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    Sudan - Frieden oder neuer Völkermord ? - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 08.04.04 10:41:51 von
    neuester Beitrag 19.04.07 13:16:29 von
    Beiträge: 99
    ID: 845.598
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      schrieb am 08.04.04 10:41:51
      Beitrag Nr. 1 ()
      Sudan – Frieden oder neuer Völkermord ?

      (08.04.2004) Gerade mehrten sich noch die Kommentare, daß das fundamentalistische Regime in Khartoum abgewirtschaftet hätte. Eine Friedensvereinbarung mit der SPLA, der Befreiungsbewegung für den christlich-animistischen Süden, stünde bevor, aber auch im Norden seien die regierenden Islamisten nicht mehr in der Lage, ihre politischen Vorstellungen durchzusetzen. Der Sudan würde freier und pluralistischer, die Menschen dort wollen ihr Privatleben nicht mehr den rigiden Vorstellungen der Mullahs unterwerfen. Zumindest der Süden würde nicht mehr der Scharia unterliegen. Kurz darauf kamen jedoch die ersten Meldungen in den Ticker, daß es nun im Westen des Sudan zu Übergriffen regimetreuer Araber gegen dort lebende Neger gekommen sei und angeblich schon 100.000 Menschen auf der Flucht seien.

      Da die Berichterstattung im Sudan nicht frei ist, und sich ohnehin Reporter in den Bürgerkriegsregionen nur mit Schwierigkeiten bewegen können, ist es wohl unmöglich, herauszufinden, was wirklich los ist. In den letzten 20 Jahren sind mit Sicherheit weit über 1 Millionen Menschen im Sudan ermordet worden, ohne daß dies die Welt groß gekümmert hätte. Die angeblich zu Tausenden ermordeten Menschen in der Dafur-Region motivieren aber Annan zu Worten, die damals beim Völkermord in Ruanda gepaßt hätten. Das Problem dabei ist wohl, daß er, egal was er macht, es nur falsch machen kann. Warnt er nicht, und es kommt wirklich zu einem großen Abschlachten, hat die UN schon wieder als Weltgewissen versagt. Warnt er, und die Meldungen aus dem Sudan erweisen sich als übertrieben, muß er sich Inkonsequenz vorwerfen lassen. Dies um so mehr, als lange Zeit die UN bei schlimmeren Fällen geschwiegen hatte. Es erinnert sich wohl kaum einer an die wenigen Meldungen über massenweise Morde in Kongo. Es wird auf politischer Ebene kaum über die mittlerweile fast 100.000 getöteten Tschetschenen gesprochen. Und die Morde unter Hussein haben meines Wissens die UN nicht alarmiert, sondern nur die Verstöße gegen die Auflagen nach dem Golfkrieg von 1991/92.

      Stellt sich noch die Frage, warum sich die Lage in Dafur gerade jetzt zuspitzt? Die Staaten, die dort überhaupt eingreifen könnten, sind noch in Afghanistan und Irak gebunden. UNO-Truppen werden aber üblicherweise erst entsendet, wenn der militärische Konflikt bereits in politische Verhandlungen eingemündet ist. Das Regime in Khartoum ist eigentlich zu geschwächt, um nach dem zermürbenden Krieg mit dem Süden einen neuen Konfliktherd aufzumachen. Vielleicht ist es aber die Einsicht, daß vermutlich der Sudan auf lange Sicht geteilt wird, entlang ethnischer Grenzen. Das könnte die Versuchung bieten, durch ethnische Säuberungen dem Norden ein größeres Territorium zu sichern. Es bleibt die Einsicht, daß die Weltgemeinschaft einfach zu schwach ist, mehr als nur einen kleinen Teil der großen Konfliktherde der Welt zu bereinigen, und daß die dadurch notwendige Auswahl immer inkonsequent wirken wird. Egal, wie es sich in Dafur entwickelt: internationale Maßnahmen werden so oder so zu spät kommen.
      (f4)
      Avatar
      schrieb am 08.04.04 10:48:36
      Beitrag Nr. 2 ()
      Solange es nicht um handfeste wirtschaftliche oder strategische Ziele geht,hat gerade die westliche Welt große Routine darin,einen anderen Weg zu schauen.
      Siehe Ruanda!
      M.
      Avatar
      schrieb am 08.04.04 16:12:55
      Beitrag Nr. 3 ()
      Es gibt durchaus wichtige Ölfelder im Südsudan, nur da sind die Chinesen und die Malaysier dran.
      Alles auf den westlichen Imperialismus zu schieben ist saublöde
      http://www.hrw.org/german/press/2003/sudan112503de.htm

      Sudan ist ein schönes Beispiel für vergessene Massaker, die nun niemanden, aber wirklich niemanden interessieren.
      Mich fasziniert diese Ignoranz immer wieder.
      Avatar
      schrieb am 08.04.04 16:33:54
      Beitrag Nr. 4 ()
      Ich merke es auch immer wieder, wenn ich mal einen Thread zu solchen Konflikten abseits der täglichen Aufregung um USA, Israel und deren Sparingspartner aufmache. ;)

      In der Ein-Themen-Gesellschaft haben manche Dinge einfach keinen Platz. Sogar sehr viele Dinge...
      Avatar
      schrieb am 08.04.04 17:13:12
      Beitrag Nr. 5 ()
      Die Negierung vieler Themen liegt auf der Hand.
      Das Prüfkriterium ob ein Problem "relevant" ist oder nicht ist die einfache Frage: "Kann man damit eine Wahl gewinnen ?"

      Außerdem glaube ich daß im Pisageschädigten Deutschland viele Leute Ruanda für einen Sportwagen von Toyota halten und Sudan für ein Alcopop.
      :D

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      Avatar
      schrieb am 08.04.04 17:32:10
      Beitrag Nr. 6 ()
      wen interessieren schon ein paar Bimbos in Afrika, in diesem Fall dem Sudan, wenn sie nicht - und das ist das entscheidende - von den Amis oder sonst einem Weißen mißhandelt oder umgelegt werden.

      da kann passieren was will, und es juckt keine Sau.

      http://www.gfbv.de/dokus/dossiers/nuba/mende_nazer5.htm

      dagegen wirkt der einstige südafrikanische Apartheitsstaat wie ein Wohltätigkeitsball.

      Aber auch die afrikanischen Staaten halten schön die Klappe. Agieren höchstens verdeckt, wie Kenia und Uganda. Und der beschissene Koofi Annan, der der BRD Diskriminierung der Moslems vorwarf, findet keine (hörbaren) Worte zu den Verstümmelungen, Versklavungen, den Massenmorden, wenn sie von einem nicht-westlichen Regime, insbesondere, wenn sie von einem islamischen Regime begangen werden.

      Die besondere Brisanz im Sudan liegt darin, daß man beobachten kann, was geschieht, wenn eine Machtergreifung des korantreuen Islam stattfindet.
      Dieser Vorgang der Unterwerfung der Ungläubigen, deren gezielte Ausrottung, die "Disziplinierungen" mittels Scharia, sind auch in anderen Teilen der Welt zu beobachten, wo sich diese Ideologie ausbreitet.

      Sind erst mal die Gegner dieses Glaubens vernichtet, entwickelt sich sowas wie "Friede". Typisch für jede Tyrannei, die ihr Ziel erreicht hat.

      Man muß sich klarmachen, daß die aktuellen Vorgänge im Sudan in den meisten Ländern, die heute islamisch sind, vor langer Zeit ebenfalls stattgefunden haben.
      Und daß sie auch in Zukunft stattfinden werden, in der Übergangsphase der kulturellen Umwandlung vom vorislamischen System in ein islamisches.
      Avatar
      schrieb am 08.04.04 18:28:42
      Beitrag Nr. 7 ()
      #6 Denali ohne das probleme des Islamismus negieren zu wollen,aber in Ruanda und Kongo waren es wohl Christen die
      andere sogar selbigen glaubens wegen Ethnisch anderer zugehörigkeit abgeschlachtet haben.Religiöse fanatiker machen vor nichts halt,gerade Afrika ist in der vergangenheit und auch jetzt kein ruhmesblatt der Christen.
      Avatar
      schrieb am 08.04.04 18:32:21
      Beitrag Nr. 8 ()
      Dieser Konflikt existiert seit ca. 40 Jahren.
      Der Grund warum sich niemand interessiert: Dieses Gebiet hat keinerlei strategische Bedeutung, keine Bodenschätze, keine Kultur. Der Arsch der Welt sozusagen.
      Avatar
      schrieb am 08.04.04 19:20:25
      Beitrag Nr. 9 ()
      Also der Sudan und vor allen Dingen der Kongo haben sehr wohl Bodenschätze, wobei im letzteren Fall sicher auch westliche Firmen und wohl auch die US-Regierung, zumindestens indirekt, mitmischen. Aber keineswegs nur die.
      Südafrika,Sambia, Kongo, der Ural, Australien und der persische Golf sind die Bodenschatzzentren dieser Welt.

      http://www.friwe.at/Diverses/KongoHautmann.htm

      Wo es keine Bodenschätze gibt sind der Kosovo und Brandenburg.
      Avatar
      schrieb am 08.04.04 19:33:02
      Beitrag Nr. 10 ()
      ..wo sind due Friedenaktivisten. :mad:
      Ich habe immer gedacht, die treten für die Unterdrückten ein. Aber wie immer. Die feigen Eurpäer wollen sich immer nur die Rosinen herauspicken.

      Oder glaubt ein Mensch, dass Europa ein gemeinsames Kommando für den Schutz der Zivilbevölkerung aufstellt.
      Hier könnten die Eurpäer zeigen, dass sie ihren Worten Taten folgen lassen.

      Aber dafür sind sie sich in der Lage.

      Feiges Pack.:cry:

      coke
      Avatar
      schrieb am 08.04.04 21:18:46
      Beitrag Nr. 11 ()
      puhvogel,

      von Bodenschätzen im Südsudan habe ich noch nichts gehört. Natürlich gibt es überall irgendwelche Vorkommen, aber bedeutende Vorkommen existieren da meines Wissens nicht.
      Avatar
      schrieb am 09.04.04 00:10:16
      Beitrag Nr. 12 ()
      Na, Petronas und China Oil sind öffentliche AGs, da findest schnell Du in englischer Sprache die realtive Bedeutung der Ölfelder

      http://www.mbendi.co.za/indy/oilg/ogus/af/su/p0005.htm

      " Recoverable reserves from the Heglig and Unity fields have been estimated at 660 million to 1.2 billion barrels... The area around these two fields also is suspected to contain oil, but estimates of reserves vary. Chevron had made a rough estimate of 10 billion barrels in the early 1980`s. Talisman has cited a range of 8.5 to 12.5 billion barrels.
      "

      http://www.csis.org/africa/0208_SudanPFCSum.pdf
      Muglad Basin Blocks 1 & 2 conclusions

      Existing reserve base in Blocks 1 and 2 (including expected new reserves) is expected to be somewhere between 1 billion and 1.45 billion barrels with an expected mean reserve of 1.25 billion barrels

      Hat natürlich nichts mit den Saudi-Maßstäben zu tun, aber schon mit den Nordseevörräten.
      Avatar
      schrieb am 09.04.04 00:36:44
      Beitrag Nr. 13 ()
      Bodenschätze hält man leider oftmals für einen "lohnenden" Grund für einen Krieg. Dies muß aber nicht unbedingt im Sudan zutreffen.

      Ohne die Einführung der Scharia wäre es garnicht zum Krieg im Sudan gekommen, und die Regierung hätte sich in Ruhe bereichern können.

      Ich erinnere mich noch an die ersten Fernsehberichte über die Verstümmelten, amputierten Krüppel die durch den Staub kriechen mußten - anfangs der 80ger. Das brachte die Leute erst so richtig auf gegen die Tyrannen aus Karthoum, zumal die Sharia auch bei Nicht-Muslimen gnadenlos angewendet wurde. Das gehört eben zur Willensbrechung der Unterworfenen. Hat nur nicht so ganz geklappt, weil das Ausland die Aufständischen unterstützt hat.

      Später hörten diese Berichte auf, weil es zu gefährlich wurde für die Journalisten.

      Ein Blick darauf, daß sich am grundsätzlichen Problem bis heute nichts geändert hat.

      http://www.arabicnews.com/ansub/Daily/Day/020916/2002091610.…
      Avatar
      schrieb am 09.04.04 09:42:34
      Beitrag Nr. 14 ()
      Also da muß ich Denali widersprechen.

      Den Konflikt gibt es seit den 60er Jahren, lange vor der Einführung der Scharia (ich glaube das war in den 80ern).
      Er rührt wohl aus einem Konflikt zwischen Christen und Anhängern von Naturreligionen mit den Moslems, aber auch aus Bestrebungen nach Unabhängigkeit. Es dürften wohl auch ethnische Konflikte eine Rolle spielen.
      Avatar
      schrieb am 09.04.04 09:48:10
      !
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      Avatar
      schrieb am 09.04.04 11:16:22
      Beitrag Nr. 16 ()
      hab ich ja fast übersehen den Thread.
      Avatar
      schrieb am 09.04.04 11:34:30
      Beitrag Nr. 17 ()
      Dieser Bürgerkrieg ist in der Tat ewig alt. Hier stehen die Christen auch nicht als monolitischer Block, sondern sind als Gruppierungen untereinander auch noch oft verfeindet, kooperieren zT mit den Arabern uswusf.

      Nur wurden hier mit Kampfflugzeugen zivile Dörfer bombadiert und es kommt nicht mal in die Tagesschau, während jede philippinische Fähre, die wegen eines Zyklons kentert, und jeder Unfall vom Kübelböck es eben dorthin locker schafft.

      Das Problem ist konkret, dass es dafür keine Bilder gibt, weil es dort keine freie Berichterstattung gibt, und weil Reportagen aus dieser Region schon sehr gefährlich sind.
      Selbst PSL der nun fast überall in Afrika war, kam nicht in diese sumpfige Ölregion.

      Aus Kambodscha und Ruanda gab es auch keine Bilder, insofern fanden diese Vorgänge seinerzeit keine Beachtung, immerhin finden die Gedenkfeiern den Weg in die Tageschau.
      Die Amerikaner haben ja bewußt die Pressefreiheit eingeschränkt.

      @Denali: Immerhin haben die Fundis in Algerien und in Malaysia von den Wählern eine Klatsche gekriegt. IMHO kann man den Islam auch nicht als fanatischen Block sehen. Spannend wird auch Indonesien, die mit den Gotteskriegern kurzen Prozess gemacht haben. In Pakistan laufen die alle frei rum.

      Wenn die USA sich nicht so wunderbar als Feindbild instrumentalisieren lassen würden, würde auch die Iraner besser erkennen, dass ihre Form der Regierung mit dem ganzen Wasserkopf an Religionshütern sie trotz aller Ölreichtümer nur ärmer macht.
      Avatar
      schrieb am 09.04.04 13:13:20
      Beitrag Nr. 18 ()
      zu Algerien: wenn ich mich richtig erinnere, haben da Fundis keineswegs eine Klatsche gekriegt, sondern die Wahlen wurden abgesagt, nachdem sich ein Sieg der Fundis abzeichnete - vor ein paar Jahren....

      ...oder hat sich inzwischen noch mal was Neues ergeben??


      Auch zu Ruanda möchte ich widersprechen. Nach meiner Erinnerung war damals sehr viel davon zu sehen in den Nachrichtensendungen. Allerdings war es auch so, dass darüber natürlich deutlich weniger berichtet wurde, als wenn man damit den Amerikanern oder Israel hätte ans Zeug flicken können....
      Avatar
      schrieb am 09.04.04 13:28:41
      Beitrag Nr. 19 ()
      #18 Es wurde darüber viel berichtet,auch im TV,die anderen hinweise hättest du dir sparen können weil keiner auf flicken scharf war,und jetzt alle krokodilstränen vergiessen.
      Avatar
      schrieb am 09.04.04 13:58:48
      Beitrag Nr. 20 ()
      :laugh: :laugh:

      Auf´s Flicken sind noch immer sehr viele scharf....wie man gerade wieder sieht.
      Für einen Drecksmörder, der "keinen fairen Prozess hatte" werden hier Krokodilstränen vergossen und die einzige Demokratie weit und breit verurteilt - während die Schlachterei im Sudan fast niemanden interessiert.
      Und ähnlich sieht es mit dem Irak aus....Jeder Tote in Falludscha scheint 100 x wertvoller zu sein als ein toter Sudanese.
      Avatar
      schrieb am 09.04.04 14:11:54
      Beitrag Nr. 21 ()
      #20 Xylo kommst ja richtig revolutionär in fahrt,ich mache mir sorgen um dich.Wo findet deine Demo gegen dem Sudan statt,ich komme bestimmt mit.:laugh:
      Avatar
      schrieb am 09.04.04 15:16:52
      Beitrag Nr. 22 ()
      Spende einfach 150 Euro mit Stichwort Sudan an Ärzte ohne Grenzen, UNHCR oder ähnliche....das nützt mehr als ne Demo.
      Avatar
      schrieb am 09.04.04 16:28:31
      Beitrag Nr. 23 ()
      Der Punkt bei diesen Konflikten ist, daß über sie selten berichtet wird, wenn sie entstehen, sondern erst, wenn sie schon so weit gediehen sind, daß sie mit hohen Opferzahlen für die Medien interesant werden. Die Nachrichten haben ja (leider!) in erster Linie unterhaltende Funktion. Deshalb hat Journalismus die Form des Enthüllungsjournalismus, der nur Skandale kennt, des Boulevardjournalismus, der alles so personalisiert, daß es als Klatsch berichtet werden kann, und den Katastrophenjournalismus, der nur Kriege mit massenhaften Toten kennt. Seriöse, langweilige Informationen haben in diesem Umfeld einen schweren Stand. Und weil sich die meisten Menschen überfordert fühlen, mehr als eine Sache zugleich zu beachten, haben wir die 1-Themen-Gesellschaft, bei der z.B. während dem Irakkrieg beliebig viele andere Konflikte in der Welt stattfinden konnten, ohne daß sie Beachtung fanden.

      Der Sudan zeigt nun gegenwärtig etwas ganz anderes: ein Abflauen der Konflikte. Es wird noch gekämpft, ja, aber wie nie zuvor wird jetzt auch verhandelt, weil sich der Krieg totläuft. Und noch etwas merkt man hier, was man auch im Iran sieht. Die Menschen werden des Fundamentalismus müde. Die jungen Menschen sind nicht mehr die gleichen, die vor 10, 20 Jahren auf den Straßen für Mullahs und Scharia demonstrierten. Sie sind vor allem lebenshungrig, konsumorientiert, und kennen die Ideologie, die ihnen aufgepfropft wird, eher als ein Spiel der täglichen Heuchelei.

      Wenn ich an eine Analogie denken müßte, dann fiele mir am ehesten der Kommunismus an, wie er in den totalitären Staaten reifte. Ins Leben gerufen von Idealisten, in der Praxis dann automatisch zu Machtmißbrauch, Unterdrückung und Korruption führend, im reifen Stadium dann vor allem von Zynismus und der Sucht der jungen Menschen nach Reformen begleitet, hat der islamische Fundamentalismus viele Ähnlichkeiten mit dem Kommunismus. Er zeigt sogar ein ähnliches ideologisches Spektrum, von gemäßigten über fundamentalistischen bis hin zu terroristischen Islamisten. Wir finden die Elemente der Kapitalismuskritik, des Antikolonialismus, das Sektierertum, den Ideologieexport usw. Um die Analogie perfekt zu machen, fehlt nur die islamistische Führungsmacht. Der Iran ist zu schwach, um diese Rolle einzunehmen, und wahrscheinlich wird es auch nie einen dem kommunistischen Block vergleichbaren islamistischen Block geben.

      Daß nun in den Sudan Bewegung kommt, macht ihn so interessant, zugleich aber auch wenig interessant für den üblichen Journalismus. Ich hoffe für die Menschen im Sudan, daß das Land für die Berichterstattung noch langweiliger wird. Sicher ist das nicht. Wenn der Frieden zwischen den Islamisten im Norden und der SPLA im Süden hält, dann könnte durch das fehlende, einende Feindbild im Süden der eigentliche Machtkampf losgehen. Das ist gegenwärtig das größte Risiko im Sudan, glaube ich.
      Avatar
      schrieb am 28.04.04 10:18:23
      Beitrag Nr. 24 ()
      Der Völkermord in Darfur

      Dokumentation: Der UN-Report im Wortlaut

      Die Schweigespirale um den Völkermord im Sudan wurde in den vergangenen Tagen von internationalen Medien durchbrochen, die westlichen Regierungen aber bleiben in Deckung, ebenso wie die Vereinten Nationen. Die EU-Außenminister sprachen auf ihrem Treffen am Montag nur außerhalb der Tagesordnung über diesen größten aktuellen Skandal der Völkergemeinschaft. Die Volksabstimmung in Zypern hatte Vorrang.

      Das wahre Ausmaß des Verbrechens in Darfur geht aus dem Bericht der Organisation Human Rights Watch von Anfang April hervor, den wir hier dokumentieren, sowie aus dem Report der Vereinten Nationen über deren eigene Recherchen. Dieser offizielle Bericht der Weltorganisation ist aus politischen Gründen nach wie unter Verschluss. Der Text liegt der ZEIT und einigen anderen internationalen Zeitungen vor, wir haben darüber berichtet. Wir stellen den Originalwortlaut (englische Fassung) zur Verfügung:


      http://zeus.zeit.de/2004/18/un-sudan.pdf

      http://zeus.zeit.de/2004/18/DARFUR.H.R.Watch.pdf

      http://www.zeit.de/2004/18/un_sudan
      Avatar
      schrieb am 28.04.04 10:26:27
      Beitrag Nr. 25 ()
      Sudan

      Wen kümmert’s

      Ethnische Säuberungen lösen im Sudan eine neue Massenflucht aus

      Von Bartholomäus Grill

      Es ist schon absurd: Soeben hat die Weltfamilie noch an den Massengräbern von Ruanda getrauert und zum Gedenken an den Völkermord vor zehn Jahren ihr obligatorisches „Nie wieder!“ heruntergebetet – und schon wieder schaut sie weg.

      Ethnische Säuberungen? In Darfur? Wo liegt das überhaupt? Im Sudan. Ach so. Ist dort nicht schon seit einer halben Ewigkeit Krieg? Richtig. Der Bürgerkrieg im Süden des Landes brach im August 1955 aus; er lodert, unterbrochen von 1972 bis 1983, seit 39 Jahren. Wen würde da ein neuer Brandherd im Westen des Landes beunruhigen?

      Die Rebellen, die sich vor Jahresfrist in Darfur erhoben, beschuldigen die Zentralregierung, ihre randständige Region systematisch zu vernachlässigen und die schwarze Bevölkerung zu unterdrücken. Natürlich sind die Ursachen des Konflikts komplizierter. Es geht um die uralte Konkurrenz zwischen arabischen und afrikanischen Volksgruppen, die sich mancherorts zur Feindschaft gesteigert hat, und es geht, wie überall, wo es dürr und glutheiß ist und die Erde nicht viel hergibt, um knappe Ressourcen, um Weideland und Wasserstellen, Wegerechte und Handelskontrolle.

      Das Regime in der Hauptstadt Khartum versuchte, die Rebellion schnell zu ersticken, denn einen zweiten Kriegsschauplatz wie im Süden des Landes kann sie sich nicht leisten. Weil es ihr ohnehin an Soldaten fehlt, hat sie Stellvertretertruppen aufgerüstet, darunter die weitum gefürchteten Janjaweed, arabische Reitermilizen, die verbrannte Erde hinterlassen, wo immer sie auf ihren Rassepferden und Kamelen einfallen. Augenzeugen berichten, dass sie quasi im Regierungsauftrag hemmungslos rauben, morden, brandschatzen und vergewaltigen und dass die sudanesische Luftwaffe den Marodeuren oft das Schlachtfeld bereitet, indem sie die Dörfer bombardiert.

      Die Beweise für einen regelrechten Ausrottungsfeldzug verdichten sich. „In meinem Dorf haben sie fünfzig Leute umgebracht. Mein Vater, meine Großmutter, ein Onkel und zwei Brüder sind tot“, erzählte Idris Abu Moussa der New York Times. „Die wollen, dass kein einziger Schwarzer übrig bleibt.“ Der 26-jährige Bauer ist einer von 100000 Flüchtlingen, die sich hinüber ins Nachbarland Tschad gerettet haben. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen sind insgesamt eine Million Menschen auf der Flucht. Mukesh Kapila, der UN-Beauftragte für Nothilfe im Sudan, spricht von der derzeit „größten humanitären Katastrophe der Welt“ – und wundert sich, warum die Welt so wenig dagegen unternimmt.

      Die Antwort klingt so einfach wie zynisch. Weil der Westen des Sudan nicht die geringste sicherheitspolitische oder ökonomische Bedeutung hat. Darfur hat nicht einmal eine Variante jenes „Krieges der Kulturen“ zu bieten, der dem Süden des Landes eine gewisse Nachrichtentauglichkeit und mitunter sogar die Aufmerksamkeit Washingtons sichert.

      Denn dort kämpfen, grob vereinfacht, arabische Islamisten gegen afrikanische Christen und Animisten, und die Kreuzritter unter den Republikanern reden gerne von Christenverfolgung. Hinzu kommt, dass am Oberen Nil beträchtliche Ölfelder vermutet werden. In Darfur hingegen gibt es kein Schwarzes Gold, keine strategischen Rohstoffe, nichts. Und im aktuellen Konflikt sind sowohl die Täter als auch die Opfer zumeist Muslime – der einzige Unterschied liegt im Braunton ihrer Haut.

      Der FDP-Politiker Gerhart Baum geht sogar so weit, die offenbar systematisch ausgeführten Massaker einen Völkermord zu nennen. Er kennt den Sudan sehr genau, die UN hatten den ehemaligen Bundesinnenminister als Sonderberichterstatter für Menschenrechte dorthin entsandt. Baum ruft in einem dramatischen Appell die internationale Gemeinschaft auf, die Gewaltexzesse zu stoppen und die Region für humanitäre Hilfe zu öffnen. Ceterum censeo: Wen kümmert schon eine gottverlassene Gegend namens Darfur, wenn der Irak brennt? Außerdem: Verhalten sich die Sudanesen nicht selber völlig gleichgültig? Seit Jahr und Tag laufen Friedensverhandlungen für den Süden, der Krieg im Westen, sagen Beobachter, sei bislang noch nicht einmal erwähnt worden.

      Aber das Schweigen im Inland ist ein schlechtes Alibi für die Untätigkeit des Auslands. Vermutlich trifft eben doch der böse Verdacht von Linda Melvern zu. Die britische Genozid-Forscherin erinnerte anlässlich des Gedenkens in Ruanda an die Völkermord-Konvention von 1948 und an das weltweite Gelöbnis, dass sich Auschwitz niemals wiederholen dürfe. „Nie wieder! Oder war nur gemeint: Nie wieder in Europa?“

      (c) DIE ZEIT 22.04.2004 Nr.18

      http://www.zeit.de/2004/18/Sudan
      Avatar
      schrieb am 28.04.04 10:43:10
      Beitrag Nr. 26 ()
      Im Artikel wird nicht erwähnt, daß man den Bürgerkrieg in der Dafur-Region auch als Stellvertreterkrieg für Auseinandersetzung zwischen verschiedenen Stämmen im Tschad sehen kann. Damit dürften sich die Kämpfe bald auch wieder in den Tschad verlagern. Dann ist wieder die Schutzmacht Libyen involviert. Und die Verlierer werden mal wieder in die Zentralafrikanische Republik abziehen udn dort metzeln. Irgendwie wiederholt sich das alles dauernd.

      Die Frage ist nun, welche Alternativen gibt es eigentlich?


      Dem Sudan sagen, er solle da Ordnung schaffen? Die werden erzählen, daß sie die Kontrolle über die Konfliktparteien gar nicht haben. Die arabischen Milizen werden von einer Fraktion der Regierung unterstützt, aber nicht offiziell.

      Druck auf den Sudan ausüben? Welchen? Embargo? Bei den langen Grenzen des Sudans und seinen Nachbarn wird das wenig fruchten. Und man möchte ja auch andererseits den Friedensschluß zwischen Regierung und SPLA nicht gefährden.


      Militärisch eingreifen? Na, da wäre was los - schon wieder ein islamisches Land mit Besatzern, und diesmal ein an Fläche besonders großes.

      Was also tun?
      Avatar
      schrieb am 28.04.04 12:38:26
      Beitrag Nr. 27 ()
      Wäre eine Flugverbotszone so unrealistisch? So etwas ist leicht durchzusetzen, wenn man denn will.
      Avatar
      schrieb am 28.04.04 12:50:11
      Beitrag Nr. 28 ()
      Und was soll das bringen?
      Avatar
      schrieb am 28.04.04 13:00:49
      Beitrag Nr. 29 ()
      # 24

      was könnte der Westen, die UNO tun ?

      1.Nun, erstmal nicht mehr wegsehen und schweigen, sondern das Thema medial und auf politischer Ebene aufgreifen
      2. Den UN-Sicherheitsrat einberufen
      3. Fordern, den Sudan zu teilen in nach Ethnien neu gegliederten Staaten (Beispiel Eritrea/Äthiopien)
      4. Das Regime in Karthoum an den Pranger stellen für seine seit Jahrzehnten andauernden Greueltaten.


      Die Vorgänge im Sudan und die Reaktionen darauf, speziell in der UNO und der EU, verdeutlichen einmal mehr, das die Thematiken Völkermord, Krieg, Menschenrechte usw. primär der Instrumentalisierung politischer Interessen dienen.
      Und wo keine solchen Interessen verletzt werden, schweigt man und sieht weg.

      Im Clash of Civilizations könnte der Westen jedoch diesen Konflikt gut nutzen, um die Methoden und Ziele islamischer Expansion bloßzulegen. So ganz nebenbei, quasi "unbeabsichtigt", würde das den in # 25 beschriebenen Betroffenen eine gewisse Unterstützung bieten.
      Avatar
      schrieb am 28.04.04 13:39:40
      Beitrag Nr. 30 ()
      #29, unabhängig, ob die 4 Punkte wünschenswert sind, sehe ich da folgende Probleme:

      Zu Punt 2/3: das wird sicher nicht geschehen, weil sowohl Rußland als auch China gegen solche Maßnahmen grundsätzlich Veto einlegen. Denn das würde die Frage nach Tschetschenien und Tibet sowie Taiwan sofort provozieren. Gelegentlich reagiert auch Frankreich (wegen Korsika) bei Plänen zu Aufspaltungen nach Ethnien mit einem Veto. Damit wären wir in der gleichen Situation wie beim Irak: endlose Debatte in der UNO oder wirksame Maßnahmen durch einzelne Staaten, die sich des Problems annehmen.

      Es ist auch nicht unbedingt wünschenswert, weil es keine klaren geographischen Grenzen zwischen den Ethnien gibt. Neue Grenzziehungen führen automatisch zu ethnischen Säuberungen, also Vertreibungen und Morden. Nur eine sehr starke Truppenpräsenz könnte das verhindern.

      Und das ist der nächste Punkt: der Sudan selbst würde einer Kantonisierung nie zustimmen. Schon der Vertrag mit der SPLA verlangt der Regierung viel ab. Man müßte also wieder Krieg führen, gegen den Sudan diesmal. Welche Staaten wären nun in der Lage, einen solchen Krieg zu führen und den Sudan zu besetzen? Die Nachbarstaaten? Die haben ihre eigenen Probleme. Ägypten und Libyen (beide mit eigenen Interessen im Sudan) wären zusammen vielleicht in der Lage 10.000 oder 20.000 Mann in den Sudan zu schicken. Mindestens 150.000, eher 250.000 Mann würde eine Befriedung erfordern. Rußland und China weigern sich, bliebe mal wieder die NATO bzw. ein Bündnis um die USA. Warum sollten die USA, die schon mit der Stabilisierung der Golfregion (Verknüpfung humanitärer und wirtschaftlicher Interessen) ausgelastet sind, sich noch einen Konflikt ans Bein binden, in dem es noch nicht mal eigene wirtschaftliche Interessen vertreten kann, wie macht man das dem heimischen Wähler klar? Die Lage erinnert fatal an Somalia, wo man für eine UN-Aktion, bei der keine US-Interessen betroffen waren, schon wenige Tote nicht mehr ertragen konnte.

      Punkt 4 ist nicht konstruktiv. Die waren schon an den Pranger gestellt und würden sich über eine Fortsetzung alter Sanktionen (Embargos und Flugverbote gab es auch schon) kaum beeindrucken lassen. Dazu kommt, daß die Verstrickung des Regimes in Khartoum nicht klar ist, ebenso wie die Rolle Libyens. Zur Zeit sieht es ja nach einem Regierungswechsel im Sudan aus; dann werden Schuldzuweisungen noch schwieriger zu machen ein. Das Mahdi-Regime, das um 1990 verantwortlich war, ist in der Opposition, Numeiri, der bis in die 80er Jahre regierte, ist schon lange entmachtet. Auch das macht konkrete Schuldzuweisungen schwierig - andere Gruppierungen, wie etwa die SPLA, sind ebenso belastet. In der Dafur-Region ist es noch schwieriger, zu verstehen, wer nun genau für was verantwortlich ist.

      Ich denke, so einfach geht es nicht. Das Beispiel Sudan zeigt eigentlich, wie unrealistisch die Erwartungen sind, Regierungen oder die UNO könnten mit hohen moralischen Ansprüchen auf die Schnelle die Welt besser machen. Wir sollten uns von vornherein bescheidenere Ziele stecken...
      Avatar
      schrieb am 28.04.04 15:23:29
      Beitrag Nr. 31 ()
      @28 Keine Bombadierung aus der Luft.
      Avatar
      schrieb am 28.04.04 15:34:58
      Beitrag Nr. 32 ()
      @Denali:
      "Später hörten diese Berichte auf, weil es zu gefährlich wurde für die Journalisten."

      Es ist eben wesentlich "produktiver" in der Wirkung und bequemer in der Herstellung in Jerusalem oder Tel Aviv im Cafe zu sitzen und die Israelis für alles Übel dieser Welt verantwortlich zu schreiben :D
      Avatar
      schrieb am 28.04.04 15:37:10
      Beitrag Nr. 33 ()
      puhvogel, meine Frage bezog sich mehr darauf, daß zwar gelegentliche Luftangriffe in den Übergriffen eine Rolle spielen, aber im wesentlichen kommen die Menschen durch die AK-47 und durch Brandschatzungen und die Entbehrungen nach den Vertreibungen um. Eine Flugverbotszone würde wenig ändern. Die vorläufige Waffenruhe, die vereinbart wurde, eher. Aber da taucht dann genau das Problem der Verantwortlichkeiten auf, weil auf beiden Seiten keine homogenen Gruppen stehen.
      Avatar
      schrieb am 28.04.04 17:25:28
      Beitrag Nr. 34 ()
      Mir war auch nicht ganz klar, worauf Du hinaus wolltest. :)
      Ich bin der Überzeugung, das gerade solche Luftangriffe ein Hauptproblem sind. Wenn man als Soldat mit einer Kalaschnikow irgendwo einmarschiert, dann besteht immer die Gefahr eines tödlichen Hinterhaltes, selbst wenn sich die Verteidiger mit Pfeil und Bogen verteidigen müssen. Der Süden hatte sich bisher ja auch halbwegs gegen den besser ausgerüsteten Norden verteidigen können. Selbst mit einem Panzer ist man oft nicht sicher.
      Und im Besonderen fehlt oft das Überraschungsmoment des Luftangriffes völlig, während bei plötzlichen Luftangriffen das totale Chaos unter den Angegriffenen ausbricht.

      Soldaten, die nicht eigenes Gelände verteidigen, sind dann nicht mit vollem Herzen dabei, die Kriegsmaschine läuft auch längst nicht mehr so geschmiert. In Ruanda hätte das zugegeben nicht geholfen, da waren die Wohngebiete beider ethnischen Grupenn identisch, sehr wohl hat aber die Sperrzone den Kurden im Nordirak geholfen.

      Von der Uno wäre das bestimmt nicht abgesegnet worden, denn China hat dort Ölinteressen. Wenn aber Flüchtlingströme über die Grenzen getrieben werden, dann ist das IMHO auch kein inneres Problem des Landes mehr.
      Avatar
      schrieb am 28.04.04 18:06:44
      Beitrag Nr. 35 ()
      Hallo Zusammen!

      zumindest kann man hier mal den Amis nichts vorwerfen!
      Denn die Europäer sind ja auch nicht gerade erpicht den Sudan als "Thema" zu machen!
      Avatar
      schrieb am 28.04.04 18:32:37
      Beitrag Nr. 36 ()
      # 30 starke, schlüssige Argumentation

      Russland und China würden sich in der Tat schwer tun. Es sei denn, sie erkennen, daß sie den selben Gegner haben: Die islamistische Expansion, die beide Reiche, und eben auch den Sudan bedroht. Es würde zwar einiges an verbaler Verbiegung abverlangen, im Sudan einen "Freiheitskampf" zu unterstützen, und zuhause diesen totalitären Bewegungen miltiärisch zu begegnen, aber darin waren kommunistische Regime noch nie verlegen.

      Wenn die Interessen dieser Mächte gnügend tangiert scheinen, werden sie zustimmen. Doch Fakt ist, daß der Sudan schlicht zu unbedeutend ist auf der politischen Weltkarte.

      Richtig ist auch, daß die Zentralregierung einer neuen Grenzziehung nicht zustimmen würde, wie auch die OAN (Organisation of African Nations) davon nichts hält, und die postkoloniale Grenzziehung stets verteidigt hat. Hier könnte in der Tat ein Präzedenzfall für den Kontinent entstehen, der prakitsch jede Nation zum potentiellen Pulverfaß macht.

      Dennoch hat es in Eritrea geklappt - jedoch erst nach einem ruinösen Krieg.

      Die Sudanesische Regierung gehört dennoch an den Pranger, und zwar aus 2 Gründen:

      1. weil sie nunmal verantwortlich ist für das, was auf dem von ihr verwalteten Teritorium geschieht
      2. damit die Welt kein zu einseitiges Bild bekommt über Krieg und deren Urheber.

      Denn die USA verdanken ihr Negativ-Image nicht nur ihrem Auftreten, sondern auch der Medienaufmerksamkeit. Würden Konflikte mit Fokus auf die Opfer und nicht auf die "Täter" bertrachtet, wäre die Berichterstattung nicht nur sinnvoller und ausgewogener, sondern die USA stünden längst nicht als DER globale Buhmann da.

      Es geht neben dem reinen physischen Eingreifen immer auch um den Propagandakrieg, der im Medienzeitalter wichtiger ist als je zuvor. Es wäre darum sehr wichtig, die Vielzahl von Konflikten gemäß ihrem Blutzoll zu gewichten, und es ergäbe sich ein völlig anderes Bild über die Urheberschaft vieler Konflikte, als es derzeit medial vermittelt und dann nachgeplapptert wird.

      Nun ist es längst nicht so, als würde der Westen die radikal-islamische Regierung im Sudan gewähren lassen. Es hat sich auch hier nach bewährtem Stellvertretermuster eine gewisse Unterstützung der Opposition entwickelt, die über Kenia und Uganda läuft. Man hat das nur nicht an die große Glocke gehängt, da z.B. Kenia selbst eine große somalische Minorität beherbergt, die keineswegs loyal zu Nairobi steht. Man vermeidet es also, unnötig Emotionen zu schüren. Ansich keine schlechte Strategie, die man gewiß weiter verfolgen wird, aber den Nachteil eines hohen Miltitarisierunggrades der Bevölkerung und ewigen Kleinkrieges in sich birgt. Die zu erwartenden Pogrome bei klarer Grenzziehung wären im Vergleich dazu ein Einmaleffekt. So hat jede Strategie ihre Vor- und Nachteile.

      Vielleicht ist es nun tatsächlich so, daß man die eigenen moralischen Ansprüche zu hoch gehängt hat, da deren Umsetzung nur sehr schwer machbar ist. Aber vielleicht hat man es sich in der aktuellen Form der Berichterstattung bisher zu einfach (einseitig) gemacht ?

      Doppelmoralisch ist das Schweigen der UNO zum Sudan, wenn gleichzeitig Doofi Annan in einer deutschen Uni-Stadt im Vorlesungssaal den Deutschen vorwirft, sie seien nicht tolerant genug gegenüber islamischen Zuwanderern, und das angesichts der Privilegien und üppigen Sozial-
      leistungen, die diese Gruppe genießt.

      Es ist traurig aber wahr, daß ein Verbrechen wie das aktuelle im Sudan erst dann interessiert, wenn es um konkrete Interessen geht, seien diese nun strategischer, rohstofflicher oder propagandistischer Natur.

      von den Großmächten kann man u.U. nicht mehr erwarten, aber von den selbsternannten UN-Moralaposteln schon.
      (Jedoch tendierte die UN als Organisation, die überwiegend Diktaturen repräsentiert, schon immer zum Erhalt der Machtbasis der Mehrzahl ihrer Mitglieder. Es wäre an der Zeit, diesen Verein etwas realistischer darzustellen - zumindest in den westlichen Medien)
      Avatar
      schrieb am 02.05.04 15:33:29
      Beitrag Nr. 37 ()
      Teilt den Sudan!

      Wie das afrikanische Land gerettet werden kann

      Von Rupert Neudeck

      Die Länder Afrikas kommen plötzlich in die Schlagzeilen, und ebenso schnell verschwinden sie wieder. Etwas länger halten sie sich auf den vorderen Seiten, wenn sie Hunderttausende von Toten produzieren, möglichst binnen weniger Monate wie im Fall Ruandas.

      Nun also der Sudan. Die Wahrheit über Darfur, den westlichen Landesteil, ist jetzt durch einen UN-Bericht an den Tag gekommen – dank einer Indiskretion. Ein früherer Menschenrechts-Berichterstatter für den Sudan, der ehemalige deutsche Innenminister Gerhard Baum, hatte schon längst gewarnt: Da braut sich etwas zusammen, was an Völkermord gemahnt, und wir schauen wieder nur zu. Noch Anfang des Jahres schienen sich die Dinge im Sudan zum Besseren zu wandeln. So aussichtsreich verliefen die Friedensverhandlungen zwischen der Regierung in Khartum und der Südsudanesischen Befreiungsfront, dass das Auswärtige Amt im Januar die Staatsministerin Kerstin Müller in den Südsudan schickte. Sie kam zurück mit dem Appell, den Untergebene von Joschka Fischer immer vortragen: Schickt deutsche Blauhelme! Aber da war die Katastrophe in Darfur noch gar nicht bekannt.

      Folter, Mord, Vergewaltigung, Tausende von Toten und eine Million Menschen auf der Flucht – und ein Waffenstillstand zwischen Regierung und Rebellen, über dessen Akzeptanz und Haltbarkeit sich zurzeit noch nichts sagen lässt. Was also ist im Sudan zu tun?

      Wichtig sind vor allem glasklare Vorgaben für die Politik. Mit der Regierung in Khartum muss Tacheles geredet werden. Das tun aber die Mächte der Welt nicht. Weder in New York noch in Genf, noch vor Ort. De facto ist der Sudan ein geteiltes Land, das muss endlich auch die Regierung in Khartum akzeptieren. Auf lange Sicht muss der Süden des Landes unabhängig werden, während für die Region Darfur eine Autonomieregelung getroffen werden sollte. Über die Aufteilung der Einnahmen aus den Ölfördergebieten im Süden bei Benthiu muss man sich verständigen – vielleicht so: 60 Prozent für Khartum, 40 Prozent für den Süden. Vor allem aber muss die Regierung endlich mit den schändlichen Bombenangriffen auf ihre eigene Bevölkerung aufhören, die schon im Süden und nun auch im Westen zu verheerenden Massakern geführt haben.

      Die Europäer stehen in einer besonderen Verantwortung; zwei Länder haben im Sudan auf beiden Seiten traditionell einen guten Ruf, bei den Arabern im Norden ebenso wie bei den Schwarzafrikanern im Süden und Westen: Norwegen und Deutschland. Der Mythos des German Medical Team (BMZ, GTZ, DED) unter der Leitung des deutsch-französischen Entwicklungsagenten Jean-Pierre Ruhlmann während der achtziger Jahre ist unter den Schwarzafrikanern des Südens immer noch lebendig. Ruhlmann selbst arbeitet heute im biblischen Alter in Juba, der größten und wichtigsten Stadt im Südsudan. Die Norweger haben schon in den Nuba-Bergen beherzt eine Friedensinitiative begonnen.

      Man darf nun allerdings nicht die alten Instrumente wieder einsetzen. Nicht das umständliche Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit sollte die Führung übernehmen, sondern ein Konsortium von Nichtregierungsorganisationen, die im Südsudan Erfahrung haben. Das Deutsche Aussätzigen Hilfswerk, die Caritas, Misereor und Brot für die Welt sollten eine Arbeit beginnen, für die es ein neues, mit beiden Parteien verbindlich verabredetes Mandat geben muss. Es sollte die geballte Erfahrung des Bundeslandes Niedersachsen hinzukommen, das seit vielen Jahren eine Partnerschaft mit dem Sudan, speziell mit Darfur unterhält. (Als wir 1987 zum ersten Mal vom Tschad aus über die Grenze nach Darfur kamen, wurden wir als Deutsche vom Sultan misstrauisch beäugt. Erst als wir die Frage bejahten, ob Deutschland ein Teil von Niedersachsen sei, waren wir akzeptiert.)

      Die technischen Schwierigkeiten sind zu meistern, obwohl sie den Kameralisten in Mitteleuropa zum Wahnsinn treiben können. Vor über hundert Jahren beschrieb Salisbury den Süden des Sudans als „Sumpf und Fieberland“; der französische Minister Hanotaux berichtete zur selben Zeit von einer Region, „bewohnt von Affen und Schwarzen, noch schlimmer als Affen“. Dieser Rassismus lebt womöglich in uns allen weiter. Er darf nicht der Grund sein, den Sudan sich selbst zu überlassen und die Menschen in Darfur der Grausamkeit der Regierungsmilizen.

      (c) DIE ZEIT 29.04.2004 Nr.19
      Avatar
      schrieb am 08.05.04 22:23:58
      Beitrag Nr. 38 ()
      10 Jahre nach dem Genozid in Ruanda gibt es jetzt im Sudan einen Völkermord.

      Hat die UNO nichts dazu gelernt ?

      :mad:
      Avatar
      schrieb am 08.05.04 22:24:30
      Beitrag Nr. 39 ()
      Avatar
      schrieb am 10.05.04 07:47:54
      Beitrag Nr. 40 ()
      Der Fall Sudan zeigt doch wohl, daß alle diese humanitären Überlegungen zur neuen Weltordnung reines Wortgeklingel sind. Am Ende ist doch nur die Frage: gibt es Staaten, die schnell und entschlossen bereit sind, ihre Truppen hinzuschicken, ja oder nein? Deutschland sagt bereits kategorisch, nein! Also stehen wir nur am Rand und schauen zu. Und so halten es die meisten Staaten. Also geht das Treiben im Sudan ungestört (abgesehen von ignorierten moralischen Appellen) weiter.

      Im Süden des Sudans gibt es ja Öl - motiviert aber auch niemanden... ;)
      Avatar
      schrieb am 10.05.04 09:37:12
      Beitrag Nr. 41 ()
      Avatar
      schrieb am 25.05.04 09:13:26
      Beitrag Nr. 42 ()
      Man sagt, im Sudan drohten um die 350.000 Menschen in der Dafur-Region durch Hunger und Krankheiten zu sterben, wenn ihnen keine Hilfe zu käme. Vor über einem Monat stand das Problem bereits auf der Tagesordnung und brachte mich dazu, den Thread zu eröffnen. Geschehen ist seither nichts. Die letzte UN-Resolution, an die ich mich erinnere, ermahnte einen Mittelmeerstaat, die Zivilbevölkerung in ihrem Besatzungsgebiet zu schützen. Eine ehrenwerte Aufforderung. Aber auch eine seltsame Prioritätensetzung. In Deutschland erklärt die Entwicklungshilfeministerin, es solle endlich UN-Sanktionen gegen den Sudan geben. Man stelle sich das bildlich vor: über 100.000 sind bereits gestorben. Tag für Tag sterben weitere 1000 bis 3000 Menschen. Inzwischen setzen sich Regierungsbeamte zusammen und erarbeiten eine Resolution. Eine Woche später steht der Entwurf, und man überredet die Veto-Mächte, diesen nicht zu blockieren. Es gibt Redaktionssitzungen. Wieder eine Woche, Abstimmung. Der Sudan wird aufgefordert, internationalen Hilfsorganisationen Zugang zu gewähren und die Gewaltakte zu verhindern. Ein Monat vergeht, inzwischen melden immer mehr Organisationen, es klappe nicht. Neue Sitzungen, um den Erfolg der Resolution zu evaluieren. Inzwischen waren weitere 50.000 Menschen verstorben. Der Sudan erklärt, er hätte keinen Einfluß auf Rebellengruppen in Dafur, und bittet um mehr Zeit. Wenn die UN-Botschafter einen Rest von Vernunft bewahrt haben, Einsetzen der Sanktionen: Flugverbot für sudanesische Maschinen und Ausfuhrverbot für sudanesische Kühlschränke und Milchprodukte, Einfrieren der bekannten Auslandskonten. Und das Sterben geht weiter, während die sudaneische Regierung überlegt, auf welchen Routen man Milchprodukte außer Landes schmuggeln könnte, wenn man welche hätte.

      Die Tatsache ist doch, daß nichts die 350.000 Menschen am Sterben hindern wird, außer man beschließt, bis Ende der Woche per UN-Resolution den Sudan dazu zu zwingen, UN-Truppen einmarschieren zu lassen. Dann könnte bis Mitte Juni die internationale Hilfe mit Nahrungsmitteln und medizinischer Versorgung einsetzen und die ersten Dafuri könnten an ihre Wohnorte zurückkehren. Und genau diesen UN-Beschluß wird es nicht geben. Und das weiß jeder.
      Avatar
      schrieb am 08.07.04 12:42:06
      Beitrag Nr. 43 ()
      laut Tageschau.de sind "alle Hilfsorganisationen" vor Ort!
      Avatar
      schrieb am 08.07.04 12:57:25
      Beitrag Nr. 44 ()
      Soso. Aber vor einer Woche wurde noch von anhaltenden Kämpfen und Vertreibungen berichtet.

      Na, schauen wir mal, wie es sich nun weiter entwickelt.
      Avatar
      schrieb am 08.07.04 13:25:47
      Beitrag Nr. 45 ()
      #44 Bößartig könnte man annehmen das hilfe erst jetzt erfolgt, wo die vertreibung und ermordung großer teile der bevölkerung so gut wie abgeschlossen ist.Durch die regenzeit und nahrungsmangel für die flüchtlinge ,ist eine rückkehr in die heimatorte bzw. Sudan zur zeit völlig und wohl auf lange zeit ausgeschlossen.Günstigenfalls darf man unterstellen, das die großmächte eine abspaltung des Ölgebiets im Sudan,zu einem eigenständigen Staat so dies wirklich geplant war, durch langes nicht eingreifen verhindern wollten.Auch dem Islamischen Sudan noch nicht zusätzlich als gegner zu bekommen ,mag ein weiterer grund gewesen sein sich da rauszuhalten,er arbeitet in der Terrorismusbekämpfung wie bekannt, bis jetzt mit dem westen gut zusammen.
      Avatar
      schrieb am 08.07.04 13:59:28
      Beitrag Nr. 46 ()
      und schon sind wieder die Amis schuld!
      Avatar
      schrieb am 12.07.04 14:10:22
      Beitrag Nr. 47 ()
      Darfur-Krise: Sudan wirft Berlin starre Haltung vor


      Fischer dringt auf Entwaffnung von Milizen in Darfur


      Sudan hat die Bundesregierung wegen ihrer "starren" Haltung in der Darfur-Krise kritisiert. Die Regierung werde Außenminister Joschka Fischer (Grüne) "trotz der negativen deutschen Haltung in dieser Frage" auf dem Laufenden halten, kündigte der sudanesische Außenminister Mustafa Osman Ismail an. Fischer forderte Sudan bei seinem Besuch in Khartum mit deutlichen Worten dazu auf, in der Krisenregion für Sicherheit zu sorgen.

      Khartum werde Fischer "die Wahrheit" über die Situation in der Krisenregion sagen und über die Bemühungen der sudanesischen Regierung, "das Problem einzudämmen". Deutschland nehme sowohl im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen als auch in der Europäischen Union eine "negative Haltung" zu der Lage ein, sagte Ismail gegenüber der staatlichen Tageszeitung "El Anbaa".

      "Beim Thema Darfur ist Deutschland eines der unbeugsamsten Länder", kritisierte der Außenminister. Die Bundesregierung "dringt ständig darauf, die Angelegenheit mit einer Resolution im UN-Sicherheitsrat zu regeln".

      Fischer sagte nach einem Gespräch mit Ismail, wenn die Regierung in Khartum nicht für Sicherheit sorge, könne die Diskussion noch "sehr viel ernster" werden.

      Im sudanesischen Grenzgebiet zu Tschad kämpfen zwei Rebellenorganisationen schwarzafrikanischer Volksgruppen gegen die Dschandschawid-Miliz, die von der sudanesischen Regierung unterstützt wird. In dem Bürgerkrieg starben bislang rund 10.000 Menschen, mehr als eine Million Menschen wurden vertrieben.
      Avatar
      schrieb am 12.07.04 14:22:41
      Beitrag Nr. 48 ()
      Sucht Fischer mal wieder ein neues Interventionsgebiet für die Bundeswehr ?

      :mad:
      Avatar
      schrieb am 12.07.04 14:23:41
      Beitrag Nr. 49 ()
      Seit drei Monaten Diskussionen darüber, aber noch keine Entsendung internationaler Truppen...:(
      Avatar
      schrieb am 12.07.04 14:30:30
      Beitrag Nr. 50 ()
      #49

      Tja, da gibts halt kein Oel...

      :mad:
      Avatar
      schrieb am 12.07.04 15:47:40
      Beitrag Nr. 51 ()
      was würde denn passieren wenn die Amis "reingingen"???
      Avatar
      schrieb am 12.07.04 16:00:28
      Beitrag Nr. 52 ()
      #51

      Das gleich wie im Irak: das Land würde "befreit" werden...
      Avatar
      schrieb am 12.07.04 18:41:13
      Beitrag Nr. 53 ()
      was würde passieren!

      die Welt wäre wieder mal gegen die Amis! (Vergleiche jetzt mal den Kosovo!)damit!

      die Gewalt wäre sofort gegen die Amis gerichtet in dem betroffenen Gebiet! Und Särge würden massenweise heimkommen!

      Vergleiche mit Somaila kann man auch anstellen!

      usw.
      Avatar
      schrieb am 13.07.04 11:06:44
      Beitrag Nr. 54 ()
      Was man wirklich machen könnte:

      - totaler Boykott; kein Oel, keine Waffen mehr in den Sudan hereinlassen

      - keine Flugzeuge, Schiffe aus dem Sudan in Europa landen lassen

      - alle Auslandskonten der regierenden sudanesischen Kriegsverbrecher einfrieren


      - notfalls die Regierung im Sudan mit Waffengewalt absetzen und vor das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag stellen (analog zu Milosevic in Yugoslawien)

      :mad:
      Avatar
      schrieb am 19.07.04 17:59:56
      Beitrag Nr. 55 ()
      AMNESTY-BERICHT

      Massenvergewaltigungen im Sudan

      Systematische Vergewaltigung, Folter und Entführung von Frauen und jungen Mädchen: Laut Amnesty International ist das der alltägliche Schrecken in der sudanesischen Krisenregion Darfur. Die Menschenrechtsorganisation wirft der Regierung in Khartum vor, die Zivilbevölkerung nicht ausreichend zu schützen.


      Beirut - Nicht nur die von der Regierung unterstützten arabischen Dschandschawid-Milizen, sondern auch die Rebellen in der Provinz seien an den Vergewaltigungen beteiligt, heißt es in einem Bericht von Amnesty International. Auch schwangere Frauen und Kinder würden verschleppt und Opfer von stundenlangen Massenvergewaltigungen.

      In dem Bericht werden Fälle geschildert, in denen die Reitermilizen Frauen folterten und ihre Gliedmaßen brächen, um sie an der Flucht zu hindern. "Sie singen, wenn sie vergewaltigen und erzählen uns, dass wir nur ihre Sklaven sind und sie mit uns tun können, was sie wollen", wird eine Augenzeugin in dem Bericht zitiert. "Wenn wir versuchten zu fliehen, erschossen sie weitere Kinder." Die missbrauchten Frauen seien für den Rest ihres Lebens stigmatisiert und würden häufig von ihren Familien und Dorfgemeinschaften verstoßen.

      Der Bericht mit dem Titel "Vergewaltigung als Waffe des Krieges in Darfur" beruht auf Aussagen mehrerer hundert Zeugen, die in Flüchtlingslagern im Nachbarland Tschad befragt wurden. Manche Opfer seien erst acht Jahre alt. "In vielen Fällen haben die Dschandschawid Frauen in der Öffentlichkeit vergewaltigt, im Freien, vor den Augen ihrer Männer, Verwandten oder der Dorfgemeinschaft", heißt es in dem Bericht. "Das Leiden der Frauen geht weit über die eigentliche Vergewaltigung hinaus."

      In Darfur haben die Dschandschawid-Milizen mehr als eine Million Schwarzafrikaner vertrieben. Bei ihren Überfällen und bei Kämpfen zwischen den Dschandschawid und Rebellen sind außerdem mehr als 30.000 Menschen ums Leben gekommen.

      Amnesty International wirft der Regierung in Khartum vor, ihre Pflicht zum Schutz der Zivilbevölkerung verletzt zu haben. Bei Überfällen der Dschandschawid-Milizen und bei den Vergewaltigungen seien oft sogar Soldaten anwesend gewesen und hätten die Bevölkerung nicht geschützt. Die Organisation fordert ein sofortiges Ende der Kämpfe und die Entwaffnung der Miliz. Außerdem solle eine internationale Kommission eingesetzt werden, um die Kriegsverbrechen in Darfur zu untersuchen.

      Der Sudan bestritt die Vorwürfe. Die Botschaft des Landes in Beirut sagte, der Amnesty-Bericht ziele darauf ab, die Regierung des Sudans zu verleumden, die arabische Kultur zu verunglimpfen und einen Keil zwischen die Volksgruppen des Landes zu treiben.

      http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,309358,00.html


      es ist schon niedlich, wie AI oder unser extrem kompetenter Taxifahrer im Außenamt die Regierung des Sudan "auffordern" die sog. Reitermilizen ect. zurückzurufen. Als wären diese nicht im Auftrag der sudanesischen Regierung aktiv.

      Die im Westen und erst recht bei der UNO beliebte Praxis des möglichst langen wegsehens, wenn in Afrika schlimmste Gräuel begangen werden ist bekannt. Im Fall des Sudan kommt hinzu, daß die derzeit gelegentlich in den Medien erwähnten Verbrechen übliche Praxis sind in anderen Landesteilen, speziell im Süden.

      Dies ist so, seit eine korantreue Regierung vor ca. 20 Jahren die Macht übernommen hat, und das islamische Recht zur Anwendung kam mit all seinen unmenschlichen Bestimmungen wie Amputationen ect.

      Praktisch nicht bekannt im Westen hingegen ist, daß der Islam Sklaverei toleriert, und Mohammed selbst aktiver Sklavenhalter war. Mohammed selbst ließ besiegte Gegner massenhaft hinrichten, und Frauen und Kinder versklaven.

      Diesem "Vorbild" folgt man nun im Sudan schon seit längerer Zeit. So gibt es Hilfsorganisationen, die sich darauf spezialisiert haben, solche Sklaven wieder frei zu kaufen. Dies erklärt auch, warum es angesichts der extrem grausamen Verbrechen im Sudan aus islamischen Ländern keinerlei Kritik gibt, bzw. kein hoher Geistlicher eine Fatwa ausgesprochen hat.

      Neu ist jedoch, daß es in Dafour Muslime trifft, denn bisher waren nur Ungläubige Opfer dieser grausigen Exzesse. Die Regierung in Khartoum hat offenbar jedes Maß verloren, und das müßte eigentlich islamische Staaten massiv empören.

      Es ist beschämend, wie der Westen so lange zu den Verbrechen im Sudan und anderen islamischen Ländern schweigen konnte - und das vorzugsweise immer noch tut.
      Hier zeigt sich die Abhängigkeit vom Öl, die Notwendigkeit politische Partner in der Region zu haben, die Multi-Kulti-Ethik, die Kritik an Fremdkultur irrationaler Weise mit Rassismus verwechselt (aus politischem Kalkül, versteht sich) und den Preis für diese Politik bezahlen die dortigen Bewohner - indem ihr Schiksal von der Weltöffentlichkeit vorzugsweise ignoriert wird.

      Der AI-Bericht stellt z.B. die Vorgänge in Guantanamo oder Abu Ghreib weit in den Schatten. Aber es ist zu befürchten, daß, wie üblich, in wenigen Tagen niemand mehr darüber reden wird.
      Avatar
      schrieb am 18.10.04 11:12:35
      Beitrag Nr. 56 ()
      Hier eine Stellungnahme, die den Darstellungen in der Presse deutlich widerspricht und den Konflikt in einen Kontext mit dem Irak-Krieg stellt.

      Ich selbst kann das nicht beurteilen: Aber der Autor ist ausgewiesener Sudan-Experte.


      Quelle: [URLFR vom 14.10.2004]http://www.fr-aktuell.de/fr_home/startseite/?cnt=526011[/URL]
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      Spielball der Mächtigen

      Über die Flüchtlingskatastrophe in der sudanesischen Region Darfur wird einseitig und mit Halbwahrheiten berichtet
      / Von Stefan Kröpelin

      Im März 2004 melden die UN erstmals Massaker an Flüchtlingen in Darfur im Westen Sudans. Seitdem häufen sich die Berichte über Greueltaten und das Elend der Flüchtlinge. Sudan-Experte Stefan Kröpelin beklagt, dass Unwissen über die Provinz und den Konflikt eine friedliche Lösung und echte Hilfe verhindern.


      Daten Sudan (dpa)

      Schwarz-Weiß-Bilder kommen offenbar gut an, besonders mit einem identifizierten Feind, der Dschandschawid heißt und aus berittenen Arabern besteht, die ethnische Säuberungen an der schwarzen afrikanischen Bevölkerung Sudans begehen und von einer islamistischen Regierung gesteuert werden, die für alles verantwortlich gemacht wird. Doch Tatsache ist, dass alle Sudanesen schwarz sind und Bilad es Sudan nicht ohne Grund Land der Schwarzen heißt. Tatsache ist auch, dass alle Sudanesen Afrikaner sind, dass es bis auf die wenigen vor etwa 200 Jahren aus Saudi-Arabien eingewanderten Kababisch keine "Araber" in ethnischem Sinne gibt, und dass praktisch sämtliche Bewohner der nördlichen Landeshälfte Muslime sind und Arabisch sprechen.

      Bis zum heutigen Tag haben nur wenige Europäer den West-Darfur besucht oder sich dort länger aufgehalten. Denn selbst mit guten Geländefahrzeugen dauert es eine Woche, bis man die Pisten auf dem 1500 km langen Weg zurückgelegt hat - vorausgesetzt, man verfügt über genügend Treibstoff, auch für die Rückfahrt. Natürlich wäre es weltfremd anzunehmen, dass ein Konflikt wie in Darfur ohne furchtbares Leiden der Zivilbevölkerung und leider auch Vergewaltigungen ausgetragen würde. Dennoch muss erlaubt sein, Zweifel an den von Politikern und deren Beratern kolportierten Behauptungen systematisch eingesetzter Massenvergewaltigungen und Massenerschießungen zu haben.

      Wenn in einem afrikanischen Land Vergewaltigungen in hohem Maße tabuisiert und sanktioniert sind, dann im Sudan. Gräueltaten dieses Ausmaßes werden nicht durch gebetsmühlenhafte Wiederholung, sondern nur durch quantifizierte Beweise glaubhaft; man denke an die Massenvernichtungswaffen im Irak. Heutige Fernerkundungssatelliten gestatten eine optische Auflösung, in der jede Hütte und einzelne Personen erkennbar ist.

      Gefärbte Zeugenaussagen?

      Warum werden diese Daten nicht vorgelegt? Bei manchen Fernsehaufnahmen vorgeblich niedergebrannter Dörfer scheint es sich in Wirklichkeit um Keramikbrennplätze zu handeln, andere ähneln in Friedenszeiten verlassenen Siedlungen. Und oft erfolgt der Schnitt oder schwenkt die Kamera, sobald die in den Hilfslagern gefilmten Frauen zu lachen beginnen. Geflüsterte Kommentare in BBC-Reportagen mögen dramatisch wirken, erhöhen aber nicht deren Wahrheitsgehalt. Und bei tief empfundenem Mitgefühl mit den Kindern, Frauen und Männern, denen schweres Leid zugefügt wurde, darf nicht übersehen werden, dass so manche Zeugenaussage etwa wegen Stammesrivalitäten oder gar Gegenleistungen gefärbt sein kann.

      Worauf stützen sich die quantitativen Aussagen zum Ausmaß des Elends? Die Zahlen schwanken je nach Politiker, Sender und Zeitschrift am selben Tag bis um eine Zehnerpotenz, mal werden Tausende Opfer für den gesamten bisherigen Konflikt, mal tausend Ermordete pro Tag genannt. Am verlässlichsten scheinen noch die Zählungen in den Flüchtlingslagern im tschadischen Grenzgebiet. Aber auch diese Zahlen könnten trügen. Niemand wird sein Dorf ohne Grund verlassen, und jeder Flüchtling ist einer zuviel.

      Dennoch implizieren die errichteten Hilfslager auch einen "Pull-Faktor". Mütter werden in der Hoffnung auf Nahrung oder einen Arzt für ihre kranken Kinder Hunderte Kilometer zurücklegen, selbst ohne unmittelbare Vertreibung. Es ist auch kein Geheimnis mehr, dass Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen in Zeiten knapper werdender Kassen einem zunehmend heftigen Ringen um Mittel unterliegen. Je drastischer die Verhältnisse in den jeweiligen Einsatzgebieten dargestellt und je höher die potenziellen Opferzahlen beziffert werden, desto mehr staatliche und Spendengelder sind zu erwarten, nicht nur bei Überschwemmungen der Elbe. Realistische Verlautbarungen können der Finanzierung schaden.

      Will man den historischen, ökologischen und demographischen Ursachen des Konflikts näher kommen, muss man weiter zurückgehen als die wenigen Monate, seit denen der Darfur ins Bewusstsein westlicher Politiker und Medien gerückt ist. Der Sudan ist mit der siebenfachen Größe der Bundesrepublik nicht nur das größte Land Afrikas, sondern auch das komplexeste. Um die vorletzte Jahrhundertwende teilten sich die britischen und französischen Kolonialmächte auch den Nordosten des Kontinents entlang abstrakter Meridiane oder Flussbetten, ohne Rücksicht auf Stammesgebiete und landschaftliche Einheiten, Bewohner und Sprachen. Die höchst lehrreichen Werke der frühen Forscher Hornemann, Barth und Nachtigal wurden kaum berücksichtigt.

      Erst im Jahr 1924 wurde der jetzt oft gezeigte Grenzverlauf zwischen Tschad und Sudan kartographisch skizziert und durch einige Steinhaufen markiert. Als sich die bis heute wenig gelittene englische Kolonialmacht 1956 aus dem Sudan zurückziehen musste, verblieb das wohl künstlichste Staatengebilde Afrikas mit einer Vielzahl vorprogrammierter Probleme, die durch die zwiespältige christliche Missionierung der südlichen Landesteile noch um eine Konfliktquelle erweitert war.

      Die ökologischen Gegebenheiten in Darfur bedingen Lebensumstände, welche die Vorstellungskraft der meisten Europäer überfordern dürften. Auf dem Land leben die Menschen meist knapp an der Existenzgrenze, in einfachsten Lehm- und Strohhütten mit einem Minimum an abwechslungsloser Nahrung, Wasser muss oft über weite Distanzen herangeschafft werden. Nomaden leben gar monatelang ausschließlich von Kamelmilch. Erdrückende Tagestemperaturen und bitter kalte Winternächte, Trockenperioden und Überschwemmungen, Staub- und Sandstürme, Fliegen- und Mückenschwärme werden ebenso wie mannigfache Krankheiten und der Mangel an Transportmöglichkeiten mit unbeschreiblicher Gelassenheit ertragen und dennoch begegnet man mehr strahlenden Gesichtern als in unseren Breiten. Täglich sterben vor allem Kinder an einfach heilbaren Erkrankungen, weil weder Ärzte noch Medikamente verfügbar sind. Doch welcher Arzt wäre bereit, unter solchen Bedingungen zu praktizieren?

      Wer sind die Dschandschawid?

      Diese schon kaum erträglichen Umstände werden durch das extreme demographische Wachstum seit den letzten Jahrzehnten erheblich verschlimmert. Es ist davon auszugehen, dass sich die Bevölkerung in weniger als 20 Jahren verdoppelt - eine fatale Entwicklung angesichts der allgemein bekannten begrenzten ökologischen Tragfähigkeit der Sahel-Zone und ihrer Anfälligkeit für Desertifikation, die menschgemachte Wüstenbildung.

      So ist nicht verwunderlich, dass durch den unaufhaltsam steigenden Bevölkerungsdruck Konflikte und Verteilungskämpfe um immer spärlicher werdende Ressourcen wie Wasser, Brenn- und Bauholz, Wild, und vor allem Ackerflächen und Weideland in drastischer Weise zunehmen. Die Mobilität, die aus vielfältigen Gründen schon immer Teil halbsesshafter Lebensweise war, wird verstärkt durch eine einhergehende Verschärfung der Sicherheitslage durch Diebe, Räuber und Umweltflüchtlinge.

      Niemand, einschließlich sudanesischer Kollegen aus dem Darfur, konnte mir bisher die Frage beantworten, um welche Stammesangehörige es sich bei den Dschandschawid handelt, außer dass die bereits erwähnten Kababisch, die als Einzige als arabischstämmig im engeren Sinne zu bezeichnen sind, nicht beteiligt sind. Mit Sicherheit sind vielmehr mehrere der über 80 Stämme des Darfur vertreten, von den von außerhalb der Region stammenden Personen zu schweigen. Wenn folglich der Konflikt nicht ethnischen Ursachen zugeschrieben werden kann, was dann? Es ist der seit prähistorischer Zeit bestehende traditionelle Konflikt zwischen Nomaden und Sesshaften, der seit den 1980er Jahren kontinuierlich eskalierte. Damals zerschlug die zentralistische Numeiri-Regierung die lokalen Sultanatshierarchien, die durch spezielle Konfliktlösungsmechanismen wie zum Beispiel Heiratsschließungen ein relativ friedliches Zusammenleben von Kamelzüchtern, Rinderhirten und Bauern gewährleisteten.

      Aufgrund der geschilderten Verknappung der Ressourcen und eine Ausweitung der Anbauflächen wurden seitdem von sesshaften Stämmen wie den Fur oder den Zaghawa die Durchzugs- und Wasserrechte der Kamel- und Rindernomaden auf ihren jahreszeitlichen Wanderungen von und zu den Weidegebieten zunehmend eingeschränkt. Von der weit entfernten, de facto unerreichbaren Regierung in Khartum waren solche Konflikte nicht mehr zu lösen. Diesem so im Wesentlichen durch Bevölkerungsdruck und Umweltfaktoren ausgelösten Konflikt überlagern sich nun seit einem guten Jahr die Aktivitäten der Rebellenorganisationen SLM (Sudan Liberation Movement / Army) und JEM (Justice Equality Movement). Wenn diese auch einige grundsätzlich berechtigte Anliegen vertreten mögen, stellen sie kaum eine landesweite Erhebung dar.

      "Profitiert vom Krieg!"

      Es ist kein Zufall, dass sich diese Unabhängigkeitsbewegungen gerade zu einem Zeitpunkt bildeten, als der Friedenschluss im Südsudan näher rückte und die Ölforderung im Zentralsudan anstieg. So wechselten ehemalige Kämpfer aus dem Süden in den Westen, ganz gemäß des Sprichworts der tschadischen Tubu Profitez de la guerre, la paix sera terrible (Profitiert vom Krieg, der Frieden wird schrecklich sein, d. Red.) der auch für junge Männer in Darfur seine Gültigkeit besitzt.

      Die erforderlichen Waffen, vornehmlich Kalaschnikows, wurden mitgebracht oder im benachbarten Tschad besorgt, wo seit den jahrzehntelangen Unruhen und den früheren Interventionen Libyens noch unzählige Schusswaffen im Umlauf sind. Zum anderen lockten Hoffnungen auf eigene Erdölvorräte oder eine Beteiligung an den wohl zu optimistisch eingeschätzten Öleinkommen.

      Der Versuch, das politische System des Sudan mit seinen Parteien und Interessengruppen, Stammeszugehörigkeiten und -verbindungen, den Absichten früherer Regierungsmitglieder wie El Mahdi oder El Turabi, der Rolle der wirtschaftlich dominierenden Zaghawa in Khartum oder der Ziele der ebenfalls von Zaghawa gestellten Regierung des Tschad in Hinsicht auf den Darfur-Konflikt darzustellen, würde Seiten füllen und kaum auf irgendeine Zustimmung stoßen. Selten wird man zwei Sudanesen treffen, die politisch der gleichen Ansicht sind.

      Wie sollte die Regierung in Khartum nun reagieren, als letztes Jahr der Flughafen von El Fasher, der Hauptstadt von Nord-Darfur, von den Rebellen besetzt, mehrere Maschinen zerstört und zahlreiche Soldaten getötet wurden? Hätte sie sich aus dem Darfur zurückziehen sollen? Nachdem sie eben dem historisch beispiellosen Friedensschluss mit der südlichen Landeshälfte zugestimmt hatte, mit hoher Autonomie bis hin zur Option der Unabhängigkeit, der Überlassung der Hälfte der Öleinkommen und dem nicht-muslimischen ehemaligen Rebellenchef John Garang als gleichberechtigtem Präsidenten?

      Schon dieser, von den demokratisch gewählten Vorgängerregierungen hinterlassene Konflikt, passte nicht in das Schwarz-Weiß-Schema von den armen Christen im Süden und den bösen Islamistenim Norden. Auch hier ging es vielmehr ums Öl. Abgesehen von Konflikten aufgrund regionaler Disparitäten wie in Darfur steht jede sudanesische Regierung wegen der rasanten Bevölkerungszunahme im ganzen Land und dem immer stärker beanspruchten Nilwasser vor Problemen, gegen die selbst die schlimmsten innen- und sozialpolitischen Albträume in Deutschland für Generationen unerfüllbare Wunschträume bleiben müssen.


      Erst seit wenigen Jahren kann eines der (wirtschaftlich) ärmsten Länder der Erde auf steigende Erträge aus Erdöl- und Goldvorkommen hoffen. Angesichts der bestehenden und bevorstehenden Probleme des Flächenstaates sind leider auch diese nur Tropfen auf den heißen Stein. Und schon bahnt sich im nordöstlichen Landesteil, in dem die für ihre Eigenständigkeit bekannten Bedscha-Stämme leben, der nächste Konflikt an.

      Und wie, mit wem und welchen Mitteln sollte die Regierung innerhalb von Wochen ein kaum zugängliches, bergiges und versumpftes Gebiet von der Größe Frankreichs befrieden und Dschandschawid und Rebellen entwaffnen, die das Gelände kennen, alle Grenzen überschreiten und nichts zu verlieren haben? Ein derartiges Ultimatum würde die größten und bestausgerüsteten Armeen überfordern.

      Wem nützt der Darfur-Konflikt? Der afrikanische Kontinent wurde wie kein anderer jeher als Spielball internationaler Wirtschaftsinteressen und Machtpolitik missbraucht. Im Februar 2005 läuft der Vertrag aus, der den Vereinigten Staaten seit 50 Jahren das Erdölmonopol in Saudi-Arabien sicherte und kaum in dieser Form verlängert werden wird. Über die außerhalb der Arabischen Halbinsel liegenden US-amerikanischen Geschäftsbedingungen im Nahen Osten braucht man keine Worte mehr zu verlieren.

      "Süßes Erdöl"

      In den letzten Jahren wurden unerwartet große Erdölvorkommen, dazu in besserer Qualität als im Nahen Osten, in zuvor als unhöffig geltenden Regionen von Libyen, Tschad und Sudan gefunden. Die Förderung dieses süßen Erdöls wird kontinuierlich hochgefahren. Weitere Explorationskonzessionen, auch für den Darfur, sind bereits vergeben. Zudem bieten die afrikanischen Vorkommen wesentlich kürzere und leichter zu sichernde Transportwege nach Nordamerika.

      So erfordert es wenig Fantasie nachzuvollziehen, dass sich gerade die jetzige Regierung der USA ihre Claims an den neuen Erdölpfründen sichern und hierfür strategisch in Afrika etablieren will. Dazu braucht sie kooperative oder schwache Regierungen, belanglos ob gewählt oder nicht, Anlässe für zunehmende Einflussnahme und Vorwände für eventuelle militärische Interventionen.

      Hierzu eignet sich am Besten das Killerargument des internationalen Terrorismus. Die Geiselnahmen in Algerien führten bereits zu Waffenlieferungen und Militäreinsätzen in der Sahara - obgleich die ursächliche Verwicklung algerischer und ausländischer Geheimdienste bei den Entführungen immer deutlicher wird. Die Terrorismus-Argumentation taugt jedoch nicht für den Sudan, wo seit vielen Jahren keinem westlichen Ausländer ein Haar gekrümmt wurde. Für die von immer mehr US-Politikern geforderten Truppenentsendungen kommt der Konflikt in Darfur daher gerade recht. Nebenbei stellt er für die Bush-Administration auch eine willkommene Ablenkung vom Irak dar.

      Einseitige Berichterstattung

      Das Gesagte mag angesichts der gegenwärtigen Stimmungsmache bagatellisierend, polemisch und provozierend wirken. Doch jeder, der den Sudan und die Sudanesen aus näherer Anschauung kennt und mit jedem Aufenthalt mehr zu schätzen gelernt hat, ist durch die einseitige, übertriebene und oft verleumderische Berichterstattung und Politik der letzten Wochen zur Gegendarstellung herausgefordert. Auch auf die Gefahr der Unterstellung, das Unglück des Konflikts wegreden zu wollen, vor irgendeinen Karren gespannt zu sein, Menschen und Regierung zu verwechseln, oder Anti-Amerikanismus zu betreiben.

      Jeder westliche Besucher des Sudan wird als Howaga (ausländischer Ehrengast) mit kaum sonst wo anzutreffendem Respekt, Gastfreundschaft und höflicher Zurückhaltung empfangen. Diese enden aber, wenn ausländische Regierungsdelegationen durch allzu schroffes Auftreten und unerfüllbare Forderungen Ehrgefühle verletzen und kolonialzeitliche Erinnerungen wecken. Kenntnisse in interkultureller Kommunikation und Landeskunde wären da hilfreich.

      Das noch vor kurzem hohe Ansehen der deutschen Außen- und Entwicklungspolitik und die Grundlagen der erfolgreichen wirtschaftlichen Zusammenarbeit im größten Staat Afrikas sollten nicht weiter beschädigt werden. Denn am Ende kann es nur um die effektivste finanzielle und technische Hilfe für die Menschen des Darfur gehen, und nicht um absurde und unvergleichlich teurere militärische Einsätze, Mediengetöse und wohl auch Profilierungen für die Wahlkämpfe in den USA und Deutschland. Die bisher von den Bundesministerien bereit gestellten 30 Millionen Euro erscheinen dürftig angesichts der von Politikern beschworenen weltweit größten humanitären Katastrophe der Gegenwart, besonders wenn zu ahnen ist, wie viel davon bei den Betroffenen ankommt (darf man diese Summe auch mit den 50 Milliarden Euro für die Vodafone-Aktionäre vergleichen?).

      Eine afrikanische Lösung wie von Kofi Annan gefordert und eine sachbezogene Zusammenarbeit mit den Regierungsbehörden und den erfahrenen inländischen Nichtregierungsorganisationen bietet die größten Chancen, den Konflikt und das Leiden so gerecht und so schnell wie möglich zu beenden, auch wenn der Darfur wieder ins Vergessen der Weltöffentlichkeit fällt. Man soll fair sein mit diesem Land und seinen Menschen; sie haben es verdient.


      Der Autor

      Dr. Stefan Kröpelin, geboren 1952 in München, Studium der Geographie und Geologie an der TU Berlin und in Aix-en-Provence. 1990 promovierte er an der Freien Universität Berlin mit einer Arbeit über das Wadi Howar, den zuvor unbekannten, ehemals wichtigsten Nebenfluss des Nil aus der Sahara (Nordwest-Sudan).

      Seit Oktober 1995 forscht Kröpelin an der Universität zu Köln. Er leitet die Teilprojekte Sudan und Tschad am Sonderforschungsbereich 389 "Kultur- und Landschaftswandel im ariden Afrika", dem gegenwärtig umfangreichsten Forschungsprojekt in der Sahara. Seit 1980 hat er rund 40 mehrmonatige Forschungsexpeditionen zum Umwelt- und Klimawandel und der Besiedlungsgeschichte der östlichen Sahara unternommen.

      Er ist Verfasser zahlreicher Fachpublikationen und Vorträge im In- und Ausland und hat Beiträge für Zeitschriften, Radio-Sendungen und Fernsehfilme zusammengestellt. Daneben arbeitet er als Gutachter für Naturschutzprojekte in Afrika und ist Initiator des "Wadi Howar NationalPark" im nordwestlichen Sudan. rgg
      Avatar
      schrieb am 18.10.04 12:06:07
      Beitrag Nr. 57 ()
      Die Beurteilung des Sudan-Experten der humanitären und politischen Lage im Sudan halte ich für beachtenswert - er ist nicht der einzige, der hinter die üblichen Schilderungen der Lage ein Fragezeichen stellt - man siehe auch dazu mein Eingangsposting, das auf einen Bericht in der FAZ basiert. Seine Interpretation der Haltung der westlichen Staaten dazu ist allerdings fragwürdig. Immerhin zeigte sich Deutschland noch besorgter über den Sudan als die USA. Will der Autor nun behaupten, Deutschland suche einen Vorwand, den Sudan zu besetzen, um billiges Öl zu haben? Bedauerlicherweise bleibt der Autor genau in dem Teil des Artikels (bewußt?) so vage, daß man viel in den Text hineininterpretieren kann. Man kann dann spekulieren, ob hier der politische Hintergrund des Autors oder der Zeitung hineinspielt. Eine US-Intervention im Sudan ist ja nicht zu erwarten. Und um billiges Öl zu bekommen, ist es eher kontraproduktiv, einen Staat anzugreifen oder auch nur unter ein Embargo zu stellen. Wer also den USA Gelüste auf sudanesisches Öl unterstellt, sollte eher befürchten, daß die USA die Situation im Sudan bagatellisieren.
      Avatar
      schrieb am 18.10.04 19:41:21
      Beitrag Nr. 58 ()
      ..ich will nicht behaupten, dass der Mann nicht in Teilen des Artikels Recht hat. Allerdings ist es immer hilfreich, eine zweite Quelle zu Rate zu ziehen.

      So relativiert sich so maches, auch der als "Relativierung von Schwarz-Weiß-malerei" gemeinte Artikel.

      2 Beispiele:
      Täglich sterben vor allem Kinder an einfach heilbaren Erkrankungen, weil weder Ärzte noch Medikamente verfügbar sind. Doch welcher Arzt wäre bereit, unter solchen Bedingungen zu praktizieren?

      Meines Wissens ist zumindest "Ärzte ohne Grenzen" dort vertreten, möglicherweise, da bin ich zur Zeit nicht sicher, auch "medico international".
      Wobei es natürlich eigentlich Aufgaber der Afrikaner oder Sudanesen selbst wäre, Ärzte dorthinzusenden. Nicht von europäischen Hilfsorganisationen.


      Die Terrorismus-Argumentation taugt jedoch nicht für den Sudan, wo seit vielen Jahren keinem westlichen Ausländer ein Haar gekrümmt wurde. Für die von immer mehr US-Politikern geforderten Truppenentsendungen kommt der Konflikt in Darfur daher gerade recht. Nebenbei stellt er für die Bush-Administration auch eine willkommene Ablenkung vom Irak dar.

      Dazu die Reisehinweise des Auswärtigen Amtes für den Sudan (Fettung wie im Original):

      Sicherheitshinweise


      Stand: 29. September 2004

      Die sudanesische Regierung hat am 24.09.2004 bekannt gegeben, sie habe einen Putschversuch in Khartum vereitelt. Die Situation in Khartum ist derzeit ruhig, muss jedoch weiterhin aufmerksam beobachtet werden.

      Von Reisen in den Sudan, mit Ausnahme von Khartum, der im Norden gelegenen archäologischen Stätten und der Tauchgebiete bei Port Sudan, wird aufgrund der unübersichtlichen, sich häufig kurzfristig ändernden Sicherheitslage vor allem im Südsudan und in Darfur weiterhin abgeraten. Stammeskonflikte und Auseinandersetzungen zwischen örtlichen Stämmen und Regierungstruppen sowie deren Milizen in der Region Darfur (Nord-Darfur, Süd-Darfur, West-Darfur) sind seit Anfang Dezember 2003 erneut eskaliert.

      Außerdem gibt es - wie auch in anderen Ländern der Region - immer wieder Hinweise auf die Planung terroristischer Anschläge.

      Der Sudan ist von einem langjährigen Bürgerkrieg gezeichnet. Trotz eines Rahmenabkommens der sudanesischen Regierung mit der südsudanesischen Rebellenorganisation SPLM/A von Machakos am 20. Juli 2002 und weiterer Teilabkommen während der laufenden Friedensverhandlungen in jüngster Zeit hat sich die Sicherheitslage in den Bürgerkriegsgebieten und in anderen Landesteilen bisher noch nicht wesentlich gebessert. Die südsudanesischen Provinzen, Kordofan sowie vor allem Darfur sollten gemieden werden. Die Sicherheit in Darfur ist auch nach dem zwischen Rebellen und sudanesischer Regierung unterzeichneten Waffenstillstandsabkommen vom 08.04.2004 nicht gewährleistet. Der Waffenstillstand wird nicht eingehalten.

      In den ehemals umkämpften Gebieten (vor allem in der Provinz Western Upper Nile), besteht außerdem erhöhte Entführungsgefahr. In der Region um Malakal (Shilluk Kingdom) sind im März Kämpfe zwischen Milizen ausgebrochen.

      Bei Geschäftsreisen wird empfohlen, die Reiseplanung eng mit dem Geschäftspartner abzustimmen. Jede Reise außerhalb des Großraums von Khartum bedarf der vorherigen Genehmigung durch die Sicherheitsbehörden."

      Ganz so aus der Luft gegriffen sind die Sicherheitsbedenken und die Terrorargumentation wohl doch nicht.
      Avatar
      schrieb am 10.03.05 11:14:36
      Beitrag Nr. 59 ()
      http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,345660,00.html

      Hunderttausende Tote im Sudan

      ---

      Dagegen hat es bei 9/11 nur ein Tausendstel der Opfer gegeben...

      :(
      Avatar
      schrieb am 10.03.05 11:45:30
      Beitrag Nr. 60 ()
      Da bin ich ja schon mal gespannt, was der "Experte" Kröpelin von der Frankfurter SPD-Schau zu diesem neuen erschreckenden Bericht von Egeland zu sagen hat? :mad:
      Avatar
      schrieb am 09.06.05 17:41:32
      Beitrag Nr. 61 ()
      wie kann man nur so unwichtige Threads aufmachen!
      Avatar
      schrieb am 17.07.05 22:14:32
      Beitrag Nr. 62 ()
      der Sudan ist anscheinend soo unwichtig das ich nicht mal eine Antwort auf mein ironisches Posting bekam!
      Avatar
      schrieb am 18.07.05 08:30:34
      Beitrag Nr. 63 ()
      Was heißt unwichtig? Was willst Du denn an Reaktionen bekommen? Tatsache ist, daß sich die UNO viel Zeit gelassen hatte, zu beschließen, eine unzureichende Truppe mit unzureichendem Auftrag in die falschen Regionen zu entsenden, wobei ich erst nachschauen müßte, ob die überhaupt schon ein Vorauskommando entsendet haben. Das ist so ziemlich das, was ich zu Beginn des Threads als Erwartung geäußert hatte, wobei die realen Entwicklungen sogar noch schlimmer waren, die Entscheidungen der UNO noch langsamer kamen. Und das ist der Punkt, der bei Diskussionen in Deutschland zu wenig eine Rolle spielt: die UNO ist praktisch handlungsunfähig, konstruktionsbedingt. Wenn man einen Weltpolizisten braucht, der einen Völkermord beendet oder gar verhindert, kann das nur ein einzelner Staat mit seinen Verbündeten sein, der die UNO-Charta UNO-Charta sein läßt und handelt. Wobei das natürlich wiederum Probleme mit sich bringt.

      1. Eine Demokratie ist opportunistisch und kann daher nicht uneigennützig handeln.

      2. Ein Staat, der ein Eingreifen beschließt, hat eben auch keine Legitimität, außer der, die das Ergebnis bringt.

      3. Ein einzelner Weltpolizist kann sich nur zwei bis drei der wichtigsten Konfliktherde herausgreifen, dann sind alle Kapazitäten gebunden. Wenn aber die USA nicht eingreifen können oder wollen, wer wäre dann stark genug, um den Sudan zu befrieden?

      Aus diesen Gründen werden wir, bis zu einer echten UN-Reform, auch weiter erleben, daß bei einem sich anbahnenden Völkermord die Weltgemeinschaft versagt.
      Avatar
      schrieb am 18.07.05 09:30:11
      Beitrag Nr. 64 ()
      #56 danke für diesen bericht der sehr umfassend das problem schildert und ausführlich andere informationen ergänzt.Da jetzt erneut ein friedensabkommen mit regierungsbeteiligung der "rebellen2 geschlossen wurde,kann man nur die zukünftige entwicklung beobachten und hoffen das keine erneute "demokratische entwicklung" für dem Sudan beabsichtigt ist.
      Avatar
      schrieb am 18.07.05 10:15:11
      Beitrag Nr. 65 ()
      @rv: Wie wird man denn "ausgewiesener Sudan-Experte"?
      Für mich ist das offensichtlich nur ein weiterer Experte von Extreme-alles-Elend-der-Welt-einzig-den-USA-in-die-Schuhe-Schiebing und Extreme-Verschwörering. :)

      Auf seine Frage "Worauf stützen sich die quantitativen Aussagen zum Ausmaß des Elends? " könnte man ja leise einwenden, ja die ganzen Flüchtlinge an der Grenze, die sitzen da bestimmt, weil denen es zu Hause zu langweilig wurde. Je endlich mal ein wenig vom Alltagsstreß in der sudanesischen Pampa relaxen.



      Wenn er zwecks erfolgreicher Forschung mit den sudanesischen Behörden vernünftig zusammenarbeiten will, dann darf er auch nicht zu kritisch mit seinen "Partnern" umgehen. Um eine Sperrung zu umgehen, darf ich ja nicht schreiben, was ich von solchen Radfahrern halte.


      Die Fernsehbilder von Journalisten wo hellhäutige Sklaventreiber ein Reihe von deutlich dunkelhäutigeren Sklaven durch die Wüste jagten, die habe ich mir nur eingebildet bzw. waren ein geschickter Fake der pösen CIA und ihrer Tochterorganisation, der GfbV. :rolleyes:

      http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/articles/A21143-2004Dec…
      Die Amerikaner richten wie die Europäer genügend Unheil in Afrika an, aber sie können unmöglich überall sein.
      Avatar
      schrieb am 11.10.05 13:39:13
      Beitrag Nr. 66 ()
      SUDAN

      Uno befürchtet Völkermord in Darfur

      In der sudanesischen Krisenregion Darfur besteht Uno-Angaben zufolge die Gefahr eines Völkermords. Die Situation sei "viel gefährlicher", als er erwartet habe, sagte der Sonderbeauftragte Mendez nach einem Besuch in der Region.


      New York - Die Gewalt gegen Zivilisten eskaliere, sagte der Uno-Sonderbeauftragte für die Verhinderung von Völkermord, Juan Mendez, gestern in New York. Davon habe er sich bei einem Besuch in den Flüchtlingslagern der Region überzeugt: "Die Situation ist viel gefährlicher, als ich erwartet hatte. Alle Konfliktparteien kämpfen wieder."

      Mendez wollte nicht dazu Stellung nehmen, ob die von der sudanesischen Regierung unterstützten Reiterbanden der sogenannten Dschandschawid-Milizen in der Vergangenheit bereits Völkermord verübt haben. "Doch was ich ganz sicher glaube, ist, dass die Gefahr noch nicht abgewendet ist - dass es also erstmals oder erneut, je nach Standpunkt, zu einem Völkermord kommen kann."

      Mendez warf der sudanesischen Regierung vor, die Verantwortlichen für die Morde der Milizen nicht zur Rechenschaft zu ziehen. Die Regierung erfülle in keiner Weise ihre Verpflichtung zur Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. "Wir sind sehr enttäuscht", sagte er. Die Milizen haben nach Uno-Angaben schon wenigstens 180.000 Menschen getötet und zwei Millionen vertrieben.

      http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,379161,00.html
      Avatar
      schrieb am 11.10.05 16:00:42
      Beitrag Nr. 67 ()
      180.000 Menschen getötet.
      Die Leute aus Dafur haben ein riesiges Problem.
      Sie sind schwarz, sie sind Moslems 2. Klasse und sie werden nicht durch amerikanische Splittergranaten getötet.

      Das Herumgeeiere des Beobachters bzgl. Völkermord aus dem obigen Artikel kommt übrigens daher, da im Fall von Völkermord eine internationale Eingreiftruppe aufgestellt werden müsste.

      Aber, es gibt tatsächlich etwas über die Amerikaner zu schimpfen:


      Sudan: US-Regierung versagt bei Eindämmung des Völkermordes

      Göttingen, 11. Oktober 2005
      Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat dem US-Botschafter bei den Vereinten Nationen, John Bolton, am Dienstag "skandalöse Effekthascherei auf dem Rücken der leidenden Zivilbevölkerung in Darfur" vorgeworfen. Bolton hatte dem UN-Sonderbeauftragten für die Verhinderung von Völkermord, Juan Mendez, untersagt, im Weltsicherheitsrat über die alarmierende Lage im Westen des Sudan zu berichten und damit eine Debatte über Möglichkeiten der Eindämmung der fortdauernden Verbrechen verhindert. Daraufhin hatte Mendez auf einer Pressekonferenz vor einer Gewalteskalation in Darfur gewarnt.

      "Durch diese Politik verbünden sich die USA mit den besten Freunden der sudanesischen Regierung: mit China und Russland, die unbequemen Menschenrechtlern den Mund verbieten", kritisierte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. Es sei zwar verständlich, wenn Bolton den Vereinten Nationen vorwerfe, zu viel über den Sudan zu sprechen und zu wenig zu handeln. Doch auch die USA hätten zur Beendigung des Genozides und zum Schutz der leidenden Zivilbevölkerung bisher nicht viel Konkretes beigetragen, obwohl sie schon vor 13 Monaten erstmals öffentlich die schweren Verbrechen gegen die Menschlichkeit als Völkermord bewertet hatten.

      Nach starkem Druck aus dem US-Kongress und der Veröffentlichung einer Flüchtlingsbefragung durch das US-Außenministerium hatte das Weiße Haus am 9. September 2004 öffentlich erklärt, in Darfur werde Völkermord verübt.

      "Für die US-Regierung ist der "Kampf gegen den Terror" offensichtlich wichtiger als die Eindämmung von Völkermord", kritisierte Delius. So habe der US-Geheimdienst CIA seine sudanesischen Kollegen gelobt, weil sie ihnen Informationen über muslimische Extremisten zur Verfügung gestellt hatten. Der CIA sei auch nicht davor zurückgeschreckt, in der letzten April-Woche 2005 ein Flugzeug in den Sudan zu senden, um den umstrittenen Chef des sudanesischen Geheimdienstes Generalmajor Salah Abdallah Gosh zu Geheimgesprächen nach Washington auszufliegen. Gosh gilt als einer der Drahtzieher der sudanesischen Unterstützung für die in Darfur mordenden Janjaweed-Milizen.

      Dem Völkermord in Darfur sind seit 2002 bis zu 400.000 Menschen zum Opfer gefallen. Rund 2,4 Millionen Zivilisten wurden seither von regierungsfreundlichen Janjaweed-Milizen systematisch vertrieben.

      Avatar
      schrieb am 12.10.05 11:34:24
      Beitrag Nr. 68 ()
      Jetzt dauert das da unten schon über ein Jahr, und die UNO oder von mir aus auch NATO oder sonstwer haben da noch immer nicht für Frieden gesorgt.

      :mad:
      Avatar
      schrieb am 12.10.05 11:35:36
      Beitrag Nr. 69 ()
      Avatar
      schrieb am 14.10.05 11:38:55
      Beitrag Nr. 70 ()
      http://de.news.yahoo.com/051013/12/4q3zm.html

      UN ziehen Mitarbeiter aus Darfur ab

      :eek:
      Avatar
      schrieb am 14.10.05 11:47:57
      Beitrag Nr. 71 ()
      ...weil es dort zu gewaltätig wird. :rolleyes:
      Weder Sondersendungen von RTL noch von CNN, wie immer.


      West-Sudan: 650.000 Menschen von Hungerhilfe abgeschnitten

      Göttingen, 13. Oktober 2005
      Vor einer neuen humanitären Katastrophe im Westen des Sudan hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Donnerstag gewarnt, nachdem die Sicherheit der 11.000 internationalen Helfer nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) in weiten Teilen Darfurs nicht mehr garantiert werden kann. "Rund 650.000 Notleidende in Flüchtlingslagern im Westen und Süden Darfurs werden von der Außenwelt abgeschnitten und allein gelassen", warnte der GfbV-Sudanexperte Ulrich Delius. Wegen zunehmender Übergriffe mussten am Mittwoch zwei Drittel Darfurs für humanitäre Helfer gesperrt werden.

      "Die Europäische Union unternimmt zu wenig, um die Gewalt in Darfur einzudämmen", kritisierte Delius, "außer vielen Worten und Betroffenheitserklärungen kommt keine konkrete Initiative, um diesen Völkermord zu stoppen." Vergeblich hätte man auch beim jüngsten Sudan-Besuch des EU-Außen- und Sicherheitsbeauftragten Javier Solana vergangene Woche auf neue europäische Initiativen gewartet, um die von der sudanesischen Regierung geförderte Aufsplitterung der Rebellenbewegungen in Darfur zu stoppen. Es reiche nicht aus, wenn Solana immer wieder die Bedeutung von Friedensgesprächen betone. Die EU müsse die Rebellen in Darfur an einen Tisch bringen, um dafür zu sorgen, dass sie mit einer Stimme sprechen. Nur dann hätten Friedensgespräche Aussicht auf Erfolg.

      Geschickt nutze Khartum Rivalitäten unter den Ethnien in Darfur, um verschiedene Widerstandsbewegungen gegeneinander aufzuhetzen. So werde nicht nur die Gewalt im Westen des Sudan angeheizt. Auch die Friedensgespräche in der nigerianischen Hauptstadt Abuja könnten deshalb scheitern. Diese Politik habe Tradition im Sudan. Gezielt habe eine kleine Machtelite in Khartum in den vergangenen 50 Jahren Konflikte zwischen den Ethnien in dem Vielvölkerstaat geschürt, um ihre eigene Herrschaft zu sichern. Mehr als drei Millionen Südsudanesen und Nuba hätten diese Menschen verachtende Politik mit dem Leben bezahlen müssen. "Die EU muss mehr tun, um diesen Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen und den Tod weiterer Zehntausender Menschen in Darfur zu verhindern", erklärte Delius.
      Avatar
      schrieb am 19.10.05 18:19:23
      Beitrag Nr. 72 ()
      Aus Spiegel Online von heute:

      ROHSTOFFE

      Pilgerfahrt nach Peking

      Von Thilo Thielke

      Amerikaner und Chinesen liefern sich eine Schlacht um Afrikas Bodenschätze. Das Hauptinteresse gilt seinen riesigen Erdölreserven. Doch Chinas ungehemmt wachsende Industrie verlangt auch nach Kupfer, Mangan oder Tropenholz. Die Gewinner der Globalisierung sind die Diktatoren des Kontinents.


      ...

      Als die Vereinigten Staaten den islamistisch regierten Sudan zum Schurkenstaat erklärten, der den Weltterroristen Osama Bin Laden beherbergt hatte, und alle amerikanischen Ölgiganten nötigte, aus dem lukrativen Geschäft mit Sudans Öl auszusteigen, sprang China nur allzu gern ein.

      Mittlerweile sind die Chinesen Großinvestoren im Land des Mahdi, im Gegenzug werden 60 Prozent des sudanesischen Erdöls ins Reich der Mitte geliefert. Das ist nicht ganz wenig: Derzeit fördert der Sudan 340.000 Barrel am Tag, wenn in absehbarer Zeit das Ölfeld Melut ausgebeutet wird, könnte die Menge auf 800.000 Barrel täglich steigen.

      Die Chinesen betrachten ihr Engagement im Sudan zudem als langfristige Partnerschaft. Gerade erst haben 10 000 Chinesen mit dem Bau einer 1500 Kilometer langen Pipeline von den Ölfeldern im Süden des Landes zum Rotmeerhafen Port Sudan begonnen. Als Transferleistung erhält die Regierung des Kriegsherrn Umar Al Bashir, die 60 Prozent ihrer Ölerlöse in Kriegsgerät investiert, Waffen aus der Volksrepublik, die sie dringend im Krieg gegen Aufständische in Darfur oder dem Osten des Landes benötigt.

      Kein Wunder, dass sich die chinesische Regierung für so viel erquickliche Zusammenarbeit zu revanchieren weiß. Wann immer im Weltsicherheitsrat der Vereinten Nationen eine harsche Resolution gegen die Völkermörder aus Khartum auf der Tagesordnung stand, war mit einem chinesischen Veto zu rechnen. Colin Powell hatte das Gemetzel in Darfur schon frühzeitig einen Genozid genannt. "Geschäft ist Geschäft", nennt Chinas Botschafter in den USA, Zhou Wenzhong, dagegen das wesentliche Prinzip chinesischen Handels: "Die Situation im Sudan ist eine interne Angelegenheit."

      Zähneknirschend müssen die USA mitansehen, wie Peking nun nicht nur ihre Sicherheits- und Völkerrechtspolitik torpediert, sie müssen auch ertragen, wie China sich nahezu ungestört die Ölreserven des Landes sichert. Bereits jetzt bezieht China sechs Prozent seines Rohöls aus dem Sudan, das ist so viel wie aus Russland.

      "Wir importieren das Öl aus jeder Quelle, aus der wir es bekommen können", verkündet freimütig der stellvertretende Direktor der Abteilung Westasien und Afrika im chinesischen Handelsministerium, Li Xiaobing.

      Der deutsche Politologe Denis Tull, der für die "Stiftung Wissenschaft und Politik" eine Studie zur "Afrikapolitik der Volksrepublik China" vorgelegt hat, hält Chinas wachsenden politischen Einfluss in Afrika deshalb für "überwiegend negativ". Statt die Afrikaner zu Demokratie und Transparenz zu zwingen, werde Pekings vehemente "Verteidigung des Souveränitätsprinzips" autoritären afrikanischen Führern zugute kommen, die vom Westen sanktioniert werden.

      Hilflos müssen die Außenminister der Europäischen Union mitansehen, wie Chinas kapitalistische Garden überall in Afrika auf dem Vormarsch sind und ihren Versuch, durch die Zahlung von Entwicklungshilfe die Demokratisierung autoritärer Regime zu fördern, vollends ad absurdum führen.

      China importiert bereits 28,7 Prozent seines Öls aus Afrika (2003: 25,2 Prozent). Das Handelsvolumen stieg zwischen 1989 und 1997 um 431 Prozent und hat sich "seitdem mehr als verfünffacht" (Tull) - auf einen Höchststand von 24 Milliarden US-Dollar. Bald soll China Großbritannien als drittwichtigsten Handelspartner ablösen.

      ...

      http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,379917,00.html
      Avatar
      schrieb am 14.12.06 13:47:39
      !
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      schrieb am 14.12.06 13:50:29
      !
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      schrieb am 16.12.06 18:27:02
      Beitrag Nr. 75 ()
      Nachdem PolyMod extra diesen Thread wieder geöffnet hat, möchte ich doch wenigstens noch den Artikel hier erwähnen, auch wenn es niemand interessiert:

      UNO-VERSAGEN
      Nie wieder Darfur!


      Von Thilo Thielke, Nairobi

      Nie wieder Auschwitz, nie wieder Ruanda, nie wieder Srebrenica - dieses Credo der Vereinten Nationen hielt gerade bis zum Beginn des nächsten großen Genozids, dem in Darfur. Inzwischen scheint die Uno den Kampf gegen den Massenmord aufgegeben zu haben.

      Nairobi - Es war nur eine kleine unbedeutende Meldung. Und sie ist fast untergegangen. Die Uno, hieß es, evakuiere ihre Mitarbeiter aus der Hauptstadt Nord-Darfurs, El Fascher. Als Grund wurde angegeben, die Angriffe von arabischen Nomadenbanden, so genannten Dschandschawid, die derzeit in Darfur gemeinsam mit sudanesischen Regierungssoldaten einen Völkermord an der überwiegend sesshaften "afrikanischen" Bevölkerung durchführen, hätten zugenommen. Da wolle man sich lieber in Sicherheit bringen.

      Man kann es verstehen. Die meisten Hilfsorganisationen haben mittlerweile ihre Mitarbeiter aus dem Schlachtfeld abgezogen. Aber da war doch noch etwas? Die Uno wollte doch - Nie wieder Auschwitz!, Nie wieder Ruanda!, Nie wieder Srebrenica! - Ende des Jahres das Mandat der wirkungslosen Afrikanischen Union (AU) übernehmen. Sie wollte die Gemetzel beenden, die nun schon seit rund vier Jahren dort stattfinden und mittlerweile über 300.000 Menschen das Leben gekostet haben dürften. Die Massenvergewaltigungen stoppen, und die alttestamentarischen Flüchtlingszüge, die durch das Land mäandern, in den Tschad oder in die Zentralafrikanische Republik.


      Daraus wird, wie es aussieht, nichts. Die AU wird wohl noch mindestens ein weiteres halbes Jahr sinnlos in Darfur herumpatrouillieren und im günstigsten Fall das Morden dokumentieren. Und der Uno-Sondergesandte Jan Pronk findet mittlerweile sogar, die AU mache einen tollen Job in Darfur und habe "gute Soldaten und Kommandeure" ("FAZ") und brauche deshalb eigentlich mehr Geld. Das kann gut sein, sie gibt es ja auch mit vollen Händen aus. So erhält ein afrikanischer AU-Soldat in Darfur an einem Tag so viel wie ein gut bezahlter kenianischer Arbeiter in einem ganzen Monat: rund 100 US-Dollar.

      Aber das ist natürlich nicht der Grund für das Scheitern. Die AU hat das Problem, dass sie nur eine Repräsentanz ihrer Mitgliedstaaten sein kann. Und die sind nun einmal vornehmlich Diktaturen wie Ruanda, der Tschad oder Libyen. Äthiopien, Äquatorialguinea oder Simbabwe. Guinea, Gabun oder die Zentralafrikanische Republik. Trümmerhaufen wie Somalia, der Kongo oder Liberia. Oder hochgradig korrupte Staaten wie Kenia, Nigeria oder Angola. Und nicht zu vergessen, natürlich: die Islamistendiktatur Sudan selbst. Um nur einige zu nennen.

      Wenn die Uno nun aber ganz plötzlich anfängt, davon zu schwadronieren, dass die AU gestärkt werden müsse - also Simbabwe, Libyen, Sudan, Äquatorialguinea und so weiter -, um das Morden in einem ihrer Mitgliedsstaaten zu beenden, und gleichzeitig ihre eigenen Mitarbeiter evakuiert, muss man hellhörig werden. Die AU hat es immerhin nun schon einige Jahre lang nicht gerichtet. Nach Einschätzung von Darfuris, Rebellen wie Zivilisten, hat sie die Lage sogar verschlimmert, weil ihre korrupten Vertreter zum Beispiel gegen Bezahlung Treibstoffkonvois der sudanesischen Armee durch Rebellengebiet eskortiert haben.


      Während sie von Europäern ihre Soldaten durch die Gegend fliegen ließ (die Soldateska des ruandischen Diktators ließ sich von der holländischen Luftwaffe nach Darfur chauffieren und die des gambischen Diktators, eines ehemaligen Wrestlers, von den Deutschen), wurden Hunderttausende von Zivilisten im Westen des Sudan massakriert. Nun soll es also allen gegenteiligen Beteuerungen zum Trotz so weitergehen. Und das ist eine Tragödie.

      Dabei ist es zutiefst ungerecht, die Afrikanische Union, die ja mittlerweile selbst nicht mehr will, zu überfordern. Wenn die Vereinten Nationen das tun, handeln sie schäbig und scheinheilig. Sie erklären, sie wollten ein zweites Ruanda verhindern und übertragen einer Vereinigung der korruptesten Staaten und übelsten Diktaturen der Erde das Mandat dafür. Wie soll das gehen? Die Afrikanische Union nennt sogar die Wahlen in Simbabwe frei und fair. Und warum auch nicht? Die Annahme, dass ausgerechnet die Vertreter dieser Polizei- und Terrorstaaten an den simbabwischen Wahlen etwas auszusetzen haben, ist grotesk.

      Die Vertreter dieser Regimes sind ja auch noch kein einziges Mal eingeschritten, wenn in einem ihrer Mitgliedsstaaten Kindersoldaten aufeinandergehetzt, Bodenschätze geplündert oder Konten in der Schweiz angelegt werden. Die meisten tun es schließlich selbst, ohne dass ihnen dafür die Entwicklungshilfe gestrichen wird. Kenias Präsident Mwai Kibaki, das kam in der vergangenen Woche ans Tageslicht, etwa ist so schamlos, seine Bezüge auf 40.000 Dollar monatlich festzulegen, während Nigerias Präsident Olusegun Obasanjo, ein ehemaliger Militärdiktator und afrikanischer Freund des Bundespräsidenten Horst Köhler, auf 128.000 Dollar im Monat kommen soll.

      Der ehemalige deutsche Innenminister und Uno-Sondergesandte für Sudan, Gerhart Baum, räumt längst ein: "Der Afrikanischen Union die Verantwortung für Darfur zu übertragen, war einer der größten Fehler, die gemacht wurden." Wenn Jan Pronk also von der Afrikanischen Union schwärmt und sie auch in der Zukunft mit der Befriedung des Sudan betrauen will, dann heißt das nicht mehr und nicht weniger, als dass die Uno Darfur aufgegeben hat. Und dass es nächstes Mal dann heißt: Nie wieder Auschwitz! Nie wieder Ruanda! Nie wieder Srebrenica! Und: Nie wieder Darfur!

      http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,453693,00.html
      Avatar
      schrieb am 16.12.06 18:45:04
      Beitrag Nr. 76 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 26.236.152 von flitztass am 16.12.06 18:27:02Die UN für etwas verantwortlich zu machen ist so ne Sache, denn dahinter stehen ja immer Staaten, die das Sagen haben, nämlich die Veto-Mächte.
      Hier werden pauschale Urteile abgegeben, ohne Ross und Reiter zu nennen.

      Wenn die UN nicht richtig funktioniert, so kann das eigentlich nur heissen, daß sie endlich reformiert werden muß. Denn nötig ist sie ja offensichtlich, selbst wenn sie schlecht funktioniert.

      Oder bist du anderer Meinung?
      Avatar
      schrieb am 16.12.06 18:59:52
      Beitrag Nr. 77 ()
      Auch wenn natürlich Prävention wichtiger ist als nachträgliche Bestrafung und obwohl eine Verhaftung der Täter in naher Zukunft eher unwahrscheinlich ist: Der internationale Strafgerichtshof könnte sich hier die ersten Meriten verdienen.


      [urlInternationaler Gerichtshof plant Darfur-Anklage bis Februar

      New York (Reuters) - Der Internationale Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag will bis Februar Anklage wegen der in der sudanesischen Krisenregion Darfur begangenen Gräueltaten erheben.
      ]http://de.today.reuters.com/News/newsArticle.aspx?type=world…[/url]

      In einem Bericht, den Staatsanwalt Luis Moreno-Ocampo dem Gericht am Donnerstag übergeben soll, heißt es, sein Büro bereite derzeit die Vorlage von Haftbefehlen vor. "Wir planen, diese Arbeiten bis spätestens Februar zu beenden", erklärt er in dem Bericht, der am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters vorlag. Die Ausstellung eines Haftbefehls ist vor dem ICC gleichbedeutend mit einer Anklageerhebung.

      Moreno-Ocampo und seine Mitarbeiter haben in den vergangenen zwei Jahren im Zuge von rund 70 Untersuchungen in mehr als 17 verschiedenen Ländern mehr als 100 Interviews geführt. Die gesammelten Hinweise deuteten auf Vergewaltigung, Folter, vorsätzliche Tötung und sexuelle Misshandlung, heißt es in dem Bericht. Seit dem Ausbruch der Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Rebellen in Darfur vor drei Jahren sind offiziellen Schätzungen zufolge mindestens 200.000 Menschen getötet und etwa 2,5 Millionen vertrieben worden. Ohne Mitarbeit der sudanesischen Regierung wird es jedoch nahezu unmöglich sein, die Täter zu verhaften. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch erklärte jedoch, bereits ein Haftbefehl sei eine wirkungsvolle Warnung.


      [urlWeltstrafgerichtshof

      Anklage für Verbrechen in Darfur angekündigt
      ]http://www.fr-aktuell.de/in_und_ausland/politik/aktuell/?em_…[/url]

      Den Haag - Der Chefankläger vor dem Internationalen Strafgerichtshof (ICC) will im Februar 2007 die erste Anklage wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Folter, Mord und Vergewaltigung in der sudanesischen Provinz Darfur vorlegen. Dies kündigte Luis Moreno-Ocampo am Freitag vor dem UN-Sicherheitsrat in New York an. Vor dem Hintergrund der unveränderten Situation in Darfur sagte er, das Gerichtsverfahren werde deutlich machen, dass "künftige Gewalttäter ein Warnsignal erhalten".

      Das Gericht wird sich mit Verbrechen aus den Jahren 2003 und 2004 befassen. Dabei, so Moreno-Ocampo, werde auch das "zugrunde liegende System klar, dass diese massiven Verbrechen ermöglichte". Dem Ankläger zufolge basieren die Ermittlungen auf hunderten Zeugenaussagen in 17 Ländern, nahezu ausschließlich von Opfern.

      Die Regierung in Sudan habe mitgeteilt, dass sie selbst inzwischen 14 Verdächtige festgenommen habe, denen Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen würden. Dies entspricht laut Ocampo jedoch nicht den zur Diskussion stehenden Fällen.

      UN-Generalsekretär Kofi Annan hatte dem Chefankläger 2005 einen versiegelten Umschlag mit 51 Namen mutmaßlicher Kriegsverbrecher übergeben. Nach Angaben aus Ermittlerkreisen standen auf der Liste Namen von Mitgliedern der sudanesischen Regierung und von Anführern der von ihr unterstützten Reitermilizen (Dschandschawid), aber auch der gegen sie kämpfenden Rebellengruppen. hhk

      Erscheinungsdatum 16.12.2006
      Avatar
      schrieb am 16.12.06 19:09:51
      Beitrag Nr. 78 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 26.236.599 von Zaroff am 16.12.06 18:45:04Dein "Ross und Reiter" wird im vorangegangenen schon über ein Jahr alten Beitrag deutlich benannt: China!
      Die verhindern alle Sanktionen von Seiten der UNO gegen das Regime im Sudan.

      Und wie stellst du dir eigentlich ein "funktionieren" der UNO vor, so lange mehr als 50 Prozent der Welt von Diktaturen beherrscht werden? :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 16.12.06 19:14:10
      Beitrag Nr. 79 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 26.236.848 von rv_2011 am 16.12.06 18:59:52Oh, hat die Frankfurter Rundschau jetzt auch schon gemerkt, dass da im Sudan vielleicht doch eine Katastrophe abläuft? Vor 2 Jahren hast du ja hier noch Artikel der Frankfurter Rundschau reinkopiert wie in #56, die behaupteten, das würde alles nur aufgebauscht.

      Nimmt etwa die Qualität der Frankfurter Rundschau langsam wieder zu, seitdem die SPD es aufgegeben hat, sie zu ihrem Partei-Organ zu machen, und sie wieder verkauft hat?
      Avatar
      schrieb am 16.12.06 19:37:52
      Beitrag Nr. 80 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 26.237.123 von flitztass am 16.12.06 19:14:10Jetzt bleib doch mal sachlich.

      Es hat in der FR viele Artikel über die an Völkermord gemahnenden Verbrechen in Darfur gegeben - vor und nach dem 14.10.2004. Außerdem ist auch in diesem Artikel schon in der Überschrift von einer Katastrophe die Rede.

      Den Artikel in #56, auf den du hier anspielst, hatte ich damals gepostet, weil er offenbar aus eigener Kenntnis der Verhältnisse vor Ort geschrieben war - und die Lage etwas anders darstellte als alle Zeitungsartikel, die ich bis dahin (auch in der FR) gesehen hatte. Meine eigene Skepsis dazu hatte ich im Vorspann deutlich gemacht.
      Avatar
      schrieb am 19.12.06 08:14:25
      Beitrag Nr. 81 ()
      [urlDer "Ressourcenkonflikt" Afrikas wird zum Prüfstein der neuen Weltordnung.

      Der Genozid in Darfur ]http://www.fr-aktuell.de/_img/_cnt/_online/061218_1651_fr_da…[/url]

      Eine Pressenotiz der UN vom 4. Dezember erklärt nüchtern, die Situation in Darfur wäre nach wie vor "explosiv" – was angesichts der neuerlichen, Mitte November begonnenen Offensive gegen Dörfer im Norden Darfurs wie Hohn klingt. Seit drei Jahren nun dauert der gewaltvolle Konflikt im Sudan an. Von UN-Beobachtern werden inzwischen 4 Millionen Menschen geschätzt, die an die Grenzen des Landes in Flüchtlingslager vertrieben und zu so genannten IDPs wurden, "Internally Displaced Persons". Es wird befürchtet, dass die Zahl der Ermordeten und der durch "slow death" (Hunger, Mangelkrankheiten) Gestorbenen, die derzeit zwischen 350.000 bis 450.000 Menschen liegt, in den kommenden Monaten um mehrere tausend Tote weiter ansteigen wird.

      Seit 2003 ähneln sich die Berichte: Milizen und Regierungstruppen greifen in koordinierten Aktionen Dörfer an, die zunächst aus der Luft von Flugzeugen oder Hubschraubern beschossen, dann von halbmilitärischen und militärischen Einheiten (Reiter, Kamelreiter, motorisierte Einheiten) zerstört werden. Die Bewohner werden ermordet, vertrieben, die Häuser und Besitztümer zerstört, Vieh umgebracht oder als Beute auf bereitgestellte Lastwagen verladen. Dabei wird von internationalen Organisationen besonders auf die gegen Frauen und Kinder gerichtete Gewalt aufmerksam gemacht. Ergänzt werden diese Berichte durch Nachrichten über Gegenangriffe der "Rebellen", insbesondere der seit 2002 aktiven, von den drei großen Bevölkerungsgruppen des Darfur, den Fur, Zaghawa und Massaleit getragenen Bewegung der "Sudan Liberation Movement/Army" (SLM/A). Eine der Konsequenzen aus den Ereignissen der letzten Tage ist der Rückzug der Hilfsorganisationen; Mitte November hat auch die Deutsche Welthungerhilfe ihr Personal aus Sicherheitsgründen evakuieren müssen.

      Jeder Versuch, den Konflikt als einen Bürgerkrieg zu erklären oder als Eskalation einer Auseinandersetzung, die durch separationsbemühte Gruppen verursacht sei, scheitert an den Strukturen der Gewaltpolitik, die im Sudan sichtbar werden. Nicht allein die planvolle Systematik fällt ins Auge, mit der ganze Landstriche des wüstenhaften Darfur entvölkert wurden, ebenso verlangen die arabischen Milizen Aufmerksamkeit, die als "Janjaweed" bekannt sind. Die enge Zusammenarbeit der Milizen mit dem Militär in Anwerbungs- und Organisationsbelangen ist inzwischen sicher. Schlüsselfiguren der Milizen gehören zudem den neuerdings als "Sicherheitsdienst" aufgewerteten "Popular Defence Forces" an. Damit wird nicht allein die konkrete Einbindung der Milizen in eine offizielle Regierungspolitik deutlich, es werden auch die Intentionen der Regierung in Khartoum offenbar. Mit der Stützung auf "irreguläre" Kräfte, deren Mitglieder über traditionelle Solidaritäten miteinander verbunden sind, soll ein bestimmtes Staatsprojekt durchgesetzt werden: eine Arabisierung der von afrikanischen Bevölkerungsgruppen bewohnten Regionen.

      Hat die internationale Gemeinschaft versagt, die sich nach dem Genozid in Ruanda noch einmal ein "Nie wieder" versprochen hatte? Hat die Furcht vor einer Beschädigung der weltpolitischen Sicherheitslage ein entschiedenes Eingreifen verhindert? Hat die Unsicherheit gegenüber der chinesischen Klientelpolitik oder der Haltung der Staaten der Arabischen Liga einen Freiraum entstehen lassen, in dem die sudanesische Regierung unter Präsident Omar al-Bashir ihre Politik seit 2003 ungehindert fortsetzen kann?

      Jan Egeland, Vizegeneralsekretär für Humanitäre Angelegenheiten und Nothilfe der Vereinten Nationen, stellte am 18.11.2006 in Genf nach der Rückkehr von seinem Besuch in Darfur fest, dass nun ein "Moment der Wahrheit" gekommen sei. Tatsächlich geht es nicht mehr nur um die Bedingungen und Möglichkeiten einer Humanitären Intervention. Die seit vielen Monaten erörterten Konstruktionen für eine gemeinsame Einsatztruppe der Vereinten Nationen (UNMIS) und der Afrikanischen Union (AMIS) wirken noch immer verzagt und inzwischen seltsam ausgedient. Denn mittlerweile ist unübersehbar, dass Darfur zu einem Prüfstein werden wird, zu einem Exempel für jene neue Weltordnung, die über eine aktive Sicherheits- und Stabilitätspolitik gestaltet werden soll. Eine Weltordnung, in der es um die Zukunft demokratischer Staaten angesichts neuer Gefährdungen geht – Fragile Staaten, riskante Interessengruppen, terroristische Netzwerke. Die Erwägung einer Intervention in den Sudan ist nicht nur schwierig, weil, wie Experten gerade aus Deutschland warnen, eine "Irakisierung" der Region drohe. Sondern weil in den Analysen nach dem 11. September eine Kategorie als politischer Stabilisierungsfaktor gestärkt wurde, die hier relativiert werden müsste: der souveräne Staat.

      Inwieweit, so muss man heute nachdrücklich fragen, führt die Fixierung auf Weltstabilitätsprogramme und die grundsätzliche Verdächtigung von nicht-staatlichen Gemeinschaften als mögliche "Störenfriede" zu einer höchst problematischen Schwächung von Rechten und Pflichten des Minderheitenschutzes?

      Vergaß man in den jüngsten, mit viel wissenschaftlichem Know-how gestärkten Betonungen der Nationalstaatsbildung als Entwicklungsfaktor, die eine Berechenbarkeit des Politischen, eine Machbarkeit des Ökonomischen und Sozialen garantiere, dass es eine Staatsbildung nach wie vor nicht gibt ohne ein Programm? Und dass das Programm für eine Staatsbildung Strukturveränderungen vorsieht, die auf Homogenisierungen beruhen?

      Wohl kaum ein internationaler Beobachter war überrascht, als Mitte November von neuen militärischen Offensiven berichtet wurde. Konflikte lassen sich aufhalten, Programme nur schwer.

      Den Ursachen für die Gewaltpolitik nähert man sich politikmodisch gerne mit der Idee der "schwachen Staatlichkeit". Aber auch die Vorstellung eines Kampfes von Rebellen gegen eine Zentralregierung ist nach wie vor Teil der Erörterungen, ebenso wie die Vermutung der Eskalation eines Ressourcenstreits zwischen sesshaften afrikanischen Stämmen und nomadisierenden arabischen Stämmen.

      Tatsächlich muss für die Analyse der Ursachen ein vielschichtiges politisches Feld berücksichtigt werden, in dem sich ethnisch arabisch definierende Eliten und afrikanische Stammesidentitäten, Ressourcenkonflikte und tribale Konflikte, nationale Positionierungen und eine fehlende politische Definition auf Seiten der Bevölkerungen des Darfur gegenüberstehen. Doch erst eine ergänzende Berücksichtigung der Mobilisierung der Bevölkerung und der Struktur der Tätergruppen, eine Analyse der islamischen Staatsideologie und des konfligierenden Verhältnisses nationalstaatlicher und traditioneller Verwaltungsstrukturen kann die neue Phase der entschlossenen Homogenisierungspolitik erklären, die von Khartum seit 2003 unbeirrt fortgesetzt wird.

      Denn interessant ist, dass trotz der islamischen Identität des Sudan die Religion nicht mehr als gesellschaftlicher Integrationsfaktor dient. So werden bei den Angriffen auf Dörfer in Darfur auch Moscheen zerstört. So gilt die Politik der Zentralregierung auch Bevölkerungsgruppen wie den Zaghawa, die aufgrund einer stärkeren islamischen Identifizierung besser in die Gesellschaft des Sudan integriert waren. Die von der sudanesischen Regierung bewusst forcierte Destabilisierung des Tschad und das intensive Interesse Libyens an den politischen Prozessen verweisen zudem auf einen Faktor, der mit dem Stichwort al-hizam al-arabi (arabischer Gürtel) beschrieben werden kann: jenes Ideologem, das die Schaffung eines arabischen Gebietes vorsieht, das vom Roten Meer bis zum Atlantischen Ozean reicht und die afrikanische Sahara, den Tschad, Niger und Mali einschließt. So muss die Gewaltpolitik des Sudan auch vor dem Hintergrund eines neuen (arabischen) Nationalismus gesehen werden, der sich gezielt einer ethnischen Manipulation bedient: der Veränderung traditioneller Konfliktfelder (Wasserstellen, Weidefelder, Zerstörung des Landes der niedergelassenen Stämme durch Nomaden), die Teil der Lebens- und Statusordnungen waren, in eine unvermittelbare Gegensätzlichkeit der Bevölkerungsgruppen.

      Dabei macht die Ausweitung der Gewalt auf den angrenzenden Tschad es heute notwendig, nicht nur eine Schutzgarantie für die Bevölkerungen in Darfur, sondern eine Lösung für die gesamte Region zu entwickeln. Oder wird durch diese Ausweitung eine Intervention der Internationalen Gemeinschaft wahrscheinlicher, die sich problemloser als friedensstiftende Kraft zwischen unterschiedlichen Parteien (Staaten) verstehen kann, denn als Hüter von Menschenleben?

      Ungeachtet der gravierenden Menschenrechtsverletzungen, ungeachtet der Tatsache, dass für die Überlebenden eine eigenständige Existenz vermutlich für das nächste Jahrzehnt unmöglich gemacht ist, stehen die Regionen Darfurs noch immer nur im Schatten der öffentlichen Aufmerksamkeit.

      Kaum ein Experte für richtiges Erinnern und korrektes Aufarbeiten von Geschichte regte sich, als eine »Gutachterkommission« der UN im Januar 2005 erklärte, in Darfur läge kein Genozid vor – es ginge der Regierung in Khartoum nicht um die Ermordung einer ethnischen Gruppe, die Gewalt sei im Gegenteil im Rahmen eines Antiguerilla-Krieges (counter-insurgency warfare) zu verorten. Die Bemühungen, das Zutreffen der einzelnen Punkte der Konvention zur Verhütung und Bestrafung von Völkermord (1949) zu widerlegen, machten überdeutlich, dass die Anwendung der Konvention nicht von der Definition von Genozid, sondern von einer politischen Konsensfähigkeit abhängt.

      Die Konvention definiert mit einem Fokus auf der Intention der Täter die gezielte Tötung von Mitgliedern einer Gruppe und die vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen, die den Tod nach sich ziehen. Sicherlich ist der Versuch nicht neu, die Konvention über eine Diskussion auszuhebeln, die die angewendeten Mittel der Gewalt (als "irregulär", nicht primär "staatlich intendiert") und die Struktur der Opfergruppe (als nicht eindeutig definiert) in Frage stellt. Aufmerksamkeit verlangt im Fall des Sudan, das sich im Entschluss zu politischen Rücksichtnahmen eine letztlich neo-kolonisatorische Argumentation eingeschlichen hat: Gilt die Interventionspflicht bei Völkermord nur für "nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppen" nach westlichen Definitionsmaßstäben?

      Für das Zögern der Internationalen Gemeinschaft, das anhält trotz einer Reihe eindeutiger UN-Resolutionen, die die Verantwortung für die Gewalt im Sudan explizit benennen, und trotz der Aussage des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC), das nun genügend Beweise für Anklageerhebungen vorhanden wären, gibt es verständliche Gründe. Diese gibt es nicht für die Haltung der Mitgliedstaaten der EU, die vor allem auf der Einhaltung des "Friedensvertrages" vom Mai 2006 beharren – der nie einer war, weil er weder ein ernsthaftes Schutzversprechen für die Bevölkerungsgruppen, noch eine politische Partizipation in Aussicht stellte.

      Doch warum wurden wir, die Experten für den Umgang mit Erinnerung, nicht zu Experten im Erkennen von Völkermord, nicht zu einer Stimme für die Stimmlosen von Heute? Im Versuch einer Antwort lassen sich Texte aus der Schublade ziehen, die nach dem Schweigen während des Genozids in Ruanda formuliert wurden. Hier wären nur wenige Worte zu ändern. Trotzdem lässt sich mit unserer Routine nicht beantworten, warum wir einer Politik zusehen, die seit drei Jahren Monat für Monat weitergeführt wird; warum wir uns als Wissenschaftler bereitwillig angeboten haben, mit Kategorien wie dem "Fragile State" oder der "Asymmetrischen Kriegführung" die Idee souveräner, stabiler (einheitlicher) Staaten zu stärken, diese als Baustein für internationale Sicherheit und Stabilität zu erklären und Genozidopfern heute allein nur ein völkerrechtliches Minimum an Aufmerksamkeit und Verantwortung entgegenbringen.

      Kristin Platt
      Sozialwissenschaftlerin, wiss. Mitarbeiterin am Institut für Diaspora- und Genozidforschung, Ruhr-Universität Bochum
      Avatar
      schrieb am 20.12.06 00:22:58
      Beitrag Nr. 82 ()
      In Ruanda hat die "Internationale Staatengemeinschaft" katastrophal versagt,obwohl detaillierte Warnungen lange vorher ausgesprochen und auf die drohenden Massaker hingewiesen wurde.
      Jetzt kommt man irgendwie um den Sudan nicht herum,weil das Morden schon viel zu lange anhält und die Destabilisierung weiter voranschreitet.Nur dumm,daß die Regierung in Kahrtum eine moslemische ist, die offen mit der internationalen islamistischen Bewegung zusammenarbeitet.Eine konsequente Kritik am Sudan käme also nicht um eine ebenso scharfe Verurteilung der neuerlichen islamischen Gewaltausübung umhin und dies möchten gerade viele europäische Staaten aus Furcht und vorauseilender Kapitulation möglichst vermeiden. Bloß nicht die Teroristen reizen,sonst kommt der Terror zu uns. Nur so ist es zu verstehen, daß tatenlos zugesehen wird,wie Hunderttausende ermordet werden,Flüchtlingsströme sich ungeschützt durchs Niemandsland ergießen und die sudanesische Regierung immer offener die arabischen Reiterhorden mit neuen Waffen ausrüstet und gleichzeitig die Politik der Destabilisierung auch in den Süden des Landes,in den Tschad,in die Zentralafrikanische Republik hinein und bis in den Kongo und nach Nigeria befördert.
      Und zu dumm,daß die USA als "Empire", "Weltpolizist" und Schurke schlechthin in dieser Situation nicht um aktive,d.h. auch militärische Hilfe gebeten werden kann,weil das anti-amerikanische Wwelktbild es nicht zuläßt und zudem das irakische Desaster auch zunehmend die Bereitschaft der USA mindert,dort zu intervenieren,wo es die Menschenrechte dringend erfordern würde und niemand sonst in Sicht ist,der statt ihrer die Initiative ergreifen könnte.
      Und somit bleibt zynisch festzuhalten,daß weiter diskutiert oder Zeitungsanzeigen geschaltet werden können -- die Massaker, Vergewaltigungen und Vertreibungen werden weitergehen.
      Sozusagen der Preis der multipolaren Weltordnung und der Appeasement Politik.
      :eek::eek::eek:
      Avatar
      schrieb am 11.01.07 12:43:26
      Beitrag Nr. 83 ()
      Rv, In welchem Thread steht den nun der nachdenkliche Aufsatz von dieser Genozid-Forscherin namens Kirstin aus´m Pott?

      Avatar
      schrieb am 11.01.07 12:47:02
      Beitrag Nr. 84 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 26.295.927 von rv_2011 am 19.12.06 08:14:25Huch, da isser ja plötzlich wieder! (Wohl immer noch die Seuche im Bord.)
      Avatar
      schrieb am 11.01.07 17:03:59
      Beitrag Nr. 85 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 26.829.242 von Tutnix am 11.01.07 12:47:02Ja, es gibt immer noch gelegentlich Fehler bei der Anzeige des zweit- und drittletzten Postings. (Workaround: Einzelposting-Anzeige oder Anzeige von oben nach unten.)
      Avatar
      schrieb am 11.01.07 17:23:18
      Beitrag Nr. 86 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 26.835.981 von rv_2011 am 11.01.07 17:03:59Ich wuerde die Anzeige von postings, die von UserIds mit 2 Buchstaben stammen, prinzipiell unterbinden! :D
      Avatar
      schrieb am 11.01.07 17:49:58
      Beitrag Nr. 87 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 26.836.587 von PresAbeL am 11.01.07 17:23:18Da hab ich ja Glück, dass du hier nicht zu entscheiden hast! :D:laugh:
      Avatar
      schrieb am 11.01.07 17:53:37
      Beitrag Nr. 88 ()
      # 85

      du doch auch nicht, oder?
      Avatar
      schrieb am 11.01.07 21:35:47
      Beitrag Nr. 89 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 26.837.561 von mouse_potato am 11.01.07 17:53:37Hab ich denn gesagt, ich wolle bestimmten Buchstabenkombinationen den Zugang verbieten? :laugh:
      Avatar
      schrieb am 11.01.07 21:41:29
      Beitrag Nr. 90 ()
      ich habe schon den Eindruck, dass in deinem Umfeld immer wieder bestimmte Buchstabenkombinationen verschwinden - aber der Eindruck täuscht natürlich, du kannst ja nicht sperren.
      Avatar
      schrieb am 12.01.07 01:56:15
      Beitrag Nr. 91 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 26.836.587 von PresAbeL am 11.01.07 17:23:18Wieso, die Einstellung des Textes von Kirstin war doch garnicht so platt.

      Man muß sich einfach nur damit anfreunden, dass der Bildung eines funktionsfähigen muslimischen Staates in dieser Region ein Genozid vorangestellt werden sollte. Ein abgespeckter Genozid täte es ja auch. Wo steht denn zurzeit eigentlich der body-count? (Im Irak-Sitrep wurde der doch nahezu täglich aktualisiert.)

      Wenn der Volkskörper erst zur Zufriedenheit der Beteiligten Volksgruppen auf das erforderliche Format zurückgestutzt ist, könnte der Rest auch von Integrationbeauftragten europäischen Zuschnitts bewerkstelligt werden; Mit robustem Mandat versteht sich.
      Denn wenn ich den Gedanken von Kirstin weiter denke, sind agesehen von den vielen Toten, Genozid und Integration wie Brüder und im wesentlichen nur auf der Zeitachse, nämlich vor oder nach der Enstehung eines neuen "Fragile State" von einander getrennt.

      Als Weltpolizei wäret ihr dann in solchen Fällen wie EU und UNO quasi freigestellt! Wie der Weihnachtsmann.
      Avatar
      schrieb am 12.01.07 08:16:36
      Beitrag Nr. 92 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 26.846.813 von Tutnix am 12.01.07 01:56:15Dann soll er ihn eben unter Kirstin publizieren.

      Um zu praezisieren: If len(trim(Posting.userid)) < 3 Then
      PutIntoTrashBin(Posting)
      End If

      duerfte genau denselben Muelleimerinhalt ergeben wie:
      if Posting.userid = "rv" Then
      PutIntoTrashBin(Posting)
      End If

      Das sagt dem Kenner doch schon alles! Ich haette rv auch ein faires Angebot zu machen: fuer jedes Posting von ihm, das mehr als selbstverfasste 5 Zeilen umfasst und das ich im Trashbin finde, gebe ich 3$ an Unicef-Dafur. Identische Postings zaehlen nicht und ich limitiere meinen Einsatz auf 1000$. Damit haetten rv's Posterei und meine ueberschuessige Kohle doch endlich einen Sinn, oder?
      Avatar
      schrieb am 13.01.07 06:54:28
      Beitrag Nr. 93 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 26.850.397 von PresAbeL am 12.01.07 08:16:36Natuerlich kommt von dem Kerl nichts! Haette ich mir ja denken koennen. Allenfalls eine Wortverdreherei in einem anderen Thread. Dabei hatte ich doch klar spezifiziert: er postet in der naechsten Zeit nur noch an mich und ich werf das Zeug weg. Dann lass ich die Registrierkasse fuer Darfur bimmeln. Die bimmelt natuerlich nicht, wenn er immer nur dasselbe postet. Das wird wohl das Problem sein ... :rolleyes:

      Anyway, das ganze Gutmenschentum kann man getrost in der Pfeife rauchen!
      Avatar
      schrieb am 13.01.07 10:42:34
      Beitrag Nr. 94 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 26.876.861 von PresAbeL am 13.01.07 06:54:28Warum sollte ich denn auf jede dümmliche Anmache reagieren? :D
      Avatar
      schrieb am 16.01.07 09:40:49
      Beitrag Nr. 95 ()
      KAMPF UM ROHSTOFFE
      Waffen, Öl, dreckige Deals - wie China den Westen aus Afrika drängt

      Von Hasnain Kazim

      Chinas boomende Wirtschaft lechzt nach Rohstoffen aus Afrika. Öl-Deals mit Despoten, Schuldenerlass für Schurkenstaaten, Waffen für Islamisten: Peking mischt mit seiner neuen Afrika-Politik das geostrategische Machtgefüge auf. Die USA und Europa zürnen - sie sehen eigene Geschäfte gefährdet.


      ...

      http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,458968,00.html
      Avatar
      schrieb am 21.02.07 14:38:49
      Beitrag Nr. 96 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 12.691.946 von for4zim am 08.04.04 10:41:51Nach Schätzungen der UNO wurden bisher im Sudan bereits 600.000 Menschen von den Islamisten umgebracht.

      Wie lange es wohl noch dauert, bis die Islamisten weltweit mehr Menschen umgebracht haben als damals die Nazis ?

      :mad:
      Avatar
      schrieb am 23.02.07 21:13:59
      Beitrag Nr. 97 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 27.875.947 von Blue Max am 21.02.07 14:38:49:eek::eek::eek::eek::eek::eek::eek::eek::eek::eek::eek:
      Avatar
      schrieb am 23.02.07 22:18:26
      Beitrag Nr. 98 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 27.875.947 von Blue Max am 21.02.07 14:38:4940 Jahre? :confused:
      Avatar
      schrieb am 19.04.07 13:16:29
      Beitrag Nr. 99 ()
      http://de.news.yahoo.com/19042007/12/kinder-darfur-unausspre…

      19.04.2007

      Wieso schickt die Bundeswehr da eigentlich keine Tornados hin ?

      Die könnten dort doch viel besser den Terror bekämpfen als im bergigen Afghanistan.

      :eek:


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