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    Folgt Turkmenistan dem Beispiel Iraks? - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 18.09.03 10:42:26 von
    neuester Beitrag 18.09.03 16:41:51 von
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      schrieb am 18.09.03 10:42:26
      Beitrag Nr. 1 ()
      TURKMENISTAN

      Keine Opposition


      Seit Saparmurad Nijasow 1990 die Macht übernommen hat, werden politische Oppositionelle und Anhänger religiöser Minderheiten verfolgt, gefoltert und oftmals in unfairen Prozessen zu jahrzehntelangen Haftstrafen verurteilt. Ein Anschlag Ende vergangenen Jahres hat die Situation weiter verschlechtert.


      Turkmenistan im April 2003. Der gewaltlose politische Gefangene Farid Tuchbatullin wird aus dem Gefängnis entlassen. Der Bürgerrechtler und Vorsitzende des "Ökologischen Klubs" in Dashoguz befand sich seit Dezember vergangenen Jahres in Haft. Grund der Inhaftierung: Tuchbatullin wurde für schuldig befunden, illegal die Grenze von Usbekistan nach Turkmenistan überquert und eine schwere Straftat verschleiert zu haben. Des weiteren wurde ihm vorgeworfen, an einer internationalen Menschenrechtskonferenz in Moskau teilgenommen und sich geweigert zu haben, Informationen über die angeblichen Putschpläne oppositioneller turkmenischer Exilgruppen preiszugeben. Nach Ansicht von amnesty international wurden diese Anklagen konstruiert, um Tuchbatullin wegen der Wahrnehmung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung und wegen seiner sozialen Aktivitäten zu bestrafen. Im März 2003 wurde der Bürgerrechtler zu drei Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Völlig überraschend wurde er dann wenige Wochen später aus der Haft im Staatssicherheitsministerium in Ashgabat entlassen.

      Vor seiner Freilassung musste er ein "Geständnis" unterschreiben, in dem er seine "Schuld" bezeugte und versprach, sich in Zukunft jeglicher "illegaler Aktivitäten" zu enthalten. Am Tag seiner Entlassung aus dem Gefängnis wurde das "Geständnis" in turkmenischen Zeitungen veröffentlicht. Tuchbatullin hatte während der Untersuchungshaft und der Gerichtsverhandlung immer wieder seine Unschuld beteuert. Die Freilassung erfolgte auf Anweisung des turkmenischen Präsidenten Saparmurad Nijasow und ist nicht zuletzt auf erheblichen internationalen Druck zurückzuführen, der unter anderem durch die Appelle von amnesty international erzeugt wurde.

      Nijasow regiert seit der Unabhängigkeit Turkmenistans von der Sowjetunion. Seine Amtszeit ist von Willkür und Menschenrechtsverletzungen geprägt. Oppositionelle Parteien oder Bewegungen gibt es offiziell nicht. Eine neue Welle der Unterdrückung und Missachtung von Menschenrechten wurde durch einen Anschlag auf Nijasow im November 2002 ausgelöst. Die turkmenische Regierung sprach von einem Putschversuch und ließ zahlreiche Oppositionelle und ihre Angehörigen verhaften. Sicherheitskräfte durchsuchten Häuser und beschlagnahmten Eigentum. "Viele sitzen nach unfairen Gerichtsverfahren in Haft. Sie haben keinen Kontakt zur Außenwelt", sagt Imke Dierßen, im deutschen ai-Sekretariat unter anderem für Turkmenistan zuständig. Nach amtlichen Angaben befanden sich Ende vergangenen Jahres 23 Menschen wegen des Verdachts der Beteiligung an dem Attentat in Haft. amnesty international geht jedoch von mehr als hundert Festnahmen aus. Viele Verhaftete wurden gefoltert und misshandelt.

      Schon vor dem Attentat genügte der Verdacht, mit der Opposition in Verbindung zu stehen, um verhaftet und angeklagt zu werden. Muchametkuli Ajmuradow und Choschali Garajew wurden 1995 in einem unfairen Gerichtsverfahren wegen "staatsfeindlicher Vergehen" zu 15- bzw. 12-jährigen Haftstrafen verurteilt. Vieles deutet darauf hin, dass die Anklagen konstruiert waren, um sie wegen ihrer Kontakte zu Oppositionellen im Exil zu bestrafen. Im Dezember 1998 wurden beide Männer zu weiteren 18 Jahren Haft verurteilt. Grund dafür war ein angeblicher Ausbruchversuch. Garajew starb im September 1999 unter bisher ungeklärten Umständen im Hochsicherheitsgefängnis von Turkmenbaschi. Ajmuradow ist weiterhin inhaftiert. Im Januar 2002 wurde er aus einer Zelle mit 14 Gefangenen in eine Zelle mit sechs Häftlingen verlegt. Eine neue Regelung erlaubt seiner Frau, ihn alle drei Monate für zwanzig Minuten zu sehen, anstatt wie bisher alle sechs Monate. amnesty international hat wiederholt eine Wiederaufnahme des Verfahrens gefordert, in dem Grundlagen für ein faires Gerichtsverfahren gewährleistet sein müssen. Bis heute vergebens.

      Doch nicht nur politische Oppositionelle werden in Turkmenistan verfolgt. Auch Kriegsdienstverweigerer und Angehörige religiöser Minderheiten leiden unter Repressalien. Die überwiegende Mehrheit bekennt sich zur sunnitischen Richtung des Islam. In der Verfassung ist die Trennung von Religion und Staat festgeschrieben und religiöse Toleranz hat die turkmenische Gesellschaft geprägt. Doch seit Mitte 1999 werden Geistliche und Angehörige christlicher Gemeinden verfolgt und verhaftet. Dieser Trend hat sich Ende 2001 verstärkt.

      Die Möglichkeit, den Wehrdienst zu verweigern, besteht in Turkmenistan nicht. So wurde der 18-jährige Dmitri Melnitschenko im Mai 2001 verhaftet, nachdem er sich aus religiösen Gründen geweigert hatte, den Dienst an der Waffe anzutreten und einen militärischen Treueeid zu leisten. Melnitschenko, Mitglied einer evangelischen Baptistengemeinde, wurde gegen seinen Willen in eine Militäreinheit in Serdar gebracht. Berichten zufolge wurde er im Hauptquartier des KNB beleidigt und gedemütigt, mit einem Knüppel geschlagen und mit Stromstößen gefoltert. Einen Monat später wurde er auf Befehl des Verteidigungsministeriums in eine andere Militäreinheit verlegt. Dort wurde es ihm ermöglicht, seinen Wehrdienst in einer Sanitätseinheit abzuleisten. Als Mitglied der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hat sich Turkmenistan bereits vor Jahren verpflichtet, zivile Alternativen für einen Militärdienst zu schaffen. Bis heute ist dies nicht geschehen.

      Auch in anderen Bereichen besteht keine Aussicht auf Besserung der Menschenrechtssituation. Nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes in Berlin wird Präsident Nijasow mindestens bis zu seinem 70. Geburtstag im Jahr 2010 im Amt bleiben. In den vergangenen Jahren konnte er seine Macht immer weiter ausbauen. Das Parlament spielt nur noch eine untergeordnete Rolle. Bei den letzten beiden Wahlen errang die "Demokratische Partei Turkmenistans" offiziell alle 50 Sitze. Sie ist direkte Nachfolgerin der turkmenischen Kommunistischen Partei. Damals wie heute ist der ehemalige General Nijasow ihr Vorsitzender.

      Seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 unterstützt Nijasow den internationalen Kampf gegen den Terror. Als Nachbarland von Afghanistan ist Turkmenistan nun geopolitisch interessant geworden.

      Sebastian Badenberg

      Der Autor ist Wirtschaftsjournalist in Bonn.

      aus dem AI-Länderbericht
      Avatar
      schrieb am 18.09.03 11:31:47
      Beitrag Nr. 2 ()
      Nicht nur als Nachbarland zu Afghanistan, sondern
      auch als Nachbarstaat des Iran ist Turkmenistan
      von Interesse.

      Hinzu kommt, daß Turkmenistan über bedeutende
      Ölreserven verfügt.

      Und als Verbündeter im Kampf gegen den Terror
      kann man doch keine Menschenrechte verletzen !!


      :mad:
      Avatar
      schrieb am 18.09.03 11:38:17
      Beitrag Nr. 3 ()
      Über solche neuen Diktaturen wie Turkmenistan, Weißrußland, Kasachstan oder Usbekistan hält Rußland schützend seine Hand. Dort bestehen dann auch die russischen strategischen und ökonomischen Interessen, wie etwa an den Öllagern. Obwohl hier die Verknüpfung von Machtpolitik (Rußlands) und Menschenrechtsverletzungen sehr klar und direkt ist, interessiert das Thema kein Schwein. Wäre die Schutzmacht nicht Rußland, sondern die USA, wäre dies ein von vielen Webseiten behandeltes, von vielen Protesten begleitetes und durch unsere Medien laufendes Thema. So aber findet man es nur selten beiläufig erwähnt, und die meisten nehmen es gar nicht zur Kenntnis. Und wenn es keine Diktatur ist, dann unterstützt Rußland eben schlicht die Rebellenbewegungen, wie die Südosseten und Abchasen in Georgien, um sich dort den eigenen Einfluß zu erhalten oder übernimmt sämtliche Infrastrukturunternehmen durch die eigenen Staatsunternehmen, wie in der Ukraine, deren gesamte Energiewirtschaft sich Lukoil und Gazprom teilen.
      Avatar
      schrieb am 18.09.03 16:41:51
      Beitrag Nr. 4 ()
      Naja, Rußland hat bekanntermaßen ja auch versucht, zusammen mit Frankreich und Deutschland seine "schützende Hand" über Saddam Hussein zu halten, u.z. aus dem selben Grund, was aber nicht funktioniert hat. :D
      Mal sehen, wann die Amis in Turkestan einmarschieren...


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