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    Thread für promovierte Volkswirte - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 06.08.04 10:23:50 von
    neuester Beitrag 19.08.04 11:40:50 von
    Beiträge: 51
    ID: 889.597
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      schrieb am 06.08.04 10:23:50
      Beitrag Nr. 1 ()
      Habe hier im Board jetzt schon des öfteren den neudeutschen Satz gehört:

      "You can beat a model only with a model",

      wobei ich mal davon ausgehe, dass mit "model" nicht Claudia Schiffer und Co gemeint ist, sondern ein x-beliebiges von der Wirklichkeit abstrahierendes "Modell", wie sie in der Praxis in einigen Wirtschaftswissenschaftlichen Topf-Akultäten zelebiert werden, das sich dann mathematisch rauf und runter rechnen läßt und dann zu mehr oder weniger schlüssigen Resultaten kommt.
      Und dann heißt wohl diese Aussage, dass man das Modell nur dann schlagen kann, wenn man ein besseres Modell hat, wenn es an der Wirklichkeit jedoch scheitert, oder bereits die Grundannhamen völlig falsch sind, sei es immer noch gültig? (Ich hatte nämlich mal gelernt, dass ein Modell, welches den Anspruch hat, Aussagen über die Realtiät zu machen, sich an der Realtität messen müsse und nicht an anderen Modellen)


      Also ein Beispiel eines einfachen Modells wäre:


      A+B = C

      (Ein solches Modell wird in der realen Produktion relativ häufig angewendet.)

      Wenn A z. B. "Eier" sind und B "Kuchen" dann müßte C= dann "Eierkuchen" geben.
      Wenn A = Blut und B= Wurst ist C dann "Blutwurst"
      Wenn A = Gewürz und B = Traminer, dann ist C dann "Gewürztraminer".

      Um zu beweisen, dass dieses Modell möglicherweise Schwächen hat, brauche ich also ein neues Modell, ich kann also nicht einfach einen Bäcker oder Metzger oder Winzer fragen?

      ;
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 10:34:35
      Beitrag Nr. 2 ()
      Lieber ;
      Jetzt bringst Du mich aber in Bedrängnis.
      In mir gährt bereits ein eigener Thread mit den 10 ultimativen prinzlichen Axiomen der Volkswirtschaftsleere. 17 davon habe ich bereits geistig widerlegt und gleichzeitig bewiesen.
      Und jetzt kommst Du daher? Ist es Gedankenübertragung? Is it love? Oder nur ein eklatant bemerkenswerter Mangel an Selbstdisziplin sich um unsere 7Sachen im echten Leben zu kümmern... *seufz*
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 10:41:48
      Beitrag Nr. 3 ()
      Für mich ist der Begriff "Modell" immer eine Art Prototyp, etwas Unausgereiftes, ein Erstversuch, eine Möglichkeitsform, Variante unter Varianten, ein Denkmodell als Modellversuch (These) eben. So vielleicht ... und diese Erprobung eines Bestehen muss dann, und kann wohl auch nur sein Maß an den harten Fakten der Wirklichkeit nehmen. Nur so kann es wohl Tauglichkeit und Beweiskraft erbringen oder eben nicht. Wenn diese Phase abgeschlossen ist und die Erkenntnis mit Beweiskraft vorliegt, kann allerdings ein neues Modell auf den Plan treten.
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 10:44:34
      Beitrag Nr. 4 ()
      @ Prinz,
      ja, wem sagst du das, aber es gibt wichtigere Sachen als das reale Leben. (Z. B. Modelle, deren mathematischen Her- und Ableitungen)
      Wobei damit eigentlich mitten im Thema sind: Models und Modeltheory (ich hoffe, ich habe den richtigen neudeutschen Fachterminus, damit mich die Fachleute verstehen?)

      ;
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 10:52:51
      Beitrag Nr. 5 ()
      @ TimeTunnel,
      Aber dein Modell als Prototyp hat doch auch das Ziel, irgendwann einmal etwas Reales herzustellen, natürlich als Folge des besten Modells.
      Die wirkliche bzw. letzliche Erprobung der Tauglichkeit und baruchbarkeit, beginnt dann aber doch erst mit dem wirklichen Produkt?
      Die beste Lösung ist dann doch nicht das beste Modell, sondern das beste reale Produkt, oder?

      ;

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      schrieb am 06.08.04 10:55:41
      Beitrag Nr. 6 ()
      semikolon

      Kann hier leider nicht mitdiskutieren, da nicht promoviert!

      Nur eines: Modelltheorie ist ein Spezialgebiet der Logik.

      Ich glaube die basteln ihre Modelle zusammen wie am Küchentisch, etwa so:

      Man nehme eine Cobb-Douglas-Prodkutionsfunktion (die gehört als Grundausstattung immer dazu, ist sowas wie die Kartoffeln), füge dann eine Nutzenfunktion hinzu (immer gut, sichert die Unwiderlegbarkeit des Modells) und stelle dann ein paar mathematische Ableitungen her. Dann kommt noch das Gewürz in Form einer Latte von Nebenbedingunen, die sicherstellen, daß das Modell keine "unerwünschten" Eigenschaften hat.
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 10:58:59
      Beitrag Nr. 7 ()
      Würde das nicht die Diskussion vereinfachen: http://en.wikipedia.org/wiki/Model_(abstract) (obwohl ich die Quelle nicht mag)

      Darin dann der Satz: "This relation between models can actually be used to justify the validity of a model based on the validity of another more refined model."

      Ich denke, darum ging es. Ein Modell darf von der Wirklichkeit abweichen, die es ja nur abstrahieren soll. Seine Validität kann natürlich durch den geeigneten Vergleich mit der Wirklichkeit getestet werden. Aber ebenso kann ein besseres Modell ein schlechteres ersetzen.
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 11:28:38
      Beitrag Nr. 8 ()
      In allem Wissenschaften gilt das folgende grundlegende Prinzip:

      All models are wrong, but some are useful.
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 11:46:50
      Beitrag Nr. 9 ()
      @ Stirner,

      Cobb-Douglas-Funktionen werden deshalb häufig verwendet, weil man mit der realtiv gut rechnen kann, was bei Funktionen mit mehreren Variablen nicht häufig der Fall ist, hat zu mir mal ein mathematisch vorbelasteter Professor augenzwinkernd gesagt.

      @ For4zim,

      Und wo unterscheidet, sich dann das "bessere" vom "schlechteren" Modell, wenn beide für die Wirklichkeit untauglich sind?

      (In #1 sagte ich schon, dass es darum geht, um wirtschaftswissenschaftliche Modelle, die den Anspruch haben, für die Wirklichkeit brauchbare Ergebnisse zu liefern, nicht um die , die für Diskussionen unter Mathematikern, ob man diese Differenzenfunktion oder Jene einsetzen sollte, um z. B. konjunkturelles Wachstum im Modell zu simulieren und welches Modell dann in Simulationsrechnungen am " schönsten" aussieht, geschaffen wurden.)

      ;
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 11:49:06
      Beitrag Nr. 10 ()
      @ flitztass,

      ich kenne den Spruch so:

      All models are wrong, but some are wronger.

      ;
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 12:05:11
      Beitrag Nr. 11 ()
      @semi: Von dem Spruch gibt es sicher dutzende Varianten. Es gibt auch dutzende Referenzen, auf wen der angeblich zurückgeht.
      Die von mir zitierte Variante beschreibt aber die grundsätzliche Problematik aller Wissenschaft meiner Meinung nach am besten.

      Falls Du eine ernsthafte Antwort haben willst:
      Ich werde hier zwar nicht meine genau Berufsbezeichnung und meine Titel aufführen, aber ich habe auch schon Modelle entwickelt.

      Modelle sind immer dazu da, um irgendetwas zu erklären, oder um beispielsweise zu schätzen, wie sich bei Variation von irgendwelchen Input-Daten die Output-Daten ändern. Dabei muss man immer im Blick haben, was einem eigentlich wichtig ist, weil eben kein Modell die reale Wirklichkeit perfekt trifft.

      Um mal ein banales Beispiel zu nehmen, komme ich auf deinen Winzer mit dem Gewürztraminer zurück. Wenn der ein neues Stück Reben pflanzen will, und dazu ausrechnen will, wieviele Stöcke er darauf anpflanzen will, wird er wahrscheinlich zur Berechnung der Fläche annehmen, dass der Acker ein Viereck ist, und für diesen Zweck ist das Modell des Vierecks ziemlich sicher ausreichend. Ein promovierter Mathematiker oder Physiker könnte ihm erklären, dass die Realität viel komplizierter ist und ihm ein Ohr abquatschen mit Themen wie fraktaler Dimension, Quanteneffekten und Raum-Zeitkrümmung.
      Ich glaube nicht, dass das dem Winzer viel weiterhelfen würde.

      Genauso verhält es sich auch in anderen Wissenschaften und auch bei ökonomischen Modellen. Die sind dazu da, um den Zusammenhang gewisser Grössen zu erklären, und versuchen dabei, sich auf die für die Fragestellung wesentlichen Grössen zu beschränken, weil ein Modell auch immer so einfach wie möglich sein sollte. Stellt sich mit der Zeit heraus, dass es auch noch andere Grössen gibt, die man unbedingt berücksichtigen sollte, dann wird das Modell halt weiterentwickelt. So läuft das in allen Wissenschaften.
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 12:13:53
      Beitrag Nr. 12 ()
      #9, Da ich kein VWLer bin, bin ich eigentlich nicht qualifiziert für diesen Thread. Ich arbeite mit Modellen auf einem anderen Gebiet. Aber ich verstehe nicht, wieso Du den Eindruck erweckst, Modelle seien grundsätzlich für die Wirklichkeit untauglich.

      Wie auch in dem Link erläutert wird, abstrahieren Modelle die Wirklichkeit. Sie haben dadurch einen definierten Gültigkeitsbereich. Nur innerhalb des Gültigkeitsbereichs ist es erlaubt, nach Abweichungen des Modells von der Wirklichkeit zu fragen. Für diese Abweichungen kann es zudem Toleranzen geben.

      Es kann noch schlimmer kommen: die Ergebnisse des Modells und die Vergleichsdaten der Wirklichkeit können so komplex sein, daß sie nur im Rahmen eines Modells verglichen werden können. Wenn z.B. ein meteorologisches Modell eine Vorhersage macht, dann hilft es einem wenig, wenn man in einem Gitterpunkt bestimmte Abweichungen zu diversen Meßwerten sieht, um irgendwas über die Qualität des Modells auszusagen. Tatsächlich geht man so vor, daß man eine Datenassimilation betreibt, bei der gemessene Werte den Modellwerten aufgeprägt werden. Die Abweichung zur Wirklichkeit erhält man dann als statistische Felder, die ihrerseits nur mit Auswertungsprogrammen verarbeitet werden können.

      Volkswirtschaftliche Modelle sind meines Wissens gewaltig weniger komplex als Wettervorhersagemodelle, obwohl sie komplexere Abläufe beschreiben. Es sollte hier einfach sein, ein einfacheres Modell durch ein komplexeres zu ersetzen, und dabei zu beweisen, daß das komplexere tatsächlich auch die Wirklichkeit besser beschreibt, obwohl beide Modelle im Einzelfall große Abweichungen von der Wirklichkeit zeigen können. Aber wenn volkswirtschaftliche Modelle nicht in der Lage wären, nutzbare Ergebnisse zu liefern, also die Wirklichkeit in Teilaspekten zu erklären oder gar, innerhalb eines akzeptierten Fehlers, vorherzusagen, würde das Geschäft niemand mehr betreiben.
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 12:36:44
      Beitrag Nr. 13 ()
      @ flitztass, #11

      selbstverständlich bin an einer ernsthaften Antwort interessiert. Es ist ürbigens falsch, zu vermuten, dass aus einer humorigen (was du wohl als "unernst" siehst) Darstellung kein ernster Hintergedanke zu ziehen ist.
      Oder andersherum: Nicht jeder der zuweilen blödelt, ist blöde oder dumm. Vielleicht ist nur der Erwartungshorzont des Blödelnden höher, da er auch von den anderen erwartet, dass sie hinter dem Blödeln, die ernsten Aussagen erkennen.
      (Es könnte aber auch sein, dass diese Leute einfach den alten Rhetorikerspruch beherrschen, der sagt, wenn du die Leute zum Lachen bringst, kannst du ihnen danach/dabei alles erzählen, sie hören dir zu.)

      Offen bleibt aber immer noch, ob die VWL-Modelle praxistauglich sind, und welche Anwendungen für die Praxis tatsächlich relevant sind und ob Jeder, der sich in der politischen Praxis auf ein makroökonomisches WiWi-Modell beruft, auch deine Einschränkungen intus hat. Die "Anwendung" von aus Keynesianischen und Phillips-Modellen abgeleiteten Schlüssen in der Praxis der Wirtschaftspoltitk hat zu verheerenden Situationen geführt

      ;
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 12:42:52
      Beitrag Nr. 14 ()
      @ for4zim,

      Danke für das Beispiel: Die Wettervorhersage ist ein sehr gutes Beispiel die Begrenzheit von aus wissenschaftlichen Modellen abgeleitete Prognosen auch einem Laien deutlich aufzuzeigen.

      Nur ist hier diese Begrenzheit der Allgemeinheit viel bekannter und offensichtlicher als bei besagten VWL-Modellen, die viele ja zu vergöttern scheinen.

      ;
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 12:55:35
      Beitrag Nr. 15 ()
      Wenn Dir Modelle nicht gefallen, dann kannste Dich ja auch mit der Spieltheorie auseinandersetzen Semikolon. :)
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 12:59:13
      Beitrag Nr. 16 ()
      Semikolon, gibt es denn Beispiele, wo Vorhersagen volkswirtschaftlicher Modelle für konkrete politische Entscheidungen verwendet wurden und sich dann im Ergebnis erwies, daß die Modellvorhersagen nicht gültig im Rahmen der Modellvorgaben waren? Das wäre mir neu.

      Ich wäre auch überascht über Leute, die mit Modellen arbeiten und deren Ergebnisse "vergöttern". Gibt es da konkrete Beispiele oder war das mehr rhetorisch gemeint?

      Wettervorhersagemodelle sind übrigens so ziemlich die am besten validierten und am besten der Wirklichkeit angenäherten Modelle, von denen ich gehört habe. Ich wäre froh, wenn meine eigenen Modelle diese Güte gehabt hätten. Immerhin aber hatte ich mal mit einem sehr einfachen Modell zur Beschreibung der schnellen Radikalchemie gearbeitet. Leider zeigte es deutliche Abweichungen zu den gemessenen Konzentrationen an einigen Meßtagen.

      Ich schloß daraus, daß die Messungen falsch sein müßten.













      Bevor Heiterkeit aufkommt: Das konnte schon bald bestätigt werden. Unter anderem wurden Fehler im Meßaufbau und in der Kalibrierung von Meßgeräten nachgewiesen, die zuvor aufgrund von Untersuchungen am Modell als mögliche Fehler identifiziert wurden. Fazit: manchmal kann man sich auf die Modelle besser verlassen, als auf die Messungen, wenn nämlich das Modell sorgfältig konzipiert ist und man es so genau kennt, daß man seinen Fehler kennt - und weiß, welche Fehler ein Modell nicht machen kann!
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 13:00:04
      Beitrag Nr. 17 ()
      Ich glaube, filztass hat es wichtiges gesagt. Modelle sind dazu da, einen bestimmten Sachverhalt zu erklären. Das kann es um so besser, je kleiner der Ausschnitt der Wirklichkeit ist, den es erklären möchte.
      Ein Wachstumsmodell der Vwl kann also im besten Fall das Wachstum erklären. Es kann nicht den Zins erklären (auch wenn so was ähnliches drin vorkommt) und es kann nicht das Geld erklären, wenn es gar nicht drin vorkommt.
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 13:13:49
      Beitrag Nr. 18 ()
      Semikolon,

      das habe ich auch schon gehört aber es ist nur ein Teil der Wahrheit. Es ist sozusagen ein Drohen mit dem Knüppel: Wenn ihr jetzt noch weiter an Cobb-Douglas herumkritelt, dann nehmen wir eine Produktionsfunktion die mathematisch viel komplizierter ist und dann werdet ihr schon sehen ....

      Die CD-Funktion hat aber eigentlich als ideologisch zu bezeichnende Eigenschaften:

      Sie wird immer so eingeführt, daß sich die Parameter auf eins summieren, sie also linear homogen ist. In der Realität hat das die Wirkung, daß es egal ist, ob man z.B. ein Auto baut oder hunderttausend: Jedes kostet gleich viel. In der Realität kennt man Skalenerträge, die sind aber damit ausgeschlossen. Die atomer Konkurrenz ist gesichert und sowas wie Monopole und Konzeren, die aus ihrer Größe einen Vorteil ziehen sind ebenfalls wegdefiniert.

      Der zweite Punkt ist die vollständige Markträumung. Unter der CD-Funktion gibt es keine leerstehende Maschine, keine vollen Lager, keine Arbeitslosigkeit. Um genau zu sein: Es gibt keinen einzigen Arbeitslosen.

      Man kann also an diesem Beispiel sehen, daß die wesentlichen Probleme unser Wirtschaft durch geeignete Definitionen aus den Modellen entfernt wird. Arbeitslosigkeit gibt es nicht, warum sich also damit beschäftigen? Kein Wunder, daß die Vwl keinerlei Vorschläge zur Behebung unserer Probleme machen kann, obwohl sie dafür zuständig wäre.
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 13:28:03
      Beitrag Nr. 19 ()
      @stirner:

      Man kann also an diesem Beispiel sehen, daß die wesentlichen Probleme unser Wirtschaft durch geeignete Definitionen aus den Modellen entfernt wird. Arbeitslosigkeit gibt es nicht, warum sich also damit beschäftigen? Kein Wunder, daß die Vwl keinerlei Vorschläge zur Behebung unserer Probleme machen kann, obwohl sie dafür zuständig wäre.

      Die VWL bietet für die wichtigsten Probleme der deutschen Volkswirtschaft Lösungen an, die in anderen Ländern mit ähnlichen Problemen sogar funktioniert haben. Aber in Deutschland sind viele dieser Rezepte tabu.

      Nur mal so ein Beispiel: warum gibt es in Deutschland so viele Arbeitslose? Ganz einfach: weil die Arbeitskosten in Deutschland zu hoch sind und andere Standorte ein besseres Preis-Leistungsverhältnis bieten.

      Lösungsvorschläge: Löhne, Lohnnebenkosten und Steuern senken, gleichzeitg Überregulierung abbauen und den Arbeitsmarkt flexibilisieren.

      Wem so einfache Zusammenhänge nicht einleuchten, der kann ja mal folgenden "Feldversuch" durchführen: Kartoffeln auf dem Wochenmarkt zum doppelten Preis wie an den Nachbarständen anbieten. Selbst der dümmste Bauer weiß, was dann passiert.
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 13:33:27
      Beitrag Nr. 20 ()
      Semikolon, gibt es denn Beispiele, wo Vorhersagen volkswirtschaftlicher Modelle für konkrete politische Entscheidungen verwendet wurden und sich dann im Ergebnis erwies, daß die Modellvorhersagen nicht gültig im Rahmen der Modellvorgaben waren? Das wäre mir neu.


      Dann werde ich dich mal aufklären, for4zim:

      Die Politischen Maßnahmen die seit der dreißiger Jahre, z.T. bis in jüngste Zeit betrieben wurden und Ausweitung des Staatsektor zur Wachstumserzeugung zum Ziel hatten, gehen auf Aussagen zurück, die sich aus keynesianischen Modellen berufen.
      Die Schmidtsche Politik, durch Inflation Arbeitslosigkeit zu bekämpfen beruht eindeutig auf dem Phillips-Modell, das zu dieser Zeit hoch im Kurs war. Einige Zeit später hatte Schmidt dann Infaltion und hohe Arbeitslosigkeit, wo er doch laut Modell nur Inflation haben sollte.
      Allein hier würden sich zahlreiche Einzelmaßnahmen zum weiteren Belegfinden.

      Aber es geht weiter: Ganze Gesetze berufen aufz. T. uralten Modellvorstellungen und aus diesen Modellen gewonnen Erkenntnissen:

      Das alte Gesetz gegen Wettbewerbseinschränkungen und die Errichtung des Kartellamtes geht auf Modelle der Neoklassik zurück, die behaupten nur ein vollständiger Wettbewerb, würde Vorteile bringen und Monopole, Kartelle etc. wären schädlich und einzig der Staat könne dies durch Regulierungen lösen.
      Das Stabilitäts- und Wachstumsgesetz ist ein reiner in Gesetze geformter Ausdruck eines makroökomischen Gleichgewichts-Modells.
      Das Publizitätsgesetz ebenso, das eine Folge der vollkommene Informationspostulat der Nekoklassik ist.
      Viele (alle?) Verbraucherschutzgesetze sind Resultate von neoklassischen Modellen, die "vollkommene Information" und "vollkommene Konkurrenz" der Marktteilnehmer postulieren.
      Umweltschutzgesetze gehen auf volkswirtschaftliche Modelle, die sich auf die Theorie der externen Effekte berufen (eine Spielerei von makroökomischen Modellen der Wohlfahrtsökonomie) zurück.

      Dass diese Gesetze sich als "falsch" erweisen, kann man natürlich erst nach Abschaffung erweisen. Manche Geetze sind ja schon defacto abgeschafft, weil sie niemand mehr einhält.

      ;
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 13:50:18
      Beitrag Nr. 21 ()
      Semikolon, meine Kenntnisse reichen nicht, um Dir zu widersprechen. Ich habe nur diesen Verdacht, daß, wenn Politiker sich auf Modelle berufen, es noch nicht heißt, daß sie deren Ergebnisse tatsächlich angewandt haben. Und wenn zu alte Modelle umgesetzt werden oder sie falsch angewendet werden, kann natürlich der Modeller nichts dafür. Irgendwie kann ich auch nicht nachvollziehen, warum Du meinst, die Behauptung "nur ein vollständiger Wettbewerb, würde Vorteile bringen und Monopole, Kartelle etc. wären schädlich" wäre falsifiziert bzw. Modelle hätten ergeben "einzig der Staat könne dies durch Regulierungen lösen." Oder ist das Stabilitäts- und Wachstumsgesetz im Rahmen seiner theoretischen Gültigkeit durch die Wirklichkeit widerlegt worden? Wann wurde es denn noch im Rahmen der Modellvorstellungen eingehalten? Das es " vollkommene Information" und " vollkommene Konkurrenz" der Marktteilnehmer geben müßte, ist meines Wissens nicht Ergebnis eines Modells, sondern Voraussetzung in vielen Modellen, so wie ich in meine Modelle einen chemischen Mechanismus hineinstecke, ihn aber nicht als Ergebnis meiner Rechnungen ansehe. Noch nicht mal die Ökosteuer, auf die Du anspielst, setzt wirklich die dahinterstehende Theorie um, denn die Ausnahmen im Gesetz sind enorm - ich hatte dazu mal einiges geschrieben. Allerdings würde ich hier auch von einem Modell verlangen, daß es auch die Schwankungen der Marktpreise als Einfluß mitmodelliert, wenn diese Schwankungen weit größer sind als die eigentliche Änderung der Marktpreise durch die Steuer, und daß die Elastizität des Verbrauchs einginge. Ich denke mal, gerade an dem Beispiel sieht man, daß die Politik alles andere tut, als Modellergebnisse umzusetzen, selbst wenn sie das behauptet.
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 14:24:45
      Beitrag Nr. 22 ()
      hochgeschätzter hausherr,

      Rüspekt für deine #13, damit sind wiederum einige
      dinge/beiträge aus der letzten zeit für mich ad acta gelegt:)

      und diese ansage will ich jetzt nullinger deklinieren,
      host mi!
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 15:03:32
      Beitrag Nr. 23 ()
      @semi: Ich bin zwar kein Experte für Makroökonomie, aber ich denke, dass ich Dir trotzdem mal antworten kann.
      Die Frage, ob die Modelle der VWL praxistauglich sind, kann man glaube ich nicht so beantworten.
      Es ist leider tatsächlich so, dass die Schwachpunkte von Modellen halt nur dadurch aufzudecken sind, dass sie in der realen Welt versagen, und bei Modellen der Makroökonomie hat das halt leider manchmal schlimme Konsequenzen.

      for4zim hat ja schon darauf hingewiesen, dass wohl die ausgeklügelsten und die am besten verifizierten Modelle diejenigen der Meteorologen sind. Das hat ja auch Gründe: Erstens ist das Wetter auch ein Thema das jeden betrifft, und wo deshalb viel Geld für Forschung ausgegeben wird, und zweitens hat man da den grossen Vorteil, dass es Unmengen an Daten gibt, an denen man die Modelle testen kann.
      Genau da ist aber halt ein Dilemma bei Modellen der VWL. Die Anzahl der Daten ist auf Makroebene leider extrem gering, weshalb es schwierig ist, Modelle zu validieren. Faktisch gibt es in der Makroökonomie fast nie auch nur zwei Daten, die wirklich unter gleichen Bedingungen beobachtet wurden, und Reproduzierbarkeit ist nun mal eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Verifizierbarkeit in den meisten Wissenschaften.

      Man kann sich natürlich deshalb hinstellen wie stirner und sagen, die ganzen Modelle der VWL seien überhaupt nicht empirisch verifizierbar (was so in der Regel nicht stimmt, aber halt nur in der Regel sehr schwierig ist),
      und die ganze Wissenschaft als Müll diffamieren,
      aber was ist denn die Alternative???
      Auf welchem Fundament soll man denn sonst seine Entscheidungen treffen???

      Die Kunst ist halt, die Modelle herauszufinden, die wirklich "useful" sind.
      Natürlich gibt es auch viele Versuche, aus diesem Dilemma herauszukommen, aber diese Dinge sind halt für Laien in der Regel zu kompliziert, um sie zu verstehen. Ein weit verbreiteter Ansatz ist es, die einzelnen handelnden Personen auf Mikroebene als "Agenten" zu modellieren, und dann zu aggregieren, um Modelle auf Makroebene zu erhalten. Auf Mikroebene kann man ja Modelle viel eher verifizieren, weil es da mehr Daten gibt.
      Zum Beispiel ist die hier von Stirner so heftig kritisierte Cobb-Douglas-Funktion deshalb so weit verbreitet, weil sie sich eben aus genau so einem Modell auf Mikroebene herleiten lässt, wobei die eben ziemlich robust ist, was heisst, dass es gar nicht so genau darauf ankommt, was man auf Mikroebene annimmt, durch das Aggregieren auf Makroebene ergibt sich dann fast immer die CD-Funktion. Die Annahme einer CD-Funktion macht deshalb in der Makroökonomie durchaus Sinn, während sie auf Mikroebene dagegen sehr zweifelhaft ist.

      Wenn man aber solche Dinge wirklich verstehen will,
      wie zum Beispiel auch nur das im anderen Thread erwähnte Modell von Cass/Koopman, braucht man heutzutage nun mal ein Studium von Mathematik und Wirtschaftswissenschaften, weil man dafür z.B. Kenntnisse der optimalen Steuerung stochastischer Prozesse braucht, und das übersteigt nun mal den Horizont dessen, was ein gewöhnlich Mensch aus Mathematik und Wirtschaftswissenschaften als Allgemeinwissen zur Verfügung hat. Wenn sich mal jemand einen Eindruck verschaffen will, kann ich hier ja mal einen Link angeben auf einen Kurs über eine Einführung(!!) in moderne stochastische Wachstumstheorie:

      http://www.core.ucl.ac.be/~jsta/sh_talk.pdf

      Ich denke mal, dass kaum jemand hier in der Lage ist, auch nur die ersten 10 Seiten zu verstehen.

      Seltsamerweise glauben aber verdammt viele Laien, dass sie auch ohne in der Lage zu sein, sowas verstehen zu können, auf dem Gebiet alles besser wissen als alle Experten zusammen.
      Bei der Meteorologie scheint das seltener der Fall zu sein. Da behauptet glaube ich selten jemand, dass er das Wetter besser vorhersagen kann als der Deutsche Wetterdienst mit seinen hochkomplizierten Modellen aus Differentialgleichungen mit hunderten von Variablen, die hier ja wohl auch kaum jemand verstehen wird.
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 15:43:48
      Beitrag Nr. 24 ()
      Hier sehe ich meine Meinung nicht richtig widergegeben.

      Ich kritisiere, daß ein großer Teil der Modelle, vor allem das zentrale Modell der Gleichgewichtstheorie nicht widerlegbar ist. Verifizieren kann man sowieso keines. Der andere Teil ist zum größten Teil widerlegt. Ein Modell, daß andauernde Vollbeschäftigung voraussagt, ist meiner Meinung empirisch widerlegt. Ich schließe nicht aus, daß es möglich ist, Modelle zu formulieren, die korrekte Vorhersagen zulassen. Meine Forderung ist es, solche Modelle zu entwickeln.

      Ansonsten ist das Modell, daß flitztass hier ausgegraben hat wenig repräsentativ. Stochastische Modelle werden wenige verwendet (vielleicht ist gerade das falsch). Auch geht man i.d.R. davon aus, daß die Wirtschaft das Ergebnis individueller Entscheidungen ist, die sich in Marktprozessen zu einem Gleichgewicht bewegen. Für stochastische Steuerung ist da kein Raum.

      Die Cobb-Douglas-Funktion ist übrigens kein Ergebnis eines Aggreggtionsprozesses. Auf der Mikroebene läßt sich kein Betrieb durch CD modellieren, daß hat z.B. Gutenberg bereits vor 50 Jahren festgestellt (nat. auch andere). Wie soll, was auf Mikroebene nicht funktioniert, plötzlich auf Makroebene funktionieren? Die Behauptung, die hier dahinter steht ist doch, daß ich eine Maschine jederzeit durch eine Menge von Arbeitern ersetzen kann und umgekehrt. Das funktioniert nicht und deswegen gibt es in der Realität sowas wie Arbeitslosigkeit.

      Ich will die Ökonomie nicht abschaffen, sondern erwarte, daß sie bessere Modelle entwickelt. Das neoklassische Paradigma muß sie dann allerdings auf den Müll werfen.

      Nochwas zu den Daten: Auf Makroebene sind genügend Daten vorhanden. Seit über Hundert Jahren gibt es Statistische Ämter, die diese Daten sammeln. Es ist vielmehr so, daß auf Mikroebenen ein Mangel an Daten besteht.
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 16:08:57
      Beitrag Nr. 25 ()
      @stirner: Sorry, aber dein letztes Posting beweisst nur ein weiteres Mal, dass Du dich noch nie mit VWL beschäftigt hast, und nicht die geringste Ahnung davon hast.

      Bloss weil du, der Du dich nie damit beschäftigt hast, die Modelle nicht kennst, glaubst Du, es gibt sie nicht? :rolleyes:

      Stochastische Modelle werden wenige verwendet

      :laugh: :laugh:

      Schau Dir mal die Nobelpreisträger in Wirtschaftswissenschaften der letzten 10 Jahre und deren Forschungsgebiete an, und erklär mir mal, wieviele von denen sich mit etwas anderem als stochastischen Modellen beschäftigt haben? :rolleyes:

      Aber wahrscheinlich sagen Dir Namen wie Harsanyi, Nash, Selten, Lucas, Mirrlees, Vickrey, Merton, Scholes, Sen, McFadden, Stiglitz, Kahnemann, ... alle gar nichts. :rolleyes:

      Dass CD auf Mikroebene nicht stimmt, habe ich doch selbst geschrieben, und das hat dir auch kohl im anderen Thread schon zu erklären versucht. Du bist ein hoffnungsloser Fall!

      Wieso kann es nicht sein, dass auf Makroebene andere Gesetze herrschen als auf Mikroebene?
      Wenn in einem stochastischen Modell die Rendite eines einzelnen Betriebes irgendeine Wahrscheinlichkeitsverteilung hat, warum hat dann trotzdem die Gesamtrendite auf Makroebene trotzdem eine Normalverteilung? :rolleyes:

      Sorry, aber solche Phänomene gibt es halt nun mal.

      Du hast also viele Daten auf Makroebene, und keine auf Mikroebene? Ach ja? Selten so einen Schwachsinn gelesen!

      Wie viele Daten für das Volkseinkommen Deutschlands hast du denn, an denen Du ein Modell verifizieren kannst?
      Und wie viele hast Du auf Mikroebene, wenn du das Einkommen jeden Bürgers einzeln betrachtest? :rolleyes:

      Sorry, aber mit Leuten wie Dir ist jede Diskussion Zeitverschwendung.
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 16:33:19
      Beitrag Nr. 26 ()
      Wie schon in #421 im Thread: Freigeld - eher Religion als Wirtschaftskritik beschrieben scheint jeder VWL-Thread so nach knapp 15-25 Postings seinen natürlichen Lauf zu nehmen, leicht erkennbar an der zunehmenden Verwendung milieubedingter Unmutsäußerungen.

      Ich stell daher auch mal ein VWL-Theorem auf.
      Die meisten Volkswirte verbringen die ersten 18-20 Jahre mit Menschen die auch noch nicht erwachsen sind. Dann befinden sie sich etliche Semester gemeinsam mit anderen Volkswirten die ebenso noch nicht wirklich erwachsen sind in Ausbildung, ausgebildet von Ausbildnern, die die Uni nie verlassen haben und ihr Leben immer mit Kunden verbracht haben, die noch nicht wirklich erwachsen sind.

      Nach Ende der Ausbildung sind Volkswirte bis unter die Kappe voll mit Wissen, das lediglich unter Volkswirten ansatzweise von Relevanz ist. So werden also in Forschung und Lehre gehen, wo sie hauptsächlich Studenten haben werden, die noch nicht erwachsen sind, und Kollegen die ihr ganzes Leben mit Menschen die noch nicht wirklich erwachsen und so weiter...

      Ich nenne dieses Theorem das Postulat über das makroökonomische infantile Adoleszenzcontinuum. Es erklärt das Verhalten aus Thread: Freigeld - eher Religion als Wirtschaftskritik und was hier noch in den nächsten 400 Postings kommen wird...
      :D
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 16:48:23
      Beitrag Nr. 27 ()
      flitzass,

      Deine Behauptung trifft wohl eher auf Dich zu. Schlag mal ein Lehrbuch über Makro auf und sag mir, wieviele der Modelle stochastische sind. Die Antwort ist leicht: Keines. Aber Du kannst mir gern eines nennen, um den Unsinn zu verifiziern, denn du da abgelassen hast. Wahrscheinlich verwechselst du stochastisch mit statistisch. Die meisten ökonomischen Modellen sind nicht stochastisch.

      Ich bin mir übrigens sicher, daß ich für jeden auf Deiner Liste Arbeiten finden würde, die nicht stochastisch sind. Von Lucas, Stigltz und Sen sind mir solche bekannt, auch von Kahnemann. Die ersten drei beschäftigen sich außerdem mit Spieltheorie. Das reicht mir, um deine Aussage als widerlegt anzusehen.

      Bei den Daten verwechselst Du offenbar das Vorhandensein von Daten (die ist ja immer gegeben) und deren Verfügbarkeit. Hast du eine Erhebung über die Einkommen der Bürger? Nein. Hast Du auch nur von einer Person eine Liste, was sie im letzten Jahr eingekauft hat und dafür bezahlt hat? Aber die Makro-Daten der Stat. Ämter stehen dir zur Verfügung.

      Es ist wirklich schade, daß hier schon wieder mit Beleidigungen gearbeitet wird.
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 16:50:41
      Beitrag Nr. 28 ()
      PrinzValium

      Diesmal hast aber genau den Punkt erwischt - und auch den Übeltäter.
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 17:04:38
      Beitrag Nr. 29 ()
      Holla, ich bin schon verwundert, dass sich trotz des exklusiven Titels und der hochsommmerlichen Hitze hier doch eine postingstarke Diskussion entfacht. (Mal sehen, wie sich dies in meinem nächsten Thread entwickelt, den ich vorhabe, "Thread für Mitglieder des Hochadels" zu nennen.

      Nun gut, VWL-Theorie, isb. makroökonomische Modelle ist nicht Jedermanns Sache, aber es sollte hier auch nie bezweckt sein, dass bar jeder Umgangformen jeder dem anderen irgendwelche Wissenshäppchen vorwirft.

      Deshalb sollte jeder in der Lage sein, seine in den Raum geworfenen Termini auch Jedem klar zu machen (for4zims, ich werde versuchen, deine Fragen oben zu beantworten, bitte gedulde dich), so dass wir alle was davon haben.

      Also deshalb könnte z. B. stirner uns die Cobb-Douglas-Funktion erklären und flitztass, das von ihm hier eingeführte unzweifelhaft über jede bereits erwähnte Modell-Kritik erhabene Modell von Cass/Koopman, wie auch dieser Text belegt http://www.google.de/search?q=cache:qKymqgC2O6QJ:old.cenet.c… .
      Hier kann sich flitztass auf die ersten 6 Seiten beschränken. Dafür erlassen wir ihm gönnerhaft die für uns alle verständliche Herleitung der Modelle der von ihm erwähnten Harsanyi, Nash, Selten, Lucas, Mirrlees, Vickrey, Merton, Scholes, Sen, McFadden, Stiglitz und Kahnemann.

      Ich sehe schon, dies wird ein ganz interessanter Thread. Bitte seid nett zueinander.

      ;
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 17:25:31
      Beitrag Nr. 30 ()
      Vielleicht sollten einige den folgenden Text lesen, um den Autismus der Neoklassiker besser zu verstehen:


      http://www.kritische-wirtschaftswissenschaften.de/Material/a…
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 17:36:35
      Beitrag Nr. 31 ()
      @semi: Fühle mich leider nicht in der Lage, deiner Forderung nachzukommen und Dir die ersten 6 Seiten deines Links zu erklären, da ich dort keine Seite 6 entdecken konnte. Tut mir leid! ;)

      Da ich keine Lust habe auf einen Hahnenkampf mit unserem Freundchen Stirner (sorry, Durchlaucht, ich werde Dir diese Freude nicht machen, dass du hier deine Studien weitertreiben kannst), werde ich die Diskussion mit Stirner beenden, und ihm in allen Punkten recht geben:

      Ich verwechsle "stochastische Modelle" mit "statistischen Modellen"! Da muss ich ihm natürlich Recht geben. Selten dummer Fehler! :rolleyes:

      Harsanyi, Selten und Nash beschäftigen sich ja mit Spieltheorie, stimmt, und die hat natürlich nicht das geringste mit stochastischen Modellen zu tun. Wie konnte ich nur auf so eine Dummheit kommen! :rolleyes:

      Die Theorie rationaler Erwartungen von Lucas, die Arbeiten über asymmetrische Information von Stiglitz und die Arbeiten über Armutsmessung von Sen, und die Arbeiten über die Theorie der Entscheidungen bei Unsicherheit von Kahnemann, für die diese Herren jeweils den Nobelpreis bekommen haben, da kommt auch nirgends ein stochastisches Modell vor. Stimmt, Stirner! Du hast wie immer vollkommen recht!

      Ich bin einfach nur ein dummer Junge, der ja wie schon gesagt, kein Experte in VWL ist. Asche auf mein Haupt!!

      Ich überlasse es deshalb ab sofort besseren Experten, die dem Niveau von Stirner das Wasser reichen können, mit diesem zu diskutieren.

      Viel Spass dabei! ;)
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 18:07:28
      Beitrag Nr. 32 ()
      Mein ursprüngliches Posting war sachlich und es gab wirklich keinen Grund, gleich wieder zu Beleidigungen zu greifen. Es gibt eben verschiedene Ansichten!

      Ich habe auch nicht vor, detailiert auf die Beispiele einzugehen, denn der Nobelpreis ist einfach nicht repräsentativ. Die anderen Arbeiten dieser Autoren dürften überwiegend deterministisch sein oder empirisch. Man schaue sich nur die Lehrpläne der Unis an, dort wird man kaum einen Hinweis auf stochastisch Modelle finden. Eine andere Möglichkeit ist eine google-Suche, Stichwort: Wachstum. Mal sehen wieviele Seiten sich mit stoch. Modellen beschäftigen.
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 18:09:27
      Beitrag Nr. 33 ()
      Kleiner Nachtrag:

      Dumm von dir, filtzass, ist, daß Du anderen immer Dinge unterstellst, die sie nie gesgt haben. Du könntest viel gewinnen, wenn Du das unterläßt.
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 18:23:06
      Beitrag Nr. 34 ()
      Stiiiiiiiiiirneeeeeeeeeer!

      Der Thread heißt für promovierte Volkswirte und nicht für provozierte Volkswirte, auch nicht für provozierende Volkswirte!
      :rolleyes:

      Jetzt fang Dich wieder und lass das überschüssige Testosteron der Stirnerin zukommen, wie es die Schöpfung vorsieht. Wir sind alle inkompetent, anmaßend und bescheuert, darauf ohne Pause hinzuweisen verbessert die Sache kein bisschen...
      :D
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 18:52:30
      Beitrag Nr. 35 ()
      #34 :laugh::laugh::laugh:

      Prinz, kannst du nicht ein paar von deinen Tabletten unters Volk werfen?
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 19:04:55
      Beitrag Nr. 36 ()
      Prinz

      Du hast ja sooooo recht. Ich geh gleich mal ne Runde Schwimmen.
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 19:08:10
      Beitrag Nr. 37 ()
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 20:06:45
      Beitrag Nr. 38 ()
      @12

      Ich arbeite mit Modellen auf einem anderen Gebiet.

      Da würde man doche gerne mehr hören.




      Das Modell ist eine Abstraktion der Wirklichkeit und je besser das Modell, desto besser wird die Wirklichkeit erfaßt. Nichtsdestotrotz ist es nur eine Abstraktion der Wirklichkeit. And the proof of the pudding lies in its eating. Oder so. Das heißt, das Modell wird auf seine Tauglichkeit in der Wirklichkeit überprüft.

      Im übrigen ist Dein Modell Eier + Kuchen eben nicht Eierkuchen, sondern Eiereierkuchen, weil im Kuchen ja schon in der Regel Eier enthalten sind. (Nimm lieber Milch, erwärme sie und rühre alten Kuchen hinein!)

      So vollkommen hahnebüchen wie christopherm sich äußert ist hoffentlich nicht die Volkswirtschaftslehre.

      Ansonsten scheint mir der Thread für Parties gut geeignet. Er ist great. Spieltheorie, Stochastische Prozesse. Das Publikum erblaßt vor Neid und Bewunderung.
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 21:09:51
      Beitrag Nr. 39 ()
      Super bettner, du hast eine formale Modellwidersprüchlichkeit meines Ausgangs- und Beispielsmodells erkannt.

      Denn wie heißt es so schön:

      Bakke, bakke, Kuchen,
      Der Bäkker hat gerufen!
      Wer will gute Kuchen bakken,
      Der muß haben sieben Sachen:
      Eier und Schmalz,
      Butter und Salz,
      Milch und Mehl,
      Safran macht den Kuchen gel!
      Schieb, schieb in Ofen `nein.

      Aber auch dein marxistisches Modell, mit dem Klassenkampf und der Enteignung und Vergesellschaftung von Produktionsmitteln wurde doch schon in der Realtiät genügend falsifiziert bezüglöich als untauglich entlarvt.
      Könnntest du unseren illustren Partygästen nicht auch mal von dieser Falsifizierung berichten, statt ständig neue Threads über dieses ururualte Modell zu eröffnen und über andere Meinungen die Nase zu rümpfen?

      ;
      Avatar
      schrieb am 06.08.04 23:39:23
      Beitrag Nr. 40 ()
      Semikolon
      Ich habe mich während meines Studiums auch recht intensiv mit volkswirtschaftlichen Modellen beschäftigt (Keynes usw.) Diese Modelle erscheinen mir aber zu theoretisch und realitätsfremd, da lediglich mit ein bis zwei Variablen gearbeitet wird und alle anderen Einflußfaktoren als konstant angesehen werden. Diese Modelle können m.M. nach die Realität aber nicht richtig darstellen , da in der Realität unendlich viele Einflußfaktoren den Wirtschaftsprozeß beeinflussen und mit diesen einfachen Modellen kann die Realität einfach nicht richtig abgebildet werden. Vielleicht wäre die Chaos-Theorie ein besserer Ansatz, womit ich aber leider noch keine allzu große Erfahrungen habe ......
      Avatar
      schrieb am 07.08.04 13:34:43
      Beitrag Nr. 41 ()
      Müßte es nicht heißen

      Safran macht den Kuchen geil
      Schieb ihn in den Ofen rein


      ??????????????


      Wohin die profitorientierte Produktionsweise führt, wird im Augenblick überaus deutlich demonstriert.

      Man nehme die Rentenfrage. Je größer der gesellschaftliche Reichtum wird und zwar ohne Betrachtung der Verteilung, sondern soetwas wie das Bruttosozialprodukt, desto größer wird anscheinend die Notwendigkeit der Verarmung und Verelendung breiter Gesellschaftsschichten, wenn sie in die Rente eintreten. Wie man das einer produzierenden Gesellschaft irgendwie nahebringen will, entzieht sich mir. Und noch mehr die Idee des ärmlichen Generationenvertrages.

      Und was bietet dann Lafontaine an? Eine Maschinensteuer! Was für ein bürokratischer Umweg. Warum nicht einfach ein Verfügen über den gesellschaftlichen Reichtum durch die Gesellschaft selber! (Im übrigen höre ich schon das kindische Schreien, die in der Gesellschaftlichen Aneignung nur die persönliche Aneignung verstehen. Warum sollte das auf den Betrachtenden nicht selber zurückfallen :) ).

      Die Vergesellschaftung der Produktionsmittel ist aber nicht die Lösung des Problems, sondern die Grundlage oder Voraussetzung! Kernkraftwerke - ja oder nein? Damit wird sich die Gesellschaft genauso befassen müssen wie mit der Frage: können alle Ölvorräte in diesem Jahrhundert verbraten werden? Wo kollidieren Schutz der Umwelt mit der Tätigkeit der Menschen besonders und wie soll das gelöst werden?


      Das ist die eine Seite. Bei der anderen Seite kann ich Dir nicht behilflich sein. Der Sozialismus versteht sich als geschichtliche Notwendigkeit. Er muß aber subjektiv vollzogen werden. Sollte dies nicht geschehen, wird eine andere Lösung sich durchsetzen. Mag sein, daß der realexistierende Sozialismus derart gewütet hat, daß in diesem Jahrhundert nix zu machen ist.

      Im übrigen wäre doch eine interessante Frage, welche Ideen die einzelnen bezüglich der Zukunft haben! Wohin geht es, wie wird es ausschauen?
      Avatar
      schrieb am 07.08.04 14:48:51
      Beitrag Nr. 42 ()
      Wie gesagt, ich bin eigentlich nicht berechtigt, in diesem Thread zu schreiben, denn der ist ja für promovierte Volkswirte. Aber ich lese natürlich weiter mit, und freue mich, daß sich hier interessante Anregungen finden.

      Zu #40 fällt mir allerdings ein, daß Chaostheorie zu einem Buzzword geworden zu sein scheint, mit dem man glaubt, alle hochkomplexen Fälle abdecken zu können. Nun ist aber nicht jedes komplexes Problem automatisch nichtdeterministisch; meistens reicht schon eine statistische Behandlung, wie ich persönlich es aus der Statistischen Thermodynamik kenne. Die behandelt nämlich durchaus streng das Verhalten einer Gruppe von Körpern, die sich im einzelnen klar unvorhersagbar verhalten (Temperatur ist zum Beispiel beschreibbar aufgrund der Besetzungsverhältnisse verschiedener Energieniveaus für verschiedene Bewegungsmöglichkeiten der elementaren Teilchen, doch deren Bewegungen im einzelnen sind grundsätzlich unvorhersagbar). Für das Gruppenverhalten gibt es dennoch Gesetzmäßigkeiten. Ich denke mal, daß man auf dieser Basis auch an Probleme der Makroökonomik herangehen kann, denn die einzelnen Marktteilnehmer verhalten sich zwar unvorhersagbar, folgen aber als Gruppe statistischen Gesetzmäßigkeiten. Deshalb wohl dürften statistische Modelle in der VWL, die auf stochastischen Beschreibungen von Abläufen aufbauen, sehr erfolgreich sein.
      Avatar
      schrieb am 08.08.04 20:28:00
      Beitrag Nr. 43 ()
      Also ich als Stützstrumpf-Modell (wenn auch nicht promoviert) möchte zu # 1 ergänzend anmerken:

      Laut der logisch-semantischen Propädeutik (Tugendhat/Wolf) gilt auch für Volkswirte und Stützstrumpfmodelle der Satz:

      Wenn alle Stützstrumpfmodelle eine Figur von Shakespeare sind und alle promovierten Volkswirte Stützstrumpfmodelle sind: Was sind dann alle Volkswirte NOCH?

      (Demnächst folgte eine Modellaufgabe mit Ameisen, Pinguinen und eckigen Klammern).

      LadyMackyMesser
      Avatar
      schrieb am 09.08.04 06:23:55
      Beitrag Nr. 44 ()
      Obwohl ich ja hier auch nicht posten darf, möchte ich euch dennoch loben. Weil endlich immer mehr Leute anfangen, auch grundlegende Dinge in Frage zu stellen.

      Mal sehen, wohin das führt.

      Mich freut es, es zeigt, es gibt doch noch Menschen da draußen.
      Avatar
      schrieb am 09.08.04 08:27:48
      Beitrag Nr. 45 ()
      ...alle promovierten Volkswirte sind eine Figur von Shakespeare....!?...:rolleyes:
      ...zuviel der Ehre Ersterer..., haben die nicht höchstens
      (wenn überhaupt) die Bedienungsanleitung ihres Handys gelesen ?
      Womit ihr literarisches Soll schon mehr als überstrapaziert wurde...
      Avatar
      schrieb am 09.08.04 08:58:35
      Beitrag Nr. 46 ()
      wosie:laugh::laugh::laugh:

      die diversen modelle konstruieren eine monströse absurdität und
      geisteshaltung, die durch ihr jeweils eigenem licht, die
      welt "erhellen" will.

      >>>alle grossen gedanken haben einen banalen, ja zuweilen
      lächerlichen anfang:cool:

      greetz
      Avatar
      schrieb am 11.08.04 23:22:51
      Beitrag Nr. 47 ()
      So, liebe Freunde der VWL- Theorie.
      Hier habe ich mal eine guten Einstiegstext zum Thema, sogar statt in Neudeustch in traditionellem Deutsch.

      http://www.wiwiss.fu-berlin.de/w3/w3riese/Schramm/Dogmen.htm…

      (Kapitel 1 und 2 ist nicht so wichtig)

      Leider hört er bei Kapitel 5 (als ob es da nicht noch mehr gäbe) auf, aber bis zur Phillips-Theoerie ist eigentlich alles gut erklärt.

      Vielleicht finde ich ja auch mal noch was Weitergehendes einigermaßen Verständlöiches im Netz.

      @LadyMacbeth

      Dein Stützstrumpf- und MilchShakestheorie hört sich interessant an, sollte man mal weiterentwickeln. Ich wüßte einige Castles mit Macbeth-Touch, in denen sicher auch ein paar Stützstrümpfe neben den angestaubten VWL-Klassikern platz hätten.

      ;
      Avatar
      schrieb am 11.08.04 23:46:16
      Beitrag Nr. 48 ()
      Hier hab ich auch noch was Interessantes gefunden:




      Gibt schön wieder, dass sich einige Größen eben nicht in bekannten Schulen einordnen lassen, sondern eigene Richtungen haben.
      Hier ist Hayek z.B. eindeutig aus österreichischen Schule stammend eingeordnet und nicht, wie ich in vielen Texten im Internet fand z.B. gar der ordoliberalen Freiburger Schule zugeordnet.

      Auch spannend wäre es mal von einem der "Experten" der immer den Begriff "Neoliberalismus" in den Raum wirft zu erfahren, welche der oben stehenden aktuellen Schulen/Denk- und Forschungsrichtungen er damit meint.

      ;
      Avatar
      schrieb am 13.08.04 09:37:17
      Beitrag Nr. 49 ()
      Das tut beinahe weh beim lesen, besonders für die im Threadtitel angesprochenen Blindflieger...


      http://www.ftd.de/pw/de/1092171048355.html?nv=hpm
      Avatar
      schrieb am 19.08.04 11:33:24
      Beitrag Nr. 50 ()
      Jargon des Aktivismus
      Für viele Manager und Politiker ist Deutschland eine marode AG. Lohnkürzungen und Export von Arbeitsplätzen sollen sie retten. Doch die Volkswirtschaft ist komplexer
      Die Finanzmärkte stimmen über die Politik der Regierungen ab. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit, der Export sind der Schlüssel zum wirtschaftlichen Erfolg. Fürs gleiche Geld mehr und länger arbeiten, heißt die Lösung. Die Kosten für die staatlichen Leistungen müssen runter. Abbau des staatlichen Angebots und Steuersenkungen sind angesagt. Die Quersubventionierung von ganzen Bereichen der Gesellschaft durch den Staat muss aufhören. Er soll sich auf seine Kernkompetenzen konzentrieren.

      Für die Deutschland AG würden demnach dieselben Regeln wie für jedes Unternehmen gelten. Der öffentliche Haushalt muss ausgeglichen sein, ohne Schulden. Etwaige Gewinne, Überschüsse im Haushalt von Bund, Ländern und Gemeinden, sind als Steuersenkung an die Aktionäre der D-AG auszuzahlen. Das stärkt den Wettbewerb zwischen den armen und den reichen Ländern. Was dieser Unternehmenskultur im Wege steht, muss reformiert, beseitigt werden. Damit die D-AG profitabel wächst.

      Nur ein Kern der Staatstätigkeit ist unantastbar: die Durchsetzung, die Verteidigung und der Schutz der Bürger- und Eigentumsrechte, also der Marktwirtschaft, nach innen und außen. Ordnung ist Sache der Politik, nicht des Marktes: Justiz, Polizei und Armee sind normativ nicht privatisierbar, nicht unternehmerisch mit Gewinn realisierbar, eben nicht marktgängig wie Arzt, Lebensversicherung und Lehrer, wie Gesundheit, Rente und Ausbildung.

      Diese hier persiflierte politische Alltagsrhetorik des marktwirtschaftlich und besitzindividualistisch beherrschten Verständnisses von Staat und Gesellschaft bedient sich der Fachsprache und des aktivistischen Jargons der Betriebswirtschaft - also eines Studiengangs, der den Staat wie ein Unternehmen am Markt betrachtet und nach solcher Performance beurteilt. Die diese Fiktion nachplappernden Akteure wissen regelmäßig nicht, was mit den entlehnten Begriffen konkret gemeint ist.

      Wer betriebswirtschaftliche Begriffe auf den Staat anwendet, suggeriert damit, dass der Staat, die Gesellschaft, die Volkswirtschaft funktioniere wie ein Unternehmen. Motto: Was gut ist für Daimler, ist gut für die Deutschland AG.

      Beispielsweise so viel wie möglich zu exportieren und durch Verlängerung der Arbeitszeit die Einkommen zu senken. Sich auf seine Kernkompetenzen zu besinnen und unrentable Geschäftsfelder zu verkaufen oder stillzulegen. Shareholder-Value und dynamisch wachsende, selbstbestimmte Mindestverzinsung des eingesetzten Kapitals sollen regieren, weshalb die Finanzmärkte und nicht die Bürger über die Politik abstimmen.

      Nur: Der Staat ist kein Unternehmen; diese Einsicht erschließt sich schlichtem Nachdenken. Unternehmen, die Pleite machen, scheiden aus der Welt der Wirtschaft, aus dem Markt aus. Staaten, die zahlungsunfähig werden, verschwinden nicht.

      Auch das Besinnen auf die profitable Kernkompetenz führt beim Staat nicht sehr weit. Unsere neuen Bundesländer werden auf unabsehbare Zeit mit mehr als 80 Milliarden Euro alle Jahre wieder von den alten Bundesländern "quersubventioniert". Kann man die ehemalige DDR verkaufen? Wie Daimler damals Dornier? Weder theoretisch noch praktisch. Die wachsende unproduktive alternde Bevölkerung ist ein unprofitabler Personalüberhang. Kann sich die Republik von ihren Alten trennen, wie ein Unternehmen sie frühverrenten und ausbuchen? Auch nicht.

      Durchschnittliches Denkvermögen und der kleine Volkswirtschaftsschein, den Juristen im Studium nebenbei machen, freilich reichen nicht aus, betriebswirtschaftliche Kostenkategorien im gesamtwirtschaftlichen Kreislauf zu beurteilen. Für Kosten gilt betriebswirtschaftlich: Ihre Senkung bringt dem Unternehmen immer zunächst Vorteile gegenüber Wettbewerbern. Blickt man aber über das Einzelunternehmen hinaus, dann wird im Kreislauf der Güter und des Geldes aus den Zinskosten des einen des anderen Rente; der Gewinnaufschlag des einen treibt die Wareneinsatzkosten des anderen in die Höhe. Die Lohnkosten eines Kfz-Betriebs können etwa als Umsatzerlös der benachbarten Metzgerei auftauchen.

      Im gesamtwirtschaftlichen Kreislauf, in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, sind Kosten der einen immer zugleich Einkommen der anderen. Negative Lohnpolitik zum Beispiel kann, je nach den Umständen, für das gesamtwirtschaftliche Wachstum und die künftige Beschäftigung nützlich oder schädlich sein. Wenn Bundeskanzler und Superminister negative Lohnpolitik schlicht für vernünftig erklären, so agieren sie als gelernte Juristen wie Betriebswirte.

      Verantwortlich aber sind die beiden für die Gesamtwirtschaft. Die Arbeitslosigkeit verharrt dort auf hohem Niveau, die Inlandsnachfrage nach Investitions- und Konsumgütern stagniert. Der Überschuss im internationalen Handel hingegen klettert 2004 von Rekord zu Rekord, nachdem er 2003 schon 130 Milliarden Euro überschritten hatte. Seit 20 Jahren bleiben in Deutschland die Reallohnerhöhungen hinter dem Zuwachs der Arbeitsproduktivität zurück; jede Arbeitszeitverkürzung wurde mit einem Verzicht auf sonst verteilungsneutral finanzierbare Lohnerhöhungen entgolten. Diese Rezeptur der Lohnzurückhaltung soll seit 20 Jahren zu mehr Beschäftigung führen. Ergebnis: Rekordarbeitslosigkeit alle Zyklen wieder. Mit unentgeltlicher Arbeitszeitverlängerung wird dieser Umverteilungsprozess von der Arbeit zum Kapital weiter forciert; das relativ sinkende Lohnniveau wird den Export antreiben, die Inlandsnachfrage wird weiter stagnieren, so das Wachstum begrenzen und die Erwerbslosigkeit forcieren, indem die einen immer länger und die anderen immer länger nichts zu arbeiten haben. Man sieht, die Lohnkostensenkung hätte gesamtwirtschaftlich nur Sinn, wenn das Lohnniveau mit Blick auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu hoch wäre. Das Gegenteil aber trifft zu.

      Gesamtwirtschaft ist komplexer als Betriebswirtschaft. Die täglichen Erfahrungen mit der Wirtschaft machen Politiker wie die meisten anderen als Käufer oder Arbeitnehmer - und wenn sie wichtig genug sind, wird ihnen von der Managerelite betriebswirtschaftlich Nachhilfe privatissime gewährt. Volkswirtschaft kann man eigentlich nur abstrakt aus Büchern lernen, nicht wie Betriebswirtschaft im täglichen Leben erfahren: So gilt das Schlichte und Bequemere als das eher Wahre, so interessengeleitet es auch sein mag.

      Paul Watzlawick, der berühmte Psychiater, bietet in seiner "Anleitung zum Unglücklichsein" eine Erklärung für den Handlungszwang der Mainstream-Verkünder an. 20 Jahre Löhnesenken fällt unter seine Kategorie des "Mehr-desselben-Rezepts": Es gibt immer nur eine Lösung. Wirkt sie nicht, hat man nur noch nicht genug Leidensdruck. Offenbar können ökonomische Rezepte neurotisch machen - wenigstens ein Markt, der "Spezialisten ein gutes Ein- und Auskommen bietet" - und Arbeitsplätze … " CLAUS NOÉ

      taz Nr. 7439 vom 19.8.2004, Seite 11, 241 Zeilen (Kommentar), CLAUS NOÉ,
      Avatar
      schrieb am 19.08.04 11:40:50
      Beitrag Nr. 51 ()
      Durchschnittliches Denkvermögen und der kleine Volkswirtschaftsschein, den Juristen im Studium nebenbei machen, freilich reichen nicht aus, betriebswirtschaftliche Kostenkategorien im gesamtwirtschaftlichen Kreislauf zu beurteilen.

      Das war ja bissig. Sicher kein Jurist, der den Artikel schrieb, Viva?
      Aber heutzutage wäre man ja an jedem Regierungsmitglied, der wenigesten Jura studiert und den kleinen VWL-Schein noch im Kopf hat, ja froh. Man ist ja gar nicht mehr so anspruchsvoll.

      ;


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