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    Partei ganz neuen Typs - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 20.06.04 23:59:33 von
    neuester Beitrag 08.07.04 10:46:48 von
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      schrieb am 20.06.04 23:59:33
      Beitrag Nr. 1 ()
      Und im Foyer, da lacht Karl Marx

      Sie wollen eine Alternative zur SPD und mehr soziale Gerechtigkeit. 500 Interessierte aus der ganzen Bundesrepublik trafen sich gestern, um über die Gründung einer neuen linken Partei nachzudenken

      AUS BERLIN ANNA LEHMANN

      Das müsste Marx freuen - endlich war wieder ein Schwung von Leuten, die Veränderungen wollen, zu Gast. Lautet doch seine Botschaft, die das Foyer der Humboldt-Universität zu Berlin ziert, dass es nicht darum gehe, die Welt zu interpretieren, sondern sie auch zu verändern. 500 Menschen aus der Bundesrepublik drängten sich gestern in der Aula, vereint durch die Botschaft: "So geht es nicht weiter." Enttäuschte SPDler, frustrierte Gewerkschaftsfunktionäre, desillusionierte Arbeitnehmer und radikale Junglinke, die Morgenluft witterten, trafen sich, um über die Gründung einer "Wahlalternative" zu beratschlagen.

      Die SPD sei ein hoffnungsloser Fall, glaubt der einstige IG-Medien-Vorsitzende Detlef Hensche: "Auf Erneuerung in der SPD zu setzen, ist schiere Illusion." Diejenigen, die es zuletzt versucht hatten, waren rausgeflogen, so wie Bayerns Rebellen Thomas Händel und Klaus Ernst. Auch die Gründer der süddeutschen "Alternative für Arbeit und Soziale Gerechtigkeit" (ASG) waren nach Berlin gereist und hatten ihre Anhänger mitgebracht.

      Einem solchen Ansturm von Leuten war das knarrende Holzgestühl des Saals zuletzt im Spätherbst ausgesetzt, als hunderte Studenten den Unibetrieb lahm legten. Die Streikbewegung verlor sich nach den Weihnachtsferien rasch, weil der Frust allein nicht ausreichte, um die Studenten zusammenzuhalten.

      Diese Gefahr sehen auch die Initiatoren der Wahlalternative, weshalb sie den Unmut möglichst rasch kanalisieren wollen - im September soll über die Gründung einer wählbaren Alternative entschieden werden. Am 3. Juli wird dafür eigens ein Verein aus der Taufe gehoben. Dazu schließen sich Wahlalternative und ASG zur "Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit" zusammen und lassen ihre Mitglieder über die Parteigründung abstimmen.

      "Das Projekt ist auf die Bundestagswahlen 2006 ausgerichtet", meinte Axel Troost, einer der Väter der Wahlalternative. Falls die Bundesregierung vorher handlungsunfähig sei, dann werde man entsprechend reagieren.

      Es scheint, dass die Parteigründer nicht mehr aufzuhalten sind. Zauderer wie Detlef Hensche, der sich sorgte, dass die Entwicklung zu hastig vonstatten gehe und das Projekt zu wenig in der Gesellschaft verankert sein könnte, wurden überrollt. Denn auch die über 70 Regionalgruppen, die sich gegründet haben, warten auf den konkreten Fahrplan.

      "Bisher haben wir nur über Organisatorisches gesprochen, jetzt sind wir gespannt, wie es weitergeht", sagt Annerose Gulbins aus Dresden. Darüber lässt sich trefflich diskutieren. Während die entscheidende Frage für eine Teilnehmerin aus Berlin lautet: "Wolln wa nu ne Reform oder ne Revolution?", ist das für die Hamburger Herren im Anzug "die unspannendste Frage überhaupt". Sie setzen auf Sachthemen. "Die Klammer heißt Kompetenz."

      Für eine Partei, die als Sammlungsbewegung auftreten will, sind solche unverbindlichen Vorgaben ideal, denn dahinter lassen sich fast alle versammeln, die an diesem Tag in den Saal passen.

      Ingo Mayer etwa ist Christ und seit 1998 CDU-Mitglied. Jetzt ist der Vertreter vom Arbeitnehmerflügel der Christdemokraten auf dem Sprung in die Wahlalternative, denn: "Die CDU hat sich von ihren christlich-sozialen Ursprüngen entfernt." Oder Heiner Fechner von der PDS-Gruppe in Trier: "Die neue Partei könnte progressive Ideen aller Parteien und Initiativen einsammeln." Das tut sie bereits, das von der Wahlalternative vorgeschlagene Positionspapier vereint Tobin-Steuer, Arbeitszeitverkürzungen, Sozialstaat und Aufbau Ost in schöner Harmonie.

      Für jeden ist etwas dabei. So muss es sein, schließlich will die "Wahlalternative" ja auch mit möglichst vielen zusammenarbeiten. Von einer Partei ganz "neuen Typs" ist die Rede. Deshalb legen sich die Parteigründer auch nicht fest, ob sie eine linke Partei werden wollen. "Das wäre eine Verengung", sagt Helge Meves. Die Gretchenfrage laute: "Neoliberalismus oder nicht - so einfach ist das", stellt Meves lapidar fest. So ließen sich selbst die antiparlamentarischen Reflexe der Globalisierungskritiker besänftigen. Attac-Vertreter Peter Wahl fordert denn auch: "Wir müssten zusammenarbeiten."

      Nur die PDS, die erwähnt niemand. Diese ruft bei den zumeist aus dem Westen der Republik angereisten Teilnehmern Abwehrreflexe hervor, wittern sie doch immer noch das Erbe des Stalinismus. Dabei könnte man hier und heute miteinander reden, die Sozialisten sind zahlreich vertreten: "Ich beobachte das, aber für mich ist die Wahlalternative keine Alternative", sagt Christoph Mürdter von der Wiesbadener PDS. "Die sind einfach nur links von der SPD. Viele fordern nur den Sozialstaat der 70er zurück." Er prophezeit, dass die Wahlalternative schon 2006 wieder verschwinde, dann nämlich, wenn die SPD in die Opposition gehe und wieder links werde.

      taz Nr. 7388 vom 21.6.2004, Seite 6, 166 TAZ-Bericht ANNA LEHMANN

      http://www.taz.de/pt/2004/06/21/a0173.nf/text.ges,1
      Avatar
      schrieb am 21.06.04 00:23:22
      Beitrag Nr. 2 ()
      Die SPD hat ihr Füllhorn der Grausamkeiten über all die
      ausgeschüttet, die nicht in diese "globalisierte Leistungs-
      gesellschaft" passen.

      Womit Leute niedrigen Bildungsstandes und, unabhängig vom
      Bildungsstand, Leute >50 gemeint sind.

      Aus globalwirtschaftlicher Sicht Ausschuss.

      Und genauso werden diese Leute behandelt. Sie werden ihrer
      Ersparnisse beraubt und mit einem Taschengeld abgespeist.

      Das Problem ist, daß es sehr viele sind. Und immer mehr
      werden. Und sich jeder, der heute noch ein hofierter
      Leistungsträger ist, es sich an fünf Fingern ausrechnen
      kann, wann er sich selbst in die Altersarmut verabschiedet.

      Dies alles zeitgleich mit der Erhöhung der Politiker-Al-
      tersversorgung um rd. 20 % und in Zeiten von Zig-Millionen-
      Abfindungen von Wirtschaftsbossen, die tausende von Ar-
      beitsplätzen vernichtet haben.

      Ich glaube, die Zahl der Leute die nachdenken wird zunehmen.
      Und deßhalb glaube ich, die Zeit von Leuten wie Schröder
      und Mekel läuft ab.

      Und das ist gut so!
      Avatar
      schrieb am 21.06.04 03:04:50
      Beitrag Nr. 3 ()
      :laugh:
      Avatar
      schrieb am 21.06.04 09:51:02
      Beitrag Nr. 4 ()
      Artikel URL: http://de.news.yahoo.com/040620/336/430b5.html


      Sonntag 20. Juni 2004, 16:21 Uhr
      «Wer zu langsam kommt, kommt zu spät» - «Wahlalternative» will neue Linkspartei zur Bundestagswahl 2006 - Konferenz in B

      Berlin (ddp). Genossen, Kollegen oder Freunde? Die Anreden des Publikums waren bei der Bundeskonferenz der «Initiative Wahlalternative» am Sonntag in Berlin zwar noch verschieden, ein gemeinsames Ziel kristallisierte sich jedoch im Verlauf des Kongresses der enttäuschten SPD-Anhänger und linker Gruppen heraus: die Gründung einer Partei links von der SPD. Die Sozialdemokraten seien so stark nach rechts gerückt, dass im Parteienspektrum nun links viel Platz sei, den man nutzen wolle, lautete der Tenor von Veranstaltern und Konferenz-Teilnehmern.

      Rund 700 Menschen waren nach Veranstalterangaben auf Einladung der «Initiative Wahlalternative» in die Humboldt-Universität gekommen, um über die Zielsetzungen, Grundlagen und Aussichten einer neuen «wahlpolitischen Alternative» links von der SPD zu diskutieren.

      Der frühere Chef der IG Medien, Detlef Hensche, warnte zu Beginn der Veranstaltung vor einem Vorpreschen bei der Gründung einer neuen Partei. Er habe Sorge, dass «vorschnell» in die Parlamente gedrängt werde. «Verdruss, Enttäuschung und Protest» eigneten sich zwar als gemeinsames Forum - ob sich daraus aber die erfolgreiche Etablierung einer neuen Partei ableiten ließe, bleibe abzuwarten.

      Doch bei den Redebeiträgen aus dem Publikum wurde schnell deutlich, dass die Mehrheit der Teilnehmer der bundesweiten Konferenz sich nicht in langer Zurückhaltung üben will. «Wer zu langsam kommt, kommt zu spät», fasste ein Redner der «Wahlalternative» die Stimmung zusammen.

      Als charismatischer Sprecher der «Linken links von der SPD» präsentierte sich Klaus Ernst, Chef der IG-Metall in Schweinfurt. Die Bürger wollten nicht entscheiden, wer ihnen das Geld aus der Tasche ziehe, «sondern ob ihnen das Geld aus der Tasche gezogen wird». Daher sei es «dringend notwendig», der neu entstehenden sozialen Bewegung auch in den Parlamenten «Ausdruck zu verleihen». Sein Statement wurde mit starkem Beifall bedacht. Ernst war in der vergangenen Woche zusammen mit drei anderen Mitgliedern aus der Sozialdemokratischen Partei wegen «parteischädigendem Verhalten» ausgeschlossen worden.

      Großen Beifall bekamen auch Redner, die den etablierten Parteien den Rücken kehren. «Beide große Parteien haben den Volksparteicharakter verloren und verdienen es nicht mehr, von Millionen von Arbeitnehmern gewählt zu werden», sagte ein «Nochmitglied des CDU-Arbeitnehmerflügels». Ein Kölner PDSler, der seiner Partei inzwischen den Rücken gekehrt hat, sprach sich dafür aus, dass Politiker einer neuen Partei «keine abgehobene Kaste» mehr darstellen dürften, und kein Mandatsträger mehr verdienen darf «als ein ausgebildeter Facharbeiter».

      Am 3. Juli soll aus der im Umfeld der Gewerkschaft ver.di gegründete «Wahlalternative» und der von sozialdemokratischen bayrischen Gewerkschaftsfunktionären initiierten «Initiative für Arbeit und soziale Gerechtigkeit» (ASG) der gemeinsame Verein «Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit» gegründet werden. Die Initiativen eint die Kritik an der «neoliberalen» Politik der Bundesregierung im Bereich Wirtschaft und Soziales. Eine erste Bundeskonferenz, auf welcher über die konkrete Gründung einer Linkspartei beraten werden soll, ist dann für den Herbst geplant.
      Avatar
      schrieb am 21.06.04 21:22:26
      Beitrag Nr. 5 ()
      Schröder: Linke sieht rot

      SPD-Rebellen wollen im September eine eigene Partei für Bundestagswahlen 2006 gründen.
      Ex-SPD-Chef Oskar Lafontaine verlangt auf Saar-Parteitag politische Wende der Bundesregierung

      BERLIN/BEXBACH taz Die Gegner von Bundeskanzler Schröders Reformpolitik formieren sich inner- wie außerhalb der Sozialdemokratie. In Berlin trafen sich gestern 500 Mitglieder von Gewerkschaften, Parteien und sozialen Bewegungen. Sie streben eine eigene Parteigründung an, denn, so Gewerkschafter Detlef Hensche: "Auf Erneuerung innerhalb der SPD zu setzen ist eine schiere Illusion." Auf dem saarländischen SPD-Parteitag griff Oskar Lafontaine die Politik Schröders scharf an.

      Im September wollen die SPD-Rebellen über die Bildung einer "wählbaren Alternative für die Bundestagswahlen 2006" abstimmen, wie der aus der SPD ausgeschlossene bayerische Gewerkschaftler Thomas Händel ankündigte. Dazu werden sich die Protestbewegungen "Wahlalternative" und "Initiative für Arbeit und soziale Gerechtigkeit" am 3. Juli zu einem gemeinsamen Verein zusammenschließen. Das Bündnis versteht sich als Sammlungsbewegung "ehemaliger Sozialdemokraten, Enttäuschter von Grünen, PDS und engagierter Gewerkschafter".

      Im saarländischen Bexbach nutzte unterdessen der ehemalige SPD-Chef Oskar Lafontaine seinen Auftritt auf dem SPD-Landesparteitag zu einer Generalabrechnung mit dem Kurs der Bundespartei. Auch der SPD-Spitzenkandidat für die saarländischen Landtagswahlen am 5. September, Heiko Maas, verlangte eine Kursänderung in Berlin. "Mit einem Weiter-so wird es nicht besser werden", sagte er.

      Das erste Zusammentreffen zwischen SPD-Parteichef Franz Müntefering und seinem Vorvorgänger Oskar Lafontaine seit fünf Jahren beschränkte sich nicht nur auf einen kurzen Händedruck. In seiner Rede kritisierte Lafontaine die Reformpolitik der Bundesregierung scharf: Das Wort Reformen stehe im deutschen Kontext für Sozialabbau, ebenso die Agenda 2010. Wenn man den Sozialabbau aber will, dann soll man das sagen und nicht in Werbebotschaften stecken, sagte er. Unter starkem Applaus sagte Lafontaine: "Wenn die Wählerinnen und Wähler in einer Demokratie die Politik ablehnen und zurückweisen, dann muss man die Politik ändern, um wieder Vertrauen zu finden." Kanzler Schröder hatte nach dem SPD-Debakel bei der Europawahl betont, er könne keine andere Politik machen. Müntefering keilte zurück: "Wer nicht in der Lage ist, Kompromisse zu schließen mit dem, was möglich ist, der ist für die Politik nicht geeignet", griff er Lafontaine an.

      Die ostdeutschen SPD-Bundestagsabgeordneten warnten derweil in einem Brief an Schröder vor einer "Marginalisierung" ihrer Partei "mit fatalen Auswirkungen für das Bundestagswahlergebnis 2006" und verlangten eine Neuausrichtung der Politik der Bundesregierung zum Aufbau Ost. Der neue Juso-Chef Björn Böhning kritisierte: "Regierung und Parteiführung haben kein Konzept, wie sie das Ruder noch herumreißen können."

      brennpunkt SEITE 6
      meinung und diskussion SEITE 11

      taz Nr. 7388 vom 21.6.2004, Seite 1, 99 TAZ-Bericht KLH / ALE

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      schrieb am 21.06.04 21:27:20
      Beitrag Nr. 6 ()
      21.06.2004

      Pressestimmen von Dienstag, 22. Juni 2004

      SPD in der Krise

      Im Blickpunkt der Kommentatoren steht an diesem Dienstag die Grundsatzrede, mit der SPD-Chef Franz Müntefering versuchte, seine nach den jüngsten Wahlniederlagenden demoralisierten Parteigenossen aufzurichten. Unter Bezugnahme auf Münteferings Aufruf, mehr Kampfgeist zu zeigen, bemühen mehrere Zeitungen das Bild vom `Pfeifen im dunklen Walde`.

      Zur Krise der SPD schreibt die FRANKFURTER RUNDSCHAU:

      "Jetzt haben es die Genossen schriftlich - das aktuelle Glaubensbekenntnis des Franz Müntefering. Die SPD wird immer noch gebraucht, die Opposition schadet dem Land, der Weg zu neuer Stärke führt auch über Disziplin, das Nähere regeln allerlei Parteikommissionen: Gut gemeint, aber doch etwas schlicht ist das für eine an sich selbst zweifelnde Partei."

      Die in München erscheindende TZ sieht die SPD in der Zwickmühle:

      "Augen zu und durch? Oder die Reformen zurückschrauben und völlig unberechenbar dastehen?"

      Das HANDELSBLATT bemerkt:

      "In der Sache kann die SPD ihre Politik nicht ändern, wohl aber in der Form. Nicht auf den Inhalt der politischen Botschaft kommt es für die Partei jetzt an, sondern auf die Verpackung. Das hat der SPD-Chef offenkundig verstanden. Deshalb streichelt er neuerdings wieder die sozialdemokratische Seele: Die `Reichen` sollen hohe Beiträge in die Bürgerversicherung zahlen, die Konzerne höhere Mindeststeuern abführen. Solche Pläne mögen bei SPD-Linken populär sein, politisch realistisch sind sie nicht."

      Ähnlich heißt es im MANNHEIMER MORGEN:

      "Mindestlohn, Mindestgewinnbesteuerung für Firmen und Erbschaftssteuer heißen die Stichworte. Ob damit allerdings die frustrierten Arbeitslosen, Rentner und Kleinverdiener wieder zurück in den Schoß der Partei geholt werden können, ist fraglich."

      Das NEUE DEUTSCHLAND fragt ganz grundsätzlich:

      "Die SPD wird gebraucht, dessen ist sich Franz Müntefering sicher. Aber wofür? Das noch schmerzende Wahldesaster ließ den einen oder anderen Sozialdemokraten durchaus zweifeln. Der Widerspruch zwischen dem Anspruch, die soziale Marktwirtschaft retten zu wollen, und dem Preis, der dafür ausgerechnet von den sozial Bedürftigsten abgefordert wird, ist mit optimistischen Zukunftsvoraussagen nicht zu überbrücken. Sozialabbau professioneller zu gestalten als die Konservativen ist ein zweifelhafter Anspruch für Sozialdemokraten. Und Münteferings Ankündigung, seine Partei sei `mit ihrer Mission noch nicht am Ende`, klingt mittlerweile wie eine Drohung."


      Die in Chemnitz herausgegebene FREIE PRESSE sieht die SPD in einer existenziellen Krise:

      "Die beklemmende Angst, der eigenen Identität nicht mehr entsprechen zu können, ihr auch nicht mehr gewachsen zu sein und deshalb vom Wähler in die Niederungen der politischen Bedeutungslosigkeit gestoßen zu werden, ist enorm. Doch sie entspricht ja bereits den Realitäten."

      In der OSTSEE-ZEITUNG heißt es:

      "Die seit sechs Jahren im Bund regierende SPD gleicht einer Selbsthilfegruppe, die - tief traumatisiert wegen anhaltender Wählerverluste - auf Selbstheilung hofft. Parteichef Franz Müntefering gibt dabei eine Art Psychotherapeuten, der den verunsicherten Genossen Selbstvertrauen einzuimpfen versucht. Allerdings fällt dem Seelenmasseur der SPD auch nicht viel mehr ein als den Machtinstinkt zu aktivieren. Wir wollen regieren und haben auf Opposition keine Lust."

      In den STUTTGARTER NACHRICHTEN lesen wir:

      "Müntefering symbolisiert eine ratlose Partei im Übergang - von Träumereien zu Reformen. Immer wahrscheinlicher auch - von der Regierung zur Opposition. Noch steht nicht fest, ob Müntefering der Gestalter dieses Übergangs sein will - oder ob er doch nur eine Übergangslösung ist."

      Sicher im Sattel sitzt nach Ansicht der RHEINPFALZ nur der Kanzler:

      "Aber auch wenn die SPD nach der Serie von Wahlniederlagen zwischen Panik und Resignation taumelt, Gerhard Schröder muss sich momentan nicht darum sorgen, dass ihn seine Partei vorzeitig aufs Altenteil schickt. Und sei es nur, weil sie keine Alternative hat."

      Für die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG ist das sozialdemokratische Seelenleben zur Zeit diffus:

      "Die SPD erwacht aus ihrem Schock und quält sich. Wie sozialdemokratische Funktionäre und Mitglieder sich zum Kanzler Schröder stellen, kann man nicht als Aufstand beschreiben. Es fehlt die Aggressivität. Die Emotionen gehören, wie es scheint, eher in das Gefühlsspektrum der Verzweiflung. Deren andere Seite ist die Hoffnung, die so unübersehbar an den Parteivorsitzenden Müntefering geheftet wird - was man von ihm erwartet, ist eigentlich ein Wunder."
      Avatar
      schrieb am 21.06.04 21:35:26
      Beitrag Nr. 7 ()
      junge Welt vom 22.06.2004

      Kommentar
      Kanzler hält Kurs
      SPD-Führung läßt Proteste »abregnen«
      Rainer Balcerowiak

      Es fällt auf, daß die SPD-Führung auf den offensichtlichen Zerfall ihrer Partei zunehmend mit blankem Zynismus reagiert. So auch Vorstandsmitglied Sigmar Gabriel, der es vor der Präsidiumssitzung am Montag als »klug« bezeichnete, daß man den Unmut der Basis nach den verlorenen Wahlen eine Woche lang habe »abregnen« lassen, bevor man einmütig die Alternativlosigkeit der »Reformagenda« verkünden werde.

      Die Wettermetapher trifft durchaus den Kern der Sache. Der Kanzler, der Parteivorsitzende und die meisten Landesfürsten lassen keinerlei Zweifel daran, daß an dem Projekt Zerschlagung der sozialen Sicherungssysteme festgehalten wird, und zwar unabhängig von der Stimmung an der Basis und in der Wählerschaft. Als eifrigster Stiefellecker geriert sich dabei erneut DGB-Chef Michael Sommer, der dem Kanzler bereits schriftlich den Verzicht auf jeglichen Widerstand gegen den Sozialkahlschlag angeboten hat, falls die Regierung zu einigen kosmetischen Korrekturen bei der Behandlung von Langzeitarbeitslosen bereit wäre. Nur ein paar Provinzpolitiker im Osten und im Saarland sowie die karriereorientierte Parteijugend, die sich langfristig um ihre Wahlchancen und somit Pfründe geprellt sehen, beklagen – wenn auch halbherzig – »soziale Schieflagen«. Ein bißchen verbale Unterstützung erhalten sie ab und zu von einem bekannten Saarbrücker Bild-Kolumnisten, der aber kaum noch aus seiner Rolle als keynesianisch-sozialdemokratischer Pausenclown herauskommen wird.

      Schröders Abrißfirma geht das alles am Allerwertesten vorbei. Man will die historische Mission der Transformation der SPD in ein neoliberales Stoßtruppunternehmen bis zum bitteren Ende Machtverlust führen. Das eigentlich Traurige daran ist aber keineswegs der Niedergang der SPD, sondern das Fehlen einer auch nur einigermaßen konsequenten sozialen und politischen Opposition. Was sich da am »linken Rand« der SPD im Verbund mit diversen versprengten Linken als »Wahlalternative« formieren will, hat bereits zur Genüge klargestellt, daß man nicht gewillt ist, die alles entscheidende Frage der Besitzverhältnisse und somit des herrschenden politischen Systems auch nur zu thematisieren, und bewegt sich somit ungefähr auf dem Level der PDS. Wenn die Millionen bereits sozial Marginalisierter und diejenigen, denen der Abstieg noch bevorsteht, etwas nicht brauchen, dann ist es ein neuer sozialdemokratischer Verein, dessen Protagonisten – einen Wahlerfolg vorausgesetzt – dann im Parlament »Schlimmeres verhüten« wollen.

      http://www.jungewelt.de/2004/06-22/003.php
      Avatar
      schrieb am 21.06.04 21:40:04
      Beitrag Nr. 8 ()
      junge Welt vom 22.06.2004

      Inland
      Sozialer Protest ins Parlament?
      700 Gewerkschafter und Aktivisten debattierten in Berlin über Gründung einer neuen Linkspartei
      Daniel Behruzi

      »Eine andere Politik ist vonnöten, und sie ist möglich.« Viel Einigkeit herrschte über diesen vom ehemaligen IG-Medien-Vorsitzenden Detlef Hensche formulierten Satz bei der ersten bundesweiten Konferenz der »Initiative Wahlalternative« am Sonntag in Berlin. Etwa 700 Gewerkschafter, ehemalige Sozialdemokraten, enttäuschte Wähler von PDS und Grünen sowie Aktivisten der sozialen Bewegungen waren in der Berliner Humboldt-Universität zusammengekommen, um über die Gründung einer »sozialen Wahlalternative« zu debattieren (siehe jW vom Montag).

      Zwar sei der außerparlamentarische Protest angewachsen, bei den im Bundestag vertretenen Parteien habe das jedoch wenig bewirkt, sagte Sabine Lösing vom Arbeitsausschuß der »Wahlalternative«. »Die SPD zerschneidet selbst die letzten Fäden, die sie noch mit den arbeitenden Menschen verbinden, und die PDS beweist mit den Regierungsbeteiligungen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern, daß sie die neoliberalen Maßnahmen genauso mitträgt wie die anderen Parteien«, so ihre Einschätzung. Ihr Fazit: »Die sozialen Bewegungen haben im Parlament keine Repräsentanz«. Diese »Lücke im Parteiensystem« wollen die Initiatoren der »Wahlalternative«, vornehmlich Gewerkschaftsfunktionäre der mittleren Ebene, nun füllen. Dabei müsse »die Verbreiterung des gesellschaftlichen Protests Vorrang haben«, forderte Hensche. Auch Bernd Riexinger, ver.di-Geschäftsführer in Stuttgart, betonte, die »neue Linkspartei« müsse »Motor des sozialen Protests und Sprachrohr der außerparlamentarischen Bewegung« sein und dürfe sich »nicht parlamentarisch verselbständigen«.

      Unterschiedliche Auffassungen gab es darüber, wie weitgehend die von der neuen Formation verbreiteten inhaltlichen Alternativen sein sollten. Ein zum Kongreß vorliegendes Diskussionspapier beschränkt sich auf Reformforderungen wie ein öffentliches Investitionsprogramm und steuerliche Umverteilung zugunsten niedriger Einkommen. Dagegen meinte Hensche: »Wir brauchen ein überzeugungskräftiges politisches Projekt, das mehr ist als eine gewerkschaftliche Alternative zur neoliberalen Ökonomie«. »Ohne Veränderung der ökonomischen und sozialen Grundlagen wird es keine anderen Rahmenbedingungen geben – und das wird nicht allein durch parlamentarische Entscheidungen erreicht werden«, betonte auch Riexinger. »Wenn es heißt, die Wirtschaft könne sich die sozialen Kosten nicht mehr leisten, müssen wir uns fragen: Können wir uns diese Wirtschaft eigentlich noch leisten?« sagte er bei seinem Schlußwort am Sonntag nachmittag.

      Andere wollten sich programmatisch nicht so weit vorwagen. Die Initiative sei »eine Sammlungsbewegung gegen neoliberale Politik«, sagte Helge Meves von der Berliner Regionalgruppe und fuhr fort: »Eine Bestimmung als ausschließlich links oder klassisch sozialistisch wäre deswegen verengt«. Die Diskussion über die inhaltliche Ausrichtung der Initiative soll nun in den inzwischen mehr als 70 Regionalgruppen weitergeführt werden, bevor man im Herbst erneut zu einem Kongreß zusammenkommt. Dann wird auch die zeitgleich von bayrischen IG-Metall-Funktionären gegründete »Initiative für Arbeit und soziale Gerechtigkeit« mit von der Partie sein. Am 3. Juli wollen die beiden Gruppen ihr Zusammengehen in einer »Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit« verkünden.

      Erst beim Kongreß im Herbst soll dann über die Gründung einer Partei entschieden werden. Diese dürfe »keine neue Partei alten Typs« sein, betonte Sabine Lösing. »Sie muß demokratisch und horizontal vernetzt sein und darf nur wenig vertikale Strukturen haben«, so Riexinger. Andere gingen noch weiter. Jörg Fischer vom Kölner Wahlbündnis forderte, künftige Parteifunktionäre müßten »jederzeit abwählbar« sein und dürften »nicht mehr als einen durchschnittlichen Facharbeiterlohn verdienen«. Daß die neue Formation bislang keine Politprominenz à la Gysi und Lafontaine angezogen hat, hält Fischer nicht für einen Nachteil. Statt nach »Stars« und »Vordenkern« Ausschau zu halten, empfiehlt er: »Selber denken macht schlau«.

      -----------------------
      Adresse: http://www.jungewelt.de/2004/06-22/011.php
      Avatar
      schrieb am 21.06.04 21:43:20
      Beitrag Nr. 9 ()
      Aus der FTD vom 22.6.2004

      Leitartikel: SPD - Agenda Strohhalm Die Lage der SPD ist fast hoffnungslos. Alles, was in diesen Tagen aus ihren Führungszentralen zu hören ist, verstärkt diesen Eindruck noch.
      Der Partei fehlt es inzwischen nicht mehr nur am Vertrauen der Öffentlichkeit und an frischen


      politischen Ideen - es läuft ihr auch die Zeit davon, die man nun einmal braucht, um Ideen zu entwickeln und Vertrauen zurückzugewinnen. Gedankenspiele des Parteivorsitzenden Franz Müntefering, man könne doch den Kommunen mehr Geld zum Investieren geben, wirken schon erstaunlich weltfremd. Das Geld für Programme in spürbarer Größenordnung ist nach Münteferings eigenem politischen Refrain gar nicht da. Zugleich kämen solche Impulse aber auch viel zu spät, um der Partei in den anstehenden Schicksalswahlen noch Unterstützung zu geben.

      Mit durchschlagenden wirtschaftlichen Erfolgsmeldungen, die die widerstrebende SPD- Anhängerschaft von den Vorteilen des Reformkurses überzeugen könnten, ist vor der entscheidenden Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Mai 2005 kaum zu rechnen. Der Aufschwung hat die Exportwirtschaft zwar längst erfasst und könnte in den nächsten Monaten auch auf die Binnenkonjunktur übergreifen. Die politisch entscheidende Erholung am Arbeitsmarkt wird aber frühestens im späten Frühjahr 2005 zu spüren sein: Während des Winters steigen die Arbeitslosenzahlen schon saisonbedingt wieder, die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum Jahresanfang dürfte bei der traditionellen SPD-Klientel für zusätzlichen Ärger sorgen.

      Bloße Ankündigungen helfen der SPD aber nicht mehr weiter. Zu oft hat sie ihre Anhängerschaft enttäuscht. Auch mit Entlastungsangriffen gegen die Union wird sich wenig gewinnen lassen. Schon der Streit um die Praxisgebühr hat gezeigt, dass am Ende stets die Regierung haftbar gemacht wird - selbst wenn die Opposition der Urheber einer unpopulären Idee ist.

      Der Parteiführung bleibt damit nichts anderes übrig, als die Erwartungen vor den nächsten Wahlen so tief zu hängen, dass selbst desaströse Ergebnisse nicht zu neuen, dann womöglich fatalen Schockzuständen in der Partei führen. Ansonsten kann sie nur noch auf eine rettende Überraschung hoffen - in der Weltpolitik, bei der Konjunktur oder vielleicht in den Spendenkassen der Union.

      Franz Müntefering, der die Fußballersprache liebt, spricht im Abstiegskampf seiner Partei jetzt vom Kämpfen und Angreifen. Im wirklichen Fußball-Leben müsste man allerdings auch schon mit den Planungen für die zweite Liga beginnen.

      http://www.ftd.de/pw/de/1087555686903.html?nv=hpm
      Avatar
      schrieb am 02.07.04 12:25:28
      Beitrag Nr. 10 ()
      HANDELSBLATT, Freitag, 02. Juli 2004, 07:33 Uhr


      Neue Linkspartei sitzt in den Startlöchern


      SPD-Abweichler schließen sich zusammen


      Von Barbara Gillmann, Handelsblatt


      Die viel diskutierte neue Linkspartei nimmt allmählich Gestalt an: Am Wochenende wollen die Organisationen „Wahlalternative“ und „Initiative Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ (ASG) einen gemeinsamen Verein gründen. Im Herbst soll daraus womöglich eine Partei werden, die zur Landtagswahl NRW 2005 oder spätestens zur Bundestagswahl 2006 antritt – als Anlaufstelle für alle von der SPD Enttäuschten. Hoffnungsfroh schielen die Initiatoren auf die zehn Millionen Wähler, die der SPD bei der Europawahl abtrünnig wurden.




      BERLIN. Nach einer Infratest-Umfrage kann sich jeder Dritte vorstellen, die neuen Linken zu wählen, sechs Prozent wollen es „sicher“ tun. Forsa- Chef Manfred Güllner hält das jedoch für völlig übertrieben, er gibt der Alternative „keine Chance“, sagte er dem Handelsblatt. Im Gegensatz zum rechten Rand habe in Deutschland eine linke Alternative noch nie reüssiert, zudem könnte diese „keine Sympathieträger, sondern nur stadtbekannte Querulanten“ vorzeigen. Damit komme sie „allenfalls auf 1,5 bis zwei Prozent“, ist Güllner überzeugt, ebenso wie sein Kollege Klaus-Peter Schöppner von Emnid. Allerdings – und hier liegt die Brisanz – wäre für die Sozialdemokraten „damit die Bundestagswahl 2002 schon verloren gewesen“.

      Die Linksabweichler geben die nächste Wahl 2006 jedoch ohnehin schon verloren. „Die SPD wird nicht zwei Prozent, sondern eher zweistellig verlieren“, sagte Thomas Händel, Mitgründer der bayrischen ASG und hauptberuflich IG-Metall- Gewerkschaftssekretär in Fürth, dem Handelsblatt. Aufgabe der neuen Linkspartei sei dann, „reale Opposition“ zu machen – als Gegenpol zum „neoliberalen Brei“, der heute auch von SPD und Grünen komme.

      Besondere Brisanz gewinnt die anstehende Parteigründung durch den aktuellen Riss zwischen SPD und Gewerkschaften. Alle sechs ASG-Gründer sind hauptamtliche Gewerkschafter und waren Jahrzehnte in der SPD aktiv. Vier von ihnen hat die Partei mittlerweile ausgeschlossen, die beiden anderen gingen von allein. Seit Wochen wabern nun die Spekulationen, inwieweit die Gewerkschaften gegebenenfalls bereit wären, die Linkspartei zu unterstützen. In der SPD macht sich Ärger darüber breit, dass deren Spitzen jedenfalls nicht massiv gegen die Abtrünnigen mobilmachen und etwa IG-Metall-Chef Jürgen Peters bereits damit droht, sich „neue Partner“ suchen zu wollen.

      Händel und seine Kollegen jedenfalls haben bislang „keinen Grund zur Klage“ über ihren Arbeitgeber. Der Fürther hält es sogar für „nicht ausgeschlossen“, dass eine Gewerkschaft bei einer Wahl „zumindest offen lässt, ob ihre Sympathie eher bei der SPD oder bei uns liegt“.

      Die „Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit“, wie der gemeinsame Verein heißen soll, will in erster Linie für die Rettung des Sozialstaates kämpfen. Finanzieren sollen ihn höhere Beiträge der Begüterten per Vermögensteuer, Erbschaftsteuer etc. „345 Euro Arbeitslosengeld II ist zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel“, sagt Händel. Den zaghaften Schritten der SPD, etwa in Richtung Bürgerversicherung, traut er nicht: „Das ist doch nur Wahlkampf – und nachher heißt es dann wie nach der Wahl 2002: April, April.“



      Interessenten orten die Linksaktivisten nicht nur bei den Gewerkschaften, sondern auch „bei Attac, Arbeitslosen, Rentnern oder Sozialvereinen wie dem VdK“. Den gemeinsamen Aufruf haben 10 000 Menschen unterschrieben, mittlerweile gebe es gut 70 regionale Gruppen. Der Hamburger Wirtschaftswissenschaftler Joachim Bischoff von der Wahlalternative hat jedoch bereits gewarnt, dass man „den einen sozialdemokratischen Laden nicht durch einen neuen ersetzt“.

      Die Mutterpartei SPD straft die Umtriebe der Widerspenstigen bislang mit Nichtachtung – bis auf die Rauswürfe wegen „parteischädigenden Verhaltens“ selbstverständlich. Fraktionsvize Michael Müller und Bundestagspräsident Wolfgang Thierse warnten lediglich, damit spiele man nur der Union in die Hände. Ansonsten will man die aufkeimende Konkurrenz nicht noch durch Aufmerksamkeit adeln.

      Initiator Händel, der fast 33 Jahre in der SPD war, wäre es „das Liebste“, seine Ex-Partei würde „auf den Pfad der sozialdemokratischen Tugend zurückkehren“. Doch diese Hoffnung hat er „fast aufgegeben“.


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      Initiative will den Sozialstaat retten

      Im Aufruf der Initiative Arbeit & Soziale Gerechtigkeit geht es um den Erhalt und den Ausbau des Sozialstaates:

      Investitionen: Statt Druck auf Arbeitslose zu machen, müsse der Staat „massive Investitionsprogramme“ anschieben und eine „dauerhaft aktive Beschäftigungspolitik“ betreiben.

      Umverteilung: Statt „massiver Umverteilung von unten nach oben“ sollen „die Wohlhabenden und Unternehmen“ durch hinreichende Besteuerung von Vermögen und Erbschaften an der Finanzierung beteiligt werden.

      Gesundheit: In der Gesundheitspolitik sollen die „Spitzenverdiener des Gesundheitssystems“ belastet werden, um die paritätische Finanzierung auf eine breitere Grundlage zu stellen.

      Bildung: Anstatt einer „Eliteförderung bei Verarmung der meisten Unis“ müssten alle Bildungseinrichtungen finanziell besser ausgestattet werden.
      Avatar
      schrieb am 02.07.04 16:07:58
      Beitrag Nr. 11 ()
      Ich schlage vor, die sogenannte Ausgründung behält den Namen SPD bei bzw.
      übernimmt diesen - aufgrund der langen und traditionsreichen Geschichte der
      Partei diesen Namens.

      Die Partei der übriggebliebenen strammen Genossen
      vom Typ "Roter Zar" bzw. "Genosse Kadavergehorsam"
      benennt sich in einer feierlichen Zeremonie im Führerbunker äh Verzeihung Kanzleramt
      am Reichstag um in

      a) SSPD: Schröders Sozialdemokratische Partei Deutschlands
      b) NSPD: Neue Sozialdemokratische Partei Deutschlands
      oder – ebenfalls sehr aussagekräftig - wie wäre es mit
      c) SAPD: Soziale Amokpartei Deutschlands?

      Damit der deutsche Wähler auch morgen wieder kräftig zubeißen kann!:D

      Bon appetit!
      Avatar
      schrieb am 02.07.04 17:04:02
      Beitrag Nr. 12 ()
      Auch eine neue linke Partei, wird nach kurzer Zeit bemerken, dass nichts mehr zun verteilen ist.
      Schröder hat nach dem Amtsantritt 98 den Parteilinken und Gewerkschaften jeden Wunsch von den Augen abgelesen und in Gesetzestexte umsetzen lassen. Die Folge davon ist Rekordarbeitslosigkeit, ausufernde Staatsverschuldung und ein Zusammenbruch der Sozialsysteme.
      Wir haben eine Staatsquote von 56%, aber anstatt sich über Kürzungen Gedanken zu machen fordert man, diese Quote noch weiter zu erhöhen. Anhebung der Erbschaftssteuer, Einführung der Vermögenssteuer, Bürgerversicherung usw. führen dazu, dass es immer lukrativer wird sein Geld ins Ausland zu schaffen und dies wird verständlicherweise auch die logische Folge sein, anschließend hat man geringere Einnahmen als zuvor. Aber dies ist einem linken scheinbar unbegreiflich.
      Avatar
      schrieb am 02.07.04 17:12:37
      Beitrag Nr. 13 ()
      Na also !;)

      Da geht doch schon ein Ruck durch Deutschland!!

      Werde in diese Partei eintreten und mithelfen Deutschland wieder an die Spitze zu führen.

      Und die Verantwortlichen alller Desaster der letzten Jahre zur Rechenschaft zu ziehen.:mad:
      Avatar
      schrieb am 04.07.04 13:46:48
      Beitrag Nr. 14 ()
      Jungle World 28 - 30. Juni 2004
      URL: jungle-world.com/seiten/2004/27/3418.php


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      Let’s get lost, Genossen
      Ohne Rücksicht auf Verluste wollen die Sozialdemokraten an der Agenda 2010 festhalten. Innenansichten der SPD auf dem Weg zur Splitterpartei von philipp steglich
      Steht Deutschland kurz vor einer Revolution? Wegen der Einführung der Praxisgebühr von zehn Euro pro Quartal habe sich in Deutschland »eine fast vorrevolutionäre Situation« entwickelt, sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder am Freitag auf der Jahresversamlung des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft in Leipzig. Der zeitliche Abstand zwischen den Belastungen durch die Reformen und deren positiven Ergebnissen mache die Reformpolitik in Deutschland »ungeheuer schwierig«. Der Kanzler kritisierte die »Unbeweglichkeit« der Deutschen. Zwar sei die Bereitschaft zur Veränderung vorhanden, sie lasse aber nach, wenn man selbst davon betroffen sei.

      In der SPD scheint jedoch umstritten zu sein, ob das Land sich bereits in einer vorrevolutionären Phase befindet oder diese erst einsetzt, wenn die SPD sich wieder in der Opposition befindet. Der ehemalige Erste Bürgermeister von Hamburg, Klaus von Dohnanyi (SPD), warnte nach Angaben der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vor »Zuständen wie in Italien«, sollte die SPD nicht mehr regieren. »Die SPD, besonders die Linke, und die Gewerkschaften würden ständig protestieren«, sagte er. Er empfahl Schröder, die starke Position, die das Grundgesetz ihm verleihe, diese »Art präsidialer Macht«, für die Reformen zu nutzen und diese unbeirrt weiterzuführen.

      Der Hintergrund für Durchhalteparolen, Wählerschelte und Aufforderungen zu autoritärem Politikstil dieser Art bilden die desaströsen Ergebnisse der SPD bei der Europawahl. Am 13. Juni erhielt die SPD mit 21,5 Prozent ihr bisher schlechtestes Ergebnis bei einer bundesweiten Wahl. In Westdeutschland wurde sie in einigen Wahlbezirken, wie etwa in München, deutlich von den Grünen überholt und kam nur auf den dritten Platz, während sie in Ostdeutschland der PDS den zweiten Platz überlassen musste.

      Aktuelle Umfragen legen nahe, dass dieses Ergebnis nicht einmalig bleiben wird, sondern dass die SPD sich vielmehr auf diesem historischen Tief der Nachkriegszeit einpendelt. Da ist es nur zu verständlich, wenn unter den sozialdemokratischen Mandatsträgern die Unruhe wächst. So sagte der Leipziger Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee (SPD) der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung: »Die CDU regiert, die PDS opponiert, und die SPD ist im Osten marginalisiert.« Auch könne sich die SPD in weiten Teilen der neuen Länder kaum länger eine Volkspartei nennen.

      Im Herbst werden im Saarland, in Sachsen und in Brandenburg neue Landtage gewählt. Wichtig wird auch das Ergebnis der SPD bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen sein. Wenn sie in ihren ehemaligen Hochburgen noch einmal verliert, und es sieht danach aus, wird es große Probleme für die Führung der Partei und die Bundesregierung geben.

      Noch glaubt die SPD, sie könne dies abwenden. Ihr Vorsitzender Franz Müntefering ist überzeugt: »Die SPD wird gebraucht.« Eine Kehrtwende in der Reformpolitik werde es nicht geben. Es sollen jedoch »Akzentuierungen« vorgenommen werden, die deutlich machen, dass diese Politik »für alle gut ist«. Man rätselt, wie das funktionieren soll.

      Müntefering scheiterte bereits bei seinem ersten Versuch, der SPD wieder ein sozialeres, arbeiterfreundlicheres Image zu verschaffen. Die eigenen Genossen, die sozialdemokratischen Ministerpräsidenten, verhinderten die Einführung einer Ausbildungsplatzabgabe. Welcher frühere Wähler der SPD soll glauben, dass die Partei eine höhere Besteuerung von Unternehmensgewinnen durchsetzt? Auch die neu erhobene Forderung nach der Einführung von gesetzlichen Mindestlöhnen, welche angesichts des Lohndumpings in Ostdeutschland dringend notwendig wären, hat wenig Chancen, erfüllt zu werden. Eine im Kern unsoziale Reformpolitik, die konsequent die Schwächsten in der Gesellschaft am härtesten trifft, kann nicht beliebig sozial »akzentuiert« werden.

      Auch eine Verschiebung der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, von Hartz IV, kann schwerlich als »soziale Akzentuierung« gedeutet werden, da das Ungemach ja nur ein wenig später einträfe. Dabei fordern sogar konservative Politiker, wie der Vorsitzende der Sozialausschüsse der CDU, Hermann-Josef Arentz, die Verschiebung des Gesetzes. »Es darf nicht sein, dass Hartz IV für die Arbeitslosen nur negative Folgen hat«, kritisierte Arentz in der Berliner Zeitung und forderte eine bessere »Betreuung« der Langzeitarbeitslosen.

      Aber trotz aller Kritik und der schlechten Umfrageergebnisse will Schröder an der Agenda 2010 »nicht mehr rumschnippeln«, wie er dem Spiegel sagte. Der frühere Bundesgeschäftsführer der Partei, Peter Glotz, forderte Schröder sogar auf, um jeden Preis an der Agenda festzuhalten. Wenn dies nicht geschehe, »feuerten Wirtschaft und Medien eine Breitseite nach der anderen gegen ihn ab«, sagte er der Chemnitzer Freien Presse. Glotz zeigt, wer die Reformpolitik, die für alle sein soll, eigentlich will.

      Wer sie nicht will, ist auch klar: die Gewerkschaften. »Die Gewerkschaften müssen weg von ihren abstrakten Betrachtungen und sich den konkreten Fragen in den Betrieben stellen«, attackierte Schröder im Spiegel die ehemaligen Bündnispartner. Der Vorsitzende von Verdi, Frank Bsirske, bilanziert hingegen im Gespräch mit der Welt am Sonntag: »Gemessen an seinem Anspruch, Beschäftigung zu schaffen, die Arbeitslosigkeit zu senken und die Konjunktur in Schwung zu bringen, ist Gerhard Schröder bisher gescheitert. Gemessen an dem Ziel, die eigene Wählerschaft zu überzeugen und darüber hinaus Zustimung zu gewinnen, ebenfalls.« Die Gewerkschaften wollten ein »Verarmungsprogramm für Arbeitslose« nicht hinnehmen.

      Aber daran, dass eine Debatte über die Einführung der 40-Stunden-Woche entstand, sind die Gewerkschaften nicht ganz unschuldig. In der vorigen Woche stimmte die IG-Metall einer unbezahlten Arbeitszeitverlängerung bei Siemens zu, sonst, so hatte der Konzern gedroht, würden die Arbeitsplätze nach Osteuropa verlagert. Wenn aber selbst bei westdeutschen Traditionskonzernen, die gute Profite machen, der Tarifvertrag nicht durchzusetzen ist, geht es anderswo noch schlechter.

      Enttäuschte Gewerkschafter und Mitglieder der SPD treiben derweil weiter das Projekt der Gründung einer neuen Partei voran. Die Initiative Arbeit und soziale Gerechtigkeit und die Initiative Wahlalternative wollen sich am 3. Juli in Berlin zu einem gemeinsamen Verein zusammenschließen, zur Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit. Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest zufolge können sich 38 Prozent der Bundesbürger vorstellen, einer neuen gewerkschaftsnahen Linkspartei ihre Stimme zu geben.

      Vier der Initiatoren der Initiative wurden kürzlich aus der SPD ausgeschlossen. Alle vier waren seit mehreren Jahrzehnten Mitglieder der Partei und sind Funktionäre der bayerischen IG Metall. Der bayerische DGB-Vorsitzende Fritz Schösser bedauerte den Ausschluss der Kollegen, bezweifelte jedoch gleichzeitig die Chancen einer neuen Linkspartei. Er sagte in der vorigen Woche: »Bis diese Runde es schafft, ein Parteiprogramm zu entwerfen, wird die soziale Kälte übers Land hinweggezogen sein.« Damit dürfte er Recht behalten.

      Auch Schösser, der für die SPD im Bundestag sitzt, ist von seiner Partei enttäuscht. Er will bei der nächsten Wahl nicht mehr kandidieren. Aber so viele Kandidaten braucht die SPD in Zukunft ja nicht mehr.
      Avatar
      schrieb am 04.07.04 23:05:55
      Beitrag Nr. 15 ()
      Pressestimmen von Montag, 5. Juli 2004






      Neue Linkspartei / Streit um Reformen

      Die Kommentare der deutschen Tageszeitungen befassen sich an diesem Montag vor allem mit deutscher Innenpolitik. Thema sind die Gründung der neuen Linkspartei und der Reformkurs der Bundesregierung.

      Zur Linkspartei schreibt die HESSISCHE/ NIEDERSÄCHSISCHE ALLGEMEINE aus Kassel.

      "Die Sozialdemokraten haben in der Tat schwer zu tragen an den Reformen, die ihnen die Agenda 2010 aufbürdet. Und die Partei ächzt vernehmlich unter der Bürde, zumal sie das Gefühl hat, es gehe nicht gerecht zu und nur sie und ihre Klientel müssten alle Lasten schultern. Folglich ist die Stimmung an der Basis schlecht, sie schwankt zwischen Resignation und Empörung. Die Wahlalternative will sich dies zu Nutze machen, will die Enttäuschten und Abgewanderten aufnehmen. Dabei setzt sie bislang auf die gebräuchlichen Mittel aller Populisten: Viele Versprechungen und wenig Finanzierungsaussagen; massive Kritik und kaum tragfähige Alternativen."


      Die BERLINER ZEITUNG meint:

      "Nach außen demonstrieren Schröder, Müntefering und Genossen Gelassenheit, wenn sich jetzt langjährige Mitglieder in einem Verein zusammenfinden, aus dem schon im Herbst eine neue, linke Partei werden könnte. Bisher handelt es sich um eine Initiative von Namenlosen aus der zweiten und dritten Reihe der Politik - und der Gewerkschaften! Trotzdem herrscht hinter den Kulissen Alarmbereitschaft."


      Auch die MÄRKISCHE ALLGEMEINE aus Potsdam gibt der neuen Linkspartei wenig Chancen.


      "Die wirtschaftliche Stagnation geht ins vierte Jahr, die etablierten Parteien haben sich in der Reformdebatte zerrieben und massiv an Vertrauen verloren. Das Feld scheint beackert für Verführer jeglicher Couleur, die einfache Antworten auf komplizierte Fragen bieten. Ideale Voraussetzungen, könnte man meinen, für eine Neugründung links der SPD. Und doch hat das Projekt wenig Aussicht auf Erfolg. Eine Partei -oder Bewegung-, deren einzige Antwort auf die Reformpolitik `Weg damit` ist, hat ein ernstes Glaubwürdigkeitsproblem."
      Avatar
      schrieb am 04.07.04 23:10:48
      Beitrag Nr. 16 ()
      Auch die KIELER NACHRICHTEN gehen auf den Reformkurs der Bundesregierung ein.

      "Es gehört zu den unerfreulichen Eigenschaften des marktwirtschaftlichen Systems, dass das so dringend benötigte Wachstum eher entsteht, wenn sich die Unterschiede bei Löhnen, Gehältern und staatlichen Zuwendungen vergrößern. Das widerspricht zwar dem Gerechtigkeitsempfinden weiter Teile der Bevölkerung und vor allem dem traditioneller SPD-Anhänger. Es ist jedoch Voraussetzung dafür, dass der Kuchen, von dem alle leben wollen, überhaupt noch wächst. So lange die SPD an der Regierung ist, muss sie sich dieser Realität stellen."


      In den STUTTGARTER NACHRICHTEN heißt es:

      "Der Kanzler wird derzeit von allen Seiten getrieben. Den Oppositionsparteien gehen seine Reformen nicht weit genug, die Gewerkschaften geißeln die Agenda 2010 als unsozial, und die verunsicherte Wählerschaft kehrt der SPD den Rücken. Die Linke zerfasert, keine Frage. Solange die Erfolge fehlen, bleibt es beim aktuellen Trend: Intrigen, Streit und Niedergang."


      Die LANDESZEITUNG LÜNEBURG kann die Kritik an den Reformen wenig nachvollziehen:

      "Dass Reformen, die heute sehr wehtun, zur Wohlstandssicherung von morgen entscheidend beitragen können, ist inzwischen kaum noch zu vermitteln. Das im Zusammenhang mit den Reformversuchen am meisten ge- und missbrauchte Wort ist "soziale Gerechtigkeit". Aber im Großen und Ganzen wird in der Bundesrepublik doch nur geklagt und gejammert auf einem Niveau, um das die Deutschen die meisten anderen Länder beneiden."


      Abschließend wagt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG einen Rundumschlag:

      "Es ist in diesen Tagen offenbar opportun, die Menschen in Panik zu versetzen. Diejenigen, die einen Job haben, sollen für das gleiche Geld mehr arbeiten und auf eine Woche Urlaub verzichten. Denjenigen, die arbeitslos sind, stehen harte Einschnitte und Hausbesuche von Arbeitsamtsschnüfflern bevor. Der Wandel ist bedrohlich - dieser Eindruck entsteht bei den Menschen, weil Parteien, Gewerkschaften und Arbeitgeber sich derzeit lieber selbst oder gegenseitig zerfleischen als gemeinsam Reformen als Chance zu vermitteln."
      Avatar
      schrieb am 04.07.04 23:46:03
      Beitrag Nr. 17 ()
      Analyse: Ein neuer Verein macht der SPD von links Probleme

      Berlin (dpa) - Der Verein erscheint nicht als zusammengewürfelter Haufen und seine Pläne zur Parteigründung nicht als Schnapsidee. Nach gründlicher Prüfung soll eine Bundesdelegiertenkonferenz im Herbst über die neue Konkurrenz zur SPD beschließen.

      Vielleicht sind hochrangige SPD-Politiker deshalb so alarmiert, dass mit der "Wahlinitiative Arbeit und soziale Gerechtigkeit" am Samstag in Berlin ein neues Linksbündnis ins Leben gerufen wurde. Sollte zur Bundestagswahl 2006 tatsächlich eine zwischen SPD und PDS angesiedelte Linkspartei antreten, könnten wichtige Prozentpunkte für die Sozialdemokraten verloren gehen.

      Zumindest sieht Sachsens Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Hanjo Lucassen, die Chancen für eine neue Linkspartei größer denn je. Er warnt davor, neue Bewegungen von vornherein abzulehnen. "Man muss erst schauen, welche Leute und welches Programm dahinter stecken." Die SPD kennt schon einmal zwei Sprecher des neuen Vereins gut: Thomas Händel und Klaus Ernst, beides Bayern, beide IG-Metall-Funktionäre und beide aus der SPD geworfen, nachdem sie sich vom Reformkurs des Kanzlers losgesagt hatten.

      Gerhard Schröder habe den Begriff "Reform" verdreht und verfälscht, sagt Ernst. Der Duden versteht unter Reform neben "Neuordnung" auch "Verbesserung des Bestehenden". In diesem Sinne sehen sich Ernst und Händel als Reformer. Denn nun müssten die bestehenden Kürzungen zurückgenommen werden, damit es vor allem den ärmeren Bürgern wieder besser gehe, lautet ihr Credo.

      Für die SPD kommt diese Initiative zum denkbar schlechten Zeitpunkt. Sie befindet sich im Dauerclinch mit den Gewerkschaften, mit deren sozialdemokratischen Vorsitzenden die Parteispitze am Montag zu einem Krisengespräch zusammenkommt. Ihre Mitgliederzahl sinkt weiter und in der Wählergunst hat sie dramatische Einbrüche.

      Von der großen medialen Aufmerksamkeit am Wochenende waren die Vereinsgründer selbst überrascht. Händel, der 32 Jahre in der SPD war, will den Vorwurf nicht gelten lassen, dass einmal eine neue Linkspartei seine einstige Partei zum Scheitern bringen könnte. "Dafür sorgt sie schon selber." Bei der Europawahl hätten die Sozialdemokraten von einst 19 Millionen Wählerstimmen 10 Millionen "versenkt". Und in Regionen wie Bayern und Thüringen seien auch gar nicht mehr so viele SPD-Stimmen zu holen.

      Dramatisch sei die hohe Zahl der Nichtwähler. "Das ist der Demokratie abträglich, wenn nicht mehr als die Hälfte zur Wahl geht." Der Gewerkschafter macht dafür den "Einheitsbrei im Bundestag" verantwortlich. Die Grünen hätten sich "verunstaltet, um an der Macht zu bleiben". Allerdings "wäre Schwarz-Gelb noch schlimmer als Rot- Grün".

      Der SPD-Partei- und Fraktionsvorsitzende Franz Müntefering bekennt: Die Lage für die SPD ist in diesem Jahr ernster geworden. Er mahnt: "Wer sich jetzt Leuten anschließt, die etwas versprechen, was sie nicht werden halten können, setzt viel aufs Spiel."

      Die SPD allerdings hatte einmal die Halbierung der Arbeitslosenzahlen versprochen. Kanzler Schröder wollte sich sogar daran messen lassen. Stattdessen sind inzwischen viele tausend Menschen mehr ohne bezahlte Arbeit.
      Die Wählerinitiative Arbeit und Gerechtigkeit versicherte am Sonntag zwei Dinge: Ex-SPD-Chef Oskar Lafontaine soll keine herausgehobene Rolle spielen. Und: "Wir werden uns Wirtschaftsinteressen nicht unterordnen."

      fr 5.7.04

      URL: http://www.fr-aktuell.de/ressorts/nachrichten_und_polit…
      Avatar
      schrieb am 04.07.04 23:47:33
      Beitrag Nr. 18 ()
      Sachsens DGB-Chef sieht Chancen für eine Linkspartei im Osten


      Dresden (dpa) - Die Chancen für eine neue Linkspartei sind nach Ansicht von Sachsens DGB-Chef Hanjo Lucassen vor allem in Ostdeutschland größer denn je.

      "Durch steigende Arbeitslosigkeit, wenig Sparguthaben und Eigentum suchen gerade die Menschen im Osten nach Alternativen zu den großen Volksparteien. Ich vermisse die soziale Balance", sagte der SPD-Landtagsabgeordnete am Sonntag in einem dpa-Gespräch in Dresden. Auf Bundesebene räumte er einer Linkspartei aber nur magere Erfolgsaussichten ein.

      Die Diskussion über die Gründung einer neuen Linkspartei sei das Resultat der drastischen Unzufriedenheit der Menschen im Lande. "Unsere Mitglieder sind 2002 für Arbeit, Ausbildung und soziale Gerechtigkeit in den Wahlkampf gezogen. Nun herrscht bittere Enttäuschung und Unruhe bei den Menschen", sagte Lucassen mit Blick auf das Hartz-IV-Gesetz. Allein im Freistaat drohe rund 300 000 Menschen durch die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe ein erneuter Griff ins Portemonnaie.

      Eine neue politische Bewegung wie die Linkspartei dürfe nicht von vornherein abgelehnt werden. "Man muss erst schauen, welche Leute und welches Programm dahinter stecken", sagte Lucassen. "Ich kann den etablierten Parteien jetzt nur empfehlen, den Leuten wieder mehr aufs Maul zu schauen und nicht zu überziehen. Sonst könnte aus einer enttäuschten Wählerbewegung rasch etwas auf Dauer werden."

      URL: http://www.fr-aktuell.de/ressorts/nachrichten_und_polit…
      Avatar
      schrieb am 04.07.04 23:48:37
      Beitrag Nr. 19 ()
      junge Welt vom 05.07.2004

      Titel
      Konkurrenz für SPD
      »Wahlalternative« gründet Verein. Krach zwischen Gewerkschaft und Sozialdemokratie geht weiter
      Daniel Behruzi

      Der Prozeß zur Gründung einer neuen Linkspartei nimmt konkrete Formen an. Am Wochenende schlossen sich die im Frühjahr aus Gewerkschaftskreisen entstandenen Initiativen »Wahlalternative« und »Arbeit und soziale Gerechtigkeit« in Berlin zu einem Verein zusammen. Unterdessen setzte sich der öffentlich ausgetragene Konflikt zwischen Gewerkschaftern und SPD-Politikern im Vorfeld eines Treffens des SPD-Gewerkschaftsrats am Montag abend fort.

      »Es wurde Zeit, zusammenzugehen, weil eine soziale Alternative zum politischen Einheitsangebot entwickelt werden muß«, erklärte Thomas Händel vom 14köpfigen Bundesvorstand der neugegründeten »Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit« am Sonntag vor der Presse in Berlin. Der Verein will sich dem Schweinfurter IG-Metall-Bevollmächtigten Klaus Ernst zufolge »massiv für einen Politikwechsel einsetzen«. Ob es tatsächlich zu einer Parteigründung kommt, sollen die noch zu werbenden Mitglieder per Urabstimmung im Herbst entscheiden. Dann wird auch ein Kongreß über das Programm befinden. Bislang gibt es zwei Papiere – ein kürzeres »für das Publikum« und ein ausführlicheres –, die laut Sabine Lösing von ATTAC als »Vorlagen für Diskussionsprozesse« dienen sollen.

      Einig ist man sich jedenfalls in der Ablehnung der derzeitigen Regierungspolitik. Nicht die Arbeitslosigkeit, sondern die Arbeitslosen würden durch diese bekämpft, kritisierte Ernst. Der »Reform«-Begriff werde von der etablierten Politik »pervertiert«. »Statt dessen brauchen wir Reformen, die den Menschen tatsächlich nutzen«, forderte der IG-Metall-Funktionär. Dazu zählt er u.a. eine »Bürgerversicherung, bei der alle Haushalte erfaßt werden«, einen gesetzlichen Mindestlohn und »auskömmliche Altersrenten«. Praxisgebühr und Zuzahlungen zur Gesundheitsversorgung müßten ebenso zurückgenommen werden wie die »unzumutbaren Zumutbarkeitsregelungen« bei Hartz IV. Weitere Forderungen sind die Besteuerung großer Vermögen und eine Verkürzung der Arbeitszeit.

      Konzentrieren will sich die neue Formation auf die Bundestagswahl. Ob sie bereits zu der im kommenden Frühjahr stattfindenen Landtagswahl in Nordrhein- Westfalen antritt, ist noch nicht entschieden. In den Parlamenten will sie laut Ernst »Sprachrohr der vielen sozialen Bewegungen in diesem Land« sein. Im Gegensatz zu SPD, Grünen und PDS werde sich die neue Partei »Wirtschaftsinteressen nicht unterordnen«, behauptete Ernst. Gleichzeitig betonte er, daß die Initiative »auch von Unternehmern, Managern und Wirtschaftstreibenden, die den Sozialstaat erhalten wollen, unterstützt wird«. Mit der PDS will man indes nichts zu tun haben. Es gebe »keinerlei Veranlassung«, über eine Zusammenarbeit mit der PDS nachzudenken, sagte Händel. Die Partei spiele »in den alten Bundesländern und in der sozialen Bewegung keine Rolle«, meinte auch Ernst. Der ebenfalls in der neuen Wahlalternative engagierte Wirtschaftsexperte Joachim Bischoff, selbst PDS-Mitglied, sagte, die PDS müsse sich fragen, »was sie in den letzten 14 Jahren falsch gemacht hat, daß sie nicht zum Anziehungspunkt geworden ist«.

      Daß die neue Formation, in deren Bundesvorstand kein einziger Ostdeutscher vertreten ist, bei Wahlen erfolgreich sein könnte, belegt eine am Samstag veröffentlichte Umfrage von Infratest/dimap. In ihr erklärten sechs Prozent der 1000 Befragten, sie könnten sich »sicher vorstellen«, für eine solche Partei zu stimmen. 37 Prozent der Wahlberechtigten halten es für prinzipiell möglich. Besonders bei Jugendlichen (57 Prozent), Arbeitern (60 Prozent) und Arbeitslosen (70 Prozent) trifft die Idee der neuen Partei auf Unterstützung. »Wir sind selbst erstaunt über die große Resonanz«, sagte Händel. Nach seinen Angaben haben sich bislang 10 000 Menschen auf Unterstützerlisten eingetragen und mehr als 70 Regionalgruppen gegründet.

      Von diesen Zahlen wenig angetan zeigen sich naturgemäß führende Politiker der SPD. »Solche Initiativen nehme ich nicht leicht«, ließ Parteichef Franz Müntefering in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung wissen. »Wer sich jetzt Leuten anschließt, die etwas versprechen, was sie nicht werden halten können, der setzt viel aufs Spiel«, warnte er. Die »Arbeiterbewegung« könne nur erfolgreich sein durch einen »Schulterschluß von SPD und Gewerkschaften«. Auch SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler beschwor alte Gemeinsamkeiten. »Ich glaube, daß die historischen Verbindungen so fest und so tief sind, daß es zu keinem Bruch kommt«, sagte er im Bremer Kurier am Sonntag. Diese »historische Verbindung« ist aber offenbar äußerst brüchig geworden. Nachdem der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske Schröder als »gescheitert« bezeichnet hatte, keilte dieser im aktuellen Spiegel zurück: Für die Gewerkschaften stelle sich die Frage, »ob Leute, die inhaltlich nichts anzubieten haben wie Herr Bsirske, ihre Strategie bestimmen sollen«. Passend dazu verkündete Bundestagsvizepräsidentin Susanne Kastner (SPD) in Bild am Sonntag ihren Übertritt von ver.di in die regierungsfreundliche Chemiegewerkschaft IG BCE. Auch andere SPD-Abgeordnete planten einen solchen Schritt, berichtet das Blatt.

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      Adresse: http://www.jungewelt.de/2004/07-05/001.php
      Avatar
      schrieb am 05.07.04 08:17:47
      Beitrag Nr. 20 ()
      Presseschau | Montag, 05. Juli 2004 07:05 Uhr

      Ein Erfolg der Wählerinitiative sei höchst fraglich, bemerkt die SÄCHSISCHE ZEITUNG aus Dresden: "Im Osten gibt es mit der PDS bereits eine Linkspartei, die das Protestpotenzial gegen die Reformagenda 2010 zu einem großen Teil aufsaugt. Links von der PDS ist in den neuen Ländern kein Platz. Ähnlich wie rechte Parteien hat das neue Linksbündnis außerdem ein großes Problem: Ihm fehlt eine charismatische Führungspersönlichkeit, die in den Medien präsent ist und Wählermassen anzieht", erläutert die SÄCHSISCHE ZEITUNG.


      Für die FRANKFURTER ALLGEMEINE hängt die Unzufriedenheit vieler Bürger mit Folgendem zusammen: "Zu Unrecht wird der Ausbau des Sozialstaats noch immer mit Wohltaten verwechselt. Tatsächlich war er damit verbunden, dass ein wachsender Teil der Bevölkerung aus dem Arbeitsleben aussortiert und an Transfereinkommen gewöhnt wurde. Wohlgefühlt haben sich in diesem Sozialstaat immer nur jene, die ihn missbrauchten. Deren Interessen vertritt in Wahrheit der Verein versprengter Gewerkschafter und Sozialdemokraten, der der SPD nun mit einer neuen Linkspartei droht. Von solchen falschen Freunden der Arbeiterklasse sollte sie sich nicht ins Bockshorn jagen lassen", rät die F A Z.


      Auf die mögliche Folge einer Parteineugründung geht die THÜRINGER ALLGEMEINE aus Erfurt ein: "Mit PDS, SPD und noch ein paar Absplitterungen könnte sich die Union allmählich langfristig in allen Bundesländern auf Alleinregierungen einrichten. Wie so die Idee einer Umverteilung des Reichtums durchgesetzt werden soll, bleibt das Geheimnis dieses Vereins. Er träumt davon, den auf traditionelle Weise nicht mehr finanzierbaren Sozialstaat unabänderlich beizubehalten und ignoriert gänzlich, welche Kämpfe dafür die SPD im Bundesrat ausgefochten hat", schreibt die THÜRINGER ALLGEMEINE.


      Die Zeitung DIE WELT befasst sich genauer mit der Union und gelangt zu folgender Einschätzung: "Niemand konnte ernsthaft erwarten, dass sich die Union bis zur nächsten Bundestagswahl gelassen würde zurücklehnen können, um die Selbstzerlegung der SPD beim Rückbau des Sozialstaates zu beobachten. Dass es aber nun im bürgerlichen Lager zeitgleich zur Identitätskrise der Sozialdemokratie ebenfalls vernehmlich knirscht - und zwar aus den gleichen Gründen - ist ein echter Glücksfall. Denn viel Spiegelfechterei mag dem Wähler erspart bleiben, wenn für jedermann sichtbar wird, welcher gesamtstaatliche Kurswechsel unserer Sozialordnung ansteht und dass dieser Wandel die Klientel der Union ebenso verstören dürfte wie derzeit die Stammwähler der SPD", erläutert DIE WELT.
      Avatar
      schrieb am 05.07.04 08:18:22
      Beitrag Nr. 21 ()
      Der Riss zwischen SPD und Gewerkschaften sei durch den Verein "noch tiefer" geworden, stellt die SÜDWEST-PRESSE aus Ulm fest und führt aus: "Die unversöhnlichen Töne auf beiden Seiten signalisieren, dass die Lage ernst ist. Die maßgeblich von sozialdemokratischen IG-Metall-Funktionären betriebene Abspaltung ist eine Kriegserklärung an die Partei. Darüber lässt sich nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Bisher fällt führenden Genossen und Gewerkschaftsbossen zur offenen Meuterei gegen Gerhard Schröders Reformagenda wenig Konstruktives ein. Die erfolgreiche Vergangenheit beim gemeinsamen Kampf um Arbeitnehmerrechte zu beschwören, nur den grundsätzlichen Willen zur Kooperation zu beteuern - das sind akute Zeichen von Rat- und Hilflosigkeit. Tatsächlich haben sich Genossen und Gewerkschafter immer weniger zu sagen, oder sie verstehen einander nicht mehr. SPD und DGB leben, so scheint es, in unterschiedlichen Wirklichkeiten", betont die SÜDWEST-PRESSE.


      In der LEIPZIGER VOLKSZEITUNG ist zu lesen: "Mit Zuckerbrot und Peitsche versucht die SPD-Spitze, ihren Konflikt mit den Gewerkschaften und den unzufriedenen Linken in den Griff zu bekommen. Während Kanzler Schröder Verdi-Chef Bsirske offen attackiert, sucht der SPD-Vorsitzende Müntefering den Schulterschluss mit den Gewerkschaften. Irgendwie verstärkt das den Eindruck, dass auf einem leck geschlagenen Boot wie wild in alle Richtungen gerudert wird, in der Hoffnung, das Kentern zu verhindern. Nicht nur die Arbeitnehmerorganisationen machen der SPD zu schaffen. Es sind vielmehr die politischen Folgen der sich sammelnden Unzufriedenheit, wie das neue Linksbündnis "Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit". Trotz des sich formierenden Protestes hat die SPD keine Alternative zum Reformkurs", glaubt die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG.


      Die FRANKFURTER RUNDSCHAU meint zur möglicherweise im Herbst anstehenden Gründung einer neuen Linkspartei: "Etliche ihrer Protagonisten sind ausreichend in der Geschichte der Arbeiterbewegung bewandert, die Argumente zu kennen, die gegen ihr Vorhaben sprechen. Gegen das wichtigste immunisiert sie ihre Sicht der Welt: Wem Schröder und Co. denselben Sozialabbau betreiben, wie Merkel und Co. ihn planen - dem kann egal sein, ob er dem einen genug Prozente klaut, um der anderen zum Sieg zu verhelfen. Glaubt man eineinhalb Jahre vor der Wahl den Umfragen, hat der Verein Chancen auf Einzug in den Bundestag", heißt es in der FRANKFURTER RUNDSCHAU.


      Nach Ansicht des WESTFÄLISCHEN ANZEIGERS aus Hamm setzen die Initiatoren vor allem auf den Frust von SPD-Wählern: "Weil in einer Zeit notwendiger sozialer Reformen und Härten fast jedermann wählbar scheint, der nur mit dem Gegen-Wunschzettel wedelt, macht die Truppe vorrangig aus SPD-Abweichlern ihre Lock-Liste eben etwas länger. Natürlich fehlen Personen, fehlt ein realistisches Programm und bleibt die neue Linke die Antwort auf die Frage nach dem `Wie` schuldig. Manchmal aber reicht schon Unzufriedenheit, aufs falsche Pferd zu setzen", hebt der WESTFÄLISCHE ANZEIGER hervor.
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      schrieb am 05.07.04 08:30:34
      Beitrag Nr. 22 ()
      Vor allem der DGB und der linke Kern der SPD lebt in einer anderen Wirklichkeit. Wer heute noch ernsthaft an veralteten Konzepten wie einer 35-Stunden-Woche, mehreren Wochen Urlaub, diesem Lohn und vor allem dessen Steigerung von weit über dem Inflationsniveau festhalten will, der kann die Realität einfach nicht gesehen haben. Es wäre ja schön, wenn es anders wäre, aber gehen wir diesen Weg weiter, dann kann sich Deutschland schon mal darauf einstellen, zukünftig mindestens eine Million Arbeitslose mehr zu haben, die dann von den wenigen tatsächlich noch Arbeitenden mit durchgefüttert werden sollen.
      Vor allem die Gewerkschaften, die beispielsweise bei der Jugendarbeitslosigkeit so vehement auf die Ausbildungsplatzabgabe gepocht haben, mußten ganz schnell zurückrudern als in den Medien veröffentlicht wurde, wie wenig die Gewerkschaften selbst ausbilden. Dieser Verein ist doch jeder Glaubwürdigkeit durch sich selbst beraubt.
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      schrieb am 06.07.04 09:31:09
      Beitrag Nr. 23 ()
      junge Welt vom 06.07.2004

      Interview
      Projekt Linkspartei nimmt Formen an: PDS als SPD-Alternative nicht gefragt?
      jW fragte Harald Werner, gewerkschaftspolitischer Sprecher im Bundesvorstand der PDS
      Interview: Ralf Wurzbacher

      F: Am Wochenende schlossen sich in Berlin die Wahlalternative und die Initiative Soziale Gerechtigkeit zu einem Verein zusammen, der möglicherweise in einer neuen Linkspartei aufgeht. Deren Initiatoren wollen erklärtermaßen nichts mit der PDS zu tun haben. Beruht das auf Gegenseitigkeit?

      Auf keinen Fall. Wir haben den Initiatoren dieses Projekts bereits mehrere Gesprächsangebote gemacht und die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit bekräftigt. Beide Seiten sollten sich darüber unterhalten, wie man sich bei der nächsten Bundestagswahl verhalten will.


      F: Ist Ihnen bange, daß eine neue »Linkspartei« der PDS Wähler abjagen könnte?


      Das ist fraglos die Absicht dieser Initiative, die sich sowohl als Konkurrent der SPD als auch der PDS positioniert. Dennoch ist zunächst einmal jede Maßnahme zu begrüßen, die darauf zielt, das von der SPD enttäuschte und abgestoßene Wählerpotential zu binden und in den demokratischen Beteiligungs- und Willensbildungsprozeß zurückzuführen.


      F: Warum kommt für die Schar der Enttäuschten die PDS als politische Heimat offensichtlich nicht in Frage?


      Das liegt vor allem daran, daß die PDS im Westen nach wie vor als eine exotische Partei wahrgenommen wird, der immer noch das Etikett der SED-Nachfolgepartei anhängt. Die Menschen, die ein solches Bild von der PDS haben, machen sich zum großen Teil gar nicht erst die Mühe, uns wirklich kennenzulernen.


      F: Warum tut sich die PDS aber so schwer, Gewerkschafter von sich zu überzeugen?


      Die Gewerkschaftslinken und die Sozialdemokraten in der Gewerkschaft entstammen einem gewachsenen sozialen und politischen Milieu, das sie nicht so ohne weiteres aufgeben wollen. Das schließt zwar nicht für alle Zeiten aus, PDS zu wählen. Gegenwärtig geht es ihnen aber darum, als Sammlungsbewegung links von der SPD auch zahlenmäßige Stärke zu demonstrieren.


      F: Ein Vorwurf der Projektinitiatoren lautet, daß die PDS in den sozialen Bewegungen keine Rolle spielen würde.


      Richtig ist, daß in den neuen sozialen Bewegungen sehr wohl auch zahlreiche PDS-Mitglieder aktiv sind, aber viel zu wenige als solche auftreten. Auch der Vorwurf, wir seien im Westen praktisch inexistent, ist unzutreffend. Wir haben in Westdeutschland rund 4 500 Mitglieder und stellen zwei Dutzend Abgeordnete in Kommunalparlamenten, darunter in Großstädten wie Hannover und Frankfurt. Das ist ein politischer Faktor, den man nicht einfach übergehen kann.


      F: Ein anderer Vorwurf besteht darin, daß sich die PDS in Regierungsverantwortung Wirtschaftsinteressen unterwerfen würde, wie etwa das Beispiel Berlin zeigt.


      Meines Wissens hat noch kein Mensch den Nachweis erbracht, daß die PDS Wirtschaftsinteressen nahesteht. Natürlich kann man darüber streiten, wem man im Falle einer Haushaltsnotlage, wie sie in Berlin herrscht, etwas wegnimmt und wem nicht. Die Notlage wird aber von vielen gar nicht zur Kenntnis genommen.


      F: Es ist aber doch unbestritten, daß vor allem die sozial Schwachen unter der Berliner Haushaltspolitik zu leiden haben.


      Das wird immer so sein, so lange die Stellschrauben der Verteilungspolitik von der neoliberalen Bundesregierung und nicht im Berliner Senat gestellt werden.


      F: Genau dem will das neue Parteiprojekt einen Riegel vorschieben.


      Sollte diese Partei tatsächlich einmal in Parlamente einziehen, dann wird auch ihren Vertretern klar werden, wie schwer es ist, Alternativen zur herrschenden Politik umzusetzen, ohne vorher einen grundlegenden Richtungswechsel durchzusetzen.


      -----------------------
      Adresse: http://www.jungewelt.de/2004/07-06/015.php
      Avatar
      schrieb am 08.07.04 10:46:48
      Beitrag Nr. 24 ()
      Die Angst der Union vor dem Regieren
      Die CDU fürchtet eine neue Linkspartei mit sozialem Gewissen.
      Denn auch die Bürgerlichen tun sich mit Reformen schwer

      Berlin - Es ist ihnen schon recht, die Konkurrenz zappeln zu sehen, aber andererseits auch wieder nicht. Der Kampf um den Reformkurs, den die SPD mit sich selbst und den Gewerkschaften ausficht, weckt bei CDU und CSU widersprüchliche Gefühle. Einerseits erscheint führenden Unionschristen die Aussicht verlockend, dass die bisher so feste Wahlkampfgemeinschaft aus organisierter Arbeitnehmerschaft und SPD zerbrechen könnte. Doch zugleich schwant vielen: Der Anti-Agenda-Protest ist nur ein Vorgeschmack auf das, was einer bürgerlichen Regierung bevorsteht.

      „Man muss ein bisschen die Schadenfreude bekämpfen in sich selbst“, sagt ein CDU-Präsidiumsmitglied. Dass die SPD jetzt Prügel dafür beziehe, dass sie eine andere Politik mache als vorher versprochen – recht geschehe ihr. Ob der Riss zwischen SPD und Gewerkschaften die „Trennungsszenen einer über hundertjährigen Ehe“ sind, wie ein anderer CDU- Präside formuliert, oder nur ein Ehekrach mit anschließender Versöhnung aus Vernunftgründen, darüber gehen die Meinungen auseinander. Sorge aber macht der Streit allen. Vor allem, weil Risse im „linken“ Lager leicht zu Instabilitäten des gesamten Parteiensystems führen könnten. Eine neue Partei des sozialen Gewissens wäre „das Übelste, was uns passieren kann“, sagt ein führender Christdemokrat. Sie würde vermutlich nicht nur enttäuschte SPD-Wähler anziehen, sondern Reformskeptiker aus allen Richtungen. Schon bei der Europawahl hat der Union der Erfolg zahlreicher Kleinparteien nicht behagt. CDU und CSU würden in einer zersplitternden Parteienlandschaft kaum als einzige Volksparteien unberührt bleiben.

      Wie viel Sprengstoff im Reformthema für sie selbst steckt, hat der Union gerade eine Episode vorgeführt, die ein CDU- Führungsmann „spannend“ findet. Auf den ersten Blick ist es nur eine bayerische Angelegenheit. Erwin Huber, Chef von Edmund Stoibers Staatskanzlei, hatte in einem Reformpapier seine Ideen von schlankem Staat formuliert. Besonders ein Satz erzeugte Krawall: Der Staat brauche, so Huber, keinen „großen, aber mittelmäßigen und unmotivierten Beamtenapparat“. Nicht nur die üblichen Verdächtigen empörten sich, sondern ein Mächtiger: Landtagspräsident Alois Glück rügte mangelnden „Respekt vor den Menschen“. Glück, versichern Leute, die ihn kennen, ging es nicht um Inhalte, sondern um „Stilfragen“. Die allerdings treiben den CSU-Mann aus sehr inhaltlichen Gründen um. Mit einer „kalten Technokratensprache“, sagt ein Christsozialer, werde die Union bei der Vermittlung schmerzhafter Reformen an den eigenen Anhängern scheitern – wie die SPD.

      Der Lokalkonflikt ist also gar keiner. Das Problem sehen viele auch in der CDU: Man müsse den Menschen eben klar machen, dass es ihnen nach Reformen besser gehen werde als ohne, sagen alle. Aber wer den richtigen Ton trifft? Es bräuchte, seufzt ein CDU-Abgeordneter, der sonst gar nicht so viel von den Altvorderen hält, „etwas von Norbert Blüm“.

      Der Tagesspiegel 07.07.2004


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