checkAd

    Die "Finanzkrise" - Vorbereitungen zu einer "Bad Bank" schon 2003 - 500 Beiträge pro Seite (Seite 2)

    eröffnet am 28.12.08 15:32:47 von
    neuester Beitrag 28.08.09 13:26:18 von
    Beiträge: 665
    ID: 1.147.126
    Aufrufe heute: 0
    Gesamt: 41.067
    Aktive User: 0


     Durchsuchen
    • 2

    Begriffe und/oder Benutzer

     

    Top-Postings

     Ja Nein
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 05:11:22
      Beitrag Nr. 501 ()
      Guten Morgen,

      was will uns der heutige Tag sagen...



      „Die EZB überzeugt mich nicht“
      Interview mit Robert A. Mundell

      Mit seiner Theorie der optimalen Währungsräume schuf Robert A. Mundell die theoretische Blaupause des Euro.

      Die Gemeinschaftswährung Euro ist zum Jahreswechsel acht Jahre alt geworden. Seit fünf Jahren haben viele Europäer das neue Bargeld in ihren Geldbörsen. Ist der Euro ein Erfolg?
      Ich glaube schon, der Euro ist stabil und die zweitwichtigste Währung der Welt. Jedes Unternehmen in den Euro-Ländern hat Zugriff auf einen großen, einheitlichen Kapitalmarkt. Das ist ein Erfolg.

      In Deutschland gibt es laut Umfragen immer noch viele Bürger, die sich die D-Mark zurückwünschen.
      Die Mark war eine wunderbare Währung mit großen Erfolgen und großem Vertrauen. Sie war damit aber alleine unter den europäischen Währungen. Immer wenn es eine Spekulation gegen den Dollar gab, schoss die Mark nach oben. Deutschland hat in den vergangenen Jahren einen Exportboom verzeichnet. Das hätte den Kurs der Mark enorm nach oben getrieben. Der Euro ist für Deutschland ein wirksames Mittel, Aufwertungen zu begrenzen.

      Nicht überall wird der Euro als eine Erfolgsgeschichte gesehen. In Italien gibt es sogar Stimmen für einen Austritt aus dem Verbund, weil die italienische Leichtindustrie wegen des starken Euro immer mehr unter Druck gerät.
      Diese Stimmen kommen vor allem aus der Lega Nord, sie finden in Italien aber keine Resonanz. Natürlich gibt es in Italien Sorgen wegen der Aufwertungstendenz des Euro. Aber die Italiener wissen auch, dass ein Ausstieg aus dem Euro die Inflation zurückbringen würde.

      Es ist aber eine Tatsache, dass Italien derzeit Jobs exportiert, vor allem nach China. Hat der Euro nichts mit dieser Entwicklung zu tun?
      Das ist nicht in erster Linie eine Frage der Wechselkurse. In Italien kostet eine Arbeitsstunde zwischen 15 und 20 Euro, in China 80 Cents. Dieses Problem schaffen Sie mit keinem Wechselkurs aus der Welt. Italien hat ein ähnliches Problem wie Deutschland. Die Arbeit ist teuer, weil sie hoch besteuert ist und praktisch alle Lasten der Sozialversicherung tragen muss. Unternehmer klagen immer über eine zu starke Währung. Abwertungen schaffen aber keine neue Ressourcen, sie bewirken nur eine Umverteilung innerhalb der Volkswirtschaft. So müssen zum Beispiel Rentner für eine Abwertung zahlen, weil ihre Kaufkraft sinkt.

      Wie bewerten Sie die Währungspolitik der Europäischen Zentralbank?
      Ich habe 2000 für eine klare Begrenzung des Euro-Dollar-Kurses nach unten plädiert, etwa zwischen 90 und 95 Cents. Diese Grenze hätte die Zentralbank explizit ankündigen und verteidigen müssen. Das hätte sich später sehr ausgezahlt. Wenn die Bank einen Boden von 95 Cent angekündigt hätte, hätte sie bei einem steigenden Euro auch eine Obergrenze von 1,15 Dollar einziehen können, ohne sich dem Vorwurf auszusetzen, nur bei einem starken Euro zu intervenieren.

      Die neunziger Jahre haben gezeigt, dass Interventionen von Zentralbanken wirkungslos verpuffen, weil immense Gelder an den Devisenmärkten zirkulieren.
      Das stimmt nicht unbedingt. Man erinnere sich an das Jahr 1998, als elf europäische Länder feste Währungskurse untereinander ankündigten. Gab es eine Spekulation gegen das festgelegte Verhältnis zwischen D-Mark und Franc? Die gab es nicht, nicht einmal in Ansätzen. Die Märkte akzeptierten, dass hier eine klare und glaubhafte Politik formuliert wurde. Es gibt natürlich Voraussetzungen für erfolgreiche Interventionen. Dazu gehörten die Ankündigung eines klaren Wechselkursziels und konzertierte Aktionen aller Partner. Die Europäische Zentralbank hat immerhin Zugang zu rund 500 Milliarden Dollar Währungsreserven. Warum baut man so große Reserven auf, wenn man gleichzeitig darauf insistiert, sie nie nutzen zu wollen?

      Gibt es Anzeichen für eine Veränderung der EZB-Politik?
      Unter dem ehemaligen EZB-Chef Wim Duisenberg hat es dafür keine Chance gegeben, weil er der Linie der Bundesbank gefolgt ist, wonach Wechselkursschwankungen keine Rolle spielen. Der jetzige Präsident Jean-Claude Trichet glaubt das nicht, den Anstieg des Euro auf über 1,20 Dollar vor zwei Jahren hat er als „brutal“ bezeichnet. Aber Trichet muss Glaubwürdigkeit und Kontinuität bewahren. Er allein kann den Kurs nicht radikal ändern.

      Das Entscheidungsgremium der EZB ist sehr groß. Wird zu viel geredet und zu wenig entschieden?
      Viele Mitglieder des EZB-Direktoriums verhalten sich wie Bürokraten. Sie sind vorsichtig und wollen sich Karrierechancen nicht verderben. Trichet ist sicher fähig zu Führerschaft. Ich weiß aber nicht, wie Trichet denkt. Aber selbst wenn er persönlich für Veränderungen wäre, so glaube ich trotzdem nicht, dass er dafür einen offenen Konflikt in der EZB riskieren könnte. Bisher überzeugt mich die Arbeit der EZB jedenfalls nicht. Aber die EZB erfährt zu wenig Druck von außen, ihre Politik zu verändern.

      Das Interview führte Wolfgang Glabus

      Quelle: http://www.cicero.de/97.php?item=1666&ress_id=1 …
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 05:16:31
      Beitrag Nr. 502 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.380.182 von Maraho am 15.01.09 13:02:21Ein Nachruf auf Georg W. ...

      Bushs Bilanz
      Verlorene Jahre
      Nach acht Jahren tut George W. Bush das, was viele Amerikaner sich schon früher gewünscht haben: Er verlässt das Weiße Haus. Wie der 43. Präsident der USA scheiterte.

      Weiterführend: http://www.sueddeutsche.de/politik/55/454736/text/ …
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 05:21:35
      Beitrag Nr. 503 ()
      Dieses bange Gefühl
      Investmentbanking: Tiefpunkt kommt noch

      von Jeffrey Goldfarb und breakingsviews.com


      Nachdem Lehman Brothers pleite ging, schien das Investmentbanking den absoluten Tiefpunkt erreicht zu haben. Der Kollaps der US-Bank brachte die ganze Branche ins Schleudern. Verluste häuften sich auf, und die Straßen von Manhattan und London waren übersät mit entlassenen Bankern. Dieser Aufruhr scheint aber noch nicht den Boden markiert zu haben. Es sieht nun so aus, als ob er bloß der Wegweiser in einen noch steilen Abstieg gewesen ist.

      Lehman-Mitarbeiter räumen nach er Pleite der US-Investmentbank ihre Büros. Die Lehman-Pleite hat noch nicht den Tiefpunkt des Investment-Bankings markiert, glaubt Jeffrey Goldfarb. Foto: Reuters
      Der Dezember erweist sich als ein verheerender Monat. Vermeintliche Überlebende haben bereits größere Probleme enthüllt. Die Deutsche Bank, die durch die Krise geschickter als andere steuerte, verlor fast fünf Milliarden Euro im vierten Quartal durch schlechten Aktien- und Rentenhandel. Barclays, die ihre Angestelltenzahl stabil halten wollte, um Marktanteile im Investmentbanking zu gewinne, entließ am Dienstag in dieser Sparte 2 100 Angestellte, weitere 2 100 wurden am nächsten Tag in der Privatkunden- und Gewerbesparte freigesetzt.

      Bank of America, die Merrill Lynch zu Hilfe kamen, steht Berichten zufolge kurz vor dem Erhalt weiterer Dollar-Steuermilliarden zur Stützung der taumelnden Investmentbank. Sogar die Investmentbank von JP Morgan verbuchte hohe Verluste.

      Die meisten Geschäftsbereiche haben gelitten. Finanzdienstleister, die ganz oder überwiegend auf die Bedienung von Hedgefonds ausgerichtet sind, werden davon aufgeschreckt sein, dass allein im letzten Monat ein Rekordvolumen von 150 Milliarden US-Dollar, das entspricht zehn Prozent der Branchenvermögenswerte, aus den Hedgefonds abgezogen wurde, für die sie tätig sind. Thomson Reuters zufolge war es der schlechteste Dezember für Wertpapieremissionen seit 2002, November und Dezember waren die zwei schlechtesten Monate für Fusionen und Übernahmen seit September 2004. JPMorgan-Chef Jamie Dimon hat sogar angedeutet, dass sich die früher lukrativen Geschäfte mit fremdfinanzierten Ausleihungen und Wertpapierverbriefungen niemals erholen werden.

      Das könnten besonders schlechte Vorzeichen für Goldman Sachs und Morgan Stanley sein. Die beiden früher als Investmentbanken bekannten Bankholdings haben bereits Verluste erlitten und Arbeitsplätze gestrichen, ihre Quartale endeten aber im November. Das bedeutet, das Goldman und Morgan Stanley ihre neuen Rollen in einem neuen Loch begonnen haben, wenn die sich abzeichnende Momentaufnahme der Märkte richtig ist.

      Breiter betrachtet scheint der wachsende Berg schlechter Nachrichten anzudeuten, dass die Bedingungen im gesamten Investmentbanking noch schlechter werden könnten, bevor sie sich bessern. Gewinne werden trügerischer sein, als man zuvor dachte. Die Stellenverluste werden zunehmen. Der Boden, der bereits nah zu sein schien, scheint außer Sichtweite geraten zu sein.

      Quelle: http://www.handelsblatt.com/finanzen/breakingviews/inv…
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 05:31:04
      Beitrag Nr. 504 ()
      So habe ich das noch nicht gesehen... :laugh:


      RTL-Pionier Meiser über Privatfernsehen
      "Teilweise entsetzlicher Schrott"

      Vom ersten Sendetag an arbeitet Hans Meiser für RTL. Zum 25. Geburtstag des Privat-TVs spricht er über chaotische Anfänge bei RTL und verrät, warum er nie ins "Dschungelcamp" einziehen würde.


      taz: Herr Meiser, wann gehen Sie ins "Dschungelcamp"?

      Hans Meiser: Das können Sie vergessen.

      Aber gefragt wurden Sie doch bestimmt schon? Immerhin sind Sie seit 2006 nicht mehr regelmäßig im Fernsehen zu sehen.

      Nein. Ich wurde nie gefragt, die Macher wissen, dass ich ihnen die Tür vor der Nase zuschlagen würde.

      Ihr Kollege Björn-Hergen Schimpf, wie Sie RTL-Mann der ersten Stunde, war in der dritten Staffel dabei.

      Warum auch nicht? Ist doch in Ordnung. Das muss jeder für sich selbst entscheiden.

      Warum schließen Sie eine Teilnahme für sich aus?

      Zum Beispiel weil ich im Fernsehen nicht gerne scheiße aussehe. In den Vorstellungsfilmchen sind das alles so gestylte Typen und kaum sind die einen Tag im Camp, sehen alle aus, als wären sie unter die Straßenwalze gekommen. Das aufklärerische Fernsehen hat die Leute wirklich entehrt.

      Aber Sie gucken es sich trotzdem an?

      Wir haben gestern Abend zehn Minuten gesehen, aber wirklich nur zehn Minuten.

      Fühlen Sie sich von "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!" gut unterhalten?

      Es ist wie alle Shows bei RTL professionell gemacht, das ja, aber ich bin kaum noch in der Lage, mich in Illusionen fallen zu lassen, was eigentlich sehr traurig ist. Als ich neulich mit meinem Sohn in "Madagascar II" war, wusste ich immer schon vorher, was passieren würde, und konnte das auch nicht für mich behalten, womit ich den Zorn der Umsitzenden auf mich zog. Aber unabhängig davon habe ich den Eindruck, dass das "Dschungelcamp" sich allmählich abnutzt, totläuft. Das ist wie bei "Big Brother". Von unserem früheren Büro aus konnten wir den Container sehen, vor dem jeden Tag Hunderte von Fans standen, heute friert da freiwillig kein Mensch mehr.

      In diesen Tagen feiert RTL seinen 25. Geburtstag. Sie sind dem Sender sogar schon länger verbunden, waren vorher beim RTL-Hörfunk. Wie kam es zum Wechsel?

      Dr. Thoma hat mich gezwungen.

      Wie hat der damalige RTL-Chef das angestellt?

      Ich kam von einer Reportagereise aus dem Iran zurück, Nachtflug über Paris nach Luxemburg, bin nachmittags um fünf ins Studio gefahren, todmüde und unrasiert, da sagte Thoma zu mir: "Wissen S was, wir müssen die Nachrichten neu machen, mit dem Mann, der das gerade macht, funktioniert das nicht. Ich brauche Sie." Eine Bitte, die ich ihm nicht abschlagen konnte. Dabei wollte ich eigentlich nie wieder Nachrichten machen, das hatte ich jahrhundertelang beim Hörfunk gemacht. Und außerdem war mir als gelerntem Hörfunkmann Fernsehen grundsätzlich suspekt - dieser absurde Aufwand, all diese Menschen im Studio! Beim Hörfunk braucht man nur ein Mikrofon.

      Wann haben Sie aufgehört, Ihren Radiozeiten nachzutrauern?

      Ich trauere dem Hörfunk heute immer noch nach. Hörfunk ist das spontanere Medium, da muss der Einzelne weitaus mehr können, weil er auf sich alleine gestellt ist und sich nicht auf die schlechte Regie oder Kamera rausreden kann. Andererseits hat mir Fernsehen aber auch sehr schnell sehr viel Spaß gemacht, weil man ein viel direkteres Feedback bekommt als beim Hörfunk. Dass man um drei Nackenwirbel wächst, wenn man auf der Straße angesprochen wird, gibt sich allerdings schnell wieder.

      Wie sehr haben Sie sich damals als Pionier gefühlt?

      Gar nicht. Dafür hatten wir überhaupt keine Zeit. Weil wir chronisch unterbesetzt waren, das ganze Programm wurde von nur 25 Leuten gemacht, haben wir damals von morgens um neun bis abends um zehn gearbeitet. An den Wochenenden musste der "Starmoderator" mit einem Volontär die 20-minütige Nachrichtensendung zusammenbasteln, sodass wir oft einfach nicht mehr dazu kamen, die Beiträge zu vertonen und ich sie dann live im Studio gesprochen habe.

      Improvisation war also alles.

      Ja, natürlich. Wir sendeten anfangs ja aus einer Fabrikhalle, die wir angemietet hatten, und nie aus einer Garage, wie immer wieder behauptet wird. Die hatte nur ein dünnes Blechdach. Und wenn der Wind ungünstig stand und die Aeroflot zweimal in der Woche nach ihrem Tankstopp in Luxemburg gen Lima startete, verstand man im Studio sein eigenes Wort nicht mehr - und die Zuschauer schon gar nicht. Also haben wir jedes Mal, wenn wir das Geräusch kommen hörten, möglichst schnell gesprochen, um einen Beitrag abzupfeifen, bevor das Ding über uns hinwegflog.

      Und heute? Fühlen Sie sich wenigstens heute als Veteran?

      Das interessiert doch keinen. Fernsehmacher neigen da zu maßloser Selbstüberschätzung. Neulich saß ich in Köln im Restaurant und hörte von einem Nebentisch immer nur laut "Wenn ich im Sender bin, wenn ich im Sender bin" - von einer Praktikantin, wie sich später herausstellte. Bei solch einer Wichtigtuerei könnte ich brechen.

      Sie haben mal gesagt, dass RTL Ihnen "unheimlich viel zu verdanken" habe - aber auch umgekehrt. Was überwiegt?

      Ach, wissen Sie, ich hatte im Mathe-Abi eine Fünf, ich weiß nur, dass es so was gibt wie Gleichungen und dass die aufgehen müssen, und diese Gleichung geht schlichtweg auf. Wir haben dem Sender ermöglicht, Fernsehen zu machen, und er hat unseren Einsatz honoriert - wenn auch anfangs nicht finanziell. Die Bezahlung war katastrophal. Ich habe einmal neun Wochen durchgearbeitet, und als ich einen Tag freihaben wollte, weil ich einfach nicht mehr konnte, hat der damalige Chefredakteur das "Arbeitsverweigerung" genannt. Da habe ich meinen Job bei den Nachrichten gekündigt.

      Ihrer Karriere hat das keinen Abbruch getan. Richtig berühmt wurden sie ab 1992 durch "Hans Meiser", den ersten deutschen Daily-Talk. Die FAZ schrieb, dass man in Ihrer Sendung "mehr über die deutsche Wirklichkeit lernt als in gut gemeinten Sozialreportagen".

      So war es ja auch. Wir waren zum Beispiel die Ersten, die einen "Sozialschmarotzer" in der Sendung hatten oder Scientology-Mitglieder. Das war ein absolutes Novum damals im deutschen Fernsehen.

      Und fand schnell Nachahmer, das Nachmittagsprogramm war plötzlich voll von Formaten, in denen Normalos ihren Alltag ausbreiteten.

      Daran mussten sich die Zuschauer erst mal gewöhnen. In den ersten Wochen waren die Quoten katastrophal, dann schossen sie über Nacht in die Höhe - auf bis zu fünf Millionen Zuschauer pro Sendung. Diesen Erfolg verdanke ich vor allem der gewissenhaften Vorbereitung meiner Redaktion, die mir für jede Sendung ein 40- bis 60-seitiges Dossier zusammenstellte. Ich wusste alle Antworten meiner Gäste vorher und auch, wie es in deren Treppenhaus riecht.

      Wurden Sie jemals überrascht?

      Ja, einmal, von Frank Elstner, der mich für eine Sendung veräppelt hat, und dann hat auch mal ein Kameramann während der Livesendung ins Studio gekotzt und zwei Ponys haben sich erleichtert, aber ansonsten waren wir immer gut gewappnet.

      Je größer der Konkurrenzkampf unter den Daily-Talks wurde, desto niveauloser wurden die Themen - auch bei "Hans Meiser". Warum haben Sie das mitgemacht?

      Stimmt. Wir hatten später auch Themen wie "Ich bin dick und liebe mich trotzdem". Damit haben wir nicht unbedingt gepunktet, aber ich bin der Meinung, dass eine Talkshow wie meine - natürlich ein bisschen moderner gestaltet - auch heute noch funktionieren würde.

      Das war nicht meine Frage. Ich wollte wissen, warum Sie sich haben verbiegen lassen.

      Heute ist meine Produktionsfirma ein kleiner Laden, der sich auf wenige Formate konzentriert. Damals haben wir unheimlich viel gemacht.

      Das mag ja sein. Aber "Hans Meiser" war das Flagschiff, und zudem waren Sie persönlich an der Entstehung jeder Sendung beteiligt.

      Das ist … ich weiß es auch nicht. So eine Sendung macht ja nicht einer allein. Da ruft der Sender an und sagt, hört mal, die Quote war in den letzten Wochen nicht besonders toll, gebt doch mal ein bisschen mehr Gas.

      Ihre Antwort enttäuscht mich ein bisschen, diese Fremdgesteuertheit passt nicht zum Bild des kritischen Geistes, das Sie in diesem Gespräch vermitteln.

      Mag sein, dass ich dieser Entwicklung zu wenig offensiv entgegengetreten bin.

      2006 wurde mit "Notruf" Ihre letzte regelmäßige Sendung eingestellt. Was machen Sie heute?

      Wir produzieren hier bei "creatv" Formate für Sender wie den MDR und RTL, aber auch für Firmen. Gerade verhandeln wir mit einem kleineren Privatsender über ein Talkformat, das es so im deutschen Fernsehen noch nicht gab. Damit tingele ich jetzt seit acht Jahren durch die Sender. Das ist keine Seltenheit, Entscheider und Ausdenker im Fernsehen reden häufig aneinander vorbei.

      Zum Abschluss, Herr Meiser, was hat das Privatfernsehen gebracht - im Guten wie im Schlechten?

      Im Guten natürlich Vielfalt, die auch das Programm der ehemaligen Monopolisten ARD und ZDF besser gemacht hat, etwa im Nachrichtenbereich, im Schlechten, dass teilweise entsetzlicher Schrott läuft - mit Moderatoren, die noch nicht mal vom Teleprompter ablesen können, und Sendern wie Astro TV, für mich die schamloseste, größte Publikumsverarschung aller Zeiten. Wie in diesen Sendungen mit den Sorgen einsamer Menschen Geld gescheffelt wird, ist einfach widerlich.

      Quelle: http://www.taz.de/1/leben/medien/artikel/1/teilw…
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 05:34:04
      Beitrag Nr. 505 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.385.829 von Maraho am 16.01.09 05:11:22Kommentar: Unbekanntes Terrain voraus


      Die Wirtschaftskrise ist als bittere aber nicht mehr zu leugnende Realität im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) angekommen. Während die Währungshüter sich lange trotz eigener geldpolitischer Lockerungsübungen dagegen gesträubt hatten, sich zu dem globalen Club der aggressiven Zinssenker zu bekennen, ist dies nach der gestrigen Zinssenkung um weitere 50 Basispunkte auf 2,0 % anders. Nicht nur, dass nach dem um insgesamt 225 Basispunkte gekappten Zins in nur drei Monaten die Fakten eine klare Sprache sprechen. Auch die Kommunikation der "EasyB", wie Analysten mitunter spotten, ist offensiver geworden.

      EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hat zwar deutlich gemacht, dass sich am Mandat der Notenbank nichts geändert hat. Nach wie vor sei "die eine Nadel unseres Kompasses" die Sicherung von Preisstabilität - und nicht etwa reine konjunkturelle Feinsteuerung, die zinssenkenden Notenbanken mitunter unterstellt wird. Gleichwohl hat sich aber die Richtung der Bedrohung für stabile Preise geändert. Trichet betonte mehrfach, dass das Stabilitätsverständnis der EZB ein Inflationsniveau von nicht nur "unter", sondern auch "nahe 2 %" vorsieht. Der Stabilitätsauftrag der EZB ist ein symmetrischer, und derzeit besteht die Gefahr, dass sich die Teuerungsrate zu stark der Nulllinie nähert. Aber damit nicht genug. Ungewöhnlich deutlich hat Trichet signalisiert, dass das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht sei. Im Februar, so die wenig verklausulierte Botschaft, werden die Währungshüter noch einmal innehalten, um dann im März in bislang unbekanntes Terrain vorzustoßen. Dann dürften weitere Zinsschritte nach unten folgen.

      Bislang zögerten die Frankfurter Notenbanker, über ein Leitzinsniveau unterhalb des bisherigen Rekordtiefs nachzudenken. Diese Bedenken hat Trichet ebenso offiziell ausgeräumt, wie er klar gemacht hat, dass die Grenzen der Orthodoxie die EZB nicht daran hindern werden, gegen die Gefahr einer Abwärtsspirale von sinkenden Preisen und schrumpfender Wirtschaft vorzugehen. Das heißt, die EZB hat ebenso wie die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) eine Reihe weiterer Möglichkeiten, selbst wenn der Leitzins - das konventionelle Mittel der Geldpolitik - ausgereizt ist. Die Botschaft ist offenkundig: Sollte die Situation es erfordern, wird die EZB diese Instrumente auch einsetzen.

      (Börsen-Zeitung, 16.1.2009)

      Trading Spotlight

      Anzeige
      JanOne
      3,3700EUR -15,11 %
      Die nächste 700% NASDAQ-Crypto-Chance? mehr zur Aktie »
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 05:46:55
      Beitrag Nr. 506 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.380.182 von Maraho am 15.01.09 13:02:21Na dann, eine glückliche Hand...


      US-Konjunkturpaket
      825 Milliarden Dollar für die US-Wirtschaft

      Barack Obama, der am Dienstag als US-Präsident vereidigt wird, will die Wirtschaftskrise mit einem Konjunkturprogramm in Höhe von 825 Milliarden Dollar bekämpfen. Das Repräsentantenhaus einigte sich am Donnerstag Abend auf einen Entwurf - das Gesetz soll bis Mitte Februar in Kraft treten.


      Washington - Unterhändler des designierten Präsidenten und des Repräsentantenhauses einigten sich am Donnerstag Abend auf einen Gesetzentwurf, der 550 Milliarden Dollar für Investitionen und 275 Milliarden Dollar für Steuersenkungen vorsieht, wie im Kongress verlautete.

      Die parlamentarischen Beratungen über den Entwurf sollten in den kommenden zwei Wochen beginnen, sagte eine Sprecherin des zuständigen Ausschusses im Repräsentantenhaus. Obama will das Gesetz möglichst rasch nach seiner Vereidigung am 20. Januar in Kraft setzen, wofür vorab die Zustimmung von Repräsentantenhaus und Senat erforderlich ist.

      Der Entwurf sieht unter anderem staatliche Investitionen in Höhe von 141,6 Milliarden Dollar für den Bildungssektor vor. 90 Milliarden Dollar sollen für Ausbau und Reparatur der Verkehrsinfrastruktur bereitgestellt werden, 54 Milliarden Dollar für die Entwicklung neuer Energiequellen und 16 Milliarden Dollar für Wissenschaft und Forschung.

      "Eine Krise wie seit der Großen Depression nicht mehr"

      In der am Donnerstag veröffentlichten Präambel des Gesetzentwurfs heißt es: "Die Wirtschaft ist in einer Krise, wie es sie seit der Großen Depression nicht mehr gegeben hat." Das staatliche Konjunkturprogramm sei "der erste wichtige Schritt in der konzertierten Bemühung, drei bis vier Millionen Jobs zu schaffen oder zu erhalten, die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen und den Transformationsprozess für das 21. Jahrhundert zu starten".

      Im US-Senat wurde derweil eine eigene Fassung des Gesetzentwurfs erarbeitet, die von der Version des Repräsentantenhauses in Details abweichen dürfte. Nach der Verabschiedung der Entwürfe müssen die beiden Häuser des US-Kongresses sich auf einen einheitlichen Text verständigen, ehe Präsident Obama sie durch seine Unterschrift in Kraft setzen kann.

      Dies solle bis Mitte Februar erfolgen, verlautete in den letzten Wochen aus Obamas Umfeld. Das Programm ist das Herzstück seiner Politik zur Beendigung der Wirtschaftskrise in den USA.

      Quelle: http://www.manager-magazin.de/geld/artikel/0,2828,601564,00.…
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 06:09:27
      Beitrag Nr. 507 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.373.816 von Maraho am 14.01.09 17:14:20SCHULDENTILGUNG
      Wie Steinbrück seinen Sonderfonds füllen will
      Von Florian Gathmann

      20 Milliarden Euro muss der Bund für das Konjunkturpaket zusätzlich an Schulden aufnehmen - immerhin hat Finanzminister Steinbrück dafür schon eine Idee: Steuermehreinnahmen und Bundesbankgewinne. Doch die FDP hält den vorgesehenen Sonderfonds für "Taschenspielerei".

      Weiterführend: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,…
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 06:16:07
      Beitrag Nr. 508 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.379.987 von Maraho am 15.01.09 12:39:16Finanzkrise
      Aus für die Super-Zocker bei der Deutschen Bank

      Nach dem gigantischen Verlust der Deutschen Bank kehrt Josef Ackermann um: Zu lange hat der Dax-Konzern wie ein Hedgefonds an den Börsen gezockt. Damit ist Schluss. Der Bank-Chef plant einen Umbau, bei dem Strategien, Beteiligungen und Jobs auf dem Prüfstand stehen. Ackermann selbst führt diese Aufgabe nicht zu Ende.

      Weiterführend: http://www.welt.de/wirtschaft/article3032235/Aus-fuer-die-Su…
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 06:54:00
      Beitrag Nr. 509 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.385.860 von Maraho am 16.01.09 06:09:27Schulden
      Steinbrücks Erbe

      von Donata Riedel

      Nach dem Konjunkturpaket geht es für Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) in der Haushaltspolitik um Schadensbegrenzung. Wenn er schon Steuersenkungen wegen des Drucks der CSU nicht verhindern konnte, will er vor dem Regierungswechsel noch möglichst viele Dämme um die Bundeskasse errichten, die jeder Nachfolge-Regierung das weitere Schuldenmachen immens erschweren.

      Dabei kämpft der Finanzminister vor allem gegen große Teile der SPD: Es ist seine eigene Partei, die mit der Tilgung der Konjunkturpaket-Schulden auf den nächsten Aufschwung warten will, während die Union den in diesem Jahr wahrscheinlich sehr hohen Bundesbankgewinn in bewährter Weise großenteils für den Schuldenabbau einsetzen möchte. Es gehört zum Spiel über Bande, dass Steinbrück sich nicht klar zu dem SPD-Vorschlag äußert, erst spätere Steuermehreinnahmen zur Tilgung einzusetzen: Er setzt darauf, dass die Union diesen Vorstoß abfängt.

      Als echten Erfolg konnte Steinbrück schon am Montag verbuchen, dass tatsächlich getilgt wird und nur das Wie noch offen ist. Der neue Fonds für die Schulden aus dem Konjunkturpaket ist wohl das erste Beispiel in der Geschichte der Republik dafür, dass ein Schattenhaushalt nicht dem Schuldenverstecken, sondern der Konsolidierung dienen soll. Auch den Koalitionsbeschluss, trotz aller Widerstände und der Rezession eine strengere Schuldengrenze noch bis zum Sommer in die Verfassung zu schreiben, setzte Steinbrück durch.

      Für ihn ist es die letzte Chance, nicht doch noch zu enden wie seine Vorgänger Hans Eichel (SPD) und Theo Waigel (CSU): Beide wurden nach Anfangserfolgen Schuldenkönige.

      Quelle: riedel@handelsblatt.com
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 13:31:29
      Beitrag Nr. 510 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.383.042 von Nannsen am 15.01.09 18:05:43Hallo Nannsen,

      betrifft nicht direkt Dich.
      Ich gehe davon aus, daß Du informiert bist.

      Aber für die, die es interessiert, hier ein Link:

      http://de.wikipedia.org/wiki/Lizenzzeitu…

      Eigene Recherchen über die Lizenzvergabe sind zu empfehlen und recht aufschlußreich.
      Informationen leider überwiegend nur in Büchern der 50er und 60er Jahre.
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 13:36:57
      Beitrag Nr. 511 ()
      Zinsen
      Die Banken bitten zur Kasse
      von Jörg Hackhausen und Christian Panster

      Banken und Sparkassen greifen ihren Schuldnern tief in die Tasche. Die Geldhäuser können sich zwar immer günstiger Geld bei der Europäischen Zentralbank (EZB) leihen. Dennoch müssen Privatkunden für ihren Dispositionskredit heute mehr zahlen als vor einem Jahr. Wie erklärt sich die Diskrepanz?

      http://www.handelsblatt.com/finanzen/anlagestrategie/di…
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 13:43:46
      Beitrag Nr. 512 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.377.583 von Maraho am 15.01.09 06:03:20Die große Steuerreform
      Deutsche Fata Morgana

      Union und FDP propagieren eine tiefgreifende Steuerreform für den Fall eines Wahlsieges im Herbst - doch kommen würde sie nicht.

      Weiterführend: http://www.sueddeutsche.de/politik/76/454757/text/ …
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 13:48:23
      Beitrag Nr. 513 ()
      Degler denkt
      Wissenszwerge unter Druck

      Wir und unsere Politiker werden täglich dümmer - das fällt in Zeiten der Krise besonders auf. Denn niemand, weder die Politiker noch ihre Experten, hat überzeugende Antworten auf die Krise.
      Von Dieter Degler


      Es ist in diesen Tagen nicht leicht, Politiker zu sein - auch wenn ja keiner gezwungen wird, diesen Job auszuüben. In guten Zeiten, wenn die Arbeitslosenzahlen sinken, die Wirtschaft floriert und die Steuereinnahmen sprudeln, macht Macht vielleicht sogar Freude. Allerdings auch dann mit sinkender Tendenz.

      Denn die Anforderungen an die Administratoren der Gesellschaft wachsen exponentiell. Alle vier Jahre verdoppelt sich das verfügbare Weltwissen, und selbst wenn man den Informationsmüll herausrechnet, sind die Grenzen der menschlichen Aufnahme- und Verarbeitungskapazitäten längst überschritten.

      Wir funktionieren nur deshalb leidlich, weil unser Gehirn hinreißend gut auswählt. Tatsächlich aber werden wir, gemessen an dem, was wir wissen könnten, täglich dümmer.

      Die Vermehrung des neuen Wissens trifft zwar alle - vom Arbeiter über den Steuerberater bis zum Molekularbiologen. Aber nirgendwo wirkt sich die Diskrepanz zwischen den verfügbaren und nutzbaren Fakten so dramatisch aus wie an der Spitze der Gesellschaft. Dort, wo nicht erst seit Helmut Kohl die Generalisten wirken, fallen jene Entscheidungen, an deren Qualität die allerhöchsten Anforderungen zu stellen sind.

      Dass dort im Regelfall, zumal während einer großen Koalition, keine zufriedenstellenden und sachgemäßen Kompromisse ausgemendelt werden, daran haben wir Deutschen uns gewöhnt. Wir leben insgesamt - vor allem im internationalen Vergleich - nicht so schlecht damit.

      Jetzt, in der ersten Phase der großen Krise fällt der Mangel an Sachkunde aber besonders auf, weil er das Berliner Spitzenpersonal in ein für jedermann spürbares Dilemma treibt: Einerseits sollen und wollen die Akteure angesichts des heraufziehenden ökonomischen Unwetters Optimismus verbreiten, weil ja im Grundkurs der politischen Psychologie gelernt ist, dass gute Stimmung schon der halbe Weg zur Besserung der Lage ist. Andererseits darf das Publikum noch immer erwarten, dass die Gewählten sich bei dem, was sie verkünden, an die Wahrheit halten.

      Genau das bringt die Wissenszwerge unter Druck: Denn die Wahrheit ist, dass niemand - von Henry Paulson und Barack Obama über Gordon Brown und Nicolas Sarkozy bis hin zu Angela Merkel und all ihren Experten - eine Antwort auf die Herausforderungen der Krise hat. Gestern noch verkündeten Wirtschaftsweise ein moderates Wachstum, heute schwanken die Prognosen zwischen massiver Schrumpfung und Depression.

      Es kann also sein, dass Inder, Chinesen und Amerikaner mit ihren Billionenprogrammen und Inkaufnahme explodierender Staatsverschuldung richtig liegen, es kann aber auch sein, dass Deutschland mit seinen zögerlichen Schritten klug reagiert - und es kann auch sein, dass weder das eine noch das andere sich am Ende als sinnvoll erweisen wird.

      Würden die Gewählten aber zugeben, dass sie - wie der Rest der Welt - im Dunkeln tappen, würden sie das Gegenteil dessen bewirken, was psychologisch ratsam erscheint. Also eiern sie herum, kündigen Vages an und versichern zugleich, dass sie die Lage unter Kontrolle haben.

      Es wird deshalb darauf hinauslaufen, dass sich jeder Einzelne seinen ganz persönlichen Reim auf das globale und nationale Wirtschaftsgeschehen und dessen Auswirkungen auf sein Leben machen müssen wird. Bürger-Business as usual also auch 2009.

      Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/951/452653/text/ …
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 13:52:45
      Beitrag Nr. 514 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.388.687 von Maraho am 16.01.09 13:36:57Krisensog

      Womit Banken 2009 zu kämpfen haben
      von Christine Mai und Tobias Bayer (Frankfurt)

      Das katastrophale Schlussquartal des vergangenen Jahres hat angeschlagene Institute tiefer in die Misere gedrückt - und selbst zuvor stabilere Häuser wie die Deutsche Bank nach unten gerissen. 2009 dürfte kaum besser werden. FTD.de zeigt, warum.

      Weiterführend: http://www.ftd.de/unternehmen/finanzdienstleister/:Kr…
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 13:56:18
      Beitrag Nr. 515 ()
      Ludwig Erhard dürfte kaum einverstanden sein
      Interview mit Gerd Langguth

      Mit dem Konjunkturpaket II tut sich die CDU keinen großen Gefallen. Die Abkehr von der Ordnungspolitik könnte viele Wähler verprellen. Im Herzen bleibt Angela Merkel ihren Überzeugungen aber treu. Martina Fietz traf sich mit dem Politologen Gerd Langguth und sprach mit ihm über Merkel und das Superwahljahr 2009.


      Mit dem zweiten Konjunkturpaket hat Angela Merkel sich endgültig von dem in Leipzig markierten Kurs abgewandt, der weniger Staat und mehr Freiheit bringen sollte. Selbst die schwäbische Hausfrau ist in der Versenkung verschwunden. Wird ihre Glaubwürdigkeit darunter leiden?
      Der wirtschaftspolitische Kurs Angela Merkels ist inzwischen weit weniger deutlich, als es auf dem Leipziger Parteitag 2003 der Fall war. Er ist sogar weniger sichtbar als auf dem Stuttgarter Parteitag vom Dezember letzten Jahres. Sie sah sich zu Kompromissen, auch mit der CSU, gezwungen. Steuersenkungen, Unternehmensbeteiligungen im Rahmen eines Deutschlandfonds, teilweise Verstaatlichungen und Schuldenaufnahme sind aber Faktoren, die sehr schwer miteinander vereinbar sind und die Frage nach dem ordnungspolitischen Kurs der Kanzlerin und damit der Union stellen.

      Was bedeutet die jetzt beschlossene Politik für die Grundsätze der CDU, die sich an der Ordnungspolitik orientierten?
      Die Ordnungspolitik spielte bei der Union als einer Volkspartei in der Praxis stets weniger eine Rolle als in den hehren Sonntagsreden. Merkel ist eine gelehrige Schülerin von Helmut Kohl, bei dem das Wort „Ordnungspolitik“ keine besondere Priorität genoss. Wir haben überdies im Moment durch das Zusammentreffen von Bankenkrise und realer Wirtschaftskrise eine bisher nie dagewesene Situation, für die es kein Lösungsmodell gibt, weshalb durchaus auch neue Wege erforderlich sein können.

      Kann sich die CDU noch auf die soziale Marktwirtschaft im Sinne Ludwig Erhards berufen?
      Wenn es eine der Regierungsparteien tun kann, dann eher die CDU. Doch wenn man alle Überlegungen anschaut, vor allem hinsichtlich der Beteiligung des Staates an privaten Firmen, dann werden – um es vielleicht etwas überspitzt zu formulieren – manche Erinnerungen an einen „staatsmonopolistischen Kapitalismus“ wach, den die CDU früher so vehement bekämpft hat. Darüber hinaus ist das fast ungezügelte Verschulden ein besonderes Problem. Mit den Ausmaßen, die wir gegenwärtig erreichen, dürfte Ludwig Erhard kaum einverstanden sein.

      Verliert die CDU ihren Markenkern, so wie die SPD unter Gerhard Schröder?
      Es besteht die Gefahr, dass die CDU am Ende als die zweite sozialdemokratische Partei angesehen wird. Hieraus versucht gerade Guido Westerwelle politischen Profit zu ziehen und die FDP als die wahre marktwirtschaftliche Kraft zu präsentieren.

      Werden die Stammwähler der Union zu Hause bleiben?
      Das glaube ich nicht so generell. Allerdings gibt es durchaus ein Wählersegment, das enttäuscht ist. Das sind vor allem Konservative und auch Mittelständler. Andererseits sind das gerade die loyalen Wählerkreise, die in Zeiten der Not eher zur Wahl gehen. Meine These ist zudem, dass die Wähler in schwierigen Zeiten eher bei den bewährten Parteien bleiben, weil sie da wissen, woran sie sind. Das wird vor allem die Linke zu spüren bekommen. Sie wird von der gegenwärtigen Lage auf Bundesebene nicht profitieren.

      Wie schätzen Sie das Verhalten der FDP ein? Stimmen Sie der These zu, wonach Westerwelle unbedingt regieren muss und auch vor einer Ampel-Konstellation nicht zurückschrecken würde?
      Irgendwann muss die FDP auch auf Bundesebene mal wieder Regierungspartei werden. Ob es aber im Falle einer rechnerischen Möglichkeit zu einer Ampel-Koalition kommt, hängt auch davon ab, wer von den beiden kleinen Parteien die Stärkere ist. Denn es geht unausgesprochen immer um die Frage, wer Vizekanzler wird. Ich bin mir sicher, Westerwelle wird nicht bereit sein, einen Grünen-Politiker als Vizekanzler zu akzeptieren, sollten die Grünen stärker als die FDP werden. Umgekehrt dürfte den Grünen ein FDP-Vizekanzler ebenfalls ein Dorn im Auge sein. Jedenfalls ist bei allem Stöhnen über die jetzige Große Koalition diese immer noch eine reale Möglichkeit nach den September-Wahlen.

      Das würde bedeuten, dass die SPD nochmals die Rolle des Juniorpartners übernehmen müsste…
      Wenn die SPD eine andere Konstellation finden kann, würde sie das tun. Doch dafür müsste sie wahrscheinlich mit der Linken kooperieren. Ob das auf Bundesebene mit Steinmeier möglich ist, wage ich zu bezweifeln. Es gilt übrigens immer noch das Müntefering-Diktum „Opposition ist Mist“; deshalb wird man die Teilnahme an der Regierung einer Opposition vorziehen. Doch wird die SPD nur dann aus ihrer schwierigen inneren Lage herauskommen, wenn sie sich irgendwann in der Opposition regenerieren kann. Sie würde sich dann aber stärker nach links orientieren und könnte versuchen, der Linken traditionelles Wählerpotential wieder abzunehmen.

      Lässt sich der Prozess der vergangenen Wochen der Entfremdung der CDU von sich selbst stoppen oder umkehren?
      Das wird schwierig. Es gibt nur noch wenige wirtschaftspolitische Spezialisten in der Union, die von der breiten Öffentlichkeit anerkannt und akzeptiert werden. Unter dem Parteivorsitzenden Kohl war jemand wie Gerhard Stoltenberg mit eigenem Gewicht für Wirtschafts- und Finanzpolitiker zuständig. Deshalb ist das Ausscheiden von Friedrich Merz besonders problematisch. Solche starken Personen gibt es heute nicht mehr. Die Union ist zu wenig in einer Teamplayer-Situation.

      Merkel hat im Bundestag gesagt, es handele sich um ihre schwerste innenpolitische Entscheidung. Wie bewerten Sie diese Aussage angesichts der Tatsache, dass die CDU-Vorsitzende und Kanzlerin meistens jedes Pathos meidet?
      Sie musste begründen, warum sie ihre harte Haltung veränderte, die sie noch im Dezember vertreten hat. Sie arbeitet gut und vertrauensvoll mit Peer Steinbrück zusammen. Beide hatten sich ungewöhnlich energisch und lange dem Wunsch nach weiterer Staatsverschuldung entgegengestemmt. Doch auch Steinbrück konnte den Damm in den eigenen Reihen offensichtlich nicht halten. Und auch Angela Merkel musste erkennen, dass sie auf ihrer Position nicht beharren konnte.

      Sie glauben also, dass Merkel in ihrer Grundüberzeugung nach wie vor eher bei der Ordnungspolitik ist als bei der jetzt praktizierten Staatsintervention?
      Ich bin überzeugt, dass sie sich in ihrem inneren Kern ihres Denkens eher an den Leipziger Positionen orientiert. Als „gelernte Christdemokratin“ kann sie aber ihre Positionen dann rasch wechseln, wenn sie es für notwendig hält, etwa zum Zusammenhalt der Großen Koalition. Sie wird alles daran setzen, dass die Große Koalition bis zum Schluss im Amt und arbeitsfähig bleibt. Denn das sieht sie als günstigste Ausgangsposition für ihre Wiederwahl an.

      Herzlichen Dank für das Gespräch!

      Das Interview führte Martina Fietz

      Quelle: http://www.cicero.de/97.php?ress_id=13&item=3382 …
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 13:59:36
      Beitrag Nr. 516 ()
      Kolumne
      Schlag ins Kontor

      Von Hermann Simon

      Die Finanzkrise hat mein Bild von der Marktwirtschaft infrage gestellt. Verstehen moderne Wirtschaftswissenschaftler überhaupt noch, was Wirtschaft in der Substanz ist? Oder verwechseln sie Wirtschaft mit einem System mathematischer Formeln und Gleichgewichtsbedingungen?

      Weiterführend: http://www.manager-magazin.de/magazin/a…
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 14:17:02
      Beitrag Nr. 517 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.388.860 von Maraho am 16.01.09 13:59:36:confused:

      Es trägt den Titel "Gold - The Once and Future Money". Ich weiß nicht, ob der Autor mit diesem Titel recht behält. Eines aber weiß ich: Die laufende Krise hat mein Bild von Wirtschaftswissenschaftlern, Bankern, Finanz- und Geldpolitikern massiv in Mitleidenschaft gezogen.

      Wie kann sich dieser clown nun hinstellen und sich selber als experte so ein armutszeugnis ausstellen.

      Hätte dieser eitle selbstdarsteller mal ein paar worte mit einem einfachen bauer auf dem lande gewechselt, wäre im einiges vorher klargeworden. Es wird immer peinlicher, wenn nun schon selbst diese experten ohne schamgrenzen noch einen striptease ihrer genzenlosen unfähigkeit öffentlich hinlegen.
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 14:22:21
      Beitrag Nr. 518 ()
      :confused:

      http://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Simon_(Manager)

      Wenn schon solche kaliber zugeben müssen, nichts und nie etwas kapiert zu haben, was ist dann das wissen von studenten wert, die solch einen experten so lange als professor ertragen mussten?
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 16:24:59
      Beitrag Nr. 519 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.389.069 von Nannsen am 16.01.09 14:22:21Du hast es auf den Punkt gebracht!
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 16:29:22
      Beitrag Nr. 520 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.390.371 von Maraho am 16.01.09 16:24:59Seine Spezialität :look: :)
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 16:32:00
      Beitrag Nr. 521 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.390.407 von Bernd_das_Brot am 16.01.09 16:29:22Fällt mir auch immer mehr auf!

      Gruß Maraho
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 16:43:01
      Beitrag Nr. 522 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.389.069 von Nannsen am 16.01.09 14:22:21Auch ein Problem, aber nicht nur hier:

      Freilich gab es in der SPD schon lange ein Übergewicht der Beamten, Anwälte und Beschäftigten aus dem öffentlichen Dienst. Aber die Qualität hat sich verändert. Der Vorsitzende Kurt Beck bildet als ausgebildeter Elektro-mechaniker noch eine Ausnahme. Wenn man davon ausgeht, dass Abgeordnete Politik machen, die ihre eigene soziale Stellung reflektiert, dann verwundert die Politik der Mitte kaum. Mehr als 80 Prozent der Fraktionsmitglieder sind Akademiker: Juristen, Lehrer, Politologen, Volkswirte, Ingenieure sind die großen Cluster in der Berufsstruktur – nur die Arbeiter und kleinen Angestellten muss man mit der Lupe suchen: ein paar wenige Kaufleute, Techniker, Programmierer oder Erzieherinnen. Aber diese sitzen oft auch schon mehr als ihr halbes Leben im Parlament. Die Arbeiter aus manuellen Berufen kann man an einer Hand abzählen: ein Koch, ein KFZ-Mechaniker, ein Lokomotivführer, zwei Maurer.

      Kompletter Text: http://www.blaetter.de/artikel.php?pr=2884 …
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 16:47:13
      Beitrag Nr. 523 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.390.550 von Maraho am 16.01.09 16:43:01Auch hier:

      Parlament der Dienstleister

      Der Bundeswahlleiter hat nach dem 18. September auch eine erste Übersicht über die Berufe der neuen (und alten) Abgeordneten vorgelegt. Während früher einmal der Bundestag spöttisch als Lehrerparlament bezeichnet wurde, könnte man heute eher von einer Versammlung der Juristen sprechen. 57 MdB ordnete der Bundeswahlleiter den Berufen „im Rechts- und Vollstreckungswesen“ zu. Tatsächlich ist „Rechtsanwalt“ eine sehr häufige Berufsbezeichnung in den Lebensläufen. Dagegen wurden nur 25 Lehrerinnen und Lehrer gezählt. Beide Berufe fasst der Bundeswahlleiter übrigens unter „Dienstleistungsberufe“ zusammen.

      Hier ergibt sich die allergrößte Mehrheit im neuen Parlament: Über 90 Prozent der Mitglieder sind als Dienstleister erfasst. Da müssen sich die zehn Abgeordneten, die der Fertigung, also der Produktion, zugeordnet werden, doch recht einsam vorkommen.

      Kompletter Text: http://www.bundestag.de/blickpunkt/103_Parlament/05…
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 16:55:25
      Beitrag Nr. 524 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.390.606 von Maraho am 16.01.09 16:47:13Bildungsproletariat!
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 16:57:45
      Beitrag Nr. 525 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.385.845 von Maraho am 16.01.09 05:46:55Neue verheerende Nachrichten von US-Banken


      sto – Die Bank of America ist im vierten Quartal 2008 in die roten Zahlen gerutscht. Die nach Anlagen größte US-Bank erlitt im zurückliegenden Quartal einen Verlust von 1,8 Mrd. Dollar, wie das Institut am Freitag mitteilte. Zudem erhält die Bank von der US-Regierung eine Finanzspritze über 20 Mrd. Dollar und Garantien über Wertpapierverluste über 118 Mrd. Dollar, um die Übernahme von Merrill Lynch besser zu verkraften. Auch die Citigroup meldete mit dem fünften Quartalsverlust in Folge verheerende Zahlen: Das Minus lag im Schlussquartal bei 8,3 Mrd. Dollar. Angesichts der bedrohlichen Schieflage spaltet sich die einst größte US-Bank in zwei operative Einheiten auf.
      Die neuerliche Regierungshilfe bekommt die Bank of America aber nicht umsonst. Als Gegenleistung erhält der Staat Vorzugsaktien, die mit 8% verzinst werden. Jährlich muss die Bank of America damit 1,6 Mrd. Dollar an Dividende zusätzlich schultern.Die Bank of America ist damit immer stärker von der Finanzkrise betroffen und ist jetzt nach der Citigroup der zweitgrößte Empfänger von staatlichen Hilfen.
      Zudem springt der Staat erst dann für Verluste aus faulen Anlagen ein, wenn diese über 10 Mrd. Dollar steigen. Verluste bis zu 20 Mrd. Dollar übernimmt er dann komplett. Alles was darüber hinaus geht, nimmt der Staat zu 90% auf seine Kappe, 10% muss die Bank of America selbst tragen. Die Garantie gilt je nach Anlageklasse für fünf oder zehn Jahre.
      Verantwortlich für den Verlust waren vor allem Belastungen durch die Übernahme von Merrill Lynch. Die übernommene Investmentbank erlitt im vierten Quartal einen Rekordverlust von 15,3 Milliarden Dollar.
      Bei der Citigroup belasteten erneut Abschreibungen auf faule Kredite von mehr als 6 Mrd. Dollar. Hinzu kommt eine ebenso hohe Summe für befürchtete künftige Kreditausfälle. Die Erträge der Bank fielen im Schlussquartal um 13% auf 5,6 Mrd. Dollar. Die US-Großbank will faule Anlagen von mehr als 500 Mrd. Dollar ausgliedern. Mit der Aufspaltung ist das einstige Vorhaben eines allumfassenden Finanzkonzerns bei der ehemals weltgrößten Bank geplatzt.

      Quelle: http://www.boersen-zeitung.de/index.php?li=300&arti…
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 17:01:22
      Beitrag Nr. 526 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.390.729 von Maraho am 16.01.09 16:57:45Fallende Preise
      US-Preisdaten befeuern Deflationsdebatte
      von Tobias Bayer (Frankfurt)

      In den USA wächst die Gefahr rückläufiger Preise. Im Dezember gaben die Verbraucherpreise sogar deutlich nach. Volkswirte gehen davon aus, dass der Preisdruck 2009 weiter nachlassen wird. Innerhalb der Fed ist über das Thema ein Streit entbrannt.

      Weiterführend: http://www.ftd.de/politik/international/:Fallende-Preis…
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 17:07:09
      Beitrag Nr. 527 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.388.836 von Maraho am 16.01.09 13:56:18Interview mit Johannes Kahrs
      „Der Kurs der CDU ist schwindelerregend“
      von Dietmar Neuerer

      Die SPD positioniert sich für den bevorstehenden Bundestagswahlkampf. Dabei nimmt sie das Profil der Union ins Visier, das in der Wirtschaftskrise eine "chamäleonhafte" Wandlung erfahren habe, wie Johannes Kahrs sagt. Der Wortführer des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD spricht im Interview mit Handelsblatt.com über die Wahlchancen seiner Partei und darüber, wie Deutschland der Schuldenfalle entgehen kann.


      Weiterführend: http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/der-kur…
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 17:13:37
      Beitrag Nr. 528 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.383.340 von Maraho am 15.01.09 18:39:51Kommunen erwarten Konjunkturspritze
      Geldsegen sickert nur langsam durch

      Zehn Milliarden Euro bekommen die Städte aus dem Konjunkturpaket. Doch bis das Geld in die Sanierung der Schulen fließt, vergehen Monate. Arme Kommunen könnten leer ausgehen. VON MATTHIAS LOHRE


      Gerhard Langemeyer hat es nicht leicht, auch nicht in diesen Tagen. Zwar freut sich der Oberbürgermeister des armen Dortmund pflichtschuldig über das zweite Konjunkturpaket der Bundesregierung. Doch als Vizechef des Deutschen Städtetags weiß der SPD-Mann genau: Was die Bundesregierung Anfang der Woche so eilig beschlossen hat, wirkt nur auf den ersten Blick gigantisch. Zudem kann es noch Monate dauern, bis Handwerker in Städten und Gemeinden Wärmedämmungen in Schulen einbauen.

      "Wahrscheinlich erst in einem halben Jahr" könne es so weit sein, urteilte Langemeyer nach der Entscheidung des Koalitionsausschusses am Montag. Und das hat viele Gründe. Die 10 Milliarden Euro, die die Bundesregierung in das dichte Geflecht des deutschen Föderalismus schütten will, sickern nur langsam hinab, bis sie beispielsweise in einer Grundschule ankommen. Dazwischen erstreckt sich ein dichtes Geflecht aus Verordnungen, Gesetzen und Einschränkungen.

      Die erste Einschränkung lautet: Die 10 Milliarden Euro plant der Bund nicht für ein Jahr, sondern für zwei Jahre ein. 2009 gibt es also nur rund 5 Milliarden Euro zu verteilen. Zwei Drittel der Finanzspritze sollen insbesondere in Kindergärten und die energiesparende Sanierung von Schulen und Hochschulen fließen. Ein weiteres Drittel ist eingeplant für "kommunale Infrastruktur", also Krankenhäuser, Lärmschutzmaßnahmen an kommunalen Straßen und für Städtebau.

      Dass es Monate dauern kann, bis daran tatsächlich gewerkelt wird, hat einen gewichtigen Grund: das Vergaberecht. Dessen Regeln sollen Vetternwirtschaft und Preistreiberei verhindern. Nun fordert der Bund Länder und Gemeinden auf, angesichts der Krise ein Auge zuzudrücken: Befristet auf zwei Jahre sollen die Vergaberichtlinien gelockert werden. Kommunen müssen in dieser Zeit Bauaufträge, die unter 1 Million Euro bleiben, nicht mehr öffentlich ausschreiben. Es genügt, wenn die Städte und Gemeinden Angebote eingeholt und verglichen haben.

      Eine Schule profitiert dann noch immer nicht vom Konjunkturpaket. Zwischen ihr und dem Geld stehen die Bundesländer. Sie haben es in der Hand, welche Städte und Gemeinden wie viel Geld erhalten. Viele Kommunen sind zudem mittlerweile so stark überschuldet, dass nicht mehr sie selbst über ihre Finanzen bestimmen dürfen, sondern die jeweilige Kommunalaufsicht. Diese sorgt dafür, dass nur das Nötigste zum Erhalt von Bauten und Straßen getan wird.

      Normalerweise müssen Kommunen ein Viertel der Kosten öffentlicher Aufträge, von denen sie profitieren, selbst tragen. Das bedeutet: Gerade besonders arme Kommunen wie Wuppertal, Oberhausen oder Leipzig könnten beim Konjunkturpaket II leer ausgehen, weil sie diesen Eigenanteil nicht zahlen können. Der Städtetags-Präsident, Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD), fordert daher: "Gerade die notleidenden Städte haben in den vergangenen Jahren wichtige Investitionen und Sanierungsprojekte zurückstellen müssen und können jetzt Fördermittel gut gebrauchen."

      Doch wie soll das gehen? Eine Arbeitsgruppe von Vertretern von Bund und Ländern soll auf diese Frage Antworten finden. Eine könnte lauten, dass die Länder den Eigenanteil der Kommunen übernehmen - so wie es sich etwa in Nordrhein-Westfalen andeutet. Eine Gesamtlösung gibt es bislang jedoch nicht, und die Zeit drängt. Die Euro-Milliarden sollen immerhin die einbrechende Wirtschaft möglichst bald anregen. Die FDP hat jedoch bereits angekündigt, sie wolle im Bundesrat über das Konjunkturpaket neu verhandeln, falls sie nach der Landtagswahl in Hessen am Sonntag in die Regierung kommen sollte. Dann hätten SPD und Union keine eigene Mehrheit mehr im Bundesrat.

      Selbst wenn das Paket kommt, wird Dortmunds Oberbürgermeister sicher nicht aus dem Häuschen geraten. Für seine Stadt rechnet Langemeyer nur mit rund 30 Millionen Euro zusätzlichem Geld pro Jahr. Allein die normalen Investitionen in ihre Schulen kosten die Ruhrgebietsmetropole jährlich doppelt so viel.

      Quelle: http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/geld…
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 17:26:52
      Beitrag Nr. 529 ()
      In diesem Bereich gibt es auch eine große Anzahl von "Experten"...


      Insolvenz ist nicht gleich Pleite
      Von Carsten Dierig

      Deutschland steht vor einer Pleitewelle. 35.000 Unternehmensinsolvenzen erwartet die Wirtschaftsauskunftei Creditreform in diesem Jahr – ein Plus von fast 20 Prozent gegenüber 2008. Bei rechtzeitiger Anmeldung könnten viele Firmen gerettet werden. Gute Insolvenzverwalter sind aber rar.


      Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform rechnet damit, dass es dieses Jahr zu 35.000 Unternehmensinsolvenzen kommt – ein Plus von fast 20 Prozent gegenüber 2008. Das liegt zwar noch deutlich von den historischen Höchstwerten entfernt. Trotzdem aber werden die Auswirkungen verheerend sein, warnt Insolvenzrechtler Hans Haarmeyer. Denn das Rechtssystem sei nicht ausreichend darauf vorbereitet. „Wir haben in Deutschland zu wenig fähige Insolvenzverwalter, um eine derartige Pleitewelle vernünftig und ohne unnötige Arbeitsplatzverluste bewältigen zu können“, so der ehemalige Insolvenzrichter und heutige Universitätsprofessor. In einer Krise wie der jetzigen wiege das doppelt.

      Zwar gibt es derzeit bundesweit rund 1800 registrierte Verwalter, meldet der Verband der Insolvenzverwalter Deutschlands (VID). Aber lediglich 800 davon haben auch die nötige Qualifikation und den Mitarbeiterstab, um Konkurse ab einer bestimmten Größenordnung zu bearbeiten, meint der VID-Vorsitzende Siegfried Beck.

      Wissenschaftler Haarmeyer spricht sogar nur von 100 bis 120. „Das Problem ist, dass die meisten Insolvenzverwalter Juristen sind“, sagt der 60-Jährige. Die würden dementsprechend juristische Arbeit in einem wirtschaftlichen Umfeld machen. Gefragt sei aber unternehmerisches Handeln in einem rechtlichen Rahmen. Schließlich agiere der Insolvenzverwalter in einem Verfahren als Unternehmenschef, der den Geschäftsbetrieb leitet und dabei auch in der persönlichen Haftung steht. „Aber einige können ja nicht mal Bilanzen lesen“, wettert Haarmeyer.

      Müssen sie auch nicht, da es keine Nachweispflicht für solche Kenntnisse gibt. Die Insolvenzordnung schreibt lediglich vor, dass mandatierte Personen „unabhängig“ und „für den jeweiligen Einzelfall geeignet“ sein müssen. „Es gibt weder eine Vergabeordnung wie zum Beispiel bei öffentlichen Aufträgen noch eine Berufsordnung wie etwa für Anwälte und Notare“, gibt VID-Chef Beck zu. Die sei aber dringend nötig. Immerhin müssen sich die 425 Mitglieder seines Verbandes mittlerweile nach einer ISO-Norm zertifizieren lassen. Wobei die Vorgabe des DIN-Instituts aber auch nur den reibungslosen Ablauf in einer Kanzlei bestätigt.


      Erschreckende Zahlen

      Abhilfe könnte bald aus dem Bundesjustizministerium kommen. Denn seit Ministerin Brigitte Zypries in einer Rede vor einigen Wochen die Auswahl eines Insolvenzverwalters als „Schicksalsfrage“ für ein Unternehmen bezeichnet hat, gibt es eine Arbeitsgruppe, die sich mit der Thematik beschäftigt. Der VID hofft nun auf Ergebnisse schon in den nächsten Wochen.

      Die Zahlen seien auch jetzt schon erschreckend. Hans Haarmeyer zum Beispiel schätzt, dass hierzulande jedes Jahr bis zu 10.000 Betriebe mit über 100.000 Arbeitsplätzen gerettet werden könnten, wenn deren Konkursverwalter qualifizierter wären und sich an einer Fortführung und Sanierung der Betriebe versuchen, statt von vornherein nur zu liquidieren. Den Gläubigern sollen zudem rund zehn Mrd. Euro jährlich entgehen, weil die Treuhänder Ansprüche nicht ermitteln und mit Nachdruck durchsetzen. Der VID-Vorsitzende Beck will diese Zahlen zwar nicht bestätigen, hält sie aber für durchaus denkbar.

      Zumal das aktuelle Honorarsystem die einseitigen Zerschlagungsbestrebungen noch unterstützt, wie Restrukturierungsberater berichten: „Es geht um das Generieren von Masse. Und das bedeutet: möglichst schnell zerschlagen und alles zu Geld machen.“ Denn Insolvenzverwalter werden erfolgsabhängig bezahlt. Die Vergütung hängt dabei von der so genannten Teilungsmasse ab, also dem Vermögenswert, der an die Gläubiger ausgeschüttet wird. Zwar kommt auch beim Weiterführen oder einem Verkauf der Firma ein erkleckliches Gehalt zusammen. Diese Variante ist aber deutlich arbeits- und zeitintensiver als das Filetieren.


      Insolvenz als Chance

      In vielen Fällen allerdings ist es für die Verwalter auch schwer, überhaupt noch Substanz zu retten. Denn Experten zufolge sind die meisten Firmen schon fast ein Jahr lang in großen Schwierigkeiten, ehe beim Amtsgericht der Insolvenzantrag gestellt wird. „Die Geschäftsführung verschließt aus nahezu panischer Angst vor einem Imageverlust der Firma und einem Ansehensverlust für sich selbst die Augen vor der Realität und hofft stattdessen auf neue Aufträge“, beschreibt Burkhard Jung, Vorstandsvorsitzender der CMS AG, einer der führenden deutschen Sanierungsberatungen. „Denn die Insolvenz gilt in Deutschland noch immer als Stigma“, so Jung. Daher sei es oft zu spät für eine Rettung.

      Dabei kann eine Insolvenz Jung zufolge auch eine Alternative für angeschlagene Unternehmen sein. Kommt die Meldung rechtzeitig, also noch bevor eine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit eintritt, schätzt der Experte die Rettungschancen auf mehr als 75 Prozent. Gerade in der aktuellen Wirtschaftskrise geraten im Kern gesunde Unternehmen in ein Problemfeld aus Umsatzeinbrüchen, rückläufigem Aufträgen, unbezahlten Fordrungen und verwehrten Krediten.

      Jungs Lösungsvorschlag ist das so genannte Insolvenzplanverfahren in Eigenverwaltung. Dabei versucht die amtierende Geschäftsführung unter Aufsicht eines Insolvenzverwalters das Unternehmen zu sanieren. Erfolgsbeispiele sind der Maschinenbauer Babcock-Borsig, die Drogeriekette Ihr Platz, die Schuhhandels-Verbundgruppe Garant, die Restaurantkette Wienerwald oder aktuell das Modehaus Sinn-Leffers.

      Die Chance bei diesem an das US-Sanierungsverfahren Chapter 11 angelehnte Modell besteht in der neu gewonnenen Handlungsfreiheit. So kann sich der Verwalter wie im klassischen Insolvenzverfahren von jedem Vertrag trennen, bei Miet- und Arbeitsverhältnissen zum Beispiel mit einer kurzen Frist von bis zu drei Monaten. Sinn Leffers etwa will das nutzen, um sich von der Mietbelastung zu befreien, nachdem bislang nur 20 der 47 Vermieter bereit waren, die Konditionen zu ändern.

      Löhne, Gehälter und Betriebsrenten werden zudem für drei Monate von der Bundesagentur für Arbeit (BA) bezahlt. „Das verschafft der Firma Luft, um den Geschäftsbetrieb wieder anzukurbeln“, beschreibt Bruno Kübler, Inhaber einer renommierten Insolvenzrechts-Kanzlei. Dass dabei einzelne Schuldner gegenüber einer Gruppe von Gläubigern bevorteilt werden, ficht er nicht an. „Wenn das Unternehmen den Bach runter geht, sind die Verluste aber deutlich höher“, sagt Kübler, der derzeit etwa das Insolvenzverfahren von Thielert Aircraft Engines und der Spedition Friedrich Schulze abwickelt.

      Dass diese Sanierungsmöglichkeit dennoch kaum genutzt wird – 2007 zum Beispiel gab es Schätzungen zufolge bei bundesweit 27.500 Unternehmensinsolvenzen gerade 240 Planverfahren – begründen Experten auch mit der fehlenden Sanierungskultur in Deutschland. Zwar wird die aktuelle Insolvenzordnung im März nun schon zehn Jahre alt. „Vorher galt aber 100 Jahre lang eine auf Zerschlagung ausgelegte Konkursordnung“, sagt Hans Haarmeyer.

      Darüber hinaus hält die Auswahl der Verwalter viele Firmen vom Planverfahren ab. Denn während die Unternehmen in anderen Ländern wie etwa Großbritannien, Spanien, Frankreich oder den USA selbst Verwalter vorschlagen können, liegt die Auswahl des Treuhänders in Deutschland allein in den Händen der Amtsgerichte, die sich nebenher auch um Ehescheidungen und Nachbarschaftsstreitigkeiten kümmern.

      Dabei ist völlig unklar, welche Kriterien sie bei der Verteilung der Mandate anwenden. „Die Schwelle zum Planverfahren würde deutlich gesenkt, wenn man vorher weiß, wen man als Verwalter bekommt“, glaubt Haarmeyer.

      Quelle: http://www.welt.de/wirtschaft/article3025554/Insolvenz…
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 17:37:59
      Beitrag Nr. 530 ()
      Und zum guten Schluss:

      Erst die Amis, jetzt die Deutschen! Sehr originell...


      Wunsch der Pornoindustrie
      Staatsgeld für Fortbildungen

      Banken und Autokonzerne können auf staatliche Unterstützung hoffen. Doch auch die deutsche Pornoindustrie ist scharf auf eine Finanzspritze.


      Weltweit bekommen Banken und Industrieunternehmen staatliche Unterstützung. Die deutschen Erotikhändler sind bislang jedoch nicht in den Genuss staatlicher Hilfen gekommen. Dabei könnte die deutsche Sex- und Pornoindustrie durchaus Geld brauchen. "Wirtschaftliche Hilfe wäre sinnvoll", sagte Uwe Kaltenberg vom Bundesverband Erotikhandel der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung.

      Die Erotikbranche, die vor allem aus kleinen und mittelständischen Betrieben besteht, hat bereits Ideen, wie Staatsgeld genutzt werden könnte - zum Beispiel für Fortbildungen.

      Dass dieser Wunsch in Erfüllung geht, glaubt Kaltenberg allerdings selbst nicht so recht. "Die Rettung von Opel ist für eine Wahl eben besser als die Unterstützung von kleinen und mittelständischen Betrieben unserer Branche", zitierte ihn die Zeitung. Dabei sei Sex doch ein Grundbedürfnis des Menschen.

      Dem Verband gehören 365 Mitglieder an, darunter sind Ladengeschäfte, Großhändler aber auch Pornofilm-Produzenten. Gerade die Filmproduzenten leiden Kaltenberg zufolge massiv unter der Konkurrenz aus dem Internet: "Der deutsche Pornofilm ist stark rückläufig", sagte er.

      Anfang Januar hatte in den USA die dortige Pornoindustrie nach Banken und Autofirmen ebenfalls staatliche Finanzhilfen in Höhe von fünf Milliarden Dollar (3,8 Milliarden Euro) gefordert.

      Quelle: http://www.sueddeutsche.de/,ra3m1/wirtschaft/195/454875/tex…


      Vielen Dank den Lesern und ein schönes Wochenende
      Maraho
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 17:48:18
      Beitrag Nr. 531 ()
      Gerade noch gefunden. Die nächste bitte...

      Kapitalerhöhung
      LBBW hält die Hand auf

      In der Bankenwelt jagt eine Verlustmeldung die andere. Auch der LBBW fehlen nach einem schlechten Jahr 2008 Milliarden. Die Landesbank will ihr Eigenkapital aufstocken und zählt auf ihre Anteilseigner, doch die könnten sich quer stellen. Dann muss der Rettungsschirm der Bundesregierung herhalten.


      HB STUTTGART. Der Chef der größten deutschen Landesbank LBBW, Siegfried Jaschinski, schließt den Griff nach dem Rettungsschirm der Bundesregierung nicht mehr aus. "Wir brauchen eine Eigenkapitalerhöhung um fünf Milliarden Euro, um gemeinsam mit unseren Kunden diese Krise durchstehen zu können", sagte Jaschinski laut Medienberichten. Sollten die Eigner der angeschlagenen Landesbank Baden-Württemberg diese Finanzhilfe nicht aufbringen, müsse die Bank wegen fehlenden Eigenkapitals Kreditlinien kürzen. Eine weitere Alternative wäre, unter den Rettungsschirm der Bundesregierung zu schlüpfen. Die Eigenkapitalquote der LBBW liegt derzeit bei sechs Prozent.

      Die Eigner der LBBW - Land, Sparkassen, Stadt Stuttgart, L-Bank und Sparkassenverband Rheinland-Pfalz - hatten ursprünglich zugesagt, das Kapital der Landesbank um fünf Milliarden Euro aufzustocken. Zuletzt sollen jedoch der Sparkassenverband und die Stadt Stuttgart Zweifel angemeldet haben. Jaschinski äußerte sich in dem Gespräch mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" jedoch zuversichtlich, weiter Rückendeckung der Eigentümer zu haben. "Es geht nicht um Treueschwüre. Ich kann mich über fehlenden Zuspruch nicht beklagen", erklärte der Manager.

      "Noch haben wir keine Welle von Unternehmensinsolvenzen. Aber die Produktionskürzungen in der Automobilindustrie verschlechtern die Bonität der Zulieferer und deshalb hat die LBBW erste Wertberichtigungen", erklärte Jaschinski. Die Monate September und Oktober seien sehr schlecht gewesen. "Im November waren die Belastungen geringer und im Dezember war eine Seitwärtsbewegung festzustellen." Die LBBW hatte im Jahr 2008 schon nach neun Monaten einen Verlust von rund 800 Millionen Euro ausgewiesen. Insgesamt sollen sich die Verluste in Folge der Finanzkrise im zurückliegenden Jahr auf zwei Milliarden Euro belaufen.

      Quelle: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/banken-versicherunge…

      Gute Nacht!
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 18:49:25
      Beitrag Nr. 532 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.388.630 von Maraho am 16.01.09 13:31:29 Über Vielfalt der Zeitungen oder Vielfalt in der Zeitung können wir diskutieren, registrieren müssen wir monopolisierte Einfalt.

      Walter J. Schütz
      *


      Nachkriegspresse
      2. Die Presse unter den Alliierten 1945-49
      J.P/ Payne, Presse in der Bundesrepublik Deutschland, Lancaster University Press, 1997/2001

      Nach dem Zweiten Weltkrieg sahen es die Siegermächte - die Sowjets, Amerikaner, Franzosen und Briten - als ihre Aufgabe, die Deutschen politisch umzuerziehen. Sie wollten ihnen demokratische Verhaltenweisen beibringen - die Sowjets hatten selbstverständlich eine ganz andere Vorstellung von Demokratie als die westlichen Alliierten - und mit der deutschen Vergangenheit völlig brechen. Zuerst durften Deutsche überhaupt nicht journalistisch tätig sein - es gab nur von den Alliierten veröffentlichte Nachrichtenblätter. Allmählich aber bekamen ausgesuchte Deutsche eine Lizenz von den Alliierten, eine Zeitung herauszugeben. Die Alliierten kontrollierten die neuen Veröffentlichungen. Jeder, der während des Dritten Reiches journalistisch tätig gewesen war, durfte nicht mehr als Journalist arbeiten. (Dieses Arbeitsverbot wurde von manchen Deutschen für sehr unfair gehalten. Es traf auch Journalisten, die selber von den Nazis verfolgt worden waren!) Zeitungen, die während des Dritten Reichs veröffentlicht wurden, auch wenn sie keine Nazizeitungen waren, durften nicht weiter erscheinen. Wenn Zeitungen Dinge veröffentlichten, die den Alliierten mißfielen, wurden sie scharf gerügt oder sogar suspendiert.

      Bei den westlichen Alliierten gaben die Amerikaner den Ton an. Von den Journalisten in ihrer Besatzungszone verlangten sie Objektivität, worunter sie eine deutliche Trennung von Nachrichten und Kommentaren* verstanden. Die Deutschen erinnerten sich noch an die Zeitungen der Weimarer Republik. Viele der Zeitungen damals veröffentlichten Berichte, in denen die Haltung des Autors deutlich zum Vorschein kam. Einige Deutsche waren der Meinung, daß es besser gewesen wäre, an diese vornazistische Zeitungstradition anzuschließen. Sie waren mit der von den Amerikanern verlangten neuen Richtung in der Presse gar nicht zufrieden. Um so überraschender war es also, als sich die neue, amerikanische Tradition später durchsetzte. Nach der Lizenzzeit* wurden mehr Zeitungen nach dem neuen Muster gekauft, als Zeitungen Weimarer Stils. Die meisten Zeitungen in der BRD heute setzen noch den 'amerikanischen' Zeitungsstil fort (einen Stil, dem man auch in den britischen 'quality papers' begegnet).

      Fast alle bekannten Zeitungen, die jetzt in der BRD erscheinen, wurden in den Jahren kurz nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet, darunter die Frankfurter Rundschau, Der Tagesspiegel (Berlin), Die Welt (ursprünglich Hamburg, jetzt Bonn), die Süddeutsche Zeitung (München), Die Zeit (Hamburg). Jetzt, zu einer Zeit, wo die BRD wieder ökonomisch und politisch stark geworden ist, ist es schwierig, sich die Lage in den Nachkriegsjahren vorzustellen. Die meisten Großstädte lagen in Ruinen, Verkehrsverbindungen waren zum Teil zerstört, Lebensmittel waren knapp, viele Menschen waren vermißt oder heimatlos. (Siehe Kasten 13.) Auch die Presse litt unter schwierigen Verhältnissen :

      - es mangelte an Druckmaschinen, an Redaktionsgebäuden und vor allem an Zeitungspapier. Aber was noch schlimmer war:

      - es gab zu wenig erfahrene Journalisten, die vom Standpunkt der Alliierten politisch akzeptabel waren.

      Dieser Mangel an Journalisten führte dazu, daß junge Deutsche schnell ausgebildet werden mußten. Ein bestimmter junger Deutscher wollte Dichter und Dramatiker werden. Weil er aber nach dem Krieg sein Brot verdienen mußte, bewarb er sich um eine Journalistenstelle bei einer für Deutsche geschriebenen englischen Militärzeitung in Hannover. Wie er selber später schrieb, bestand die Anstellungsprüfung darin, 'eine eben zerschnittene Zeitung nach Art eines Puzzle-Spiels wieder zusammen(zu)setzen'! Er bekam die Stelle und fing an, als Journalist zu arbeiten. Später hatte er die Gelegenheit, ein neues, von den Briten gegründetes Nachrichtenmagazin selber zu übernehmen, unter der Bedingung , daß er innerhalb von wenigen Stunden einen neuen Namen dafür finden sollte. Auf diese Weise kam eine der bekanntesten Presseinstitutionen der BRD zustande - Der Spiegel. (Siehe den Bericht des jungen Journalisten, Rudolf Augstein, der uns eine Einsicht in die damaligen Verhältnisse gibt - Anhang 6.)

      Deutsche Zeitungen, die im Zeitraum 1945-49 in den britischen, französischen und amerikanischen Zonen erschienen, mußten zuerst eine Vorzensur und später eine Nachzensur erdulden . Das heißt, in der Frühphase ihrer Existenz wurde jede Ausgabe den zuständigen Militärbehörden vorgelegt, dort durchgelesen und entweder für den Druck freigegeben, oder nicht. Später wurden die Zeitungen erst nach ihrem Erscheinen von den Behörden kontrolliert und eventuelle Verstösse gegen militärische oder sonstige Regelungen gerügt oder bestraft. Die Zensur hielten die Alliierten für einen nötigen Teil ihres Programms, die Deutschen nach der Hitler-Diktatur zur Demokratie umzuerziehen.

      Obwohl die Herausgeber* und Journalisten sich von der Zensur unterdrückt fühlten, hatten sie in finanzieller Hinsicht kaum Sorgen. Die Deutschen hatten damals nicht nur zu wenig zu essen, sie litten auch an 'Nachrichtenhunger'. Auch Zeitungen waren Mangelware ; die Deutschen kauften deshalb alle, die zur Verfügung standen (und verwendeten sie nachher zum Einwickeln von Gegenständen , weil auch Packpapier schwer zu bekommen war!)

      Die Journalisten nannten diese Periode die 'goldene Käfigzeit':
      - 'Käfig, weil die deutsche Presse sich von den Besatzungs-behörden wie eingesperrt fühlte, 'golden' aber, weil die Herausgeber mit ihren in den damaligen Marktverhältnissen sehr gefragten Zeitungen viel Geld verdienen konnten.

      Am 21. September 1949 wurde die sogenannte 'Lizenzpflicht' von den westlichen Alliierten aufgehoben, und die Deutschen konnten selber Zeitungen gründen und ohne Zensur herausgeben. Sehr viele neue Zeitungen erschienen innerhalb von wenigen Monaten. Die sogenannten 'Altverleger' (Unternehmer , die während der Nazi-Zeit Zeitungen herausgegeben hatten, und die zum Teil noch Druckmaschinen und Zeitungsgebäude besaßen) wurden wieder aktiv. Aber die neuen Verleger*, die erst nach 1945 Zeitungen veröffentlicht hatten, wurden von den Alliierten kräftig unterstützt. Auch wenn sie nach Ablauf von Mietverträgen , Druckereien und Redaktionsgebäude an die Altverleger zurückgeben mußten, bekamen sie von den Alliierten Kredite zur Weiterveröffentlichung ihrer Blätter. Es wurde für die Altverleger daher schwieriger, den Vorsprung einzuholen, den die 'Lizenzzeitungen' hatten. Viele neue Zeitungen überlebten nicht lange. Nur auf dem Gebiet der sogenannten 'Heimatpresse' - Lokalzeitungen mit begrenztem Verbreitungsgebiet - hatten die Altverleger viel Erfolg. Den westlichen Alliierten war es also gelungen, die Presse in der BRD von Grund auf zu verändern.

      Quelle: http://www.lancs.ac.uk/staff/smithb1/text207/presse/nach.…

      Auch interessant:
      http://de.wikipedia.org/wiki/Bertelsmann …

      http://de.wikipedia.org/wiki/Axel_Springer_AG …

      http://www.lpb-bw.de/publikationen/presse/schuetz.…*
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 19:39:25
      Beitrag Nr. 533 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.392.012 von Maraho am 16.01.09 18:49:25Und deswegen ändert sich auch nichts, momentan...

      Postjournalismus
      Wer heute noch an einem Begriff kritischer bürgerlicher Öffentlichkeit festhalten will, muss einen Niedergang der Presse konstatieren. Die Zeitungen sind sich so ähnlich wie die Parteien, über die sie berichten. Es gibt keine Fronten mehr; die Kritik scheint am Ende.
      Für diesen Niedergang der Presse gibt es eine Vielzahl von Gründen. Ein Betriebswirtschaftler wird zuallererst auf den kaum reversiblen Anzeigenverlust der Zeitungen hinweisen. Kommunikationswissenschaftler verweisen auf die Konkurrenz anderer, neuerer Medien und die Formen des Online-Journalismus wie Blogs und Indymedia. Gesellschaftskritiker sprechen von Mediendemokratie und beklagen Korruptionsformen wie den embedded journalism. Und die seriöse Presse selbst jammert über den unaufhaltsamen Vormarsch von Infotainment, Talk und Boulevard.

      Wandel zur Mediendemokratie

      Helmut Kohl war der letzte Politiker, der sich in den Medien gegen die Medien behaupten konnte. Seither beobachten wir einen Strukturwandel der Öffentlichkeit zur Mediendemokratie. Mit dem Begriff Mediendemokratie drückt man aus, dass sich die politische Öffentlichkeit an den Darstellungsprinzipien der Massenmedien ausrichtet. Politisch wirklich ist nur das, was fotografierbar und erzählbar ist. Für human interest ist aber erst dann gesorgt, wenn alle Probleme personalisiert sind. Schließlich muss Aufmerksamkeit und Fortsetzbarkeit generiert werden, indem man der Story Konfliktform gibt. Das sind die formalen Bedingungen dafür, dass Politik als gute Unterhaltung verkauft werden kann.
      In der Mediendemokratie werden politische Probleme nicht durchdacht, sondern gefühlt. Das erreicht man am einfachsten durch die Moralisierung eines Problems. Sie ermöglicht auch denen, die von der Sache nichts verstehen, an der Diskussion teilzunehmen. Moralisierung ist also eine Serviceleistung für Inkompetente. Sie haben es dann mit Menschen und Geschichten statt nur mit Ideen und Werten zu tun.

      Es geht in den Nachrichten nicht um ein Erklären und Verstehen der Welt. Eher könnte man umgekehrt sagen, dass die Welt zum Kontext für die Nachrichten wird. Faszinierend ist gerade das bezugslose Ereignis - und dann das ganz andere, nächste. Man soll es gar nicht verstehen. Aufklärung ist die Lebenslüge der Journalisten.

      Politik, Demoskopie und Massenmedien bilden ein System, das die so genannte öffentliche Meinung kultiviert. Öffentliche Meinung ist nicht das, was die Leute meinen, sondern das, was die Leute meinen, was die Leute meinen. Sie funktioniert gleichsam als generalized other der sozialen Systeme.

      Wenn man noch stärker abstrahiert, kann man die öffentliche Meinung als ein Medium definieren, das durch lose Koppelung von Bewusstsein entsteht. Die Massenmedien prägen dann Formen in dieses Medium ein, nämlich Themen. Das Dafür- oder Dagegensein ist jedem freigestellt, nicht aber die Anerkennung des Themas als Thema. Mit anderen Worten: Die öffentliche Meinung ist ein Kommunikationssystem, das von der Unterstellung lebt, dass man nicht zugeben kann, von bestimmten Themen keine Ahnung zu haben.

      Das Phänomen Massenmedium

      Obwohl uns die Massenmedien ständig manipulieren, kann es für uns keinen anderen Zugang zur Welt geben. Und so wie es für uns keine Alternative dazu gibt, den Massenmedien zu vertrauen, so setzen diese ihr Vertrauen in Quellen, zum Beispiel "gewöhnlich gut unterrichtete Kreise". Das verführt zu Fälschungen, und sei es auch nur zur Fälschung von Statistiken, von denen Zyniker ja immer schon vermutet haben, dass sie überhaupt nur in gefälschtem Zustand existieren. In der Welt der Nachrichten ist die Fälschung eine höchst profitable Ware.
      Es liegt auf der Hand, dass hier ständig manipuliert wird. Aber unser Vertrauen in die Massenmedien ist trotzdem alternativlos. Es macht nämlich lebenspraktisch keinen Sinn, dem reißenden Strom der Neuigkeiten mit einem Manipulationsverdacht entgegenzutreten. Unter Modernitätsbedingungen fehlt einfach die Zeit, den Bericht über die Wirklichkeit mit dieser selbst - was immer das sein mag - zu vergleichen.

      Gerade deshalb blüht heute die Rhetorik der Authentizität, und Medienleute formulieren in den Medien eine Radikalkritik der Medien. Hier kann man beobachten: Genauso wie die Kopie das Original erzeugt, so erzeugt die Medienwirklichkeit erst die Erwartung einer authentischen Realität. Authentizität ist aber ein Kult der Naivität. Man bekommt ein viel nüchterneres und klareres Bild von der Medienwirklichkeit, wenn man sich von der journalistischen Lebenslüge der »Aufklärung« verabschiedet. Massenmedien bieten vielmehr das, was der Anthropologe Lionel Tiger Sociopleasure genannt hat; gemeint ist die Lust der Gesellschaft an sich selbst. Diese bedient vor allem das Fernsehen durch eine konsequente Unterhaltungsformatierung der Ereignisse. Alles, was geschieht, ordnet sich um die Attraktoren der Sentimentalität und der Sensation.

      Seit es Privatfernsehen gibt, sehen wir nicht mehr dieselben Sendungen. Doch gleichgültig, welchen Sender wir einschalten, überall erwartet uns Angela Merkel. Nicht dass sie uns etwas zu sagen hätte. Fernsehen ist der schlichte Körperkult der Prominenz. Und die gemeinsame Beziehung auf Prominente hält die Gesellschaft zusammen. Wer etwa seinen Sonntagabend der ARD opfert, erlebt alles, was unsere moderne Welt im Innersten zusammenhält.

      Zunächst den Tatort als unwiderstehliche Propaganda der Political Correctness, der, wie alle Fernsehserien, den "Sociopleasure" der Moralität bietet: Man kann zusehen, wie Gerechtigkeit geschieht. Und dann Sabine Christiansen - Talk als Kult unserer Staatsreligion. Früher hat man das richtige Verhalten in der Polis gelernt; heute genügt es, den Fernseher einzuschalten. Und am Montag kommt der Spiegel.

      Niedergang des kritischen Journalismus

      Niedergang des kritischen Journalismus - ist das die richtige Diagnose? Oder sollte man sich einmal metakritisch denen zuwenden, die derartige Besorgnisse formulieren, in den Medien?! Vielleicht haben wir es ja nicht mit einem Niedergang der Presse, sondern mit dem ihres früheren Lieblingskindes, des kritischen Linksintellektuellen, zu tun. Offenbar hat er seit 1989 den roten Faden der Weltgeschichte verloren.
      Nun ist Kritik gerade nichts, was man an die moderne Gesellschaft erst herantragen müsste; vielmehr produziert sie selbst die Kritik an sich selbst. Das Problem ist deshalb umgekehrt eben dies, dass durch die Einführung der Negation der Gesellschaft in die Gesellschaft selbst - und das war ja das große Werk der kritischen Intellektuellen - diese gegen Kritik immun geworden ist. Entsprechend kann man am Automatismus des Hinterfragen erkennen, dass sich Konformismus als sein Gegenteil tarnt: als Kritik. So geht es also nicht mehr weiter - beziehungsweise in den Medien: endlos weiter.

      Die klugen Leute, die sich bisher selbst für kritische Intellektuelle gehalten haben, sollte es stutzig machen, dass man sie kulturoffiziell vermisst.

      Gerade weil die Produktivkraft Intelligenz im Zeichen der Konvergenz von Wirtschaft und Wissensmanagement immer wichtiger wird, verliert die Rolle des Intellektuellen zunehmend ihre soziale Funktion. Wer heute noch glaubt zu wissen, wo es langgeht, blamiert sich. Visionen fürs 21. Jahrhundert gehören in die Hochglanzbroschüren großer Unternehmen.

      An die Stelle der kritischen Intellektuellen ist längst eine kognitive Elite getreten, die in einem Formenkontinuum von Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Unterhaltung operiert. Für sie ist Gesellschaftskritik Zeitverschwendung; mit links und rechts kann sie nichts mehr anfangen; der engagierte Journalismus einer SPD-Zeitung oder eines bekennenden Fernsehmagazins ist ihr nur peinlich. Statt dessen freut sich die kognitive Elite am fröhlichen Medienmix, der die bürgerliche Öffentlichkeit ersetzt hat: Blogs, Indymedia, Talk, special interest, TV, Bild und FAZ. Aufgeklärte Publizität ist in den Parajournalismus der Laien und den Postjournalismus der Profis zerfallen. Das kann man bedauern. Aber man könnte auch auf die kreativen Kräfte setzen, die im Zerfall frei werden.

      Quelle: http://www.goethe.de/wis/med/dos/jou/mkr/de2304574.htm …
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 19:44:06
      Beitrag Nr. 534 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.392.479 von Maraho am 16.01.09 19:39:25...auch dies kommt hinzu:


      Rolle der gesellschaftlich relevanten Gruppen im öffentlich-rechtlichen Rundfunksystem

      Rundfunkräte sind in Deutschland das entscheidende Element bei den öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Hörfunksendern. Sie haben die Aufgabe, bei der Programmgestaltung die Interessen der Allgemeinheit zu vertreten und den Sendeauftrag zu kontrollieren.
      Die Idee, die dahinter steht, besteht darin, die öffentlich-rechtlichen Sender weder in die Hand des Staates noch in die von privaten Anbietern zu geben. Der Rundfunkrat soll ein Querschnitt der Bevölkerung abbilden. Vertreten sind Gewerkschaften, Kirchen, Parteien und Verbände.

      Selbstverwaltung als Garant der Pluralität

      Als nach dem Zweiten Weltkrieg in den westdeutschen Besatzungszonen die Diskussion darüber begann, wie das deutschen Rundfunkwesen zu organisieren sei, waren sich alle Beteiligten darüber einig, dass es weder eine einseitige Politisierung durch eine jeweils herrschende Partei geben darf (wie zur NS-Zeit) noch sollte das Programm von den Wünschen und Bedürfnissen einer werbetreibenden Wirtschaft geprägt sein. Rundfunk-, oder wie sie auch genannt werden, Fernsehräte, sollten dafür sorgen, dass die Pluralität und ein politischer Bildungsauftrag gewährleistet sind.
      In jedem Bundesland entstanden durch Staatsverträge Landesrundfunkanstalten, die mit weitgehenden Selbstverwaltungsbefugnissen und einer Finanzierung über Gebühren ausgestattet wurden. Alle zusammen bilden die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Deutschland (ARD). 1961 kam über einen Staatsvertrag der Länder das Zweite Deutsche Fernsehen als öffentlich-rechtlicher Sender dazu. Das ZDF ist im Gegensatz zur ARD zentral organisiert und verfügt über einen eigenen Fernsehrat mit 77 Mitgliedern. Die Beiräte zu den einzelnen ARD-Anstalten sind kleiner.

      Der Rundfunkrat wählt den Intendanten, der für das Programm verantwortlich ist. Daneben gibt es zwei weitere Gremien, die aus dem Rundfunkrat hervorgehen: die Verwaltungsräte und die Programmbeiräte. Der ARD-Programmbeirat ist das Beratungsgremium für die Ständige Fernsehprogrammkonferenz, die das Programm des Ersten Deutschen Fernsehens zusammenstellt. Der Verwaltungsrat wiederum kontrolliert für jeden Sender das Management und die Finanzen.

      Vormacht der Parteien

      Eigentlich sollen die öffentlich-rechtlichen Aufsichtsgremien ein Spiegelbild der Gesellschaft sein. Doch sie haben sich anders entwickelt. Der Medienwissenschaftler Hermann Meyn kritisiert, dass sie "von einer Interessenvertretung der Gesellschaft zu einer Gesellschaft von Interessenvertretern" gewandelt haben. Zu ausgeprägt schlügen sich vor allem parteipolitische Vorlieben der Räte durch.
      In der Tat soll der von staatlichen Stellen entsandte Anteil an Vertretern im Rundfunkrat nicht größer als ein Drittel sein. Am Beispiel des ZDF-Fernsehrates lässt sich zeigen, dass diese Regel bereits durchbrochen ist. Von den 77 Mitgliedern werden 16 von den Landesregierungen, drei von der Bundesregierung und zwölf von den Parteivorsitzenden der im Bundestag vertretenen Parteien entsandt – zusammen 31. Das ist bereits mehr als ein Drittel. Weitere 16 entsenden die Ministerpräsidenten der Länder aus den Bereichen Kunst und Kultur. Der Medienjournalist Cordt Schnibben meint, in den Rundfunkräte der Öffentlich-Rechtlichen insgesamt vertreten mindestens zwei Drittel der Räte die Interessen von Parteien, auch wenn sie nicht immer ein Parteibuch in der Tasche haben.

      Die Causa Jauch

      Welchen Einfluss die Beiräte haben, zeigte sich bei dem angebahnten Wechsel des in Deutschland populären Moderators Günter Jauch vom Privatfernsehen zu den Öffentlich-Rechtlichen. Jauch sollte nach dem Willen der Gremien nicht nur auf jegliche Art von Werbung mit seiner Person verzichten (was er auch bereitwillig tat), sondern er sollte auch in keinem privaten Programm mehr auftreten dürfen und – was noch schwerer wog – er sollte eine Redaktion zur Seite gestellt bekommen, die seine Sendung beaufsichtigen würde. Das verstand der Moderator als Bedrohung seiner journalistischen Unabhängigkeit und sagte ab.
      Rundfunkräte sind immer wieder als der verlängerte Arm von Partei- oder Verbandszentralen bezeichnet worden. Bayern hat sich aus Sendungen des Kabarettisten und SPD-Mitglieds Dieter Hildebrandt ausgeblendet, Matthias Richling, auch ein Satiriker, bekam Ärger mit seinem Stuttgarter Sender wegen einem Beitrag zum Thema AIDS, Kirchenobere protestierten vehement, als das politische Magazin Panorama einen Schwangerschaftsabbruch live zeigen wollte.

      Ein weiterer Vorwurf trifft die Orientierung an Einschaltquoten. Weil auch die Öffentlich-Rechtlichen von Anfang an nicht auf Werbung verzichten wollten, definieren sie ihren Erfolg über Einschaltquoten. Sendungen, die nicht über eine bestimmten Marktanteil hinauskommen, haben – wie bei den Privaten – langfristig keine Chance oder werden um Mitternacht ausgestrahlt. Für die Zeit am Vorabend, in der Werbung gezeigt werden darf, muss es auch attraktive Soaps geben, die von einem Millionenpublikum gesehen werden sollen. Wo dabei das Interesse der Allgemeinheit bleibt? Der Showmoderator Thomas Gottschalk, der aus seiner Quiz-Sendung eine Art Dauerwerbesendung gemacht hat, gab einmal unverblümt zu, er sorge schließlich dafür, dass die Leute das bekämen, was sie sehen wollten.

      Ausgewogenheit

      Ein anderes Zauberwort für die öffentlich-rechtlichen Sender ist Ausgewogenhei". Sie entsteht dann, wenn die sogenannten gesellschaftlichen Interessen fein austariert in den Kontroll- und Beratungsgremien der Sender verteilt sind. Wird die Klientel der einen Gruppe kritisiert, darf auch die andere kritische angefasst werden. Haue ich Deine Partei, darfst Du meine hauen. Das Problem: Kritisch kann ein Journalist nur bleiben, wenn er von mindestens einer Seite Rückendeckung hat. "Aber wie behält man solche Rückendeckung", fragt Hanns Werner Schwarze, lange Zeit Leiter des Berliner ZDF-Studios, "wenn man sich mit beiden Seiten anlegt, wenn man allen Parteien oder gar Arbeitgebern und Arbeitnehmern gemeinsam wehtut?"

      Quelle: http://www.goethe.de/wis/med/dos/jou/mkr/de2304627.ht…
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 19:49:49
      Beitrag Nr. 535 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.392.511 von Maraho am 16.01.09 19:44:06Zum besseren Verständnis:

      Mitglieder des Rundfunkrats der einzelnen Landesrundfunkanstalten
      http://de.wikipedia.org/wiki/Rundfunkrat …

      Jetzt reicht`s aber für heute.
      Schönen Abend zusammen! Maraho
      Avatar
      schrieb am 16.01.09 20:10:54
      Beitrag Nr. 536 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.392.479 von Maraho am 16.01.09 19:39:25Und deswegen ändert sich auch nichts, momentan...


      Genau. Danke für den interessanten Artikel.
      Es scheint übrigens wirklich so, als ob seit 1989 die Reibungsflächen fehlen...

      Dir auch ein schönes Wochenende,
      Grüße
      Avatar
      schrieb am 17.01.09 06:27:16
      Beitrag Nr. 537 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.392.012 von Maraho am 16.01.09 18:49:25Guten Morgen,

      zum Thema Bildung/Medien eine weitere interessante Abhandlung in Bezug auf den Beitrag:



      Wissensgesellschaft à la Bertelsmann. Das Projekt „Media Smart“ der werbetreibenden Wirtschaft soll in den Schulen “Medien- und Werbekompetenz von Kindern” fördern – oder der Bock macht sich zum Gärtner

      Von Christiane Wicht.

      Alle Welt redet darüber, dass wir in einer “Wissensgesellschaft” leben. Die Pisa-Studie scheint zu beweisen, dass bis da hin für Deutschland noch ein weiter weg ist.
      Man kann sich nun lange über Sinn und Unsinn der Methoden und vor allem über den parteipolitischen Missbrauch der Pisa-Ergebnisse streiten, eines ist unbestreitbar: Die Studien werden dafür benutzt, das Bildungssystem verstärkt nach wettbewerblichen und betriebswirtschaftlichen Kriterien zu gestalten und den staatlichen und parlamentarisch-demokratischen Einfluss zurückzudrängen. Universitäten sollen wie Einzelunternehmen geführt werden, aus Studierenden sollen „Kunden“ werden, die für eine Ware „Studium“ zahlen. Private Unternehmen sollen in Schulen und Hochschulen investieren, damit mehr Geld zur Verfügung steht. Der Staat wird zurückgedrängt, mit dem Argument, er habe nicht genug Mittel zur Verfügung und sei außerdem ohnehin ineffizient. All diese Entwicklungen sind aus anderen Bereichen der staatlichen Daseinsvorsorge bekannt, die bereits privatisiert und liberalisiert wurden. Nun soll mit denselben Floskeln auch das staatliche Bildungssystem sturmreif geschossen werden - zum Einstieg privater Investoren. Der Markt ist gewaltig und wer zahlt, schafft an. Die amerikanische Unternehmensberatung Merrill Lynch schätzt den Wert der weltweit erbrachten Bildungsdienstleistungen auf 2.200 Milliarden Dollar jährlich (Quelle www.erzwiss.uni-hamburg.de).

      Bildung ist keine Ware

      In einem gesellschaftlich verantworteten Bildungssystem ist Bildung dagegen keine Ware wie jede andere, sondern ein öffentliches Gut, an dem jeder teilhaben können soll und das wiederum dem allgemeinen Interesse dient. Denn Bildung stellt für jeden einzelnen die Voraussetzung dar nicht nur für das berufliche Fortkommen, sondern sie stellt auch die Voraussetzung für den ökonomischen Fortschritt und auch für die demokratische Teilhabe und die kulturelle Entwicklung der Gesellschaft dar. Deshalb wird bei uns in allen Sonntagsreden gefordert, dass jedes Kind die gleiche Chance haben soll, Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben, die ihm später die Ausübung eines Berufes und die chancengleiche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen. Diese Möglichkeit der Beteiligung soll nicht davon abhängen, welche soziale und finanzielle Stellung die Eltern eines Kindes haben. Deshalb sollte Bildung vor allem auch eine Aufgabe des Staates sein und keine käufliche Handelsware. Dazu gehört, dass die vermittelten Bildungsinhalte nicht von partikularen gesellschaftlichen Interessen also auch nicht von den Interessen privater Unternehmen bestimmt werden sollten. In der Bildung sollte eben gerade nicht der Grundsatz gelten: Wer zahlt, schafft an. Im Idealfall befindet die Gesellschaft durch demokratischen Diskurs und demokratische Entscheidungen darüber, was ihre nachfolgenden Mitglieder für ihr zukünftiges Leben lernen sollen. Solche elementaren Errungenschaften der bürgerlichen Gesellschaft sind in Gefahr, wenn private Geldgeber Zugang zu den Entscheidungen im Bildungswesen erhalten. Ihr Ziel ist zumeist nicht, so vielen Menschen wie möglich eine unabhängige, allgemeine Bildung und ein möglichst umfassendes Wissen zu vermitteln.

      Auf den NachDenkSeiten wurde schon in zahllosen Beiträgen auf die Ziele und vor allem auch auf den Einfluss des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) der Bertelsmann Stiftung auf die Hochschulen direkt und auf die Bildungspolitik im Allgemeinen hingewiesen.
      Sowohl die Forderungen nach Elite-Universitäten oder der Einführung von Studiengebühren sind maßgeblich vom CHE und vom arbeitgebernahen Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft ins Zentrum der Hochschulreformdebatte gerückt worden.

      Lobbyismus gefährdet das staatliche Bildungssystem

      Der Bertelsmann-Konzern fördert seit Jahren die Entwicklung zu einem immer mehr nach privatwirtschaftlichen Prinzipien organisierten – aber weitgehend staatlich finanzierten - Bildungssystem. Er versucht kontinuierlich, auf politisch höchster Ebene in Deutschland und bei den europäischen Institutionen nachdrücklich auf die Bildungspolitik Einfluss zu nehmen. Der Bertelsmann-Konzern ist Mitglied der wichtigsten Lobbyorganisation der Industrie in Brüssel, dem European Round Table (ERT). Direkt oder über Lobbygruppen hat das Unternehmen seit mehr als zwanzig Jahren erheblichen Einfluss auf Gesetzesausarbeitungen oder Richtlinienvorschläge der EU. Bertelsmann versucht unter Einflussnahme auf Politiker, seine Interessen mit allem Mitteln des Lobbyismus bis hin zur Vergabe von lukrativen Mandaten in Aufsichtsgremien und Beratungsverträgen durchzusetzen und ihnen, wenn es möglich ist, sogar Gesetzesrang zu geben (Quelle: www.jungle-world.com).
      Deutlich zeigte sich dies bei der Ausarbeitung der EU-Verfassung. Elmar Brok etwa, ist EU-Parlamentarier und war Mitglied im EU-Konvent zur Erarbeitung des EU-Verfassungsvertrages. Zugleich ist er Vizepräsident von Media Development der Bertelsmann AG. In einem Diskussionspapier vom 27. Januar 2003 schlägt er vor, dass der Konvent das Recht auf Bildung als Grundfreiheit in die Verfassung aufnimmt (Artikel II-74 Recht auf Bildung). Diesem Artikel zufolge ist der Pflichtschulunterricht zwar unentgeltlich, es fehlt jedoch ein uneingeschränktes Recht auf kostenlose Bildung für weiterführende Schulen und Universitäten. In seiner vorliegenden Fassung besagt dieser Grundsatz lediglich, dass in Bezug auf den Pflichtschulunterricht jedes Kind die Möglichkeit haben muss, eine schulische Einrichtung zu besuchen, die unentgeltlichen Unterricht erteilt – welche Schule auch immer. Er besagt aber nicht, dass alle schulischen Einrichtungen unentgeltlich sein müssen. Ebenso verbietet der Vertrag auch nicht, dass bestimmte Unterrichtsformen entgeltlich sein können. Die Union muss im Rahmen ihrer bildungspolitischen Maßnahmen ausschließlich die Unentgeltlichkeit des Pflichtunterrichts achten.
      Der Vorschlag im Diskussionspapier von Elmar Brok wurde angenommen und in die EU-Verfassung aufgenommen (siehe NachDenkSeiten 19.04.2005). Der Bertelsmann-Repräsentant hat sein Ziel erreicht. Selbst wenn die Verfassung nicht von allen Staaten angenommen werden wird, besteht dennoch die Gefahr, dass Teile der Verfassung künftig in europäische Vertragswerke aufgenommen werden. Das ist nur ein Beispiel dafür, wie EU-Parlamentarier ziemlich direkt die gesellschafts- und bildungspolitischen Interessen von Konzernen vertreten und dafür sorgen, dass sie sogar Verfassungsrang erhalten könnten (Quelle: www.netzpolitik.org).

      Bildung ist für den Bertelsmann-Konzern das Zukunftsgeschäft. Die Bertelsmann AG befindet sich zu 57,6% im Eigentum der Bertelsmann-Stiftung (die anderen Anteile halten die Familie Mohn und die Groupe Bruxelles Lambert). Natürlich ist die Stiftung am Wachstum ihrer Firma, also des Konzerns interessiert (Quelle: www.blaetter.de).
      Den unfähig erklärten „Staat“ aus möglichst vielen Bereichen der Bildung zu verdrängen und sie für den „Markt“ zu öffnen, ist das langfristige strategische Interesse des Bertelsmann-Konzerns und seines Hauptaktionärs, der Bertelsmann-Stiftung. Dass der finanziell ausgeblutete Staat seine bildungspolitischen Aufgaben immer weniger erfüllen kann, kommt der Konzernstrategie sogar eher gelegen. Reinhard Mohn, der ehemalige Bertelsmannchef und noch heute graue Eminenz des Konzerns, sagt es ganz offen: “Es ist ein Segen, dass uns das Geld ausgeht. Anders kriegen wir das notwendige Umdenken nicht in Gang.” (”Ein Segen, daß uns das Geld ausgeht”: Interview mit Reinhard Mohn, Gütersloh: Verlag der Bertelsmann-Stiftung, 1996)

      Media Smart - der Bock als Gärtner

      Dass Bertelsmann aber auch heute schon und ganz direkt auf die Bildung in Deutschland Einfluss zu nehmen versucht, zeigt das Beispiel “Media Smart”. Dabei handelt es sich um einen Verein, der, so die Eigendarstellung, die “Medien- und Werbekompetenz von Kindern” fördern möchte. Diesen noblen Zielen haben sich unter anderen folgende der Aufklärung gegen die „geheimen Verführer“ verpflichteten Mitglieder dieser Initiative verschrieben: McDonalds, Mattel Deutschland, Lego, Burger King, Hasbro Deutschland, Kellogg Deutschland, Zapf Creation, Masterfoods, Nokia GmbH, Super RTL. Fördermitglieder sind etwa der Gesamtverband Kommunikationsagenturen, der Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation, der Egmont Ehapa Verlag und Gruner + Jahr. Das Projekt wird ausschließlich von Firmen oder Verbänden getragen, die Werbung betreiben, verkaufen oder machen - und deren Zielgruppe vor allem Kinder sind. Auch die beiden Unternehmen des Bertelsmann-Konzerns, Super RTL und Gruner + Jahr gehören natürlich dazu.
      Der Fernsehsender Super-RTL gehört jeweils zur Hälfte dem Disney-Konzern und der RTL-Group, die sich wiederum zu 90,4% im Besitz der Bertelsmann AG befindet. Die deutschen Sender der RTL-Group hatten laut Bertelsmann-Geschäftsbericht 2004 in diesem Jahr einen Anteil von 37,7 % am gesamten deutschen Markt für TV-Werbung. Dabei entfielen auf Super RTL 2,9 % - für einen Sender, der sich ausschließlich an Kinder richtet, ziemlich beachtlich. In einer Selbstdarstellung preist sich Super-RTL, “in Deutschland das Leitmedium für Werbung, die sich an Kinder richtet,” zu sein. Als “beliebtester Kinderfernsehsender” habe man im Jahr 2004 unter den drei- bis zwölfjährigen einen Zuschaueranteil von 24,3 % erreicht - mehr als doppelt soviel wie der nachfolgende zweitgrößte Konkurrent.
      Wer, wie die in Media Smart e.V. zusammengeschlossenen Firmen, Produkte vor allem an Kinder und Jugendliche verkaufen möchte und selbstverständlich seine Gewinninteressen verfolgt, dem kann wohl kaum eine objektive Beurteilung von Werbung und ein kritisch aufklärerisches Interesse gegenüber Werbung unterstellt werden. Die Produkte vieler beteiligter Unternehmen sprechen in erster Linie Kinder an: Spielsachen von Mattel, Zeitschriften und Spiele von Hasbro, Frühstücksflocken von Kellogg’s, Fast Food von Burger King und McDonalds, Puppen von Zapf oder Handys von Nokia. Wenn die gleichen Firmen nun Kindern einen bewussten und kritischen Umgang mit Werbung vermitteln möchten, kann man nicht skeptisch genug sein. Wird hier unter dem Deckmantel der „kritischen Betrachtung der Werbung“ der Bock zum Gärtner gemacht?

      Kinder als Zielgruppe

      Kinder sind nicht nur als Konsumenten interessant. Sie sind auch besonders empfänglich für Werbebotschaften und daher für werbetreibende Firmen von großem strategischem Interesse. Die Markenbindung beginnt – wie erforscht wurde - im Alter von 12 Jahren. Es ist für die Hersteller daher wichtig, vorher schon im Bewusstsein der Kinder präsent zu sein und bis dahin ein positives Image aufgebaut zu haben, damit eine langfristige Markenbindung erreicht werden kann. Kinder sind schon früh an das Medium Fernsehen gewöhnt. Fernsehen ist eine wichtige und reizstarke Informationsquelle. Ein eigenständiges Differenzieren ist aufgrund des Überangebots gerade für Kinder und Jugendliche praktisch unmöglich. Sie orientieren sich daran, was andere haben (Quelle: www.daserste.de). Oft nutzen schon sehr kleine Kinder die eigens eingerichteten Kinderkanäle. Werbeprofis wissen, dass sich Kinder Firmenlogos der Produkte, die sie interessieren, sehr gut merken können und schnell Namen und Produkt verbinden. Weil die Medien in Form von Werbung in Radio und Fernsehen, auf dem Handy, in Zeitschriften, auf Plakaten, im Internet ständig präsent sind, sind Kinder leicht erreichbar und somit eine leichte Beute für die werbende Industrie. Millward Brown, eine führende Agentur für Marken- und Unternehmenskommunikation, hat in elf Ländern Tausende von Kindern interviewt. Das Ergebnis zeigt, wie sehr Kinder der Werbung glauben und ihr zum Opfer fallen (vgl. hierzu das Buch).

      Konsumverhalten wird nicht hinterfragt

      Wenn es nach der werbetreibenden Industrie geht, sollen Kinder Kaufzurückhaltung gar nicht erst lernen, schließlich sind sie die Konsumenten von morgen. Kritikfähigkeit ist nicht gut für’s Geschäft. Ein differenzierter Umgang mit allgegenwärtigen Werbebotschaften ist aber ohne kritische Heranführung an das Medium Werbung nicht möglich. Oberflächlich betrachtet bekennt sich zwar das Begleitheft des Projekt Media Smart zum „mündigen“ Verbraucher. “Denn es besteht gerade dort pädagogischer Handlungsbedarf, wo beispielsweise nicht zu erfüllende Kaufwünsche größere Probleme nach sich ziehen können.” heißt es in der Einführung (S. 5), die eine “Auseinandersetzung mit Konsumwünschen” verspricht. Die gesamte Konzeption der Materialien ist aber nicht darauf ausgelegt, Werbebotschaften distanziert zu betrachten oder Konsumverhalten gar in Frage zu stellen. Nachdem das von MediaSmart bereitgestellte Video im Unterricht gezeigt wurde, erhalten die Kinder die Aufgaben, ihre Wünsche aufzuschreiben, anschließend Zeitschriften durchzusehen und sich noch einmal darüber auszutauschen, ob sich ihre Entscheidung durch die Werbung verändert hat. Dadurch wird gezielt auf Sponsoren, Spots und versteckte Werbung in Kinderzeitschriften hingewiesen. Die Kinder sollen gar nicht hinterfragen, wozu sie und ob sie das Produkt brauchen, ob man auf das eine oder andere Produkt auch verzichten kann. Auf diese Weise entsteht keinerlei kritische Auseinandersetzung mit der Kaufentscheidung also solcher. Kinder sollen lediglich überlegen, ob sie die Anschaffung verschieben können oder ob sie sich das Produkt z.B. auch schenken lassen können (S.16). Damit werden Wünsche geweckt und Wege zu ihrer Erfüllung aufgezeigt.
      Angebliches Ziel des Projekts ist es, dass Kinder als Konsumenten in der heutigen aggressiven Marktwirtschaft ein Gespür dafür bekommen, welche Produkte sie kaufen wollen und auf welche sie verzichten können. Vor allem sollten sie eigentlich lernen, die Werbung kritisch zu sehen.
      Zur differenzierten Betrachtung gehörte jedoch eine kritische Auseinandersetzung mit der Qualität, dem Preis oder der Art der Produktion (siehe Anmerkung). Derartige Informationen sind in der Werbung gerade nicht enthalten. Die Werbebotschaften zielen vielmehr darauf ab, ein Produkt ausschließlich positiv darzustellen. Dieser manipulative Aspekt der Werbung kommt in den Unterrichtsmaterialien von Media Smart jedoch gar nicht erst zur Sprache. Das Ziel einer kritischen Auseinandersetzung kann daher schon im Grundsatz gar nicht erreicht werden. Es wird das Bild vermittelt, dass Werbung zu unserem Leben gehört, sogar ein Bestandteil unseres modernen Lebens ist, und wir durch sie „Informationen“ bekommen, die für den Kauf eines Produkts nötig sind.

      Werbung - Manipulation statt Information

      Ein durchgehend positives Bild der Werbung wird ebenfalls im Informationsteil für die Lehrer vermittelt. Werbung sei ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, belebe den Wettbewerb, verhindere so Preiserhöhungen und erweitere die Angebotsvielfalt. Überdies erhöhe die Werbung auch noch die Medien- und damit die Meinungsvielfalt – indem sie Fernsehsender und einen großen Anteil an den Printmedien finanziert. Die Unterrichtsmaterialien präsentieren die Werbung als Informationsquelle, ja sogar als Stütze der Demokratie und der Gesellschaft. An keiner Stelle taucht hier auch nur der Verdacht auf, dass Werbung gerade auf Kinder eine manipulative Wirkung haben könnte. Der Konsument erscheint durchweg als mündig und darf sich dank Werbung bestens informiert fühlen: Im Abschnitt “Werbung in der kindlichen Wahrnehmung” heißt es dementsprechend: “Heute wird daher nicht mehr gefragt: ‘Was macht die Werbung mit den Menschen?’, sondern: ‘Was machen die Menschen mit der Werbung?’ Kinder nutzen Medienthemen bzw. Werbebotschaften für ihre ganz persönlichen Zwecke. Symbolisch besetzte Produkte können für Kinder diverse Funktionen haben: Sie dienen der Orientierung in der Fülle des Angebots und sind Ausdrucksmittel einer eigenen Kultur.” (S. 20) Mit der Darstellung von Werbung als Träger von Kultur und als Orientierungshilfe vermitteln die Autoren des Begleitheftes ein deutlich von Werbeinteressen geprägtes Bild. Dass die Werbung ihren Anspruch einer umfassenden Information verfehlt, indem sie eben nicht über das Produkt informiert, sondern durch Bilder, Musik u.ä. einen Kaufwunsch wecken will, wird nicht in Ansätzen diskutiert. Das bestätigt sich in den Schaubildern der Unterrichtsmaterialien, in denen Werbung vor allem auch deshalb positiv dargestellt wird, weil Firmen mit der Werbung eine Möglichkeit haben, ihre Produkte bekannt zu machen und zu verkaufen. “Die Werbung liefert dem Konsumenten Gründe, warum ein Produkt für ihn besonders attraktiv und wünschenswert ist” (S. 14).

      Faszination Werbung

      In dem Kapitel “Wirklichkeit und Traumwelt” geht es zwar um die “illusorische Welt” der Werbung. Dabei wird aber weniger auf Gefahren der Manipulation durch Werbung hingewiesen als vielmehr die Faszination für die Tricks der Werbung geweckt. Wie auch in anderen Unterrichtseinheiten sollen Schüler hier Werbung selbst machen oder nachspielen. Dadurch erhält Werbung einen großen spielerischen Wert. Es ist keine Rede davon, dass das Unterbewusstsein des Menschen durch Werbung beeinflusst wird. Die Kinder assoziieren Werbung mit einem positiven Erlebnis, indem sie im Unterricht Werbespots nachspielen, sich selbst darstellen und somit Werbung zu einem persönlichen Erfolgserlebnis werden lassen. Dadurch entwickeln Kinder eine positive Grundeinstellung zu Werbeaussagen und halten sich künftig für “Spezialisten” in Sachen Werbung. Sie sind deshalb eher geneigt, sich Werbung anzusehen, sie im Internet nicht wegzuklicken, weil sie den einen oder anderen Spot mit einer positiven Erfahrung verbinden. Kinder sollen an Werbung Interesse zeigen, ihr aufmerksam folgen und sämtliche Informationen glauben, die ihnen vermittelt werden.

      Wie sich die Industrie die Lehrpläne zunutze macht

      Der Umgang mit Werbung ist ein Thema in den Lehrplänen der dritten und vierten Klassen. Hier setzt Bertelsmann mit seinem Projekt an, denn bislang fehlte es - zumindest nach Meinung von Bertelsmann - an qualifizierten Lehrmaterialien. Die stellt nun der Verein Media Smart kostenlos zur Verfügung. Lehrer und Elternverbände wurden mit dem Argument angeschrieben, dass Kindern sehr früh der kritische Umgang mit Werbung vermittelt werden soll. Da dies ein Thema ist, das vielen Eltern und Lehrern am Herzen liegt, wird es von beiden Seiten zunächst einmal positiv aufgenommen, denn die meisten Eltern und Pädagogen halten eine kritische Betrachtungsweise der Werbung ist erstrebenswert. Um diesem Interesse gerecht zu werden, wird das Projekt Media Smart in 18.000 Schulen Deutschlands vorgestellt. Das zum Bertelsmann-Konzern gehörende Verlagsunternehmen Gruner + Jahr macht in den eigenen Zeitschriften “Eltern for family” und “Stern” in Anzeigen auf MediaSmart aufmerksam. Ursprünglich stammt die Idee zu Media Smart aus Kanada, und wurde 2002 in Großbritannien übernommen. Nach Angaben von Bertelsmann ist das britische Media Smart Modell in Belgien, den Niederlanden und Frankreich auf großes Interesse gestoßen.

      Die staatlichen Institutionen und pädagogische Entscheidungsträger in Deutschland zeigen sich erstaunlich unkritisch. Die Initiative wird von Kultusministerien, Elternverbänden und Medienpädagogen nahezu durchweg unterstützt. Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz und brandenburgische Kultusministerin Prof. Johanna Wanka (CDU) hat zum Begleitheft der Unterrichtsmaterialien sogar ein Vorwort geschrieben.

      Den deutschen Bildungspolitikern fehlt es inzwischen offenbar an Selbstbewusstsein und vor allem an Mut sich gegen Bertelsmann zu stellen. Dabei gab und gibt in staatlichen Institutionen sehr wohl qualifizierte Pädagogen die Unterrichtsmaterialien über die positiven wie negativen Wirkungen von Werbung erarbeitet haben. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hat in der Vergangenheit viele Projekte entwickelt, um Kindern das Thema Werbung und Produkt kritisch zu vermitteln. Vor allem werden Alternativen zum konsumorientierten und von der Werbung beeinflussten Denken angeboten. (siehe Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. und kinderkampagne.de). Eine Kooperation der Ministerien und der Schulträger mit solchen unabhängigen Experten hätte verhindern können, dass gerade diese, von der Industrie initiierte, pädagogisch ausgestaltete und gesponserte Kampagne flächendeckend Einzug in die Schulen hält. Ja noch mehr: Eine schulische Zusammenarbeit mit der werbetreibenden Wirtschaft gerade zum Thema Werbung hätte als Widerspruch in sich auf breiten pädagogischen und politischen Widerstand stoßen müssen.

      Media Smart europaweit

      Der Bertelsmann-Konzern macht – durch seine Erfolge ermuntert - seinen Einfluss zwischenzeitlich auch in Brüssel geltend, um in Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission ein Projekt im Rahmen der „E-Learning Initiative“ (http://www.bibb.de/de/limpact13323.htm ) der zuständigen Generaldirektion Erziehung und Kultur in anderen europäischen Ländern einzuführen. Das E-Learning-Programm der EU wird wiederum unterstützt von der Initiative 21, einem Zusammenschluss von 200 Mitgliedern aus Wirtschaft und Politik, der vor allem ein Interesse daran hat, eine möglichst breite Diffusion von Computern in der Bevölkerung zu erreichen, sprich möglichst viele von ihren Produkten verkaufen zu können (Quelle: www.initiative21.de).
      Wenn sich Bertelsmann mit seiner Forderung durchsetzt, dann wird Media Smart auch in Brüssel „durchgewunken“ und auch in anderen europäischen Bildungssystemen verbreitet. Dabei hätte bereits das E-Learning-Konzept bei den verantwortlichen Entscheidungsträgern in Brüssel auf Kritik stoßen müssen, weil Ziele und Absichten schon aufgrund der Unterstützer des Projekts offensichtlich sind. Aber eine solche reflektierende Sicht scheint bei den Bürokraten der Europäischen Union völlig abhanden gekommen zu sein, weil dort wirtschaftliche Interessen zunehmend als die Gesamtinteressen der Europäer wahrgenommen werden.

      Unternehmen und ihnen nahe stehende Stiftungen nehmen immer stärker Einfluss auf die Struktur des Bildungssystems sowie auf die vermittelten Bildungsinhalte. Sie verfolgen dabei ihre kurzfristigen wirtschaftlichen Eigeninteressen und handeln auch in ihrem langfristigen strategischen Interessen. Ihr Ziel ist es, den Bildungssektor so weit wie möglich zu privatisieren oder - soweit er staatlich finanziert ist - dem marktwirtschaftlichen Wettbewerb zu unterwerfen. Man braucht den Staat zwar noch zur Grundfinanzierung, seine hoheitliche, demokratisch durch Parlament oder Elternvertretungen kontrollierte Aufgabe soll ihm aber so weit wie möglich genommen werden.

      Damit öffentliche Schulen und Hochschulen ihren öffentlichen Auftrag in Zukunft erfüllen können, müssten ihnen als erstes wieder ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen.
      Konzerne, wie Bertelsmann, haben jedoch mit Think-Tanks und ihren Lobbyisten tief greifend daran gearbeitet, bei den politischen Entscheidungsträgern gerade auch solche “Reformen” – wie etwa permanente Steuersenkungen - durchzusetzen, die unter anderem auch zur katastrophalen Finanzsituation im Bildungsbereich geführt haben. Jetzt wo der Staat erst einmal systematisch „kaputt gespart“ worden ist, bieten privaten Investoren unter dem Titel Private Public Partnership ihre Hilfe an und diese „Unterstützung“ wird von den meisten Verantwortlichen in den Bildungseinrichtungen in ihrer finanziellen Not nur allzu gerne angenommen. Man spricht dann gerne neudeutsch, von einer „Win-Win-Situation“: Die Unternehmen haben einen Gewinn und auch der Staat. Das haben inzwischen die Wirtschaftsverbände und zunehmend mehr Konzerne erkannt und sie unterstützen deshalb in größer werdendem Umfang Bildungsprojekte.

      Wenn sich diese Form der Bildungspolitik weiter durchsetzt, sollte man den Begriff der „Wissensgesellschaft“ auf „Wirtschaftswissensgesellschaft“ beschränken. Bildung ist dann nur noch das, was sich für die Wirtschaft und für Bildungsinstitutionen „rentiert“ - ein „Win-Win“-Geschäft eben.

      Anmerkung:
      65% des im Jahr 2002 in den EU-Ländern eingeführten Spielzeugs kam aus Sonderproduktionszonen. Die zwei größten transnationalen Gesellschaften, die den Markt kontrollieren, sind Mattel und Hasbro (u.a. Monopoly). Sie verfolgen unterschiedliche Strategien: Mattel errichtet in den Sonderzonen seine eigenen Fabriken, während Hasbro die Herstellung seiner Produkte Zulieferern (aus China, Korea usw.) überlässt, die ebenfalls in den Zonen tätig sind. In den Sonderzonen schuften Arbeiterinnen bis zu 16 Std. täglich an sieben Tagen in der Woche, bei einem durchschnittlichen Stundenlohn von 70 Cents. Sozialleistungen gibt es keine. Die Essenspausen dauern nicht länger als 5 Minuten. Somit betragen die Lohnkosten nur 6 % des Verkaufspreises. Quelle: Jean Ziegler: Die neuen Herrscher der Welt, S. 108

      Quelle: http://www.nachdenkseiten.de/?p=225 …
      Avatar
      schrieb am 17.01.09 06:39:06
      Beitrag Nr. 538 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.373.816 von Maraho am 14.01.09 17:14:20SPD: Peer Steinbrück
      Schmidtchen Schnauze

      Finanzminister Peer Steinbrück sieht sich selbst gern in einer Liga mit dem bewunderten Altkanzler Helmut Schmidt - als Retter von Banken und Bürgern. Doch seine auffälligste Leistung ist bisher die Schuldenflut.
      Von Claus Hulverscheidt, Berlin


      Es muss einem ja schwindlig werden bei all den Elogen. Vom "brillanten Hanseaten", der "die Stunde der größten Verantwortung mit spielerischer Leichtigkeit und Eleganz" meistere, schwärmt die sonst so nüchterne Neue Zürcher Zeitung. Vom Mann "gegen alle Wetter" berichtet der Berliner Tagesspiegel, von seinem "täglichen Heldenkampf" die Frankfurter Allgemeine.

      So groß ist mittlerweile der Club seiner Verehrer, dass selbst Kanzlerin Angela Merkel nicht länger außen vor bleiben mochte. "Ich kann Herrn Steinbrück nur beglückwünschen", jubelte sie jüngst nach einem der Coups ihres Ministers und Krisenmanagers.

      Keine Frage: Peer Steinbrück steht im Zenit seines politischen Schaffens. Seit am 15. September letzten Jahres die US-Investmentbank Lehman Brothers pleite ging, ist beinahe kein Abend vergangen, an dem der 62-Jährige nicht in der Tagesschau zu sehen gewesen wäre, mal mit Kanzlerin, mal ohne, mal mit guten Nachrichten, meist aber mit schlechten.

      Für viele Menschen hat die Finanz- und Wirtschaftskrise immer noch etwas Unwirkliches, ja Gespenstisches. Da ist es ein gutes Gefühl zu wissen, dass da mit Steinbrück scheinbar ein Mann auf der Brücke steht, der den Durchblick behält, der die Dinge beim Namen nennt, der keine Angst hat vor arroganten Managern und irrlichternden Präsidenten.

      Steinbrück wird dieser Tage gern mit Helmut Schmidt verglichen, der einst in einer dunklen Februarnacht des Jahres 1962 alle Zuständigkeiten einfach ignorierte und Hunderttausende Hamburger durch beherztes Handeln vor der großen Sturmflut rettete.

      Der Vergleich mit dem damaligen Innensenator gefällt dem heutigen Bundesfinanzminister - nicht nur, weil er den Altvorderen, seinerzeit auch "Schmidt Schnauze" genannt, verehrt, sondern auch, weil dieser als späterer Bundeskanzler in einer Liga spielte, die Steinbrück auch als die seine betrachtet. Er sieht sich als Macher, der nachts, wenn Deutschland schläft, Banken vor dem Zusammenbruch und Bürger vor der Armut rettet.

      Quelle: http://www.sueddeutsche.de/,tt2m1/politik/223/454903/text/…
      Avatar
      schrieb am 17.01.09 06:55:50
      Beitrag Nr. 539 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.392.012 von Maraho am 16.01.09 18:49:25Wurden nach 1945 in Deutschland nicht der Hugenberg-Konzern zerschlagen?

      http://www.polunbi.de/inst/hugenberg.html …

      Hier die Vita: http://de.wikipedia.org/wiki/Alfred_Hugenberg …

      Der Kreis schließt sich.
      Avatar
      schrieb am 17.01.09 07:11:57
      Beitrag Nr. 540 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.394.398 von Maraho am 17.01.09 06:27:16Reeducation in den besetzten Zonen: Schul-, Hochschul- und Bildungspolitik
      Geschrieben von: Jochem Kotthaus


      Planung und Entwicklung bis zum Kriegsende
      Überblickt man die einschlägige Literatur zum Thema, so wird rasch deutlich, dass sich der Großteil der Arbeiten über Reeducation , einem dem psychiatrischen Vokabular entnommenem Diktum, mit ihrer amerikanischen Variante befasst. Es entsteht leicht der Eindruck, als handelte es sich hier um ein spezifisch amerikanisches Phänomen. Dabei war Reeducation kein originäres Konzept der Amerikaner, sondern eher um eines, welches von den Briten bevorzugt wurde. Es war, in aller Verkürzung der komplexen Nachkriegsplanung der USA, ihr ursprünglicher Plan (sowie mit divergierenden Intentionen der Sowjets), die gesamte industrielle, ökonomische, militärische sowie politische Infrastruktur zu zerstören, Deutschland zu dezentralisieren und auf dem Niveau einer vorindustriellen Gesellschaft zu belassen. Durch diese im Morgenthau-Plan niedergelegten Maßnahmen sollte sowohl die Schuld der Deutschen gesühnt werden, als es ihnen auch in absehbarer Zukunft unmöglich machen, wieder einen Krieg zu führen. Das amerikanische Umdenken findet seine Begründung in innenpolitischen Auseinandersetzungen über die Zukunft Deutschlands sowie der Haltung der Briten nach dem Kriegsende (siehe auch bspw. Lange-Quassowski 1979, Pronay 1985).

      Der britische Entwurf für die Nachkriegzeit, durchaus kontrovers und nicht ohne Um- und Abwege entwickelt (Kettenacker 1985), ging einen anderen Weg. Er "versuchte, mit allen der Militärregierung eines besetzten Landes zur Verfügung stehenden Mitteln, die Ideen und Ideale auszuradieren, auf denen die autoritären und militaristischen Systeme Deutschlands gründeten und sie mit den ethischen, philosophischen und politischen Ideen Großbritanniens und seiner transatlantischen Nachfahren zu ersetzen" (Pronay 1985, 1 - Übersetzung durch den Verfasser). So blieben die vier Ziele des Potsdamer Abkommens (De-militarisation, De-nazification, De-industrialisation, Democratisation) grundsätzlich bestehen, jedoch mit anderer Konnotation. Entnazifizierung zielte beispielsweise (nach einer Welle von Verhaftungen nationalsozialistischer Funktionsträger) nicht auf eine "endlose Hexenjagd" (Pronay 1985, 2), sondern auf eine geistige Bereinigung, auf eine Bereitschaft der deutschen Bevölkerung, umzudenken und -lernen. Denn suggeriert der Begriff Stunde Null als Synonym für die Zeit unmittelbar nach der Kapitulation Deutschlands im Mai 1945 einen chirurgischen Schnitt, einen Neuanfang, der eine gewisse "Schlussstrich-Mentalität" (Gagel 2002, 9) fördert, so kann genau hiervon im Grund genommen nicht gesprochen werden: Die Wurzeln dessen, was nach der Kapitulation wieder zu erschaffen war, reichten zurück in die Zeit nationalsozialistischer Herrschaft, die sich nicht ablegen ließ, wie einen alten Mantel. Obwohl das Leiden der Bevölkerung seitens der Alliierten nicht ignoriert werden konnten, waren die Deutschen auch Täter, die ein nationalsozialistisches Vernichtungsregime unterstützt haben. Sollte Deutschland nicht zerrissen werden und als Staatsgebilde bestehen bleiben, war ein Drängen auf eine gesellschaftliche, politische, kulturelle und persönliche Veränderung, eine ,erzwungene Gesundung' die einzige Möglichkeit, zukünftig mit den Deutschen umzugehen.

      Reeducation personalisiert somit einerseits die Verantwortung des Einzelnen, für sich selbst und für den weiteren Weg seines Landes (siehe auch Plakat der US-Armee aus dem Jahr 1947). Es mussten "rassistische, faschistische, biologistische Deutungsmuster" (Siebert 1994, 52) abgelegt und eine "neue politische und kulturelle Identität" (ebd.) angenommen werden. Unter Reeducation ist also, obwohl deren Umsetzung direkt nach Kriegsende noch zu konkretisieren war, ein Bündel von Maßnahmen zu verstehen, dieses ,Umlernen' in der deutschen Bevölkerung einzuleiten und zu einem stabilen Ende, nämlich der dauerhaften Befriedung und Demokratisierung, zu führen. Letztendlich bedeutet dies nicht weniger, als die Absicht, praktisch alle nationalsozialistisch geprägten Normen und Grundeinstellungen in Deutschland umzudeuten und die Deutschen zurück in die zivilisierte Staatengemeinschaft mit einer demokratischen Grundüberzeugung und freiheitlichen gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Werten zu führen. Praktisch geschah dies zunächst durch das Verbot und die Zerschlagung aller nationalsozialistisch geprägten Massenorganisationen, aber auch anderer Strukturen (Schulen, Universitäten, Presse, Rundfunk, kulturelle Einrichtungen wie Kinos oder Theater etc.) und Materialien (Bücher, Zeitschriften, Filme, Plakatierungen, Tonträger etc.), die im Dienste des Faschismus gestanden hatten. Diese Bereiche sollten dann im politischen Selbstverständnis der Alliierten neu aufgebaut werden.

      Anfänge der "Reeducation" in der Praxis
      Die Praxis der Reeducation gliederte sich in mindestens zwei Zeitabschnitte (Mosberg 1991, 40), die sich jedoch keinesfalls konstant sondern prozesshaft darstellen. Die erste Phase kann als Versuch einer distanzierten Schadensbegrenzung (Verbot nationalsozialistischer Struktur, Entnazifizierung und Aufbau eines notdürftigen Bildungswesens) verstanden werden: Die noch existierenden Bildungseinrichtungen wie Schulen und Universitäten sofort nach dem 9. Mai zu schließen, war fast nicht notwendig: "Als der 2. Weltkrieg seinem Ende entgegen sah, kam das ganze Bildungssystem langsam zum Erliegen, eine Starre, die auch alle anderen Aspekte des gesellschaftlichen Lebens erfüllt" (Tent 1982, 40 - Übersetzung durch den Verfasser). Die Alliierten erkannten schon früh, dass Kinder und Jugendliche ein wichtiger Garant für eine zukünftige, stabile Demokratisierung in Deutschland sein konnten. Oder, eben auch nicht, weshalb der Schule, ihren Strukturen und Curricula besondere Aufmerksamkeit geschenkt wurde.

      Ein funktionierendes Schulsystem aus den übrig gebliebenen Resten aufzubauen, stellte sich als schwieriger dar, als ursprünglich geplant. Der Nationalsozialismus und der Krieg hatte alle Bildungsinstitutionen vereinnahmt, pervertiert und/oder zerstört. Hierzu zählte der Mangel an (intakten) Schulgebäuden, Büchern, Material, aber auch unbedenklichen Lehrern. Der Entnazifizierungsprozess als hauptsächlichem Ziel der Alliierten hatte auch die Lehrenden an Schule und Hochschule erfasst. Doch wer als Nationalsozialist zu gelten hatte und aus seiner Position zu entfernen war, erwies sich als recht schwierig zu definieren. Zwischen März und Oktober 1945 änderte sich die Bestimmung derer, die als Nazis zu definieren waren, mindestens drei Mal (Tent 1982, 50ff). Objektive Kriterien schien es nicht zu geben, die Definitionen änderten sich mit der politischen Lage und dem jeweiligen Medienecho. Solche ständig wechselnden Umstände machten es fast unmöglich, einen verlässlichen Stamm an politisch unbedenklichen Lehrern anzustellen. In der Folge nahm sowohl die Qualität der Lehrenden ab (es wurden wenig oder nicht qualifizierte Personen beschäftigt) als auch das Verhältnis zwischen Lehrer und Schülern rapide zu. Unterricht mit einem Lehrer und 80 oder 100 Schülern war zunächst nicht ungewöhnlich.

      Weiterführung in veränderten Zeiten
      Im Jahre 1947 war die Entnazifizierung im Großen und Ganzen ebenso abgeschlossen wie die Beseitigung der gröbsten personellen und materiellen Not im Rahmen der Wiedereröffnung des Schulsystems. Es konnte somit eine zweite Phase alliierter Reeducation-Politik eingeleitet werden, die langfristige Planung eines egalitären Bildungssystems. Die am 25. Juni 1947 von dem Alliierten Kontrollrat erlassene Direktive 54 bestimmt die grobe Struktur und die demokratische Zielsetzung des deutschen Bildungssystems: Diese Vorgaben werden nicht weiter in bezug auf Inhalte, Qualifikationen oder ähnlichem gefüllt. Die Ausgestaltung der Direktive 54 bleibt wiederum Sache der jeweiligen alliierten bzw. deutschen Behörden (Ternorth 1975, 55f.). Diese nahmen ihre Aufgaben recht unterschiedlich wahr.

      Die amerikanische Bildungspolitik orientiert sich an einer Studie der 1946 gegründeten Zook-Kommission . Im Wesentlichen stellt das Papier die Bedeutung der Schule im Prozess der Demokratisierung Deutschlands heraus. Es fordert ein Mehr an Chancengleichheit für Schüler aller Gesellschaftsschichten (soziale Integration, Einheitsschule) und eine Stärkung der Individualität und Qualifizierung in oberen Klassen (Vorläufer des Kurssystems). Darüber hinaus regelt die Studie die Schulzeit auf 12 Jahre, wovon sechs Jahre Grundschulzeit darstellen (Ternorth 1975, 46 - 55). Die Briten verfolgen drei wesentliche Ziele: Ein gerechterer Zugang zu Institutionen der weiterführenden Bildung, eine volksnahe Regelung in der Frage der Konfessionsschule und die Regelung der Dauer der Grundschulzeit. Einstellung und Vorgehensweise der britischen Besatzungsmächte sind sehr an die auf der Insel regierende Labour Party angelehnt. In der französischen Zone wurde versucht, die Wiederkehr des Gymnasiums durch die Einführung des laizistischen Schulsystems zu verhindern (Gagel 2002, 8).

      In der Folge kennzeichneten zum Teil gravierende, regionale Unterschiede das jeweilige Schulsystem. So dauert die Grundschulzeit in einigen Ländern (Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Berlin) sechs Jahre, in anderen nur vier Jahre. Weitere Abweichungen betreffen die Dauer der Schulpflicht (acht oder neun Jahre), den Beginn des Schuljahres, die Bezeichnung der Klassen, das Leistungsbewertungssystem, die Reihenfolge des Erwerbes der Fremdsprachen, die Frage des Schulgeldes, die Anerkennung von Prüfungen und, insbesondere für die Gymnasien, die Dauer bis zum Erhalt des Abiturs (12 oder 13 Jahre). Die beschriebene Vielfalt unterschiedlicher Schulmodelle führte zu erheblichen inhaltlichen und schulorganisatorischen Abweichungen und Problemen in Bezug auf wechselseitige Anerkennung und Vergleichbarkeit von Prüfungen und Bildungswegen, die ihrerseits wieder eine Freizügigkeit und Individualität des Einzelnen behinderte (Reble, 330 - 333).

      Den verschiedenen Bildungsmodellen ist jedoch gemein, dass sie sich strukturell eher an dem System der Weimarer Republik als den reformorientierten Konzepten der Alliierten orientiert. Diese Tendenz geht mit anderen Bereichen der Bildung (z.B. der Weiterbildung/Erwachsenenbildung) einher und kann als Restauration eines vor-nationalsozialistischen Bildungssystems (Ternorth 1975) bezeichnet werden.

      Ende der Reeducation
      Für den Rückgriff auf Weimarer Strukturen gab es mehrere Ursachen, welche miteinander in Bezug standen. 1947 änderte sich die geopolitische Situation, die Beziehung der Alliierten untereinander. Die Truman-Doktrin und der Marshall-Plan stellten zwei Jahre nach Kriegsende den vorläufigen Wendepunkt in der sich schleichend verändernden Definition von Reeducation der Alliierten dar. Der politische und ideologische Graben zwischen den drei Westmächten einer- und der sowjetischen Zone andererseits und die Auseinandersetzungen wurden, obwohl der Begriff anderes suggeriert, mit dem Beginn des Kalten Krieges zunehmend hitziger. In dieser Situation war eine Westintegration Deutschlands, eine antikommunistische Wirtschaftspolitik wichtiger als ein egalitär ausgerichtetes Bildungssystem.

      Doch nicht nur die weltpolitische Lage war für einen Bedeutungswandel in der Reeducation-Politik verantwortlich. Die Deutschen selbst, 1945 noch traumatisiert, desillusioniert und mit chaotischen Lebensverhältnissen konfrontiert, hatten überlebt und gelernt, ihren Alltag zu organisieren. Für alliierte Reeducation blieb neben dem wiedererwachten Selbstbewusstsein kein Raum. Im Gegenteil: Die Behauptung, die Reeducation-Politik der Alliierten habe insbesondere mit ihrem Versuch der Amerikanisierung echte deutsche Reformen verhindert (Lange-Quassowski 1979, 204), gehört nicht umsonst heute noch zu den ebenso beliebten wie unberechtigten Mythen. Sie schließt jedoch an ein Gefühl der emotionalen Abwehr und des Widerspruchs an, welches spätestens im Jahr 1946 einsetzte: Die Deutschen wollten nicht ,umerzogen' werden. Dass Reeducation wahrscheinlich die Alternative zur Zerteilung Deutschlands gewesen war, wurde nicht weiter wahrgenommen. Trotz der Erfahrungen des Nationalsozialismus war der Großteil der Bevölkerung nicht bereit, die kulturelle Identität der Alliierten anzunehmen und sich (vorrangig) Amerikanisieren zu lassen. In der Folge kam es ab 1947 zu zahlreichen Konflikten zwischen den neu gewählten Landesparlamenten (bspw. in Bayern oder Niedersachsen), aber auch verschiedenen Interessensverbänden, den Kirchen und den jeweiligen alliierten Besatzungsmächten.

      Der Begriff der "Umerziehung" war zu einem Synonym für die Intervention der Alliierten in ,deutsche Angelegenheiten' geworden. Allein der Sprachgebrauch förderte Widerstand: "'Reeducation' war ein Begriff, der in Kriegszeiten geprägt wurde. Er spiegelte die Bitterkeit, die aus dem totalen Krieg entstanden und durch die grauenhaften Entdeckungen der Vernichtungslager im Frühjahr 1945 verstärkt worden war. Im Augenblick des Friedens erschien er niemandem zu scharf. [...] Aber nachdem das [deutsche] Bildungssystem langsam wieder zu funktionieren begann und in Folge der ersten Welle der Entnazifizierung, wurde der Begriff als zu eindimensional wahrgenommen. [...] Auch das [amerikanische] Kriegsministerium veränderte seine Begrifflichkeiten: Als sich ab dem Jahr 1946 eine neue Einheit mit , educational reconstruction ' beschäftigte, wurde diese ,Reorientation Branch' [etwa: ,Abteilung für Neuorientierung'] genannt. Auch E&RA-Offiziere begannen, das Wort ,Umerziehung' aus ihrem deutschen Vokabular zu streichen und durch das freundlichere ,Wiederaufbau' zu ersetzen" (Tent 1982, 254 - Übersetzung und Hervorhebungen durch den Verfasser).

      Zusammenfassung
      In der damaligen Lebenswelt Deutschlands sowie zeitgeschichtlich ist Reeducation häufig negativ belegt und wird als Einmischung von außen, als Versuch der "Amerikanisierung" bewertet. Der Einzelne mag das Vorgehen der Alliierten als Bevormundung erlebt haben, als Zwang, die eigene Lebensart und Kultur gegen eine andere, fremde austauschen zu sollen. Hier wurde der Verlust der eigenen Wurzeln und Identität befürchtet. Und natürlich beinhaltet Reeducation Elemente von Herrschaft und Macht auf der einen sowie wahrgenommene Unmündigkeit auf der anderen Seite. Doch vernachlässigt diese Einschätzung insgesamt, dass Deutschland nach dem Kriege nicht bruchlos an seine vor-nationalsozialistische Geschichte, an seine politischen, gesellschaftlichen, kulturellen oder wirtschaftlichen Errungenschaften vor 1933 anknüpfen konnte (und auch heute nicht kann) und leistet in gewisser Weise einer "Schlussstrichmentalität" Vorschub. Vor dem Hintergrund der Ungeheuerlichkeiten, für welche sich Deutschland während der nationalsozialistischen Herrschaft verantwortlich zeichnete, lassen sich die Alternativen der Alliierten auf zwei Möglichkeiten reduzieren: die Auflösung der Staatsstrukturen Deutschlands durch eine erzwungene ,Ruralisierung' und Dezentralisierung (also die Zerstörung des Staates) oder das Bemühen um ein tiefgreifendes Umlernen der Menschen (und damit der Vorbestand des Staates). Die Rechtfertigung für dieses Eingreifen ist dabei unbestritten. Die Notwendigkeit des Engagement der Alliierten in Deutschland lässt sich durch den geschichtsrevisionistisch Verweis auf deren spätere Kriegseinsätze nicht relativieren.

      In der Rückschau lässt sich bezweifeln, ob die Art und Weise, wie Reeducation seitens der Alliierten (vor allem der Amerikaner und der Sowjets) betrieben wurde, immer sehr geschickt und stringent war. Die Geschichte der Reeducation liest sich voller Brüche, voller Anpassungen an die ,öffentliche Meinung', die ,Macht des Faktischen' sowie die Veränderungen in der geopolitischen Situation.

      Die Beschäftigung mit der Reeducation ist dabei keine bildungshistorische Fingerübung. Wenngleich Wissen (und Bildung oder ihre Verweigerung) schon immer Mittel der Herrschaft und des Machterhaltes waren, stellt die Reeducation-Politik der Alliierten ein Novum dar: Hier wurde zum ersten Mal systematisch ein eigenes Wertebewusstsein auf den ehemaligen Feind übertragen, wobei Massenmedien (Zeitschriften, Filme, Rundfunk etc.) ein entscheidenden Faktor darstellten. Dass die grundlegende Absicht einer Reeducation-Politik, nämlich das Erlernen demokratischer Grundeinstellung, auch heute noch aktuelles Thema geblieben ist, zeigen nicht nur die zahlreichen gegenwärtigen Studien und Papiere zu diesem Themengebiet (Gagel 2002, 6f).

      Quelle: http://www.shoa.de/nachkriegsdeutschland/reedu…
      Avatar
      schrieb am 17.01.09 07:15:06
      Beitrag Nr. 541 ()
      Die Analysten...


      Marktplatz: Böses Erwachen


      Wie rasch sich die Einschätzungen der Analysten doch ändern. Noch im Dezember hatte es geheißen, an den Aktienmärkten seien die Auswirkungen der Krise und der Rezession im Grunde schon weitestgehend verarbeitet. Vor allem sei im Bankensektor im Rahmen der mittlerweile schon seit mehr als einem Jahr andauernden Krise das Schlimmste schon vorüber. Dasselbe gelte für den Aktienmarkt: Nach dem Annus Horribilis 2008 sei zwar denkbar, dass die Dividendentitel im ersten Halbjahr 2009 noch etwas weiter nachgeben, was aber als Übertreibung anzusehen sei. Der sich für 2010 abzeichnende konjunkturelle Aufschwung werde dann in der zweiten Jahreshälfte für bessere Stimmung bei den Anlegern sorgen. Wie es scheint, haben sich diese optimistischen, meist von Sell-Side-Analysten vorgetragenen Perspektiven durch die jüngsten Ereignisse erledigt: Die Deutsche Bank erlitt einen Verlust von fast 5 Mrd. Euro im Quartal, bei der Citigroup sind es mehr als 8 Mrd. Dollar. Der einstige 800-Pfund-Gorilla des amerikanischen Finanzsektors wird darüber hinaus in zwei Teile zerlegt, was als Eingeständnis des Scheiterns der Konzernführung aufgefasst werden darf. Die vor der Übernahme durch die Bank of America stehende Merrill Lynch kommt auf ein horrendes Minus von mehr als 15 Mrd. Dollar, und die Bank of America selbst steuert weitere 2 Mrd. Dollar bei. Die britische Großbank HSBC braucht womöglich bis zu 20 Mrd. Dollar an frischem Kapital. Und in Irland muss die drittgrößte Bank komplett verstaatlicht werden.

      Ausufernde Krise

      Wenig Gutes verheißen auch die Konjunkturdaten, was derzeit am klarsten an den japanischen Zahlen abzulesen ist. Um nicht weniger als 17 % sackte die dort stark exportorientierte Industrieproduktion im November in sich zusammen. Nicht nur die Absatzmärkte USA und Europa sind schwach, auch das übrige Asien scheint inzwischen von der ausufernden Krise voll getroffen zu sein. In den USA rutscht der private Häusermarkt immer weiter ab. Und die Internationale Energieagentur IEA sagt voraus, dass der weltweite Ölverbrauch 2009 im zweiten Jahr in Folge zurückgehen wird. Zuletzt hatte es ein solches Ereignis vor 26 Jahren gegeben. Auch in Deutschland sieht es nicht besser aus. Für das vierte Quartal des vergangenen Jahres sagen die Ökonomen von Unicredit ein Schrumpfen des Bruttoinlandsprodukts gegenüber Vorquartal um annualisiert rund 6 % voraus.

      Auch wenn es die deutschen Anleger am Freitag noch vorgezogen haben, die sich weiter verdüsternden Aussichten zu ignorieren: Es sieht danach aus, dass es an den Aktienmärkten weiter abwärts gehen wird. Dazu trägt vor allem bei, dass die Quartalssaison in den USA wie auch in Europa noch zahlreiche unangenehme Überraschungen mit sich bringen dürfte. Die Analystenschätzungen der Unternehmensgewinne sind jedenfalls noch deutlich zu hoch. In der Folge ist damit zu rechnen, dass der deutsche Leitindex ausgehend von seiner derzeitigen Position bei 4 366 Punkten in nächster Zeit eher die Marke von 4 000 als diejenige von 5 000 ins Visier nehmen wird. Der deutsche Leitindex dürfte also die Tiefs des vergangenen Jahres antesten. Die Anleger wiegen sich bislang noch in trügerischer Sicherheit, wie am Tagesgewinn des Dax vom Freitag abzulesen ist. Aller Voraussicht nach wird es für sie ein böses Erwachen geben.

      Negativszenario

      Gestützt wird dieses Negativszenario auch durch die Charttechnik. Wie die Analysten von HSBC Trinkaus anmerken, ist der Abschluss einer großen Bodenbildung bei 5 050 Punkten fehlgeschlagen. Damit habe der Dax weiteres Porzellan zerschlagen. Die diversen Tiefpunkte des vierten Quartals 2008 bei rund 4 300 Zählern bildeten die letzte Bastion auf dem Weg zu den Niedrigständen von 2008 bei rund 4 000 Punkten. Als anfällig erscheint auch der amerikanische Aktienmarkt. Der Dow Jones hat zuletzt die Marke von 8 000 Punkten kurzzeitig angetestet, sich im weiteren Tagesverlauf und im frühen Handel aber zeitweise wieder über 8 300 Punkte gerettet. Marktbeobachter halten es für wahrscheinlich, dass auch hier die Tiefstände des vergangenen Jahres bei 7 500 Punkten angetestet werden.

      (Börsen-Zeitung, 17.1.2009)
      Avatar
      schrieb am 17.01.09 07:21:26
      Beitrag Nr. 542 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.394.402 von Maraho am 17.01.09 06:39:06Wege aus der Krise
      Die Banken geraten immer mehr in Not

      Von Benedikt Fehr, Markus Frühauf, Hanno Mußler und Marcus Theurer


      16. Januar 2009 Eine neuerliche Verschärfung der Bankenkrise hat in mehreren Ländern den Staat zu neuen Nothilfen gezwungen. Auch wird intensiv nach Lösungen für die ausufernde Krise gesucht. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück hat aber Rufe nach Gründung einer „Bad Bank“, also einer Spezialbank, die notleidenden Instituten verlustträchtige Kredite und Wertpapiere abnehmen soll, zurückgewiesen.

      In Irland hat die Regierung am Freitag die Anglo Irish Bank, die drittgrößte Bank des Landes, verstaatlicht. In Berlin beriet der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (Soffin) über neue Milliardenhilfen für die angeschlagene Münchner Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE). Der Konzern brauche vom Bund womöglich mehr als 10 Milliarden Euro frisches Eigenkapital, hieß es. Der Staat könnte damit Mehrheitseigner der HRE werden. Vorher wäre aber eine Gesetzesänderung nötig. Am Freitag fiel keine Entscheidung.

      Die West LB bestätigte derweil Pläne, einen mittleren zweistelligen Milliardenbetrag an Wertpapieren ausgliedern zu wollen. In den Vereinigten Staaten hatten sich staatliche Institutionen am Donnerstag mit insgesamt 138 Milliarden Dollar an der Bank of America beteiligt. An den Börsen hat die staatliche Hilfe für die Großbank für Erleichterung gesorgt. Viele Bankaktien, deren Kurse zuletzt stark sanken, wurden am Freitag wieder nachgefragt und verbuchten daher Kursgewinne.

      Auch in Deutschland geht die Diskussion um die Einrichtung einer Bad Bank weiter. Ergänzende Maßnahmen zum Finanzmarktstabilisierungsgesetz forderte Uwe Fröhlich, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR). Um das Vertrauen der Finanzmärkte in die Bankbilanzen zurückzugewinnen, hält er für denkbar, dass Banken derzeit illiquide, aber mit großer Wahrscheinlichkeit nicht ausfallgefährdete Aktiva auslagern dürfen. Bislang darf der Soffin, der das 500 Milliarden Euro umfassende Rettungspaket der Regierung für die Kreditwirtschaft verwaltet, jedem Institut Risikopapiere von 5 Milliarden Euro abkaufen. Nach 36 Monaten müssen die Institute diese Papiere wieder in ihre Bücher nehmen.

      Laut Fröhlich ist das primäre Ziel seines Vorschlags eine aufsichtsrechtliche Eigenkapitalentlastung der Banken auf Zeit. Verluste, aber auch etwaige Gewinne aus einer Erholung der Wertpapierkurse sollten letztlich auf die betroffenen Institute zurückfallen. Mit diesem Modell wäre der Sorge derjenigen begegnet, die politische Verantwortung tragen und unübersehbare Haushaltsrisiken befürchten, meint der BVR-Präsident.

      Während die Banken Garantien und Kapitalhilfen des Soffin nutzen, halten sie sich mit dem Verkauf verlustträchtiger Wertpapiere zurück. In Bankenkreisen wird dies mit Unsicherheiten begründet. So wird bezweifelt, dass eine befristete Risikoübernahme durch den Staat geeignet ist, das Vertrauen wiederherzustellen. Deshalb dürfte eine bloße Verlängerung der Frist nicht ausreichen.

      Unlösbare Bewertungsprobleme

      Für eine längere Laufzeit ist Bundesfinanzminister Peer Steinbrück grundsätzlich offen. Doch die Schaffung einer Bad Bank, die seiner Ansicht nach mit bis zu 200 Milliarden Euro Kapital unterlegt werden müsste, lehnt er ab. Der Bundesverband deutscher Banken (BdB), in dem die Privatbanken organisiert sind, hatte sich für die Schaffung einer Bad Bank ausgesprochen, die die verlustträchtigen Wertpapiere bis zur Endfälligkeit halten soll. Dem hielt Jochen Sanio, Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), entgegen, dass der Staat den Banken nicht nur den im Wert verfallenen „Giftmüll“ abnehmen, sondern auch eine „Blanko-Ankaufsgarantie“ für alle zukünftigen Eventualitäten abgeben müsse, um nachhaltig Vertrauen zu schaffen. Diese Garantie hält Sanio für nicht quantifizierbar und die damit verbundenen Bewertungsprobleme für unlösbar.

      Auch Heinrich Haasis, der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), fordert eine längere Laufzeit und höhere Volumina bei der Risikoübernahme. Eine Auslagerung von Wertpapieren der Landesbanken gilt dem DSGV als notwendig, um Landesbanken zusammenführen zu können. Bisher gibt es nur Einzellösungen und Pläne. Die West LB will 2009 nochmals Wertpapiere im mittleren zweistelligen Milliardenvolumen ausgliedern, nachdem sie schon 2008 rund 23 Milliarden Euro aus der Bilanz in eine vom Land Nordrhein-Westfalen mit 6 Milliarden Euro Risikoabschirmung ausgestattete Zweckgesellschaft überführt hat. Die HSH Nordbank plant innerhalb der Bank eine Ausgliederung von Wertpapieren im zweistelligen Milliardenvolumen. Die Bayern LB hat Risiken auf der Bilanz separiert und dafür eine Risikoabschirmung des Landes von 4,8 Milliarden Euro erhalten. Die ersten Verluste bis 1,2 Milliarden Euro trägt die Bayern LB selbst.

      Das Rettungspaket umfasst 400 Milliarden Euro für Garantien für Banken-Schuldtitel sowie 80 Milliarden Euro für die Rekapitalisierung von Banken sowie die Risikoübernahme durch Ankauf von Wertpapieren. Weitere 20 Milliarden Euro sind für mögliche Verluste aus den Garantien vorgesehen.

      Text: F.A.Z.
      Avatar
      schrieb am 17.01.09 07:24:48
      Beitrag Nr. 543 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.392.744 von kevine1 am 16.01.09 20:10:54Guten Morgen kevine,

      Danke für den interessanten Artikel.

      Freut mich, daß er Dir zusagt!

      Gruß und ebenfalls ein schönes Wochenende
      Maraho
      Avatar
      schrieb am 17.01.09 10:27:14
      Beitrag Nr. 544 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.377.568 von Maraho am 15.01.09 05:26:38KOMMENTAR
      Danke, liebe Krise!

      Glückliches Deutschland: Plötzlich gibt es Prämien für Kinder und Autos, Benzin ist wieder bezahlbar. Sogar die Bundesregierung erstrahlt in seltener Eintracht, findet Christoph Schwennicke, denn sie kann wieder Politik gestalten, wie sie es am liebsten tut - auf Pump.


      Berlin - Jetzt mal ehrlich und strikt unter uns: Was ist eigentlich so schlecht an dieser Weltwirtschaftskrise und ihren bisherigen Auswirkungen hierzulande? Der Sprit ist wieder erschwinglich, das Heizöl auch, und die Gaslieferanten müssen zurückzahlen. Auf Straßen und in Schulen, sagt die Regierung, werden die Löcher gestopft, die Rentner bekommen mehr, weil die Rentenformel ausgesetzt wird, für Kinder und Altautos gibt es Aufzucht- und Abwrackprämien, die Steuern werden gesenkt und der sozialistische Krankenkassenbeitrag des Gesundheitsfonds wenige Tage nach dessen Einführung ebenso.

      Na also, geht doch, möchte man rufen. Die Regierung handelt in einer Geschwindigkeit und in einer Dimension, wie man das seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt hat. Und endlich hat die Bevölkerung wieder was davon. Übrigens wurde jenseits dieser direkten Gaben nebenbei das Kurzarbeitergeld auf 18 Monate gestreckt und der Mindestlohn in weiteren Branchen ohne großes Aufhebens eingeführt, zuletzt auch für Müllmänner und die rund 700.000 Zeitarbeiter. Was hatte sich die Koalition noch vor Monaten darüber gestritten - wie das große Wahlkampfthema erschien der Glaubenskrieg zwischen SPD/Mindestlohn und Union/Kombilohn.

      Danke, liebe Krise, dank Dir ist Deutschland wieder im Lot. Politik hatte über Jahrzehnte in Deutschland so funktioniert, dass das Volk den Wunsch hat, dass es ihm immer besser geht und die Regierung diese Wohltaten verteilt, wenn es nur irgend geht, umso lieber und intensiver, je näher der Wahltag rückte.

      Historisches Verdienst von Gerhard Schröder

      Das Volk nimmt, die Politik gibt: Man nannte das "Gestalten", und die Politik hatte "Gestaltungsspielräume". Diese Politik wurde auch dann noch beibehalten, als die Boom-Jahre des Aufschwungs nach dem Zweiten Weltkrieg längst vorbei waren. Man lebte danach Legislatur für Legislatur über seine Verhältnisse, machte Schulden über Schulden und erklärte in Person von Norbert Blüm auch dann noch die Rente für sicher, als diese das schon lange nicht mehr war.

      Norbert Blüm war so etwas wie der "Comical Ali" des Helmut Kohl, das Pendant zu jenem irakischen Informationsminister, der den baldige Sieg der irakischen Truppen noch verkündete, als in seinem Rücken schon die amerikanischen Panzer in Bagdad einrollten.

      Und dann war mit einem Mal Schluss. Es wird das historische Verdienst Gerhard Schröders bleiben, dass er mit seiner Agenda-Politik diese Politik des Gestaltens durch Geben, diesen Immer-Mehrismus durchbrochen hat, ja, ihn umgekehrt hat. Er hat die Politik des permanenten Plus in eine Politik des einstweiligen Minus verwandelt.

      "Wir werden Leistungen des Staates kürzen, Eigenverantwortung fördern und mehr Eigenleistung von jedem einzelnen abverlangen müssen." Das war der Schlüsselsatz der Agenda-Rede, für den ihn Angela Merkel bei der Amtsübergabe im Kanzleramt mit dem Kompliment bedachte: "Ich möchte Kanzler Schröder ganz persönlich danken, dass er mit der Agenda 2010 mutig und entschlossen eine Tür aufgestoßen hat, unsere Sozialsysteme an die neue Zeit anzupassen."

      Die Regierung sollte sich weniger feiern

      Seither machte Politik eigentlich keinen Spaß mehr. Denn dem Wähler zu verkaufen, dass weniger heute mehr morgen bedeutet, ist ein zähes Geschäft. Dem sich die Große Koalition zunächst aber weiter verschrieb, in dem sie das Ziel ausgab, dass Deutschland ab 2011 nicht mehr Geld ausgibt als es einnimmt. Die Rente mit 67, für die in erster Linie Arbeitsminister Franz Müntefering und weniger Kanzlerin Merkel den Kopf hinhielt, war noch ein Beschluss im Geiste des Mutes von Gerhard Schröder. Das 2011-Ziel ist mit den zwei Konjunkturpaketen über zusammen 100 Milliarden Euro hinfällig geworden.

      Wahrscheinlich ist das alles richtig und unvermeidlich. Aber die Regierung sollte sich etwas weniger dafür feiern und weniger erleichtert dabei wirken, endlich wieder klotzen zu können. "Krisenzeiten sind Gestaltungszeiten", in diesem Satz, gesagt von Frank-Walter Steinmeier am Mittwoch im Bundestag nach Merkels Regierungserklärung, steckt ungewollt die tiefere Wahrheit dieses Vorgangs und auch die ganze Erleichterung darüber, das Joch des Sparens abzuschütteln, erfreulicherweise zum Auftakt eines Wahljahres.

      Was sind sie stolz darauf, dass solche Pakete einvernehmlich geschnürt werden, wenige Tage, bevor in Hessen am kommenden Sonntag der Reigen der Wahlen in diesem Wahljahr eröffnet wird. Was sind sie beeindruckt davon, dass es plötzlich nicht mehr Bund und Länder und Zank untereinander gibt, sondern nur noch Schulen, denen unbürokratisch geholfen werden muss, dass es nicht mehr SPD und CDU gibt, sondern nur noch eine Regierung, gegen die sich die Rest-Opposition noch schwerer tut als zu Zeiten einer Großen Koalition ohnehin schon.

      Mehr Geld für alle - wer soll da schon erfolgreich dagegen sein? Wie ein Schuljunge hat sich Guido Westerwelle für den Versuch einer Kritik von Steinmeier im Bundestag ohrfeigen lassen müssen.

      Die Schuldenwelle wird zurückschlagen

      Das muss jetzt wohl so sein, und auch der geschmeidige Gerhard Schröder ist nachweislich der letzte, der seine Agenda als in Stein gemeißelt erachtet. Zum "Mose" erklärte er höhnisch Franz Müntefering, als dieser erfolglos versuchte, Kurt Beck davon abzuhalten, Hand an die Agenda zu legen.

      Und doch sollte sich jeder im Klaren darüber sein, dass der Zauber dieser Tage etwas hat von der Faszination, mit der die Schaulustigen vor gut vier Jahren an die Strände von Thailand und den Malediven strömten, weil sich dort das Wasser kilometerweit zurückgezogen hatte und eine Landschaft von eigener Schönheit preisgab. Das Wasser des Indischen Ozeans war genauso nicht da wie das viele Geld, das jetzt ausgegeben wird.

      Und so, wie wenige Stunden nach der sonderbaren Ebbe am Strand von Phi Phi Island und anderswo das Wasser mit der tödlichen und zerstörerischen Kraft einer Riesenwelle zurückkam, so wird dieses auf Pump ausgegebene Geld als gigantische Schuldenwelle auf Deutschland zurollen.

      Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,6…
      Avatar
      schrieb am 17.01.09 10:30:23
      Beitrag Nr. 545 ()
      Dani Rodrik - Zeit für Experimente

      Die Politik muss sich zur Bekämpfung der Finanzkrise von herkömmlichen Weisheiten verabschieden. Je pragmatischer und kreativer sie handelt, desto schneller wird sich die Weltwirtschaft erholen.


      Weiterführend: http://www.ftd.de/meinung/kommentare/:Gastkommentar-Dani-Rod…
      Avatar
      schrieb am 17.01.09 11:53:10
      Beitrag Nr. 546 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.385.845 von Maraho am 16.01.09 05:46:55Yes, we can...


      Ein gemischtes Team

      Der Senator Obama hat in den USA einen "wind of change" entfacht. Doch wird der Präsident Obama sein Versprechen halten? Die Besetzung seines Kabinetts weckt leise Zweifel.
      VON BERND PICKERT


      Eigentlich wollte Barack Obama sein Kabinett schon zum Zeitpunkt seiner Amtseinführung komplett haben - nicht nur ausgesucht, sondern am besten auch schon vom Senat bestätigt. Schließlich übernimmt der 44. US-Präsident sein Amt in einer der schlechtesten Ausgangssituationen, die je ein frisch gewähltes Staatsoberhaupt zu bewältigen hatte. Da lag es nahe, sofortiges Loslegen zu signalisieren: einen Turboübergang mit einem Team, das gleichzeitig den Geist der Veränderung signalisiert wie auch die Kompetenz, diese umzusetzen. Es ist ein Drahtseilakt zwischen dem Versprechen neuer politischer Kultur einerseits und der nahe liegenden Vermutung, dass ohne erfahrene Protagonisten wenig auszurichten sein dürfte.

      Der rasche Übergang hat nicht ganz geklappt. Zwar wurde Obamas frühere Rivalin um die demokratische Präsidentschaftskandidatur, Hillary Clinton, als Erste bei nur einer Gegenstimme als neue Außenministerin bestätigt. Und auch um die meisten anderen MinisterInnen muss sich Obama keine Sorgen machen. Doch ausgerechnet die Besetzung des wichtigen Postens des neuen Finanzministers muss zunächst offenbleiben: Nachdem Obamas Kandidat Timothy Geithner wegen früherer Steuervergehen in die Kritik geraten ist, hat der Senat seine Anhörung auf den Tag nach Obamas Amtseinführung verschoben.

      Dabei bestehen an Geithners grundsätzlicher Qualifikation keine Zweifel. Der bisherige Chef der Federal Reserve Bank in New York kennt sich bestens aus und hat schon in den Anfängen der Finanzkrise auf eine größere Rolle des Staates gesetzt. Geithner ist für zwei der wichtigsten Themen zu Beginn von Obamas Amtszeit verantwortlich: das Managen der Finanzkrise und das Einlösen von Obamas Steuerversprechen an die Mittelschicht. Und das alles bei Übernahme eines Staatshaushaltes, der mit über einer Billion US-Dollar in den Miesen ist - Tendenz steigend.

      Unterstützt wird Geithner durch Mary Shapiro, die als Chefin der Börsenaufsicht SEC vorgesehen ist. Die 53-Jährige gilt manchen als Regulierungsveteranin - im Prinzip kein schlechter Leumund, wenn es darum geht, außer Kontrolle geratene Finanzmärkte zu bändigen.

      Ein wenig umstritten ist Eric Holder, der als neuer Justizminister vorgesehen ist. Er ist wie so viele andere in der Obama-Mannschaft ein Veteran aus Clinton-Zeiten. Die Republikaner im Justizausschuss werfen Holder die Zustimmung zu politisch motivierten Begnadigungen am Ende der Amtszeit Clintons vor. Das allerdings dürfte kaum mehr als eine billige Gegenwehr sein, versprach doch Holder bei seiner Anhörung in Washington am Donnerstag, die dramatischen Fehlentwicklungen der US-Justiz insbesondere im Antiterrorkampf rückgängig zu machen. Im Vergleich zu den Justizministern der Bush-Ära, vor allem den legendären John Ashcroft und Alberto Gonzalez, bestärkt Holder das Rechtsstaatsverständnis, für das Obama so geworben hat.

      Auch bei der Schließung des Gefangenenlagers Guantánamo, die Obama angekündigt hat, wird Holder eine Schlüsselrolle spielen. Bereits bei seiner Anhörung am Donnerstag hat er angekündigt, zumindest einige in Guantánamo Inhaftierte in den USA vor ordentliche Gerichte stellen zu wollen. Insbesondere in diesem Punkt dürften Konflikte mit Robert Gates, dem 2006 von Präsident George W. Bush berufenen Verteidigungsminister, unausweichlich sein.

      Gates bleibt zunächst im Amt - angesichts eines Regierungswechsels zu Kriegszeiten wollte Obama zumindest in diesem Punkt Kontinuität wahren. Gates Ministerium allerdings verteidigt Guantánamo bis heute und geht davon aus, dass eigentlich alle Häftlinge weiter gefangen gehalten werden müssten, weil es sich um "gefährliche Männer" handele.

      Ein weiteres Signal, dass sich die Dinge ändern sollen, ist hingegen die Ernennung Leon Panettas zum neuen CIA-Direktor. Panetta hat keine Geheimdienstvergangenheit - doch gerade dieses, dummerweise zuerst von der demokratischen Senatorin Dianne Feinstein als Kritik vorgebrachte Argument halten Kritiker der Bush-Politik für einen großen Vorteil. Panetta hat mehrfach die CIA-Praktiken der Folter und der Geheimgefängnisse kritisiert; er kann Glaubwürdigkeit für den Versuch beanspruchen, diese Praktiken abzustellen. Einziger Wermutstropfen: Gerade weil er im Metier unerfahren ist, behält er den bisherigen CIA-Vize Stephen Kappes vorerst im Amt - der aber ist verantwortlich für das Programm der Geheimgefängnisse.

      Die Außenpolitik, in den letzten Monaten durch die Finanzkrise fast völlig aus der politischen Debatte verschwunden, dürfte allein schon durch Hillary Clinton im Fokus der Öffentlichkeit bleiben. Kein anderes Kabinettsmitglied hat einen derartigen Bekanntheitsgrad wie die frühere First Lady. Bei ihrer Anhörung vor dem Auswärtigen Ausschuss des Senats betonte sie, neue Schwerpunkte zu setzen: "Außenpolitik muss auf einer Ehe von Prinzipien und Pragmatismus beruhen, nicht auf reiner Ideologie, auf Fakten und Beweisen, nicht auf Gefühlen und Vorurteilen."

      Frappierend - und desillusionierend für alle, die auch in der Nahostpolitik auf einen Wechsel hoffen - war, dass weder bei Clintons Anhörung noch bei der von Susan Rice als zukünftiger US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen die israelischen Angriffe auf den Gazastreifen eine wichtige Rolle spielten. Hier weiterhin kontinuierlich an der Seite Israels zu stehen scheint auch in der neuen Regierung Konsens zu sein. Change? Hier nicht.

      Susan Rice warb bei ihrer Anhörung für ein neues, besseres Verhältnis zu den Vereinten Nationen und dafür, künftig stärker auf die UNO zu setzen. Das ist ein anderer Ton, als ihn etwa John Bolton anschlug, einer ihrer Vorgänger, der die Vereinten Nationen grundsätzlich für ineffizient und eigentlich überflüssig erklärte, bevor er sein Amt antrat.

      An herausgehobener Stelle zu nennen ist noch der zukünftige Gesundheitsminister Tom Daschle. Dessen früherer Posten als demokratischer Führer im Senat verleiht ihm die notwendige Autorität und Kenntnis, um für die versprochene, aber schwierige Gesundheitsreform Mehrheiten zu organisieren.

      Obama hat versucht, sein Team auszubalancieren und Frische mit Erfahrung zu kombinieren. Das scheint gelungen, auch wenn manche Nominierungen - wie etwa die von Larry Summers, des früheren Finanzministers unter Clinton, zu Obamas Wirtschaftsberater - den Linken die Fingernägel aufrollen. Es wird sich herausstellen, ob Obama wirklich die richtigen Leute ausgesucht hat - oder ob das neue Team nur deshalb so gut aussieht, weil dies im Vergleich zu den Vorgängern leicht ist.

      Quelle: http://www.taz.de/1/politik/amerika/artikel/1/ein-gemischte…
      Avatar
      schrieb am 17.01.09 12:08:44
      Beitrag Nr. 547 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.394.672 von Maraho am 17.01.09 10:30:23:confused:

      Obama steht ein Team erstklassiger Ökonomen zur Seite, was gewährleistet, dass er nichts Törichtes tun wird. Doch Amerikas Lage ist derart ungewöhnlich, dass er Berater brauchen wird, die bereit sind, neue, unerprobte Ideen umzusetzen - Experimente à la Roosevelt.

      Na dann,als letztes ist das prinzip hoffnung ist angesagt. Es wird leider immer deutlicher, dass sich unsere upper class der ökonomie professoren am ende ihres lateins sind. Roosevelt als retter??? und dies soll von einem professor der ökonomie sein???
      Hiiiiilfe... rette sich wer kann.

      Erinnert irgendwie fatal an ein kreuzfahrtschiff, auf dem darsteller als kapitän und als offiziere verkleidet geschniegelt und gebügelt den pausenclown und grüßaugust für die dies so erwartenden gäste gäste mimen.

      Wenn sich dann mal einer auf die brücke verirrt, muss er zu seinem entsetzen feststellen, dass dort lediglich einige schulkinder in kurzen hosen laut herumalbernd und balgend das schiff unter ihrer kontrolle haben.

      ähnlichkeiten mit regierungen sind nur noch rein zufällig.
      Avatar
      schrieb am 17.01.09 12:14:17
      Beitrag Nr. 548 ()
      Konjunkturpaket
      Merkel mahnt zur Nutzung der Staatshilfen

      Bundeskanzlerin Angela Merkel hat an die Firmen appelliert, das von der Regierung erarbeitete Konjunkturpaket zu nutzen. "Ich rufe alle Unternehmer in Deutschland auf, sich unseres Maßnahmenpakets zu bedienen, es in Anspruch zu nehmen und damit ihren Beitrag zu leisten, damit wir gestärkt durch die Krise kommen", sagte Merkel am Samstag in ihrer wöchentlichen Internet-Botschaft.


      HB BERLIN. Politik alleine werde die Krise nicht bewältigen können. Notwendig sei vielmehr eine "gemeinsame nationale Kraftanstrengung".

      Merkel verteidigte zugleich das Maßnahmenbündel. Dieses werde einen Beitrag dazu leisten, "dass wir diese Krise nicht nur überwinden, sondern sogar gestärkt aus ihr hervorgehen". Es handele sich um einen Mix verschiedener Instrumente, die erst in der Gesamtschau die erwünschte Wirkung entfalten könnten.

      Ziel sei es vor allem, eine Brücke für den Arbeitsmarkt zu bauen und Jobs zu sichern. Darüber hinaus gehe es um Investitionen in die Zukunft sowie um Entlastungen für die Bürger. Von den Investitionen würden vor allem die Kommunen profitieren und hier in erster Linie der Bildungssektor. Das Geld werde unkompliziert an die Kommunen gegeben, versprach die Kanzlerin.

      Darüber hinaus werde die Regierung dafür Sorge tragen, dass die Forschung in der Automobilindustrie gestärkt werde. Durch eine spezielle Förderung werde die Forschung an neuen Antriebstechnologien unterstützt - etwa zu Hybridmotoren und Elektroautos.

      Merkels Forderung wird dabei von einer aktuellen Prognose des Bundeswirtschaftsministers Michael Glos (CSU) untermauert. Dieser rechnet 2009 mit einem starken Konjunktureinbruch. "In diesem Jahr dürfte die Wirtschaftsleistung um zwei bis zweieinhalb Prozent sinken", sagte er der "Welt am Sonntag". Die genaue Zahl gibt Glos am Mittwoch mit dem Jahreswirtschaftsbericht bekannt. Kreisen zufolge liegt sie bei 2,25 Prozent. Ein drittes Konjunkturpaket darf es nach Einschätzung des Ministers nicht geben. "Die Maßnahmen sind abgeschlossen. Das würde die Leistungsfähigkeit der öffentlichen Hand überbeanspruchen."

      Derweil befürchtet die Regierungskoalition offenbar ein Scheitern des Konjunkturpakets . SPD-Fraktionschef Peter Struck hat daher die FDP ausdrücklich vor einer Blockade im Bundesrat gewarnt. Er appelliere eindringlich an FDP-Chef Guido Westerwelle, "seine Minister in den Landesregierungen mit der CDU davon abzuhalten, das Paket über ein Vermittlungsverfahren zu blockieren", sagte Struck der "Welt am Sonntag" laut Vorabbericht. "Jeder Tag im Vermittlungsverfahren ist ein verlorener Tag für die Konjunktur in Deutschland", sagte Struck. Es gebe zu dem von Union und SPD beschlossenen Paket keine Alternative.

      Auch CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla rief die Opposition auf, das Konjunkturpaket nicht zu blockieren. Er äußerte sich in derselben Zeitung zuversichtlich, dass zumindest die FDP sich "einsichtig zeigen und letztlich im Vermittlungsausschuss den Bundesrates zustimmen" werde.

      Die FDP hat erklärt, sie wolle im Bundesrat eine Nachbesserung des Konjunkturpakets durchsetzen. Falls nach der Landtagswahl in Hessen am Sonntag die Liberalen mit der CDU eine Regierung bilden, verlöre die große Koalition ihre Mehrheit im Bundesrat. Umfragen zufolge können CDU und FDP bei der Wahl mit einer Mehrheit rechnen.

      Pofalla schloss aus, dass die Bundesregierung ein weiteres Mal versucht, die Konjunktur zu stützen. Er sei optimistisch, dass "die beschlossenen Maßnahmen greifen", sagte Pofalla. "Ein drittes Konjunkturpaket wäre aber nicht mehr zu verantworten."

      Die Koalition hatte sich vor wenigen Tagen auf das mit 50 Mrd. Euro größte Konjunkturprogramm der Nachkriegsgeschichte verständigt.

      Quelle: http://www.handelsblatt.com/politik/konjunktur-nachrichten…
      Avatar
      schrieb am 17.01.09 12:19:32
      Beitrag Nr. 549 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.394.988 von Nannsen am 17.01.09 12:08:44Auch da hast Du recht! Traurig, traurig...

      Für alle anderen:
      Hier etwas über den "New Deal":
      http://de.wikipedia.org/wiki/New_Deal …
      Avatar
      schrieb am 17.01.09 12:48:17
      Beitrag Nr. 550 ()
      Ein Blick in deutsche Eliteschmieden

      Julia Friedrichs hat sich bei der Recherche für ihr Buch Gestatten: Elite in den angesehensten Eliteschmieden des Landes – in Kindergärten, Internaten und Hochschulen – umgesehen. Wir haben mit ihr über ihre Eindrücke gesprochen.


      Frau Friedrichs, gehören Sie zur Elite?
      Friedrichs: Nein. Nach der Recherche für mein Buch habe ich Probleme, den Begriff Elite zu definieren. Aber wenn man ihn so definiert, wie es die meisten Elite-Forscher tun, dann ist das ein kleiner Kreis von etwa 4.000 Leuten, die entscheiden, was in Deutschland passiert. Das sind die Chefs der großen Unternehmen, die Regierung und die hohen Richter.

      Zum Prinzip von Elite gehört ja, dass es eine kleine Gruppe von Ausgewählten gibt und den großen Rest. Das ist kein durchgestuftes Gesellschaftsmodell. Es gibt keine Achtel- oder Viertel-Eliten, sondern nur ein Entweder-oder. Und, nein, ich gehöre nicht dazu.

      Was zeichnet die „Mächtigen von morgen“, die Sie bei Ihrer Recherche getroffen haben, aus?

      Das lässt sich schwer sagen, weil die Menschen, mit denen ich gesprochen habe, sehr unterschiedlich waren. Was fast alle verband, war, dass sie und ihre Eltern beschlossen hatten, einen besonderen Bildungsweg zu wählen, und dass diese Bildung ihnen sehr viel Geld wert ist.

      Ich habe ja nur die Bildungseinrichtungen besucht, die von sich selbst sagen: Wir machen und erziehen Elite. Und das waren fast alles private Einrichtungen, in denen man bis zu 10.000 Euro pro Semester oder 30.000 Euro für ein Schuljahr zahlt. Dort habe ich – bis auf wenige Ausnahmen – nur Menschen getroffen, die aus einem gut situierten Elternhaus kamen. Alle hatten eine relativ ähnliche soziale Herkunft.

      Ist diese Elite intelligenter als der Durchschnitt?

      Elite heißt nicht automatisch – wie ich zu Beginn der Recherche dachte –, dass es die Begabtesten sind. In diesen Schule und Hochschulen sind nicht die Besten der Besten, die in einem irgendwie gearteten Wettbewerb gekürt worden sind. Da spielen Herkunft und die Bereitschaft zu zahlen eine größere Rolle.

      Die meisten waren sehr leistungsbereit – und haben sich so auch selbst von anderen abgegrenzt. Ich habe oft gehört: „Wir werden später Einfluss haben, weil wir mehr leisten wollen als andere.“

      Außerdem hatten sie alle dieselbe Perspektive: Sie werden alle Karriere machen. Damit werben die Schulen und Unis ja auch. An der European Business School hieß es, dass jeder nach drei Jahren Ausbildung im Schnitt zwei Jobangebote hat und ein durchschnittliches Einstiegsgehalt von 50.000 Euro erwarten kann. Außerdem wird mit Netzwerken geworben. Es heißt: Ihr Kind knüpft hier die richtigen Kontakte – und dafür lohnt es sich zu zahlen.

      Was haben Sie am meisten vermisst?

      Ich habe das Verständnis für andere vermisst. Die zukünftigen Eliten leben in relativ geschlossenen Gesellschaften. Hier gibt es kaum Mitschüler, deren Väter arbeitslos oder aus der Türkei eingewandert sind. Die anderen, über die sie später auch mal entscheiden werden, fehlen in diesem Leben.

      Außerdem habe ich eine gewisse Härte gespürt: „Wer es nicht schafft, hat sich wohl auch nicht genug angestrengt.“ Das kann man den jungen Leuten nicht unbedingt vorwerfen. In ihrer Welt stimmt es: Wenn man sich hier anstrengt, steht am Ende ein Ergebnis. Sie können sich nicht vorstellen, dass das bei anderen anders ist.

      Vermisst habe ich auch Visionen, wie sie Gesellschaft gestalten wollen. Bei vielen hatte ich das Gefühl, dass es erstmal den Wunsch gab, nach oben zu kommen – um oben zu sein. Was man da oben letztendlich macht, wird sich dann zeigen. Das finde ich für jemanden, der mit 20 Jahren sagt: „Ich werde Elite“, ein bisschen wenig.

      Haben Sie auch etwas als bewundernswert empfunden?

      An den Wirtschaftsunis habe ich als bewundernswert gefunden, mit welcher Effizienz und Rigorosität die sehr, sehr jungen Leute – gegen sich selbst – ihren Tag geordnet haben. Ich kam mir selbst so vor, als hätte ich ziemlich viel Zeit verschleudert.

      Ein bisschen neidvoll habe ich die Bedingungen, die hier herrschen, betrachtet. Ich wäre auch gern in einer Klasse mit nur 14 Schülern gewesen oder an einer Schule, wo es einen See gibt, auf dem man rudern und segeln kann.

      Der Begriff „Elite“ hatte lange Zeit in Deutschland einen negativen Beigeschmack. Wie erklären Sie sich die Renaissance der Eliten-Idee?

      Ich glaube, die Wende kam damit, dass auch die Sozialdemokraten, die ja lange so etwas wie die natürlichen Feinde der Elite waren, mit Gerhard Schröder 1998 gesagt haben: Wir brauchen wieder Eliten.

      Ich habe ein bisschen den Verdacht, dass das mit den Eliten ein Trick der Politik ist. Wenn man sich ansieht, worüber in den letzten Jahren in der Hochschulpolitik diskutiert wird, dann war das vor allem die Exzellenzinitiative. Damit kann man davon ablenken, dass die Bedingungen für die Nicht-Eliten immer schlechter werden und die klassischen Unis komplett unterfinanziert sind.

      Seit der PISA-Studie ist bekannt, dass in Deutschland der Bildungserfolg stärker als in jedem anderen Industrieland von der Herkunft der Kinder abhängt. Ist die Elite, die Sie beobachtet haben, eine Geldelite?

      Auch, aber nicht nur. Ich würde niemals sagen, dass sich dumme und faule Kinder ihre Zukunft erkaufen können. So platt ist es nicht. Es ist aber schon so, dass bei diesen Bildungseinrichtungen Geld eine Rolle spielt. Und die Herkunft ist entscheidender als die nachweisbare Leistung.

      Heike Schmoll schreibt in ihrem Buch „Lob der Elite. Warum wir sie brauchen“, dass gerade Demokratien „auf ihre unterschiedlichen, prinzipiell offenen Eliten“ angewiesen seien …

      Wenn es unterschiedliche Eliten gäbe, die in einem relativ gleichberechtigten Wettstreit wären, und diese dann auch noch offen wären – also: wenn man wirklich in einem Wettbewerb zeigen müsste, dass man der Beste ist –, das wäre gut. Solche Eliten würde eine Demokratie brauchen.

      Aber so ist es nicht. Die klar dominierende Elite ist die Wirtschaftselite. Alle, mit denen ich gesprochen habe, wollten in die Wirtschaft. Auch die, die sich sehr für Politik interessiert haben, sagten: „Als Politiker habe ich keinen Einfluss. Wenn, dann werde ich Lobbyist.“

      Braucht Deutschland die Elite, die Sie gesehen haben?

      Ich würde niemals von den jungen Leuten sagen, dass man sie nicht braucht.

      Was man nicht braucht, ist dieses Klüngelsystem, das sich als Elitebildung verkleidet. Das ist letzten Endes nur ein Rekrutierungssystem, in dem ohnehin schon Privilegierte versuchen, ihre Privilegien zu verteidigen. Das brauchen wir sicher nicht, schon allein, weil Begabte, die das Geld nicht haben, dann außen vor bleiben – und damit Talente, auf die wir eigentlich angewiesen wären.

      Quelle: http://www.goethe.de/ges/pok/thm/pan/de3394522.htm …
      Avatar
      schrieb am 17.01.09 13:18:56
      Beitrag Nr. 551 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.395.128 von Maraho am 17.01.09 12:48:17Deutschland – deine Werte!


      Werte und Wertewandel sind seit den 70er Jahren ein nicht versiegender Quell an Themen der öffentlichen Diskussion. Vor allem auch im Hinblick auf Folgen der Wiedervereinigung Deutschlands und ein kürzlich erfolgtes Konjunkturtief der deutschen Wirtschaft ist die Debatte um „deutsche Werte“ wieder aufgeflammt.

      Werte werden in diesem Zusammenhang mit einem moralisch erhobenen Zeigefinger als Schlagwort durch den öffentlichen Raum geworfen. Es handelt sich dabei aber nicht etwa um selbstständige Institutionen unserer Kultur, sondern Wert misst man etwas bei. Würden die Menschen den kleinen bunten Zettelchen und Metallenen Scheiben nicht den entsprechenden Wert zuweisen, so gäbe es keine Grundlage für das weltweite Wirtschafts- und Finanzwesen wie wir es kennen.
      Werte entstehen also nicht von sich aus, sondern werden von den Mitgliedern einer Gemeinschaft bestimmten Sachverhalten, Handlungen oder sozialen Situationen in einem gewissen Maße zugeordnet. So kann man etwa von einem Wert der Familie, Partnerschaft und Ehe sprechen, aber auch von materialistischeren Werten wie Leistung und Pflichtbewusstsein, bis hin zu hedonistischen Werten wie Selbstverwirklichung und Selbstentfaltung.

      Werte im Wandel – ein ganz natürlicher Prozess
      Wie sich unsere Gesellschaft verändert, so sind auch Werte Wandlungen unterworfen! Die einzigen stabilen Werte, die die Menschheit seit Jahrhunderten mit sich führt, sind jene, die unmittelbar mit der Selbst- und Existenzerhaltung zusammenhängen. Aber selbst hierbei wurde die einstige Blutfehde durch eine im historischen Kontext gerechtere Strafmilderung ersetzt: Die alttestamentarische Maxime „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ gewährleistete erstmals eine Strafe, die es nicht zuließ, dass Familien sich über Generationen hinweg bekämpften. Ebenso sind die zehn Gebote Orientierungspunkte, die das Zusammenleben sichern und ein soziales Chaos verhindern sollen. Sie sind uns großteils bis in den modernen Rechtsstaat hinein erhalten geblieben und finden sich auch in Wertesystemen innerhalb individueller Familien wieder.

      Andere Werte hingegen sind einem ständigen, rascheren Wandel unterzogen. So beschreibt der Soziologe Ronald Inglehart unter dem Begriff der „silent revolution“ eine Theorie zum aktuellen Wertewandel: Danach durchläuft die westliche Welt seit den 70er Jahren eine kontinuierliche Veränderung weg von materialistischen Werten (wie z.B. wirtschaftliche Stabilität, Wirtschaftswachstum, Ordnung in Staat und Gesellschaft, leistungsstarke Streitkräfte etc.) hin zu eher postmaterialistischen Wertvorstellungen. Dazu zählen laut Inglehart Werte wie geistige, schöpferische, ästhetische und kontemplative Bedürfnisse aber auch Zugehörigkeitsgefühl, Bedürfnisse nach Mitsprache in Staat und Gesellschaft, Meinungsfreiheit sowie Naturschutz. Die aktuellen Debatten um Klimawandel und Nachhaltigkeit können als direkte Folgen dieser „Umwertung“ gesehen werden.

      Deutschland aus internationalem Blickwinkel - ohne Identität, unflexibel und ohne Optimismus?
      Dass Deutschland in einem solchen Werte-Wandel begriffen ist und welche Werte der Stärkung bedürfen, war auch Thema der zweiten Bayreuther Dialoge im Oktober 2005. Dort behauptete der Vorstandsvorsitzende der Tchibo Holding AG, Dieter Ammer, dass international die Marke „Made in Germany“ noch immer einem Qualitätssigel gleich komme, dass Deutschland gleichzeitig aber auch als „dumpf, streng, unflexibel oder risikoscheu“ wahrgenommen werde. Daraus ergebe sich ein unscharfes Bild Deutschlands, das wiederum zu einer identitätsschwachen Marke führe. Einen Mangel an Identität sah auch der ehemalige US-amerikanische Botschafter für Deutschland John Kornblum. Deutschland leide noch immer unter den Wirren, entstanden aus Wiedervereinigung, Globalisierung, technischer Revolution und sozialen Problemen. Aus diesem Grund habe Deutschland seine Orientierung und seinen Optimismus verloren. Als Lösung bietet Kornblum an, dass Deutschland sich mehr auf Werte wie Patriotismus, Kirche und Familie besinnen sollte. Dass es sich hier um typische amerikanische Idealvorstellungen handelt, sei dahin gestellt.

      Aber welchen Stellenwert hat die Familie in Deutschland, welchen hat die Partnerschaft und die Ehe?
      Statistiken wie die, dass jede dritte deutsche Ehe geschieden werde, Berichte von häuslicher Gewalt und Kindesmissbrauch in den Medien und vor allem in den Boulevardmedien zeichnen ein Bild von einer wertlosen Institution Ehe. Weshalb aber war der Aufschrei dann so laut, als Frau Gabriele Pauli sich an der Ehe vergreifen wollte? Handelt es sich dabei nur um politische Heuchelei einer ihrem Parteiprogramm verpflichteten CSU oder ist den Deutschen die Ehe doch wertvoller als man meinen möchte? Ein neuer Umgang mit der Institution Ehe und der Partnerschaft im Sinne einer liberalisierten Gesellschaft steht vor der Tür. Denn im Gegensatz zu früher, muss sich die Ehe heute anderen Werten unterordnen, dazu zählen beispielsweise Eigenverantwortung, gleichberechtigte Partnerschaft und Toleranz. Auf eine neue Einordnung der Ehe im Wertesystem unserer Gesellschaft dürfen wir also gespannt sein.

      Vertrauen in die Zukunft und in die Jugend
      Werteverfall – das klingt nach Verrohung, nach dem Verlorengehen der Zivilisation, nach Apokalypse. Die Folgen sind nach Ansicht vieler Gesellschaftskritiker Bedeutungsverluste von Kirche und Religion, Autoritätsverluste, die Erosion zahlreicher vermeintlicher Tugenden, abnehmender Gemeinsinn und ein sinkendes politisches Engagement. Dass der Fokus sich bei diesen düsteren Ausführungen in erster Linie auf die nachfolgende Generation bezieht, ist problematisch! Immerhin schürt dies einen nicht zu unterschätzenden Generationenkonflikt, der sich in einer anklagenden älteren und einer angeklagten jüngeren Generation widerspiegelt. Oder haben die Anklagenden den vermeintlichen Werteverfall vielleicht doch mit einer Werteneuerung verwechselt? (Wobei „Neu“ mit „schlecht“ gleichgesetzt wird.)

      Nein, es gibt auch positive, zukunftsorientierte Stimmen! So attestiert der Soziologe Helmut Klages der deutschen Jugend die Fähigkeit der Wertesynthese, bei der alte und neue Wertesysteme nicht in Opposition zueinander stehen, sondern zu einem realistischen Wertegeflecht verbunden werden. Klages schließt aus empirischen Studien, dass Werte wie Gehorsam und Unterordnung deutlich zurückgehen, hingegen Selbstständigkeit und freier Wille normativ ansteigen.

      Bildung - das Schlüsselwort für ein gesellschaftsfähiges Wertesystem von morgen
      Die Gründe für diese Entwicklung vermutet Klages im Bildungs- und Beschäftigungswesen. Schließlich seien gebildete Jugendliche eher fähig, mit einiger Distanz das eigene sozioökonomische Umfeld zu betrachten. Vor allem Kinder aus unteren sozialen Schichten grenzten sich mit zunehmendem Wissen von den Wertevorstellungen ihrer Eltern ab, zumal nicht mehr das Elternhaus, sondern Vorbilder in der eigenen Lebenswelt – so genannte peers – den Jugendlichen bleibende Werte vermitteln. Darüber hinaus fordere das moderne deutsche Bildungssystem mehr Selbstständigkeit von den Jugendlichen als jemals zuvor. Daran gebunden ist die Forderung nach einem normenkritischen Umgang mit der eigenen Umwelt und der Fähigkeit zur Reflexion.

      Solche Gedankengänge zeigen, wie wichtig Bildung für ein gut funktionierendes Wertesystem der kommenden Generationen ist und macht es umso dringender, die deutschen Bildungseinrichtungen grundlegend zu reformieren und den Kindern Möglichkeiten zu bieten, sich auf die Anforderungen der Gesellschaft von morgen einzustellen.

      Quelle: http://www.politik-poker.de/deutschland-deine-werte.php …
      Avatar
      schrieb am 17.01.09 13:49:13
      Beitrag Nr. 552 ()
      Ulf D. Posé
      Benötigen wir angesichts der Finanzkrise eine neue Moral in Wirtschaft und Politik?


      Die Ereignisse der letzten Monate, die in den letzten Wochen Panik, Hysterie und Angst in der Finanzwirtschaft ausgelöst haben, animieren immer mehr Menschen zu der Aussage: „Manager sind gierig, korrupt und völlig abgehoben, ohne Anstand, Moral und Sittlichkeit. Brauchen wir also eine neue Moral in Wirtschaft und Politik? Die Antwort ist einfach: nein, wir benötigen keine neue Moral in Wirtschaft und Politik. Was wir benötigen, ist nur mehr Bereitschaft, sich an Moral und Ethik auch zu halten. Was wir allerdings auch benötigen, ist mehr Kompetenz in Sachen Ethik und Moral.

      Denn es sieht nicht gut aus. Schon 2004 hielten laut einer Umfrage des Emnid Instituts für das world Economic Forum 70 Prozent der Deutschen Konzernchefs für unehrlich und stuften das Verhalten als unethisch ein. 80 Prozent der Deutschen halten Konzernchefs für zu mächtig.

      Im Vergleich dazu halten nur 22 Prozent der Franzosen deren Wirtschaftsführer für unehrlich. Bei den Engländern sind es 42 Prozent, bei dem Amerikanern 37 Prozent, in Japan 47 Prozent. Wir schießen also den Vogel ab.

      Nach einer Untersuchung von Ulich/Lunau/Weber von 1998 besteht zwar in Unternehmen eine stärkere Sensibilisierung für den Sinn und die Notwendigkeit ethisch gerechtfertigten Handelns, eine konsequente Umsetzung in einzelne, Ethik sichernde Maßnahmen steht aber auf breiter Front noch aus. Das betrifft mögliche Instrumente, wie Moralbilanzen, Ethik-Kommissionen oder Moralbeauftragte, Sanktionsrepertoires oder umfassende Ethik-Trainings.

      Der sorglose Umgang mit Ethik wird sich wahrscheinlich erst dann nachhaltig ändern, wenn Unternehmen klar wird, dass für 70 % aller europäischen Kunden das soziale Engagement eines Unternehmens die Kaufentscheidung beeinflusst.

      Nur fachliche Qualifikation reicht nicht.
      Ein hilfreicher Schritt dazu beginnt bereits bei der Personalauswahl. Wer macht in einem Unternehmen Karriere? Manager werden überwiegend nach fachlicher Qualifikation ausgesucht. Ich fordere hier ein Umdenken. Neben der fachlichen Qualifikation ist unbedingt die soziale und ethische Qualifikation zu berücksichtigen. Soziale Qualifikation meint, ein Vertrauensklima herstellen zu können. Ethische Qualifikation bedeutet, kompetent in der Lage zu sein, ein Wertesystem zu implementieren, das nicht nur auf Hochglanzbroschüren gedruckt wird, sondern vorgelebt wird. Ethische Qualifikation bedeutet für mich auch, entscheidungskompetent zu sein. Wenn ich mir allerdings anschaue, wie viele meetings erforderlich sind, und wie viel Zeit investiert wird, um Entscheidungen zu fällen, die sich dann als falsch herausstellen, wird mir manchmal Angst und bange. Dabei ist es eigentlich nicht so schwer, zu sinnvollen Entscheidungen zu kommen. Die griechische und römische Dialektik hat dazu alle Methoden entwickelt, die man nur konsequent lernen und anwenden sollte.

      Damit wäre mein Artikel eigentlich schon beendet, wenn es denn so einfach wäre. Aber wir sind alle Kinder dieser Gesellschaft. Auch Wirtschaftsführer und Politiker sind Kinder dieser Gesellschaft. Leider steht es damit nicht immer zum Besten.

      Die Politik will aufgrund der Finanzkrise endlich die Gehälter der Vorstände auf 500.000 Euro begrenzen. Und wenige Wochen vor der Finanzkrise haben verschiedene Regierungen Europas die steuerliche Absetzfähigkeit von Managergehältern auf eine Million Euro begrenzen wollen. Ich werde im Laufe meiner Ausführungen noch detailliert darauf eingehen.

      Interessant an allen diesen Vorwürfen ist, dass sie nicht in ökonomischen oder betriebswirtschaftlichen Katageorien argumentieren, sondern in moralischen. Moral ist seit Cicero nichts anderes als der Normenkatalog einer Gesellschaft, der die Sozialverträglichkeit sichert. Für mich greift aber Moral hier zu kurz. Warum? Weil jede Gesellsachaft eine andere Moral entwickelt, jede Gesellschaft die soziale Verträglichkeit anders sichert. Die Franzosen halten andere Dinge für moralisch gerechtfertigt, als die Italiener, die Inder, die Griechen oder die Deutschen. Die Frage der Managergehälter ist jedoch mittlerweile eine internationale, ja globale Frage geworden. Und die lässt sich nicht mehr über moralische Kategorien beantworten, sondern wahrscheinlich nur noch über eine ethische Komponente, die über enge, gesellschaftliche Grenzen hinaus geht. Daher möchte ich die Diskussion um Ethik erweitern, also um die Wissenschaft, die gesellschaftsunabhängig hohe zu schützende Güter entwickelt und prüft, inwieweit Handlungen geeignet sind, diese hohen Güter auch zu schützen. Denn im Kern geht es bei den Managergehältern um Gerechtigkeit – eine der Kernfragen der Ethik.

      Die öffentliche Diskussion zeigt vor allem Eines: Dass es uns an geeigneten Maßstäben fehlt, um zu beurteilen, ob ein Lohn gerecht ist oder nicht. Das Problem wird sich jedenfalls nicht dadurch lösen lassen, dass Managergehälter sich daran gemessen werden, ob bestimmte Bevölkerungsgruppen damit einverstanden sind oder nicht.

      Gerechtigkeit und Entlohnung – passt das zusammen?
      Schon in der Antike war die Frage der Gerechtigkeit Gegenstand intensiver philosophischer Debatten. Aristoteles zum Beispiel vertrat in seiner ‚Nikomachischen Ethik’ eine Tugendethik, in der das „Rechte“ dann getan war, wenn ein für die Gesellschaft gemeinsames Gut verwirklicht wurde. Gerechtigkeit war für ihn die vornehmste aller Tugenden. Der Fachbegriff dafür war die Eudaimonia. Ein Bürger konnte seiner Meinung nach nur dann diese Eudaimonia erreichen, wenn er das Wohl der anderen Bürger mehrte. Interessanterweise war für Aristoteles nicht der Staat für das Wohl der Menschen verantwortlich, sondern der Bürger selbst. Aristoteles hätte also wahrscheinlich nicht nach der Höhe der Managergehälter gefragt, sondern sich gefragt, was Manager unternehmen, um das Wohl der anderen Bürger zu optimieren. In Unternehmen heißt das heute corporate social responsibility. Aristoteles hätte sich also nicht mit der Höhe eines Managergehaltes befasst, sondern mit seiner Ursache.

      Soziale Gerechtigkeit
      Auch die soziale Gerechtigkeit wird bemüht, wenn es um die Angemessenheit der Managerentlohnung geht. Unter der Überschrift ‚Soziale Gerechtigkeit’ geißelten in ‚Der Tagesspiegel’ wichtige Kirchenführer wie der Münchner Erzbischof Reinhard Marx oder Hannovers Landesbischöfin Margot Käßmann Managergehälter als ‚pervers’.

      Also lassen Sie uns einmal schauen, ob Managergehälter über die soziale Gerechtigkeit abgeprüft werden können.

      Das Problem der sozialen Gerechtigkeit ist, dass uns eine verbindliche oder noch besser konsensuelle Definition fehlt. Vielleicht ist das Dilemma entstanden durch den Artikel 20 unseres Grundgesetztes. Darin heißt es u. A.: „Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.“ Leider fehlt im Anschluss eine saubere Definition, was denn ein Sozialstaat ist. Das Einzige, was wir in der Verfassung wieder finden ist, dass wir keine sozialen Ansprüche an den Staat geltend machen können, wenn es um Verteilungsgerechtigkeit geht. Soziale Gerechtigkeit will zwar jeder, jedoch lässt sie sich per Staatsdekret nicht herstellen. Auch die Idee einer Umverteilung hilft hier nicht wirklich weiter.

      So war es denn auch der Wirtschaftsnobelpreisträger F.A. von Hayek, der die vom Sozialstaat vorgenommene Umverteilung von erwirtschafteten Geldmengen aus drei Gründen für Falsch hielt.

      1. Er war der Überzeugung, dass der Markt (und damit auch den Arbeitsmarkt) zu einer spontane Ordnung in der Gesellschaft’ führt. Das wiederum würde zu einer eigenen Moral führen. Und er meinte: „Diese Moralregeln übersteigen die Fähigkeiten der Vernunft.“ Daraus folgerte er, man dürfe sie durch Politik nicht korrigieren. Von Hayek war ebenfalls

      2. der Überzeugung, die Marktergebnisse, also damit auch die Höhe von Gehältern ergäben sich aus nichtbeabsichtigten, individuellen Handlungen. Somit entziehen sie sich letztlich einer gerechtigkeitstheoretischen Bewertung.

      3. Zum Dritten war von Hayek der Überzeugung, dass nicht wenige Erfolge der Vergangenheit nur dadurch möglich waren, dass Manager nicht in der Lage waren, das gesellschaftliche Leben bewusst zu steuern. Diese drei Argumente führten für von Hayek zu einer klaren Ablehnung einer staatlichen Korrektur bei den Einkommensverhältnissen. Er war für Rechtsgleichheit einerseits und Vertragsfreiheit andererseits. Eine wie auch immer geartete Obergrenze bei Gehältern gab es für von Hayek nicht. Als einzige soziale Maßnahme empfahl er eine transfergestützte Minimalsicherung. Diese wiederum findet sich bereits in Artikel 20 des Grundgesetzes wieder.

      Verliert unsere soziale Marktwirtschaft das „Soziale“ durch die Finanzkrise?
      Was bedeutet das konkret für die Entlohnungsfrage? Es bedeutet, wer von sozialer Gerechtigkeit spricht, wenn es um Managerbezüge geht, wählt einen völlig ungeeigneten Begriff. Selbst Karl Marx hat schon 1875 gefordert: „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen.“

      Zunächst benötigen wir eine soziale Marktwirtschaft, die auch menschliche Züge besitzt. Für mich bedeutet menschliche Marktwirtschaft die Fähigkeit, das sozialverträgliche Miteinander und das wirtschaftliche Handeln in Einklang zu halten. Es darf nicht sein, dass wir versuchen, ein soziales Miteinander zu ermöglichen und keinen wirtschaftlichen Erfolg mehr haben. Und es darf genauso wenig sein, dass wir alles dem wirtschaftlichen Erfolg unterordnen und das Miteinander auf der Strecke bleibt. Erinnern möchte ich hier an Ludwig Erhardt, der formulierte "Je freier die Wirtschaft, umso sozialer ist sie auch". Das Soziale wollen alle, denn schon in unserem Grundgesetz heißt es im Artikel 20: „Die Bundesrepublik ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.“ Allerdings haben die Gründungsväter vergessen zu definieren, was sie unter sozial verstehen. Also lässt sich Soziale Gerechtigkeit per Staatsdekret nicht herstellen. Auch der SPIEGEL stellte fest, ‚der Sozialstaat deutscher Prägung’ sei ‚zum Monstrum geworden, das an seiner eigenen Größe zu ersticken’ drohe. Der SPIEGEL kam sogar zu der Überzeugung, dass unser Sozialstaat ‚zutiefst ungerecht’ sei ‚weil er seine Leistungen oft willkürlich und nicht selten an den wirklich Bedürftigen vorbei’ verteile. Die öffentliche Diskussion zeigt also, dass wir anscheinend keinerlei Maßstäbe für die gerechte Bedienung des Kapitals und die gerechte Bedienung der Arbeit haben.

      Die gerechte Bezahlung der Arbeit hängt für mich zunächst von der Wertschöpfung ab, die nicht immer leicht zu ermitteln ist. Gleichzeitig kann der Beitrag zur Wertsteigerung des Unternehmens eine Rolle spielen. In der öffentlichen Diskussion wird dieser Unterschied nicht gemacht, ist jedoch für die moralische und ethische Bewertung erheblich.

      Ist die Wertsteigerung als Grundlage von Entlohnungen ethisch gerechtfertigt?
      Nach den Regeln für die Vergütung vieler Spitzenmanager sind ein Großteil der Bezüge an die Eigenkapitalrendite und den Aktienkurs geknüpft. Nun sollte man zur ethischen Bewertung der Managergehälter wissen, dass das Kapital eines Unternehmens nicht wertschöpfend, sondern wertsteigernd ist. Der Aktienkurs und der Bilanzgewinn sind wertsteigernd. Wertschöpfend sind die Arbeit, das Wissen der Mitarbeiter, die Mobilität und auch die Unternehmenskultur. Die Wertschöpfung geschieht eben nicht durch das Kapital, sondern durch Menschen. Kapital ist eine reine Produktionsbedingung. Das spricht sicher nicht gegen eine gerechte Bedienung des Kapitals.

      Die strategische wichtigste Aufgabe eines Managers ist es, die nachhaltige Existenz des Unternehmens zu sichern. In aller Regel geschieht dies durch Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Hierzu gibt es verschiedene Ansätze, z. B. Kostensenkung, Eintritt in neue Märkte (Internationalisierung) oder durch neue Produkte oder Produktionsverfahren (Innovation). Die Auswirkungen der meisten Maßnahmen in diesem Umfeld sind zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung betriebswirtschaftlich nicht messbar, trotzdem sind sie vergütungsrelevant. Der Anspruch, den Unternehmenswert zu steigern, (und die Vergütung hieran zu koppeln) kommt diesem Anspruch sicher am nächsten. Der Unternehmenswert ist aber letztlich nur bei einem Verkauf zweifelsfrei zu bestimmen. Und dieses Ereignis ist in aller Regel nicht Zielsetzung des Gesellschafters.

      Hier kommen wir zur Frage, inwieweit die Shareholder Value-Orientierung Basis von Entlohnung eines Managers sein darf. Die Shareholder Value-Orientierung ist dann und nur dann als Entlohnungsbasis kontraproduktiv, wenn der Eigentümer ein Interesse an hohen Ausschüttungen, und nicht an einer Mehrung des Ererbten zum Beispiel, besitzt. Microsoft hat zum Beispiel nahezu 20 Jahre lang keine großen Ausschüttungen getätigt. Trotzdem konnten die Shareholder sicher sein, dass der im Unternehmen verbleibende Bilanzgewinn dort zu einer größeren Substanzmehrung führen würde als auf ihren Bankkonten. Unbedenklich und auch objektiv wäre also eine Orientierung der Managergehälter am Aktienkurs, als der Wertsteigerung, wenn der Börsenkurs einem objektiven Unternehmenswert auf Basis der Wertschöpfung entsprechen würde. Leider beginnt das Problem schon bei der Erwartung von Wertschöpfung. Die Börse ist eben zu großem Teil Psychologie und nicht Abbild betriebswirtschaftlicher Realität. Hinzu kommt, dass Marktumfeld, Konjunktur und Unternehmens-(d.h. Risiko-)Struktur die Bewertung deutlich beeinflussen - und eben nicht die jeweilige Management-Leistung. Und an dieser Stelle wird die gegenwärtige Praxis, die variablen Gehaltsbestandteile von Managern an Börsenkursen (ggf. in Form von Optionen) zu bemessen, durchaus sehr fragwürdig. Gegenstand wird dann nicht die tatsächliche Verbesserung der Wettbewerbsstärke, sondern das Spiel auf der Klaviatur der Börse. Ein besonders extremes Beispiel ist sicher der Optionsgewinn von Herrn Schrempp bei der DaimlerChrysler AG in Höhe von 50 Mio. €, der im Kern darauf beruht, dass Herr Zetsche die Schrempp'schen Entscheidungen rückgängig gemacht hat!

      Selbst die Wertschöpfung scheint mir als Grundlage für die Besoldung eines Vorstandes eher ungeeignet zu sein. Vorstände tragen in der Regel zur Wertschöpfung nicht bei. Die Wertschöpfung eines Unternehmens lässt sich durch die Entstehungsrechnung und die Verteilungsrechnung, die beide zu dem gleichen Ergebnis führen, ermitteln. Die Entstehungsrechnung ergibt sich aus der Gesamtleistung abzüglich der Vorleistung. Sie ist also ungefähr (!) identisch mit dem Betrag, der der Nettoumsatzsteuer zugrunde liegt. Die Verteilungsrechnung ist die Summe der Arbeitseinkommen (inkl. der Managergehälter), der Kapitaleinkommen (Fremd- und Eigenkapital) und der Gemeineinkommen (Steuern). Die Arbeitnehmereinkommen sind also immer Bestandteil der Wertschöpfung, die Vorstandsbezüge im Allgemeinen nicht. Man kann - unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten - trefflich darüber streiten, ob Arbeits- und Kapitaleinkommen in einem angemessenen Verhältnis zu einander stehen. Mir ist keine Theorie bekannt, die hierzu sinnvolle Aussagen enthält. Auch die Produktions- und Kostentheorie ist hierzu nicht in der Lage. Die Wertschöpfung als Beurteilungsmaßstab muss also aus der Debatte ausscheiden. In der aktuellen sozialpolitischen Debatte stoßen nicht zwei Grundhaltungen, sondern zwei Denkweisen aufeinander. Einerseits wirtschaftswissenschaftliche Argumente und andererseits subjektive Vorstellungen über Gerechtigkeit, was einen Konsens natürlich verhindert. Es sei denn, man ist bereit ideologisches Denken zu akzeptieren.

      Bleibt die Frage nach einer Moral im Allgemeinen und in der Wirtschaft im Besonderen. Oft wird die Moral gegen gehaltvolle wirtschaftswissenschaftliche Aussagen gebraucht. Man sollte sich aber bewusst sein, dass unsere Moralvorstellungen im Detail so verschieden sind wie unser genetischer Fingerabdruck und dass es weder in der Wissenschaft noch in der Moral den archimedischen Punkt der Erkenntnis gibt.

      Jean Babtiste Say hat schon im letzten Jahrhundert geschrieben, dass die Interessen des Kapitaleigners und die Interessen des Unternehmens, vertreten durch das Management, völlig andere sind. Das Unternehmen will den Unternehmenswert verbessern. Und der Kapitaleigener will eine möglichst hohe Rendite auf das eingeschossene Kapital. Nach dem Sayschen Prinzip widersprechen die Interessen des Eigners den Interessen des Unternehmens. Dieser Widerspruch sollte sich auch im Managergehalt wiederfinden. Manager sind dazu angetreten, zunächst einmal den Unternehmenswert zu steigern, und nicht den Aktienwert.

      Ein Unternehmen, das sich ausschließlich am shareholdervalue ausrichtet, hat sich auch auch betriebswirtsschaftlich nicht richtig organisiert. Es kommt darauf an, sowohl den Faktor Arbeit, also auch das Kapital gerecht zu bedienen. Und damit mussen sich Manager fragen lassen, inwieweit ihr Beitrag zur Wertsteigerung durch einen Beitrag zur Wertschöpfung zustande gekommen ist.

      Ist die Entlohnung von Spitzenmanagern wertschöpfungsgerecht?
      Entscheidend ist zunächst die Nachfrage, die über den Wert bestimmt. Das wäre dann die Marktgerechtigkeit. Diese ist mit Sicherheit die am wenigsten anfechtbare Methode, da sie sich - bei ausreichender Zahl der Lohnempfänger - genau an dem Maßstab der Wertschöpfung bzw. an einer Beteiligung am Zusatzgewinn orientieren wird. Betriebswirtschaftlich sicher einwandfrei.

      Aber auch dies wird bei Spitzenmanagern aus zwei Gründen wiederum fragwürdig. Zunächst drängt sich der Eindruck auf, dass sich hier eine "Clique" aus Aufsichtsräten und Spitzenvorständen gegenseitig versorgt. Die enormen Gehaltssteigerungen werden des Weiteren mit dem internationalen Vergleich (insbesondere den USA) begründet. Und dort werden die hohen Gehälter wiederum mit den Bewertungen des Kapitalmarkts begründet: Unternehmen werden quasi als Ware betrachtet und die Aufgabe des Managers besteht dann darin, an diesem Maßstab quasi wertsteigernd (und tatsächlich eben nicht -schöpfend) tätig zu werden. Für diesen Konflikt sehe ich bisher keine Lösung. Nur die Hoffnung, dass sich diese Auswüchse (d.h. der Einfluss der Kapitalmärkte) auch wieder beruhigen und das Management nach echter Leistung - und das heißt nachhaltiger Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit - bewertet wird. Wofür es leider bisher keine vernünftige betriebswirtschaftliche Maßzahl gibt.

      Die Deckelung der Managergehälter
      Viele rufen derzeit nach einer Deckelung der Managergehälter. Als Grund werden Unterschiede angeführt, die allenfalls auf maximal 500 Vorstände zutreffen. Es ist richtig, dass Herr Ackermann 285mal mehr als ein durchschnittlicher Bankangestellter verdient. Aber eine Deckelung sollte nicht nur Emotionen bedienen, sondern gerechtfertigt sein. Hier spielen Habgier und Neid eine Rolle. Unseren Spitzenmanagern wird Habgier vorgeworfen, sie werden sich vielleicht mit einem Neidvorwurf verteidigen. Das Problem bei allem ist: Wie soll eine Vergütung nach oben abgegrenzt werden?

      Und noch Eines: wir sollten uns fragen, ob die Vielzahl der Vorwürfe überhaupt zutreffen oder berechtigt oder unzutreffend und unberechtigt sind.

      Zu solchen Vorwürfen gehört zum Beispiel, dass die Bezüge nur durch Klüngelei zustande gekommen seien. Der Vorwurf wird von nicht wenigen Gewerkschaftlern gemacht. Dabei sitzen jedoch Gewerkschaftsvertreter in den Aufsichtsräten. Die berühmte Haltung der Gewerkschaften: „Gehalt ist Sache der Kapitaleigner“ hat bisher nur dazu geführt, dass sich Gewerkschaftler in Aufsichtsräten der Stimme enthalten, wenn es um die Bezüge der Vorstände geht. Mit ihrer Stimme könnten die Gewerkschaftler Einfluss nehmen, sie tun es jedoch nicht. Zumindest von Gewerkschaftsseite ist dieser Vorwurf unberechtigt.

      Dann ist immer wieder der Vorwurf zu hören, es gäbe zuwenig Transparenz bei den Bezügen. Dabei hat unsere Justizministerin Brigitte Zypries 2005 ein Gesetz durchgesetzt, das Unternehmen zwingt, die Bezüge der Vorstände und der Aufsichtsräte dezidiert zu veröffentlichen. Allerdings trifft es zu, dass die Sonderleistungen, Aktienoptionen etc. nicht so ohne weiteres ermittelt werden können. Jedes Unternehmen hat ein anderes Berichtswesen. So blickt tatsächlich kaum noch jemand durch, und es ist extrem mühselig, exakt zu ermitteln, was ein Vorstand insgesamt tatsächlich erhält.

      Einer der erheblichen Vorwürfe an Unternehmen ist, dass Manager für Ihre Fehler nicht haften müssten und auch noch goldene Handschläge zum Abschied bekommen. Das ist ein Vorwurf, der bisher durchaus eine Teilberechtigung hat. Zwar sieht der Gesetzgeber einen Regress vor, die Aufsichtsräte haben sich bisher jedoch äußerst selten zu einer Schadenersatzforderung durchringen können. Die meisten Manager besitzen eine Versicherung gegen Fehlentscheidungen. Hier hat die Corporate Governance Kommission empfohlen, Manager sollten eine Selbstbeteiligung zahlen, ähnlich der Vollkaskoversicherung beim Auto. Das Hauptproblem ist, dass der Untreueparagraph in unserem Strafgesetzbuch so schwammig ist.

      Die aktuelle Diskussion über die Begrenzung der Managergehälter lässt eine Frage zu: Wer heuchelt mehr?
      Berthold Brecht hat einmal gemeint, "Der wahre Betrüger beraubt keine Bank, er gründet eine Bank.“

      Deutsche Bank-Chef Ackermann kann derzeit machen, was er will, er macht es verkehrt. So scheint es. Sein Verzicht auf seine Boni wird ihm als heuchlerisch vorgeworfen. Aber viele, die ihn kritisieren, sind es auch.

      Als Ackermann angekündigte, auf seinen Bonus heuer verzichten zu wollen, fand ich das zunächst gut, wollte er doch ein Zeichen setzen. Dann hat er nachgeschoben, dass er sich schämen müsse, wenn seine Bank von dem Rettungspaket Gebrauch machen würde. Damit kam eine neue Note ins Spiel. Ich hätte mir gewünscht er hätte gesagt, er würde sich schämen, weil er und seine Kollegen Geschäfte gemacht hätten, deren Risiko kein Mensch mehr durchschaut habe. So teilte er die Banken in eine zwei Klassengesellschaft und signalisierte implizit, dass sich all jene Banker schämen müssten, die das Rettungspaket in Anspruch nehmen. Für mich eine ziemlich scheinheilige Aktion. Nehmen Sie nur seine Boni. Nach allem was man annehmen kann, hätte er in diesem Jahr ohnehin kaum mehr einen fetten Bonus bekommen. Verzichten kann man nur auf etwas, was einem zusteht. Die größte Finanzkrise seit 70 Jahren hat auch die Gewinne der Deutschen Bank deutliche geschmälert, selbst wenn man davon absieht, dass sie das ‚Spielcasino‘ mitbetrieben haben.

      Bei der Finanzmarktkrise hat der Ausgleich zwischen Moral und Ökonomie gefehlt.
      Leider hat die Finanzkrise recht deutlich gezeigt, dass das Streben nach wirtschaftlichem Erfolg ethisch-moralische Werte deutlich überlagert hat.

      Hier haben ausschließlich ökonomische Dinge im Vordergrund gestanden – bis hin zu Produkten, die kein Mensch mehr verstanden hat, aber mit denen Geld verdient wurde. Einigen Bank-Managern hat die Redlichkeit gefehlt, darüber nachzudenken, ob ein Kredit tatsächlich an einen solventen Kreditnehmer ausgegeben wird, weil die Kredite ja weiterverkauft werden konnten und das Risiko nicht mehr interessierte. Das war sicher sehr verwerflich.

      Es ist nicht weg zu diskutieren, dass Banker sehr hohe Risiken für ihre Kunden, ihre Banken und unser Land eingegangen ist. Da wäre stille Bescheidenheit wohl angebrachter, als diese Ankündigung in "Bild". Der Unmut über Ackermann und seine Ankündigung ist also über weite Strecken durchaus berechtigt.

      Die Wirtschaft muß mehr Verantwortung leben - der Ruf nach der Politik und dem Gesetzgeber ist nicht zielführend genug.

      Im Sinne einer menschlichen Marktwirtschaft meine ich, dass es zunächst einmal die Aufgabe der Wirtschaftsführer selbst ist, dafür zu sorgen, dass innerhalb und außerhalb der Unternehmen wirtschaftliches Handeln von sozialem Miteinander begleitet wird. Das gilt auch angesichts der Globalisierung. Die Politik kann die richtigen Rahmenbedingungen schaffen. Zum Beispiel muss die Politik dafür sorgen, dass derjenige, der entscheidet, auch für seine Entscheidungen geradezustehen hat. Es muss auch sichergestellt sein, dass nur Produkte verkauft werden, die man versteht. Ich kann nicht zulassen, dass alles, was verkauft werden kann auch verkauft werden darf. Es ist auch zu fordern, dass von der Möglichkeit der Managerhaftung mehr Gebrauch gemacht wird. Wir benötigen hier keine schärferen Gesetze, wie die Politik und andere sie fordern, ich denke, vorhandene Gesetze müssen auch angewandt werden. Da liegt das Problem. Wenn Menschen das Kapital anderer Menschen verzocken, müssen sie dafür geradestehen. Hier reicht auch eine Versicherung nicht aus. Da muss eine persönliche Haftung her. Manager müssen mindestens mit einem Teil ihres Einkommens für ihre Entscheidungen einstehen. Wer Mogelpackungen verkauft, sollte dafür haften.

      Auch die Politik hat versagt.
      Es wird immer wieder über zuwenig Kontrolle der Banken diskutiert, dabei hat die Politik erheblich zur Bankenkrise beigetragen. Ich erinnere, dass noch unter der Regierung Clinton die Commodity future trading commission dem damaligen Finanzminister und dem Notenbankchef Alan Greenspan vorgeschlagen hatte, bestimmte Derivate-Geschäfte zu untersagen. Die beiden haben sich vehement dagegen gewehrt. Später hat das politische Konzept der Regierung Bush ‚Jeder mittellose Amerikaner soll zum Häuslebesitzer werden’ dazu geführt, dass Kredite ohne Absicherung gewährt wurden. Die Politik sollte also nicht so tun, als seien die Bankmanager allein dafür verantwortlich. Und dann gibt es noch den Dritten im Bunde, den Verbraucher, der völlig bedenkenlos auf Pump gelebt hat. Hätte die Politik dafür gesorgt, dass bestimmte Produkte nicht zulässig sind und dass die Haftungsfrage anders geklärt ist als bisher, dann wäre manches sicher nicht passiert.

      Die Empörung der Politik ist Heuchelei.
      Das Rettungspaket ist sicherlich nicht unproblematisch. Trotzdem halte ich das Rettungspaket unserer Regierung für richtig und sinnvoll. In der Krise ist Not am Mann. Es war wichtig, Angst, Panik und Hysterie zu bremsen. Aber wenn der Staat sich beteiligt, dann bitte nur kurzfristig und nicht wettbewerbsmindernd. Wenn die Politik den Banken den Wettbewerb nimmt, ruiniert sie ein Stück Marktwirtschaft. Die Grünen forderten mehr operative Eingriffe der Politik in das Bankengeschäft. Selten habe ich solch einen Unsinn gehört, der durchaus von Ignoranz begleitet wird. Allein die KfW hat durch katastrophales Missmanagement ihrer wichtigsten Beteiligungs-Bank IKB mit derzeit fast wertlosen US-Hypotheken 12 Mrd. € verbrannt. KfW-Chefin war in den letzten 4 Jahren die vorherige "Finanzsprecherin" der SPD. Obwohl die Verluste der KfW seit mehr als einem halben Jahr bekannt waren, schickte Finanzminister Steinbrück die Genossin erst kurz vor der Finanzkrise in den vorgezogenen, mit ungekürzten Millionen-Pension versehenen Ruhestand. Im Aufsichtsrat der KfW sitzen Politiker aller Couleur, selbst Oskar Lafontaine. Die Argumentation der Grünen scheint mir in diesem Punkt recht verlogen.

      Minister Steinbrück hat öffentlich zugegeben, dass er für die KfW keinen erfahrenen Banker findet, der für „wenig Geld“ die Bank aus der Krise heraus führen kann. Unter seiner Aufsicht wurde dem neuen Mann an der Spitze ein Gehalt von € 850.000,00 pro Jahr zugestanden. Jetzt will die Politik aufgrund der Finanzkrise endlich die Gehälter der Vorstände der Banken, die das Rettungspaket in Anspruch nehmen, auf 500.000 Euro begrenzen. Derzeit sind in der Privatwirtschaft die Millionen-Gehälter (noch) eine Sache der Aktionäre, DIE verzichten auf Dividenden-Gewinne oder Kurssteigerungen, wenn sie zu hohe Boni vereinbaren. Der Steuerzahler zahlt hier nicht mit, er verdient nur mit, denn die Gehälter der Vorstände werden mit dem höchsten Steuersatz besteuert.

      Es gibt sicher genug Menschen in unserem Lande, die die Korrektur der maßlosen Übertreibungen bei den Managergehältern als sehr angemessen empfinden. Mancher kann sie durchaus mit Genugtuung aufnehmen. Zu groß aber sollte die Genugtuung nicht sein, denn sie hat auch andere, sonst selten aufgezeigten Seiten.

      Die populistische Linke zum Beispiel ignoriert diese vorsätzlich - und triumphiert mit deutlichen Steigerungsraten bei der Wählerschaft. Deshalb sollte an dieser Stelle einmal daran erinnert werden, dass noch kein Politiker je für sein Versagen im Staats-, Länder- oder Kommunalhaushalt finanziell herangezogen wurde. Und dass kein einziger von ihnen auf einen Euro seiner Bezüge verzichtet hat - schon gar nicht der äußerst abgesichert lebende "Linke"-Chef Oskar Lafontaine, obwohl auch er Aufsichtsrat der KfW war und noch ist.

      Dass Lafontaines Zähl-Kandidat für die nächstjährige Bundespräsidentenwahl, Peter Sodann "Ackermann verhaften würde, wenn ich könnte", zeigt, wie tief hier das Niveau der Diskussion ist.

      Vielleicht lassen Sie mich festhalten: in den politisch geführten Banken haben abgewählte Politiker oder Partei-Günstlinge ihr Unwesen treiben dürfen. Die sind, wie sich zeigt, wirklich um ein Vielfaches überbezahlt - verzichten aber auf keinen € bisher. Zu bedenken ist außerdem, dass in der Privatwirtschaft die Millionen-Gehälter immer noch eine Sache der Aktionäre sind. Die verzichten auf Dividenden-Gewinne oder Kurssteigerungen, wenn sie zu hohe Boni vereinbaren. Der Steuerzahler zahlt hier keinen Cent.

      Nochmals: Mitleid mit Ackermann und seinen Kollegen muss niemand haben und es war höchste Zeit, dass sich was ändert. Das sollte aber cool diskutiert werden und nicht mit Parolen aus dem primitivsten Klassenkampf. Auch wenn die Zeiten dafür besser scheinen als seit langem.

      Die steuerliche Absetzfähigkeit von Managergehältern
      Schon weit vor der Finanzkrise war die steuerliche Absetzfähigkeit von Managerbezügen im Gespräch. Die SPD hat eine Arbeitsgruppe, die dazu Vorschläge ausgearbeitet hat. Auch wenn Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) die Forderungen seiner Partei zur steuerlichen Absetzbarkeit von Managerabfindungen für eine „lustige Nummer“ hält. In der ARD-Sendung “Anne Will“ sagte der SPD-Politiker: „Das ist klassische Symbolpolitik, die gar nichts bringt.“ Managergehälter machten ohnehin nur „einige Promille der gesamten Lohneinkünfte“ aus. Eine Änderung der Abfindungsregelung werde nichts ändern: „Sie bekommen dieselben Gehälter.“ Der nordrhein-westfälische Arbeits- und Sozialminister, Karl-Josef Laumann (CDU), zeigte in der Sendung dagegen Verständnis für die SPD-Forderungen: „Wir brauchen eine Gesellschaft, die zusammenhält. Und da sind Symbole auch wichtig.“

      Die in Deutschland hitzig geführte Debatte um Höhe und Angemessenheit von Managergehältern beschäftigt inzwischen auch die EU. "Es ist nicht mehr hinnehmbar, dass bestimmte Unternehmenschefs von übermäßigen Gehältern und vor allem von goldenen Handschlägen profitieren, die nicht im Zusammenhang mit der Leistung stehen", sagte Jean-Claude Juncker, Vorsitzender der Eurogruppe und luxemburgischer Ministerpräsident, nach einer Sitzung der Finanzminister der Eurozone.

      Bisher geht bereits eine kleine Minderheit der EU-Länder gegen überhöhte Managergehälter vor. In den Niederlanden sollen Abfindungen künftig mit 30 Prozent besteuert werden, wenn das Jahresgehalt des Betroffenen 500 000 Euro übersteigt und die Abfindung höher ausfällt als ein Jahresgehalt. Auch Frankreich kämpft laut Finanzministerin Christine Lagarde gegen die "Undurchsichtigkeit, mit der manchmal Vergütungen gewährt werden". Die französische Nationalversammlung hatte im Herbst für eine Regel gestimmt, durch die Firmen Abfindungen nur noch bis eine Mio. Euro absetzen können.

      Der Profisport zeigt bereits sehr deutlich, zu welcher Schieflage die Forderung der begrenzten Abzugsfähigkeit von Gehältern führen könnte: "Wären Gehälter der Sportler ab bestimmten Größenordnungen steuerlich nicht mehr abzugsfähig, würde der eine oder andere Fußballclub in erhebliche wirtschaftliche Bedrängnis geraten." sagte Carsten Kreklau, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung.

      Auch Juristen halten den Vorstoß für fragwürdig: Marcus Lutter, Vorsitzender des Bonner Zentrums für Europäisches Wirtschaftsrecht und Mitglied der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex, begrüßt zwar den Gedanken eines gesamteuropäischen Vorstoßes. Er meinte: „Damit wäre ein Ausweichen ins Ausland unmöglich.“ Doch der Weg über eine steuerliche Schlechterstellung sei falsch. "Sie bestraft die Aktionäre durch Ertragseinbußen, obwohl die doch ganz unschuldig sind."

      Ich habe mir das SPD Arbeitspapier einmal unter ethischen Gesichtspunkten angeschaut. Dort heißt es: „Die Entwicklung der Managergehälter, insbesondere der Vorstandsbezüge in Großunternehmen hat sich in den vergangenen Jahren in dramatischer Weise von der allgemeinen Einkommensentwicklung abgekoppelt: Die Einkommen der Chefs der DAX-Unternehmen stieg dabei vom 14-fachen des jeweiligen durchschnittlichen Belegschaftsgehalts auf das 44fache. Diese Entwicklung setzt sich auch aktuell weiter fort.“

      Das ist schlichtweg falsch. Die Zahlen des statistischen Bundesamts haben Sie schon vorhin gehört.

      Das Arbeitspapier strotzt von Behauptungen, denen jegliche Begründung fehlt. Nun sollte man Eines wissen. Behauptungen erhalten ihre ethische Rechtfertigung erst durch ihre Begründung. Fehlt diese, handelt es sich oft um Polemik pur. Hier wird der Grundsatz der Redlichkeit verletzt. Es ist von „atemberaubenden Anstieg der Managergehälter“ die Rede, „das Interesse der stakeholder” der Unternehmen würde systematisch in den Hintergrund gedrängt.“ Es wird behauptet, es gäbe „überzogene und anreizverzerrte Managementvergütungen.“

      Die Arbeitsgruppe empfiehlt u.a „Beschränkung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Vorstandsbezügen und –abfindungen als Betriebsausgaben auf eine Größenordnung von 1 Million Euro plus 50 % des darüber hinaus gehenden Betrags.“

      Was fehlt, sind nachvollziehbare ökonomische oder rechtsstaatliche oder ethische Begründungen. Wieso eine Million und nicht mehr oder weniger, wieso 50 Prozent und nicht mehr oder weniger? Das setzt sich durch das gesamte Papier durch.

      Ähnliches gilt ebenfalls für die Höhe der Abfindungen, auch hier möchte die Politik gern einen Riegel vorschieben. Also, prüfen wir die Vorwürfe einmal. Auch der Vorwurf, es würden Abfindungen bezahlt, die ausschließlich willkürlich festgelegt werden, ist ebenfalls nicht so ohne weiteres haltbar. Die Empfehlung der Corporate Governance Kommission, Abfindungen auf zwei Jahresgehälter zu begrenzen wird nach einer Untersuchung der Welt bereits bei Neuverträgen eingehalten. Nach der Empfehlung der Kommission erhalten schon 14 Vorstände, die jetzt erst einen Vertrag erhalten haben, als Abfindung nur noch zwei Jahresgehälter. Die Empfehlung greift also schon.

      Ein Unternehmen erzielt aus seiner Arbeit, vor allem aber aus der seiner Mitarbeiter, einen Gewinn, der hoffentlich deutlich über einem Gewinn liegt, den andere Unternehmer in vergleichbarer Situation erwirtschaften. Die damit verbundene Verteilung von Gewinnen wäre nur dann auch in der Höhe gerecht, wenn auch der ökonomisch schwächste Mitarbeiter davon ökonomische Vorteile hätte. Was also hat ein Unternehmen an die anderen Mitarbeiter an Gehältern, Löhnen und Prämien verteilt, die ebenfalls zur Wertschöpfung beigetragen haben und nicht Vorstandsmitglied sind?

      Im Sinne einer Verteilungsgerechtigkeit ist es hier jedoch nicht gerecht, Überschüsse an alle gleich zu verteilen, sondern es ist gerecht Unterschiede machen zu dürfen, wenn auch der schwache Mitarbeiter davon einen Vorteil hat. Der Vorteil kann schon dadurch gegeben sein, dass der Vorstand durch seine Arbeit dafür sorgt, dass der schwache Mitarbeiter seinen Arbeitsplatz behält, wenn in einer anderen Situation der Schwache seinen Arbeitsplatz verlieren würde.

      Der Faktor spielt eine Rolle
      Bedacht werden muss auch der Faktor, der der Bezahlung zugrunde liegt. Hier fällt ziemlich deutlich auf, dass in den meisten Unternehmen zwischen den Bezügen von Mitarbeitern und den Bezügen der ersten Führungsebene etwa der gleiche Unterschied besteht wie zwischen der ersten und zweiten Führungsebene. Auch für den Unterschied zwischen der zweiten und dritten Führungsebene gilt dies. Sobald jedoch die Vorstandsebene erreicht wird, gilt dieser Faktor anscheinend nicht mehr. Es entsteht ein Missverhältnis zwischen der Entlohnung des Vorstandes und der Entlohnung der nächsten Führungsebene. Dieser gravierende Unterschied ist bis heute nicht hinreichend begründet worden. Einzige Begründungsfaktoren waren in den letzten Jahren der große Nachholbedarf im Verhältnis zu amerikanischen Vorständen und der Marktwert. Weder die Wertsteigerungen, noch die Wertschöpfungsbeiträge können die Höhe der Bezüge eindeutig klären. Damit ist die Höhe der Bezüge ethisch problematisch.

      Reiche in Deutschland
      Der Wunsch, den Reichen möglichst viel abzunehmen, ist nicht neu. Allerdings hat es die Armen nie reich gemacht, wenn man die Reichen arm machte. Friedrich August von Hayek (1899-1992), liberaler Freiheitsdenker und Nobelpreisträger, konstatierte trocken: "Die Forderung nach Gleichheit läuft darauf hinaus, den Reichen möglichst viel wegzunehmen. Wenn dann der Raub verteilt ist, stellt man fest, dass es nicht mehr Gleichheit gibt, sondern insgesamt weniger Wohlstand gibt." Und John F. Kennedy, 35. Präsident der USA, beschrieb den Zusammenhang zwischen Wachstum, das am oberen Ende der Gesellschaft Reichtum generiert, und Massenwohlstand mit dem Zitat: "Wenn die Flut steigt, steigen mit ihr alle Boote auf dem Wasser." Anders definiert: Ein Sozialhilfeempfänger genießt heute einen deutlich höheren Lebensstandard als ein gutverdienender Facharbeiter in den fünfziger Jahren. Das das so ist, daran haben die Reichen einen großen Anteil: Die obersten fünf Prozent in der Einkommenspyramide in Deutschland (mit Jahreseinkommen über 85 400 Euro) zahlen mehr als 40 Prozent der Einkommensteuer, die gesamte untere Hälfte der Einkommensbezieher trägt mit gerade einmal 8,3 Prozent zum Einkommensteueraufkommen bei. Die Zahl der Reichen in Deutschland wiederum stagniert: Während weltweit immer mehr Menschen mit einem Vermögen von mindestens einer Million Dollar gezählt werden (2004: 8,3 Millionen, ein Zuwachs von gut sieben Prozent zum Vorjahr, Gesamtvermögen 30,8 Billionen Dollar), nahm ihre Zahl in Deutschland nur um 0,6 Prozent auf rund 760 300 zu.

      Die „Reichensteuer“ suggeriert, die Spitzenverdiener würden nicht genug Steuern bezahlen. In Wahrheit ist es so, dass die „breiten Schultern“ jetzt schon weitaus mehr an Steuerlast tragen, als alle anderen Steuerzahler. Alle Bürger, die mehr als 67.000,00 Euro pro Jahr verdienen (das sind nur zehn Prozent aller Steuerzahler!), erwirtschaften für unseren Staat 53! Prozent seines gesamten Einkommensteueraufkommens.

      In der Bundesrepublik gibt es derzeit rund 35.000 Menschen, die im Jahr mehr als 500.000,00 Euro verdienen. Das sind nur 0,13 Prozent aller Steuerpflichtigen. Sie erwirtschaften allerdings bereits jetzt schon rund 13 Prozent des Einkommensteueraufkommens aller Steuerpflichtigen.

      Die Zeitschrift CAPITAL hat im Juni 2008 einige Spitzenmanager und Politiker zu ihrer Einkommenssteuer befragt. Bis auf Peter Müller, den saarländischen Ministerpräsidenten haben alle anderen Politiker, auch die Bundeskanzlerin entweder nicht geantwortet oder Angaben verweigert. Peter Müller hat 35.700 Euro Einkommenssteuer gezahlt.

      Bei den Spitzenmanagern war das anders. Götz Werner zahlte 7 Millionen, Herbert Hainer von Adidas zahlte 2,5 Millionen, Martin Winterkorn von VW 2 Millionen, der Conti-Chef zahlte 1,2 Millionen. Wiedeking zahlt Einkommenssteuer im zweistelligen Millionenbereich. Auch Jürgen Großmann von RWE zahlt deutlich über 10 Millionen. Das statistische Bundesamt weist aus, dass Menschen mit einem Einkommen von 548.000 Euro und mehr 8,2 Prozent der Einkommenssteuer bezahlen, jedoch nur 0,1 Prozent der Steuerpflichtigen ausmachen. Und wenn sie Menschen mit einem Einkommen ab 170.100 Euro nehmen, das sind genau ein Prozent der Einkommensteuerpflichtigen, dann zahlen diese Steuerzahler sogar 20,4 Prozent der Einkommensteuer. Also: arm rechnen findet nicht statt. Auch der Vorwurf, sich am Steueraufkommen ungenügend zu beteiligen, ist schlichtweg falsch, wenn nicht gelogen.

      Empört über hohe prozentuale Steigerungen der Chefgehälter in Dax-Unternehmen, hatte der damalige Arbeitsminister Franz Müntefering behauptet, dass viele deutsche Manager „das Tausendfache“ ihrer Mitarbeiter verdienen würden. In der Sache stimmt das nicht. Dax-Primus Josef Ackermann bekam 2006 zwar 13,2 Millionen Euro, selbst seine einfachsten Mitarbeiter liegen aber weit über einem Tausendstel, also 13200 Euro. Vorstände, denen es nicht ganz so gut geht wie Ackermann, sind vom Tausendfachen weit entfernt. Im Schnitt verdienen Dax-Chefs nach der jüngsten Erhebung 3,42 Millionen Euro und damit etwa hundertmal mehr als normale Angestellte, nicht tausendmal. Müntefering vertut sich also um eine Zehnerpotenz, ein Teil der Aufregung beruht auf einem Rechenfehler.

      Selbst diese hundertfachen Einkommen sind eher die Ausnahme. In Mittelstand und kleineren Aktiengesellschaften sind Gehälter mit dem Faktor 10 bis 20 üblich. Exzesse wie in den USA kommen hierzulande kaum vor. Dort hatte zum Beispiel William W. McGuire als Chef der Krankenversicherung United Health eine Milliarde Dollar in Aktienoptionen bekommen und muss jetzt die Hälfte zurückzahlen. An die Tausender-Grenze stößt allenfalls ein Ausnahme-Manager wie Porsches Wendelin Wiedeking. Er aber schuf solch hohe Werte und sicherte so viele Arbeitsplätze, dass selbst Müntefering ihm das Geld gönnen wird.

      Trotz dieser Faktenlage nutzten Politiker aller Parteien außer der FDP die Chance zur publikumswirksamen Zuspitzung. Für die Grünen bezeichnet Renate Künast die Millionenbezüge und Abfindungen in Vorstandsetagen als „unmoralisch“. Für die Unions-Arbeitnehmerschaft CDA sagte der stellvertretende Vorsitzende Gerald Weiß, dass es „sozial-ethisch nicht vertretbar ist, wenn Leute, die zum Teil Millionen in den Sand setzen, dafür fürstlich abgefunden werden“.

      Oskar Lafontaine steuerte für die Linke einen konkreten Vorschlag bei: Er will Managergehälter „auf das Niveau der Ukraine senken“. Ein Gesetz soll verbieten, mehr als das Zwanzigfache des niedrigsten Einkommens im Unternehmen zu verdienen. Unerwartet sprang ihm Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem CDU-Parteitag in Hannover bei: „Wer viel für sein Unternehmen und seine Mitarbeiter tut, der soll auch gut bezahlt werden“, rief sie. „Was ich aber überhaupt nicht verstehe: Warum wird mit Geld überschüttet, wer auf ganzer Linie versagt hat?“ Das Publikum applaudierte kräftig. Was quer durch alle Parteien derart populär ist, könnte schon bald Gesetz werden.

      Ungern aber liefern Politiker eine Begründung, warum sie den einen Faktor für gerecht und den anderen für ungerecht halten. Wie viel mehr darf ein Vorstand verdienen, damit es gerecht zugeht? Zehnmal, hundertmal, tausendmal mehr als ein Sachbearbeiter? Einen Weg zur Antwort lieferte der amerikanische Philosoph John Rawls (1921–2002) mit seiner Gerechtigkeitstheorie, die er 1971 mit „A Theory of Justice“ vorlegte. Rawls erklärte Fairness zum zentralen Begriff der Gerechtigkeit. Fair geht es zu, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind: erstens gleiche Grundfreiheiten für alle, zweitens Chancengleichheit und das sogenannte Differenzprinzip. Damit meint Rawls, dass gesellschaftliche Ungleichheiten nur dann gerechtfertigt sind, wenn sie auch dem Mitglied der Gesellschaft, dem es am schlechtesten geht, noch nutzen. Niemand darf laut Rawls aufgrund von Eigenschaften durch den Rost fallen, für die er nichts kann, zum Beispiel Bildung, Hautfarbe, Geschlecht, aber auch Intelligenz und Talent.

      Daraus leitet Rawls ein Gedankenexperiment ab: Er versetzt die Menschen in eine gedachte Ausgangslage und verhüllt sie mit dem „Schleier des Nichtwissens“. Sie ahnen nicht, was einmal aus ihnen wird: arm oder reich, Vorstand oder Pförtner. Nun sollen sie sich darauf einigen, was für jede mögliche Lage, in die sie später geraten könnten, fair wäre. Da jeder befürchten muss, ganz unten zu landen, versucht er, den minimalen Status maximal aufzuwerten. Man spricht von der MaxiMin-Regel – aus dem Schlechtesten das Beste herauszuholen.

      So weit John Rawls. Was würden ein Vorstand und sein Sachbearbeiter unter dem Schleier des Unwissens miteinander vereinbaren? Zweifellos, dass der Sachbearbeiter genug Geld für eine Wohnung, Lebensmittel, Kleidung, Gesundheit, Reisen, Auto, Benzin, die Bildung seiner Kinder, sprich: für eine bürgerliche Existenz bekommt. Große Sprünge muss er nicht machen, aber vom Fleck wegkommen will er. Gehaltssteigerungen und Beförderungen sind Pflicht.

      Ist das geregelt, geht es um das Gehalt des Vorstands. Beide versetzen sich gedanklich nun auf die Sonnenseite. Auch hier kommt das Einverständnis schnell zustande: Wer talentiert ist und hart arbeitet, möchte natürlich möglichst viel Geld. Einen gesetzlichen Höchstlohn, egal bei welchem Faktor, würden beide als unfair empfinden. Selbstverständlich hätten sie lieber den Faktor 1000 als 100 oder 10.

      Gleichzeitig aber wünschen sich beide unter dem Schleier des Unwissens, auch als Reicher von der Gesellschaft akzeptiert zu werden, auch vom Sachbearbeiter. Man möchte keine Demonstranten vor seiner Villa. Also drückt man seinen Gehaltswunsch folgendermaßen aus: Ich hätte gern so viel Geld, wie mein Sachbearbeiter es problemlos akzeptieren kann. Wie hoch der Faktor ist, hängt also mit sozialer Akzeptanz zusammen.

      Allerdings ist diese Akzeptanz keine fixe Größe. Sie hängt ihrerseits davon ab, wie zufrieden der Sachbearbeiter mit seiner eigenen Lage ist. Bekommt er ständig Gehaltserhöhungen und wird oft befördert, gönnt er seinem Chef wohl auch den Faktor 9000. Geschieht aber nichts, oder droht ihm sogar der Abstieg, neidet er ihm vermutlich schon das zehnfache Gehalt.

      Rawls sagt in der Konsequenz also: Lasst eure Mitarbeiter profitieren, dann könnt ihr euer eigenes Gehalt steigern. Ein Gesetz kann diesen dynamischen Rückkopplungsprozess nicht regeln. Das funktioniert nur über individuelle Tarifverträge in Firmen und Branchen. Obergrenzen demotivieren nur. Auf die Fairness und Einsicht der Vorstände kommt es an – in ihrem eigenen Interesse.

      Ein wenig mehr Sachverstand, ein wenig mehr Kompetenz und etwas weniger Emotionen würden in der Beurteilung der Angemessenheit von Managergehältern und der Angemessenheit in der Finanzkrise helfen. Leider verfahren derzeit nicht wenige Menschen nach dem Motto: „Was stört mich Wissen, wenn ich doch schon eine Meinung habe.“

      Zum Schluss lassen Sie mich bitte noch Eines sagen:
      In der Bundesrepublik kann der Kapitalismus nicht machen, was er will. Unsere Ordnungspolitik lässt dies nicht zu. Ganz im Gegenteil. Nicht selten sind dem Unternehmeresel im internationalen Wettbewerb hier die Vorderläufe ordentlich zusammengebunden. Jetzt auf ihn moralisch einzudreschen, damit er schneller läuft, zeugt von fehlendem Sachverstand.

      Quelle: http://www.politik-poker.de/moral-in-wirtschaft-und…
      Avatar
      schrieb am 17.01.09 14:53:22
      Beitrag Nr. 553 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.395.328 von Maraho am 17.01.09 13:49:13Max Weber
      -
      Politik als Beruf
      Vortrag
      (1919)


      »Gesinnungsethik« versus »Verantwortungsethik«

      Da liegt der entscheidende Punkt. Wir müssen uns klarmachen, dass alles ethisch orientierte Handeln unter zwei voneinander grundverschiedenen, unaustragbar gegensätzlichen Maximen stehen kann: es kann »gesinnungsethisch« oder »verantwortungsethisch« orientiert sein. Nicht dass Gesinnungsethik mit Verantwortungslosigkeit und Verantwortungsethik mit Gesinnungslosigkeit identisch wäre. Davon ist natürlich keine Rede. Aber es ist ein abgrundtiefer Gegensatz, ob man unter der gesinnungsethischen Maxime handelt – religiös geredet: »Der Christ tut recht und stellt den Erfolg Gott anheim« –, oder unter der verantwortungsethischen: dass man für die (voraussehbaren) Folgen seines Handelns aufzukommen hat. Sie mögen einem überzeugten gesinnungsethischen Syndikalisten noch so überzeugend darlegen: dass die Folgen seines Tuns die Steigerung der Chancen der Reaktion, gesteigerte Bedrückung seiner Klasse, Hemmung ihres Aufstiegs sein werden, – und es wird auf ihn gar keinen Eindruck machen. Wenn die Folgen einer aus reiner Gesinnung fließenden Handlung üble sind, so gilt ihm nicht der Handelnde, sondern die Welt dafür verantwortlich, die Dummheit der anderen Menschen oder – der Wille des Gottes, der sie so schuf. Der Verantwortungsethiker dagegen rechnet mit eben jenen durchschnittlichen Defekten der Menschen, – er hat, wie FICHTE richtig gesagt hat, gar kein Recht, ihre Güte und Vollkommenheit vorauszusetzen, er fühlt sich nicht in der Lage, die Folgen eigenen Tuns, soweit er sie voraussehen konnte, auf andere abzuwälzen. Er wird sagen: diese Folgen werden meinem Tun zugerechnet. »Verantwortlich« fühlt sich der Gesinnungsethiker nur dafür, dass die Flamme der reinen Gesinnung, die Flamme z.B. des Protestes gegen die Ungerechtigkeit der sozialen Ordnung, nicht erlischt. Sie stets neu anzufachen, ist der Zweck seiner, vom möglichen Erfolg her beurteilt, ganz irrationalen Taten, die nur exemplarischen Wert haben können und sollen.
      Aber auch damit ist das Problem noch nicht zu Ende. Keine Ethik der Welt kommt um die Tatsache herum, dass die Erreichung »guter« Zwecke in zahlreichen Fällen daran gebunden ist, dass man sittlich bedenkliche oder mindestens gefährliche Mittel und die Möglichkeit oder auch die Wahrscheinlichkeit übler Nebenerfolge mit in den Kauf nimmt, und keine Ethik der Welt kann ergeben: wann und in welchem Umfang der ethisch gute Zweck die ethisch gefährlichen Mittel und Nebenerfolge »heiligt«.
      Für die Politik ist das entscheidende Mittel: die Gewaltsamkeit, und wie groß die Tragweite der Spannung zwischen Mittel und Zweck, ethisch angesehen, ist, mögen Sie daraus entnehmen, dass, wie jedermann weiß, sich die revolutionären Sozialisten (Zimmerwalder Richtung) schon während des Krieges9 zu dem Prinzip bekannten, welches man dahin prägnant formulieren könnte: »Wenn wir vor der Wahl stehen, entweder noch einige Jahre Krieg und dann Revolution oder jetzt Friede und keine Revolution, so wählen wir: noch einige Jahre Krieg!« Auf die weitere Frage: »Was kann diese Revolution mit sich bringen?«, würde jeder wissenschaftlich geschulte Sozialist geantwortet haben: dass von einem Übergang zu einer Wirtschaft, die man sozialistisch nennen könne in seinem Sinne, keine Rede sei, sondern dass eben wieder eine Bourgeoisiewirtschaft entstehen würde, die nur die feudalen Elemente und dynastischen Reste abgestreift haben könnte. – Für dies bescheidene Resultat also: »noch einige Jahre Krieg«! Man wird doch wohl sagen dürfen, dass man hier auch bei sehr handfest sozialistischer Überzeugung den Zweck ablehnen könne, der derartige Mittel erfordert. Beim Bolschewismus und Spartakismus, überhaupt bei jeder Art von revolutionärem Sozialismus, liegt aber die Sache genau ebenso, und es ist natürlich höchst lächerlich, wenn von dieser Seite die »Gewaltpolitiker« des alten Regimes wegen der Anwendung des gleichen Mittels sittlich verworfen werden, – so durchaus berechtigt die Ablehnung ihrer Ziele sein mag.
      Hier, an diesem Problem der Heiligung der Mittel durch den Zweck, scheint nun auch die Gesinnungsethik überhaupt scheitern zu müssen. Und in der Tat hat sie logischerweise nur die Möglichkeit: jedes Handeln, welches sittlich gefährliche Mittel anwendet, zu verwerfen. Logischerweise. In der Welt der Realitäten machen wir freilich stets erneut die Erfahrung, dass der Gesinnungsethiker plötzlich umschlägt in den chiliastischen Propheten, dass z.B. diejenigen, die soeben »Liebe gegen Gewalt« gepredigt haben, im nächsten Augenblick zur Gewalt aufrufen, – zur letzten Gewalt, die dann den Zustand der Vernichtung aller Gewaltsamkeit bringen würde, – [ebenso] wie unsere Militärs den Soldaten bei jeder Offensive sagten: es sei die letzte, sie werde den Sieg und dann den Frieden bringen. Der Gesinnungsethiker erträgt die ethische Irrationalität der Welt nicht. Er ist kosmischethischer »Rationalist«. Sie erinnern sich, jeder von Ihnen, der DOSTOJEWSKIJ kennt, der Szene mit dem Großinquisitor, wo das Problem treffend auseinandergelegt ist. Es ist nicht möglich, Gesinnungsethik und Verantwortungsethik unter einen Hut zu bringen oder ethisch zu dekretieren: welcher Zweck welches Mittel heiligen solle, wenn man diesem Prinzip überhaupt irgendwelche Konzessionen macht.

      Quelle: http://www.textlog.de/2296.html
      Avatar
      schrieb am 17.01.09 17:14:14
      Beitrag Nr. 554 ()
      Hier, zum Abschluß, noch etwas. Doch vorher:

      Vielen Dank für das Interesse und einen schönen Abend
      Maraho




      Deutsche Banken sitzen auf Giftpapieren in Milliardenhöhe

      Bundesregierung und Bankenaufsicht schlagen Alarm: SPIEGEL-Informationen zufolge ergab eine Umfrage unter den führenden deutschen Finanzkonzernen, dass die Bilanzen der Institute mit faulen Wertpapieren bis zu 300 Milliarden Euro belastet sind. Nur ein Viertel davon wurde bereits abgeschrieben.

      Hamburg - Die Finanzkrise hat die deutsche Bankenbranche fest in ihrem Griff. Den Geldkonzernen drohen weitere Verluste in Milliardenhöhe. Nach SPIEGEL-Informationen haben die Institute erst einen Bruchteil ihrer faulen Wertpapiere rund um amerikanische Hypothekendarlehen und Studentenkredite abgeschrieben.

      Das ergab eine Umfrage von Bundesbank und Bankenaufsichtsbehörde BaFin unter 20 großen Kreditinstituten, die für das Bundesfinanzministerium erstellt wurde. Befragt wurden alle Großbanken und Landesbanken.

      Danach besitzen diese Institute "toxische Wertpapiere" im Volumen von knapp unter 300 Milliarden Euro, von denen erst rund ein Viertel abgeschrieben wurde. Der Rest steht noch immer zu mittlerweile illusorischen Werten in den Büchern. Das Finanzministerium selbst geht davon aus, dass der gesamte deutsche Bankensektor Risikopapiere mit einer Summe von bis zu einer Billion Euro in den Büchern führt.

      Regierungsexperten rechnen daher mit einem erheblichen Wertberichtigungsbedarf, der zu weiteren hohen Verlusten bei den Banken führen dürfte. Das wiederum bedeutet, dass schon bald noch mehr Institute auf staatliche Kapitalspritzen angewiesen sein könnten.

      Erst kürzlich hatte sich die Commerzbank unter den Schutzschirm begeben. Der Bund hält nun eine Sperrminorität an dem Institut. Auch die Landesbank LBBW hat weiteren Kapitalbedarf angekündigt. Zudem wird in der Branche über weitere Hilfen für den angeschlagenen Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate spekuliert.

      Deutsche Bank beendet Eigenhandel

      Mitte der Woche hatte die Deutsche Bank Milliardenverluste für das abgelaufene Quartal angekündigt. Für das Gesamtjahr geht das größte deutsche Geldinstitut von einem Verlust von etwa 3,9 Milliarden Euro aus. Gleichzeitig musste Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann die Deutsche Post - und damit indirekt den Staat - als Großaktionär ins Boot holen, um den Kauf der Postbank noch einigermaßen kapitalschonend stemmen zu können.

      Die Deutsche Bank bereitet weitere Einschnitte vor. Nach hohen Verlusten von rund 1,5 Milliarden Euro hat der Vorstand nach SPIEGEL-Informationen entschieden, in der aktuellen Situation ganz aus dem Eigenhandel mit Wertpapieren auszusteigen.

      Noch in der zweiten Jahreshälfte 2008 durften ein paar hundert Händler mit dem Kapital der Bank einem zweistelligen Milliardenbetrag auf die künftige Entwicklung von Aktienkursen oder Kreditderivaten setzen. Damit ist nun Schluss. "Die Risiken sind einfach nicht mehr vertretbar", sagt ein mit der Situation vertrauter Manager.

      Im Eigenhandel mit Aktien sind schon die meisten Risiken beseitigt. Doch bei Kreditderivaten verzögert sich der Ausstieg, weil die Kontrakte teilweise erst in einigen Jahren abgewickelt werden können.

      Keine Chance für Bad Bank

      Angesichts des hohen Abschreibungsbedarfs hält es Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) für unverantwortlich, dass der Staat die Papiere in einer sogenannten Bad Bank übernimmt. "Das würde im schlimmsten Fall dazu führen, dass sich die Bundesschuld mehr als verdoppelt", rechtfertigt ein Mitarbeiter Steinbrücks die Ablehnung gegenüber dem SPIEGEL. Derzeit hat der Bund Schulden von fast einer Billion Euro.

      Bankenvertreter fordern schon seit längerem die Einrichtung einer Bad Bank, also einer Art staatlichen Mülldeponie für faule Kredite. Ohne die Maßnahme könne der Kreditfluss nicht wieder in Gang kommen, argumentieren sie.

      Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,601800,00.html …
      Avatar
      schrieb am 17.01.09 20:34:08
      Beitrag Nr. 555 ()
      Samstag, 17. Januar 2009

      Kein Wirtschaftswunder
      Obama dämpft Euphorie

      Wenige Tage vor seinem Amtsantritt hat der neue US-Präsident Barack Obama Hoffnungen auf ein schnelles Ende der Finanz- und Wirtschaftskrise gedämpft. Trotz seines geplanten Konjunkturprogramms mit einem Umfang von Hunderten Mrd. Dollar werde es keine Erholung über Nacht geben, sagte Obama beim Besuch einer Fabrik in Ohio. "Trotz der Maßnahmen, die wir ergreifen, könnte sich die Situation zunächst noch verschlechtern, bevor sie besser wird. Das sollte allen bewusst sein."

      Seine Regierung müsse vor allem dafür sorgen, dass sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt bessere und die Wirtschaft wieder in Fahrt komme, sagte Obama, der am Dienstag sein Amt im Weißen Haus antritt. "Es ist noch nicht zu spät für einen Kurswechsel - aber nur, wenn wir so schnell wie möglich tiefgreifende Maßnahmen einleiten." Ohne die geplanten Multi-Milliarden-Hilfen drohe das Land seine starke Stellung in der Weltwirtschaft zu verlieren. "Wirtschaftswissenschaftler aller politischen Richtungen sagen uns, dass sich diese Rezession jahrelang hinziehen könnte, wenn wir nichts unternehmen und unseren derzeitigen Kurs fortsetzen", warnte Obama.

      "Bad Bank" für die Finanzbranche

      Einem Zeitungsbericht zufolge will die US-Regierung angesichts der hartnäckigen Finanzkrise ihre Hilfen für die Finanzbranche ausweiten. Finanzministerium, Notenbank und die Behörde zur Einlagensicherung berieten mit Mitgliedern der künftigen Regierung von Barack Obama eine Reihe von Optionen, berichtete das "Wall Street Journal".

      Dazu zähle auch die Schaffung einer staatlichen, mit Steuergeldern finanzierten "Bad Bank" zum Aufkauf fauler Kreditpapiere, die derzeit noch die Bilanzen der Banken und damit das Finanzsystem schwer belasten. Als eine andere Möglichkeit werde ein breiterer Einsatz staatlicher Garantien für faule Anlagen von Geldhäusern diskutiert. Dieses Instrument setzte die US-Regierung bereits bei der Rettung der Großbanken Citigroup und Bank of America ein.

      US-Finanzminister Henry Paulson hatte am Freitag selbst betont, dass die Regierung weiterhin daran interessiert sei beizutragen, dass die Finanzbranche notleidende Vermögenswerte los wird. Dazu brachte er auch eine "Sammelbank" ins Gespräch, die solche Papiere aufkaufe und zunächst verwahre. Auch US-Notenbankchef Ben Bernanke hatte unlängst ebenfalls auf einen "umfassenden Plan" gedrängt, der das Problem schwer verkäuflicher Vermögenswerte angehe.

      Das 700 Mrd. Dollar schwere Rettungspaket der US-Regierung für die Finanzbranche war ursprünglich dazu entworfen worden, die Bilanzen der Banken von faulen Kreditpapieren zu befreien. Davon war Finanzminister Paulson aber bald abgerückt und hatte sich stattdessen für direkte Kapitalspritzen an Banken entschieden.


      Adresse:
      http://www.n-tv.de/1086945.html
      Avatar
      schrieb am 17.01.09 20:47:33
      Beitrag Nr. 556 ()
      #552

      Ja, ich habe mir diesen endlos langen Artikel tatsächlich angetan.:o ;)

      Tja, wie objektiv mag der Schreiber sein... Ich war mir hier nicht ganz sicher, wie er einzuschätzen ist. Aber es ist schon gut und richtig, das Thema "Manager-Gehälter" mal von einer anderen Warte aus zu beleuchten - unter dem des Steueraspektes etwa. Bei der Diskussion um den Spitzensteuersatz gibt es ja auch das Argument, dass die Top-Leute auswandern würden, wenn man sie zu stark beschneidet.

      Bemerkenswert fand ich ja die Story um Lafontaine und die KfW.:cool:

      >Minister Steinbrück hat öffentlich zugegeben, dass er für die KfW keinen erfahrenen Banker findet, der für „wenig Geld“ die Bank aus der Krise heraus führen kann. Unter seiner Aufsicht wurde dem neuen Mann an der Spitze ein Gehalt von € 850.000,00 pro Jahr zugestanden. Jetzt will die Politik aufgrund der Finanzkrise endlich die Gehälter der Vorstände der Banken, die das Rettungspaket in Anspruch nehmen, auf 500.000 Euro begrenzen. Derzeit sind in der Privatwirtschaft die Millionen-Gehälter (noch) eine Sache der Aktionäre, DIE verzichten auf Dividenden-Gewinne oder Kurssteigerungen, wenn sie zu hohe Boni vereinbaren. Der Steuerzahler zahlt hier nicht mit, er verdient nur mit, denn die Gehälter der Vorstände werden mit dem höchsten Steuersatz besteuert.

      Es gibt sicher genug Menschen in unserem Lande, die die Korrektur der maßlosen Übertreibungen bei den Managergehältern als sehr angemessen empfinden. Mancher kann sie durchaus mit Genugtuung aufnehmen. Zu groß aber sollte die Genugtuung nicht sein, denn sie hat auch andere, sonst selten aufgezeigten Seiten.

      Die populistische Linke zum Beispiel ignoriert diese vorsätzlich - und triumphiert mit deutlichen Steigerungsraten bei der Wählerschaft. Deshalb sollte an dieser Stelle einmal daran erinnert werden, dass noch kein Politiker je für sein Versagen im Staats-, Länder- oder Kommunalhaushalt finanziell herangezogen wurde. Und dass kein einziger von ihnen auf einen Euro seiner Bezüge verzichtet hat - schon gar nicht der äußerst abgesichert lebende "Linke"-Chef Oskar Lafontaine, obwohl auch er Aufsichtsrat der KfW war und noch ist.

      Dass Lafontaines Zähl-Kandidat für die nächstjährige Bundespräsidentenwahl, Peter Sodann "Ackermann verhaften würde, wenn ich könnte", zeigt, wie tief hier das Niveau der Diskussion ist.<

      Grüße und ein schönes WE
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 05:59:32
      !
      Dieser Beitrag wurde vom System automatisch gesperrt. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an feedback@wallstreet-online.de
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 06:08:02
      Beitrag Nr. 558 ()
      Der erste Umweltwirtschaftsbericht
      Die Ökobranchen bleiben Jobmotor

      1,8 Millionen Arbeitsplätze gibt es im Umweltsektor. Vor allem erneuerbare Energien wachsen. Beim Konjunkturpaket jedoch wurde die Chance verpasst, diesen Bereich zu stärken.
      VON MALTE KREUTZFELDT


      BERLIN taz Persönlich präsentieren konnte der Umweltminister die guten Nachrichten am Freitag nicht - Sigmar Gabriel liegt mit Rückenbeschwerden im Krankenhaus. Doch zumindest schriftlich - im ersten "Umweltwirtschaftsbericht" - verkündete Gabriel Gutes: "Die Märkte der Zukunft sind grün." Auf 168 Seiten haben Umweltministerium und Umweltbundesamt Zahlen und Statistiken über die wirtschaftliche Bedeutung des Umweltschutzes zusammengetragen. Und die belegen das ungebrochene Wachstum: Die Ökobranche hat sich zum Jobmotor entwickelt.

      Fast 1,8 Millionen Menschen arbeiteten im Jahr 2006 in der Branche - das entspricht 4,5 Prozent aller ArbeitnehmerInnen. Auch die Produktion von Umweltschutzprodukten stieg gewaltig an - von 2005 bis 2007 um 27 Prozent. Inzwischen entfallen 5 Prozent der deutschen Industrieproduktion auf Umweltgüter. 60 Prozent des Umsatzes werden von mittelständischen Unternehmen erwirtschaftet.

      "Umwelt und Wirtschaft sind kein Gegensatz", kommentierte der Präsident des Umweltbundesamtes, Andreas Troge. Wichtigste Auslöser des Wachstums waren dem Bericht zufolge neben den Zuwächsen bei umweltorientierten Dienstleistungen und dem wachsenden Export von Umweltschutzgütern wie etwa Deponietechnologie, Filtertechnik oder Wasseraufbereitung vor allem die erneuerbaren Energien. Hier hält Deutschland Weltmarktanteile von 15 Prozent bei Pelletheizungen bis zu 65 Prozent bei Biogasanlagen. Bis 2030 könnten durch Klima-Investitionen weitere 900.000 Jobs entstehen, heißt es.

      Auch der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) hält an seinen Wachstumsprognosen - einer Verdopplung der Beschäftigten bis zum Jahr 2020 - fest. An den jüngsten politischen Entscheidungen übt der Verband allerdings Kritik. "Beim Konjunkturpaket hat die Politik die Chance nicht genutzt, noch stärker in Richtung erneuerbare Energien umzusteuern", sagte BEE-Sprecher Daniel Kluge. "Davon hätten Wirtschaft und Klima gleichermaßen profitiert." So wurde bei den geförderten Sanierungen der Einsatz von Ökoheizungen nicht zur Pflicht erhoben. Auch vermisst der Verband den verstärkten Ausbau der Stromnetze, der Voraussetzung für vermehrte Nutzung von Windstrom ist.

      Unterdessen ist der Anteil der erneuerbaren Energien in Deutschland weiter gestiegen. Aktuellen BEE-Angaben zufolge wurden im vergangenen Jahr 15,3 Prozent des Stroms regenerativ erzeugt; 2007 lag der Wert noch bei 14,5 Prozent. Auch bei der Wärmeproduktion legten Erneuerbare zu. Biokraftstoffe verzeichneten hingegen einen Rückgang von 7,6 auf 5,9 Prozent.

      Eher versteckt findet sich zwischen den positiven Zahlen im Umweltwirtschaftsbericht auch eine schlechte Nachricht: Das Klimaschutzpaket, auf das sich die Regierung in Meseberg geeinigt hatte, wird neuen Berechnungen zufolge den deutschen CO2-Ausstoß weniger stark reduzieren als zuvor angegeben: Im Vergleich zu 1990 sinkt er bis 2020 nicht um 36, sondern nur um 34 Prozent. Ursprünglich hatte Gabriel 40 Prozent zugesagt.

      Quelle: http://www.taz.de/1/zukunft/wirtschaft/artikel/1/die-oekobr…
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 06:11:51
      Beitrag Nr. 559 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.395.128 von Maraho am 17.01.09 12:48:17GEW warnt vor Lehrermangel

      Berlin (dpa) - Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft hat vor wachsenden Problemen an den Schulen gewarnt. In Deutschland drohe ein eklatanter Lehrermangel, sagte GEW-Verhandlungsführerin Ilse Schaad der dpa in Berlin. In Einzelfällen zahlten die Arbeitgeber in Mangelfächern bereits Zuschläge, um Nachwuchs zu bekommen. Morgen beginnen die Tarifverhandlungen für die rund 700 000 Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder. Die Gewerkschaften fordern acht Prozent mehr Geld.

      © Die Welt
      erschienen am 18.01.2009 um 05:50 Uhr
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 06:26:55
      Beitrag Nr. 560 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.373.816 von Maraho am 14.01.09 17:14:20Steinbrück zur Wirtschaftskrise
      „Manchmal muss man Feuer mit Feuer bekämpfen“



      17. Januar 2009 Peer Steinbrück über die Dynamik der Krise, gewaltige Rettungspakete und seine Angst, damit alles schlimmer zu machen: der Finanzminister im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

      Herr Minister, wann genau ist Ihnen bewusst geworden, dass sich die Welt in einer Finanzkrise befindet, die anders ist als alles, was Sie bisher kannten?

      Es gab einen Moment, in dem mir das schlagartig klar wurde. Ich erinnere mich noch genau an ein abendliches Telefongespräch mit meinem amerikanischen Kollegen Henry Paulson im September. Lehman Brothers war bereits zusammengebrochen. Wir sprachen über die Schieflage des amerikanischen Versicherungskonzerns AIG, seine Bedeutung für den globalen Finanzmarkt und die Erschütterungsdynamik, die von einer möglichen weiteren Insolvenz ausgehen würde. Es ging konkret um die Frage, ob die amerikanische Regierung den Konzern retten oder ebenfalls pleitegehen lassen wird. In meinen Augen wäre das der GAU gewesen, der Zusammenbruch der Finanzmärkte. An jenem Abend war mir schlagartig klar, dass wir vor einer nie da gewesenen Systemkrise stehen.

      Was lief daraufhin in Ihnen ab?

      In diesem konkreten Moment, während des Gesprächs, habe ich überlegt, wie ich meinem amerikanischen Kollegen seine enorme Verantwortung für das Finanzsystem und die Weltwirtschaft ohne Banalitäten vermitteln kann. Würde er auch diesen zweiten großen Träger der amerikanischen Finanzindustrie fallen lassen, hätte das weltweit verheerende Auswirkungen. Am Ende ist es nicht dazu gekommen. Die Amerikaner haben AIG vor dem Untergang bewahrt und damit die Finanzmärkte vor dem Zusammenbruch.

      Seitdem sind Sie im permanenten internationalen Krisen-Einsatz.

      Ja. In meinem Handy sind die Nummern vieler meiner internationalen Kollegen gespeichert. Der Draht ist sehr kurz, die Kontaktaufnahme sehr direkt. Die internationale Vernetzung der Märkte und das hohe Tempo, in dem Informationen um den Globus jagen, haben auch die Kommunikation unter den Finanzministern geprägt.

      Die Finanzkrise hat eine ungeheure Dynamik. Sie müssen versuchen, sie zu bewältigen, während sich die Umstände permanent verändern . . .

      . . . und genau das macht es so schwierig. In der Anfangsphase der Krise habe ich – wie viele andere – noch gedacht, dass wir in Deutschland Lösungen für Einzelfälle brauchen. Die Krise der IKB als Einzelfall, die Krise von Hypo Real Estate als Einzelfall. Aber während Sie neue Lösungen entwickeln, lernen Sie permanent dazu. Wenige Tage nach dem gescheiterten ersten Rettungsversuch für die Hypo Real Estate wurde allen deutlich, dass hier eine systemische Antwort gegeben werden muss, weil es sich um eine Krise des Finanzsystems auch in Deutschland handelt. Und diese Antwort ist dann mit dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz . . .

      Dass es so schlimm kommen könnte, haben Sie nicht geahnt?

      Natürlich nicht. Da würde ich mich jetzt ja als sehr naseweis darstellen. Ich habe die Dramatik noch nicht einmal ermessen können, als das Thema mit den Problemen der IKB Ende Juli 2007 erstmals in Deutschland durchbrach.

      Die Ursachen der Krise sind klar. Aber warum kam es zu dieser internationalen Kettenreaktion? Ist das ein Naturgesetz globalisierter Märkte?

      Wir haben es heute mit einem Ausmaß an Vernetzung zu tun, das klarmacht: Wenn eine systemrelevante Bank fällt, wird das gesamte System berührt – sie können die Probleme nicht mehr eingrenzen. Das ist die Situation. Ausgerechnet in diesem Bereich, der sich in den vergangenen Jahren am dynamischsten entwickelt hat, gibt es noch keine international verbindlichen Verkehrsregeln. Sie können jeden Tag neue Finanzmarktprodukte auf den Markt werfen, bei denen Manager die Risiken nicht mehr überblicken.

      Warum haben die Akteure alle Warnsignale ignoriert?

      Wegen der Gier nach Marge. 10 Prozent Profit reichten nicht, es mussten 15 sein. Und wenn ein berühmter Vorstandsvorsitzender dann sagt, es müssten 25 Prozent sein, dann ist die ganze Runde noch heißer geworden. Vor allem diejenigen, die mit einem Engagement in diese Finanzprodukte ihre mangelhaften Geschäftsmodelle verdrängen wollten. Alles schien möglich, der Himmel nach oben offen. Die Frage wird sein, ob sich die Renditeerwartungen der Finanzindustrie denen der Realwirtschaft wieder annähern, nachdem sie in den vergangenen Jahren völlig auseinandergelaufen sind. Ich halte das für unbedingt notwendig.

      Jetzt muss der Geldkreislauf erst einmal wieder in Schwung kommen. Stattdessen aber tauchen immer neue Finanzlöcher auf. Wenn man sieht, wie viel die Banken abschreiben müssen, fragt man sich, ob der Schirm nicht zu klein ist.

      Diese Frage ist für einen Finanzminister politisches Dynamit. Keiner kann das heute sagen. Aber der Rettungsschirm wirkt inzwischen. Bei den Bürgschaften sind 100 von 400 Milliarden Euro abgerufen und bei den Hilfen zur Stärkung des Eigenkapitals 18 von 80 Milliarden Euro. Es gibt also noch Spielraum.

      Zumal ja auch die Forderung nach einer „Bad Bank“ im Raum steht – einer Bank, die den Finanzinstituten die schlechten Forderungen abnimmt.

      Eine solche bundeseigene „Bad Bank“ lehne ich ab. Ich kann sie mir ökonomisch und vor allem politisch nicht vorstellen. Ganz ehrlich: Das Interesse, das hinter dieser Forderung steht, ist doch durchsichtig.

      Das müssen Sie erklären!

      Genau jene, die das fordern, haben gleichzeitig kundgetan, dass sie den Rettungsschirm nicht in Anspruch nehmen wollen. Sie versuchen lieber, über eine globale „Bad Bank“ ihre Bilanzen zu entlasten. So eine „Bad Bank“ müsste aber mindestens mit einem Kapital von 150 oder gar 200 Milliarden unterlegt sein, das nach Lage öffentliches, also Steuerzahlergeld sein soll. Wie soll ich mit einem solchen Vorschlag vor den Deutschen Bundestag treten? Das Publikum würde uns für verrückt erklären.

      Es mehren sich aber die Stimmen, die sagen, es müsse mehr getan werden.

      Dieselben Leute, die anfangs gezweifelt haben, ob der Banken-Rettungsschirm wirkt, fragen heute, ob er denn überhaupt ausreicht. Und genau dieselben Leute, die mir im November die Bude eingerannt oder sich öffentlich überschlagen haben mit der Forderung nach einem 100-Milliarden-Euro-Konjunkturprogramm einschließlich Steuersenkungen von spielend 25 Milliarden Euro, warnen heute laut vor neuen Schulden. Da braucht man als Finanzminister schon Humor und ein gutes Nervenkostüm.

      Wäre die Entwicklung ebenso dramatisch, wenn wir nicht das amerikanische Bilanzsystem übernommen hätten, das Vermögen zeitnah zum aktuellen Wert bewertet?

      Nein, mit dem alten Bilanzierungsregeln nach dem Handelsgesetzbuch, mit einer vorsichtigen Bewertung von Vermögen zum niedrigsten Wert, sähe es wohl nicht so schlimm aus . . .

      . . . weil dann nicht immer wieder neuer Abwertungsbedarf entsteht?

      Richtig. Die internationalen Bilanzregeln wirken prozyklisch. Sie verschärfen Krisen. Das aber ist wohl nicht mehr zurückzudrehen. Die internationale Bereitschaft, sich davon abzuwenden, sehe ich nicht. Unsere alten Regeln bekommen wir nicht mehr zurückgeholt, nicht zuletzt, weil uns die Märkte Manipulation und Trickserei vorwerfen würden.

      Woran halten Sie sich in der Krise? Wer berät Sie?

      Wir haben eine Krise, in der sich drei Situationen überlagern. Erstens gibt es eine tiefgreifende Strukturkrise der Finanzindustrie, die schon eine historische Dimension hat. Zweitens haben wir eine weltweite Rezession und drittens eine Strukturkrise einer der Leitindustrien, nämlich der Automobilindustrie. Dafür gibt es keine Blaupause als politische Handlungsanweisung. Und – ich sage es ganz offen – die Wirtschaftswissenschaftler haben keine verlässlichen Empfehlungen für uns. Sie sind nicht minder vielstimmig und vor allem angelegt auf öffentliche Selbstdarstellung wie die Politik auch.

      Woran orientieren Sie sich dann?

      In solchen Krisen hilft nur ein eigener Kompass. Mir ist klar: Der Staat ist jetzt in der Pflicht. Er ist zum antizyklischen Handeln gezwungen und kann nicht einfach auf die selbstreinigende Wirkung der Krise setzen. Ich habe mir das mit diesem Bild deutlich gemacht: Wenn du die Tür auf Dauer zuhältst, wird sie dir eingetreten. Die Frage, vor der ich stand, war, wie weit ich die Tür öffne, ohne dass es zu einem Durchzug kommt.

      Und wie weit öffnen Sie die Tür?

      Wenn wir handeln, dann muss dieses Handeln erstens eine Investition in die Zukunft sein, denn wir setzen ja auch Geld ein, das wir erst in Zukunft zurückzahlen können. Wir dürfen also mit den Konjunkturprogrammen nicht kurzfristig Geld verbrennen. Zweitens: Wir müssen den Arbeitsmarkt stabilisieren. Es ist besser, zu qualifizieren als zu entlassen. Und drittens: Wir müssen die Nachfrage stärken, aber bitte konjunkturorientiert und nicht verteilungspolitisch, weil man jetzt unbedingt eine Steuerreform haben möchte. Viertens: Wir müssen den Automobilbau als Leitindustrie stützen. Fünftens, und das ist mir sehr wichtig: Wir brauchen einen Bremsklotz gegen die Verschuldung, damit die Bevölkerung merkt, die meinen es wirklich ernst, nach einem solchen Konjunktureinbruch zur Konsolidierungspolitik zurückzukehren. Wenn Sie so wollen, dann sind diese fünf Punkte mein Kompass.

      Warum ist Ihnen die Schuldenbremse so wichtig?

      Ich befürchte, dass wir mit einer kreditfinanzierten Wachstumspolitik dieses Ausmaßes möglicherweise die nächste Krise vorprogrammieren. Dieses Problem beschäftigt mich sehr. Einige räsonieren über die Gefahr einer Deflation. Eine weitergehende Frage ist: Welche Inflation haben wir weltweit mittelfristig zu erwarten? Wir können die Menschen durch die Konjunkturprogramme nicht vor der Rezession bewahren, wir können aber die Auswirkungen mildern. Mit der Therapie, zu der wir gezwungen sind, bereiten wir aber möglicherweise die nächste Infektion vor.

      Warum?

      Das, was wir jetzt haben, ist die Folge einer Kreditblase, und wir bekämpfen sie jetzt mit denselben Mitteln. Manchmal muss man Feuer mit Feuer bekämpfen – aber man muss sich über die Folgen bewusst sein. Deswegen sind eine Verschärfung der Schuldenregel im Grundgesetz für die Zeit danach und ein fest vereinbarter Tilgungsfonds zwei Prellböcke, damit die Verschuldung nicht ausufert und die nächste Krise auf den Weg gebracht wird. Dem Fluchtreflex der Politik in die Verschuldung muss eine disziplinierende Norm entgegengesetzt werden.

      Das Gespräch führten Carsten Germis und Inge Kloepfer

      Text: F.A.Z.
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 06:44:27
      Beitrag Nr. 561 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.396.572 von kevine1 am 17.01.09 20:47:33Die "Kämpfer für den kleinen Mann" und das liebe Geld (nicht daß die anderen besser wären), aber wer weiß das heute noch...


      Die dunklen Geschäfte von "König Albert"
      Vor 25 Jahren machte der "Spiegel" den Neue-Heimat-Skandal öffentlich
      Von Martin Hartwig

      Die Nachkriegsgeschichte der Gewerkschaften in Deutschland war bis zum Ende der 70er Jahre eine Erfolgsstory. Die Zahl der Mitglieder stieg von Jahr zu Jahr, Gewerkschaftsvertreter saßen in den Entscheidungsgremien der großen Konzerne, und in der Gemeinwirtschaft waren der DGB und seine Mitglieder selbst in beträchtlichem Umfang als Unternehmer aktiv. Der Skandal um den gewerkschaftseigenen Wohnungsbaukonzern Neue Heimat bereitete dem ein Ende.


      "Die Kernkompetenz der Beteiligungen der BGAG liegt in gewerkschaftsnahen Dienstleistungen, vor allem in der Publikation und im Vertrieb von Fachbüchern im Arbeits- und Sozialrecht, sowie Fachinformationen für Betriebs- und Personalräte."

      So heißt es in der aktuellen Selbstdarstellung der Beteiligungsgesellschaft der Gewerkschaften (BGAG). Das Unternehmen ist klein und bescheiden geworden. Dabei war es einmal ein Riese mit Milliardenumsätzen. 1982, da hieß die BGAG noch Beteiligungsgesellschaft für Gemeinwirtschaft, waren unter ihrem Dach 35 Großunternehmen organisiert, darunter einige von internationalem Rang. Heute treten der DGB und seine Gewerkschaften kaum noch als Unternehmer auf. Der Rückzug aus der Gemeinwirtschaft begann 1982, nach dem eines ihrer Flagschiffe, die Neue Heimat, in die Schlagzeilen geraten war.

      "Es waren Informationen über Privatgeschäfte der Vorstandsmitglieder in einem Ausmaß, das man sich gar nicht mehr vorstellen kann, bei einem Unternehmen, das mit einem Heiligenschein eigentlich lebte, die Gewerkschaftsunternehmen, die es ja alle nicht mehr gibt in Folge dieses Skandals, haben immer geglaubt, dass sie bessere Unternehmen seien als andere."

      John Siegfried Mehnert war bis 1980 Pressesprecher der Neuen Heimat, dem damals größten Immobilienunternehmen Europas. Allein in Deutschland verwaltete der Konzern 420.000 Wohnungen, von denen er mehr als drei Viertel selbst besaß. Mit insgesamt 60 Tochterunternehmen engagierte sich die Neue Heimat in allen Bereichen des Immobilengeschäftes, national und international. Der Stein kam ins Rollen, als der gekündigte Pressesprecher Mehnert dem "Spiegel" Dokumente über die Machenschaften des Vorstandes weiterleitete. Am 8. Februar 1982 titelte das Blatt:

      "Neue Heimat - Die dunklen Geschäfte von Vietor und Genossen"

      Auf 14 Seiten wurde detailliert von den Nebengeschäften des Vorstandes der Neuen Heimat berichtet. Im Zentrum stand "König Albert" - so wurde der Vorsitzende der Neuen Heimat, Albert Vietor, von seinen Mitarbeitern ehrfürchtig genannt. Dessen mondäner Lebensstil hatte in der Öffentlichkeit und unter Gewerkschaftern, deren Vertreter Vietor ja sein sollte, schon öfter für Irritationen gesorgt. Als bekannt wurde, mit welchen Mitteln Vietor und seine Komplizen im Neue-Heimat-Vorstand zu ihrem Wohlstand gekommen waren, schlugen die Wellen der Empörung hoch.

      "Das ist doch eine Schweinerei, die können da doch nicht mit unserem Geld rumaasen, die Gewerkschaften, dann brauch ich auch keine Beiträge bezahlen."

      Vor allem die Systematik des Betruges erregte die Öffentlichkeit. Der "Spiegel" berichtete von einer Firma, die nur zu dem Zweck gegründet worden war, Häuser billig aufzukaufen und teuer an die Neue Heimat weiterzuverkaufen. Unsichtbare Hintermänner waren vier Herren aus der Führungsebene der Neuen Heimat. Auch beim laufenden Betrieb verdienten die Manager mit. So standen hinter der Firma Tele-Term, die Tausende von Neue-Heimat-Häusern mit überteuerter Fernwärme versorgte, wiederum Vietor und andere Führungskräfte. Selbst bei den Hausantennen wurde über eine Tarnfirma Extrakasse gemacht. Der "Spiegel" bemerkte dazu süffisant:

      "In Europas größtem Wohnungsbaukonzern kümmerte sich die halbe Vorstandsmannschaft um die Installation und Wartung von Antennen."

      Obwohl der DGB sofort handelte und die Verantwortlichen entließ, war der moralische Schaden immens. Der Artikel vom 8. Februar 1982 war erst der Auftakt einer ganzen Reihe von Enthüllungen über die Neue Heimat. Allein der "Spiegel "widmete dem Konzern im Lauf der nächsten Jahre sechs Titelgeschichten. Sie alle handelten vom Abstieg des einst größten Immobilienunternehmens Europas. Der Grund dafür war nicht der Neue-Heimat-Skandal, auch wenn er der Anfang vom Ende war. Ein wirtschaftlich gesundes Unternehmen hätte das wohl überstanden. Die Ursache für den Niedergang war die maßlose Expansion des Unternehmens in den 70er Jahren mitten in die erste Nachkriegsflaute des Wohnungsmarktes hinein. Bereits 1982 machte die Neue Heimat 700.000 Millionen Mark Verlust, und die Skandale weckten in der Öffentlichkeit und in der Politik wenig Bereitschaft, dem angeschlagenen Unternehmen zu helfen. Heinz Oskar Vetter, sowohl Vorsitzender des DGB als auch des Aufsichtsrates der Neuen Heimat, erklärte trotzig.

      "Wir sind Manns genug, um mit den Missständen in unseren eigenen Reihen selbst fertig zu werden, und wenn die uns trotz aller Kontrolle verborgen bleiben, die Presse sie aber aufdeckt, dann hat sie nur ihre Schuld erfüllt, aber liebe Freunde: Wir sind nicht die Hampelmänner, die nach jeder Verdächtigung in jedem x-beliebigen Blatt in selbstzerstörerische Zuckungen verfallen."

      Tatsächlich geschah jedoch genau das, denn bei dem misslungenen Versuch, die Neue Heimat zu retten, verkauften die Gewerkschaften fast ihr komplettes Tafelsilber und legten den Grundstein für das nächste Desaster, das als Coop-Skandal dann Ende der 80er Jahre Schlagzeilen machte.

      Quelle: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/kalenderblatt/590650…
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 06:49:25
      Beitrag Nr. 562 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.397.108 von Maraho am 18.01.09 06:44:27Missmanagement bei Coop
      Das fast perfekte Verbrechen

      Der Niedergang des Handelsunternehmens Ende der achtziger Jahre entpuppte sich als größter Wirtschaftskrimi der deutschen Nachkriegsgeschichte. Hauptdarsteller: Bernd Otto.


      Hamburg - Als Bernd Otto im Juni 1993 vom Schwurgericht Frankfurt zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt wurde, war der Coop-Fall juristisch noch nicht abgeschlossen. Für den Missmanager war es hingegen der Abschied von der großen Bühne.

      Er war nicht der Alleinschuldige in dem Gaunerstück um die Coop, das vom Regisseur Heinrich Breloer unter dem Titel "Kollege Otto - Die Coop-Affäre" Anfang der neunziger Jahre verfilmt wurde.

      Otto war aber ohne Frage der bekannteste Protagonist. Gemeinsam mit seinen Vorstandskollegen Dieter Hoffmann und Werner Casper - dem mutmaßlichen Drahtzieher - hatte er den in der deutschen Wirtschaftsgeschichte bisher einmaligen Versuch unternommen, sich einen ganzen Konzern in der Größenordnung der Coop (50.000 Beschäftigte, zwölf Milliarden Mark Umsatz) unter den Nagel zu reißen. Begünstigt durch Fehler in der Konzernkonstruktion, die Gutgläubigkeit der Banken, den Beistand von Gewerkschaftsfunktionären und die mangelhaften Kontrolle des Aufsichtsrats.

      Zielstrebig Karriere gemacht

      Ottos Aufstieg war eindrucksvoll. Vom Färbergesellen arbeitete er sich zum Chef eines der damals größten Handelsunternehmen Deutschlands hoch und zählte zu den bestbezahlten Managern. 1966 trat er in die Dienste des Deutschen Gewerkschafts-Bundes (DGB) ein. 1974 wechselte der 1940 in Wuppertal geborene Otto zum Coop-Konzern nach Frankfurt und trat die Stelle eines Arbeitsdirektors an. Das Unternehmen war kurz zuvor aus mehr als hundert maroden regionalen Konsumgesellschaften geschaffen worden. Ab 1980 hatte Otto als Vorstandschef das Sagen.

      Zu dieser Zeit hätten die Coop-Vorstände begonnen, sämtliche Coop-Aktien "ihrem eigenen Vermögen einzuverleiben", hieß es in der Frankfurter Anklageschrift.

      Coop kauft sich selbst

      Das Trio nutzte die verworrenen Eigentumsverhältnisse der Handelsfirma. Um ihre wahre Beteiligung an dem angeschlagenen Unternehmen zu verschleiern, hatten die Gewerkschaften lange Zeit die Aktien der Coop AG zum Teil bei Briefkastenfirmen mit Namen wie Skandinavia oder Gesellschaft für Handelsbeteiligungen geparkt.

      Die Gewerkschaften gerieten Mitte der Achtziger allerdings durch den Skandal um die Neue Heimat in finanzielle Schwierigkeiten. Sie wollten deshalb das wirtschaftliche Risiko bei der Coop reduzieren, ohne jedoch Einfluss zu verlieren.

      Mittels komplizierter Treuhand-Verträge übertrug die Gewerkschaftsholding BGAG, damals von Alfons Lappas geführt, Stück für Stück die Verfügungsgewalt über die Briefkastenfirmen auf die Coop selbst.

      Konzern der Kontrolle entzogen

      Das Vorstandstrio um Bernd Otto sah seine Chance zum "großen Ding". Geschickt entzogen sie den Konzern der Kontrolle. Heimlich wurde ein Parallelkonzern im Ausland aufgebaut, über Stiftungen in der Schweiz und in Liechtenstein flossen Gelder in unbekannte Kanäle. Helfer war der Liechtensteiner Treuhänder Ronald Kranz.

      Erste Anzeichen, dass im Konzern einiges nicht stimmt, gab es beim Börsengang 1987. Die DG Bank lehnte es ab, das Unternehmen an die Börse zu bringen. Absagen erhielt Otto auch von der Commerzbank und der Deutschen Bank. Erst die Schweizerische Bankgesellschaft - gerade neu auf dem deutschen Markt - erklärte sich bereit, Konsortialführerin zu werden.

      Fristlos gefeuert

      Die Pläne des Gaunertrios flogen ein Jahr nach dem Börsengang auf. Der SPIEGEL berichtete im Oktober 1988 über undurchsichtige Vermögensverschiebungen und bilanztechnische Manipulationen. Das Unternehmen sei künstlich aufgebläht und hoffnungslos überschuldet.

      Otto und Kumpanen gerieten in Bedrängnis. Der Chef verzichtete im November 1988 auf die Verlängerung seines Ende 1989 auslaufenden Vertrages. Noch im gleichen Monat folgte seine Beurlaubung, nachdem eine Verschuldung von fünf Milliarden Mark bekannt worden war und Banken die Kreditlinien gekündigt hatten. Im Dezember wurde der gesamte Vorstand fristlos gefeuert.

      Otto auf der Flucht

      Otto entschwand nach Südafrika, kehrte im Dezember 1989 aber freiwillig nach Deutschland zurück und wurde noch auf dem Frankfurter Flughafen verhaftet. Nach zwei Jahren Untersuchungshaft wurde er gegen eine Kaution von 500.000 Mark wieder auf freien Fuß gesetzt.

      Im Februar 1992 begann der größte Wirtschaftsprozess in Deutschland mit sieben Angeklagten und 16 Verteidiger. Die Beweisaufnahme erwies sich als schwierig. Doch die nachweisbaren Anschuldigungen waren massiv genug.

      Mauer des Schweigen

      Die Coop-Chefs hatten mehr als hundert Banken durch falsche Bilanzen um Kredite in Höhe von rund zwei Milliarden Mark geprellt. Dazu kam der Vorwurf, die Handelsfirma habe verbotenerweise in großem Stil eigene Aktien aufgekauft und die Kurse manipuliert. Die Anklagepunkte lauteten somit Betrug, Untreue, persönliche Bereicherung und Bilanzfälschung.

      Die Beklagten schwiegen, der Prozess stockte. Erst als der Vorstandssekretär Hans Gitter die Anklagepunkte bestätigte kam Bewegung in die Verhandlung. Gitter wurde zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.

      Otto folgte Gitters Beispiel. Die Staatsanwaltschaft ließ Anklagepunkte fallen, dafür legte Otto ein Teilgeständnis ab. Wegen Untreue in drei Fällen und Verletzung der Fürsorgepflicht erhielt Otto seine Haftstrafe. Der entstandene Schaden wurde auf 20 Millionen Mark statt auf zwei Milliarden Mark beziffert.

      "Kuhhandel"

      Die Vereinbarung zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung wurde offiziell mit "Prozessökonomie" gerechtfertigt. In der Öffentlichkeit dagegen wurde die Sonderbehandlung Ottos als "Kuhhandel" gebrandmarkt. Bis heute blieben etliche Millionen verschwunden.

      Nach Verbüßung der Haftstrafe versuchte Otto als Unternehmensberater Fuß zu fassen, scheiterte jedoch. Wirtschaftliche Not leidet er deshalb aber nicht.

      Der Coop-Konzern wurde indes zerschlagen. Übrig blieben nur noch kleinere regionale Unternehmen; 400 Coop-Läden wurden von dem Rewe-Patriarchen Hans Reischl übernommen.

      Quelle: http://www.manager-magazin.de/unternehmen/missmanagement/0,…
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 06:55:45
      Beitrag Nr. 563 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.397.110 von Maraho am 18.01.09 06:49:25Klassenkämpfer suchen Klasse

      Gewerkschaften in der Krise: Ihre alte Rolle haben sie verloren. Was nun? Was tun?
      Christoph Seils


      Es gibt vermutlich kaum ein Gewerkschaftsamt, das Anni Gondro nicht ausgeübt hätte. Sie war Vorstandsmitglied, Betriebsrätin und Personalratsvorsitzende, sie war ehramtliche Arbeitsrichterin, Rundfunkrätin und im AOK-Verwaltungsrat. Ein Leben in der Gewerkschaft, ein Leben für die Gewerkschaft, und wenn die kleine weißhaarige Frau auf dieses Leben zurückblickt, erzählt sie vom Arbeitskampf um die Einführung des Ladenschlussgesetzes oder von einem Streik zur Durchsetzung gleicher Bezahlung von Frauen und Männern. Sie erzählt von den Holzschuhen, die sie sich und ihren frierenden Kolleginnen 1947 organisiert hat und von der Einführung der ersten Computer drei Jahrzehnte später. Und dann sagt die 87-Jährige stolz: „Wir haben viel durchgekämpft.“

      Dabei hat Anni Gondro mit dem Kämpfen noch gar nicht aufgehört. Noch immer stapeln sich in ihrem Wohnzimmer Akten und Aufrufe. Gerade erst hat die rüstige Seniorin mit ihren Mitstreiterinnen verhindert, dass die städtischen Altenheime in Hannover privatisiert werden. Und als die 87-Jährige vor ein paar Wochen in ihrem kleinen Reihenhaus am Stadtrand für ihre 60-jährige Gewerkschaftsmitgliedschaft geehrt wurde, da merkte Oberbürgermeister Stephan Weil deshalb genauso spöttisch wie bewundernd an: „Es würde sich im Rathaus niemand trauen, Anni Gondro etwas abzulehnen.“

      In Hannover ist Anni Gondro eine Institution, genauso wie die Gewerkschaften in Deutschland eine Institution sind, fest eingebunden in die betriebliche und die Unternehmensmitbestimmung sowie die Selbstverwaltung der Sozialversicherungen. Rund 160 Jahre ist die Gewerkschaftsbewegung mittlerweile alt. Entstanden sind die ersten Zusammenschlüsse im 18. Jahrhundert als berufsständische Hilfsorganisationen, mit der industriellen Revolution entwickelten sie sich als Teil der Arbeiterbewegung zu Massenorganisationen. Sie wurden unterdrückt, verfolgt, geduldet, in der Weimarer Republik kamen weltanschaulich und parteipolitisch geprägte Gewerkschaften zu einer ersten Blüte. 1933 wurden diese von den Nationalsozialisten gleichgeschaltet. In der DDR war der FDGB als zentralistische Einheitsorganisation fest in den SED-Staat eingebunden.

      Im Westen hingegen wurde die Gewerkschaftsbewegung nach dem zweiten Weltkrieg unter der dem Dach des DGB wieder gegründet, mit autonomen Einzelgewerkschaften, weltanschaulich neutral, zumindest formal parteipolitisch unabhängig, aber tatsächlich personell eng verflochten mit der Sozialdemokratie. In der alten Bundesrepublik, im rheinischen Kapitalismus gehörten die Gewerkschaften neben den Volksparteien und den Kirchen zu tragenden Pfeilern der Nachkriegsgesellschaft. Kritiker sprachen bereits vom Gewerkschaftsstaat.

      Vorbei. Nicht nur der alte Sozialstaat westdeutscher Prägung steckt in der Krise, sondern auch der DGB. Nur noch 6,5 Millionen Deutsche sind in dessen acht Einzelgewerkschaften organisiert, vor 16 Jahren waren es noch doppelt so viele. Der betriebliche Organisationsgrad ist damit auf durchschnittlich rund 15 Prozent gesunken. IG Metall, Ver.di und Co. haben ein Imageproblem, sie gelten als ewige Blockierer und auch deswegen haben sie Mobilisierungsschwierigkeiten. Die viel beschworene und genauso häufig verfluchte Macht der Gewerkschaften bröckelt.

      Nicht einmal mehr Streik ist das, was er einmal war. In der Belzigerstraße in Berlin-Schöneberg zumindest lässt sich seit Mitte Mai ein seltsames Schauspiel beobachten. Eine kleine Gruppe erwachsener Menschen hat sich weiße Plastikleibchen übergezogen. Sie stehen den ganzen Tag ein wenig gelangweilt auf dem Bürgersteig vor einem heruntergelassenen Gitter herum, schimpfen über „Riesensauereien“, „Zumutungen“ und „Betrug“. Gelegentlich blasen sie in ihre Trillerpfeifen. Als ein „Bonzenauto“ auftaucht, stellen sie sich demonstrativ in den Weg, damit es die Einfahrt zum Betriebshof nicht passieren kann. Streikposten nennt sich dieses Schauspiel, doch die meisten Passanten eilen achtlos vorbei.

      Es ist ja auch nicht einmal ein ordentlicher Streik, zu dem die Gewerkschaft Ver.di bei der Telekom aufgerufen hat. Kaum ein Rad steht still bei dieser Arbeitsniederlegung, die die Kunden der Telekom nicht spüren sollen, weil diese sowieso schon in Scharen zur billigen Konkurrenz davonlaufen. Richtig laut darf es auch nicht werden, weil die Kollegen bei der Konkurrenz sonst mitbekämen, dass sie mit gewerkschaftlichem Segen für deutlich weniger Geld dieselbe Arbeit machen. Von einer erbitterten Auseinandersetzung ist jedenfalls nichts zu spüren. Klassenkampf sieht anders aus.

      Zum Beispiel wie jener Metallarbeiterstreik in Schleswig-Holstein vor 50 Jahren, der zu den längsten in der Geschichte der Bundesrepublik gehörte. 34 000 Arbeiter legten damals 38 Betriebe still, vor allem die Werften. Und erstmals streikten diese nicht für höhere Löhne. Die Arbeiter forderten, bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall den Angestellten gleichgestellt zu werden. Ein harter Streik war dies, der das Land polarisierte. Nach 14 Wochen, zwei gescheiterten Schlichtungen und vier Urabstimmungen endete dieser am 15. Februar 1957 mit einem historischen Erfolg.

      Der gesellschaftliche Druck war so stark, dass sich die Regierung Adenauer anschließend sogar gezwungen sah, den Tarifabschluss zum Gesetz zu erheben. Die Gewerkschaften sahen sich als Vorkämpfer grundlegender sozialpolitischer Veränderungen und hatten sich durchgesetzt.

      Die Zeiten waren ja auch gar nicht so schlecht. Es gab Vollbeschäftigung, steigende Löhne, Wohlstand und Aufstiegschancen. Die Gewerkschaften erkämpften nicht nur höhere Löhne, sondern auch Urlaubs- und Weihnachtsgeld, den arbeitsfreien Samstag und die 40 Stundenwoche. Aus der politischen Gegenmacht, die in den Nachkriegsjahren vergeblich für Wirtschaftsdemokratie und staatliche Planung gestritten hatte, war ein verlässlicher und einflussreicher Sozialpartner geworden. Wie kein anderer verkörperte der langjährige ÖTV-Vorsitzende Heinz Kluncker die Gewerkschaft der Wirtschaftswunderjahre. Selbstbewusst war „der Dicke“ und ein harter Verhandler. Für viele war Kluncker der mächtigste Gewerkschaftsführer in der Geschichte der Bundesrepublik, ein Arbeiterführer, der Kanzler stürzen konnte.

      1974 erstreikte die ÖTV unter Führung von Kluncker eine elfprozentige Lohnerhöhung. Dabei steckte die Bundesrepublik mitten in einer Rezession, die öffentlichen Haushalte machten erstmals Milliardenschulden. Trotzdem beteiligten sich 300 000 Beschäftigte an der Arbeitsniederlegung. In vielen Städten fuhren keine Straßenbahnen, der Müll blieb liegen. Nach drei Tagen knickten die öffentlichen Arbeitgeber ein. Die Autorität Willy Brandts war beschädigt, denn der sozialdemokratische Bundeskanzler hatte sich zuvor auf einen Lohnabschluss unter 10 Prozent festgelegt. Nicht viele Beobachter sahen in diesem Tarifabschluss eine Ursache für dessen Rücktritt drei Monate später.

      Willy Brandt hat nur intern über Klunckers Illoyalität geklagt, ein anderer sozialdemokratischer Kanzler hingegen warf 31 Jahre später zwei Gewerkschaftsvorsitzenden vor, seinen Sturz betrieben zu haben. Doch da war die Welt schon eine andere. Das Land wiedervereinigt, die Welt globalisiert, die Arbeitsbeziehungen unübersichtlicher, die gewerkschaftsfreien Zonen in der New Economy und in Ostdeutschland groß. Die Zahl der Arbeitslosen hatte 2005 in Deutschland die 5 Millionen Marke überschritten und die Bundesregierung versuchte, die Arbeitsmarktpolitik zu reformieren. Die umstrittene Agenda 2010 wurde verabschiedet, aber Rot-Grün gleichzeitig im September 2005 abgewählt. Eine Mitschuld daran gab Gerhard Schröder dem IG-Metall-Chef Jürgen Peters und dessen Ver.di-Kollege Frank Bsirske: „Die wollten mich zu Fall bringen.“

      Dabei hatte der Kampf gegen die rot-grünen Reformen auch für die IG Metall und Ver.di mit einer schmerzhaften Niederlage geendet. Nach nur einer Großdemonstration in Berlin war ihre Kampfkraft gegen die Hartz-Reformen erlahmt. Gleichzeitig musste die IG-Metall 2003 einen Streik zur Einführung der 35- Stunden-Woche in Ostdeutschland ergebnislos abbrechen.

      Die Not der IG-Metall lässt sich in Potsdam besichtigen. Eine kleine Truppe Nachwuchsgewerkschafter organisiert dort engagiert und rührig Seminare, Konzerte und Demonstrationen. Einmal im Monat treffen sie sich im Ortsjugendausschuss. An diesem Mittwoch sind es nur sieben. Stolz zeigen die Jugendlichen ein Foto vom 1. Mai herum, an dem sie mit ihrem Transparent die Potsdamer DGB-Demo anführen durften. Schlagkräftig ist die Truppe nicht, das muss auch Jugendsekretär Dietmar Kolpin „doch mal offen einräumen“. Von „Angst“ ist anschließend viel die Rede, von „zu hohen Beiträgen“ und von „Unkenntnis“. „Keiner hat mehr Lust etwas zu machen“, klagt einer der Jugendlichen, zumal die Freizeitangebote vielfältig sind. Die hohe Arbeitslosigkeit sei Schuld, sagt Dietmar Kolpin, weil ihnen Hartz IV drohe, ließen sich viele Menschen alles gefallen.

      Das ist nur die halbe Wahrheit. Die Gewerkschaften haben auch hausgemachte Probleme. Sie haben die digitale Revolution verschlafen, nur schwerfällig auf die flexibilisierte Arbeitswelt reagiert und zu lange nur die alte heile Arbeitswelt verteidigt. Dabei zeichnete sich schon in den achtziger Jahren die Krise der Gewerkschaften ab. Die Massenarbeitslosigkeit setzte die Arbeitnehmer unter Druck, die Arbeitgeber setzten nicht länger auf Kooperation, sondern auf Deregulierung, Privatisierung und Lohnverzicht. Auch der linke Zeitgeist war plötzlich ein anderer. Die gewerkschaftlichen Rituale und Parolen waren nicht mehr gefragt. Basisdemokratie war angesagt und individuelle Selbstverwirklichung. Mit der Ökologie gab es ein neues Thema, das die Massen mobilisierte.

      Interne Affären taten ein Übriges. So musste 1992 der IG-Metall-Vorsitzende Franz Steinkühler wegen des Vorwurfs von Insidergeschäften mit Daimler-Benz-Aktien zurücktreten. Der VW-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Klaus Volkert landete vor zwei Jahren zeitweise sogar in U-Haft, weil er illegale Zahlungen in Millionenhöhe angenommen haben soll. Bis heute unvergessen ist jedoch vor allem der Skandal um die Neue Heimat. Größenwahnsinnige Gewerkschaftsmanager hatten aus ursprünglich gemeinnützig organisierten Genossenschaften das größte Wohnungsunternehmen Europas geschmiedet. Sie bauten im großen Stil Trabantenstädte, in Bremen-Vahr, am Hasenbergl in München, und sie verloren den Überblick. Am Ende waren die Wohnungen weg, stattdessen blieben etwa 8 Milliarden Euro Schulden zurück. Um diese zu begleichen, musste sich die gewerkschaftseigene Beteiligungsgesellschaft unter anderem von der Bank für Gemeinwirtschaft und der Volksfürsorge-Versicherung trennen. Die Idee der genossenschaftlichen Gewerkschaftsunternehmen, die einst eine wichtige Säule der Arbeiterbewegung waren und die den Entwurf einer besseren Gesellschaft darstellen sollten, diese Idee war gescheitert.

      Es gibt allerdings auch Orte, an denen funktioniert die alte Gewerkschaft noch. Zum Beispiel bei Wabco in Hannover, wo 2600 Beschäftigte elektronische Bremssysteme für LKWs herstellen. 80 Prozent der Arbeiter sind organisiert und als die IG-Metall kürzlich eine Lohnerhöhung von 4,1 Prozent erstritt, da waren die Wabco-Beschäftigten selbstverständlich geschlossen in den Warnstreik getreten.

      Jens Schäfer ist 32 Jahre alt und Betriebsrat bei Wabco. Als Auszubildender ist er in die IG-Metall eingetreten, das überzeugende Argument seiner Kollegen lautete vor 16 Jahren: „Es sind alle drin.“ Wabco ist ein Traditionsbetrieb, der in Hannover-Linden schon seit 1884 produziert. In dem Stadtteil ist Wabco der größte Arbeitgeber und so ist auch Jens Schäfer erst in den Betrieb „reingewachsen“ und dann auch in die Gewerkschaft. Inzwischen sitzt er im braunen Rollkragenpullover in dem geräumigen Betriebsratsbüro und kümmert sich als Freigestellter um alle Lohnfragen. Da gäbe es eine Menge zu tun, sagt er, denn viele Fragen, die früher von den Tarifpartnern generell vereinbart wurden, müssten mittlerweile einzeln in den Betrieben geregelt werden.

      Der Betrieb wird also immer wichtiger, die Betriebsräte werden immer einflussreicher. Doch damit werden die Gewerkschaften gleichzeitig zu Interessenverbänden. Mehr Lohn und bessere Arbeitsbedingungen werden nicht mehr dort erkämpft, wo sie gebraucht werden, sondern dort, wo die Beschäftigten gut organisiert sind, zum Beispiel bei der Telekom oder in der Metallindustrie, nicht aber im ostdeutschen Handwerk. Auch die Gewerkschaften tragen also dazu bei, dass die Schere in der Arbeitswelt zwischen den Normalarbeitsverhältnissen und dem, was neudeutsch Prekariat heißt, weiter auseinandergeht. Zumal inzwischen außerhalb des DGB kleine, aber schlagkräftige Berufsverbände, wie die Pilotenvereinigung Cockpit oder die Ärztevereinigung Marburgerbund, entstanden sind, denen Klientelinteressen wichtiger sind als Solidarität.

      Die Gewerkschaftslandschaft verändert sich. Die Konkurrenz wird größer, die Funktionäre verlieren ihren Einfluss. So beschloss die IG Bau kürzlich, ihre Arbeit noch stärker als bisher in die Betriebe zu verlagern. Andere Einzelgewerkschaften bauen ihren Service aus, vermitteln Reisen zu Vorzugspreisen, verkaufen vergünstigt Bücher oder Theaterkarten. Mitmachgewerkschaft heißt das Motto, das Mitglied wird zum Kunden.

      Einer, der diese Entwicklung mit großer Skepsis beobachtet, ist Detlef Hensche. Bis 2001 war er der letzte Vorsitzende der IG Medien, bevor diese in der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di aufging. Den täglichen Stress eines Spitzenfunktionärs hat er mit dem massiven Eichenschreibtisch eines Rechtsanwaltes getauscht. Aus der SPD ist er wegen der Agenda 2010 ausgetreten, stattdessen hat sich der 69-Jährige der Linkspartei angeschlossen. „Krisenverschärfend“ nennt Hensche die Hinwendung zum Betrieb. Seinen ehemaligen Kollegen empfiehlt er vielmehr eine Strategie der Re- Politisierung. Der IG-Metall hätte Hensche empfohlen, sich nicht mit 4,1 Prozent Lohnerhöhung zufrieden zu geben, sondern „mal richtig zuzulangen“. „Ein großer Streik würde der Gesellschaft gut tun“, sagt er. Die Gewerkschaften müssten zeigen, „dass sie noch eine gesellschaftliche Autorität darstellen“. Davon hänge ihr Wohl und Wehe ab.

      Doch so einfach ist die Gewerkschaftswelt nicht mehr. Selbst beim Thema Mindestlohn zeigt sich das Dilemma. Einerseits können die Gewerkschaften wie zuletzt in den sechziger Jahren wieder betriebliche und sozialpolitische Forderungen verknüpfen. Schließlich befürworten drei Viertel aller Deutschen einen gesetzlichen Mindestlohn. Trotz des Aufschwungs hat die Angst vor Hungerlöhnen inzwischen die Mittelschicht erreicht. 7,50 Euro gesetzlichen Mindeststundenlohn fordern die acht DGB-Gewerkschaften. Doch andererseits haben dieselben Gewerkschaften in manchen Branchen sehr viel niedrigeren Tarifen ihren Segen gegeben. Zu dem gefährdet ein staatlicher Mindestlohn die Tarifautonomie und damit die gewerkschaftliche Machtbasis.

      Das Dilemma ist nicht zu lösen.

      Die alten Zeiten kommen nicht zurück.


      Quelle: http://www.tagesspiegel.de/kultur/;art772,2222539 …
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 10:34:07
      Beitrag Nr. 564 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.396.572 von kevine1 am 17.01.09 20:47:33Auch schon vergessen bzw. kein Thema...


      Alexander Schalck-Golodkowski
      Deckname „Schneewittchen“

      Er war der meistgesuchte Mann der Wendezeit: Alexander Schalck-Golodkowski. Der ehemalige Devisenbeschaffer der DDR, der für das SED-Regime insgesamt 27 Milliarden D-Mark eintrieb, wird heute 75 Jahre alt.
      Von FOCUS-Online-Redakteur Jens Bauszus


      Devisenbeschaffer und Finanzjongleur: Alexander Schalck-GolodkowskiAlexander Schalck-Golodkowski war ein echter Kapitalist im ostdeutschen Sozialismus. Der Wirtschaftsmanager leitete die 1967 gegründete Geheimabteilung „Kommerzielle Koordinierung“ (KoKo) des Außenhandelsministeriums der DDR.

      Seine Aufgabe, den stets drohenden Bankrott der DDR abzuwenden, beherrschte der findige Devisenbeschaffer wie kein Zweiter. Bis zum Fall der Mauer 1989 erwirtschaftete die KoKo unter seiner Regie insgesamt 27 Milliarden D-Mark. Ohne den begnadeten und umtriebigen Strippenzieher wäre das SED-Regime schon Jahre früher zahlungsunfähig gewesen.

      Über das weitverzweigte KoKo-Netzwerk mit seinen 150 Tochterfirmen und -gesellschaften wickelte der gebürtige Berliner verdeckt seine zum Großteil zwielichtigen Transaktionen ab. Neben der Beschaffung von harten Devisen setzte Schalck-Golodkowski unter anderem auf Embargo- und Waffengeschäfte, die Intershops, Antiquitätendiebstähle oder Schmuggel.

      Auch die berüchtigten Häftlingsfreikäufe – über 30 000 politische DDR-Häftlinge sollen von der Bundesrepublik ausgelöst worden sein – liefen über die KoKo. Was nach außen hin wie eine humanitäre Aktion der evangelischen Kirche aussah, war für Schalck-Golodkowski ein einträgliches Geschäft. Der „große Alex“, wie man ihn wegen seiner Größe von rund 1,90 Meter nannte, zeichnete zudem für die Versorgung der DDR-Politprominenz mit westlichen Luxusgütern verantwortlich.

      Sein verschachteltes Imperium war eines der bestgehüteten Geheimnisse des SED–Regimes. Nur die oberste Genossen, der Staatsratsvorsitzende Erich Honecker, Planwirtschaftslenker Günter Mittag und Stasi-Chef Erich Mielke, waren in die Geschäfte des loyalen SED-Mitglieds und Stasi-Oberst eingeweiht.

      1986 stieg Schalck-Golodkowski in das Zentralkomitee der SED auf. Vorausgegangen war ein spektakulärer Milliardenkredit der Bundesrepublik, den er 1983 als informeller Unterhändler der DDR ausgerechnet dem CSU-Chef und bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß aus dem Kreuz geleiert hatte. Mit diesem Deal erlangte der Mann, der sich stets im Hintergrund gehalten hatte, auch im Westen eine gewisse Berühmtheit.

      Turbulente Wendezeit

      Beim Zusammenbruch der DDR im Herbst 1989 durchlebte Schalck-Golodkowski ein Wechselbad der Gefühle. Nachdem man ihn zunächst als Nachfolger von Mittag und parteiintern sogar als Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten gehandelt hatte, wurde er wegen Presseberichten über die kriminellen Machenschaften seiner KoKo aus dem Zentralkomitee und der Partei ausgeschlossen.

      Der einstige Held des Arbeiter- und Bauernstaats floh in der Nacht zum 4. Dezember 1989 mit seiner Frau Sigrid in den Westen. Vier Wochen verbrachte er in Untersuchungshaft, ehe er als „Pastor Gutmann aus der DDR“ im Keller einer Münchner Pfarrerswitwe Unterschlupf fand.

      Ermittlungsflut statt Straffreiheit

      Unter dem Decknamen „Schneewittchen“ machte er fortan beim Bundesnachrichtendienst umfangreiche Aussagen über die kriminellen Machenschaften der KoKo und seine Stasi-Tätigkeit. Der BND stellte ihm daraufhin Straffreiheit sowie eine neue Identität in Aussicht.

      Doch bei der Auflösung seiner alten Wirkungsstätte kamen bei der KoKo zunehmend dubiose Einzelheiten ans Tageslicht. Diverse Ermittlungsverfahren, Anklagen und Gerichtsprozesse waren die Folge – ob wegen illegaler Waffengeschäfte, Veruntreuung, Betrug oder Spionage. Alle Freiheitsstrafen wurden jedoch zur Bewährung ausgesetzt.

      Bei einem denkwürdigen Fernsehauftritt in der RTL-Sendung „Der heiße Stuhl“ beteuerte der einstige „Held der Arbeit“ 1991, alles „anständig und korrekt“ abgewickelt zu haben. Seinen Lebensabend verbringt der mittlerweile schwerkranke Finanzjongleur (Krebs, Herzprobleme) in Rottach-Egern am bayerischen Tegernsee. Alexander Schalck-Golodkowski wird heute 75 Jahre alt.

      Quelle: http://www.focus.de/politik/deutschland/alexander-sc…
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 10:50:09
      Beitrag Nr. 565 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.397.104 von Maraho am 18.01.09 06:26:55 "Ich bin nicht bereit, eine Politik zu unterstützen, die nach außen den Eindruck erweckt, die Regierung lebe nach dem Motto: Nach uns die Sintflut."

      Karl August Fritz Schiller

      http://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Schiller …
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 11:11:03
      Beitrag Nr. 566 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.397.300 von Maraho am 18.01.09 10:34:07Sozialdemokraten fühlen sich von Lafontaine verhöhnt
      Empörung nach Äußerungen des Linken-Chefs zur Zwangsvereinigung von KPD und SPD
      Von Sabine Beikler und Thorsten Metzner


      Berlin/Potsdam - Die Aussagen des früheren SPD-Vorsitzenden und heutigen Parteichefs der Linken, Oskar Lafontaine, der der SPD eine „Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte“ in Ostdeutschland empfohlen und die Zwangsvereinigung von KPD und SPD zur SED als teilweise „freiwillig“ relativiert hatte, haben bei Sozialdemokraten in Brandenburg und Berlin helle Empörung ausgelöst. Der Bundestagsabgeordnete Steffen Reiche, langjähriger Brandenburger SPD-Landesvorsitzender und im Herbst 1989 Mitgründer der damals noch illegalen SDP in der DDR, die später zur SPD wurde, warf Lafontaine Geschichtsverfälschung vor. „Niemand kann so kreativ mit der Wahrheit umgehen wie Lafontaine“, sagte Reiche dem Tagesspiegel. „Die Geschichte war anders, und sie war einfach: Die SPD wollte eine Vereinigung mit der KPD auf Augenhöhe. Das wollte die KPD nicht.“ Richtig sei, dass nach Kriegsende im Sommer 1945 auch in der SPD der Drang nach einer Vereinigung der beiden Arbeiterparteien groß gewesen sei. „Aber Anfang 1946, nach den Erfahrungen mit der KPD, wollte das in der SPD nur noch eine Minderheit“, sagte Reiche. Für das Verhältnis von Linkspartei und SPD in Ostdeutschland, für mögliche rot-rote Bündnisse, sei es „nicht hilfreich“, wenn es mit Lafontaine jetzt einen „West-Zeugen für die alte Ost-Lüge“ einer freiwilligen Vereinigung beider Parteien gebe.

      Lafontaines Position sei „Geschichtsklitterung und entspricht genau eins zu eins der Interpretation der Kommunisten nach dem Zweiten Weltkrieg“, sagte der Berliner Ex-Senator Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung. Die SPD brauche sich in Sachen Aufarbeitung von niemandem belehren zu lassen – „schon gar nicht von Lafontaine“. Über dessen „historisches Unverständnis“ sei er „schier entsetzt“, sagte der stellvertretende Landesvorsitzende der Berliner SPD, Marc Schulte. Lafontaine ziehe „seine übliche Populismus-Tour“ durch und verhöhne diejenigen, die in der Zeit nach dem Krieg für sozialdemokratische Positionen eingestanden seien. Der SPD-Politiker Walter Momper, Präsident des Abgeordnetenhauses, nannte Lafontaines Aussagen „geprägt von Unkenntnis, Ignoranz, Frechheit“.

      Zuvor hatte auch der Brandenburger SPD-Landeschef und Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) Lafontaine „Geschichtsklitterung“ vorgeworfen und mit Blick auf ein mögliches rot-rotes Bündnis nach der Landtagswahl 2009 gewarnt: „Brandenburgs Linke geht weg von Pragmatismus.“ Brandenburgs SPD-Generalsekretär Klaus Ness nannte es „unerträglich“, dass ausgerechnet Lafontaine tausende Sozialdemokraten verhöhne, die im Gefolge der Zwangsvereinigung gelitten hätten. Für Brandenburgs Linke, die sich seit 1990 erkennbar darum bemüht habe, eine kritische Aufarbeitung der SED-Geschichte vorzunehmen, sei dies „ein Schlag ins Kontor“. Auch SPD-Landtagsfraktionschef Günter Baaske erinnerte daran, dass 5000 Sozialdemokraten, die gegen die Zwangsvereinigung waren, inhaftiert wurden. 2001 hätten einige in der PDS immerhin anerkannt, dass es bei der Vereinigung Repressionen gab, sagte Baaske. „Zu einer Entschuldigung war die PDS aber bisher nicht bereit.“ Brandenburgs Finanzminister Rainer Speer, ebenfalls im Herbst ’89 bei der SDP, sagte: „Lafontaine beleidigt viele Menschen. Dabei weiß er es besser.“ Offenbar wolle sich Lafontaine bei ostdeutschen Parteifreunden lieb Kind machen.

      Lafontaines Aussagen dürften nicht überbewertet werden, sagte der SPD-Parteilinke und Landtagsabgeordnete Jens Klocksin. „Sie haben einschmeichelnde Funktion bei Altkadern der Linken.“ Auswirkungen auf eine mögliche rot-rote Koalition in Brandenburg sieht er nicht. „Es ist Wahlkampf. Und Lafontaine wird in Brandenburg keine Koalition bilden.“

      (Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 04.09.2008)

      Zwangsvereinigung von SPD und KPD zur SED: http://de.wikipedia.org/wiki/Zwangsvereinigung …
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 11:41:29
      Beitrag Nr. 567 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.397.300 von Maraho am 18.01.09 10:34:078. Was ist mit dem Altvermögen der LINKEN?
      Das Vermögen der SED wurde auf der Grundlage des Parteiengesetzes der DDR (§§ 20 a und 20 b) vom Februar 1990 mit dem Stichtag 7. Oktober 1989 unter treuhänderische Verwaltung gestellt. Eine Unabhängige Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der DDR hatte die Aufgabe, den materiell-rechtsstaatlichen Erwerb des Parteivermögens zu prüfen und festzustellen.

      Unabhängig davon hat die PDS auf eigenen Beschluss Anfang 1990 aus dem Parteivermögen eine Summe von 3,041 Mrd. Mark der DDR an den Staatshaushalt der DDR für soziale und kulturelle Zwecke abgeführt. Große Teile des vorhandenen Geldvermögens der Partei mussten für Abwicklungsmaßnahmen eingesetzt werden – nach Verfügung der treuhänderischen Verwaltung jeweils auf der Grundlage von Freigaben durch die Treuhandanstalt. Die SED hatte immerhin rd. 44.000 hauptamtliche Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnisse aufzulösen waren. Auch die Verwaltung von rd. 750 Immobilien bis zur Übergabe an neue Träger bzw. Betreiber verlangte größere Aufwendungen.

      Bereits 1990 hat die PDS den Verzicht auf das Auslandsvermögen der SED erklärt, ohne dass dieses dem Präsidium des Parteivorstandes zu diesem Zeitpunkt konkret bekannt war. Am 14. Mai 1992 wurde dieser Verzicht auf der Grundlage eines Vertrages zwischen der Treuhandanstalt und der PDS notariell beurkundet. In der Bundestagsdrucksache 12/5575 vom 19. August 1993 ist das der PDS nach intensiven Recherchen bekannt gewordene Auslandsvermögen als Nachtrag zum Rechenschaftsbericht der PDS veröffentlicht worden. Es gab 1990 Versuche von Funktionären der SED/PDS, Parteivermögen an der Treuhand vorbei für die Partei zu sichern. So wurden rd. 107 Millionen DM ins Ausland transferiert, die durch die Treuhandanstalt zurückgeholt wurden. Im ersten Halbjahr 1990 wurden von der Partei ohne Zustimmung der Treuhandanstalt Darlehen zur Gründung von GmbH ausgereicht, mit denen auch Arbeitsplätze für ehemalige MitarbeiterInnen der Partei gesichert werden sollten. Diese Verfahrensweise hatte letztlich keine rechtliche Grundlage, so dass in der Regel eine Rückabwicklung durch die Treuhandanstalt erfolgte.

      Zum 31. August 1991 wurden auf der Grundlage eines Verwaltungsaktes der Treuhandanstalt die Geldbestände auf den Bankkonten der PDS eingezogen, so dass faktisch mit dem 01.September 1991 eine finanzielle Neugründung der PDS stattfand. Von da an konnte die Partei nur noch über die ab diesem Zeitpunkt eingenommenen Mitgliedsbeiträge, Spenden und staatlichen Mittel verfügen.

      Am 18. Juli 1995 wurde vor dem Berliner Oberverwaltungsgericht ein Vergleich zwischen PDS, Treuhandanstalt ( BvS) und Unabhängiger Kommission zur endgültigen Regelung der Vermögensfragen abgeschlossen. Auf der Grundlage dieses Vergleichs hat die PDS kein Geldvermögen zurückerhalten, da der Erwerb dieses Vermögens nicht als materiell-rechtsstaatlich anerkannt wurde. Das traf auch auf die von der SED eingenommenen Mitgliedsbeiträge zu. Der PDS wurden vier Immobilien insbesondere aus dem früheren Eigentum der KPD (darunter das Berliner Karl-Liebknecht-Haus als Sitz des Parteivorstandes) zugesprochen. Außerdem konnte die PDS die in den Geschäftsstellen vorhandenen Ausstattungen behalten.

      Aus der treuhänderischen Verwaltung entlassen wurden auch die "Neues Deutschland Verlag und Druckerei GmbH" und die "Karl Dietz Berlin Verlag GmbH", bei denen die PDS Gesellschafter war.

      Quelle: http://die-linke.de/partei/geschichte/fragen_und…
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 11:51:11
      Beitrag Nr. 568 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.396.532 von kevine1 am 17.01.09 20:34:08Obamas Amtseinführung

      Notstandsfeier ohne Obdachlose
      von Sabine Muscat

      Um viel Geld auszugeben, braucht die neue US-Regierung kein Konjunkturprogramm: Die Amtseinführung von Barack Obama wird rund 150 Mio. $ kosten - bei Schnee noch mehr.

      Nochpräsident George W. Bush, dessen eigene Vereidigungsfeierlichkeiten 2005 nur 42 Mio. $ gekostet hatten, hat sogar den Notstand für Washington ausgerufen.

      Die Stadt hatte um die Einstufung als Katastrophengebiet gebeten, damit sie die Sicherheitskosten nicht allein tragen muss. Der Anblick von Obdachlosen soll dabei das Fest nicht stören. Busse sollen sie abholen und in Unterkünfte fahren, wo Getränke und Essen auf sie warten, berichtete die "Washington Post".

      Natürlich freiwillig. Man wolle nicht den Eindruck erwecken, die Obdachlosen sollten "weggekarrt" werden, so Stadtrat Tommy Wells.

      Quelle: FTD.de, 09:00 Uhr
      © 2009 Financial Times Deutschland
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 11:58:47
      Beitrag Nr. 569 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.397.104 von Maraho am 18.01.09 06:26:55Dauerkrise
      Aus Japans Fehlern lernen
      von Birgit Marschall, Berlin

      In der Debatte um Deflationsgefahren verweisen Ökonomen immer wieder auf das Beispiel Japans: Das Land stürzte in den 90er-Jahren in eine Krise, von der es sich erst zu Beginn dieses Jahrtausends wieder erholte.

      Die drittgrößte Volkswirtschaft der Erde war in den frühen 90er-Jahren in eine Finanzkrise gestürzt, aus der sie erst zu Beginn des neuen Jahrtausends wieder herausfand. Volkswirte sprechen vom "verlorenen Jahrzehnt", in dem anhaltend sinkende Preise die Wirtschaft zehn Jahre lang lähmten.

      Ähnlich wie in den USA waren Spekulationsblasen am Aktien- und Häusermarkt in Japan der Auslöser der Krise. Doch anders als in den USA heute und auch in Europa reagierte die japanische Geld- und Finanzpolitik zu zögerlich, expansive Maßnahmen blieben lange aus. Die Rettungspakete für den Finanzsektor erwiesen sich zudem als unattraktiv, weil sie zu viele Restriktionen für die Banken enthielten. Für Ökonomen zeigt das Beispiel Japans lehrbuchhaft, welche Fehler die Politik heute vermeiden sollte.

      Bank of Japan reagierte zu spät

      Infolge der lockeren US-Geldpolitik wertete der japanische Yen in den 80er-Jahren stark auf. Die Bank of Japan reagierte darauf mit einer expansiven Politik: Sie senkte die Zinsen und erhöhte die Liquidität. An der Börse und auf dem Immobilienmarkt entstanden daraufhin Spekulationsblasen. Ende der 80er-Jahre ging die Bank daher zu einer restriktiven Geldpolitik über. Sie beschleunigte damit das Platzen der Blasen - Aktien- und Häuserpreise stürzten ab. Das Land sank in die Deflation.

      Auf die Krisensignale reagierte die Bank of Japan jedoch nicht schnell genug. Erst etwa ein Jahr nach dem Platzen der Blase begann sie mit Zinssenkungen. Auch drei Jahre nach dem Ausbruch der Krise blieb der japanische Leitzins positiv, erst 1997 - als es längst zu spät war und die Geldpolitik die Kontrolle über das Geschehen verloren hatte - wurde er negativ.

      Auch die Finanzpolitik reagierte nicht adäquat: Sie blieb im ersten Jahr der Krise restriktiv, was bedeutet, dass die staatlichen Ausgaben weniger zunahmen als das Bruttoinlandsprodukt. Erst vom zweiten Krisenjahr an wurde die Finanzpolitik expansiver, allerdings erhöhte sie 1997 die Mehrwertsteuer und verlängerte damit die Krise.

      Geld - und Finanzpolitik in Japan hätten zu spät und zu zaghaft auf die Krise reagiert, schrieben die Volkswirte der Deutschen Bank in einer Analyse. Dass die US-Notenbank Fed Mitte vergangenen Jahres sofort mit einer Lockerung ihrer Politik auf die aktuelle Finanzkrise reagiert habe, sei beruhigend. Dagegen habe die Europäische Zentralbank (EZB) zu spät mit Zinssenkungen begonnen.

      Auch die Finanzpolitik in Europa sei voraussichtlich weniger effektiv als die in den USA: Anders als die Amerikaner hätten die Europäer erst allmählich mit Konjunkturpaketen reagiert, zudem setzten sie deutlich weniger Geld ein. Auch die Bankenrettungspakete seien in Europa schlechter konstruiert als die in den USA. Für die Volkswirte ist klar: Die USA haben aus der japanischen Krise mehr gelernt als Europa.

      Quelle: FTD.de, 10:00 Uhr
      © 2009 Financial Times Deutschland
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 12:10:24
      Beitrag Nr. 570 ()
      Konjunktur-Pakete
      DGB-Chef will Banken zur Kreditvergabe zwingen

      Michael Sommer ist ganz gar nicht zufrieden damit, wie sich Unternehmen in der Krise verhalten. Lohnzurückhaltung hält er für den falschen Weg. Und der Rettungsschirm für die Banken geht ihm nicht weit genug. Er fordert, die Banken nötigenfalls zur Kreditvergabe mit "normalen Konditionen" zu verpflichten.


      DGB-Chef Michael Sommer hat Forderungen nach zurückhaltenden Lohnforderungen zur Bewältigung der Wirtschaftskrise zurückgewiesen. „Wenn es aufwärts geht, sollen wir bescheiden bleiben, weil angeblich sonst der Abschwung droht. Ist der Abschwung da, soll Lohnzurückhaltung die angeblich sonst drohende Katastrophe verhindern“, sagt Sommer der Zeitschrift „Super Illu“. Gehe es nach den Arbeitgebern, gäbe es am besten gar keine Lohnerhöhungen. Die Arbeitnehmer hätten jedoch einen Anspruch auf „einen gerechten Anteil am Erwirtschafteten“. Zudem seien Lohnerhöhungen gerade jetzt „zur Stärkung von Konsum und damit der Binnenkonjunktur“ nötig.

      Enttäuscht äußerte sich der DGB-Chef darüber, dass viele Banken trotz des von der Bundesregierung beschlossenen Rettungsschirms ihrer Aufgabe, Unternehmen mit Krediten zu versorgen, nicht genügend nachkämen. Dieses Problem liege offenbar auch an nicht ausreichenden Konditionen für den Rettungsschirm, der dringend nachgebessert werden müsse, erklärte der DGB-Chef und forderte: „Notfalls müssen die Banken gesetzlich unter den Schirm und zur Kreditvergabe mit normalen Konditionen gezwungen werden.“

      Ganz andere Stimmen kommen hingegen aus Brüssel. EU-Industriekommissar Günter Verheugen hat das deutsche Konjunkturprogramm gelobt. Es sei ein „wichtiger Beitrag zur Stärkung der Nachfrage und zur Wiederherstellung des Vertrauens der Wirtschaft und der Verbraucher“, sagte Verheugen im Deutschlandfunk. Angesichts des Krisenjahres 2009, in dem EU noch tiefer in die Rezession rutschen werde, sei das deutsche Konjunkturprogramm für Europa „schon fast die halbe Miete“, erklärte der SPD-Politiker. Was die deutsche Regierung da vorgelegt habe sei für manches kleinere europäische Land „wichtiger als das, was es selber tut“.

      Die Bürger hingegen sind eher skeptisch. Das 50-Milliarden-Konjunkturpaket der Bundesregierung stößt bei der Bevölkerung laut einer Umfrage auf große Skepsis. 90 Prozent der Deutschen glauben nicht, dass sie persönlich spürbar von den Maßnahmen profitieren werden, wie eine repräsentative Umfrage von TNS-Emnid für die „Bild am Sonntag“ ergab. 61 Prozent der Befragten bezweifeln demnach, dass das Paket überhaupt gegen die Wirtschaftskrise in Deutschland helfen wird. TNS-Emnid befragte für die Erhebung 1003 Personen.

      Politiker aus SPD und CDU versuchen derweil Druck auf die FDP auszuüben, das Konjunkturpaket II nicht zu verzögern. Die SPD appellierte an die FDP, dem Konjunkturpaket ohne langwieriges Vermittlungsverfahren im Bundesrat zuzustimmen. „Jeder Tag im Vermittlungsverfahren ist ein verlorener Tag für die Konjunktur in Deutschland“, sagte Fraktionschef Peter Struck der „Welt am Sonntag“. Auch CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sagte WELT ONLINE: „Von der Opposition erwarte ich, dass sie sich an diesem Pakt für Deutschland beteiligt und nicht nur auf Ablehnung zielt.“ Er äußerte sich zuversichtlich, dass zumindest die FDP „letztlich im Vermittlungsausschuss des Bundesrates“ zustimmen werde.

      FDP-Chef Guido Westerwelle stellte in Berlin erneut klar, dass die FDP das Konjunkturpaket nicht blockieren werde. Es werde aber auch „keinen Blankoscheck“ geben, sagte Westerwelle auf dem Europaparteitag in Berlin. Die FDP wolle weniger neue Schulden und eine stärkere Entlastung für die Bürger. Trotz des Konjunkturpaketes solle es eine umfassende Steuerreform nach der Bundestagswahl geben, sagte Westerwelle. Die FDP sei die Partei, die daran festhalte, dass Deutschland ein besseres und gerechteres Steuersystem brauche.

      Quelle: http://www.welt.de/wirtschaft/article3046534/DGB-Chef-will…
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 12:16:04
      Beitrag Nr. 571 ()
      Umstellung der Schuldenuhr
      Verschuldung steigt 2009 um 140 Milliarden Euro

      Der Bund der Steuerzahler schätzt, dass die Neuverschuldung von Bund, Ländern und Gemeinden in diesem Jahr dramatische 140 Milliarden Euro betragen wird. Der Bund wird dabei seinen Negativrekord aus dem Jahr 1996 mit gut 40 Milliarden Euro deutlich überschreiten und wahrscheinlich auf einen neuen Spitzenwert von 55 Milliarden Euro Nettokreditaufnahme kommen.

      Der in der derzeitigen Diskussion um die Konjunkturprogramme vergessene Finanzmarktstabilisierungsfonds wird voraussichtlich mit 70 Milliarden Euro Verschuldung zu Buche schlagen. Länder und Kommunen benötigen vermutlich weitere 15 Milliarden Euro, um ihre Haushalte auszugleichen.

      Rechnerisch bedeutet eine Verschuldung von 140 Milliarden Euro eine Verschuldungsgeschwindigkeit von rund 4.439 Euro pro Sekunde. Gegenüber dem Jahr 2008 wird sich die Verschuldung pro Sekunde von 474 Euro auf 4.439 Euro in diesem Jahr nahezu verzehnfachen.

      Dr. Karl Heinz Däke, Präsident des Bundes der Steuerzahler: „Für 140 Milliarden Euro Neuverschuldung in nur einem Jahr wird der Steuerzahler auf Jahre hin bluten müssen. Um das Ausmaß zu verdeutlichen: In 1-Euro-Münzen gerechnet, kann man mit 140 Milliarden Euro eine Münzstraße legen, die 81 Mal um den Äquator reichen würde. Die Dimension der gegenwärtigen Verschuldungsorgie ist kaum noch zu begreifen.“

      Die Pläne der Bundesregierung, die für das zweite Konjunkturpaket aufzunehmenden Schulden möglichst schnell wieder zurückzuzahlen, sind grundsätzlich zu begrüßen. Sie bestätigen die Arbeit des Bundes der Steuerzahler, der immer wieder die Einführung einer Schuldenbremse anmahnte. Däke fordert in diesem Zusammenhang die Föderalismuskommission II auf, den politischen Durchbruch zu einer wirksamen Schuldenbremse einschließlich verbindlicher Tilgungspläne zu schaffen.

      „Einen Hoffnungsschimmer bietet der von der Regierung beschlossene Tilgungsfonds, wenn er denn vernünftig umgesetzt wird. So wird zumindest ein Teil der neuen Kredite auf absehbare Zeit zurück gezahlt. Dauerhafte Zinslasten können vermieden werden. Denn allein die 50 Milliarden Euro Kredite für das Konjunkturpaket II bedeuten Zinsausgaben von rund 2,2 Milliarden Euro pro Jahr“, so Däke abschließend.

      http://www.steuerzahler.de/webcom/show_article.ph…
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 12:24:41
      Beitrag Nr. 572 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.397.629 von Maraho am 18.01.09 12:16:04Die Schuldenuhr läuft und läuft und läuft...

      Der Staat tappt absichtlich in die Schuldenfalle
      von Robert von Weizsäcker

      In jeder Sekunde kommen 32 Euro hinzu. 1,56 Billionen sind es insgesamt. Die Staatsverschuldung ist der größte politische Skandal der deutschen Demokratie
      von Robert K. von Weizsäcker.

      Die öffentliche Verschuldung in der Bundesrepublik Deutschland hat ein unglaubliches Ausmaß angenommen. Betrug der staatliche Schuldenstand im Jahre 1950 noch etwa 10 Milliarden Euro, so beläuft sich dieser heute auf mehr als 1,5 Billionen Euro. Die Relation des Schuldenberges zum Bruttoinlandsprodukt, die sogenannte Schuldenstandsquote, stieg von 18 Prozent (1950) auf inzwischen über 68 Prozent. Die Zinsverpflichtungen aus der akkumulierten Staatsschuld sind von 0,3 Milliarden Euro im Jahre 1950 auf zurzeit etwa 65 Milliarden Euro angewachsen. Die zur Bedienung der öffentlichen Schulden notwendigen Zinsausgaben sind heute zum drittgrößten Posten der Staatsausgaben aufgestiegen. Was steckt hinter dieser Entwicklung?

      Nach meiner Überzeugung sind es keine rein ökonomischen Faktoren, die hinter den Finanzierungsdefiziten stecken, sondern politische. Der Widerspruch zwischen den kurzfristigen Anreizen der repräsentativen Demokratie und den langfristigen Erfordernissen der öffentlichen Finanzwirtschaft scheint ein Politikversagen auszulösen, in dessen Schlepptau sich die öffentlichen Schulden in einem bisher nicht gekannten Ausmaß aufgetürmt haben.

      Durch einen relativ unbegrenzten Zugang zum Kreditmarkt zum Beispiel kann eine Regierung ihre Budgetrestriktion mithilfe eines Instruments lockern, das für den Bürger so gut wie undurchschaubar ist. Bezeichnenderweise sind in demokratisch regierten Industrieländern zwei Dinge unaufhörlich gestiegen: die merklichen Ausgaben (Subventionen an Unternehmen und direkte Transfers an private Haushalte) und die unmerklichen Einnahmen (indirekte Steuern und eben die Staatsverschuldung). Eine empirisch nur schwer widerlegbare These könnte dann lauten, dass die merklichen Ausgaben insbesondere kurz vor den Wahlterminen angehoben werden, um Wählerstimmen zu gewinnen, und dass diese Leistungen mit unmerklichen Einnahmearten – vorzugsweise der Staatsverschuldung – finanziert werden, um keine Wähler zu verlieren. Die öffentliche Kreditaufnahme würde auf diese Weise als Spezialfall der unmerklichen Besteuerung zu Zwecken des politischen Machterhalts missbraucht.

      Einen weiteren Einfluss nichtökonomischer Art üben politisch-institutionelle Faktoren wie zum Beispiel das Parteiensystem aus. Im Rahmen der Verfassungsordnung müssen die politischen Parteien in ihren Entschlüssen ja frei und voneinander unabhängig sein. Doch gerade das scheint, insbesondere in Mehrparteien-Koalitionen, auf dem Rücken der Staatsverschuldung ausgetragen zu werden. Dazu einige stilisierte empirische OECD-Befunde: Je größer die Parteien-Polarisierung in einer Mehrparteien-Koalition, desto größer die Verschuldungsneigung; je wahrscheinlicher die Abwahl der amtierenden Regierung, desto größer ihr Hang zur Kreditfinanzierung staatlicher Leistungen; je kürzer die durchschnittliche Amtszeit einer Regierung, desto größer die eingegangenen Defizite, und je größer die Zahl der Koalitionspartner, desto größer die Staatsverschuldung.

      Was steckt hinter diesen Beobachtungen? Hier eine mögliche Erklärung: Alle Koalitionspartner mögen Budgetkürzungen einer Fortführung großer Haushaltsdefizite vorziehen; jeder einzelne Koalitionspartner jedoch will seinen speziellen Budgetanteil, also zum Beispiel die von seiner Partei verwalteten Ministerien, vor Kürzungen bewahren. Fehlen nun Anreize und Mechanismen, die eine kooperative Lösung dieses fundamentalen Gefangenendilemmas bewirken könnten, dann wird die nichtkooperative Lösung, die einfach darin besteht, das Budget an keiner Stelle zu kürzen, äußerst wahrscheinlich. Dies umso mehr, je schwieriger der Einigungsprozess ist; und der Einigungsprozess ist natürlich in der Tat umso schwieriger, je größer die Polarisierung innerhalb einer Koalition, je wahrscheinlicher eine baldige Abwahl und je größer die Zahl der Koalitionspartner. Haushaltsdefizite und wachsende Schuldenberge sind damit auch ein Ergebnis der Schwierigkeiten des politischen Managements in Koalitionsregierungen.

      Ist die Macht verteilt, zum Beispiel zwischen Bundestag und Bundesrat, zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, zwischen den politischen Parteien innerhalb einer Koalition oder zwischen den Parteien als Folge der im Zeitablauf stattfindenden Machtwechsel, dann steigt die Wahrscheinlichkeit einer intertemporal ineffizienten Budgetpolitik sprunghaft an. In all diesen Fällen der Machtaufteilung treten typischerweise strategische Faktoren auf den Plan, wobei dem Ausbalancieren gegenwartsorientierter Interessengruppen jedes Mal eine Schlüsselrolle zufällt.

      Der Verschuldungstrend kann nur durch eine Einwirkung auf die Anreizmechanismen der Wettbewerbsdemokratie selbst gestoppt werden. Diese Einwirkung könnte auf der Verfassungsebene erfolgen, sich auf das Budgetverfahren beziehen, die Gestalt einer (intertemporalen) Budgetausgleichsvorschrift annehmen, die Zweckbindung von Steuereinnahmen für Zins- und Tilgungsdienste beinhalten, die Teilausgliederung des Instruments der staatlichen Kreditaufnahme aus dem parteipolitischen Prozess fordern oder auf die supranationale Ebene verlegt werden.

      Eine Anhebung der Staatsausgaben muss letztlich durch eine Anhebung der Steuern finanziert werden; die Wahl zwischen einer Steuer- und einer Kreditfinanzierung ist in Wahrheit nur eine Wahl des Timings der Besteuerung, nicht aber eine Wahl zwischen höheren Steuern und Steuervermeidung. Im Allgemeinen ist der Zeitabschnitt dieses „Timings“ größer als der wahltaktisch begründete Zeithorizont demokratisch gewählter Regierungen. Diese Zeitinkonsistenz verleitet die an Machterhalt interessierten Regierungen, aber auch die auf Gegenwartskonsum fixierten Wähler, zu irreversiblen Vermögens­umverteilungen zulasten zukünftiger Generationen.

      Der Zeithorizont der Wähler spielt also ebenfalls eine wesentliche Rolle. Damit gewinnt im politökonomischen Prozess ein bisher wenig beachteter Faktor an Bedeutung: die Altersstruktur der Bevölkerung. Gegenwartsorientierte Wähler ziehen eine Kreditfinanzierung öffentlicher Leistungen einer Steuerfinanzierung insbesondere dann vor, wenn sie damit rechnen, dass die Zins- und Tilgungsphase außerhalb ihrer eigenen ökonomischen Lebenszeit liegt. Die insbesondere in der Bundesrepublik Deutschland zu beobachtende Überalterung der Bevölkerung verkürzt diese durchschnittliche Restzeit und erhöht damit die generelle Präferenz für eine staatliche Verschuldung. Eine entsprechende Vorverlagerung von Ressourcenansprüchen zeichnet sich als geradezu unvermeidliche Folge ab. Wie könnte sie unterbunden werden? Wer ist daran überhaupt interessiert?

      Die später Betroffenen können ihre Interessen heute noch nicht artikulieren; zum größten Teil sind sie noch gar nicht geboren. Eine indirekte Beteiligung am heutigen politischen Prozess ist nur über eine konstitutionelle Begrenzung der Staatsverschuldung denkbar. Jedoch: Wenn es konstitutioneller Vorschriften bedarf, um zukünftige Bürger zu schützen, wie können solche Vorschriften heute eingeführt werden? Dies hängt entscheidend von der Haltung der gegenwärtigen Wähler ab; sie bestimmen über den politischen Rückkopplungsprozess, ob die Mechanismen repräsentativer Demokratien zu einer Ausbeutung zukünftiger Steuerzahler führen oder nicht. Ein Konsolidierungsdruck von finanzpolitischem Gewicht wird freilich nur dann entstehen, wenn es individuelle Bindungen an die Zukunft gibt. Eine natürliche Brücke zur Zukunft sind zum Beispiel Kinder. Je größer der Bevölkerungsanteil kinderloser Personen, desto geringer, ceteris paribus, das durchschnittliche Interesse an fernen Finanzierungsfragen. Medizinischer Fortschritt, materieller Wohlstand und veränderte Wertmaßstäbe haben in vielen hoch entwickelten Volkswirtschaften in der Tat zu einem drastischen Geburtenrückgang geführt. Ein Fortgang dieser demografischen Entwicklung höhlt noch so kunstvolle Konzepte eines intergenerationellen Altruismus aus und lässt Verfassungsgrenzen der Staatsverschuldung immer dringlicher werden. Indes: Welche Mehrheit soll am Ende noch für eine verfassungsmäßige Budgetausgleichsvorschrift eintreten? Hier manifestiert sich eine besorgniserregende Zukunftsschwäche der Wettbewerbsdemokratie.

      Eine radikale konstitutionelle Reform bestünde in einer Teilausgliederung des Instruments der öffentlichen Kreditaufnahme aus dem politischen Prozess. Während die Gestaltung der öffentlichen Ausgaben (letztlich übrigens der Hauptauslöser aller Verschuldungsprobleme) und Steuereinnahmen nach wie vor der jeweiligen Regierung überlassen bliebe, wären dem Gesamthaushalt exogene Kreditgrenzen gesetzt – sei es in Form eines mittelfristigen Budget­ausgleichs oder in Form einer nicht zu überschreitenden Verschuldungsquote –, deren Kontrolle einer unabhängigen Institution zu übertragen wäre, zum Beispiel dem Bundesrechnungshof.

      Quelle: http://www.cicero.de/97.php?ress_id=10&item=2517 …
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 12:35:07
      Beitrag Nr. 573 ()
      Eigentlich ein Witz:

      Seit dem 01.01.2004 gehört die Zahlung eines Sterbegeldes nicht mehr zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung.

      Dafür gibt es jetzt eine Abwrackprämie (für Autos).

      Krank!
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 12:43:49
      Beitrag Nr. 574 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.397.345 von Maraho am 18.01.09 10:50:09Christine Ax
      2008 - Was war und was wird
      30. Dezember 2008


      Trügerische Ruhe in den Wohnzimmern, die Arbeitslosen und Hartz IV-Empfänger von morgen kaufen ein. Wer weiß, wie lange sie es noch dürfen. Diejenigen, die das Malheur angerichtet haben, erklären, dass es sich um ein unabwendbares Geschick gehandelt habe und greifen noch tiefer in das Schatzkästlein. Die Welt hofft auf den Stern von Chicago, der uns allen in diesem Jahr als Zeichen der Hoffnung gesandt wurde. Obama muss alles richten.

      Satire, das ist, wenn wir den Tönen des Autoradios lauschend darüber lachen, dass "wir so lange in die Wärme geflogen sind, bis es auch bei uns warm genug war". Was werden die Nachgeborenen über uns denken? Was denken die Mütter, Väter und Kinder auf den Neupapuea, die von den Folgen betroffen sind: von real existierenden Riesenwellen. Menschen, die keine Häuser und kein Trinkwasser mehr haben.

      Das Eis, auf dem wir tanzen, wird immer dünner. In den Orchesterpausen lauscht das Publikum verträumt auf das Grollen und Knirschen unter unseren Füßen. Alles wird gut? Ein Wintermärchen.

      Aber es gibt auch gute Nachrichten. Die Konzernlenker unter den anderen Sternen, die noch im letzten Jahr von fetteren Autos träumten, setzen auf das Elektroauto. Mit der einen Hand nehmen sie die Glückwünsche für dieses Umdenken entgegen, während sie die andere Hand aufhalten, damit die Menschen, die sie um ihre Zukunft betrogen haben, die Fehler bezahlen, die sie gemacht haben.

      Und noch nie war der alte Spruch so wahr wie heute: Wer hat uns verraten? Die Sozialdemokraten! Die Arbeiterklasse wurde von ihr zur Unterschicht und „bildungsarmen Schicht“ umgedeutet, mit der niemand etwas zu tun haben möchte. Sie schon gar nicht.

      Diese gut bezahlten Sozial-Bürokraten und Funktionäre, Beamten und Angestellten sitzen satt und vermeintlich gut abgesichert in ihren Mittelstandshäusern und lassen Alarmanlagen einbauen, damit der Frieden nicht gestört wird. Während vor allem die Familienunternehmer und Entrepreneurs schlecht schlafen, denn sie wissen nicht, wie sie ihren langjährigen Mitarbeitern, die sie persönlich gut kennen, erklären sollen, dass nun auch für sie bald Schicht im Schacht ist. Noch lauscht die Welt ungläubig staunend den Bänkern, die uns im Fernsehen immer noch die Krise und die Welt erklären dürfen anstatt sie zu verantworten.

      Wie lange noch? Die Zeiten, in denen die Welt über die Almosen geredet hat, die von den Tischen der Superreichen an die Ärmsten verteilt wurden, sind vorbei. Es geht ab sofort nicht mehr um Almosen. Es geht um Gerechtigkeit. Die Eliten haben versagt.

      Die Milliarden, die jetzt für die Banken und die Automobilindustrie benötigt werden, werden bezahlt werden. 2009 wird ein politisches Jahr.

      Quelle: http://www.politik-poker.de/2008-was-war-und-was-wi…
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 12:45:28
      Beitrag Nr. 575 ()
      London plant angeblich Versicherung für Banken
      vor 17 Min.

      London (dpa) - Neue Nothilfe für die angeschlagenen Banken in Großbritannien: Die Regierung will die taumelnden Bankenriesen gegen die Risiken ihrer faulen Kredite versichern und den Steuerzahler dafür bürgen lassen.

      Banken drohen laut Bericht weitere Milliarden-Verluste. Die staatliche Versicherung soll den Banken als Sicherheitsnetz dienen und das blockierte Kreditgeschäft wieder ankurbeln, wie britische Medien am Sonntag berichteten. Demnach sollen die Banken ihre faulen Kredite und Ramschpapiere offenlegen und gegen eine Gebühr gegen Zahlungsausfälle und Verluste absichern.

      Eine Versicherung auf Staatskosten sei weniger kompliziert als die Schaffung einer staatlichen «Bad Bank», in der vergifteten Anlagen gebündelt würden, berichteten Medien unter Berufung auf Regierungskreise. Die Pläne würden die Banken zwingen, reinen Tisch zu machen und sämtliche noch geheimen Belastungen offenzulegen.

      Das Projekt solle schon in den nächsten Tagen verkündet werden. Möglich sei auch, dass die Regierung die bereits verstaatlichte Bank Northern Rock zu einer «Good Bank» machen werde, die der Wirtschaft oder Hausbesitzern, die ihre Hypotheken nicht mehr zahlen können, Kredite gewähren könnte.

      Premierminister Gordon Brown forderte die Banken auf, reinen Wein über das Ausmaß ihrer faulen Kredite einzuschenken. Zugleich warnte er in der «Financial Times» vor einer finanzpolitischen Isolation, bei der sich die Banken auf ihre Heimatmärkte zurückziehen.

      Das Volumen «toxischer Kredite» in den Büchern der britischen Banken wird auf 200 Milliarden Pfund (220 Mrd Euro) geschätzt. Diese Lasten gelten als Grund dafür, dass die Banken nur noch zögerlich Kredite vergeben, wodurch Unternehmen das Geld ausgeht und ein weiterer Stellenabbau droht. Als Grund für das neue Hilfs-Projekt gilt auch die Sorge, dass die Banken in den kommenden Wochen bei der Präsentation ihrer Geschäftszahlen hohe Verluste offenbaren müssen.

      Mit einem ungewöhnlichen Schritt versuchte die Großbank Barclays, ihre verunsicherten Anleger zu beruhigen. Nach einem drastischen Kurseinbruch gewährte die Bank einen vorgezogenen Einblick in ihre Bilanzen und stufte ihren Gewinn vor Steuern für 2008 über den von Analysten vorhergesagten Wert von 5,3 Milliarden Pfund (5,8 Milliarden Euro) ein. Für den Einbruch der Papiere auf dem Londoner Börsenparkett gebe es keine Rechtfertigung, hieß es in der Stellungnahme des Bankenvorstands.

      Mit der Kredit-Versicherung will die Regierung den Berichten zufolge wieder Vertrauen herstellen, indem eine Grenze für die Verluste der Banken gezogen wird. Unklarheiten gebe es noch über die Bewertung der faulen Kredite und die Auswirkungen des Projekts auf die internationale Bankenwelt.

      Im Oktober hatte die Regierung ein erstes großes Hilfspaket im Volumen von 500 Milliarden Pfund für die Banken aufgelegt. Neben Garantien für Leihgeschäfte und frischem Geld der Notenbank für den Finanzkreislauf konnten sich die Banken im Tausch gegen Aktien auch mit direkten Finanzspritzen vom Steuerzahler versorgen. Bisher nahmen die Royal Bank of Scotland, die Halifax Bank of Scotland und Lloyds TSB davon insgesamt 37 Milliarden Pfund in Anspruch. Die beiden anderen Großbanken HSBC und Barclays verzichteten bislang auf direkte staatliche Finanzspritzen.
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 12:48:04
      Beitrag Nr. 576 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.397.743 von Aktienkrieger am 18.01.09 12:45:28Danke für den Beitrag! Gruß von Maraho
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 12:53:36
      Beitrag Nr. 577 ()
      Ich weiß nicht, was man uns damit sagen will...

      http://www.tagesspiegel.de/medien/hermes/cme1,251113.html
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 13:33:32
      Beitrag Nr. 578 ()
      Steinbrück plant harte Sanktionen gegen «Steueroasen»
      Deutscher Finanzminister will Zahlungen an Firmen in unkooperativen Staaten erschweren

      Der deusche Finanzminister Peer Steinbrück will mit einer massiven Verschärfung des Steuerrechts gegen Staaten vorgehen, die der Steuerhinterziehung Vorschub leisten und die Kooperation mit deutschen Behörden verweigern. Im Visier könnte auch die Schweiz sein.

      zz. Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters sollen gemäss einem Gesetzentwurf alle Zahlungen an Firmen in unkooperativen Staaten nicht mehr als Betriebsausgaben anerkannt werden, sofern die Regierung eine Verordnung dazu erlässt. Einen entsprechenden Bericht der Zeitung «Tagesspiegel am Sonntag» bestätigte ein Ministeriumssprecher am Samstag in Berlin.

      Es gehe dabei um Staaten, die sich nicht an die von der OECD festgelegten Kriterien für steuerliche Transparenz und Zusammenarbeit in den Finanzbehörden halten. Käme es zu einer entsprechenden Verordnung der Regierung, könnte dies bei konsequenter Anwendung den Geschäftsverkehr mit den Staaten weitgehend blockieren. Zum einen würden die verbreiteten Umwegzahlungen über Steueroasen unterbunden, mit denen viele Firmen ihre Gewinne der deutschen Besteuerung entzögen. Zugleich würden die Dienstleistungen der Banken und sonstigen Steuerfluchthelfer - etwa aus Guernsey und Cayman Islands - sehr teuer, weil sie nicht mehr steuerlich geltend gemacht werden könnten.

      Ein Ministeriumssprecher sagte laut Reuters, der Gesetzentwurf befinde sich in der Abstimmung zwischen den Ressorts. Es gehe darin um die nationalen Schritte zur Austrocknung der Steueroasen. Zusätzlich werde auch ein international abgestimmtes Vorgehen vorbereitet.

      Quelle: http://www.nzz.ch/nachrichten/wirtschaft/aktuell/deutscher…
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 13:44:17
      Beitrag Nr. 579 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.397.660 von Maraho am 18.01.09 12:24:41Hallo Maraho,

      ein hervorragender Artikel.

      >Eine Anhebung der Staatsausgaben muss letztlich durch eine Anhebung der Steuern finanziert werden; die Wahl zwischen einer Steuer- und einer Kreditfinanzierung ist in Wahrheit nur eine Wahl des Timings der Besteuerung, nicht aber eine Wahl zwischen höheren Steuern und Steuervermeidung. Im Allgemeinen ist der Zeitabschnitt dieses „Timings“ größer als der wahltaktisch begründete Zeithorizont demokratisch gewählter Regierungen. Diese Zeitinkonsistenz verleitet die an Machterhalt interessierten Regierungen, aber auch die auf Gegenwartskonsum fixierten Wähler, zu irreversiblen Vermögens­umverteilungen zulasten zukünftiger Generationen.

      Der Zeithorizont der Wähler spielt also ebenfalls eine wesentliche Rolle. Damit gewinnt im politökonomischen Prozess ein bisher wenig beachteter Faktor an Bedeutung: die Altersstruktur der Bevölkerung. Gegenwartsorientierte Wähler ziehen eine Kreditfinanzierung öffentlicher Leistungen einer Steuerfinanzierung insbesondere dann vor, wenn sie damit rechnen, dass die Zins- und Tilgungsphase außerhalb ihrer eigenen ökonomischen Lebenszeit liegt. Die insbesondere in der Bundesrepublik Deutschland zu beobachtende Überalterung der Bevölkerung verkürzt diese durchschnittliche Restzeit und erhöht damit die generelle Präferenz für eine staatliche Verschuldung. Eine entsprechende Vorverlagerung von Ressourcenansprüchen zeichnet sich als geradezu unvermeidliche Folge ab. Wie könnte sie unterbunden werden? Wer ist daran überhaupt interessiert?

      Die später Betroffenen können ihre Interessen heute noch nicht artikulieren; zum größten Teil sind sie noch gar nicht geboren. Eine indirekte Beteiligung am heutigen politischen Prozess ist nur über eine konstitutionelle Begrenzung der Staatsverschuldung denkbar.
      <

      und:

      >Ein Fortgang dieser demografischen Entwicklung höhlt noch so kunstvolle Konzepte eines intergenerationellen Altruismus aus und lässt Verfassungsgrenzen der Staatsverschuldung immer dringlicher werden. Indes: Welche Mehrheit soll am Ende noch für eine verfassungsmäßige Budgetausgleichsvorschrift eintreten? Hier manifestiert sich eine besorgniserregende Zukunftsschwäche der Wettbewerbsdemokratie.<

      Genau das ist es.

      Demokratie und Wachstum als Basis des Kapitalismus über immer neue Verschuldung geraten in Konflikt.

      Ich befürchte darum auch, dass nicht nur unser wirtschaftliches, sondern auch unser politisches System hier und jetzt an seine Grenzen stößt.

      Mit Wirtschaft und Börse beschäftige ich mich seit zwölf Jahren intensiv, und seit etwa zehn Jahren habe ich auch die Konsequenzen aus den Erkenntnissen gezogen. Wohnlage in guter Infrastruktur, die ein Leben ohne Auto ermöglicht, möglichst gute Einkommen-Ausgaben-Balance ohne Kredite, alles Geld und alle Energie in die Ausbildung und Förderung der Kinder stecken.

      Und was muss ich nun sehen?! Die, die ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben, die Banken, die uns abkassierten und dazu noch ihr Eigenkapital in Hedgefonds-Manier verzockt haben, und die Autobauer, die am Markt vorbeigeplant haben, bekommen das Geld meiner Kinder! Meines natürlich auch - denn wie es ausschaut, werde ich als Rentner nach 47 Berufsjahren wohl zelten müssen! Oder wie soll das alles gehen? :confused:

      Die versuchen gerade, den Bürger für blöd zu verkaufen, nach dem Motto, "nun freut euch aber auch schön über die Geschenke!" Aber wie ich so lese, ist der "Bauer" (Bürger im Amtsdeutsch) nicht so dumm wie der Staat glaubt, dass er sei. Über die vielen kritischen Stimmen zum Rettungspaket bin ich geradezu überrascht, auch wenn die "Stones" genau dieses zu vermeiden hofften.
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 13:54:01
      Beitrag Nr. 580 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.397.908 von Maraho am 18.01.09 13:33:32Zugleich würden die Dienstleistungen der Banken und sonstigen Steuerfluchthelfer - etwa aus Guernsey und Cayman Islands - sehr teuer, weil sie nicht mehr steuerlich geltend gemacht werden könnten.

      Den Satz finde ich ein bisschen witzig. Ich meine, wie hoch ist denn unsere Inanspruchnahme von Dienstleistungen aus Guernsey und von den Cayman Inselns? :laugh:
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 14:43:17
      Beitrag Nr. 581 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.397.942 von kevine1 am 18.01.09 13:44:17Servus kevine,

      Ich befürchte darum auch, dass nicht nur unser wirtschaftliches, sondern auch unser politisches System hier und jetzt an seine Grenzen stößt.

      Ich befürchte, die Grenzen sind bereits überschritten.
      Wir (die BRD) befinden uns, so denke ich, in der Abwicklung!

      Einen schönen Sonntag wünscht Dir
      Maraho
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 14:45:13
      Beitrag Nr. 582 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.397.984 von kevine1 am 18.01.09 13:54:01 Den Satz finde ich ein bisschen witzig.
      Nur diesen Satz? Das Ganze ist witzig!
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 15:41:05
      Beitrag Nr. 583 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.398.166 von Maraho am 18.01.09 14:43:17„Die Bundesrepublik Deutschland ist die Organisationsform einer Modalität der Fremdherrschaft”. Carlo Schmid am 18. September 1948 vor dem Parlamentarischen Rat zu Bonn, angesichts der noch fortdauernden Befugnisse der drei Besatzungsmächte.

      Carlo Schmid gehört zu den Vätern des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland
      http://de.wikipedia.org/wiki/Carlo_Schmid …

      Für alle die es interessiert (das sollte eigentlich jeden interessieren), ein Hinweis zum Thema:

      Was heißt eigentlich: Grundgesetz?
      Rede des Abgeordneten Dr. Carlo Schmid (SPD) im Parlamentarischen Rat am 8. September 1948

      Die Rede ist auch auf der wikipedia-Seite als PDF zu finden. Dafür unter Weblinks (ganz unten) auf Carlo Schmid: "Was heißt eigentlich Grundgesetz?" - vollständige Rede des Abgeordneten Dr. Carlo Schmid gehen.
      Nochmals der Link: http://de.wikipedia.org/wiki/Carlo_Schmid …

      Viel Spaß bei der "Spurensuche" und einen angenehmen Sonntag-Nachmittag. Gleichfalls vielen Dank für das Interesse und die Beteiligung.

      Maraho
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 16:13:14
      Beitrag Nr. 584 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.398.416 von Maraho am 18.01.09 15:41:05Eines noch zum besseren Verständnis:

      Ist zwar schon etwas älter (2003), neueres ist schwer zu finden...

      US-TRUPPEN IN DEUTSCHLAND
      Nur jeder fünfte Amerikaner wird abgezogen
      Deutschland bleibt das Land mit den meisten stationierten US-Soldaten. Nur jeder fünfte Mann soll tatsächlich abgezogen werden, berichtet die "Süddeutsche Zeitung". Die Amerikaner sähen Deutschland trotz des transatlantischen Streits über die Irak-Politik als verlässlichen Verbündeten.
      http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,2757…

      http://www.defenselink.mil/pubs/allied_contrib2002/02-Ch…
      http://www.fluglaerm.de/hahn/oeffent/zeitungsartikel…
      http://de.wikipedia.org/wiki/Spangdahlem_Air_Base …
      http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/themen/Standorte/g…

      Briten gibt es auch noch: http://de.wikipedia.org/wiki/Britische_Streitkr%C3%A4fte…

      Nur die Russen sind weg.
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 16:25:34
      Beitrag Nr. 585 ()
      Das Letzte:

      Die Leute scheinen es langsam leid zu sein...


      Zweite Wahl innerhalb eines Jahres
      Geringes Interesse bei Hessen-Wahl

      Bei nass-kaltem Winterwetter hat die vorgezogene Landtagswahl in Hessen begonnen. Bis zum Mittag zeichnete sich eine etwas geringere Beteiligung ab als vor einem Jahr. Knapp 4,4 Millionen Bürger entscheiden über die Zusammensetzung der Volksvertretung in Wiesbaden.


      HB FRANKFURT/MAIN. Bei nass-kaltem Winterwetter hat die Landtagswahl in Hessen am Sonntag schleppend begonnen. Bis zum Mittag zeichnete sich eine etwas geringere Beteiligung ab als vor einem Jahr. „Es ist ein bisschen glatt draußen, vielleicht trauen sich die Leute nicht“, sagte Wahlamtsleiter Achim Bastian aus Wetzlar.

      In Kassel hatten bis 12.00 Uhr 15,1 Prozent der Stimmberechtigten gewählt, gut drei Prozentpunkte weniger als vor einem Jahr. In Hanau lag die Beteiligung mit 14,3 Prozent nur um etwa 1,5 Punkte unter dem Vorjahreswert. In Wetzlar hatten bis zum Mittag 12,5 Prozent gewählt (gut drei Prozentpunkte weniger), in Gießen 12,4 Prozent (minus 4,4 Punkte).

      Es ist die zweite Landtagswahl in Hessen innerhalb eines Jahres. Die vorgezogene Neuwahl wurde notwendig, nachdem im November der Versuch der SPD-Landesvorsitzenden Andrea Ypsilanti gescheitert war, eine rot-grüne Minderheitsregierung zu bilden. Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) hatte im Parlament ebenfalls keine Mehrheit und ist seit dem 5. April 2008 nur noch geschäftsführend im Amt. Die Union kämpft für eine weitere Amtszeit für Koch. Die SPD strebt unter der Führung von Thorsten Schäfer-Gümbel den politischen Wechsel an.

      Laut Umfragen kann Roland Koch auf eine Mehrheit zusammen mit der FDP rechnen. Der SPD droht dagegen in ihrem Stammland der Absturz auf ein historisches Tief um 25 Prozent. Grüne und FDP können von Zuwächsen und zweistelligen Ergebnissen ausgehen. Ob die Linke erneut den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde schafft, war den Umfragen zufolge ungewiss.

      Quelle: http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/gerin…
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 16:40:51
      Beitrag Nr. 586 ()
      Ist doch sowas von egal, wer gewählt wird.
      Müssen doch sowieso bald von den Laternenpfählen runtergeholt werden, da hab ich keinen Zweifel.
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 16:41:59
      Beitrag Nr. 587 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.398.166 von Maraho am 18.01.09 14:43:17Richtig, wir werden nur noch "abgewickelt". Perspektiven hat die Regierung nicht wirklich.

      Hangeln sich durch bis zur nächsten Bundestagswahl, wie gehabt. Machterhalt und dann erst wieder ein paar unbeliebte Maßnahmen wie Steuererhöhungen etc.

      Hast Du das hier gelesen?

      http://www.in.gov/legislative/bills/2009/IN/IN0453.1.html

      Der Bundesstaat Indiana hat einen Gesetzesentwurf für elektronisches Gold herausgegeben. Wahlweise bzw. wenn elektronisches Gold ausverkauft ist, soll man Staatsanleihen bekommen können, wenn man Bezugsempfänger des Staates ist.

      Ich bin kein Gold-Bug und nehme das noch nicht weiter ernst, beobachte nur die Geschehnisse. Aber interessant, dass überhaupt in der Richtung gedacht wird.
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 17:07:03
      Beitrag Nr. 588 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.398.639 von Borealis am 18.01.09 16:40:51 Ist doch sowas von egal, wer gewählt wird.
      Müssen doch sowieso bald von den Laternenpfählen runtergeholt werden, da hab ich keinen Zweifel.

      Die werden sich vorher absetzen. Stichwort: Bundeswehr im Inneren!

      Gruß Maraho
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 17:20:17
      Beitrag Nr. 589 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.398.646 von kevine1 am 18.01.09 16:41:59Absolut interessant!
      Argentinien ist übrigens ein gutes Beispiel, wie es kommen könnte:

      Argentinien: Arbeitsplatz als Gewinn in TV-Show
      Das große Los

      Eine attraktive Marktlücke hat der argentinische Fernsehsender "Canal 13" inmitten der tiefen Wirtschaftskrise des Landes entdeckt. Zwei Kandidaten müssen in einer Sendung im Wettbewerb um einen Arbeitsplatz gegeneinander antreten. Die Sendung ist ein Quotenrenner, die Bewerber drängen sich und breiten ihr Privatleben aus, um in die Vorauswahl für die Sendung zu kommen.

      Von ANTJE KRÜGER

      Die ersten kommen schon um fünf Uhr morgens zum Theater Luz y Fuerza in einer der engen Straßen im Zentrum von Buenos Aires. Um acht Uhr, wenn die Türen des heruntergekommenen Saales geöffnet werden, ist die Schlange mehrere hundert Meter lang. Die hier anstehen, wollen nicht ins Theater. Sie hoffen auf einen Arbeitsplatz. Der private Sender Canal 13 hat die Räume des Theaters gemietet und zum Casting, zur Rollenbesetzung, für die wohl fragwürdigste TV-Show gerufen, die aus der Krise in Argentinien entstanden ist. Bis zu 400 Personen bewerben sich täglich. Sie treibt nicht Exhibitionismus oder die Hoffnung auf den Einstieg ins Showgeschäft. Sie treibt nur eins: Sie wollen arbeiten, sie können arbeiten, aber sie finden keinen Arbeitsplatz. Und Recursos Humanos (Arbeitskräfte), so der Name des Programmes, erscheint da als Retter.

      Die Sendung vergibt
      täglich einen Arbeitsplatz mit halbjährigem Zeitvertrag an einen der Kandidaten, die es bis ins Fernsehen geschafft haben. Dafür füllen die Bewerber geduldig Formulare aus, halten Lebenslauf und Arbeitsbescheinigungen bereit. Stundenlang hocken sie auf den harten Theatersitzen und warten darauf, zu einem ersten Gespräch an einen der Tische auf der Bühne gerufen zu werden. Nur zwei von ihnen werden schließlich für die Sendung ausgewählt und zumeist nur einer von ihnen wird den begehrten Arbeitsvertrag mit nach Hause nehmen. Seit dem 15. April diesen Jahres läuft die Sendung, und schon bis Mitte August gab es über 160 "glückliche Gewinner".

      Die Hoffnungen sind groß. Das
      zeigt die Schlange zur Vorauswahl für die Sendung an. Oder ist es eher die Verzweiflung? Im Dezember des vergangenen Jahres kollabierte die Wirtschaft Argentiniens nach mehr als vier Jahren Rezession. Supermärkte wurden geplündert, tütenweise schleppten die Leute Lebensmittel nach Hause. Das Zentrum von Buenos Aires wurde bei den Unruhen verwüstet, es gab Tote. Präsident Fernando de La Rúa floh am 20. Dezember 2001 im Helikopter vor den wütenden Menschenmassen und trat zurück. Ihm folgten in nur acht Tagen vier weitere Präsidenten. Der Ausnahmezustand wurde verhängt. Das Land schien gescheitert, die Situation ausweglos. Mit rund 150 Milliarden US-Dollar Schulden erklärte sich Argentinien zahlungsunfähig. Der Bankrott war spektakulär, denn bis zur Pleite galt Argentinien als Musterkind von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank.

      Als eine der Folgen dieser schwersten Wirtschaftskrise seit hundert Jahren stieg die Arbeitslosigkeit sprunghaft an. In nur einem Jahr verloren in dem 37 Millionen Einwohner zählenden Land 755.000 Beschäftigte ihren Job. Im Juni 2002 wurde vom INDEC, dem Statistischen Amt Argentiniens, der historische Arbeitslosenrekord von 21,5 Prozent gemeldet. Nie zuvor in der Geschichte
      waren mehr als 3 Millionen Menschen arbeitslos. Auch die Abwertung des Pesos konnte die Entlassungswelle nicht mehr stoppen, denn inzwischen hatte die Krise auch Argentiniens großen Nachbarn Brasilien angesteckt, sodass die verbilligten Exportpreise nicht den erhofften Ausfuhrerfolg brachten. Weil niemand mehr Geld hat zum Investieren, liegt die Baubranche faktisch brach. Allein in der Provinz Buenos Aires, der reichsten des Landes, haben heute über die Hälfte der Bauarbeiter keine Stelle. Ebenfalls stark betroffen sind Hausangestellte, von denen über ein Viertel keine Arbeit mehr haben, sowie die Industrie, wo mehr als ein Fünftel der Arbeiter und Angestellten erwerbslos sind. Die Seifenblase um Argentinien ist geplatzt. Niemand glaubt mehr, was noch in den neunziger Jahren eine berechtigte Hoffnung schien: dass das Land als eines der stärksten Lateinamerikas auf dem Weg in die "Erste Welt" ist. Canal 13 war der erste Sender, der in dieser Krise eine Geschäftschance sah und die Not auf dem Arbeitsmarkt für den Sender vermarktete. Die Idee zu "Recursos Humanos" ist so simpel wie erfolgreich. Interessierte Arbeitgeber melden ihren Bedarf nach einer Arbeitskraft beim Sender an. Eine von Canal 13 extra dafür angeheuerte Personalvermittlungsfirma sucht unter den Bewerbern die geeignetsten zehn bis fünfzehn aus. Gemeinsam mit dem künftigen Arbeitgeber entscheidet dann die Redaktion über die beiden Kandidaten, die in das Fernsehprogramm kommen, die Arbeitgeber unter dem Aspekt, ob die Kandidaten den künftigen Arbeitsanforderungen genügen werden, die Redaktion, ob sich die Geschichte der Kandidaten fernsehgerecht verkaufen lässt. Sind die beiden Kandidaten dann auf Sendung, darf das Fernsehpublikum für wenige Augenblicke Schicksal spielen und mit seinem telefonischem Votum darüber entscheiden, ob Kandidat A oder B den begehrten Arbeitsplatz erhält.

      Im Theater Luz y Fuerza hat die Vorauswahl der Kandidatinnen begonnen. Heute geht es um einen Platz als Reinigungskraft. Viele der Frauen, die sich bewerben, haben die 40 überschritten und kommen aus einfachen Verhältnissen. Geduldig sitzen sie im Theater, die Formulare in der Hand und warten auf ihr Vorstellungsgespräch. Im Saal herrscht eine eigenartig angespannte Stille, die nur vom gedämpften Murmeln an den Gesprächstischen auf der Bühne durchbrochen wird.

      "Ich bin um vier Uhr von zu Hause
      losgelaufen, denn Geld für den Bus hatte ich nicht mehr", erzählt Juana Gómez, eine der Bewerberinnen. Jeden Tag geht die 47-Jährige viele Kilometer durch die Stadt auf
      der Suche nach Anzeigen, kleinen Zetteln an den Türen von Geschäften, an Häuserwänden oder Laternen, nach irgendetwas, das Arbeit verspricht. Aber nie hat sie etwas für ihr Alter gefunden. Und jeden Tag sieht sie Recursos Humanos in der Hoffnung, dass einmal ein Gesuch auf sie zutreffen könnte. Heute ist sie hier, weil ausnahmsweise mal keine Altergrenze gesetzt wurde. "Woanders suchen sie höchstens bis 35. Da habe ich keine Chance."

      Juana Gómez hatte zuvor ein Jahr und zwei Monate in einem Restaurant in Buenos Aires gearbeitet. Für alles war sie zuständig: Reinigung, Einkauf, Verwaltung, Bedienung. Nur für einen Monat hat sie Lohn erhalten. "Sie sagten, wir werden dich schon bezahlen, und ich habe ihnen vertraut. Aber dann haben sie zugemacht und ich hatte nichts mehr, keine Arbeit und kein Geld. Ich war am Ende. Jetzt sage ich mir, ich muss vorwärts gehen. Und hier bin ich", sagt sie. Man merkt, dass ihre Überzeugung sie viel Kraft kostet.

      María Christina Caceres, die neben Juana Gómez auf das Gespräch für die Vorauswahl der Kandidaten wartet, ist seit acht Monaten arbeitslos. Auch sie wendet sich an Recursos Humanos, weil im Gesuch keine Altersgrenze gesetzt wurde. Ihr Blick ist unstet. Sie ist schon das zweite Mal hier. "Das erste Mal als Textilarbeiterin hat es
      nicht geklappt, doch die Leute vom Fernsehen haben gesagt, ich soll immer wieder kommen und den Mut nicht verlieren", sagt sie. Auch wenn es heute nicht klappen sollte, werde sie wiederkommen, sobald eine Jobangebot auf sie zutreffe, "denn ich brauche Arbeit, egal wie."

      Ebenfalls weit über vierzig Jahre alt und verwitwet ist María Cabreras. Sie muss sich ganz alleine durchschlagen. Ihre kleine Tochter ist asthmatisch und braucht dringend Medikamente. Eigentlich ist María Cabreras Krankenschwester. Aber dafür gibt es kaum Gesuche, schon gar nicht für ihr Alter. "Ich muss aber arbeiten", sagt sie. "Und deshalb biete ich mich auch als Reinigungskraft an. Vor der Arbeit habe ich keine Angst. Hauptsache, ich kann der Wahrheit ins Auge schauen."

      Mery Isabel Galanda hat 32 Jahre lang in einer Textilfabrik gearbeitet. Im Oktober letzten Jahres wurde diese geschlossen, und die Chancen, dass die Besitzer dort erneut investieren, sind mehr als gering. Deshalb sucht Mery Isabel Galanda jetzt überall nach Arbeit. "Nach so vielen Jahren als Angestellte bitte ich heute um einen Posten als Reinigungskraft, weil es mir egal ist, als was ich arbeite. Man muss arbeiten, nicht nur als Mensch, sondern auch, um alles zahlen zu können", erklärt sie. Wie all die Frauen im Theater, die still auf das alles entscheidende Vorstellungsgespräch warten, erweckt auch sie den Eindruck, dass es sie enorme Kraft kostet, ihr Schicksal zu meistern, sie dabei aber ihre Würde nicht verliert.

      Die Zahl der Bewerber bei Recursos Humanos schwankt. "Je nach Arbeitsangebot in der Sendung kommen zwischen zehn und 400 Personen ins Theater", berichtet Andrea Gual, eine der Produzentinnen des Programms. "Vor allem, wenn es sich um Stellen ohne große Anforderungen handelt wie Supermarktkassierer, Tankstellenwärter oder heute die Reinigungskraft, ist die Schlange der
      Bewerber lang. Wenn dagegen Architekten, Designer oder andere akademische Berufe gesucht werden, kommen wenige. Die meisten mit Universitätsabschluss können sich nur schwer dazu entschließen, ihre Arbeitssuche im Fernsehen öffentlich zu machen", fährt die Journalistin fort. Dabei sind gerade die Gebildeten am stärksten von Entlassungen betroffen: Um mehr als 50 Prozent ist die Arbeitslosigkeit unter Hochschulabsolventen im letzten Jahr in der Provinz Buenos Aires gestiegen. In Berufen mit niedrigen Anforderungen an das Bildungsniveau, in der Gruppe "ohne Abschluss der Grundschule", betrug der Anstieg dagegen "nur" 16,8 Prozent.

      Während sich die meisten Akademiker schämen, nehmen die, die sich heute als Reinigungskraft für Recursos Humanos bewerben, gerne in Kauf, auch das Fernsehen in ihre Suche mit einzubinden. "Mich können sie ruhig filmen, denn ich habe nichts zu verstecken. Ich gehe hoch erhobenen Hauptes", erklärt die Witwe María Cabreras. Auch Maria Cristina Caceres sagt: "Mich stört es nicht, im Programm zu erscheinen. Das Einzige, was ich will, ist arbeiten." Und Juana Gómez hat gar die Hoffnung, dass einer ihrer früheren Chefs sie im Fernsehen sehen und sich ihrer erinnern könnte. "Ich habe immer viel gearbeitet. Als ich jung war, habe ich oft zwei bis drei Arbeitsstellen gleichzeitig gehabt. Meine Chefs haben mich immer geschätzt und vielleicht ruft mich ja einer an, wenn sie mich im Programm sehen", sagt sie.

      In Argentinien geht es nicht mehr darum, was man arbeitet, sondern, ob man überhaupt Arbeit hat. Schon vor dem eigentlichen Zusammenbruch des Landes war an den Straßenverkäufern und Schuhputzern abzulesen, dass viele jedwede Beschäftigung annehmen, wenn sie ihnen nur ein paar Pesos einbringt. Die Zahl der Taxifahrer stieg Mitte der neunziger Jahre auf 38.000 an. Viele von ihnen fahren ihr eigenes Auto. Unzählige Kioske, die in bunter Mischung Schokolade, Plastikspielzeug, Batterien und Kaugummis verkaufen, eröffneten ebenfalls in dieser Zeit. Selbständigkeit, finanziert aus Abfindungen und Krediten, war oft der einzige Ausweg nach dem Verlust des Arbeitsplatzes in der Industrie.

      Menschen, die sich mit irgendetwas über Wasser halten, prägen heute das Gesicht von Buenos Aires. Sie sind der eigentliche Spiegel der Krise und offenbaren, wie viel Wille da ist, eben nicht in die Kategorie der Kriminellen abzurutschen. Sie gehören zu den so genannten Unterbeschäftigten. Zu ihnen zählen ambulante Händler, Zeitarbeiter, Minderqualifizierte und Schwarzarbeiter. Die Unterbeschäftigten verdienen zumeist weniger als 200 Pesos im Monat (57 Euro) und liegen damit unterhalb der Armutsgrenze, die mit 210 Pesos (60 Euro) für einen erwachsenen Menschen veranschlagt wird.

      Bald an jeder Kreuzung, in den Bussen und den U-Bahnen bieten heute ambulante Händler in einem kleinen Bauchladen Schokolade, Batterien, Stifte oder Rasierklingen für einen Peso (3 Euro-Cent) an. Oder sie breiten Strümpfe, Tücher und T-Shirts auf Decken auf dem Boden aus. Auf der Shoppingmeile Florida im Zentrum von Buenos Aires sitzen inzwischen neben den flimmernden Reklamen die Straßenhändler dicht an dicht. Über 200 überwiegend junge Leute hocken am Boden und verkaufen auf Decken handgefertigte Kunst, seien es Lederarmbänder, Selbstgestricktes oder Gemaltes. In den U-Bahnen verteilen Kinder bunte Jesusbildchen und hoffen auf ein paar Cent. Ein zehnjähriges Mädchen singt immer das gleiche Kinderlied und bittet um mehr als nur Applaus. Und kommt die Nacht, teilen sich die Händler und Blumenverkäufer "ihre" Kreuzung mit Straßenkünstlern.

      Weniger als eine Minute, genau die Zeit der roten Ampelphase, dauert die Show der Jongleure, Feuerkünstler und Tänzer. Wenn die Ampel auf gelb springt, laufen sie die Autoreihen entlang und halten den Hut hin. Oft kurbeln nur zwei, drei Fahrer die Fenster runter. "Mit Glück kommen wir am Abend auf 30 Pesos (8 Euro)", erzählt Eugenia. Die 24-jährige Studentin lässt jede Nacht zusammen mit ihrer Freundin
      María auf der Avenida Corrientes die Fackeln durch die Luft wirbeln. Sie finanzieren sich ihr Theaterstudium mit den Münzen der Autofahrer. Ihre Kunst, wie die all der anderen Gaukler der Straße, ist in Buenos Aires nicht verboten. Sie wird durch das "Gesetz des Zusammenlebens, Artikel 58" geschützt und ermöglicht somit eine kleine Einnahmequelle für jeden, der etwas zu bieten hat; für Tangotänzer und lebende Statuen, für Straßenmusiker und Trommler. Trotzdem kommt an manchen Kreuzungen die Polizei und scheucht sie weg. Und wenn nicht sie, sind es die Fensterputzer, die in Windeseile die Frontscheiben der Autos für ein paar Centavos reinigen. "Die Konkurrenz auf der Straße ist viel härter geworden, seit das Land zusammengebrochen ist", sagt María.

      Denn es ist vor allem die Straße, auf der ein paar Centavos verdient werden können. So haben selbst die ewig langen Schlangen vor den Banken Anfang diesen Jahres Arbeitsplätze "geschaffen". Wer sein Geld abheben oder in Dollar umtauschen wollte, musste oft tagelang Geduld haben. Für ein paar Pesos bieten sich Arbeitslose an, den Platz in der Schlange auch über Nacht zu hüten. In Decken gehüllt, mit heißem Mate-Tee halten sie Stellung. Auch vor der spanischen oder italienischen Botschaft "arbeiten" Platzhalter. Hier winden sich die Schlangen der Wartenden oft um mehrere Häuserblocks. Angesichts der Ausweglosigkeit im eigenen Land versuchen viele, über den Nachweis ihrer spanischen oder italienischen Abstammung nach Europa zu gelangen. Bis man an die Reihe kommt, seinen Visumsantrag stellen zu können, dauert es manchmal Monate. Zum Teil stehen die Platzhalter dort für immer die gleichen "Arbeitgeber" Schlange.

      Doch der wohl größte Auswuchs der Krise wird durch die so genannten Cartoneros, die Kartonsammler, offenbar. Nach Sonnenuntergang ziehen inzwischen über 100.000 Menschen aus den Vororten durch die Straßen von Buenos Aires und durchwühlen den Müll nach Nützlichem, nach Papier, Plasteflaschen, Dosen und Essbarem. Ganze Familien mit Kindern und Großeltern streifen mit ihren Einkaufskörben oder den selbst gebauten Karren aus Metall und alten Autoreifen durch die Straßen und versuchen, schneller als die Müllabfuhr zu sein. Für ein Kilo Zeitungspapier erhalten sie fünf Centavos (0,01 Cent), für ein Kilogramm Dosen 70 Centavos (2 Cent). Bis zu 50 Kilogramm Papier sammelt jeder Cartonero täglich. Mit Glück verdienen sie mit ihrer Arbeit 50 Pesos (14 Euro) die Woche. Das Essen aus dem Müll waschen sie zu Hause mit Spülmittel ab und bereiten es neu auf. Ihnen wurde der treffende Name "Armee des Hungers" gegeben. Es sind die Ärmsten der Armen, die rund um die Stadt wohnen, aber es sind auch die Würdigsten. Sorgfältig verschließen sie zumeist die Müllbeutel wieder, die sie vorher vorsichtig durchwühlt haben. Sie verstehen sich selbst als Arbeiter, als Menschen, denen alle Chancen genommen wurden und die sich nun mit dem Müll der Anderen ehrlich über Wasser halten. "Bettler können sie mich nennen, dreckig auch, aber nicht Dieb", sagt einer der Cartoneros. Keiner stellt sich ihnen in den Weg, obwohl das Müllsammeln in Buenos Aires verboten ist. Mehr noch: Inzwischen wurde den Cartoneros eigens ein Zug zur Verfügung gestellt, der sie "zur Arbeit" bringt und nachts wieder in die Vororte fährt, da die Massen mit ihren Karren inzwischen nicht mehr in die normalen Vorortzüge passen. Und immer mehr Leute trennen heute ihren Müll und zeigen so einen Funken Solidarität inmitten der Verzweiflung und Armut, die inzwischen mehr als die Hälfte der Bevölkerung trifft. Das einstige Musterland Argentinien ist auf dicht davor, an Brasiliens Armutsquote von 60 Prozent anzuschließen.

      In diesem Umfeld wurde das Programm Recursos Humanos geboren. "Wir sind keine Reality-Show wie Big Brother, sondern ein Programm, das sich der Realität annimmt. Die hohe Arbeitslosigkeit in Argentinien hat dieses Programm erzwungen", sagt Néstor Ibarra, der Moderator von Recursos Humanos. "Die Sendung", so Ibarra, "bietet eine würdige Arbeit in einem Land, in dem menschliche Werte nichts mehr zählen." Doch das weltweit
      einzigartige Programm, das laut Ibarra "das Licht der Hoffnung durch die Würde einer Arbeit entzünden will", war in Argentinien sehr umstritten, als es auf Sendung ging. Die Kandidaten offenbaren vor der Kamera für einen Arbeitsplatz selbst die intimsten Details ihrer Tragödien. Und die Arbeitgeber erhalten eine Stunde kostenloser Werbung auf einem der besten Kanäle des Landes. Genau hier setzte beispielsweise die Kritik der linken Tageszeitung Página/12 an: "Das Programm ist ein Kratzfuß vor dem großzügigen Arbeitgeber, ... diesem guten argentinischen Patron, der nach den Plünderungen wieder aufersteht und Leute inmitten der Krise einstellt. Der Kandidat, Beispiel für Tugend und Loyalität, muss nach vorindustrieller Logik sein Privatleben in die Arbeitssuche mit einbringen, um von seinen Fähigkeiten zu überzeugen." Clarín, die Zeitung mit der höchsten Auflage in Argentinien, schrieb ebenfalls zwei Tage nach Sendebeginn: "Von Anfang an war klar, dass Recursos Humanos ein Programm ist, das niemand gerne macht, an dem niemand gerne teilnimmt und von dem niemand sich wünscht, dass es existiert." Und die konservative Zeitung La Nación titelte nach Sendebeginn: "Arbeitslosigkeit ist kein Spiel - Das Programm von Néstor Ibarra auf Canal 13 nutzt die Verzweiflung der Arbeitslosen" und fährt fort: "In diesen Zeiten der Angst um den Arbeitsplatz und der astronomischen Arbeitslosenquoten ist das Publikum aufgefordert zu entscheiden, wer die Arbeit bekommt und wer nicht, als würde es sich um irgendeinen vulgären TV-Wettstreit handeln. ... Das Ergebnis ist fast zwingend: ein Programm mit sentimentalem Profil, in dem sich für das letztendliche Ziel, einen altruistischen Dienst zu leisten, typisches Talkshow-Verhalten mit einem bisschen Sorpresa y media (TV-Programm, in dem unerwartet Familienmitglieder oder Freunde zur Unterstützung der Kandidaten auftauchen; die Red.) mischt. ... Eine TV-Show in Form eines Wettbewerbs ist zu oberflächlich, um im heutigen Argentinien zu entscheiden, wer einen Arbeitsplatz erhält und wer ohne ausgeht."

      Trotz aller Kritik hat Recursos Humanos heute doppelt so hohe Einschaltquoten wie die Seifenoper, die vorher auf diesem Sendeplatz zu sehen war. Zwischen 2.000 und 5.000 Anrufer geben täglich ihre Stimme für einen der Kandidaten ab. Das Publikum ist zumeist weiblich und kommt aus einfachen Verhältnissen, aber darunter sind auch zahlreiche Hausfrauen der Mittelklasse.

      Es ist 17 Uhr. Auf dem Bildschirm von Canal 13 erscheint das Symbol der Sendung: ein naiv gezeichneter Mensch mit erhobenen Armen, der das H von Recursos Humanos bildet. "Wenn wir sehen, dass am Horizont die Sonne aufgeht, wird die Hoffnung im Herzen wiedergeboren. Männer und Frauen, zusammen können wir etwas verändern und uns helfen, uns zum Arbeiten zu erheben", tönt die Hymne des Programms im Hintergrund. Das Studio ist in orange und beige gehalten. Angespannt sitzen die beiden ausgewählten Kandidatinnen auf ihren erhöhten Stühlen vor kleinen runden Designertischen, den Blick starr in die Kamera gerichtet. Sie wagen kaum, den Kopf zu drehen und schauen sich gegenseitig nicht einmal an. Nur wenn Moderator Néstor Ibarra an sie herantritt, zeigt sich ein unsicheres Lächeln auf ihren Gesichtern. Leonor Del Valle Almada stützt das Kinn auf die verspannten Fäuste. Die schmächtige Frau mit den blond gefärbten Haaren drückt ihren Zeigefinger auf den Mund, als würde sie jedes Wort viel Überwindung kosten. Ihre Konkurrentin Stella Maris Brizuela hat die Hände unter dem Tisch gefaltet und verbiegt sich die Finger. Auf Podesten hinter ihnen die Familienangehörigen. Obwohl zurechtgemacht und geschminkt, ist ihnen anzusehen, dass sie sind nicht die typischen Gäste einer TV-Show sind.

      Leonor Almada und Stella Maris Brizuela sind die einzigen, die es aus der langen Schlange der Bewerberinnen um den Platz als Reinigungsfrau geschafft haben. Die Geschichten und sozialen Hintergründe der Kandidatinnen ähneln sich zumeist in allen Sendungen. Diesmal wurden zwei geschiedene Frauen gewählt, die ihre Kinder alleine durchbringen. Sie sind 50 und 51 Jahre alt und wie so viele der anderen Bewerberinnen glücklich darüber, dass einmal ein Arbeitsplatz ohne Altersbeschränkung vergeben wurde. Leonor Almada hat acht Mägen zu füllen, die ihrer vier Kinder und ihrer drei Enkel sowie ihren eigenen. Stella Maris Brizuela hat zwei asthmatische Söhne.

      Beide Frauen erklären in die Kamera, wie schwer es sei, die Aufgaben von Mutter und Vater gleichzeitig zu erfüllen. Seit zwei Jahren, erzählt Leonor Almada, sei sie ohne feste Arbeit. Ihre letzte Anstellung hatte sie als Zimmermädchen in einem Hotel. Danach fand sie nur noch ab und zu Gelegenheitsjobs auf Messen. Stella Maris Brizuela ist seit 14 Monaten ohne Arbeit. Sie hat sich bei Recursos Humanos zusammen mit ihrem großen Sohn beworben. Es ist inzwischen das dritte Mal. Immer ist sie
      eine derjenigen gewesen, die schon um fünf Uhr vor dem Theater Luz y Fuerza Schlange gestanden haben.

      Die Sendungen laufen nach einem immer gleichen Schema ab. Beide Kandidaten oder Kandidatinnen werden in einem Video vorgestellt, das sie zu Hause im Kreise der Familie zeigt. Großaufnahmen von müden Gesichtern und Händen, die Brote schmieren und den Kindern über die Haare fahren, flimmern in Zeitlupe über den Bildschirm. Die Kinder, Großeltern, Freunde und Partner sagen im immer gleichen Tonfall, wie kämpferisch, zärtlich, einfühlsam und aufrecht die Kandidatin oder der Kandidat sei und eine Arbeitsstelle wirklich verdient habe. "Uns hat es an vielen materiellen Sachen gefehlt, aber nie an Liebe", betont der Sohn von Stella Maris Brizuela. Unter allem liegt melancholische Gitarrenmusik. Meist kullern die ersten Tränen im Studio schon nach diesen Aufnahmen. Ein zweites Video zeigt die Kandidaten dann bei ihren liebsten Tätigkeiten und stellt ihren größten Wunsch vor. Und - Überraschung - Recursos Humanos macht es möglich: Die Mutter aus dem weit entfernten Norden des Landes, die aufgrund des fehlenden Geldes seit Jahren nicht besucht werden konnte, taucht im Studio auf und bringt das noch unbekannte Enkelchen mit; die Schwester, die in Spanien wohnt, ist am Telefon. Und alle beteuern, wie sehr sie einander lieben. Schluchzende Geigen helfen der Tränendrüse nach.

      Die Teile der Sendung, die mit der eigentlich angebotenen Arbeit zu tun haben, sind kurz und bleiben im Hintergrund. Beide Kandidaten werden einen Tag lang in ihrem erhofften neuen Job begleitet. Sie laufen schon mal zur Probe mit Arbeitskitteln durchs Bild, wedeln Staub weg, beantworten Fragen des Chefs vor der Kamera und erklären natürlich, wie wohl sie sich gefühlt haben und wie gut es ist, einmal wieder arbeiten zu können. Zurück im Studio werden ihnen je zwei Fragen zu ihrer neuen Arbeit gestellt. Drei Antworten stehen ihnen zur Auswahl. "Wenn ein hohes Regal zu reinigen ist, was müssen Sie nutzen? a) einen Stuhl; b) eine Leiter oder c) irgendetwas," wollte beispielsweise Moderator Ibarra von Leonor Almada wissen. Und nur an zwei Tagen der Woche, dienstags und donnerstags, kommt ein Experte ins Studio, der ein paar Minuten zu einem Thema der Arbeitssuche spricht. Hier werden Tipps gegeben, wie man sich am besten bei Vorstellungsgesprächen verhält, was im Lebenslauf stehen sollte und wo man überall Arbeit suchen kann. Nur noch ein paar Phrasen von Moderator Ibarra wie "Wie viele Sachen ließen sich mit einer Arbeit lösen. Die Arbeitslosigkeit ist die Mutter allen Unglücks in Argentinien" erinnern daran, dass es sich bei Recursos Humanos um eine Sendung handelt, die sich als Hilfe, als Service für Arbeitslose inmitten der Krise versteht.

      "Das ist halt das Fernsehen. Wir müssen etwas erzählen, was das Publikum fesselt", erwidert Produzentin Andrea Gual auf den Vorwurf, dass der Familiengeschichte mehr Bedeutung beigemessen wird als der eigentlichen Arbeit. Mehr noch, die Familiengeschichte sei das Wichtigste. Die Personalvermittlungsfirma treffe bereits die Vorauswahl nach fachlichen Kriterien. Wenn diese ihr dann zehn bis fünfzehn Kandidaten vorgestellt habe, komme es vor allem darauf an, ob die Kandidaten etwas Spannendes für die Sendung zu erzählen hätten. "Da gibt es Leute, die möglicherweise alle Anforderungen erfüllen, aber wir brauchen interessante Geschichten, die wir im Fernsehen präsentieren können. Im Allgemeinen suchen wir sehr arme Leute mit vielen Kindern, die aus dem Landesinneren gekommen sind und ihre Familie nie wieder gesehen haben", erläutert die Produzentin. Der eigentliche Hintergrund des Programmes, die Situation auf dem Arbeitsmarkt geht dabei dann allerdings fast verloren. "Wir wissen, dass dies ein sehr eigenartiges Programm ist, das nur in einem Umfeld wie in Argentinien existieren kann", gibt Andrea Gual zu.

      Die Reaktionen der Argentinier auf Recursos Humanos sind sehr weit gefächert. Abgelehnt wird das Programm zumeist von Leuten mit höherer Bildung. "Ich finde es äußerst bedrückend, dass die Krise bei uns inzwischen solche Auswüchse zeitigt", sagt die Politikwissenschaftlerin Cecilia Lucca. "Die Sendung vergibt etwas als Preis, was eigentlich ein natürliches Menschenrecht sein sollte. Das ist nicht die Schuld des Programms, sondern der absurden Realität unseres Landes", meint Diego Riemer, der inzwischen in Europa als Tangotänzer arbeitet. Und Tourismusmanager Oscar Suárez erklärt: "Hier wird mit der Hoffnung von Menschen gespielt. Was als Hilfe angedacht ist, ist nichts weiter als eine Show." Auch die Hotelfachfrau Valeria Fayer steht der Sendung kritisch gegenüber. "Die Idee ist ja nicht schlecht, auch wenn Arbeit kein TV-Gewinn sein sollte. Aber das Programm wird nicht richtig genutzt. Statt wirklich etwas über die Arbeitsmarktslage zu bringen, Tipps zu geben und zu informieren, geht es nur um sentimentale Familiengeschichten", sagt die 30-Jährige.

      Dagegen lieben diejenigen Recursos Humanos, die das Programm täglich sehen. "Seit Recursos Humanos auf Sendung gegangen ist, habe ich es nicht einmal verpasst," erzählte María Cristina Caceres, während sie im Theater Luz y Fuerza auf ihr Vorstellungsgespräch wartete. Sie findet die Sendung fantastisch, "weil sie den Leuten hilft, vor allem jetzt in der Situation, in der sich das Land befindet, denn es ist ein Desaster, in dem wir leben." María Cristina kann den Zeitpunkt kaum erwarten, um den Fernseher
      anzuschalten. "Was im Programm erzählt wird, ist die Realität, ist unser aller Leben. Ich identifiziere mich mit den Geschichten der Leute. Ich glaube, wir machen gerade alle das Gleiche durch", sagt sie. Auch Juana Gomez versucht, die Sendung jeden Tag zu sehen. "Ich laufe viel für die Arbeitssuche durch die Stadt, aber um fünf Uhr versuche ich immer zu Hause zu sein. Recursos Humanos ist für mich wie ein Lichtblick", sagt sie. Die Hoffnung, die Moderator Néstor Ibarra zu vermitteln sucht, kommt hier wirklich an.

      Während für mehr als die Hälfte der Bevölkerung die Arbeitslosigkeit die größte Sorge darstellt, kümmern sich die Politiker zu wenig darum, sodass sich das Fernsehen des Problems annimmt. "Eigentlich müsste das Fernsehen den Leuten keine Arbeitsplätze beschaffen. Sicherlich passiert so etwas auch nicht in Schweden. Aber hier muss sich jemand darum kümmern", sagt Moderator Ibarra.

      Wenn die Wahlen nicht noch vorgezogen werden, sind die Argentinier am 30. März 2003 dazu aufgerufen, einen neuen Präsidenten zu bestimmen. Die Vorbereitungen für diesen Wahlkampf sind jetzt schon in vollem Gange. Es ist erstaunlich, wie sehr in einem Land, das anscheinend ausweglos in der Krise steckt, um die Macht gekämpft wird. In sämtlichen Parteien werden schon jetzt die Präsidentschaftskandidaten aufgestellt. Ideologische "Hilfe" kommt dabei von außen. Im Juli 2002 sandte Washington Otto Reich nach Buenos Aires, den für Argentinien zuständigen stellvertretenden Staatssekretär des Außenministeriums. Dieser verkündete dort, welche Charakteristika der neue argentinische Präsident aufweisen müsse, um auf Unterstützung aus den USA hoffen zu können. Sieben Kriterien wurden dabei genannt. Angeführt wird die Prioritätenliste von der Forderung, den freien Markt zu respektieren. Es folgen die persönlichen Freiheiten, die Menschenrechte, das Verständnis für die wirtschaftlichen Realitäten. Er wird aufgefordert, die Nachbarländer nicht zu bedrohen, den Drogenhandel und selbstverständlich den internationalen Terrorismus nicht zu unterstützen sowie die Korruption zu bekämpfen. Kein Wort zu den drängendsten Nöten des Landes.

      Angesichts eines solchen Kataloges vom wichtigsten Geldgeber Argentiniens ist es kaum verwunderlich, wenn die Themen Armut und Arbeit nicht zuoberst auf der Wahlkampfliste der argentinischen Parteien stehen. Derzeit kämpfen die Kandidaten erbittert um die Nominierung durch ihre Partei, aber politische Programme werden dabei nur vage angedeutet. Allein in der peronistischen Partei (PJ), die zurzeit die Regierung innehat, versuchen sich vier Kandidaten zu profilieren. Selbst Argentiniens Ex-Präsident Carlos Menem, der als einer der korruptesten Politiker des Landes gilt, will wieder antreten.

      Das Interesse der Bevölkerung an den Auseinandersetzungen zur kommenden Wahl ist jedoch mehr als gering. Für sie sind Arbeitslosigkeit, Armut, Kriminalität und eine unsichere Zukunft die drängendsten Probleme, die sie aber in den politischen Debatten nicht wiederfinden. Nach Jahrzehnten voller Machtspiele und Vetternwirtschaft ist der Glaube der Argentinier, Politiker einmal an mehr als nur ihrem Korruptionsgrad unterscheiden zu können, verloren gegangen. Die Hoffnung, dass ein Kandidat aus den Bürgerinitiativen hervorgehen könnte, die auf die Krise äußerst aktiv und kreativ reagiert haben, hat sich nicht gefüllt. Im heutigen politischen Panorama Argentiniens scheint es niemanden zu geben, der eine echte Alternative ist.

      Dabei wären grundlegende Reformen der Arbeits-und Sozialpolitik im Lande dringend notwendig. Nicht nur das etablierte und korrupte Geflecht der Gewerkschaftsbürokratien müsste schleunigst durchbrochen und ihre starke Anbindung an die Partei der Peronisten gelöst werden, um unabhängige Arbeitervertretungen zu schaffen. Vor allem muss auch die Absicherung bei Arbeitslosigkeit reformiert werden, will man verhindern, dass das Land weiter in die Armut abrutscht. Es gibt nämlich keine öffentliche Arbeitsvermittlungen im Land. Auch die Arbeitslosenhilfe ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Lediglich Familienväter können eine Unterstützung vom Staat beantragen. Diese beträgt 150 Pesos monatlich und deckt nicht einmal annähernd den Mindestbedarf von 250 Pesos, der für eine Familie mit zwei Kindern errechnet wurde. Doch über 1,2 Millionen Familienväter haben keine andere legale Einnahmequelle als diese Unterstützung. Die Nachfrage nach dieser Sozialhilfe ist vor allem auch deshalb so hoch, weil ein Großteil der in den letzten Monaten entlassenen Arbeitskräfte von ihren Betrieben nicht einmal die ihnen zustehende Entschädigung bekommen hat, da die meisten Firmen schlichtweg Pleite gegangen sind. Und es ist nicht zu erwarten, dass die Justiz oder andere staatliche Stellen hier eingreifen.

      Die beiden Kandidatinnen Leonor Almada und Stella Maris Brizuela sitzen noch immer angespannt im Studio von Recursos Humanos. Eine kleine Auflockerung brachte heute der Tango in die Sendung. Stella Maris Brizuela tanzt an jedem Wochenende. "Der Tango lenkt mich ab. Er befreit mich von den Alltagssorgen", erklärt sie dem Moderator. Als sie kein Geld mehr hatte, ihren Unterricht weiter zu bezahlen, stellte ihr Tangolehrer sie kurzerhand als Gehilfin ein. Solche kleinen Gesten der Solidarität lassen sich vor allem bei kulturellen Aktivitäten beobachten. Die Sendeleitung von Recursos Humanos
      hatte extra für die Kandidatin einen ihrer Tangoidole eingeladen, mit dem sie durch das Studio tanzen konnte. Und obendrein bekam sie noch einen Tango-Workshop bei ihm geschenkt.

      Je mehr sich das Programm dem Ende zuneigt, desto verkrampfter wird das Lächeln auf den Gesichtern der beiden Frauen. Das Publikum wird bald entscheiden, und dann zählt der persönliche Eindruck, nicht die Eignung für die Arbeit. "Die Zuschauer wählen im Allgemeinen genau das Gegenteil von dem, was die Firma wählen würde. Die Firma würde denjenigen nehmen, der am wenigsten auf die Arbeit angewiesen ist, der keine Kinder und keine Probleme hat, der am nächsten wohnt. Das Publikum dagegen stimmt für denjenigen mit acht Kindern, der 40 Kilometer weit weg wohnt", erklärt die Produzentin Andrea Gual das Abstimmverhalten der Zuschauer. Das Votum geht meistens sehr knapp aus. Nur wenige Prozentpunkte entscheiden über den Arbeitsvertrag oder enttäuschte Hoffnungen. Der Verlierer erhält als Trost immerhin eine halbjährige Krankenversicherung, die sich sonst kaum einer der Wenig-oder Garnichtverdienenden Argentiniens leisten kann.

      Noch wissen die Kandidatinnen nicht, dass heute beide gewinnen werden. Schon häufiger haben Arbeitgeber beiden Bewerbern eine Stelle gegeben. Die erste, von Moderator Néstor Ibarra gefeierte, großzügige Geste dieser Art kam von dem Busunternehmen Cooperativa TAC aus Buenos Aires. In dieser Sendung hat Andreas Harpe, der Chef der Reinigungsfirma SEISO, eher pragmatische Beweggründe. "Heute ist es unsere Absicht, beide zu nehmen, weil wir sie brauchen. Gott sei Dank geht es unserer Firma gut. Dieses Jahr haben wir vier bis fünf neue Kunden gewonnen. Ich bin auch keine Kirche, wo die Leute hinkommen und wir ihnen aus Gnade Arbeit geben. Wenn ich nur eine bräuchte, dann würde ich auch nur eine nehmen", sagt der Deutschstämmige, der in Argentinien geboren worden ist und hier mit seiner Familie lebt und arbeitet.

      Harpe ist auf Recursos Humanos aufmerksam geworden, als er eines Tages eine Sendung sah, in der eine seiner Konkurrenzfirmen den Arbeitsplatz vergab. "Ich habe mich erkundigt, wie alles funktioniert und bin heute nun schon zum zweiten Mal hier. Vieles von dem, was wir vorher machen mussten, wie eine Annonce in die Zeitung zu setzten und hunderte Vorstellungsgespräche führen, übernimmt jetzt der Kanal. Die Wahl des Programmes ist für mich somit eine Frage der Ersparnis von Kosten und Arbeitsaufwand, und zusätzlich gibt es eine Stunde Werbung", erklärt er. Und Produzentin Andrea Gual fügt hinzu: "Die Firmen sind daran
      interessiert, am Programm teilzunehmen. Wir nehmen von ihnen kein Geld, und für sie ist es ein großes Geschäft, auf einem der besten Kanäle zur besten Sendezeit eine Stunde werben zu können. So schaffen sie einen neuen Arbeitsplatz für uns, denn es kostet sie ja nichts."

      Anfänglich musste die Produzentin noch bei vielen Firmen anfragen und sie überreden, eine Stelle im Fernsehen auszuschreiben. Heute hat sich der Prozess eingependelt. Ungefähr die Hälfte der Firmen, die an Recursos Humanos teilnehmen, melden sich wie Andreas Harpe aus eigener Initiative. Sie werden vom Programm zu einem halbjährigen Arbeitsvertrag verpflichtet, "der alle rechtlichen Bedingungen erfüllt", wie Moderator Ibarra immer wieder betont. Im heutigen Argentinien ist ein solcher Vertrag eine Seltenheit. Über 80 Prozent der neuen Arbeitsplätze sind Schwarzarbeit. Die Löhne,
      wenn sie denn überhaupt gezahlt werden, liegen weit unter den ohnehin niedrigen Tarifen, eine soziale Absicherung gibt es nicht. Mit der Unterzeichnung des Arbeitsvertrages vor laufenden Kameras versucht der Sender Legalität und Transparenz anstelle der Schwarzarbeit zu setzen und so das umstrittene Sendekonzept in ein besseres Licht zu rücken.

      Was allerdings nach dem halben Pflichtjahr mit den eingestellten Kandidaten geschieht, bleibt offen. Andreas Harpe macht das von ihrer Arbeit abhängig: "Wenn sie gut arbeiten, dann bleiben sie bei uns. Wir brauchen gute Leute, und wenn wir welche finden, dann versuchen wir auch, sie bei uns zu halten." Produzentin Andrea Gual hofft, "dass auf den Arbeitgebern durch uns so viel öffentlicher Druck und Prestige lastet, dass sie die Verträge eingehalten werden." Aber erst nach sechs Monaten, wenn die ersten Verträge ablaufen, wird sich zeigen, ob nicht die Versuchung der Arbeitgeber, über neue Kandidaten erneut eine Stunde kostenlose Werbung zu erhalten größer ist als der Wille, Menschen auf Dauer Arbeit zu geben.

      Die Hymne von Recursos Humanos erklingt zum letzten Mal in dieser Sendung. Moderator Néstor Ibarra schaut gespannt auf den Bildschirm, der gleich das Abstimmungsergebnis der Zuschauer anzeigen wird. Das Ergebnis erscheint. "49 Prozent der Stimmen für Stella Maris Brizuela und 51 Prozent für Leonor Del Valle Almada", verkündet Ibarra. "Wirklich, fast kein Unterschied", meint er noch und bemerkt seinen eigenen Zynismus nicht. Eine Stunde lang hatten die beiden Frauen gegeneinander gekämpft, obwohl von vornherein klar war, dass beide mit dem Arbeitsplatz "beglückt" werden würden. Der Arbeitgeber Andreas Harpe betritt die Szene und verkündet generös, dass beide Frauen bei ihm arbeiten dürfen. Die Verträge werden unterschrieben. Am Montag können Stella Maris Brizuela und Leonor Almada dann anfangen. "Ich bin ein anderer Mensch. Ab heute beginnt ein neues Leben", strahlt Stella Maris Brizuela mit dem Vertrag in der Hand. Ein halbjähriges neues Leben mit einem Monatslohn von 300 Pesos (86 Euro) bei einer 40-Stunden-Woche. Immerhin mehr als das durchschnittliche Einkommen, das gut die Hälfte der Argentinier heute bezieht.

      Quelle: http://www.eed.de/ueberblick.archiv/ueberblick.lesep…


      Schönen Abend!
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 17:25:14
      Beitrag Nr. 590 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.398.646 von kevine1 am 18.01.09 16:41:59 Aber interessant, dass überhaupt in der Richtung gedacht wird.

      Wer weiß, was schon für "Denkmodelle" vorliegen?!
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 18:59:50
      Beitrag Nr. 591 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.398.646 von kevine1 am 18.01.09 16:41:59Hallo kevine,

      ich habe mal recherchiert. Hat zwar nichts direkt mit dem Gesetzesentwurf zu tun, aber es gibt da eine Firma...

      http://de.wikipedia.org/wikihttp://de.wikipedia.org…

      ... die seitens der USA selbstverständlich wegen der Geldwäsche, der Verschwörung und unlizensierter Bankgeschäfte angeklagt wurde. Auch Partner-Unternehmen im europäischen Ausland sind von der von den Vereinigten Staaten ausgehenden Kampagne gegen E-Gold betroffen.

      Was nicht sein darf...
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 19:04:00
      Beitrag Nr. 592 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.399.174 von Maraho am 18.01.09 18:59:50Tut mir leid. Hier der korrekte Link: http://de.wikipedia.org/wiki/E-Gold …
      Avatar
      schrieb am 18.01.09 19:22:05
      Beitrag Nr. 593 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.398.576 von Maraho am 18.01.09 16:25:34Jetzt wird alles gut....


      Buhmann und Buhfrau

      Dass Roland Koch, der chamäleonhaft sich immer wieder neu erfindende Ministerpräsident, diese Wahl gewinnen würde, zeichnete sich schon lange ab. Ein breiter Beweis des Vertrauens ist sein Wahlergebnis nicht - eher eine Entscheidung für den, mit dem man Erfahrung hat.


      Im Schloss Bellevue konnten der Hausherr und seine Frau am Sonntagabend mit einem Gläschen Champagner anstoßen. Mit dem Ausgang der Hessenwahl ist die zweite Amtszeit von Bundespräsident Horst Köhler gesichert, an der ihm gewogenen Mehrheit in der Bundesversammlung ist nicht mehr zu rütteln.

      Zwei weitere Wahlsieger sitzen ebenfalls in Berlin. Guido Westerwelles FDP konnte als Hort der Berechenbarkeit bei dieser Landtagswahl offenbar viele bürgerliche Wähler an sich binden, denen die charakterlichen und darstellerischen Wandlungen des Roland Koch nicht mehr ganz geheuer waren und die deshalb ihre Stimmen lieber gleich bei den Liberalen als bei der CDU platzierten. Ganz ähnlich wird man den Erfolg der Grünen einstufen müssen. Sie erreichten das bisher beste Ergebnis in ihrem Kernland Hessen. Offenbar honorierte der Wähler damit die Zuverlässigkeit der Partei Tarek Al-Wazirs in einem ansonsten von Chaos geprägten linken politischen Lager.

      Die Partei „Die Linke“, die in der klassischen Selbstzerfleischung deutscher radikaler Parteien den Ruf des Sektierertums in Hessen redlich verteidigt hat, kommt gerade in Zeiten wirtschaftlicher Sorgen nicht über eine Kernklientel hinaus, die um die Fünf-Prozent-Grenze irrlichtert.

      Dass man mit einer solchen Partei keinen Staat machen, geschweige denn eine Regierung bilden kann, hatte wohl nur Andrea Ypsilanti bis zum Schluss nicht begriffen. Jedenfalls lässt ihre rastlose Denunziation Andersdenkender als Verräter keinen anderen Schluss zu. Natürlich darf man süffisant rätseln, ob Ypsilanti so krachend verlor, weil sie ihr Wort brach, oder weil der Wortbruch nicht geklappt hat. Für beides finden sich in der tief gespaltenen Hessen-SPD Spuren. Thorsten Schäfer-Gümbel, als Spitzenkandidat Nachfolger Andrea Ypsilantis, konnte den Absturz seiner Partei auf das schwächste Ergebnis ihrer hessischen Geschichte nicht verhindern. Dass Ypsilanti ihn letztlich nur als Strohmann für sich sah, ließ sie bei Parteiveranstaltungen immer wieder spüren. Ihre Ignoranz und Arroganz verstellten ihr den Blick für die einzig richtige Entscheidung: ein rechtzeitiger Rücktritt von allen Funktionen.

      Dass Roland Koch, der schillernde, chamäleonhaft sich immer wieder neu erfindende und gebende Ministerpräsident, diese Wahl gewinnen würde, zeichnete sich schon lange zuvor deutlich ab. Aber bei allem, was er erlebt und zu verantworten hat, von Parteispendenaffären über die berüchtigten jüdischen Vermächtnisse, ist sein relativer Erfolg erstaunlich. Ein breiter Beweis des Vertrauens ist sein Wahlergebnis nicht, eher eine Entscheidung für den, mit dem man Erfahrung hat.

      Von drei Gewinnern in Berlin war bereits die Rede. Es gibt aber auch zwei Verlierer. Weder die Bundesspitze der SPD noch die der CDU hat auf die hessischen Verhältnisse stabilisierenden Einfluss gehabt. Im Gegenteil: Die eher desaströsen Wegweisungen Kurt Becks sind Markierungen auf dem Abwärtsweg Ypsilantis gewesen – was soll Steinmeier dazu anderes sagen, als zum Abschied zu raten? Und Angela Merkel weiß wohl auch nicht so recht, ob sie sich, neben der angemessenen, taktisch bedingten Genugtuung über Kochs Wahlerfolg hinaus, wirklich freuen darf. Denn Steinmeier, Müntefering und Merkel kennen ja auch die noch einmal gesunkene Wahlbeteiligung. Vor die Wahl zwischen Pech und Unglück gestellt, blieben viele Bürger gleich zu Hause.

      Quelle: http://www.tagesspiegel.de/zeitung/Titelseite-Hessen-…


      Gute Nacht!
      Avatar
      schrieb am 19.01.09 05:16:14
      Beitrag Nr. 594 ()
      Guten Morgen,

      damit dies erledigt ist...
      Übrigens: eine "sehr hohe" Wahlbeteiligung.

      HESSEN-WAHL
      Liberale retten Kochs Comeback
      Von Sebastian Fischer und Severin Weiland, Wiesbaden und Berlin

      "Der Spuk ist vorbei" - erleichtert nimmt Roland Koch das hessische Wahlergebnis zur Kenntnis. Doch von Partylaune keine Spur: Denn der CDU-Ministerpräsident hat nur dank der FDP eine satte bürgerliche Mehrheit im Rücken. Er selbst ist unpopulär, und das scheint ihm sehr bewusst.

      Weiterführend: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,601…
      Avatar
      schrieb am 19.01.09 05:23:39
      Beitrag Nr. 595 ()
      Banken

      Letzte Chance
      von Torsten Riecke
      Die Manager der Finanzkrise sind scheinbar wieder beim Ausgangspunkt ihrer Bemühungen angekommen. Nach den massiven Kapitalhilfen in den vergangenen Monaten steht erneut der Aufkauf von toxischen Wertpapieren durch den Staat im Vordergrund.

      Damit sollen die Bankbilanzen vom Giftmüll der Krise befreit werden. Das ist ziemlich genau jene Idee, mit der US-Finanzminister Hank Paulson im September 2008 die weltweiten Rettungsaktionen für die Banken einläutete.

      Der 700 Milliarden Dollar schwere "Paulson-Plan" wurde von Ökonomen und Politikern in der Luft zerrissen, so dass der Vater der Idee klein beigab und ei-nen Großteil des Geldes für direkte Kapitalhilfen der Banken nutzte. Jetzt dämmert es sogar dem britischen Premierminister Gordon Brown, dass Kapitalhilfen allein das Vertrauen in das Finanzsystem nicht zurückbringen. Die staatlichen Kapitalspritzen von weltweit mehr als 400 Milliarden Dollar haben die Abwärtsspirale nicht stoppen können. So will der "Spiegel" herausgefunden haben, dass allein in den Bilanzen der deutschen Banken noch toxische Wertpapiere von etwa 300 Milliarden Euro schlummern. Nach Angaben von Goldman Sachs belaufen sich die zu erwartenden Verluste für US-Papiere allein auf rund zwei Billionen Dollar. Davon ist aber erst die Hälfte realisiert.

      US-Notenbankchef Ben Bernanke hat deshalb zu Recht daran erinnert, dass ein Aufkauf von toxischen Wertpapieren nötig sein könnte, um den Kreditfluss in der Wirtschaft wieder in Gang zu bringen. Die Idee einer "Bad Bank", in die der Giftmüll der Finanzkrise ausgelagert werden soll, geistert seit Monaten durch die Bankenwelt.

      Es war von vornherein ein Fehler, den Aufkauf von belasteten Schuldtiteln gegen direkte Kapitalhilfen auszuspielen. Dass die Regierungen zunächst die schwindende Kapitalbasis der Banken gestärkt haben, war richtig. Die Hilfe musste schnell und gezielt kommen. Es war jedoch ein Trugschluss zu glauben, die Banken könnten damit die horrenden Abschreibungen auf ihre Vermögenswerte auffangen und das Vertrauen wieder herstellen.

      Durch die Wirtschaftskrise geht es längst nicht mehr allein um Subprime-Papiere. Von Kreditkartenschulden über Autodarlehen bis hin zu Firmenkrediten reicht mittlerweile die Liste von illiquiden Schuldpapieren, deren Halbwertzeit sich nur noch in Tagen messen lässt. Solange die Banken die Risiken in ihren Bilanzen nicht einschätzen können, halten sie den Kredithahn für die Wirtschaft geschlossen.

      Inzwischen sind sich die meisten Experten einig, dass nur eine Bereinigung der Bankbilanzen das Vertrauen in den Finanzkreislauf zurückbringt. Zwei Ideen werden diskutiert: eine klassische Bad Bank, die den Banken ihre toxischen Papiere abkauft und diese Schuldtitel in besseren Zeiten wieder auf den Markt wirft. Lehrbuchartig hat das bislang nur die Schweiz umgesetzt. Die Schweizer Notenbank gründete eine Zweckgesellschaft, die von der UBS illiquide Titel in Höhe von bis zu 60 Milliarden Dollar übernimmt. Vorbildlich ist das Schweizer Beispiel auch deshalb, weil hier der Kehraus in der Bilanz mit einer staatlichen Kapitalhilfe verbunden wurde. Ähnlich haben auch die Schweden ihre Bankenkrise Anfang der 90er-Jahre gelöst.

      Einen etwas anderen Weg gehen die staatlichen Krisenmanager in den USA. Sie haben die Eigenkapitalspritzen für die Citigroup und die Bank of America mit einer umfangreichen Garantie für die illiquiden Vermögenswerte kombiniert. Beide Banken müssen die ersten Verluste auf ihre eigene Kappe nehmen, den Rest trägt der Steuerzahler. Bei der Citigroup summiert sich das Risiko für den Staat auf mehr als 300 Milliarden Dollar.

      Der Reiz dieser Versicherungslösung ist, dass der Finanzbedarf für den Staat wesentlich geringer ausfällt. Er muss die toxischen Papiere nicht aufkaufen, sondern nur garantieren. Angesichts der explodierenden Staatsschulden ist das zumindest ein zeitlicher Vorteil. Die illiquiden Schuldtitel müssen zudem nicht neu bewertet werden, was unter den aktuellen Marktbedingungen extrem schwierig ist. Da die Papiere jedoch in den Bilanzen der Banken bleiben, besteht die Gefahr, dass der Giftmüll nicht nur weiter in den Büchern der Institute, sondern auch in den Köpfen der Investoren herumspukt.

      Egal für welche Variante sich die Staaten entscheiden, wichtig ist, dass es neben den Kapitalhilfen auch zu einer Bereinigung der Bilanzen kommt. Ein Ankauf von Risikopapieren ist übrigens im Rettungspaket der Bundesregierung aus dem vergangenen Oktober vorgesehen. Genutzt hat es bislang niemand. Ob damit der gordische Knoten auf den Kreditmärkten durchschlagen wird, ist keineswegs sicher. Sicher ist jedoch, dass es die letzte Chance vor der kompletten Verstaatlichung der Banken ist.

      Quelle: http://www.handelsblatt.com/finanzen/handelsblatt…
      Avatar
      schrieb am 19.01.09 05:28:40
      Beitrag Nr. 596 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.397.538 von Maraho am 18.01.09 11:51:11Mit Gottes Segen...


      Skandal um Amtseinführungssegen
      Evangelikaler segnet Obama

      Abtreibungen vergleicht er mit dem Holocaust, Schwule mag er nicht: Der evangelikale Prediger Rick Warren darf Obama bei der Amtseinführung den Segen erteilen. Das empört viele Obama-Anhänger. VON S. MOLL


      Die liberale Öffentlichkeit in den USA benimmt sich seit dem 4. November Barack Obama gegenüber wie eine Horde verliebter Teenies. Beinahe alles, was ihr Auserwählter tut und sagt, entfacht vorbehaltlos Begeisterung. Der kommende Präsident hat nahezu unbegrenzten politischen Kredit.

      Wenn eine Entscheidung Obamas unter seinen schwärmerischen Anhängern vernehmbares Grummeln hervorruft, muss sie für seine Anhänger deshalb schon sehr unverständlich sein. Dass Obama den evangelikalen Prediger Rick Warren von der kalifornischen Megachurch "Saddleback" darum gebeten hat, seiner Präsidentschaft bei den Inaugurationsfeierlichkeiten am kommenden Dienstag den Segen zu erteilen, hat jedoch nicht bloß ein Grummeln erzeugt, sondern regelrechte Empörung.

      New-York-Times-Kolumnist Frank Rich nannte den offensichtlichen Versuch, die mächtige religiöse Rechte zu befrieden, "aalglatt und arrogant." Sarah Posner schrieb in der Wochenschrift The Nation, Warren stelle "die übelste Seite des Versuchs der Demokraten dar, die religiösen Wähler an sich zu binden". Warren, dessen Selbsthilfebuch "The Purpose Driven Life" ("Das sinngesteuerte Leben") Zwanzigmillionenmal verkauft wurde, bereitet den Obama-Wählern massives Unbehagen.

      In der derzeit wieder hoch kochenden Debatte über die Schwulenehe steht er am rechten Rand des Meinungsspektrums. Warren hat gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften mit der Verbindung zwischen alten Männern und minderjährigen Mädchen gleichgesetzt sowie mit Inzest und Polygamie. Abtreibung hat Warren mehrfach als Holocaust bezeichnet und den Abtreibungsbefürworter Obama als "Holocaust-Leugner" denunziert.

      Dass Obama Warren dennoch zum US-amerikanischen De-facto-Papst ernannt hat, verteidigt sein Lager mit dem Motto seiner Administration, alte Gräben überwinden und allen Stimmen in den USA Gehör verschaffen zu wollen. Schon bei seiner Rede in Chicago am 4. November hatte Obama versprochen, auch für all diejenigen ein Präsident zu sein, die ihn nicht gewählt haben, und dazu gehörte eine große Anzahl weißer evangelikaler Wähler. Obama bekam aus dieser Wählergruppe kaum mehr Stimmen als Al Gore und John Kerry 2000 und 2004. Trotzdem sollen auch sie sich als Teil der neuen USA fühlen.

      Die hübsche Botschaft der Inklusivität mag man in diesem Fall in liberalen Kreisen Obama jedoch nicht so recht abkaufen. Das demokratischen Nachrichtenportal Huffington Post nannte die Vergabe des Segensgeberpostens an Warren "entweder unglaublich naiv oder unglaublich zynisch".

      Naiv, falls Obama tatsächlich glaube, er könne einen konstruktiven Dialog mit den Fundamentalisten beginnen. Zynisch, falls es ein politisches Manöver sei, bei dem Obama etwa die Interessen der homosexuellen Wähler - nur etwa 2 Prozent der Wahlbevölkerung - denen der evangelikalen - rund 25 Prozent - kaltschnäuzig opfere.

      Zweifelsohne bilden die US-amerikanischen Evangelikalen noch immer eine soziale und politische Kraft, an der kein Politiker vorbeikommt. Seit George Bush stehen sie jedoch nicht mehr so einheitlich hinter der republikanischen Partei, wie man das gewohnt war. Die große konservative Koalition des Landes bröckelt: "Die alte Gleichsetzung von religiöser und politischer Identität stimmt nicht mehr", so John J. De Iulio, Professor für Religion und Politik an der University of Pennsylvania.

      Warren verkörpert wie kaum ein anderer die neue Generation von Evangelikalen, die nicht mehr wie ihre Vorgänger Jerry Fallwell oder Billy Graham strikt auf der konservativen Parteilinie marschiert.

      Warren und andere, jüngere evangelikale Prediger haben die sture Konzentration der Bewegung auf die Erlösung und das Jenseits gelockert und sich auch weltlichen Dingen zugewandt. So tritt Warren für Aids-Hilfe in Afrika und für soziale Gerechtigkeit in den USA ebenso ein wie für den Umweltschutz, den die Evangelikalen "Creation Care" - Schöpfungspflege - nennen. Traditionelle Kampfpositionen wie die Gegnerschaft zu Abtreibung und Homosexualität stehen zwar immer noch auf der Tagesordnung, werden jedoch nicht mehr ganz so verbissen verteidigt wie früher. Deshalb kann Warren sich auch bedenkenlos neben den populären "Holocaust-Leugner" im Weißen Haus stellen.

      Einige auf der Linken sehen in der Verbindung zwischen Obama und Warren trotz allen politischen Kalküls eine echte Chance zum Dialog. Die moderat-liberale New Republic findet, es gebe heute eine wirkliche Möglichkeit für Demokraten, mit den Fundamentalisten zu reden, ohne die Prinzipien der Partei aufzugeben. Die Mehrheit der amerikanischen Linksliberalen glaubt jedoch, dass Obama damit, Warren gleich die Inaugurationszeremonie bestreiten zu lassen, zu weit geht. "Er verzockt sich damit völlig", sagt der ehemalige Clinton-Berater Richard Socarides. "Die Inauguration ist nicht irgendeine Wahlkampfveranstaltung im Süden." Nach dem Schlamassel mit seinem Pfarrer aus Chicago, Jeremiah Wright, hat sich Obama anscheinend schon wieder ein Geistlichen-Problem geschaffen. Es bleibt zu hoffen, dass es auch dieses Mal an ihm abprallt, weil die USA und die Welt derzeit ganz andere Sorgen haben.

      Quelle: http://www.taz.de/1/politik/amerika/artikel/1/fundam…
      Avatar
      schrieb am 19.01.09 05:36:45
      Beitrag Nr. 597 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.397.660 von Maraho am 18.01.09 12:24:41Belastungsprobe für deutschen Krisenplan
      von Monika Dunkel (Berlin) und Rolf Lebert (Frankfurt)

      Bundesbank und Finanzaufsicht BaFin haben bei 20 Banken in Deutschland einen weiteren Abschreibungsbedarf von 300 Mrd. Euro auf illiquide Wertpapierpositionen festgestellt.

      Weiterführend: http://www.ftd.de/unternehmen/finanzdienstleister/:We…
      Avatar
      schrieb am 19.01.09 05:45:31
      Beitrag Nr. 598 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.400.253 von Maraho am 19.01.09 05:36:45Das Kapital
      Ein Trauerspiel in mehreren Akten

      Immer noch hecheln öffentliche und private Entscheidungsträger der Finanzkrise hinterher. Zu alten kommen so neue Fehler hinzu.


      Nachdem die Banken sich in den ersten Tagen dieses Jahres etwas zurückhielten und es Industriefirmen wie Alcoa, Siemens, Lyondell Basell, Intel, Motorola, den Autozulieferern und zahlreichen Mittelständlern überließen, der Welt zu illustrieren, dass die Rezession das Stadium der Frühindikatoren überschritten hat, haben die Finanzhäuser sich nun die öffentliche Aufmerksamkeit zurückerkämpft. Zumindest die Schlagzeilenhoheit möchte man nicht verlieren. Diesbezüglich waren es zuletzt wieder gute Tage.

      Coba teilverstaatlicht, Deutsche mit Rekordverlust und Zahlungsproblemen, HSBC mit einem gemutmaßten Kapitalbedarf von 20 Mrd. Pfund, Bank of America vor neuer Milliardenspritze, Citi im Auflösungsprozess und schließlich der vermeintliche Krisengewinnler JP Morgan, der - dies kann man nicht häufig genug tun - die Anleger daran erinnert, dass die Milliardenwertberichtigungswelle auf toxische Papiere erst der erste Akt war und mit den "normalen", rezessionsbedingten Abschreibungen auf Konsumenten-, Auto-, Kreditkarten-, und Firmenkrediten der zweite Akt jetzt folgt.

      Das Problem mit dem geradezu inflationären Auftreten immer neuer Rekordverluste, Ramschpapiersummen und nun auch Firmenpleiten und Entlassungen ist, dass der Beobachter abstumpft oder eine defätistische Perspektive einnimmt, die ihn die wiederum regelmäßig neue Rekorde brechenden staatlichen Kapitalspritzen und Rettungspakete als notgedrungenes Übel opportun erscheinen lassen. Auch Politiker und Firmenlenker scheinen von den Ereignissen noch regelmäßig überrumpelt.

      Das Ärgerliche daran ist, dass viele Krisenstufen so überraschend nicht kamen und eine regelmäßige Analyse der Bank- und volkswirtschaftlichen Bilanzen schon vor Jahren die Ungleichgewichte offenbart hätte. Nicht umsonst kursierten bereits Mitte 2007 erste Schätzungen über ein Gesamtabschreibungspotenzial von bis zu 1000 Mrd. $, als Ben Bernanke noch von einem auf Subprime beschränkten 100-Mrd.-$-Problem fabulierte.

      Dadurch, dass ein Großteil der Entscheidungsträger, öffentlich wie privat, immer erst auf das Eintreten der nächsten Eskalationsstufe wartet, bevor zu reagieren, verengen sich die Handlungsspielräume. Unter Zeitnot und Druck der Öffentlichkeit und Lobbyisten hechelt man dann dem letzten Hype hinterher. Gestern die Rettungspakete, heute die Bad Bank. Und immer alles ganz schnell, jetzt sofort, nachdem man der Fehlentwicklung jahrelang zugeguckt hat. Dabei wird mit jedem Tag offensichtlicher, wie viele Fehlentwicklungen die Hauruckaktionen, die seit Krisenanfang gestartet wurden, hervorriefen.

      Als Steuerzahler und Aktionär vermisst man die rote Linie, die Stringenz des Krisenmanagements. Wem wird wann, warum und wie geholfen?

      Wo öffentliche und private Entscheidungsträger am harmonischsten miteinander versagten, sind Bankfusionen. Mit einem untrügerischen Sinn für Timing und Ironie hat das Schicksal den Zerfall des vormals größten Finanzsupermarkts, der Citigroup, in die gleichen zwei Wochen gelegt, in denen auf beiden Seiten des Atlantiks zuerst mit Segnung, und nun auch mit finanzieller Unterstützung des Staates neue Finanzkolosse entstehen.

      Abgesehen davon, dass das systemische Klumpenrisiko nach der Krise noch unvorteilhafter aussehen wird als vor der Krise, fragt man sich, wie Banken sich inmitten des größten Finanzchaos nach nur wenigen Tagen Due Diligence auf Fusionen einlassen können, die schon unter normalen Umständen wenn nicht ein Vabanquespiel, so zumindest ein alle Managementresourcen aufzehrendes Abenteuer darstellten.

      Und jetzt soll auch noch der Steuerzahler dafür geradestehen, dass Bankenvorstände, statt angemessenerweise ihren Platz zu räumen, allmachtsfantastisch und mit völlig falscher Risikoeinschätzung ihre Marktanteile ausbauen wollen, der Wettbewerb also reduziert wird?

      Noch gelingt es Bankvorständen und Politikern, die aktuelle Lage als einen externen Schicksalsschlag darzustellen. Doch dass hinter all diesen Entwicklungen Menschen standen, die ihrer Verantwortung noch nicht gerecht wurden, wird zunehmend in den Vordergrund rücken. Dabei hätten gewisse Fragen, etwa inwieweit Boni und Dividenden ausgeschüttet werden können und Vorstände ihren Job behalten dürfen, geklärt werden müssen, bevor der erste Cent staatlicher Bankenalimente floss.

      Quelle: Aus der FTD vom 19.01.2009
      © 2009 Financial Times Deutschland
      Avatar
      schrieb am 19.01.09 05:51:25
      Beitrag Nr. 599 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.400.245 von Maraho am 19.01.09 05:16:14Direkte Demokratie: Der Traum vom Mitbestimmen
      Claudine Nierth


      Die Schlagzeile von der Politikverdrossenheit
      Die Menschen in Deutschland sind „politikverdrossen“. Eine „Demokratiemüdigkeit“ macht sich breit. „Die Demokratie“ ist auf dem absteigenden Ast, vor allem in Ostdeutschland. Regelmäßig – zuletzt anlässlich des „Datenreports 2008“ – schaffen es solche Aussagen an den journalistischen Schleusenwärtern vorbei in die Medien. Stets bringen sie Politiker und Medienschaffende dazu, sich lautstark den Kopf über die düstere Zukunft unseres politischen Systems zu zerbrechen… bevor sie wenige Tage später wieder in der Informationsflut untergehen.

      Diesem Wechsel von Alarmismus und Desinteresse versuchen wir von Mehr Demokratie etwas entgegenzusetzen. Denn Demokratie ist mehr als ein Thema für die schnelle Schlagzeile. Deshalb fragen wir kritisch nach: Sind die Bürger wirklich der Politik überdrüssig oder vielleicht nur der Politiker? Würden sie die Demokratie gegen einen übermächtigen Staat, gar gegen eine Diktatur eintauschen, wenn dafür materieller Wohlstand garantiert wäre? Wie sieht sie eigentlich aus, „die Demokratie“, in die die Menschen kein Vertrauen mehr haben?

      Spurensuche in der Bevölkerung
      Diesen Fragen gehen wir in Gesprächen mit politischen Entscheidungsträgern, mit anderen politisch aktiven Organisationen und vor allem mit den „ganz normalen Leuten“ auf der Straße nach. Es stimmt – viele Menschen sind unzufrieden mit der Demokratie, wie sie derzeit in Deutschland ausgestaltet ist. Manche von ihnen gehen nicht mehr Wählen. Etliche treten aus der Partei aus, der sie lange Jahre angehört haben. Die meisten sehnen sich nach einer Politik, die ihnen ein Mindestmaß an sozialer Sicherheit garantiert und sie vor ungezügelten Wirtschaftsinteressen schützt. Sie fühlen sich machtlos. „Die da oben machen sowieso, was sie wollen“, sagen sie.

      Kernproblem Zuschauerdemokratie
      Und hier sind wir beim Kernproblem angekommen: Wir leben in einer Zuschauerdemokratie, in der die Bürger alle paar Jahre ihre Stimme im doppelten Sinne abgeben. Deshalb denken viele bei Demokratie und Politik an „die da oben“ – sowohl auf Seiten der Medien als auch auf Seiten der Bevölkerung. Aber Politik ist mehr als Partei-Politik und Demokratie ist mehr als repräsentative Demokratie. Demokratie findet nicht irgendwo außerhalb des eigenen Lebens statt, sie geht uns alle an und wir alle sollten die Möglichkeit haben sie unmittelbar mitzugestalten.

      Die Vision vom Mitentscheiden
      Auf dieser Erkenntnis basiert die Vision von Mehr Demokratie: Wir kämpfen auf allen politischen Ebenen dafür, dass die Bürger direktdemokratisch mitentscheiden können. Beim Bau eines neuen Veranstaltungszentrums, der Einführung eines neuen Wahlrechts oder der Einstellung des gymnasialen Schulzweigs ist der Bezug zum Alltag der Bürger unverkennbar. Etwas weniger offensichtlich ist er, wenn es um die Ratifizierung eines EU-Reformvertrags geht, der dazu führt, dass immer mehr Fragen künftig auf europäischer Ebene entschieden werden. Für alle Ebenen gilt: Frust und Ohnmachtsgefühle lassen sich nur dann vermeiden, wenn die von Entscheidungen Betroffenen in die Entscheidungsfindung mit eingebunden werden.

      Der Traum von der Gleichberechtigung
      Das soll nicht heißen, dass es besser wäre, Parteien und Politiker abzuschaffen. Aber Bürger und Parlamente sollen gleichberechtigt nebeneinander stehen und davon kann in der Bundsrepublik – im Gegensatz etwa zur Schweiz – nicht die Rede sein. Wir wünschen uns eine Politik, die geprägt ist von einem urdemokratischen Selbstbewusstsein beider Seiten: Die Parlamente sollen auch weiterhin entscheiden können. Aber sie sind eben nur Volks-Vertreter – und das heißt auch, dass das Volk bei Bedarf die Möglichkeit haben sollte, Entscheidungskompetenzen wieder an sich zu ziehen.

      Natürlich ist es sinnvoll, dass sich Experten mit den komplexen Fragen unseres täglichen Zusammenlebens auseinandersetzen – etwa mit der Frage, wie eine sinnvolle Kinderbetreuung und ein zukunftsfähiges Bildungssystem geschaffen werden können. Den Bürgern sollte es aber möglich sein, ihre Antworten in Frage zu stellen und eigenen Alternativen zu entwickeln. Und zwar nicht nur denjenigen, die sich einer Partei oder einer politische Richtung verbunden fühlen, sondern allen, die bereit sind, ihr Gemeinwesen mitzugestalten. Voraussetzung dafür ist, dass sich genug Mitstreiter für ein Anliegen finden, dass genügen Menschen ein Begehren per Unterschrift unterstützen. Nur dann kommt es zum Bürger- oder Volksentscheid, bei dem jeder die Möglichkeit hat, sich zu einem bestimmten Thema zu äußern – oder eben die anderen entscheiden zu lassen zu, wenn ihm dieses Thema nicht wichtig genug erscheint.

      Der Mythos vom kurzsichtigen Bürger
      Aber was, wenn nun die ganz normalen Menschen zu kurzsichtig sind, weitreichende Entscheidungen zu treffen? Was, wenn sie mit den öffentlichen Geldern verschwenderisch umgehen oder jegliche Neuerung blockieren? Die Erfahrung – etwa in der Schweiz oder in Kalifornien – zeigt, dass die Bürger keineswegs egoistisch oder verantwortungslos entscheiden. Erst vor wenigen Monaten haben die Schweizer die umstrittene Einbürgerungs-Volksinitiative der rechtspopulistischen Volkspartei (SVP) abgelehnt. Untersuchungen zeigen, dass in den Schweizer Gemeinden und Kantonen, wo die Bürger häufig per Finanzreferendum über öffentliche Ausgaben entscheiden, die Haushaltslage stabiler ist als dort, wo nur selten über die Finanzen abgestimmt wird.(1) Dort, wo man auf die Gestaltungskraft der Menschen vertraut, erweisen sie sich dieses Vertrauens offenbar als würdig.

      Demokratie als Lernprozess
      Direktdemokratische Verfahren sind große Bildungsveranstaltungen. Weil ein Problem eben nicht einfach auf eine Ja/Nein-Entscheidung verkürzt und ohne jegliches Hintergrundwissen entschieden wird. Jeder Abstimmung geht ein ausführlicher Diskussionsprozess voraus – auf der Straße beim Unterschriftensammeln, in Abstimmungs-Broschüren und im Idealfall auch in den Medien. Natürlich ist auch der Umgang mit direkter Demokratie ein Lernprozess. Nicht jedes Thema eignet sich für ein Bürger- oder Volksbegehren, für manche Anliegen lassen sich kaum Unterstützer gewinnen und wieder andere sind praktisch nicht umsetzbar. Trotzdem führen direktdemokratische Verfahren in jedem Fall dazu, dass Politik auf breiter Basis diskutiert wird – von Demokratiemüdigkeit keine Spur.

      Mehr Demokratie steht für Weiterentwicklung
      Doch in Deutschland stehen wir erst ganz am Anfang. Noch immer gilt es hier als selbstverständlich, dass Personen und Parteien im Vordergrund der politischen Tagesgeschäfts stehen. Selten wird wirklich über die Sache und langfristige Auswirkungen diskutiert, oft geht es um Machterhalt und Strategien im Hinblick auf die nächste Wahl. Wir von Mehr Demokratie arbeiten dafür, die Demokratie in Gemeinden, Ländern, Bund und Europa weiterzuentwickeln. „Noch mehr Demokratie?“ fragt der ein oder andere Passant, wenn wir uns beim Unterschriftensammeln vorstellen. Jawohl, noch mehr Demokratie! Denn wir stehen für eine Politik, die sich nicht mit dem Status quo – der Zuschauerdemokratie – zufrieden gibt, sondern sich permanent weiterentwickelt.

      Unsere Vision ist, dass eines Tages all die „Politikverdrossenen“ und „Demokratiemüden“ feststellen, dass sie mit Hilfe der direkten Demokratie sehr wohl etwas an den bestehenden Verhältnissen ändern können und dass sie „denen da oben“ eben nicht machtlos ausgeliefert sind. Die Bürger werden erkennen, dass sie selbst es sind, die Demokratie gestalten. Der Hauptantrieb, sich politisch zu engagieren, wird dann das Gefühl sein, verantwortlich an der Gestaltung des Gemeinwohls mitwirken zu können.

      Quelle: http://www.politik-poker.de/direkte-demokratie.php …
      Avatar
      schrieb am 19.01.09 05:55:45
      Beitrag Nr. 600 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.397.735 von Maraho am 18.01.09 12:43:49Wachstum in der EU sinkt laut Kommission um zwei Prozent

      Brüssel (dpa) - Die EU-Kommission erwartet für dieses Jahr einen spürbaren Rückgang des Wirtschaftswachstums in der Europäischen Union um zwei Prozent. Das berichtet die Zeitung «Die Welt» unter Berufung auf informierte Kreise. Demnach revidiert die Brüsseler Behörde damit ihre Herbstprognose, in der sie noch eine Stagnation vorausgesagt hatte. EU-Währungskommissar Joaquin Almunia wolle die neue Prognose heute bekanntgeben. Die Kommission plane auch eine Ergänzung des im November vorgelegten 200-Milliarden Euro-Konjunkturpakets.

      © Die Welt
      erschienen am 19.01.2009 um 03:18 Uhr
      Avatar
      schrieb am 19.01.09 06:04:05
      Beitrag Nr. 601 ()
      Tarifrunde für öffentlichen Dienst der Länder beginnt

      Berlin. In Berlin beginnen heute die Tarifverhandlungen für rund 700 000 Angestellte der Bundesländer. Die Gewerkschaften ver.di und die Tarifunion des Beamtenbundes dbb fordern acht Prozent mehr Geld, mindestens aber 200 Euro im Monat. Die Tarifgemeinschaft deutscher Länder hat das bereits zurückgewiesen. Ein eigenes Angebot haben die Arbeitgeber noch nicht vorgelegt. Bislang sind bis Mitte Februar nur drei Verhandlungstermine festgelegt. Kommt es bis dahin zu keinem Abschluss, sind Streiks wahrscheinlich. (dpa)

      Quelle: http://www.fr-online.de/_em_cms/_multifunktion/?e…
      Avatar
      schrieb am 19.01.09 06:48:53
      Beitrag Nr. 602 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.396.532 von kevine1 am 17.01.09 20:34:08US-Wirtschaft
      Auf breiter Front
      von Matthias Eberle

      Allmählich wird das ganze Ausmaß deutlich, mit dem die Kreditkrise quer durch die US-Wirtschaft wütet. Das Schlussquartal 2008 ist für "Corporate America" verheerend ausgefallen, die Folge sind Massenentlassungen in der größten Volkswirtschaft der Welt. Unter Ökonomen gilt zwar als unstrittig, dass viele Konzerne schlanker in den Abschwung gehen als etwa nach dem Platzen der Internetblase. Dennoch wird die Lage am Arbeitsmarkt dramatisch, weil der scharfe Einbruch der US-Konjunktur mit herkömmlichen Methoden nicht mehr aufzufangen ist.

      Wer keinen anderen Ausweg mehr sieht, die Kosten den gesunkenen Erlösen anzupassen, legt die Axt ans Personal. Überraschend ist dabei allenfalls, welche Breite die Entlassungsorgie bereits erreicht hat: Dass konjunkturabhängige Firmen wie Alcoa (Aluminium) ihre Belegschaften ausdünnen, liegt auf der Hand. Wenn aber zeitgleich Kraftwerke wie General Electric ausfallen, Microsoft Alarmsignale sendet und selbst Google erstmals in seiner Firmengeschichte Personal abbaut, sagt das einiges aus über den aktuellen Zustand der US-Wirtschaft.

      Dabei befinden wir uns noch in einer Frühphase des Stellenabbaus. Erst am Ende einer Rezession kommt es zu den meisten Entlassungen. Blicken wir etwa auf die US-Autoindustrie: Über den bevorstehenden Totalschaden in Detroit ist zwar schon viel geschrieben worden, die schmerzlichen Personaleinschnitte stehen aber noch bevor. Das Gleiche gilt für die Handelsbranche, die nach einem miserablen Weihnachtsgeschäft vor einer Welle von Pleiten steht. Der neue Präsident Barack Obama wird 2009 allenfalls die Hoffnung verbreiten können, dass auch diese Krise irgendwann vorbeiziehen wird. Ein Jobwunder ist aber weit und breit nicht in Sicht.

      Quelle: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/handelsbl…
      Avatar
      schrieb am 19.01.09 12:48:46
      Beitrag Nr. 603 ()
      Banken
      „Eine Bad Bank entlastet die Bilanzen“
      von Peter Köhler

      Die Regierungen in Großbritannien und den USA stehen offenbar kurz davor, eine "Bad Bank" einzuführen. In Deutschland ziert man sich: Das Bundesfinanzministerium sagte, die Diskussion sei nicht angebracht. Christoph Schalast ist an der Frankfurt School of Finance & Management unter anderem verantwortlich für den Forschungsbereich Non Performing Loans und sieht in einer Bad Bank große Chancen.

      Professor Schalast, kann eine Zweckgesellschaft die Probleme mit den strukturierten Kreditprodukten denn wirklich lösen?

      Eine Zweckgesellschaft kann die Probleme nicht allein lösen, aber - und darum geht es ja vorwiegend - sie macht es den einbezogenen Banken möglich, ihre Bilanzen zu entlasten, Vertrauen im Markt zurückzugewinnen und damit die derzeitige Liquiditätsklemme und Spirale nach unten zu durchbrechen. Außerdem eröffnet eine solche Bad Bank, die man aber besser "Trust" nennen sollte, die Chance, für die betroffenen Wertpapiere bzw. Non Performing Loans wieder faire Preise zu erzielen und Fire Sales ohne Kaufinteressenten zu beenden.

      In der Vergangenheit gab es schon verschiedene Auffanglösungen, etwa die Resolution Trust Corp oder andere Bad Banks für faule Kredite. Wie haben sich die Modelle rückblickend bewährt?

      Die Resolution Trust Corporation (RTC) wurde 1989 in den USA geschaffen, um der Krise der Sparkassen- bzw. Bausparkassen (Savings und Loans) ein Ende zu setzen. Die Struktur der RTC hat sich dabei im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens erheblich verändert - aus der ursprünglich geplanten schmalen Behörde wurde am Ende eine Institution mit bis zum 8.000 Mitarbeitern. Allerdings ist es ihr gelungen, die gestellte Aufgabe sehr erfolgreich durchzuführen und - bis zu der jetzigen Krise - das amerikanische Finanzsystem für über 15 Jahre nachhaltig zu stabilisieren. Bei anderen NPL Krisen, z.B. in Südostasien, wo sich die Regierungen gegen eine solche Institution entschieden haben, waren die Folgen für die Realwirtschaft gravierender und auch der Zeitraum hat sich verlängert. Insoweit kann man sagen, dass sich das RTC Modell in den USA gut bewährt hat.

      Wie kann man verhindern, dass eine Bad Bank ein Fass ohne Boden wird?

      Man muss eine Befristung einziehen und sich auf Papiere beschränken, die vor dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers begeben worden sind. Ich bin absolut der Meinung, dass das Neugeschäft mit Risikopapieren nach Lehman da nicht reingehört. Gleiches gilt für normale Unternehmenskredite, die gehören auch nicht in eine Bad Bank. Bei Akquisitionsfinanzierungen muss man sicher noch mal drüber nachdenken, wie man da verfährt. Als grobe Einteilung würde ich sagen: alles, was verbrieft ist, sollte für eine Bad Bank in Frage kommen.

      Reichen die Instrumente des Rettungsfonds Soffin denn nicht aus?

      Der Soffin sieht einen zeitlichen Rahmen von nur drei Jahren vor, das ist zu kurz. Die Banken müssen befürchten, dass sie die Papiere nach drei Jahren wieder in ihre Bilanzen bekommen. Außerdem sollte eine Bad Bank keine Bundesbehörde sein, besser wäre ein Bank, die marktwirtschaftlich mit Gewinnerzielungsabsicht arbeitet. Der Bund und die Banken - etwa über die Verbände - könnten sich an der Bad Bank aber mit Kapital beteiligen.

      Wie schnell muss eine Entscheidung kommen?

      Man sollte sich schnell entscheiden, damit die Banken wissen, woran sie sind. Nach der Hessen-Wahl ist die Gefahr groß, dass die große Koalition in Berlin im weiteren Jahresverlauf und mit dem Näherrücken der Bundestagswahl handlungsunfähig wird.

      Quelle: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/banken-versich…
      Avatar
      schrieb am 19.01.09 12:53:44
      Beitrag Nr. 604 ()
      Nach Bankenschelte
      Bundesbank widerlegt Kreditklemmenthese
      von Tobias Bayer (Frankfurt)

      Die deutschen Banken stehen in der Kritik: Politiker wie EU-Industriekommissar Günter Verheugen werfen den Instituten vor, nicht genügend Kredite zu vergeben. Die Bundesbank zeigt in einer Analyse, dass die Vorwürfe überzogen sind.


      Die Deutsche Bundesbank sieht keine Anzeichen für eine Kreditklemme hierzulande. In einer Untersuchung in ihrem am Montag vorgestellten Monatsbericht für Januar kommt sie zwar zum Schluss, dass es "gewisse Hinweise auf angebotsseitige restriktive Effekte auf die Kreditentwicklung gebe". Eine allgemeine Kreditverknappung sei aber nicht festzstellen: "Eine Verschärfung der Kreditstandards in konjunkturellen Schwächephasen stellt keine untypische Reaktion des Angebotsverhaltens dar", schreiben die Bundesbank-Experten.

      Den deutschen Banken dürfte die Analyse der Währungshüter höchst willkommen sein. Denn die Banken müssen sich gerade von der Politik Vorwürfe anhören, trotz der staatlichen Rettungspakete nicht genügend Kredite an Haushalte und Unternehmen zu vergeben.

      So kritisierte EU-Industriekommissar Günter Verheugen vor kurzem die Finanzinstitute wegen ihrer zögerlichen Kreditvergabe und forderte sie zum Umdenken auf. "Ich appelliere eindringlich an die Vorstände der Banken in Deutschland und in anderen EU-Ländern, verantwortlich zu handeln, den Rettungsschirm, den die Politik gespannt hat, zu nutzen und wieder ausreichend Kredite zu vergeben", sagte Verheugen in einem Interview.

      Deutsche Banken schneiden im europäischen Vergleich gut ab
      Die Deutsche Bundesbank nimmt die Banken nun in Schutz. Im Vergleich mit ihren europäischen Konkurrenten beinträchtigte die Krise an den Finanzmärkten die Kreditvergabe der deutschen Banken weniger stark: "Ein Vergleich der Ergebnisse der Zusatzfragen zum Einfluss der Lage an den Finanzmärkten für Deutschland und den Euro-Raum zeigt, dass die Auswirkungen auf die Kreditrichtlinien in der Währungsunion deutlicher waren als in Deutschland", schreiben die Bundesbank-Experten.

      Auch die Kreditversorgung im deutschen Mittelstand ist nach Angaben der Bundesbank weniger dramatisch als gedacht. "Die für die ersten drei Quartale 2008 vorliegenden getrennten Angaben zu den Bestimmungsfaktoren der Kreditrichtlinien zeigen, dass im Kreditgeschäft mit kleineren und mittelgroßen Unternehmen sowohl die Risikoeinschätzung als auch Refinanzierungskosten und bilanzielle Restriktionen einen geringeren restriktiven Einfluss auf die Vergabekonditionen hatte", schreibt die Bundesbank.

      Eine Erklärung sehen die Währungshüter in der Struktur des deutschen Bankensystems. Die geringere Verknappung bei Krediten für den Mittelstand "dürfte auch damit zusammenhängen, dass das Kreditgeschäft stärker von Kreditinstituten betrieben wird, die sich weniger auf den Geld- und Kapitalmärkten als vielmehr über Einlagen refinanzieren".

      Quelle: http://www.ftd.de/unternehmen/finanzdienstleister/:N…
      Avatar
      schrieb am 19.01.09 12:57:44
      Beitrag Nr. 605 ()
      EU-Prognose
      2010 soll wieder Wachstum bringen

      Am Horizont erscheint ein Hoffnungschimmer: Schon in der zweiten Jahreshälfte soll es wieder etwas aufwärts gehen. Europa wird der Prognose zufolge dann wieder ein kleines Wachstum beschert. Die Aussicht für das laufende Jahr sieht aber sehr düster aus.


      Nach Prognosen der EU-Kommission wird das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland 2010 wieder um 0,7 Prozent wachsen, nachdem für das laufende Jahr ein Rückgang um 2,3 Prozent erwartet wird. Für die 27 EU-Länder insgesamt prognostiziert die Kommission ein Minus von 1,8 Prozent in diesem Jahr und eine Erholung mit 0,5 Prozent Wachstum 2010.

      Die Wirtschaft der Euro-Zone werde in diesem Jahr um 1,9 Prozent schrumpfen, teilte die EU-Kommission am Montag in Brüssel mit. Die Wirtschaft im Euro-Gebiet ist bereits seit dem zweiten Quartal 2008 auf Talfahrt. Für 2010 erwartet die Behörde ein Plus von 0,4 Prozent.

      Der Chefvolkswirts der Allianz, Michael Heise, teilt die Einschätzung, dass die deutsche Konjunktur bereits Mitte 2009 wieder anziehen könne. Im Wirtschaftsmagazin "impulse" prognostizierte er, wegen der rückläufigen Rohstoffpreise werde die Kaufkraft steigen und der Abschwung dadurch nicht allzu stark ausfallen. "Der sinkende Ölpreis ist der beste Konjunkturstimulus", sagte Heise. Die Gefahr einer Deflation sehe er nicht. Die Verkaufspreise bei gleichzeitigem Rückgang der Inflation seien derzeit stabil. Davon profitiere das Wirtschaftswachstum.

      Viele EU-Länder stemmen sich mit milliardenschweren Konjunkturprogrammen gegen die Krise. Deutschland mobilisiert mit beiden Konjunkturpaketen rund 80 Mrd. Euro für Steuererleichterungen und öffentliche Investitionen. Gemeinsam wollen die EU-Länder die Wirtschaft mit 200 Mrd. Euro stützen. Die Konjunkturprogramme und die Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank ermöglichten eine schrittweise Erholung ab der zweiten Hälfte dieses Jahres, sagte EU-Wirtschafts- und Finanzkommissar Joaquin Almunia.

      Die Defizitgrenze des EU-Stabilitätspaktes kann eingehalten werden

      Kehrseite der Medaille ist ein starker Anstieg der
      Staatsverschuldung. Für die Euro-Zone rechnet die Kommission in diesem Jahr mit einem Defizit von durchschnittlich rund vier Prozent des BIP. Während Deutschland mit einer Neuverschuldung von 2,9 Prozent 2009 die Defizitgrenze des Stabilitätspakts von drei Prozent gerade noch einhalten kann, liegt die Prognose für die Neuverschuldung 2010 bei 4,2 Prozent des BIP.

      Nach dem 2005 reformierten Stabilitätspakt ist ein vorübergehendes Überschreiten der Drei-Prozent-Schwelle im Fall einer schweren Wirtschaftskrise möglich, ohne dass Strafzahlungen drohen. Doch müssen die EU-Länder die nächste Konjunkturerholung zu einem Abbau der Verschuldung nutzen. Almunia sagte, um das Vertrauen in die Wirtschaft zu stärken, müssten sich die Regierungen zur Konsolidierung der Haushalte verpflichten.

      Quelle: http://www.ftd.de/politik/deutschland/:EU-Prognose-…
      Avatar
      schrieb am 19.01.09 13:03:12
      Beitrag Nr. 606 ()
      Auch eine Meinung...

      Die Pendlerpauschale und ihre Folgen
      Auf Kosten der Umwelt

      Die Pendlerpauschale gehört auf Dauer abgeschafft. Denn sie setzt in Zeiten eines drohenden Klimakollapses völlig falsche Anreize.
      Ein Kommentar von Claus Hulverscheidt


      Es gibt neben dem Wunder von Bern wohl kein Erlebnis, das den Wiederaufstieg Deutschlands aus den Trümmern der Nazi-Herrschaft so sehr symbolisiert wie der Siegeszug des Autos quer durch alle Bevölkerungsschichten. Der Kauf eines VW-Käfers gab den Bürgern das Gefühl, dass ein geächtetes Volk zumindest wirtschaftlich wieder Anschluss an die zivilisierte Welt gefunden hatte. Vielleicht ist nur so das beinahe libidinöse Verhältnis der (männlichen) Deutschen zum Kraftfahrzeug zu erklären, das bis heute an jedem Samstag in den Hauseinfahrten und den Wasch-Center der großen Tankstellen zu bewundern ist.

      Die Liebe zum Pkw geht so weit, dass sie sogar die zugehörige Steuersubvention einschließt. Wenn in Deutschland die Kontodaten von Millionen Bankkunden an Kriminelle verhökert werden, wenn sich im Osten der Republik Rechtsextremisten zu Herren ganzer Landstriche aufschwingen, wenn der Innenminister zur Terrorabwehr die Bürgerrechte einschränkt, dauert die öffentliche Aufregung nur wenige Tage. Wird aber die Pendlerpauschale abgeschafft, steht die Republik am Rande der Staatskrise.

      Alle, die den Anspruch auf Kilometergeld für eine Art Grundrecht halten, werden sich durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von diesem Dienstag bestätigt sehen. Das zeigt etwa das Triumphgeheul der CSU, die tatsächlich immer noch zu glauben scheint, sie habe die Landtagswahl verloren, weil die CDU sie im Kampf um die Rückkehr zur alten Pendlerpauschale im Regen stehen ließ.

      Was im Jubel unterging, waren wie so oft die Argumente der Richter. Sie urteilten nämlich gerade nicht, dass der Gesetzgeber die alte Regelung wieder einführen muss. Sie urteilten auch nicht, dass die steuerliche Absetzbarkeit von Fahrtkosten sakrosankt wäre.

      Sie urteilten lediglich, dass die Politik gute Gründe haben muss, wenn sie an einer Grundregel des deutschen Steuerrechts herumdoktern will, dem so genannten Nettoprinzip. Bessere Gründe jedenfalls als den schlichten Wunsch nach höheren Staatseinnahmen, den Finanzminister Peer Steinbrück in Karlsruhe vortrug.

      Das Nettoprinzip besagt, dass der Fiskus vor der Besteuerung eines Einkommens die Aufwendungen abziehen muss, ohne die der Bürger eben jenes Einkommen nicht hätte erzielen können. In welchem Umfang dazu auch die Fahrtkosten zählen, ist aber weiter offen, denn die Karlsruher Richter teilen ausdrücklich Steinbrücks Haltung, dass es sich bei diesen Kosten um "gemischt veranlasste", also beruflich wie privat bedingte Aufwendungen handelt. Damit bleibt der Politik ein großer Handlungsspielraum.

      Jeder Mensch in Deutschland hat das Recht, selbst zu entscheiden, wo er wohnen möchte. Der eine zieht in die Stadt, weil dort das kulturelle Angebot größer ist oder die Schulen besser sind. Der andere zieht aufs Land, weil er die Natur liebt und die Verwandten dort wohnen. Das Gros der Beweggründe ist in jedem Fall privater Natur.

      Warum nun soll der Staat den Landbewohner, der zur Arbeit in die Stadt fährt, steuerlich subventionieren, seinen Arbeitskollegen aber nicht? Müsste dann nicht auch der Stadtbewohner seine höheren Mietkosten von der Steuer absetzen können, die er auf sich nimmt, um sich die Dauerpendelei zu ersparen? Und was ist mit dem Arbeitnehmer, der mit Anzug und Krawatte im Büro erscheinen muss? Auch er blitzt beim Finanzamt ab, selbst wenn er nachweist, dass er in seiner Freizeit nur Jogginganzüge trägt.

      Die Pendlerpauschale ist aber nicht nur unlogisch, sie setzt in einer Zeit, da der Verkehrs- und der Klimakollaps immer näherrücken, auch die falschen Anreize. Und gerade hier hat das Verfassungsgericht der Politik eine Tür geöffnet: Es verweist darauf, dass Abweichungen vom Nettoprinzip möglich sind, wenn damit "Förderungs- und Lenkungsziele" verbunden sind - zum Nutzen von Klima, Umwelt und Natur zum Beispiel.

      Statt also die Pendlerpauschale in Ewigkeit bestehen zu lassen und darüber hinaus eine Mietkosten- und eine Krawattenpauschale einzuführen, sollte der Staat alle beruflich und gemischt veranlassten Aufwendungen zu einer einzigen Pauschale zusammenfassen. Er könnte zum Beispiel den Arbeitnehmerpauschbetrag von derzeit 920 auf etwa 2000 Euro pro Jahr erhöhen. Dann wären drei Ziele auf einmal erreicht: Der falsche Anreiz wäre beseitigt, das Steuerrecht würde vereinfacht, und das Prinzip 'Wer arbeitet, muss mehr haben als der, der nicht arbeitet', würde gestärkt.

      Vorerst hat eine solche Reform keine Chance, denn das Karlsruher Urteil kommt selbst dem Prozessverlierer Steinbrück zupass. Er führt die alte Pendlerpauschale bis auf weiteres wieder ein, verzichtet großherzig auf jährliche Einnahmen von 2,5 Milliarden Euro - und wird beim nächsten Treffen der Koalitionsspitzen argumentieren, dass er seinen Beitrag für ein zweites Konjunkturpaket der Regierung damit geleistet habe.

      Zumindest die CDU aber wird nach der Bundestagswahl im nächsten Jahr unter Zugzwang geraten. Meint sie ihr steuerpolitisches Motto "einfach, niedrig, gerecht" ernst, wird sie die Strukturen des Steuersystems ändern müssen. Und dann auch an einer grundlegenden Änderung der Pendlerpauschale nicht vorbeikommen.

      Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/256/450972/text/ …
      Avatar
      schrieb am 19.01.09 13:06:28
      Beitrag Nr. 607 ()
      Schlechte Zeiten für gute Menschen
      Konzerne kürzen ihre Sponsoren-Etats: Stiftungen und Sozialprojekte geraten in die Krise.

      Von Kevin P. Hoffmann


      Berlin - Unternehmerin Bea Gellhorn hat drei Mitarbeiter, aber kein Büro. Einmal die Woche trifft sie sich mit ihren Leuten irgendwo, wo es nett ist. Vergangenen Freitag war das im Restaurant Charly Cheese in der Bötzowstraße im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg. Als Wein des Monats empfiehlt das Haus einen chilenischen Cabernet Sauvignon aus biologischem Anbau. Es gibt ein paar Ecken in Deutschland, wo so viele Menschen zugleich Wert auf gehobenen Stil und politische Korrektheit legen. Das Bötzowviertel ist so eine Ecke und das Cheese liegt mittendrin. „Außerdem ist es barrierefrei eingerichtet“, sagt Gellhorn.

      Das ist Voraussetzung für jeden Treffpunkt, denn einer ihrer Mitarbeiter sitzt im Rollstuhl: Steffen Woischnik, ehemaliger Weltmeister und Olympiasieger, er holte Gold bei der Vier-mal-400-Meter- Staffel bei den Paralympics in Atlanta, Bronze in Sydney. Jetzt kümmert er sich um Daten- und Büromanagement bei der „Online-Galerie für Insider Art“. Diese betreibt das mittlerweile größte Forum für zeitgenössische Kunst von Künstlern mit Behinderung in Deutschland.

      Das Unternehmen wuchs seit dem Start im Mai 2007 immer schneller, mittlerweile besuchen rund 80 000 Nutzer monatlich das eigene Internetforum kunst-kennt-keine-behinderung.de. Prominente wie Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) und der Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche, Wolfgang Huber, spendeten ihre freundliche Unterstützung; große Sponsoren der Industrie auch bares Geld – darunter Daimler, Arcandor und der Schraubenproduzent Würth. Gellhorns Team konnte sich bisher davon gut selbst finanzieren und Hunderten talentierter Menschen, die vorher nur wegen ihrer Behinderung keinen Zugang zum elitären Kulturzirkus fanden, ein Forum bieten, eine Perspektive. Doch dann kam die Finanzkrise...

      Gellhorn spricht von einer „Schockstarre“. Sie spürt, wie Unternehmen ihre Budgets extrem kürzen, der gebeutelte Karstadt-Konzern Arcandor sprang ganz ab. „Uns trifft die Situation unerwartet und hart“, sagt sie. Ihr Team entschied sich in der Not dafür, nun offensiv an die Banken, also die Verursacher der Krise, heranzutreten mit Argumenten wie: „Gerade Sie als Experte wissen am besten, die Finanzkrise ist eine Vertrauenskrise. Rückzug aus gesellschaftlicher Verantwortung ist das falsche Zeichen. Sie müssen Stabilität und Verlässlichkeit signalisieren und dem Vertrauensverlust entgegenwirken.“ Bei einigen Bankern prallt sie mit der Masche ab, andere aber überzeugt sie damit gerade jetzt.

      Viele Unternehmen beauftragen keine Agenturen, sondern betreiben eigene CSR-Abteilungen. Das steht für Corporate Social Responsibility, was man mit „unternehmerische soziale Verantwortung“ übersetzen könnte. Diese in sonnigen Zeiten für die Öffentlichkeitsarbeit wichtigen Abteilungen stecken in Krisenzeiten in einem Dilemma. Beispiel Deutsche Telekom: Der Konzern plante eine Ausstellung mit behinderten Künstlern. Aber ist eine Vernissage das richtige Signal in Zeiten, in denen man Standorte schließt? Aus der Ausstellung wurde eine abgespeckte Multimedia-Show.

      Viele der ganz großen Firmen unterhalten gleich eigene Stiftungen, die direkt gesellschaftlich wichtige Aufgaben wahrnehmen (siehe Grafik). Die größte deutsche Stiftung privaten Rechts ist die Robert Bosch Stiftung, die ein Vermögen von rund 5,2 Milliarden Euro besitzt und damit jährlich Projekte im Wert von rund 70 Millionen Euro finanziert. Andere Stiftungen wie die von Hertie (investiert viel in klinische Hirnforschung) oder Körber (politische Bildung) sind heute berühmter als die Unternehmen und Unternehmer, die sie aufbauten. Doch die Krise schont auch wohltätig klingende Namen nicht: Die American Academy streicht in Berlin ihr Programm zusammen, auch die Zeit-Stiftung hat ihren Etat für das laufende Jahr um 15 Prozent kürzen müssen.

      Stiftungen müssen gemäß fast aller Landesstiftungsgesetze ihr Vermögen erhalten. Das ist aber schwieriger denn je: „Wir rechnen damit, dass die Erträge aus Zinsen und Wertpapieren im Jahr 2009 um zehn Prozent zurückgehen werden“, sagte der Generalsekretär des Bundesverbands Deutscher Stiftungen, Hans Fleisch, vor wenigen Tagen. Doch diese Pflicht zur Vermögenswahrung bewahrt die Einrichtungen in Deutschland vor Zuständen wie in den USA, sagt er. Dort haben sich viele Stiftungen so stark verzockt, dass ihre Vermögen zuletzt um 20 Prozent und mehr schmolzen. Allein die Harvard-Universität machte aufgrund unsicherer Anlagen mehrere Milliarden Dollar Verlust.

      Die Berliner Senatsverwaltung für Finanzen, die die gemeinnützigen Stiftungen der Hauptstadt überwacht und von der Steuer befreit, rät Stiftungen zur Vorsicht und Investitionen in Immobilien, festverzinsliche Wertpapiere oder Bundesschatzbriefe. Die gelten als seriöse Anlageformen. „Stiftungskapital in riskante Derivate zu stecken, können wir nicht empfehlen“, sagt Sprecher Clemens Teschendorf. Allerdings haben vor ein paar Jahren auch noch die Investitionen in Hedgefonds als seriös gegolten.

      (Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 19.01.2009)
      Avatar
      schrieb am 19.01.09 13:16:46
      Beitrag Nr. 608 ()
      Etwas älter, aber durchaus aktuell...


      Das Schweigen der Manager
      Von Reinhard K. Sprenger

      Was als Subprime-Krise begann, hat sich zur globalen Vertrauenskrise ausgeweitet. Das heißt im Kern: Geld fließt nicht mehr dahin, wo es gebraucht wird. Die Folge ist rasender Stillstand. Wer steigt in den Ring, um für freie Märkte und bürgerliche Werte zu kämpfen?

      Keiner traut sich. Der Bürger traut den Unternehmen nicht, den Banken schon gar nicht, die Banken trauen sich gegenseitig nicht, auch Staat und Banken belauern sich, den Ratingagenturen traut ohnehin niemand mehr, die Börsen spielen verrückt. Was als Subprime-Krise begann, hat sich zur globalen Vertrauenskrise ausgeweitet. Das heißt im Kern: Geld fließt nicht mehr dahin, wo es gebraucht wird. Die Folge ist rasender Stillstand.

      Nun wird alles Wissenswerte über Vertrauen zusammengekratzt: dass es das Öl der Wirtschaft sei, dass es schnell zerstört, aber nur langsam wieder repariert sei, dass dieser weiche Faktor am Ende doch der einzig harte sei. Und dass man es nur so wieder aufbauen kann: Es braucht jemanden, der den ersten Schritt tut, der durch die Flammenwand des Zweifels geht, ohne wissen zu können, ob die Entdeckung auf der anderen Seite den Aufwand lohnt. Es braucht jemanden, eine Institution, eine gewichtige Person, die den Anfang macht, die mit vollem Risiko ins Vertrauen springt.

      Wer macht das, wer kann das? Nur jemand mit großem Selbstvertrauen. Denn wirklich ins Risiko geht nur, wer sich innerlich sicher fühlt, über ein hohes Maß an innerer Gelassenheit und Ich-Stärke verfügt. Das sind Menschen, die nicht zögern oder verzagt sind, die sich nicht vorschnell Meinungen anderer unterwerfen, sozialem Druck nachgeben oder Initiative vermissen lassen, wo entschiedenes Handeln angezeigt wäre. Manager also?

      Gerade aber in diesen Zeiten, wo allenthalben nach der sichtbaren Faust des Staates über der unsichtbaren Hand des Marktes gerufen wird, wo Feuilletonisten, die noch nie ein Unternehmen von innen gesehen haben, die "Pleite der letzten Utopie" und das "Ende des Kapitalismus" herbeireden, da lassen sich Manager nicht blicken.

      Wo sind sie, die doch bis in die gesellschaftliche Spitze befördert wurden und betriebsintern so gern den Anspruch des Vorbildlichen erheben? Nirgends.

      Abend für Abend die gleichen Bilder: Die Herz-Jesu-Abteilung mit Geißler und Blüm schwadroniert moraltriefend und von jedem Selbstzweifel ungetrübt über allerlei Wünschbares, die ölige Luxuslinke von Lafontaine und Wagenknecht kommt vor Schenkelklopfen aus der Puste, und höchstens ein paar Abgestandene, Kopper, Poullain, Henkel, mimen die Widerständigen, aber auch sie eher betreten: "Übertreibungen, ja, ja, Raubtierkapitalismus, nein, nein, und gegen überhöhte Gehälter sowieso."

      Wer steht auf und erklärt den Leuten, dass sich hinter dem beschönigenden Wort "subprime" die politisch gewollte Preissenkung für Risiko verbirgt, mithin der Kauf von Wählerstimmen? Wer steht auf und sagt klipp und klar, dass gerade hier kein Marktversagen vorliegt, sondern ein Staatsversagen? Wer steigt in den Ring und kämpft dafür, dass ein freier Markt auch freie Bürger macht, dass wirtschaftliche Freiheit auch Einkommensunterschiede verringert und dass Freiheit ein letztlich unverrechenbarer Wert ist?

      Offenbar niemand. Die Manager stehen vielmehr naserümpfend abseits, so als hätte ihnen jemand zugerufen: Macht euch nicht die Hände schmutzig! Der Spuk wird sich legen! Gar nichts wird sich da legen, da wird nämlich das ganz große Andere vorbereitet. Wollen wir das?

      Ich weiss aus eigener Erfahrung, dass man nicht ohne Blessuren aus solchen Debatten herauskommt. Und ich weiß auch, wie die Besetzungslisten von Talkshows zustande kommen, und kann mir daher nicht vorstellen, dass unsere Spitzenmanager nicht eingeladen werden. Sie kneifen. Sie überlassen das Feld den Schwadroneuren. Sie nutzen nicht einmal die kleine Chance, ökonomischen Sachverstand zu vertreten und den bürgerlichen Lebensstil zu verteidigen. Wer aber schweigt, wenn wieder dummes Zeug gedampfplaudert wird, hat sein Einspruchsrecht verspielt. Und der vergeht sich an einer Zukunft, die von Respekt vor dem Eigentum, Rechtsstaatlichkeit und freier Vertragswahl gekennzeichnet sein sollte.

      Natürlich ist niemand verpflichtet, sich vor einem Millionenpublikum verhauen zu lassen. Das steht in keiner Stellenbeschreibung. Aber was ist mit der Verantwortung gegenüber den vielen, die Sie auf dem Weg an die Spitze zurückgelassen haben? Die Ihnen nun folgen sollen? Verantwortung hat man nicht, man ergreift sie. Das rufen Sie Ihren Managern doch auch immer wieder zu, oder? Also, machen Sie den ersten Schritt. Trauen Sie sich! Ergreifen Sie Verantwortung. Tun Sie das, was Sie auch von Ihren Mitarbeitern erwarten. Nicht handeln heißt zustimmen.

      Oder ist genau das Ihr Problem?


      Quelle: http://www.manager-magazin.de/magazin/artikel/0,2…
      Avatar
      schrieb am 19.01.09 13:23:41
      Beitrag Nr. 609 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.399.284 von Maraho am 18.01.09 19:22:05Hessen
      Von der Freiheit der Wähler, nicht zu wählen

      Nur noch 61 Prozent: Bei der Landtagswahl in Hessen haben so wenige Wähler ihre Stimme abgegeben wie nie zuvor. 2008 hatten noch 64,3 Prozent der Wähler abgestimmt. So kommt es, dass die CDU zulegt, obwohl weniger Menschen für Kochs Partei vortiert haben. Die Gründe dafür sind vielfältig.


      Der Trend hat sich wieder einmal bestätigt: Auch bei der Hessenwahl am Sonntag ist die Wahlbeteiligung gesunken. Fast 40 Prozent der Wähler blieben zu Hause und brachten damit ihren Protest oder ihr Desinteresse zum Ausdruck. Entgegen landläufiger Meinung hat aber nicht die Partei am Rand davon profitiert, sondern der Amtsinhaber. Der amtierende hessische Regierungschef Roland Koch verzeichnete geringfügigen prozentualen Zuwachs, obwohl absolut gesehen weniger Bürger für ihn stimmten.

      Im Grunde genommen sinkt die Wahlbeteiligung seit Gründung der Bundesrepublik im Jahre 1949 tendenziell auf allen Ebenen. Wahrnehmbar wurde das Phänomen aber erst seit der Wiedervereinigung: Seitdem verdoppelte sich die Zahl der Nichtwähler. Unterschieden werden muss jedoch nach Ebene: Während die Beteiligung an der Bundestagswahl seit dem Tiefpunkt 1990 wieder leicht stieg, geht es auf Landesebene stetig nach unten. Hessen belegt diesen Trend beispielhaft. Während vor einem Jahr noch bei 64,3 Prozent der Wahlberechtigten einen Stimmzettel ausfüllten, waren es am Sonntag nur noch 61 Prozent.

      Was die Ursachen für den Trend angeht, so ist die Wissenschaft uneins: Während die einen darin ein Zeichen der Politikverdrossenheit sehen, bewerten die anderen es als Normalisierung, gar als Zeichen für grundsätzliche Zufriedenheit der Bürger mit dem System.

      Der Politikwissenschaftler Oskar Niedermayer von der Freien Universität Berlin unterscheidet vier Typen von Nichtwählern. Es gebe die Desinteressierten, die rational Abwägenden, die Protestwähler und „technischen“ Nichtwähler, also diejenigen, die einfach nur kurzfristig verhindert seien, sagte Niedermayer. Die letzte Gruppe sei im Laufe der Jahre stabil geblieben. Grundsätzlich lasse sich keine höhere Wahlbeteiligung als 95 oder 96 Prozent erreichen.

      Die Zunahme der Desinteressierten führt Niedermayer auf die zunehmende Individualisierung der Gesellschaft zurück. Während apolitische Menschen früher in Gruppenzwänge eingebunden gewesen und von der Familie oder den Freunden mit zur Wahl geschleppt worden seien, entzögen sie sich seit den 70er-Jahren zunehmend der sozialen Kontrolle und blieben bei der Wahl zu Hause.

      Der rational Abwägende entscheidet dem Politikwissenschaftler zufolge von Wahl zu Wahl, ob sie für ihn wichtig ist. Meist gingen diese Bürger zur Bundestagswahl, seltener aber zu Landtags-, Kommunal- und Europawahlen. „Insbesondere bleiben sie zu Hause, wenn sie meinen, die Sache ist schon gelaufen“, sagte Niedermayer. Gewachsen sei die Gruppe der Protestwähler, denen das gesamte etablierte Parteiensystem nicht behagt.

      „Man kann aber nicht sagen, dass die Systemverdrossenheit allein verantwortlich ist für den Rückgang der Wahlbeteiligung. Bei jeder Wahl gibt es spezifische Gründe dafür, dass der Trend nach unten geht“, meinte der Wissenschaftler.

      In Hessen seien vor allem die traditionellen SPD-Wähler frustriert zu Hause geblieben. Dabei spalte sich diese Gruppe auf in eine Mehrheit derjenigen, die den Wortbruch der SPD-Partei- und Fraktionschefin Andrea Ypsilanti kritisierten, und in eine Minderheit derjenigen, die bedauerten, dass Ypsilanti keine Regierungsbildung gelungen sei. Ypsilanti hatte vor der Wahl 2008 versprochen, sich nicht mit Hilfe der Linken zur Ministerpräsidentin wählen zu lassen, dies dann aber doch zweimal erfolglos versucht. Am Sonntagabend trat sie von ihren Ämtern zurück, nachdem ihre Partei mit 23,7 Prozent ein historisch schlechtes Ergebnis einfuhr.

      Quelle: http://www.welt.de/politik/article3052119/Von-der-Fr…
      Avatar
      schrieb am 19.01.09 16:58:18
      Beitrag Nr. 610 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.402.600 von Maraho am 19.01.09 13:16:46Subprime-Krise
      Warum hat niemand die Krise kommen sehen?
      von Olaf Storbeck

      Wer die Subprime-Krise verstehen will, muss verstehen, warum Banken, Ratingagenturen und Investoren so kalt von den steigenden Zahlungsausfällen bei Subprime-Hypotheken überrascht wurden. Vier Ökonomen der US-Notenbank haben daher die Krise nachgespielt – und kommen zu einem erstaunlich klaren Ergebnis.


      DÜSSELDORF. Nach einem Flugzeugunglück schlägt stets die Stunde der Unfallermittler. So genau wie möglich versuchen Luftfahrtexperten, den Ablauf der Katastrophe zu rekonstruieren.

      Im Zweifel setzen sie den Jet aus Zehntausenden von Wrackteilen in mühsamer und jahrelanger Puzzlearbeit wieder zusammen. Denn nur wenn die Absturzursache bekannt ist, lassen sich ähnliche Unglücke in Zukunft verhindern.

      Das Gleiche gilt für die Finanzkrise, das größte Wirtschaftsunglück seit gut 70 Jahren. Vier Volkswirte der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) sind daher vorgegangen wie Unfallermittler in der Luftfahrtbranche.

      Die Forscher konzentrieren sich auf eine Frage: Warum hat es die Marktteilnehmer so überrascht, dass so viele der in den Jahren 2005 und 2006 vergebenen Subprime-Hypotheken geplatzt sind? Die massiven Zahlungsausfälle bei den Darlehen an Hauskäufer mit schlechter Bonität sind Kernursache dafür, dass das weltweite Finanzsystem ins Wanken geraten ist. Die Studie mit dem Titel "Making Sense of the Subprime Crisis" erscheint demnächst in der renommierten Fachzeitschrift "Brookings Paper on Economic Activity".

      Hätten Banken, Ratingagenturen und Käufer der Wertpapiere, die mit diesen Krediten besichert waren, die Ausfallrisiken nicht so krass unterschätzt, wäre es nach Ansicht der Fed-Ökonomen nicht zu einer Krise dieses Ausmaßes gekommen. Denn wer damit rechnet, dass ein Schuldner in Zahlungsschwierigkeiten gerät, leiht ihm nicht ohne weiteres Geld – zumindest nicht ohne Sicherheiten und nicht zu günstigen Konditionen.

      Die Ökonomen haben unter anderem die folgende Erklärung für die Fehleinschätzung der Ausfallrisiken überprüft: Die Qualität der Hypotheken hat sich nach und nach verschlechtert, und die Investoren haben das nicht bemerkt.

      Tatsächlich sind die Anforderungen an die Schuldner in den Jahren 2005 und 2006 spürbar gesunken. So stieg zum Beispiel der Anteil der Kredite, bei denen die Einkommensverhältnisse nicht geprüft wurden, von 20 Prozent im Jahr 1999 auf 35 Prozent im Sommer 2006.

      Das allein aber kann den deutlichen Anstieg der Kreditausfälle nicht erklären, stellen die Forscher fest. Denn selbst die riskantesten Darlehen des Jahres 2004 platzten seltener als deutlich solidere Kredite, die 2006 vergeben wurden.

      In einem zweiten Schritt nehmen die Wissenschaftler die Entwicklung der Immobilienpreise unter die Lupe. Diese sind bis ins Frühjahr 2006 stark gestiegen, danach aber in sich zusammengebrochen.

      Solange die Immobilienmärkte boomten, konnte ein Schuldner, der in Zahlungsschwierigkeiten geriet, sein Eigenheim mit Gewinn verkaufen und die Hypothek tilgen – ab Frühjahr 2006 war dieser Ausweg zunehmend verbaut.

      Haben die Experten in den Banken diesen Zusammenhang zwischen fallenden Immobilienpreisen und platzenden Darlehen unterschätzt? Denkbar wäre das vor allem deshalb, weil es zuverlässige Daten zur landesweiten Entwicklung der Immobilienpreise in den USA erst ab 1999 gibt und danach die Preise bis 2006 stets gestiegen sind.

      Hätte man dennoch mit diesen Zeitreihen aus gerade mal sieben Jahren den Einfluss fallender Immobilienpreise auf die Zahlungsfähigkeit der Hypothekenschuldner richtig prognostizieren können? Die Antwort der Forscher ist eindeutig. Sie entwickelten ein Prognose–Modell für die Ausfallrisiken, in das sie nur die vor der Krise verfügbaren Daten fütterten – und konnten damit die tatsächliche Entwicklung der Zahlungsausfälle erstaunlich gut vorhersagen.

      Auch die Auswertung alter Analysten-Berichte zeigt: Tatsächlich hatten schon 2004 einige Analysten ein gutes Gefühl dafür, dass Ausfallrisiken von Hypotheken bei fallenden Hauspreisen drastisch steigen.

      Der entscheidende Fehler lag woanders. Sämtliche Beobachter schätzten die Entwicklung der Immobilienpreise viel zu rosig ein. Pessimisten rechneten zwar damit, dass sich die Preisanstiege verlangsamen. Dass Häuser aber tatsächlich billiger werden, hielt die große Mehrheit die Marktbeobachter quasi für ausgeschlossen.

      So gingen zum Beispiel die Analysten von Lehman Brothers im Sommer 2005 mit einer Wahrscheinlichkeit von 80 Prozent davon aus, dass die Preise auch in Zukunft jährlich um fünf Prozent oder mehr steigen. Einem Kollaps, bei dem die Preise längere Zeit deutlich fallen, sprachen sie nur eine Wahrscheinlichkeit von fünf Prozent zu.

      „Der Glaube, dass die Hauspreise nicht besonders stark fallen können, hielt sich auch dann noch, als der Abwärtstrend bereits begonnen hatte“, stellen die Fed-Forscher fest. So sprachen JP-Morgan-Analysten noch im September 2007 von einer Bodenbildung.

      Alles in allem stützt die Studie die Sicht des Yale-Ökonomen Robert Shiller. Dieser macht im Kern psychologische Faktoren wie überzogenen Optimismus für die Krise verantwortlich. „Die Hauptursache ist die menschliche Natur“, sagt Shiller. „Wir haben uns von den steigenden Immobilienpreisen einfach davontragen lassen.“

      In der traditionellen Wirtschaftswissenschaft werden solche „weichen“, psychologischen Faktoren kaum beachtet. Die ökonomische Unfallermittlung zeigt: Das war ein fataler Fehler.

      Quelle: http://www.handelsblatt.com/politik/wissenswert/wa…
      Avatar
      schrieb am 19.01.09 17:01:58
      Beitrag Nr. 611 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.404.575 von Maraho am 19.01.09 16:58:18Hast Du keine eigene Meinung ?
      :confused:
      Avatar
      schrieb am 19.01.09 17:05:12
      Beitrag Nr. 612 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.400.265 von Maraho am 19.01.09 05:55:45Rezession
      Euro-Land zerreißt
      von Ruth Berschens

      Die schwerste Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit birgt Sprengstoff für die Währungsunion: Der Euro-Zone droht die finanzielle und wirtschaftliche Spaltung. Die Rezession reißt eine Kluft weit auf, die seit der Einführung des Euros vor einem guten Jahrzehnt immer vorhanden war.

      Auf der einen Seite stehen Staaten, die soziale Sicherungssysteme reformiert, die Reallöhne gedrückt und die Staatsbudgets in Ordnung gebracht haben. Sie sind heute einigermaßen gewappnet gegen die Krise. Dazu gehören Finnland, die Niederlande, Österreich und Deutschland.

      Auf der anderen Seite stehen Länder, die schmerzliche Sozialreformen immer wieder aufgeschoben, ein zu hohes Lohnniveau zugelassen und den Staatshaushalt nie konsolidiert haben, allen voran Griechenland und Italien, aber auch Portugal und Frankreich. Schon in besseren Zeiten litten ihre Volkswirtschaften unter Wettbewerbsschwäche. Nun, bei explodierenden Defiziten, gelten diese Staaten an den Kapitalmärkten zunehmend als unsichere Kantonisten. Das müssen sie mit steigenden Risikoaufschlägen bei der Verzinsung ihrer Staatsanleihen bezahlen, was die Verschuldung umso schneller in die Höhe treibt.

      Um den Teufelskreis zu durchbrechen, müssten die Haushaltssünder und Reformverweigerer schnell umsteuern, trotz Krise. Andernfalls bleiben irgendwann nur noch zwei Möglichkeiten: Entweder riskiert man die Pleite eines Euro-Staats - eine politisch wie ökonomisch kaum vorstellbare Variante. Oder aber die starken Euro-Länder zahlen für die schwachen, etwa mit Hilfe einer Euro-Staatsanleihe. Deutschland würde dann indirekt für italienische Staatsschulden einstehen. Genau dieses Risiko wollte die Regierung Kohl einst mit dem Stabilitätspakt ausschließen.

      Quelle: http://www.handelsblatt.com/politik/handelsblatt-kommen…
      Avatar
      schrieb am 19.01.09 17:08:09
      Beitrag Nr. 613 ()
      Alles in allem stützt die Studie die Sicht des Yale-Ökonomen Robert Shiller. Dieser macht im Kern psychologische Faktoren wie überzogenen Optimismus für die Krise verantwortlich. „Die Hauptursache ist die menschliche Natur“, sagt Shiller. „Wir haben uns von den steigenden Immobilienpreisen einfach davontragen lassen.“

      In der traditionellen Wirtschaftswissenschaft werden solche „weichen“, psychologischen Faktoren kaum beachtet. Die ökonomische Unfallermittlung zeigt: Das war ein fataler Fehler.


      Dat is der Punkt.
      Gier und Angst bestimmen die Börse und weiter gefasst den Menschen in seiner Alltagsgestaltung. Es ist nämlich im Grunde genommen alles "Ökonomie", was den Alltag bestimmt: wie du deine Küche aufräumst, welche Sachen du im Supermarkt auswählst, ob du dich für eine Versicherung entscheidest und wenn, für welche. Das eine, was uns leitet, ist das Wertedenken, das andere die Art, Werte zu vermehren. Dann kommt die Psychologie ins Spiel, wobei dann die Gier meist stärker ist als die Angst. Ist die Angst einmal da, neigt der Mensch dazu, in den Gier-Mustern zu verharren und notfalls den Kopf in den Sand zu stecken.
      Avatar
      schrieb am 19.01.09 17:14:17
      Beitrag Nr. 614 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.404.598 von d.h.53 am 19.01.09 17:01:58Guten Abend d.h.53,

      ich habe sehr wohl eine eigene Meinung.
      Mit diesem Thread versuche ich allerdings, die "Finanzkrise" mit verschiedenen Artikeln zeitnah zu begleiten und für die Leser interessante Pressestimmen bzw. die "veröffentlichte Meinung" zu finden und zu präsentieren.
      Sollte dies Dir nicht zusagen, dann bedaure ich dies, aber zum
      Austausch von Meinungen gibt es ja auch andere Threads.
      Und: So bedeutend oder wichtig bin ich weiß Gott nicht, daß auch ich noch meine Meinung zum besten geben muß!

      Schönen Abend
      Maraho
      Avatar
      schrieb am 19.01.09 17:16:47
      Beitrag Nr. 615 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.404.668 von kevine1 am 19.01.09 17:08:09Stimmt.

      Wie heißt es: "Gier frißt Hirn".

      Liebe Grüße von
      Maraho
      Avatar
      schrieb am 19.01.09 17:18:12
      Beitrag Nr. 616 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.404.668 von kevine1 am 19.01.09 17:08:09Ist die Angst einmal da, neigt der Mensch dazu, in den Gier-Mustern zu verharren und notfalls den Kopf in den Sand zu stecken.

      Dieses nennt er dann "gesunden Optimismus" (weshalb Andersdenkende als kranke Schwarzseher beschimpft werden, um weiter träumen zu können; im Extremfall werden gewachsene gesellschaftliche Maßstäbe über den Haufen geworfen, um die eigene Realität zu verteidigen.
      Man findet allerdings gelegentlich auch das gegenteilige Extrem bei notorischen Pessimisten.

      Ich persönlich halte es immer noch für das Beste, sich vielseitig und aufgeschlossen zu informieren und Gelesenes auszudifferenzieren, aber das macht eben Mühe, für die es keine Ad-hoc-Belohnung gibt.

      Übrigens, bei allem Lob für Deine Artikel-Auswahl: Ich fände es auch schön, wenn Du Dich mehr mit eigenen Meinungen einbringen würdest. Der Thread versinkt sonst in einer Art Anonymität, wo man sich hinter Links und Texten versteckt. Das widerspricht dem Community-Gedanken, denn der Vorteil von Foren ist ja der Austausch unter Menschen, die ähnliche Interessen haben und ähnlich filtern, so dass eine gewisse Vertrauensbasis für einen Gedankenaustausch bestehen sollte.;):)
      Avatar
      schrieb am 19.01.09 17:21:37
      Beitrag Nr. 617 ()
      Bankenkrise
      Wie Staaten den Kreditmotor starten wollen
      von Christine Mai (Frankfurt)

      Banken geben Unternehmen nur noch unter strengen Bedingungen Kredit. Die Regierungen in Europa und den USA versuchen - mit zunehmender Verzweiflung - die Geldversorgung von Firmen in Gang zu halten. FTD.de zeigt, wie.

      Weiterführend: http://www.ftd.de/unternehmen/finanzdienstleiste…
      Avatar
      schrieb am 19.01.09 17:33:46
      Beitrag Nr. 618 ()
      :confused:

      Alles in allem stützt die Studie die Sicht des Yale-Ökonomen Robert Shiller. Dieser macht im Kern psychologische Faktoren wie überzogenen Optimismus für die Krise verantwortlich. „Die Hauptursache ist die menschliche Natur“, sagt Shiller. „Wir haben uns von den steigenden Immobilienpreisen einfach davontragen lassen.“

      In der traditionellen Wirtschaftswissenschaft werden solche „weichen“, psychologischen Faktoren kaum beachtet. Die ökonomische Unfallermittlung zeigt: Das war ein fataler Fehler.


      Eigentlich zum lachen, wenn es nicht so traurig wäre, was diese hochgelobte korphäe da absondert. Schade, das es noch keine technische möglichkeiten gibt, diesem experten sein nonsens müll zurück in den hals zu stopfen.

      Da wird nun einfach, weil man nicht zugeben will und kann, dass man selber als hochgelobter experte zeitnah und vorausschauend natürlich wie immer nichts gesehen und bemerkt hat, flugs ein imaginärer neuer schuldiger in diesem drama gesucht und natürlich schnell dingfest gemacht, es war, wen wundert es noch, nicht wie immer in jedem schlechten schurkenstück natürlich der gärtner und der fahrer,nein, hier nennt sie der experte verschämt und vornehm,die psychologische faktoren.

      Während dieser und andere idioten des gleichen kalibers noch die fehler der vergangenheit mit dem wissen der gegenwart "anal"ysieren, werden schon die verhängnisvollen fehler und bewussten betrügereien der gegenward mangels kompetenz und fachwissen ignoriert.
      Deshalb ist das einzige, was ich von diesem typen begriffen und damit gelernt habe, die bestätigung, dass dieser experte keine ahnung davon hat wie wirtschaft funktioniert und was schuldendruck als system eigentlich für die wirtschaft bedeutet.

      Vermutlich kann er das auch nicht, weil er selber gut abgesichert zeitlebens dem staat arbeitsfrei auf der tasche liegen wird.
      schlimmer gehts nimmer....
      Avatar
      schrieb am 19.01.09 17:43:41
      Beitrag Nr. 619 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.404.789 von kevine1 am 19.01.09 17:18:12 Übrigens, bei allem Lob für Deine Artikel-Auswahl: Ich fände es auch schön, wenn Du Dich mehr mit eigenen Meinungen einbringen würdest. Der Thread versinkt sonst in einer Art Anonymität, wo man sich hinter Links und Texten versteckt. Das widerspricht dem Community-Gedanken, denn der Vorteil von Foren ist ja der Austausch unter Menschen, die ähnliche Interessen haben und ähnlich filtern, so dass eine gewisse Vertrauensbasis für einen Gedankenaustausch bestehen sollte.


      Guten Abend kevine,

      den Titel des Threads kennst Du. Aufgrund der Aufklärung des users
      "Friseuse" auf Seite 2 hätte man das ganze eigentlich beenden können.
      Dann wäre es allerdings wieder ein eigentlich überflüssiges Unterfangen gewesen bzw. ein weiterer Thread unter unzähligen.

      Ich hatte inzwischen aber den Gedanken entwickelt, die sogenannte
      "Finanzkrise" mit einer Auswahl von Pressestimmen zu begleiten um
      so den Lesern (von denen es ja reichlich zu geben scheint) Anregungen zum Gedankenaustauch zu vermitteln. Insofern verstehe ich mich eigentlich als Moderator.
      Arbeit macht das ganze übrigens sehr und von dem Zeitaufwand sprechen wir lieber nicht, allerdings profitiere ich auch davon.
      Dies in Bezug auf auch mir noch Unbekanntes.

      Das die Art, wie ich an die Dinge herangehe dem Community-Gedanken
      widerspricht, mag sein. Allerdings läßt sich auch feststellen, daß
      es hier mehr "Konsumenten" als "Produzenten" gibt. Ich hätte mir doch etwas mehr Engagement seitens der Leserschaft gewünscht.

      Eine Vertrauensbasis im eigentlichen Sinne kann aber m. M. in solch einem Forum nicht aufgebaut werden, da die user (ich natürlich mit eingeschlossen) hier anonym agieren. Insofern eine
      Sache der "Wellenlänge". Und für ernsthafte sowie persönliche Auseinandersetzungen gibt es ja noch die Möglichkeit per e-Post!

      Trotzdem vielen Dank für Deine "Kritik".
      Maraho
      Avatar
      schrieb am 19.01.09 17:51:44
      Beitrag Nr. 620 ()
      Hilfe! Das Kapital verschwindet
      Von Winand von Petersdorff


      19. Januar 2009 Der Satz "Es ist noch nicht vorbei" signalisiert in Horrorfilmen eine dramatische Wendung, wenn gerade das Böse gebannt schien. Der Satz ist wie gemacht für die Finanzkrise, die nur noch eine Gewissheit liefert: Ein Happy End ist nicht garantiert.

      Die amerikanischen Bankriesen wanken. Citigroup will sich teilen, die Bank of America braucht abermas Staatsgeld. Die Hypo Real Estate ist wieder in Not. Die Deutsche Bank zeigt einen Riesenverlust an. Die Landesbank Baden-Württemberg sieht sich unterkapitalisiert (siehe LBBW-Chef Jaschinski: „Im Moment haben wir zu wenig Eigenkapital“).

      Seit Monaten versuchen Banken, ihr Geschäft in Ordnung zu bringen. Bisher ohne durchschlagenden Erfolg. Auch Milliardeninjektionen des Staates, Regierungsgarantien, Teilverstaatlichungen und eine ausufernde Geldpolitik schlagen offenbar nicht an und lassen nur den einen Schluss zu: Es ist noch nicht vorbei.

      Keine Firma illustriert die Dramatik besser als die Deutsche Bank, die lange noch die Hoffnung nährte, sie sei der Fels in aufgewühlter See. Bis in den Herbst 2008 hinein verdiente das Unternehmen Geld. Im letzten Quartal aber, dem Lehman-Quartal, fiel die Bank in ein tiefes schwarzes Loch. Minus 4,8 Milliarden Euro führte zum Jahresverlust der Bank von knapp vier Milliarden, dem ersten seit Jahren.

      Den Sicherheitspuffer systematisch verkleinert

      Bankchef Josef Ackermann will immer noch kein Geld vom Staat oder von Staatsfonds, bekräftigte er in der vergangenen Woche wieder, doch er nutzt alle anderen Instrumente, um die Kapitaldecke auszufüttern. Keine große Bank kann sich zurzeit der Abwärtsspirale entziehen. In allen Häusern der Welt läuft nur noch ein Programm: Rettet das Eigenkapital!

      Was geht hier eigentlich vor? Man muss ein Stück zurückgehen, um das ganze Bild besser sehen zu können. In normalen Zeiten sammeln Banken Geld von Sparern ein und verleihen es weiter. Das jetzt von der großen Erosion bedrohte Eigenkapital halten Banken nur als Sicherheitspuffer vor. Diesen Puffer haben die Finanzinstitute in den vergangenen Jahren systematisch verkleinert (siehe Grafik). Betriebswirtschaftlich ist das logisch: Den Gegenwert des Eigenkapitals kann man nicht ausleihen, um damit Geld zu verdienen. Es ist ein bisschen wie ein Feuerwehrteich. Solange es nicht brennt, ist er nutzlos.

      Dazu kommt noch etwas. Nach all den guten Jahren fühlten sich die Banken bis 2007 hinein sehr sicher mit ihren kleinen Kapitaldecken. Sie hatten mit komplizierter Finanzmathematik ausgerechnet, dass kleinere Sicherheitspuffer reichen. Die Begründung leuchtet auch ein, zumindest auf den ersten Blick: Kredite und Wertpapiere ohne Ausfallrisiko (sprich: mit besten Noten der Rating-Agenturen) brauchen kein Eigenkapital in der Rückhand.

      Die Banken argumentieren mit der „Kernkapitalquote“

      Relevant sei nur das Verhältnis von Eigenkapital zu riskanten Krediten, wurde in den Banktürmen ausgegeben. Das ist grob jene Kernkapitalquote, mit der die Banken heute argumentieren (siehe Grafik). Die Bankregulierung zog mit und verständigte sich mit den Banken auf jene "risikogewichtete" Kapitalquote. Danach lautete die Losung der Banken und ihrer Anteilseigner damals: Runter mit dem Kapital.

      Das war fatal. Denn es tauchten Risiken auf, die in den finanzmathematischen Modellen nicht vorkamen. Die Banken wurden voll von der Finanzkrise erwischt. Sie hatten praktisch keine Eigenkapitalreserven, die über das von der Bankenaufsicht vorgeschriebene Kapital hinausgehen, sagt der Ökonom Martin Hellwig.

      Es beginnt Phase eins einer Abwärtsspirale, die bisher noch nicht aufgehalten wurde. Die Banken erkennen, dass im Zuge der Krise Marktpreise von Kreditderivaten und anderen Wertpapieren, die sie im Besitz haben, ins Rutschen geraten. Sie müssen Abschreibungen auf diese Wertpapiere vornehmen, die Buchverluste lassen allerdings ihr ohnehin knappes Eigenkapital schrumpfen.

      Der Verkauf verstärkt den Druck auf die Preise

      „Ohne Eigenkapitalreserven, die über das von der Bankenaufsicht vorgeschriebene Eigenkapital hinausgehen, hat die Bank nur noch zwei Möglichkeiten. Sie muss entweder jemanden finden, der ihr neues Eigenkapital gibt, oder sie muss Vermögenswerte veräußern", erläutert der Max-Planck-Wissenschaftler Hellwig.

      Phase zwei der Abwärtsspirale beginnt: Die Banken suchen Geldgeber und werden höchstens noch beim Staat fündig. Gleichzeitig leiten sie die Notverkäufe ihrer Papiere ein. "Deleveraging" heißt die Prozess in der Sprache des Finanzmarktes.

      Der Verkauf von Vermögenswerten verstärkt den Druck auf die Preise - und leitet damit Phase drei ein. Niedrige Preise zwingen die Banken zu einer neuen Abschreibungsrunde, die abermals das Eigenkapital der Banken bedroht. Diese große Kapitalschmelze ist immer noch im Gange. Experten fürchten, dass die Institute noch giftige Papiere dreistelliger Milliardenhöhe in ihren Büchern haben.

      Die Versicherungen fallen als Käufer aus

      Es ist eine groteske Situtation. Die Bankregulierung, die die Institute sicherer machen will, befeuert die Systemkrise. Der Versuch, die Vermögenswerte des Banksystems insgesamt zu "liquidieren", bewirkt letztlich nur einen dramatischen Preisverfall, rügt Hellwig.

      Verschärft wird die Lage dadurch, dass die Versicherungen - eine große Branche - als Käufer der Bankpapiere inzwischen ausfallen, obwohl sie zum Teil gut ins Portfolio passen würden. Für Versicherungen werden zur Zeit neue Eigenkapitalregeln (Solvency II) erarbeitet, die denen der Banken entsprechen. Sie werden dann keine Bankenassets mehr kaufen können. "Völlig absurd" nennt Hellwig diese Entwicklung. Die krisenverstärkenden Wirkungen der Regulierung werden noch einmal vergrößert.

      Es kommt aber noch schlimmer. Bisher reden wir von toxischen Papieren in den Bankbilanzen. Die Folgen der Rezession für die Zahlenwerke sind noch gar nicht berücksichtigt. Erste Industriezweige müssen nach Auftragseinbrüchen um ihre Solvenz fürchten. Das verschlechtert ihre Zahlungsfähigkeit und erzeugt neuen Abschreibungszwang in den Banken.

      „Bad Bank“ - ein Schrottplatz für „toxische Papiere“

      Was nun? "Bad Bank" heißt ein Lösungsvorschlag, für den sich unter anderem der Bundesverband der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken stark macht. Der Staat soll den Banken die Risikopapiere abnehmen und in seiner Bad Bank einlagern, bis bessere Zeiten kommen. Die Bundesregierung lehnt diese Lösung bisher noch ab. Sie müsste die Bad Bank mit bis 200 Milliarden Euro Kapital unterlegen, fürchtet man in Berlin. So viel Geld ist nicht da.

      Gegen die Bad Bank sprechen aber auch Bewertungsfragen, wendet unter anderem der wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums ein. Welchen Preis soll die Bad Bank für ein Papier bezahlen, dass auf dem Markt nur noch zu 20 Prozent seines Nennwertes, dessen Schuldendienst aber 80 Prozent des Bilanzwertes entsprechen? Solche Bewertungsprobleme haben bisher auch die amerikanische Regierung abgehalten, eine Bad Bank zu gründen.

      Hellwigs Lösungsvorschlag klingt ebenfalls radikal. "Entweder wir suspendieren die starren Eigenkapital- und Bilanzierungsregeln. Oder die Garantie- und Rekapitalisierungsbeträge für die Banken müssen noch einmal um einen dreistelligen Milliardenbetrag aufgestockt werden." Das allerdings könnte Deutschland an die Grenze dessen bringen, was das politische System verkraften kann, fürchtet Hellwig.

      Quelle: http://www.faz.net/s/Rub58241E4DF1B149538ABC24D0E82A6…
      Avatar
      schrieb am 19.01.09 17:56:49
      Beitrag Nr. 621 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.404.960 von Nannsen am 19.01.09 17:33:46Guten Abend Nannsen,

      Eigentlich zum lachen, wenn es nicht so traurig wäre, was diese hochgelobte korphäe da absondert. Schade, das es noch keine technische möglichkeiten gibt, diesem experten sein nonsens müll zurück in den hals zu stopfen.

      Das ganze "Programm" wird immer tragik-komischer. Meiner Meinung nach nur noch hilfloses agieren.

      Insofern sind diese zusammengetragenen Artikel urkomisch. Ich hoffe, daß ich es durchhalte, die ganze Misere bis zur "Dead-Line"
      zu begleiten.

      Gruß von Maraho
      Avatar
      schrieb am 19.01.09 17:58:20
      Beitrag Nr. 622 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.405.063 von Maraho am 19.01.09 17:43:41:confused:

      Das die Art, wie ich an die Dinge herangehe dem Community-Gedanken
      widerspricht, mag sein. Allerdings läßt sich auch feststellen, daß
      es hier mehr "Konsumenten" als "Produzenten" gibt. Ich hätte mir doch etwas mehr Engagement seitens der Leserschaft gewünscht.


      Du hast in allem, was du dazu sagst sicher recht. Aber auf der anderen seite habe ich selber keine lust mehr, beiträge zu schreiben, die sofort und von den wenigsten gelesen unter deiner beitragsflut verschwinden.
      Gönne doch dir selber und den noch beitragswilligen mal eine pause.
      Und sei es nur, dass du selber mal etwas reflektierst um damit anderen zeit zu geben etwas zu äußern.
      Avatar
      schrieb am 19.01.09 18:16:50
      Beitrag Nr. 623 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.405.224 von Nannsen am 19.01.09 17:58:20 Gönne doch dir selber und den noch beitragswilligen mal eine pause.
      Und sei es nur, dass du selber mal etwas reflektierst um damit anderen zeit zu geben etwas zu äußern.


      Du hast eigentlich nicht unrecht. Ich werde mir nicht nur eine Pause gönnen, sondern erlaube mir sogar, mich aus diesem Thread zurückzuziehen, um mich den wirklich wichtigen Dingen wieder mehr widmen zu können.

      Eigentlich ist auch alles gesagt und wichtige Dinge oder Informationen kann jeder, den es interessiert, selbst finden.
      Auch gibt es hier auf w:o durchaus interessante Threads, die das
      eine oder andere Thema sehr gut beleuchten.

      Ich danke hiermit allen Lesern und wünsche für die kommende Zeit
      jedem von euch eine glückliche Hand.

      Einen schönen Abend und eine gute Zeit
      Maraho
      Avatar
      schrieb am 19.01.09 23:54:10
      Beitrag Nr. 624 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.405.413 von Maraho am 19.01.09 18:16:50Hallo Maraho,

      eigentlich wollte ich Dich nur zu "Weniger ist manchmal mehr" ermutigen, Dich aber keinesfalls vor den Kopf stoßen. Dennoch, ich denke auch, das Hauptthema hat sich erschöpft, und man trifft sich hoffentlich in anderen Threads dann mal wieder.

      Also, danke für Deine Arbeit und auch Dir alles Gute!

      @all

      Eine Frage hätte ich noch an die Mitleser/Teilnehmer hier, bzw., vielleicht kannst Du, @Nannsen mir auf die Sprünge helfen:

      Mir ist nicht wirklich klar, woran der Kreditfluss aktuell hakt. Meine Überlegung ist: Wenn es bei den Banken Rettungsschirme und Teilverstaatlichungen gibt, dann sind die doch mit dem Interesse der Regierungen verbunden, dass wieder mehr Kredite vergeben werden. Das heißt auf gut deutsch, wenn der Steuerzahler so lieb ist [:mad:], die Banken zu unterstützen, wieso erhält er dann weiterhin kaum Kredite bzw. nur sehr teure? Wieso kann eine Commerzbank einem Beamten im höheren Dienst, der noch nie Schulden hatte, einen Kredit über 15.000 verweigern (heute im Board gelesen), warum sind die Banken gegenüber mittelständischen Unternehmen weiterhin so restriktiv, warum zahlt man als Verbraucher für Dispos 14% und für Überziehungen 18%? Wieso kann z.B. die Coba behaupten, das liege an "Auflagen", die mit dem Rettungspaket verbunden seien?
      Wo liegt mein Denkfehler?
      Avatar
      schrieb am 20.01.09 00:06:43
      Beitrag Nr. 625 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.405.150 von Maraho am 19.01.09 17:51:44Meine Frage klingt vielleicht naiv, aber genau an diesem Punkt bricht auch dieser Artikel in der FAZ ab. Auf einmal wird zum Thema "Bad Bank" umgeschwenkt- genau da, wo es interessant wird!

      Also konkret noch mal, falls ich was verpasst habe: Hat denn der Staat keine Auflagen gemacht? Was heißt hier "Rette dein Eigenkapital"?? Vielleicht kann es ja am besten gerettet werden, wenn man wieder in gute Firmen investiert? O.K., ich gebe zu, als Kleinanleger stehe ich vor derselben Frage, aber ich sehe mich nicht berufen, mit meinen paar Kröten die deutsche Wirtschaft zu retten.:laugh: Bei den Banken, die vom Staat unterstützt werden, ist das jedoch ein anderer Schnack. Ich begreife das nicht - wurde da vom Staat einfach was "gespendet", ohne Auflagen, oder wie hat man das zu verstehen.
      Avatar
      schrieb am 20.01.09 00:26:08
      Beitrag Nr. 626 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.407.427 von kevine1 am 19.01.09 23:54:10"Mir ist nicht wirklich klar, woran der Kreditfluss aktuell hakt."

      Da gibts viele Gründe, einige davon will ich mal anmerken:

      1) Wenn die Banken damit rechnen, daß der Euro in den kommenden 24 Monaten um 50% abwertet, dann werden sie natürlich auch nur ungerne Kredite über eine Laufzeit von 24 Monaten geben, bei denen der Jahreszins unter 23% liegt.

      2) Wenn eine Bank mit einer Kreditausfallquote von 10% kämpft - Tendenz stark steigend wegen Rezession und so, dann wirds auch keinen längerfristigen Kredit geben, der dem nicht Rechnung trägt.

      3) 2) gilt natürlich ebenso für Verbraucherkredite. Einfach formuliert: Die Rezession erhöht das durchschnittliche Ausfallrisiko für den gesamten Kreditbestand und verhindert evtl. neue Engagements

      4) Wenn das Eigenkapital mittlerweile die gestiegenen Risiken der in den Bücher stehenden Kredite kaum abdecken kann, dann wird eine seriöse Bank keine Kredite mehr geben, auch wenn sie für 0% bei der EZB unbegrenzt Geld umsonst geliehen bekäme (Ausnahmen wie HRE, DBK, CBK, Landesbanken, Lehmann, Citigroup, Bank of America, etc. bestätigen die Regel)
      Avatar
      schrieb am 20.01.09 00:58:36
      Beitrag Nr. 627 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.407.491 von heuschrecker am 20.01.09 00:26:08Danke, heuschrecker, für die Antwort.
      Muss mich leider für heute verabschieden (die Uhr, die Uhr...), komme aber hoffentlich morgen abend nochmal drauf zurück.

      GN8 :)
      Avatar
      schrieb am 20.01.09 11:07:24
      Beitrag Nr. 628 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.407.427 von kevine1 am 19.01.09 23:54:10:confused:

      Eine Frage hätte ich noch an die Mitleser/Teilnehmer hier, bzw., vielleicht kannst Du, @Nannsen mir auf die Sprünge helfen:

      Moin kevine1,

      wir sehen - wenn wir denn sehen wollen - nichts weiter als einen wichtigen teil des versagens unseres finanzsystems und damit auch damit verknüpft unserer zugrunde gehendes system als solches.

      Ich bin mir natürlich völlig klar darüber, dies klingt zuerst sehr radikal für jemanden, der sich damit aus unterschiedlichen gründen noch nicht beschäftigt hat oder sich nicht weiter beschäftigen will.

      Tatsächlich sehen wir eine, m.e. zu recht, totale vertrauenskrise in das vorhandene bankensystem, weil der anleihemarkt für die banken fast ausgetrocknet ist und weiter austrocknet.

      Begründet wird dieses unbehagen mit der berechtigten unsicherheit und mit misstrauen des publikums über die noch vorhandene werthaltigkeit der bankaktiva, mit der die maroden banken tatsächlich im äußersten fall für ihre schulden haften können.

      Im grunde ahnt mittlerweile schmerzhaft auch der noch an das system glauben wollende, dass dies nur eine selbstillusionierung ist.

      Selbst die bisherigen abschreibungen auf den sich selber aus dummheit und gier aufgehalsten wertlosen finanzmüll in billionenhöhe reicht nicht aus, weil für den schrott überhaupt kein markt existiert und auch m.e. niemals mehr existieren wird.

      Der systembedingte irrsinn im quadrat beginnt nun sichtbarer zu werden, weil der staat wieder einmal als vermeintlich sicherster kreditwettbewerber und schuldner überhaupt die bühne betritt und das noch freie kapital für sich selber absaugt und es gegen zinsen von 9% den banken zur verfügung stellt..

      Und hier haben wir nun die logische erklärung , warum die ausleihungen so teuer sein müssen und auch teuer und knapp bleiben werden. es sind die unmöglichen bedingungen der notwendigen refinanzierungen.

      Der freie kapitalmarkt, aus denen die banken sich günstig refinanzieren könnten, z.b. kundeneinlagen etc. existiert nicht mehr, weil die kapitaleigner ihr geld lieber zu 2 % oder wie in den usa dem staat umsonst zur verfügung stellen, weil sie weden den banken, noch den unternehmen vertrauen.

      Der staat übernimmt deshalb die rolle des lender of last resort oder als kreditgeber der letzten zuflucht.

      Mit anderen worten, weil die bereits abgeschöpften kapitalmengen der bürger zum stopfen der großen scharzen löchern nicht ausreichen, beginnt der staat über seine zb die löcher bestehend aus nichts mit ebensolchen löchern bestehend aus nichts zu stopfen.
      die formel dafür sieht simple und einfach deshalb so aus:

      aus nichts wird nichts = nichts

      Ich hoffe, du bist mit meiner erklärung zufrieden. zu mindestens wird dir kein vom staat ausgehaltener sabbernder wirtschaftsheini eine ehrlichere erklärung zu diesem thema liefern wollen.
      Avatar
      schrieb am 20.01.09 11:25:08
      Beitrag Nr. 629 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.409.069 von Nannsen am 20.01.09 11:07:24"aus nichts wird nichts = nichts"

      Exakt. Besser kann man die aktuelle Situation im globalen Finanzsystem nicht beschreiben.

      :D
      Avatar
      schrieb am 20.01.09 16:56:39
      Beitrag Nr. 630 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.409.224 von heuschrecker am 20.01.09 11:25:08:confused:

      Lesenswert, wer sich für den staatsbankrott interessiert und die von walter lüftl entwickelte formel zur berechnung.


      http://kannwas.mycontent.org/folder_nachrichten/news_item.20…
      Avatar
      schrieb am 21.01.09 02:39:27
      Beitrag Nr. 631 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.409.069 von Nannsen am 20.01.09 11:07:24Hallo Nannsen,

      danke. Sehr schön auf den Punkt gebracht und für mich logisch.

      im grunde ahnt mittlerweile schmerzhaft auch der noch an das system glauben wollende, dass dies nur eine selbstillusionierung ist.

      Sahen wir heute wieder. Anstelle der Obama-Rallye, nachdem schon die Konjunkturpaket-Rallye nicht geklappt hat, massive Abgaben bei den Finanzwerten. Nach meinem Tradinggefühl stehen wir kurz vor einer neuen Panik, also hoher Vola.

      Aber es geht hier nicht um "Kleinigkeiten" wie Trading. Man findet sowieso kaum noch glaubwürdige Emittenten, mit denen sich Scheine über ein halbes Jahr halten ließen (nun auch die Franzosen und HSBC unter Beschuss).

      Der Anleihemarkt wird imho das nächste große Thema sein.

      Der freie kapitalmarkt, aus denen die banken sich günstig refinanzieren könnten, z.b. kundeneinlagen etc. existiert nicht mehr, weil die kapitaleigner ihr geld lieber zu 2 % oder wie in den usa dem staat umsonst zur verfügung stellen, weil sie weden den banken, noch den unternehmen vertrauen.

      Hmm, o.k. - meine Frage zielte darauf ab, wieso eigentlich der Steuerzahler zum "Spenden" fürs Stopfen der Schwarzen Löcher gezwungen wird, ohne dass der Staat seine/unsere Hilfen für die maroden Banken an Bedingungen koppelt. Das wäre doch das Mindeste, was ich als ungefragter Zahler erwarten kann.

      Dass das System im Eimer ist, darüber müssen wir nicht groß diskutieren. Ich sehe auch, dass die Grenzen des Wachstums, und damit auch die unseres auf Wachstum per Neuverschuldung basierenden Finanzsystems, erreicht sind. Das wird natürlich nicht zugegeben, um Zeit zu schinden für die verbleibende Frist, in der - hopefully - der Reset gründlich geplant wird, solange noch Strukturen dafür bestehen.

      Dafür ist eine Rest-Glaubwürdigkeit der Bevölkerung vonnöten, denn wäre diese einmal aufgeklärt, ginge es vermutlich so rapide bergab, dass keiner mehr dazu käme, seinen Plan B aus der Kommode zu holen.
      Avatar
      schrieb am 21.01.09 02:43:17
      Beitrag Nr. 632 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.415.858 von kevine1 am 21.01.09 02:39:27Dafür ist eine Rest-Glaubwürdigkeit der Bevölkerung vonnöten

      EDIT:

      Dafür muss ein Rest-Vertrauen zum bestehenden System in der Bevölkerung erhalten werden.
      Avatar
      schrieb am 21.01.09 05:02:29
      Beitrag Nr. 633 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.415.858 von kevine1 am 21.01.09 02:39:27 Dafür ist eine Rest-Glaubwürdigkeit der Bevölkerung vonnöten, denn wäre diese einmal aufgeklärt, ginge es vermutlich so rapide bergab, dass keiner mehr dazu käme, seinen Plan B aus der Kommode zu holen.

      Keine wirklich neue Erkenntnis:

      EIGENTLICH IST ES GUT, DASS DIE MENSCHEN DER NATION UNSER BANKEN- UND WÄHRUNGSSYSTEM NICHT VERSTEHEN. WÜRDEN SIE ES NÄMLICH, SO HÄTTEN WIR EINE REVOLUTION NOCH VOR MORGEN FRÜH.

      HENRY FORD (1863-1947), GRÜNDER DER FORD MOTOR COMPANY
      Avatar
      schrieb am 21.01.09 09:41:59
      Beitrag Nr. 634 ()
      :confused:

      Dafür ist eine Rest-Glaubwürdigkeit der Bevölkerung vonnöten


      moin kevine1,

      Ich bin überzeugt davon, dass es bis jetzt max. etwa 2-3% der bevölkerung sind, die dieses system begreifen und damit durchschauen können. Dies gilt natürlich auch für unser politisches system.
      Dies bedeutet dann immer noch nicht, dass diese aktiv dagegen opponieren werden oder wollen, sondern sie werden versuchen ihr persönliches vermögen etc. individuell für sich selber zu sichern und zu überleben.

      Deshalb ist m.e. die rest-glaubwürdigkeit der "bevölkerung" so lange garantiert, wie es die jeweiligen neuen politiker mit dem versprechen auf politische änderung,geistig moralische wende und anderes übliches bla bla schaffen, diese mit schönem zukunfts wortgeklingel besoffen vor glückseligkeit zu machen.

      Die usa sind mir ein leichtendes vorbild und abschreckung zugleich.
      Avatar
      schrieb am 21.01.09 09:51:27
      Beitrag Nr. 635 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.415.883 von Maraho am 21.01.09 05:02:29:confused:

      moin maraho,


      henry ford war mit sicherheit ein außergewöhnlicher mann und hat viele kluge sprüche und zitate hinterlassen.

      der von dir zitierte gehört meines erachtens nicht dazu, weil er m.e. dadurch an der wirklichkeit des lebens der menschen vorbeigeht, indem er voraussetzt, dass diese in der masse überhaupt etwas anderes begreifen wollen, als dass, was ihnen die medien als wirklichkeit und wahrheit vorgeben zu glauben.
      Avatar
      schrieb am 21.01.09 12:43:59
      Beitrag Nr. 636 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.416.643 von Nannsen am 21.01.09 09:51:27Guten Tag Nannsen,

      Die Massen sind erstens verschwimmende Kopien der großen Männer, zweitens Widerstand gegen die Großen, drittens Werkzeuge der Großen.

      Friedrich Nietzsche


      Dir und allen anderen eine gute Zeit in diesem Thread.
      Betreut ihn gut.

      Ich muß weiter.......
      Maraho
      Avatar
      schrieb am 21.01.09 12:57:11
      Beitrag Nr. 637 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.418.090 von Maraho am 21.01.09 12:43:59Damit sich der Kreis schließt...

      Individualismus bedeutet heute, daß man alles tut, was alle anderen tun - bloß einzeln.
      Rock Hudson
      Avatar
      schrieb am 21.01.09 19:33:19
      Beitrag Nr. 638 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.418.090 von Maraho am 21.01.09 12:43:59:confused:


      http://de.wikipedia.org/wiki/Gustave_Le_Bon


      Psychologie der Massen

      Le Bon wurde neben Scipio Sighele (1891) mit seinem berühmtesten Buch Psychologie der Massen (Psychologie des foules, 1895) zum Begründer der Massenpsychologie und für die Soziologie bedeutsam. Er vertritt die Auffassung, dass der einzelne, auch der Angehörige einer Hochkultur, in der "Masse" seine Kritikfähigkeit verliert und sich affektiv, zum Teil primitiv-barbarisch, verhält. In der Massensituation ist der Einzelne leichtgläubiger und unterliegt der psychischen Ansteckung. Somit ist die Masse von Führern leicht zu lenken.

      In seinem Buch Psychologie der Massen vertritt Le Bon die Thesen, dass

      die Masse im Gegensatz zum dazugehörigen Individuum ihre Kritikfähigkeit einbüßt.
      die Masse uneigennützig handelt.
      die Masse nicht durch Argumente überzeugt werden kann.
      die Masse gegen Veränderungen ist.
      die Masse leicht erregbar ist.
      sich die Grundüberzeugungen der Masse nur sehr langsam verändern.
      die moralischen Urteile einer Masse (Geschworene) unabhängig von der Herkunft oder dem Intellekt ihrer Mitglieder sind.
      Le Bon begründet seine Thesen mit vielerlei historischen Fallbeispielen, vor allem aus der Zeit der Französischen Revolution.

      Deine nietzsche zitat erinnerte mich an den alten le bon. den hatte ich mal vor 30 jahren gelesen und mich über die brillianz seiner erkenntnisse gewundert. Ich werde mir dieses büchlein noch einmal, übrigens dank deiner anregung mit nietzsche, noch einmal zu gemüte führen.

      interessant war die erkenntnis von le bon, dass wahlen z.b. niemals mit aufrichtigkeit und wahrheit gewonnen werden können, sondern nur durch maßlose lügen und täuschung.

      Dafür braucht es als grundbedingung die sogenannten steigbügelhalter, die diese neuen volkstribunen in den sattel helfen. Selbst hier in den foren treiben sich diese ewig gläubigen demokratischen diener ihrer jeweiligen zukünftigen herren herum und versuchen stimmung zu machen.
      Avatar
      schrieb am 21.01.09 19:45:52
      Beitrag Nr. 639 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.421.749 von Nannsen am 21.01.09 19:33:19Guten Abend Nannsen,

      es freut mich, Dir eine Anregung gegeben zu haben.

      Übrigens: Die gestrige Inszenierung in den USA hatte, zumindest für meinen Geschmack, auch so etwas wie "Führerkult".

      Einen schönen Abend wünscht Dir
      Maraho
      Avatar
      schrieb am 22.01.09 12:26:45
      Beitrag Nr. 640 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.421.861 von Maraho am 21.01.09 19:45:52:confused:

      Ich halte den führerkult und den personenkult für etwas völlig normales,weil der menschlichen natur entgegenkommendes bedürfnis, dass der eine dem religionswahn nahekommende verehrungform ist.

      Gefährlich an dieser form der verehrung ist lediglich für den so verehrten, dass die gleiche dumpfe ,dem fast religiösen führerwahn verfallene masse beim erwachen aus diesem wahnzustand dem vormals verehrten zum symbol ihrer ent-teuschung macht.

      Deshalb brüllen die gleichen massen, die soeben noch hosianna und heil dem führer gejubelt haben,kurze zeit später auch voller inbrunst -kreuzigt das schwein-

      Weil massen wie eine einzelne person reagieren, erklärt dieses dann auch gleich die wahnvorstellung des verliebten von seinem augenblicklichen partner.
      Wenn der nämlich aus seiner wahnvorstellung erwacht und den partner endlich, meist zu spät,ohne sich noch im blindmachenden liebeswahn zu befinden so zu sehen vermag, wie er wirklich ist, dann gibt der/oder die so ent-teuschte an der neuen realistischen wahrnehmung dem partner die schuld.
      so erklärt sich zb. das ein mann ein 2 zentner weib verehrt und es als sein kleines mäuslein wahrnimmt und auch so benennt und behandelt.
      Nachdem er seine wahnvorstellung verliert, wird er das objekt seiner wahnhaften vorstellung als ekelhaftes 2 zentner weib wahrnehmen, übrigens so wie seine freunde sie ihm auch immer geschildert haben- und behaupten, sie habe sich erst im laufe der kurzen ehe so entwickelt.

      deshalb ist eigentlich jede form der wahnhaften verehrung für beide seiten gefährlich....

      na.ja..man möge mir meine morgendlichen tiefschürfenden gedanken zum wahnhaften verhalten unserer spezies nachsehn...
      Avatar
      schrieb am 22.01.09 15:06:51
      Beitrag Nr. 641 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.425.887 von Nannsen am 22.01.09 12:26:45Der neue (ob er es wird sthet ja noch nicht genau fest) FM unter Obama

      http://www.bild.de/BILD/news/wirtschaft/2009/01/22/us-krisen…

      Was ist eigentlich mit seinem privatem Steuerverfahren?
      :eek:
      Avatar
      schrieb am 22.01.09 15:47:26
      Beitrag Nr. 642 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.427.179 von kiska am 22.01.09 15:06:51:confused:

      diese unfähige type ist m.e. lediglich-nach der boxer sprache- sogenanntes fallobst. die braucht man z.b. im boxring um die statistik für den kommenden boxweltmeister zu schönen.

      bei erster bester gelegeheit, vermutlich nach den ersten richtig schlechten daten der arbeitlosenstatistik wird das arme würstchen nach seiner dafür vorgesehenen rolle wegen unfähigkeit gefeuert und obama, der meister him self, beschäftigt sich nun mit diesem thema um für das erwartungsfrohe jubelnde publikum den sanierer zu mimen.
      na ja, der vorhang zum ersten akt der neuen schmierenkomödie- wie ich amerika rettete- ist aufgegangen und der zunächst noch freundliche empfangsapplaus für die darsteller der einzelnen rollen ist verklungen.

      wunderbar,ich räkel mich gemütlich in meinem ohrensessel, kraule meinen heute etwas zerzausten köter ( vermutlich gerade von der katzenjagt zurück)hinter den ohren und genieße einen guten apfelkorn und harre gespannt der dinge, die man uns auf der weltbühne usa vorführen möchte.
      Avatar
      schrieb am 22.01.09 16:19:31
      Beitrag Nr. 643 ()
      Guten Tag Nannsen,

      Deshalb brüllen die gleichen massen, die soeben noch hosianna und heil dem führer gejubelt haben,kurze zeit später auch voller inbrunst -kreuzigt das schwein-

      Warten wir gespannt darauf, wann in den USA die Ernüchterung einsetzt.

      Einen schönen Abend
      Maraho
      Avatar
      schrieb am 22.01.09 16:28:28
      Beitrag Nr. 644 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.428.000 von Maraho am 22.01.09 16:19:31Hallo Nannsen, hallo Maraho,

      ich hatte mich im November schon mal mit mit Greithner intensiv auseinandergesetzt. M.E. ein typischer "weiter so" Typ.
      Mag den Obama eigentlich sehr, aber aus einer Euphorie wurde eigentlich noch nie was Gesundes entstanden.
      Wie in der Liebe: anfangs heiter, später trübe.

      Zeit der Schmetterlinge wird vergehen.
      Avatar
      schrieb am 22.01.09 19:28:45
      Beitrag Nr. 645 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.428.108 von kiska am 22.01.09 16:28:28:confused:

      zu dem amerikanischen fm , wie hieß der kerl nochmal??, na egel, braucht man sich nicht zu merken, weil er ohnehin bald weg ist.

      Aber wenn man weiter darüber nachdenkt, was so ein gewaltiger titel doch sofort in unseren hirnen bewirkt und automatisch auslöst,dann sind nach dem begriff der formalen logik bestimmte eigenschaften als sympathische attribute wie kompetenz, fachkundig ehrlich usw. damit verbunden.
      Was fällt uns zu einem penner ein??? oder einem politiker??

      vermutlich dasselbe.

      ähnlich ist das bei anderen simplen vergleichen...wo der wunsch der vater des gedankens ist.

      Wenn wir z.b. an einen hasen, einer wolljacke, einem fußball und einer 18jährigen denken, dann fällt uns wahrscheinlich u.a. zuerst folgendes dazu ein
      ·
      · die wolljacke wird gestrickt,
      · der hase wird gespickt,
      · der fußball wird gekickt
      · und die 18jährige wird.....

      Seht ihr, bei der 18 jährigen liegt ihr voll daneben, weil euch das natürliche und die sich ergebende logik des wunschdenkens einen strich gespielt hat.

      Denn die 18jährige wird nämlich zu eurer ent-teuschung leider lediglich 19 jahre alt.
      Avatar
      schrieb am 23.01.09 12:51:51
      Beitrag Nr. 646 ()
      Ruf nach EU-Lösung für Banken-„Giftmüll“

      Liberale lehnen "Bad Bank" ab


      Wie sollen die Banken von ihren milliardenschweren Risiko-Papieren entlastet werden? In der Koalition wird hierzu auch das Modell einer „Bad Bank light“ diskutiert. Finanzpolitiker halten davon allerdings wenig. Die FDP sieht die Verantwortung für den „Giftmüll“ bei den Banken selbst, die Grünen fordern eine koordiniertes Vorgehen auf EU-Ebene.

      BERLIN/DÜSSELDORF. Überlegungen über eine "Bad Bank" oder "Bad Bank light" stoßen auf deutlichen Widerstand bei FDP und Grünen. „Eine zentrale staatliche Bad Bank ist nicht handhabbar“, sagte der finanzpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Gerhard Schick, am Donnerstag im Gespräch mit Handelsblatt.com. „Deutschland wird mit Einzelaktionen nicht den Interbankenmarkt in Europa wieder in Schwung bringen“, betonte er. „Deshalb erwarte ich von der Bundesregierung, dass sie stärker auf eine koordinierte europäische Lösung setzt.“

      Der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion, Carl-Ludwig Thiele, sieht für eine Bad Bank ebenfalls keine Notwendigkeit. Auch für eine anders geartete Auffanglösung sei ihm bisher noch „kein einleuchtendes Konzept“ vorgelegt worden, sagte Thiele zu Handelsblatt.com. „Man sollte auch nicht jedem Wunsch der Kreditwirtschaft nachkommen“, betonte der FDP-Politiker. Schließlich seien es die Vorstände gewesen, die Entscheidungen über faule Wertpapiere getroffen hätten. „Die Papiere sollten da sein, wo sie gekauft wurden“, sagte Thiele. Damit der Finanzsektor wieder funktioniere, sei der Banken-Rettungsschirm geschaffen worden. Der sei allerdings „noch nicht ausreichend“ ausgeschöpft worden.

      FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms erteilte einer „kostenlosen Müllhalde für sogenannte Schrottpapiere" ebenfalls eine klare Absage. Die Bankenaktionäre und das von ihnen eingesetzte Bankenmanagement müssten für die finanziellen Folgen ihrer fehlgeschlagenen Anlagestrategien aus der Vergangenheit haften - nicht die Steuerzahler, sagte der FDP-Politiker dem Handelsblatt. Solms würde weitergehende staatliche Hilfen zur Sicherung der Kreditversorgung und des Zahlungsverkehrs an strengen Voraussetzungen knüpfen: "Erstens: Keine Haftungsfreistellung für Bankeigentümer und Manager. Zweitens: Das staatliche Engagement muss befristet und der Wiederausstieg von Anfang an eingeplant sein und drittens: Keine Verzerrung des Wettbewerbs zwischen den Privatbanken durch staatliche Eingriffe", sagte Solms.

      In der Großen Koalition gibt es dagegen nach Handelsblatt-Informationen durchaus Befürworter einer „Bad Bank light“-Lösung. Danach sollen die Bankbilanzen mit Hilfe von Ausgleichsforderungen „entgiftet“ und so die Institute vor weiteren Abschreibungen bewahrt werden, ohne dem Bund die Verluste aufzubürden.

      Das Bundesfinanzministerium wollte sich nicht konkret zu den Plänen äußern.


      Handelsblatt.com 23.01.09
      Avatar
      schrieb am 23.01.09 14:48:42
      Beitrag Nr. 647 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.434.983 von Sexus am 23.01.09 12:51:51:confused:
      hier haben die liberalen m.e. ein lob verdient. leider lese ich noch nichts von alternativen?????


      Erst wenn die den kontrollierten crash fordern, werde ich mitglied der fdp und sage niemals mehr guido ist eine tunte, versprochen...;)
      Avatar
      schrieb am 23.01.09 15:04:06
      Beitrag Nr. 648 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.434.983 von Sexus am 23.01.09 12:51:51Liberale lehnen "Bad Bank" ab Wenn die Liberalen jetzt einen Rösselsprung machen, dann ist das zwar lobenswert, aber ernsthaft glauben muß man das nicht. Viele Wahlen stehen uns ins Haus.
      Avatar
      schrieb am 23.01.09 16:46:32
      Beitrag Nr. 649 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 36.436.116 von Dorfrichter am 23.01.09 15:04:06:confused:

      Rösselsprung machen....

      mein lieber man, ist dir eigentlich klar was du den kollegen von der fdp damit unterstellst????

      ich werde meine stuten in zukunft wegen dem beschriebenen rösselnatursprung in die örtliche fdp parteizenztrale fahren.
      ;)
      Avatar
      schrieb am 22.04.09 07:34:40
      Beitrag Nr. 650 ()
      Guten Tag zusammen,
      der Kreis schließt sich.

      Ein Nachwort:

      Bad Banks - der finale Rettungsakt
      Jens Berger

      Staat und Banken feilen an einer Billionenspritze für das Finanzsystem

      Wie soll der Staat sicherstellen, dass das Bankensystem seine Kernaufgaben fortführen kann, ohne den Steuerzahler auf unkalkulierbaren Risiken in dreistelliger Milliardenhöhe sitzen zu lassen? Um diese Frage zu erörtern, trafen sich gestern Vertreter der Regierung, der Bundesbank und des Bankenrettungsfonds Soffin zu einem Spitzengespräch in Berlin. Grundlage für den Gesetzesentwurf, der nun binnen vier Wochen von einer Arbeitsgruppe fertiggestellt und vom Kabinett beschlossen werden soll, ist ein Konzeptpapier des Finanzministeriums. Es sieht die Gründung staatlich abgesicherter Bad Banks vor, in die jedes Finanzinstitut Finanzmüll auslagern kann. Noch in dieser Legislaturperiode, so Regierungssprecher Ulrich Wilhelm, soll das Gesetz verabschiedet werden.

      Das Verlustpotential der faulen Papiere, das in den Bilanzen deutscher Banken versteckt ist, schätzt das Finanzministerium auf gigantische 853 Mrd. Euro. Wie hoch letztendlich der Verlust für den Steuerzahler wird, ist nicht zu beziffern. Die Endabrechnung wird kommen, soviel ist gewiss – Steinbrücks Konzept dezentraler Finanzmüllhalden verschafft dem Bankensektor lediglich mehr Zeit, indem dieser seine Risiken an den Steuerzahler auslagern darf. Das böse Erwachen für die Staatskasse wird in einigen Jahren kommen, denn dann wird der Schlussstrich gezogen.

      Böse Banken

      Wenn die zu erwartenden Kreditausfälle und Verluste einer Bank ihre Eigenkapitalmenge so weit schrumpfen lassen, dass sie die Mindesteigenkapitalanforderungen nicht mehr erfüllen kann, so gilt diese Bank als insolvent. In der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise stellen in den Bilanzen der Banken vor allem die Papiere ein Problem dar, für die es keinen Markt mehr gibt. Nach einer Aussage des HRE-Aufsichtsrats Endres beträgt der Anteil "normaler" Kreditgeschäfte im modernen Bankengeschäft lediglich 10 bis 20% der Bilanzsumme, der Rest sei "artifiziell", wie Endres es nennt.

      Eine realistische Bewertung für diese Papiere, die erst nach dem Ende der Laufzeit eingelöst werden können, ist oft nicht möglich, da niemand weiß, wie hoch die realen Ausfälle in zehn bis zwanzig Jahren sein werden. Zwischen 5 und 100% Ausfall sind je nach Papier wahrscheinlich. Da diese Risiken die Bilanzen der Banken verwässern und Quartal für Quartal zu neuen Abschreibungen führen, haben die Banken ein lebhaftes Interesse daran, diese Risiken auszulagern. Das Konzept einer Bad Bank sieht eine Abwicklungsbank für diese Problempapiere vor – sie werden zum Buchwert an die Bad Bank verkauft, womit die Bilanzen der Banken transparenter werden, da fortan die Bad Bank das Kreditrisiko trägt.

      Befreit von den Altlasten hat die Bank dann wieder eine sanierte Eigenkapitaldecke und kann ihren Kernaufgaben wie der Vergabe von Krediten an die Wirtschaft nachkommen – so zumindest die Theorie. Praktisch stellt das Modell der Bad Bank jedoch eine massive Subventionierung durch den Staat dar, da dieser einer notleidenden Bank Papiere zu einem Preis abnimmt, den kein privater Marktteilnehmer zu zahlen bereit wäre. Dies ist weniger problematisch, wenn die notleidenden Banken, die eine Bad Bank in Anspruch nehmen, verstaatlicht werden, so wie es bei der schwedischen Bankenkrise zu Beginn der 1990er gehandhabt wurde. Ärgerlich für den Steuerzahler wird es allerdings, wenn private Banken sich durch die Risikoübernahme auf Staatskosten gesundsanieren.

      Da eine Bad Bank nicht den Bilanzierungsregeln normaler Banken unterliegt, darf sie die Papiere so lange mit dem alten Buchwert bilanzieren, bis diese fällig werden. Dies führt dazu, dass das gesamte Risiko bis zum Schluss nicht erkennbar ist. Wenn sich die faulen Papiere als wertlos erweisen, entstehen die Verluste in voller Höhe am Tage der Fälligkeit – zu tragen hat sie dann der Steuerzahler. Es ist zwar möglich, die unterstützte Bank durch Absicherungen am Risiko teilhaben zu lassen, aber was nützen solche Absicherungen, wenn die Bank zum Zeitpunkt der Fälligkeit gar nicht mehr existiert?

      Ein Bad Bank-Modell kann nur dann funktionieren, wenn es die Risiken einseitig auf den Steuerzahler abwälzt. Wenn der Staat die Banken ernsthaft an den Risiken teilhaben lassen will, so müsste er ihnen vorschreiben, Rücklagen für den zu erwartenden Ausfall aufzubauen. Da aber niemand weiß, wie hoch der Ausfall sein wird, ist auch unklar, wie hoch diese Rücklagen sein müssen. Sind sie zu niedrig, zahlt im Abwicklungsfall der Steuerzahler den Verlust, sind sie zu hoch, hat die Bank keinen Vorteil vom Bad Bank-Modell, da sie wieder Risiken in unbekannter Höhe in ihren Bilanzen hat, die sie voll mit Eigenkapital hinterlegen muss.

      Müll sucht Eimer

      Das Bad Bank-Modell von Finanzminister Steinbrück sieht vor, dass Banken ihre Problempapiere in eine Zweckgesellschaft ausgliedern können. Dafür bekommen sie Schuldtitel des Bundes in Höhe des Buchwerts dieser Papiere.

      In dieser Bewertung steckt bereits das Grundproblem dieses Modells. Finanzmarktexperten gehen davon aus, dass 90% aller Banken die betreffenden Papiere zu hoch bewertet haben. Dieses Bewertungsrisiko wird somit in voller Höhe beim Steuerzahler abgeladen. Eine externe Bewertung durch neutrale Stellen ist ebenfalls Gegenstand der Diskussion – was aber nichts am Grundproblem ändert, dass sich diese Papiere nicht so einfach bewerten lassen und der Steuerzahler das Risiko für zu optimistische Bewertungen trägt.

      Welche Papiere überhaupt in eine solche Bad Bank ausgelagert werden, ist ebenfalls umstritten. Noch vor wenigen Tagen betonte Steinbrück, dass lediglich "illiquide" Papiere – also Papiere, die vorübergehend nur mit hohen Abschlagszahlungen handelbar sind –, aber keine "toxischen" Papiere in eine Bad Bank ausgelagert werden sollen. Es ist allerdings kaum vorstellbar, dass Steinbrück bei seinem Wort bleibt – die Papiere, die die Bilanzen von Commerzbank, HRE und Landesbanken verhageln, sind nicht "illiquide", sondern im wahrsten Wortsinne "toxisch".

      In der Theorie besteht bei Steinbrücks Modell auch eine Art "Risikofallschirm" für den Bund. Die Banken sollen Rückstellungen in Höhe der Differenz zwischen Buch- und Marktwert ihrer abgeladenen Papiere bilden. Da für diese Papiere allerdings kein Markt existiert, lässt sich folglich auch kein Marktwert finden, auf dessen Basis diese Rückstellungen gebildet werden könnten. Das Konzept der Bad Bank sieht ferner explizit vor, keinen Marktwert zu festzulegen, da der Wert der Papiere erst am Fälligkeitstag ermittelt werden soll, um etwaige Risiken aus den Büchern herauszuhalten.

      Wenn es nach den Banken geht, so soll der Staat ihnen die Papiere zum bilanzierten Buchwert abnehmen und somit das Risiko komplett übernehmen. "Bei Verlusten soll eine faire Lastenverteilung zwischen Banken und Steuerzahler erst am Ende der Laufzeit erfolgen", so Manfred Weber vom Bundesverband deutscher Banken. Wie er darauf kommt, dass auch nur eine partielle Übernahme der Lasten durch den Steuerzahler "fair" sein sollte, verrät Weber nicht.

      Ebenso wenig wie die Lastenverteilung ist bislang auch die Frage potenzieller Veränderungen in der Besitzstruktur der Banken geregelt. Was passiert, wenn eine Bank Konkurs geht, die ihre Problempapiere in eine Bad Bank ausgelagert hat? Was passiert bei Fusionen oder einer Verstaatlichung? Und was passiert bei einer langanhaltenden Bankenkrise, bei der die Institute die Ausgleichszahlungen an den Staat nicht leisten können? All diese Risiken trägt der Steuerzahler – und es geht um gewaltige Risiken.

      Das Billionenrisiko

      Nach jüngsten Schätzungen des IWF schlummern in den Bilanzen des Finanzsystems noch faule Papiere im Bilanzwert von rund 4.000 Mrd. US$. Das Finanzministerium selbst beziffert die potentiellen Ausfallrisiken in den Bilanzen deutscher Banken auf 853 Mrd. Euro, während CDU-Finanzexperte Otto Bernhardt das Ausfallrisiko auf "irgendwo zwischen 500 und 1.000 Mrd. Euro" schätzt.

      Wenn man bedenkt, dass der gesamte Bankensektor nach den jüngsten Statistiken der Bundesbank lediglich ein Eigenkapital von 415 Mrd. Euro aufweist, kann die Schlussfolgerung nur lauten, dass der gesamte Bankensektor de facto bereits insolvent ist und nur durch Staatsgarantien am Leben gehalten wird.

      Mit welcher Summe der Steuerzahler letztendlich einspringen muss, um das Bankensystem zu retten, ist schwer zu beziffern. Die realen Ausfälle hängen vor allem von zwei Faktoren ab – vom Wert, zu dem die Papiere übernommen werden, und von dem erzielbaren Erlös. Der Bankenrettungsfonds Soffin geht von einer realen Ausfallrate von 5% aus – bei 850 Mrd. Euro wären dies immerhin 42,5 Mrd. Euro, die der Steuerzahler ins Bankensystem pumpen müsste. Die Soffin-Schätzungen wirken jedoch im Vergleich zu anderen Analysen geradezu optimistisch. Finanzmarktexperten halten reale Ausfallraten in Höhe von 15 bis 25% für wesentlich wahrscheinlicher. Und diese Schätzungen hängen immer noch vom Buchwert ab. Wenn eine Bank ihre faulen Papiere höher bewertet, als sie es eigentlich tun müsste, könnten selbst 25% schnell zu einer zu optimistischen Schätzung werden. Steuergelder in dreistelliger Milliardenhöhe könnten so verbrannt werden. Diese leichtfertig aufgenommenen Schulden müssen von Generationen von Steuerzahlern abbezahlt werden.

      Die Dimension der Bankensubventionen hat längst jedes Maß gesprengt. Alleine der Umstand, dass ein Gesetz, das über die Vergabe von Steuergeldern in ungeahnter Höhe entscheiden soll, im Rekordtempo durchgeboxt werden soll, damit es noch vor der Sommerpause verabschiedet werden kann, zeugt nicht eben von verantwortungsvollem Handeln der Politik.

      Warum böse, wenn es auch gut gehen könnte?

      Dabei ginge es auch anders – es gibt Alternativen zum Modell der Bad Bank. Finanzlegende George Soros und Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz brachten jüngst die "Good Bank" als Alternative zur Bad Bank ins Spiel. Der Staat solle die alten Banken ruhig Konkurs gehen lassen und ihnen anstatt der schlechten die guten Papiere abkaufen. Mit diesen Papieren – und dem Filialnetz – solle der Staat dann eine "Good Bank" gründen, die später bei Bedarf mit Gewinn wieder privatisiert werden kann.

      Neben ihrem Namen blieben die alten Banken dann auf dem gesammelten Finanzschrott sitzen, der nicht durch staatliche Bürgschaften gesichert ist. Die Zeche würden dann neben denn Aktionären diejenigen zahlen, die den Banken Kapital abseits der normalen Einlagen zur Verfügung gestellt haben – eben jene Spekulanten also, die jetzt vom Steuerzahler herausgeboxt werden sollen. Stiglitz und Soros zufolge könne die "Good Bank" reibungslos die Kernaufgaben des Bankensystems übernehmen.

      Dem schlechten Geld kein gutes hinterherzuwerfen, ist auch die Devise des Ökonomen Willem Buiter. Wenn es nach ihm ginge, würde man den alten Banken ihre Banklizenzen entziehen, so dass sie fortan nur noch "ihr Portfolio aus schlechten und giftigen Wertpapieren und Forderungen abwickeln". Die guten Papiere und Geschäftsbereiche sollten dann vom Staat übernommen werden. Für die Mitarbeiter und Kunden der alten Banken würden sich dann zunächst nur der Name und das Management ändern. Aktionäre und Spekulanten würden so auf marktgerechte Art und Weise enteignet und Steuergelder nicht verbrannt, sondern in ein zukunftsfähiges Bankensystem investiert.

      Stiglitz, Soros und Buiter werden im Finanzministerium keine offene Ohren finden – die Bankenrettung zugunsten der Aktionäre und zulasten der Steuerzahler ist abgemachte Sache. Wie man die faulen Papiere auf kreative Art und Weise entsorgen kann, zeigte die Schweizer Großbank Credit Suisse. Anstatt der zugesagten Boni erhielten die Bankmanger dort Anteilsscheine an der hauseigenen Bad Bank – die Freude der Banker über diese "Leistungsprämie" dürfte verhalten gewesen sein.

      Quelle (mit Links im Text): http://www.heise.de/tp/r4/artikel/30/30174/1.html

      Das dürfte es dann hier wohl gewesen sein.
      Vielen Dank euch allen für das Interesse an diesem Thread!

      Maraho

      22.04.2009
      Avatar
      schrieb am 22.04.09 07:53:18
      Beitrag Nr. 651 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 37.014.228 von Maraho am 22.04.09 07:34:40Genau bei den Bad Banks wirds gefährlich.

      Einige Landesbanken sind chronisch in Schieflagen, die können es nicht und lernen es wohl auch nicht mehr. Ob eine Zweckgesellschaft auf einer Insel, in einem Briefkasten oder ganz toll bei Soffin residiert:laugh: ist letztlich egal.

      Im Ergebnis geht es nicht um Kreditversorgung für Wirtschaft allgemein, Bla hier oder dort, es geht um Erhaltung unfähiger Strukturen mit Einnahmequalitäten für Politkaste und ihren Anhang.

      Was soll das:confused:

      Dann noch Trichet mit seinen Sparaufrufen und Soliditätsbekundungen aus dem Elfenbeinturm, was soll solide bleiben in einer angeschlagenen Welt:confused:

      Das ist so keine Lösung, hat keine klare Struktur.
      Avatar
      schrieb am 22.04.09 21:30:20
      Beitrag Nr. 652 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 37.014.282 von Friseuse am 22.04.09 07:53:18Dem ist nichts hinzuzufügen!
      Avatar
      schrieb am 22.04.09 22:43:31
      Beitrag Nr. 653 ()
      politiker sind versager und abzocker
      Avatar
      schrieb am 23.04.09 08:41:24
      Beitrag Nr. 654 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 37.022.098 von curacanne am 22.04.09 22:43:31politiker sind versager und abzocker

      Letztlich ein Abbild der Gesellschaft, in der wir leben! ;)
      Avatar
      schrieb am 23.04.09 08:52:01
      Beitrag Nr. 655 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 37.023.137 von Maraho am 23.04.09 08:41:24:eek::cry:
      Avatar
      schrieb am 23.04.09 21:21:57
      Beitrag Nr. 656 ()
      Dmit es nicht ganz so traurig endet ...

      VERKAUFEN!!!!!
      http://www.youtube.com/watch?v=GHWvMhct0Ts
      Avatar
      schrieb am 23.04.09 21:28:39
      Beitrag Nr. 657 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 37.030.473 von Maraho am 23.04.09 21:21:57Korrektur: Damit ... ;)
      Avatar
      schrieb am 21.05.09 08:11:22
      Beitrag Nr. 658 ()
      Passt ja sehr gut hier rein.

      "Konkursverschleppung"?

      ANFRAGE IM BUNDESTAG
      Finanzaufsicht prüfte deutsche Banken 53-mal
      Von Severin Weiland

      Bereits zu Zeiten der rot-grünen Koalition kam es zu einer ernsten Bankenkrise. Ein Gipfel im Kanzleramt beriet damals Maßnahmen. Wie jetzt eine Anfrage der FDP im Bundestag ergab, wurden seit 2003 drei deutsche Großbanken von der Bankenaufsicht in 53 Fällen geprüft.


      Berlin - Das Treffen am 16. Februar 2003 war streng vertraulich, denn was an diesem Sonntag in Berlin besprochen wurde, war sensibel: die Lage der deutschen Banken. Die Runde war folglich hochrangig. Kanzler Gerhard Schröder, Finanzminister Hans Eichel und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement trafen sich mit den Spitzen der deutschen Kreditwirtschaft - darunter auch Deutsche-Bank -Chef Josef Ackermann.

      Der Hintergrund waren zunehmend desolate Zahlen in einem wirtschaftlich schwierigen Umfeld - im Jahr zuvor hatten mehrere Institute erstmals in ihrer Geschichte Verluste gemacht. Vor allem Commerzbank und HypoVereinsbank waren angeschlagen - letztere trennte sich im Herbst 2003 von Teilen ihres Immobiliengeschäfts und lagerte diese in der Hypo Real Estate (HRE) aus. Die HRE ist mittlerweile ein bekanntes Institut: durch die negativen Schlagzeilen in der aktuellen Krise.

      Die in München beheimatete Immobilienbank konnte im Herbst 2008 nur durch 87 Milliarden Euro an Staatsgarantien gerettet werden. Ein von der Opposition beantragter Untersuchungsausschusses im Bundestag beschäftigt sich derzeit mit der HRE.

      Der FDP-Obmann im HRE-Ausschuss, Volker Wissing, hat nun jüngst eine Kleine Anfrage gestellt. Er wollte wissen, wie der Umgang der damaligen Bundesregierung während der Finanzmarktkrise 2003 war. Die Antwort aus dem Bundesfinanzministerium, die SPIEGEL ONLINE vorliegt, bringt immerhin eine Erkenntnis - eine Parallele zur jetzigen Lage sieht die Regierung nicht. "In den Jahren 2002/2003 handelte es sich um einen durch Gerüchte hervorgerufene, nur deutsche Institute betreffende Krise", heißt es in der Antwort.

      Anlass für das Treffen am 16. Februar 2003 im Kanzleramt war nicht nur die Lage der Konjunktur und des Mittelstands, sondern "auch die schwache Ertragslage bei den privaten deutschen Großbanken". Danach habe die Eigenkapitalquote Ende 2001 bei 4,6 Prozent gelegen. Zwischenberichte der Banken hätten eine "Fortsetzung der Verschlechterung" auch für 2002 angekündigt, so die Regierung.

      Was in der Antwort auf die FDP-Anfrage explizit nicht steht - vor allem die Commerzbank war damals durch Pleitegerüchte in Turbulenzen geraten. Übernahmegerüchte machten die Runde. Die Commerzbank gehört heute mit der HRE ebenfalls zu den Krisenbanken - der Bund erwarb jüngst 25 Prozent der Aktien und stützt sie damit. Zur Krise 2002/2003 ist die Antwort der Bundesregierung allgemeiner Natur: Eine "angelsächsische Investmentbank" habe diese durch ein "unzutreffendes Gerücht über eine angebliche Illiquidität einer großen deutschen Geschäftsbank" ausgelöst.

      Die Folge sei gewesen, dass sich die Refinanzierungssituation aller deutschen privaten Großbanken "stark verschlechterte, da ein unbegründetes Misstrauen gegenüber diesen Instituten an den internationalen Finanzmärkten herrschte und den Banken die Refinanzierungslinien zeitweilig stark gekürzt oder gar vollständig gestrichen wurden".

      Heute dagegen, so die parlamentarische Staatssekretärin Nicolette Kressl (SPD) in ihrer sechsseitigen Antwort, sei der Auslöser nicht ein Liquiditätsproblem von Banken gewesen. Diese seien vielmehr die Folge des Zusammenbruchs der US-Bank Lehman Brothers und der "Vermögensminderungen" bei strukturierten Papieren, in die einzelne Banken inner- und außerhalb Deutschlands direkt und indirekt investiert hätten.

      Auch seien die Risiken aus "strukturierten Finanzierungen" im Jahr 2003 noch nicht sichtbar gewesen. Der Boom des Verbriefungsmarktes bei US-Immobilien sei erst später erfolgt, gleiches gelte für die verstärkte Nutzung von Risikoabsicherungen.

      Details unterliegen der Verschwiegenheit

      Bereits 2003 geisterte das Schreckensbild vom Zusammenbruch deutscher Institute um. Auch ein Bad-Bank-Modell, wie es kürzlich vom Kabinett für sogenannte Schrottpapiere verabschiedet wurde, wurde von Bundeswirtschaftsminister Clement in die Überlegungen mit eingebracht - so berichteten es damals Medien.

      Dazu kam es dann aber nicht. In der Antwort der Bundesregierung wird festgehalten, dass von der Bundesbank und Bankenaufsicht BaFin die Maßnahmen der Institute zur "Risikoreduzierung eng begleitet und erforderlichenfalls aufsichtliche Maßnahmen ergriffen" wurden.

      Eine Maßnahme: Bei der Commerzbank, der (mittlerweile von ihr übernommenen) Dresdner Bank und der HypoVereinsbank wurden seit 2003 durch die Finanzaufsicht "insgesamt 53 Prüfungen" durchgeführt oder angeordnet, heißt es in der Antwort der Bundesregierung. Diese schließe von den Banken "antragsgetriebene Modellprüfungen ihrer Risikomesssysteme ein". Bankenaufsicht und Bundesministerium der Finanzen hätten nach 2003 ihre Ablaufpläne für Entscheidungsprozesse überprüft und an die gegebene Situation angepasst. "Weiter wurden die Voraussetzungen für schnelle Entscheidungen zur Bereitstellung von Zentralbankliquidität verbessert."

      Für den FDP-Abgeordneten Wissing zu wenig. "Die Bundesregierung hat aus der Finanzkrise 2003 keine Konsequenzen gezogen und damit einen Beitrag zur Finanzkrise 2008 geleistet", sagt er zu SPIEGEL ONLINE.

      Und bei den Banken selbst? Konkrete Angaben - etwa zur HypoVereinsbank - gibt die Antwort der Regierung nicht. Sie unterlägen der "Verschwiegenheitspflicht".

      Ganz allgemein heißt es lediglich: Die Lehren aus der Krise 2002/2003 hätten die betroffenen Institute gezogen. Sie hätten auf das verschlechterte Umfeld mit "starken Kostensenkungen" reagiert und in der Folge "wechselseitige Verflechtungen abgebaut".

      Auch bei der Frage, ob es einen Zusammenhang der damaligen Krise mit den aktuellen Problemen bei der HRE und der Commerzbank gibt, fällt die Antwort knapp aus: Das sei vor dem Hintergrund nicht vergleichbarer Ausgangslagen "nicht erkennbar".

      Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,625919,0…
      Avatar
      schrieb am 16.08.09 10:55:01
      Beitrag Nr. 659 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 37.224.392 von Maraho am 21.05.09 08:11:22Gerade gefunden.

      Schon 2003 und in Kenntnis der heraufziehenden Finanzkrise hat eine große CDU/CSU/SPD/FDP/Grüne-Koalition mit der Förderung des Finanzkasinos weitergemacht

      Die Bundeskanzlerin, der Bundesfinanzminister und andere wichtige Personen in Politik und Finanzwirtschaft erwecken immer wieder den Eindruck, sie seien 2008 von der Finanzkrise überrascht worden und Deutschland habe mit den Ursachen wenig zu tun, sie sei aus den USA über uns gekommen. Wir haben diese Behauptungen in den NachDenkSeiten (die Serie zur Finanzkrise siehe hier) und in den Jahrbüchern hier und hier vielfach und mit Fakten widerlegt. Jetzt sind wir von einem Nachdenkseiten-Leser auf drei weitere einschlägige Dokumente aus dem Jahr 2003 aufmerksam gemacht worden.

      Weiterlesen ... http://www.nachdenkseiten.de/?p=4130
      Avatar
      schrieb am 18.08.09 15:40:21
      Beitrag Nr. 660 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 37.789.942 von Maraho am 16.08.09 10:55:01#659

      2003 regierten nur die SPD und die GRUENEN...

      :mad::cry:
      Avatar
      schrieb am 18.08.09 15:46:09
      Beitrag Nr. 661 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 37.023.137 von Maraho am 23.04.09 08:41:24wenn wir das nun alle so akzeptieren würden, könnte man das einkommen der volksvertreter auf ein normales maß reduzieren.
      denn warum soll deren arbeit mehr wert sein als zb die arbeit eines schrankenwärtes?( der trägt alleine verantwortung für viele menschenleben)die regierungsvertreter nicht, und sie können sich sogar noch in der fraktion verstecken.
      Avatar
      schrieb am 27.08.09 22:29:45
      Beitrag Nr. 662 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 37.802.529 von curacanne am 18.08.09 15:46:09wenn wir das nun alle so akzeptieren würden, könnte man das einkommen der volksvertreter auf ein normales maß reduzieren.

      Das geht nicht. Denn die tragen doch die Verantwortung. Und da dieselbe so schwer ist, "verdienen" sie mehr ...

      Wie im wahren Leben! ;)
      Avatar
      schrieb am 28.08.09 13:15:14
      Beitrag Nr. 663 ()
      Allerhöchste Zeit für einen neuen Untersuchungsausschus, der die Verstrickungen der vorherigen Regierung aus SPD und GRUENEN in diese Finanzkrise aufdeckt...

      :eek:
      Avatar
      schrieb am 28.08.09 13:23:24
      Beitrag Nr. 664 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 37.868.661 von Maraho am 27.08.09 22:29:45krankenschwestern oder bahnschrankenwärter tragen mehr verantwortung
      Avatar
      schrieb am 28.08.09 13:26:18
      Beitrag Nr. 665 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 37.872.364 von curacanne am 28.08.09 13:23:24Ich weiß cura, sollte doch "in Anspielung" rüberkommen! ;)
      Gruß von Maraho
      • 2
       Durchsuchen


      Beitrag zu dieser Diskussion schreiben


      Zu dieser Diskussion können keine Beiträge mehr verfasst werden, da der letzte Beitrag vor mehr als zwei Jahren verfasst wurde und die Diskussion daraufhin archiviert wurde.
      Bitte wenden Sie sich an feedback@wallstreet-online.de und erfragen Sie die Reaktivierung der Diskussion oder starten Sie
      hier
      eine neue Diskussion.
      Die "Finanzkrise" - Vorbereitungen zu einer "Bad Bank" schon 2003