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    Berliner Menschenhändlerprozess - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 18.04.04 22:35:26 von
    neuester Beitrag 15.05.04 08:14:45 von
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      schrieb am 18.04.04 22:35:26
      Beitrag Nr. 1 ()
      Welche Heimat verlässt man so leicht?

      Tagesspiegel, Berlin 18.4.2004


      Sie sind meist nicht freiwillig nach Deutschland gekommen, aber sie haben es ihren Zuhältern auch nicht schwer gemacht. Vier Frauen im Berliner Menschenhändlerprozess schildern einen Wirtschaftszweig, einen der wenigen, der in der Ukraine funktioniert

      Von Verena Mayer

      Als Kristina vom Chauffeur und von den Pelzen hörte, konnte es ihr nicht schnell genug gehen, als Callgirl in Deutschland zu arbeiten. Kristina lebte bei ihrem Großvater, und alles, was sie von der Welt kannte, war die ukrainische Kleinstadt, in der sie Kellnerin war. Eines Tages kam eine Bekannte vorbei und fragte sie, wie lange sie denn noch Aschenbecher abräumen wolle. „Stell dir vor“, sagte die Frau, „du kommst im Nerzmantel aus dem Hotel, und draußen wartet ein Mann mit einem teuren Auto.“ Kristina hatte noch nie Sex gehabt, und sie dachte, es würde sein wie in ihren „märchenhaften Träumen“. Beim ersten Freier, den sie in Berlin hatte, war der Traum aus.

      Kristina ist 20 Jahre alt. Sie ist groß und schlank, in ihren dunklen Jeans und dem dazu passenden Jeansjäckchen würde sie auch auf ein Model-Casting passen. Kristina ist eine von vier ehemaligen Prostituierten aus der Ukraine, die im Prozess gegen den mutmaßlichen Menschenhändler Borys B. als Nebenklägerinnen auftreten. Der Callgirlring von Borys B. ist im vergangenen Jahr durch einen prominenten Kunden in die Schlagzeilen geraten, den Talkmaster Michel Friedman. Für Kristina und die drei anderen, Irina, Lena und Olesya, hat das keine Bedeutung. Ihr Leben ist – wie das so vieler anderer osteuropäischer Frauen, die als illegale Prostituierte nach Deutschland kommen – ein Kreislauf aus Eingeschleust- und Abgeschobenwerden, Zwang und Aussichtslosigkeit, gespeist von Lügen und falschen Hoffnungen.

      140000 Frauen aus Osteuropa arbeiten nach Angaben des Bundeskriminalamts als Prostituierte in Deutschland. Die Hälfte bis zwei Drittel davon, so wird geschätzt, werden von Menschenhändlern getäuscht und mit falschen Versprechungen ins Land gelockt. Menschenhandel ist die Schattenwirtschaft des erweiterten Europa, ein Geschäftszweig, der so alltäglich geworden ist wie der Schmuggel. Anders als noch vor zehn, fünfzehn Jahren, als die Grenzen dicht waren und die Frauen aus Südostasien eingeflogen werden mussten, ist nicht einmal der Aufwand groß. Alles, was man braucht, sind ein paar Kontakte und das Geld für falsche Papiere.

      Menschenhandel, so leuchtet es der Prozess im Berliner Landgericht seit einem halben Jahr mit ernüchternder Detailgenauigkeit aus, ist kein Verbrechen, das einer isolierbaren Gruppe, Berufskriminellen oder Asozialen, vorbehalten ist. Menschenhandel ist ein Wirtschaftssystem, das ganze Dörfer und Landstriche ernährt, die Familien der Ausbeuter genauso wie die der Ausgebeuteten. In vielen Gegenden ist es das einzige Wirtschaftssystem, das es gibt.
      Als Irina noch in der Ukraine lebte, war sie Lehrerin und konnte sich keinen anderen Beruf vorstellen. Eine Lehrerin verdient in der Ukraine 13 Euro im Monat. Irina ist allein erziehende Mutter, eines Tages erkrankte ihr Kind. Man dachte erst, es sei Tuberkulose, doch es war eine noch seltenere Krankheit an der Lunge. Irina musste Ärzte und Medikamente bezahlen, jede Rechnung ein Jahresgehalt. Der Leiter des Klubs im Kulturhaus sprach sie an und fragte, ob sie nicht in Deutschland arbeiten wolle, als Kindermädchen. Irina sagte ja, die 70 Euro, die sie brauchte, um aus der Ukraine ausreisen zu können, bekam sie vom Vater ihres Kindes.

      „Ab heute bin ich dein Gott“


      Irina, 29 Jahre alt, ist klein und blass, und sie ist so dünn, dass sich unter ihrem Pullover die Knochen abzeichnen. Während sie vor Gericht vernommen wird, rückt sie immer näher zu ihrer Anwältin, als wolle sie sich hinter ihr verstecken. Irina ist eine von diesen Frauen, deren Leben nach dem Willen anderer verläuft, schon ihr Körper ist viel zu zart, als dass sie der Welt damit etwas entgegensetzen könnte.

      In den Westen kam Irina mit einer Ladung Gasflaschen. Ein Bekannter verdiente Geld damit, durch polnische Dörfer zu fahren und Gas aus der Ukraine zu verkaufen. Er lieferte erst die Flaschen in einem Vorort von Breslau ab, dann brachte er Irina zu einem Bauernhof. Im Hof standen dicke Autos, ein Mann stellte sich als Jurij vor. Später kam Jurijs Bruder dazu, er hieß Borys B. „Ich zeige dir Europa, du kommst zu mir arbeiten“, sagte Borys B. und drückte Irina ein Pornoheft in die Hand. Dies sei die Arbeit, zu der er sie nach Deutschland bringen werde. Mütter seien ihm am liebsten, sagte er, die würden aus Angst um ihre Kinder keinen Ärger machen. „Ab heute bin ich dein Direktor, Vater und Gott.“

      Borys B., der mindestens 15 Frauen nach Deutschland zur Prostitution gebracht haben soll, ist 33 Jahre alt. Seine Mutter war Postangestellte, der Vater Künstler. Bis zu seinem 14. Lebensjahr war Borys B. im Internat, dann wurde er zum Schweißer ausgebildet und kam als Schütze eines Panzers nach Afghanistan. Er wurde an Kopf, Arm und Brust verletzt, durfte aber nicht zurück nach Hause. Borys B. ist nicht sehr groß, er hat ein wächsernes Gesicht, immer wieder geht ein Zittern durch seine Hände und seinen Körper. Es handelt sich dabei um das so genannte Kriegszittern, die Folge einer posttraumatischen Belastungsstörung, wie der psychiatrische Gutachter vor Gericht ausführte. Im Ersten Weltkrieg war das Kriegszittern ein Massenphänomen unter Soldaten. Borys B. ertrug keine offenen Fenster, trank und nahm Drogen, es gab Zeiten, da konnte er nichts tun, außer Roulette zu spielen. Er hat versucht, in der Erdölindustrie zu arbeiten, dann war er bei einer Import-Export-Firma. Ende der 90er Jahre begann er, mit Autos zu handeln. Von da war es nicht weit zu den Frauen.

      Die Frauen, die er als „junge ukrainische Nymphen“ in der Zeitung inserierte, waren meistens aus der Gegend, aus der er selbst kam. Lena wohnte um die Ecke, auf die Lehrerin Irina kam er, weil deren Mutter mit seinem Bruder Jurij in der Brotfabrik gearbeitet hatte. Es ist eher selten, dass Frauen von wildfremden Männern betäubt und verschleppt werden, auch wenn das vorkommt. Oft sind es Bekannte und Freunde, die sie an die Schleuser vermitteln, ein Vertrauensverhältnis ausnutzend und wohl wissend, dass ihre Opfer sie nicht anzeigen würden. Vom Menschenhandel profitieren die Dorfbewohner, die die Lenas, Irinas, Olesyas und Kristinas durch die Gegend fahren, es profitieren Familienväter davon, die ihnen Zugfahrkarten besorgen oder sie über die Grenze begleiten, es profitieren Frauen, die, Versicherungskeilern gleich, durch die Bars ziehen und jungen Mädchen ein Luxusleben im Westen versprechen


      An den Westen verlor die Ukrainerin Lena als erstes ihre Hose. Sie schwamm davon, als Lena in die Oder stieg, um nach Deutschland zu gelangen. Angekommen, verlor sie den Rest. Geld und Papiere wurden ihr von Borys B.s Leuten abgenommen, den Kontakt zu ihren Freunden ließ Lena dann selbst abreißen. Irgendwann hatte sie auch keine Hoffnung mehr, da hat Lena begonnen, ohne Kondom mit Männern zu schlafen. Sie bekam mehr Geld dafür, und das brauchte sie, um ihre Schulden zu bezahlen.

      Lena ist eine unauffällige Frau in Jeans und Pullover, 24 Jahre alt. Sie hat etwas Abwesendes, sie wirkt wie eine Schülerin, die aufgerufen wird, aber viel lieber aus dem Fenster gucken würde. In der Ukraine hat sie mal dies, mal das gemacht, im Garten gearbeitet oder geputzt, nach Deutschland wollte sie, weil ihr sonst nichts einfiel. In Berlin lebte sie mit den anderen Frauen in einer winzigen Wohnung, manchmal kam Borys B. vorbei und brachte ihnen Pornovideos, die sollten sie sich ansehen, damit sie was lernen. Sie hätten den Fernseher ausgemacht, sobald er draußen war, erzählt Lena. Es sei sehr schwer gewesen, die Arbeit auszuhalten, sagt sie. Sie trank viel, Wein und Wodka. Das war verboten, wer erwischt wurde, musste Strafe zahlen an Borys B., 500Euro. Lena wurde oft erwischt. Sie war schon sieben Monate in Deutschland, und ihr war noch kein Cent übrig geblieben, den sie nach Hause hätte schicken können.

      3000 Euro hatte ihr Borys B. für Papiere und die Schleusung in Rechnung gestellt, die musste Lena abarbeiten, von abends sechs bis morgens sechs. Zwischen 75 und 95 Euro zahlten die Freier für eine Stunde, 25 konnte Lena behalten, 250 Euro im Monat betrug ihre Miete, dazu 50 Euro für Strom. Sie musste Kondome, Kosmetika und Wäsche selbst kaufen, und wenn sie einmal zu Kaiser’s wollte, kam immer ein Fahrer mit, das kostete ebenfalls extra.Borys B.s Leute waren stets in der Nähe. Es gab zwei Polen, die die Frauen fuhren und bewachten. Dem einen war die Tochter gestorben, der andere musste eine Familie ernähren. Auch Borys B.s zweiter Bruder, Alex, war dabei, der machte die Abrechnung. Alex war streng. Einmal hatte ein Kunde Lena für zwei Stunden gebucht, aber nur eine bezahlt. Den Rest musste sie von ihrem Geld zuschießen.

      Olesya war nach dem Abitur bei ihren Eltern rausgeflogen. Du bist erwachsen, sagten sie, sieh zu, wo du bleibst. Olesya schrieb sich an der Medizinhochschule ein, dann brach sie die Ausbildung ab. Sie wollte raus aus der Ukraine, sie war ehrgeizig. Vor Gericht wirkt sie wie eine Geschäftsfrau. Sie trägt einen dunklen Hosenanzug mit Nadelstreifen, immer wieder kommt sie der Übersetzerin zuvor und beantwortet eine Frage beflissen auf Deutsch. Die anderen Frauen hätten sie „Aristokratin“ genannt, erzählt Kristina. Olesya ist auch die Wütendste von den vieren. Immer wieder diskutiert sie mit Borys B.s Verteidiger, der ihre Glaubwürdigkeit in Frage stellt, sie schimpft über die Verhältnisse, denen sie ausgesetzt war, ihre Zuhälter nennt sie „diese Hunde“.

      Die versperrte Tür


      Olesya besaß noch 40 Euro und fuhr nach Polen. In Polen können sich Ukrainer drei Monate lang aufhalten, Polen ist das Durchgangszimmer in die Europäische Union, es gibt noch ein Zurück, und es sieht doch schon aus wie der Westen. Olesya setzte sich am Bahnhof auf ihre Koffer und wartete darauf, was passiert. Eine Frau sprach sie an, sie wüsste Arbeit in Deutschland, in einem Haushalt mit Kindern oder älteren Menschen. Olesya fuhr erst einige Stunden mit der Frau Bus, dann stieg sie zu Männern in ein dunkles Auto. Ob sie nicht misstrauisch gewesen sei, umgeben von lauter Fremden, will der Richter wissen. „Das war vielleicht, weil ich ein Kindchen war“, antwortet Olesya, es klingt nüchtern wie eine Bilanz. „Meine Eltern haben mich gewarnt, aber ich war in der Hoffnung, dass mir nichts Schlimmes passieren kann.“

      Irgendwann war Olesya in einem polnischen Hotel, das „Holiday“ hieß, und Borys B. stand im Zimmer. Er sagte ihr, was sie in Deutschland tun werde, dass sie einen Haufen Geld verdienen werde und dass es einen Arzt gebe. Olesya begann zu schreien. „Ich will nicht so eine werden“, sagte sie. „Wo willst du denn hin?“, fragte Borys B. Laut Anklage soll er Olesya danach vergewaltigt haben. Als er ihr Zimmer verließ, sperrte er von außen die Tür zu.

      „Fernseher“ nannte Borys B. die ukrainischen Frauen, die wie Olesya in Polen auf ihre Schleusung warteten. Ein Polizist, der im Zuge der Ermittlungen Borys B.s Telefonate abhörte, brachte das Wort „Fernseher“ anfangs nicht mit Menschenhandel in Verbindung, er kannte für Frauen bis dahin nur die Bezeichnung „Kisten“. Wie ein Handelsunternehmen hatte Borys B. sein Geschäft organisiert, bis hin zur Buchhaltung. Wenn ein polnischer Fahrer eine Prostituierte bei einem Freier abgeliefert hatte, schickte er eine SMS an Borys B., in der zum Beispiel „A95“ stand. Der Buchstabe war das Kürzel der Frau, die Zahl zeigte den Stundenlohn an. Der penible SMS-Wechsel ist nun die Grundlage für die Schadenersatzforderungen der vier Nebenklägerinnen. Irina, so hat es ihre Anwältin ausgerechnet, hatte 479 Freier. Verpflegung und Fahrtkosten abgezogen, ergibt das bei 75Euro Stundenlohn eine Summe von 23900 Euro, die Irina erarbeitet hat.

      Als Irina, die kleine, schmale Lehrerin, von ihren Schleusern in Frankfurt an der Oder bei McDonald’s abgesetzt wurde, hatte sie ihre Menstruation und außer einem Handtuch und einem Kamm nichts bei sich. Sie musste trotzdem zwei Stunden später in Berlin zur Arbeit. Es waren zwei russische Männer, ihr neues Leben begann sie in derselben Kleidung, in der sie ihr altes verlassen hatte. Irina ist diejenige der vier Frauen, der die Zeit in Deutschland körperlich am meisten zugesetzt hat. Sie hatte Asthma-Anfälle und magerte bis auf die Knochen ab.

      Schon ihre Einreise war eine Tortur. Irina wurde im Zug von tschechischen Grenzern geschnappt und kam in Abschiebehaft. Wochen später setzte man sie in einen Bus, irgendwann stieß sie jemand wieder hinaus und sagte: „Das ist die Ukraine.“ Irina wusste nicht, wo sie war, sie lief zum nächsten Bahnhof, von dort schlug sie sich nach Hause durch. Bei ihrer Mutter blieb sie dann, bis sie wieder geholt wurde. Da wusste sie schon, was in Deutschland auf sie zukam, sie wartete auf die Schleuser wie ein Schaf auf die Schlachtbank. Warum sie da nicht zur Polizei gegangen sei oder versucht habe, den Schleusern das Geld anders abzubezahlen, fragt der Richter. „Es hätte nichts gebracht“, sagt Irina.

      In Berlin wurde sie von einem Freier verdächtigt, etwas gestohlen zu haben, Irina kam abermals ins Gefängnis. Der Anwalt von Borys B. hat sie wieder herausgeholt, danach musste sie auch noch dessen Kosten abarbeiten, 2000 Euro, wie Borys B. ihr vorrechnete. Ob sie sich einmal ihrer Mutter anvertraut, sie um Hilfe gebeten habe, fragt der Richter. Irina schüttelt den Kopf. „Ich habe damals niemanden etwas erzählt, und ich werde niemandem erzählen, was ich gemacht habe.“

      Kristina, die Träumerin, die mit ihrem Kinderausweis aus der Ukraine ausgereist war, um in Deutschland ein Leben wie im Märchen zu führen, Kristina, deren Traum nach dem ersten Freier vorbei war, merkte genauso schnell, dass auch alles andere nicht so war wie versprochen. Es gab keine Limousinen und keine Chauffeure, der Fahrer, der sie zu den Freiern brachte, fuhr das Auto zu Klump und Kristina musste zurück in die Wohnung humpeln. Das bisschen Geld, das sie und die anderen Frauen gespart hatten, hat ihnen Alex geklaut, bevor er sich absetzte. Mit der Realität wollte sich Kristina trotzdem nicht abfinden. Einmal hat sie ein Abendessen ausgerichtet, sie hat Pelmeni gekocht und alle eingeladen, auch die Polen und Borys B. „Wir wollten mal zusammensitzen, einmal normale Menschen sein“, sagt sie.

      Wolfgang B. ist einer der Freier, die vor Gericht aussagen. Wolfgang B. ist 44 Jahre alt, arbeitslos und lebte lange mit einer Thailänderin zusammen. Als die ihn verließ, haben ihm Freunde Geld gegeben, damit er „wo anruft“, bei einer dieser Nummern. Irina, die schmale Lehrerin, wurde zu ihm geschickt, er ließ sie dann regelmäßig kommen. Sie habe bei ihm oft geweint und gezittert, sagt Wolfgang B. Er schlug ihr vor, sie zu verstecken, sie solle bei ihm bleiben. Irina schenkte ihm ein Stoffherz mit einer Maus darauf. Eines Tages stritten sie sich am Telefon. Wolfgang B. rief daraufhin bei den Leuten von Borys B. an. Er gab eine Bestellung auf, zwei Frauen für 500 Euro.

      Wie es jetzt mit ihr weitergehe, fragt der Richter Lena, die Orientierungslose. Sie zuckt mit den Achseln. „Wahrscheinlich werde ich abgeschoben.“ Vor einem Jahr, im April 2003, gab es eine Razzia, Lena und die anderen Frauen wurden verhaftet. Lena, Kristina und Irina haben eine Duldung in Deutschland, bis gegen Borys B. ein Urteil gefällt ist. Sie leben von 194 Euro im Monat, die sie nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bekommen. Was dann weiter passiert, ist ungewiss.

      Zurück können sie nicht. Kristina schämt sich, Lena traut sich ohne Geld nicht nach Hause. Irinas Familie weiß bis heute nicht, dass sie nicht als Kindermädchen in Deutschland gearbeitet hat. Am meisten Angst hat sie davor, dass jemand aus ihrem Freundeskreis die Fotos zu sehen bekommt, die sie von sich machen lassen musste. Irina im schwarzen Kleid, auf der Wange ein aufgemaltes Muttermal. Irina in Deutschland, im goldenen Westen. Das Foto hatten Frauen dabei, die in ukrainischen Kneipen Mädchen anwarben. Auch Kristina, das Mädchen mit den großen Träumen, hatte das Bild mit der aufgeputzten Lehrerin in der Hand gehabt, als man ihr in der Kneipe das Blaue vom Himmel versprach.

      Code „New York“


      Wenn der Prozess in nächster Zeit zu Ende geht, wird es für die Frauen nicht anders sein als vorher: Von der Ukraine haben sie nichts zu erwarten, die Zukunft im Westen bleibt Sehnsucht. Wie in den Gesprächen, die Olesya mit einem ihrer Freier geführt hat. Der Freier war verliebt in sie und wollte sie rauskaufen. Am Telefon haben sie sich vorgestellt, wie gut es ihnen gehen würde, sie hatten Codewörter dafür. „New York“ war so ein Wort oder die Titel von Hollywood-Filmen.

      Olesya hat den Mann inzwischen geheiratet. Sie lebt jetzt in Spandau, im 15. Stock, Platte West, der Mann ist ein Rentner, der vor Gericht sagt, dass man von einem ordentlichen Eintopf wochenlang leben kann. „Ich wollte aus der Ukraine weg, weil ich keinen anderen Weg sah“, hat Olesya in ihrer Resolutheit vor Gericht gesagt. Es scheint, als sei das, wovor sie damals floh, schon das Beste in ihrem Leben gewesen.

      Nur Irina, der Lehrerin, geht es verhältnismäßig gut. Unlängst durfte sie ihr Kind nach Deutschland holen. Es wird hier behandelt, die beiden leben in Frankfurt an der Oder, in der Stadt, in der sich Irina einst bei McDonald’s ihrem Schicksal ergeben hatte. Sie hat inzwischen auch ein wenig zugenommen.

      aus http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/18.04.2004/1077906.asp
      Avatar
      schrieb am 18.04.04 23:17:12
      Beitrag Nr. 2 ()
      Wurde hier die Überschrift verändert? :eek: :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 18.04.04 23:49:59
      Beitrag Nr. 3 ()
      Nein.
      Avatar
      schrieb am 19.04.04 00:07:44
      Beitrag Nr. 4 ()
      Und ich hätte schwören können ich hätte eben im Politikforum nen Thread mit Friedman in der Überschrift gesehen! :confused:
      Avatar
      schrieb am 19.04.04 00:26:07
      Beitrag Nr. 5 ()
      Tja, mit Friedman in der Überschrift oder ohne.

      Es ist eine widerwärtige Branche. Und wer die durch seinen
      eigenen Fick fördert, wer das wissentlich tut, der ist
      und bleibt ein Widerling. Kein Straftäter. Aber ein Widerling.

      Auch wenn ihm seine Ilona verzeiht.

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      Avatar
      schrieb am 19.04.04 00:28:16
      Beitrag Nr. 6 ()
      na, wenn es denn die richtige richtung ist, hat verena diese ja getroffen.

      so wie früher die anderen verenas in der taz.
      Avatar
      schrieb am 19.04.04 00:29:50
      Beitrag Nr. 7 ()
      Erika,

      das habe ich leider nicht verstanden.

      Sorry.
      Avatar
      schrieb am 20.04.04 21:24:40
      !
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      Avatar
      schrieb am 21.04.04 10:03:39
      !
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      Avatar
      schrieb am 15.05.04 08:14:45
      Beitrag Nr. 10 ()
      Friedman-Affäre: Vier Jahre Haft für den Chef des Callgirl-Rings
      Der Chef eines Berliner Callgirlrings, durch den auch die Affäre um den Moderator Michel Friedman ins Rollen kam, muss wegen Menschenhandels für vier Jahre und neun Monate ins Gefängnis. Das Berliner Landgericht verurteilte den 33-jährigen Ukrainer am Freitag auch wegen Zuhälterei und Erpressung. Er hatte von 2001 bis 2003 in der Hauptstadt eine "Haus- und Hotelagentur" mit illegal eingeschleusten Osteuropäerinnen betrieben, die auch zahlreiche Prominente bedienen mussten.


      Das ein halbes Jahr dauernde Verfahren habe nur durch die prominenten Kunden der Prostituierten große Aufmerksamkeit erlangt, sagte der Vorsitzende Richter Karl-Heinz Oplustil. Ansonsten seien Einschleusung und sexuelle Ausbeutung von Frauen eher ein Alltagsgeschäft für die Justiz. Prostitution zerstöre die Frauen. In dem Prozess hatte eine freigekaufte Prostituierte ausgesagt, bei ihren Besuchen in einem Berliner Hotel habe Friedman Drogen konsumiert. Friedman selbst trat in dem Prozess nicht auf.


      Die Ermittlungen gegen den Callgirlring, der von Mai 2001 bis April 2003 Frauen vermittelte, hatte im Sommer des Vorjahres die so genannte Friedman-Affäre ausgelöst. Der TV-Moderator und damalige Vizepräsident des Zentralrates der Juden in Deutschland hatte nach anfänglichem Schweigen seinen Drogenkonsum eingeräumt und einen Strafbefehl von 17400 Euro akzeptiert. Er trat von allen Ämtern zurück.


      Ein mitangeklagter Pole wurde vom Gericht zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt, gegen eine Polin wurde eine Geldstrafe wegen Beihilfe verhängt. dpa

      Artikel erschienen am 15. Mai 2004
      WELT.de 1995 - 2004


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