzahl an Sklaven (umschrieben als other persons) zu drei Fünfteln in die Gesamtbevölkerung einging, wodurch die Anzahl der Sitze im Repräsentantenhaus erhöht wurde. Dies war in der Tat ein seltsamer Kompromiß: Denn wenn Sklaven Eigentum (property) waren, warum sollten sie zur Bevölkerung dazugerechnet werden? Würden sie aber dazugerechnet, warum stritt man ihnen sämtliche Grundrechte ab?[46]

      In anderen Artikeln wurde den Staaten die Unterstützung der Union bei Erhebungen zugesichert, Steuern auf Inlandsprodukte untersagt (womit eine indirekte Besteuerung der Sklaverei untersagt wurde) sowie die Garantie gegeben, daß die Verfassung nicht ohne die Zustimmung einer Mehrheit von drei Vierteln aller Staaten geändert werden könne[47].

      2.3. Sezession und Bürgerkrieg -- Sklavenbefreiung als politische Waffe
      "Had all fifteen slave states remained in the Union, they would to this day be able to prevent any amendment on any subject. In a fifty-state union, it takes only thirteen states to block any amendment."[48]

      Es wirkt fast wie eine Ironie der Geschichte, daß gerade durch die Sezession, durch den Versuch, ihre Eigenständigkeit zu behalten, die einzige rechtlich legitimierte Möglichkeit geschaffen wurde, um die Sklaverei zu beseitigen[49]. Wären die Südstaaten in der Union geblieben, hätte auch eine noch so starke Abolitionistenlobby im Norden keine Änderung des Systems bewirken können.

      Die Sklaverei war der entscheidende Unterschied zwischen Nord und Süd, der Süden trennte sich vom Norden, weil er nicht mehr glaubte, daß ein Präsident wie Lincoln alles tun würde, um die "peculiar institution" zu sanktionieren. Jedoch war der Bürgerkrieg zunächst kein Krieg gegen die Sklaverei -- es war ein Krieg gegen die Auflösung der Union. In seiner Antrittsrede sagte Lincoln, daß die Union älter sei als die Verfassung und keinem Staat erlaubt sei, sie zu verlassen[50]. Erst im späteren Verlauf des Krieges wurde der Kampf gegen die Sklaverei, die Propagierung der Emanzipation der Schwarzen zu einem Ziel des Krieges:

      "As the war progressed, many in the North seemed slowly to accept emancipation as a central war aim; nothing less, they believed, would justify the enormous sacrifices of the struggle."[51]

      Primäres Ziel emanzipatorischer Maßnahmen noch während des Krieges war die Schwächung des Südens. Durch den "Confiscation Act" 1861 wurden sämtliche Sklaven, welche insurrektionellen Zwecken dienten, freigesetzt[52]. Mit der "Emancipation Proclamation" am 11. Januar 1863 schließlich wurden alle Sklaven für frei erklärt[53].

      So günstig diese Maßnahmen für die Sache der Abolition auch waren, dienten sie zunächst einmal dem Gewinn des Krieges, indem die Wirtschaftskraft des Südens geschwächt wurde. Dieser wurde letztlich gewonnen aufgrund der besseren Organisation und der Übermacht des Nordens; hier machte sich die Rückschrittlichkeit des Südens direkt bemerkbar[54].







      3. Dekonstruktion der Sklaverei
      3.1. Re-Humanisierung
      Was als wirtschaftliches Unternehmen mit rein pragmatischem und finanziellen Interesse begann und später der allgemeinen Öffentlichkeit wegen, und vermutlich auch zur Gewissensberuhigung, auf verschiedenartigste Weise gerechtfertigt werden mußte, gewann gleichzeitig eine derartige Eigendynamik, daß die Sklaverei aus der Wirtschaft des Südens der USA nicht mehr wegzudenken war. Der Rassismus, der in beiden Teilen des Landes vorhanden und vermutlich im Norden noch stärker war[55], trug, genauso wie die Angst vor Spaltung der Nation, dazu bei, das Problem eher zu umgehen und hinzunehmen als es zu lösen. Der Bürgerkrieg als bewaffneter Konflikt zeigt dann auch die verhärteten Fronten auf. Doch daß es dazu kommen konnte, liegt auch vor allem daran, daß im Norden die Institution der Sklaverei immer mehr in Frage gestellt wurde. Aber nur im Norden war dies auch möglich -- da dessen Wirtschaft nicht auf der Sklaverei basierte, und somit eine Trennung von der Sklavenwirtschaft nicht mit größerem Stabilitätsverlust einhergegangen wäre.

      "After the legal act of the Emancipation Proclamation, after the military victory of the Union and the cultural work of Uncle Tom`s Cabin, blacks were no longer `things`, and therefore property, but persons."[56]

      Ein wesentlicher Ansatzpunkt für den Abolitionismus war die Re-humanisierung der Sklaven -- diese mußten zunächst wieder als menschliche Wesen dargestellt werden. Nicht zu Unrecht wird Harriet Beecher Stowe`s Roman Uncle Tom`s Cabin daher als sentimental bezeichnet -- doch war dies genau die Methode. Auch legen die zahlreich vorhandenen slave narratives eine deutliche Betonung auf den emotionalen Aspekt. Nur durch dieses Bewußtwerden der Menschlichkeit der als Dinge konstruierten Sklaven konnte sich ein Mitgefühl entwickeln, das die Stimmung in der Bevölkerung derartig beeinflussen konnte.

      "Stowe insisted that the power of sentiment, a rebellion of the emotions, of heart over head, would crush the masculine tyranny of American institutions and the law of the `fathers`"[57]

      Bezeichnend ist aber auch der ursprüngliche Plan der Abolitionisten, die Schwarzen wieder zurück nach Afrika zu senden -- wohl aufgrund eines latenten Rassismus oder falsch verstandenen Nationalitätsdenkens, obwohl viele Schwarze sich längst als Amerikaner fühlten. Dieses Vorurteil sollte denn auch bis ins zwanzigste Jahrhundert anhalten. Die Geschichte der Sklaverei geht somit über in die Geschichte von Rassentrennung und ethnischer Diskriminierung.

      3.2. Gestern und Heute
      "Fewer and fewer Americans believe in the biological reality of races, but they are remarkably willing to live with an officially sanctioned system of demographic classification that replicates precisely the crude, colloquial categories, black, yellow, white, red and brown"[58]

      Die Sklaverei mag Vergangenheit sein, aber ihr Vermächtnis, Rassismus, Vorurteile und Diskriminierung, bleiben auch heute noch bestehen. Oftmals werden sie unter dem Deckmantel der political correctness gefördert. Unterschiede werden festgeschrieben, die nur mit politischen Erwägungen erklärt werden können. Klassifizierung findet auch heute noch statt, um sich abzugrenzen -- und um Gründe für weiterhin bestehende Ausgrenzungsprozesse festzuschreiben:

      "Today`s device for classification is not even a guide to lines along which genealogical interaction and merging are taking place; rather, it is a framework for politics and culture in the United States. It is an implicit prescription for the principles on which Americans should maintain communities; it is a statement that certain affiliations matter more than others."[59]

      "Being classified as Euro-American, white, or Caucasian has rarely been a basis for being denied adequate employment, housing, education, or protection from violence."[60]

      Diese Probleme werden in Amerika so lange bestehen, wie der amerikanische Prototyp des "White Anglo-Saxon Protestant Male" (WASP) noch latent vorhanden ist und Politik und Gesellschaft prägt. Gerade durch die political correctness wird oftmals das Gegenteil von dem erreicht, was erstrebenswert wäre: Die Unterscheidungen von gestern treten in den Euphemismen von heute in einer geschönten Version wieder zutage. Anderenorts zeigt sich, daß einst überwundene ethnische Vorurteile noch heute zu Krieg und Völkermord führen -- dabei ist der Anfang oftmals der gleiche, die spätere Entwicklung scheint fast zwangsläufig und die Lösung des Problems deshalb um so schwieriger[61].

      Während die Sklaverei heutzutage geächtet ist, haben viele der dafür benutzten Rechtfertigungsmuster überlebt -- eine Dekonstruktion der Sklaverei beinhaltet somit auch eine Dekonstruktion von Vorurteilen, die auf dem äußeren Erscheinungsbild oder der nationalen, regionalen oder sozialen Herkunft beruhen[62]. Doch ein Fortschritt scheint erreicht -- die Erkenntnis, "[that] slavery is a form of evil that we can imagine the world without."[63]







      4. Anhang
      4.1. Zitierte Werke
      Theodore W. Allen. The Invention of the White Race. Vol. I: Racial Oppression and Social Control. London/New York: Verso 31998
      Aristotle. Politics. New York/Oxford: Oxford University Press 1995
      Alan Brinkley. The Unfinished Nation. A Concise History of the American People. New York: McGraw-Hill 21997
      Joseph Conrad. Heart of Darkness. New York: Penguin 1994
      Frederick Douglass. "Narrative of the Life of Frederick Douglass, an American Slave, Written by Himself" (Excerpts). Nina Baym et al, ed. The Norton Anthology of American Literature. 4th ed., shorter. N.Y.: Norton 1995, 885-916
      Paul Finkelman. Slavery and the Founders. Race and Liberty in the Age of Jefferson. New York: M.E. Sharpe 1996
      Philip Fisher. Hard Facts. Setting and Form of the American Novel. New York: Oxford University Press 1985
      Eric Foner. The Story of American Freedom. New York/London: W.W. Norton 1998
      Michel Foucault. Die Ordnung der Dinge. Frankfurt: Suhrkamp 1997 (Les mots et les choses. Paris: Gallimard 1966)
      George M. Frederickson. "Romantic Racialism in the North". Harriet Beecher Stowe. Uncle Tom`s Cabin. Ed. Elizabeth Ammons. New York: Norton 1994, 429-438
      Henry Louis Gates, Jr. Figures in Black. Words, Signs, and the "Racial" Self. New York/Oxford: Oxford University Press 1987
      Otfried Höffe. Aristoteles. München: C.H. Beck 21999
      David A. Hollinger. Postethnic America. New York: BasicBooks 1995
      Dieter Janik, Wolf Lustig (Hg.). Die spanische Eroberung Amerikas. Akteure, Autoren, Texte. Frankfurt: Veruert 21992
      Ross C Murfin. "What is deconstruction?" Henry James. The Turn of the Screw. Ed. Peter G. Beidler. Case Studies in Contemporary Criticism Series. Ed. Ross C Murfin. Boston, N.Y.: Bedford-St. Martin`s 1995. 179-192
      Jean R. Soderlund. "United States: The North". A Historical Guide to World Slavery. Ed. Seymour Drescher and Stanley L. Engerman. New York/Oxford 1998
      Harriet Beecher Stowe. Uncle Tom`s Cabin. Ed. Elizabeth Ammons. New York: Norton 1994
      Eric J. Sundquist. "Slavery, Revolution, and the American Renaissance". The American Renaissance Reconsidered. Ed. Walter Benn Michaels and Donald E. Pease. Baltimore: Johns Hopkins University Press 1985
      Albert Wirz. Sklaverei und kapitalistisches Weltsystem. Frankfurt


      http://www.philjohn.com/papers/pjkd_gh04.html

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      Beitrag Nr. 6 ()


      ...
      2. Der Hintergrund
      Die Welt ist getränkt von Menschenblut, das von den Menschen vergossen worden ist.
      (Cyprian, Ad Donatum 6-10)
      Das alltägliche Leben und Denken der antiken Menschen war geprägt durch die Erfahrung von Gewalt und Krieg. Von dem griechischen Philosophen Heraklit (ca. 550-480) stammt das Zitat: "Der Krieg ist von allem der Vater, von allem aber auch der König: Er läßt offenbar werden, daß die einen Götter sind, die anderen Menschen, und die einen macht er zu Sklaven, die anderen zu Freien." (Diehls/ Kranz Fragment 53).
      Die Naturerscheinungen wurden als gewaltig, kriegerisch, und furchterregend erlebt, denen der Mensch hilflos ausgeliefert war. Im Erleben der Menschen waren die Götter allmächtig und kampflustig, sie spielten mit den Menschen, denen nichts anderes übrig blieb, als mit ihnen eine Art Handel abzuschließen, das lateinische "do ut des" (Ich gebe Dir, damit Ich von Dir möglicherweise etwas zurückbekomme).(5) Dies war ursprünglich aus einem sozialen Kontext innerhalb kleiner Personenverbände entstanden, in dem durch gegenseitige Gefälligkeiten Schuldigkeiten und Abhängigkeitsverhältnisse hergestellt wurden. So wurden den Göttern Opfer dargebracht und Tempel gebaut, um als Gegenleistung dafür Fruchtbarkeit der Felder, Regen, oder Sieg im Krieg zu bekommen. Der Kontakt zu den Göttern erfolgte nicht direkt, sondern über Vermittler. Besonders ausgebildete Priester (pontifex) waren für den Kult der staatlichen Götter zuständig. Die Familiengötter wurden durch das Familienoberhaupt (pater familia) gehuldigt.
      Die dabei entwickelten Rituale hatten formalen Charakter, nach der inneren Einstellung der Ausführenden wurde nicht gefragt. Religion war eine öffentliche Angelegenheit, die regelmäßige und formal richtige Verehrung war ausreichend, um die Gunst der Götter zu erhalten.
      Durch den Aufstieg Roms zur Weltmacht bedingt, entstand bis zum ersten Jahrhundert v. Chr. eine mystische Wertschätzung des Krieges. Der gewaltsame Tod des einzelnen Menschen im Krieg wurde als "süß und ehrenhaft" beschrieben.(6) Die militärische Disziplin, wurde zur höchsten aller Tugenden erklärt.(7) So könnte man den Eindruck gewinnen, daß die Römer zumindest der Gewalt geringschätzig gegenüberstanden. Jedenfalls gab es eine Akzeptanz der Gewalt aus einer Position der Stärke entgegen den unterjochten Völkern.(8)
      Das Bild, das die Unterdrückten von den römischen Herrenmenschen hatten, schildert der aristokratische Historiker Tacitus selbst mit den Worten des zum Widerstandskampf anfeuernden Häuptling Calgacus:
      "Plünderer des Erdballs, durchstöbern sie, nachdem den alles Verwüstenden die Länder fehlten, jetzt auch noch das Meer: ist der Feind begütert, sind sie habgierig, ist er arm, ehrsüchtig, sie, die nicht der Orient, nicht der Okzident gesättigt hat. Als einzige von allen begehren sie Schätze und Mangel mit gleicher Leidenschaft. Stehlen, Morden, Rauben nennen sie mit falschem Namen Herrschaft und Frieden, wo sie eine Wüste schaffen."(9)
      Als Unterworfene waren die Menschen in der römischen Provinz Judäa dieser überwältigenden militärischen Gewaltherrschaft ausgeliefert, der Herrschaft einer Weltmacht, deren oberster Repräsentant zur Zeit Jesu zehn Jahre lang der Statthalter Pontius Pilatus war (von 26-36 n.Chr.). Dessen erklärte Aufgabe war es, die Ruhe in der Provinz zu bewahren und die Steuergelder zu erheben.(10)
      Den Soldaten des Besatzungsheeres wurde dabei eine eiserne Disziplin abverlangt. Schanzarbeiten, marschieren, der Drill an den Waffen und dazu martialische Strafen durch sadistische Vorgesetzte waren nur durch ein rauhes Gemüt zu ertragen. Spießrutenlaufen, Handabschlagen, Prügelstrafen und exemplarisch durchgeführte Hinrichtungen gehörten zum Repertoire des Militärstrafrechts. Die Strapatzen des Dienstes waren so gefürchtet, daß sogar Selbstverstümmelung verübt wurde, um ihnen zu entgehen.(11) Gegen die willkürlichen Unrechtshandlungen durch ihre Vorgesetzten konnten sich die Soldaten zum Teil nur durch direkte Bestechung schützen. Das fehlende Geld wurde wiederum von der Zivilbevölkerung geraubt oder erpreßt.(12)
      Genau zu dieser Thematik, zu dieser scheinbar unüberwindbaren Kette der Gewalt äußert sich als erster Johannes der Täufer. In seiner Predigt am Jordan antwortet er den Soldaten auf ihre Frage nach dem rechten Verhalten:
      "Tut niemandem Gewalt oder Unrecht und laßt euch genügen an eurem Sold!."(13)
      "diaseio" heißt dabei eigentlich erschüttern, durchschütteln und auch mißhandeln, "sykofantia" bedeutet Verleumdung, falsche Anklage.
      Die genauere Übersetzung könnte also heißen:
      "Mißhandelt keinen und verleumdet keinen (erhebt gegen keinen falsche Anklage) und begnügt euch mit eurem Sold!"
      In diesen Worten spiegelt sich die soziale Wirklichkeit auf erstaunliche Weise wieder. Johannes fordert die Soldaten nicht dazu auf, die Waffen niederzulegen, er verbietet ihnen auch nicht den Gebrauch derselben. Er stellt auch nicht ihren Berufsstand als frevelhaft dar. Vielmehr ruft er sie zu einem gerechten Verhalten auf, welches in den Grenzen der allgemeinen Sitten und Normen (mos maiorum) bleibt. Mit "mißhandeln" ist hier eine gewaltsame Überschreitungen dieser Normen zu Lasten einer wehrlosen Zivilbevölkerung gemeint.
      Die kleine Notiz des Lukas ist deswegen so interessant, weil diese Aussage in der Folgezeit immer dann zitiert wird, wenn es um das Verhältnis der Soldaten zur Gewalt geht. "Tut niemandem Gewalt an" wird als Verbot des Tötens gelesen, als Absage an alle Gewalt. Oder dieselbe Stelle wird zitiert, um zu zeigen, daß auch Soldaten Menschen sind, die an ihrem Seelenheil interessiert sind, ja, sich sogar in die Wüste zu dem apokalyptischen Propheten begeben und sich zur Vergebung der Sünden und zur Buße taufen lassen.
      Dennoch, die Soldaten am Jordan sind nicht leicht zu verstehen. Waren es römische Soldaten, so ist ihr Interesse an dem Propheten sicherlich nicht religiöser Natur gewesen. Der jüdische Historiker Josephus berichtet aus dieser Zeit verächtlich von Hochstaplern, Betrügern, Bauernfängern und falschen Propheten, die das Volk in die Irre führten. Die dreißiger bis sechziger Jahre des ersten Jahrhunderts waren eine sehr unruhige Zeit, nationaler Widerstand brach immer wieder aus und wurde blutig unterdrückt. Das Verhältnis der Soldaten zu den Propheten war wohl eher ein gespanntes. Die Aussage des Johannes ist nur bei Lukas überliefert, ihre Echtheit bleibt fragwürdig.

      3. Das Verhältnis Jesu zur Gewalt
      Die Grundlage des religiösen Lebens war für Jesus der Dekalog. So antwortet er auf die Frage des reichen Jünglings nach der geeigneten Lebensführung zum Erlangen des ewigen Lebens:
      "Du kennst die Gebote: Du sollst nicht ehebrehen; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht falsch Zeugnis reden; du sollst niemanden berauben; ehre Vater und Mutter."(14)
      Es handelt sich um religiös motivierte Gebote mit normativem Charakter, die als Grundlage für eine archaische Gesellschaft Gesetzeskraft erlangen und bis auf den heutigen Tag nichts von ihrer Aktualität verloren haben. Das Tötungsgebot steht dabei an erster Stelle.
      Ein Kerngedanke der Botschaft Jesu ist die Liebe.(15) Dabei unterscheidet er zwischen der Liebe zu Gott und der Liebe zu den Mitmenschen. Von den Pharisäern nach dem höchsten Gebot gefragt, antwortet er in der Tradition der Rabiner mit dem heiligsten Gebet der Juden:
      "Höre, Israel, der Herr, unser Gott ist einzig, und du sollst den Herrn, deinen Gott lieben aus deinem ganzen Herzen und aus deiner ganzen Seele und aus deinem ganzen Denken und aus deiner ganzen Kraft. Du sollst deinen Nächsten lieben wie Dich selbst."(16)
      Die Konsequenz mit der Jesus diese Liebe einfordert ist radikal. Die wohl schwierigste Forderung in diesem Zusammenhang ist die Feindesliebe:
      "Liebet eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen, damit ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel."(17)
      Zur wirklichen Nachahmung Gottes, zur imitatio Dei gelangt man erst durch die Feindesliebe. Jesus beendet den Absatz mit den Worten: "Darum sollt ihr vollkommen sein, gleich wie euer Vater im Himmel vollkommen ist." Dies ist eine Variation von 3.Mose 19,2: "Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig, der Herr euer Gott." Israel als "priesterliches Reich und heiliges Volk" ist die Grundforderung des pharisäischen Judentums gewesen und das nie erreichte Ideal des Judentums geblieben. Dasselbe gilt für die Gemeinde Jesu und für die spätere Kirche.(18)
      Wenn man nach unserem heutigen Verständnis, Liebe im Sinne des griechischen Agape unter anderem als Abwesenheit von Gewalt definiert, ergibt sich aus diesen Vorüberlegungen, daß Jesus jegliche Gewalt ablehnt. Eine systematische Untersuchung der Wortkonkordanz aller Sprüche Jesu unter dem Stichwort Gewalt (nach der einschränkenden Definition) kann dieses Bild noch verdeutlichen und führt zur Anweisung Jesu an seine Jünger:
      "Ihr wißt, die als Herrscher gelten, halten ihre Völker nieder, und ihre Mächtigen tun ihnen Gewalt an. Aber so ist es unter euch nicht; sondern wer groß sein will unter euch, der soll euer Diener sein; und wer unter euch der Erste sein will, der soll aller Knecht sein."(19)
      Wobei die genauere Übersetzung von "katakyrieuousin" und "katexusiasousin" ("herrschen" mit der Vorsilbe "unter") "unterdrücken" ist. Demnach:
      "Ihr wißt, das die Machthaber der Völker diese mit Gewalt niederhalten und die Großen unter ihnen diese unterdrücken. So soll es nicht sein unter euch; sondern wer groß sein will unter euch, der soll euer Diener sein; und wer unter euch der Erste sein will, der sei euer Sklave."
      Jesus spricht im engsten Kreis zu seinen Jüngern. Er zeichnet einen Kontrast zwischen Gewaltherrschaft der weltlichen Machthaber einerseits, und dem gegenseitigen Dienen der Jünger untereinander anderseits, wobei dem Dienen eine heiligende Konnotation unterliegt. Diese Anweisung erging ausschließlich an die Jünger.
      In Verbindung mit weiteren Aussagen, wie den Forderungen nach "offener Kommensalität", gehen Interpretationen hier soweit, eine Absage an jegliche strukturelle Gewalt, im Sinne von Unterdrückung und Ausbeutung zu erkennen und machen aus Jesus einen Revolutionär, der jegliche Notwendigkeit hierarchischer Ordnung innerhalb gesellschaftlicher Strukturen bestreitet.(20)
      Kritiker des Christentums meinen andererseits, genau hier ein Paradoxon christlicher Ethik zu erkennen. Es werde versucht, einen Verhaltenskodex für eine Gesellschaft im ganzen aus Äußerungen herzuleiten, die (teilweise als Geheimlehre) an eine kleine Gemeinschaft gerichtet waren, deren Mitglieder verfolgt wurden und sich nur so vom Rest der Gesellschaft absondern konnten. Diesen Verhaltenskodex hätten sich die Mitglieder dieser Gemeinschaft wegen ihrer eschatologischen Endzeiterwartung und der daraus resultierenden eigennützigen Erlösungsmotivation geschaffen.(21)
      Jesus war sich über die Sprengkraft seiner Botschaft durchaus im Klaren, deren konsequente Nachfolge die Spaltung der traditionellen Familienbande bedeutete. Dabei erkennt er, daß die Trennung von der Familie Gewalt impliziert. In diesem Zusammenhang steht ein weiteres Logion:
      "Ihr sollt nicht meinen, daß ich gekommen bin, Frieden zu bringen auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert. Denn ich bin gekommen, den Menschen zu entzweien mit seinem Vater und die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter."(22)
      Losgelöst vom übrigen Kontext, bietet dieses Zitat unzählige Möglichkeiten des Mißbrauchs als Legitimation für Krieg und Gewalt.
      Ebenso war Jesus zu mindestens einem gewalttätigen Wutausbruch fähig. Der Evangelist Johannes beschreibt ihn in der Episode der Tempelreinigung sogar mit einer Geißel in der Hand (Jh. 2,15). Sicher ist, das Jesus mit seinem Angriff gegen den Tempel, den unmittelbaren Anlaß für das behördliche Vorgehen gegen ihn lieferte. So kostete ihn womöglich diese einmalige Überschreitung seiner eigenen Lehre das Leben.(23)
      Desweiteren lohnt es, die Verhaftung Jesu zu untersuchen. Dabei war es nach den Aussagen der kanonischen Evangelien zu einem Handgemenge gekommen. Ein Schwert wird erwähnt, demnach war mindestens ein Jünger bewaffnet.(24) Bei Matthäus erscheint in diesem Zusammenhang das Logion:
      "Stecke dein Schwert an seinen Ort! Denn alle, die zum Schwert greifen, werden durch das Schwert umkommen."(25)
      Besonders dieses Zitat kann als Aufruf der Rache, zur Vergeltungsgerechtigkeit, als Variation von 1. Mose 9,6, gelesen werden. "Wer Menschenblut vergießt, dessen Blut soll auch durch Menschen vergossen werden." Christliche Befürworter der Todesstrafe in den USA argumentieren heute ähnlich.
      Dabei wird vergessen, daß ein wichtiger Bestandteil der christlichen Ethik durch 5. Mose 32,35 ausgedrückt ist, "Die Rache ist mein, ich will vergelten zur Zeit, da ihr Fuß gleitet; denn die Zeit ihres Unglücks ist nahe, und was über sie kommen soll, eilt herzu." Im Kontext zu dem Logion " Mit welchem Maß ihr meßt, mit dem wird euch gemessen werden" (Mk. 4,24, vgl. Mt. 7,1-5, Lk. 6,37-42) offenbart sich vielmehr die Forderung, das Richten allein Gott zu überlassen, der Verzicht auf einen eigenen Anspruch vor Gott. Das Verhalten Jesu bei seiner Verhaftung ist ein Vorbild für gewaltfreie Ergebenheit in die Lebensumstände, verbunden mit dem Glaube an Gottes Weisheit und der Hoffnung, dabei dessen Willen zu erfüllen.
      Man kann die Äußerungen Jesu, nach unserem heutigen Verständnis, eindeutig auf eine Gewalt ablehnende Position zusammenfassen. Letztlich hat er einen Weg gezeigt, auf dem die scheinbar unauflösliche Kette der Gewalt zu lösen wäre, deren Glieder aus den menschlichen Schwächen wie Neid, Rachsucht, Habgier, Eifersucht u.s.w. bestehen. Dabei hat das friedfertige Handeln eine heilsbringende Wirkung für den Menschen und erhebt ihn zur Gottessohnschaft::
      "Selig sind die Friedfertigen (im Sinne "von Frieden anfertigen, Friedensstifter") denn sie werden Gottes Söhne heißen!"(Mt. 5,9)
      4. Die Gewaltfrage in der frühen Kirche
      Am Anfang stand eine kleine Schar von Anhängern, die aufgrund ihrer endzeitlich orientierten, der individuellen Heilserwartung verpflichteten Religion keinerlei öffentliche Verantwortung für das Diesseits übernehmen wollten. Der Gottesdienst wurde von ihnen nicht öffentlich vollzogen, sondern in Privathäusern. Sie verinnerlichten den Glauben und machten ihn zur Gewissensfrage für jeden Einzelnen, wobei sie eine beleidigende Intoleranz den heidnischen Kulten gegenüber zeigten. Schon bald entstanden Gerüchte, die den Christen Menschenopfer, Ritualmorde und sexuelle Ausschreitungen vorwarfen. Besonders in Krisenzeiten mußte ein solches Verhalten bei der heidnischen Bevölkerung auf Unverständnis stoßen und tödliche Feindschaft auslösen.(26)
      Die Frage nach dem Verhältnis der frühen Christen zur Gewalt, im Sinne der einschränkenden Definition erweist sich als sehr schwer greifbar. In den Quellen finden sich nur Bruchteile, ein Zeichen dafür, daß Gewalt als selbstverständliche Lebenserscheinung verstanden wurde, als Teil des Leidens in der diesseitigen Welt. Für den Christ gibt es erst nach dem Tod und der Erlösung ein friedliches, paradiesisches Leben in der Ewigkeit, im Diesseits tobt dabei ein Krieg zwischen dem Heer Christi und der Armee des Teufels.
      Militärische Terminologie, Begriffe wie Krieg, Soldat, Herrschaft, waren im Denken der Menschen fest verankert. Die Sprache war militarisiert. Das früheste und vielzitierte Zeugnis dafür liefert Paulus, indem er den Christen als Krieger beschreibt, gerüstet "mit der Waffenrüstung Gottes, [...]dem Schild des Glaubens, [...] dem Panzer der Gerechtigkeit, [...] dem Helm des Heils, [...] dem Schwert des Geistes" (Eph. 6, 10-17). Warum wählte Paulus gerade diese Art der Darstellung? Hätte er nicht einen "friedlichen" Menschen beschreiben können? Das Denken in Kategorien von Krieg und Frieden, von Kampf und Gewalt war in seinem Verständnis zu tief verankert.(27) Der Christ verstand sich von nun an als Soldat in einer geistigen Armee, eingeschworen auf Christus. Das Gefühl, Soldat in einer Armee zu sein, war für diese Menschen nichts ungewöhnliches. Im Gegenteil. Besonders der Teil der lateinisch sprechenden Christenheit nahm diesen Vergleich an. Militärische Begriffe bestimmten seitdem das Leben der Christen. Oberster Kriegsherr der Armee war Christus (imperator), die Taufe wurde mit dem sacramentum militiae, dem militärischen Fahneneid verglichen und nach diesem benannt (sacramentum), der Kampf erfolgte nach dem Willen Gottes.(28) Die disciplina militaris diente als Vorbild für wahre imitatio Christi, der hierarchische Aufbau der entstehenden Amtskirche folgte dem Beispiel der Organisationsform der kaiserlichen Armee.(29)
      Man könnte den Eindruck bekommen, die Kirchenväter waren gar nicht fähig, anders als mit militärischer Terminologie zu schreiben. Dabei geht es ihnen um den Frieden, aber sie verwenden die Sprache des Krieges. Für Clemens von Alexandrien war Christus ein Hauptmann, der durch die Posaune seine Soldaten zusammenruft:
      "Die Posaune erklingt schmetternd, um die Soldaten zusammenzurufen und den Krieg anzukündigen. Und Christus, der seinen Friedensruf bis an die Enden der Erde erklingen läßt, sollte seine friedlichen Soldaten nicht um sich scharen? Du Menschenkind, er hat wahrhaft durch sein Blut und durch sein Wort sein Heer einberufen, das kein Blut vergießt, und er hat ihm das Himmelreich zugedacht. Die Posaune Christi ist sein Evangelium; er hat es zum erklingen gebracht, und wir haben diesen Schall vernommen. Greifen wir nun zu den Waffen des Friedens, indem wir den Schild des Glaubens in die Hand nehmen, indem wir uns den Helm des Heils aufsetzen und das Schwert des Geistes schärfen, welches ist das Wort Gottes."(30)
      Clemens beschreibt den Krieg in der christlichen Armee als geistlichen Krieg, ohne Blutvergießen, ausgeführt von friedlichen Soldaten, die auf einen Friedensruf Christi hören. Der Bischof von Karthago Cyprian (205-258, gestorben als Märtyrer) fand für diesen Krieg die folgenden Worte:
      "Wir sind umlagert von dem Teufel, wir befinden uns täglich auf dem Schlachtfeld und sind erschöpft von den Angriffen eines unermüdlichen und geschickten Feindes. Neben dem fortgesetzten Kampf gegen die Versuchungen müssen wir auch den Kampf vollbringen, der in unserer Verfolgung besteht."(31)
      Hier zeigt sich der tiefgehende Konflikt, in den die neue Religion ihre Anhänger stürzte. Um ihren religiösen Ansprüchen gerecht zu werden, mußten sie einerseits "innerlichen Versuchungen" widerstehen, ein Sitten und Moralkodex entstand, der das antike Selbstverständnis der natürlichen Lebensäußerungen verdrängte. Anderseits wurden sie von der Gesellschaft verfolgt. Dies war ein Krieg der Überzeugungen, der psychische und physische Gewalt erzeugte.
      Was das Ausüben von physischer Gewalt mit Waffen angeht, war ein Berufsstand von den Anforderungen des neuen Glaubens jedoch besonders betroffen: Die Soldaten.
      Dies war besonders problematisch, da es sich bei dem Militär und den Soldaten um den wichtigsten herrschaftsbewahrenden Teil der römischen Gesellschaft nach innen und außen handelte. Damals wie heute kann eine Gesellschaft nur dann Krieg führen, wenn der Krieg (die dabei ausgeübte Gewalt) als Mittel zur Durchsetzung der eigenen nationalen Interessen von der Mehrheit der Bevölkerung akzeptiert und passiv oder aktiv unterstützt wird. Eine schlagkräftige Armee kann nur vor so einem Hintergrund bestehen. In den Augen der Heiden brachten radikale Nachfolger der Botschaft Jesu mit dem Anspruch der Gewaltlosigkeit das ohnehin von allen Seiten bedrohte Weltreich in Gefahr. Der alexandrinische Platoniker Celsus formulierte diesen Vorwurf um 170 in einer Streitschrift gegen die Christen mit den Worten:
      "Wenn alle es so machen würden wie die Christen, so wäre der Kaiser bald vereinsamt, und die Dinge auf Erden würden in kurzem in die Hände der wildesten und abscheulichsten Barbaren geraten; darum sollten die Christen dem Kaiser den möglichsten Beistand gewähren, ihn in der Erfüllung der Obliegenheiten seines Amtes unterstützen, für ihn die Waffen tragen und wenn die Not es fordert, für ihn zu Felde ziehen und seine Truppen anführen."
      Die Antwort des Kirchenvaters Origines (um 248 n.Chr), zeigt seine sophistische Schulung:: "`Handelten nämlich`, wie Celsus sagt, ,alle so` wie wir, so werden natürlich auch ;die Barbaren`, die sich dem Wort Gottes zugewendet haben, ganz gesetzlich und gesittet sein. Dann wird auch alle andere Gottesverehrung aufgehoben werden, die christliche wird allein die Herrschaft haben."[...]"Wir verteidigen das Reich besser auf eine andere Art (beten)."(32)
      Obwohl der Ruf Gottes an alle Menschen erging, hatte die Kirche erkannt, das einige Berufe das Leben nach den Geboten Gottes nicht möglich machten.(33) Um die zukünftigen Christen vor Idololatrie, Unzucht und Blutvergießen zu schützen, entstanden eigene Kirchenordnungen, nach denen der Beitritt geregelt wurde. Eines der wichtigsten Zeugnisse der Haltung der Amtskirche zur Gewalt, ist eine römische Kirchenordnung aus dem Ende des 2. oder dem Beginn des 3. Jahrhunderts. So heißt es in der "Traditio Apostolica" des Hippolyt:
      "Einem Soldaten, der seinen Dienst bei einem Statthalter verrichtet, sage man, daß er keine Hinrichtung vollziehe. Wenn er dazu den Befehl erhält, soll er ihn nicht befolgen. Geht er nicht darauf ein, so weise man ihn zurück. Wer die Schwertgewalt (ius gladii) oder die Verwaltung einer Stadt innehat, wer den Purpur trägt, trete ab, oder man weise ihn zurück. Wenn ein Taufbewerber oder ein Gläubiger Soldat werden will, dann weise man ihn zurück; denn er hat Gott verachtet."(34)
      Es muß zu diesem Zeitpunkt schon einen beträchtlichen Teil an Christen in der Armee und Bewerber aus der höheren Verwaltung gegeben haben.(35) Das ein Statthalter oder ein Offizier sein lukratives Leben aufgibt, erscheint fragwürdig. Hier spiegelt sich die soziale Wirklichkeit wieder, die Art, wie bestehende Normen und Regeln einer Kultur durch andere ersetzt werden. Dies erweist sich als ein langwieriger Prozeß, der sich über einen großen Zeitraum erstreckt, kulturellen lokalen Bedingungen ausgesetzt und nur schwer nachzuzeichnen ist. Das Ausüben von Gewalt, das Blutvergießen ist dabei keinesfalls einer der Haupteinwände der Amtskirche gegen den Militärdienst. Im Leben der Soldaten nahmen kultische Herrscherverehrungen und rituelle Opferhandlungen, welche als Loyalitätsbekundungen gegenüber Kaiser und Staat galten, eine wichtige Rolle ein. Von den Christen wurden diese als heidnischer Götzendienst angesehen. Dabei stand der Soldateneid (sacramentum), als äußeres Zeichen des absoluten Gehorsams gegenüber den Vorgesetzten, im Mittelpunkt der Kritik. Der aus Karthago stammende Jurist Tertullian (ca. 160-220 n. Chr.) brachte diesen Einwand auf den Punkt:
      "Es geht nicht unter dem Fahneneid Gottes und der Menschen, unter den Feldzeichen Christi und des Teufels, im Lager des Lichtes und in dem der Finsternis zu stehen, eine und dieselbe Seele kann nicht zweien verpflichtet sein, Gott und dem Kaiser."(36)
      Nach diesem Verständnis konnte es dem Soldaten nicht möglich sein, das hohe Ethos der disciplina militaris, den Korpsgeist, der ihm bei seinem Dienst in der Armee abverlangt wurde, zu erfüllen, wenn er gleichzeitig durch die Taufe auf Christus verpflichtet war. Pazifistische Interpretationen erkennen hier eine totale Ablehnung des Kriegsdienstes und der Gewalt, die mit dem Tötungsauftrag der Soldaten verbundenen ist. Demnach sei von Kirchenvätern wie Tertullian, Origenes und Laktanz eine Lehre der positiven Gewaltlosigkeit entwickelt worden. Der klassische Begriff der "patientia" bezeichnete dabei eine geduldige Haltung, die auf einer umfassenden Schau Gottes gründet und in Gott die Quelle einer über der nackten Gewalt stehenden Macht erkennt.(37)
      Die Christen waren vor die Wahl gestellt. Solange sie in den Katakomben versteckt, auf das Ende der Welt und das versprochene Herabkommen des Menschensohnes warteten, hielten sie an den Geboten Jesu fest und hofften auf den Frieden im Himmel. Als die Endzeiterwartungen nicht erfüllt wurden, mußten sie einen Weg finden, ihre Vorstellungen von einer möglichen Nachfolge (imitatio christi) der Anweisungen ihres Meisters, den Bedingungen des Weltreiches anzupassen. Dabei war ihre grundsätzliche Loyalität zur römischen Welt, zum römischen Staat, die Grundlage der Anpassung. Am Anfang reichte noch das Beten für den Kaiser aus. Später kämpften auch die Christen mit der Waffe für das Imperium, da sie meinten, es als Teil des göttlichen Heilsplans erkannt zu haben.
      Obwohl die Kirchenväter der Gewalt insgesamt ablehnend gegenüberstanden, waren sie sich über die Notwendigkeit des Krieges im Klaren; sowohl Tertullian wie auch Origenes beteten für den Erfolg des Kaisers bei den Kriegen zur Verteidigung des Imperiums.(38) Die 314 von Kaiser Konstantin einberufenen Synode von Arles kann in diesem Zusammenhang als Wendepunkt bezeichnet werden. Galt vorher die Kriegsdienstverweigerung als konsequente Befolgung der Weisungen Christi, so wurde sie seitdem "im Frieden unter Kirchenstrafe gestellt".(39) Die Kirche reagierte so auf die Praxis, nach der christliche Soldaten in Friedenszeiten den Dienst verweigerten und die Armee verließen.
      Letztlich war es das traumatische Erlebnis der Plünderung Roms durch die Westgoten unter der Führung ihres Königs Alarich im Jahre 410, welche das Nachdenken über die Notwendigkeit der militärischen Verteidigung des Reiches veränderte. Augustinus (354-430) lieferte schließlich die Theologie der zwei Staaten, des Gottesstaates und des irdischen Reiches (De civitate dei.). Himmlischer Friede kann demnach nur im Gottesstaat bestehen, irdischer Friede muß durch Kriege gesichert werden. Die Lehre vom gerechten Krieg erlaubte es den Christen nun, sich mit der Gewalt in dieser Welt zu arrangieren. Unter folgenden Bedingungen hält Augustinus den Krieg für gerecht: Der Krieg muß den Frieden als Ziel haben. Er muß gegen ein begangenes Unrecht gerichtet sein. Verteidigung kann als Grund für einen Krieg gelten. Der Krieg muß von einer staatlichen legitimen Autorität angeordnet sein. Die Kriegführung darf nicht gegen Gottes Weisungen verstoßen.(40)
      Die Begründungen des Augustinus erlaubten den Kompromiß zwischen Kirche und Staat. Die ursprünglichen Ansichten über die Gewaltfrage wurden auf den kleinen Teil der monastisch lebenden Nachfolger Christi und die Priesterschaft beschränkt. Nur für den Klerus und die Ordensgeistlichkeit bleiben alle Forderungen der christlichen Ethik verbindlich. In der Gemeinschaft der Gläubigen besteht seitdem eine Form von Arbeitsteilung, "in der die einen mit ihrem Gebet gegen die Dämonen streiten, während die anderen mit den Waffen gegen die Barbaren kämpfen."(41)
      5. Literaturliste:
      Aland, K.: Das Verhältnis von Kirche und Staat in der Frühzeit, in: ANRW II 23.1, Berlin/New York 1979, S.60-246.
      Ben-Chorin, S.: Bruder Jesus. Der Nazarener aus jüdischer Sicht. München 1967.
      Bösen, W.: Der letzte Tag des Jesus von Nazaret. Freiburg 1994.
      Bultmann R.: Jesus. Tübingen 1951.
      Bultmann, R.: Die Geschichte der synoptischen Tradition.
      Crossan, J. D.: Jesus. Ein revolutionäres Leben. München 1996.
      Dahlheim, W.: Die griechisch-römische Antike. Bd. 2, München 1992.
      Gnilka, J.: Jesus von Nazaret. Freiburg 1990.
      Harnack, A.: Militia Christi. Die Christliche Religion und der Soldatenstand in den ersten drei Jahrhunderten. Tübingen 1905.
      Hefele, C.J.v.: Conciliengeschichte I, Freiburg 1873.
      Helgeland, J.: Christians and the Roman Army from Marcus Aurelius to Constantine, in: ANRW II 23,1 Berlin/New York 1979, S.724-834.
      Hornus J.: L`Excommunication des Militaires, Communio Viatorum, 3, 1960.
      Hornus, J.: Politische Entscheidungen in der Alten Kirche. München 1963.
      Kissel, Th.: Kriegsdienstverweigerung im römischen Heer, in: Antike Welt 27 (1996) S. 289-296.
      Lapide, P.: Die Bergpredigt. Utopie oder Programm? Mainz 1992.
      MacIntyre, A.: Geschichte der Ethik im Überblick. Weinheim 1995.
      Molthagen, J.: Der römische Staat und die Christen im zweiten und dritten Jahrhundert, Göttingen 1975.
      Mommsen, Th.: Römisches Strafrecht, Graz 1955
      Schäfke W.: Frühchristlicher Widerstand. ANRW II, 23.1, Berlin/New York 1979, S. 460-723.
      Schilling, R.: The Roman Religion, Historia Religionum: Handbook for the History of Religions, hrsg. v. Bleeker,J./Widengren G., Leiden 1969.
      --------------------------------------------------------------------------------


      http://user.cs.tu-berlin.de/~ohherde/berno1.htm
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 08:18:35
      Beitrag Nr. 7 ()
      #4 von for4zim 14.02.03 08:08:09 Beitrag Nr.: 8.607.712 8607712

      Das ist ja nun wirklich Blödsinn. Wäre es nicht besser, in Geschichtsbücher zu schauen? Dann würde schnell klar, daß das oben geschriebene eine völlige Fehldeutung ist. Es war kein spezielles Muster der Römer, Vernichtungskriege zu führen, nachdem der Limes errichtet wurde, bei den Nachbarvölkern hingegen durchaus, und auch, als Rom sich über Italien ausbreitete, bis zu den Punischen Kriegen, ausgenommen vielleicht Judäa und Gallileia.


      So? Kein spezielles Muster?
      Dann zeig mir die friedliche Zeit der Römer ohne Versklavung anderer! :mad:


      Und der Untergang des Imperiums im ökonomischen Sinne kam, als der Luxushandel zurückging und die Villae, die großen Landgüter, imemr mehr zu Selbstversorgern wurden - das geht so ziemlich in die entgegengesetzte Richtung Deiner Intentionen, sittin bull inv, denn es heißt nichts anderes, als daß das Römische Reich daran zugrunde ging, daß man von Arbeitsteilung und Geldwirtschaft abging zu autonomen Untergruppen und Subsistenz- und Tauschwirtschaft.


      Hast du dich mal gefragt, warum man dazu überging?
      Dann hast du die Antwort bereits!
      Es war ja wohl kein zufälliger Prozeß! :mad:


      Also, das was Du als erstrebenswert anpreist war das, was das Römische Reich ruinierte. Nur dort, wo der Luxushandel aufrecht erhalten blieb, wo es weiter große Kapitalströme, Stadtkultur und Fernhandel gab, in Ostrom, überlebte das Römische Reich noch volle 1000 Jahre weiter.

      Der Nachsatz über die Ausbeutung der Welt durch die USA ist dann völlig konfus, weil dort jegliche Begründungen fehlen. Hier wird eher noch das britische Empire vor dem Zweiten Weltkrieg beschrieben.

      So? sehe ich anders, ich sehe viele vergleichbare Tendenzen! :mad:[/i]
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 08:33:56
      Beitrag Nr. 8 ()
      sittin bull inv, nenne mir ein Volk der Antike, daß Unterlegene nach einem Krieg nicht versklavt hatte.

      Sage mir weiterhin, wann der Anteil an Sklaven in Rom am höchsten war: um 100 vor Christus, um 100 nach, um 200 nach? Warum dominierten in dem Imperium ab Claudius freigelassene Sklaven die öffentliche Verwltung und konnten schließlich bis zum Kaiser aufsteigen?

      Warum war der Anteil von Sklaven in Sparta, das kaum Kapitalwirtschaft betrieb, viel höher als in Athen, dem Zentrum des antiken Geldhandels im vierten/fünften Jahrhundert vor Christus?

      Weißt Du, warum das römische Reich zur Wirtschaft der Villae überging und der Luxushandel in Westrom bis zur Zeit Konstantins zunehmend niederging und dann praktisch verschwand? Und wie eigentlich die Verpflichtung zustande kam, Menschen zu den Berufen ihrer Väter zu verpflichten, was etwa bei den Bauern zur faktischen Leibeigenschaft führte (bei den Handwerkern gab es entsprechendes!)?

      Die USA und das konstantinische Rom, das sind ökonomisch zwei völlig verschiedene Systeme. Eher könnte man, in manchen Aspekten, Konstantins Rom mit einem kommunistischen Land in der Spätphase vergleichen: Staatswirtschaft, Berufszwang, autokratische Gesellschaft, Subsistenzwirtschaft und Tauschhandel, Kapitalwirtschaft nur in ausgewählten Bereichen. Das ist niemals die Beschreibung der USA, sondern eher die Albaniens unter Enver Hodscha.
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 09:12:01
      Beitrag Nr. 9 ()
      sittin bull inv, nenne mir ein Volk der Antike, daß Unterlegene nach einem Krieg nicht versklavt hatte.

      Jedes, welches kein wirtschaftsleistungsverzehrendes Volk hatte, sondern sich an die Regeln des Kreislaufes der Natur hielt. Indigene Völker, Matriarche.
      Diese braucheten keine Unterteilung in Herrschende und Beherrschte. Was tritts du hier eigentlich für eine Beweisführung an, die es doch nicht dein Niveau.
      A la sie haben das, aber andere haben auch... :confused:


      Sage mir weiterhin, wann der Anteil an Sklaven in Rom am höchsten war: um 100 vor Christus, um 100 nach, um 200 nach? Warum dominierten in dem Imperium ab Claudius freigelassene Sklaven die öffentliche Verwaltung und konnten schließlich bis zum Kaiser aufsteigen?

      Warum war der Anteil von Sklaven in Sparta, das kaum Kapitalwirtschaft betrieb, viel höher als in Athen, dem Zentrum des antiken Geldhandels im vierten/fünften Jahrhundert vor Christus?


      Weiß nicht, vielleicht weil die spartanisch lebenden selbst nicht arbeiten wollten. Außerdem kenne ich dazu keine genauen Zahlen!

      Weißt Du, warum das römische Reich zur Wirtschaft der Villae überging und der Luxushandel in Westrom bis zur Zeit Konstantins zunehmend niederging und dann praktisch verschwand? Und wie eigentlich die Verpflichtung zustande kam, Menschen zu den Berufen ihrer Väter zu verpflichten, was etwa bei den Bauern zur faktischen Leibeigenschaft führte (bei den Handwerkern gab es entsprechendes!)?


      Von absolutem Wissen kann keine Rede sein, ich habe bestimmte Vermutungen und Theorien, ich will hier aber erst deine Sichtweise hören!

      Die USA und das konstantinische Rom, das sind ökonomisch zwei völlig verschiedene Systeme. Eher könnte man, in manchen Aspekten, Konstantins Rom mit einem kommunistischen Land in der Spätphase vergleichen: Staatswirtschaft, Berufszwang, autokratische Gesellschaft, Subsistenzwirtschaft und Tauschhandel, Kapitalwirtschaft nur in ausgewählten Bereichen. Das ist niemals die Beschreibung der USA, sondern eher die Albaniens unter Enver Hodscha.

      Hmm, solche Vergleiche kann man ziehen, die Fragestellung war aber nicht, mit wem kann es auch vergleichen, sondern wie sehr ähneln sich gewisse Dinge in beiden Systemen! Das der Kommunismus noch schlechter ist, ist auch für mich kein hinreichender Beweis, das unser System gut ist.
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 09:23:46
      Beitrag Nr. 10 ()
      Sittin Bull Inv, ich sagte: "Nenne mir ein Volk der Antike, das Unterlegene nach einem Krieg nicht versklavte." Es gab keines: die Römer taten es, die Griechen, die Phöniker, die Kelten, die Germanen, die Juden, die Ägypter, die Hethiter, ich kenne keine Ausnahmen. Ich verstehe nicht, wie Du mit dem Verweis auf einige Ausnahmekulturen in Indien (Welche? Welche Epoche? Hatten die Kriege geführt?) das einfach beiseite wischen kannst.

      Zu einer anderen Antwort, nein, im alten Sparta hatte eine kleine eingewanderte Kriegerkaste die Urbevölkerung als Heloten versklavt. In Athen wiederum gab es die übliche Sklaverei aus Ankauf aus ausländischen Kriegen, eigener Beute und schließlich die Schuldsklaverei, gegen die dann vor allem mit den Solonschen Reformen angegangen wurde. Je effizienter gewirtschaftet wurde, desto weniger lohnend waren Sklaven und desto größer die Neigungen, die Sklaverei abzuschaffen.

      Ansonsten widerlegst Du ja nichts, wie ich es sehe.

      Ja, die Marktwirtschaft hat ihre Fehler, weil jedes System Fehler hat, die ausgeglichen werden müssen. Ich sehe darin keinen Grund, davon abzugehen.
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 10:04:08
      Beitrag Nr. 11 ()
      #10 von for4zim 14.02.03 09:23:46 Beitrag Nr.:
      Sittin Bull Inv, ich sagte: "Nenne mir ein Volk der Antike, das Unterlegene nach einem Krieg nicht versklavte." Es gab keines: die Römer taten es, die Griechen, die Phöniker, die Kelten, die Germanen, die Juden, die Ägypter, die Hethiter, ich kenne keine Ausnahmen. Ich verstehe nicht, wie Du mit dem Verweis auf einige Ausnahmekulturen in Indien (Welche? Welche Epoche? Hatten die Kriege geführt?) das einfach beiseite wischen kannst.

      Und, ja, jedes System seit damals, welches Hierachien formte, tat das, bis heute! Ich meinte indigene, Urvölker, ohne Kontakt zu Geld+Zins+Hierachien+Versklavung.
      Es bedeutet nicht, dass in matriarchen keine Kriege geführt wurden, nur wurden die wirklich meist wegen der eigenen Ressourcenknappheit geführt, mittlerweile ist Krieg ein Selbstzweck geworden, der unser Wirtschaftssystem am laufen hält, oder wo sind unsere Ressourcen heute knapp? :confused:


      Zu einer anderen Antwort, nein, im alten Sparta hatte eine kleine eingewanderte Kriegerkaste die Urbevölkerung als Heloten versklavt. In Athen wiederum gab es die übliche Sklaverei aus Ankauf aus ausländischen Kriegen, eigener Beute und schließlich die Schuldsklaverei, gegen die dann vor allem mit den Solonschen Reformen angegangen wurde. Je effizienter gewirtschaftet wurde, desto weniger lohnend waren Sklaven und desto größer die Neigungen, die Sklaverei abzuschaffen.

      Sklaven waren nicht mehr lohnend? Wie konnte das genau passieren? Das würde ich gerne verstehen lernen!

      Ansonsten widerlegst Du ja nichts, wie ich es sehe.


      Polemik!

      Ja, die Marktwirtschaft hat ihre Fehler, weil jedes System Fehler hat, die ausgeglichen werden müssen. Ich sehe darin keinen Grund, davon abzugehen.

      Wer spricht denn nun vom Marktwirtschaft? Der Fehler liegt außerdem nicht in der Marktwirtschaft, sondern in den anderen genannten Punkten! Weil du noch ein Profiteur bist?
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 10:08:42
      Beitrag Nr. 12 ()
      im National Geographic Magazin gab es auch ab Ende 2002 Berichte über Rom und die Entwicklung des römisches Reichs.

      So könnte man den Thread weiter ausbauen, sittin bull?
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 10:10:39
      Beitrag Nr. 13 ()
      ja, wenn du den Artikel findest??
      Gerne!

      Im PM war eine ganze Serie über die Germanen, also zwangsläufig auch über Rom.
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 10:14:14
      Beitrag Nr. 14 ()
      habs schon!

      Das Römische Reich (I): Aufstieg einer Weltmacht
      Text: T. R. Reid - Fotos: James L. Stanfield

      Einige Jahrzehnte rangen die Oberhäupter Europas um die Verwirklichung einer revolutionären Idee: die gemeinsame europäische Währung. Regierungen stürzten über dieses Projekt, erbittert wurde in diversen romanischen und germanischen Sprachen darum gestritten. Eine Zeit lang schien die Einheitswährung für so viele Völker nichts als Utopie zu sein. Und das, obwohl schon einmal über Jahrhunderte hinweg in einem Großteil der westlichen Welt mit gleicher Münze gezahlt und nach denselben Gesetzen Recht gesprochen worden war.



      Damals herrschte ein Kaiser mit seiner Armee vom Atlantik bis zum Toten Meer, vom Norden Afrikas über Mitteleuropa bis ins westliche Asien. Das Römische Reich, das die Länder rund um das Mittelmeer befriedete und einte, war eine Meisterleistung der Regierungskunst. Seine Kaiser setzten die berühmte Pax Romana in einem Gebiet durch, das sich über 5000 Kilometer erstreckte und die Territorien von mehr als 40 heutigen Staaten umfasste. Sie taten es mit genialem Organisationssinn, Toleranz gegenüber kultureller Vielfalt und gelegentlichen Ausbrüchen schierer Brutalität.



      Einem römischen Tribun, Kaufmann oder Steuereinnehmer, der im 3. Jahrhundert n. Chr. auf dem 85 000 Kilometer langen Netz befestigter Straßen das Reich bereiste, wäre das Problem des gemeinsamen Geldes für 15 westeuropäische Länder reichlich läppisch vorgekommen. Denn damals bezahlten 50 Millionen Menschen von den Palmenoasen in der Wüste Ägyptens bis zu den frostigen Mooren Südschottlands mit dem römischen Denar. Einige tun es in gewissem Sinne noch immer. Als ich in Tunis ins Bardo-Museum ging, um mir die römische Münzsammlung anzusehen, zahlte ich mein Eintrittsgeld für diese Ausstellung des römischen Denars in tunesischen Dinaren.



      http://www.nationalgeographic.de/php/magazin/topstories/2002…
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 10:16:30
      Beitrag Nr. 15 ()
      ROFTL

      Dann hast Du ja zu tun übers Wochenende, wenn Du alles reinkopieren willst ;)
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 10:23:47
      Beitrag Nr. 16 ()
      nö, ist nichts wirklich passendes dabei, habs schon durchleuchtet! ;)


      :D
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 10:24:23
      Beitrag Nr. 17 ()
      sittin bull inv,

      zum ersten Absatz: Du irrst Dich, z.B. gab es auch bei den Indianern Sklaverei. Sklaverei ist eben nicht an eine Geldwirtschaft gebunden. Es gibt keinen Ursachenzusammenhang zwischen Geld, Zins und Sklaverei. Und Hierarchien gab es auch in matriachalischen Gesellschaften, über die Du anscheinend nicht mehr weißt als ich. Auch die Regeln, nach den Matriachate Kriege führten, kannst Du schlecht wissen. Da die bekannten matriachalischen Kulturen alle viel zu klein sind, um erfolgreich größere Kriege führen zu können, ist es auch müßig, darüber zu spekulieren, was sie zu Kriegen antreibt. Die größte matriachalische Kultur, die mir bekannt ist, war die minoische. Aber auch die führte Kriege, eroberte Land und versklavte Menschen. In unserer heutigen Zeit sind Kriege ganz sicher kein Selbstzweck - Europa (abgesehen von Ex-Jugoslawien) kommt ohne Kriege aus.

      Zum zweiten Absatz: Sklaven sind in der Tat ökonomisch nicht mehr lohnend, wenn man qualifizierte und motivierte Arbeiter braucht. Es sollte doch auffallen, daß Sklaven in der Antike und auch später nur für folgende Bereiche gehalten wurden: Hauswirtschaft, hier insbesondere als Luxusgut, Sex (bis heute!), im Bergbau und in der Landwirtschaft bei Großbetrieben, wenn die Pflanzen keine spezielle Pflege brauchten. Sobald es um komplexere Tätigkeiten oder Dienstleistungen ging, konnten Sklaven in entwickelten Ökonomien nicht mit freien Arbeitern konkurrieren, weil ihre Arbeitseffizienz zu gering war und die geringeren Lohnkosten überkompensierte.

      Es ist erstaunlich, daß Du mir Polemik vorwirfst, wenn ich korrekt feststelle, daß Du meisten Fragen, die ich aufwarf, nicht behandelt hast und damit auch meine Punkte nicht widerlegen konntest. Dann zu schreiben: "Wer spricht denn nun vom Marktwirtschaft? Der Fehler liegt außerdem nicht in der Marktwirtschaft, sondern in den anderen genannten Punkten! Weil du noch ein Profiteur bist?" scheint mir weit eher polemisch.

      Ein Problem natürlich mit den vielen langen Texten, die Du postest ist, daß man nie so genau weiß, was Du nun eigentlich willst und worüber man nun diskutiert. Ich hatte mich auf die seltsamen Ansichten über das römische Reich im Posting #1 bezogen, die dann in untauglicher Weise die USA und ihr "kapitalistisches System" (also marktwirtschaftliches System) kritisieren sollten. Wenn Du einen Punkt konkret diskutiert haben willst, solltest Du ihn besser auch konkret benennen, statt ihn unter langen Texten zu verstecken...
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 12:28:00
      Beitrag Nr. 18 ()
      Donnerstag, 13. Februar 2003!
      An jenem denkwürdigen gestrigen Abend wurde um 20.45 Uhr im Sender "arte" eine nahezu wissenschaftliche Reihe genialer Filme eines britischen Dokumentarfilm-Produzenten namens "Monty Python" gestartet.
      In dem Dokumentarfilm, der in der kommenden Woche, am Donnerstag, dem 20.02.2003 um 20.45 Uhr gesendet werden soll, geht es um das Leben eines gewissen "Brian" - eines durch ein böses Imperium unterdrückten "Früh-Hebräers".
      In diesem um 33 n. Chr. in Palästina gedrehten Dokumentarfilm wird hochwissenschaftlich belegt, daß ein großer Teil der Dialoge in diesem Thread bereits in der Antike in zeitgemäß verkürzter und pointierter Form stattgefunden hatte:

      "-Und natürlich weisen wir sie, diese elenden Römer, darauf hin, daß die Römer selbst, nur sie, die volle Verantwortung tragen, wenn wir sie so zerschnippeln. Und daß wir uns niemals irgendeiner Erpressung beugen werden.
      -- Wir beugen uns keiner Erpressung!
      -Sie haben uns ausbluten lassen, diese Schweine. Sie haben uns fast vollständig versklavt und uns fast alles genommen, was wir hatten. Und nicht nur von uns. Von unsern Vätern und von unserer Väter Väter.
      -Und von unserer Väter Väter Väter.
      -Ja.
      -Und von unserer Väter Väter Väter Väter.
      -Das reicht. Noch genauer brauchen wir es nicht! Was haben sie uns dafür als Gegenleistung erbracht, frage ich?
      -Den Aquädukt.
      -Was?
      -Den Aquädukt.
      -Oh. Jajaja. Den haben sie uns gegeben, das ist wahr.
      -Und die sanitären Einrichtungen.
      -Oh ja. Die sanitären Einrichtungen. Weißt Du noch, wie es früher in unserer Stadt stank?
      -Also gut ja, ich gebe zu, der Aquädukt und die sanitären Einrichtungen, das haben die Römer für uns getan.
      -Und die schönen Straßen.
      -Ach ja, selbstverständlich die Straßen. Das mit den Straßen versteht sich ja von selbst, oder? Abgesehen von den sanitären Einrichtungen, dem Aqädukt und den Straßen...
      -Medizinische Versorgung...
      -Schulwesen...
      -Naja gut. Das sollte man erwähnen.
      -Und der Wein...
      --- Ouh ja.
      -Ja. Das ist wirklich etwas, was wir vermissen würden, wenn die Römer weggingen.
      -Die öffentlichen Bäder und der wirtschaftliche Wohlstand ...
      -Und wir haben keine orientalischen Despoten mehr, die uns versklaven und unsere Frauen vergewaltigen. Jede Frau kann es wagen, nachts die Straße zu überqueren, Rech.
      -Jaha. Die können Ordnung schaffen, denn wie es hier vorher ausgesehen hat, davon wollen wir ja gar nicht reden.
      -Also gut. Mal abgesehen von sanitären Einrichtungen, der Medizin, dem Schulwesen, Wein, der öffentlichen Ordnung, der Bewässerung, Straßen, der Wasseraufbereitung, dem wirtschaftlichen Wohlstand und der allgemeinen Krankenkassen, was, frage ich euch, haben diese imperialistischen Römer JE für uns getan?
      -Den Frieden gebracht, Pax Romana und so...
      -Aach! Frieden! Halt die Klappe, du blöder Idiot!"


      Nun ja, schon beim ersten Kennenlernen der Leute, die diesen vorhergehenden Dialog führten, war klar, dass es mit ihnen ein Kreuz sein würde und ein böses Ende an demselben nehmen könnte:

      -Seid ihr von der Judäischen Volksfront?
      -Verzieh dich!
      -Was?
      -Judäische Volksfront. Quatsch! Wir sind die Volksfront von Judäa! Judäische Volksfront.
      -Schwächlinge.
      -Kann ich in euerm Verein mitmachen?
      -Nein. Verpiss dich.
      -Ich, ich wollte dieses Zeug nicht hier im Amphitheater verkaufen. Das ist nur `n Job. Ich hasse die Römer genauso wie ihr!
      -Psscht.
      -Sagst du das auch nicht nur so?
      -Oh nein. Todsicher. Ich hasse die Römer schon lange.
      -Hör zu: wenn du eintreten willst, in die VVJ, dann mußt die Römer wirklich ganz verdammt hassen.
      -Das tu ich ja.
      -Oh ja? Und wie sehr?
      -Wie ein Verrückter.
      -Du bist aufgenommen. Hör zu. Es gibt Typen, die wir noch mehr hassen als die Römer: diese verfluchten Judäischen Volksfrontmistkerle.
      ---Oh ja... ja. Spalter
      -Und diese Populäre Volksfront.
      ---Ja! Und wie... Spalter, Pisser.
      -Und die Volksfront von Judäa!
      -Genau.
      -Ja! Alles Spalter.
      -Was?
      -Die Volksfront von Judäa. Spalter.
      -Wir sind die Volksfront von Judäa.
      -Ou. Ich dachte, wir wären die Populäre Front.
      -Mann: Volksfront.
      -Tze!
      -Was ist eigentlich aus der Populären Front geworden?
      -Die sitzt da drüben.
      --- SPALTER !!!
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 12:37:44
      Beitrag Nr. 19 ()
      auryn, schön dich hier zu lesen!

      Es ist wahr, natürlich gab es all diese Dinge, ich kritisiere doch auch nicht das, was wir Zivilisation nennen!

      Um was es mir geht, ist das wir sämtliche Kreisläufe der Natur mit unserem wirtschaften mißachten, und das wir anscheinend nicht genug Geld oder Willen haben, alle an diesen Fortschritten teilhaben zu lassen, ohne dabei wieder die Regeln der Kreislaufwirtschaft der Natur zu verletzen.

      Da frage ich mich: Warum nicht?

      Weißt du es?
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 12:42:28
      Beitrag Nr. 20 ()
      und for4zim: Sklaverei ist nicht an eine Geldwirtschaft gebunden. Richtig.

      Die Geldwirtschaft selbst ist eine neue Form der Sklaverei.

      Sicher, du hast recht, niemand muß sich verschulden,
      niemand muß für andere arbeiten, ganz recht! ;)

      Warum waren denn Matrichate so klein?

      Was sagst du zum dem Text hier,
      Thread: Meta-Thread #15???
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 12:47:59
      Beitrag Nr. 21 ()
      @ sittin bull inv (Posting # 19):
      Ich fürchte, daß Deine Frage so alt ist wie die Philosophie über das Wesen des Menschen.
      Der Mensch ist seit dem Anbeginn aller Geschichtsschreibung ein Wesen, das unstillbare Wünsche und (Sehn-)Süchte auf allen Gebieten entwickeln kann: Triebähnliche Gelüste nach Wohlergehen, Reichtum, Macht etc.
      Oder wie es der Philosoph und Mathematiker Blaise Pascal mal in ähnlicher Weise formulierte:
      "Nur eine ein bißchen andere Erziehung und man ist bereit, dem Nachbarn jenseits des Flussufers den Besitz oder gar sein Leben zu rauben, weil man glaubt, daß er ein Räuber oder ein Feind ist, und zwar weil es der eigene König einem so erklärt hat. ... Der Mensch ist von Geburt an schon so "verrückt" angelegt, daß man auf eine andere Art "verrückt" sein muß, um nicht so zu werden wie alle anderen."
      Klingt sehr "misanthropisch", ich weiß, aber was erwartest Du auf Deine allgemeine Frage?
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 12:53:42
      Beitrag Nr. 22 ()
      #20, soweit ich den Text verfolgen konnte, steht da viel Wunschdenken drin. Es widerspricht in verschiedenen Punkten dem, was ich über frühe Kulturen gelesen habe und ich vermute, daß Fachleute den Text ziemlich zerpflücken würden. Ich weiß auch nicht, was damit begründet werden soll. Wenn man mal tatsächlich annimmt, daß zu einer gewissen Zeit erheblich mehr matriachalische Kulturen bestanden (die sicher nicht so idealisiert aussahen, wie im Text beschrieben - zur Erinnerung: die minoische Kultur war matriachalisch, aber es gab Herrscher(innen) und es gab erhebliche Vermögensunterschiede), kann man fragen, warum diese dann untergegangen sind. Offensichtlich waren sie den Forderungen der kommenden Zeiten nicht mehr angepaßt, wie ja heute z.B. autokratische Systeme nicht mehr zeitgemäß sind oder sich die sozialistischen Staaten überlebt hatten.
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 12:58:02
      Beitrag Nr. 23 ()
      Das es so ist, sehe ich auch.

      Das wir es aber noch zusätzlich forcieren, in dem wir selbst heute noch bewußt oder unbewußt Unterdrückungsprozeße mitspielen, geht mir als "Kantianer" nicht in den Kopf.

      Wo ist die Vernunft?

      Braucht der Mensch den Dualismus, ist deshalb jedes System auch auf seine Zerstörung programmiert?


      Warum sind menschliche Träume für einen selbst immer unendlich? Gebt ihm die Macht dazu, sie zu Lasten andere durchzuführen, und er macht es.

      Indianer z.B. kannten ein solches Vorgehen nicht, da alles von Mutter Natur kam, der "Verwirklichung des Prinzips Leben", so dass ein Indianer gar keine riesigen individuellen Wünsche hatte. Er sah sich selbst nur als das, was er auch ist. Ein Mitglied des Kreislaufes der Mutter Natur, und das verlieh ihm eine gewaltige Spiritualität und Selbsterfüllung.
      Auch dort gab es knappe Ressourcen und Kriege, das will ich nicht bestreiten, das Durchschnittsleben war eher hart, aber sozial. Wenn es etwas zu essen gab, wurden alle Mitglieder des Stammes satt, denn in jedem wird ja das Prinzip des Großen Geites verwirklicht, in Folge wir mit allem Leben anders umgehen.

      Anders als wir heute, in dem wir alle Dinge dem einen einzigen Interesse unterordnen.

      Wie schaffe ich es, möglichst viel Geld zu haben, um wenig Sorgen haben zu müssen!
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 13:05:28
      Beitrag Nr. 24 ()
      for4zim, ich kenne mich am besten mit den Indianern aus.
      Auch wenn es Häuptlinge gab, war es im eigentlichen Sinne eine matriachalistische Kultur.

      Und der Grund des scheiterns dieser Lebensform ist noch kein Argument dafür, dass die andere besser ist, es ist eher der Beweis dafür, dass ein gewaltiger Druck von demjenigen ausgeht, der am verschwenderischten mit seinen Ressourcen umgeht, das aber bestimmt nicht auf Dauer!
      Die maximal mögliche individuelle Traumerfüllung zerstört am Ende die Traumerfüllung aller Menschen...

      Ist das auch Teil des Planes des "göttlichen Prinzips"?
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 13:10:48
      Beitrag Nr. 25 ()
      sittin bull inv, waren die Mayas, die Azteken oder die Inkas matriachalisch?

      Und wer brachte nun Hochkulturen hervor?

      An einer Jäger und Sammler-Kultur etwas für unsere Welt ableiten zu wollen, ist für mich so sinnvoll, wie aus der Bibel Lebensregeln für die moderne Welt gewinnen zu wollen. In den Jahrtausenden seitdem hat sich einfach zuviel geändert.

      Hast Du Dich mal mit dem Irokesen-Reich beschäftigt?
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 13:13:20
      Beitrag Nr. 26 ()
      @ sittin bull inv (Posting # 23):
      Ich fürchte, es ist beim Menschen "an sich" nicht direkt das Fehlen der "Vernunft", das man beklagen sollte. Es ist auch zusätzlich die Natur des Menschen, "erfolgreiches" Verhalten anderer Menschen nachzuahmen und wirklich beklagenswert ist das Fehlen allgemein gültiger ethischer Normen in den modernen Gesellschaften, die definieren, was als "vertretbarer Erfolg" anzusehen ist.
      Anders ausgedrückt ist eine Übereinstimmung unserer Gesellschaft mit der des alten Rom darin erkennbar, daß Reichtum die Möglichkeit zur Ausübung von Macht erlaubt. Wenn man eine Gesellschaft im Guten oder Schlechten verändern will, so braucht man dafür immer die Macht, andere im eigenen Sinne überzeugen zu können. Von daher ist es in den USA tatsächlich ein bißchen ähnlich wie im alten republikanischen Rom: Du brauchst Reichtum wie Crassus, um Macht durch Überzeugung der Wähler oder Deiner Parteigänger ausüben zu können. Von daher ist der Wunsch zum Erwerb von Reichtum sehr verständlich und durchaus nachvollziehbar. Es wird aber schon problematisch, wenn man sieht, mit welchen Mitteln dieser Reichtum erworben (mafia-ähnliches Verhalten) oder (in schwarzen Parteikassen) verheimlicht werden kann.
      Der unethische "Erfolg" anderer stiftet immer wieder zum Wiederholen dieser Verhaltensweisen an. Der Mensch ist in dieser Beziehung genauso "äffisch" wie seine Vorfahren und der Versuch, ihn davon zu überzeugen, daß diese Verhaltensweise falsch ist, ist genauso schwierig, wie der Versuch des "Sozialismus", einen neuen "altruistischen" Menschentypus zu erschaffen.
      Irgendwo bei der Entwicklung der ersten Hochkulturen muß da gleich etwas sehr daneben gegangen sein.
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 13:18:15
      Beitrag Nr. 27 ()
      Ich will keinen neuen Menschen schaffen, ich möchte nur den Homo economicos wieder daran erinnern, dass er sich nicht über das Leben setzen kann, auch nicht mit all dem Geld der Welt!
      Wir müssen natürliche Kreisläufe wieder erlernen, denn ansonsten droht nicht nur den USA das gleiche Schicksal wie Rom.

      Wie meinst du, kann man konkret wieder ethische Regeln einführen, die alle befolgen werden?

      Ohne die alten Mittel des Mißbrauchs von Macht...???
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 13:20:50
      Beitrag Nr. 28 ()
      Aber mir fällt da noch ganz nebenbei etwas zu den ersten Hochkulturen ein, das mich sehr überrascht hat:
      Es gibt ein neues archäologisches Grabungsfeld in Peru, auf dessen Gelände in den letzten drei Jahren die möglicherweise erste große Stadt Amerikas nachgewiesen werden konnte:
      "Caral", das schon existierte, als in Ägypten die Pyramiden erbaut wurden. Bis zu dessen Entdeckung waren viele "Früh-Historiker" der Ansicht, daß besonders der Krieg eine Art "Wettbewerb" hervorrief, der zur Entstehung von Hochkulturen beitrug. Caral hingegen scheint den Beweis zu liefern, daß "Arbeitsteilung" und nicht "Krieg" der Entstehungsgrund für eine Hochkultur ist.
      Da gibt es auch BBC-Seiten zu Caral, die vielleicht von Interesse für Dich sind, sittin bull:
      http://www.bbc.co.uk/science/horizon/2001/caral.shtml
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 13:22:29
      Beitrag Nr. 29 ()
      Die Eroberung Amerikas ist erfolgt.

      Was jetzt folgt ist die Fortsetzung.
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 13:35:35
      Beitrag Nr. 30 ()
      @ sittin bull inv (Posting # 27):
      Ich wäre sehr dafür, in allen Schulen ab ca. Klasse 5-6 ein Fach mit dem Thema "Ethik im Alltag" einzuführen, das behandeln sollte, wie man ganz normal mit seinen Mitmenschen umgehen sollte und ein gutes Leben führt, ohne die Mitmenschen in irgendeiner Weise durch Übervorteilung oder ähnliches zu schädigen.
      Es gibt ja auch soviele Bücher zum Thema "Wie werde ich schnell reich?" Die Welt braucht vielleicht mal viel eher einen "Bestseller" zum Thema "Wie lebe ich arm, aber anständig und mit vielen Freunden?"
      Mich hat vor einiger Zeit ein TV-Bericht über einen sehr alten, englischen Fußballer ziemlich nachdenklich gemacht, der erzählt hat, daß er sich erinnert, in den 20er und 30er Jahren noch mit seinen Schulfreunden barfuß auf der Straße in Liverpool Fußball gespielt zu haben. Alle waren Arbeiterkinder, arm, aber alle hatten viele Freunde und trafen sich gerne zum Spielen und hatten eine Menge Spaß miteinander. Bedürfnisse nach Luxus und teurer Sport-Kleidung bestanden einfach nicht. Heute hingegen sieht er kaum noch Kinder, die auf den Spielplätzen spielen; die sitzen eher zu Hause vor dem Computer und quengeln ihre Eltern an, ihnen doch endlich irgendetwas zu kaufen, das ihre Schulfreunde auch haben oder tragen und alle sehen unglücklicher und "genervter" aus als ihre Altersgenossen 70 Jahre früher, obwohl sie heute alle leichter leben und reicher sind. Es würden in modernen Gesellschaften immer mehr Bedürfnisse geweckt, die früher gar nicht bekannt waren und das Leben vielleicht leichter oder luxuriöser, aber nicht wirklich glücklicher machten.
      Dagegen sollte man vielleicht auch ein Sonderfach in den Schulen gründen, oder würde dann vielleicht unsre Wirtschaft völlig zusammenbrechen?
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 13:46:58
      Beitrag Nr. 31 ()
      Ähm, Moment mal!? Was mache ich hier eigentlich?
      Ich muß jetzt ja ganz dringend ein Exposé fertigstellen und an meine "großartig-egozentrische Karriere" auf der Gehaltsliste eines Außenministeriums denken!
      ;)
      Tschüß bis zum nächsten Mal,
      Auryn
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 13:47:31
      Beitrag Nr. 32 ()
      ja, sie würde zusammenbrechen, zu viele Dinge
      ( Bedürfnisse ) sind mittlerweile zu Geldprozessen geworden, eine natürliche Entwicklung in fortgeschrittenen Wachstumsgesellschaften.

      Hier Ethik anzusetzen, würde uns eine Menge kosten.
      Und es würde nicht freiwillig passieren, weil keiner Interesse dran hat, in Zukunft weniger zu verkaufen!

      Was du vom Fußballer schreibst kann ich nachvollziehen, sehe es ähnlich! Kennst du Roberz Kurz?
      Wenn ja, was hältst du von seinen Thesen?
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 13:49:40
      Beitrag Nr. 33 ()
      Nein, kenne ich leider noch nicht; aber ich muß jetzt auch wirklich hier weg. Ich sehe wieder rein, wenn ich wieder mal Zeit habe...
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 13:52:18
      Beitrag Nr. 34 ()
      OK, bye! :)
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 18:48:11
      Beitrag Nr. 35 ()
      #25: Ich meinte die Millionen Indianer aller Stämme Nordamerikas!

      Du glaubst gar nicht, was sich alles so in den letzten 10000 Jahren geändert hat.
      Die meisten Soziologen behaupten: nichts, was die Natur des Menschen angeht.
      Dazu sind wir von unseren Genen viel zu sehr bestimmt.

      Was sich aber geändert haben kann, sind erlernte Verhaltensweisen, die wir bewußt einsetzen...

      Wie auryn richtigerweise schreibt, die wir nachäffen.

      Und nachäffen tun wir das, was uns das System vorgibt, egal wie unvernünftig und unlogisch es klingt!
      Das bemerken wir im Regelfall ja gar nicht, weil es eine Betrachtungsweise voraussetzt, die über den Vorgaben hinaus Kenntnisse gar nicht hat!
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 18:56:59
      Beitrag Nr. 36 ()
      Wenn schon geschichtliche Vergleiche gezogen werden dann bitte nicht mit dem Römischen Reich sondern mit dem Spanischen Imperium das von Auslandkapital (damals in Form von Gold aus der neuen Welt) so anhängig war wie heute die USA von Kapitalzufluss der Restwelt.
      Als der Goldfluss abbrach, fiel Spanien. Die USA würden dasgleiche Schicksal erleiden würde der Kapitalzufluss abbrechen.
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 19:26:21
      Beitrag Nr. 37 ()
      Tribun Bush spricht andauernd vom Krieg.


      Stehe ich im Wald?


      :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 19.02.03 17:32:49
      Beitrag Nr. 38 ()
      @ sittin bull inv:
      Im "american english" gibt es ein Sprichwort, das ich so abwandeln würde: "Bush cannot see the forest beneath the bushes (trees)." ;)

      Mir ist da übrigens in den vergangenen Tagen eine hübsche Passage aus den Memoiren von Sir Peter Ustinov unter die Finger und in den Scanner gekommen, die einige seiner überaus irrwitzigen Erlebnisse während des "Drehs" von "Quo vadis?" (Ustinov => Nero -> Oscar!) beschreibt und auch eine schöne Anmerkung zu den Ähnlichkeiten zwischen Amerikanern und Römern beinhaltet, die ich mir "fett" hervorzuheben erlaube:

      Aus:
      Peter Ustinov: "Ach du meine Güte!" Unordentliche Memoiren, Heyne Verlag, München 1978, S. 233 ff.
      :

      14. Kapitel

      Als ich achtundzwanzig Jahre alt war, machte man mir einen aufregenden Vorschlag. Metro-Goldwyn-Mayer wollte eine neue Version von "Quo vadis" drehen, und ich war einer der Kandidaten für die Rolle des Nero. Arthur Hornblow sollte der Produzent sein; ich hatte bei John Huston vorzusprechen. Bei diesem Vorsprechen gab ich alles, was ich hatte, und zu meiner Überraschung bremste mich John Huston herzlich wenig, er flüsterte mir sogar von Zeit zu Zeit zu, noch verrückter zu spielen. Offensichtlich war die Probeaufnahme ein Erfolg. Aber dann kam Sand in das Getriebe des gewaltigen Unternehmens, und das Projekt wurde für ein Jahr zurückgestellt.

      Nach Ablauf des Jahres war Sam Zimbalist der Produzent, Regie führte Mervyn Leroy. Auch sie waren mit meinen Probeaufnahmen einverstanden, aber sie machten mich in einem Telegramm darauf aufmerksam, daß ich vielleicht ein bißchen zu jung für die Rolle sei. Ich telegrafierte zurück, unter Umständen könnte ich noch zu alt werden für die Rolle, falls sie die Produktion noch einmal verschöben. Schließlich sei Nero mit einunddreißig Jahren gestorben. Ein zweites Telegramm lautete: "Historische Abteilung bestätigt Ihre Angaben. Die Rolle gehört Ihnen!"
      ...
      Der Film entstand dann im wesentlichen tatsächlich in der "Cinecittà" Roms...
      ...
      Rom stand ganz im Bann des Heiligen Jahres und war so voll von Pilgern, daß die Stadt aus den Nähten platzte. Es war auch einer der heißesten Sommer. Ich lernte Mervyn Leroy erst wenige Stunden vor Beginn der Dreharbeiten kennen. Er ist ein freundlicher, herzlicher Mann, von Statur eher kleinwüchsig und schlank. Seine blauen Augen blicken mild, obwohl er von Berufs wegen gern laut zu brüllen pflegte, was aber schließlich das Recht jedes Armeekommandeurs ist. Denn ich kam nämlich bald darauf, daß die Produktion eines amerikanischen Filmepos einer größeren militärischen Operation auf ein Haar gleicht, nur daß sie im Frieden stattfindet und daß als Feind die Zeit fungiert.

      Ich sprach ungewohnt ernst mit ihm über meine Rolle und fragte ihn, ob er mir irgendwelche Erläuterungen geben könnte.

      "Nero? Ein Schwein", rief er.

      Ich gab ihm recht.

      "Wissen Sie, was er mit seiner Mutter gemacht hat?" rief er plötzlich, ganz der jüdische, besorgte Familienmensch, als ob man jetzt noch etwas dagegen tun könnte.

      Ich erklärte, es wissen zu wollen.

      "So ein Schwein", wiederholte Mervyn ärgerlich.

      Ich nickte. Soweit waren wir also einer Meinung. "Aber gibt es irgendeine spezielle Eigenheit dieses Menschen, die ich besonders herausarbeiten soll?" fragte ich. Zu meiner Überraschung begann Mervyn zu steppen.

      Ich klatschte höflich Beifall, und er strahlte vor Vergnügen.

      "Ich war einmal Steptänzer", erklärte er.

      Ich sagte wahrheitsgemäß, daß ich das nicht gewußt hätte.

      Dann entstand eine lange Pause, in der ich ängstlich überlegte, ob er vielleicht die schreckliche Idee hatte, mich als Nero steppen zu lassen.

      "Nero...", sagte Mervyn.

      Ich spitzte die Ohren.

      "So wie ich ihn mir vorstelle . . ."

      "Ja?"

      "Der Nero ist jemand, der in der Nacht onaniert."

      Damals hielt ich das für eine völlig absurde Behauptung, aber etwas später war ich schon nicht mehr ganz so sicher. Es war eine von diesen tiefsinnigen Bemerkungen aus der Erfahrung des täglichen Lebens und ließ schließlich in mir die Überzeugung reifen, daß kein Volk Filme über das antike Rom so gut machen kann wie die Amerikaner.

      Die Römer waren Pragmatiker, ein Volk, das seine Macht sicher, aber locker einsetzte und manchmal an der Geschmacksverwirrung der Neureichen litt. Auch die Römer schätzten die Vorzüge des Atriums und verwöhnten ihren Körper mit Dampf und den geschulten Händen des Masseurs nach den Ausschweifungen eines Vier-Stern-Abendessens. Sie liebten bequeme Kleidung, und die Intrigen in ihrem Senat standen den heutigen in Washington gewiß nicht nach. Ihr blindes Vertrauen in römisches Know-how bescherte ihnen einige böse Überraschungen, etwa so, wie es den Amerikanern in Vietnam erging. Auch die Römer schmückten die Wände ihrer Amtsgebäude mit Flaggen und Adlern und der "Roman Way of Life" wurde ungeheuer wichtig genommen und sogar dann noch eifrig praktiziert, als die späteren Kaiser schon von iberischer oder dalmatinischer Abstammung waren. Das spielte alles keine Rolle, nur das Gefühl der Familienzusammengehörigkeit und ein gewisser Modus vivendi waren wichtig, in welcher Form auch immer, stets jedoch unverkennbar römisch.

      Die unvermeidlichen Platitüden des Drehbuchs trugen ebenso sehr zur Echtheit des Films bei wie die seltenen, wirklich guten Einfälle. Ich war damals der Ansicht - und bin es noch heute -, .daß trotz aller kritischen Stimmen "Quo vadis" - mag man ihn nun für gut oder schlecht halten - auf jeden Fall ein außergewöhnlich authentischer Film war, und daß der Unsinn, den Nero manchmal zu sagen hatte, wahrscheinlich gar nicht so weit weg von dem Unsinn war, den Nero tatsächlich gesagt hat.

      Die Produktion nahm unvorhergesehene Ausmaße an: Ich wurde in die römische Oper geschickt, um für meine Arie, die ich angesichts des brennenden Roms zu singen hatte, drei Gesangsstunden zu nehmen - anscheinend in der Annahme, daß mich eine solche Gewaltkur in einen zweiten Mario Lanza verwandeln würde.

      Als ich eines Morgens in die Oper kam, herrschte dort eine hochbrisante Atmosphäre. Offensichtlich war "Samson und Delilah" am Abend vorher ausgepfiffen worden, und alles hielt mich nun für den neuen Samson aus Paris. Ich erklärte, daß ich erst nach meinen Gesangstunden entscheiden könne, ob ich die Rolle annehmen würde oder nicht. Nach dieser spöttischen Bemerkung wurde ich dem Professor vorgeführt.

      Bei meinem Erscheinen entließ er gerade eine aufgelöste Sopranistin, die sich soeben durch die Wahnsinnsarie aus "Lucia di Lammermoor" gekämpft hatte, und teilte mir ganz offen mit, wenn er sich bereit erklärt habe, mir in drei Stunden das Singen beizubringen, so sei dies nur aus finanziellen Gründen geschehen. Ich versicherte ihm, daß auch mir bei der Annahme der Rolle des Nero finanzielle Überlegungen nicht fremd gewesen seien. Wir brachten im Geist einen Toast auf Metro-Goldwyn-Mayer aus, und er gestand, daß die Aufgabe, die er sich gestellt habe, aussichtslos sei. In drei Jahren vielleicht. Aber in drei Stunden?

      Mit trostlosem Blick setzte er sich ans Klavier, das auf seine Art ebenso hoffnungslos verstimmt war wie die eben entschwundene Sopranistin. Manchmal klang es wie eine Gitarre, dann wieder wie ein Banjo, während manche vergilbte Taste überhaupt keinen Ton von sich gab. Gleich am Anfang stellte sich heraus, daß die Partitur des ungarischen Komponisten Miklos Rozsa für den Professor ein wenig zu schwierig war, da er nur an die voraussehbaren Tonfolgen eines Donizetti oder Verdi gewöhnt war. Er schimpfte über die vielen Halbtöne, aber dann begann er das Pensum eines Jahres in der ersten Gesangsstunde zu absolvieren.

      "Sie müssen immer, das sage ich auch zu Tito Gobbi, mit der Stirne atmen", erklärte er feierlich.

      Ich machte Stirnfalten und zuckte, als schlüge ein Puls in meiner Stirn. Der Professor war entzückt. Niemals, ,erklärte er, habe ein Schüler schneller verstanden.

      Zu Beginn der zweiten Stunde ließ er mich wiederholen, was ich mir von der ersten gemerkt hatte.

      "Atmen muß man mit der : . .?" fragte er.

      "Stirne", antwortete ich.

      "Bravo!" rief er. "Was für ein großartiges Gedächtnis!
      Unglaublich!"

      Nun folgte die zweite Stunde, die alles enthielt, was ich im zweiten Jahr lernen würde. "Und ich sage zu Gobbi, denken` Sie mit dein Zwerchfell", dozierte er.

      Ich versuchte, so auszusehen, als hätte ich Verdauungsschwierigkeiten, denn das allein schien mir das sichtbare Zeichen für ein denkendes Zwerchfell. Gleichzeitig setzte ich den fiktiven Puls in meinen Stirnfalten wieder in Bewegung.

      "Mein Gott, das ist unglaublich, wirklich fantastisch! Immer eine nach der anderen, das vielleicht schon, aber so schnell beide Techniken miteinander zu beherrschen! Unglaublich! Welches Talent!"

      Vor der dritten und letzten Stunde entschloß er sich zu wiederholen, was wir gelernt hatten.

      "Da capo", sagte er. ?Man soll atmen mit der . . . ?"

      "Stirne."

      "Bravo! Denken mit dem . . .?"

      "Zwerchfell."

      "Bravissimo!"

      Und nun kam die dritte und schwierigste Stunde.

      "Und dann sage ich zu Gobbi, singen Sie immer und unter allen Umständen mit dem Auge!"

      Ich verließ den Professor schließlich ebenso reich an musikalischem Wissen, wie er finanziell bereichert war, und wenn auch das Kinopublikum vielleicht später nicht ahnte, daß ich mit meinem Zwerchfell dachte oder mit meiner Stirn atmete, scheint es mir doch, daß jeder klar erkannt haben muß, daß ich mit dem Auge sang.
      Avatar
      schrieb am 19.02.03 18:44:43
      Beitrag Nr. 39 ()
      Hi auryn: Kann es sein, dass sich solch Entwicklung in allen Imperien ausbreitet? So etwas wie ein unbedingter Glaube an das Imperium, gefüttert durch das ständige Siegen des eigenen, gottgewollten, besseren Systemes, der einen sich anderen Dingen zuwenden läßt? ( Brot & Spiele, "Tittytainment" ) oder leigt es an der Freizeit?

      Vielmehr würde mich wirklich der Untergang des römischen Reiches Interessieren, for4zims Äußerungen haben mich neugierig gemacht, denn was wirklt unmiitelbarer als ein wirtschaftlicher Zwang? Weißt du mehr darüber?
      Ist ja dein Spezialgebiet! ;)
      Avatar
      schrieb am 19.02.03 19:07:24
      Beitrag Nr. 40 ()
      @ sittin bull inv (Posting # 39):
      Die genauen Gründe für den Untergang des Römischen Imperiums sind bei den Historikern nach wie vor umtritten. Es kam da sehr vieles zusammen und man kann verschiedenste Ursachen aufzählen:
      Es war vermutlich insgesamt so, daß im Laufe der Zeit die Gründe für den Zusammenhalt des Imperiums wegfielen. Rom war meiner Meinung nach nie so gefestigt wie in der Vor-Kaiser-Zeit, als es noch eine Adelsrepublik war, die den Grund für ihren machtpolitischen Aufstieg in der sittlich-puritanischen Überlegenheit ihrer auf der eigenen Kultur und Härte gegenüber sich und anderen begrünet sah.
      Als Rom dann eine bestimmte Größe erreicht hatte, duldete es keine anderen Mächte mehr neben sich und dehnte seine Macht immer weiter aus, da es sich allen anderen aufgrund seiner zivilisatorischen Leistungen als "verdienter Erbe göttlicher Zuwendung" sah.
      Der Niedergang Roms begann sogar schon nach Meinung der vorletzten römischen "Puritaner" (wie Cicero, Seneca etc.; Cicero beklagte sich als erster über den Verfall der römischen Sitten infolge "durchsichtiger Seidenkleidung" ;) )
      mit dem zunehmenden Einfluß fremder Kulturen und dem Streben nach persönlichem Wohlergehen an erster Stelle ohne irgendwelche Opfer für das Staatswesen bringen zu wollen (Soldaten waren spätestens so um 250 n.Chr. v.a. "ausländische Söldner"; loyal nur dem gegenüber, der sie bezahlen konnte). Am "mangelnden Kampfwillen" Roms muß zu der Zeit einiges dran gewesen sein, denn als die Völkerwanderung Rom im dritten und vierten Jahrhundert immer mehr zu schaffen machte, waren die römischen Kaiser fast nur noch Soldatenkaiser, die gar keine echten Römer mehr waren.
      Als dann beispielsweise die Vandalen Spanien eroberten, war ihnen die römische Stadtbevölkerung in Spanien zahlenmäßig mindestens 10: 1 überlegen, aber keiner wollte noch gegen die Vandalen kämpfen. Der letzte "römische Statthalter" Syragrius (o.s. ähnlich) regierte witzigerweise noch ein "Römisches Reich" in der Nähe von Paris und wurde erst nach 500 n. Chr. von den ersten Merowingern beseitigt.
      Es gab dann um 600 n. Chr. noch ein sagenhaftes Aufbäumen des Oströmischen Imperiums unter Kaiser Justinian, dem es mit Hilfe zweier genialer Feldherren innerhalb von 20 Jahren gelang, fast die ganzen Küstenstädte des Weströmischen Reiches für Ostrom zurückzuerobern, doch auch Ostrom war von der Dekadenz angekränkelt und niemand konnte dann noch so ein Riesenreich gegen die anstürmenden Krieger der Völkerwanderungen verteidigen, die ihrerseits durch die Hunnen und indogermanisch-asiatische Völker nach Westen gedrängt wurden.
      Also ich wäre vorsichtig, wenn ich aus der Geschichte Roms auf einen Niedergang der USA schließen wollte. Solange die USA keine Probleme hat, Soldaten aus aller Welt zu bekommen, die "ihre US-Werte" mit Waffengewalt zu verteidigen bereit sind, werden die USA noch lange keine Niedergangs-Probleme haben. Der "Untergang" kann Jahrhunderte dauern.
      Avatar
      schrieb am 20.02.03 18:29:48
      Beitrag Nr. 41 ()
      Nachtrag:
      Der dtv-Atlas zur Weltgeschichte beschreibt übrigens als weitere Gründe für den Niedergang Roms das Fehlen eines "Klientelstaatengürtels" um das Römische Imperium herum wie zu Beginn des Aufstiegs.
      Damals - also zu Beginn des Aufstiegs Roms - gab es eine Menge "Länder" wie Bithynien und Numidien, die die römische Oberhoheit anerkannten und die Überwachung ihrer Außenpolitik mit Roms "diplomatischen Mitteln" duldeten - somit also einen "Puffer der abhängigen Nationen" gegen äußere Feinde und "Barbaren" bildeten.
      Das spätere Ausgreifen Roms ins östliche Mittelmeer hatte zunächst auch nicht die Unterwerfung der hellenistischen Staaten zum Ziel, sondern die Schaffung eines dortigen Gleichgewichts mit Persien. Erst danach plante Rom, alles "selbst" zu übernehmen.
      Als Rom aber alles beherrschte, fehlten bei seiner größten Ausdehnung die "Puffer" der Randstaaten im Klientelverhältnis und Rom gab immer wieder Provinzen auf, um seine Grenzen militärisch leichter zu kontrollieren. Zeitgleich wurden durch Einfälle bewaffneter Völker Nah- und Fernhandel immer öfter unterbrochen, was zu einem Niedergang des Wohlstands in den römischen Städten und zur Flucht auf Ländereien führte, die den Lebensunterhalt armer Römer eher garantieren konnten. Damit einher ging eine zunehmende Dezentralisierung der Macht und eine zunehmende Korruption des Militärs in Rom bis schließlich niemand mehr sich wirklich für die Verteidigung des Imperiums zuständig fühlte.
      Den Untergang beschleunigte letztendlich auch der Gegensatz zwischen römischem Staat und christlicher Kirche (Gegensatz zwischen jenseitsbezogenem "Reich Gottes" und dem diesseitsbezogenem "Reich dieser Welt" ).
      Avatar
      schrieb am 20.02.03 18:32:03
      Beitrag Nr. 42 ()
      Nachdem ich das so alles gelesen habe, kommt mir der Verdacht, die Planer im "US - State Department" haben vielleicht sogar zuviel "Römische Geschichte" studiert...
      Avatar
      schrieb am 20.02.03 18:38:57
      Beitrag Nr. 43 ()
      Außerdem las ich gerade noch die interessante Parallele zu US-Bestrebungen, daß Ost-Rom fast 500 Jahre lang seine Macht festigen konnte, indem es intensiv militärische Planspiele betrieb und militärtechnologisch seinen Gegnern immer überlegen zu bleiben versuchte, u.a. durch das "griechische Feuer (der Götter)", eine Art Napalm der Antike; angeblich hergestellt aus "ungelöschtem Kalk" und einer Geheimrezeptur, die mit Ost-Rom/ Byzanz zusammen aus der Geschichte verschwand. Das Zeug brannte angeblich auch unter Wasser und wurde vorzugsweise mit Wurfkatapulten gegen angreifende Flottenverbände von Persern und später Osmanen eingesetzt.
      Avatar
      schrieb am 20.02.03 18:52:57
      Beitrag Nr. 44 ()
      ich selber finde es immer wieder lustig wie hier einige auf den untergang der usa warten.:confused:
      dabei hat die dominanz der usa gerade erst angefangen.
      aber vielleicht planen hier einige ein langes leben ,
      so 500-1000 jahre:laugh:

      und das beste ,
      wenn die usa "weg vom fenster sind"werden sofort neue nationen nachkommen und in die gleiche rolle verfallen.
      Avatar
      schrieb am 20.02.03 19:02:30
      Beitrag Nr. 45 ()
      @ Schockwellenreiter (# 44):
      Also wenn wir eine "Pax Americana" von 1000jähriger Dauer mit garantiertem Wohlstand für alle europäischen "freibürgerlichen Kolonen" bekämen, sollte es mir Recht sein, aber wir Deutsche haben mit 1000jährigen Reichen ja so unsere Erfahrungen.
      Nebenbei bemerkt glaube ich tatsächlich, daß die außenpolitischen Planungsstäbe in den USA sehr viel langfristiger denken, als die Europäer sich das vorstellen. Ich glaube, Scholl-Latour hat neulich auch gesagt, daß Erdöl in den USA als machtpolitisches Instrument zur Sicherung der Zukunft betrachtet wird, während es in Europa nur als "Schmiermittel" der Wirtschaft gesehen wird.
      Avatar
      schrieb am 20.02.03 19:25:39
      Beitrag Nr. 46 ()
      jepp, militärisches gerät kann wohl schlecht mit windkraft
      betrieben werden. wer also seine vormachtstellung behalten
      will, der muss das öl kontrollieren.

      mfg,
      Cole_T

      ps: wie und warum rom unterging, kann man auch sehr schön
      bei machiavelli in seinen `discorsi` nachvollziehen.
      Avatar
      schrieb am 20.02.03 20:26:07
      Beitrag Nr. 47 ()
      @ Schockwellenreiter:

      Wie kommst du darauf, dass ich auf einen Untergang der USA warte, nur weil ich das mit dem römischen Imperium vergleiche?

      Erstmal muß man hinreichend vergleichen, in welchen Maßen die USA überhaupt zu imperialen Dingen tendiert- immerhin ist sie eine marktwirtschaftliche Demokratie


      @ auryn: Ich habe auch eher den Verdacht, einige Leute in der Regierung haben sich mit römischer Geschichte zu sehr befaßt...




      Spricht eigentlich für sich, ich habe es noch nicht gelesen, werde es aber nachholen!
      Avatar
      schrieb am 20.02.03 20:34:58
      Beitrag Nr. 48 ()
      Danke nochmal für 40, 41.

      Kommt mir bekannt vor mit den Vasallenstaaten, wenn ich so an Westeuropa im Kalten Krieg und die dazugehörige US- Militärstrategie denke.


      Ein Ausfall der Transportwege hätte heute mindestens wieder genau die gleichen Folgen!
      Avatar
      schrieb am 21.02.03 00:05:31
      Beitrag Nr. 49 ()
      Rezension von amzazon.de zum Buch aus #40

      Die einzige Weltmacht?, 24. Juli 2002
      Rezensentin/Rezensent: ua4mb aus Österreich
      Nun ja. Der Titel beschreibt wohl die Ansicht vieler US-Amerikaner. Der Autor bringt einem die amerikanische Weltanschauung, mit der man als Europäer zwangsläufig nur schwer konform gehen kann, gekonnt näher. Nach dieser Sichtweise besteht die Welt aus den Vereinigten Staaten und ein paar anderen unflexiblen, unterentwickelten "Vasallenstaaten" (es wird tatsächlich mehrmals dieses Wort verwendet). Sozialsysteme werden als sinnlos abgetan, Außenpolitik existiert nur, wenn die Amerikaner mitmischen u. dgl.
      Sehr interessant ist auch die Erklärung, warum die USA die einzige Weltmacht war, ist und immer bleiben wird. Das römische Imperium, das Weltreich der Mongolen und das kaiserliche China werden als lokale Mächte präsentiert.



      Und was ist das?

      Gibt da etwas doch Vergleiche- das Wort Imperium fällt mir zu oft! ;)

      Avatar
      schrieb am 21.02.03 16:58:50
      Beitrag Nr. 50 ()
      Rom kann man nicht mit den USA vergleichen, die Römer haben
      Kultur hinterlassen, die USA Tote und Krüppel
      Avatar
      schrieb am 22.02.03 13:31:21
      Beitrag Nr. 51 ()
      Die vorhergehende Ansicht aus Posting # 50 kann ich so leider schon wegen meiner Herkunft aus Osteuropa nicht unwidersprochen stehen lassen. Es folgen einige lange Rückblenden:
      Nun bin ich zwar einerseits der Ansicht, daß eine einzige Supermacht wie die aktuelle USA mit ihrem "gläubigen Unilateralismus" nicht gut sein kann für die moderne Welt von heute, andererseits kann ich aufgrund der Geschichte des alten Römischen Imperiums und der modernen Geschichte des 20. Jahrhunderts recht gut nachvollziehen, wie es dazu kommen konnte und warum diese Entwicklung erstmal gar nicht unbedingt so schlecht sein muß.
      Der größte Gegner Roms in der Antike war das Reich von Karthago in den zwei Punischen Kriegen (264-241 v.Chr./ 218-201 v.Chr.) und nach unseren heutigen Maßstäben war Karthago gegenüber Rom nicht nur militärisch, sondern auch moralisch eindeutig unterlegen.
      Karthago war ein reiner "Händlerstaat", der seine Soldaten für den jeweiligen Handelskrieg auch unter Piraten anwarb und einer Religion anhing, deren höchste Gottheiten in Notzeiten am ehesten durch die nachgewiesene Opferung von Hunderten von Säuglingen und Kindern der eigenen Staatsbürger besänftigt werden konnten. (Die Römer griffen zwar in großen Notzeiten auch auf die Opferung von Menschen zurück, doch dies waren immer Erwachsene und die Opferung von Massen an Säuglingen war ihnen völlig unbegreiflich.)
      Rom konnte nach der Niederlage Karthagos mühelos viele Verbündete gewinnen, die vorher von Karthago viel rücksichtsloser underdrückt worden waren, als dies Rom bis dahin jemals getan hatte. Im übrigen heißt es in vielen Geschichtwerken, daß die Niederlage Karthagos die überlegene Opferbereitschaft vieler freier römischer Bürger beweist, die sich in ihrem Kampfeswillen den angeworbenen Söldnern Karthagos auf Dauer als überlegen bewiesen.

      Im aktuellen Falle der USA zweieinhalb Jahrtausende später scheint es ähnlich zu sein: Es wird sehr gerne auf ihre "historischen Verbrechen" zurückgegriffen, aber die ihrer historischen Gegner werden dabei mit schöner Regelmäßigkeit unter den Teppich gekehrt:
      So ganz nebenbei könnte man sich nämlich gelegentlich mal Gedanken darüber machen, warum eigentlich alle Regierungen der osteuropäischen Staaten und ein viel größerer Teil der Bevölkerungen als in Westeuropa so beharrlich auf US-Unterstützungskurs liegen - unter Einschluß der Ukraine mit Ausschluß von Griechenland, Serbien, Weißrußland und natürlich Rußland. (Man könnte sich gelegentlich auch fragen, wieso in Nordkorea in den letzten 8 Jahren leise, still und heimlich nach Vermutungen der UNO bis zu 3 Millionen -in Worten: DREI MILLIONEN !- Menschen verhungert sind, die USA in den letzten 3 Jahren die Hälfte der UN-Lebensmittelhilfen für Nordkorea bezahlt haben und dennoch die nordkoreanische Regierung regelmäßig mit einem Atomkrieg droht.)
      Und da wäre es doch vielleicht von Interesse, sich mal eine kleine Rückblende auf die Geschichte des 20. Jahrhunderts zu Gemüte zu führen:


      Eine vergleichende Betrachtung zu den Verbrechen des "Amerikanismus" -
      die etwas anderen Verbrechen aus ehrbaren Motiven heraus
      oder: Historische Menschheits-Kriminalität im Gewande der Tugend von Gleichheit, Freiheit und Wissenschaftlichkeit: Die Verbrechen des "wissenschaftlich begründeten" und "real existierenden Kommunismus"

      »Die Geschichte ist die Wissenschaft vom Unglück des Menschen.«
      Diesen Satz Raymond Queneaus scheint unser von Gewalttätigkeit bestimmtes Jahrhundert eindrucksvoll zu bestätigen. Gewiß, auch in früheren Jahrhunderten gab es kaum ein Volk, kaum einen Staat, in dem es nicht zu Gewaltausbrüchen gegen bestimmte Gruppen gekommen wäre. Alle großen europäischen Mächte waren in den Sklavenhandel verwickelt. Frankreich hat einen Kolonialismus praktiziert, der zwar auch Positives leistete, aber bis zu seinem Ende von vielen widerwärtigen Episoden gekennzeichnet war. Die Vereinigten Staaten durchdringt nach wie vor eine Kultur der Gewaltausübung, die in zwei großen Verbrechen wurzelt: der Versklavung der Schwarzen und der Ausrottung der Indianer.

      Aber man kann es nicht anders sagen: Was Gewalttätigkeit angeht, scheint dieses 20. Jahrhundert seine Vorgänger übertroffen zu haben. Blickt man darauf zurück, drängt sich ein niederschmetterndes Resümee auf: Dies war das Jahrhundert der großen Menschheitskatastrophen - zwei Weltkriege und der Nationalsozialismus, einmal abgesehen von begrenzteren Tragödien in Armenien, Biafra, Ruanda und anderswo. Das Osmanische Reich hat sich zum Genozid an den Armeniern hinreißen lassen und Deutschland zu dem an Juden, Roma und Sinti. Das Italien Mussolinis massakrierte die Äthiopier. Den Tschechen fällt es schwer zuzugeben, daß ihr Verhalten gegenüber den Sudetendeutschen in den Jahren 1945/46 nicht über jeden Verdacht erhaben war. Und selbst die kleine Schweiz wird heute von ihrer Vergangenheit als Raubgoldverwalter eingeholt, auch wenn sich die Abscheulichkeit dieses Verhaltens nicht mit der des Völkermords vergleichen läßt.

      In diese Epoche der Tragödien gehört der Kommunismus, ja, er ist eines ihrer stärksten und bedeutendsten Momente. Als wesentliches Phänomen dieses kurzen 20. Jahrhunderts, das 1914 beginnt und 1991 in Moskau endet, steht er im Zentrum des Geschehens. Der Kommunismus bestand vor dem Faschismus und vor dem Nationalsozialismus, er hat sie überlebt und sich auf den vier großen Kontinenten manifestiert.

      Was genau verstehen wir eigentlich unter »Kommunismus«? Schon an dieser Stelle muß man zwischen Theorie und Praxis unterscheiden. Als politische Philosophie existiert der Kommunismus seit Jahrhunderten, um nicht zu sagen Jahrtausenden. War es nicht Platon, der in seinem »Staat« die Idee eines idealen Gemeinwesens begründete, in dem die Menschen
      nicht von Geld und Macht korrumpiert werden, in dem Weisheit, Vernunft und Gerechtigkeit herrschen? Und ein so bedeutender Denker und Staatsmann wie Thomas Morus, um 1530 Lordkanzler in England, der die berühmte Schrift »Utopia« verfaßte und auf Befehl Heinrichs VIII. enthauptet wurde - war er nicht ein weiterer Wegbereiter dieser Vorstellung vom idealen Gemeinwesen? Die Utopie scheint absolut legitim als Maßstab der Gesellschaftskritik. Sie gehört zur Diskussion der Ideen, dem Sauerstoff unserer Demokratien. Doch der Kommunismus, von dem hier zu reden ist, befindet sich nicht in der überirdischen Sphäre der Ideen. Es ist ein sehr realer Kommunismus, der in einer bestimmten Zeit in bestimmten Ländern bestand und von gefeierten Führern verkörpert wurde - Lenin, Stalin, Mao, Ho Chi Minh, Castro usw., sowie, der europäisch-französischen Geschichte näher, Maurice Thorez, Jacques Duclos, Georges Marchais.

      Wie groß auch immer der Einfluß der kommunistischen Lehre vor 1917 auf die Praxis des realen Kommunismus gewesen sein mag - wir kommen darauf zurück - es war dieser real existierende Kommunismus, der eine systematische Unterdrückung einführte bis hin zum Terror als Regierungsform. Ist die Ideologie deshalb unschuldig? Nostalgiker oder Spitzfindige werden immer behaupten können, daß der reale nichts mit dem idealen Kommunismus zu tun hatte. Und natürlich wäre es absurd, Theorien, die vor Christi Geburt, in der Renaissance oder selbst noch im 19. Jahrhundert aufgestellt wurden, für Ereignisse verantwortlich zu machen, die im 20. Jahrhundert geschehen sind. Dennoch erkennt man, wie Ignazio Silone schreibt, in Wirklichkeit die Revolutionen wie die Bäume an ihren Früchten. Und nicht von ungefähr beschlossen die als »Bolschewiken« bekannten russischen Sozialdemokraten im November 1917, sich »Kommunisten« zu nennen. Auch war es kein Zufall, daß sie an der Kremlmauer ein Denkmal für die errichteten, die sie für ihre Vorläufer hielten: Morus und Campanella.

      Über einzelne Verbrechen, punktuelle, situationsbedingte Massaker hinaus machten die kommunistischen Diktaturen zur Festigung ihrer Herrschaft das Massenverbrechen regelrecht zum Regierungssystern. Zwar ließ der Terror nach einer bestimmten Zeit - von einigen Jahren in Osteuropa bis zu mehreren Jahrzehnten in der Sowjetunion oder in China - allmählich nach, und die Regierungen stabilisierten sich in der Verwaltung der alltäglichen Unterdrückung mittels Zensur aller Kommunikationsmedien, Grenzkontrollen und Ausweisung von Dissidenten. Doch garantierte die Erinnerung an den Terror weiterhin die Glaubwürdigkeit und damit die Effektivität der Repressionsdrohung. Keine Spielart des Kommunismus, die einmal im Westen populär war, ist dieser Gesetzmäßigkeit entgangen - weder das China des »Großen Vorsitzenden« noch das Korea Kim Il-Sungs, nicht einmal das Vietnam des freundlichen »Onkels Ho« oder das Kuba des charismatischen Fidel, dem der unbeirrbare Che Guevara zur Seite stand, nicht zu vergessen das Äthiopien Mengistus, das Angola Netos und das Afghanistan Najibullahs.
      Aber eine legitime und normale Bewertung der Verbrechen des Kommunismus fand nicht statt, weder aus historischer noch aus moralischer Sicht. Wahrscheinlich ist das vorliegende Buch einer der ersten Versuche, sich mit dem Kommunismus unter dem Gesichtspunkt der verbrecherischen Dimension als einer zugleich zentralen und globalen Fragestellung zu beschäftigen. Man wird diesem Ansatz entgegenhalten, daß die meisten Verbrechen einer »Legalität« entsprachen, die wiederum von Institutionen ausgeübt wurde, die zu etablierten, international anerkannten Regierungen gehörten, deren Chefs von unseren eigenen politischen Führern mit großem Pomp empfangen wurden. Doch verhielt es sich mit dem Nationalsozialismus nicht genauso? Die hier dargestellten Verbrechen werden nicht nach der Gesetzgebung kommunistischer Diktaturen definiert, sondern nach den nicht schriftlich niedergelegten, natürlichen Rechten des Menschen.

      Die Geschichte der kommunistischen Regime und Parteien, ihrer Politik, ihrer Beziehungen zur Gesellschaft in den jeweiligen Ländern und zur Völkergemeinschaft erschöpft sich nicht in dieser Dimension des Verbrechens, auch nicht in einer Dimension des Terrors und der Unterdrückung. In der Sowjetunion und den »Volksdemokratien« schwächte sich der Terror nach Stalins, in China nach Maos Tod ab, die Gesellschaft gewann wieder Farbe, die »friedliche Koexistenz« wurde - selbst als »Fortsetzung des Klassenkampfs in anderer Form« - zu einer Konstante der internationalen Beziehungen. Dennoch belegen die Archive und unzählige Zeugenaussagen, daß der Terror von Anfang an ein Grundzug des modernen Kommunismus war. Verabschieden wir uns von der Vorstellung, diese oder jene Geiselerschießung, dieses Massaker an aufständischen Arbeitern oder jene Hungersnot, der man zahllose Bauern zum Opfer fallen ließ, sei lediglich dem zufälligen Zusammentreffen unglückseliger Umstände zuzurechnen, die sich nur in eben diesem Land oder zu jener Zeit ergeben konnten. Unser Ansatz geht über spezifische Themenkomplexe hinaus und untersucht die verbrecherische Dimension als eine, die für das gesamte kommunistische System charakteristisch war, solange es existierte.

      Von welchen Verbrechen sprechen wir also? Der Kommunismus hat unzählige begangen: vor allem Verbrechen wider den Geist, aber auch Verbrechen gegen die universale Kultur und die nationalen Kulturen. Stalin ließ in Moskau an die zehn Kirchen niederreißen. Ceaucescu zerstörte den historischen Stadtkern Bukarests, um Gebäude megalomanischen Ausmaßes zu errichten. Auf Geheiß Pol Pots wurden die Kathedrale von Phnom Penh Stein für Stein abgetragen und die Tempel von Angkor dem Dschungel überlassen. Während der maoistischen Kulturrevolution zerschlugen oder verbrannten die Roten Garden Kunstwerke von unschätzbarem Wert. Doch wie schwer diese Zerstörungen auf lange Sicht für die einzelnen Nationen und die ganze Menschheit auch wiegen, was sind sie gegen den Massenmord an Männern, Frauen, Kindern?

      Deshalb geht es hier nur um die Verbrechen gegen Personen, den Keim des terroristischen Phänomens. Sie haben eine gemeinsame Nomenklatur, auch wenn, je nach Regime, die eine oder andere Praxis stärker ausgeprägt ist: Hinrichtung mit verschiedenen Mitteln (Erschießen, Erhängen, Ertränken, Prügeln; in bestimmten Fällen Kampfgas, Gift, Verkehrsunfall), Vernichtung durch Hunger (Hungersnöte, die absichtlich hervorgerufen und/ oder nicht gelindert wurden), Deportation (wobei der Tod auf Fußmärschen oder im Viehwaggon eintreten konnte oder auch am Wohnort und/oder bei Zwangsarbeit durch Erschöpfung, Krankheit, Hunger, Kälte). Die Zeiten sogenannten Bürgerkriegs sind komplizierter zu beurteilen: Hier ist nicht leicht zu unterscheiden, was zum Kampf zwischen Staatsmacht und Rebellen gehört und was ein Massaker an der Zivilbevölkerung ist.

      Dennoch können wir eine erste Bilanz ziehen, deren Zahlen zwar nur eine Annäherung und noch zu präzisieren sind, die aber, gestützt auf persönliche Schätzungen, die Größenordnung aufzeigen und klarmachen, wie wichtig dieses Thema ist:

      Als eine grobe chronologische und weltweite Bilanz dieser Verbrechen kann folgende Aufstellung gelten:

      - Erschießung Zehntausender von Geiseln oder von ohne Urteil Eingekerkerten / Massaker an Hunderttausenden revoltierender Arbeiter und Bauern zwischen 1918 und 1922 (ca. 100.000 Tote)
      - Hungersnot von 1922, die den Tod von fünf Millionen Menschen verursachte
      - Liquidierung und Deportation der Donkosaken 1920 (ca. 1 Million Tote)
      - Ermordung Zehntausender in den neuen sowjetischen Konzentrationslagern zwischen 1918 und 1930
      - Liquidierung von annähernd 690.000 Menschen während der Großen Säuberung von 1937/38
      - Deportation von zwei Millionen Kulaken (bzw. Menschen, die als solche bezeichnet wurden) 1930 bis 1932
      - Vernichtung von sechs Millionen Ukrainern durch die absichtlich hervorgerufene und nicht gelinderte Hungersnot von 1932/33
      - Deportation Hunderttausender Polen, Ukrainer, Balten, Moldauer, Bessarabier 1939 bis 1941 und nochmals 1944/45 - Deportation der Wolgadeutschen 1941
      - Ermordung von 4400 polnischen Offizieren bei Katyn 1940 sowie die Ermordung weiterer ca. 10.000 polnischer Soldaten zur selben Zeit an anderen Orten
      - Verbannung der Krimtataren 1943
      - Verbannung der Tschetschenen 1944 - Verbannung der Inguschen 1944
      - Deportation/Liquidierung der städtischen Bevölkerung Kambodschas mit ca. 3 Millionen Toten
      - zwischen 1975 und 1978 - allmähliche Dezimierung der Tibeter und Vernichtung tibetischer Kulturgüter durch die Chinesen seit 1950 usw.
      - Bürgerkriege und Hungersnöte in China seit 1925 mit bis zu 60 Millionen Toten
      - Niederschlagung von Volkaufständen in Osteuropa durch die Sowjetunion: DDR 1953, Ungarn 1956 (3.000 tote Ungarn, 15.000 Verletzte, 200.000 Flüchtlinge in den Westen), weitere Aufstände in Polen 1956, 1970 und 1981, die jedes Mal mit Gewalt niedergeschlagen werden und in Rumänien, wo u.a. in Timisoara, Bukarest und Brasov ca. 1100 Menschen ums Leben kommen und weitere 10.000 verletzt werden. In Bukarest und Timisoara wird aus Hubschraubern mit Maschinengewehren auf die Demonstranten geschossen.
      - Nur geschätzt werden kann die Zahl der vielleicht Millionen Flüchtlinge, die bei der Flucht aus kommunistischen Staaten über das Meer ums Leben kommen, z.B. aus China nach Taiwan; aus Nord-Korea nach Süd-Korea, aus Vietnam und Kambodscha ("Boat People" ) nach Thailand oder zu den Philippinen, aus Kuba nach Florida usw., usf.
      Die Zahl der Verbrechen des Leninismus, Stalinismus und sonstiger kommunistischer Systeme ist schier unendlich. Häufig werden Anfangs-Verbrechen von den Diktaturen Mao Tse-Tungs, Kim Il-Sungs, Pol Pots und ähnlichen Kreaturen wie Mengistu Haile Mariam in Äthiopien in fast der gleichen Art fortgesetzt.
      Hinter diesem groben Raster verbergen sich große Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern. Relativ gesehen, gebührt der erste Platz zweifellos Kambodscha, wo es Pol Pot gelang, in dreieinhalb Jahren rund ein Viertel der Bevölkerung auf grausamste Weise umzubringen, mit allgemeinem Hunger und Folter. Beim Maoismus hingegen macht die immense Masse von Toten schaudern. Was das leninistische und stalinistische Rußland betrifft, so gefriert einem das Blut in den Adern, betrachtet man den einerseits experimentellen, andererseits jedoch absolut durchdachten, logischen und politischen Charakter der Maßnahmen.

      Dieser rein zahlenmäßige Ansatz beantwortet unsere Frage nicht erschöpfend. Um ihn zu vertiefen, muß man den »qualitativen« Aspekt betrachten, ausgehend von einer Definition des Verbrechens, die sich auf »objektive« juristische Kriterien stützt. Die Frage des von einem Staat begangenen Verbrechens wurde unter juristischen Gesichtspunkten erstmals 1945 vom Intemationalen Militärgerichtshof der Alliierten in Nürnberg behandelt, der


      Der Begriff des Verbrechens gegen die Menschlichkeit ist komplex und umfaßt Verbrechen, die ausdrücklich genannt werden. Eines der spezifischsten ist der Völkermord.
      Nach dem von den Nationalsozialisten verübten Genozid an den Juden und zur Präzisierung des Artikels 6 c) des Statuts des Internationalen Militärgerichtshofs von Nürnberg wurde der Begriff des Völkermords in einer Konvention der Vereinten Nationen vom 9. Dezember 1948 festgelegt: "Völkermord bedeutet eine der folgenden Handlungen, die in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören: a) Tötung von Mitgliedern der Gruppe; b) Verursachung von schwerem körperlichem oder seelischem Schaden an Mitgliedern der Gruppe, c) vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen; d) Verhängung von Maßnahmen, die auf die Geburtenverhinderung innerhalb der Gruppe gerichtet sind; e) gewaltsame Überführung von Kindern der Gruppe in eine andere Gruppe." Das neue französische Strafgesetzbuch faßt die Genozid-Definition noch weiter: "... in Ausführung eines abgestimmten Plans, der auf die völlige oder teilweise Vernichtung einer nationalen, ethnischen, rassischen oder religiösen Gruppe oder einer nach irgendeinem anderen willkürlichen Kriterium festgelegten Gruppe zielt<<. Diese juristische Definition widerspricht nicht dem eher philosophischen Ansatz André Frossards, für den ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorliegt, "wenn man jemanden unter dem Vorwand tötet, daß er geboren ist"`. Und in seiner großartigen Erzählung "Alles fließt ... " sagt Wassilij Grossman von dem aus den Lagern zurückgekehrten lwan Grigorjewitsch: "Er blieb nur immer der, der er von Geburt an war - ein Mensch."` Genau deshalb war er Opfer des Terrors geworden. Aufgrund der französischen Definition kann man sagen, daß der Genozid nicht immer von derselben Art ist - rassisch, wie im Fall der Juden - sondern daß er auch gesellschaftliche Gruppen betreffen kann. In einem 1924 in Berlin veröffentlichten Buch zitierte der russische Historiker und Sozialist Sergej Melgunow einen der ersten Chefs der Tscheka (der sowjetischen politischen Polizei), Lazis, der seinen Untergebenen am 1. November 1918 folgende Anweisung gab: "Wir führen nicht Krieg gegen bestimmte Personen. Wir löschen die Bourgeoisie als Klasse aus. Suchen Sie bei den Ermittlungen nicht nach Dokumenten oder Beweisen für das, was der Angeklagte in Worten oder Taten gegen die Sowjetmacht getan hat. Die erste Frage, die Sie ihm stellen müssen, lautet, welcher Klasse er angehört, was, seine Herkunft, sein Bildungsstand, seine Schulbildung, sein Beruf ist Von vornherein verstanden sich Lenin und seine Genossen als Führer eines gnadenlosen Klassenkampfs, in dem der politische oder ideologische Gegner, ja sogar widerspenstige Bevölkerungsteile als auszumerzende Feinde betrachtet und auch so behandelt wurden. Die Bolschewiken beschlossen, jegliche - auch passive - Opposition gegen ihre Vormachtstellung rechtlich, aber auch physisch zu eliminieren. Das richtete sich nicht nur gegen Gruppen politischer Oppositioneller, sondern auch gegen ganze gesellschaftliche Gruppierungen (Adel, Bürgertum, Intelligenz, Kirche usw.) sowie gegen Berufsstände (Offiziere, Polizisten usw.) und nahm zum Teil Züge eines Genozids an. Von 1920 an entspricht die Entkosakisierung im wesentlichen der Definition des Genozids: Die Gesamtheit einer auf streng umrissenem Raum angesiedelten Bevölkerung, die Kosaken, wurde als solche ausgelöscht. Die Männer wurden erschossen, Frauen, Kinder und Alte deportiert, die Dörfer dem Erdboden gleichgemacht oder neuen, nichtkosakischen Bewohnern übergeben. Lenin verglich die Kosaken mit den Bewohnem der Vendée während der Französischen Revolution und wollte ihnen die Behandlung zukommen lassen, die Gracchus Babeuf, der "Erfinder" des modernen Kommunismus, 1795 als "populicide" bezeichnet hatte.

      Die Entkulakisierung von 1930 bis 1932 war nichts als eine Wiederholung der Entkosakisierung in großem Stil, wobei die Operation von Stalin selbst gefordert wurde, unter der offiziellen, von der Regierungspropaganda verbreiteten Losung: "Die Kulaken als Klasse auslöschen." Kulaken, die sich der Kollektivierung widersetzten, wurden erschossen, andere zusammen mit Frauen, Kindern und Alten deportiert. Sicher sind nicht alle regelrecht ausgelöscht worden, aber die Zwangsarbeit in Sibirien und dem hohen Norden ließ ihnen kaum eine Überlebenschance. Hunderttausende kamen dort um, doch bleibt die genaue Zahl der Opfer unbekannt. Die große Hungersnot von 1932/33 in der Ukraine, die mit dem Widerstand der Landbevölkerung gegen die Zwangskollektivierung zusammenhing, forderte binnen weniger Monate sechs Millionen Todesopfer.

      Hier sind sich "Rassen-Genozid" und "Klassen-Genozid" sehr ähnlich: Der Tod eines ukrainischen Kulakenkindes, das das stalinistische Regime gezielt der Hungersnot auslieferte, wiegt genauso schwer wie der Tod eines jüdischen Kindes im Warschauer Ghetto, das dem vom NS-Regime herbeigeführten Hunger zum Opfer fiel. Dieser Vergleich stellt die Einzigartigkeit von Auschwitz nicht in Frage - die Aufbietung modernster technischer Ressourcen, das Ingangsetzen eines regelrechten industriellen Prozesses, die Vernichtungsmaschinerie der Vergasung und Leichenverbrennung. Die Feststellung unterstreicht aber eine Besonderheit vieler kommunistischer Diktaturen: den systematischen Einsatz des Hungers als Waffe. Das Regime kontrolliert in der Regel alle verfügbaren Nahrungsmittelvorräte, teilt sie aber, manchmal nach einem ausgeklügelten Rationierungssystem, nur nach "Verdienst" beziehungsweise "Verschulden" der jeweiligen Menschen aus. Dieses Verfahren kann so weit gehen, daß gigantische Hungersnöte entstehen. Es ist daran zu erinnern, daß es in der Zeit nach 1918 ausschließlich kommunistische Länder waren, in denen Hungersnöte auftraten, mehr als 100.000, ja sogar Millionen Todesopfer forderten. Noch im Jahrzehnt 1980 bis 1990 haben zwei afrikanische Länder, die sich offiziell "marxistisch-leninistisch" nannten - Äthiopien und Mocambique -, solche verheerenden Hungersnöte durchgemacht.
      In Nordkorea ging nach offiziellen nordkoreanischen Angaben zum Erhalt für UNO-Lebensmittelhilfe die Bevölkerung zwischen 1995 und 2003 um bis zu 6 Prozent zurück. Mit anderen Worten: Es sind in Nordkorea möglicherweise 3 Millionen Menschen in aller Stille verhungert.

      Ein erkenntnistheoretisches Problem bleibt bestehen: Darf ein Historiker in seiner Darstellung und Interpretation von Fakten die Begriffe "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" und "Genozid" gebrauchen, die, wie erläutert, aus dem juristischen Bereich stammen? Ist das Verständnis dieser Begriffe nicht allzu zeitgebunden - im Zusammenhang mit der Ächtung des Nationalsozialismus in Nürnberg -, als daß man sie in historischen Überlegungen für eine mittelfristige Analyse benutzen könnte? Sind außerdem diese Begriffe nicht überfrachtet mit Wertungen, die die Objektivität der historischen Analyse beeinträchtigen könnten?

      Zur ersten Frage: Die Geschichte dieses Jahrhunderts hat gezeigt, daß sich die Praxis der Massenvernichtung durch Staaten oder Staatsparteien nicht auf den Nationalsozialismus beschränkte. Was in Bosnien und Ruanda geschah, beweist, daß diese Praktiken fortgesetzt werden. Sie sind wahrscheinlich eines der wichtigsten Kennzeichen dieses Jahrhunderts.

      Zur zweiten Frage: Es geht nicht darum, in ein Geschichtsverständnis des 19. Jahrhunderts zurückzufallen, dem zufolge der Historiker eher zu "urteilen" denn zu "verstehen" suchte. Dennoch: Kann ein Historiker angesichts der ungeheuren Tragödien, die von bestimmten ideologischen und politischen Konzeptionen ausgelöst wurden, von jeglicher Bezugnahme auf den Humanismus absehen, der doch eng mit unserer jüdisch-christlichen Zivilisation und demokratischen Kultur verbunden ist -etwa dem Bezug auf die Würde des Menschen? Viele renommierte Historiker zögern nicht, die NS-Verbrechen mit dem Ausdruck "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" (französisch: "crime contre l`humanité" ) zu qualifizieren, so zum Beispiel Jean-Pierre Azema in einem Artikel über Auschwitz oder Pierre Vidal-Naquet anläßlich des Touvier-Prozesses. Daher kann es nicht unzulässig sein, diese Begriffe zur Charakterisierung bestimmter unter den kommunistischen Regimen begangener Verbrechen zu benutzen.

      Über die Frage der unmittelbaren Verantwortung der an der Macht befindlichen Kommunisten hinaus stellt sich die nach der Mitschuld. Nach Artikel 7 (3.77) des 1987 geänderten kanadischen Strafgesetzbuchs schließen Verbrechen gegen die Menschlichkeit den Versuch, die Mittäterschaft, die Beratung, die Hilfe, die Ermutigung oder die faktische Mitschuld ein`. Ebenso werden im Artikel 7 (3.76) "der Versuch, der Plan, die Komplizenschaft nach der Tat, die Beratung, die Hilfe oder die Ermutigung hinsichtlich dieser Tat" (Hervorhebungen vom Verf) dem Tatbestand des Verbrechens gegen die Menschlichkeit gleichgestellt. Doch von den zwanziger bis zu den fünfziger Jahren applaudierten die Kommunisten in aller Welt sowie viele andere begeistert der Politik Lenins und später Stalins. Hunderttausende engagierten sich in der kommunistischen Internationale und den örtlichen Sektionen der "Partei der Weltrevolution". Von den fünfziger bis zu den siebziger Jahren beweihräucherten weitere Hunderttausende in Westeuropa den "Großen Vorsitzenden" der chinesischen Revolution und besangen die Errungenschaften des Großen Sprungs oder der Kulturrevolution. Und unserer Zeit noch näher gab es viele, die sich über die Machtergreifung Pol Pots freuten". Viele werden sagen, daß sie "nicht wußten". Tatsächlich war es nicht immer einfach, Bescheid zu wissen, denn für die kommunistischen Diktaturen war die Geheimhaltung eine bevorzugte Abwehrstrategie. Aber häufig war dieses Nichtwissen lediglich auf Verblendung aufgrund des Glaubens an die Partei zurückzuführen. Seit den vierziger und fünfziger Jahren waren viele Fakten bekannt und unbestreitbar. Wenn auch inzwischen viele Anhänger ihre Idole von gestern im Stich gelassen haben, geschah dies doch klammheimlich. Aber was ist von einem solch abgrundtiefen Amoralismus zu halten, der ein öffentliches Engagement einfach in der Versenkung verschwinden läßt, ohne daraus eine Lehre zu ziehen?

      Komisch, daß man unter "w: o " immer nur in geschichtlichen Rückblicken von "Verbrechen der Amis" lesen muß, aber Verbrechen der Gegenseiten werden nicht erwähnt oder immer nur verharmlost, denn jedes "nicht-amerikanische" Verbrechen würde ja automatisch bedeuten, daß die "Verbrechen der USA" ein Pendant auf der Gegenseite hätten haben können, nicht wahr?
      Das würde ja auch heißen, daß die US-Verbrechen nicht einzigartig wären, nicht? Das könnte ja sogar bedeuten, daß die "US-Verbrechen" zumindest teilweise eine militärische Antwort auf vorhergehende Angriffe gewesen wären oder vielleicht falsche Theorien wie die US-"Domino-Theorie" in Vietnam, die auf der militärischen Okkupation Osteuropas durch die Sowjetunion aufbaute und annahm, daß nach Vietnam ganz Südostasien "kommunistisch" werden könnte, nicht wahr?
      Aber wer will schon solche Theorien überhaupt zur Kenntnis nehmen, wenn man doch den USA und dem CIA für alle Verbrechen dieser Welt die Schuld geben kann, nicht wahr?
      Avatar
      schrieb am 23.02.03 19:33:01
      Beitrag Nr. 52 ()
      auryn, du hast auf voller Linie recht, ich bewunder z.B. konradi dafür, dass er im Goldforum genau diese Sichtweise vehement verteidigt.


      Mir ist auch klar, dass vom Kommunismus eine viel stärkere Gefahr ausgeht ( ausging ), weil da Menschen sich anmaßen, alles staatlich autoritär zu lösen, und weil sie denken, sie wären im Besitz der einzig richtigen Wahrheit.


      Aber nicht da- Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind immer Verbrechen gegen die Menschlichkeit, und so lange in "Gods Own Country" keine Aufarbeitung seiner beiden Genozide ( Indianer+Schwarze, beide werden immer noch unterdrückt, schau dazu bitte in meinen Thread: Daran, wie man im eigenen Land die Menschen behandelt, kann man sie erkennen!
      Avatar
      schrieb am 24.02.03 13:34:50
      Beitrag Nr. 53 ()
      @ sittin bull inv:
      O.K., was die Indianer in den USA betrifft und ihre historische Unterdrückung, muß ich Dir weitgehend Recht geben, wobei da im Umgang mit den einzelnen Fragen aber auch erhebliche Unterschiede je nach den benachbarten Bundesstaaten und den Bundesregierungen bestehen können. Unter Clinton gab es - soweit ich weiß - einige geplante Verfügungen zugunsten der Indianer, von denen bei Bush nichts mehr zu hören ist. Auch in dieser Beziehung würde ich eher Individuen als eine Gesamtheit der US-Amerikaner verantwortlich machen.
      Bei den Schwarzen wäre ich da auch nicht ganz so sicher. Es gibt ja auch einige, die den USA oder "den Amis" als ganzes noch heute fortgesetzten Rassismus vorwerfen. Wenn dem so wäre, dann hätte O.J. Simpson seinen ersten Prozeß gar nicht erst gewinnen dürfen, Condoleezza Rice und Colin Powell müßten noch auf einer Baumwoll-Farm arbeiten und die Mehrheit der US-Armee dürfte gar nicht existieren, in der vermutlich über 55 % Schwarze sind.
      O.K., ich weiß auch, daß die Aufstiegschancen für Schwarze überall sehr viel schlechter sind als für Weiße etc., aber die Aufstiegschancen für Kaukasier in Moskau sind im Vergleich dazu eine echte Katastrophe.
      Avatar
      schrieb am 24.02.03 14:08:44
      Beitrag Nr. 54 ()
      Mir fällt übrigens gerade noch eine vielleicht interessante "Halb-und-halb-Parallele" (wenn man so will) zwischen dem Römischen Imperium und der "modernen Geschichte" auf: Der "Dritte Punische Krieg" (149-146 v. Chr.) gegen Karthago fiel eigentlich aus dem Rahmen der Römischen Geschichte.
      Rom hatte den Zweiten Punischen Krieg (218-201 v. Chr.) klar gewonnen, Spanien erobert und Karthago eingedämmt. Karthago hatte 50 Jahre lang Reparationen zu zahlen und stand unter "Aufsicht" Roms. Kriege durfte Karthago nur noch innerhalb Afrikas mit der ausdrücklichen Erlaubnis Roms führen. Allerdings vergaßen die Römer den Karthagern nie, daß diese es erstmals in der Römischen Geschichte geschafft hatten, mit genialen Feldherren wie Hannibal Rom auf seinem eigenen Territorium in Italien selbst überraschend anzugreifen und durch ihre militärischen Erfolge sogar Verbündete wie die Kelten, Samniten und Lukaner auf ihre Seite zu ziehen. Nach dem überraschenden Marsch Hannibals über die Alpen mit 50.000 Fuß-Soldaten, 9000 Reitern und 37 Kriegselefanten, die bis dahin in Italien als Kriegswerkzeug unbekannt waren, hielten sogar Roms Verbündete nach vielen verheerenden Niederlagen der Römer einen Sieg der Karthager für möglich.
      Rom hatte Karthago diese "Beinahe-Niederlage" auf eigenem Territorium nie verziehen und im Geschichtsunterricht der gebildeten römischen Schichten galt Karthago seitdem als "das Böse" schlechthin. In alten Politikern Roms hatte sich der 150jährige Haß auf den "Erbfeind" Karthago festgefressen und einer davon - Cato - beendete jede Rede in den kommenden 50 Jahren (egal, ob zur Wasserversorgung oder Außenpolitik) mit den Worten "Ceterum censeo Carthaginem esse delendam!". (in etwa = "Im übrigen bin ich der Ansicht, daß Karthago vernichtet werden muß!" )
      149 v. Chr. war dann der "Kalte Krieg" mit Karthago zu Ende. Die Numidier, die früher vorzugsweise die Sklaven der Karthager waren, hatten mit Unterstützung der karthagofeindlichen römischen Senatoren ständig Gebietsstreitigkeiten mit Karthago, auf die Karthago schließlich mit einer offziellen Kriegserklärung an den numidischen König Massinissa reagierte, worauf postwendend die Kriegserklärung aus Rom folgte. Diesmal stand der Sieger von vorneherein fest und Rom beschloß, an Karthago ein für römische Verhältnisse ungewöhnlich grausames Exempel zu statuieren, um aller Welt seine neu gewonnene Welt-Macht zu beweisen. Obwohl Karthago seit über 50 Jahren für Rom keine echte Bedrohung mehr war, wurde es mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln angegriffen und dem Haß der alten Senatoren vom Schlage Catos freier Lauf gelassen. Gegen den Rat der römischen Generäle aus dem Geschlecht der Scipionen, die Karthago 50 Jahre vorher besiegt hatten, wurde Karthago völlig vernichtet, die Stadt komplett eingeebnet und in einen Steinbruch umgewandelt, die meisten Männer getötet, die Frauen und Kinder in die Sklaverei verkauft. Eiserne Pflüge wurden durch den Boden gezogen und Salz in die Furchen gestreut, um Karthago im wahrsten Sinne des Wortes für alle Zeiten zu "verwüsten".
      Avatar
      schrieb am 24.02.03 17:33:28
      Beitrag Nr. 55 ()
      @Auryn,

      die Parallele ist nicht nur halb und halb, sondern vollständig!
      Den Römern ging es immer darum die Seeherrschaft der Phönizier zu brechen. Diese genialen Seefahrer haben wahrscheinlich sogar Teile des Seeweges nach Indien entlang der Westküste Afrikas lange vor den Portogiesen
      entdeckt!
      Auch die Römer machten schon damals emotional Stimmung gegen die Karthager. Anlass:
      Die Kinderopfer zu Ehren der Göttin Astarte wurden als ein
      Kriegsgrund von den Römern benutzt.

      Das Mittel erinnert sehr stark an die Story mit den getöten Babys in den Brutkästen, die die Tochter des kuwaitischen Botschafters der Weltöffentlichkeit 1990
      auftischte!
      Also alles schon mal dagewesen!

      Für die Amis ist es mit der Energieversorgung 5 vor Zwölf. Ihre Vorräte (bereits bekannte und ausbeutbare Quellen, sowie die jetzt fördernden) reichen, bei gleichbleibenden jetzigen Verbrauchsqoten, noch ca. 13 Jahre. Die Quellen des Irak würden weitere 17 Jahre Frist
      gewähren, um den jetzigen American way of life aufrecht erhalten zu können.

      Schade nur dass dieser " Intelligenzler " im Weißen Haus
      noch nie etwas von der Silan- Chemie gehört hat.
      Ein einfacher Begriffseintrag bei Google liefert hinreichend Informationen. 60 Mrd $, die für den Golfkrieg verschleudert werden, in die Weiterentwicklung dieser Technik gesteckt, wären für Amerika und die Menschheit segensreicher.

      Und so wie die Römer nicht in den Besitz der Seefahrergeheimnisse kamen und Karthago vernichten mußten,
      um die Seeherrschaft im Mittelmeer zu erlangen, so muss Amerika in den Besitz der Erdölquellen im Nahen Osten gelangen.

      Motto: Neuordnung und Demokratisierung!!

      Wie gesagt: alles schon mal dagewesen!

      Windei
      Avatar
      schrieb am 24.02.03 21:34:25
      Beitrag Nr. 56 ()
      @auryn

      "Nun bin ich zwar einerseits der Ansicht, daß eine einzige Supermacht wie die aktuelle USA mit ihrem "gläubigen Unilateralismus" nicht gut sein kann für die moderne Welt von heute, andererseits kann ich aufgrund der Geschichte des alten Römischen Imperiums und der modernen Geschichte des 20. Jahrhunderts recht gut nachvollziehen, wie es dazu kommen konnte und warum diese Entwicklung erstmal gar nicht unbedingt so schlecht sein muß."

      es kommt doch darauf an, wie man damit umgeht!

      Eine pluralistische Gesellschaft läßt heute nur noch zeitweise unter gewissen Situationen die Revolver-Djangos zu. Dann verschwinden sie schnell wieder.
      Genauso wie sich das 1000jährige Reich auf Dauer hätte nicht halten können, genauso ist es der Stalin-Ära dann ergangen. Es ist alles vergänglich. Es haben auch unter diesem Diktator genügend Russen gelitten! Warum wird Rußland nicht die Fähigkeit für eine demokratische Gesellschaftsordnung zugebilligt?
      O-Ton Reagan: das Reich des Bösen.....
      ( übrigens sehe ich die Hungersnöte mehr in ihrer logistischen Unfähigkeit an der sie letzendlich dann auch gescheitert sind )

      ROM/Karthago ist auf die heutige Zeit projektiert ein Trugschluss. Damals standen sich 2 Reiche gegenüber, die sich mit Keulen beharktn!

      Ohne ethisches/moralisches/völkerrechtliches HANDELN ist heute der Planet mit der vorherrschenden Waffentechnik ( alle Gattungen ) zum Untergang verdammt.

      Das ist doch eine ganz andere Dimension!
      WER ist hier also der Biedermann? Das sind keine Streichhölzer mehr. Wll man die gefährlichen Länder letztendlich in die Steinzeit zurückbomben?

      Diese Erbsenzählerei, um doch noch eine Legitimation zum Bombenabwerfen zu erhalten, die die amerik. Administration zur Zeit mit Irak veranstaltet ist einfach kotzhaft lächerlich.
      Und trotzdem versuchen soviele ( bezahlte ) Schreiberlinge diesen Tatbestand herbeizuschreiben!

      Ich habe mich lange dagegen gewehrt, überhaupt die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, ob und wie der Zionismus in USA/Europa und in dieser Region überhaupt im Hintergund eine dominante beeinflussende Rolle spielen kann. Ich werde jedoch immer unsicherer.


      bodo
      Avatar
      schrieb am 25.02.03 13:42:08
      Beitrag Nr. 57 ()
      @ windei (Posting # 55):
      Du siehst an dem, dem Deinen folgenden Posting # 56, daß man mit historischen Vergleichen zu ganz anderen Schlußfolgerungen kommen kann, ob etwas nun zutreffend ist oder nicht.
      Ich möchte noch hinzufügen, daß die Karthager bzw. die Phönizier, von denen sie ja abstammen, übrigens unter einem gewissen Kapitän Hanno im Auftrage des Pharaos Necho mit allergrößter Wahrscheinlichkeit ganz Afrika umsegelt haben. Der Seeweg nach Indien stand vermutlich nicht auf ihrem Programm. Das kam erst unter dem Portugiesen Vasco da Gama im 15. Jahrhundert, der sich dazu aber auf alte antike Berichte stützte.
      Viel interessanter finde ich die Spekulation, daß die Phönizier (Karthager) vielleicht schon Amerika entdeckt hatten, denn sie kannten auch die Azoren im Atlantik und sowohl auf Ibiza (heute noch) als auch auf den Azoren gab es "phönizische" Musik-Bräuche, bei denen gleichzeitig mit einer Hand eine Pfeife geblasen und mit der anderen eine kleine Trommel gedreht und geschlagen wird. Komischerweise berichteten 1.700 Jahre später die spanischen Konquistadoren in Peru am Oberlauf des Amazonas von "Indianern" von dem inzwischen ausgestorbenen Stamm der Chachapoyas, daß diese dieselben Musik-Bräuche gehabt hätten.
      Diese Chachapoya sollen anhand von untersuchten Leichenresten genetisch auch nicht mit den sonstigen Indianern verwandt sein und könnten vielleicht sogar die Nachkommens-Reste einer Karthager-Flotte sein, die den Römern entkam.
      Die Römer waren übrigens nicht die einzigen, die etwas gegen die Karthager/Phönizier hatten. Aufgrund ihrer Kinderopfer (die keine Propaganda-Erfindung der Römer sein können, denn auch die Griechen und die Juden haben schon früher von phönizischen Kinder-Opfern zu Ehren der Götter Baal [jüd.= Moloch], Tanith und Astarte berichtet), ihrer "heiligen Tempelprostitution" und ihres Handelsreichtums waren die Phönizier bei Römern, Griechen und Juden gleichermaßen verhaßt. Witzigerweise wurde den Phöniziern, die in der Antike wie die Juden Semiten waren, übrigens so ziemlich dasselbe in Vorurteilen angekreidet wie den Juden durch fanatische europäische Antisemiten in den vergangenen Jahrhunderten: Kinderopfer, Brunnenvergiftung, Geschäftstüchtigkeit und -Betrug. Da hat man wohl einiges übertragen können.
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      schrieb am 25.02.03 13:59:26
      Beitrag Nr. 58 ()
      @ bodo (Posting # 56) :
      Könntest Du bitte noch Erläuterungen zu Deinem Posting # 56 nachreichen? Mir ist einiges nicht so ganz klar geworden.
      Beispiel: Klar, daß Reagan wohl schon ein bißchen Alzheimer im Anfangsstadium hatte, als er vom "Reich des Bösen" sprach. Nur ist es auch tatsächlich so, daß es zu jenem Zeitpunkt noch die Sowjetunion und gerade noch nicht Gorbatschow, Rußland oder die GUS gab. Es gab da auch noch kein Mehrparteien-Parlament in Rußland. Aus der Sicht eines alten Western-Darstellers wie Reagan hatte sich in seinem Leben zu jenem Zeitpunkt noch nichts wesentliches in Rußland verändert.
      Mit der Fähigkeit zu einer demokratischen Gesellschaftsordnung ist es auch so eine zwiespältige Sache. Sicher ist im Moment Rußland eine Demokratie.
      Aber in welcher Demokratie im Westen kannst Du einen Monat vor den Wahlen eine Partei gründen und mit dieser dann 70 Prozent der Stimmen bekommen wie es Tschernomyrdin als Ministerpräsident unter Präsident Jelzin gelang?
      Wo im Westen gibt es in den letzten 12 Jahren eine Demokratie mit zwei Putschversuchen (Nr. 1 gegen Gorbi und Nr. 2 die Belagerung des putschbereiten Parlaments, das Jelzin absetzen wollte, durch Jelzin-treue Truppen)?
      Und zuletzt führen die russischen Truppen gerade ungefähr Krieg Nr. 7 gegen die Tschetschenen, wenn man die Kriege der zaristischen Truppen mitzählt, gegen die schon Tolstoi um 1875 protestierte und die russischen Truppen damals der "Barbarei" beschuldigte. Heute ist die tschetschenische Hauptstadt Grosny ein Trümmerfeld, in dem vielleicht noch 40.000 Menschen dahinvegetieren, während die Stadt vor 15 Jahren noch ca. 400.000 bis 500.000 Einwohner hatte. Wo sind denn die 90 Prozent fehlende Bevölkerung abgeblieben? sofern sie nicht tot sind, sitzen sie in irgendwelchen Zelten in der Kälte und Rußland verweigert den OSZE-Beobachtern den Zugang in den gesamten Kaukasus. Westliche Reporter erhalten keine Visa oder werden schon vor der Ankunft anonym mit dem Tode bedroht.
      Ist das eine Demokratie nach "westlichem Vorbild"?
      Naja, vielleicht passen wir uns ja demnächst der "russischen Demokratie" an und diese Verhältnisse werden auch bei uns normal, denn bei uns regt sich darüber ja schon lange niemand mehr auf.

      Und was genau verstehst Du unter "Zionismus"?

      Da gibt es sehr viele Definitions-Ansätze und die modernsten sind diese:
      Moderne Zionistische Strömungen im 20. Jahrhundert

      Der Zionismus der nachherzlschen Periode ist durch eine Vielfalt ausdifferenzierter ideologischer Strömungen gekennzeichnet. Deren Differenzen wirken auch als innenpolitische Scheidelinien im Staat Israel fort, wenngleich die Staatsgründung für das zionistische Selbstverständnis als Zäsur gelten kann. Die Staatsgründung hat neuartige Probleme aufgeworfen, zu denen etwa die Neudefinition der Beziehungen Israels zu den Juden in der Diaspora gehört. Shlomo Avineri hat folgende zionistische Strömungen bezüglich ihrer Bedeutung für die Innenpolitik Israels unterschieden 1307: Der politische Zionismus von Herzl und seinem engen Mitarbeiter Max Nordau (1849-1923) konzentriert sich auf die Diplomatie als Mittel zur Staatsgründung in Palästina. Der kulturelle Zionismus sieht in einer nicht auf Palästina zu beschränkenden jüdischen Bewußtseinsbildung die zentralen Grundlagen auch des jüdischen Staates. Hauptvertreter sind Achad Ha` am (1856-1927), der Schriftsteller Chaim Nachmann Bialik (1873-1934) und der Philosoph Martin Buber (1878-1965).

      Der konstruktivistische Zionismus sieht in der Errichtung neuer Siedlungsformen die Voraussetzung einer auch diplomatisch abzusichernden Nationalstaatsbildung. Zu dieser Richtung zählt auch Chaim Weizmann (1874-1952), jahrzehntelang Präsident des Zionistischen Weltbundes und erster Staatspräsident Israels.

      Der sozialistische Zionismus wirkt über Gemeinschaftssiedlungen (Kibbuzim) und Kooperativen (Moskavim) maßgeblich auf die israelische Gesellschaft ein. Die Gewerkschaften (Histraduth) werden zum »Begründer und Eigentümer eines weitverbreiteten landwirtschaftlichen und industriellen Sektors der jüdischen Gesellschaft in Palästina«. Seit Mitte der dreißiger Jahre wird der sozialistische Zionismus unter Davin Ben Gurion (1886-1973) zur »bestimmenden Kraft in der zionistischen Bewegung und stellte die Führung sämtlicher Regierungen von der Gründung des Staates Israel bis 1977«.

      Der revisionistische Zionismus ist dezidiert antisozialistisch und machtstaatsorientiert. Sein Begründer Wladimir Jabotinski (1880-1940) sagt sich von der zionistischen Weltorganisation in den dreißiger Jahren los. Jabotinskis Anhänger Menachim Begin (geboren 1913) war 1977-1983 mit Unterstützung der dem revisionistischen Zionismus verbundenen Likud-Partei israelischer Premier. Der religiöse Zionismus beharrt auf der traditionell-gesetzestreuen Religionsanschauung. Seine bedeutendsten Organisationen sind die 1902 gegründete Misrachi ("merkas ruchani" heißt "geistiges Zentrum" ) und die Agudas Jisroel (Bund Israel). »Nach 1967 verursachte die sich neu eröffnende Möglichkeit jüdischer Herrschaft über die Altstadt von Jerusalem sowie über Judäa und Samaria einen Rechtsruck bei zahlreichen religiösen Zionisten.« So fordert die Gruppierung "Gush Emunim" (Der Block der Gläubigen) die jüdische Besiedlung der West Bank.
      Avatar
      schrieb am 25.02.03 21:50:23
      Beitrag Nr. 59 ()
      Bush war es, Reagan ist doch schon antiquitiert.


      Kreuzzug gegen den Terror
      Auszüge aus Äußerungen von US-Präsident George W. Bush vom 16.9.2001

      Meine Adminstration hat einen Job zu tun, und wir werden ihn tun. Wir werden die Welt von den Bösen befreien. Wir werden die freiheitsliebenden Menschen zusammenrufen, den Terrorismus zu bekämpfen...

      Dies ist eine neue Art des Bösen. Und wir verstehen. Und das amerikanische Volk beginnt zu verstehen. Dieser Kreuzzug, dieser Krieg gegen den Terrorismus wird seine Zeit in Anspruch nehmen...

      Quelle: http://www.whitehouse.gov/news/releases/2001/09/20010916-2.h…



      Avatar
      schrieb am 26.02.03 12:41:47
      Beitrag Nr. 60 ()
      @Auryn
      wenn man Dich anspricht, bedarf es genauerer Formulierungen, sorry. ;)
      Ich zähle jetzt beipielsweise nur ein paar Staaten auf, die gewisse Gemeinsamkeiten besitzen:
      Japan, Spanien, England, Türkei, Russland,
      Es waren/sind Imperien der jüngeren, die einen hohen Grad an Nationalbewusstsein entwickelt haben und es vom Kernland her immer versucht und auch geschafft haben, per Eroberung/Kolonialisierung ihre Staatsgebiete zu vergrößern. Das Kerngebiet ist in sich jedoch rel. homogen. Die ersten 4 mussten ihre Kolonialgebiete rechtzeitig abgeben so dass heute einigermaßen Gras darüber gewachsen ist. Medien waren damals noch nicht so wichtig.
      Russland steckt heute noch mitten drin. Wir können Russland nicht verurteilen, dass sie mit ihrer tollen Revolution zum Sozialismus nicht rechtzeitig die Chance erhielten parlamentarische Strukturen zu entwickeln. Das bestehende Zarensystem war ja nicht anders.
      Das jahrhundertlange imperiale Machtstreben und die bereits vorhandene Macht hat dies maßgeblich behindert.
      Dieser Machtanspruch schafft eigene Gesetze, auch im Bewusstsein aller Volksgruppen,
      da man sich keinem Gesetz oder mit angrenzenden Machtgebilden arrangieren musste.
      Unterdrückt/gewütet haben sie alle, die einen werden noch sehr ( zeit)nah als Bedrohung empfunden, die anderen weniger. Da lassen emotionale Empfindungen keinen Spielraum.
      Ein mir sehr nahestehendes Mädel ist beispielsweise Tscherkessin. Von der kann man nicht verlangen zu Russland emotionsfreie Gefühle zu empfinden. Der Holocaust an den Nordkaukasischen Völkern ist einfach noch zu nah bzw. dauert immer noch an.

      Die größte Annäherung und Bewusstseinsänderungen bei diesen Holzköpfen haben Leute wie zB. Willy Brandt zu Wege gebracht, und nicht die Doppelbeschlüsse und Atomsprengköpfe, um noch mehr Vernichtungswaffen zu produzieren. Aber müssen wir immer alles aus der unseligen Geschichte ableiten?

      Gibt’s zu Deiner Interpretation zum heutigen Zionismus unter Sharons Prägung noch ne Steigerung? Google half mir leider nicht weiter.


      Grüsse bodo
      Avatar
      schrieb am 26.02.03 12:48:45
      Beitrag Nr. 61 ()
      Nicht doch, nicht doch!
      Wir wollen doch in der Verwendung des Begriffes "des Bösen" in der US-Geschichte kein Zeitparadoxon anrichten.
      Reagan war um 1981 bei einer Rede zu seinem Amtsantritt - oder kurz danach - der erste, der vom "Reich des Bösen" sprach, das damals natürlich die Sowjetunion sein sollte. Das US-Copyright für den Begriff in Präsidentenreden liegt wohl bei den US-Ghostwritern der Republikanern und für die spätere Wiederverwendung unter "Vater & Sohn" George Bush gibt`s auch einen sehr interessanten Artikel im Zeitarchiv, wobei ich mir wieder erlaubt habe, die relevanten Stellen "fett" hervorzuheben:

      A U S S E N P O L I T I K

      Amerikas gütige Hegemonie

      In Washington tobt ein Kampf um die richtige Außenpolitik. Es geht um Macht und um Weltbilder. Stramme Neokonservative sammeln sich, um das Weiße Haus zu erobern

      Von Thomas Kleine-Brockhoff

      Wer den Reiz von "Amerikas gütiger Hegemonie" erspüren möchte, sollte William Kristol kennen lernen. Kristol ist der eifrigste Multiplikator dieses Begriffs, Journalist und doch viel mehr. Seine Visitenkarte weist ihn als Chefredakteur des Weekly Standard aus, eines kleinen Wochenblatts. Dort betätigt er sich als Theoretiker der amerikanischen Weltherrschaft, und dort ist er zur intellektuellen Stimme des neokonservativen Flügels der Republikaner aufgestiegen. Jede Woche passt er in seiner Kolumne auf, ob George Bush ideologisch auf Kurs bleibt oder von Kompromisslertum im Amte erfasst wird.

      Kristols Büro liegt in Washington nur wenige hundert Meter vom Arbeitsplatz des Präsidenten entfernt. Über seinem Schreibtisch hängen Fotos von Ronald Reagan und Margaret Thatcher, jeweils mit einem Verehrer, ihm selbst. Kristol redet gern von "uns" und von "denen", auch von einem "Kampf". Der Konflikt, von dem er spricht, findet nicht in Afghanistan statt, sondern in Washington. Es ist eine Art Kampf der Kulturen, genauer: der außenpolitischen Kulturen. Vielfach ist er als Machtkampf zwischen "Moderaten" und "Hardlinern" beschrieben worden. In Wahrheit handelt es sich um einen Wettstreit der Denkschulen innerhalb der Rechten, ausgetragen zwischen dem realpolitischen Partei-Establishment der Republikaner und Kristols aufstrebenden Neokonservativen. Der Streit prägt seit dem Terroranschlag vom 11. September 2001 jede außenpolitische Debatte. Es geht dabei um nicht weniger als Amerikas künftige Rolle in der Welt.

      Bill Kristol fühlt sich auf der Seite der Sieger. "Vor zwei Jahren waren meine Freunde und ich eine Minderheit innerhalb der Partei", sagt er. "Jetzt sind wir klar in der Mehrheit." Kristol glaubt, seine Fraktion habe inzwischen das Herz des Präsidenten gewonnen und damit das Weiße Haus eingenommen. Die "Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse", die "Achse des Bösen", die Gefahr von "Massenvernichtungswaffen in Terroristenhand" - das sind alles Begriffe aus dem Wörterbuch des Neokonservatismus im Munde des Präsidenten. Und seit Bush auch noch vom "Regimewechsel im Irak" spricht, glaubt Kristol, der Präsident sei nun dauerhaft der neokonservativen Agenda verpflichtet. Dass die Vereinigten Staaten in diesen Tagen mit "dem Terroristen Arafat" verhandeln, statt - wie es Kristols Lehre verlangt - Israel bei der Terroristenjagd zu unterstützen, verschmerzt er als "kleinen taktischen Rückzug".

      Geburt der "Schurkenstaaten"

      Seine Theorie hat Bill Kristol zusammen mit Koautor Robert Kagan in vielen Artikeln und vor zwei Jahren auch in einem Aufsatz dargelegt: The Present Danger . Danach müsse Amerikas Außenpolitik universellen Werten verpflichtet sein, nämlich Demokratie und Menschenrechten. Nicht länger solle das Land Diktatoren freie Bahn lassen, solange sie nur Washington wohlgesinnt seien. Amerika dürfe nicht abseits stehen, wenn Gewaltherrscher ihr Volk quälten oder Nachbarn bedrohten. Notfalls müssten die Vereinigten Staaten militärisch eingreifen und der Demokratie zum Durchbruch verhelfen.

      Bis hierher wird die Mission der Neokonservativen auch europäischen Linksliberalen gefallen, denn sie nimmt deren Kritik an traditioneller amerikanischer Außenpolitik scheinbar auf. Allerdings ist der Träger des Universalismus nicht das Bündnis aller, die ihn vertreten, also nicht "der Westen" und schon gar nicht die UN, sondern allein Amerika. Nach dem Motto: Was gut ist für Amerika, ist gut für die Welt. Neokonservative sind von der fundamentalen Unschuld der Vereinigten Staaten überzeugt. Sie sehen in ihrem Land eine Bastion des Anstandes, unfähig, Schaden anzurichten, wenn es nur fest seinen Werten vertraue. In dieser Vorstellung lebt der protestantisch-sektierische Gründungsmythos fort, wonach in Amerika "das Gute" zu Hause ist. "Das Böse" muss folglich woanders seine Heimstatt haben.

      In einer Welt der Bedrohungen, so die Neokonservativen, müsse Amerika allzeit gerüstet sein. Die Militärmacht, ohnehin nur dem Guten dienend, kann daher gar nicht mächtig genug sein. Amerikanische Truppen unter UN-Kommando würden Neokonservative niemals dulden, da die UN als Verein kleinerer Länder - und auch autoritärer Regime - nur Amerikas Macht zügeln wollen. Sogar die Nato ist ihnen wegen der gemeinsamen Entscheidungsstruktur verdächtig. Dennoch sind Alliierte willkommen. Allerdings "nicht als Partner, sondern als Instrumente amerikanischen Willens", wie Adam Garfinkle in der Zeitschrift The National Interest analysiert.

      Neokonservative vereinnahmen die westlichen als die amerikanischen Werte; sie vermählen sie mit Interessenpolitik. Und Amerikas Interesse sei es seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion, wie Charles Krauthammer, ein neokonservativer Kolumnist der Washington Post, schreibt, einen "unipolaren Moment" in eine "unipolare Ära" zu verwandeln. Nach Bill Kristol gehe es genau darum: die "gütige Hegemonie" so lange wie möglich fortzusetzen, "nicht auf die nächste Bedrohung zu warten, sondern die internationale Umgebung so zu prägen, dass diese Bedrohung gar nicht erst heranwächst". In seinem Aufsatz hat er potenzielle Herausforderer benannt, neben China drei "Schurkenstaaten", die sich ABC-Waffen anschaffen wollten. Es sind, siehe da, "Irak, Iran, Nordkorea". Eine Achse bilden sie bei Kristol im Jahre 2000 noch nicht.

      Die "NeoCons", wie sie im Washingtoner Jargon heißen, hegen keinerlei Bedenken, dass dem einen oder anderen Land die Fürsorge des Weltpatrons vielleicht zu viel werden könnte. So überlegen sei Amerikas Wertekanon, so ordnend seine Hand, dass sich wie von selbst die Allianzen bildeten. Gerade auf Demokratien wirke Amerika magnetisch. Allen anderen helfe die Drohung des High-Tech-Militärs. Diese Mischung aus Moral und Militär, Faszination und Furcht soll die Pax Americana im 21. Jahrhundert sichern.

      Nichts wirkt trennender im Lager der Republikaner als die Idee einer Dauerhegemonie der Vereinigten Staaten. Die Übermacht der USA ist für die konkurrierende Fraktion, die realpolitisch geprägten Außenpolitiker, nur ein Faktum der Gegenwart, aber kein Ziel. Ihnen gilt die Strategie der NeoCons als "Imperialismus mit freundlichem Antlitz". Sie sehen die Vereinigten Staaten als Republik, nicht als Imperium und schon gar nicht als neues Rom, das gegen die Barbaren antritt. "Mag unser Übergewicht zurzeit auch gewaltig sein", sagt einer von ihnen, Richard Haass, der Planungschef im Außenministerium, "es gibt dennoch Grenzen. Wir brauchen Verbündete. Wir können anderen unsere Vorstellungen nicht aufzwingen. Amerikanische Führung? Ja, sicher. Aber kein amerikanischer Unilateralismus."

      Die Realpolitiker glauben, jeder Versuch, die Welt zu kontrollieren, werde nur weltweite Opposition und damit Kriegsgefahr erzeugen. Die Bindung der Alliierten an die USA werde im Zuge einer solchen Politik nachlassen. Verbündete ordneten sich nur widerwillig unter und suchten nach neuen Partnern. So weit dürfe es nicht kommen. Amerika müsse stattdessen gemeinsam mit seinen Alliierten Interessen definieren und für Sicherheit sorgen. Bündnisse und internationale Verträge könnten amerikanischen Interessen sehr wohl dienen. Amerikas rechte Realos wollen Waffengewalt nur einsetzen, wenn vitale amerikanische Interessen berührt sind; dazu zählt nicht, die Demokratie zu verbreiten, eher schon, die Ölversorgung zu sichern.

      Dieser moderate Internationalismus mit seiner Skepsis gegenüber dem Krieg als Problemlöser ist im Kalten Krieg entstanden. Die ihn vertraten, waren geprägt vom atomaren Patt, vom Menschenschlachten im Zweiten Weltkrieg, in Korea, in Vietnam. Ihr Pate ist bis heute Henry Kissinger. Seine Adepten prägten die spätere Außenpolitik der USA: George H. W. Bush, James Baker und Brent Scowcroft. Ihr heutiger Bannerträger ist Außenminister Colin Powell, ihn unterstützen seine Adjutanten Richard Armitage und Richard Haass, auch der Nahostbeauftragte Anthony Zinni.

      Die neokonservativen Kontrahenten sehen ihren wichtigsten Stützpunkt im Verteidigungsministerium. Dort ist einer der Ihren Minister, Donald Rumsfeld, der in seinem Stellvertreter Paul Wolfowitz und Chefberater Richard Perle auf Geistesverwandte trifft. Im Weißen Haus residiert der mächtigste Flügelmann, Vizepräsident Richard Cheney, auch er unterstützt von einem Bruder im Geiste, Stabschef Lewis Libby. Als Brutkasten ihrer Ideen dient das American Enterprise Institute, ein konservativer Think Tank in Washington. Ihr Zentralorgan ist Kristols Weekly Standard; Fox TV steuert Hurrapatriotismus bei.

      Diese Spaltung der Republikaner, die in Washington im Augenblick jede Diskussion über Afghanistan, den Irak oder Israel bestimmt, reicht bis in die sechziger Jahre zurück. Damals liefen in den Südstaaten Tausende weißer Demokraten wegen ihrer Ablehnung der Bürgerrechtsgesetze für Schwarze zur Rechten über. Den Sun Belt Republicans erschien die Außenpolitik ihrer neuen Partei zu moderat. Auf dem Parteikongress der Republikaner 1976 meuterten sie gegen den eigenen Außenminister Henry Kissinger. Der Mann erschien ihnen nicht als Kommunistenfresser, sondern als Weichei. Die Konvertiten von damals, von denen heute viele führende Neokonservative sind, scharten sich schließlich um Ronald Reagan. Wenn George W. Bush in diesen Tagen als "Reagan-gleich" gepriesen wird, so ist das der höchste Orden, den Neokonservative zu vergeben haben.

      Kampf der zwei Linien

      Mit Reagan begann die Moralisierung konservativer Außenpolitik. Reagan war es, der den Begriff vom "Reich des Bösen" für die Sowjetunion prägte. Für die Reagan-Leute bedeutete Entspannungspolitik, dass die Sowjetdiktatur die halbe Welt beherrschen durfte. Dass George H. W. Bush 1989 Reagan nachfolgte, war für Neokonservative eine Katastrophe. Denn mit dem älteren Bush managte plötzlich ein traditioneller Außenpolitiker den Zusammenbruch der alten Weltordnung.
      Ständig lag der Reagan-Flügel dem Präsidenten im Ohr, er möge das Ende des Kalten Krieges mit einer Parade und einer Rede zum Triumph des Guten über das Böse feiern. Doch Bush antwortete nur: "Ich werde nicht auf der Berliner Mauer tanzen." Er wollte die Russen nicht als Verlierer demütigen, sondern als Partner gewinnen. Von Amerikas neuer Führungsrolle sprach er zunächst nicht.

      Auch dagegen erhob sich Opposition aus den eigenen Reihen. Verteidigungsminister Richard Cheney legte noch kurz vor dem Ende seiner Amtszeit 1993 ein Strategiepapier über die amerikanische Außenpolitik der Zukunft vor. Es setzte als Ziel amerikanischer Politik, jede andere Macht oder Allianz daran zu hindern, Weltmacht zu werden. Das Papier musste zurückgezogen werden. Der Autor grübelte acht lange Clinton-Jahre weiter - bis er Vizepräsident wurde.

      Bush senior hatte sich Dick Cheney als rechten Querdenker geholt, Bush junior nach seinem Amtsantritt auch noch dessen Freunde. Die neokonservative Elite war jetzt im Machtzentrum angekommen. Schon in den ersten Monaten machte sie ihre Skepsis gegenüber internationalen Verträgen deutlich - ABM, Kyoto-Protokoll, Internationaler Strafgerichtshof. Doch bald nach dem 11. September kam es zum Flügelkampf, erbittert wie nie zuvor. Der Streit entzündete sich an der Frage, wie die Koalition gegen den Terror aussehen sollte. Groß!, rief Außenminister Powell, denn Amerika benötige politische Unterstützung. Klein!, erwiderte Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, denn Amerika brauche militärische Schlagkraft. Powell setzte sich durch, aber Rumsfeld sabotierte den Beschluss, indem er militärische Hilfsangebote kaum annahm. Er will noch immer nicht, dass Europäer auf militärische Entscheidungen Einfluss nehmen. Darin spiegelt sich die neokonservative Vorstellung von den Alliierten als reinen Gefolgsleuten.

      Es war auch umstritten, wann Amerika angreifen und die afghanischen Verbündeten auf Kabul marschieren sollten. Abwarten!, rief Außenminister Powell, denn erst müsse eine Interimsregierung gebildet sein, damit kein Machtvakuum entstehe. Losschlagen!, erwiderte Verteidigungsminister Rumsfeld, denn erst müsse der Feind Amerikas Militärmacht spüren; das erleichtere später politische Lösungen. Rumsfeld setzte sich durch, und die Bilder feiernder Frauen in Kabul bestätigten die neokonservativen Vorstellung von der Luftwaffe als Botin von Freiheit und Demokratie.

      Für Neokonservative waren die Anschläge vom 11. September eine Bestätigung ihrer düsteren Ahnungen: Waren sie es nicht, die jahrelang gewarnt hatten, die USA schwächelten vor sich hin? Sie rüsteten zu wenig und schreckten potenzielle Feinde nicht mehr ab? Wären die Flugzeugattacken überhaupt möglich gewesen, wenn die Vereinigten Staaten die Attentate der neunziger Jahre, ob in Saudi-Arabien, im Jemen oder in Ostafrika, entschiedener beantwortet hätten?

      Seitdem bekannt ist, dass al-Qaida sich Massenvernichtungswaffen anschaffen wollte, herrscht Alarmstufe Rot. Denn seit Jahren sind Schurkenstaaten mit ABC-Waffen die größte Bedrohung für Neokonservative. Wenn diese Länder ihr Arsenal an Terroristen weitergäben, sei Amerika politisch erpressbar. Deshalb ist für NeoCons die Irak-Politik der archimedische Punkt künftiger Außenpolitik der USA.

      Der Sturz Saddam Husseins wäre das ideologisch perfekte Ereignis: Befreiung eines geknechteten Volkes, verbunden mit einer Kettenreaktion, die zur Demokratisierung der ganzen Region führt; Ende der Bedrohung von Nachbarstaaten, besonders Israels; alle anderen Schurkenstaaten wären in Panik, die USA würden bald intervenieren. Dass es bis heute keinen Nachweis für die Beteiligung Saddam Husseins am New Yorker Anschlag gibt, kümmert wenig. Es gehe, schreibt Charles Krauthammer, "nicht um den 11. September vergangenen Jahres, sondern um die Verhinderung des nächsten 11. Septembers - besonders eines nuklearen, chemischen oder biologischen 11. Septembers". Es handele sich demnach um präventive Selbstverteidigung. Dieser Sicht folgte auch George W. Bush in seiner Rede zur Lage der Nation, in der er die "Politik des Regimewechsels" verkündete.

      Das dekadente Europa

      Die ewig kritischen Europäer gelten den Neokonservativen als hoffnungsloser Fall: ein schlaffer Kontinent ohne Werte, Willen und Waffen. Europa habe sich wieder mal auf Appeasement-Politik verständigt und könne ohne die USA ein politisches Problem weder erkennen noch lösen. Umgekehrt - das muss man zugeben - ist Europa bisher jede Antwort auf die Herausforderung der Neokonservativen schuldig geblieben: Wo bleibt die eigene Analyse der Bedrohungsszenarien? Wo die Kritik der amerikanischen Agenda? Wo ein Gegenentwurf? Bisher ist in Kanzleien, Redaktions- und Denkerstuben nur Gemecker zu hören, gipfelnd im Spiegel- Titelbild mit den "Bush-Kriegern" und der Bemerkung, die Politik Washingtons sei "simplistisch". Darin zeigt sich nichts als Snobismus gegenüber dem neuen Kontinent, denn die stärkste Waffe des Neokonservatismus ist ja gerade - wie der New Yorker schreibt - "sein Intellektualismus".

      Hat also Amerikas Außenpolitik, wie Bill Kristol meint, die neokonservative Wende schon hinter sich? Viel hängt im Präsidialsystem vom Chef ab. George W. Bush ist kein Mann, der sich lange mit einem Schulenstreit aufhält. Aber er bringt persönliche Prägungen mit ins Amt. Einfluss nimmt einerseits der Vater, ein Internationalist. Einfluss nehmen andererseits auch die texanischen Sun Belt Republicans. George W. Bush hat etwas von der Unbedingtheit eines Konvertiten, die er sich auf seinem Weg vom Alkohol zum Christentum zugelegt hat. Sie lässt ihn zwischen Gut und Böse scharf trennen. Der moralische Anspruch des Neokonservatismus erscheint ihm daher attraktiv.

      Vor allem aber ist Bush ein pragmatischer Politiker. Will er die Macht erhalten, wäre es unklug, den Schulenstreit zu entscheiden. Tatsächlich hat Bush bisher eher neokonservativ geredet als gehandelt. So lehnt er ein nation building in Afghanistan ab und erfreut damit das Herz vieler NeoCons. Gleichzeitig findet es unter anderem Namen mit amerikanischer Hilfe statt.

      Seit gut einer Woche befindet sich Bush sogar in offenem Konflikt mit den erstarkten Neokonservativen. Sie sehen in Israel den nahöstlichen Vorposten der Demokratie, der sich - wie die USA - mit allen Mitteln gegen den Terror wehre und deshalb keine Ermahnungen benötige. Druck auf Israel lehnen die NeoCons ab, Gespräche mit Arafat ebenso. In der jüngsten Vermittlungsmission sehen sie einen perfiden Versuch von Europäern und Arabern, vom Angriff auf den Irak abzulenken. Das alles hat Bush ignoriert. Er hat sich gegen die reine Lehre, gegen den missionarischen Eifer und gerade für die Vermittlung des Realpolitikers Colin Powell entschieden. Möglich, dass sich die Welt in Washington auf zwei Regierungen in einer einstellen muss. Und nur eine ist dem Projekt einer "gütigen Hegemonie" verpflichtet.

      Gefunden unter:
      http://www.zeit.de/2001/17/kultur/200217_amerkia.html
      Avatar
      schrieb am 26.02.03 12:52:03
      Beitrag Nr. 62 ()
      @ bodin:
      Verzeihung, Posting # 61 soll sich natürlich nicht auf Dich in Posting # 60 beziehen, sondern auf das vorhergehende # 59 mit dem Begriff des "Bösen Reiches". Ich bedaure, daß ich noch nicht mit Deiner Antwort gerechnet hatte.
      Dein Posting muß ich erst noch lesen.
      Avatar
      schrieb am 26.02.03 12:55:31
      Beitrag Nr. 63 ()
      Und jetzt bedaure ich, daß ich bodin und bodo verwechselt habe. Scheint heute mein Bedauer-Tag zu werden.
      :cry:
      Avatar
      schrieb am 26.02.03 13:29:05
      Beitrag Nr. 64 ()
      O.K., hoffentlich habe ich jetzt alles richtig. ;)
      Also jetzt meine Antwort zu Posting # 60 von "Bodo"
      (hoffe ich jedenfalls ;) ):
      Deine Zitate kursiv:
      Russland steckt heute noch mitten drin. Wir können Russland nicht verurteilen, dass sie mit ihrer tollen Revolution zum Sozialismus nicht rechtzeitig die Chance erhielten parlamentarische Strukturen zu entwickeln. Das bestehende Zarensystem war ja nicht anders.

      Ähm-tja, da wäre ich aber auch nicht so sicher. In einem meiner Lieblingsbücher wird ein deutsch-österreichischer (?) Literat namens Karl Kautsky von 1920 mit politisch-historischen Analysen zitiert, und Kautsky, der sich mit Sozialismus und Kommunismus etwas auskannte, war der Meinung, daß die Weltgeschichte schon in einer gewissen Weise einer fortschrittlichen Entwicklung folgen würde, die dem theoretischen Marxismus aber nicht so unbedingt folgen würde wie Lenin dies glaube. So würde auf den Absolutismus immer erst mal das Chaos und dann erst eine "bürgerliche Revolution" folgen und nicht ein sozialer oder sozialistischer Staat. Die Französische Revolution wäre ein Beispiel hierfür und hätte dabei bis zur Lenin`schen Revolution in Rußland keine Entsprechung gehabt. Die Revolution in Rußland würde im Chaos und in Massenhinrichtungen enden wie die Jakobinische Schreckensherrschaft nach der Enthauptung von Ludwig XVI., weil es in Rußland vor 1917 weder ein ausgeprägtes Proletariat noch eine bürgerliche Revolution gegeben habe.
      Und witzigerweise hat Lenin selbst mal kurz vor 1917 auf einer Rede gesagt, es gäbe eigentlich noch gar kein Proletariat in Rußland, es gäbe v.a. Bauern; dieses Industrieproletariat müsse erst noch geschaffen werden, woraufhin ihn einer von den Menschewiki mit dem Ausruf ärgerte: "Dann wollen sie also jetzt eine Revolution im Namen einer Klasse ausrufen, die noch gar nicht existiert!"
      Dieser Zwischenrufer ist natürlich später hingerichtet worden, wie sich das für eine proletarische Revolution gehört!

      Das jahrhundertlange imperiale Machtstreben und die bereits vorhandene Macht hat dies maßgeblich behindert.
      Dieser Machtanspruch schafft eigene Gesetze, auch im Bewusstsein aller Volksgruppen,
      da man sich keinem Gesetz oder mit angrenzenden Machtgebilden arrangieren musste.
      Unterdrückt/gewütet haben sie alle, die einen werden noch sehr ( zeit)nah als Bedrohung empfunden, die anderen weniger. Da lassen emotionale Empfindungen keinen Spielraum.
      Ein mir sehr nahestehendes Mädel ist beispielsweise Tscherkessin. Von der kann man nicht verlangen zu Russland emotionsfreie Gefühle zu empfinden. Der Holocaust an den Nordkaukasischen Völkern ist einfach noch zu nah bzw. dauert immer noch an.

      Ich stimme zu und kann die Tscherkessin gut verstehen.

      Die größte Annäherung und Bewusstseinsänderungen bei diesen Holzköpfen haben Leute wie zB. Willy Brandt zu Wege gebracht, und nicht die Doppelbeschlüsse und Atomsprengköpfe, um noch mehr Vernichtungswaffen zu produzieren. Aber müssen wir immer alles aus der unseligen Geschichte ableiten?

      Ich stimme bei Brandt zu, verweise aber gleichzeitig darauf, daß Ceausescu in Rumänien nicht durch die Entspannungspolitik erschossen wurde und ohne Gorbatschow wohl 1989 die Demonstranten in Leipzig ein ähnliches Ende gefunden hätten wie die Demonstranten im selben Jahr auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking. Hätte noch Andropow (= war KGB-Chef 1956 in Ungarn!) statt Gorbatschow das Sagen in Moskau gehabt, wie wäre dann wohl 1989 in der DDR zu Ende gegangen?
      Nö, wie müssen nicht alles aus der Geschichte ableiten, aber wenn wir sie nicht kennen, können wir locker alle ihre Fehler bis zur nächsten Vergasung wiederholen.

      Gibt?s zu Deiner Interpretation zum heutigen Zionismus unter Sharons Prägung noch ne Steigerung? Google half mir leider nicht weiter.

      Also die Meinung meiner (rumänischen) Familie(nhälfte) dazu ist diese:
      Man kann das Schlechte immer noch steigern, wobei der "Zionismus" an sich nichts schlimmes ist. Es ist nie etwas so schlimm, als daß es nicht noch viel, viel schlimmer werden könnte.
      Sharon ist nach Meinung eines meiner (israelischen) Bekannten a) ein Kriegsverbrecher und b) ein Ar..., aber er wird halt immer wieder von vielen Israelis als "starker Mann" gewählt werden, so lange sich die Israelis auch in ihren Städten durch Selbstmordattentäter bedroht fühlen. Mir wird auf meine kritischen Fragen manchmal geantwortet: "Was meinst Du, wer würde rein theoretisch in Deutschland eher gewählt werden, wenn es Bombenanschläge z.B. von Polen oder Russen auf Deutsche gäbe? Die SPD oder die CDU? Und würden die "harten Extremisten" wie die NPD nicht immer mehr Stimmen nach jedem Attentat gewinnen?"
      Tja, was soll ich dann sagen?
      Avatar
      schrieb am 26.02.03 14:09:17
      Beitrag Nr. 65 ()
      Nachtrag zum letzten Abschnitt in meinem vorhergehenden Posting:
      http://www3.mdr.de/kulturreport/210702/thema3.html
      Avatar
      schrieb am 28.02.03 21:31:30
      Beitrag Nr. 66 ()



      ...
      Neben finanziellen Zuwendungen für die Ausgegliederten gewährt unser System der Bevölkerung parallel zum steigenden Erwerbsdruck in der Wirtschaft immer mehr Unterhaltung. Durch diese Ablenkung können Ablehnungserscheinungen gegen das System wenigstens eine Zeit lang wirksam unterbunden werden. Die Zahl der Fernsehübertragungen etwa von Sportveranstaltungen nehmen dabei seit Jahren in drastischem Umfang zu. Daneben kommt es zu einer Verrohung der Sitten, was sich in der Erwartung des Publikums an die Fernsehanstalten zeigt, mehr Sex- und Gewaltfilme zu senden.

      Dabei ähnelt unsere Gesellschaftsentwicklung in gewisser Weise der des antiken Roms vor dem Zerfall: Als die Eroberungen nicht mehr ausreichten, um den Kapitalhunger des Zentrums zu stillen und damit in einem ähnlichen Prozess wie heute immer größere Teile der Bevölkerung aus dem System ausgestoßen wurden, versuchten die Machthaber, Unruhen durch Brot und Spiele, also Verteilen von Getreide und Gladiatorenspiele, zu verhindern. Der Professor für politische Ökonomie, Ruhland wies bereits Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts darauf hin, dass alle Hochkulturen durch denselben Prozess zugrunde gingen: zuerst Kapitalexpansion und schnelle Steigerung der Produktivität, dann Niedergang durch ungerechte Vermögensverschiebung, entstehende Armut und folgenden kulturellen Verfall.
      Auch unserem System prophezeite er, dass nach einer langen Zeit der Krisen und Kriege der Zusammenbruch erfolgen werde. Damit decken sich seine Erkenntnisse mit denen des Begründers der Massenpsychologie, Le Bon, der vor über 100 Jahren die Entwicklung der Kulturen erforschte. Er stellte dabei fest, dass schnell steigende Abgaben des Staates das frei verfügbare Einkommen der Bevölkerung reduzieren. Damit sinke die Eigeninitiative des Einzelnen, was der Staat durch vermehrten gesetzlichen Zwang und weitere Abgaben auszugleichen versuche. In diesem Prozess verlieren die Menschen die Fähigkeit eigenständig zu handeln. Die Grundlage jeder Gemeinschaft, das Individuum, wird damit zerstört und der Staat muss früher oder später zerfallen.

      ....

      Die Werte von Chancengleichheit, Gerechtigkeit und Sozialpartnerschaft werden, wenn die derzeitigen Entwicklungen anhalten, langfristig völlig verschwinden und nur noch in den Erinnerungen der Menschen vorhanden sein. Ursache dafür ist ein wegen des Zinseszinsmechanismus auf ständige Expansion angewiesenes System, in welchem sich die Rendite langfristig nur dann aufrechterhalten lässt, wenn scheinbar überholte Werte verschwinden. Diese Entwicklung führt sowohl zu einer ungerechten, weil nicht mehr an die Leistung gebundenen, Vermögensumverteilung von unten nach oben, wie auch zur Globalisierung, in welcher der Druck auf die Erdenbewohner unvorstellbare Ausmaße annehmen wird. Am Ende wird sogar dieser steigende Arbeitszwang - bei sinkenden Löhnen - nicht mehr ausreichen, um die explodierenden Schulden zu bedienen. Wie schon immer in der Geschichte, zerfällt dann das System durch Kapitalmangel in einer deflationären Abwärtsspirale. Parallelen beispielsweise zum Untergang des antiken Roms lassen sich heute schon finden: Grenzenloser Reichtum weniger bei zunehmender Armut vieler wie auch Brot und Spiele, um Unruhen durch die Ungerechtigkeiten im System zu unterbinden. Es gibt heute keinen Grund, anzunehmen, dass unsere Gesellschaft ein anderes Schicksal zu erwarten hätte, wenn die momentanen explodierenden Entwicklungen im Kapitalsystem andauern. Im Gegenteil: Die entstandenen technischen Möglichkeiten erhöhen sogar das Risiko von Verzweiflungstaten, welche schnell in einer Katastrophe enden könnten.




      http://www.geldcrash.de/Aktuelles/Artikel/Buchergilde/bucher…



      *huch! ;)
      Avatar
      schrieb am 19.03.03 19:12:01
      Beitrag Nr. 67 ()


      "Die Dinge haben sich zu weit entwickelt"
      Exklusiv-Interview mit Morris Berman

      [Morris Berman]
      © Tom Holt



      Herr Berman, die deutschsprachige Ausgabe Ihres Buches "Twilight of American Culture" erscheint unter dem Titel "Kultur vor dem Kollaps" bei der Büchergilde Gutenberg. Worum geht es darin und mit welchem Ziel haben Sie dieses Buch geschrieben?

      "Twilight" war für mich ein Versuch, meine Eindrücke von der amerikanischen Gesellschaft in einen geordneten, historischen Rahmen zu stellen. Man sieht heute überall in Amerika die Symptome des kulturellen Niedergangs und es stellt sich die Frage, wohin das alles führen wird. Es ist meine persönliche Überzeugung, dass dies keine zufälligen oder episodenhaften Geschehnisse sind. Wir haben es meiner Meinung nach vielmehr mit Symptomen zu tun, die die Endphase einer Zivilisation ankündigen und ich vermute, dass Amerika nach nunmehr 225 Jahren in die Phase des Abstiegs tritt.

      Welche Anzeichen sehen Sie für diesen Niedergang?

      Die Anzeichen sind interessanterweise diesselben, die auftraten, als sich das Römische Reich aufzulösen begann. - das heißt etwa vom 3. Jahrhundert an - wenn auch in einer zeitgemäßen Form. Die Parallelen sind folgende:

      die sich vergrößernde Kluft zwischen arm und reich.

      die zunehmende Unfähigkeit für Unterstützungsmaßnahmen und Administration zu zahlen, die eine funktionierende Kultur ermöglichen.

      rapide ansteigender Analphabetismus und die Abnahme intellektuellen Bewusstseins.

      das, was ich und vermutlich auch Oswald Spengler, als "spirituellen Tod" bezeichnen: Die Korrumpierung der Politik, die Aushöhlung kultureller Marken ("Republik" im Fall des Römischen Reiches, "Demokratie" im Falle Amerikas), weitverbreitete Gefühle von Zynismus, Apathie etc.

      Wie definieren Sie den Begriff "Kultur" in diesem Zusammenhang?

      "Kultur" ist im wesentlichen die Gesamtheit der Symbole und Werte, unter denen eine Gemeinschaft (darunter verstehe ich auch im weitesten Sinne die Nationalstaaten) lebt, und die Institutionen, die sie hervorbringt.
      Lassen wir jetzt das Römische Reich beseite und betrachten wir die vier Faktoren, die ich oben genannt habe: Alle vier Faktoren sind im heutigen Amerika deutlich sichtbar - in meinem Buch habe ich das im Detail dokumentiert. Man kann das anhand von Einzelbeispielen zeigen oder anhand von Statistiken - ich tue beides.
      Nehmen wir als Beispiel die Abnahme des intellektuellen Bewusstseins. Amerikanische Komiker machen sich mittlerweile über die unglaubliche Ignoranz der einfachen Mittelklasse lustig, indem sie Interviews auf der Strasse duchführen: Erst kürzlich sah ich eine Fernsehsendung mit dem Titel "Street Smarts". Der Moderator fragte einen Mann: "Welches Instrument spielt ein Cellist?" Die Antwort: "Piano". Dann fragte er eine Frau: "Wer schrieb Dantes Inferno?" Die Antwort: "John Schlesinger". (Wer in aller Welt ist John Schlesinger?) Man erlebt diese Dinge heute täglich, während es noch vor 15 Jahren relativ selten war. Welche statistischen Belege gibt es für diese Beobachtungen? Organisationen wie die "National Science Foundation", "Gallup Poll" und andere führen ständig Umfragen durch, Erhebungen, die enthüllen, dass 21% der Amerikaner glauben, die Sonne kreise um die Erde, weitere 7% wissen nicht, was um was kreist, 40% der erwachsenen Amerikaner wissen nicht, wer der Feind im Zweiten Weltkrieg war. 42% können Japan auf einer Weltkarte nicht ausfindig machen, 15% sind noch nicht einmal in der Lage die USA zu lokalisieren. 120 Millionen Amerikaner sind Analphabeten oder zumindest funktionale Analphabeten, 50% sind nicht in der Lage einen einfachen Geschäftsbrief zu verfassen.

      Sie sind nicht sehr optimistisch, was das Engagement kleiner Privatinitiativen angeht. Sehen Sie eine Chance, eine bessere Gesellschaft in unserer Lebenszeit zu schaffen?

      Was die aktuelle Lage in Amerika angeht, bin ich nicht optimistisch für die nahe Zukunft, denn es gibt keine Ausnahme zur historischen Gesetzmäßigkeit: Wie Individuen gehen auch Zivilisationen durch einen Lebenszyklus: Geburt, Blütezeit und Verfall. Eine Zivilisation im Niedergang kann sich sicherlich von Zeit zu Zeit erholen wie Arnold Toynbee gezeigt hat, aber der übergeordnete Verlauf kann nicht geändert werden. Daher ist "meine" Lösung der amerikanischen Krise langfristig angelegt, eine, die ihre Parallele in der römisch-europäischen Erfahrung hat: Das Auftauchen einer Gruppe von Menschen (Mönche mit klösterlichen Bibliotheken), die sich dem Erhalt des kulturellen Erbes verpflichtet haben. In Europa waren sie es, die schließlich entscheidend für die Geburt der Renaissance wurden.

      Ihre Lösung, kulturelle Traditionen in dunklen Zeiten zu bewahren, heißt "Die monastische Option", oder "geistiges Nomadentum", eine Tradition des mittelalterlichen Europa. Sie meinen damit nicht nur technologisches oder philosphisches Wissen sondern auch Lebensweisen. Können Sie das erläutern?

      Richtig, daher beschäftige ich mich in meinem Buch mit Individuen, die sich der Erhaltung von Kulturen widmen. Ich nenne diese Menschen "neue monastische Individuen", neu deshalb, weil ihre Arbeit etwas anderes ist, als die von Mönchen, die sich in Klöster zurückziehen und meditieren. Ein Beispiel ist die Arbeit von Earl Shorris, ein Mann der 1995 das "Great Book Program" (eine Art geisteswissenschaftliche Akademie für Menschen, die unterhalb der Armutsgrenze leben. Anm. des Übersetzers ) für die Armen der Innenstadt in New York aufgebaut hat. Ein Programm, das großen Erfolg hatte und das sich seither in andere Städte verbreitet hat. Nun glaube ich zwar nicht, dass die Fähigkeit, sich die Ideen von Goethe und Voltaire anzueignen, die Armut lindern wird, aber ein Programm wie dieses kann helfen, die Schätze der Aufklärung für ein zukünftiges Zeitalter zu bewahren. Ray Bradbury hat vor vielen Jahren in seinem berühmten Roman Fahrenheit 451 von etwas ganz ähnlichem gesprochen.

      Politische Bewegungen wie ATTAC versuchen den Einfluss von multinationalen Konzernen zurückzudrängen, versuchen die Auswirkungen der Globalisierung zu bekämpfen. Wie stehen Sie zu diesen Bewegungen? Können sie das Schicksal der Weltgemeinschaft ändern?

      Man kann nicht sagen, dass diese Initiativen nichts bewirken. Diese Initiativen auf Gemeindebasis, die Demonstrationen in Seattle und anderswo, die Arbeit von amnesty international, die Wiederbelebung der Gewerkschaftsbewegung sind alle im lokalen Zusammenhang und in kurzen Zeiträumen notwendig und wertvoll. Aber ich glaube nicht, dass damit der Niedergang im Großen aufgehalten werden kann und sicherlich nicht jetzt: Die Dinge haben sich zu weit entwickelt.

      Das 20. Jahrhundert wird das "amerikanische Jahrhundert" genannt. Was bedeutet das für Europa und für all die anderen Länder auf der Welt?

      Was die politische und wirtschaftliche Hegemonie angeht, so scheint es angemessen, das 20. Jahrhundert das "amerikanische Jahrhundert" zu bezeichnen; seine Dominanz löste diejenige Großbritanniens nach dem Ersten Weltkrieg ab. Ich würde hinzufügen, dass was die kulturelle Hegemonie angeht, das 21. Jahrhundert das "amerikanisierte Jahrhundert" sein wird, verkörpert durch die Ausbreitung von Coca-Cola, MTV und Kentucky Fried Chicken in die entlegendsten Winkel der Welt. Keine gute Entwicklung meiner Meinung nach, vor allem weil wir auch eine "wirkliche" Kultur haben, Schriftsteller wie Don DeLillo beispielsweise oder Komponisten wie Miles Davis, aber die Flutwelle der Globalisierung (wirklich ein phantasievoller Name für Imperialismus) ist einfach zu stark. Nehmen Sie die Handys als Beispiel: Man sieht diese Technologie im kleinsten italienischen Dorf. Mit welchem Ergebnis? Sie erweitert die Sphäre der Arbeit und des Business in jeden Bereich des menschlichen Lebens und reißt die Barrieren zwischen Öffentlichkeit und Privatleben nieder.

      Seit dem 11. September hört man viel vom "Angriff auf die westliche Zivilisation". Was halten Sie von dieser Aussage?

      Ich glaube nicht, dass man den Angriff auf das World Trade Center - so schrecklich er auch gewesen ist - als Angriff auf die westliche Zivilisation bezeichnen kann. Die Terroristen wählten ihre Ziele sehr sorgfältig aus. Sie steuerten ihre Maschinen schließlich nicht in die Freiheitsstatue oder beispielsweise in die Columbia University. Das wäre wirklich ein Angriff auf die westliche Zivilisation gewesen, auf die Symbole der Aufklärung. Aber diese Symbole repräsentieren das heutige Amerika nicht mehr, die Wall Street dagegen umso mehr. Und wenn eine Kultur den Punkt erreicht, an dem Geld und Konsum die wichtigsten Werte geworden sind, dann ist die Kultur wirklich am Ende.
      Das ist eine Kultur, in der die Welt der Waren mit Lebensqualität verwechselt wird. In dem Maße, in dem Europa dem verführerischen Ruf dieses Denkens widerstehen kann und darauf beharrt, dass Geld und Geschäft Mittel sind, nicht Zweck, solange wird es seinen Bürgern ein sinnerfülltes Leben bieten können. Man kann nur darauf hoffen.

      Interview und Übersetzung von Jürgen Sander
      www.buechergilde.de
      Avatar
      schrieb am 20.03.03 06:46:49
      Beitrag Nr. 68 ()


      Irak-Konflikt

      Der Marsch auf Bagdad

      Noch nie war Amerika so stark, noch nie so allein. Nach dem Krieg muss die "Hypermacht" das verspielte Vertrauen der Nationen zurückgewinnen

      Von Josef Joffe



      Blick durch ein Nachtsichtgerät auf britische Soldaten in Kuwait
      © Jan Jones/Pool/Reuters
      Die Würfel sind gefallen, und auf allen sechs Seiten steht „Krieg“, hat doch Saddam Hussein seine Chance zur Flucht nicht genutzt. Wäre der Irak-Krieg zu vermeiden gewesen? Ja – wenn sowohl Amerika als auch seine einstigen Bundesgenossen ihr vorgebliches Ziel geehrt hätten: die Entwaffnung des Despoten. Diese hätte kein Unschuldslamm getroffen, sondern einen der schlimmsten Schurken unserer Zeit; die reine Entwaffnung wäre auch durch die Resolutionen des UN-Sicherheitsrates gleich 17fach abgedeckt gewesen.

      Zur Erinnerung: Die einstimmige Resolution 1441 spricht nicht von ein bisschen, sondern von „vollständiger“ Abrüstung, nicht von irgendwann, sondern „sofort“, nicht von weiteren Verhandlungen, sondern von einer „letzten Gelegenheit“ und „ernsthaften Konsequenzen“. Wäre aber „Entwaffnung“ tatsächlich das Ziel gewesen, hätten Amerika/England und Deutschland/Frankreich anders reden und handeln müssen. Berlin und Paris hätten dann nicht über „Multipolarität“ und „Selbstbehauptung“ geplaudert, sondern zusammen mit den Angloamerikanern eine militärische Druckkulisse ohne Schlupflöcher aufgebaut. Im Lauf der Verhärtung aber wurde klar, dass es dem Euro-Duo nicht um die Entwaffnung des Iraks, sondern um die Blockade und Eindämmung amerikanischer Übermacht ging.

      Und Amerika? Auch dort rutschte die Abrüstung zugunsten größerer, gefährlicherer Ambitionen in den Hintergrund: Regimewechsel, Demokratisierung, ja, die Neuerfindung des Nahen Ostens. Damit war ein gemeinsamer Nenner ebenso perdu wie ein etwas gelassenerer Ablaufplan, der den tausendfachen Tod von Unschuldigen hätte vermeiden können. Fazit: Die Mittelmachts-Fronde konnte den Krieg nicht stoppen, die „Hypermacht“ ist isoliert. Noch nie seit 1945 war das mächtigste Land aller Zeiten so allein wie das Amerika von Bush, Cheney und Rumsfeld. Diese Ausgeburten verpatzter Diplomatie hat keiner der vier Hauptakteure so gewollt: weder Bush noch Blair, weder Chirac noch Schröder.

      Von keinem gewollt war auch das erste „Großereignis“ des 20. Jahrhunderts, der Erste Weltkrieg. Deshalb muss man auch heute nach den tieferen Kräften fahnden, welche die übelste aller Folgen, den Krieg, gezeugt haben. Der erste Chronist, der solchen „letzten Dingen“ nachging, war Thukydides. Im Peloponnesischen Krieg räsonierte er vor zweieinhalbtausend Jahren also: Über die „Streitpunkte schreibe ich vorweg, damit nicht später einer fragt, woher denn ein solcher Krieg in Hellas ausbrach. Den wahrsten Grund freilich, zugleich den meistbeschwiegenen, sehe ich im Wachstum Athens, das die erschreckten Spartaner zum Krieg zwang…“

      Diese historische Schablone kann nicht den Irak-Krieg erklären. Sie hilft aber beim Verständnis des heutigen „innerhellenischen Krieges“, der von Russland und China flankierten Machtprobe im Westen selbst. Wiewohl unblutig, lässt sich dieser Machtkampf vom Irak-Krieg nicht trennen. Er begann schon vor zwölf Jahren, als die Sowjetunion sich selbst abschaffte. Das war das Ende des Kräftegleichgewichtes, des strategischen Patts, das den Großmächten eine beispiellose Pause der Stabilität (auch Kalter Krieg genannt) vergönnt und ihrer Gefolgschaft eine nicht minder beispiellose Abhängigkeit aufgezwungen hatte. Warum die Zeitenwende nicht gleich sichtbar wurde? Wie die Küken unter der Wärmelampe hatten es sich die Europäer so kommod unter dem amerikanischen Schirm eingerichtet, dass sie die U.S. Cavalry gleich zweimal, 1995 und 1999, gegen Serbien um Beistand bitten mussten.

      „Amerikas Weg hängt nicht von der Entscheidung anderer ab“

      Das aber lief auf der Oberfläche ab, derweil sich im Untergrund jene historischen Kräfte weiterfraßen, die Montesquieu schon im Geist der Gesetze melancholisch beschrieben hatte: „Sowie ein Staat seine Kräfte verstärkt, tun dies sofort auch die anderen, sodass nichts gewonnen wird als der gegenseitige Ruin.“ Das ist die uralte Logik der Balance of Power, die sich aus dem Eis der Bipolarität befreit hat. Saddam ist nur der blutige Anlass, nicht die eigentliche Ursache der Revolte gegen die Nummer eins, die Deutschland, Frankreich und Russland seit Jahresbeginn proben.

      Und Amerika? Auch hier hat Thukydides eine Antwort parat. Im Melier-Dialog lässt er die Athener (Amerikaner?) sprechen: „Ihr wisst so gut wie wir, dass im menschlichen Verhältnis Recht nur gilt bei Gleichheit der Kräfte, doch der Starke das Mögliche durchsetzt, der Schwache es hinnimmt.“ Dass Amerika nach dem 11. September eine tödliche Bedrohung spürt, sollten auch jene verstehen, die nicht in der Schusslinie des Terrors stehen. Dass aber Amerika so redet und handelt, wie hinlänglich vermerkt und verdammt, hat mit dem Gefühl schier unbegrenzter Macht zu tun. Wird die derzeitige militärische Planung erfüllt, ohne dass andere Staaten nachziehen, werden die USA 2006 mehr für Wehr und Waffen ausgeben als der gesamte Rest der Welt. Droht schon der imperiale Verfall? Noch lange nicht: Gerade drei Prozent seines gewaltigen Bruttoinlandsproduktes gibt Amerika für die Verteidigung aus – zwei Prozent weniger als im Vietnamkrieg, so viel wie Westdeutschland im Kalten Krieg.

      Kein Wunder, dass der Präsident des entfesselten Giganten in der „State of the Union“-Rede von 2003 verkündet: Letztendlich „hängt der Weg dieser Nation nicht von den Entscheidungen anderer ab“. Zuvor hatte Verteidigungsminister Rumsfeld Ähnliches erklärt, als er die Nato mit den Worten beiseite schob: „Die Aufgabe bestimmt die Koalition, und nicht umgekehrt.“ Man darf’s noch verschärfen: Dieser Riese ist so stark, dass er (fast) ohne Koalition in den Irak-Krieg marschieren konnte. Dass er ihn gewinnen wird, steht außer Frage – hoffentlich so schnell und (relativ) unblutig, wie es die Militärexperten voraussagen. Demokratisierung? Es wäre schon viel gewonnen, wenn eine Diktatur, die allein im Iran-Krieg (1980 bis 1988) eine Million Menschen in den Tod schickte und Hunderttausende daheim umbringen ließ, durch ein gemäßigt-autoritäres Regime ersetzt würde.

      Verkommt der Krieg nicht zum Massaker, werden die Bushisten nicht ganz so schlecht dastehen wie vor dem Krieg. Auf dem Bildschirm werden nicht nur die Nervengasbehälter auftauchen, die den Inspektoren entgangen sind, sondern auch die befreiten politischen Häftlinge, die der Welt von ihrem Horror erzählen werden. „Doch irrt sich die Regierung Bush“, schreibt Newsweek-Chefkommentator Fareed Zakaria, „wenn sie glaubt, dass ein erfolgreicher Krieg das ausufernde Misstrauen und Ressentiment abschütteln wird, das auf der US-Außenpolitik lastet. Vor allem fürchten so viele eine Welt, die von einer einzigen Macht dominiert wird – Amerika.“

      Auch wenn diese „Hypermacht“ nicht wie alle Hegemonen vor ihr ein Land nach dem anderen kassiert, auch wenn sie bloß Diktatoren stürzt und die Arsenale des Schreckens vernichtet, so bleibt sie doch eine Hypermacht. Und Übermacht schafft Übermut. Der englische Dichter John Dryden (1631 bis 1700) hat das Problem in Absalom and Achitophel satirisiert: „But when the chosen people grew more strong / The rightful cause at length became the wrong.“ (Doch wurde das auserwählte Volk zu stark / Und seine gerechte Sache alsbald zur ungerechten ward.) Macht, das war noch immer so, verführt seinen Besitzer.

      Wird das auch im Falle dieser „imperialen Republik“ so sein, wie Raymond Aron die USA schon vor 40 Jahren tituliert hat? Markiert der Irak-Krieg die Zeitenwende – so wie Waterloo, Versailles und Jalta? Es gibt zwei Möglichkeiten. Beide heißen „Zurück in die Zukunft“, doch ist die eine die von Thukydides und Montesquieu, die andere die von Truman, Eisenhower und Clinton. Auf dem einen Weg steht „Eindämmung“, auf dem anderen „Selbsteindämmung“.

      Das „Ko“ beherzigen – wie in „Konsens“ und „Kooperation“

      Zukunft 1: In der nehmen sich Chirac, Schröder, Putin et al. Clemenceau zum Vorbild, der 1919 polterte: „Es gibt ein altes Bündnissystem, genannt das Gleichgewicht der Kräfte. Dieses System wird in Versailles mein Leitstern sein.“ Ist diese Zukunft tatsächlich zukunftsgerecht? Sie braucht ein Quantum militärischer Macht, die das „Alte Europa“ kaum aufbringen wird, und schon gar nicht Deutschland. Die Deutschen, Italiener, Holländer, Skandinavier haben lange auf dem „Mars“ gelebt, um ein Bild des Europa-Kritikers Robert Kagan aufzugreifen, und dort zum Schluss nur die schrecklichsten Niederlagen erlitten; also werden sie die „Venus“ so schnell nicht aufgeben. Ein richtiges Militärbündnis gegen die die Nummer eins? Unvorstellbar – und nicht nur, weil das „Neue Europa“ sich nicht gegen Amerika wird einspannen lassen. Denn: Wie würde harte Gleichgewichtspolitik gegen die Supermacht aussehen, mit der Europa so vielfältig verflochten ist, deren Märkte es ebenso braucht wie dessen gelegentlichen militärischen Sukkurs?

      Zukunft II In der nehmen sich Bush und Nachfolger das Goldene Zeitalter amerikanischer Diplomatie zum Vorbild, als die Trumans und Eisenhowers die nationalen Interessen so definierten, dass sie auch die der anderen mittrugen, jedenfalls im Westen. Wer kann noch die Kürzel von UN über Nato bis zum IWF zählen? Vorbei? Nur der Kalte Krieg ist vorbei, nicht aber eine Welt, in der Amerika allenfalls militärisch allein handeln kann. Oder nicht einmal das: Wie viel Bestechungsgeld, wie viel Druck musste Washington aufwenden, damit diese schmale Koalition der Willigen zustande kam?

      Das zeugt ebenso von Vertrauensverlust wie die breite Ablehnung des Krieges in der öffentlichen Meinung auch der Koalitionsstaaten. Noch nie war Amerika so mächtig und noch nie so allein. Wenn aber so viele lieber ein Monstrum wie Saddam Hussein in Kauf nehmen wollen, als mit der Supermacht zu paktieren, dann hat Amerika ein Problem, das auch ein glänzender Sieg im Irak nicht beseitigen kann. Deshalb gilt es, in der Nachkriegszeit das „Ko“ in „Koalition“ zu beherzigen, so wie in „Kooperation“ und „Konsens“.

      Beginnen wir mit dem Wiederaufbau des Iraks. Noch rümpfen die Bushisten die Nase über nation-building. Aber sie werden es anpacken müssen, wenn sie das Land auf seinen Trümmern nicht allein lassen und damit all jenen Recht geben wollen, die Amerika bloß mit Gewaltbereitschaft identifizieren. Nation-building aber heißt Polizei- und Verwaltungsarbeit, Reparatur und Investition. Wer da nicht andere einbindet, hat den Frieden schon verloren. Die Agenda lässt sich beliebig verlängern, weltweit – von der Enthauptung der Terror-Hydra über die Entnuklearisierung Nordkoreas zur Wiedergesundung der Weltwirtschaft.

      Gewiss können sich Berlin und Paris nicht zu ebenbürtigen Gegnern aufwerfen, aber sie können Knüppel werfen, die Amerika dann zurückwirft. Das Gesamtwohl des Westens wird so nicht gedeihen. Im Getöse des Krieges und der seelenzerfressenden Angst vor dem Terrorismus haben derlei Gedanken keine Lobby in Washington, aber sie werden sich durchsetzen müssen. Denn die „imperiale Republik“ ist kein Imperium, das mit seinen Freunden so verfährt wie Athen mit den Meliern, sondern eine liberale Demokratie, die sich noch immer als „Leuchtturm der Nationen“ versteht. Oder: Auch in Amerika kommen die meisten von der „Venus“, nicht vom „Mars“.

      Möge der Sieg im Irak nicht das Übel noch vergrößern, das Saddam Hussein in 30 Jahren Schreckensherrschaft und Angriffskrieg schon angerichtet hat. Und möge sich Amerika nicht einen Dauer-Zweitwohnsitz auf dem „Mars“ einrichten. Dort ist es eisig und unwirtlich.


      (c) DIE ZEIT 13/2003

      ZUM ARTIKELANFANG


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      schrieb am 11.04.03 16:08:45
      Beitrag Nr. 69 ()
      Ist Amerika das neue Rom?
      Die antike Supermacht ging zugrunde, weil die friedliche Ansiedlung der Germanen misslang. Werden auch die USA, in denen seit dem 11. September die Furcht vor den Barbaren grassiert, dieses Schicksal teilen? Oder stehen sie erst am Beginn weltweiter Vorherrschaft? Ein Vergleich zweier Imperien, die konkurrenzlos in der Weltgeschichte sind
      von RALPH BOLLMANN
      Was für eine Heuchelei!, haben wir in der Lateinstunde gedacht. Immer nur mussten sich die Römer gegen Angriffe zur Wehr setzen. Erst von konkurrierenden Städten in den Krieg gezwungen, dann von den Karthagern, schließlich von Galliern und Germanen. Eines Tages stellten sie verdutzt fest, dass sie sich ein Weltreich zusammenverteidigt hatten - ohne jede Absicht, wenn man den Quellen glaubt.


      Heute verstehen wir die Römer besser. George W. Bush mochte den Amerikanern im Wahlkampf noch so sehr versprechen, sich aus fernen Konflikten heraushalten zu wollen. Am Ende musste er wie die antiken Staatsmänner einsehen, dass sich die einzige Supermacht aus den Krisen an der Peripherie nicht heraushalten kann - trotz aller Vorsätze, Afghanistan, Palästina oder Europa künftig sich selbst zu überlassen.

      Im alten Rom wie im heutigen Amerika war es ein einzelnes Ereignis, das eine Politik der militärischen Stärke so zwingend erscheinen ließ. Was für die Amerikaner der 11. September, war für die Römer das Jahr 387 vor Christus: Die Verwüstung der Stadt durch marodierende Gallier hinterließ ein Trauma. Anders als dem US-Geheimdienst war es den Gänsen auf dem Kapitolshügel allerdings gelungen, die Stadtbevölkerung durch lautes Schnattern vor dem Anschlag zu warnen.

      Bei den Römern dauerte es immerhin acht Jahrhunderte, bis die Barbaren erneut ins Herz des Imperiums vordringen konnten. Am 24. August des Jahres 410 nach Christus stürmten die Westgoten mit ihrem König Alarich die Ewige Stadt, die den Zenit ihrer Macht längst überschritten hatte. Für Zeitgenossen wie für Chronisten war es das Zeichen, dass die Tage Roms endgültig gezählt waren.

      Sind auch die USA bereits im Niedergang begriffen, wie manch ein Beobachter gleich nach dem 11. September meinte? Oder stehen sie erst am Anfang einer langen Phase weltweiter Vorherrschaft, die mit dem Untergang der Sowjetunion vor einem Jahrzehnt begann - ganz ähnlich, wie die Römer nach dem Untergang Karthagos keine Konkurrenz mehr fürchten mussten?

      Die Debatte, die in Amerika schon seit einem Jahrzehnt geführt wird, hat sich seit den Terroranschlägen des vergangenen Jahres noch einmal zugespitzt. Überraschenderweise sind die Stimmen, die einen baldigen Niedergang prophezeien, seit dem traumatischen Angriff auf das amerikanische Selbstbewusstsein nicht lauter, sondern leiser geworden. Der Historiker Paul Kennedy beispielsweise, der in seinem oft zitierten Buch über "Aufstieg und Fall der großen Mächte" den Niedergang der Weltmacht vorausgesagt hatte, will davon heute nichts mehr wissen. Ein wenig gequält stellt er fest, die USA müssten sich mit ihrer Macht eben abfinden. Dem Land bleibe "nichts anderes übrig, als zu sein, wie es ist".

      Das ist umso erstaunlicher, als kein einziges der in den Neunzigern diagnostizierten Krisensymptome seither verschwunden ist. Im Gegenteil. Die Gefahr einer strategischen "Überdehnung" durch Militäreinsätze in aller Welt, die irgendwann die finanziellen Möglichkeiten auch der reichsten Nation übersteigen, ist durch die Kriege in Afghanistan und womöglich bald im Irak realer denn je. Und die notorischen Kulturpessimisten, die sich über die angebliche Dekadenz der westlichen Zivilisation beklagen, fänden heutzutage mehr Argumente denn je zuvor - von der Allgegenwart der Unterhaltungsindustrie bis zu den Bilanzfälschungen amerikanischer Konzerne.

      Je entwickelter eine Kultur, desto lauter die Kritik an der eigenen "Dekadenz": Diese Grundregel galt auch im alten Rom. Schon Cicero (106-43 v. Chr.) beklagte in seinen großen Reden den Verfall der Sitten, und anderthalb Jahrhunderte später konfrontierte Tacitus (56/57-117 n. Chr.) seine Landsleute mit den vorbildlich unverdorbenen Germanen. Fast alle Krisenzeichen, die Tacitus beklagte, lassen sich auch heute notieren. Beruhigend daran ist: Das angeblich so dekadente Römerreich hatte nach dem Tod Tacitus noch 360 Jahre Bestand.

      Dieses Faktum hielt Nachgeborene freilich nicht davon ab, an der These vom Verfall der Sitten als Ursache für den Untergang Roms festzuhalten. Selbst Friedrich Engels führte das Ende des Reichs nicht auf Klassenkämpfe zurück, sondern auf die "Versumpfung einer untergehenden Zivilisation". Unter Historikern aber war die Dekadenztheorie immer nur eine von vielen Erklärungen - und nicht einmal die triftigste.

      Mindestens vierhundert Gelehrte, zählt der Berliner Althistoriker Alexander Demandt, haben sich bis heute eine Deutung für den Abstieg des Imperiums zurechtgezimmert - und nicht weniger als 210 Faktoren für den Niedergang verantwortlich gemacht, von A wie "Aberglaube" bis Z wie "Zweifrontenkrieg". Selbst das Badewesen oder das bleihaltige Trinkwasser galt manchem Interpreten als fatal, andere verorteten die Ursache des Verhängnisses in der Feinschmeckerei oder der Emanzipation der Frauen.

      Die Debatte über eine der größten Streitfragen der Geschichtswissenschaft führt zu den immer wieder gleichen Fragen: Warum hielt das "Imperium Romanum" nach Jahrhunderten unbestrittener Vorherrschaft dem Ansturm der Germanen nicht mehr stand? Warum fiel es einem antiken "Kampf der Kulturen" zum Opfer, obwohl die "Barbaren" aus dem Norden eigentlich gar keine ebenbürtigen Gegner waren?

      Von diesen bärtigen Männern aus einer fernen Weltregion, von denen man so wenig wusste, waren die Römer gleichermaßen fasziniert wie abgestoßen. Sie fürchteten die Barbarei und sehnten sie zugleich herbei. Einerseits grauste es Tacitus, den Peter Scholl-Latour jener Tage, vor den wilden Germanen, die zu viel tranken und zu schlecht aßen. Aber gleichzeitig pries er sie als Vorbild unverdorbener Natürlichkeit und rühmte die "wohl behütete Sittsamkeit" ihrer Frauen, die "nicht durch lüsterne Schauspiele, nicht durch aufreizende Gelage" verführt würden.

      In den Jahrhunderten nach Tacitus nahm dieses Gefühl der Fremdheit immer mehr ab. Das "freie" Germanien wurde von den Produkten der römischen Zivilisation durchdrungen, die Germanen selbst fanden den Weg bis ins Zentrum des Reichs. Dass ihre friedliche Integration trotz viel versprechender Anfänge schließlich misslang, sehen die meisten Historiker heute als Hauptgrund für den Untergang des Imperiums. So versäumten die Römer, meint Demandt, die Germanen auf jenen Äckern anzusiedeln, die wegen der Agrarkrise im spätantiken Reich ohnehin brachlagen. Ihrer Assimilationswilligkeit wegen hätten die Germanen "weiter als geschehen ins Reich hineinwachsen können".


      Lange galt die germanische Völkerwanderung, die das Römische Reich zum Einsturz brachte, als Thema für Spezialisten. Das hat sich durch die bundesdeutsche Zuwanderungsdebatte gründlich geändert. Im Frühjahr sendete das ZDF eine ganze Serie über diese spätantike Migrationsbewegung. Wie alle Einwanderer der Geschichte, hieß es da, hätten auch die Germanen schlicht "auf ein besseres Leben" gehofft. Um "Teilhabe" sei es ihnen gegangen, um die Integration in ein Gesellschaftssystem, "das kulturell höher entwickelt war, mehr Wohlstand und Frieden sowie bessere medizinische Versorgung versprach als das ihre".

      Jahrhundertelang hatte das Römische Reich eine erstaunliche Fähigkeit bewiesen, diese Bedürfnisse zu befriedigen - und Menschen aus den unterschiedlichsten Kulturen und Religionen zu integrieren. Auch die Dominanz der Amerikaner beruht nur zum kleineren Teil auf unmittelbarer politischer Herrschaft oder militärischer Gewalt - anders als der kurzlebige europäische Imperialismus des 19. Jahrhunderts. Viel wichtiger sind, wie im alten Rom, die ökonomische Durchdringung der Peripherie und die kulturelle Anziehungskraft der eigenen Zivilisation.


      Nur so konnte zum ersten Mal seit der Antike ein Imperium entstehen, das - so der italienische Theoretiker Toni Negri - "kein Außerhalb mehr kennt". Dieses Imperium noch als "römisch" oder "amerikanisch" zu bezeichnen ist fast eine unzulässige Vereinfachung: Für Negri ist "der Ort, von dem imperiale Herrschaft heute ausgeht, ein Nichtort".

      In den Jahrhunderten der Pax Romana gab es kaum Versuche, aus diesem Imperium auszubrechen. Bis in die entlegensten Provinzen waren die Menschen offenbar der Meinung, dass ihnen die Zugehörigkeit zum Imperium mehr nützt als schadet. Die verlässliche Versorgung mit Getreide und Wein, eine schicke Toga oder die Zerstreuung im Theater - das alles hatte in der Antike eine ähnliche Anziehungskraft wie heute McDonalds oder Coca-Cola, Levis oder Hollywood.

      Aber es ging nicht nur um materiellen Wohlstand. Die Überlegenheit römischer Wissenschaft kam ebenso hinzu wie relativ große Freiheit in der persönlichen Lebensführung, von der Sklaven und Frauen freilich ausgeschlossen blieben. Auch das Lateinische als Lingua franca des westlichen Mittelmeerraums verstärkte die Integrationskraft des Imperiums - nicht anders als heute das Englische.

      Wie die Pax Americana, so war allerdings auch die Pax Romana ein zwiespältiger Begriff. Neben dem Lob des Friedens und Wohlstands enthielt er immer auch Kritik an der Unterdrückung der Peripherie, die mit einer solchen Weltordnung verbunden ist. Der amerikanische Präsident, dessen Politik für die gesamte Welt so folgenreich ist, wird nur von einem winzigen Teil der Weltbevölkerung gewählt. Und die römische Politik orientierte sich in erster Linie an den Interessen der Hauptstadt, deren Einwohner zunächst als Einzige volles Bürgerrecht besaßen. "Civis Romanus sum": Dieser Status verschaffte einem Bürger eine privilegierte Stellung. Dass sich sein Inhaber einer fremden Rechtsordnung unterwerfen könnte, war unvorstellbar - ebenso unvorstellbar wie für die USA die Idee, ein internationales Gericht könnte über amerikanische Staatsbürger urteilen.

      Im alten Rom freilich wurde dieses Bürgerrecht im Laufe der Zeit auf immer weitere Teile des Imperiums ausgedehnt. Bis auf die Sklaven kamen am Ende praktisch alle Reichsbewohner in seinen Genuss. Auch dies trug dazu bei, dass die Integration der "Barbaren" zunächst zu gelingen schien. Immer mehr Germanen dienten im römischen Heer. Einigen von ihnen gelang der gesellschaftliche Aufstieg: Seit Kaiser Diokletian (284-305) stand den Germanen die Offizierslaufbahn offen, seit Kaiser Konstantin (306-337) konnten sie sogar Konsuln werden. Dass ein Barbar auch den Kaiserthron erklimmen würde, war "nur eine Sache der Zeit" (Demandt).

      Unter den Römern selbst war die Zuwanderungsfrage durchaus umstritten. Die Integrationsbereitschaft hatte auch im liberalen römischen System ihre Grenzen. Doch die Reichsfremden waren als Sklaven wie als Söldner längst unentbehrlich. Der in Senatoren- und kirchlichen Kreisen verbreitete Widerwille gegen den Barbaren habe daher "keine Grundlage für eine erfolgreiche Politik" (Demandt) sein können.

      Entscheidend für die Integrationskraft der amerikanischen Zivilisation ist die Tatsache, dass die USA - anders als die früheren europäischen Kolonialmächte - selbst eine Gesellschaft von Einwanderern sind. Wie in den USA war das Einzige, was in Rom Bürgern abverlangt wurde, Loyalität gegenüber dem Imperium und seinen Symbolen. Die Verehrung des göttlichen Cäsaren diente wie der Kult ums Sternenbanner der politischen Integration einer heterogenen Gesellschaft. Erst das Auftreten einer fundamentalistischen Religionsgemeinschaft - der Christen - stellte den Konsens multikulturellen Zusammenlebens in Frage: Die Christen lehnten den Kult um den Kaiser strikt ab.

      Im Aufkommen des Christentums sah der britische Historiker Edward Gibbon die Ursache für den Untergang Roms. Die Intoleranz der Christen gegenüber Andersgläubigen habe die viel gerühmte Integrationskraft der römischen Kultur entscheidend geschwächt. "Ich habe den Triumph der Barbarei und der Religion beschrieben", fasste Gibbon sein sechsbändiges Werk über "Verfall und Untergang des Römischen Reichs" zusammen.

      Aber der Fehlschlag der römischen Zuwanderungs- und Integrationspolitik ging einher mit einem scheinbar unauflösbaren Reformstau in vielen anderen Bereichen. Eine Neustrukturierung des kriselnden Agrarsektors war ebenso überfällig wie eine Reform des Heeres, in dem die (träge gewordenen) Römer nicht mehr dienen wollten. Das Militärbudget trieb die Steuerquote in eine Höhe, die ökonomisch kaum noch vertretbar war - und die aufwändige Steuerverwaltung blähte wiederum den überbesetzten Staatsapparat auf.

      Immer weniger gelang es dem Imperium, Krisen zu meistern. Hinter den antikisierenden Säulen der Regierungsgebäude in Washington hat man aber die Lektion aus der mangelhaften römischen Politik gelernt. Jedenfalls wurde die US-Regierung nach dem 11. September nicht müde, zu betonen, beim Krieg gegen den Terrorismus gehe es nicht um den "Kampf der Kulturen".

      Die Europäer spielen im amerikanischen System eine ähnliche Rolle wie die Griechen der Antike. In kleinste Einheiten zerfallen, hatten sie ihre politische Führungsrolle in stetem Zwist verspielt und am Ende das Eingreifen der Supermacht provoziert. Fortan lebten sie im Schatten der Weltgeschichte und blickten als Angehörige der älteren Kultur auf die vermeintliche Grobschlächtigkeit der neuen Weltherrscher herab.

      Dabei übersahen sie, dass das Imperium ihre Errungenschaften weitertrug. Von griechischen Kunstwerken kennen wir meist nur die römischen Kopien, griechische Philosophie ist uns durch römische Überlieferung vertraut. Und von abendländischer Kultur wäre wenig übrig, hätten die USA den europäischen Geistesgrößen im vorigen Jahrhundert nicht Asyl geboten.

      Die multipolaren Staatensysteme der Weltgeschichte brachten eine schier endlose Abfolge von Kriegen und Krisen hervor. Die Vormachtstellung einer einzigen Großmacht mit klar definierten Interessen dagegen ermöglichte schon im alten Rom Frieden und Wohlstand für (fast) alle, und sie kann es auch heute tun. Vorausgesetzt, das Imperium vermittelt auch den Bewohnern der Peripherie das Gefühl, dass ihnen diese Weltordnung mehr Vor- als Nachteile beschert.


      Gerade die wirtschaftlichen Interessen, die amerikanische Unternehmen in allen Teilen der Welt verfolgen, leisten einen wichtigen Beitrag zur Begrenzung von Kriegen. Nicht zufällig begannen die Nationalsozialisten ihren Weltkrieg mit der ökonomischen Abschottung des Deutschen Reichs. Handel und Großkapital galten ihnen als Symbole einer Weltverschwörung. Sie wussten: Handel und Krieg vertragen sich schlecht.

      Alle historische Erfahrung zeigt: Auch eine noch so kluge Politik kann den Untergang eines Imperiums nicht für alle Zeiten verhindern. Töricht wäre es allerdings, ihn auch noch zu beschleunigen - wie die Kritiker amerikanischer Dominanz verlangen, die sich neuerdings "Globalisierungskritiker" nennen. Um den Niedergang so lange wie möglich hinauszuschieben, müssen sich beide Seiten integrativ zeigen - das Zentrum wie die Peripherie.

      Sie haben daran ein vitales Interesse. Denn die Auflösung des Römischen Reichs, die durschlagendste Entglobalisierung der Weltgeschichte, führte zu einem beispiellosen Prozess wirtschaftlichen und kulturellen Verfalls. Rund ein Jahrtausend hat es gedauert, bis die Europäer das Niveau der antiken Zivilisation wieder annähernd erreicht hatten. Der Untergang des Imperiums machte am Ende alle zu Verlierern. Nicht nur die Römer büßten ein, was sie so beharrlich verteidigen wollten. Auch die Germanen hatten zerstört, worauf sie es eigentlich abgesehen hatten.


      RALPH BOLLMANN, 33, taz-Redakteur, studierte Geschichte in Tübingen, Bologna und Berlin
      taz Magazin Nr. 6841 vom 31.8.2002, Seite I-II, 454 Zeilen (TAZ-Bericht), RALPH BOLLMANN
      Avatar
      schrieb am 14.04.03 00:41:34
      Beitrag Nr. 70 ()
      USA – Der Anfang vom Ende





      Wer es wagt, im Jahr 2002 das Ende der (einzig verbliebenen) Weltmacht vorherzusagen, muß sich wohl gefallen lassen, für verrückt gehalten zu werden. Einverstanden.

      Aber ähnlich muß es auch „Mahnern in der Wüste“ gegangen sein, die im Jahre 60 unserer Zeitrechnung das Ende Roms oder 1914 das Ende des British Empire vorhergesagt hätten.

      Nun, im Jahr 1980 gab der DBSFS e.V. die Schrift „Visio 2020“ heraus, in der u.a. auch das Ende der Teilung Deutschlands und der Zusammenbruch des Sozialismus` vorhergesagt wurden. Beides geschah schneller als dies die überwiegende Mehrheit der Politiker und Medien zu träumen gewagt hätten.

      Die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) bedecken eine Fläche von knapp 9,8 Millionen km² und zählen, illegale Einwanderer außer Acht gelassen, 270,5 Millionen Einwohner. Dies entspricht weniger als 30 Einwohnern pro km², was im Vergleich zu sämtlichen anderen Industrienationen jede Menge an Raum bietet (zum Vergleich: Deutschland hat etwa 230 Einwohner pro km², Belgien gar 334). Mit einem Bruttosozialprodukt von knapp 29.000 US-$ pro Kopf liegen die USA hinter Luxemburg, der Schweiz, Dänemark, Japan, Norwegen und Singapur auf Platz 7. Was die Kindersterblichkeit (unter 0,7 %), Säuglingssterblichkeit (unter 0,6 %) und die Analphabetenrate (unter 5 %) angeht, nehmen die USA jeweils einen der besten Plätze weltweit ein. Der Dienstleistungsstand der Gesellschaft (ca. 74 %), eine Arbeitslosenquote von unter 5 % und eine Inflationsrate von knapp 2,4 % lassen wenige Probleme vermuten. Weltweit gelten die USA neben der Schweiz als Musterknaben der Demokratie.

      Doch schon auf den zweiten Blick enthüllen sich Schwachstellen eines Systems, die Bedenken aufkommen lassen:

      -Die USA leben (und dies seit Jahren) über ihre Verhältnisse. So zeigt sich die Export-/Importquote der USA seit rund 15 Jahren bedenklich negativ – relativ konstant bei etwa 70 %; d.h. einer Milliarde an importierten Gütern stehen jeweils nur 700 Millionen an Export gegenüber. Wohl nicht zuletzt deshalb sind veritable Daten über die konkrete Auslandsverschuldung der USA ein wohlgehütetes Staatsgeheimnis. Diesem Manko begegnen die USA regelmäßig mit dem Hinweis darauf, daß der weltweite Devisenimport durchschnittlich fast 60 % (1970 bis 2000) über dem Abfluß US-inländischer Devisen liegt. Die USA gelten eben, so der unverhohlen stolze Tenor, als sicherer Hafen für ausländische Devisen. Daß diese „Brücke“ aber nicht unendlich haltbar ist, wird nunmehr immer deutlicher; allein im ersten Halbjahr 2002 flossen – erstmals seit hierüber Buch geführt wird – rund 40 % mehr Devisen aus den USA als umgekehrt in die Vereinigten Staaten. Speziell nach dem inzwischen weltweit registrierten Platzen der amerikanischen Börsenblase steigt diese Tendenz sogar noch (hierzu später mehr);

      -Der durchschnittliche US-Amerikaner ist kein Sparer, sondern hochverschuldet; während der durchschnittliche Bundesbürger rund € 6.000 an Liquidität hält (ängstlicherweise vornehmlich auf Girokonten oder als Monatsgeld) und über ein Ø-Vermögen (ohne Immobilien) von etwa

      € 45.000 verfügt, eine Sparquote von 8,2 % aufweist und sich einer staatlichen Altersversorgung von durchschnittlich 53 % seines heutigen Bruttolohns erfreuen kann, hat der durchschnittliche US-Amerikaner Schulden von mehr als 12.000 US-$ [1] ), seine noch zum Jahresanfang 2001 in Börsenwerten investierten 40.000 US-$ sind heute nur noch knapp 15.000 US-$ wert, und die staatlicherseits garantierten Renten liegen bei weniger als 15 % pro Kopf der Bevölkerung. Auch bezüglich der betrieblichen Altersversorgung liegen die US-Amerikaner im Vergleich mit europäischen Ländern hoffnungslos abgeschlagen; etwa 40 % aller Arbeitnehmer haben überhaupt keine betriebliche Altersversorgung, und wie schnell selbst eine vertraglich vereinbarte Betriebsrente (etwa 35 % bestehen in Aktien und/oder aktienähnlichen Rechten und Firmenvermögen) an Wert verlieren oder völlig wertlos werden können, zeigen die letzten Monate nur allzu deutlich;

      -Die US-Wirtschaft hinkt. Abgesehen von einem (immer noch) boomenden Tourismus, der etwa 7 % des Bruttoinlandproduktes ausmacht, ist die amerikanische Wirtschaft stark technologielastig. Dies betrifft vor allem die Fabrikation und den Export von Maschinen und Ausrüstungsgütern (knapp 50 %), wohinter sich aber die weltweit größte Kriegswaffen- und dieser verwandte Logistik- und Technikproduktion verbirgt. Nicht zuletzt deshalb sind die USA auf die Einfuhr von Konsumgütern und Nahrungsmitteln im Wert von etwa 40 Milliarden US-$ angewiesen – Waren, die hauptsächlich aus Kanada und Mexiko (NAFTA) sowie Lateinamerika importiert werden.

      Der US-amerikanische Autismus
      Die oben genannten Zahlen müssen, für sich genommen, noch nicht unbedingt Besorgnis erregen. Immerhin zahlt man in 48 Ländern/Staaten sowie 8 Pazifik- und Karibikinseln, die als „unincorporated territories“ der USA gelten, in US-Dollars oder fest an den US-Dollar gebundenen sonstigen Dollars. Dazu kommt eine einheitliche, dem Englischen stark verwandte Sprache und ein buntes Gemisch von Rassen und Nationalitäten, die eigentlich beste Voraussetzungen für ungehindertes Wachstum, interkulturelle Lebensart, freie Entwicklungschancen für jedermann und einen größtmöglichen Liberalismus böten.

      Doch dem ist nicht so. Wer die Vereinigten Staaten – nicht nur die vielbesuchten Metropolen von New York bis Los Angeles – kennt, weiß um das egozentrische, erschreckend simplifizierte Weltbild der USA; in keinem Industrieland ist die Spanne zwischen arm und reich auch nur annähernd so gewaltig wie in den USA; kein Industrieland kann sich mit der Kriminalitäts-, vor allem der Mordrate in den USA messen; Slums, wie es sie in jeder der zehn Millionenstädte und weiteren 20 Städten mit mehr als 500.000 Einwohnern gibt, sucht man in sämtlichen anderen Industrienationen vergeblich; in US-Gefängnissen sitzen mehr MitbürgerInnen ein als in sämtlichen anderen Industrienationen zusammen, und nach offiziellen Zahlen von Amnesty International führen die USA auch weltweit die „Hitliste“ von Hinrichtungen an – ausgenommen China, was gerade auf dem Sprung vom Schwellen- zum Industrieland ist; wiewohl den etwa 195 Millionen Weißen (74 % der Bevölkerung) nur 35 Millionen Schwarze (13 %) und 27 Millionen Hispanics (10 %) gegenüberstehen, liegt der Anteil der Nicht-Weißen wegen krimineller Delikte einsitzenden US-BügerInnen bei über 35 %. Gerade diese „coloured people“ bilden aber den Kern der unterprivilegierten Masse in sämtlichen Großstädten.

      Diese Unterprivilegiertheit hat eine lange Geschichte und straft das gern gezeichnete Bild des toleranten, weltoffenen Amerika Lügen. Zwar ehrt man noch heute die Heroen der amerikanischen Verfassung, geht man diesen Sagen jedoch etwas mehr auf den Grund, so fördert man Erstaunliches zu Tage. Die USA rühmen sich, die beste Verfassung der Welt zu haben und verweisen auf Thomas Jefferson`s Worte im Jahre 1776 zur Unabhängigkeitserklärung: „All men are created equal.“ Die Realität sieht jedoch etwas anders aus: Eben jener Jefferson, dritter Präsident der USA, war Großgrundbesitzer in Virginia und ließ auch nach der Unabhängigkeitserklärung völlig rechtlose „Nigger“ auf seinen Plantagen schuften. Sie waren eben nicht gleich, vielmehr durften sie ausgepeitscht und verkauft werden. Nicht anders verhielt sich der glorifizierte George Washington, erster Präsident der USA, dem wir auch den Begriff vom „Recht jeden Individuums auf Glück“ („pursuit of happiness“;) verdanken; trotz dieser Glück verheißenden Garantien der Verfassung hielt die Brutalität der Sklaverei in den Südstaaten noch fast ein Jahrhundert an, und hinzu kam der fortgesetzte Völkermord an den Ureinwohnern. Weder bei den Indianern noch bei den Sklaven aus afrikanischen und karibischen Ländern haben sich die US-Amerikaner bis heute entschuldigt. Vielmehr wird, was viele US-Amerikaner weißer Hautfarbe bis heute nicht wissen, an in Ghettos gehaltene Indianer eine Art staatliche Rente als stillschweigende Entschuldigung geleistet. Diese Rente wird für die nächste Generation jeweils halbiert weitergezahlt.

      Millionen von Arbeitern, vor allem nicht-weißer Hautfarbe, wird nach wie vor der gesetzliche Mindestlohn vorenthalten, für den im übrigen kaum ein Westeuropäer arbeiten würde. Hierin ist auch der Grund zu sehen, warum der durchschnittliche Amerikaner 2,25 Jobs hält – mehr als doppelt soviel wie der durchschnittliche Deutsche. Das US-amerikanische Glücks- und Demokratieversprechen steht der anhaltenden Mißachtung verfassungsmäßiger Rechte in bisweilen grotesker Weise entgegen. So werden – besonders aktuell mit den Geschehnissen vom 11.09.2001 begründet – unliebsame Ausländer nach der Verhaftung in andere Länder transportiert, um die vermeintlichen Feinde der USA dort verhören zu lassen (in den USA wird doch nicht gefoltert!), nach deren „Geständnissen“ werden sie dann in die USA zurück-überführt und eben dort auch verurteilt. Daneben wird unter juristischen Militärstatus gestellt, wer als Saboteur, Deserteur oder in sonstiger Art gegen die innere Sicherheit der USA agiert – mit der Folge, daß ihm juristische Elementarrechte (Anhörungsrecht, Recht auf einen Anwalt seiner Wahl, Einsicht in die Anklageschrift etc.) verweigert werden.

      Zur „Geheimsache“ wird flugs erklärt, was keine mediale Erwähnung erfahren soll. Hierbei bedienen sich die USA eines weltweiten „Informations“-(vulgo: Spionage-)Netzes, welches US-intern von elf Geheimdiensten emsig verdichtet wird – unter der „Leitung“ [2] der Central Intelligence Agency (CIA). Für die polizeiliche Arbeit zeichnet national das FBI verantwortlich, und US-extern obliegt die „Oberaufsicht“ der National Security Agency (NSA), dem wohl mächtigsten US-Geheimdienst, der so geheim ist, daß die Bevölkerung der USA erst 1993 überhaupt davon erfuhr; da war der Verein aber bereits fast 35 Jahre alt!

      Diese Geheimdienste überwachen nun – US-intern wie -extern den gesamten Informationentransfer (ECHELON, siehe zeitreport 127, 2001), Wissenschaft und Forschung, Bibliotheken und Verlage, die Reisetätigkeiten der höchst mobilen US-Amerikaner [3] , Steuervergehen [4] , die Ein- und Ausfuhr von (Militär-)technischen Waren, die Kontrolle der US-amerikanischen Embargos gegenüber „feindlichen“ oder widerspenstigen Staaten (die man problemlos dann eben über „befreundete" Staaten abwickelt), die Aufklärung und Überwachung nicht-systemkonform denkender US-Bürger, nicht-christlicher oder -jüdischer Religionsvereinigungen und Sekten u.v.m.. Speziell der rasant wachsende Internet-Verkehr zieht die Neugier der Schnüffelgarde magisch an – offiziell natürlich nur, um die USA gegen Staatsfeinde, Pädophile und die Verbreitung pornographischer Inhalte zu verteidigen. Daneben loten diese Geheimdienste aber auch die Bereitschaft ausländischer Politiker, Diplomaten und Wirtschaftsführer aus, sich gegen Bares in den Dienst des amerikanischen Freiheitsgedankens zu stellen. Die Chronik der US-Einflußnahme auf Diktatoren und System-Provokateure nicht freundlich gesonnener Staaten füllt Bände. Dabei schrecken die Gralshüter der "Wahrheit" und eines "gottesfürchtigen Lebenswandels" weder vor der Zusammenarbeit mit Kriminellen aller Couleur, Waffen- und Drogenhändlern, noch vor der Kombattanz mit jegliche Menschenrechte mit Füßen tretenden Staatschefs oder Terrororganisationen zurück. Es muß nur heimlich geschehen und offiziell den Zielen der USA, selbst ernannten Garanten weltweiten Friedens und US-Interessen dienender Überzeugungstäter entsprechen. Geradezu empört reagieren die USA, wenn in internationale Abkommen (z.B. zur Sicherung der Rechte Gefangener, die Anklage von Kriegsverbrechern, die Anti-Folter-Konvention, die Überprüfung der Produktion von biologischen und chemischen Kampfstoffen u.ä.) auch die USA mit einbezogen werden. Was erdreistet sich irgendein anderes Land, den USA in die Karten schauen zu wollen, brave und ausschließlich im Dienste ihres Landes, gottesfürchtig und gesetzestreu agierende US-Bürger überprüfen zu wollen!

      Einzig den USA ist vorbehalten, darüber zu richten, welches Land falsch regiert wird, wer zur Armada des Bösen zu zählen, zu bestrafen, zu bekämpfen und zu bekehren ist.

      Erinnert werden darf in diesem Zusammenhang an die Worte Theodore Roosevelts, der dafür die bedenkliche Formulierung prägte: „Sprich freundlich, aber vergiß den Knüppel nicht!“ Dies galt beileibe nicht nur für den US-amerikanischen „Hinterhof“, Lateinamerika, in dem die USA bereits seit Mitte des 18. Jahrhunderts (natürlich nur zum Schutze der „American Fruit Company“;) mit harter Hand, militärischer Omnipräsenz und mittels ihrer Geheimdienste nach Belieben und völlig unbedenklich intervenierten und ihnen genehme Diktatoren einsetzten und finanzierten – dank ihrer technischen Überlegenheit und mit der Entschuldigung, dort ihre Handelsstützpunkte verteidigen und sichern zu müssen. Auch der spätere Präsident Franklin D. Roosevelt verewigte sich mit einer reichlich menschenverachtenden Bemerkung in der Weltgeschichte: Im Hinblick auf die US-amerikanische Unterstützung des nicaraguanischen Diktators Somoza meinte er spitzbübig: „Er mag ein Hurensohn sein, aber er ist unser Hurensohn.“

      Ohne (unangebrachte) europäische Arroganz darf konstatiert werden, daß die US-Amerikaner – unabhängig von der Hautfarbe einerseits und dem Stand in der nach außen scheinbar offenen, in Wahrheit jedoch höchst hierarchisch gegliederten Gesellschaft andererseits – „ihr“ Amerika verblüffend naiv im Zentrum des Weltgeschehens sehen. Kaum ein US-Bürger ist auch nur grob darüber informiert, was im Rest der Welt geschieht, welche Probleme die übrigen 5,9 Milliarden Menschen gewärtigen und was nachgerade der US-amerikanische Imperialismus damit zu tun hat. Solange man den US-Amerikanern ihre Helden beläßt, ihre Religionsfreiheit und das Recht auf Waffenbesitz nicht einschränkt, so lange wähnen sie sich in „God`s own country“. Notfalls strickt sich der „gute“ und gottesfürchtige US-Amerikaner seine Legenden selbst und überhöht das Bild der „Vereinigten Staaten von Amerika“ bis zur Abstrusität. Dazu bedient er sich beliebiger Analogien aus den Epen archaischer Zeit. So kann man in Washington D.C. im Fresko der Kuppel des Capitols die „Himmelfahrt“ George Washingtons bestaunen, der von zarten Jungfrauen in die himmlische Unsterblichkeit geleitet wird – ohne auch nur einen seiner mehr als 300 schwarzen Sklaven. Jede militärische Aktion, Waffen(systeme) und der Glorie der USA huldigende Paraden der weltweit agierenden fundamentalistischen Staatsmacht USA wird von „christlichen“ Feldpredigern gesegnet, und in keinem anderen Land der zivilisierten Welt liegt brutaler Staatsterrorismus – nach dem alttestamentarischen „Auge um Auge, Zahn um Zahn“-Prinzip - dem ansonsten faszinierenden humanitären Engagement des durchschnittlichen Amerikaners so nahe, wie eben in den USA. Dem liegt ein nach europäischem Verständnis grotesker Gegensatz zugrunde: Die Bürger der USA lehnen staatliche Einmischung in ihre privaten Bereiche kategorisch ab, und solange sich das staatliche System daran hält, duldet der Bürger nahezu alles, was sich die politische Führungskaste international an Rechten anmaßt oder national an Spielchen und Schweinereien treibt. Der Amerikaner legt als Kind vor dem Unterrichtsbeginn, später, als älteres “Kind“ vor Sport- und Kinoveranstaltungen, Oskarverleihungen und anderen Spektakeln brav die rechte Hand ans Herz und summt/singt die US-Hymne mit. Kaum ein US-Amerikaner ist darüber informiert, welche Diktatoren in Lateinamerika, Asien und vielen Ländern Afrikas mit Abermilliarden amerikanischer Steuergelder, amerikanischen Waffen und Soldaten unterstützt, finanziert und im Amt gehalten werden. Daß die USA heute in über 80 Staaten der Erde militärische Stützpunkte, als Handelszentren getarnte und unter Observation der Geheimdienste stehende Spionagebasen unterhalten, ihnen genehme Regime entweder stützen oder stürzen und sich dabei weder um internationale Abkommen, noch die ehedem von ihnen mitinitiierten Menschenrechte auch nur im mindesten scheren, weiß kaum ein US-Amerikaner. Weder liest oder hört er davon in den US-amerikanischen Medien, noch wird darüber in Schulen oder im Elternhaus diskutiert. Erst wenn ein Krieg zu viele US-amerikanische Leben kostet – Korea, Vietnam, Somalia -, regt sich binnenamerikanischer Widerstand.

      „An der Nahtstelle von Wirtschaft und Politik ist es völlig normal, sich auf Kosten anderer auszubreiten – mit immer neuen Intrigen und Spielchen!“

      Milton Friedman


      Die verhaßte Staatsmacht

      Nichts haßt der US-Amerikaner traditionell mehr, als staatliche Eingriffe in sein Leben. Nirgendwo sonst in der Welt werden so viele Polizisten vom Motorrad geschossen, verachtet oder verprügelt wie in den USA. [5] Es spricht Bände, wenn in Hollywood-Streifen die Stimmung in Polizeistrukturen als geradezu zynisch und menschenverachtend dargestellt wird, Polizeifahrzeuge – generell anscheinend von Vollidioten gesteuert – massenweise zu Schrott gefahren und damit die Staatsmacht genüßlich verlächerlicht wird. Es sind immer die einsamen (guten) „Cops“, die sich - unter Umgehung des offiziellen polizeilichen Regelwerks - als Retter der Menschheit entpuppen.

      Nirgendwo geht die Staatsmacht - FBI, Verkehrspolizei oder IRS-Beamte - so rücksichtslos und demütigend mit Verdächtigen um, wie dies nicht nur in billigen Hollywood-Orgien, sondern auch in der Realität geschieht. Die dem Bürger weniger nahe Beamtenschaft – Mitglieder der vier Streitkräfte des Militärs – genießen hingegen höchstes Ansehen; eine unehrenhafte Entlassung (dishonorable discharge) gleicht einem lebenslangen Platzverweis.

      Der US-Bürger traut den Vertretern der Staatsgewalt „less than a dime“ [6] . Selbst durchaus positiv besetzte Pläne der Regierung – Beschränkung der Mieten, Einführung von Mindeststandards für ein Gesundheitssystem – finden in der Bevölkerung keinen Anklang; sie verzichten darauf und bestehen auf ihrer individuellen Wahlfreiheit. Diese Erfahrung mußte auch der frühere Präsident Bill Clinton machen.

      Das in Europa gültige Bild von den USA als einheitlichem Staatskörper, der „wie ein Mann“ hinter dem Präsidenten steht, ist völlig falsch. Im Grunde genommen rührt den US-Normalbürger kaum, was der ohnehin von weniger als einem Viertel der Wahlberechtigten gewählte Präsident sagt oder tut. Das Gros der US-Amerikaner schert sich einen Teufel um die funktionale Staatsmacht. Er haßt staatliche Einmischung und sucht lieber das weltweit als Erfindung der USA gepriesene „persönliche Glück“. Er will „sein Ding“ tun, seine Familie in Ehre und Anstand, im Kreise seiner Familie und der Nachbarschaft selbst großziehen und mit der Staatsgewalt möglichst weder in Kontakt noch in Konflikt kommen, bzw. von dieser unbehelligt bleiben.
      Die europäische Auffassung, bei den USA handele es sich um „ein Volk, einen Staat und einen Führer“, ist eine von europäischer Tradition verbrämte Mär.

      US-amerikanische Touristen sind regelmäßig völlig erstaunt, bei ihren Reisen nach Europa auf eine sehr kritische Haltung gegenüber den USA zu stoßen. Sie können auch nicht verstehen, daß wir Europäer ihre kindlich-naive Einstellung belächeln oder herabwürdigen. US-Amerikaner sind einfach von Kindesbeinen an daran gewöhnt, im angeblichen „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ zwischen Micky Mouse und McDonalds, dem glitzernden Heroismus made in Hollywood und in der Dominanz von vier Jahreszeiten (football, baseball, basketball und icehockey) zu leben. Die Tatsache, daß sich das amerikanische Englisch in rasantem Tempo zu einem nicht mehr national zuordenbarem „Esperanto“ entwickelt, in das sprachliche Einflüsse aus aller Herren Länder sowie sprachverkürzende Symbole (U2, 4 me 2, etc.) mehr und mehr zu einem linguistischen Kauderwelsch auf infantilstem Niveau verdichten, akzeptieren die Bürger der USA ohne Bedenken. Daß sich die USA internationalen Abkommen zum Schutz der Umwelt, der Beschränkung von Atom-, Chemie- und Biowaffen widersetzen, eigene Soldaten von der internationalen Ächtung von Kriegsverbrechen ausgeschlossen sehen wollen und auch künftig die Todesstrafe ebenso Bestand haben soll wie viele andere, allen internationalen Vereinbarungen Hohn sprechende Protektionismen im Wirtschafts- und Handelsrecht, interessiert den durchschnittlichen US-Bürger, so er überhaupt darüber Bescheid weiß, nicht im mindesten. „Whatever is good for America is also good for me“ [7] ist allseits akzeptiert und bleibt unwidersprochen.

      Europäischer Kritizismus und der ganz gelegentlich in US-Medien aufscheinende Bürgerprotest in Europa ist den Amerikanern grundsätzlich fremd und verdächtig. Sie sehen die Europäer als Bremser glorioser weltweiter US-Politik. Amerikanische Medien haben hierfür den Begriff des europäischen „whimps“ („Weichei, Schlappschwanz“;) geprägt. Die auch in den USA forcierte Sprachformel „Globalisierung“ bedeutet für den mit allem außerhalb der USA ablaufenden Weltgeschehen wenig vertrauten US-Bürger eigentlich nur eine segensreiche Internationalisierung der amerikanischen Wertegemeinschaft. Am US-Wesen soll die Welt ....! Moment, hatten wir das nicht schon mal?

      Die USA – Erben des Britischen Empire

      Zu Beginn des 17. Jahrhunderts spielte das Königreich England in etwa die gleiche Rolle, die 300 Jahre später die USA einnehmen sollten. Nach den siegreichen Auseinandersetzungen mit Holländern, Spaniern und Franzosen sah sich England militärisch als stärkste Macht weltweit. Es war mit Handelsposten in Nord- und Südamerika, Indien (Gründung der „East India Company“ am 31.12.1600) und neun anderen asiatischen Ländern vertreten. Bezüglich Kultur und Technik stand England weit vor den kontinentalen Königreichen und Fürstentümern, die im Vorfeld des 30-jährigen Krieges mehr mit religiösen Auseinandersetzungen zwischen Rom-orientierten Katholiken und verschiedenen protestantischen Bewegungen (Hus, Zwingli, Calvin und Luther) beschäftigt waren; Italien, in dem immerhin die ersten Universitäten der Welt (neben Paris) als Erben der griechischen Akademien gegründet wurden, hatte seinen Platz als führende Handelsmacht Europas längst eingebüßt. Recht ähnlich den heutigen USA ging es damals England darum, sich weltweit die meistversprechenden Handelsplätze, die reichsten Bodenschätze und strategisch wichtige Standorte zu sichern. Aus Südamerika zogen sich die viktorianischen Heere schnell wieder zurück, um dafür im Gegenzug in Afrika und Asien freie Hand zu haben, insbesondere aber im Nahen Osten, wo sich bereits das Konfliktfeld zwischen Arabern (vor allem den palästinensischen) und Juden entwickelt hatte, die nach den damaligen Pogromen in Polen, der nördlichen Schwarzmeerküste, Rußland, Frankreich und den westrheinischen Gebieten einzuwandern begannen. Der größte Teil des Reichtums der britischen Krone stammt aus der Zeit von 1630 bis 1860. Australien diente als Abschiebestation für Häftlinge, und Indien, Teile Indonesiens und die ozeanischen Inseln als Lieferanten für Gewürze, Hölzer und Bodenschätze. Zudem stand die Hälfte des damals erforschten Afrika (vor allem dessen Süden und der gesamte Osten vom Suez-Kanal bis zum Sudan) unter britischer Herrschaft. Für viele eingefleischte und monarchietreue Engländer gab das Britische Empire Ende des 18. Jahrhunderts zu schnell, beinahe kampflos dem Unabhängigkeitsstreben der 13 Gründungsstaaten der Vereinigten Staaten von Amerika nach, lediglich der größte Teil Kanadas hörte noch auf britisches Geheiß.

      Erst die Konflikte zwischen Muslimen und Hindus in Indien, die im Zuge der Unabhängigkeitsbewegung des indischen Subkontinents aufbrachen, die wachsenden Spannungen im teils französisch (Syrien, Libanon), teils englisch beherrschten Nahen Osten, die revoltierenden Stämme in Sri Lanka (damals Ceylon) und Südafrika sowie der aufbrechende Konflikt zwischen Protestanten und Katholiken auf der irischen Insel ließen das britische Weltreich, in dem Ende des 19. Jahrhunderts „niemals die Sonne unterging“, sukzessive zusammenbrechen.

      Ende des 19. Jahrhunderts mußten die Engländer den größten Teil ihrer chinesischen Besitzungen (mit Ausnahme Hongkongs) aufgeben. Der Burenkrieg (1900) war der Anfang vom Ende der britischen Herrschaft in Südafrika und Ägypten – vor allem die uneingeschränkte Passage durch den Suezkanal ging verloren - und zwischen 1917 und 1948 durfte sich England dann endgültig auch von Indien und Pakistan (15./16. August 1947) verabschieden.

      Das Britische Empire entstand im Schatten des in Hunderte von kleinen und kleinsten Fürstentümern zerrissenen Europa, vor allem aber der Kampf der sechs europäischen Großmächte. Es erlebte zwischen 1870 und 1900 eine phänomenale Ausweitung, verbuk dabei aber immer zwanghafter zu einem verkrusteten, arroganten, wandlungs- und anpassungsunfähigen System und lebt heute nur noch als kümmerlicher Schatten seiner ehemaligen weltweiten Größe vor sich hin.

      Seit dem Eintritt der USA in den ersten Weltkrieg – auf dem Umweg über die Lusitania-Affäre [8] -übernahmen diese sukzessive die ehedem britische Herrschaft und deren Ansprüche. Bis heute sind es aber zumeist die superreichen Familien Englands, Frankreichs und Hollands - größtenteils khasarische, also nicht-semitische Juden -, die das Wirtschaftsgeschehen in den USA bestimmen. Es sind diese europäischen Finanzoligarchen, die in Wahrheit hinter der amerikanischen Wirtschaft stehen – für die meisten US-Amerikaner völlig nebulöse Namen, die sich regelmäßig und höchst klandestin in ominösen Zirkeln [Trilaterale, Bilderberger-Konferenz, Atlantische Brücke, Council on Foreign Relations (CFR) und etwa 100 weiteren Bünden und Logen] treffen und untereinander absprechen.

      Diesen Familien müssen die USA in ihrer naiven Spielfreude wie ein gigantischer Kindergarten vorkommen, in dem sie rücksichtslos nach eigenem Belieben schalten und walten können, ohne sich erkennbar die Finger schmutzig machen und sich der Kritik in ihren europäischen Heimatländern aussetzen zu müssen; man kann ja alles so wunderbar einfach den Amerikanern in die Schuhe schieben, sie an den Pranger stellen und wahlweise als Weltpolizisten, wenig hinterfragende Konsumenten, Versuchskaninchen im pharmazeutischen, militärischen oder medienpolitischen Spiel verwenden, und trotzdem seine gigantischen Gewinne ziehen. Nicht anders gingen diese Clans bei der höchst verschwiegenen Finanzierung Hitlers, Francos und Mussolinis vor, die ihnen als Bollwerk gegen den aufkeimenden Bolschewismus wunderbar ins Kalkül passten. Diese Familien stört heute auch nicht, wenn die Bürger der USA allein in den ersten sechs Monaten des Jahres 2002 mehr als 7 Billionen US-$ an privaten Ersparnissen in Aktien verloren, die Armutsrate in den USA weiter steigt und die Unruhe in den vornehmlich von Nicht-Weißen bewohnten Slums besorgniserregend zu steigen beginnt. „It`s their country“, mögen sich die Rothschilds und DeBeers, Rockefellers und Morgans (neben etwa zwei Dutzend weiterer Finanzfamilien) sagen, „but it`s our game“.



      Gerade die eingeschränkte Weltsicht, die Reduzierung historischer Gegebenheiten auf vorgekaute Mythen und Geschehnisse, die sich um die Gründung der USA ranken, die nahezu völlige Nichtteilnahme des Gros der Amerikaner an allem, was östlich von Vermont und westlich von Hawaii geschieht, kann nur derjenige verstehen, der für eine gewisse Zeit in den USA lebt. Dem steht auch nicht die Tatsache entgegen, daß die Amerikaner außerordentlich aufgeschlossen und neugierig, begeisterungsfähig und hilfsbereit wie kaum ein anderes Land sind. Es ist vor allem die intellektuelle und emotionale Versklavung, die den Amerikaner für Außenstehende derart paranoid und manisch, egozentrisch und naiv-größenwahnsinnig erscheinen läßt. Wenn die USA z.B. im Jahre 2001 rund 400 Milliarden US-$ alleine für Rüstung (den US-Bürgern wird dies als „Verteidigungsausgaben“ verkauft) ausgeben und damit zum einen achtmal so viel wie für den Bereich Bildung verpulvern und dies andererseits 42 % der Verteidigungsausgaben aller Nationen entspricht, so rührt dies die Bürger der USA vor allem deshalb nicht, weil sie keine Vergleichszahlen kennen oder diese Ausgaben nicht als Ausdruck einer größenwahnsinnigen Regierung, sondern eben als notwendige Verteidigungskosten ansehen. Daß im Schatten der Geschehnisse vom 11. September diese Ausgaben für Waffen und sonstige Rüstungsgüter binnen 12 Minuten im Senat um weitere 48 Milliarden US-$ erhöht wurden - was mehr als dem gesamten Verteidigungshaushalt Japans in 2002 entspricht! - weiß ebenfalls kaum ein Amerikaner, denn statt selbstkritisch zu hinterfragen, warum sich zunehmend ein weltweites Auflehnen gegen die Dominanz der USA bahnbricht, leben die amerikanischen Bürger – durch ihre Medien entsprechend gedopt – in der festen Überzeugung, daß die USA auf der „richtigen Seite“ stehen, und ihre Sicht von Gerechtigkeit und friedensstiftender Macht ausschließlich dem Wohle der gesamten zivilisierten Welt dient.

      Daß die Amerikaner mit ihrer expansionistischen Brutalität, einer schier unstillbaren Gier nach Bodenschätzen und der Durchsetzung egoistischer Machtpolitik für Kriege und Massaker in fast 100 Ländern der Welt verantwortlich sind (übelstes Beispiel: die Carlyle-Anglo-American-Gruppe, deren Chef-„Berater“ George Bush sen.(!) ist – www.anthropos-ev.de/reise.htm), verschließt sich dem in seiner Community gesittet seinem Tagwerk nachgehenden, braven US-Citizen völlig.

      Eingekeilt im intrinsischen, bedenkenlos korrupten (Des-)Informations- und Handlungsgeflecht zwischen militärischer Weltdominanz - nicht einmal im militärverliebten England wird Mitgliedern der vier Streitkräften ein derart hohes Ansehen gezollt - und völlig einseitiger Medieninfiltration; mit enormem Appetit gesegnet - 60 % aller Amerikaner gelten als übergewichtig, fast 25 % sogar als (extrem) fett -; in einem ungeheuren Technikwahn gefangen, und all dies eingebettet in Superlative jeder Art (die Zusätze „world`s best“ „America`s finest“, „the greatest ... world-wide“ sieht und hört jeder US-Bürger pro Tag dutzende Male) lebt der Amerikaner in einem Schaukelstuhl der Extreme; nirgendwo weltweit zählt Geld so viel wie in den USA. Andererseits ist die private US-amerikanische Bereitschaft, humanitäre Hilfe zu leisten, unglaublich hoch; nirgendwo zählt Körperlichkeit derart viel wie in den USA - was nachgerade der Beauty- und pharmazeutischen Industrie wunderbar gelegen kommt und zu für den Rest der Welt abstrusen Schadensersatzklagen führt. Andererseits verfügen 273 Millionen Amerikaner über immerhin 350 Millionen Schußwaffen – auf die weltweite Verbrechens- und Tötungsrate wurde bereits hingewiesen.

      Nirgendwo nimmt Sex und körperliche Attraktivität einen so hohen Stellenwert ein wie in den USA, ich kenne allerdings auch kein Land, in dem sexuelle Verklemmtheit, Prüderie und Verschämtheit so ausgeprägt sind. [9] Heroischen Helden, halsbrecherischer Sportlichkeit, geradezu aberwitzigen Verfolgungs- und Kampfszenen in der amerikanischen Filmindustrie steht eine geradezu paranoide Verletzungsangst der Amerikaner, denen körperliche Unversehrtheit über alles geht, gegenüber. Nirgendwo wird gesundes Leben derart zentralisiert und hochgelobt. Jedes Nahrungsmittel muß „low-fat“ bzw. „light“ sein, andererseits gibt es nirgendwo so viele Opfer von fastfood-Ketten wie in den USA. Alleine 80 % aller an Elefantiasis leidenden Menschen weltweit leben in Kalifornien, Texas und Florida.

      Während man mit 16 in die Armee eintreten, seinen Führerschein machen (in Florida sogar mit 14) und ab 14/15 Jahren auch den Flugschein erwerben kann, ist in der Mehrzahl der 50 Bundesstaaten der Genuß eines Glases Bier erst ab 21 Jahren erlaubt. Glücksspiel ist in 45 Staaten grundsätzlich verboten, aber alleine in Las Vegas stehen mehr als 600.000 slotmachines („einarmige Banditen“;), auf die sich westliche US-Bürger eben in ihren Ferien stürzen.

      Die amerikanische Verfassung, aber auch das gesamte amerikanische Leben sind zu großen Teilen religiös bestimmt – damit kann man ja auch so wunderbar alles erklären und entschuldigen. Mehr als 130.000 Kirchen und Sekten [10] laden in den USA zu einem gottgefälligen Leben, regelmäßiger community-work, Treffen, Tanz und Zusammenkünften ein. Kein Wunder: Die einfachste und nachhaltigste Art, in den USA Steuern zu sparen, führt über die Gründung einer eigenen Kirche, auch wenn diese vielleicht nur ein einziges Mitglied hat - den Steuersparer selbst.

      Das System zerbricht.

      Die unilaterale Weltsicht des durchschnittlichen US-Amerikaners ist das gezielte Ergebnis einer völlig einseitigen Ausrichtung des Erziehungs-, Bildungs- und Informationssystems durch die Medien in den USA. So direkt der US-Bürger von Kindesbeinen dazu angehalten wird, innerhalb seiner Community mitzuwirken und teilzunehmen, stolz auf sein(e) Schule/College/Universität zu sein, wahlweise einem Sportteam (oder den Fähnchen und flauschige Puschen wirbelnden Cheerleaders) anzugehören, später in seiner Kirchengemeinde karitativ zu wirken und regelmäßig bei potluck-parties und Veranstaltungen im nächstgelegenen Park nachbarschaftliche Bande zu festigen, so wenig wird ein internationales und geschichtliches Weltbild vermittelt und gefördert. Höchst mobil und flexibel lernt der US-Amerikaner, zum „Schmied“ seines eigenen Glücks zu werden – aber eben immer nur unter dem Gesichtspunkt des seinem Land und seiner Flagge verpflichteten Staatsbürgers. Zu dieser manisch-introvertierten und egozentrischen Sicht tragen nachgerade die Medien bei. Hierbei wird dem braven US-Bürger regelmäßig eine – aus Sicht der USA – heile Welt vorgegaukelt, in der Übles und Schlimmes nur dann und insoweit möglich ist, als eben amerikanische Tugenden nicht sauber gelehrt oder schändlich verraten und gebrochen werden. Der allseits vermittelte Traum vom „American hero“ [11] ) wird US-Amerikanern quasi mit der Muttermilch verabreicht. Wenn sich in Hollywood-Streifen regelmäßig amerikanisches Heldentum, überbordende Tapferkeit und technische Überlegenheit austoben, entspricht dies einer Hirnwäsche, der sich die Jugend nicht entziehen kann und die ältere Generation nicht mehr entziehen zu müssen glaubt. Die Mär von der US-amerikanischen Überlegenheit, die Vermittlung amerikanischer Werte und einer alles in den Schatten stellenden Selbstgerechtigkeit führt zu einer Vernaivisierung der Menschen, die dann im späteren Leben unhinterfragt gelebt, mit arroganter Überzeugung vertreten und dann an die nächste Generation weitergereicht wird.

      Dazu dienen nicht zuletzt bis ins Absurde übersteigerte Überlieferungen aus der Gründerzeit der USA und der Besiedelung des nordamerikanischen Kontinents, die den heutigen US-Größenwahn laufend nähren. Daß es sich bei dieser Besiedelung vornehmlich um Flüchtlinge aus Europa und China sowie anderen fernöstlichen Ländern (später auch zwangsimportierte Schwarzafrikaner und Sklaven aus der Karibik) handelt, lernen US-Bürger im Pflichtfach „american history“ nicht. Auch die Besiedelung wird vornehmlich unter den Aspekten des Mutes und Forscherdrangs der „settlers“ gesehen, die ihr Leben riskierten, im Vertrauen auf Gott als Eroberer amerikanischer Erde auftraten, es mit primitiven Atheisten hinterhältigster Art (den Indianern) aufnahmen und selbst schlimmste Entbehrungen nicht scheuten. Schon erstaunter sind US-Bürger, wenn sie erfahren, daß es sich bei diesen Auswanderern beileibe nicht nur um religiös Verfolgte, sondern oftmals um Verbrecher, Fahnenflüchtige und verurteilte Kriminelle handelte, die sich dadurch vor dem Galgen retteten, daß sie im Auftrag der britischen Krone, holländischer Fürsten oder französischer Könige gen Westen aufbrachen oder der Blutrache verfeindeter japanischer und chinesischer Familien dadurch entgingen, daß sie sich für den Bau der Eisenbahn, zu Söldnerdiensten oder als Holzfäller, Goldschürfer, Köche, Fährtensucher oder Felljäger in den neuentdeckten Kontinent verpflichteten.

      Aber die Zeiten, in denen eine gesamte Nation von demnächst 300 Millionen Menschen in autistischer Dumpfheit und systematisch tumb gehalten werden können, sind endgültig vorbei. Das Bersten der ökonomischen Seifenblase, die deutlich schneller steigende Population der unterprivilegierten Schichten gegenüber den wirtschaftlich gut situierten Klassen, vor allem jedoch das Grenzen binnen Sekundenschnelle überspringende Internet sind gerade dabei, den amerikanischen Traum universeller Überlegenheit zu zerstören, auch wenn dies Geheimdienste und ein neues Ministerium („Homeland Security“, von Bush-junior gerade mit 170.000 Beamten gegründet) verzweifelt zu unterbinden versuchen. Das absurd simpel gestrickte Weltbild der US-Amerikaner hat spätestens mit den Geschehnissen vom 11. September 2001 seinen traurigen Höhepunkt überschritten. Mehr und mehr beginnen auch Amerikaner in Zweifel zu ziehen, was ihnen tagtäglich zwischen Werbung und Comics, Sportsendungen und regionalen Highlights in Bild- und Tonmedien vor die Nase gehalten wird. Zu viele intelligente und neugierige Menschen in den USA stellen Fragen und runzeln die Stirn. Die allfälligen Diskrepanzen der Einkommen und nur scheinbar allen BürgerInnen gleichermaßen offenstehender Lebenschancen erregen auch bei Kindern und Jugendlichen zunehmend Argwohn, Mißtrauen und wachsende Aggressionen. Mögen Hollywood und die Medientycoons, Pharmaindustrie und Waffenlobby, politische und religiöse Lichtgestalten, als Gallionsfiguren eingesetzte Marionetten in Politik und Wirtschaft, Sport und Entertainment auch noch so uneinsichtig ihre volksverdummenden Reden schwingen – die ohnehin nur mühsam im Zaum gehaltende US-amerikanische Kultur-, Wirtschafts- und Staatsgemeinschaft ist auf dem besten Wege, aus den Fugen zu geraten und auseinanderzubrechen.

      Wie schnell dies gehen kann, beweisen Hunderte von ähnlich gelagerten Fällen in der Geschichte. Man muß nicht den Zusammenbruch der früheren Weltreiche der Hethiter und Assyrer, Ägypter und Babylonier, der Griechen und Römer, Mongolen und Türken bemühen; viel näher liegen uns der Zusammenbruch der Weltreiche Frankreichs und Spaniens, Portugal und Hollands, Österreichs und Preußens, des Britischen Empire oder – noch zeitnäher – des Kommunismus/Sozialismus` und der Wahnsinnsreiche Stalins und Hitlers.

      Die US-amerikanischen Hegemonialansprüche sind weder militärisch zu verwirklichen, noch finanziell zu verkraften. Das nach dem originären Sinn des Wortes durchaus als faschistisch zu bezeichnende egozentrische US-System hat sich intern, astronomisch gesprochen, zu einem höchst gefährlichen, instabilem „schwarzen Loch“ verdichtet und außenpolitisch längst völlig übernommen. Binnen weniger Jahre – ich wage eine Prognose von fünf, maximal zehn Jahren – wird sich dieses System als menschenverachtender Größenwahn, chauvinistische Schimäre und bigotte, echte Liberalität zynisch und egoman mit Füßen tretende Farce entlarven. Die Frage ist nur, wieviel Leid bis dahin noch dank US-amerikanischer Uneinsichtigkeit, der Welt- und Machtgier der dahinterstehenden Drahtzieher, hypokritischer Weltverbesserungsmanie und bornierter Starrköpfigkeit der übrigen Welt abverlangt wird und unter welchen Opfern für die US-amerikanische Bevölkerung und Millionen von Menschen anderer Nationalität eine verschwindend geringe Minderheit ihren Reichtum mehren und ihre Landsleute ebenso wie andere Nationen brutal ausbeuten, seelisch und geistig mißbrauchen und töten wird. Die sich unzweideutig entwickelnden Krisenherde im Nahen Osten – hier kommt es unweigerlich zum Krieg, der wiederum zur Spaltung der arabischen von der westlich-orientierten Welt führen wird - und zwischen Indien und Pakistan, in Lateinamerika und vielen Staaten Afrikas, deren Bevölkerungen aufzuwachen beginnen und nicht mehr länger bereit sein werden, ihre Bodenschätze von amerikanischen Konzernen ausbeuten zu lassen, werden den Niedergang der Supermacht USA schon sehr bald Realität werden lassen. Sollte es den USA nicht gelingen, sich vom Diktat der enorm einflussreichen inneramerikanischen khasarisch-jüdischen Organisationen zu befreien und Sharon in den Arm zu fallen, droht hier buchstäblich der Ausbruch eines Dritten Weltkrieges.

      Dabei werden dann gleichzeitig auch viele Regime, die bislang noch unter dem Schild amerikanischen Einflusses ihre Landsleute ausbeuten und tyrannisieren können (z.B. Saudi Arabien), explodieren, während andere, bislang unter US-amerikanischer Knute noch (halbwegs) still verharrende Nationen und Gesinnungsgruppen dann massiv losschlagen werden, wenn sie den Weltriesen USA als angeschlagen und verwundbar erkennen, und zum Angriff übergehen.

      Wenn bislang nur sehr vereinzelt mit Biowaffen (Anthrax, infizierten Viren und manipulierten Genen) Terroranschläge verübt worden sind - bezeichnenderweise vor allem innerhalb der USA und von Amerikanern (!) -, so ausschließlich deshalb, weil die dahinterstehenden Fundamentalisten zu viele ihrer eigenen Gesinnungsgenossen treffen könnten. Die Verfeinerung derart letaler, fundamentalistisch „gerechtfertigter“ Methoden nimmt jedoch täglich zu. Die Gefahr wächst exponentiell und unaufhaltsam.

      Wer sich heute noch im Schatten Bush`schen Größenwahns meint, profilieren zu können, sollte die Zeichen der Zeit, längst in Riesenlettern an der Wand prangend, nicht leichtfertig übersehen. Das Ende des US-amerikanischen Weltterrorismus` wird auch für den Rest der Welt mit großen Problemen, sozial- und wirtschaftspolitischen Verwerfungen einhergehen. Da werden den USA auch noch so monströse, ultramoderne Abwehrsysteme (Haarp, Master-Shield, SMI, etc.) und noch so verfeinerte Abhörmethoden und gänzlich verrückte Militärs kein bißchen helfen.

      Mutmaßlich wird der Zusammenbruch des US-amerikanischen Systems die weltweit katastrophalste Apokalypse der Menschheitsgeschichte mit sich bringen, in deren Abfolge Nahrungsmittelknappheit und Hungersnöte, kriegsbedingte Verödung riesiger Landstriche, chaotische Bürgerkriege, millionenfache Flüchtlingsheere, die Ausrottung ganzer Volksgruppen, aber auch ein gigantischer Flurschaden und die Vernichtung großer Teile der Fauna und Flora dieses Planeten stehen könnten.

      Auf Einsicht in den Gehirnen US-amerikanischer Regierungsvertreter und hoher Militärs oder die Vernunft und Menschlichkeit der dahinterstehenden Finanzologarchien darf kein Mensch hoffen. Sie werden den Krug bis zur bitteren Neige leeren – „no matter what!“

      Doch diese Phase gilt es durchzustehen – so bitter und schmerzhaft dies für mutmaßlich jedes Land dieser Erde auch werden wird.

      Hoffnung gebiert allenfalls die Tatsache, daß der weltweite Widerstand gegen die amerikanische Hybris stündlich wächst. Erfreulicherweise sind immer mehr Menschen – vor allem die Jugend – bereit, den Zeichen an der Wand Aufmerksamkeit zu schenken, den Kopf nicht wegzudrehen und die Augen nicht zu verschließen. Den gefilterten Nachrichten in Presse, Rundfunk und Fernsehen wird zunehmend mißtraut. Mehr und mehr Menschen suchen nach weiteren Informationsquellen, sind bereit zu diskutieren, nachzudenken und zu stutzen.

      Der Anfang vom Ende der Vereinigten Staaten von Amerika hat längst begonnen.

      „Es kommt der Moment, so selten dies auch in der Geschichte passiert, an dem wir aus dem Alten ins Neue steigen, an dem ein Zeitalter endet und die Seele einer Nation, die zuvor lange unterdrückt wurde, ihren Ausdruck findet.“

      Jawarhalal Nehru, 1947
      bei der Gründung der islamischen Republik Pakistan, einen Tag vor der Befreiung Indiens aus britischer Herrschaft, am 15. August 1947


      http://www.zeitreport.de/usa.htm
      Avatar
      schrieb am 14.04.03 00:59:05
      Beitrag Nr. 71 ()
      Sie haben ihre Position als letzte Supermacht sowie die Rolle des US-Dollar als faktische Weltwährung ausgenutzt und eine Politik des starken Dollar verfolgt. Dieser schwächte zwar die US Industrieproduktion und begünstigte die Importe, mit der Folge eines wachsenden Handelsbilanzdefizits, auf der anderen Seite aber war der US-Dollar ein natürlicher sicherer Hafen, eine globale Anlagewährung. Die USA konnten so ihre defizitäre Handelsbilanz über Kapitalimport finanzieren, mit der Folge stetig steigender Aktienkurse, was wiederum neues Kapital anlockte und die Kurse weiter in die Höhe trieb. Ein über 10 Jahre sich ständig selbst verstärkender Kreislauf.

      . . .

      Die USA exportieren keine Waren, sie exportieren Aktien. Dieser Export stieg von 35 Milliarden US-Dollar im Jahre 1991 auf 502 Milliarden US-Dollar im Jahre 2001. Der Kauf einer Aktie ist aber nur in Ausnahmefällen, bei den eher seltenen Aktienemissionen, eine Investition in ein Unternehmen. In den meisten Fällen ist der Aktienhandel ein Second-hand-Handel, der Kauf einer Aktie von einem Vorbesitzer. Und dieser kann sich für das Geld dann Beliebiges kaufen, Truthahnbraten, Rotwein oder auch einen neuen Porsche. Das Resultat ist eine historisch bisher einzigartige Situation: Die USA bilden den globalen Endverbraucher im Sinne der Keynesschen Theorie, der die ganze Welt für sich arbeiten lässt und diesen Megakonsum mit dem Profit der Eliten der anderen Länder finanziert. Dieses Geld fehlt dann trivialerweise in den anderen Ländern, mit der Folge, dass dort die Nachfrage zusammenbricht. Diese schwelende Deflation kann jederzeit in eine akute deflationäre Abwärtsspirale umschlagen.

      Todd beschreibt das als eine globalen keynesianischen Situation: Das weltweite Zinskapital wird von den USA aufgesogen und in Konsum verwandelt. Diese Interpretation der amerikanischen Verschuldung erscheint uns bemerkenswert. Sie beantwortet eine Reihe von ansonst nicht beantwortbaren Fragen:

      Warum befinden sich alle Industrieländer, außer den USA, hart am Rande der Deflationskrise?
      Warum scheitern alle Versuche, wirtschaftspolitisch von den USA zu lernen?
      Warum gibt es keine keynesianische Wirtschaftspolitik mehr in Europa?
      Warum scheint Deutschland in einer unaufhaltsamen Abwärtsbewegung gefangen zu sein?


      Die Situation der USA erinnert an das römische Imperium. Auch Rom hat die Produkte der ganzen damaligen Welt konsumiert und selbst nichts produziert, jedoch mit einem wesentlichen Unterschied: Die damaligen unterworfenen Völker, ihre Eliten ebenso wie deren Untertanen, wussten sehr genau, welchen Tribut sie Rom entrichten mussten. Heute wird stattdessen in populistischen Wirtschaftsmagazinen der naive Glauben genährt, das Geld, das an die Wallstreet fließt, würde in produktive Anlagen investiert.

      http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/14587/1.html
      Avatar
      schrieb am 14.04.03 01:38:55
      Beitrag Nr. 72 ()
      #1

      das "amerikanische volk" als parasiten?

      wer gelegenheit hatte, alle par jahre mal durch die usa zu fahren und mit den verhältnissen vertraut zu werden, also nicht nur mit wallstreet und banken und abgekapselten urbanisationen, der hat neben keine arbeit findenen ungeheuer viele habenichtse gefunden.

      immerhin hat amerika noch offiziellen zahlen 34 mill, die unterhalb der armutsgrenze leben (also in wirklichkeit viel mehr), 46 mill analpabeten; haben (stand 2000) 80% kein vermögen und 70% schulden.

      lt. gore vidal sind über die hälfte der bevölkerung funktionale analphabeten.

      die eigentliche frage ist doch in diesem zusammenhang, wo, wenn die ganze welt für amerika arbeitet - was ja unbestritten ist - die ganzen früchte der welt-arbeit bleiben.

      "die amis" genießen sie jedenfalls nicht.

      wenn die römer die damalige welt ausgeplündert hatten, so blieb doch bei den nicht-sklaven etwas hängen; wo denn in den usa?

      die rechnung ginge nur auf, wenn die us-bevölkeung nicht arbeiten würde oder deren arbeit wertlos wäre, aber dennoch für ihren unterhalt gesorgt sei.
      Avatar
      schrieb am 17.04.03 16:55:18
      Beitrag Nr. 73 ()
      Erika, die USA stellen natürlich den meisten Teil ihrer Produkte und Dienstleistungen selber her. Aber netto importieren sie halt!
      Bezahlt wird mit Dollars bzw. Derivaten auf den Dollar (Anleihen bzw. Aktien usw.)
      "Derivate" deshalb, weil diese "Wertpapiere" ohne einen hohen Außenwert des Dollars auch nichts wert sind.
      Und den hohen Wert hat der Dollar durch den Kapitalzufluß aus Europa/Asien/OPEC.
      Und den wirds solange geben, wie die Eliten dieser Regionen ihr überflüssiges Geld nicht woanders "investieren".
      Darum muß die USA versuchen, andere Regionen für Investoren abschreckend aussehen zu lassen.
      Und das tut sie ja auch gerade!
      Mal sehn, wie lange die Rechnung aufgeht :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 17.04.03 17:04:48
      Beitrag Nr. 74 ()
      Wo genau hört in Posting # 70 eigentlich das Zitat von Milton Friedman auf und wo fängt das von Nehru an?
      Avatar
      schrieb am 17.04.03 17:13:52
      Beitrag Nr. 75 ()
      Mich würde nämlich interessieren, wer genau das hier geschrieben hat und wie & wann genau die "Chasaren" von der Krim in die USA gekommen sein sollen:
      Sollte es den USA nicht gelingen, sich vom Diktat der enorm einflussreichen inneramerikanischen khasarisch-jüdischen Organisationen zu befreien und Sharon in den Arm zu fallen, droht hier buchstäblich der Ausbruch eines Dritten Weltkrieges.
      Avatar
      schrieb am 17.04.03 17:46:13
      Beitrag Nr. 76 ()
      auryn: das kommt vom Autoren des Textes, die Zitae sind reichlich kurz- sorry nochmal:



      „An der Nahtstelle von Wirtschaft und Politik ist es völlig normal, sich auf Kosten anderer auszubreiten – mit immer neuen Intrigen und Spielchen!“

      Milton Friedman



      und

      „Es kommt der Moment, so selten dies auch in der Geschichte passiert, an dem wir aus dem Alten ins Neue steigen, an dem ein Zeitalter endet und die Seele einer Nation, die zuvor lange unterdrückt wurde, ihren Ausdruck findet.“

      Jawarhalal Nehru, 1947
      bei der Gründung der islamischen Republik Pakistan, einen Tag vor der Befreiung Indiens aus britischer Herrschaft, am 15. August 1947


      *********************************************************


      ich gebe es ja zu, ab und an etwas abstrus, besonders wenn es um Zahlen oder um Verschwörungstheorien geht, die Tendenz sehe ich allerdings auch so!
      Avatar
      schrieb am 17.04.03 17:48:48
      Beitrag Nr. 77 ()
      Auryn, ich weiß es ist müßig, aber was sagst du zu diesen Meinungen?




      "Kultur der Stärke"

      Eduardo Loureco


      . . .

      Amerika aber brauchte seine eigene Geschichte und erfindet sie sich mit den Mitteln der bewegten Bilder. Zugleich aber entsteht dabei eine universell wirkende Mythologie. Der "Western" ist dieses uramerikanische Epos, das von der Landnahme, vom langsamen Prozess der Zivilisation erzählt.
      Und es erzählt diese Geschichte in einer möglichst einfachen Struktur, als Antagonismus zwischen Gut und Böse, so wie es die Spanier im 16. Jahrhundert gemacht haben, als sie die Eroberung Mexicos schilderten, oder die Portugiesen die Eroberung Brasiliens.

      Amerika macht sich seine Existens mit dieser Erzählung des "Western" bewußt und befindet sich dabei gleichzeitig im 20. und im 17. Jahrhundert.
      Es stellt in dieser Weise einen mythischen, einen zeitlosen Ort dar, der als nahezu unbeschränkt nutzbare Projektionsfläche dienen kann.
      Die Jugend der ganzen Welt von Brasilien bis China erkennt sich in den "Cowboys" wieder, ... die zwar im Laufe der Zeit komplexer [werden], aber im Grunde bis heute auf dem abstrakten Antagonismus von Gut und Böse beruhen.

      Heute, da die Vereinigten Staaten auch politisch zu einer imperialen Macht geworden sind, präsentieren sie ihr Handeln auf der Bühne der Zeitgeschichte deshalb immer noch in der einfachen Struktur des Gegensatzes von Gut und Böse, auf der auch der Kanon des Western beruht.

      Wie man am Beispiel des irakischen Diktators sehen kann, ist das sehr effektiv.
      In der amerikanischen Darstellung wird er zum absolut Bösen, nimmt sofort die Züge Adolf Hitlers an, als ob nicht im Bösen wie auch im Guten wichtige Differenzierungen existieren würden, die wir Europäer aus eigener Erfahrung sehr gut kennen.


      *********************************************************

      "Der Moloch. Eine kritische Geschichte der USA"

      von Karlheinz Deschner



      gefunden bei amazon.de

      Die Vereinigten Staaten taugen nicht als Vorbild, 30. August 2000

      Rezensentin/Rezensent: (klazehnder@commundo.de) aus Chemnitz, Sachsen


      "Wer Geschichte nicht als Kriminalgeschichte schreibt, ist ihr Komplize." Karlheinz Deschner, der sich insbesondere auf dem Gebiet der Religionskritik einen Namen gemacht hat (Abermals krähte der Hahn; Das Kreuz mit der Kirche; Kriminalgeschichte des Christentums), nimmt sich in diesem Buch die Vereinigten Staaten und ihre Geschichte auf seine unnachahmliche Weise vor. Dabei ist wiederum sein Talent zu bewundern, die verschiedensten, zahlreichen Quellen in sehr lesbarer Sprache zu einem runden Ganzen zusammenzufügen.

      Es führt kein Weg an der Erkenntnis vorbei, daß die USA auf der zielgerichteten Ausmordung (dieses Wort benutzt der Autor) der indianischen Eingeborenen beruhen.

      Wenn man die ersten Kapitel darüber liest, drängen sich einem deutschen Leser, der in der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts bewandert ist, zwangsläufig Parallelen und Ähnlichkeiten zwischen der Ideologie und den Taten der Nordamerikaner und der der Nazis auf (ethnische Säuberungen, Rassenkampf, Rassenvernichtung, die Strategie "verbrannte Erde", dh. die Vernichtung ganzer Dörfer, Vertragsbruch, Expansionsdrang, Sozialdarwinismus, die Selbstgewißheit, bei all den blutigen Tagen gleichwohl im Recht zu sein, etc.).

      Es kann gar nicht anders sein, daß die blutige Entstehungsgeschichte der USA in der Volksseele und im Volkscharakter der Nordamerikaner ihren Niederschlag gefunden haben muß.

      Man erkennt dies etwa daran, daß Hollywoodfilme generell Gewalt zur Lösung von Konflikten propagieren und die Ideologie vertreten, daß stets der Gute siegt.


      Mit anderen Worten: wer den Kampf überlebt, wer gewinnt, der ist der Gute, der hat recht gehabt. Die Selbstgerechtigkeit der ersten puritanischen Siedler hat ihren festen Niederschlag auch in der heutigen Moral der Nordamerikaner gefunden.


      Weshalb sonst verweigern sie den Sioux-Indianern den Vollzug der Entscheidung des höchsten US-Gerichtes, daß die Black Hills den Indianern gehören, wie es einmal vertraglich vereinbart worden ist?


      Ist es nicht schlimm, wenn die USA anderen Völkern Moral lehren wollen, während sie sich selbst aber nicht einmal an die eigene Rechtsordnung halten?!



      Pacta sunt servanda! Each man is equal!

      Stattdessen heißt es: alles ist erlaubt, wenn es Geld bringt... und man damit durchkommt. Dann ist es Gottes Wille, und Gott hat immer recht.

      Avatar
      schrieb am 17.04.03 18:46:25
      Beitrag Nr. 78 ()
      @ sittin bull inv:
      Ich muß mich zuerst mal entschuldigen, weil dies vielleicht mein letztes Posting für heute sein wird und ich nicht mehr antworten können werde, da ich aus einer Uni schreibe und gerade der automatische Warn-Hinweis über die Bildschirme flimmert, daß in einer halben Stunde die Computer-Systeme für die Feiertage heruntergefahren werden und die Arbeit an jenen baldmöglichst beendet werden soll.

      O.K., zunächst mal meinen Dank für # 76, weil ich den Verdacht habe, daß an dem Nehru-Text jemand mitgeschrieben hat, der im Geschichts-Unterricht nicht gerade eine Eins hatte.

      Zu # 77 im Prinzip meine Zustimmung zum ersten Text, aber Du weißt ja, daß ich wahnsinnig gerne mit anderen Systemen der Geschichte Vergleiche ziehe.
      Es ist natürlich immer sehr ärgerlich, wenn eine Großmacht auf die Meinung anderer nichts gibt und in ihrem Inneren dem zuwiderhandelt, das nach außen ihre eigenen Maximen sind.
      Anderes Beispiel:
      Wie Du vielleicht auch weißt, habe ich andererseits während meines Studiums auch die Geschichte von Minderheiten in Europa untersucht und dabei feststellen können, daß JEDES Land in Europa gerne nach außen eine minderheitenfreundlichen Kurs steuert, nach innen sich aber ganz anders verhält, wenn es seine Eigenheiten auch nur leicht bedroht sieht. Es gab im Europarat mal Abstimmungen über die Minderheitenpolitk osteuropäischer Länder, die für Westeuropäer kaum zu begreifende Bestimmungen haben, weil sie erst im 20. Jahrhundert die meisten ihrer Grenzen festlegten und daher jede Menge Minderheiten haben. Diesen Ländern wurden für ihren Beitritt zur Europäischen Union von der Union Bestimmungen auferlegt, die die alten EU-Mitglieder bei sich selbst nie akzeptieren würden, weil sie schon früher in der Geschichte und oft mit Gewalt ihre Minderheiten assimiliert haben; Frankreich z.B. in den Grenzregionen zum Baskenland oder in Korsika usw. Von osteuropäischen Ländern hingegen wird verlangt, daß ab einer bestimmten Zahl von Minderheitsangehörigen der Unterricht in deren Muttersprache abgehalten werden muß, was z.B. in Marseille zu einer Menge arabischer Schulen oder in Berlin zu einer Menge türkischer Schulen führen würde. Im Europarat sagte dem entsprechend ein Brite: "We are all for the best possible rights of minorities - in our friend`s countries."

      O.K., die USA sind auch damit verglichen reichlich rücksichtslos im Umgang mit den Indianern und deren Rechten.
      Einverstanden. Wenn ich das aber wieder mal mit anderen Großmächten vergleiche, (wie es nun mal mein Hobby ist), dann mußt Du wiederum eingestehen, daß Du Dich darüber an vielen verschiedenen Orten informieren kannst, daß es Möglichkeiten gibt, das Unrecht an den Indianern anzuprangern und durch diese Öffentlichkeitsarbeit ein anderes Bewußtsein für die Indianer zu schaffen.
      Vergleichen wir das doch mal mit der Lage der "Ureinwohner" in Tibet oder in Rußland: In China darfst Du nicht einmal versuchen, Dich mit der Zahl der "möglicherweise" von chinesischen Truppen ermordeten Tibetern zu beschäftigen!
      Oder in Rußland:
      Hast Du jemals etwas über die Unterdrückung von Ewenken oder Nenzen gehört? Weißt Du wieviele Krim-Tataren, Tschuwaschen, Kabardiner, Tscherkessen oder Tschetschenen in den vergangenen 200 Jahren von russischen Truppen vertrieben, deportiert oder ermordet worden sind?
      Vermutlich nicht, oder?

      Und genau das stört mich oft doch sehr: Daß nämlich die USA immer wieder allein für ihre Untaten angegriffen werden, während alle anderen Großmächte der Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft aus den Diskussionen ausgeblendet werden, weil sie nicht den "Fehler" machen, eine Meinungs- und Pressefreiheit zuzulassen. Wenn man sich daran gewöhnt, die Opfer anderer Unterdrückung gar nicht erst wahrzunehmen, dann tut man den Millionen von unbekannten Opfern anderer Systeme bestimmt keinen Gefallen. Im Gegenteil: Man begünstigt die Feinde freiheitlicher Systeme, in denen man sich über alle Verbrechen der Geschichte informieren kann, auch über die, die die eigenen Verbündeten begangen haben.

      So, jetzt hoffe ich, daß ich das noch absenden kann und wünsche Dir und allen Deinen Lesern
      FROHE OSTERN!
      Avatar
      schrieb am 17.04.03 20:59:52
      Beitrag Nr. 79 ()
      Vielen Dank auryn.


      Du hast natürlich wie immer mit jedem Punkt recht-
      natürlich ist es in diesen Ländern noch schlimmer, das ist mir bewußt, ich klammere es nicht aus.
      Ich würde genauso dagegen argumentieren, wenn irgendein anderes Land eine Macht die des Dollars vergleichbar wäre in der Hinterhand zum aufdrängen ihres "einzig richtigen" Systemes hätte...
      Dieses Sendungsbewußtsein hat aber niemand sonst ( mehr )

      Und ich habe ( berechtigte ) Zweifel, das was die USA uns als Freiheit verkauft gar keine wirkliche Freiheit ist.

      Ich bin da viel liberaler als alles was real passiert-
      wir haben nämlich auf Grund der zunehmenden Machtkonzentration ( welche Instrumente dieses automatisieren weißt du wenn du zwei Threads von mir ließt, nur kurz die Auswirkungen: zunehmende Abhängigkeit von anderen durch Überschuldung, zunehmende Verarmung ganzer Klassen durch Umverteilungseffekte, zunehmende Rationalisierung und daraus folgender Arbeitslosigkeit in gesättigten Konsumgesellschaften ) eine tendenziell abnehmende Freiheit, auch bei uns.
      Die Gesellschaft der Angst, die Antiterrorgesetze, das Treten der Menschenrechte ( auch in den USA- denk an Guantanamo ), den Export von Krieg- all das besorgt mich.

      Und auch wenn es überall anders genauso oder vielleicht sogar schlimmer ist/war- das halte ich für kein opportunes Argument, die Mißstände nicht anzuprangern.
      Ist so ähnlich wie "aber dort ist... aber der hat..."

      Es ist zwar vielleicht richtig, aber es bessert die eigene Lage nicht- und im Zweifelsfall muß man sich an die eigene Nase fassen- der Kant`sche Imperativ gilt eben immer und überall.

      Übrigens, neues von Habermas, falls du es noch nicht kennst:


      JÜRGEN HABERMAS

      "Autorität Amerikas liegt in Trümmern"

      Jürgen Habermas hat den Krieg gegen den Irak als völkerrechtswidrigen Akt verurteilt. Der Frankfurter Philosoph vertritt die Auffassung, die Vereinigten Staaten hätten die Rolle einer Garantiemacht des internationalen Rechts aufgegeben.


      AP

      Jürgen Habermas


      Frankfurt - "Machen wir uns nichts vor: Die normative Autorität Amerikas liegt in Trümmern", stellte Habermas in einem Beitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Donnerstagsausgabe) fest.
      Die "triumphale Freude", die Hans Magnus Enzensberger angesichts der Bilder vom Sturz der Standbilder Saddam Husseins bekundete, läßt Habermas zwar als moralisches Gefühl gelten, das ein Moment der Wahrheit enthalte.

      Er gibt aber zu bedenken, daß der Wert der Freiheit in Regeln der Selbstbindung Gestalt annimmt. Der Bush-Doktrin einseitiger Tyrannenbekämpfung, die auf eine Revolution der Weltordnung hinauslaufe, hält Habermas, der in Amerika hohes Ansehen genießt, die Einsicht des philosophischen Pragmatismus entgegen, daß Gerechtigkeit nicht exportiert werden kann, sondern im Streit der Parteien durch gegenseitige Perspektivenübernahme entsteht.






      http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,245261,00.h…

      Im Sinne des letzten Satzes von Habermas auch von mir frohe Ostern, auf das uns unsere Probleme nicht auffressen werden!


      :)
      Avatar
      schrieb am 18.04.03 18:44:14
      Beitrag Nr. 80 ()
      @sittin bull inv

      Vergiß bei all Deinen Überlegungen nicht die Praxis, denn darauf kommt es ja an. In der Theorie klingt sogar der Kommunismus hervorragend, wie Du sicher weißt.
      Vergleiche also Westdeutschland vor amerikanischer Besatzung mit heute.

      Ähnlich wie im Irak gab es auch in Deutschland 1945 keinen Jubel für Die Amis. Den hat es nie gegeben ( in keinem Land ) und wird es wahrscheinlich nie geben.

      Im Gegenteil - es wird kritisiert bis zum abwinken und niemand scheint zu merken, dass diese hemmungslose weltweite Kritik ( Freiheit ) der Schlüssel und die Ursache für die Dominanz der USA ist. Bush und Rumsfeld sagten selber, sie wollen und müssen kritisiert werden, um sich ständig selber zu verbessern. Auch die Kritiker hier an Board dienen dem System - ich befürchte, ohne es selber zu merken.:)

      Der Hornissenstich am 11.09.2001 ( WTC ) war ein Weckruf - nun sin sie wieder Putzmunter.

      Ich schlage Dir vor, es so zu sehen wie Winston Churchill :"Auf Amerika ist Verlaß. Sie tun immer das Richtige, nachdem sie alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft haben."

      Oder wie Otto von Bismarck ." Tue lieber etwas falsches, als gar nichts." Wobei der Bismarckspruch für mich umstritten ist, das gebe ich zu.

      Dein Vergleich Washington - Rom ist nicht zulässig. Die USA werden niemals Mexiko aus Gründen der Gebietserweiterung angreifen und die amerikanischen Soldaten werden in naher Zukunft aus Deutschland abziehen. Und jeder weiß, dass es uns danach nicht besser gehen wird.

      Auch finanziell wird es keinen Zusammenbruch in den USA geben. Grund : Juden können mit Geld umgehen. Solltest Du doch eigentlich wissen.;)
      Die einzige Gefahr : Zusammenbruch der Euroländer, den ich in den nächsten 5 - 15 Jahren erwarte.

      long rider
      Avatar
      schrieb am 18.04.03 23:42:09
      Beitrag Nr. 81 ()
      weder historisch noch prognosetechnisch richtig was du sagst.

      Wie sind die USA denn zu ihren Bundesstaaten gekommen?

      Vergißt dabei wohl alle Kriege die es dazu gab?

      Und die Herrschaft des Geldes bringt nicht das Beste fürs leben mit sich!
      Avatar
      schrieb am 19.04.03 12:51:38
      Beitrag Nr. 82 ()
      und nun mal konkret zerpflückt!

      Vergiß bei all Deinen Überlegungen nicht die Praxis, denn darauf kommt es ja an. In der Theorie klingt sogar der Kommunismus hervorragend, wie Du sicher weißt.
      Vergleiche also Westdeutschland vor amerikanischer Besatzung mit heute.


      Ich weiß, ich bin unendlich dankbar, das die Amerikaner uns vom dem schlimmsten Übel was sich vorstellen kann befreit haben, Faschismus und Kommunismus.
      Das bedeutet aber gleichzeitig nicht, das wir jetzt Neocon-Faschismus erdulden werden!

      Ähnlich wie im Irak gab es auch in Deutschland 1945 keinen Jubel für Die Amis. Den hat es nie gegeben ( in keinem Land ) und wird es wahrscheinlich nie geben.

      Immerhin war das Volk lange Zeit starken Ideologen ausgesetzt und müde und krank vor Krieg-
      das keiner jubelt wenn Krieg Millionenfaches Leid bringt ist doch wohl klar- auch wenn er dann zu Ende ist.
      Jubel gibt es heute meist nur in den USA für Krieg-
      weil ihr noch niemals einen Krieg auf eigenen Territorium hattet- und weil ihr auf patriotische Kriegsgeilheit macht...

      Im Gegenteil - es wird kritisiert bis zum abwinken und niemand scheint zu merken, dass diese hemmungslose weltweite Kritik ( Freiheit ) der Schlüssel und die Ursache für die Dominanz der USA ist. Bush und Rumsfeld sagten selber, sie wollen und müssen kritisiert werden, um sich ständig selber zu verbessern. Auch die Kritiker hier an Board dienen dem System - ich befürchte, ohne es selber zu merken.


      Das kann ich nicht nachvollziehen- bei dem angewandten Unilaterismus ist kein Platz für Kritik
      ( wer nicht für uns ist... blablabla )

      Der Hornissenstich am 11.09.2001 ( WTC ) war ein Weckruf - nun sin sie wieder Putzmunter.

      Daher kommt ja die Kritik, die rechtsradikalen Pläne der NeoCons und ihrer Think Tanks gab es ja schon vorher- aber nur in einem Klima der Angst sind sie durchzusetzen.
      Und daher auch die vielen ( berechtigten ) Fragen zum 11.9.

      Denk mal an gewisse Worte eines Mark Twains oder an die Erkenntnisse Tucholkys. Wahrscheinlich werden dir diese Männer überhaupt nichts bedeuten!



      Ich schlage Dir vor, es so zu sehen wie Winston Churchill :"Auf Amerika ist Verlaß. Sie tun immer das Richtige, nachdem sie alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft haben."

      Niemand handelt immer richtig- nur durch Dialoge kann man zu richtigem Handlen kommen.
      Außerdem sind die Herrschenden zu sehr fremdbestimmt, als das sie selbst moralisch handeln würden-
      Geld regiert die Welt

      Oder wie Otto von Bismarck ." Tue lieber etwas falsches, als gar nichts." Wobei der Bismarckspruch für mich umstritten ist, das gebe ich zu.


      da braucht man doch kein Wort zu verlieren-
      das würde ja alles rechtfertigen.
      Ich gebe zu, zu langes debattieren kann hemmend sein,
      lostrampeln ohne die Folgen zu bedenken aber mindestens genauso!


      Dein Vergleich Washington - Rom ist nicht zulässig. Die USA werden niemals Mexiko aus Gründen der Gebietserweiterung angreifen und die amerikanischen Soldaten werden in naher Zukunft aus Deutschland abziehen. Und jeder weiß, dass es uns danach nicht besser gehen wird.


      Man braucht heute doch keine Länder mehr direkt angreifen, man hat sie über Weltbank und IWF doch sowieso in der Hand.

      Auch finanziell wird es keinen Zusammenbruch in den USA geben. Grund : Juden können mit Geld umgehen. Solltest Du doch eigentlich wissen.

      Doch, wird es- er ist unvermeidbar. Das das gewissen Kreisen aber egal ist, weil die nie zu den Verlieren gehören werden, denke ich aber schon!



      Die einzige Gefahr : Zusammenbruch der Euroländer, den ich in den nächsten 5 - 15 Jahren erwarte.

      Der kommt mit- sämtliche Papierwährungen werden in Rauch aufgehen, wenn man merkt, wie sehr wir betrogen worden sind!
      Avatar
      schrieb am 19.04.03 19:42:21
      Beitrag Nr. 83 ()
      Ja, Mark Twain, der hatte Recht, als er sagte: " Es gibt drei Sorten von Lügen: Lügen, gemeine Lügen und Statistiken."
      Ich zeig hier mal meine Statistik und beantworte damit den letzten Teil deines Postings.

      USA - Germany

      Mehrwertsteuer
      Germany : 16%
      USA : 0% Einige Bundesstaaten erheben ein paar Prozent auf Lieferungen, nicht aber Dienstleistungen.


      Rentenverpflichtungen
      Germany : Allein das Rentenloch wird von Carl Zimmerer auf 4000 Milliarden Euro geschätzt.
      USA : Keine Probleme bis 2040.


      Verteidigungsetat
      Germany : Weiß ich jetzt nicht.
      USA : Gigantisch, kann man aber jederzeit wieder verringern. Außerdem wandern von diesem Topf Riesensummen in die High - Tech - Industrie. In Deutschland gibt es seperate Subventionen an die Industrie.

      Fazit : Die Spaßgeneration hier steht nicht nur mental, sondern auch finanziell auf verlorenem Posten. Ich hoffe, Du schaffst rechtzeitig den Sprung zum Dollar.


      long rider
      Avatar
      schrieb am 19.04.03 20:21:22
      Beitrag Nr. 84 ()
      Kennst die Geschichte zum Achilles?


      Der Dollar wird sich eher von der Welt verabschieden als der Euro- weil eine Fiat Money vom Vertrauen abhängt-
      welches bei euch erstens immer mehr durchlöchert wird und zweitens wohl nie wirklich verdient war...

      Durch Enronitis, durch Kriegsgeilheit, durch die Dollarschwemme, durch die Konsumabhängigkeit des Volkes, durch die Abhängigkeit von Kapitalimport,
      durch die Abhängikeit der Dollarfakturierung der Rohstoffe


      Thema Renten: Altersvorsorge in Aktien, wenn überhaupt,

      Milliarden-risiken durch Überschuldung

      Abhängigkeit von eurer Rüstung als Mono-Impulsgeber für Konjunktur

      Risiken aus Leistungsbilanzdefizit

      etc etc...
      Avatar
      schrieb am 19.04.03 21:07:24
      Beitrag Nr. 85 ()
      Ja, unseren Wohlstand hat es die längste Zeit gegeben. unser system wird zusammenbrechen. Weil Amerika pleite geht, werden wir nicht mehr exportieren können. Eine Binnennachfrage wird es nicht geben, weil den EU-Bürgern durch die Globalisierung jede Kaufkraft genommen wurde - sozialund Lohndumping.
      Avatar
      schrieb am 19.04.03 21:34:33
      Beitrag Nr. 86 ()
      #85: Ich muß Dir eines zugestehen: Deine ökonomischen (Fehl-)Vorstellungen teilst mit mindestens 2/3 aller Deutschen.:( Auch aller deutschen Wähler!:cry:

      Mein einziger Trost: In anderen Ländern ist es nicht viel besser. Früher sprach man vom Gleichgewicht des Schreckens. Das könnte man jetzt "Gleichgewicht der ökonomischen Unwissenheit" (um drastischere Bezeichnungen zu vermeiden) nennen.:laugh:

      John D.:cool:


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