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    Meinungen zu Hannichs Freigeld erbeten - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 25.08.02 13:55:35 von
    neuester Beitrag 27.07.03 16:45:03 von
    Beiträge: 9
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      schrieb am 25.08.02 13:55:35
      Beitrag Nr. 1 ()
      Über die Analyse der momentanen Lage sind sich viele einig. Aber leider gibt es nur sehr wenig Vorschläge, wie wir aus der scheinbar ausweglosen Situation wieder heraus kommen.
      Auf der Suche nach Vorschlägen bin ich auf Günter Hannichs Buch "Geldcrash" gestossen
      Dort ist die Rede von "Freigeld" - als Alternative gegenüber dem "Zinsgeld"
      Eine kurze Zusammenfassung kann man auch unter: http://www.geldcrash.de/Neueinsteiger/stabiles-Geld/stabiles… nachlesen
      Für mich klingen viele Argumente sehr plausibel, und ich frage mich, warum dieses Thema nicht auf höherer Ebene diskutiert wird
      Ich meine, Hannich trifft den Nagel auf den Kopf
      ... und eigentlich sollte hier nicht lange diskutiuert werden, sondern schleunigst eine Umsetzung erfolgen.

      IMHO
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      schrieb am 25.08.02 17:07:57
      Beitrag Nr. 2 ()
      bis die Politiker so was umsetzen wollen oder können ist das Ende schon da!
      kopiert
      Ist aber nicht eigentlich längst "alles unter Kontrolle" - beherrscht von einem Dutzend Finanzmagnaten und Bankkonzernen, die Staaten und Regierungen wie die Puppen tanzen lassen können, weil sie an ihrem Tropf hängen? In Deutschland kommen mittlerweile fast 50% des gesamten Staatshaushalts nicht mehr der Bevölkerung zugute, sondern gehen als Schuldzinsen an die Banken. Die Hälfte von jeder Steuermark: ab durch den Schornstein. In anderen Ländern sieht es noch viel dramatischer aus. Wie immer man das System nennt, das dahinter steckt - es läuft auf eine fatale Katastrophe hinaus. Und die Schere zwischen Arm und Reich geht ständig weiter auseinander. Der Verdacht, dass tatsächlich bald alles unter der zentralistischen Kontrolle einiger Finanzmogule steht, kann da nicht länger einfach als wilde Verschwörungstheorie abgetan werden.


      Die Geldverschwörung


      Schon zu Beginn des Jahrhunderts hatten findige Ökonomen entdeckt, wo der eigentliche Haken der kommunistischen und der kapitalistischen Wirtschaftssysteme liegt. Die Kommunisten lähmten den Markt, indem sie das natürliche Prinzip der freien Konkurrenz völlig ausschalteten, und die Kapitalisten lähmten ihn fast ebenso, weil sie Konkurrenz zwar zuließen, aber Investitionen durch teures, mit Zinsen belastetem Geld erschwerten - und so auf Dauer nicht dem freien Unternehmer, dem Wettbewerb, der Evolution, sondern stets nur den Geldbesitzern Vorteile verschafften.

      Freie Marktwirtschaft, so der Theoretiker und kurzzeitige Wirtschaftsminister der Münchner Räterepublik, Silvio Gesell, kann nur mit "Freigeld" erreicht werden, einem zinslosen Geld, das nur als Medium des Tausches, nicht aber zur Schatzbildung taugt, denn es wird durch Aufbewahrung nicht mehr, sondern weniger wert. Praktische Versuche mit solchem Geld in Kommunen und Landkreisen hatten damals zu einer extremen Belebung der Geldzirkulation und des Investitionsklimas geführt - Daten die jeden Ökonomen in Entzücken versetzten.

      Doch Gesells brillante Ideen verschwanden fast so schnell wieder von der Bildfläche wie die Münchner Räteregierung. In den 40er Jahren wurden sie zwar von dem renommierten amerikanischen Wirtschaftsprofessor Irving Fisher noch einmal aufgegriffen, doch über ein kleines Senats-Hearing kam sein bahnbrechender Vorschlag von "stamp money" nicht hinaus. Die, wie man es nennen könnte, reale "Verschwörung des Geldes" läuft seitdem unangefochten weiter, und nicht nur das: Obwohl jeder Geld benutzt und bei jedem Einkauf, bei jeder Rechnung Zinsen bezahlt, weiß doch kaum jemand von dieser Verschwörung beziehungsweise hält den Zusammenhang von Geld und Zins für so naturgegeben wie den von Wasser und Feuchtigkeit
      Avatar
      schrieb am 25.08.02 17:26:56
      Beitrag Nr. 3 ()
      7.5.7 Mögliche Alternativen zum Zinssystem

      Zinsverbot im Christentum und im Islam
      Angesichts der vielfältigen Problematik des Zinssystems drängt sich natürlich die Frage auf, ob es zum Zins überhaupt irgendwelche Alternativen geben kann oder ob er einfach abgeschafft werden sollte. Sogar große Religionsstifter wie Christus und Mohammed haben ein Zinsverbot gefordert und das Zinsnehmen als unmoralisch abgelehnt. Dadurch, daß den Christen lange Zeit das Zinsnehmen verboten war und den Juden andererseits der Zugang zu den meisten Berufen und Gewerben versperrt war, wurden die Juden vielfach in Geldgeschäfte abgedrängt und schließlich ganz mit ihnen identifiziert.


      Der Mißbrauch der Zinskritik im Faschismus
      Der Faschismus machte sich übrigens diese Verbindung von Juden und Geldkapital ideologisch zunutze, um die Stimmung im Volk gegen die Juden aufzuhetzen. Eine seiner vielen massenpsychologisch wirksamen Parolen in diesem Zusammenhang hieß "die Brechung der Zinsknechtschaft". Aber dem Faschismus ging es nicht wirklich um die Überwindung des Zinssystems (an dem er nichts verändert hat), sondern um die Enteignung und Vernichtung der Juden. Ansonsten hat sich der Nationalsozialismus mit dem großen Kapital bestens arrangiert - und umgekehrt.

      Die Forderungen nach Überwindung des Zinssystems, wie sie Gesell schon zu Beginn des Jahrhunderts und verstärkt während und nach dem Ersten Weltkrieg formuliert hatte, zielten in eine ganz andere Richtung, und ich halte es für abwegig, sie in die Nähe faschistischen Gedankengutes zu rücken (wie dies teilweise geschehen ist). 32


      Das Zinsverbot allein reicht nicht aus
      Während die christlichen Kirchen an vielen Geboten und Verboten festhielten, obwohl diese immer wieder mißachtet worden waren, haben sie das ursprüngliche Zinsverbot längst aufgehoben. Das Verbot allein konnte die damit zusammenhängenden Mißstände in keiner Weise unterbinden, weil es immer wieder unterlaufen wurde. Und vielleicht waren die Interessen der Kirchen an der Vermehrung ihres eigenen Geldvermögens schließlich so groß, daß sie das Zinsverbot aufhoben. Wenn erst einmal das Interesse an der bloßen Geldvermehrung die Menschen ergriffen hat und stärker wirkt als gesetzliche oder moralische Verbote, reicht das Zinsverbot allein auch gar nicht aus. Es würde nur zu Stockungen des Geldkreislaufs und zu Wirtschaftskrisen führen.


      Die Schaffung einer konstruktiven Umlaufsicherung des Geldes
      Wenden wird uns also der Frage zu, welche Alternativen es zum Zinssystem geben könnte. Wenn der Zins seine logische und historische Ursache in der widersprüchlichen Funktion des Geldes hat, dann müßte doch die Veränderung an diesem Punkte ansetzen, dann müßte sozusagen der Boden, auf dem der Zins gedeihen kann, ausgetrocknet werden. Wie könnte also ein Geldsystem aussehen, in dem das Geld aus seiner widersprüchlichen Funktion herausgelöst ist und ausschließlich die Funktion als allgemeines Tauschmittel, das heißt als fließendes Geld erfüllt? Die erste Voraussetzung dafür wäre, anstelle des in vieler Hinsicht problematischen Zinses eine andere - und zuverlässigere - Umlaufsicherung des Geldes einzuführen, um das Geld in einem kontinuierlichen Fluß zu halten, und auf diese Weise auch den kontinuierlichen Fluß der Waren zu ermöglichen. Die Überlegenheit des Geldes gegenüber den Waren (und damit die Überlegenheit der Geldbesitzer über die Warenbesitzer) müßte abgebaut werden.

      Wenn die Überlegenheit darin begründet ist, daß das Geld unverderblich ist und ohne Lagerkosten zurückgehalten werden kann, so müßte die Umlaufsicherung genau an diesem Unterschied ansetzen: Sie müßte das Zurückhalten von Geld mit den gleichen Kosten belasten, wie für die Zurückhaltung und Lagerung von Waren entstehen. Das Geld müßte sozusagen ähnlich verderblich gemacht werden wie die Waren - aber nicht über eine Inflation!


      Inflation als ungeeignetes Mittel der Umlaufsicherung
      Durch eine Inflation würde das Geld mit der Zeit zwar auch entwertet, aber die Entwertung würde nicht nur die Besitzer überflüssigen Geldes treffen, sofern sie ihr Geld horten, sondern die gesamte Wirtschaft (auf jeden Fall alle Bezieher fester Einkommen). Die Funktion des Geldes auch als Tauschmittel würde durch eine Inflation immer mehr unterhöhlt. Die Inflation ist also ein völlig ungeeignetes Mittel, um das zurückgehaltene Geld wieder in den Kreislauf zu treiben. Denn sie verdirbt auch das fließende Geld, und nicht nur das zurückgehaltene. Im übrigen treibt sie das Zinsniveau in die Höhe, weil sich die Geldkapitalbesitzer über einen erhöhten Zinssatz einen Inflationsausgleich sichern wollen. Und Zinserhöhungen verschärfen die Problematik, die ohnehin im Zins angelegt ist, noch um ein Vielfaches.


      Umlaufsicherungsgebühr auf zurückgehaltenes Geld
      Es müßte also eine Umlaufsicherung gefunden werden, die nur am zurückgehaltenen Geld ansetzt und nur dieses trifft und belastet - und dadurch in den Wirtschaftskreislauf treibt und nachfragewirksam werden läßt (sei es als zusätzliche Konsumnachfrage oder als Anlage auf dem Kapitalmarkt, die in Form von Krediten weiterfließt). Nennen wir diese Gebühr "Umlaufsicherungsgebühr auf zurückgehaltenes Geld". Die Einnahmen aus dieser Gebühr sollten dem öffentlichen Haushalt zufließen, aber der Sinn der Gebühr wäre nicht, möglichst viele Einnahmen zu erzielen, sondern dem Horten entgegenzuwirken.

      Von einer solchen Gebühr erhofft sich die von Gesell begründete "Freiwirtschaftslehre", daß das Geld nicht mehr zurückgehalten wird, auch wenn der Zins unter die bisherige Untergrenze sinkt. Um der Umlaufsicherungsgebühr zu entgehen, würde das Geld auch bei niedrigen Zinsen in den Kreislauf zurückfließen, und eine sonst eintretende gesamtwirtschaftliche Kreislaufstörung würde vermieden. Indem Produktion und Investition ohne Unterbrechung und ohne Einbrüche fortgesetzt werden könnten, würde sich das Realkapital, z.B. in Form von Fabriken und Mietshäusern, weiter erhöhen.


      Umlaufsicherung, wachsende Realkapitalbildung und Zinssenkung
      Das dadurch wachsende Angebot an Waren bzw. an Wohnungen würde auf die Preise und auf die Rendite dieser Kapitalanlagen drücken, und entsprechend würden weitere Kredite nur noch nachgefragt, wenn sie billiger würden. Die Geldkapitalbesitzer, die aufgrund der Umlaufsicherungsgebühr ihr Geld nicht mehr beliebig zurückhalten könnten, müßten sich dann wohl oder übel auf sinkende Zinsen einlassen. Auf diese Weise würde der Zinssatz auf Geldanlagen langfristig immer weiter absinken und sich schließlich gegen Null bewegen.

      Dennoch sorge die Umlaufsicherungsgebühr dafür, daß überflüssiges Geld auf den Kapitalmarkt fließt und der Wirtschaftskreislauf geschlossen bleibt. Mit dem allmählichen Absinken des Zinses würden auch dessen problematische Folgen mehr und mehr abgebaut, und die Wirtschaft könnte sich in Richtung einer weitgehend störungsfreien Selbstregulierung entwickeln. Hierzu bedarf es also keines Zinsverbots, sondern die Umlaufsicherungsgebühr würde den Zins nach den Gesetzen von Angebot und Nachfrage am Kapitalmarkt allmählich absinken lassen und die von ihm hervorgetriebenen Krisensymptome allmählich abschwächen.

      Sind die Grundsätze der Einführung einer Umlaufsicherungsgebühr erst einmal klar, dann gilt es in einem zweiten Schritt, die technischen Möglichkeiten hierfür durchzuspielen und praktikable und wirksame Formen dafür zu finden. Auf die technischen Details möchte ich an dieser Stelle nicht näher eingehen, sondern es bei einigen Andeutungen belassen. Man kann aber generell davon ausgehen: Wo ein ernsthafter politischer Wille vorhanden ist, sollte es auch an einer geeigneten technischen Ausgestaltung nicht mangeln.


      Das "Freigeld"-Experiment von Wörgl
      Einen entsprechenden politischen Willen hat es Anfang der 30er Jahre in der österreichischen Kleinstadt Wörgl am Inn gegeben, wo man offiziell in regional begrenztem Rahmen ein neues Geld mit Umlaufsicherungsgebühr eingeführt hat. Den Hintergrund bildete die Weltwirtschaftskrise mit ihren verheerenden Auswirkungen von Massenarbeitslosigkeit. Dem zugrunde lag seinerzeit in Deutschland und Österreich eine Deflationspolitik der Zentralbanken, das heißt eine Verknappung der Geldmenge, die den schwindenden Goldreserven angepaßt wurde. (Zu den massiven Goldabflüssen war es im Gefolge der Bankenkrise in den USA und der Kündigung amerikanischer Kredite an Deutschland und Österreich gekommen.) Durch die Geldverknappung war der Geldfluß ins Stocken geraten, und mit ihm der Fluß der Waren, so daß immer mehr Unternehmen zusammenbrachen. Die verfehlte Deflationspolitik der Zentralbanken und der damaligen Regierungen hatte die Wirtschaft regelrecht abgewürgt und tief in die Krise gestürzt.

      In dieser Situation entschloß sich 1932 die Gemeinde Wörgl zur Einführung eines alternativen Geldes mit Umlaufsicherung, um auf diese Weise den Geld- und Warenfluß in ihrer Region wieder anzuregen. Dieses fließende Geld - weitgehend befreit vom Zins und deshalb auch "Freigeld" genannt - wurde an alle Beschäftigten der Gemeindeverwaltung ausbezahlt. Außerdem beteiligten sich etliche ortsansässige Firmen an diesem Experiment, und viele der örtlichen Läden nahmen dieses Geld als Zahlungsmittel an. So erreichte dieses Geld in kurzer Zeit einen hohen Grad an Akzeptanz, wurde zu einer Art allgemeinem Zahlungsmittel. Die weiter bestehende offizielle österreichische Währung wurde in dieser Region mehr und mehr durch das "Freigeld" ersetzt. Für das ausgegebene Freigeld wurde jeweils ein entsprechender Betrag österreichischer Schillinge eingezogen und hinterlegt. Schon in wenigen Monaten zeigten sich verblüffende Wirkungen dieses Freigeld-Experiments: Während überall die Massenarbeitslosigkeit weiterhin dramatisch anstieg, ging sie in Wörgl innerhalb eines Jahres um 25% zurück. Das Wirtschaftsleben, das bis dahin weitgehend gelähmt war, blühte wieder auf, und das soziale Elend begann sich deutlich zu vermindern. Die Menschen hatten wieder berechtigte Hoffnung, daß es wirtschaftlich wieder bergauf ging.

      Die praktische Durchführung der Umlaufsicherung sah damals wie folgt aus: Auf jedem Geldschein waren 12 Felder, jedes stellvertretend für einen Monat des Jahres. Nach Ablauf eines Monats behielt der Geldschein nur dann seinen Wert von 100 und wurde nur dann akzeptiert, wenn eine Wertmarke von l% des Nennwerts auf das entsprechende Feld geklebt wurde. Wer einen Geldschein also zwölf Monate zurückhielt, konnte ihn nur wieder in Umlauf bringen, wenn alle 12 Felder mit Wertmarken beklebt wurden. Das Zurückhalten von 100 Schillingen für die Dauer von 12 Monaten kostete also eine Gebühr von 12 Schillingen, also 12% (Abb. 64).

      Je schneller man das Geld wieder in Umlauf brachte, um so eher konnte man der Gebühr entgehen. Mit entsprechender Öffentlichkeitsarbeit war es offenbar gelungen, der Bevölkerung das Grundprinzip verständlich zu machen, und die meisten hielten sich an die vereinbarten Spielregeln. Die Wertmarken waren bei öffentlichen Ämtern und Ausgabestellen zu kaufen, und die entsprechenden Einnahmen flossen in die Gemeindekasse.


      Die Geldblockierung wird gelöst
      Die Folge dieser Regelung war, daß eingenommenes Geld nicht mehr länger zurückgehalten, sondern schnell weitergegeben wurde. Man könnte nun annehmen, daß durch den beschleunigten Geldumlauf eine Inflation entstehen müßte. Aber das ist nicht der Fall: Denn jeder kann nur so viel Geld wieder ausgeben, wie er auf der anderen Seite z.B. durch Arbeit und durch Produktion, also durch die Schaffung realer Werte, verdient hat. Dem so wieder verausgabten Geld stehen also auf der anderen Seite immer auch entsprechende Waren gegenüber, die nur darauf warten, abgesetzt zu werden. Was also durch die Umlaufsicherung geschieht, ist lediglich eine Lösung der Geldblockierung, nicht aber ein grenzenloses Überfluten des Kreislaufs mit Geld.

      Der Kreislauf kann allenfalls dann überflutet werden, wenn das Geld - wie in den vorherrschenden Geldsystemen - lange Zeit und in großen Mengen gehortet wird, das heißt sich immer mehr Geld aufstaut, und dann aus irgendwelchen spekulativen Gründen plötzlich in den Kreislauf zurückfließt (z.B. aus Anlaß von Währungsspekulationen). Dann ist es tatsächlich so, als würden Dämme brechen. Wenn ein richtiger Staudamm bricht, so führt das zu großen Verwüstungen. Wäre der Bach dagegen gar nicht erst zu einem großen See aufgestaut, sondern in seinem natürlichen Fließen belassen worden, so hätte es auch nicht zu einer Überflutung kommen können. Ganz ähnlich ist es mit dem Geldfluß: Das Aufstauen des Geldes durch spekulatives Horten und die schlagartige Überflutung des Geldkreislaufs durch Enthorten schaffen erst die Probleme und Instabilitäten, die bei kontinuierlichem Fluß des Geldes gar nicht entstehen können.


      Wörgl - Die Zerschlagung einer konkreten Utopie
      Das Freigeld-Experiment von Wörgl ist übrigens nicht beendet worden, weil es gescheitert wäre, sondern umgekehrt: weil es zu erfolgreich war! Die unglaublich belebenden Wirkungen auf die Wirtschaft im Raum Wörgl hatten ein wachsendes Interesse an diesem Modellversuch geweckt - sogar weit über die Grenzen Österreichs hinaus. Aus aller Welt kamen Menschen, die sich mit den Ursachen des "Wunders von Wörgl" näher vertraut machen wollten. Allein in Österreich soll es über hundert Gemeinden gegeben haben, die ein ähnliches alternatives Geldsystem mit Umlaufsicherung einführen wollten. Diese Entwicklung bildete den Hintergrund dafür, daß die österreichische Zentralbank die Notbremse zog und sich in einem Prozeß gegen die Gemeinde Wörgl auf ihr Monopol in Sachen Geldversorgung berief - und Recht bekam.

      Damit war ein hoffnungsvolles Experiment, die konkrete Utopie eines zinslosen Geldsystems - von den Gegenkräften zerschlagen worden. Derartige Rückschläge ändern aber nichts daran, daß es wichtig ist, alternative Visionen einer lebenspositiven Zukunft immer wieder lebendig zu halten, weiterzuentwickeln und zu verbreiten und die Erinnerungen an historische Vorbilder zu wecken, wenn sie allzusehr in Vergessenheit geraten sind. Innerhalb der freiwirtschaftlichen Bewegung ist das Freigeld-Experiment von Wörgl natürlich allgemein bekannt, aber außerhalb von ihr hat es sich in heutiger Zeit noch viel zu wenig herumgesprochen. Dabei könnte die Aufarbeitung dieses Modells und anderer Modellversuche zu alternativen Geld- und Tauschsystemen wichtige Anregungen geben für entsprechende Versuche in der heutigen Zeit. 33


      Elektronisches Geld mit Umlaufsicherung?
      Für eine ganze Volkswirtschaft und in der heutigen Zeit müßte die technische Ausgestaltung der Umlaufsicherung vermutlich anders aussehen als seinerzeit in Wörgl. Wenn man bedenkt, daß schon jetzt ein wachsender Teil der Zahlungsvorgänge bargeldlos abgewickelt wird (über Scheck, Überweisung, Kreditkarte, Telefonkarte usw.) und daß dieser Anteil noch wachsen wird, wäre längerfristig an eine automatische elektronische Abbuchung der Umlaufsicherungsgebühr zu denken. Bei jeder Eingabe einer Kreditkarte oder eines elektronisch aufgeladenen Plastikgeldes in einen entsprechenden Automaten (in den Kaufhäusern, Supermärkten, Restaurants, Tankstellen, Banken, öffentlichen Telefonen, öffentlichen Verkehrsmitteln usw.) könnte jedesmal elektronisch der entsprechende Betrag errechnet und abgebucht werden, der für die zeitweilige Nichtverwendung des Geldes anfällt. Die Computer der Banken machen es ja heute schon so, daß sie für jeden Tag die entsprechenden Zinsen für die Überziehung eines Kontos automatisch verbuchen und am Monatsende eine entsprechende Abrechnung schicken. Warum sollte nicht etwas Entsprechendes möglich sein für das auf dem Girokonto zurückgehaltene, nicht weitergeflossene Geld? Mit dem Unterschied, daß die entsprechenden Gebühren in diesem Fall nicht den Banken, sondern dem öffentlichen Haushalt zufließen würden. Wer diese Umlaufsicherungsgebühr weitestgehend vermeiden will, brauchte nur sein Geld von seinem Girokonto auf sein Sparkonto zu übertragen, wo es von der Gebühr unbelastet wäre - und von wo aus es als Kredit weiterfließen könnte an andere Wirtschaftsteilnehmer, die auf den Geldfluß angewiesen sind.

      Mindestens also für die bargeldlosen Zahlungen könnte das "elektronische Geld" ohne technische Schwierigkeiten mit einer Umlaufsicherungsgebühr ausgestattet werden - wenn man es politisch will. Und für das noch verbleibende Bargeld ließen sich auch noch technisch praktikable und wirksame Wege finden - und sei es auch nur für die großen Scheine. (In kleinen Scheinen oder gar in Münzen werden größere Geldsummen sowieso nicht gehortet, und kleine gehortete Beträge bringen keine größeren Störungen in den Wirtschaftskreislauf.)



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      32 Größtes Unbehagen ist allerdings in bezug auf einige Gedanken von Gesell angebracht, soweit sie sich auf eine von ihm damals angestrebte "Hochzucht" der Menschheit beziehen (auch wenn der Inhalt des Begriffs nicht gleich zu setzen ist mit der faschistischen Rassentheorie). Sie sollten aber kein Anlaß sein, seine richtungweisenden Erkenntnisse zur Zinsproblematik abzuwehren. Zu den in den letzten Jahren sich häufenden Versuchen, Silvio Gesell und die Zinskritik in eine faschistische Ecke zu drängen, siehe ausführlich Werner Onken: Silvio Gesells kritische Distanz zum Rechtsextremismus in der Weimarer Republik, in: Zeitschrift für Sozialökonomie, 106. Folge, September 1995.
      33 Näheres hierzu siehe Margrit Kennedy: Geld ohne Zinsen und Inflation, Teil 2. Einen sehr guten Einstieg in die Problematik des Geld- und Zinssystems sowie in alternative Geld- und Tauschsysteme bietet ein 8-teilige Sendereihe des ORF "Geld frißt Welt" von Helmut Waldert (1995), zu beziehen über den ORF, Argentinierstr. 30A, A- 1041 Wien.
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      schrieb am 25.08.02 17:34:12
      Beitrag Nr. 4 ()
      .6 Kritik und offene Fragen zur Freiwirtschaftslehre


      Die Einführung einer neuen Geldordnung mit Umlaufsicherungsgebühr würde sicherlich eine Fülle von Fragen aufwerfen, über die in der Freiwirtschaftslehre bzw. in der freiwirtschaftlichen Bewegung leider allzu oft hinweggegangen wird.


      Unterschätzung der zu erwartenden Widerstände
      Im Untertitel zum Buch von Margrit Kennedy (Geld ohne Zinsen und Inflation) heißt es z.B.: "Ein Tauschmittel, das jedem dient". Mit solchen Formulierungen werden natürlich falsche Illusionen geweckt. Es hört sich so an, als müßten sich eigentlich alle Teile der Gesellschaft für eine solche neue Geldordnung aussprechen, wenn sie sich erst einmal mit den Zusammenhängen vertraut gemacht haben. Aber es führt kein Weg daran vorbei, daß diejenigen zehn Prozent, die heute mehr oder weniger vom Zinssystem profitieren, in einem zinslosen Geldsystem auf einen weiteren zinsbedingten Zuwachs ihrer Geldvermögen verzichten müßten.

      Natürlich kann man den Standpunkt vertreten, daß diese Schichten ohnehin schon mehr als genug besitzen. Aber die wenigsten von ihnen werden gewillt sein, ihre bisherigen Privilegien kampflos aufzugeben. Stattdessen werden sie vermutlich alle ihnen zur Verfügung stehenden Hebel der Macht (einschließlich der entsprechenden Massenmedien und dem Einfluß auf die Politik) in Bewegung setzen, um eine entsprechende Veränderung des Geldsystems zu verhindern. Im übrigen muß man nicht nur mit dem erbitterten Widerstand dieser zehn Prozent rechnen, die tatsächlich vom Zinssystem profitieren, sondern auch der großen Zahl von Menschen, die sich mit deren Werten identifizieren, obwohl sie objektiv auf der Seite der Verlierer des Zinssystems stehen. Derartige Identifizierungen sind unbewußt zuweilen so tief verankert, daß auch die besten Sachargumente an ihnen abprallen.


      Gefahr von Kapitalflucht
      Angenommen einmal, es würde sich auf demokratischem Weg eine Mehrheit für die Einführung eines alternativen Geldsystems innerhalb einer Volkswirtschaft finden: Welche Probleme würden dann entstehen, wenn das Geldkapital fluchtartig ins Ausland abwandern und in andere Währungen umsteigen würde (Kapitalflucht)? Müßte das nicht zu einem dramatischen Absinken des Wechselkurses, also zu einer Währungskrise führen, über die die betreffende Regierung stürzen könnte?


      Ausweichen auf andere Geldvermehrungsmöglichkeiten
      Wenn schon die Geldanlage am Kapitalmarkt immer weniger Zins erbringen würde, würde das Geld dann nicht in andere Geldvermehrungsmöglichkeiten drängen, z.B. in Spekulationen der verschiedensten Art? (Zur Vermeidung wachsender Bodenspekulation wird in der freiwirtschaftlichen Bewegung eine Bodenreform gefordert, auf die ich hier nicht näher eingehen will.) Welche Probleme ergeben sich z.B., wenn immer mehr Geld an die Aktienbörsen strömt? Oder in direkte Beteiligungen an Unternehmen? Würden die dadurch möglichen Vermögenszuwächse nicht ebenfalls die sozialen Gegensätze verschärfen?


      Regulierung der Geldmenge ohne Leitzins?
      Im bisherigen Geldsystem wird die Geldmenge von seiten der Zentralbank wesentlich reguliert durch Veränderungen des Leitzinses (z.B. Diskontpolitik): Erhöhung des Leitzinses, um den Geldzufluß zu drosseln, und Senkung des Leitzinses, um ihn zu erhöhen. (Wir kommen noch ausführlich darauf zu sprechen.) Welches Instrument der Geldmengenregulierung soll - wenn der Zins langfristig auf Null absinkt - an die Stelle des Leitzinses treten? Die Zentralbank müßte auf andere Weise als über Kredite an die Banken das Geld in Umlauf bringen und die Geldmenge flexibel den Veränderungen des Sozialproduktes und des Preisniveaus anpassen können.


      Kreditselektion ohne Zins?
      Bisher reguliert der Zins das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage nach Krediten. Bei einem Nachfrageüberhang steigt der Zins, bei einem Nachfragemangel nach Krediten sinkt der Zins. Er wirkt auf diese Weise auch als ein Selektionsinstrument: Investitionen, die den geforderten Zins nicht erwirtschaften, können nicht finanziert und realisiert werden. Welches Selektionsinstrument soll an die Stelle des Zinses treten, wenn der Zins auf Null sinkt? Gibt es überhaupt andere Selektionsinstrumente, die die verschiedensten Investitionen auf einen gleichen Nenner bringen und dadurch untereinander vergleichbar machen? Und wenn nicht, sind es dann nur politische Entscheidungen, die der einen oder der anderen Investition den Vorzug geben? Und wenn ja, eröffnet dies nicht neue Gefahren einer sich verselbständigenden Bürokratie und entsprechender Korruption? Wenn aber die Funktion des Leitzinses und seine Funktion als Selektionsinstrument erhalten bleiben sollen, dann kann der Zins langfristig nicht auf Null sinken. (Oder aber das Absinken bezieht sich auf das durchschnittliche Zinsniveau, von dem es differenzierende Abweichungen nach oben und unten geben müßte.) 34


      Die Macht der Banken
      Wäre es angesichts der Macht der Banken überhaupt gewährleistet, daß die Zinssenkung (die durch den vermehrten Zustrom von Geldkapital zum Kapitalmarkt entsteht) an die Kreditnehmer weitergegeben wird? Könnte es nicht auch dazu führen, daß die Banken zwar die Sparzinsen (für Geldanleger) senken, aber die Kreditzinsen auf dem früheren Niveau belassen und den wachsenden Überschuß als wachsende Bankgewinne einstecken?

      Die Macht der Banken scheint insgesamt ein blinder Fleck der Freiwirtschaftslehre zu sein: Sie bleibt fast völlig unangetastet und soll durch ein neues Geldsystem auch nicht grundsätzlich in Frage gestellt werden. Ist dies ein Ausdruck mangelnden Problembewußtseins oder Ausdruck taktischer Überlegungen, daß man sich mit den freiwirtschaftlichen Gedanken und Vorschlägen nicht zu viele Gegner auf einmal schaffen will? Das Wirken marktwirtschaftlicher Prinzipien ist aber wohl in wenigen Bereichen so offensichtlich durch Marktvermachtung gestört wie im Bankensektor. Die Macht der wenigen Großbanken in der Bundesrepublik ist dabei nicht nur auf ihren Anteil am Kreditvolumen beschränkt, sondern beinhaltet vor allem auch deren Einfluß auf Aktiengesellschaften und Konzerne durch Kapitalbeteiligungen und "Depotstimmrecht".


      Gewinnorientierung, Konkurrenz, Marktvermachtung und Ausbeutung
      Ein weiterer blinder Fleck - und ein noch viel größerer - ist die weitgehende Ausblendung oder Verdrängung des Konflikts zwischen den Eigentümern an Produktionsmitteln und den Lohnabhängigen, wie ihn Marx herausgearbeitet und als "Widerspruch von Lohnarbeit und Kapital" bezeichnet hat. Die Tatsache, daß Marx die Problematik des Zinses nicht klar erkannt hat, entwertet nicht seine tiefgehende Analyse der Struktur und Dynamik kapitalistischer Systeme, insbesondere seine Aufdeckung der Herrschaftsstrukturen innerhalb des kapitalistischen Produktionsprozesses mit der ihm eigenen Fremdbestimmung der Arbeit. Daran würde sich auch durch ein alternatives Geldsystem im Prinzip nichts ändern.

      Allerdings würde der Druck, der durch den Zins auf den Unternehmen lastet, erheblich nachlassen, und entsprechend der dadurch bedingte Druck auf die Arbeiter, die Lieferanten und die Abnehmer. Aber dennoch bliebe ein gewisser Druck bestehen und würde unter Aufrechterhaltung einer privatwirtschaftlichen Marktwirtschaft fortwirken: der Druck der Konkurrenz, dem die einzelnen privatwirtschaftlichen Unternehmen nach wie vor ausgesetzt wären; und der nicht nur belebende, sondern auch spaltende Wirkungen hat: Es bliebe ein Antrieb der Arbeitszersplitterung und Hierarchie, der Trennung von Hand- und Kopfarbeit in den Betrieben und der Entfaltung von Macht auf den Bezugsmärkten bzw. Absatzmärkten. 35 Es darf auch nicht vergessen werden, daß der Wettbewerb oder die Konkurrenz sich nicht nur zwischen annähernd gleichstarken Unternehmen abspielen würde, sonder zwischen einer großen Zahl kleiner und mittlerer Unternehmen einerseits und wenigen Großunternehmen und Konzernen andererseits mit Dominanz- und Abhängigkeitsstrukturen.

      Der privatwirtschaftliche Gewinn ist eben nicht nur Entgelt für unternehmerische Leistungen (Unternehmerlohn) bzw. für die Übernahme von Risiko (Risikoprämie), sondern kann auch eine unsichtbare Prämie für den Aufbau und die Entfaltung von Macht beinhalten: nach innen (gegenüber den Beschäftigten) und nach außen (auf den Bezugs- und Absatzmärkten bzw. gegenüber der Politik). 36 Auch in einer vom Zins befreiten privatwirtschaftlichen Marktwirtschaft blieben diese Machtstrukturen und ihr Dynamik - wenn auch in abgeschwächter Form - erhalten. Auf sie ist gleichermaßen der Blick zu richten wie auf den Zins und das Geldsystem. Die Aufdeckung eines bis dahin übersehenen und grundlegenden Konflikts durch Silvio Gesell, nämlich des Konflikts zwischen Geldkapital einerseits und der übrigen Gesellschaft andererseits sollte nicht dazu führen, andere bestehende Konflikte zu leugnen und den Blick dafür zu trüben.


      Kritisches Verhältnis zu den Gewerkschaften
      Die freiwirtschaftliche Bewegung hatte bisher überwiegend ein sehr kritisches Verhältnis zu den Gewerkschaften. Diese sind mit Recht darin zu kritisieren, daß sie wie große Teile der Gesellschaft überhaupt - die Problematik des Zinses bisher nicht erkannt und zum öffentlichen Thema gemacht haben. Aber deswegen auf Distanz zu den Gewerkschaften zu gehen (wie das in Teilen der freiwirtschaftlichen Bewegun geschieht), wird ihrem historischen Verdienst im Kampf um die Verbesserung der Lohn- und Arbeitsbedingungen in keiner Weise gerecht. Das blinde Vertrauen in die sozialverträgliche Selbstregulierung des Arbeitsmarktes widerspricht allen histori schen Erfahrungen. Ohne Gewerkschaften hätten wir heute noch Lohn- und Arbeitsbedingungen wie in Zeiten des Frühkapitalismus. Das wird deutlich an den Ländern, in denen Gewerkschaften auch heute noch verboten oder in denen ihre Rechte stark eingeschränkt sind, wie in den meisten Ländern der Dritten Welt. Die Lohnbildung allein dem Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage nach Arbeitskraft zu überlassen, kann in Zeiten eines Überangebots von Arbeitskräften zu Hungerlöhnen führen, die sogar unter das Existenzminimum fallen und soziale Katastrophen bewirken können. Daran würde ein alternatives Geldsystem ohne Zins im Prinzip nichts ändern.

      In einem alternativen Geldsystem würde zwar der durch den Zins verursacht Druck auf die Unternehmen, der an die Lohnabhängigen weitergegeben wird, nachlassen. Aber solange Konkurrenzdruck und privatwirtschaftliche Gewinnorientierunge herrschen, wird das Bestreben der Unternehmen unter anderem dahin gehen, die Löhne als einen Kostenfaktor niedrig zu halten und ein Maximum an Arbeitsleistung aus den Lohnabhängigen herauszuziehen. Selbst wenn durch Ausbleiben von Krisen und Massenarbeitslosigkeit die Marktposition der Lohnabhängigen gestärkt würde, bedürfte es noch auf unabsehbare Zeit der Gewerkschaften, um die entsprechenden Interessen der Lohnabhängigen auch wirksam durchsetzen zu können. Der Arbeitsmarkt - das hat die Geschichte des Kapitalismus immer wieder gezeigt - reguliert sich nicht von selbst, und wenn er es tut, dann mit der Folge unermeßlichen sozialen Elends. Wenn der Lohn unter das Existenzminimum absinkt, hat der Lohnabhängige eben nicht (wie der Geldkapitalbesitzer bei niedrigen Zinsen) die Möglichkeit, sein Angebot zu verweigern, sondern er muß seine Arbeitskraft trotzdem anbieten, und sogar noch im verstärktem Maße. Die freiwirtschaftliche Bewegung sollte nicht der Illusion anhängen, als könnte in einem alternativen Geldsystem ein "freier" Arbeitsmarkt die sozialen Probleme von selbst lösen. Solange sie derartige Illusionen verbreitet, wird sie mit Recht von Seiten der Gewerkschaften auf Unverständnis und Ablehnung stoßen. Dies aber macht es schwierig, daß wichtige und richtige Einsichten der Freiwirtschaftler (in die Problematik der herrschenden Geldordnung und Bodenordnung) in gewerkschaftliche Kreise einfließen und sich so in der Arbeitnehmerschaft ausbreiten. Ein Teil der Isolierung und bisherigen politischen Wirkungslosigkeit der freiwirtschaftlichen Bewegung scheint mir insofern auch selbst verschuldet zu sein, weil von ihr teilweise falsche Fronten und von der Sache her unnötige Verhärtungen aufgebaut worden sind. Trotz dieser offenen Fragen in bezug auf eine neue Geldordnung und der kritischen Vorbehalte gegenüber der Freiwirtschaftslehre scheint mir eine unvoreingenommene Auseinandersetzung mit der Problematik der herrschenden Geldordnung und des Zinssystems - und mit der Suche nach einem "Dritten Weg" anstelle von Kapitalismus und Sozialismus - dringend geboten. Heutzutage vielleicht mehr denn je. 37



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      34 Ein interessanter Gedanke in diesem Zusammenhang stammt von Erhard Glötzl. Er plädiert für eine Entkoppelung von Soll- und Habenzinsen. Letztere sollen durch Einführung einer "Geldnutzungsgebühr" abgebaut werden und auf diese Weise die Eskalation der Geldvermögen und Verschuldung auflösen. Erstere sollten in Form einer "Kreditgebühr" als Steuerungsinstrument für die Kreditnachfrage dienen. Siehe hierzu seinen Artikel "Über die (In-)Stabilität unseres Geld- und Wirtschaftssystems aus der Sicht eines Technikers", SBL, Gruberstr. 40-42, A-4010 Linz.
      35 Diese von der Gewinnorientierung ausgehenden Tendenzen habe ich ausführlich abgeleitet in meiner "Kritik der marktwirtschaftlichen Ideologie", FHW Berlin 1980.

      36 Diese Zusammenhänge haben mich schon 1979 beschäftigt, in dem Kapitel "Der Gewinn als ökonomischer Hebel" in: Bernd Senf, Dieter Timmermann: Denken in gesamtwirtschaftlichen Zusammenhängen Band 2, Bonn-Bad Godesberg 1971.

      37 Zur Vertiefung dieser Fragen siehe vor allem "Der Dritte Weg" - Zeitschrift für die natürliche Wirtschaftsordnung" (Redaktion: Erftstr. 57, 45219 Essen) sowie "Zeitschrift für Sozialökonomie", Gauke-Verlag, PF 1320, 24319 Lütjenburg.
      Avatar
      schrieb am 25.08.02 17:42:38
      Beitrag Nr. 5 ()
      weiterführende Informationen erhält man auf der Seite Geldrefom.de
      eine sehr empfehlenswerte Seite

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      Avatar
      schrieb am 25.08.02 23:23:34
      Beitrag Nr. 6 ()
      interessant - danke für die Info

      Ich hatte bislang noch nichts darüber gehört
      Avatar
      schrieb am 27.07.03 12:35:30
      Beitrag Nr. 7 ()
      .
      Avatar
      schrieb am 27.07.03 14:00:02
      Beitrag Nr. 8 ()
      "Freigeld" ist die Ausgeburt des Schwachsinns, von ökonomischer Unvernunft nur so strotzend, zusätzlich mit einer irreführenden Bezeichnung, richtigerweise müsste es "Zwangsgeld" oder "Schwundgeld" heißen.

      Die immensen Nachteile wurden ausführlich im Politikforum bis ins kleinste Details diskutiert, es gibt/gab dort mal einen Oberlemming dieser Theorie (sittinbull...), einige gut zusammengefasste entlarvende Arguemten gegen die Schwundgeld-Theorie hat der User for4zim mal in eigenen Threads vorgebracht. Ich empfehle, mal die WO-Suche zu benutzen, um nicht im Goldforum die gleichen Diskussionsketten zu wiederholen.

      Die Fehler der Theorie:

      Thread: Freigeld - die Fehler in der Theorie
      Thread: Die Fehler der Freigeldtheorie - Teil 2: Soziales

      Für mich ist die Theorie des Freigeld so gut und idealistisch wie die Theorie des Kommunismus, beide haben viel an ideologischer Verbortheit gemeinsam.

      Mögen es der Menschheit erspart bleiben, dass erstere Theorie auch in die Realität umgesetzt wird.
      Avatar
      schrieb am 27.07.03 16:45:03
      Beitrag Nr. 9 ()
      Was soll das Freigeld an der Situation ändern?
      - bei Null % Zinsen sind Japan und USA so wie so schon (fast).
      - Geld ist massig da also wer soll behindert werden?
      - Bestehende Verträge müssen eingehalten werden.

      Das Problem ist doch zur Zeit genau umgekehrt. Die Verschuldung.

      Bei der Verschuldung sollte nicht nur der Zinzefekt gesehen werden.

      Letztendlich stellt jede Verschuldung vorweggenommen Konsum und damit vorweggenomme Arbeit dar.
      Wenn das ganze Volkswirtschaften über Jahrzehnte betreiben kann das nicht gutgehen. Der Weg führt in die Deflation.

      Erst wenn genügend Firmen über die Klinge gesprungen sind weil die Verschuldung zurückgefahren wird kann es anschliessend zur Inflation kommen.

      Bei Freigeld kommt es viel eher zu einer Überschuldung, da sie kostenlos ist. Als wie soll das eine Lösung sein, ausser natürlich für die Umverteilung von Unten nach Oben.

      Gruß Basic


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