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    Verharmlosung des Islamischen Terrors durch die Intellektuelle Linke. - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 15.09.01 20:00:12 von
    neuester Beitrag 17.10.01 07:34:38 von
    Beiträge: 38
    ID: 472.855
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      schrieb am 15.09.01 20:00:12
      Beitrag Nr. 1 ()
      E U R O P Ä I S C H E I N T E L L E K T U E L L E

      Nur nicht provozieren!

      Der Kampf der Kulturen findet doch statt. Trotzdem verharmlosen viele europäische Intellektuelle den islamischen Terrorismus - und die Lust am Morden. Von Henryk M. Broder


      EPA/DPA

      Flugattacke auf das WTC: Ein reiner, selbstloser Terrorismus?


      Es ist ein Alptraum. Ich weiß es. Morgen werde ich aufwachen und alles nur geträumt haben. Wie ich träume, dass ich im Abitur versage.
      Nein, es war kein Alptraum, es ist wirklich passiert. Das Fernsehen zeigt uns rauchende Trümmer, schreiende Menschen und jubelnde Palästinenser in Nablus und Jerusalem, die zur Feier des Tages Knafi und Baklava umsonst abgeben.

      Jetzt warte ich nur noch darauf, dass irgendeine edle Seele aufsteht und sagt, die Anschläge von New York und Washington müssten im Zusammenhang mit dem Kampf der Dritten Welt gegen die Erste gesehen werden. Wetten, dass es im Laufe der nächsten Tage passieren wird, sobald sich der Trümmerrauch über Manhattan gelegt hat?

      Es gibt ein Milieu in Europa, das den Einsatz von Feuerwerkskörpern zu Silvester unschön findet und den "Staatsterrorismus" verurteilt, aber für individuelle Akte des Terrors durchaus Sympathien empfindet, vorausgesetzt, sie spielen sich nicht vor der eigenen Wohntür ab, also im Baskenland, Irland oder Palästina.

      Weiß noch jemand, wer Leila Chalid war? Eine attraktive junge Frau, die Ende August 1969 eine TWA-Maschine auf dem Weg von New York nach Athen entführt hat und zur Landung in Tel Aviv zwingen wollte. Weil die israelischen Behörden nicht kooperierten, musste die Maschine in Damaskus landen, da durfte Frau Chalid zwei Wochen einsitzen und dann nach Jordanien ausreisen, wo sie als Heldin empfangen wurde. Ein Jahr später versuchte sie es noch einmal, diesmal wollte sie einen El-Al-Jet auf dem Flug von Amsterdam nach New York kidnappen. Es kam zu einem Kampf mit israelischen Sicherheitsleuten an Bord der Maschine, ihr Begleiter wurde getötet, sie selbst niedergeschlagen, nachdem sie eine Handgranate geworfen hatte, die allerdings nicht zündete.

      Terroristin oder Freiheitskämpferin?

      Die Maschine konnte in London landen, wo Frau Chalid festgenommen und nach genau 28 Tagen von ihren Freunden freigepresst wurde. Seitdem erzählt sie, wie schlecht der Service an Bord des El-Al-Fliegers war, wie brutal sie von den Israelis behandelt wurde, welche Verletzungen an Leib und Seele sie erlitten und welche Traumata behalten hatte.

      Anfang dieses Jahres war Leila Chalid wieder in London, auf Einladung eines Labour-Abgeordneten, um über Irak und Palästina zu sprechen. "Ich bin und war nie eine Terroristin", erklärte sie unter zustimmendem Nicken ihrer Gastgeber, "ich war eine Freiheitskämpferin."

      Am Tag der Arbeit trat sie dann in Zürich auf, eingeladen vom 1.-Mai-Komitee zur offiziellen Kundgebung der Schweizer Arbeiterklasse, deren allergrößte Sorge nicht der Status der Ausländer in der Schweiz, sondern die Staatenlosigkeit der Palästinenser ist.

      So human, liberal und ausländerfreundlich können die Eidgenossen sein, solange nicht ihre eigenen Belange tangiert werden.

      Die Weltsicht der Feingeister

      Zurück nach Deutschland. Als in Afghanistan die Buddha-Statuen von Bamian mit Kanonen pulverisiert wurden, da gab es auch in Deutschland Proteste, die freilich so zahnlos blieben wie die saisonalen Aufrufe der Schriftsteller zu mehr Toleranz. Doch nicht alle empörten sich, einige versuchten auch, den Bildersturm des Taliban-Regimes immanent, also aus der Sicht der Kanoniere, zu erklären.

      "Das Lamento über die Zerstörung ist zuallererst die Frucht einer entpolitisierten bürgerlichen Ästhetik", belehrte uns ein Feingeist in der "SZ", der ebenso wie die Taliban mit der bürgerlichen Ästhetik gebrochen hatte. "Der Bildersturm der Taliban gilt einer ganzen Kultur der Sichtbarkeit, von der sich das Regime in einem politischen Akt absetzt."

      Noch anmutiger war eine Apologetik im Feuilleton der "Frankfurter Rundschau". Der Verfasser nannte die Proteste das "übliche Spektakel", bei dem "alle `zivilisierten` Nationen um die schärfste Verurteilung dieses `barbarischen` Aktes" wetteiferten, und setzte tatsächlich "zivilisiert" und "barbarisch" in ironisierende Anführungszeichen.

      Zugleich erklärte er, worin "das eigentliche Problem" liege, nämlich darin, "dass die ökonomisch-kulturelle Kolonisation durch den Westen sehr viel mehr dazu beiträgt, die buddhistische Lebensweise auszuhöhlen und zu entwerten" als die dekonstruktiven Maßnahmen der Taliban.

      Die Abrissbirnen des Kapitalismus

      Ich bin sicher, ein kulturkritischer Beitrag ist schon im Entstehen begriffen, in dem uns erklärt wird, auch die letzten Attentäter hätten aus einem tiefen Glauben heraus, den wir nicht nachvollziehen können, gehandelt und nicht mehr Schaden angerichtet, als die Abrissbirnen des Kapitalismus und die Agenten der Kolonisation weltweit anrichten würden. Denn für den Umgang mit durchgeknallten Fundamentalisten aus der islamischen Welt gilt für coole Kommentatoren eine Parole: "Nur nicht provozieren! Die Irren könnten böse werden!"

      Deswegen zeigt uns Peter Dudzik in der ARD jubelnde Palästinenser und sagt, sie würden es nicht so meinen, wie es aussieht. Deswegen sagt uns Heiko Flottau in der "SZ", "die winzige Minorität der islamistischen Terrorgruppen" habe bei der großen Mehrheit der Bevölkerung "keinen Rückhalt", nur um ein paar Absätze weiter zu erklären, "kein Politiker in Ägypten" habe den Mut gehabt, öffentlich für einen liberalen Professor einzutreten, der, von den Islamisten terrorisiert, ins holländische Exil gehen musste.

      Der reine Terror

      Solche kleinen Widersprüche nehmen wir gelassen hin, wenn es darum geht, einen Terror schönzureden, dessen irrationaler Furor uns fasziniert, weil er so rein und so selbstlos ist.

      Wir Abendländer haben keine Probleme, den Fanatismus von Christen und Juden zu verdammen, nur bei fanatischen Moslems neigen wir zu einer Haltung, wie man sie normalerweise gegenüber kleinen Kindern und erwachsenen Autisten annimmt: Sie wissen nicht, was sie tun, aber sie meinen es irgendwie gut.

      Würde in einem christlichen Land, in Italien oder Schweden, ein paar Moslems oder Juden der Prozess gemacht, weil sie, als Sozialarbeiter getarnt, missioniert haben sollen, und würde ihnen dafür lange Haft oder gar die Todesstrafe drohen, könnte man den Aufschrei der Empörung bis zum Nordpol hören.

      Wenn so etwas aber in Afghanistan passiert, fährt eine Delegation hin, wartet geduldig, bis sie von ein paar nachgeordneten Chargen empfangen und zum Verlassen des Landes aufgefordert wird. Ende der Intervention. Ja, man will die Irren nicht weiter provozieren, und ein wenig bewundert man auch die Selbstverständlichkeit, mit der sie sich über alle Spielregeln hinwegsetzen.

      Kniefall vor dem Multikulti-Prinzip

      Das beste Beispiel für diese post-liberale und pre-suizidale Haltung ist immer noch die Affäre um Salman Rushdie. Als die "Fatwa", das religiöse Todesurteil, gegen ihn verhängt wurde, konnte man in vielen Feuilletons Wortmeldungen lesen, deren Grundlage der Respekt für Exoten war, egal wie sie sich benehmen.

      Am Ende dieser Kniefälle vor dem Multikulti-Prinzip stand dann die Conclusio, man fände die Fatwa nicht gut, aber irgendwie wäre Rushdie doch selbst schuld, er hätte sich mit den Mullahs nicht anlegen sollen.

      Die Orientalistin Annemarie Schimmel nannte die Morddrohung "etwas Grässliches", andererseits habe Rushdie auf "eine sehr üble Art" die Gefühle gläubiger Moslems verletzt, sie selbst habe "erwachsene Männer" weinen sehen.

      Das war für den Börsenverein des Deutschen Buchhandels kein Grund, sich von seiner Friedenspreisträgerin zu distanzieren. Ganz im Gegenteil. Der Preis wurde ihr umso liebevoller vor die Füße gelegt. Rushdie hat die Fatwa überlebt, die Menschen im World Trade Center hatten keine Chance.

      Und nun tritt Kanzler Schröder vor die Mikrofone und redet Klartext. Es war, sagt er, "ein Angriff auf die zivilisierte Welt". Richtig, Gerhard, und wir alle haben ihn begünstigt. Wie lange zog sich der Prozess um das Attentat auf die Berliner Disco "La Belle" hin? Haben deutsche Politiker nicht auf einen Abbruch des Verfahrens gedrängt, um die Beziehungen zu den arabischen Staaten nicht zu gefährden? Ein bisschen Frieden ist gut für die Hitparade, ein bisschen Terror nehmen alle in Kauf, um die Exporte stabil zu halten.

      Kampf der Kulturen

      Samuel Huntington hatte Recht, es findet ein Kampf der Kulturen statt. Es geht nicht um globale Gerechtigkeit, nicht um die legitimen Rechte der Palästinenser oder eines anderen unterdrückten Volkes, es geht um die reine Lust am Morden, die inzwischen nicht einmal einen Vorwand braucht.

      Aber auch diese Akte werden ihre Apologeten finden, denn die Terroristen fliegen die gleichen Flugzeuge wie wir und telefonieren mit den gleichen Handys. So gesehen sind sie Menschen wie wir. Mit dem kleinen Unterschied, dass sie an den sofortigen Einzug ins Paradies glauben, wenn sie sich opfern.

      Wogegen nichts einzuwenden wäre, wenn sie nicht so viele mitnehmen würden, die diesen Glauben nicht teilen, Menschen, die andere Vorstellungen vom Paradies haben und die sich weder opfern noch geopfert werden wollen.

      Egal, wer die Täter und Hintermänner waren, ob sie gefunden werden oder nicht. Es wird nicht der letzte Anschlag bleiben. Am Anfang waren es Auto- und Kofferbomben, dann menschliche Bomben, und nun sind es Flugzeuge, die punktgenau ins Ziel gelenkt werden. Die eskalative Logik schreit nach Fortsetzung.

      Wer im Stande ist, das World Trade Center zum Einsturz zu bringen und das Pentagon in Brand zu setzen, der kann auch mehr. Der wird als nächstes eine Atombombe klauen oder kaufen und nicht zögern, sie auch zu zünden.

      Nichts für ungut, ist ja nur ein Alptraum.






      ein spiegel artikel den ich sehr treffend finde
      Avatar
      schrieb am 15.09.01 20:08:28
      Beitrag Nr. 2 ()
      prinzeugen, ich finde den artikel auch gut - es gibt viele wahrheiten
      Avatar
      schrieb am 15.09.01 20:08:44
      Beitrag Nr. 3 ()
      das ist leider wahr
      wird aber hoffentlich nie Warheit
      Avatar
      schrieb am 15.09.01 20:12:47
      Beitrag Nr. 4 ()
      Der Tod hat Gesichter bekommen....

      Photos von den Ermordeten sind unter

      http://www.cnn.com

      Die Gesichter machen das Attentat noch bedrückender.


      http://www.cnn.com/interactive/us/0109/missing/files/ryook.christina.html

      Zalan
      Avatar
      schrieb am 15.09.01 20:14:25
      Beitrag Nr. 5 ()
      henryk m. broder
      die alten gladiatoren aus dem golfkrieg betreten
      die bühne wird nicht lange dauern bis sich
      die französischen pfilosophen in die haare bekommen.
      last euch nicht blenden die haben nur ihre dogmen im
      kopf die sie bis zum erbrechen vortragen werden.
      grüsse von der donau
      flussaufwerz

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      Avatar
      schrieb am 15.09.01 20:50:37
      Beitrag Nr. 6 ()
      zu diesem thema passt doch, wie lasch die inlandsflüge in den europäischen ländern ab jetzt immer noch

      geschützt werden. immerhin, die franzosen haben in 15 minuten abfangjäger für jeden flug über frankreich

      in der luft, mit scharfen waffen, das ist doch gleich eine

      einladung , nicht in frankrcih, lieber in deutschland die

      nächste entführung zu machen.

      hat doch wirklich, 3 volle tage nach dem anschlag, ein deutscher politiker gewagt ( ! ) vorzuschlagen, die

      bundeswehr zusätzlich zur polizei einzusetzen.

      wie ein aufschrei durch unser land geht ! die bundeswehr !!!!!

      und weiter fliegen unsere inlandflüge ohne bewaffnete

      polizei an board . wie viele wochen werden vergehen, bis

      irgendeine parlamentskommision irgendein gesetzentwurf

      zustande bringt.

      übrigens: in israel sind die piloten der flugzeuge schon

      lange durch panzer-türen geschützt.

      wie heist es doch: erst durch schaden wird man klug.
      Avatar
      schrieb am 15.09.01 20:59:46
      Beitrag Nr. 7 ()
      ..tja, ausnahmsweise kann ich dem Herrn Broder mal vorbehaltlos zustimmen. Na, mit einer Ausnahme vielleicht. Den Zusammenhang mit der Ausbeutung der 3.Welt gibt es natürlich wirklich. Was nichts daran ändert, daß wir es mit Terrorismus der Schlimmsten Sorte und Menschenverachtung in einer glücklicherweise extrem selten gewordenen Form zu tun haben.

      Ansonsten: volle Zustimmung. Wenn auch, da fällt mir schon wieder was auf "die linken Intellektuellen" als Gesamtgruppe kaum existieren dürften, wie auch nicht "die Juden", "die Araber", "die Palästinenser".

      Also: die paar Verrückten, die es immernoch nicht kapiert haben, hier und in den beschriebenen Presseorganen, die sollten sich den Artikel mal genau durchlesen und nachdenken. Es wird aber nichts helfen, weil sie eben "anders drauf" sind.
      Avatar
      schrieb am 15.09.01 21:20:06
      Beitrag Nr. 8 ()
      Tja da hat Spiegel vollkommen recht.

      Wir befinden uns längst im Kampf der Kulturen.


      Entweder die "freie Welt" wird diesen Kampf gewinnen oder die Taliban bestimmt bald unseren Lebensstil.
      Avatar
      schrieb am 15.09.01 21:27:20
      Beitrag Nr. 9 ()
      jemine, broder sieht den balken im eigenen auge nicht. seine (damals) harsche kritik an deutschland in ehren, seine konsequenz, in diesem staat nicht leben zu wollen, in ehren. ich habe nie gehört, dass er sich in israel seinen kritischen standpunkt bewahrt hat, nichts zu den übergriffen des eigenen staates gegenüber den palästinensern. die einfache lust am morden zu bemühen verweist ein weiteres mal darauf, dass offensichtlich simplifizierung den ehemals kritischen geist befallen hat.
      Avatar
      schrieb am 15.09.01 21:31:30
      Beitrag Nr. 10 ()
      Heute war wiedermal ein Mann im Fernseh´n zu sehen der vor dieser Misere schon vor zwanzig Jahren gewarnt hat. Ich kann mich noch daran erinnern. Es hat aber keinen interessiert. Jetzt stehen wir an einem Wendepunkt. Es gibt nur noch 2 Möglichkeiten. Aufgeben oder kämpfen. Aufgeben ist höchstwahrscheinlich die schlechtere Alternative.

      Gruss
      Avatar
      schrieb am 15.09.01 21:47:13
      Beitrag Nr. 11 ()
      an antigone ein - zugegebenermaßen etwas überspitzter Auszug aus einem anderen Threat:

      "Und noch was zum Schluß: fang bitte nicht mit dem geknechteten Volk der Palästinenser an. Direkt in der Nachbarschaft wohnt ein Volk, das ebenfalls seit Jahrhunderten geknechtet, verachtet und verfolgt wurde und wird. Doch statt den ganzen Tag zu jammern und sich zu bewaffnen und wütend mit Steinen oder Bomben um sich zu werfen, haben sie angefangen etwas aufzubauen. Und etwas geschaffen, was heute ein wirtschaftlich florierendes Stück Land mitten in der Wüste ist. Ohne Öl und ähnliche Schätze im übrigen.
      Natürlich ist diese Sicht ein wenig einseitig. Es ist aber genauso einseitig, die Palästineser immer nur als die armen Opfer, die geknechteten der Erde zu sehen.
      Es waren Mitglieder dieser geknechteten Volksgruppe, die ja schon 1972 mit Mühe die schwer bewaffnete israelische Olympiamannschaft mit bloßen Händen niederringen und ausschalten konnten. Die 1977 oder 1978 brutalste Deutsche Mallorca-Urlauber nur mit Mühe und durch das unvermeidliche Töten des Kapitäns an der Heimreise hindern konnten, um ihnen das schöne Mogadischu zu zeigen. Die schließlich zuletzt immer wieder ganz allein gegen schwer bewaffnete Besucher von Pizzerien, Bahnhöfen und ähnlichen Militäreinrichtungen ankämpfen mußten, wobei sie heldenhaft ihr Leben ließen und nun in einzelnen Dörfern natürlich mit übergroßen Plakaten an den Wänden geehrt werden.
      Die armen Kerle. "
      Avatar
      schrieb am 15.09.01 21:49:45
      Beitrag Nr. 12 ()
      Der Artikel spricht mir aus der Seele. Am Dienstag mußte ich auch an den Schimmelscheiß denken. Was man hier in den letzten Tagen in vielen w:o postings lesen kann, zeigt nur, wie richtig Broder mit seiner Analyse liegt. Insbesondere wünsche ich den so engagiert-verständnisvollen Kämpferinnen, die sich hier so wortmächtig auslassen, einen einjährigen Aufenthalt bei den lieben, den ach so geschundenen Taliban. Falls Interesse besteht, richte ich ein Spendenkonto ein, um diesen wohlmeinenden Hetären zu ihrem Ziel zu verhelfen.

      Gruß, QCOM.
      Avatar
      schrieb am 15.09.01 21:49:54
      Beitrag Nr. 13 ()
      in ny. ist eine multikulturelle welt von einigen
      landbollen zusammengebomt worden und jezt hilft
      es den hinterwälder bei uns wieder sich neu zu
      positioniren.die krige in den lezten jahren gingen
      immer auch multikulturelle städte gegen alte
      hirnis mit fundamentalistischen ansichten
      welchen religionen oder ideologien sie nahestanden
      ist näbensechlich.(währe interesand zu wissen wie das
      durchschnittsalter der kriegstreiber hier im bord ist)
      grüsse von der donau
      flussaufwerz
      Avatar
      schrieb am 16.09.01 04:29:28
      !
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      Avatar
      schrieb am 16.09.01 04:30:27
      !
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      Avatar
      schrieb am 16.09.01 04:40:28
      Beitrag Nr. 16 ()
      @ prinzeugen

      :)

      Es grüßt

      RK (kampfbereit)
      Avatar
      schrieb am 16.09.01 13:30:30
      !
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      Avatar
      schrieb am 16.09.01 14:13:31
      Beitrag Nr. 18 ()
      Danke Prinzeugen für diesen interessanten Artikel!

      MfG
      Ingmar (KCD)
      Avatar
      schrieb am 16.09.01 14:28:42
      Beitrag Nr. 19 ()
      Der Mythos vom Kampf der Kulturen Oktober 1998
      Eine Kritik an Huntingtons kulturalistischer Globaltheorie
      Harald Müller



      Der Kampf der Kulturen findet nicht statt. Vorsicht ist angeraten gegenüber Huntingtons Globaltheorie. Sie pflegt ihre Tugend der Einfachheit auf Kosten der Wahrheit und verfälscht die Realität.



      --------------------------------------------------------------------------------

      Nach dem Ende des Ost-West-Konflikts ist nichts mehr, wie es früher war, die Zukunft ist ungewiß - und die Sowjets können nicht mehr schuld daran sein. In dieser Ungewißheit verspricht uns Samuel Huntington1 neue Orientierung: die Weltgeschichte treibt nach den Ideologien nun die "Kulturen" gegeneinander - er benutzt den Begriff der "Zivilisation", die im Angelsächsischen bevorzugte Ausdrucksweise. Sie bilden die großen Feindgruppen der Gegenwart und Zukunft. Am Horizont dräut die islamisch-konfuzianische Koalition gegen alles Westliche - hier kombiniert Huntington die "Gelbe Gefahr" mit den "Türken vor Wien", zwei in den westlichen Kulturen tiefverwurzelte historische Bedrohungsängste.



      Huntingtons Theorie auf einen Blick

      Der "Kampf der Kulturen" verfolgt ein ehrgeiziges Projekt: Huntington versucht uns zu erklären, wie die Welt heute und morgen "im Innersten beschaffen" ist, was die Menschen zum Nachdenken und Handeln zwingt. Und das sei, so Huntington, die Entwicklung und Abgrenzung der größten existierenden menschlichen Kollektive auf der Erde, der Kulturen, die durch historische Nähe, gemeinsame Wertsysteme, Lebensweisen, Weltbilder und entsprechende gesellschaftliche und politische Denkweisen geprägt seien. Interessanterweise gruppiert er seine Weltkulturen um Religionen - dies mag überraschen, aber er führt die religiöse Fundamentalisierung in vielen Teilen der Welt als Beleg ins Feld. In diesem Lichte unterscheidet er:

      die westlich-christliche Kultur Europas, Nordamerikas und Ozeaniens;
      die orthodox-christliche Kultur der slawisch-griechischen Welt;
      die islamische Kultur, die sich im Bogen von Mittelafrika über den Nahen Osten bis nach Zentralasien und Indonesien ausgebreitet hat;
      die afrikanische Kultur - was immer das sein mag;
      die hinduistische Kultur Indiens;
      die japanische Kultur;
      die konfuzianische Kultur Chinas und seiner ost- und südostasiatischen Peripherie.
      Huntington ist sich unschlüssig, ob Lateinamerika kulturell selbstständig ist oder bereits zur christlich-westlichen Kultur gehört.

      Die meisten dieser Kulturen gruppieren sich um einen Zentralstaat: die USA im Westen, China in der konfuzianischen Kultur, der sich Japan nolens volens anschließen wird, Rußland in der Orthodoxie; in Indien fallen Kulturkreis und Staat ohnedies zusammen.

      Huntington sieht die Kulturen, verkörpert und geführt durch die jeweilige Vormacht, aufeinanderprallen. Bereits jetzt seien ihre Grenzen Orte der Reibung. Multikulturelle Staaten wie Bosnien, der Sudan, Malaysia oder Indonesien zeigen Bruchstellen bis hin zu inneren Kriegen, wobei vor allem der Islam "blutige Grenzen" aufweise. Trennung sei die einzige friedensstiftende Antwort: Schluß mit dem Multikulturalismus; Huntington empfiehlt die Schaffung kulturell reiner Staaten. Nur eine Politik der wechselseitigen Abgrenzung, die die interkulturellen Begegnungs- und Reibungsflächen vermindert, könne fatale globale Konfrontationen eindämmen.



      Das Ockhamsche Rasiermesser wird geschwungen

      Der "Kampf der Kulturen" ist ein Kind der amerikanischen Wissenschaft von den Internationalen Beziehungen. Viele US-Wissenschaftler folgen einem vermeintlich der Naturwissenschaft abgelauschten Ideal. Aus wenigen Grundannahmen soll ein Netzwerk theoretischer Sätze abgeleitet und an der Wirklichkeit getestet werden. Diese Tests sollen die Theorie dann vorläufig bestätigen oder widerlegen. So hat es der "kritische Rationalismus", die vor allem von Sir Karl R. Popper entwickelte Wissenschaftstheorie, aus den Erfahrungen der Naturwissenschaften herausdestilliert.

      Ideal ist eine Theorie, die auf möglichst wenigen, einfachen Grundannahmen beruht und möglichst viel erklärt. Im Wettbewerb wird man demjenigen Gedankengebäude den Vorzug geben, das bei gleichem Erklärungsgehalt mit weniger Annahmen auskommt: die Theorie soll "sparsam" sein. Die Tugend der theoretischen Sparsamkeit, die alles Überflüssige wegschneidet, hat in der Wissenschaftsgeschichte den Namen "Ockhams Rasiermesser" bekommen, nach dem großen spätscholastischen Philosophen William von Ockham, der einer der Vordenker der modernen Wissenschaft war.

      Viele Großtheoretiker in den USA, so auch Huntington, haben zwar mit großem Fleiß das Rasiermesser geschwungen, die hohen Ansprüche der kritischen Rationalisten an die empirische Überprüfung jedoch weit weniger ernst genommen. Anstelle des Bemühens um die Falsifikation der eigenen Hypothesen folgen sie weitgehend der bewährten Praxis von Rechtsanwälten: Sie sammeln die zugunsten des eigenen Klienten sprechenden Beweismaterialien und sehen über die unangenehme Gegen-Empirie großzügig hinweg.

      Die Komplexität der Welt wird zudem soweit reduziert, daß wichtige Variablen und Faktoren, die das politische Weltgeschehen entscheidend mitbestimmen, aus dem Blickfeld geraten. Unterkomplexe Theorien folgen durchweg einem schlichten Schema, das als "politikwissenschaftlicher Manichäismus" bezeichnet werden kann. Die Manichäer, Anhänger einer altpersischen Religion, teilen die Welt in eine Zweiheit entgegengesetzter Pole. Der Kampf dieser beiden Pole, der Streit zwischen Licht und Finsternis, bestimmt das Weltgeschehen. In diesem Sinne knüpft Huntington an der "Theorie des Kalten Krieges" an, die mit der Aufteilung in die "Freie Welt" und die "Welt des Kommunismus" eine einfache klare Orientierung bot. Durch Parteinahme entsteht eine Theorie nach dem "Wir-Sie"-Schema - bei Huntington "The West and the Rest". An diesen Theorien hat die Welt ein großes Repertoire: Fundamentalismus, Sozialdarwinismus, Marxismus-Leninismus, Realismus usw. Sie alle pflegen ihre Tugend der Einfachheit auf Kosten der Wahrheit. Sie sind simpel und falsch. Ihre Anwendung beginnt bei scheinbar überzeugenden und für jeden einsichtigen Leitsätzen und endet in Rüstungswettlauf, Krieg und Massaker. Diese Art Theorien brauchen wir nicht.

      Vorsicht ist angeraten im Umgang mit dieser "großen Theorie". Wer eine blau gefärbte Brille aufhat, kann nicht anders sehen als eine blaue Welt. Nicht anders geht es Huntington mit dem Kampf der Kulturen: die (theoretische) Brille verzerrt den Blick auf eine allzu widerständige Wirklichkeit. Huntington spricht z.B. von den "blutigen Grenzen des Islam". Er "beweist" diese These statistisch, indem er zeigt, daß von einunddreißig gewaltsamen Konflikten zwischen zwei und mehreren Parteien aus verschiedenen Kulturen einundzwanzig - also zwei Drittel - mit moslemischer Beteiligung stattfinden. Das sieht freilich danach aus, als sei der Islam eine besonders gewaltfreudige Kultur. Bei genauerer Überprüfung dieser Aussage fällt allerdings auf, daß die islamischen Kämpfer für einen "interkulturellen Konflikt" stets einen nichtislamischen Gegner brauchen. Mit dieser Überlegung kann man die Statistik in der folgenden Weise neu lesen: Von zweiundsechzig Parteien, die in gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen den Kulturen verwickelt sind, sind einundzwanzig - also etwa ein Drittel - Staaten oder Gruppierungen islamischer Herkunft. Das hört sich bereits anders an. Wirft man jetzt noch einen Blick auf den Atlas und sieht sich die Grenzen zwischen den Kulturen genauer an, so stellt man fest, daß der Islam weitaus mehr Außengrenzen zu Lande hat als jede andere Weltreligion. Huntingtons Statistik sagt uns nichts, was wir nicht längst gewußt hätten, daß Staaten, deren Territorien aneinandergrenzen, die größtmögliche Chance haben, in Händel miteinander zu geraten. Die überdurchschnittliche Kampfeslust des Islam entpuppt sich bei gründlicher Überlegung als durchschnittlicher statistischer Erwartungswert.



      Der kulturelle Faktor

      Welche Rolle spielt der kulturelle Faktor in den Konflikten der Gegenwart? Sehen wir uns die Kriegs- und Konfliktstatistik des Jahres 1996 an. Das Heidelberger Institut für Konfliktforschung, das gewaltsame Konflikte regelmäßig beobachtet und statistisch erfaßt, hat für dieses Jahr 27 Kriege und gewaltsame Krisen gezählt, also solche Konflikte, in denen Menschen gewaltsam zu Tode gekommen sind. Es handelt sich dabei überwiegend um "innere Kriege", d.h. Gewalthandlungen innerhalb der Grenzen eines Staates. Seit dem zweiten Weltkrieg dominiert diese Kriegsform in der Welt, insbesondere "Regimekriege", bei denen es um das Ersetzen einer Regierungsform oder auch nur einer Herrschaftselite durch die andere geht, sind sehr häufig geworden2.

      Nur neun der 27 Gewaltkonflikte haben an den von Huntington gezogenen "zivilisatorischen Bruchlinien" stattgefunden. Bei der großen Mehrheit, nämlich siebzehn, handelt es sich um Konfliktparteien, die der gleichen Kultur angehört haben. Ganz anders sieht es aus, wenn man den ethnischen Faktor einbezieht. Angehörige unterschiedlicher Ethnien, d. h. Stämme, Völker, Rassen oder Nationen, waren an einundzwanzig gewaltsamen Konflikten beteiligt, nur in sechs spielte der ethnische Faktor keine Rolle. In anderen Worten: ethnische Konflikte dominieren das gewaltsame Konfliktgeschehen. Was noch bedeutsamer ist: in allen neun Fällen, in denen ein "kultureller Zusammenstoß" eine Rolle spielt, ist auch der ethnische Faktor beteiligt. Der "Kampf der Kulturen" hat nicht unabhängig davon gewirkt, daß sich die Konfliktparteien als unterschiedliche Ethnien verstehen, sondern nur im Zusammenwirken mit einem bestehenden, gravierenden ethnischen Konflikt.

      Nun soll der "Kampf der Kulturen" ja vor allem künftige Konflikte prognostizieren. Auch hier ist die Heidelberger Statistik hilfreich. Sie erfaßt mit dem Begriff "latente Konflikte" 52 Konstellationen, in der zwei oder mehr Parteien einen Streit miteinander haben, der gewaltsam ausgetragen werden könnte, aber gegenwärtig noch nicht ausgebrochen ist. In dieser Kategorie, so können wir vermuten, finden wir Auseinandersetzungen, die in Zukunft die Vereinten Nationen und die Weltöffentlichkeit beschäftigen könnten.

      Nur achtzehn dieser 52 Konflikte, also etwas mehr als ein Drittel, spielen sich an den "zivilisatorischen Bruchlinien" ab. Vierunddreißig haben nichts damit zu tun. Andererseits haben wieder sechsunddreißig Konflikte, also mehr als zwei Drittel, verschiedene ethnische Gruppen als Akteure. Auch hier ist also der ethnische Faktor ganz eindeutig beherrschend3. Überdies fällt auf, daß bei den latenten Konflikten die Mehrzahl, nämlich dreißig, klassische Territorialkonflikte, also internationaler Natur, sind. Dies ist deswegen bemerkenswert, weil von den achtundzwanzig gewaltsamen Auseinandersetzungen des Jahres 1996 lediglich sechs sich um traditionelle Territorialfragen drehten. Die große Mehrheit hingegen stellte "interne" Konflikte um die Macht im Staate oder um Sezession dar. Die meisten latenten Territorialkonflikte finden jedoch zwischen Angehörigen gleicher Ethnien (z.B. China/Taiwan, Südamerika, Arabische Halbinsel) statt; somit ist der Anteil des ethnischen Faktors bei den latenten Konflikten etwas niedriger. Wir müssen also erwarten, daß auch in Zukunft die kulturelle Verursachung von gewaltsamen Konflikten hinter ethnischen Ursachen zurückbleiben und auch im Vergleich zu klassischen zwischenstaatlichen Territorialkonflikten innerhalb der unruhigeren Weltregionen keineswegs eine dominierende Rolle spielen wird.

      Der kulturelle Faktor ist nur einer von vielen; die Ursachen von Konflikten sind viel komplexer. Unter den gefährlichsten Konflikten und blutigsten Kriegen der Gegenwart spielen sich der zentralafrikanische, der afghanische, der kurdische, der algerische, der koreanische innerhalb der gleichen Kultur ab; davon haben die ersten drei eine klare ethnische Komponente; der afghanische, der algerische, der zentralafrikanische und der koreanische Disput sind überdies Regimekriege, wobei in den Fällen Korea und Afrika die Dynamik eines zwischenstaatlichen Sicherheitsdilemmas hinzukommt.

      Die Konflikte zwischen Indien und Pakistan, in Sri Lanka, Bosnien und im Mittleren Osten liegen auf der zwischenkulturellen Bruchlinie. Sie haben allerdings allesamt eine ganz starken ethnischen Hintergrund, der in Sri Lanka, Bosnien und im Mittleren Osten durch politische und wirtschaftliche Diskriminierung eskaliert ist. In all diesen Konflikten geht es um das klassische Objekt kollektiver Auseinandersetzungen: um die Kontrolle über ein Territorium, das die jeweiligen Streitparteien für sich beanspruchen. In Südasien und im Mittleren Osten werden die Konflikte überdies durch ein Sicherheitsdilemma, durch die Präsenz von Massenvernichtungswaffen, hochgradig verschärft.



      Die islamische Gefahr

      Den Ländern des Islam hat die Neuzeit eine schwere Geschichte beschert. Als Opfer eines besonders hartnäckigen und ausbeuterischen Kolonialismus ist ihnen bis heute der Modernisierungserfolg versagt geblieben. Die wirtschaftliche Entwicklung aller Länder weist Brüche auf, auch die ölproduzierenden Staaten haben von ihren Erdölvorkommen nur geringfügig ökonomisch profitieren können. Archaische Herrschaftsformen und besonders abstoßende Tyranneien haben die Ausbildung einer selbstbewußten Bürgerklasse verhindert. Die Kolonialmächte haben frühe Ansätze zur selbständigen Nationalstaatsentwicklung im Keim erstickt.

      Dennoch ist es grundfalsch, von der islamischen Staatenwelt oder der islamischen Gesellschaft als einem bedrohlich überkochenden Einheitsbrei zu sprechen. Die islamische Staatenwelt ist differenziert, gespalten und von politischem Wettbewerb zwischen den führenden Staaten geprägt. Kein plausibles Szenario kann entworfen werden, das eine Vereinheitlichung dieses Mosaiks in Aussicht stellt. Auch die vorhandenen internationalen Organisationen - Arabische Liga, Islamische Konferenz - sind schwach ausgeprägt, andere Organisationen dienen lediglich den Interessen des jeweiligen Führungsstaates.

      Zentralstaaten sind die Kristallisationspunkte, die Hauptakteure in Huntingtons "Kulturkrieg". Im Islam wird es keinen solchen Kernstaat geben, und zwar weder in einer weitgehend säkularisierten noch in einer stärker fundamentalisierten islamischen Staatenwelt. Die Geschichte zeigt, daß sich diese riesige, ethnisch, geographisch, wirtschaftlich und sozial heterogene Region keiner einheitlichen Herrschaft untergeordnet. Wo es zu einer solchen Herrschaft kam - im Jahrhundert nach dem Wirken des Propheten, unter der Abassidendynastie und während des Osmanenreiches - war die Einheit entweder rein nominell, oder bestimmte Regionen waren bereits faktisch oder auch rechtlich selbständig. In allen Fällen wurde die Einheit nicht durch kulturellen Gleichklang, sondern durch militärische Eroberung hergestellt. Auch in unserer Zeit könnte nur Gewalt die Vielfalt der islamischen Welt mit ihren gegenseitigen Feindschaften, ethnischen Sonderungen, konfessionellen und sektiererischen Gegensätzen unter eine Herrschaft zwingen. Die zwischenstaatlichen Konflikte und die Rivalitäten um die Führungsstellung - in Nordafrika, im Nahen Osten, auf der arabischen Halbinsel, am Persischen Golf, in Zentralasien, in der arabischen und in der gesamten islamischen Welt - sind Legion. Externe Mächte springen ein, um ein gestörtes Gleichgewicht in den Regionen wiederherzustellen, moderne Militärtechnik macht zudem Eroberungskriege unvergleichlich kostspielig und verlustreich. Militärisch läßt sich die politische Einheit des Islam jedoch nicht mehr erzwingen.

      Auch der Fundamentalismus kann das nicht schaffen. Der Grund liegt darin, daß es laut Koran nur eine einzige sakral legitimierte Herrschaft geben kann. Der Fundamentalismus ist deshalb eine politische Mission zur Herstellung dieser Herrschaft. In den internen Hierarchien zweier Staaten wird es aber dieselbe Auffassung von dieser Herrschaft nur dann geben, wenn ein Verhältnis totaler Abhängigkeit besteht, wie es zwischen dem (extrem schwachen) Sudan und dem (relativ starken) Iran besteht. In allen anderen Fällen führt die gleiche Legitimitätsgrundlage - wegen ihres Absolutheitsanspruchs - bei geringstmöglichen Abweichungen zur erbitterten Feindschaft: denn dann stellt die Existenz eines islamischen Staates, der auf einer abweichenden Interpretation gegründet ist, diejenige aller anderen islamistischen Staaten in Frage, die anderen Auslegungen gelten als Ketzerei und müssen bekämpft werden. Die wechselseitigen Feindschaften der fundamentalistischen Staaten Afghanistan, Iran und Saudi-Arabien sprechen hier Bände. Der politische Fundamentalismus führt durch seine Verbreitung zum Schisma, zur Religionsspaltung.

      Die islamische Gesellschaft besteht keineswegs nur aus Fundamentalisten, noch wird sie von ihnen dominiert. Neben den Fundamentalisten unterschiedlicher Couleur findet man dort die modernistischen Anpasser, die gemäßigten Modernisten, die opportunistischen Traditionalisten und die islamischen Traditionalisten. Ein durchgehender Trend des Fundamentalismus ist nicht auszumachen, im Gegenteil, die Ernüchterung, die durch die Mißerfolge der iranischen Revolution eingetreten ist, und die starke Ablehnung der Aktionen der Fundamentalisten durch die islamische Bevölkerung in Ägypten oder Algerien bremst eher die Ausbreitung solcher Bewegungen.



      Die Zukunft der Weltpolitik

      Daß Samuel Huntington zwar ein marktgängiges Produkt, aber eben auch eine unzutreffende Theorie entwickelt hat, sollte deutlich geworden sein. Der kulturelle Faktor ist wichtig, aufgrund der Globalisierungsfolgen auch deutlich wichtiger als in der vergangenen Geschichtsepoche. Er wird jedoch durch andere Prozesse gebrochen und relativiert: durch die Machtrivalitäten der Staatenwelt, durch die Kooperationszwänge der Handelsstaaten in der Wirtschaftswelt, deren Zahl zunimmt, und durch die Beziehungen der Gesellschaftswelt über Staatengrenzen hinweg.

      An der Berechtigung der postmodernistischen Entschuldigung für den "westlichen Kulturimperialismus" müssen Zweifel angemeldet werden: Warum müssen eigentlich manche westliche Intellektuelle nach der Anbetung der Totalitarismen Stalins und Maos nun schon wieder ein Programm zur Inschutznahme von Unterdrückung erfinden, diesmal auch noch unter dem Deckmantel kultureller Toleranz? Im Gegensatz dazu ist es völlig sinnvoll und gerechtfertigt, westliche Ideen der Menschenrechte und der Demokratie nach außen zu vertreten; dabei gilt es jedoch durchaus, offen zu sein für Impulse der Gemeinschaftlichkeit und der Re-Solidarisierung, die auch unseren eigenen Gesellschaften beim Absichern ihrer Errungenschaften nützlich sein können. Dialog, nicht Kampf der Kulturen, verspricht Erfolg für die Zukunft.
      Avatar
      schrieb am 16.09.01 14:31:36
      Beitrag Nr. 20 ()
      Avatar
      schrieb am 16.09.01 14:33:18
      Beitrag Nr. 21 ()
      igor, du bist ja eigentlich ganz vernünftig, aber hier: "Thema verfehlt".

      es geht hier nicht darum, daß alle Moslems böse sind/sein sollen, sondern um die Einäugigkeit/Blindheit einiger Links sich nennender Intellektueller, die nach der Devise handeln, ..."daß nicht sein kann, was nicht sein darf".
      Avatar
      schrieb am 16.09.01 14:37:07
      Beitrag Nr. 22 ()
      Huntingtons "Kulturknall"-Theorie
      Huntington räumt zunächst einmal mit Mythen über die Situation nach dem historischen Ende des Kalten Krieges auf, die auch die Politik der westlichen Regierungen zeitweise bestimmt zu haben schienen. Die weltweite Durchsetzung des Kapitalismus ist zwar real, doch die Reaktionen auf diese ökonmoische Tendenz seien nicht erwartet worden: dem Kapitalismus folgen nicht Säkularisierung und Laizismus, Demokratisierung und allgemeine Respektierung der Menschenrechte, sowie friedlicher Handel und Verwestlichung unter militärischer Kontrolle der USA auf dem Fuße. Weit gefehlt: die kapitalistische Modernisierung führe vielmehr zur Loslösung ländlicher Bevölkerung von traditionellen, regionalen oder Verwandtschaftsidentitäten, zu vielfachen Wanderungsbewegungen, Verstädterungen, zu rein technischer Modernisierung, zu unterschiedlichen Bevölkerungszuwächsen - und insbesondere daraus folgend zu einer weltweiten Suche nach neuen Identitäten.
      Die Identitätssuche von verunsicherten, verstädterten MigrantInnen endet nach Huntington in einer weltweiten Renaissance der etablierten Weltreligionen. Nur sie seien in der Lage, den Modernisierungsverunsicherten neue Identitäten zu bieten. Während die historische Phase nach dem Zweiten Weltkrieg durch die weltpolitische Bipolarität zwischen den Supermächten USA und Sowjetunion gekennzeichnet war, so ist nach dem Kalten Krieg nach Huntington von einer multipolaren Welt dominanter "Kulturen"auszugehen, die sich ungefähr mit der Reichweite der großen Religionen deckt, in zweiter Hinsicht spielen noch die Geschichte und Sprachgrenzen eine Rolle. Die zukünftig weltpolitisch relevanten Kulturen sind nach Huntington der christliche Westen (gekennzeichnet durch Säkularismus, Pluralismus, Demokratie, Marktwirtschaft, Rechtsstaatlichkeit), die chinesisch-konfuzianische Kultur ("sinisch"), die islamische, die japanische, die hinduistische, die russisch-orthodoxe, die hispanisch-katholisch- lateinamerikanische und die südafrikanische Kultur.

      Huntington meint nun, daß sich die weltpolitisch relevanten Konflikte tendenziell nicht mehr innerhalb dieser Kulturen abspielen, sondern zwischen ihnen, d.h. an den Rändern der sich jeweils auf sich selbst, d.h. auf ihre jeweilige Identität zurückziehenden Kulturkreise. Die nichtwestlichen Regierungen und Kulturkreise schütteln nach Huntington übernommene westliche Dominanzen ab: die weltweite Welle der "Demokratisierungen" nach 1989 in Afrika und Lateinamerika ist abgeebbt und zurückgenommen worden; die staatssozialistische Ideologie wird abgestoßen und durch nationalistische, religiöse und kulturalistische Äquivalente ersetzt (z.B. formuliert China gegenüber Taiwan und Hongkong/Macao nicht mehr kommunistische, sondern nationalistische, konfuzianische, aber auch antidemokratische Wertvorstellungen). Die jeweiligen Kulturen homogenisieren sich und finden ihre Identität, grenzen sich dadurch aber gleichzeitig von den anderen Kulturen ab und definieren sich antagonistisch zu ihnen. Die Kriege der Zukunft nennt Huntington "Bruchlinienkriege", weil sie an den Übergängen der großen Kulturen entstehen. Der jugoslawische Sezessionskrieg sei bereits so ein Bruchlinienkrieg gewesen: vermischte Kulturen des westlich-christlich-katholischen Kulturkreises (Slowenien, Kroatien), des orthodoxen Kulturkreises (Serbien) und des islamischen Kulturkreises (Bosnien, Albanien) seien durch "ethnische Säuberungen" kulturalistisch getrennt worden. Auch die Kriege an der Südgrenze Rußlands (Armenien/Aserbeidschan, Tschetschenien, Tadschikistan, und schon vorher Afghanistan) seien Bruchlinienkriege zwischen dem russisch-christlich-orthodoxen und dem islamischen Kulturkreis.

      Nationalstaaten sind nach Huntington immer noch Hauptakteure politischen Handelns, doch sie gruppieren sich neu, und zwar in konzentrischen Kreisen um den Mittelpunkt ihrer Kultur. Diesen Mittelpunkt bilden nach Huntington sogenannte "Kernstaaten", oftmals ist das ein einziger Staat wie China, Japan oder Indien, manchmal sind es zwei wie die USA und die EU (mit den dortigen "Kernstaaten" Frankreich und BRD). Interessanterweise kann solch ein Kernstaat auch fehlen, wie im islamischen Kulturkreis, wo Saudi-Arabien, Irak, der Iran, Ägypten, aber auch Pakistan oder Indonesien (das bevölkerungsreichste islamische Land) um diesen Status konkurrieren.

      Bruchlinienkriege entwickeln nach Huntington eine ganz bestimmte Dynamik: scheinbar harmlos am Rande der Kulturkreise beginnend betrifft die Forderung nach Solidarität mit den Opfern mehr und mehr den ganzen Kulturkreis (so unterstützte der islamische Kulturkreis z.B. immer mehr Bosnien, als sich dort ein islamischer Staat herauszukristallisieren schien) und kann sich im schlimmsten Falle zum Konflikt zwischen den sekundär und tertiär als Schutzmächten auftretenden "Kernstaaten" ausweiten (das orthodoxe Rußland galt z.B. als Schutzmacht Serbiens im Konflikt mit der BRD bzw. den USA als kulturelle Schutzmächte Kroatiens). In Bruchlinienkriegen gewinnen religiös-fundamentalistische Strömungen die Oberhand über laizistisch- gemäßigte Gruppen und wirken eskalierend. Interessanterweise nennt Huntington zwei Bedingungen für die Eindämmung von Bruchlinienkriegen: einmal die Kriegsmüdigkeit der direkt beteiligten Bevölkerungen und dadurch die zeitweilige Mobilisierungsabschwächung fundamentalistischer Strömungen, zum zweiten die darauf abgestimmte Fähigkeit von Kernstaaten und konzentrisch um die Bruchlinien liegenden Staaten zu differenzierten Vertragsfestlegungen (wie Dayton). Doch einmal entfachte Bruchlinien bleiben nach Huntington nie endende Gefahrenquellen, quasi wie bei tektonischen Erdbebenbruchlinien können Kriege immer wieder von neuem entlang der kulturellen Bruchlinien wiederaufflammen.

      Entscheidend für die Verschiebung von Bruchlinien ist nach Huntington die zukünftige Orientierung von sogenannten "zerrissenen Staaten" wie etwa der Türkei, die zwischen zwei Kulturkreisen hin- und herschwankt: einerseits ist sie Mitglied der NATO, bündnispolitisch westorientiert und noch laizistisch aufgrund des auf Atatürk zurückgehenden kemalistisch-nationalistischen Militärs, andererseits wird sie aus Sicht der islamischen Bevölkerung von der christlich-säkularistischen EU verschmäht und innenpolitisch zunehmend von islamistischen Strömungen und antiwestlichen Positionen bestimmt.

      Noch dominiert der Westen nach Huntington die Welt und demonstrierte dies im Golfkrieg, was die Bevölkerung islamistischer Kultur als Demütigung empfand. Doch insbesondere zwei Kulturkreise gewinnen durch ihre Identitätsfindung an Macht, um den Westen und insbesondere die USA herauszufordern und zurückzudrängen: China hat seit den 80er Jahren konstant hohe ökonomische Wachstumsraten und einen riesigen Markt, auf den sich viele AuslandschinesInnen in ostasiatischen Staaten und die stark gewordenen "Tigersprung"-Staaten Korea, Taiwan, Singapur strategisch konzentrieren. Die islamistische Kultur ist zwar ökonomisch nicht so prosperierend, hat aber nach Huntington den anderen Vorteil eines im Vergleich zu anderen Kulturen riesigen Bevölkerungswachstums, welches einen großen Prozentsatz von 15-25jährigen Jugendlichen hervorbringe, die empfänglich für antiwestlichen Islamismus sind. Um westliche Dominanz zurückzudrängen, könnten nun der chinesische und der islamische Kulturkreis, so Huntington, bei zukünftigen Bruchlinienkriegen Koalitionen bilden, vor allem über die bereits aktuell durch Waffen- und Kernwaffenaustausch genutzte Schiene China-Pakistan-Iran. Vor diesem Hintergrund wirkt das Horrorszenario eines zukünftigen Krieges zwischen China und den USA, entstanden aus einem Bruchlinienkrieg, keineswegs mehr so lächerlich, wie der "Spiegel" meinte. (2)


      Rassistischer Kulturalismus
      Huntingtons Theorie ist ein Modell, allerdings durch einige verblüffende empirische Untersuchungen und Tabellen angereichert. Es lassen sich zwar immer wieder Gegenbeispiele zu seinen Beschreibungen finden - etwa widerspricht die Unterstützung Bosniens durch die USA der Bruchlinientheorie, was Huntington meines Erachtens nicht plausibel erklärt. Dennoch trägt sein Ansatz meines Erachtens an vielen Stellen zu einer logischen Erklärung der Konfliktverschiebungen seit Ende des Kalten Krieges bei.
      Problematischer als die Hinterfragung des Modells scheinen mir seine Implikationen und Voraussetzungen. Huntington plädiert für die radikale Aufrüstung des Westens, weil er glaubt, daß sich die Kernstaaten der andere Kulturkreise an keinerlei Rüstungskontrollvereinbarungen halten werden. Insbesondere entpuppt er sich darüber hinaus als Migrationsgegner und Abschiebepolitiker. Analog zu den anderen Kulturkreisen müsse auch der Westen wieder zu einer homogenen Identität finden. Unbegrenzte Immigration hispanischsprachiger MexikanerInnen in den Süden der USA oder arabischer IslamistInnen nach Europa würden kulturzersetzend wirken, weil sie sich nicht assimilieren wollten, sondern der Spaltpilz in den Kernstaaten der anderen Kultur seien.

      Der Kulturbegriff Huntingtons ist also festgezurrt und hermetisch: gerade durch Migration finde kein kultureller Austausch, sondern kulturelle Zersetzung statt. Damit ist Huntingtons Modell nichts anderes als der Endpunkt der historischen Wandlung des Rassismus in einen Kulturalismus. Die Kulturen sind es nun, die festgeschriebene, unveränderbare und undurchlässige Eigenschaften besitzen, die sich also nicht mischen, verändern oder schöpferisch verschmelzen können. Alle Kulturen außerhalb des Westens beschreibt Huntington als monolithische Blöcke, unfähig zu Pluralismus, Individualismus, Demokratie:

      "Die großen politischen Ideologien des 20. Jahrhunderts heißen Liberalismus, Sozialismus, Anarchismus, Korporatismus, Marxismus, Kommunismus, Sozialdemokratie, Konservatismus, Nationalismus, Faschismus, christliche Demokratie. Ihnen allen ist eines gemeinsam: Sie sind Produkte der westlichen Kultur. Keine andere Kultur hat eine signifikante politische Ideologie erzeugt." (3)

      Mit dieser arroganten Wahrnehmung anderer Kulturen als monolithisch geht insbesondere das Feindbild Islam einher. In dieser Hinsicht kommt sein Modell FeindbildproduzentInnen in der BRD wie etwa Peter Scholl-Latour sehr nahe. Nach Huntington ist der Islam statistisch bisher an den meisten Bruchlinienkriegen beteiligt. Auf der Suche nach Gründen schreibt er: "Der Koran und andere Formulierungen muslimischer Glaubenssätze enthalten nur wenige Gewaltverbote, und die Vorstellung der Gewaltfreiheit ist muslimischer Lehre und Praxis fremd." (4) Als sei hier ein qualitativer Unterschied zum Christentum zu erkennen und die Vorstellung der Gewaltfreiheit etwa in der herrschenden westlichen Kultur tief verankert!


      Libertär-gewaltfreie Schlußfolgerungen
      Die Schlußfolgerungen, die Huntington aus seinen Thesen entwickelt und an die US-Administration weiterleitet, liegen auf der Hand: Der westliche Universalismus nach außen soll zurückgenommen werden, weil er von den anderen Kulturen als kultureller Imperialismus wahrgenommen wird. Die Kulturkreise seien eben unterschiedlich, so Huntington, das müsse der Westen akzeptieren. Gleichzeitig müsse der Westen seine eigene Identität erneuern, wenn er nicht im Kampf der Kulturen als Zivilisation untergehen wolle. Daher müsse er im Innern homogen sein und seine universalistischen Prinzipien innerhalb der eigenen Kultur radikal durchsetzen, d.h. keine kulturelle Zersetzung im Innern dulden, keine Multikultur, keine Migration ohne Assimilation. Das ist meines Erachtens die rassistische Konsequenz des Kampfes der Kulturen, wohlgemerkt: vorgeschlagen nicht von einem Rechtsextremen, sondern aus der konservativen "Mitte" der Gesellschaft in den USA.
      Libertäre, AnarchistInnen und Gewaltfreie könnten demgegenüber das Modell vom Kopf auf die Füße stellen: der libertäre Kulturbegriff ist ein fließender. Nicht festgefügte Kultur entwickelt sich danach beständig durch Begegnung, Mischung, Kontakte neu. Das ist der anarchistische Kulturbegriff, den Rudolf Rocker in Abgrenzung zum Nationalismus entwickelt hat. (5) Identitätspolitik, der Rückzug auf einen angeblich "kulturellen" - zu Rudolf Rockers Zeiten noch nationalen - Kern verhindert ein solches libertäres Verständnis von Kultur. Doch das wußten Libertäre auch schon vor Huntington. Und daß daraus die Befürwortung von Kulturaustausch - ohne Zwang zur Assimilation - und die GegnerInnenschaft zur staatlichen Abschiebe- und Abschottungspolitik im Westen folgt, kann kaum überraschen und ist auch nicht neu.

      Wenn sich der westliche Universalismus nach außen hin allerdings nach Huntington auf sich selbst zurückzieht, also weltweit relativiert wird, könnte der anarchistische Universalismus transnational eine neue Chance erhalten. Voraussetzung dafür wäre allerdings ein Anarchismus, der in nichtwestlichen Gesellschaften nicht immer wieder als Bestandteil westlicher Kultur identifiziert und dadurch a priori abgelehnt wird. Wenn man/frau zum Beispiel Murray Bookchins neues Buch über die "Agonie der Stadt" (6) liest, dann bleibt der Anarchismus auch in seinen zeitgenössischsten Formen der euroamerikanischen Kulturgeschichte verhaftet. Nichts, rein gar nichts nimmt Bookchin aus anderen Kulturen produktiv auf. Und hier, finde ich, muß sich der Anarchismus gravierend wandeln, will er nicht zum Trittbrettfahrer des westlichen Kulturalismus werden. Es geht darum, in der Kulturgeschichte anderer Regionen der Erde nichtorthodoxe, nonkonformistische, dissidente Seitenströmungen aufzusuchen, sie bekannt zu machen und mit den produktiven Traditionen des westlichen Anarchismus, die ja nicht verleugnet werden müssen, zu kombinieren. Dazu muß der säkulare, in großen Teilen atheistische Anarchismus zumindest ein Gespür für religiös-libertäre Begründungen in anderen Ländern entwickeln, ganz nach dem Vorbild Bakunins, der als atheistischer Anarchist meinte, die religiösen Gefühle der russischen Bauern/Bäuerinnen könnten nicht von heute auf morgen verändert werden, auf sie müsse Rücksicht genommen, in ihrer Sprache müsse gesprochen werden (was Tolstoi dann auch machte). Wenn es dem Anarchismus etwa gelänge, die vorhandenen islamischen Begründungen von Gewaltfreiheit im Westen bewußt zu machen, welche etwa die Massenbewegungen Abdul Ghaffar Khans in Pakistan oder Mahmud Tahas im Sudan als Gegenströmungen zur islamischen Orthodoxie wie auch zum "Fundamentalismus" prägten, wäre ein libertärer Schritt getan, um Huntingtons Kampf der Kulturen zu durchkreuzen. (7)

      Wenn die verunsicherte, landflüchtige Bevölkerung unter Aufgabe ihrer traditionellen Gewohnheiten und Bindungen im Zeitalter der Modernisierung in den Städten der "Dritten Welt" nach psychischem und emotionalem Halt sucht, könnte die Unterstützung solcher religiös-libertärer Nebenströmungen durch europäisch-amerikanische AnarchistInnen eine kulturelle Verbindung herstellen, die sowohl westliche Dominanz als auch die Renaissance religiöser Orthodoxien hinter sich läßt. Uns AnarchistInnen muß dabei immer klar sein: die Menschen müssen die befreiende Message auch verstehen, deshalb müssen libertäre Inhalte manchmal in religiöser Sprache transportiert werden, nur dann haben sie eine Chance, populär und massenwirksam zu werden. Ein Vorbild ist für mich gerade in dieser Hinsicht Gandhi: er nahm westlichen Individualismus und Gewaltfreiheit in Europa auf, sprach die einfachen Bauern/Bäuerinnen in Indien aber in religiöser Sprache an, interpretierte die gewalttätigen hinduistischen Schriften mit dem Ideal der Gewaltlosigkeit neu, bemühte sich auch um einen Ausgleich mit dem Islam, und kam so zu einer produktiven kulturellen Verbindung zwischen europäischen Einflüssen und indischer Tradition, die als Antikolonialismus massenwirksam werden konnte ohne zu "Fundamentalismus" und kulturellem Bruch auszuarten
      Avatar
      schrieb am 16.09.01 14:41:54
      Beitrag Nr. 23 ()
      @ xylophon
      ich kenne die problematik
      leider auch "live"

      "Der jugoslawische Sezessionskrieg sei bereits so ein Bruchlinienkrieg gewesen: vermischte Kulturen des westlich-christlich-katholischen Kulturkreises (Slowenien, Kroatien), des orthodoxen Kulturkreises (Serbien) und des islamischen Kulturkreises (Bosnien, Albanien)"
      Avatar
      schrieb am 16.09.01 14:44:19
      Beitrag Nr. 24 ()
      igor, das ist ja schön, daß Du auch schreiben und nicht nur kopieren kannst.
      Leider versteh ich angesichts der Kürze Deiner Zeilen aber noch nicht, was Du damit meinst. Hast Du unter dem Jugoslawien-Krieg gelitten? Ich kenne Dich nicht, also erläuter doch bitte, was Du meinst.
      Avatar
      schrieb am 16.09.01 14:49:29
      Beitrag Nr. 25 ()
      @ xylophon
      ich war 1991 dabei(croatien)
      habe sehr viele freunde verloren durch "jihad" kämpfer in bosnien
      sehr viele zitern heute noch wen sie nur wort "jihad "hören
      (trotz jahre lange front erfahrung)
      Avatar
      schrieb am 16.09.01 14:51:25
      Beitrag Nr. 26 ()
      ..danke für die Information, wobei die Kroaten ja auch nicht überall mit Samthandschuhen vorgegangen sein sollen. Da wurden doch neulich so 2 Generäle ausgeliefert, wenn ich mich nicht täusche.

      Ich muß aber jetzt erstmal meinen Vaterpflichten nachkommen.
      Avatar
      schrieb am 16.09.01 14:54:05
      Beitrag Nr. 27 ()
      mit samthandschuhen überlebt keine
      Avatar
      schrieb am 16.09.01 15:14:26
      Beitrag Nr. 28 ()
      es ist ein kampf der städter gegen die
      hinterwäldler .
      Avatar
      schrieb am 16.09.01 15:15:56
      Beitrag Nr. 29 ()
      Die intellektuelle Linke in diesem land kannst Du doch eh vergessen.
      Haben die sich überhaupt schon mal dafür entschuldigt, dass sie das Unrechtsregime der DDR immer als das bessere Deutschland hingestellt haben ?

      technostud
      Avatar
      schrieb am 16.09.01 15:24:20
      Beitrag Nr. 30 ()
      Avatar
      schrieb am 16.09.01 15:40:57
      Beitrag Nr. 31 ()
      igor
      http://rawa.fancymarketing.net/index.html
      wir die "ziwilisierten" schauen immer zu
      es gibt wenige die wissen wie es ist zu hoffen das
      die flieger getroffen werden die einen bedrohen.
      Avatar
      schrieb am 16.10.01 17:31:51
      Beitrag Nr. 32 ()
      Der Grass bei Maischberger iss auch son hoffnungsloser Fall:rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 16.10.01 17:56:45
      Beitrag Nr. 33 ()
      http://www.henryk-broder.de/html/tagebuch.html

      Das Letzte



      Alles Roger!

      Kein Mensch kann sich seine Verehrer aussuchen, aber langsam macht es mich stutzig, dass Roger Willemsen hinter mir herjagt wie ein Rentner nach Sonderangeboten bei Aldi. Es ist mir schon deswegen peinlich, weil mich Nachfragen erreichen, ob das Ganze vielleicht ein abgekartetes Spiel sein könnte, nach dem Motto: Eins rein, zwei zurück. Letzte Woche hat er in der "Woche" mich und Reinhard Mohr abgemahnt. Es sei "schwierig" innerhalb Deutschlands zu denken, "denn Feuilleton-Landser wie Henryk M. Broder und Reinhard Mohr kontaminieren die Publizistik"; man merkt es dem Satz an, dass Roger mal eine Ausbildung zum Kammerjäger durchgemacht haben muss, bevor er sich entschloss, doch lieber Kolumnist zu werden, weil der Job als Reichskulturwart nicht mehr zu haben ist. Jetzt achtet er in eigener Verantwortung darauf, dass die publizistischen Umweltverschmutzer namhaft gemacht werden. Leider sagt er nicht, was mit den Kontaminateuren passieren soll. Bleibt es bei einer Verwarnung oder kommt er gleich mit einer DDT-Spritze angelaufen? Werden Mohr und ich dazu verurteilt, jeden Tag Willemsen zu sehen und lesen, bis unser Wille gebrochen ist und wir darum betteln, zur Bewährung an die afghanisch-pakistanische Grenze geschickt zu werden?
      Wer Willemsen neulich bei Biolek erlebt hat, wo er darüber räsonnierte, wie er bei den Bildern des Anschlags auf das World Trade Center "ein subtiles, nein sublimes Behagen" empfand, weil ihm plötzlich irgendwas klar wurde, der weiß, wozu ein sprachloser Schwätzer imstande ist, der sich dem deutschen Humanismus der anderen Art verpflichtet fühlt und auch bei ein paar Toten nicht schwächelt. Wie müsste die "richtige demokratische Antwort auf die Attentate" aussehen, fragt Willemsen in der "Woche". Und gibt gleich die korrekte Antwort. Es müsste eine "Position" sein, "die man den Toten schuldet" und die "die Betrachtung der eigenen Schuld mit einer Reflexion veränderter eigener Praxis verbindet."
      Schade ist nur, dass wir die 5.ooo Toten von Manhattan nicht mehr dazu aufrufen können, über ihre eigene Schuld nachzudenken und ihre Praxis entsprechend zu verändern. Aber Mohr und ich werden uns den Rat zu Herzen nehmen und darüber reflektieren, womit wir uns so schuldig gemacht haben, dass Willemsen als Strafe über uns gekommen ist. Von nichts kommt nichts, gewiss, aber eine Strafe darf nicht unnötig grausam sein. Wir Feuilleton-Landser sind auch Menschen. Auch wenn wir nicht so sublim oder subtil auftreten wie ein sensibler Schreibtischtäter in der deutschen Etappe.
      HMB, 14.1o.2oo1

      Avatar
      schrieb am 16.10.01 18:13:42
      Beitrag Nr. 34 ()
      wenigstens gibt es intellektuelle linke, die rechten sind ja alle hohl im kopf, prinzeugen ist ein gutes beispiel dafür :laugh:
      Avatar
      schrieb am 16.10.01 18:43:52
      Beitrag Nr. 35 ()
      @fstein007
      Was machen deine Amerikanischen Aktien. :D
      Avatar
      schrieb am 16.10.01 18:47:16
      Beitrag Nr. 36 ()
      es gibt linke, die sich als intellektuelle bezeichnen, bzw.
      von ihren fans so bezeichnet werden.

      lg
      Avatar
      schrieb am 16.10.01 20:36:35
      Beitrag Nr. 37 ()
      Mathias Bröckers
      Über die Mitverantwortung der USA
      Interview: Über die Telepolis-Textreihe »The WTC Conspiracy« und die jüngsten Polemiken von Henryk M. Broder.


      http://krit.de/int_broeckers.shtml



      http://www.friedensnetz.de/roy.htm
      Avatar
      schrieb am 17.10.01 07:34:38
      Beitrag Nr. 38 ()
      @tafel

      natürlich ist an einem bankraub die bank schuld ....

      ich kann mich über solchen schwachsinn nur wundern.

      lg


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      Verharmlosung des Islamischen Terrors durch die Intellektuelle Linke.