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    Gewalt - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 24.06.03 15:31:48 von
    neuester Beitrag 03.07.03 18:16:06 von
    Beiträge: 4
    ID: 746.406
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      schrieb am 24.06.03 15:31:48
      Beitrag Nr. 1 ()
      Christa Wolf bezeichnet in ihrer Kassandra-Erzählung präzise die Fragerichtung: "Wann Krieg beginnt, das kann man wissen, aber wann beginnt der Vorkrieg. Falls es da Regeln gäbe, müsste man sie weitersagen. In Stein, in Ton eingraben, überliefern. Was stünde da? Da stünde unter anderen Sätzen: Lasst euch nicht von den Eigenen täuschen." Wo beginnt also der Vorkrieg? Wo liegen die Wurzeln dafür, dass schließlich Gewalt als Ausweg aus Krisen erwogen und am Ende sogar Entscheidungen für einen richtigen Krieg getroffen werden?

      Mit einiger Sicherheit kann ich sagen, dass ein auf ausgleichender Gerechtigkeit beruhendes System gesellschaftlicher Arbeit, in dem die Balance von Lohn und Leistung bewahrt wird, ein guter Nährboden für innergesellschaftliche Friedenssicherung ist. Wenn in einer Gesellschaft dagegen ein sozialdarwinistischer Überlebenskampf geführt wird, in dem es nur Verlierer oder Gewinner gibt, entsteht ein gesellschaftliches Grundklima existenzieller Angst. Enge, das Gefühl der Beklemmung und der Ausweglosigkeit, ist ein Gewalt auslösender Faktor. Und es ist gleichzeitig Beziehungskälte, die Menschen die Alltagsenergien nimmt, weil sie ihre Solidarleistungen einfriert oder auf Katastrophenreaktionen ablenkt. Schließlich sind Gewalt fördernde Elemente darin zu sehen, dass die soziale Erosion der gemeinschaftlichen Bindekräfte fortschreitet. Wo Gesellschaft als Ganzes, das der Pflege und der sorgsamen Beachtung bedarf, aus dem Orientierungsfeld verschwindet und nur noch die Summe von Einzelindividuen übrig bleibt, zersetzen sich allmählich auch die Gemeinschaft bildenden Tugenden. Was ich für das Gemeinwesen, für eine "Ökonomie des ganzen Hauses" einsetzen könnte, wird als eine Art Fremdanspruch betrachtet. Ich gebe etwas ab, aber nicht in dem Sinne, dass es meine eigene Gesellschaft ist, zu der ich etwas beitragen will.


      http://www.bpb.de/publikationen/0SFAG6,0,0,Gewalt_und_Gesell…
      Avatar
      schrieb am 24.06.03 15:35:06
      Beitrag Nr. 2 ()
      Gewalt ist ein Handeln, das menschliches Leben unmittelbar verletzt, bedroht oder mittelbar gefährdet. Die potentielle oder aktuelle Überlegung der Gewaltmittel wird zur Durchsetzung bestimmter Zwecke in vorbedachter und vorsätzlicher Weise eingesetzt. Gewalt ist also Ausübung eines physischen oder psychischen Zwanges. Gewalt wird psychologisch als Aggression bestimmt, entweder als ererbter oder durch Frustration verursachter menschlicher Trieb oder als sozial vermitteltes und gelerntes Verhalten (Ottfried Höffe aus "Lexikon der Ethik" ) . Personale oder direkte Gewalt wird von einem Handelnden mit dem Ziel der physischen Schädigung oder Vernichtung des Gegners ausgeübt. Erst mit dem Aufkommen der Friedensforschung, die sich verstärkt um eine interdisziplinäre Analyse der Gewaltphänomene bemüht und sich nicht auf die Ebene der internationalen Gewaltaustragung beschränkt, sondern auch die sozialen und psychischen Mechanismen aufzudecken sucht, die den sozialen Konflikten in Organisationen und sozialen Gruppen (z.B. Familie, Betrieb) zugrundeliegen, hat der Begriff Gewalt wieder an Bedeutung gewonnen (Bernhard Schäfers (Hrsg.) aus "Grundbegriffe der Soziologie", 2. Auflage, UTB, Leske und Budrich, Opladen, 1986). Vom Begriff Gewalt, welcher für die vorliegende Arbeit zutrifft, ist die legitime öffentliche Gewalt zu unterscheiden. Gewalt hier ist das Mittel des Rechts zur Stabilisierung des gesellschaftlichen und staatlichen Friedens. Mit ihr versucht die Gesellschaft, die sich auf der Basis demokratischer Verfassungen über den notwendigen Zwang zuvor geeinigt hat, die für die vorliegende Arbeit relevante (illegitime) Gewaltanwendung einzelner Personen und/oder von Gruppen zu verbieten. So stehen diese beiden Arten der Gewaltdefinitionen in einem gewissen Zusammenhang, der im Verlauf der Arbeit besonders bei den Massnahmen ersichtlich wird (z.B. Einschaltung der Polizei).


      http://www.tombeck.com/gewalt/chap1page1.html
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      schrieb am 03.07.03 12:16:52
      Beitrag Nr. 3 ()
      http://www.matriarchat.net/grundlagen/entstehung_gewalt.html





      Wie entsteht Gewalt? Wie breitet sie sich aus?

      Wenn das Stichwort „Gewalt“ fällt, fühlen wir uns alle hilflos. Viele wollen sie abschaffen, niemand weiß wie. Und doch ist es möglich, und zwar mit einfachen Mitteln.

      Menschliches Verhalten hat sich über Jahrtausende unter dem Druck entwickelt, in einer rauen Umwelt zu überleben. Wir haben es Millionenjahre lang geschafft. Nun stehen wir nicht nur vor dem Problem, dass es unangenehm ist, ständig auf der Hut sein zu müssen, sondern auch davor, dass gewalttätige Menschen im Alleingang nach und nach die Welt so zerstören, dass wir nicht mehr wissen, wie wir das gesund überleben können.

      Paläoklimatische und archäologische Feldstudien belegen die Existenz einer ehemaligen, auf der ganzen Welt vorhandenen Periode friedlicher sozialer Bindungen, in der Krieg, Männerherrschaft und destruktive Aggression völlig fehlten. Wie mussten die zwischenmenschlichen Beziehungen aussehen, um das zu schaffen?

      Soziale Bindungen - ‚Liebesbindungen` - zwischen Mann und Frau, Eltern und Kindern, Familien und größeren sozialen Gruppen sind zum Schutz der Schwächeren unentbehrlich.

      Halten wir uns die Tatsache vor Augen, dass im Grunde jedes Individuum auf irgendeine Weise verletzbar und daher schutzbedürftig ist. Wir empfinden Einsamkeit deshalb als vernichtende Kraft, weil das Einsamsein für den Menschen - vor allem für den Säugling oder das Kind - stets den Tod bedeutet hat. Studien haben gezeigt, dass Säuglinge, die außer Füttern und Trockenlegen keinerlei Zuwendung bekommen, durch Einsamkeit und mangelnde Geborgenheit psychisch stark gestört, oder gar gestorben sind. Auf der anderen Seite konnten Babys von Wolfs- oder anderen Tiermüttern umsorgt, abseits von Menschen in Tiergemeinschaften aufwachsen.

      Der Forscher James DeMeo hat zu dieser Thematik sehr umfangreiche kulturvergleichende Forschung betrieben, und ist zu interessanten Ergebnissen gelangt: Gesellschaften, die Säuglingen und Kindern Traumata und Schmerz zufügen und deren emotionalen und außerdem sexuellen Ausdruck unterdrücken, bringen neurotische, gewaltvolle und selbstzerstörerische Verhaltensweisen hervor.
      Gesellschaften, deren Kinder und Säuglinge nicht traumatisiert oder sexuell unterdrückt werden, sondern liebevolle und körperliche Zuwendung erfahren, sind ausnahmslos psychisch gesund und gewaltlos!

      Wie konnte es bei uns zu solch einer Gewaltgesellschaft kommen, während andere liebevoll und friedlich miteinander umgehen?

      James DeMeo untersuchte traumatische und unterdrückende Haltungen und stellte fest, dass diese eng mit Gewalt und Krieg in Verbindung stehen. Klinische und kulturvergleichende Beobachtungen der biologischen Bedürfnisse von Säuglingen, Kindern und Jugendlichen und deren gewaltsame Unterdrückung durch Institutionen oder/und harte Umweltbedingungen zeigten eindeutig, dass die daraus resultierenden Folgen wiederum unterdrückendes und zerstörerisches Verhalten sind.

      Die Entstehung der großen Wüstengebiete Sahara, arabische Wüste und asiatische Wüsten ("Saharasia") vor etwa sechstausend Jahren ließ die vormals partnerschaftlich-lebenden Gesellschaften auseinander brechen. Mit der Klimaänderung, die eine fruchtbare und regenreiche Phase beendete, verwandelten sich liebevolle und friedliche Menschen, deren Prinzip der Überfluss, das Wohlbefinden und die Freiheit war, in gewaltvolle, kriegerische und despotische.

      Ausgehend von den Forschungen Wilhelm Reichs erstellte DeMeo eine globale geographische Analyse sozialer Faktoren, die die Folge von Kindheitstraumata und Sexualunterdrückung sind.
      Nach Reich ist - im Gegensatz zu Freuds Theorien - zerstörerische Aggression und sadistische Gewalt beim Homo sapiens ein völlig unnatürlicher Zustand! Die Ursache liegt dabei in einer chronischen Hemmung der Atmung, des emotionalen Ausdrucks und der lustorientierten Impulse. Diese Hemmung entsteht durch traumatische Erlebnisse in der Kindheit.

      Machen denn alle Kinder traumatische Erfahrungen?

      Gehemmte, blockierte Kinder sind das Resultat patriarchaler sozialer Konditionierung, zu der schmerzvolle, lustfeindliche Behandlung gehört, die sich über die Jugend bis zum Erwachsenenalter fortsetzt. Der Teufelskreis dreht sich stetig weiter, denn diese Hemmungen verankern sich chronisch im Individuum und prägen die Bindung zwischen Mutter und Kind sowie zwischen Frau und Mann, von Generation zu Generation.

      Wilhelm Reich bezeichnet die Folgen als „emotionale Panzerung“ – durch einen ständig angespannten Muskelpanzer die Gefühle vermeiden – und Gewalt gegen die innere wie die äußere Natur. Das drückt sich in Angst vor dem natürlich Fließenden und Lebendigen aus. Der Unterdrückung der natürlichen Liebesfähigkeit kommt dabei eine Schlüsselrolle zu.

      Was sind nun diese Traumata auslösenden Faktoren? Nicht alle Eltern misshandeln ihre Kinder. Oder doch?

      Als Beispiele hemmender Behandlung werden von DeMeo angeführt:

      * unbewusstes und rationalisiertes Zufügen von Schmerz an neugeborenen Säuglingen und an Kindern.

      Z.B. Nabelschnur gekappt, kopfüber mit zusammengequetschten Füssen ein Schlag auf die Rückseite: Los! Das Baby macht "hhh". Jetzt wird durch die Lunge geatmet! Aber dalli. Oder: Die Credé-Prophylaxe. Fast nicht zu glauben: Ein Kind kommt auf die Welt, seine Augen erwarten liebevollen Blickkontakt, statt dessen wird ihnen eine brennende Lösung eingeträufelt.

      Amerikanischen Jungs wird routinemäßig mal schnell ein Stückchen vom Penis weggeschnippelt, so dass der Mann sein Leben lang die Vorhaut nicht über die Eichel ziehen kann. Prima! Masturbieren macht ja blind. (Übrigens ist dies eine interessante patriarchal-pervertierte Metapher, denn der Fluss der Sexualenergie macht, im Gegenteil, ‚sehend’! Denn ohne sinnliche Lust keine Spur von Erleuchtung.)

      * Trennung und Isolation des Kindes von seiner Mutter

      Erst mal Waschen, Wiegen, die ganze Klinikprozedur und mit Gummihandschuhen angefasst – fünf Minuten an die Brust, dann in trockenes lebloses Tuch gewickelt und ab die Post unters Neolicht zu den anderen schreienden Opfern ins Babyzimmer.

      Babybetten, Babyschaukeln, Kinderwagen, alles sterile Aufbewahrungsorte und Lichtjahre von der lebendigen Körperwärme und dem vertrauten Herzschlag der Mutter entfernt.

      * Gleichgültigkeit gegenüber weinenden und aufgeregten Kindern

      Hier ist ein Test in der eigenen Umgebung aufschlussreich: Bring’ mal ganz zwanglos bei Gelegenheit das Gespräch auf das (fiktive) Baby deiner Nachbarin, das ständig schreit und dessen ratlose Mutter, und was da wohl zu tun wäre. Je mehr Leute – Frauen, Männer, Jüngere, Ältere - du fragst, desto mehr Gleichgültigkeit und Dummheit schlägt dir entgegen.

      Manche Eltern kitzeln ihre verzweifelt schreienden Kleinkinder, damit sie wieder lachen!

      * ständige Immobilisierung durch Eingewickeltsein

      Wenn erwachsene Frauen sich schon selbst mit elastischer Unterwäsche die Atemluft abdrücken, kann ein bisschen Stoff einem Baby doch nicht schaden... Es könnte sich ja erkälten.

      * Verweigerung der Brust oder verfrühte Entwöhnung des Kindes

      Tja, wie soll es sonst gehen, bei berufstätigen Müttern?

      * traumatische Reinlichkeitserziehung

      Preisfrage: Ab welchem Alter sind Kinder frühestens physisch in der Lage ihren Schließmuskel zu kontrollieren? (Natürlich ohne die Luft anzuhalten und die gesamte Beckenmuskulatur anzuspannen!)

      *

      die durch körperliche Strafen und Drohungen erzwungene Forderung, ruhig, gehorsam und nicht neugierig zu sein.

      Wenn du das sonst nirgendwo wahrnimmst, weil es manchmal sehr subtil abläuft, dann aber spätestens im Kindergarten und mit voller Wucht in der Schule.

      Institutionen, z.B. patriarchale Kirchen, die die Sexualität kontrollieren oder zerstören wollen, tun das Hand in Hand mit dem Staat, etwa durch

      * das weibliche Jungfräulichkeitstabu,
      * erzwungene oder festgelegte Heiraten in Monogamie,
      * Keuschheit vor der Ehe,
      * Verbot und Bestrafung von Masturbation bei Kindern und Jugendlichen

      Kennst du eine Mutter oder einen Vater (vielleicht du selbst), die/der es aushalten kann, wenn ein Kind sich zwischen den Beinen streichelt, sich dort kitzelt und sich Lust macht? Diese Lust müsste auf andere Menschen überspringen – falls sie psychisch gesund sind und die sinnliche Energie eines Kindes ertragen können.

      Angenommen, du bist eine Mutter, die ein Kind bei diesem Spiel mit sich selbst nicht stoppt, weder verbal, noch mit Blicken, noch mit ignorieren. Was aber, wenn die Oma zu Besuch kommt? Oder wer auch immer...

      Mary Cassatt, Mother and Child (The Oval Mirror), 1901, The Metropolitan Museum of Art, New York

      Etablierte und mächtige Einrichtungen, die darauf abzielen, das Aufkeimen der kindlichen Sexualität zu kontrollieren und/oder zu zerstören sind übrigens immer in den Kulturen zu finden, wo ein grausamer patriarchaler (Vater-)Gott verehrt wird. Hinzu kommen soziale Unruhen (z.B. Fremdenhass), sozial geduldete, organisierte Entladung von mörderischem Hass auf Kinder und Frauen (Hexen- und Witwenverbrennung, Ritualmorde, sexuelle Schändung, Folter und Mord an Kindern – heutzutage per Video zu kaufen, Kinder- und Frauenprostitution, Menschenhandel, Vergewaltigung). Obendrein werden überaus aggressive, sadistische, grausame Männer vergöttert (Totalitarismus, Gotteskönigtum, Terrorismus, Kriegstreiberei und anderes). Zu bewundern in überdimensionalen Monumenten, Reiterdenkmälern, Lexika ‚berühmter Männer’ oder in den Tagesnachrichten). Alle diese Symptome treten immer zusammen auf, nie einzeln.

      Daraus resultieren nachweisbar die uns vertrauten, aber normal erscheinenden neurotischen, psychotischen, selbstzerstörerischen und sadistisch-gewaltvollen Komponenten menschlichen Verhaltens, die unseren Alltag bestimmen!

      Sexualökonomisch beleuchtet spielt sich dabei Folgendes ab:

      Die erfahrenen schmerzhaften Traumata verankern sich im Körper der Heranwachsenden als chronischer charakterlicher und muskulärer Panzer, d.h. die biophysikalischen Prozesse, die sich beim gesunden Menschen als vollständige Atmung, emotioneller Ausdruck und sexuelle Entladung während des Orgasmus zeigen, werden durch diesen Panzer blockiert und bioenergetische Spannungen stauen sich fortwährend auf.

      Nach Reich bewirken diese aufgestauten, innerlichen Spannungen eine sadistische, unbewusste und selbstzerstörerische Verhaltensweise des Individuums.

      Es sind also primäre menschliche Bedürfnisse, die hier unterdrückt und gehemmt werden und diese Folgen nach sich ziehen.

      Wie wir mittlerweile wissen, gab und gibt es Kulturen, die gewaltfrei, egalitär und friedvoll miteinander leben. Reich konnte anhand der Bedingungen der Trobriandergesellschaft die Richtigkeit seiner klinischen und sozialen Entdeckungen beweisen und somit Freud mit der Behauptung der kulturübergreifenden Natur der kindlichen Latenzperiode und des Ödipuskomplex widerlegen.

      G.H. Taylor (1953) hat ein Schema entwickelt, indem er unterdrückende und tabuisierende Gesellschaften, die er patristisch nennt, den Gesellschaften gegenüberstellt, deren soziale Institutionen die liebevollen Bindungen Mutter-Kind sowie die von Frau - Mann beschützen und fördern (matristisch).

      Merkmal


      matristisch (ungepanzert)


      patristisch (gepanzert)

      Säuglinge, Kinder und Jugendliche


      mehr Nachsicht,
      mehr körperliche Zärtlichkeit, nicht traumatisierte Säuglinge, Fehlen von schmerzhaften Initiationsriten; es gibt Kinderdemokratien, Kinderhäuser oder Jugenddörfer ohne Geschlechtertrennung


      wenig Nachsicht,
      wenig körperliche Zärtlichkeit, traumatisierte Säuglinge, schmerzvolle Initiationsriten, Beherrschung durch die Familie (`Besitz`), geschlechtsgetrennte Häuser oder Militär

      Sexualität


      gestattende und unterstützende Einstellung, keine Genitalverstümmelung, kein weibliches Jungfräulichkeitstabu, Liebe unter Jugendlichen uneingeschränkt und akzeptiert, Fehlen homosexueller Strebungen oder strenger Tabus,
      Fehlen starker Inzeststrebungen oder strenger Tabus,
      Fehlen von Konkubinat/ Prostitution


      einschränkende Einstellung, genitale Verstümmelung, weibliches Jungfräulichkeitstabu, Liebe unter Jugendlichen strikt eingeschränkt, homosexuelle Strebungen, Inzeststrebung plus strenges Tabu, Konkubinat/ Prostitution

      Frauen


      Freiheit in allen Bereichen, gleichwertiger Status, kein vaginales Tabublut, eigene Wahl des Lebensgefährten, Scheidung nach eigenem Willen, Frauen kontrollieren die Fruchtbarkeit


      eingeschränkte Freiheit, minderwertiger Status (untergeordnet), vaginales Bluttabu (Entjungferungsblut, Menstruations- und Geburtsblut), keine eigene Wahl des Lebensgefährten, bzw. nach rationalen Gründen,
      keine Scheidung nach eigenem Willen, Männer kontrollieren die Fruchtbarkeit

      Kultur und Familienstruktur


      demokratisch, gleichberechtigt, matrilinear, matrilokal, keine Zwangsmonogamie, nicht promiskuitiv, kein hauptberufliches (ständiges) Militär, keine Polizei, gewaltlos


      autoritär, hierarchisch, partilinear, patrilokal, lebenslange Zwangsmonogamie, häufig promiskuitiv, militärische Gesellschaftsstruktur, gewalttätig/sadistisch

      Religion, Glauben, und Geisteshaltung


      Frau/Mutter-orientiert, Lust ist erwünscht und institutionalisiert, Spontaneität, Naturverehrung, keine hauptberuflichen Priester, männliche oder weibliche SchamanInnen, keine strengen Verhaltensregeln


      Mann/Vater-orientiert, Askese, Vermeidung von Lust, Hemmung, Angst vor Natur, hauptberufliche Priester, männliche Schamanen, strenge Verhaltensregeln

      Tabelle 1, übernommen aus: emotion Nr. 10, S. 111
      (siehe auch Tabelle Matriarchat-Patriarchat, die Unterschiede)

      Unsere Gesellschaft weist schwere psychopathologische Störungen auf, die sich gegen Frauen und Kinder richten, aber gleichzeitig gesellschaftlich akzeptiert und unterstützt werden. Unterstützt von nahezu allen Männern und Frauen, weil diese in ihrer Selbstwahrnehmung durch die emotionale Panzerung so eingeschränkt sind, dass sie ihr zerstörerisches Verhalten nicht erkennen.
      Avatar
      schrieb am 03.07.03 18:16:06
      Beitrag Nr. 4 ()
      Die ordnende Gewalt

      Von Karl Otto Hondrich

      Die Zeichen am Himmel sind unübersehbar. Die apokalyptischen Reiter sind unterwegs. Unterm Sternenbanner, auf wilder Jagd um den Globus. Durch die Wolken stoßen sie, wo sie wollen. Heute gehört ihnen der Irak und morgen die ganze Welt. Wahnsinn. Die so denken, sind allerdings nicht Amerikaner, sondern Meister aus Deutschland. Der Größenwahn der Macht entsteht im Auge des Betrachters. Hitler spukt noch in unseren Köpfen. Es sind seine Träume von Weltherrschaft, die wir auf Amerika übertragen. Glaubt man den Auguren des alten Europa, dann kennt die Welt keine größere Gefahr als Amerikas Übermacht.



      Wer könnte sich ihren Argumenten entziehen? Ja, Konflikte sollen gewaltlos, im Rahmen des Rechts beigelegt werden. Ja, den Vereinten Nationen und nicht den Vereinigten Staaten soll die Rolle des Weltenordners zuwachsen. Ja, bis dahin soll die Macht in der Welt "multipolar" verteilt sein. So eingängig die Forderungen sind, sie beruhen auf Illusion. Nicht Rechts-, sondern Gewaltordnung ist die Grundlage von Gesellschaft. In der Weltgesellschaft baut nicht die Uno, sondern bauen die USA an diesem Fundament. Verteilung der Gewalt auf mehrere Pole, wenn sie denn möglich wäre, würde nicht mehr Frieden bringen, sondern weniger. Die gewaltige Macht Amerikas ist nicht das Problem. Sie ist die Lösung. Was aber ist das Problem?

      Das Problem ist die Vielfalt und Streuung der Gewalt, weltweit. Es spitzt sich zu: Immer mehr Staaten, Banden, Terroristen, Fanatiker können sich vernichtende Waffen verschaffen und die Welt in Schrecken versetzen. Mit Recht und Verträgen ist dem nicht beizukommen. Und doch hat die Geschichte eine Lösung, im kleineren Rahmen, vorgemacht. Hier in Europa gab es Multipolarität, eine Art Gleichverteilung der Gewalt auf viele Herren. Sie führte zu fortwährenden Machtproben. Aus ihnen ging der moderne Staat als Monopolist der Gewalt hervor. Seine Hegemonie sichert den Frieden - allerdings nur nach innen.

      Im Außenverhältnis der Staaten entsteht erneut Konkurrenz, nunmehr der nationalen Hegemonen, und damit erhöhte Gewaltgefahr. Das "Gleichgewicht der Kräfte", auf das die europäische Neuzeit von Metternich bis Bismarck so stolz war, hat Gewalt nur zeitweilig gebannt, um dann in umso größerer Gewalt zusammenzubrechen. Nur glücklichen Umständen ist es zuzuschreiben, dass das "Gleichgewicht des Schreckens" zwischen Nato und Warschauer Pakt nicht in einem Inferno mündete. Es verwandelte sich in die Vormacht der USA.

      Nach Plan, Recht und Gesetz verläuft dies alles nicht. Eine Rechtsordnung, die Gewalt an Regeln bindet, setzt hegemoniale Gewaltordnung voraus. Das alte Europa scheint die grundlegende Rolle von Gewalt vergessen zu haben. Es fühlt sich nicht angegriffen, weder von Bin Laden noch von Saddam, von den Hamas-Kommandos nicht und nicht vom Kongo. Es suggeriert sich, dass Gewalt nicht durch Gewalt, sondern durch Nichtgewalt zu bändigen sei; ist es ein Zufall, dass nur Briten und Spanier, die Terror im eigenen Land kennen, für eine Gewaltlösung im Irak eintraten?

      Sowenig wir die ferne Gewalt fühlen, verstehen und uns als Problem zu Eigen machen, so schnell haben wir die Patentlösung zur Hand: Die Uno soll es richten. Sie kann es nicht. Sie hat keine Gewalt. Wo Recht nicht durchgesetzt werden kann, gibt es kein Recht. Was der Uno aber am meisten fehlt, ist die Wucht geteilter Interessen und Gefühle, die zu gemeinsamem Handeln nach außen erst befähigen. Die Uno hat kein Außen und bleibt deshalb uneins im Innern. Sie versteht sich als das Ganze - und kann deshalb, tragischerweise, für das Ganze nicht handeln.

      Was der Uno fehlt, haben die USA: wenn auch kein Weltgewaltmonopol, so doch die Führerschaft in einem Kartell der Waffenmächtigen. Was sie fähig macht zu handeln - die Unterscheidung zwischen Gut und Böse, innen und außen, Freund und Feind -, scheint sie unfähig zu machen, für das Ganze zu handeln. Auch wenn sie von der Uno gerufen werden - immer bleiben sie Nation, also nur Teil des Ganzen und ihren eigenen Interessen verhaftet. Allerdings, als Interessen einer Großmacht reichen sie weiter als die von anderen Staaten. Sie kommen, zumindest was Schutz vor Gewalt angeht, den Interessen des Ganzen nahe. Auch ohne einen Ordnungswillen für das Ganze (der eher gefährlich werden kann) erfüllen sie, sei es unbeabsichtigt, eine zentrale Aufgabe aller Staatlichkeit: Gewalt dem freien Spiel der Kräfte zu entziehen und ruhig zu stellen - im Quasi-Weltstaat eine ungeheure Aufgabe. Weil niemand sonst sich ihr unterzieht, ist Weltgewaltordnung heute, notgedrungen, US-hegemonial.

      Überfordert die Aufgabe nicht die Kraft einer Nation? Amerika übernehme sich, sagen seine Kritiker; wirtschaftlich lebe es bereits auf Kosten der andern, es führt chronisch mehr ein als aus. Das kann man anders deuten: Die Welt gibt Amerika in Waren zurück, was sie an militärischen Diensten von ihm bekommt.

      Längst gibt es global eine Aufgabenteilung. Sie funktioniert ohne Vertrag und Recht, ja ohne Gerechtigkeit - aber sie funktioniert: Für die Welt gearbeitet wird in Asien, in Arabien gebetet, in Afrika gelitten, in Amerika gerüstet und in Europa über alles geredet. Das eine wie das andere ist gemeinschaftsdienlich. Aber durch noch so viel Reden und Reflektieren auf das europäische Erbe lässt sich Gemeinschaft nicht herbeireden. Im Kampf dagegen (auch gegen den Hunger) entsteht sie von selbst.

      Wie aller Macht sind auch der des Hegemonen Grenzen gesetzt. Von außen durch die Großmächte Russland, China, Indien; sie machen den USA nicht mehr, wie noch bis 1989, die Kontrolle über die weite Welt streitig, wohl aber über je eigene Einflusssphären. Allerdings sind diese, insbesondere für Russland, dramatisch geschrumpft; ganz Osteuropa ist zum Schutzpatron Nato übergelaufen, ja Russland selbst neigt, bedrängt von islamischem Terrorismus und der entfesselten Industriedynamik Chinas, de facto dem Nato-Gewaltkartell zu.

      Und wenn dies eines Tages, als weltweites Sicherheitssystem, alle Mächte in sich aufgenommen hätte? Es würde dann auch seine äußeren Grenzen zu inneren machen. Schon jetzt zeigen sie sich im Widerstand der Nato-Partner gegen den Irak-Krieg. Je umfassender das Gewaltkartell, desto brisanter seine innere Einheit und desto größer die Zugeständnisse, die die Führungsmacht machen muss, um Einheit und Staffelung der Macht zu erhalten.

      Die stärkste Begrenzung hegemonialer Macht kommt aus dem Innersten des Hegemonen selbst. Er verkörpert die älteste und populärste moderne Demokratie - ein Volk, das sich als sein eigener Herr fühlt, mehr als jedes europäische Volk sich dies träumen lässt. Es will seine Soldaten nicht auf fremden Schlachtfeldern verbluten sehen. Es will auf die Dauer die Aufmerksamkeit seiner Regierung nicht mit Burundi, Berlin oder Bagdad teilen. Wenn es auswärts zu tun hat - "some business to do", wie Kriegführen auf Amerikanisch heißt -, dann will es das im eigenen Interesse tun und nicht für Weltbeglückungspläne, wie sie seit je in Europa ausgeheckt werden. Wenn von seinen Kriegen für andere Völker etwas abfällt, Freiheit und Demokratie etwa: they are welcome, Amerikaner sind stolz darauf. Dass sie anderen aber den American Way of Life aufzwingen - lachhaft: Was die Leute aus freien Stücken haben wollen, braucht man ihnen nicht mit Gewalt zu bringen.

      Und auch nicht mit Geld. Investieren möchte das amerikanische Volk lieber zu Hause: in Bildung, Gesundheit, Sicherheit. Verfehlt er diese Interessen, wird der Präsident, wie damals sein Vater, gehen müssen. Je weiter hegemoniale Macht ausholt, desto mehr stößt sie an finanzielle Grenzen. Schon deshalb braucht sie innere und äußere Zustimmung, also Legitimität. Denn jeder Widerstand erhöht die Risiken, die Dauer und die Kosten eines Krieges.

      Auch der scheinbar weltweit agierende Hegemon kontrolliert nicht die Welt. In der Ferne macht er vor dem Einflussgebiet anderer Großmächte Halt. In der Nähe ist er mit der groben Keule seiner Vernichtungswaffen machtlos gegen Gewaltsticheleien und Terror am eigenen Körper, in Belfast, San Sebastián, New York. Seine hegemoniale Kontrollzone auf der Welt ist nicht mehr als eine Schneise mittlerer Reichweite.

      Das ist den Meisterdenkern eines imaginären Globalinteresses, auf Kreuzfahrt in ihrem europäischen Traumschiff, zu wenig. Sie wollen Ordnung für alle. Sie wollen die Vereinigten Staaten klein und groß zugleich haben. Als Flugzeugträger können die USA ihnen nicht klein genug sein, als Träger einer Idee vom allgemeinen Weltwohl nicht weit reichend genug.

      Aber dass der Hegemon Nation ist und nichts sonst - nicht Rat der Weltweisen, nicht non-governmental organization, nicht Weltstaat -, ist alles andere als beklagenswert. Es bietet die Chance, dass er in begrenztem Eigeninteresse handelt und nicht aus ungezügelt-universalem Idealismus - mögen in seinem Innern noch so viele Irrlichter und Fundamentalismen flackern. Er kann sich irren, wie in Vietnam. Aber nichts weist darauf hin, dass er die Vernunft sich selbst begrenzender nationaler Interessen jemals über Bord geworfen hätte. Sie ruht in der Erfahrung einer alten, gewachsenen, ungebrochenen, urdemokratischen und multikulturellen Nation. Entgegengesetzter könnten die deutschen Erfahrungen eines verspäteten, imperial pervertierten, gebrochenen Nationalismus nicht sein. Die Kluft zwischen den Erfahrungen lässt sich nicht füllen, außer mit Misstrauen.

      Ist dies nicht rational? Eine Gewähr für immer währende Vernunft bietet die Verankerung der Hegemonie in der amerikanischen Demokratie ja nicht. So wie diese im Inneren durch checks and balances funktioniert, braucht sie Gegengewichte auch von außen. Dafür steht das schillernde Konzept der "Multipolarität". Sie kann vieles bedeuten: eine Realität, einen schönen Schein oder eine Eselei.

      Real sind die kleinen und großen Pole, die sich aus Machtbeziehungen herauskristallisieren. In Beziehung zu ihren ehemaligen Kolonien bilden Frankreich und Belgien einen Machtpol; so ist es nur konsequent, dass unter ihrer Führung eine EU-Truppe in den Kongo zieht. Die Länder des Balkans lehnen sich an Deutschland an - und machen es unwillkürlich zu einem Machtpol eigener Art. Multipolarität ist so gesehen vorhanden.

      Sie wird allerdings zum schönen Schein, wenn sie vergessen macht, dass sie als innere Machtstaffelung in ein größeres Hegemonialsystem eingebaut ist. Der Hegemon ist auf sie angewiesen und sie auf ihn. Frankreich, Großbritannien und Deutschland sind Unterworfene und Unterwerfer in einem. Sie sind Teil einer kollektiven Hegemonie. Denen draußen, im Süden und Osten, erklären sie, welche Grausamkeiten drohen, sollte man sich dem Hegemonen widersetzen. Umgekehrt erklären sie dem Hegemonen die Ängste und Widerstände der restlichen Welt. Aus deren Sicht bleiben die Europäer zugleich Unterteufel, sofern sie mit-strafen, und Halbgötter in Weiß, weil sie es mit Verständnis tun und Lazarettschiffe schicken. So finden sie ihre Funktion: als Vermittler zwischen Vormacht und Ohnmacht.

      So stark ist das hegemoniale System bereits, dass es nach außen wie im Innern große Freiheiten lässt. Einen Feldzug des Hegemonen kann man mitmachen oder auch nicht. Auch ohne Parlament schafft sich das System eine Art außerparlamentarische Opposition: Gerhard Schröders Deutschland und das Frankreich Jacques Chiracs - mit Habermas, Derrida und Rorty in der Hinterhand - sind die Apo für George W. Bushs Amerika. Die 68er können das Arsenal alter Argumente verwenden: Gefährlichkeit und Gemeinheit Amerikas, Gefährdung der Demokratie und des Rechtsstaats. Alles nur Antiamerikanismen, heute wie gestern? Es ist vielmehr Opposition im eigenen, atlantischen Haus. Die Deutschen sind angekommen im Westen. Zu dumm, dass er sich nicht nur als offene Gesellschaft entpuppt, sondern auch als ehernes Gehäuse der Hegemonie.

      Heraus können sie nicht mehr. Sollten sie trotzdem von einem europäischen Eigenheim träumen, blind dafür, dass es, abgetrennt, am Abgrund balancieren würde? Es ist zu befürchten, dass ihnen genau dies vorschwebt: Europa als ein Machtpol außerhalb der US-Hegemonie, der, im Verbund mit anderen Polen - Russland, China, Indien, Afrika? - Hegemonie aufheben soll. "Multipolarität" wäre nicht das erste Fortschrittsprojekt, das sich - siehe Sozialismus - als Rückschritt erweist. Wohl aber wäre es das törichteste und gefährlichste. Es würde zurückführen in neue Dimensionen von alten Gewaltkonkurrenzkämpfen, die wir hinter uns haben. Dank der US-Hegemonie. Möge uns diese Kröte ruhig im Hals stecken bleiben.


      Der Soziologe Hondrich, 65, lehrt in Frankfurt am Main. Zuletzt erschienen von ihm bei Suhrkamp die Bände "Wieder Krieg" sowie "Enthüllung und Entrüstung. Eine Phänomenologie des politischen Skandals".


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