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    Himmelsscheibe - Archäologische Sensation oder Hoax? - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 19.02.05 12:43:45 von
    neuester Beitrag 08.09.05 00:02:55 von
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      schrieb am 19.02.05 12:43:45
      Beitrag Nr. 1 ()
      das wäre der hammer, wenn das rauskäme!


      der mdr jedenfalls deutet hier ja allerlei an...


      Die Himmelscheibe von Nebra - ist sie tatsächlich eine? Die in- und ausländischen Medien stürzten sich auf sie: Sensationsfund! Altzeitliches Weltbild muss umgeschrieben werden! Und die Experten? Seit Wochen streiten sie sich. Und derzeit diskutieren Fachleute aus dem In- und Ausland in Halle. Am Montag dann geht die Verhandlung des Fundes und seiner Echtheit vor Gericht weiter. Ebenfalls in Halle.

      Harald Meller: Die Himmelsscheibe von Nebra gehört zu den absoluten Toppfunden der Archäologie, vergleichbar sicherlich mit Ötzi, mit Tutanchamun und anderen Dingen in dieser Qualität.
      Der macht keine Aussagen gegenüber der Presse, schon lange nicht. Aber es gibt natürlich ein unterschriebenes Protokoll zu dieser Sache, das mein Justitiar gegengezeichnet hat und da wurden eindeutige Aussagen gemacht. Seit dem Geständnis haben die Raubgräber weder vor Gericht noch in der Öffentlichkeit ausgesagt.

      Mario Renner: Dann ham wir angefangen zu buddeln mit den Fingern und da ham wir schon gesehen, das ist Bronze. Da war aber schon der Rand beschädigt. Muss ich dazu sagen, den hat er nicht beschädigt, der war beschädigt. Das einzige, was Herr Westfahl gemacht hat, ist, er hat die Sonne runtergekratzt. So dann hab ich ihm meine Selter gegeben, er hat ja viel Brand vom Vortag, hat er sich an`n baum gesetzt und da hab ich vier Stunden das ausgebuddelt, die Scheibe.

      Wie tief war die?

      Renner: Die war nicht tief. Unwahrscheinlich eigentlich, muss ich sagen. Unwahrscheinlich eigentlich, wie das Ding dahin kommt, muss ich sagen. Und jedenfalls war das dann so: Wir ham die Scheibe ausgehoben und ham geguckt, is da noch was drinne. Für uns war das Loch dann leer.

      Mario Renner erzählt uns seine Geschichte, ob sie sich wirklich so zugetragen hat, wissen wir nicht. Mario Renner gilt als einer der Finder der Himmelsscheibe.

      Hans-Georg Kroll: Und üblich ist, den Fundort nie preis zu geben, weil ja der, der den Fund gemacht hat, sich durchaus noch erhoffen kann, in dem Bereich noch mehr zu finden.

      Hans-Georg Kroll, Rechtsanwalt aus Düsseldorf. Er vertritt zwei mutmaßliche Hehler der Himmelsscheibe in einem Berufungsprozess, der zurzeit am Landgericht Halle stattfindet.

      Kroll: So, aller Wahrscheinlichkeit nach, Westphal und Renner, die haben ganz offensichtlich den wirklichen Fundort bis heute nicht preisgegeben.

      Die Himmelsscheibe von Nebra. Auf den Autobahnen weist ihr Bild hin zum Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle an der Saale.
      Die Himmelsscheibe ist eine archäologische Sensation. Denn aufgrund dieses Fundes könnte sich das europäische, ja das altzeitliche Weltbild, so wie es bisher überliefert ist, grundsätzlich wandeln.
      Eine große Verantwortung. Die voraussetzt, dass die Fundgeschichte, die Sicherstellung und wissenschaftliche Prüfung der Scheibe widerspruchslos geklärt und abgeschlossen sein müssen.
      Doch - ist das alles tatsächlich bereits geschehen?

      Die Fundgeschichte.

      Meller: Die Untersuchung am Fundort ist abgeschlossen.

      Dr. Harald Meller. Direktor des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle und Landesarchäologe von Sachsen-Anhalt:

      Meller: Wir haben das Raubgräberloch gefunden, wir haben sogar die Hammerspuren gefunden von dem Hammer, der eben die Scheibe beschädigte, wir haben sogar die Reste der Trinkflaschen gefunden der Täter und so weiter, das deckt sich alles exakt mit den Aussagen, also das Netz der Indizien ist hier lückenlos geknüpft.

      Ist "das Netz der Indizien" wirklich "lückenlos geknüpft", wie Dr. Meller behauptet?
      Keineswegs, meint der Bronzezeitspezialist Prof. Dr. Peter Schauer von der Universität Regensburg.

      Peter Schauer: Was die Fundgeschichte angeht, so gibt Herr Meller in seinem illustrierten Band "Der geschmiedete Himmel. Die weite Welt im Herzen Europas vor 3600 Jahren", aus Anlass der Hallenser Ausstellung erschienen, folgende Angabe: An einem schönen Sommertag 1999 seien zwei Metallsucher mit einem Suchgerät über den Mittelberg gegangen, der seit 1986 als Bodendenkmal bekannt war. Sie hätten durch Zufall den oberen Rand dieser Himmelsscheibe erkannt, sie mit einem Hammer herausgerissen, für einen alten Eimerdeckel gehalten und die übrigen Gegenstände - die Schwerter mit goldverziertem Griff und die Beile - komplett ausgehoben.
      Nur wenige Tage später, so Meller, verkauften die Raubgräber den Fund für 31 000 Mark an einen Zwischenhändler aus dem Rheinland - wohlgemerkt einen verdreckten alten Eimerdeckel und zwei Bronzeschwerter, drei Randleistenbeile und eine Spirale, die für sich genommen im Kunsthandel allenfalls 5.000 Mark erbringen würden. Mit Verlaub gesagt: Das Ganze ist allenfalls eine Legende, aber für einen einigermaßen realistisch denkenden Menschen völlig unglaubwürdig. Denn diese auf Schatzsuche gehenden Personen sind im Allgemeinen mit dem Überprüfen ihrer Funde - vor Ort schon! - sehr gewissenhaft und genau und dass denen ein wie auch immer verschmutzter goldener Himmel auf einer Bronzescheibe entgangen sein soll, ist mehr als zweifelhaft.

      Judith Oexle: Wenn wir zur Fundgeschichte gehen, dann gibt es einfach seit Montelius, dem berühmten schwedischen Archäologen, ein Kernstück der archäologischen Argumentation, das heißt: der geschlossene Fund.

      Dr. Judith Oexle - Landesarchäologin in Sachsen.

      Oexle: Ein Grab zum Beispiel ist ein geschlossener Fund. Sie wissen, dass alle Gegenstände, die in einem Grab sich befinden, gleichzeitig deponiert sein müssen. Das heißt zwar noch nicht, dass sie alle gleich alt sind, aber sie sind gleichzeitig deponiert worden, und es gehört zu meiner Wissenschaft - man kann durch verschiedene Grabanalysen sozusagen Altersspannen identifizieren. In diesem Fall haben wir Beschreibungen, die heißen einmal, man habe die Scheibe knapp unter dem Waldboden gefunden und man habe dann beim Weitergraben, nebenbeiliegend, Schwerter, Beile und Spiralen geborgen. Das sind nun keine Fundberichte von Archäologen, sondern es sind Sekundärquellen, nämlich die Formulierungen von Erstgräbern und Händlern.

      Josef Riederer: Wenn das richtig ist, dass das Leute waren, die das mit Metalldetektoren gefunden haben, dann finden die ja ständig irgendwas. Also ich hätte überhaupt kein Vertrauen zu einem Fund, der auf derartige Weise zusammenkommt. Also im Hinblick auf die Zusammengehörigkeit.

      Ist das sehr häufig, dass solche Funde...?

      Riederer: Das ist fast die Regel.

      Prof. Dr. Josef Riederer, Direktor des "Rathgen-Forschungslabors der Staatlichen Museen zu Berlin - Stiftung Preußischer Kulturbesitz". Prof. Riederer ist ein international anerkannter Spezialist auf den Gebieten der Materialanalyse und der Echtheitsprüfung archäologischer Objekte.

      Riederer: Wenn sie jetzt einen Fund, Schwert und Beil und allem, haben, dann sagen sie: Das ist das Grab eines großen Fürsten oder so, während sonst ein Einzelobjekt, das ist dann eines von vielen Tausend.

      Das Alter der Bronzescheibe wird mit 3600 Jahren angegeben. Doch dieses Alter lässt sich weder durch physikalische noch durch chemische Analysen exakt ermitteln. Wissenschaftliche Untersuchungen an der Bergakademie Freiberg ergaben, dass die Scheibe älter als 100 Jahre sein muss.

      Riederer: Also zu den Gutachten von naturwissenschaftlicher Seite besteht überhaupt keine Möglichkeit, irgendwas zu dem Alter von dem Objekt zu sagen, mit Ausnahme eben der Aussage, es ist relativ alt, es ist also keine Fälschung aus dem 20. Jahrhundert und wahrscheinlich auch nicht aus dem 19. Jahrhundert. Das kann man eben ausschließen. Aber wenn`s eben dann ein archäologischer Bodenfund ist, dann kann man den eben wirklich mit archäologischen Methoden eingrenzen. Mit naturwissenschaftlichen überhaupt nicht. Also ich habe keine Möglichkeit, durch irgendeine Art von Materialanalyse wie bei der Keramik oder beim Holz mit der Radiokarbonmethode ein Alterswert anzugeben. Das geht mit Sicherheit nicht. Es gibt einfach keine Möglichkeit, da irgendwas dazu zu sagen.

      Datieren lässt sich die Scheibe nur von Archäologen. Aber diese Datierung ist heikel. Denn auch historisch lässt sich die Himmelsscheibe nicht einordnen - sie ist einzigartig.
      Nur die Beifunde, also die Gegenstände, die mit ihr in dem Fundgrab gelegen haben sollen, erlauben eine genauere Datierung.

      Ich komme noch einmal auf die Bedeutung der Funde zurück. Es hängt natürlich alles an den Beifunden, an den Schwertern. Ist das nicht heikel?

      Meller: Es ist selbstverständlich sehr heikel, die Scheibe allein könnten Sie nicht datieren, weil sie ein völliges Unikat ist. Und die Niederlegungszeit, nicht die Anfertigungszeit, können sie mit den anderen niedergelegten Funden, den Schwertern, den Beilen und dem Meißel, feststellen. Und nun ist ganz wichtig zu wissen, ob die Funde wirklich zusammengehören und nicht etwa von den Raubgräbern zusammengestellt worden, was ab und an vorkommt.

      Die Schatzsucher sollen ausgesagt haben, dass sämtliche Funde aus einem Grab auf dem Mittelberg bei Nebra stammen. Der Wortlaut ihrer Aussagen ist nicht publiziert.

      Oexle: Wir brauchen den Grabungsbericht vom Mittelberg. Und jeder Kollege von uns weiß, wie ein Grabungsbericht auszusehen hat. Da ist bitte das Profil, das ist eine genaue Ansprache der Strategrafie, also der Sequenz von Schichten, und dann möchten wir bitte gerne wissen, was für Funde aus diesen Schichten kommen, weil sie über die Funde den Befund, die Schichten also, datieren können. Das ist das eine. Das andere ist, dass wir ja im Falle dieses Komplexes keine archäologische Auffindungsgeschichte haben, sondern nur eine Auffindungsgeschichte, die sozusagen sekundär ist. Wir haben die Gräber, wir haben Verkäufer, und an die Stelle des Grabungsberichtes müssen die Aussagen dieser Leute treten. Das heißt, wir müssen jetzt darauf warten, das diese publiziert werden - und zwar im Originalton! Weil nur das Dritten, also Wissenschaftlern wie mir, die Chance gibt, die Validität zu überprüfen.
      Im Augenblick können wir Fachkollegen nicht nachvollziehen, sondern sind darauf angewiesen, zu glauben. Wissenschaft heißt aber Wissen!

      Die wissenschaftlichen Untersuchungen.

      Meller: Uns reicht das Geständnis. Es ist aber auch gar nicht relevant, verstehen Sie. Relevant ist, dass wir naturwissenschaftlich nachweisen können, aufgrund der Erdanhaftungen, dass die Schwerter, die Himmelsscheibe und die Beifunde zusammengehören. Und dass das alles auch dort perfekt auf den Mittelberg passt.

      Mit den Bodenproben soll die Fundstelle auf dem Mittelberg zweifelsfrei belegt werden. Nach dem Geständnis der Grabräuber sind die Bodenanhaftungen an den Funden für Dr. Meller das stärkste Indiz.
      Unklar ist aber, wer wo die Bodenproben entnommen hat.

      Meller: Na, die Anhaftungen an der Scheibe wurden schon im LKA dokumentiert. Ob schon im LKA Proben entnommen wurden, da müsste ich nachfragen. Da müssen Sie Herrn Wunderlich fragen. Auf alle Fälle wurde auch in unserer Restaurierungswerkstatt natürlich dokumentiert. Von den Restauratoren und Mitarbeitern.

      Auf unsere Anfrage beim LKA Brandenburg am 25. Januar 2005 teilt die Pressesprecherin Frau Kotteweiss mit: Die Proben sind nicht vom LKA Brandenburg entnommen worden.
      Auf Nachfrage beim LKA Sachsen-Anhalt werden wir an die Staatsanwaltschaft Halle verwiesen. Wegen des Berufungsprozesses gegen die mutmaßlichen Hehler ist im Moment keine Akteneinsicht möglich.

      Ich habe da noch eine Frage zu den Bodenproben. Weil die gestern gesagt haben, in Brandenburg wären 0,13 Gramm analysiert worden. Ist das ausreichend gewesen. Warum hat man einfach nicht mehr hingeschickt.

      Dr. Christian-Heinrich Wunderlich, Mitarbeiter des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle.

      Christian Heinrich Wunderlich: Sehr viel mehr können wir auch gar nicht geben. Weil wir haben das so planquadratmäßig entnommen von der Scheibe. Und so fürchterlich viel, da hängen natürlich nicht kiloweise Erdmaterial dran, so viel isses nicht. Und wir haben Herrn Adam gefragt, ob die Menge ausreicht und der hat das bestätigt, das ist in Ordnung.

      Die Rechtsanwältin Elke Thom-Eben, Düsseldorf:

      Elke Thom-Eben: Diese Proben sind von Meller und seinen Leuten genommen worden, die sind nicht von der Staatsanwaltschaft gesichert worden. Es ist keine einzige Probe unter Aufsicht des LKA, wie es sonst üblich ist, also von Ermittlungsbehörden... Ne, dieses Museum ist zwar ne Behörde, das ganze da, aber ist keine Ermittlungsbehörde... Das sind selbst genommene Proben! Also so was gibt es nicht noch mal!

      Kroll: Man stelle sich vor, in diesem Raum passiert ein Mord und nicht Polizeibeamte sichern hier die Fingerabdrücke, sondern Sie dürfen das beispielsweise tun und schicken die entsprechende Probe dann zum LKA hier in Düsseldorf und sagen, das habe ich am Tatort gefunden und behaupten das und die wird dann vergleichend untersucht und der Fingerabdruck stimmt mit der irgendeiner x-beliebigen Person überein und der wird dann unter Mordverdacht festgenommen.

      Thom-Eben: Und dummerweise gibt es keine Restspuren mehr. Die sind ja alle entfernt worden...

      Zu einem Zeitpunkt, als die Fragen nach der Echtheit und genauen Datierung der Himmelsscheibe noch umstritten sind, nehmen die Mitarbeiter des Landesmuseums für Vorgeschichte die Probe selbst und schicken sie zum LKA Brandenburg - 0,113 Gramm von der Scheibe und 70 Gramm Vergleichsproben vom vermeintlichen Fundort Mittelberg.
      Beim LKA Brandenburg untersucht Dr. Jörg Adam die Proben. Adam ist forensischer Chemiker. Ein belastbares Prüfprotokoll liegt bis zum heutigen Tage nicht vor.
      Dr. Wunderlich:

      Wunderlich: Das gehört bei Herrn Dr. Adam zum Grundhandwerkszeug, dass man dann Vergleichproben nimmt, um die Methode zu überprüfen, funktioniert denn das. Und es ist aber auch so, dass Herr Adam nicht nur einfach blind untersucht. Er ist in der Geologie dann auch sehr bewandert und kann auch erklären, warum ist genau Mittelberg so zusammengesetzt. Also Verwitterungsprodukt von Buntsandstein, Löseinwehungen, bestimmte Pollen, alles mögliche, was diesen Berg dann unverwechselbar macht. Je mehr sie Parameter Sie finden, die unabhängig von einander sind, dass ist ganz wichtig, umso mehr haben Sie die Wahrscheinlichkeit auf eine Identität. Es wäre also wie zehn Richtige im Lotto, wenn Sie irgendwo in der Nähe oder gar im Ausland noch einmal den genau gleichen Boden finden.

      Der kann jetzt also auch nicht zehn Kilometer weiter auf einem anderen Berg...?

      Wunderlich: Nein, nein, nein.

      Das würde sich unterscheiden dieser Boden?

      Wunderlich: Das würde sich unterscheiden. Der unterscheidet sich, dass habe ich schon festgestellt, schon auf dem Mittelberg. Dass Sie schon 100 Meter weiter, da haben wir ja auch Vergleichsproben gezogen, dass ist schon anders.

      Riederer: Ein Zehntel Gramm ist das dann... Und die wollten nachweisen, dass die Scheibe von dem... Also das ist wirklich absolut unmöglich! Man kann schon sagen, also die Bodenprobe, die auf der Scheibe gefunden worden ist, entspricht dem Boden am Mittelberg. Aber man muss dann auch sagen, die Bodenprobe von der Scheibe und vom Mittelberg ist identisch mit Bodenproben aus Orten, die im Umkreis von 100 Kilometern... Also der Boden ist ja immer `ne Folge von geologischem Untergrund, und der ist in der Gegend ja ziemlich einheitlich.

      Prof. Dr. Josef Riederer, Rathgen-Forschungslabor, Berlin.

      Riederer: Also er argumentiert so, dass der Boden an `nem bestimmten Fundpunkt, also am Mittelberg, die Summe von einer großen Zahl von Einzelfaktoren ist. Er erwähnt also zum Beispiel die Pollen. Das ist sicher richtig.
      Nur sagt er eben, der Boden hängt davon ab, welcher Stein verwittert, da nennt er den Buntsandstein, der Buntsandstein ist ja dort gewaltig weit verbreitet. Und die Situation - verwitterter Buntsandstein, Löseinwehungen plus die Pollen, die ja von der Vegetation abhängen, die ja dort a immer gleich ist, ob das jetzt Birken oder Kiefern sind, also ich glaub, das ist ein unhaltbares Argument.

      Für Dr. Harald Meller sind alle Fragen, die zum Fundkontext der Himmelsscheibe gestellt werden, abschließend beantwortet. Es gäbe keine offenen Fragen mehr. Alles nur - ein Medienspektakel.

      Meller: Es ist ein mediales Ereignis, weil solche Dinge immer medial wirken und ihre Gesetzmäßigkeiten entfalten, aber wie viele medialen Dinge ist es eine vorübergehende Sache, die sich, in ihrem Sprachgebrauch, versendet, was bleiben wird, ist der großartige Fund mit einer schönen Publikation und einem spannenden Kongress. Kurz: Der Fund wird bleiben und es wird sein wie bei Ötzi, all diese Bücher, die Behauptungen, die Fernsehsendungen werden vergessen sein. Die Menschen pilgern heute zu Ötzi nach Bozen in das neu errichtete Museum und sind völlig begeistert, und die Menschen werden nach Halle pilgern und völlig begeistert von der Scheibe sein.

      Oexle: Ich würde einfach darum bitten, wenn wir wissenschaftlich vorankommen wollen, dass endlich die Unterlagen, die eine Überprüfung ermöglichen - also die materialkundlichen Analysen, die bodenkundlichen Analysen, die Berichte von Findern und Verkäufern -, publiziert werden. Zugänglichkeit der Fakten ist die Voraussetzung für wissenschaftlichen Diskurs.
      Archäologie ist keine Abenteuerwissenschaft! Archäologie hat was mit Disziplin, mit genauem Hingucken können und mit einem gerüttelt Mass an kritischer Wertung dessen zu tun, was man glaubt zu sehen.
      Avatar
      schrieb am 19.02.05 15:15:46
      Beitrag Nr. 2 ()
      Avatar
      schrieb am 22.02.05 01:29:59
      Beitrag Nr. 3 ()
      NEBRA-PROZESS

      Bizarrer Streit um Himmelsscheibe

      Im Prozess um die Himmelsscheibe von Nebra sind Wissenschaftler heftig aneinander geraten. Die Verteidiger wollen die Scheibe vor Gericht als Fälschung werten lassen - um die Angeklagten vom Vorwurf der Hehlerei mit bedeutendem Kulturgut zu befreien. Archäologen reagieren mit Empörung.
      Peter Schauer hat ein dickes Fell. Seine Behauptung, die Himmelsscheibe von Nebra - die der Professor der Uni Regensburg nie in Händen gehalten hat - sei eine plumpe Fälschung, brachte ihm von Forscherkollegen bestenfalls fassungsloses Kopfschütteln, meist aber offene Anfeindungen und ätzenden Spott ein. Heute musste Schauer erneut seine Nehmerqualitäten beweisen: Im Prozess um die Raubgräber, die 1999 die Scheibe entdeckt hatten und verkaufen wollten, ging es am Landgericht Halle um die Echtheit des berühmtesten archäologischen Fundstücks Deutschlands.

      Die Strategie der Verteidigung: Ist die Himmelsscheibe eine Fälschung, könnten die beiden Angeklagten - eine 46-jährige Frau und ein 65-jähriger Mann aus Nordrhein-Westfalen - nicht mehr wegen Hehlerei mit einem bedeutsamen Kulturgut verurteilt werden. Der gängigen Meinung von Wissenschaftlern zufolge handelt es sich bei der Himmelsscheibe von Nebra um einen 3600 Jahre alten Sensationsfund und die älteste konkrete Darstellung des Sternenhimmels überhaupt. Zwar gebe es ältere Darstellungen des Firmaments, doch hätten sie im Unterschied zur Himmelsscheibe nur symbolischen, nicht aber astronomischen Charakter.

      Sensationsfund oder plumpe Fälschung?

      Schauer dagegen glaubt, dass die Himmelsscheibe kein archäologischer Schatz aus der Bronzezeit, sondern eine Fälschung ist. Die Patina auf dem alten Metall sei durch Säure künstlich hergestellt worden, die Löcher am Rand der Scheibe zu perfekt für bronzezeitliches Werkzeug, und die ganze Art der Himmelsdarstellung erinnere eher an eine sibirische Schamanentrommel aus dem 19. Jahrhundert.

      Neben diesen Details lasse vor allem die Methode der Datierung Zweifel an der Echtheit aufkommen, meint Schauer. Die beiden Schwerter, die gemeinsam mit der Scheibe gefunden worden sein sollen, stammten zweifellos aus der Bronzezeit. Allerdings könne ihr Alter nicht auf die Himmelsscheibe übertragen werden, da die Stücke in unterschiedlichen Erdschichten gefunden worden seien.
      "Man könnte anstelle der Scheibe auch eine russische Handgranate gefunden haben", konterte Schauer. Dann wäre diese wohl auch noch aus der Bronzezeit. Für ihn ist das Ensemble erst während des illegalen Handels zusammengestellt worden.

      Der sächsische Landesarchäologe Harald Meller, der den mutmaßlichen Hehlern die Scheibe in einer krimireifen Aktion abgejagt hatte, und sein Kollege Gregor Borg von der Universität Halle ließen vor Gericht nichts unversucht, Schauers Thesen zu widerlegen. Die beide konnten eine ganze Reihe von Untersuchungen und Gutachten ins Feld führen. So hätten Naturwissenschaftler, teils von renommierten Einrichtungen wie der Bundesanstalt für Materialforschung, trotz intensiver Untersuchungen an der Scheibe keinerlei Hinweise auf eine Fälschung finden können.

      Chemiker Heinrich-Christian Wunderlich vom Landesamt für Archäologie brachte gar Fräse, Hammer und Stift zur Anhörung mit. Mit seinem Experiment an einem Eisenstück, dessen Zusammensetzung dem der Himmelsscheibe entsprach, wollte er beweisen, dass die Löcher sehr wohl in der Bronzezeit mit einem kleinen Stift an den Rand der Scheibe eingetrieben worden sein könnten. Die Kerbe am oberen Rand der Scheibe stamme nicht von einer neuzeitlichen Fräse, sondern von dem Grabungshammer, den die beiden Raubgräber 1999 auf dem Mittelberg bei Nebra benutzt hätten, sagte Wunderlich.

      Leserbrief statt Konsultation unter Kollegen

      Was die Wissenschaftler abseits der Echtheitsfrage auf die Barrikaden treibt, ist die Art und Weise, mit der Schauer seine Zweifel vorgetragen hat. Anstatt Gutachten und Himmelsscheibe vor Ort zu untersuchen, so der Vorwurf, habe Schauer Fotos angeschaut und seine Fälschungsthese per Leserbrief in "FAZ" und "Mitteldeutscher Zeitung" verbreitet.

      Vor Gericht erklärte Schauer, die Scheibe selbst nie in Händen gehalten zu haben. Schauer verletze damit in eklatanter Weise die Grundlagen und die ethischen Normen wissenschaftlicher Arbeitens, schimpfte Landesarchäologe Meller. 50 andere Kollegen hätten den Weg nach Halle gefunden, um den Fund selbst unter die Lupe zu nehmen.

      Das Gericht wird seine Entscheidung über die Echtheit der Himmelsscheibe erst zum Ende des Prozesses in das Urteil einfließen lassen. Sollte Richter Torsten Gester tatsächlich von einer Fälschung ausgehen, könnten die beiden Angeklagten zwar nicht mehr wegen Hehlerei mit einem bedeutsamen Kulturgut verurteilt werden. Allerdings hat die Staatsanwaltschaft für diesen Fall bereits eine Klage wegen Betruges angekündigt. Denn das Duo soll die Scheibe durchaus als wertvolles Stück zum Verkauf angeboten haben.

      http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,342978,00.h…


      mfg B.
      Avatar
      schrieb am 22.02.05 22:19:14
      Beitrag Nr. 4 ()
      und noch einer, gefunden bei mz-wb.de



      Natürlich war Mario Renner auch da. "Ich habe mir eine Eintrittskarte gekauft", erzählt er, "und dann habe ich mir das angeguckt." Wie ein ganz normaler Besucher, sagt der Mann, der so ein ganz normaler Besucher in der Ausstellung um die Himmelsscheibe gar nicht sein kann.
      "Andere Fundstelle"

      Denn Mario Renner war es, der an einem Wochenende im Sommer 1999 mit seinem Freund Henry Westphal auszog, um am Mittelberg bei Wangen "nach Auszeichnungen und Waffen aus dem Zweiten Weltkrieg zu suchen", wie er sagt. Einige Stunden später hatten die beiden zwei Bronze-Schwerter gefunden, einen Meißel, zwei Äxte und eine seltsame runde Scheibe.

      Was sie zuerst für einen alten Eimerdeckel halten, gilt heute als Jahrtausendfund: Während die Finder wegen Hehlerei zu Bewährungsstrafen verurteilt wurden, zieht die Himmelsscheibe Zehntausende in ihren Bann.

      Renner, der in einem kleinen Dorf im Landkreis Merseburg-Querfurt lebt, sieht es staunend. "Wir beide kommen in der Geschichte nicht mehr vor", sagt er verwundert, "dabei haben wir das Ding doch ausgebuddelt." Das aber stehe nirgends, in der ganzen Ausstellung nicht. "Wer sich da als Finder und Retter der Scheibe in den Mittelpunkt stellt, da wundere ich mich schon."

      Allerdings weniger als über andere Dinge, die in den drei Jahren seit der Beschlagnahmung der Pretiose als Wahrheiten gelten. Die Fundstelle beispielsweise, die präsentiert werde, kommentiert Mario Renner mit Kopfschütteln. "Denn das ist nicht die Stelle, an der wir die Scheibe ausgegraben haben."

      Alle Kenntnisse über den genauen Platz verdankten die Archäologen den Aussagen des Hehlers Achim Stadtmüller bei der Polizei. "Und der hat es sich von uns bloß erzählen lassen." Zwar habe er Stadtmüllers Angaben bei der Polizei bestätigt. "Aber nur, weil ich Angst hatte, dass sie mich verknacken."

      Landesarchäologe Harald Meller allerdings, mit Renners Aussage konfrontiert, bekräftigt, dass die beiden Finder die Fundstelle in ihren Vernehmungen "aktiv beschrieben" hätten. "Wir haben keine suggestiven Vorgaben gemacht", verweist er auf "seitenlang protokollierte Aussagen" der Finder. So habe Renner sogar noch auf einen mittelalterlichen Köhlerofen hingewiesen, der sich nahe der Fundstelle befinde. "Für uns ist die Dokumentation damit eindeutig."

      Mario Renner hält dennoch an seiner Version fest. Wer die Schatzgräberszene kenne, wisse, dass seine Angaben aus der Vernehmung wenig bedeuteten. "Kein Finder verrät seine Fundstelle." Die vom Hehler Stadtmüller als Beleg für seine Ortskenntnis erzählte Geschichte jedenfalls, dass Renner und Westphal ihn zum Fundort geführt hätten, wo er dann sogar noch ein Stück Goldbelag gefunden habe, sei erfunden. "Das Goldplättchen hatte ich zu Hause", sagt Mario Renner "das habe ich dem für 50 Mark verkauft."

      Nachdem sein Verfahren abgeschlossen war, hätte Renner das auch dem Landesarchäologen erzählt. "Natürlich, wenn mich jemand gefragt hätte", sagt er. Allerdings sei nie jemand auf ihn zugekommen. "Den Herrn Meller habe ich nur zweimal getroffen, einmal bei der Polizei und einmal in der Ausstellung", erzählt Renner, "und als er mich dort erkannte, ist er auf dem Absatz umgedreht."

      Eine Begegnung, die Harald Meller gar nicht bemerkt haben will. "Ich habe ihn bestimmt nicht wiedererkannt", sagt er. In Mario Renner aber ließ der Augenblick eine lange gespannte Feder ausrasten, die seitdem summend nachschwingt. Viel sei ihm und seinem Kumpel damals von Meller versprochen worden, sagt er, "es sollte Fotos von uns und der Scheibe geben und unsere Namen sollten in Büchern genannt werden." Das sei bis heute nicht geschehen. "Ist doch klar, dass man da sauer wird."

      Harald Meller versteht das sogar. Er habe Renner und Westphal. "wirklich immer nochmal treffen" wollen. Aber immer kam etwas dazwischen. Die Telefonnummer war verschwunden, der Terminplan eng, anderes war wichtiger. "Aber wir müssen das unbedingt nachholen", sagt Meller heute. Klar sei doch, dass die beiden Finder ihren Platz in der Geschichte hätten: "Wenn alle Gerichtsverfahren abgeschlossen sind, werden auch ihre Namen genannt."

      Mario Renner schlägt die Tür zumindest nicht zu. Gern rede er mit dem Landesarchäologen, immer noch. Doch wenn es denn da noch ein unerzähltes Geheimnis um die Scheibe gebe, sagt er knirschend, dann müsse seine Enthüllung nun entweder "helfen, die Verluste zu decken, die ich durch das Verfahren gehabt habe". Oder er werde es eben mit ins Grab nehmen. Was das sein könnte? Nur Andeutungen gibt es, die zeigen sollen, dass da noch etwas ist, das er zu sagen hätte. "Vielleicht ist die Scheibe ja doch nicht von dort", orakelt Mario Renner, "oder sie war noch nicht so lange da, wie alle glauben."

      Zweifel, die Harald Meller nicht beunruhigen. "Ich bin ganz entspannt", sagt er, "denn unsere Beweiskette ist lückenlos." Eine Aussage, die Mario Renner schmunzeln lässt. Auch er sei sicher, seine Behauptung beweisen zu können. "Sonst würde ich das nicht sagen."

      Größter Moment

      Allerdings, ahnt er, glaube ihm derzeit natürlich niemand. "Die Wahrheit steht eben mittlerweile fest." Dass die Scheibe deshalb immer falsch herum gezeigt werde, "absolut nicht so, wie sie in der Erde lag", amüsiere ihn nur noch. "Peinlich müsste das anderen sein."

      Wie sein Freund Henry Westphal habe er sich damit abgefunden, seinen Namen in keinem Buch über die Scheibe zu lesen. Verbittert sei er nur noch selten. "Für mich bleibt der Moment, in dem wir die Scheibe gefunden haben, der größte meines Lebens."
      Avatar
      schrieb am 22.02.05 22:21:49
      Beitrag Nr. 5 ()
      und noch ein fundtück von mz-web.de


      Mit einem neuen Gutachten ist der Tübinger Professor Ernst Pernicka Spekulationen um die Echtheit der Himmelsscheibe entgegengetreten. Die Konzentration von Kupfer im Fundloch bei Nebra sei 50 Mal höher als normal. Dies belege, dass sich dort über längere Zeit ein Objekt aus Bronze im Boden befunden habe. Der Gutachter sagte am Montag vor dem Landgericht Halle aus. In der Verhandlung stritten Experten über die bronzezeitliche Pretiose.
      Ein halbes Jahr nach dem Beginn des Verfahrens wird im Prozess um den Jahrhundertfund von Nebra endlich wieder über Fakten geredet: Vor dem Landgericht Halle legten Wissenschaftler neue Belege für die Echtheit des Fundes auf den Tisch.

      Mit der Fortsetzung nach der Mittagspause dauert es ein bisschen. Das Gericht ist bereit, die Sachverständigen haben sich versammelt. Nur Peter Schauer fehlt, der Regensburger Bronzezeit-Professor, dessen ketzerische Thesen zur Echtheit der Himmelsscheibe von Nebra zuletzt für Aufsehen sorgten. Schauer, ein grauhaariger Mann mit sonorer Stimme, steht noch im Gang und gibt gelassen Fernsehinterviews.

      Eng auf dem Gang

      Bis zu diesem Moment kann der 61-Jährige zufrieden sein. Der Vormittag des 18. Tages im Berufungsverfahren gegen Hildegard B. und Hartmut S., die die Himmelsscheibe vor drei Jahren illegal zum Verkauf angeboten haben sollen, hätte nicht besser laufen können. Wo sich voriges Jahr noch drei, vier Zuschauer langweilten, drängt sich plötzlich eine schwarze Menschentraube in den Saal. Journalisten und Kamerateams aus ganz Deutschland sind angereist zum Showdown der Experten, der endgültig Klarheit in ein Verfahren bringen soll, das bislang mit jedem weiteren Termin nur immer noch verzwickter zu werden schien. Nur vordergründig geht dabei es noch um die Frage, ob Hildegard B. und Hartmut S. wegen Hehlerei schuldig zu sprechen sind. Nach einem halben Jahr Verhandlung steht durch Schauers Thesen die Scheibe selbst vor Gericht: Ist die bronzezeitliche Pretiose echt? Oder, wie Schauer sagt, eine "dilettantische Fälschung"?

      Sechs Wissenschaftler sollen es klären. Die Verteidigung hat außer Schauer noch den Berliner Bronze-Spezialisten Joseph Riederer geladen, für die Staatsanwaltschaft treten der Landesarchäologe Harald Meller, sein Chemiker Christian Wunderlich, der Metall-Experte Ernst Pernicka und der hallesche Geologe Gregor Borg auf.

      Doch von trockener Wissenschaft keine Spur. Was folgt, ist ein turbulentes und teilweise dennoch erhellendes Schauspiel, in dem Hämmer geschwungen, Fräsen ausgepackt und Demonstrations-Löcher in Bronzestücke geschlagen werden. Dirigiert von Richter Torsten Gester wird der Gerichtssaal zur bronzezeitlichen Werkstatt: Hartmut S. hat einen Hammer mitgebracht, Christian Wunderlich auch - damit will er demonstrieren, dass eine von Schauer vertretene Theorie zur Herkunft einer sichtbaren Beschädigung auf der Scheibe nicht stimmt. So wird dann geklopft und gehämmert, Staatsanwältin Eva Vogel ruft laut "wo ist denn jetzt das Blech" und der Landesarchäologe zieht höchstselbst mit einem Himmelsscheiben-Kalender durch die Zuschauerreihen, um klar zu machen, wovon vorn am Richtertisch gerade gesprochen wird.

      Schwere Vorwürfe

      Peter Schauer ist zu Beginn der Angreifer. Selbstbewusst wiederholt er seine schweren Vorwürfe gegen den Landesarchäologen. Der blende die "dubiose Fundsituation" aus und versuche so, den "kuriosen Einzelfund" zu einem geschlossenen Ensemble zu machen. Mit dem werde dann "umstürzlerisch Einfluss auf die Weltgeschichte" genommen. "Dabei lagen Scheibe und Schwerter einen Meter auseinander." Ein Fakt, der es unmöglich mache, den Fund als zusammengehörig zu betrachten. Ringsum im Saal, in dem zahlreiche weitere Wissenschaftler Platz genommen haben, werden die Köpfe geschüttelt. Beim Staunen über die "Mindermeinung" (Meller) aber bleibt es diesmal nicht. Mit mehreren neuen Gutachten geht das "Lager Meller" nach dem Mittagessen zum Angriff über. Gregor Borg bestätigt nach neuen Untersuchungen an Bodenproben den Mittelberg als Lagerort der Scheibe. Ernst Pernicka verweist auf die erhöhte Konzentration von Kupfer im Fundloch. Die belege klar, dass sich dort über längere Zeit ein Objekt aus Bronze im Boden befunden habe.

      Plötzlich ist Peter Schauer in der Defensive. Auch wenn er trotzig an seinen Zweifeln festhält - den Argumenten seiner Gegner kann er nur noch ausweichen, nicht mehr entgegnen. Sein Kollege Joseph Riederer, ebenso als Sachverständiger der Verteidigung geladen, sieht die Schlacht am Ende nüchtern. Zwar habe er immer noch Zweifel, ob der Fund wirklich als ein geschlossener zu bezeichnen sein. "Aber nach allem, was ich heute gehört habe", sagt der Experte für Bronze-Fälschungen, "bin ich fest überzeugt, dass die Scheibe ein bronzezeitliches Objekt ist."

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      Avatar
      schrieb am 17.03.05 19:18:53
      Beitrag Nr. 6 ()
      Himmelsscheibe von Nebra
      Eine Komödie der Irrungen
      Von Reiner Burger


      16. März 2005 Torsten Gester, Richter am Landgericht Halle, verliert auch am neunzehnten Verhandlungstag seinen Humor nicht. Seit einem halben Jahr läuft nun schon das Berufungsverfahren gegen die mutmaßlichen Hehler der Himmelsscheibe von Nebra. Ein Ende der bizarren Veranstaltung vor der nur dreiköpfigen Kammer ist nicht abzusehen, weil die Verteidigung immer neue Beweisanträge stellt. Wie viele es insgesamt sind? Gester zuckt mit den Schultern. Er habe aufgehört mitzuzählen, sagt der Richter in einer Verhandlungspause.


      Dann wendet er sein Schelmengesicht einem der Anwälte zu und erzählt von einem Verfahren, in dem die Verteidigung bis zuletzt nicht aufgehört haben soll, Beweisanträge zu stellen. Um schließlich das Urteil zu verkünden, sei der Richter blitzartig in den Raum gekommen und habe noch im Gehen "Im Namen des Volkes..." gerufen. Da schmunzelt auch der Verteidiger.

      Der Sensationsfund


      Echt oder unecht? Die Himmelsscheibe von Nebra
      Im Februar 2002 waren der 66 Jahre alte Reinhold S. und die 46 Jahre alte Hildegard B. aus Nordrhein-Westfalen in einem Hotel im schweizerischen Basel gefaßt worden, als sie versuchten, die 3.600 Jahre alte Himmelsdarstellung an Harald Meller, den Landesarchäologen Sachsen-Anhalts, zu verkaufen. Zwei Raubgräber hatten die Scheibe 1999 auf dem Mittelberg bei Nebra in Sachsen-Anhalt gefunden und für etwa 30.000 Mark an einen Hehler veräußert.

      Schließlich gelangte der Sensationsfund - die älteste konkrete Darstellung des Kosmos` - in die Hände des ehemaligen Lehrers und Hobbyarchäologen S. Er hatte 115.000 Euro für die Himmelsscheibe bezahlt. Im September 2003 verurteilte das Amtsgericht Naumburg den Mann und seine Partnerin wegen Hehlerei zu Bewährungsstrafen.

      Verzweifelt-groteske Züge

      Im Berufungsverfahren beim Landgericht Halle setzen nun ihre Verteidiger Himmel und Hölle in Bewegung, um die beiden straffrei aus dem Gericht gehen zu sehen. Die Strategie der beiden Anwälte aus Düsseldorf nimmt dabei teilweise verzweifelt-groteske Züge an. Zunächst versuchten sie, Hildegard B. als vermindert schuldfähig darzustellen.

      Die Mandantin habe fanatisch, zwanghaft und krank gehandelt. Unbedingt habe sie die Himmelsscheibe in Händen halten wollen. Doch in einem Gutachten kam ein Psychiater zu dem Ergebnis, daß Hildegard B. zwar durch "magisches und exzentrisches Denken" bestimmt werde. Für eine schizophrene oder besessene Persönlichkeit gebe es bei ihr aber keine Anhaltspunkte.

      Ein Aufschlag von mehr als 300 Prozent

      Dann konzentrierte sich die Verteidigung darauf, die Echtheit der Himmelsscheibe in Zweifel zu ziehen. Das Kalkül dabei: Ist die Scheibe nicht echt, können Reinhold S. und Hildegard B. nicht der Hehlerei mit einem bedeutsamen Kulturgut schuldig sein. Seltsam war diese Taktik von Anfang an, blendete die Verteidigung doch geflissentlich aus, daß ihre Mandanten offensichtlich von der Echtheit des Fundes überzeugt waren - warum sonst hätte Reinhold S. soviel Geld für die Scheibe zahlen sollen?

      Und: Warum hätte er sonst von den vermeintlichen Kaufinteressenten in Basel 350.000 Euro verlangt? Der Aufschlag von mehr als 300 Prozent auf den "Einkaufs"-Preis will auch nicht recht zu den immer wieder im Berufungsprozeß behaupteten altruistischen Motiven des Duos passen, die beiden hätten die Scheibe nur an den rechtmäßigen Eigentümer, das Land Sachsen-Anhalt, zurückgeben wollen.

      Befangenheitsantrag

      Diese Version ist freilich mittlerweile auch anderweitig ad absurdum geführt, denn die Verteidigung hat längst einen neuen Haken geschlagen. Nun heißt es, die Scheibe könne unmöglich in Sachsen-Anhalt gefunden worden sein, sondern stamme vielmehr aus Osteuropa. Sechs neue Beweisanträge fügt die Verteidigung den schon mehr als 40 bislang gestellten am neunzehnten Verhandlungstag hinzu; acht weitere Zeugen sollen zur neuesten These gehört werden.

      Schon im Januar hatte Richter Gester darauf hingewiesen, daß angesichts der Vielzahl an Beweisanträgen auch Prozeßverschleppung eine Rolle spielen könne. Weil Gester damals auch äußerte, es gebe keine Anhaltspunkte für eine Fälschung, und den Regensburger Archäologie-Professor Peter Schauer als Sachverständigen ablehnte, stellte die Verteidigung einen Befangenheitsantrag. Auch brachte sie zum ersten Mal eine Verschwörungstheorie ins Gespräch: Alle Sachverständigen, die von der Echtheit der Scheibe überzeugt sind, gehören dem Lager des Landesarchäologen Meller an und können folglich nicht objektiv urteilen.

      Eine verräterische Säure-Fließspur

      Schließlich lud die Verteidigung den Regensburger Archäologen. Aber der Auftritt Schauers wurde zum tragikomischen Fiasko. Schauer hatte seine Überzeugung, die Scheibe sei eine Fälschung, zum ersten Mal am Ende des vergangenen Jahres kundgetan - nicht indem er, wie im Wissenschaftsbetrieb üblich, Kontakt zu seinen Kollegen vom Landesamt für Archäologie in Halle aufnahm, wo die Scheibe in einer vielbeachteten Ausstellung zur Zeit zu sehen ist. Vielmehr äußerte Schauer seine Zweifel zunächst in einem Leserbrief an die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 30. November und dann in einem Beitrag der "Mittelbayerischen Zeitung".

      Selbstgewiß kündigte die Verteidigung an, Schauer könne beweisen, daß die Patina auf der Scheibe mit Urin, Salzsäure und einer Lötlampe innerhalb kurzer First hergestellt worden sei. Vor Gericht aber mußte Schauer eingestehen, daß er die Himmelsscheibe im Gegensatz zu den insgesamt achtzehn Naturwissenschaftlern, die das Artefakt untersuchten und den Fundort bestätigten, noch nie in Händen gehalten hatte. Vielmehr sei er anhand von Fotos, die er mikroskopisch untersucht habe, zu seinen Erkenntnissen gekommen. Diese Fotos, so gab sich Schauer überzeugt, zeigten eine verräterische Säure-Fließspur.

      Zu perfekt für bronzezeitliches Werkzeug

      In seiner Entgegnung legte der Chemiker Heinrich-Christian Wunderlich vom sachsen-anhaltischen Landesamt für Archäologie dar, daß es sich nicht um eine Säurespur, sondern um eine Einkerbung handelt, die die Raubgräber auf der Scheibe mit ihrem Hammer hinterließen. Die Patina aber sei so, wie sie sich auf der Scheibe finde, nicht zu fälschen. Sie sei glasartig und ausgesprochen hart. Künstliche Malachitkorrosion sei dagegen locker, pulverförmig und weniger fest anhaftend.

      Um das Argument Schauers zu widerlegen, die Löcher am Rand der Scheibe seien zu perfekt für bronzezeitliches Werkzeug und seien vermutlich mit einer Nietzange "geknipst" worden, brachte Wunderlich einen nach bronzezeitlichem Vorbild gefertigten kleinen Stift und ein Metallstück mit, dessen Zusammensetzung und Dicke dem der Himmelsscheibe entsprach. Während Wunderlich schon zuvor vergeblich versucht hatte, ein entsprechendes Metallstück mit einer Zange zu lochen, gelang es mit dem nachgebildeten Durchschläger vor den Augen der Verfahrensbeteiligten ohne größere Mühe.

      „Wahrscheinlichkeitsmultiplikation”

      Gemeinsam mit Ernst Pernicka, bis vor kurzem Professor an der TU Bergakademie Freiberg, nun an der Universität Tübingen, hat Wunderlich ein Gutachten zur Echtheit der Himmelsscheibe angefertigt. Die Wissenschaftler überprüften unter anderem die Korrosion, die chemische Zusammensetzung, die Herstellungstechnik und die Bodenanhaftungen.

      Angelehnt an die Wissenschaftstheorie von Karl Popper setzten sie voraus, daß schon ein einziger Fälschungsbeweis genügt hätte, um die Echtheit negieren zu können. "Nach den Regeln der Wahrscheinlichkeitsmultiplikation", sagt Wunderlich, "führt die Verkettung mehrerer, für sich allein schwer zu umgehender Nachweise der Abwesenheit typischer Fälschungsmerkmale zu einer extrem hohen Sicherheit, daß die Funde echt sind."

      Auf alt getrimmt

      Der Regensburger Archäologe Schauer behauptet auch, die Himmelsscheibe sei nicht, wie angegeben, Teil eines Hortfundes gewesen. Vielmehr sei die Scheibe mit den zwei zweifellos aus der Bronzezeit stammenden Schwertern auf alt getrimmt, oder, wie es in der Hehlerszene heiße, angefettet worden. Tatsächlich kommt dieser Frage eine zentrale Bedeutung zu, denn eine Datierung der Scheibe ist nur indirekt über die Schwerter möglich.

      Anhand der Fotos kam Schauer zu dem Ergebnis, daß es sich um sogenannte Apa-Schwerter aus Ungarn handelt. Doch ein Blick in die zur Zeit in Halle gezeigte Himmelsscheiben-Ausstellung "Der geschmiedete Himmel" hätte genügt, um festzustellen, daß die Schwerter aus dem Fund von Nebra viel kleiner sind als ebenfalls gezeigte Apa-Schwerter. Auch sind die Griffe der Nebra-Schwerter Halbschalengriffe regionaler Herkunft, die Apa-Schwerter nur imitieren.

      „Gelegenheitskesselflicker”

      Abgesehen davon, daß die rechtskräftig verurteilten Raubgräber und die Hehler detaillierte Fundberichte mit Lage, Zusammengehörigkeit und Anzahl der Fundobjekte geliefert haben und zudem lückenlose Fotoserien aus Hehlerkreisen existieren, die alle Stücke des Hortfundes gemeinsam zeigen, kommen Fachleute schon aus naturwissenschaftlicher Sicht zu dem Ergebnis, daß die Gegenstände zusammengehören und vom Mittelberg bei Nebra stammen.

      Ein Spezialist des Landeskriminalamts Brandenburg fand heraus, daß die Zusammensetzung der Bodenanhaftungen der Funde jener des Bodens an der von den Raubgräbern bezeichneten Fundstelle entspricht. In Archäologen-Kreisen wird indes genüßlich an Schauers sogenannten Ananas-Fund erinnert. Ausgerechnet von einem seiner ehemaligen Doktoranden mußte sich Schauer 1999 vorhalten lassen, ein Sammelsurium von Blechabfällen eines "Gelegenheitskesselflickers" willkürlich zum Hortfund erklärt und kraß fehldatiert zu haben.

      Wegen Überlastung abgesagt

      Schauer hatte seinerzeit Geldstücke aus den Jahren 1875 bis 1924 und ein biedermeierzeitliches Blechstück mit einer eingeprägten Ananas für Teile eines Bronzezeit-Fundes gehalten. Eine weitere Merkwürdigkeit ist, daß Schauer just an jenem Tag als Sachverständiger vor dem Landgericht auftrat, als in Halle ein internationaler Himmelsscheiben-Kongreß stattfand, der ein vorzügliches Forum für seine Zweifel gewesen wäre.

      Schauer war nicht nur eingeladen, er war sogar gebeten worden, im wissenschaftlichen Beirat der Veranstaltung mitzuwirken, hatte aber mitgeteilt, wegen Überlastung durch sein neues Graduiertenkolleg nicht kommen zu können und verblieb mit "allen guten Wünschen für Ihr bedeutsames wissenschaftliches Vorhaben".

      „Im Zweifel für den Angeklagten”

      Womöglich als Konsequenz aus Schauers Auftritt Ende Februar läßt die Verteidigung am neunzehnten Verhandlungstag die Verschwörungstheorie fallen und teilt Richter und Staatsanwaltschaft mit, daß man kein Interesse daran habe, die Echtheit der Scheibe in Zweifel zu ziehen. Nun konzentriert sich die Verteidigung darauf, den Fundort in Frage zu stellen.

      Schließlich habe sich die Himmelsscheibe laut Aussage der Raubgräber nur wenige Zentimeter unter der Erdoberfläche befunden. Damit bleibt die Verteidigung bei ihrem Versuch, den letzten Zweifel an Fund und Fundort, der angeblich nicht zu zerstreuen ist, in ein "Im Zweifel für den Angeklagten" umzumünzen.

      Spaß an dem unkonventionellen Verfahren

      Richter Gester bittet die Staatsanwältin, die Verteidigung und die Angeklagten zu sich nach vorne, um Fotos in Augenschein zu nehmen und stellt der Verteidigung dann eine scheinbar harmlose Frage: "Warum brauchten die Finder laut ihrer Aussage dann vier Stunden, um die Scheibe freizugraben?" Scheinbar bedrückt sinniert Gester dann noch laut darüber, ob eine so kleine Strafkammer den Fall bekommen hätte, wenn absehbar gewesen wäre, daß über solchermaßen grundsätzliche Fragen zu entscheiden ist.

      Das ist ein wenig kokett, denn welcher Richter hätte nicht gern einen solchen spektakulären Fall? Gester hat Spaß an dem unkonventionellen Verfahren. Was eigentlich spräche dagegen, nun zur lange geplanten Inaugenscheinnahme der Himmelsscheibe zu schreiten, fragt der Richter in die Runde, die sich zuvor schon auf Freitag, den 18. März, als nächsten Verhandlungstag geeinigt hat.

      Im dritten Semester Archäologie

      Richter Gester fährt mit der Straßenbahn zum Museum. Nach zwanzigminütiger Unterbrechung setzt er die Hauptverhandlung vor der Vitrine der Himmelsscheibe im Landesmuseum für Vorgeschichte fort. Bis 15.50 Uhr haben Verteidigung und Angeklagte Zeit, dann müssen sie zum Zug gen Rheinland. Gester aber will noch in Ruhe durch die Ausstellung gehen.

      Staatsanwältin Eva Vogel schließt sich an. Sie sei ja, sagt die Staatsanwältin lächelnd, mittlerweile faktisch im dritten Semester Archäologie. Auch Richter Gester offenbart ein starkes persönliches Interesse an der Materie. Vor einem Modell der Kreisanlage von Stonehenge sagt er: "Dort war ich einmal an einem 21. 6." Mit Schelmenlächeln fügt er an: "Es hat den ganzen Tag geregnet. Nichts habe ich gesehen."
      Avatar
      schrieb am 03.05.05 10:18:23
      Beitrag Nr. 7 ()
      HIMMELSSCHEIBE VON NEBRA

      Drei, zwei, eins - Schatzsuche!

      Von Christoph Seidler

      Den zwei Entdeckern der Himmelsscheibe von Nebra hat ihr Fund bislang wenig Glück gebracht - sie sind als Hehler vorbestraft. Jetzt versucht einer der beiden sein Glück bei eBay. Gegen Bezahlung will er über seine Gedanken und Gefühle beim Schatzfund plaudern.



      eBay-Auktion: "Gefühle beim Erblicken des Fundes"
      Vor allem an Wochenenden erlebt die ansonsten recht beschauliche Richard-Wagner-Straße im Norden von Halle einen ungeahnten Besucheransturm. Lange Schlangen von wartenden Menschen stehen dann vor dem Landesmuseum für Vorgeschichte, um die noch bis zum 22. Mai geöffnete Ausstellung "Der geschmiedete Himmel" zu sehen. Knapp eine Viertelmillion Gäste haben sich schon durch die frisch herausgeputzten Museumsräume gedrängelt, um wenigstens einen kurzen Blick auf ein spezielles Fundstück werfen zu können: die Himmelsscheibe von Nebra, die wohl älteste konkrete Sternenabbildung der Welt.

      Das Bild des grünlichen Bronzediskus mit den charakteristischen goldenen Auflagen ziert schon längst zahllose Fan-Artikel vom T-Shirt bis zum Kaffeepott. Eine Kopie der Himmelsscheibe wird sogar auf der Weltausstellung EXPO 2005 im japanischen Nagoya ausgestellt.

      Frustrierte Finder

      Zwei Männer aus Sachsen-Anhalt haben ein ganz besonderes Verhältnis zu der wohl 3600 Jahre alten Scheibe: Die Hobby-Schatzsucher Henry Westphal und Mario Renner haben das gute Stück an einem Sommerwochenende vor knapp sechs Jahren ausgebuddelt. Dumm nur: Der wertvolle Fund, zu dem auch zwei Schwerter gehörten, ist laut Gesetz Besitz des Landes Sachsen-Anhalt. Doch die Schatzsucher kümmerten sich nicht darum und verkauften ihren Fund weiter. Ihnen und den am Verkauf beteiligten Kunsthehlern brachte das im September 2003 eine Bewährungsstrafe ein.

      Der Medienrummel um die Scheibe fand ohne die verurteilten Finder statt - zu deren großem Verdruss. Die Namen der beiden werden in der umjubelten Ausstellung nirgends genannt. Henry Westphal hat davon nun genug. Er sucht die Öffentlichkeit. Allerdings auf einem recht eigentümlichen Weg: Er versteigert seine Geschichte beim Internet-Auktionshaus Ebay. Titel der Auktion: "Himmelsscheibe von Nebra - Schatzsucherberatung durch den Entdecker".

      Laut Angebotstext bietet Westphal ein zweistündiges Gespräch, an dem bis zu zwei Personen teilnehmen können. 251 Euro wurden bereits geboten. Der Hobby-Archäologe will seine "Gefühle und Gedanken beim Erblicken des Fundes" offenbaren. Drei, zwei, eins - Schatzsuche! In lauschiger Runde, irgendwo im Umkreis von Halle, verspricht Westphal detaillierte Auskunft "über das Auffinden und Bergen der Himmelsscheibe von Nebra" - und über "Tipps und Ratschläge der Schatzsuche" im Allgemeinen.

      Verwirrung um den Fundort

      Interessant ist vor allem ersteres. Denn um den Fundort der Himmelsscheibe gibt es seit einiger Zeit einen skurrilen Streit: Zunächst hatten die beiden Schatzsucher angegeben, das Bronzezeit-Relikt auf dem 252 Meter hohen Mittelberg nahe des Städtchens Nebra ausgebuddelt zu haben. Unzählige Expertengutachten bestätigten das auch. Doch später änderten Westphal und Renner ihre Version: Sie seien in Wirklichkeit an einem ganz anderem Ort fündig geworden. Die zunächst angegebene Stelle habe nur dazu gedient, einen Käufer an der Nase herumzuführen.



      REUTERS
      Scheibe von Nebra: Älteste konkrete Sternenabbildung der Welt
      Kompliziert wird die Sache dadurch, dass die beiden ihre ursprünglichen Angaben vor Gericht beeidet haben. Sollten sie nun auf eine andere Version umschwenken, droht ihnen ein neuer Prozess wegen Falschaussage. Und genau das ist das pikante an Westphals eBay-Vorstoß. Bis der Auktions-Hammer nicht endgültig gefallen ist, bleibt der Schutzsucher auffällig ruhig. E-Mail-Anfragen bleiben ohne Antwort, eine aktuelle Telefonnummer ist nach einem Umzug nirgends aufzutreiben.

      Immerhin bestätigt Mario Renner, Westphals Partner von einst, im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE, dass es sich bei der Angelegenheit keineswegs um einen Scherz handelt: "Ich gehe davon aus, dass er das ernst meint." Er selbst, sagt Renner, wolle aber mit der ganzen Sache nichts zu tun haben. Zu viel stehe für ihn auf dem Spiel. Bis zum Ablauf seiner Bewährungsfrist werde er sich nicht weiter zum Fundort der Scheibe äußern.

      Allerdings könnte es sein, dass ihm keine andere Wahl bleibt: Vor dem Landgericht Halle wird derzeit unter großem Medienandrang der Prozess gegen die Hehler der Himmelsscheibe neu aufgerollt. Westphal und Renner könnten dabei noch einmal als Zeugen geladen werden.

      Museum zeigt sich skeptisch

      Beim Landesmuseum für Vorgeschichte, wo die Himmelsscheibe zurzeit ausgestellt wird, interessiert man sich indes kaum für Westphals Versteigerung. Pressesprecher Alfred Reichenberger sagt im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE, er glaube nicht, dass sich im Zuge der eBay-Auktion neue Erkenntnisse zum Fundort der Himmelsscheibe ergäben: "Wir haben keine Zweifel, dass die ursprüngliche Darstellung stimmt, die von den beiden vor Gericht gemacht wurde". Henry Westphal will sich in dem zu ersteigernden Gespräch mit ihm auch zu juristischen Fragen des Unternehmens Schatzsuche äußern. "Ich werde ihnen, auf der Grundlage meiner Erfahrung, die rechtlichen Grenzen aufzeigen", heißt es im Angebotstext. Allerdings, so schränkt Westphal ein, könne er "keine Rechtsberatung erteilen".
      Avatar
      schrieb am 20.07.05 08:26:23
      Beitrag Nr. 8 ()
      Nebra/Halle. Jörg Adam ist ein honoriger Mann. Dass der Mineraloge vom Landeskriminalamt Brandenburg durch ein lange Zeit verschwiegenes Gutachten für den Landesarchäologen Harald Meller in den Verdacht geraten war, befangen zu sein, machte ihm zu schwer schaffen. Aufatmen nun am 28. Prozesstag im Verfahren um die Himmelsscheibe von Nebra: Das Gericht lehnt den Befangenheitsantrag der Verteidigung ab, Jörg Adam darf weiter aussagen. Wie der 63-Jährige das tut, zeigt, dass er ganz und gar nicht befangen ist. So gesteht er freimütig, dass die von ihm im umstrittenen Zweitgutachten untersuchten Bodenproben von einem angeblich mit der Himmelsscheibe zusammen gefundenen Beil "deutliche Unterschiede zu den Bodenproben vom Mittelberg aufweisen." Damit müsse die Herkunft zumindest dieses Beiles als ungesichert gelten. "Wir können nicht sagen, ob sich die Stelle, wo das lag, Zentimeter, Meter oder Kilometer entfernt von der anderen Stelle befindet." Einen Grund dafür macht Jörg Adam in der aus seiner Sicht keineswegs kriminalistischen Standards genügenden Erforschung der Fundstelle aus. "Normalerweise legt man da ein Raster drüber", beschreibt er, "und dann wird die gesamte Fläche systematisch untersucht." Im Fall der Himmelsscheibe hingegen war eine einzige, aus unbestimmter Tiefe entnommene Probe mit einer winzigen Erdspur verglichen worden, die von einem Chemiker des Landesmuseums für Vorgeschichte von der Scheibe gekratzt worden war. Kritik übte Adam auch an einem bisher für eminent wichtig gehaltenen Bodengutachten seines halleschen Kollegen Gregor Borg.

      Der hatte auf Bitten von Harald Meller winzige Bodenkrümchen einer so genannten Röntgendifraktion unterzogen und dabei herausgefunden, dass alle Hinweise auf eine Herkunft vom Mittelberg deuten. Adam kommentierte diese Untersuchung nun als "nicht sehr wissenschaftlich". Borg habe eine einzige Probe mit einem einzigen Verfahren untersucht, notwendig seien aber mehrere Untersuchungen mit mehreren Verfahren. "Anderenfalls bekommt man relativ wenige Informationen und neigt dazu, diese überzuinterpretieren."

      Ein gefundenes Fressen für die Verteidigung von Hildegard Burri-Bayer und Reinhold Stieber, denen die Anklage verbotenen Handel mit einem wichtigen Kulturgut vorwirft. Mit einer wahren Lawine von zehn neuen Beweisanträgen machten die beiden Verteidiger Elke Thom-Eben und Hans-Georg Kroll klar, dass ein Ende des seit fast einem Jahr andauernden Prozesses noch lange nicht in Sicht ist. Im Moment scheint es sogar, als ob die Zahl der vor einem Urteil zu klärenden Fragen von Verhandlungstag zu Verhandlungstag zunimmt. So wurde offenbar erst jetzt bekannt, dass ein Mitarbeiter des Landesamtes für Archäologie aus Hettstedt seinem Chef Harald Meller bereits im Juli 2002 Erdproben zur Verfügung stellen wollte, die seiner Ansicht nach von einer möglichen Fundstelle in Thüringen stammten. Harald Meller habe eine Untersuchung ohne Angabe von Gründen abgelehnt - obwohl seinerzeit nicht mehr über den Fundort bekannt war, als dass er sich unweit von Sangerhausen befindet. Beantragt wurde weiterhin, beim Mobilnetzbetreiber Eplus zu prüfen, ob es im Fundjahr 1999 vom Mittelberg aus möglich war, mit dem Handy zu telefonieren. Ein solches Gespräch direkt von der Fundstelle aus hatte der Finder Mario Renner geschildert, auch sein Schatzgräber-Kollege Henry Westphal hatte es bestätigt. Die Verteidigung ist der Ansicht, dass der Mittelberg damals funktechnisch noch nicht erschlossen war. "Das würde darauf hindeuten", glaubt Anwalt Hans-Georg Kroll, "dass die wahre Fundstelle woanders liegt."

      Grundsätzlich zweifelt die Verteidigung inzwischen auch die Identität der im Landesmuseum ausgestellten Scheibe mit der seinerzeit von Renner und Westphal ausgegrabenen an. Nach übereinstimmenden Angaben der beiden Finder hätte deren Scheibe einen Durchmesser von 38 Zentimetern gehabt, die im Museum ausgestellte aber messe nur 32 Zentimeter. "Wenn die Scheibe in drei Jahren soviel geschrumpft ist", folgert Anwältin Elke Thom-Eben, "dann muss sie vor 3 600 Jahren ursprünglich einen Durchmesser von rund 74 Metern gehabt haben."

      Auch dieses Rätsel müsse geklärt werden, ehe ein Urteilsspruch ergehen können. Nächste Gelegenheit dazu haben die Prozessbeteiligten am 15. August. Weitere Termine sind für Mitte September und Mitte Oktober anberaumt.
      Avatar
      schrieb am 07.09.05 23:26:27
      Beitrag Nr. 9 ()
      Himmelsscheibe von Nebra
      Erlebniszentrum wird ab 3. Oktober gebaut




      Nebra/dpa. Mit dem Bau des Erlebniszentrums am Fundort der 3600 Jahre alten «Himmelsscheibe von Nebra» wird am 3. Oktober begonnen. «Der offizielle Spatenstich wird pünktlich zur partiellen Sonnenfinsternis über Deutschland inszeniert», sagte die Sprecherin des Wirtschaftsministeriums, Jeannine Kallert. «Der rund 20 Meter hohe Komplex wird in Form einer goldenen Barke gebaut.» Das soll an ein Motiv auf der Himmelsscheibe erinnern. Die 1999 von Raubgräbern entdeckte Bronzescheibe mit Goldauflagen ist die älteste konkrete Sternenabbildung der Welt.

      Das Erlebniszentrum soll voraussichtlich 2006 fertig sein und 3,5 Millionen Euro kosten. Laut Kallert ist es nicht als Museum im herkömmlichen Sinne konzipiert. «Geplant ist mit modernsten elektronischen Projektionsverfahren, die in den USA entwickelt wurden, den Besuchern einen spektakulär Einblick in die Welt der Bronzezeit zu gewähren.» Auf rund 1400 Quadratmetern werden mehrere Präsentationsräume, eine Aussichtsterrasse, ein Café und ein Verkaufsraum entstehen. Das Land rechnet mit mindestens 100 000 Besuchern im Jahr.

      Das Erlebniszentrum ist Teil der insgesamt neun Millionen Euro teuren touristischen Bronzezeitroute «Himmelswege» im Süden Sachsen- Anhalts. Die Route führt auch an dem etwa 25 Kilometer entfernten, 7000 Jahre alten Sonnenobservatorium von Goseck (Landkreis Weißenfels) vorbei. Die Rekonstruktion dieser weltweit ältesten Anlage ihrer Art soll im Dezember dieses Jahres abgeschlossen sein.
      Avatar
      schrieb am 08.09.05 00:02:55
      Beitrag Nr. 10 ()
      Warum zum Teufel sieht die Nebra-Scheibe aus wie ein Zwinker-Smilie?!?!
      ;)


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      Himmelsscheibe - Archäologische Sensation oder Hoax?