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    Wird der Religionsstatus zu leichtfertig vergeben? - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 26.02.06 19:30:52 von
    neuester Beitrag 27.02.06 13:14:01 von
    Beiträge: 15
    ID: 1.043.274
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      schrieb am 26.02.06 19:30:52
      Beitrag Nr. 1 ()
      Man stelle sich vor, die Mafia machte ein Kirche der Offenen Brieftasche auf. Der Katechismus ist eine lose Verknüpfung von Katholizismus ohne Papst mit Robin Hood als höchstem Propheten und die stete Umverteilung von Vermögen, gegebenenfalls mit angemessenem Zwang auf die Unbußfertigen. Klingt grotesk? Die Scientology-Kirche kommt dem immerhin schon recht nahe, und zur Zeit schwankt man noch zwischen Beobachtung durch den Verfassungsschutz und Anerkennung als Religionsgemeinschaft. Die Jehovas Zeugen sind schon weiter. Anerkannte Religion, darf meines Wissens eigenen Religionsunterricht an Schulen anbieten und ist natürlich steuerlich begünstigt. Die sind zwar nicht in dem Sinne kriminell tätig, wie man es den Scientologen nachsagt und wo es dazu Präzedenzfälle gibt (ich empfehle mal dazu zu googlen - man erhält schnell einen Überblick), aber so ganz auf dem Boden unserer Verfassung stehen die Jehovas Zeugen eigentlich auch nicht. Dazu näheres in den üblichen Sektenberichten. Ich gehe darauf nicht näher ein, weil ich auf etwas anderes hinaus will.

      Der Islam hat einen Januskopf. Einerseits ist er eine Religion mit Glauben an einem höheren Wesen, Erklärung der Weltentstehung, dem Leben nach dem Tod, dem Weltende und einer Ethik. Zum anderen ist der Islam aber auch eine politische Ideologie. Und daß macht den Islam für den, der ihn einordnen will, so glitschig wie einen Aal. Bei der Scientologykirche weiß der informierte Beobachter, daß das eigentlich nur ein Abkassiermodell ist, das mal aus steuerlichen Gründen einfach zu einer Religion gemacht wurde. Der Islam hingegen ist als Religion in einer Zeit gestartet, als es diese feinsinnigen Unterschiede zwischen Religion, Recht und Politik noch nicht gab (das Alte Testament der Bibel läßt grüßen), und hat dann mangels Reformation und Zeitalter der Aufklärung im Orient nie den Schritt zur Trennung von Staat, Recht und Religion so richtig vollzogen. In mehreren islamischen Staaten gilt entweder die Scharia oder beeinflußt die Scharia zumindest das Rechtssystem. Teilweise wird (natürlich im Iran und Saudi-Arabien, ansatzweise aber auch z.B. in Ägypten oder Pakistan) der Abfall vom Glauben strafrechtlich verfolgt bis hin zur Todesstrafe (eine Strafe, die zwar alttestamentarisch Erwähnung findet, aber kein Mensch in der christlichen Welt käme auf die Idee, das hier zu ahnden).

      Da stehen wir nun vor den Muslimen in Deutschland, viele davon säkularisiert, leider aber eine starke Minderheit darunter, die eben in dem Sinne den Islam betreiben, wie es in vielen muslimischen Ländern geschieht - inklusive Scharia, und das heißt, nach unserem heutigen Verständnis nicht als Religion, sondern als politisches Bekenntnis, im Extremfall bis hin zur Forderung nach der Wiedererrichtung des Kalifats, der Rückeroberung aller irgendwann vom Islam gehaltenen Gebiete und dem Endkampf gegen die Ungläubigen. (Diese Programmatik kann man wiederum nachlesen, wenn man über das Thema Al Qaida googled - oder wenn man regelmäßig Zeitung liest).

      Wie gehen wir also mit dem Islam um? Wenn wir ehrlich wären, müßten wir unterscheiden zwischen der Religion Islam (das, was vor allem die Aleviten betreiben, und andere, die echte Muslime als zweifelhafte Muslime erleben) und dem religiös-politischen Bekenntnis Islam. Letzteres ist glasklar verfassungsfeindlich, auf die Aufhebung unserer Grundrechte gerichtet, in den radikaleren Richtungen auf den Umsturz unseres Staates. Und insoweit muß der gesamte politische Islam, inklusive dem Islamismus im engeren Sinne, vom Verfassungsschutz beobachtet und auch entsprechend sanktioniert werden.

      Warum aber gibt es keine Diskussion dazu? Warum diskutiert man darüber bisher nur mit Blick auf islamistische Organisationen als ein Terrorismusproblem, aber nicht im breiteren Sinne unter Einbeziehung der nicht direkt gewaltbereiten Muslime darüber, ob es beim politischen Islam um eine verfassungsfeindliche Gesinnung und um verfassungsfeindliche Organisationen geht? Wir sollten uns von einem entweder oder lösen - entweder Religion oder politische Ideologie. Der Islam kann als beides auftreten. Als letzteres ist er verfassungsfeindlich und angesichts seiner Möglichkeiten auch gefährlich, auch außerhalb der natürlich strafrechtlich verfolgten Terrorgruppen. Und vielleicht sollten wir daher in Deutschland auch den Begriff der Religion enger fassen, als dies bisher geschehen ist. Eine Religion darf keine politischen Inhalte vertreten. Recht und Staat müssen auf verfassungsrechtlichem Boden bleiben. Bisher leider behindern wir uns formaljuristisch selbst, wenn es um die Verfolgung des verfassungsfeindlichen politischen Islam geht. Dabei sollten uns die Gewalttaten der letzten Zeit, die zunehmenden Probleme, die Karikaturisten, Schriftsteller und Kommentatoren bei der Ausübung der Meinungsfreiheit haben, und die Bildung von Nebengesellschaften in einigen Städten eine Warnung davor sein, dieses Problem nicht mehr auf die leichte Schulter zu nehmen.
      Avatar
      schrieb am 26.02.06 20:06:43
      Beitrag Nr. 2 ()
      4forzim,

      ich glaube Du unterschätzt die "christliche" Kirche da ganz gewaltig :laugh:

      Art
      Avatar
      schrieb am 26.02.06 20:07:25
      Beitrag Nr. 3 ()
      In Hinblick auf den politischen Islam möchte ich übrigens an Parallelen zum Kommunismus/Sozialismus erinnern, die ich in einem Thread über den zweiten kalten Krieg diskutiert habe: Thread: Kein Titel für Thread 1040538

      Solche geschlossenen Ideologien, wie der Faschismus, der Sozialismus (nicht die Sozialdemokratie), der politische Islam, geraten wohl zwangsläufig in den Konflikt mit pluralistischen Gesellschaften. Wäre das Christentum noch politisch (Ansätze dazu kennt man aus den USA, zum Glück aber wird die Stärke dieser Bewegung dort eher überschätzt), würde das hier ebenso gelten. Was speziell den christlichen Fundamentalismus angeht, der ist in diversen USA-Threads schon intensiv ausdiskutiert worden und soll daher nicht Thema dieses Threads sein, bei dem es um den Status des politischen Islam geht.
      Avatar
      schrieb am 26.02.06 20:09:31
      Beitrag Nr. 4 ()
      [posting]20.394.133 von for4zim am 26.02.06 20:07:25[/posting]for4Zim,

      das mußt Du nicht extra erwähnen; das versteht sich doch bei den Beiträgen aus dem neo-konservativen Think Tank von ganz alleine...

      Art
      Avatar
      schrieb am 26.02.06 20:29:44
      Beitrag Nr. 5 ()
      ArtBechstein - ich bin nicht konservativ, erst recht nicht neo. Und ich gehöre auch keinem der Think Tanks an. Würde es Dir gefallen, wenn man Dir auf eine ausführliche Erörterung als Antwort einen Einzeiler mit dem Vorwurf "Neosozialist" an den Kopf würfe?

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      schrieb am 27.02.06 00:04:52
      Beitrag Nr. 6 ()
      1,

      worüber möchtest du nun denn diskutieren?


      der threadtitel gibt eigentlich etwas anderes vor, als der Inhalt deines Eingangspostings; auch wenn du das Thema in den ersten Sätzen kurz angerissen hast.

      Scientology wurde doch auf Druck der USA als Religionsgemeinschaft in D offiziell anerkannt.

      Also doch lieber über : wie gehen wir mit dem Islam um?
      Avatar
      schrieb am 27.02.06 00:08:05
      Beitrag Nr. 7 ()
      [posting]20.393.838 von for4zim am 26.02.06 19:30:52[/posting]for4zim,

      ich glaube, man erst mal klären, was eine Religion und was eine Kirche, Religionsgemeinschaft oder religiöse Vereinigung ist.

      Dein Eingangsbeispiel steht übrigens in Widerspruch zu deiner Forderung in #3, das Christentum (oder den christlichen Fundamentalismus) aus diesem Thread herauszuhalten. Dort redest du davon, dass die Mafia eine ,,Kirche" gründen könnte - etwas, was es Islam m.W. nicht gibt.

      Den Januskopf des Islam sehe ich auch: Einerseits eine spirituelle Religion - andererseits der weltliche (auf die Scharia gegründete) Machtanspruch der Geistlichkeit.

      Dass dieses Doppelgesicht vermutlich allen (zumindest allen monotheistischen) Religionen eigen ist sollten wir allerdings aus der Geschichte gelernt haben. Das Christentum hat sich mittlerweile nach langen Kämpfen nolens volens mit dem säkularen Staat arrangiert (wenn man mal von Versuchen einiger Fundamentalisten absieht, z.B. in den USA das Rad der Geschichte zurückzudrehen).


      Worauf ich hinaus will: Wir müssen strikt trennen zwischen Religionen (die unter dem Schutz des Grundgesetzes stehen) und Religionsgemeinschaften (Kirchen, Sekten, ,,religiösen" Vereinigungen), die durchaus mit der Verfassung oder unserer Rechtsordnung in Konflikt geraten können oder ihr sogar diametral widersprechen. Dies würde selbstveständlich dein Eingangsbeispiel einer Mafia-Kirche gelten. Dies könnte auch auf eine Christliche Sekte zutreffen und natürlich auf islami(sti)sche Vereinigungen. In Hinblick darauf gibt es auch schon Präzedenzfälle, also verbotene islami(sti)sche Gemeinschaften wie die Vereinigung Milli Görüs.

      Diese Abgrenzumg findet sich übrigens auch bei unseren Verfassungsschützern. Z.B. heißt es im [URLVerfassungsschutzbericht NRW]http://www.im.nrw.de/sch/559.htm[/URL], in dem sich eine detaillierte Beschreibung der verschiedenen verfassungsfeindlichen islamistischen Gruppen befindet:

      Der Islamismus ist eine politische Ideologie, die sich einer religiösen Sprache bedient und dabei gleichzeitig den Anspruch erhebt, die einzig wahre Auslegung des islamischen Glaubens zu sein. Der Islamismus ist ein Gegenentwurf zu westlichen Wert- und Ordnungsvorstellungen mit totalitären, die Grundrechte des Individuums einschränkenden Zügen.

      ...

      Es kann nicht oft genug betont werden, dass die Ideologie des Islamismus nicht mit der Religion Islam, und dass Islamisten nicht mit Muslimen gleichgesetzt werden dürfen. Auch eine pauschale Gleichsetzung von Islamisten und Terroristen ist aus Sicht des Verfassungsschutzes nicht haltbar.



      Diskutieren muss man also allenfalls darüber, ob der Status einer Religionsgemeinschaft zu leichfertig vergeben wird bzw. zu große Privilegien impliziert. Auf ganze Religionen (Christentum, Islam, Judentum, Buddhismus etc.) kann sich dies m.E. nicht beziehen. Art. 4 GG bezieht sich nur auf die Freiheit des Bekenntnisses und der Religionsausübung - und gibt keineswegs Privilegien, etwa Gesetze zu brechen. (Interessant in diesem Zusammenhang ist allerdings die Regelung für das Schächten; dort werden Ausnahmetatbestände vom Tierschutzgesetz für Juden und mit erheblichen Einschränkungen für Moslems geschaffen.)
      Avatar
      schrieb am 27.02.06 00:55:35
      Beitrag Nr. 8 ()
      [posting]20.393.838 von for4zim am 26.02.06 19:30:52[/posting]Ich habe Deinen Text sogar zweimal gelesen, aber verstehe leider immer noch nicht worauf Du hinaus willst.

      Der Islam ist ohne jeden Zweifel eine Religion und meines Wissens nach wird er als solche auch in allen Staaten der Welt anerkannt. Zumindest ist mir kein Staat bekannt, in dem das nicht der Fall ist.

      Wie Du selbst feststellst, muss man unterscheiden zwischen der Religion Islam und religiös -politischem Bekenntnis Islam. Nur der Islam ist als Religion anerkannt und dass es unter den Mitgliedern dieser Glaubensgemeinschaft auch Verfassungsfeinde gibt, rechtfertigt nicht dem Islam den Staatus als Religionsgemeinschaft abzuerkennen.
      Selbst der religiös-politische Islam stellt nicht zwangsläufig eine verfassungsfeindliche Gesinnung dar, genau wie religiös -politisches Christentum oder religiös - politisches Judentum nicht grundsätzlich verfassungsfeindlich sind. Sie könnten es aber sein, so ist z.B. die Partei der bibeltreuen Christen, die regelmäßig an Bundestagswahlen teilnimmt, zumindest verfassungsrechtlich grenzwertig, wenn sie " ein Deutschland nach Gottes Geboten" einfordert.

      Da hilft nur die Einzelbetrachtung bestimmer Einzelpersonen und Gruppen und deren religiös-politisch motivierten Ziele. Für deren Beobachtung ist der Verfassungsschutz zuständig. Vor dieser Beobachtung schützt der Status als Religionsgemeinschaft nicht.

      Die Frage, ob eine Religiongemeinschaft auch politische Inhalte verteten darf oder nicht , ist sicher sehr interessant. Bislang darf sie das und von diesem Recht machen nicht nur muslimische, sondern auch christliche und jüdische Organisationen in Deutschland Gebrauch.
      Ich sehe auch keine Möglichkeit Vertretern von Religionsgemeinschaften grundsätzlich die politische Betätigung zu untersagen.
      Das wäre nur dann möglich, wenn man die ganze Religionsgemeinschaft als verfassungsfeindlich einstufen würde, aber das ist beim Islam ja nicht der Fall.
      Avatar
      schrieb am 27.02.06 01:11:50
      Beitrag Nr. 9 ()
      Sehr interessant, rv, danke.

      Inwiefern schützt das Grundgesetz Religionen, welche Religionen gibt es? Oder kann dauernd eine neue Religion entstehen? Kann es auch sein, dass irgendwelche Spinnereien nicht als Religion anerkannt werden, wer entscheidet das? So einfach scheint das alles nicht zu sein. Die Gerichte entscheiden da, so weit ich sehe, hin und her.
      Hast du einen guten link zu alledem.

      Du sprichst davon, dass man zwischen Religionen und Religionsgemeinschaften unterscheiden muss. Was ist das eine, was das andere.:confused: Kann es z.B. sein, dass in D zwar die Religion anerkannt wird, jedoch alle Religionsgemeinschaften, die diese ausüben wollen, als verfassungswidrig verboten werden?
      Avatar
      schrieb am 27.02.06 08:55:32
      Beitrag Nr. 10 ()
      1 #

      das praktische problem wird sein, das die betroffenen - die moslems - mit unverständnis reagieren werden, wenn du ihnen einen unterschied zwischen einem spirituellen islam - der in ordnung geht, und einem politischen (nicht nur fundamentalistischen) islam - der geheimdienstlich überwacht gehört verklickern willst.

      ich denke da wirst du auf unverständnis und ablehnung stossen, kontraproduktiv richtungsgebend wirken.

      meiner meinung nach fehlt mal wieder eine eindeutige stellungnahme höchster - allerhöchster - instanzen.

      es fehlt an einer öffentlich-medialen stellung- und richtungsweisung der bundeskanzlerin und des bundespräsidenten - direkt gerichtet an die moslems hier im lande.

      das versagen der politischen entscheidungsträger auf dem gebiet der ausländerpolitik klar stellung zu beziehen ist schon fast kriminell.

      der deutsche staat muss laut und vernehmbar verkünden, das in deutschland die freiheitlich-demokratische grundordnung fußend auf dem grundgesetz gilt - und dies ausschließlich - das gesetzgebenwollende religiöse bestimmungen keinen, aber auch überhaupt keinen schutz bei strafrechtlich relevanten handlungen bieten.

      die feigheit der hauptakteuer sich öffentlich an die ausländischen mitbürger zu wenden, sie direkt anzusprechen, die feigheit mit amt und person diesem thema gesellschaftliche bedeutung geben zu wollen ist unfassbar.

      die ganzen diskussionen gleichen einem unendlichen gewusel, das mehr oder weniger bedeutungslos an der islamischen gemeinde im lande vorbei geht - dieser fehler, den auch du machst - das thema erstmal untereinander auszudiskutieren - ohne die betroffenen direkt miteinzubeziehen.

      die betroffenen müssen direkt angesprochen werden und zwar stellvertretend für diese gesellschaft von der chefin selbst - das ist notwendig um überhaupt eine antwort erhalten zu können.
      Avatar
      schrieb am 27.02.06 11:44:29
      Beitrag Nr. 11 ()
      Das ganze Problem wäre einfach zu lösen:

      Man verteilt einfach überhauptkeine rechtsstaatliche Weihe mehr. Private Vereine, private Finanzen, privatrechtliche Verantwortung für Straftaten und den Aufruf zu Straftaten. Statt Religion gibt es eine Stunde Deutsch mehr pro Woche. Dann können auch keine harmlosen oder nicht harmlosen "Zeugen Jehovas" (völlig zu Recht m.E.) vor Gericht eine Gleichstellung mit den christlichen Mehrheitsfraktionen einklagen.

      Aber nachdem eine führende Religionsfunktionärin "Bildungsministerin" ist, wird das wohl Wunschdenken bleiben.
      Avatar
      schrieb am 27.02.06 12:01:39
      Beitrag Nr. 12 ()
      #11
      Auch wenn ich bis jetzt nicht weiß, was diese Anerkennung als Religion und der Unterschied zu einer "Religionsgemeinschaft" ist, klingt das, was du schreibst, sehr nachvollziehbar:)
      Avatar
      schrieb am 27.02.06 12:59:48
      Beitrag Nr. 13 ()
      Ich habe den Unterschied bei rv auch nicht so ganz verstanden. Ich gehe davon aus, daß eine Religionsgemeinschaft eine Religion hat - diese ist also das Bekenntnis der Gemeinschaft. Eine solche Gemeinschaft kann sich dann als eine Kirche institutionalisieren.

      Was den Islam angeht - bei dem gibt es zum einen die Islamisten. Die wollen gewaltsam den islamistischen Gottesstaat errichten, üblicherweise (nach meinem Kenntnisstand) als Kalifat, das alle Moslems einigt und alle jemals von Moslems eroberten Gebiete zurückerobert, schließlich eine islamische Dominanz über der Welt erreicht, durch die nach und nach die gesamte Welt islamisch wird.

      Davon abzugrenzen sind Moslems, die nicht in terroristischen Vereinigungen organisiert sind und meistens auch kein gewaltsames Vorgehen anstreben, aber den Islam nicht als rein religiöses Bekenntnis auffassen, sondern als ein zugleich politisches, und daher z.B. die Scharia als Rechtssystem wünschen. Schließlich gibt es die Moslems, die den Islam nur noch religiös auffassen, aber z.B. das vorhandene Rechtssystem und die Trennung von Staat und Religion akzeptieren.

      Um mit einem schlechten Beispiel jede Unklarheit zu beseitigen: die Islamisten sind z.B. die RAF und ihr unmittelbarer Sympathisantenkreis oder Wehrsport- und gewalttätige Skinheadgruppen, die politischen Moslems sind z.B. vergleichbar der DKP, der PDS oder der DVU und der NPD - nicht gewalttätig, aber trotzdem verfassungsfeindlich und daher zu beobachten.

      Das Problem ist, daß mit der gegenwärtigen Auffassung von Religionen und Religionsgemeinschaften der Religionsbegriff so weit gefaßt ist, daß wir dem politischen Islam gar nicht beikommen. Wir können Rechtsmittel nur gegen den harten Kern der Islamisten in Anschlag bringen, die unmittelbar für Gewalt eintreten, und selbst hier gibt es in den Moscheen Räume, in die der Verfassungsschutz nur schwer eintreten kann.

      Es wäre also wünschenswert, die Gesetzesauslegung oder sogar die Gesetze so zu ändern, daß es gelingt, den religiösen Islam und den politischen Islam zu trennen und letzteren wie den extremistischen Islamismus der Arbeit des Verfassungsschutzes zugänglich zu machen, zumindest aber den Schutz des religiösen Status zu entziehen. Ich gebe zu, daß das eine sehr schwierige Aufgabe ist.

      Für politisch verstandenes Christentum müßte natürlich gleiches gelten. Die wenigen Sekten, die darunter fallen, sind allerdings in Deutschland keien signifikante Größe, aber es soll erwähnt werden. Und vielleicht, da ich es als Beispiel genannt hatte, würde dann auch eine eindeutigere Haltung zur Scientology-Kirche gelingen, die ja auch verfassungsfeindliche Ziele verfolgt, ohne dabei Bomben zu schmeißen. Es geht eben nicht allein um die terroristischen Gruppen, sondern auch gegen die, die auf anderem Wege unseren Rechtsstaat gefährden.
      Avatar
      schrieb am 27.02.06 13:07:30
      Beitrag Nr. 14 ()
      [posting]20.399.980 von minister.grasser am 27.02.06 12:01:39[/posting]"Religionen" steht aus irgendwelchen Gründen unter dem besonderen Schutz der dt. Rechtsordnung, die damit beginnt, daß ich zwar "CSU", nicht aber "Koran" auf Toilettenpapier drucken darf.
      Avatar
      schrieb am 27.02.06 13:14:01
      Beitrag Nr. 15 ()
      #1

      Meine Meinung: JA.


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