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    Wie kann Deutschland gerettet werden? - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 11.03.04 10:56:13 von
    neuester Beitrag 29.03.04 15:56:22 von
    Beiträge: 77
    ID: 833.259
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      schrieb am 11.03.04 10:56:13
      Beitrag Nr. 1 ()
      Gestern habe ich ohne Begründung das Ende der Echo-Rallye vermutet. Mein Freund "Future" hat mich heute dazu angeregt, einmal mein Szenario zu Papier zu bringen. Es ist pessimistisch. Bitte überzeugt mich vom Gegteil.
      Bringt Lösungsvorschläge und haltet Euch dabei bitte an die Board-Regeln:



      Deflation – Inflation: Ein pessimistisches Szenario

      Bedingt durch den Globalisierungsdruck, Überkapazitäten, Sparzwang und Käuferstreik wird die Deflation in den nächsten Jahren unser Wirtschaftssystem bedrohen. Die Preise Fallen und Arbeit wird immer billiger und knapper mit den entsprechenden Folgen für die Sozialsysteme. Später, wenn die die Staatspleite akut wird und der Preisdruck von der Rohstoffseite zunimmt (vor allem durch knappes Öl), geht die Deflation wahrscheinlich in Inflation über.

      Wer z.B. ein Haus kaufen will, sollte (wenn ich recht hätte) jetzt sein Pulver trocken halten. (Wer zu früh kauft, den bestraft das Sonderangebot). In wenigen Jahren würde der Markt dann mit Immobilien überschwemmt, weil überschuldete Häuslebauer zu jedem Preis verkaufen müssten. Wenn dann die Inflation kommt, können Immobilien Werte konservieren. Gold wäre auch eine Alternative (wenn es noch was nutzt)!

      Das aufeinander folgen von Deflation und Inflation ist vor dem zweiten Weltkrieg schon einmal ähnlich abgelaufen. Es muss keinen neuen Weltkrieg geben aber wir werden wahrscheinlich Bundeswehreinsätze im Inneren sehen, wenn " die Systeme" nicht mehr tragen und der bürgerliche Mittelstand in Existenzpanik gerät. Die Bürgerüberwachung wird ja schon aufgerüstet. Ebenso die Einlullung der Menschen durch " Tittiytainment" , Medientrash, Schönfärberei und „Massenverfettungswaffen" .

      Was sich nicht bestimmen lässt ist das Timing der Entwicklung. Der „Deflations-Tanker“ ist noch träge und die „Schuldeneinheizer“ kommen mit dem feuern noch nach, aber von einem bestimmten Punkt an, könnten sich die Ereignisse überschlagen.

      Die Chinesen arbeiten für ca. 70 Cent die Stunde, sie kennen kaum soziale Absicherung und Umweltstandards. Diese Kosten-Schere können wir durch Reformen nicht (auch nicht annähernd) schließen. Die Reförmchen wirkten wie eine Fahrradbremse am ICE.

      Wir befinden uns in einer Zwickmühle, in die wohl jede sich entwickelnde Gesellschaft auf Dauer gerät (wie schon die alten Römer). Marktwirtschaftliche Systeme benötigen durch den Zinsdruck (man muss immer mehr zurückzahlen als man sich geliehen hat) ständiges Wachstum. Ständiges Wachstum frisst sich jedoch am Ende selbst, oder stößt an Grenzen. Es gilt das universelle Gesetz des abnehmenden Grenznutzens. Ob beim Bierkonsum oder beim Wirtschaftswachstum , irgendwann kommt der Kater. Auch Kebszellen, die sich in ihrem „Wirt“ exponentiell wachsen, werden am Ende Oper ihres Wuchers. Es gibt Grenzen für alles. So ist es logisch, dass die Schwellenländer mehr Wachstumspotential haben als das ausgewachsene Deutschland. Mein 8-jähriger Sohn hat auch mehr Wachstumspotential als ich. Weil wir jetzt offensichtlich Grenzen erreicht haben, was die Verschuldung und den Umfang der Sozialsysteme angeht, werden Reformen angemahnt. Ohne drastische Reformen crashen die Systeme wird zu Recht festgestellt. Doch durch drastische Reformen wird der Kreislauf ebenfalls abgewürgt. Denn wenn in Deutschland alles "halbiert" wird, können die Systeme (Renten, Gesundheit, Arbeitslosen- und Sozialhilfe) nicht überleben. Die Haushalte von Bund, Ländern, Gemeinden, Unternehmen und Privatpersonen würden ebenfalls zusammenbrechen. So haben alle irgendwie Recht. Es stimmt, dass wir sparen müssen und Kosten senken sollten, es stimmt allerdings auch, dass Autos keine Autos kaufen. Es stimmt nach Keynes, dass der Staat in Schwächphasen als Ersatznachfrager Schulden aufnehmen und investieren sollte um Deflation zu verhindern. Es stimmt aber auch, dass uns die Schulden und die Zinsen längst erdrücken. Ich befürchte, es gibt keine Lösungen außer drastischer Kontraktion und Systemzusammenbrüchen bedingt durch die " normative Kraft des Faktischen". Der Prozess läuft bereits und hat den " point of no return" wohl schon überschritten.

      Die Demografie (Kindermangel) wirkt als Multiplikator ebenso wie unserer Rohstoffabhängigkeit und der Verfall unseres Innovations-Vorsprungs. Umweltverramschung und Plünderungskosten kommen hinzu. Aber auch dies sind Kosten, die noch auf die Zukunft abgewälzt werden können und bisher schwerpunktmäßig in anderen Kontinenten entstehen.

      Viele Arbeitsplätze in Deutschland stehen an der Klippe. Da reichen 4-5 Jahre Deflation um die Lichter auszublasen. Bei vielen geht es auch noch schneller. Die industrielle Basis und somit das Rückgrat unserer Wertschöpfungskette wird mit der Abrissbirne behandelt. Besuchen Sie z.B. in einen Baumarkt und schauen sie was da noch "made in Germany" ist. Beinahe jeden Tag hört man von Firmenverlagerungen und Stellenkürzungen.


      Ich berate z.B. Bäckereifilialisten. Selbst Teiglinge für Brötchen werden inzwischen aus Polen importiert und hier verramscht. Auch wenn der „Geiz ist geil – Wahnsinn“ nachlässt, der Sparzwang wird bleiben. Wir werden am Standort Deutschland nicht billig produzieren können. Die vorhandenen, für unser Wirtschaft notwendigen Strukturen und Lebenshaltungskosten lassen das nicht zu, auch wenn wir den Gürtel enger schnallen. Wenn sich gleichzeitig die Innovationsfähigkeit weltweit nivelliert, werden die Wohltandniveaus anpassen. Wer dabei von unten kommt hat damit kaum Probleme. Eine drastische Anpassung nach unten, wie sie für Deutschland und andere westliche Länder ansteht, beinhaltet das Rsiko von „Verwerfungen“.

      Wenn der Staat sich nicht seit vielen Jahren exponentiell verschulden würde (es handelt sich dabei um ein Kettenbriefsystem), um das wachsende Wertschöpfungsdefizit auszugleichen, wäre längst Schluss mit lustig. So konnte das böse Erwachen seit vielen Jahren in die Zukunft verlagert werden wobei sich die Fallhöhe ständig vergrößert, bis der Zinseszinseffekt am Ende seine Sprengkraft entfaltet. Die angehäuften Schulden werden wohl niemals zurückgezahlt und deshalb wird es einer meiner Meinung nach mit einer Inflation enden. Wir haben einen langen Boom hinter uns, der mit der New-Economie-Manie endetet. Die Folgen sind noch nicht annähernd verarbeitet. Die Wirtschaft wird weiterhin, auch in den USA, künstlich am Leben erhalten. Dort wurde die Geldpresse bereits angeworfen. Die Amerikaner kaufen vor allen in Japan und China dinge die sich nicht brauen, mit Geld das sie nicht haben. Die Folge ist ein gigantisches Außenhandelsdefizit der Amerikaner. Zum Ausgleich und um den Kreislauf aufrecht zu halten kaufen China und Japan amerikanische Staatsanleihen. Aber die Käufe reichen längst nicht mehr, was den Dollar unter Druck setzt. Auch hier handelt es sich um ein Kettenbriefsystem mit Verfallsdatum. Kommt diese Pumpe zum Stillstand, könnte dies auch der noch fehlende „Trigger“ für den Knock-out in Europa bedeuten.
      Was wir jetzt z.B. an den Börsen sehen ist eine Echo-Rallye, getrieben durch die " Schön-Wetter-Generationen", die sich außer ständigen Wohlstandsvermehrungen und Depotzuwächsen, unterbrochen von kleine " Konsolidierungen" nichts anderes (schon gar keinen Kondratieff Winter) vorstellen können.

      Ausgang ungewiss aber wenig wird bleiben wie es ist!

      Vielleicht ist Abschottung auf niedrigerem Niveau eine Lösung - aber auch dieser Gedanke gefällt mir nicht. Besser wären Lösungen im Weltmaßstab - aber wir bekommen ja nicht mal unsere Bundesländer unter eine Decke.
      Die USA suchen die Lösung aus Notwehr inzwischen in geopolitischen Kriegen. Es geht also schon ums " Eingemachte". Das werden wir auch bald noch viel stärker spüren.

      Dies ist nur meine persönliche Einschätzung. Manchmal passieren zum glück Dinge, auch positive, mit denen man nicht rechnet.

      So hoffe ich auf dass Gute und befürchte das Schlimmste!

      Gruss stormy (expecting stormy times)
      Avatar
      schrieb am 11.03.04 11:03:29
      Beitrag Nr. 2 ()
      Du hast noch den Meteoriten vergessen, der die Erde zertrümmern wird. :D :D
      Avatar
      schrieb am 11.03.04 11:11:04
      Beitrag Nr. 3 ()
      In 30 Jahren stehen wir auf dem Level eines 2. Welt-Landes, ungefähr wie die Ukraine.

      Über Korruption und staatliche Übergriffe wird sich niemand mehr Gedanken machen müssen, sie werden zum Alltag gehören.

      Die Gehälter und Löhne werden nicht mehr in Geld, sondern in Naturalien bezahlt, z.B. arbeitet jemand in einer Schuhfabrik :laugh: , wird er am Monatsende mit Schuhen bezahlt, die er dann gegen Zigaretten, Schaps und ner Zeitung eintauschen kann, damit er/sie es unter der Brücke ein wenig angenehmer haben.

      Die, die wirklich was besitzen, werden sich mit Privatarmeen schützen.
      Unsere Frauen und Mädchen werden von Menschenhändlern nach Bangkok verkauft, wo Ihnen erst die Organe entnommen werden
      (bringen ja auch Geld).

      Männer werden sich in Spielshows gegenseitig auf alle erdenkliche Art bis zum Tod bekämpfen.
      Avatar
      schrieb am 11.03.04 11:13:47
      Beitrag Nr. 4 ()
      @thorulte, junger Freund, dass ist alles eine Sache von Eintritts-Wahrscheinlichkeiten. Rechne bitte selber!
      Avatar
      schrieb am 11.03.04 11:18:17
      Beitrag Nr. 5 ()
      Ende 2000, kurz vor der Bush-Wahl, habe ich mich schon einmal zu einem pessimistischen Szenario hinreissen lassen:

      1 von Stormy 13.12.00 15:46:10 Beitrag Nr.: 3.812.350.794 3812350794
      Dieses Posting: versenden | melden | drucken | Antwort schreiben
      "Weiter so-Bush" hat den Sieg in der Tasche. Das Thema Nachhaltigkeit in der Wirtschaft ist damit abgehakt. Kann sein, dass die alten Rezepte (schlachtet die Kuh anstatt sie zu melken) noch einige Jahre tragen. Aber die Party ist bald zu Ende - vielleicht sogar sehr bald durch ein "hard landing". Bei Gore hätten die Systeme durch langsame Anpassung an die globalen Realitäten noch eine kleine Chance gehabt. Jetzt Lautet das Motto: Kampf um die fossilen Brennstoffe und Todesstrafe anstatt regenerative Energie und Menschenrechte!
      Bush wird durch Steuersenkungen noch einmal versuchen, die "Nimm was Du kriegen kannst" Ära zu verlängern und anzuheizen. Ein notwendiger "Paradigmenwechsel" wird verhindert. Er wird als politisches Fossil und verschleuderer des Tafelsibers in die Weltgeschichte eingehen. Wenn es den Amis erst schlecht geht, werden sie sich verhalten wie ein angeschossenes Wildschwein: rücksichtlos, taumelnd dem Abgrund entgegen - und viele andere werden sie dabei mitnehmen! Verzichten und zurückstecken wie die Russen ist den Amis nicht in die Wiege gelegt!

      Ihr dürft Euch fürchten - die goldene Nachkriegsära hat ihr Pulver verschossen. Ein Lichtblick könnte ein pragmatisches, vereintes Europa sein. Aber viel können wir dem amerkanischen Größenwahn, der jetzt im Niedergang ungeahnte Ausmaße annehmen wird, nicht entgegensetzten.




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      Avatar
      schrieb am 11.03.04 11:28:22
      Beitrag Nr. 6 ()
      Kurzes feedback,
      Stormy,thanks für die Eröffnung,werde mich rege beteiligen,bis dann;)
      Avatar
      schrieb am 11.03.04 12:47:16
      Beitrag Nr. 7 ()
      merci für dein hervorragendes eingangsposting, Stormy.

      dein fazit zur realen krise und der globale kontext hebt
      sich wohltuend von den üblichen parteipolitsch gefärbten
      geschreibsel hier ab - wobei ich mich davon auch nicht
      freisprechen möchte.

      als erstes möchte ich eine frage an dich loswerden:

      >was verstehst du unter "Kondratieff-Winter"?
      >bis dato bin ich vom übergang des 5.zyklus in den beginn
      >der "wellness-phase" ausgegangen.

      mit Rüspektgrüßen an dich und an @Fjutscher-man:cool:,
      ciao
      Avatar
      schrieb am 11.03.04 13:01:21
      Beitrag Nr. 8 ()
      Kann mich noch gut an die Schreckens-Szenarien des Club of Rome erinnern. Haben damals zu Ölkrisen geführt, ja ganze Weltwirtschaftskrisen ausgelöst. Waren alles Hirngespinste.
      Avatar
      schrieb am 11.03.04 13:43:41
      Beitrag Nr. 9 ()
      @gemma: Das unserer industrielle Basis und damit der Kern unseres Wohlstands schrumpft ist jedoch kein Hirngespinst. Da ist man nicht einmal auf die Medien angewiesen - dass kann man selbst beobachten.

      Der Club of Rome hat sich auf vielen Feldern geirrt. Besonders beim timing. Aber längst nicht auf allen Feldern.

      @Dolcetto:

      An der Zwickmühle in der sie stecken werden wohl auch die großen Parteien zerbrechen. Zuerst die SPD und nach der nächsten Bundestagswahl die CDU.

      Betr. Kondratieff-Winter (Quelle leider unbekannt)

      Die "langen Wellen" von Kondratieff, ein Zyklus von Aufschwung und Abschwung dauert ca. 60-70 Jahre. Eine Periode von Wirtschaftsexpansion ist unweigerlich gefolgt von einer Periode der Kontraktion oder sogar Depression. Während der Aufschwungsphase gibt es 3 ausgeprägte, unterschiedliche Perioden.
      Weil diese Perioden die Charakteristiken der Jahreszeiten unseres Kalenders haben, Frühling, Sommer, Herbst und Winter bezeichnet der Zyklenanalyst Ian Gordon jede Konjunkturphase nach der betreffenden Jahreszeit.
      Die Frühlingsphase ist z.B. die Phase, in der die Wirtschaft, wenn die Krise überwunden ist, sich wieder zu erholen beginnt. Die drei ersten Jahreszeiten sind Phasen des Wachstums, der Expansion und des allgemeinen Wohlergehens.
      Seit 2000 hat nun die unangenehmste Phase begonnen - die Kondratieff`sche Winterphase. Das Wirtschaftsleben tritt jetzt seinen Winterschlaf an. Jeder der die Natur betrachtet, weiss was das bedeutet.
      Die Winterphase im Wirtschaftsleben hat 2 Hauptursachen.
      1. Da der Aufschwung mit mehr Kredit angeheizt wurde als das Wirtschaftswachstum vertrug, kann die Zinslast nicht mehr bedient werden.
      2. Da zuviel Kredit in die Wirtschaft geflossen ist, sind entsetzlich schlechte Fehlinvestitionen gemacht worden. Diese kosten soviel, dass die exponentiell steigenden Schulden nicht mehr bedient werden können.
      Diese Fehler müssen nun während der Winterphase korrigiert werden. Das war schon so während der Grossen Depression der 1930er Jahre. Da wir alle früheren Fehler wiederholt haben, wird es auch dieses Mal so sein. Ja es ist sogar möglich, dass es diesmal noch schlimmer kommt. Denn zum ersten Mal in der Weltgeschichte ist die ganze Welt auf einem Papiergeldsystem ohne Deckung. Das gab es noch nie. Bisher waren es nur einzelne Länder, heute die ganze Welt. In der Geschichte haben alle Papiergeldsysteme schlecht geendet, alle ohne Ausnahme.
      Jede Kondratieffphase dauert ungefähr ¼ eines Zyklus oder ca. 15 Jahre. Da der Winter erst im Jahr 2000 begonnen hat, ist damit zu rechnen, dass er noch lange nicht zu Ende ist.
      Avatar
      schrieb am 11.03.04 13:47:17
      Beitrag Nr. 10 ()
      Gesundheit - der neue Megamarkt des 21. Jahrhunderts


      Das herkömmliche Gesundheitswesen kann in seiner derzeitigen Struktur kein Träger des sechsten Kondratieffs sein. Es ist mit zu vielen internen Problemen belastet: starke innovationshemmende Partikularinteressen, unzureichendes Gesundheitswissen, zu viel Burokratie, zu viel Verschwendung von Ressourcen, zu wenig Aufklärung und Prävention. Das herkömmliche Gesundheitswesen ist darauf fokussiert, mit Hilfe von Naturwissenschaft, Mechanik und Technik Krankheiten zu erforschen, zu diagnostizieren, zu behandeln und zu verwalten. Behandelt werden vor allem Symptome, weniger die Krankheitsursachen. Bei dieser Ausrichtung kommen die subtilen seelischen, sozialen, ökologischen und geistigen Risikofaktoren zu kurz. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist die einseitige Ausrichtung auf Krankheiten äußerst schädlich, weil dadurch die meisten Akteure finanziell auf eine ausreichende Zahl von Kranken und Krankheiten angewiesen sind und kein wirkliches Interesse an einer gesunden Bevölkerung haben können. So zynisch es klingt: Wachstum im derzeitigen Gesundheitswesen kann praktisch nur stattfinden, wenn es noch mehr Kranke und noch mehr Krankheiten gibt.

      Und die Zahl der Erkrankungen nimmt seit Jahrzehnten ständig zu, bedingt zum Teil durch das Älterwerden der Menschen, vor allem aber durch den moderne Lebens-, Arbeits- und Ernährungsstil. Jeder vierte Jugendliche in Europa leidet unter Allergien, in zehn Jahren soll es jeder zweite sein. Asthma unter Jugendlichen hat in den USA im Zeitraum 1980-1994 um 75 Prozent zugenommen. Die Zahl der Diabetiker wird sich in den nächsten zehn Jahren weltweit verdoppeln. Den wachsenden Kosten im Gesundheitswesen kann nicht mit einem Ausbau des derzeitigen kurativen Therapieangebotes wirksam begegnet werden.

      In der Umstrukturierung des Gesundheitswesen von Krankheits- auf Gesundheitsorientierung schlummern deshalb die größten Produktivitätsreserven. Um diese Ressourcen zu erschließen, werden neue Konzepte, Strategien und Angebote benötigt, die nicht auf die Reparatur von Krankheiten, sondern auf die Herstellung und Erhaltung von Wohlbefinden und Gesundheit ausgerichtet sind und den Menschen ganzheitlich ernst nehmen.

      Kondratieffzyklen bauen aufeinender auf. Das Auto des vierten Kondratieffs beispielsweise war Voraussetzung für den fünften, denn ohne ein flexibles Transportmittel könnten die Millionen von PCs, Drucker, Bildschirme usw. gar nicht in die Haushalte und Büros transportiert werden. Der fünfte Kondratieff seinerseits ist Voraussetzung für die Fortentwicklung des vierten: Zwanzig bis dreißig Prozent des Produktionswertes eines modernen Autos besteht inzwischen aus Informationstechnik. Eine ähnliche Beziehung besteht zwischen dem fünften und sechten Kondratieff: Ohne leistungsfähige Computer könnte z.B. die Masse an Daten, die in der Genanalyse anfällt, gar nicht ausgewertet werden; und der sechste Kondratieff wird eine wichtige Voraussetzung für die Fortentwicklung des fünften sein (z.B als e-Health).

      Kondratieffzyklen sind nicht nur lange Wirtschaftsschwankungen, nicht nur Produktivitäts-und Wachstumsschübe. In jedem Langzyklus enstehen neue Ideen, neue Strategien, neue Bedürfnisse, neue Firmen, neue Arbeitsplätze, neue Formen der Arbeitsorganisation, neue Qualifikationsanforderungen, neue Produkte und Dienste, neue Infrastrukturen, neue Gesetze, neue politische Prioritäten. Auch der nächste, der sechste Kondratieff ist eine Herausforderung, die nicht von einer einzelnen Branche oder einem einzelnen Ministerium bewältigt werden kann. Es ist eine Aufgabe, zu deren Lösung es einer weitgehenden Reorganisation der ganzen Gesellschaft bedarf
      Avatar
      schrieb am 11.03.04 14:54:08
      Beitrag Nr. 11 ()
      Hallo Stormy!!

      Kannst du mir sagen wie man auf diesen 70jährigen Zyklus kommt?? Gab es vorher schon 1860, 1790 und 1720 solche Tiefs?

      Deine Theorie ist sehr pessimistisch aber leider nicht ohne Grundlagen. Man merkt doch in der ganzen Welt, dass jeder einzelne versucht seine Schäfchen noch ins trockene zu bringen. Gerade die Gier auf den höchsten Stufen der Gesellschaft lässt den Schluss zu, dass momentan das Motto herrscht rette sich wer kann.

      Bei allem Pessimismus muss ich auch auf einige Gegenbeispiele hinweisen. Dänemark zum Beispiel hat seit Jahren Überschüsse im Staatshaushalt erwirtschaftet.
      Man kann also dem Teufelskreis aus Zins-und Zinseszins entkommen. Weiss eigentlich jemand wie die Dänen das geschafft haben und wie ihre Ausgangslage war? (Staatsverschuldungshöhepunkt, Wirtschaftswachstum, demografische Faktoren)
      Avatar
      schrieb am 11.03.04 15:12:33
      Beitrag Nr. 12 ()
      @kosa

      Der erste Kondratieffzyklus begann Mitte des 18. Jahrhunderts und lief Mitte den 19. Jahrhunderts aus (Höhepunkt ca. 1800 bis ca. 1850). Er markierte den Übergang von der Agrargesellschaft in die Industriegesellschaft. Ausgelöst und getragen wurde er durch die Erfindung der Dampfmaschine, der Fabrik und grundlegenden Neuerungen in der Textilindustrie (Handwebstuhl und Spinnmaschinen). Durch diese Innovation wurde es möglich, die Produktion von Garnen, Tüchern, Stickereien und Bekleidung vom Handwerk, Heimarbeit und Manufaktur zur wesentlich produktiveren Fabrikarbeit zu verlagern und nach und nach zur industriellen Massenproduktion überzugehen. Eine neue soziale Klasse entstand, der Arbeiter. In ihrem Gefolge kam es zur Konzentration der Arbeit in Fabriken und zum Wachstum der Städte und der städtischen Infrastruktur.
      Der zweite Kondratieffzyklus war die große Zeit des Stahls (Höhepunkt ca. 1850 bis ca. 1900). Die entstandenen Fabriken konnten ihre Produktion nur ausweiten mit der Erfindung der Eisenbahn und des Stahlschiffes. Außer Lokomotiven, Gleisen und Bahnhöfen konnten nun auch Schiffe, Brücken, Häuser und große Mengen verschiedenster Maschinen, Werkzeuge, Waffen und Verbrauchsgüter aus Stahl hergestellt werden.
      Im dritten Kondratieffzyklus (Höhepunkt ca. 1900 bis ca. 1950) reorganisierte sich die Gesellschaft, um das Potential der elektrischen und chemischen Energie in unzähligen neuen Produkten zu nutzen. Elektrizität und Chemie wurden zu den Trägern des Wandels. Dieser Zyklus war von wissenschaftlichen Erkenntnissen abhängig. Genauere Kenntnisse über den Aufbau der Materie und der Elektrodynamik wurden notwendig. Ein Massenkonsum mit elektrischen und chemischen Erzeugnissen von bislang ungeahnten Ausmaßen setzte ein, die Produktionstechnik wurde fast vollständig auf elektrische Energie umgestellt. Deutschland und die USA wurden durch die führende Stellung in Elektrotechnik und Chemie zu Großmächten.
      Der vierte Kondratieffzyklus (Höhepunkt ca. 1950 bis ca. 1990) erschloss der Gesellschaft den individuellen Massenverkehr. Dieser Zyklus begann in den führenden USA und in Deutschland nach der Weltwirtschaftskrise, in anderen Ländern aber erst nach dem zweiten Weltkrieg. Er wurde im wesentlichen durch billige petrochemische Energie und ihre diversen Anwendungen, vor allem im Automobil, in der chemischen Industrie und in der Elektrizitätserzeugung getragen. Er wurde überlagert durch den Wiederaufbau der im zweiten Weltkrieg zerstörten Industrien.
      Mineralölwirtschaft und Automobilhersteller bilden den industriellen Kern des vierten Zyklus. Um sie herum entsteht und erwächst ein riesigeres Netz von Zulieferern, Kunden und Anwendern, die dem Zyklus das erforderliche Gewicht verschaffen: Stahl- und Reifenhersteller, Brücken- und Straßenbaufirmen, Speditionen, Raffinerien und Pipelinehersteller sowie Tausende von kleinen und mittleren Zubehörlieferanten arbeiten beiden Branchen kräftig zu. Aber nicht nur das produzierende Gewerbe, auch der Dienstleistungssektor ist umfassend beteiligt: Banken stellen Kredite für den Kauf von Kraftfahrzeugen zur Verfügung, Versicherungen decken die Risiken ab, Reparaturwerkstätten sorgen für stetige Einsatzbereitschaft, der Handel beteiligt sich am Teilverkauf, Tankstellen liefern den Treibstoff, Transportunternehmen gehören zu den besten gewerblichen Abnehmern, Fahrschulen bilden den Nachwuchs aus, der Tourismus profitiert ganz erheblich von der Reiselust und Mobilität des Autobesitzers.
      Der fünfte Kondratieffzyklus ist nicht mehr primär von der Verwertung von Bodenschätzen, Stoffumwandlungsprozessen und Energien getragen, sondern von der Verwertung einer immateriellen Größe: Der Information! Sein Erfolgsmuster ist der produktive und kreative Umfang mit Information. Das wissenschaftliche Fundament des fünften Kondratieffs wird hauptsächlich von der Informatik bereit gestellt. Als Basisinnovation fungiert die Informationstechnik. Jedermann kann beobachten wie die Informationstechnik überdurchschnittliche Wachstumsraten erreicht. Keine andere Technologie konnte in 1980er und 1990er Jahren eine annähernd vergleichbare wirtschaftliche Dynamik und Breitenwirkung vorweisen. Mit ständig zunehmender Geschwindigkeit und Breitenwirkung durchdrang sie alle Bereiche der Gesellschaft. Mehr als jede andere Technologie beherrscht sie den wirtschaftlichen Innovationsprozess, prägt den sozialen, institutionellen und kulturellen Wandel; mehr als jede andere Technologie löst sie übergreifende Impulse aus und hat tiefgreifende Auswirkungen auf die weltweite politische Ordnung.
      Entscheidend für den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt ist der produktive und kreative Umgang mit Information geworden. Auf Eigenschaften wie Lernbereitschaft, Denken in Systemen, Kommunikations- und Beziehungsfähigkeit kommt es jetzt in erster Linie an. Zusätzlich zur materiellen Nachfrage treten geistige, psychische und ökologische Bedürfnisse nach vorne. Da der Mensch der wichtigste Erzeuger, Träger, Vermittler, Benutzer und Konsument von Informationen ist, rückt er erstmalig in der Geschichte in den Mittelpunkt des Strukturwandels.

      Der ist nicht von mir
      Quelle unbekannt

      Gruss stromy
      Avatar
      schrieb am 11.03.04 16:51:13
      Beitrag Nr. 13 ()
      Stormy, dein Szenario kann so eintreten, muß es auch so kommen?
      Kosa hat Dänemark ins Spiel gebracht und Dänemark hat gezeigt, dass es auch anders geht.
      Ich möchte jetzt nicht einen Riesenkatalog aufführen,den wir ja eigentlich alle kennen, sondern die Frage aufwerfen,was passiert,wenn diese Forderungen erfüllen?
      Dabei steht für mich außer Frage, dass die Sozialsysteme vor ihrem Ende stehen, dass es zur Privatisierung Deutschlands kommen muß,hoheitliche Aufgabe ausgenommen.
      Erste Bedingung wäre für mich,ein sofortiges Verbot der Neuverschuldung, zusätzlich muß sofort mit der Schuldenreduzierung begonnen werden.Privatisierungserlöse sind ausschließlich zur Schuldenreduzierung einzusetzen .
      Es fällt mir nun schwer weiter zu schreiben, da ich dann doch nicht um einen Katalog umhinkäme:laugh:.
      Grundfrage:Können durch Reformen,die das wort verdienen,deine katastrophalen Ausblicke noch vermieden werden?
      Ich denke ja,wenn es gewollt wird und wenn sich jemand findet,der den Mut hat, dies auch durchzuziehen.
      Dabei ist für mich klar, dass wir für Jahre noch wesentlich tiefer sinken müssten,um von da aus neu zu starten.
      Beispiel;GKV, macht es Sinn,10Mrd pro Jahr nicht einzusparen, nur um Arebeitslose zu verhindern?Ich sage deutlich nein!
      Avatar
      schrieb am 11.03.04 18:53:58
      Beitrag Nr. 14 ()
      Wie kann Deutschland gerettet werden, wird gefragt.

      Erst mag Deutschland in die Krise, in die Not, eintauchen,
      dann wird es Freude bereiten Deutschland zu retten.

      Das Szenario von Stormy mag ein Segen sein.
      Wer weiss?

      Die Welt steuert eine Tiefenreinigung entgegen,
      dass ist offensichtlich.
      Einige moegen dabei etwas nass werden,
      das kann passieren,
      aber ich bin eher optimistisch,
      etwas Schmutz und Schlamm bleibt im Abspuelwasser,
      das ist kein Problem.
      Dafuer wird es klarer danach.

      Aber an einem so gutem Tag wie heute an ein kuenftiges
      Horrorszenario denken, was soll das bringen?
      Der Horror mag in der Zukunft nicht kommen, dafuer
      schon jetzt in ein Horrorfilm zu sein, ist nicht
      Jedermannssache.

      Wer dem Papiergeld nicht vertraut was ich gut verstehen kann, mag sich Gold zulegen.
      Noch nehmen die Banken Papier und geben dafuer Gold,
      so einfach umtauschen!
      Avatar
      schrieb am 11.03.04 19:17:01
      Beitrag Nr. 15 ()
      kyron,
      du hast eine guten Beitrag geliefert.Ich möchte dich jetzt nicht angreifen, versteh es bitte nicht falsch!
      Könnte es nicht sein,dass nur noch der Entwurf eines Horrorszenarios dieses noch verhindern kann.Wird so sonst gehandelt?Wird nicht gehandelt,wird es so kommen,wie es stormy beschrieben hat.
      mfg
      war nicht böse und abwertend gemeint.
      Avatar
      schrieb am 11.03.04 22:06:46
      Beitrag Nr. 16 ()
      Bei allem Respekt vor den Problemen die wir haben -

      ich tauge einfach nicht zum Pessimisten,
      sonst wär ich in meinem Job nicht zu gebrauchen. ;)

      Daher:
      Ich halte dagegen - es wird sicher nicht so werden, wie du gesagt hast -
      aber wir werden auch in der Zukunft nichts geschenkt bekommen,
      sondern dafür etwas tun müssen.:look:

      KD:cool:
      Avatar
      schrieb am 12.03.04 07:13:43
      Beitrag Nr. 17 ()
      Hallo KD,
      ich ziehe meinen Hut vor deiner Offenheit, diese ehrt dich!
      Stormy,
      kommen wir deshalb nie weiter?

      KD,jeder muß täglich schauen,wie er am besten durchs Leben kommt und sich analog verhalten, das ist gut so und in Ordnung.Ich stelle mir die Frage, wer von uns Beiden der wahre Optimist ist?
      Und ich stelle mir die Frage,ob Stormy `s durchaus mögliche Version noch abzuwenden ist.
      Es gibt Beweise dafür,dass:
      -die sozialen Sicherungssysteme definitiv vor dem Aus stehen (die Generationenverträge sind bereits tot)
      -wir nur Chancen haben,indem wir uns der Globalisierung stellen
      -wir nur dem Bankrott entgehen können,wenn wir jetzt!!!mit der Neuverschuldung aufhören und mit der Schuldentilgung beginnen
      -die Demografie D so verändern wird,wie es noch durch nichts verändert wurde
      -über Wachstum,wie wir es haben,keine neuen Arbeitsplätze mehr entstehen
      -undundund
      Deshalb nützt es nichts,wenn wir halt so weiter machen und dieses Weitermachen halt mal so ein bischen forcieren.
      Nur radikale Veränderungen und diese behutsam durchgeführt geben Anlaß zu Optimismus.
      Stormy und ich haben uns der Realität gestellt und deshalb keine Zukunftsängste.Verdrängung erzeugt Angst,nicht Wissen.
      Nahezu alle wollen sich gar nicht so enau mit dieser Materie befassen,glauben diese Haltung einnehmen zu müssen,um täglich existieren zu können.
      Tatsächlich ist es aber so,dass dadurch bereits die Verdrängung beginnt,auch teilweise unbewusste Ängste entstehen.
      Meinen Optimismus beziehe ich daraus, dass ich weiß,dass es für alle möglichen Varianten Lösungen gibt.
      Und Stormy,ich kann natürlich mal n 50-Punkte Katalog reinstellen,der in keinem Punkt Anspruch auf Gültigkeit erhebt,darum geht es ja auch nicht,nur kann ich mir dies nicht schenken?
      Stormy, du kennst die Punkte,Dolcetto auch.
      was meint ihr,ist D noch zu retten,wenn diese umgesetzt würden?
      Das ist doch die eigentliche Frage oder nicht?
      -
      Avatar
      schrieb am 12.03.04 08:58:14
      Beitrag Nr. 18 ()
      @stormy

      Dein Bericht klingt sehr fundiert. Aber ich schließe mich hier den Meinungen an, in denen auf die Horror-Szenarien des Club of Romes hingewiesen wird, die dann doch nicht eintraten. Und genau ein solches Szenario skizzierst Du jetzt gerade.

      Ich sehe auch, daß die Globalisierung zur Zeit für unser Sozialsystem eine Gefahr darstellt, weil es inkompatibel zu anderen Staaten ist und die Firmen sich dorthin verdrücken, wo eben keine teuren Sozialsysteme vorhanden sind.
      Ich sehe auch, daß Firmen sich einen Scheiß darum kümmern, ob unsere Jugend ausgebildet wird oder nicht und sich nur noch der ShareHolderValue-Maxime verschreiben.

      Aber: Ich sehe auch die gewaltige Anpassungsfähigkeit handelnder Menschen. Hier wird z.Bsp oft das dänische Modell angeführt. Eben - da ist die Anpassung, auch in Holland.

      Clinton hatte eine kluge Politik hingelegt (Handels-Bilanz-Defizit = 0), Bush und Schwarzenegger werden über kurz oder lang von der Bildfläche verschwinden. Die nächste Wahl wird m.E. Kerry machen. Die Amis sind nämlich zum großen Teil selbst geschockt von der Politik ihres jetztigen Präsidenten. Und Kerry wird es dann vermutlich wieder richten. Die Amerikaner haben zum großen Teil doch selbst die Nase voll von den teuren Kriegen und sehnen sich selbst nach etwas mehr Weltharmonie.

      China ist im Aufbau - ein gigantisches Reich. Das strahlt dann wieder aus über die ganze Welt und zwar im positiven Sinne. Die Menschen dort agieren und steigern ihre Ansprüche (Deutschland liefert hierzu übrigens die erforderlichen Energiesysteme).

      Du gehst in Deinen Berichten davon aus, daß wir nicht anpassungsfähig seien, beschreibst aber gleichzeitig, daß die Bäcker, die du berätst, ihre Teigmasse aus Polen beziehen. Prima - Sie backen nämlich die Brötchen in Deutschland und verkaufen sie auch hier.

      Historisch gesehen ist Globalisierung nie eine Gefahr gewesen, sondern eine Bereicherung. (Lateinische Buchstabenschrift, arabische Zahlen, grieschiche Philosophie).

      Wir stehen nicht still - denken - lösen Probleme - entwickeln uns weiter - sind aktiv. Seit der Steinzeit.

      Die Prophezeiungen des Club of Romes versagten, weil sie nicht die kulturelle und technische Anpassungsfähigkeit von Gesellschaften in ihre Betrachtungen einzogen, sondern von nackten Zahlen ausgingen.

      Vielleicht werden hier eines Tages nicht mehr soviel Autos gebaut - ok, dafür benötigen wir aber Kapizäten in der IT-Branche, deren Möglichkeiten gerade mal am Anfang stehen.
      Und diese Welle ist erst dann abgeebbt, wenn mich morgens mein Computer begrüßt und fragt, warum ich denn so mürrisch drein schaue.

      Ergo: Wir haben noch viel zu tun, also packen wir es doch einfach an und ergeben uns bessser nicht Deinen depressiven Weltuntergangsstimmungen. Genau diese können wir nämlich in schwierigen Zeiten nicht gebrauchen. Genau diese sind die größte Gefahr für komplexe Systeme.

      Solange Menschen agieren und gute Ergebnisse liefern, geht es weiter. Depressionen schaden nur und alle, die Depressionen erzeugen, sind schädlich wie Krankheitserreger, weil sie Aktivität lähmen.

      Und genau in diese Ecke ordne ich Dich ein, Stormy.
      Avatar
      schrieb am 12.03.04 09:20:34
      Beitrag Nr. 19 ()
      #18 Gut argumentiert - aber ich finde, wir sollten stormy nicht dafür rügen, dass er Sorgen hat und sie äußert.

      #17 Fjutscher

      Keine Frage, ich bin ein Optimist - vielleicht kein optimaler...:D
      stehe mithin vielleicht im Schatten dere Zukunft :eek: :D

      Aber ich sehe dreierlei:

      1. Der Mensch ist sehr gewöhnungsfähig - im Guten wie im Schlechten.
      Zur Zeit findet eine Ent-wöhnung von manch Liebgewonnenem statt,
      die tut je nach Veranlagung mehr oder weniger weh, aber sie tritt definitiv ein,
      weil die Fakten dazu zwingen.

      2. Der Produktivitätsfortschritt wird nicht verloren gehen,
      mithin wird es auch Chancen und Verteilungsspielräume geben,
      die zur Deckung offener Rechnungen (Alterspyramide etc) beitragen können.

      3. Die Leistungsbereitschaft der Gesellschaft steigt sprunghaft,
      wenn echte Not wahrgenommen wird.
      Die Verschuldung (offene wie verdeckte - Staatsrenten z.B. sind nirgendwo sauber erfasst, also verdeckt)
      wuchs langsam und ohne öffentliche Wahrnehmung der Massen. Sie wird zu einer Falle werden - teilweise ist sie es schon -,
      die die Massen bei Eintritt gravierender Entzüge von Wohlstand auch bzw. erst wahrnehmen.
      Wir stehen nun am Anfang dieses Prozesses.
      Da tun sich die Menschen naturgemäß schwer.
      Deshalb in Missmut und Verzeiflung zu geraten wäre aber töricht.

      Im Gegenteil, die öffentliche Diskussion zeigt, dass heute darüber gestritten wird,
      wer auf wieviel verzichten muss, also der Verzicht soll gerecht verteilt werden.
      Das ist doch schon die richtige Richtung, sie sollte uns Mut machen,
      nachdem wir 25 Jahre brauchten, um diese Richtung überhaupt zu finden.

      KD
      Avatar
      schrieb am 12.03.04 09:21:16
      Beitrag Nr. 20 ()
      18,du sprichst wichigte und richtige Dinge an, nur,wo bitte siehst du Reformen? Was im Moment gemacht wird, führt sogar dazu, dass wir den Anschluß im internationalen Vergleich immer mehr verlieren.Mir geht es darum, einfach die Wahrheit aufzuzeigen, um das dann Notwendige tun zu können,weil wir dies müssen,nicht weil ich das so möchte.
      So lange Menschen,die die Wahrheit sagen,einfach zur Seite geschoben werden,nimm mal den Oswald Metzger, so lange wird es nicht nur nicht besser, nein,es wird stetig schlechter werden.
      Konkret:Kennst du das dänische Modell,Arbeitsmarkt und Entschuldung bis 2006?
      Ja?!Bist du bereit diesen Weg zu gehen?Längere Arbeitszeit, kürzeren Urlaub,späteren Renteneintritt,max.1Jahr Arbeitslosengeld, Pflicht zur Arbeitsannahme oder kein Geld,nahezu kein Kündigungsschutz,keine volle Lohnfortzahlung im Krankheitsfall(Karenztage),...................
      Bist du bereit dazu?Ich wünsche mir diese Dinge nicht,aber wir müssen sie tun,weil wir sonst immer mehr den Anschluß verlieren.
      Avatar
      schrieb am 12.03.04 09:34:59
      Beitrag Nr. 21 ()
      KD,
      :D, was n des,Missmut und Verzweiflung:confused:
      kenn ich net:laugh:
      Jo,dein letzter Beitrag gefällt mir;) ,nur, lieber KD, du schreibst das so einfach,so einfach ist es nicht;) Denk mal an die implizite Verschuldung, was willst du da noch verteilen.Renten und Pensionen in Höhe des Sozialhilfesatzes sind doch die zwingende Konsequenz daraus, klaro ist sukzessive (aber nicht in dem Tempo, wie wir vorgehen:laugh: ),wobei die Höhe dann davon abhängig ist,was wir uns leisten können,weil wir dies zuvor geleistet haben.
      In einem Punkt bin ich mir sicher,kein Land wird so sehr unter den Umwälzungen leiden wie D, nirgends haben die Menschen so viel zu verlieren als bei uns.
      Avatar
      schrieb am 12.03.04 09:41:48
      Beitrag Nr. 22 ()
      Chef des Instituts für Altenforschung:
      Die Politiker sagen nicht die Wahrheit,aus Angst nicht wieder gewählt zu werden.
      In Wahrheit geht es nicht um die Absenkung von 70% auf 67%(Riesterrente)sondern darum,dass die Renten bereits bald halbiert werden.

      Die Aussagen decken sich mit den Berechnungen von Kurt Biedenkopf,der bereits in den 80-iger Jahren ein Rentenniveau von 40% für das Jahr 2030 errechnet hat.
      Diese Niveau werden wir jetzt bereits spätestens 2010 sehen,da der gute Kurt die Globaliserung und die Auszahlung der Rente an eigentlich nicht Anspruchsberechtigte nicht auf seiner Rechnung haben konnte.
      Er hat aber schon damals die Demographie seiner Berechnungen zugrunde gelegt.

      Der Zögling Biedenkopf`s,Miegel,setzt nun diese Arbeit fort.
      Wer Näheres wissen möchte,Miegel,Die deformierte Gesellschaft.

      Die jetzigen Rentenberechnungen sind maximal für den Papierkorb bestimmt!

      Nur bei einem Wachstum von 8% könnten wir unsere Sozialsyteme beibehalten(Wiwo).
      Die Riester-Rente würde bei Beibehaltung die Junge Generation mit 4,5Billionen Euro zusätzlich belasten.

      Alternativ müsste der Renteneintritt wesentlich später erfolgen.
      Wer kann sich dieser irrsinnigen Forderung anschliessen,wenn selbst 40-Jährige heute aus Altersgründen keinen Job mehr bekommen?

      Welche irren Annahmen werden in der Rentenpolitik zugrunde gelegt?

      Fakten sehen anders aus!

      Prognos-Institut,Allein die Pensionszahlungen führen D in die Pleite!

      Prognos -Institut,Break-even für D erst 2020,wenn nichts dazwischen kommt

      Barclays und Societe Generale,D geht den japanischen Weg



      Nur mal so n Beispiel:D.bitte um Widerlegung:D,dann bring ich das nächste Beispiel zum Zerlegen:D, aber erst dann:D
      Avatar
      schrieb am 12.03.04 09:46:43
      Beitrag Nr. 23 ()
      @thorulte - Danke für Deinen Beitrag, auch ich sehe, dass es Chancen zur Besserung gibt. Unseren wohlstand werden wir meiner Meinung nach jedoch trotzdem drastisch einschränken müssen.

      Es ist auch nicht sehr wahrscheinlich, dass Bush abgewählt wird, die werden sich noch etwas einfallen lassen!

      Zugegeben: Ich bin ein Skeptiker: Die Aufgabe, die anstehenden gewaltige Anpassungsleistung zu erklären und vor Risiken zu warnen sollte man nicht Demagogen von rechts oder links überlassen. Die stehen nämlich schon in den Startlöchern. Schill war da nur ein erstes Aufflackern. Ich verlass mich nicht auf den Optimismus, der schon "irgndwie" helfen wird -weil den Menschen immer noch was eingefallen ist. Was soll konkretet passieren?
      Die Zeichen stehen auf Sturm (Zwickmühle, siehe oben) -da nützt es nicht die Überbringer schlechter nachrichten als deppresiv zu bezeichen. Aber das ist ja schon ein Fortschritt. Früher wurden die ja erschosen.

      Ba the way zu "meiner Depression". Heute nachmittag werde ich den letzen Skitag hier im Mittelgebirg nutzen und mit meinen 2 Kindern skifahren. Heute abend bin ich ehrenamtlich tätig!

      @furure - Deine vielen guten Reformvorschläge, die du ja seit langem offensiv vertritts, kommen meiner Meinung nach zu spät. Das heißt nicht, dass ich sie jetzt für falsch halte. Aber wir werden jetzt wohl starke Rückgänge in der Wirtschaftsleistung in Kauf nehemen müssen, was für viele Unternehmen und Bürger nicht mehr zu verkraften ist.
      Zuviel Privatisierung halte ich auch für bedenklich, weil sie die Kapitalakkumulation fördert, d,h. die internationalen Konzerne sacken die Gewinne ein und privatisieren die Risiken. Schau Dir beispielsweise die Bahn in England oder die Energieversorgung in den Staaten an.

      Vielleicht rücken wir auch wieder enger zusammen und fördern die "artgerechte Menschenhaltung", Familien und Freundschaften. Das "schneller, höher, weiter" überfordert ja auch viele und fördert Depressionen:yawn:

      E S S A Y



      Kleines Lob der Rezession

      Erfindungsreiche Armut prägte die Nachkriegszeit. Den Glauben an die Chancen des Mangels haben wir allerdings verloren. Warum eigentlich? Heute könnte er wieder nützen

      Von Jan Ross



      Im Spectator, der Zeitschrift des etwas frecheren britischen Konservativismus, war vor einigen Wochen eine überraschend optimistische Einschätzung der wirtschaftlichen Lage zu lesen. Nicht dass der Autor Andrew Gimson die neuerdings überall angstvoll diagnostizierte Wachstumsschwäche angezweifelt hätte. Nur bestritt er, dass ein Konjunktureinbruch und selbst eine Rezession wirklich eine so furchtbare Katastrophe wären. Der Boom der vergangenen Jahre hat schließlich auch eine Menge Unsinn mit sich gebracht, Wohlstandsplunder und Angeberallüren; Gimson ist, als offenbar leidgeprüfter Vater, besonders schlecht auf die an Rüstungswettläufe erinnernde Verwöhnkonkurrenz unter Eltern zu sprechen, bis hin zu Kindergeburtstagen mit professionellen Entertainern. Wäre es nicht geradezu eine Erlösung, wenn dieses enthemmte Anspruchs- und Verschwendungswesen zusammenbräche?

      Natürlich, Rezession hieße Arbeitslosigkeit und damit Unglück für viele. Aber man könnte sich auch mit bescheidenen Ersparnissen wieder ein Eigenheim leisten, Krankenschwestern und Polizisten müssten nicht mehr als arme Irre am Fuße einer von Web-Designern und Investmentbankern in schwindelnde Höhen getriebenen Einkommenspyramide herumkriechen, und vielleicht würden die Leute ein bisschen mehr Zeit auf Freunde und Familie verwenden, statt pausenlos mit Geldverdienen und Geldausgeben beschäftigt zu sein.

      Das klingt ziemlich extravagant, übrigens in Tony Blairs Großbritannien wahrscheinlich kaum weniger als in Gerhard Schröders Deutschland. Vor zwanzig Jahren hätte es zumindest hierzulande so befremdlich nicht gewirkt; da waren Wachstumsskepsis und Konsumkritik gang und gäbe. Die ganze Gedankenwelt von Bescheidenheit und Selbstbeschränkung, die Idee des "Weniger wäre mehr" scheint seither gründlich aus der Mode gekommen zu sein. Dabei ist der Verdacht, dass Wohlstand den Menschen verdirbt, keine Erfindung übellauniger Grüner, sondern uraltes Kulturgut. Jesus lehrte bekanntlich, dass eher ein Kamel durch ein Nadelöhr kommt als ein reicher Mann in den Himmel.

      Sparta unter Heucheleiverdacht

      Auch in der Literatur und der Philosophie der klassischen Antike wird gern über die bedenklichen Folgen des Luxus räsoniert, über Verweichlichung und Dekadenz, die der Bürgertugend abträglich sind. Das knauserige Sparta stand unter den Denkern des Altertums höher im Kurs als das üppige Athen. Freilich hat keiner von ihnen in diesem viel gerühmten Sparta gelebt oder Anstalten gemacht, dorthin zu ziehen. Das ist die Hauptcrux der Reichtumskritik: der Hang zur Verlogenheit; moralisch gefährdend scheinen vor allem die Glücksumstände der anderen zu sein, man selbst fühlt sich den Versuchungen des Wohllebens durchaus gewachsen. So auch jene DDR-Intellektuellen, die ihren Landsleuten in der Wendezeit die Gier nach dem glitzernden West-Tand verübelten, während sie selbst dank ihrer Devisen und Ausreisevisa sich seit Jahr und Tag auf dem Kurfürstendamm und anderswo versorgen konnten.

      Es fragt sich, ob die These von der korrumpierenden Wirkung des Überflusses eigentlich zutrifft und nicht vielmehr umgekehrt der Mangel die Sitten verdirbt. Dem Sprichwort nach lehrt Not zwar beten, in Wirklichkeit aber oft genug auch stehlen und morden. "Kein Einwand wird mich davon abbringen, zu glauben", hat Ludwig Erhard das Wirtschaftswunder gegen den Materialismusvorwurf verteidigt, "dass die Armut das sicherste Mittel ist, um den Menschen in den kleinen materiellen Sorgen des Alltags verkümmern zu lassen. Vielleicht mögen Genies sich über solche Drangsale erheben; im Allgemeinen aber werden die Menschen durch materielle Kümmernisse immer unfreier und bleiben gerade dadurch materiellem Sinnen und Trachten verhaftet. Wir können daher den Prozess der Vermehrung und Verbreitung des Wohlstandes mit Geduld und Zuversicht abrollen lassen, denn was sich heute gelegentlich als ein Missbrauch ausprägt, trägt zugleich den Keim der Heilung in sich. Erst wenn die materielle Basis der Menschen geordnet ist, werden diese selbst frei und reif für ein höheres Tun."

      Das alles ändert freilich nichts daran, dass das unbestreitbar eindrucksvolle Wirtschaftswunder im kollektiven Gedächtnis der Bundesrepublik zugleich als peinliche Erinnerung fortlebt, als grobe und stumpfe Zeit; hässliche Worte wie die "Fresswelle" zeugen davon. Der Boom ist kein reiner Segen und oft alles andere als ein schöner Anblick; er kann Land und Leute ziemlich entstellen. Deutschland hat das schon in der Gründerzeit nach 1871 erlebt, als durch die französischen Reparationszahlungen Geld im Überfluss zu Verfügung stand und in allerlei abenteuerliche Unternehmungen und neureiche Protzbauten strömte. Die Spekulationsblase ist bald geplatzt, die Architektur hat als Dokument von Großspurigkeit und schlechtem Geschmack überdauert. Die Nation musste später viel schlimmere Erfahrungen mit den Folgen von Elend und Not machen; jedes Kind weiß, wie erst die Inflation, dann Weltwirtschaftskrise und Massenarbeitslosigkeit zum Scheitern der Weimarer Republik und zur Heraufkunft des Nationalsozialismus beitrugen. Es mag sogar sein, dass es bis heute nicht allein die Allerweltsangst vor Wahlniederlagen ist, die deutsche Politiker derart besorgt auf die Konjunkturdaten starren lässt. Es gibt immer noch so etwas wie eine halb bewusste Tiefenüberzeugung, dass hierzulande Wirtschaft in besonderem Maße Schicksal ist, dass Wohlstand, Stabilität und Freiheit in einem prekären Zusammenhang stehen. Niemand glaubt, dass eine Rezession die Demokratie gefährden würde, aber ganz geheuer ist die Sache nach wie vor nicht.

      Unternehmer im Klonfieber

      Ganz geheuer mochte einem allerdings auch die Schlaraffenlandideologie der vergangenen Jahre nicht sein, das Dasein in einer ökonomischen Märchenwelt, in der die Inflation ein "erloschener Vulkan" war, die New Economy dank unerschöpflicher technologischer Erfindungsgabe die lästigen Konjunkturzyklen überwunden hatte und Alan Greenspan im Hintergrund mit sicherer Hand alles zum Besten lenkte. Und wozu das Ganze? Um immer bessere Handys und immer mehr Sushi-Bars hervorzubringen. Etwas eigentümlich Leerlaufendes und Langweiliges ist dieser Dynamik eigen, ein Moment der Sterilität trotz aller Innovationsrhetorik. Vielleicht ist es kein Zufall, dass sich die öffentliche Fantasie gegenwärtig so fasziniert vom Motiv des Klonens zeigt, der identischen Reproduktion, der Vermehrung ohne Überraschung. Berlin-Mitte etwa weist deutliche Anzeichen solcher Klonhaftigkeit auf mit seinen Werbeleuten, die auch Jungparlamentarier oder Popliteraten sein könnten, es vielleicht sogar waren oder doch morgen sein werden.

      Man findet die Vermehrung des Immergleichen ebenso in der Provinz, wo inzwischen jede bessere Hauptgeschäftsstraße zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen allen anderen zum Verwechseln ähnlich sieht, mit Apollo-Optik, Nordsee-Fischgeschäften und Douglas-Parfümerien. Es ist sinnlos und albern, sich darüber aufzuregen; aber man wird es nicht bedauern, wenn sich dieser Prozess der Verödung durch Prosperität für eine Weile etwas langsamer vollzieht.

      Trotz der Exzesse am Aktienmarkt ist der lange Aufschwung der jüngsten Vergangenheit keine Zeit der rohen Gier gewesen. Niemand wird ein Defizit an Wertediskussionen oder Geschichtsdebatten feststellen können, an Gleichstellungseifer oder Menschenrechtsinteresse. Besonders bemerkenswert war die nimmermüde Markt- und Wirtschaftskritik, der rege Austausch über den "Terror der Ökonomie", während es den meisten Lesern solcher Bücher oder Zuhörern bei den einschlägigen Vorträgen keineswegs schlecht ging, oft sogar immer besser. Von seinen kruderen Vorgängern unterscheidet sich der zeitgenössische Wohlstand durch die Integration von Widerspruch, Distanz, Gewissen.

      Die Symbolgestalt dieser Jahre hat der amerikanische Journalist David Brooks geschaffen mit dem "Bobo", der Kombinationsfigur aus Bourgeois und Bohemien, kapitalistischen Erfolg und alternative Sensibilität harmonisch verbindend: viel Geld verdienen, aber ohne Schlips in die Firma gehen und bei "Amnesty" Mitglied sein. Ist die moderne Informationswirtschaft nicht auch ressourcenschonend und unhierarchisch und insofern ein ideales Tätigkeitsfeld für den umweltbewussten Emanzipationsfreund? Die Gefahr, die hier droht, ist ein neues Spießertum, ein Syndrom aus materieller und moralischer Selbstzufriedenheit. Scheinbar abenteuerlustig und zu jeder neuen Herausforderung bereit, waren der Prototyp der fetten Clinton-Jahre und seine europäischen Verwandten in Wahrheit im Kern bequem.

      Die Krise dagegen regt zum Denken an. Die Siebziger sind über weite Strecken als mühsame, sogar beunruhigende Jahre im Gedächtnis. Es war die Zeit des Ölschocks und der "Stagflation", einer neuartigen Verbindung von wirtschaftlicher Lähmung und unaufhaltsamem Preisanstieg. Aber aus dem Ungenügen an der bürokratischen und industriegesellschaftlichen Erstarrung, aus dem Ächzen unter dem "großen Packeis" (Ralf Dahrendorf) wurden die beiden belebenden Ideen des letzten Jahrhundertviertels geboren, die "Grenzen des Wachstums" und der Thatcherismus, Aussteigertum und Kasinokapitalismus, der grüne und der marktradikale Protest gegen einen ausgelaugten sozialdemokratischen Konsens. Es gibt immer Einzelne, die an der Vortrefflichkeit der bestehenden Verhältnisse zweifeln. Doch damit sie Gehör finden und eine größere Anhängerschaft sammeln können, braucht es offenbar eine fühlbare Störung des kollektiven Wohlbefindens.

      Niemand weiß, wie viel Krise die kommenden Monate und Jahre bringen mögen, und erst recht ist keine Prognose möglich, ob dadurch wirklich Scharfsinn, Neugier und Fantasie angeregt werden. Aber dass an der in letzter Zeit eingerissenen Vorstellung von einer kontinuierlichen Wohlstandsexpansion ohne ernsthafte Rückschläge etwas nicht stimmt - das ist gewiss. Diese Vorstellung ist unrealistisch, so funktioniert die Welt nicht, sie ist eben doch kein Schlaraffenland. Es mag aber auch gut sein, dass sie so nicht ist, sie würde sonst unheimlich wie ein Dauerfest ohne Alltag und Kater, ein Tanzvergnügen, bei dem die Musik niemals mehr zu spielen aufhört. Wie alle sonst erträumten oder ausprobierten Paradiese auf Erden wäre auch das Wachstumsmärchenreich nicht frei von höllischen Zügen.



      (c) DIE ZEIT 28/2001
      Avatar
      schrieb am 12.03.04 09:47:49
      Beitrag Nr. 24 ()
      Future

      Du hast in einem Recht: Die Veränderungen werden wesentlich weiter gehen, als 98% der Bevölkerung sich vorstellen bzw. erwarten.

      Aber es gibt schon einiges, was hilft:
      a) Bist du gesund und arbeitsfähig, wirst du mit 70 noch arbeiten,
      du wirst es allein deshalb müssen, da die jungen Arbeitskräfte nicht geboren wurden,
      die man dann braucht.
      Und somit ist es auch kein Makel für Arme ;)

      b) Du wirst deine Zeit auch unentgeltlich für die Gesellschaft einsetzen.
      Natürlich nicht, weil du dumm bist, sondern weil es schick sein wird,
      junge Familien und andere, die einfacher Hilfe und Dienste bedürfen, zu unterstützen.
      Ob du Babies sittest, freiwillig den Garten für die Kinder verschönerst
      oder Hausaufgabenhilfe leistest, du wirst es tun.

      Ach so, würdest du es nicht tun, wäre dein Leben nicht mehr wirklich lebenswert,
      die Verachtung, die dich dann träfe, wäre schwer zu ertragen,
      und es könnte sein, das ein Familienvater dich beim Überqueren der Straße
      versehentlich überfährt.
      Aus merkwürdigen Zufällen heraus würde dieser Unfall übrigens nicht recht behandelt,
      passieren komische Dinge dann.

      KD
      Avatar
      schrieb am 12.03.04 09:52:07
      Beitrag Nr. 25 ()
      guten morgen,

      @Stormy,
      mille grazie für die info zum "Kondratieff-Winter".

      @kwerchecker & thorulte,
      die zuordnung in "optimistische vs. pessimistische ecken"
      ist krass vereinfachend und IMO
      auf die hier versammelten protagonisten unzutreffend.

      das vorher genannte stichwort China ist in mehrfacher hinsicht
      ein gutes beispiel dieser beiden pole:
      >das chinesische wort "Krise" beinhaltet sowohl das Problem,
      wie auch die Chance zur Veränderung.
      die steigerungen des BIP in diesem riesigem land fördert gleichzeitig
      ihren niedergang, den er wird sauteuer auf kosten der lebensqualität
      erkauft >>> der heftige ressourcen- und energieverbrauch
      macht sich in den ballungsgebieten mit gesundheitsproblemen
      bemerkbar.
      unsere chance - und da bin ich dir, thorulte voll d`accord ist in der
      dienstleistung und lieferung komplexer hochmoderner und umweltschonender
      syteme >regenerierbare energieerzeugung< gegeben.
      denn wehe, wenn die 1,3 mrd. menschen die materiellen ansprüche erheben,
      die im gelobten westen als state of the art
      Avatar
      schrieb am 12.03.04 09:59:06
      Beitrag Nr. 26 ()
      Dienstleitungsgesellschaft funktioniert nur bei starker industrieller Basis. Andernfalls würde ich z.B. den Sudanern empfehlen, sich gegenseitig Fußnägel und Haare zu schneiden um dabei reich zu werden!
      Avatar
      schrieb am 12.03.04 10:17:59
      Beitrag Nr. 27 ()
      @stormy

      Viel Spaß beim Ski-Laufen (Wer weiß, wie lange Du es noch kannst :D). Nimm bitte meinen Beitrag nicht zu persönlich - geht nicht gegen Dich, aber mich nervt schon der ständige Pessismus.
      Wir Deutschen klagen doch stets auf hohen Niveau (="German Lebensangst", bereits ein internationaler Begriff wie "Kindergarden" und "Raketentechnique").

      Übrigens: Die ehrenamtliche Tätigkeit finde ich toll, da bräuchten wir mehr von (=Sympathiepunkt). Das ist doch schon ein kleiner Beitrag in die richtige Richtung ;)
      Avatar
      schrieb am 12.03.04 10:51:04
      Beitrag Nr. 28 ()
      24,KD,ein echt guter Beitrag;)
      (ich schreib dir schon mal n Zettel,was du alles ehrenamtlich für mich machen kannst:laugh: :laugh: ,Scherzchen für die, die mich noch nicht kennen:laugh: )

      Tja Stormy,
      es macht wenig Sinn darüber zu streiten,ob zu spät oder nicht.Selbst wenn zu spät richtig wäre,das Leben geht doch danach weiter, ist jede richtige Entwicklung zu begrüßen, verhindert sie dein Szenario oder ermöglicht verbesserte Startchancen.Deshalb ist es nie falsch,richtige Dinge zu tun.

      Und dann muß ich mal kräftig winken:Haalllloooooo,thorulte,hast du meine Frage an dich übersehen??????
      Avatar
      schrieb am 12.03.04 11:06:04
      Beitrag Nr. 29 ()
      @Future

      Tipp: Frag doch mal die Dänen, was sie von ihrem System halten.

      Und dann schau mal, wohin diejenigen abwandern, die hier keine Arbeit bekommen. Dänemark und Niederlande stehen dabei ganz oben.

      Und ich sehe auch in der Tat ein zunehmendes unbezahltes Engagement vieler Menschen zum Beispiel in der Förderung der Jugend. Das sind Taten.

      Ansonsten habe ich den Eindruck, daß du, Future, doch nur um Deine Rente besorgt bist. Wirkt träge auf mich.

      Und anstatt Zettel für stormy zu schreiben, wo Du dich betätigen könntest, solltest Du vielleicht mal in Deinem Umfeld recherchieren.

      Übrigens: Meine Frau gibt ehrenamttlich an der Schule meiner Tochter Schwimmunterricht, ich helfe schwachen Kindern aus der Klasse abends bei den Hausaufgaben und bin in dem Verein meiner Tochter (Leistungssport) ehrenamtlich aktiv.
      Viele Eltern in der Schule sind eingesprungen, um AG`s zu bilden und helfen bei Lehrerausfällen mit. Das ist ANPASSUNG.

      Also, Future, erspare uns doch einfach nur Deine Angst vor Rentenausfällen. - Life goes on, wenn alle anpacken.
      Avatar
      schrieb am 12.03.04 11:16:07
      Beitrag Nr. 30 ()
      mmmh,woher wusstest du,dass das Rentenproblem mein größtes Problem ist?:confused:




      Ich bekomm gar keine!!!:laugh:
      Avatar
      schrieb am 12.03.04 11:27:29
      Beitrag Nr. 31 ()
      #29 :laugh: :laugh: :laugh:

      Das war jetzt wirklich keine Häme, sondern nur ein herzhaftes Lachen über die Vermutung,
      dass mein freund Fjutscher mit Rentensorgen beschäftigt ist.
      Eingeweihte werden mich bestens verstehen.:D

      Im übrigen: Ich freue mich über deine Beiträge, denn sie
      - wie auch dein persönliches Engagement -
      gehen in die richtige Richtung.

      Nur die Psychologie - bzw. deine Menschenkentnis bezüglich der Diskutanten -
      lassen noch ein wenig zu wünschen übrig. ;)

      KD
      Avatar
      schrieb am 12.03.04 11:52:55
      Beitrag Nr. 32 ()
      Wenn Völker und Kulturen über ihre Verhältnisse längere Zeit leben, gehen sie unter wie in Jahrtausenden passiert.Satte und faule Menschen sind halt zu keiner Leistung mehr fähig. Aber soweit sind wir glaube ich noch nicht, aber es müssen weitere Einschnitte kommen, trotz aller kommenden Aufschreie.
      Viel schlimmer als diese wirtschaftlichen Probleme wären Kriege. Ob die wirtschaftlichen Probleme in den Griff zu kriegen sind, hängt von den Regierungen ab, wobei die Einbettung in Europa sich vielleicht noch mal als Segen erweist.Die Globalisierung geht vielleicht auch einen anderen Weg, als man es sich heute vorstellen kann.In den 50er Jahren z.B. war Japan sozusagen ein Entwicklungsland, bis sie unsere Produkte (Kameras usw.) nachgebaut haben und dann explodierten, bis sie Anfang der 90er wieder auf den Boden der Tasachen zurückgeholt wurden und abspecken mußten.
      wilbi
      Avatar
      schrieb am 12.03.04 12:00:02
      Beitrag Nr. 33 ()
      @Kwerdenker

      Das mit meiner mangelnden Kenntnis über die Menschen hier (=Menschenkenntnis) siehst du sehr wohl sehr richtig. Ich kenne diese Menschen in der Tat nicht. :D
      Wäre doch erschreckend, wenn es anders wäre (Datenschutz), oder? (Lob an w:o).
      Avatar
      schrieb am 12.03.04 12:09:25
      Beitrag Nr. 34 ()
      thorulte,

      du wirst uns schon noch kennenlernen:laugh: :laugh: :laugh:

      Rüspekt zu deinem ehrenamtlichen engagement:cool:
      Avatar
      schrieb am 12.03.04 12:19:20
      Beitrag Nr. 35 ()
      thorulte

      ...war kein Vorwurf, :laugh:
      aber ich darf mit Vergnügen bestätigen, dass es sich lohnen würde,
      jenen optimalen,... ähh Optimisten besser kennen zu lernen.

      Versuch´s mal mit ´ner BM, die ist ja durch den Datenschutz nicht verboten.:D

      KD:look:
      Avatar
      schrieb am 12.03.04 13:09:57
      Beitrag Nr. 36 ()
      Ich weiß nicht so genau,ob das mit der Rente nun widerlegt war oder nicht,nehmen wir mal n anderes Beispiel:

      Privatisierungsforschung:

      -Kommunale Bäder sind klassische Zuschussbetriebe,100000 bis 500000 Euro jährlich.Privat sind sie gewinnträchtig.

      -Erschließungsaufgaben sind bei öffentlicher Durchführung defizitär.Private Freiberufler erledigen dies in halber Zeit und fast zu halben Kosten.

      - Öffentliche Reinigungsbetriebe arbeiten in der Gebäudereinigng mit durchschnittlich 66% Mehrkosten als die Privatwirtschaft
      -durch Privaitisierung der Krankenhäuser lassen sich 1/3 der Kosten einsparen.

      -In der öffentlichen Grünflächenpflege liegen die Mehrkosten bei durchschnittlich 55%


      -Auch die Müllabfuhr ist in Regiebetriebsform 10 bis 50% teurer als die Privatwirtschaft


      Die Privatisierungsforschung hat gleiche Kostenersparnismöglichkeiten für schlachthöfe,straßenreinigung,alle handwerksgleichen regiebereiche,für sportanlagen,stadtplanung,straßenbeleuchtung,theaterbetrieb,büchereien,restaurants,friedhöfe,hochschulen,verkehrsplanung und etwa 30 weitere betriebe durch nationale und internationale erfahrungen nachgewiesen.
      diese erfahrungen sind so eindeutig,dass generell mit einer kostenersparnis zwischen 30 und 50% bei der privatisierung von öffentlichen aufgaben gerechnet werden kann.

      Würde das nicht ein paar Euro bringen?Und Stormy,allein inder Verwaltung der GKV liessen sich 10Mrd.jährlich einsparen,ohne dass es einer merkt!!Doch,die dort Beschäftigten merken es schon, müssen sich einen neuen Job suchen.Aber es muß schluß sein damit,gilt auch für Subventionen, dass Arbeitsplätze mehr kosten,als das was durch diesen in die Kasse kommt.Jeder Selbständige ist pleite, wenn er nicht so verfährt.

      KD, dein Beitrag zu mehr Menschlichkeit ist Klasse!Warten wir jedoch,bis sich dies einfach so entwickelt, müssen wir noch viel tiefer, es wäre aus der Not geboren.
      Avatar
      schrieb am 13.03.04 11:21:16
      Beitrag Nr. 37 ()
      Diese ganzen Miesmacherdebatten hier erinnern mich an einen Verwandten, der in einer großen Autofirma seit über 30 Jahren beschäftigt ist.
      Vor 30 Jahren hat er gejammert:"Der Markt ist gesättigt,es geht rückwärts
      Vor 20 Jahren: Das Gleiche
      Vor 10 Jahren: Das Gleiche und wir sind zu teuer. Das kann nicht gutgehen.
      Heute: Kurz vor seiner Pensionierung: Das gleiche

      Und , O Wunder die Firma baut von Jahr zu Jahr mehr Autos.
      wilbi
      Avatar
      schrieb am 13.03.04 13:17:01
      Beitrag Nr. 38 ()
      Naja Wilbi

      so ganz fair ist das nicht, was du hier machst -
      uns als Miesmacher zu beschreiben, -
      aber vielleicht gehörst du auch zu den 97%,
      die andere für sich denken lassen. :look:

      Dann ist das natürlich schon o.k. so.;)

      KD
      Avatar
      schrieb am 13.03.04 23:44:34
      Beitrag Nr. 39 ()
      Kwerdenker, dieses Posting paßt Dir wohl nicht. Aber es war nur ein Beispiel von einem Schwarzseher seit ungefähr 30 Jahren. Der bleibt auch heute bei seiner pessimistischen Prognose und wir werden richtig laut. Nur wenn ich ihm das unter die Nase reibe, das er vor 30 Jahren schon die gleichen Ansichten vertreten hat, weiß er nichts mehr zu erwidern, nur das es heute anders wäre.
      Na gut. Die nächsten Jahre werden es zeigen.
      wilbi
      Avatar
      schrieb am 14.03.04 10:27:16
      Beitrag Nr. 40 ()
      @Wilbi, wenn ein Gewitter nicht so schnell kommt, wie man es erwartet hat, bedeutet dies nicht, dass es nicht kommt.
      Nur wenige bereiten sich vor, wenn ein Gewitter im Anzug ist. Die meisten Menschen (z.b. an einem Strand, müssen erst einen nassen Arsch bekommen, damit sie sich bewegen. Gehörst Du auch dazu?

      Die grundproblematik, auf die Jungk, Meadows, v. Dithfurt, Gruhl, E. Schumacher, Hans Jonas, Horst Stern (um nur einige zu nennen) hingewiesen haben, besteht nach wie vor. Weil "es" länger gut gegangen ist als erwartet und auch weil viele Details falsch prognosiziert wurden, wird nun geleugnet, dass das "schneller ,höher, weiter" auf Dauer nicht durchzuhalten ist. Selbst der Terrorismus (den ich keinesfalls auch nur annähernd rechtfertigen will) ist ein Zeichen der Überspannung. Psychische Krankheiten, Werteverfall und viele andere Symptome zeigen, dass wir Grenzen erreicht haben. Das die (Sozial)Systeme zusammenbrechen ist ein normaler Verlauf im Lebenszyklus (Wachstum, Reife, Sättigung,Zerfall)einer Entwicklung.

      http://www.uni-muenster.de/PeaCon/wuf/wf-92/9231201m.htm

      http://www.uni-muenster.de/PeaCon/wuf/wf-92/9241401m.htm




      Gruss

      stormy
      Avatar
      schrieb am 14.03.04 10:46:05
      Beitrag Nr. 41 ()
      Den Zusammenhang mit dem Terrorismus möcht ich näher erläutern. Man wird ja schnell in eine falsche Ecke gedrängt:

      Terrorismus - zwei Welten prallen aufeinander.

      Eine Seite ist diesseits orientiert und terrorisiert zukünftige Generationen durch ihren exessiven "way of live".

      Die andere Seite ist jenseits orientiert und terrorisiert die Gegenwart mit ihrem religiösen Wahn.

      Die extremen Vertreter beider Seiten schlagen aufeinander ein. Beide extremen Seiten sind zerstörerisch - die eine Seite indirekt, weil die Folgen regional oder zeitlich verschoben auftreten (Verkehrstote, Strahlenopfer, Stellvertreterkriege, Kampf um fossile Brennstoffe, etc........), die andere direkt, wobei man den Wahnsinn, wie zuletzt in Madrid zeitnah und grausam vor Augen geführt bekommt.

      Die Lösung kann nur in einer Anäherung liegen. Die reigiösen Eiferer müßten diesseitiger denken und die Materialisten jenseitiger.

      Die Einen müssen spiritueller und nachhaltiger werden, die Anderen diesseitiger (pragmatischer) und toleranter.

      Nachhaltigkeit, Toleranz und Rücksicht als Basis für Religiösität und Freiheit sind die Schlüssel zum Weltfrieden. Das Suchen und Abstempeln von Sündenböcken, das gegeneinander aufhetzen als Ersatz für nachhaltige Problemlösung fördert Krieg und Terrorismus!

      So lange beide Seiten ihr Paradigma für das allein glücklichmachende halten, wird es an den äußeren Polen Mord und Totschlag geben.

      Solange eine Seite an grenzenloses materielles Wachstum glaubt und die andere Seite an grenzenloses Glück im Jenseits durch reiliösen Krieg werden wir mit zunehmenden Terror leben müssen.

      Der technische Fortschritt sorgt dafür, dass die Folgen immer verheerender werden könnten.

      Der Wille zu Wahnsinnstaten ist zweifelsfrei vorhanden, die Mittel dazu sind immer leichter zu erlangen - bis zum Overkill durch biologische Waffen.


      Endeckt das Wahre, Natürliche und Menschliche. Nehmt Euch mehr Zeit für Menschen und Natur. Seid weniger aggresiv, übt Rücksicht, auch das kann ein Schritt sein, Deutschland zu retten.
      Avatar
      schrieb am 14.03.04 13:05:19
      Beitrag Nr. 42 ()
      Wilbi,

      ich möchte es etwas anders - mit meinen Worten - darstellen:

      1. Diejenigen, die schon immer pessimistische Prognosen erstellten,
      sei es seit 5, 10 oder gar 30 Jahren, verdienen in der Tat nicht,
      dass man ihnen blind folgt. :eek:
      Andere jedoch sollten dies auch nicht verdienen.;)
      Ich jedenfalls möchte immer sehen, bevor ich entscheide zu folgen - oder auch nicht.

      2. Wer seit 30 Jahren negative Prognosen absondert, hat mindestens bewiesen,
      dass er sich irren kann. Wer dies aber ohne Begründung schlicht fortsetzt,
      der hat es nicht wirklich verdient, dass man ihm Gehör schenkt.

      3. Wenn heute - und hier - über Gefahren, Risikolagen und Bedrohungen diverser Art
      nachgedacht wird, dann ist das keine Miesmacherei.
      Denn hier diskutieren keine Hohlköpfe sondern sehr intelligente Nach- und Kwerdenker. ;) :laugh:
      Offenes Denken wird aber immer auch Probleme und Risiken zutage fördern.

      4. Im Gegensatz zu der Untergangsstimmung die (historisch) zeitweise die Welt erfasste,
      nicht zuletzt im Zuge der Diskussion über "Grenzen des Wachstums",
      diese widerum angestoßen u.a. durch den Club of Rome,
      wird hier über sehr konkret messbare und definierbare Fragestellungen diskutiert,
      deren Ursprung gerade nicht in mangelndem "Glauben" an das Wachstum
      sondern in berechenbaren Defiziten z.B. demografisch längst unverrückbarer Faktoren liegt.:look:

      5. Wer nun versucht abzuschätzen,
      welche Folgen diese und die kommende Generation zu tragen haben werden,
      wer versucht Lösungen zu finden, die diese Lasten "er-träglicher" werden lässt und vieles mehr,
      der gehört zu jener kleinen Minderheit von ca. 3% unserer Gesellschaft,
      die nachdenken und konstruktiv mitdenken können und wollen.
      Diese zu beleidigen disqualifiziert den Urheber, nicht das Objekt seines Angriffs. ;)

      6. Ich persönlich sehe keine Grenzen des Wachstums im Sinne der historischen Diskussion,
      dies sei nur der guten Ordnung halber hinzugefügt.
      Im Gegenteil, ich glaube an die Fortsetzung von Wachstum und Prosperität,
      wenn wir gesellschaftlich und wirtschaftlich zurückfinden zu jenen Regelungen,
      die die Kräfte fordern und fördern, die allein solches Prosperieren erzeugen können.

      KD
      Avatar
      schrieb am 14.03.04 13:20:49
      Beitrag Nr. 43 ()
      #1 Stormy


      Natürlich ist es so wie Du schreibst!

      Das wissen wir.

      Nur die lösung kennen wir nicht, ausserdem wird es
      keine gleich gute Lösung für alle geben, es wird Gewinner und Verlierer geben.

      Die gibt es in russland ja auch.

      Und auch bei uns gibt es sie schon in Massen.

      Elch
      Avatar
      schrieb am 14.03.04 13:26:59
      Beitrag Nr. 44 ()
      #1 Stormy

      ErweiterunG!

      Häuser was du so schreibst ist fast schon jetzt der fall!
      In unserem pupsdorf ist an jedem 10ten haus jetzt ein Verkjaufsschild, war gestern in lüneburg

      Rest Hof

      Vol renoviert mit kunststoffenstern allem Pi Pa Po!

      188 qm Wohnfläche mehrere Nebengebäude!

      4170 qm Grundstück für 135.000 EUROS

      Selbst bei uns im Dorf
      180 qm Wohnfläche 1000 qm Grundstück zwei Bäder zwei Küchen.
      150.000 TEUROS

      Elch
      Avatar
      schrieb am 14.03.04 16:28:48
      Beitrag Nr. 45 ()
      Ich versuch selbst mal einen Rettungsansatz:

      Das Rentensystem fährt, wenn es nicht grundsätzlich renoviert wird, bedingt die Demographie und die Veränderung in der "Erwerbswirtschaft" zwangsläufig vor die Wand. Meine Kinder werden in dieses System einzahlen, ohne etwas zu erhalten!
      An Renten-Kürzungen geht keine Weg vorbei. Andernfalls schlachten wir die Kuh (Mittelstand), die wir dringend zum melken brauchen.

      Der Gesundheitsmarkt, der einzige Wachstumsmarkt, der uns noch aus dem Sumpf ziehen kann, wird weiter überreguliert und monopolisiert. Dieser 300 Mrd. Markt benötigt dringend mehr Marktwirtschaft, sonst fährt er bald ebenfalls vor die Wand.

      Wenn ich mein geschäftliches und privates Umfeld richtig einschätze und wenn dieses Verhalten repräsentativ für die Wirtschaftslage ist, dann lautet der Kernsatz unserer Krise für die nächsten Jahre: "Wer zu früh kauft, den bestraft das Sonderangebot".
      Im Mittelstand wird es ein regelrechtes Massensterben geben.
      Dieser Käuferstreik kann unsere Sozialsysteme und die Finanzen in Kommunen, Ländern und Bund endgültig zusammenbrechen lassen. Dieses Verhalten verhindert genau das Eintreffen eines Aufschwungs.
      Müssen wir zunächst "argentinische Verhältnisse" durchleben, um die "Systeme" neu aufzubauen?

      Eine Dienstleistungsgesellschaft funktioniert nicht ohne Wertschöpfung aber viele Fabriken wandern nach Fernost, Indien und Ost-Europa. Unser wichtigster Rohstoff, das "Know-How" wird auch versiegen, wenn unser Bildungs- und Gesellschaftssystem weiterhin zunehmend Ritalin-Konsumenten produziert.
      Pisa hat gezeigt wohin die Reise geht. Was machen wir dann - du schneidest mir die Haare und ich gieße Deine Blumen? Das funktioniert nicht - sonst könnte wir leicht die Probleme in z.b in Afrika lösen.

      Wir müssen alles verschlanken von Gestzdschungel über die Krankenkassen bis zu der Zahl der Bundesländer um nur einige Beispiele zu nennen. Viel zu viele haben ungestört die Möglichkeit ohne oder fast ohne Gegenleistung im Selbstbedienungsladen der Behörden, Organisationen und in subventionierter Branchen Leistungen zu beziehen.

      Das Potential für einen Aufbruch ist da - aber wer entfesselt es?

      Die USA als "Wachstumsmaschine" werden bald ausfallen. Schaut Euch den Wahnsinn an, die Verdummung, die Verfressenheit (Junk-food), die Dekadenz, die Verlogenheit (Unterstützung von Dikatatoren: er ist ein Bastard aber ist unser Bastard) die Drogen (Ritalin, Prozac), die Ölabhängigkeit etc. Die masslosen Übertreibungen (Las Vegas, Energieverbrauch etc.). Die Scheinheiligkeit (Prüderie, Todesstrafe etc.)Der Materialismus als Religion.

      So geht das nicht mehr lange weiter. Degeneration und Zerfall haben längst begonnen und bei ihrem Untergang verhalten sich die Amerikaner wie angeschossenen Wildschweine: Die Achse der Blöden erfindet die Achse des Bösen um abzulenken....und Pumpen Öl in die Verschwendungsmaschinerie und gedrucktes Geld in die Aktienmärkte um sie oben zu halten. Der Crash dort wird einmalig sein!

      Seid mutig - handelt jetzt, auch wenn man euch beschimpft. Initiiert einen eigenen deutschen Weg. Die Alternative des "weiterwurschtelns" wird für alle Beteiligten negativ ausfallen.

      Sagt den Menschen, das es sehr unbequem und schwierig wird.
      Wir brauchen Vereinfachung, Kappung von Seilschaften, eine Mentalität von geben und nehmen und am wichtigsten Selbstbewusstsein und Freude am Aufbruch und "artgerechte Menschenhaltung".
      Avatar
      schrieb am 14.03.04 16:51:08
      Beitrag Nr. 46 ()
      # 40 Stormy, mit Deinem Hinweis auf Gewitter, auf die man sich vorbereiten muß, liegst Du vollkommen richtig. Aber auch ein schönes Beispiel für manche böse Lage:" Gewitter kommen und gehen."

      Im übrigen hast Du mit den meisten Sachen recht und es ist gut, daß auf diese Gefahren immer wieder hingewiesen wird. Ich hoffe nur, daß es was bezweckt. Aber um was zu bewegen, mußt Du politisch tätig werden.
      wilbi
      Avatar
      schrieb am 14.03.04 16:52:10
      Beitrag Nr. 47 ()
      Genau das werde ich tun!
      Avatar
      schrieb am 14.03.04 18:25:03
      Beitrag Nr. 48 ()
      45,Stormy;)
      ich komme gerade von einem Spaziergang.In einem Garten hängen schon ausgeblasene Ostereier an den Bäumen.
      Im November sah ich bereits die ersten Weihnachtsdekorationen in Häusern und Lichterbeleuchtung in Fenstern und Gärten.Vor einer Woche habe ich zuletzt eine weihnachliche Lichterkette an einem Baum gesehen.
      Was hat das nun wieder mit dem Thema zu tun?:confused:
      Avatar
      schrieb am 14.03.04 18:27:38
      Beitrag Nr. 49 ()
      @future - Na gut lass uns mal lachen:

      Stenkelfeld
      Weihnachten im Oktober
      Montag, 7. Oktober
      Schönster Altweibersommer. Noch einmal sich Menschen in T-Shirt und Sandalen in den Straßencafes und Biergärten. Bisher keine besonderen Vorkommnisse in der Innenstadt. Dann plötzlich um 10.47 Uhr kommt der Befehl von Aldi-Geschäftsführer Erich B.: "5 Paletten Lebkuchen und Spekulatius in den Eingangsbereich." Von nun an überschlagen sich die Ereignisse. Zunächst reagiert SK-Geschäftsführer Martin O. eher halbherzig mit einem erweiterten Kerzensortiment und Marzipankartoffeln an der Kasse.
      15:07 Uhr
      Edeka-Marktleiter Wilhelm T. hat die Mittagspause genutzt und operiert nunmehr mit Lametta und Tannengrün in der Wurstauslage.
      16:02 Uhr
      Die Filialen von Penny und Ihrkauf bekommen Kenntnis von der Offensive, können aber auf Grund von Lieferschwierigkeiten nicht gegenhalten und fordern ein Weihnachtsstillstandsabkommen bis zum 10. Oktober. Die Gespräche bleiben ohne Ergebnis.
      Dienstag, 8. Oktober, 7:30 Uhr
      Im Eingangsbereich von Karstadt bezieht überraschend ein Esel mit Rentierschlitten Stellung, während 2 Weihnachtsmänner vom studentischen Nikolausdienst vorbeihastende Schulkinder zu ihren Weihnachstwünschen verhören. Zeitgleich erstrahlt die Kaufhausfassade im gleißenden Schein von 260000 Elektrokerzen. Die geschockte Konkurrenz kann zunächst nur ohnmächtig zuschaun, immerhin haben jetzt auch Spar, Coop und SK den Ernst der Lage erkannt.
      Mittwoch, 9. Oktober, 9:00 Uhr
      Edeka setzt Krippenfiguren ins Gemüse.
      9:12 Uhr
      SK kontert mit massivem Einsatz von Rauschgoldengeln im Tiefkühlregal.
      10:05 Uhr
      Bei Ihrkauf verirren sich dutzende von Kunden in einem Wald von Weihnachtsbäumen.
      12:00 Uhr
      Neue Dienstanweisung bei Coop. An der Käsetheke wird mit sofortiger Wirkung ein `Frohes Fest` gewünscht. Der Spar-Markt kündigt für den Nachmittag Vergeltungsmaßnahmen an.
      Donnerstag, 10. Oktober, 7:00 Uhr
      Karstadt schaufelt Kunstschnee in die Schaufenster.
      8:00 Uhr
      In einer eilig einberufenen Krisenversammlung fordert der aufgebrachte Penny-Geschäftsführer Walter T. von seinen Mitarbeitern lautstark: "Weihnachten bis zum Äußersten" und verfügt den pausenlosen Einsatz der von der Konkurrenz gefürchteten CD `Weihnachten mit Mireille Matthieu` über Deckenlautsprecher. Der Nachmittag bleibt ansonsten ruhig.
      Freitag, 11. Oktober, 8:00 Uhr
      Anwohner der Ladenstraße versuchen mit Hilfe einer einsweiligen Verfügung, die nun auch vom Spar-Markt angedrohte Musikoffensive `Heilig Abend mit den Flippers` zu stoppen.
      9:14 Uhr
      Ein Aldi-Sattelschlepper mit Pfeffernüssen rammt den Posaunenchor `Adveniat`, der gerade vor Karstadt zum großen Weihnachtsovatorium ansetzen wollte.
      9:30 Uhr
      Aldi dementiert. Es habe sich bei der Ladung nicht um Pfeffernüsse, sondern um Christbaumkugeln gehandelt.
      Sonnabend, 12. Oktober
      Die Fronten verhärten sich. Die Strategien werden zunehmend aggressiver.
      10:37 Uhr
      Auf einem Polizeirevier meldet sich die Diabetikerin Anna K. und gibt zu Protokoll, sie sei soeben auf dem Coop-Parkplatz zum Verzehr von Glühwein und Christstollen gezwungen worden. Die Beamten sind ratlos.
      12:00 Uhr
      Seit gut einer halben Stunde beschießen Karstadt, Edeka und Coop die Fußgängerzone mit Schneekanonen. Das Ordnungsamt mahnt die Räum- und Streupflicht an. Umsonst.
      14:30 Uhr
      Teile der Innenstadt sind unpassierbar. Eine Hubschrauberstaffel des Bundesgrenzschutzes beginnt mit der Bergung von Eingeschlossenen. Menschen wie du und ich, die nur mal in der schönen Herbstsonne bummeln wollten.
      Avatar
      schrieb am 14.03.04 18:31:22
      Beitrag Nr. 50 ()
      So, Future, jetzt sag uns, was das mit dem Thema zu tun hat!
      Avatar
      schrieb am 14.03.04 18:32:12
      Beitrag Nr. 51 ()
      Stormy,
      ich muß dich enttäuschen,du bist an den FAlschen geraten:cry: ,ich hab keinen Humor:(
      Avatar
      schrieb am 14.03.04 18:34:13
      Beitrag Nr. 52 ()
      ?:eek:
      Avatar
      schrieb am 14.03.04 18:42:01
      Beitrag Nr. 53 ()
      :laugh:
      Avatar
      schrieb am 14.03.04 19:58:17
      Beitrag Nr. 54 ()
      Stormy

      Ich gehe weitestgehend mit - bis auf die überflüssige Arroganz gegenüber den USA. ;)

      Denn dort wird es bei weitem weniger Handlungsbedarf geben als hier,
      da die Verkrustungen und das Risikopotential der demografischen Zeitbombe
      sowie vieles andere mehr dort nicht annähernd in dem Ausmaß wie bei uns in D gibt.

      Also lass uns national denken und Vorschläge für dieses Land entwickeln.
      Da bin ich gerne dabei.

      KD
      Avatar
      schrieb am 15.03.04 08:54:56
      Beitrag Nr. 55 ()
      C H I N A

      Neu:

      Anerkennung der Menschenrechte
      Schutz des Privatbesitz

      Nur mal als eine kleine Veränderung erwähnt.
      Den Rest überlasse ich gerne den Schwarz-Weiss-InDieFernesehern.

      Aber auch hier habe ich die Hoffnung, dass sie vielleicht eines Tages Farbe beko... äh, bekennen.

      :D

      (Der Meteorit ist übrigens schon unterwegs ....) :D :D :D
      Avatar
      schrieb am 15.03.04 10:28:23
      Beitrag Nr. 56 ()
      Ja, die Chinesen kommen uns in Richtung "Marktgleicheicht entgegen. Wir treffen uns etwa auf halber Strecke. Unser Weg ist "steiniger" denn wir haben viel zu verlieren!
      Avatar
      schrieb am 15.03.04 10:29:49
      Beitrag Nr. 57 ()
      hoppla, langsam: M a r k t g l e i c h g e w i c h t
      Avatar
      schrieb am 16.03.04 08:17:01
      Beitrag Nr. 58 ()
      Diskussion aus einem anderen board:
      von "der Macher":
      Persönlich halte ich viel von Kontratieffs Überlegungen.
      Demnach haben wir den gesamten Winterzyklus noch vor uns und das ist ein wahrlich schrecklicher Gedanke, auch für Personen, die sich überlegt und "vorbereitet" wähnen.
      Es ist nicht unklug zu versuchen, quälende Fragen anhand historischer Abläufe zu beantworten. Ich glaube zwar nicht, daß es 1:1 abläuft, aber etwas helfen kann es schon.
      Ich persönlich glaube, daß "es" passieren muß. Meiner Meinung zufolge beginnt es in Deutschland damit, daß keine staatlichen Leistung mehr ausgezahlt werden können(!) oder eventuell nur zum Teil, d.h. Renten, die Bezüge von Staatsbediensteten, Arbeitslosen- und Sozialhilfegelder usw., weil aufgrund der Wirtschafts- und Steuerlage der Gesamtkreislauf zusammenbrechen wird. Die Deckungsliquidität ist mittlerweile mehr als ein Witz. Und wenn fast nichts rein kommt, geht auch fast nichts raus.
      Die weitere Entwicklung kann ich mir dann auch denken.
      Es wäre eine Art Kettenreaktion, die sich durch die ganze Bevölkerung zieht.
      Die Familie muß finanziell für Personen einspringen, die betroffen sind.
      Wer keine Hilfe von Mitmenschen zu erwarten hat, kann hoffentlich auf Ersparnisse zurückgreifen.
      Wie weit ein jeder selber betroffen sein kann, sei dahingestellt.
      Ein Beispiel: Mieten können nicht mehr bezahlt werden. Der Vermieter kann seinen Forderung bald auch nicht mehr nachkommen...und so weiter. Wenn vorne kein Geld mehr reinkommt, geht hinten auch keins mehr raus.
      Der Funken kann letztendlich auch auf andere Länder überspringen, z.B. Holland, das plötzlich das Gemüse nicht mehr bezahlt bekommt und so fort.
      Auch wenn nicht der gesamte Bereich betroffen wäre, nur mal angenommen, halte ich selbst 40 % für gravierend.
      Dazu kommt noch das verlorene Vertrauen und dieser Faktor plus Angst und
      Verlustgefühl ergibt eine ganz üble Mischung.
      Wohl dem, der Ersparnisse hat. Aber wie lange kann das gutgehen? Und was ist mit dem sozialen Frieden?
      Wie verhält sich der Staat?
      Was kann der Staat überhaupt noch tun, wenn diejenigen, die seinen Willen durchzusetzen haben, selber betroffen sind, z. B. Polizisten?
      Und ab hier habe ich keine konkrete Meinung mehr.
      Ich kann mir zum jetzigen Zeitpunkt die Frage einfach nicht beantworten, was letztendlich weiter passieren wird. Ich weiß auch nicht, wie lange diese verkrüppelte Verarschungsmaschinerie, pardon, noch weiterrattern kann, aber man merkt schon überdeutlich, daß sie beginnt, ungesund zu hüsteln.
      Wer auch immer sich überlegen fühlt, unbeteiligt, weil es ihm noch gut geht, wer glaubt, sich durch gebunkerte Vorräte oder die Möglichkeit des Freigeldes in Sicherheit wiegen zu können, auf die dann guten Chancen lauern zu können, z.B. billig Immobilien abgreifen zu können, hat meiner Meinung nach die Dimension des Ganzen nicht erfaßt.
      Es war in der Menschheitsgeschichte noch immer so, daß Schuldige für jede Misere gefunden wurden. Und eine jede dieser "Streßsituationen" hat zu Mord und Totschlag, zur Zerstörung geführt.
      Der Blick auf die Historie ist vielleicht wirklich klug.
      Nur glauben wir in unserer grenzenlosen Arroganz und bequemen Verwöhntheit, daß so etwas wie ein Krieg nicht mehr passieren kann, nur weil wir hier so lange in Frieden leben durften.
      Das Blatt kann sich ganz schnell wenden. So schnell, daß mir bei dem Gedanken daran richtig schlecht wird.
      Wer das Glück hat, den nächsten Frühling erleben zu dürfen, im kontratieffschen Sinne, darf sich theoretisch glücklich schätzen. In welcher Gesellschaftsform das dann allerdings ist, weiß auch noch kein Mensch.
      Trotzdem dürfte man dann wieder Chancen haben, beim Aufbau.
      Und wer freut sich nicht seines Lebens, wenn durch seine Arbeit etwas bewegt wird.
      Die aktuelle Situation der zwanghaft systemerhaltenden Maschinerie ist auf jeden Fall unerträglich. Nichts anderes als den Schein wahren, solange es nur geht!
      Manchmal bin ich wütend, daß die Blüte meines Lebens in den Winter fallen muß.
      In diesem Sinne
      -----
      Und noch etwas:
      Gab es nicht neulich eine Meldung, wieviele Menschen hier im Land indirekt von anderen leben, ohne für sich selbst aufkommen zu können?
      Waren das nicht ca. 40 %?
      Soviel zur Brisanz.
      Dazu kommen noch diejenigen, die über die LBS-Gehirnwäsche in einem in den letzten Jahren finanzierten, überteuerten Energiesparhaus u.ä. die Raten abstottern müssen. Wenn ich durch den Neubau-Speckgürtel meiner Stadt radele und diese häßlichen 0815-billig-hochgezogenen-teuer-verscherbelten-Papphütten sehe, eine neben der anderen, dann wird mir richtig schlecht. Wer zahlt den Menschen, die es eigentlich nur richtig machen wollten, für diese Hundehütten demnächst überhaupt noch etwas?
      Fragt mal einen Makler: Mieter für diese 0815-8-Parteien-Neubaukästen findet man jetzt kaum noch, zumal die Mieten nicht ohne sind, weil die Eigentümer sich haben aufhetzen lassen und den Mist in den letzten Jahren teuer abgenommen haben.
      Die Banken werden sich als wenig verständnisvoll erweisen.
      @Der Macher:
      Ich stimme deinen Ausführungen voll und ganz zu. Es kotzt mich mittlerweile an, wenn ich den Zweckoptimismus der Leute sehe und höre.
      Wie auch bei Kontradiev spreche ich natürlich von der breiten Masse, deren "Bewegung" hervorragend vorhersehbar ist. Die Börsianer nutzen es ja auch in Form der EW´n.
      Schau in die Gesichter der Menschen und du siehst die Wahrheit über ihr Denken und Fühlen. Der Deutsche an sich wird schon schlecht gelaunt geboren möchte man meinen.
      Gestern in der Stadt konnte ich es wieder feststellen: Ob Mann ob Frau, ob Jung ob Alt, überall hängende Mundwinkel.
      Was unsere Bürger noch können ist dumm schwätzen, der Blick hinter die Kulissen ist noch nichtmal erwünscht, Motto: "Was ich nicht weiss, macht mich nicht heiss!" Ach so, so geht das, wenn ich meine Schnauze halte, die Augen zubinde und weghöre, dann passiert mir auch nix. Einfach, sehr einfach, schon allein deshalb muss das System ja "Im Arsch gehen:-)"
      Ich werde mich dazu mal auslassen, wenn mehr Zeit ist, aber ein Volk, in dem ein Kübelböck unter die Top 50 der Deutschen gewählt wird, hat´s nicht anders verdient auf Links gezogen zu werden
      Avatar
      schrieb am 17.03.04 09:48:55
      Beitrag Nr. 59 ()
      Hi Stormy,

      habe lange über Deine Beiträge nachgedacht und sie auch mehrere Male durchgelesen. Es läßt sich in der Tat nicht ganz von der Hand weisen, was Du da ansprichtst.
      Zumindest habe ich dadurch schon mal in einem Punkt Recht: Dein Pessimismus anstecken ist ansteckend. :)

      In Ordnung: Die Probleme sind da!

      Probleme (unvollständige Aufzählung):
      * ungünstige Bevölkerungspyramide
      * falsche moralische Basis in der Gesellschaft ("Bloss nicht hinsehen und korrigierend eingreifen" und "Was geht mich das an, mir geht es gut")
      - gemeint: übertriebener Individualismus würgt das Interesse an der Gesellschaft und den Mitmenschen ab.
      * Firmen: Gewinnmaximierung vor sozialen Interessen ihrer Mitarbeiter

      * Familien mit Kinder werden von einer stromlinienförmigen, geldnacheiferndem Karrieristentum als asozial eingestuft.
      Dabei sollte es eigentlich genau umgekehrt sein

      * Politiker, die nur noch auf mediengerechte Auftritte wert legen, und, statt effizient an den Problem zu arbeiten, nur noch am Machterhalt um jeden Preis interessiert sind.
      Ihre Maßnahmen unterliegen leider keinen Qualitätsstandards (sie existieren nicht), es existiert keine persönliche Haftung für nachweislich grob fahrlässiges Fehlverhalten. (Dabei ist normalerweise jede Firma für ihre Produkte verantwortlich (Produkthaftung!). Dieser Punkt bezieht sich nicht nur auf Politiker, sondern auch auf Beamte mit Entscheidungskompetenz bis runter auf Kommunalebene.

      * Das Beamtentum ist im Vergleich zum normalen Arbeitnehmer zu fest an seine Stelle fixiert. Mangelnde Leistungs- und Erfolgskontrollen.

      * Zu starke Zuwanderung durch schwer integrierbare Menschen - neue Sozialbrennpunkte
      * PISA-Studie
      * Mehr Medienkontrolle zur Abwehr von reinen Gewaltfilmen
      (Aber: Es ist ein Trend zu mehr Bildungsfernsehen zu erkennen, daß finde ich schon mal positiv!)
      * Zunehmende Verwahrlosung und Desorientierung der Jugend.
      * Firmen nehmen keine Rücksicht mehr auf Jugendliche (Jugendverschuldung, etc)

      * ... to be continued
      ---------------------------------------------------------------------------------
      Jetzt müßten aber auch Lösungsvorschläge kommen, wie:

      Abschaffung des Berufspolitikertums - stattdessen vielleicht private Thinktanks, die nach Erfolg bezahlt werden. Reduktion der Politikeranzahl auf ein nötiges Minimum zur Überwachung und Koordination der Thinktanks. Gilt auch für das entscheidungskompetente Beamtentum! Das sollte man ohnehin abschaffen.

      Anhebung des Mindestalters für die Übernahme von hohen Staatsämtern auf mind. 50 Jahre und gleichzeitig eine Berufserfahrung von mind. 20 Jahren. Das hat den Vorteil, daß Politiker dann selbst im Berufsleben standen und erfahren haben, was ARBEIT ist.
      Der heutige Politiker ist bereits vor dem Abitur in Jugendverbänden aktiv, ist anschließend in den Studentenorganisationen aktiv und reißt nebenbei ein Studium ab. Er lernt Machtkampf von der Pike auf. Die Sachfragen an sich werden sekundär. Dann geht er in die Partei und tobt sich dort aus. Vielleicht hat er auch ein bißchen Berufserfahrung, aber bei weitem nicht genug, um die anstehenden Probleme zu erkennen.

      Desweiteren wäre es gut, wenn Berufspolitiker vorher noch entsprechende Eignungstest, z.B. persönliche Profile, Problemlösungsverhalten, Intelligenztest, etc ..., ablegen müßten. Die Industrie testet auch ihre Manager vor ihrer Einstellung. Hier könnten wir entsprechende Eignungstest für Politiker von einer unabhängigen Stelle einführen. (Da würden bestimmt 80% aller Berufspolitiker aus allen Parteien durchfallen *ganz frech mal grins*)

      Ich bin überzeugt, wenn Politik nach Erfolgs- und Mißerfolgskriterien bezahlt werden würde, vielleicht anstatt Politiker sogar private Gesellschaften die Managementfunktionen der Politik übernehmen könnten, würde die Politik vermutlich deutlich besser und effizienter die Ziele realisieren. Die Kriterien könnten durch Umfragen in der Bevölkerung von einer unabhängigen Stelle festgelegt und ständig angepasst werden. (Arbeitslosigkeit, Kriminalitätsrate, Umweltverschmutzung, Anzahl der Kindergartenplätze, Neuverschuldung - besser: Schuldenabbau, etc. )
      Diese Idee ist naheliegend, wenn wir beobachten, wie sich das Telekommunikationswesen entfaltet hat, als die Post privatisiert wurde und plötzlich sogar Konkurrenz möglich war.

      Weitere Möglichkeiten:
      Wahlzyklen verdichten, damit die Politik nicht nur mit Wahlkämpfen beschäftigt ist (= Alle 5 Jahre im gleichen Jahr Wahlen auf allen Ebenen (Bundes- , Landes- und Kommunalebenen).

      Allgemeine Einführung eines Sozialjahres für alle jungen Menschen (=Zivildienst für Frauen und Männer, sofern sie nicht der Wehrpflicht unterliegen)

      .... to be continued
      ----------------------------------------------------------------

      Problem erkannt - Gefahr gebannt !?

      Nur die Probleme anzusprechen, ohne Lösungstrategien anzubieten, halte ich für müßig.

      Ich denke insgesamt, dass die Zeiten des Parteienstaates sich dem Ende zuneigen sollten, weil die Bevölkerung es satt hat, von Politikern aus Gründen der Wahlkampftaktiken belogen zu werden.
      Leider haben die Politiker zu viel Einfluß auf ihre eigenen Belange und sie erhalten ihre Macht im Kollektiv.
      Unsere Politikstrukturen sind jetzt älter als 50 Jahre, hier könnten wir wirklich mal eine Sanierung gebrauchen, die auch moderne Ergebnisse der Organisationstrukturen berücksichtigt.
      Avatar
      schrieb am 18.03.04 15:55:54
      Beitrag Nr. 60 ()
      @thorulte - ja der Fisch stinkt am Kopf zuerst - und ich bin wie Du der Meinung, dass hier einige Vorbilder nicht mehrt taugen und nur noch behindern. Wir benötigen in der Tat kreative Köpfe, die Einfluss nehmen können.

      Was wir wohl auf jeden Fall benötigeen ist eine Innovations- und Bildungsoffendsive, um unseren wichtigsten rohstoff, das "Know-How" wieder stärker verfügbar zu machen. Jeder der etwas besonders kann, jedes talent, jede Kreativität muss gepflegt, gefördert und befreit werden. Nur so kann der Kuchen, den wir verteilen wollen wieder wachsen.

      Es muss ein regelrechter Innovationswind durch Deutschland wehen. Die wenigen aber enorm wichtigen Innovatoren müssen behandelt werden wie Bienenköniginnen.

      Wahrscheinlich müssen wir im Bereich Forschung mehr Risiken in Kauf nehemn. Der technische und wissenschaftliche Fortschritt läßt sich ohnhin nicht aufhalten. Ich sehe da durchaus große Gefahren, z.B. in der Biotechnologie. Aber hier alles zu verhindern und es wo anders stattfinden lassen (z.b. Nukleartechnik nach China verscherbeln) ist wahrscheinlich noch riskanter.
      Avatar
      schrieb am 18.03.04 15:57:28
      Beitrag Nr. 61 ()
      Beispiel Fachhandel in Deutschland

      Die aktuelle Lage im deutschen Handel schätzte ich folgendermaßen ein:



      Der Boom der Discounter deutet darauf hin, dass die Deutschen dabei sind, zu einem Volk depressiver Schnäppchenjäger zu mutieren. Hat man noch vor wenigen Jahren in der Kneipe damit geprotzt, einen neuen teuren Rasenmäher mit allem Schnick-Schnack erstanden zu haben, ist man heute stolz darauf, das Standard-Modell mit 20 % Rabatt bekommen zu haben. Wer nicht feilscht ist ein feiges Weich-Ei und wer zu früh kauft, den bestraft das Sonderangebot.

      Die Preise befinden sich folglich für viele Ge- und Verbrauchsgüter im freien Fall und die allgemeine deflatorische Tendenz hat inzwischen mit voller Wucht auch den deutschen Facheinzelhandel erfasst.



      Somit stellt sich die Frage, wie die deutsche Wirtschaft im Allgemeinen und der Fachhandel im Besonderen aus dieser Nummer wieder heraus kommen können. Tatsache ist, dass die deutsche Industrie schon seit langem dabei ist große Teile ihrer Produktion in „Billiglohnländer“ zu verlegen. Die Billig-Ware landet in den Regalen unserer Discounter, wo sich die deutschen Smart-Shopper auf die Schnäppchen stürzen. So findet man Edelstahl-Kochtöpfe für 5 Euro und inzwischen auch Brötchen für 9 Cent. Das Dumme an der Geschichte aber ist, dass wir nicht nur die Produktion verlagern, sondern auch die Jobs. Das wird mit glasklarer Konsequenz dazu führen, dass in Deutschland die Löhne sinken, die Arbeitslosenzahlen steigen und die Sozial-Systeme, wenn sie nicht angepasst werden, am Ende kollabieren. Viele Verbraucher, denen es jetzt noch relativ gut geht, werden dann möglicherweise nicht einmal mehr in der Lage sein, den reduzierten Rasenmäher aus Fernost zu bezahlen. Jedem, der bis drei zählen kann, dürfte klar sein, dass eine Volkswirtschaft, die bisher von ihrem Wissen und ihren hohen Qualitätsstandards profitiert hat, keine Spitzenlöhne mehr zahlen kann, wenn dieser Know-How-Vorsprung schrumpft (was durch die Pisa-Studie belegt wird) und gleichzeitig die Wertschöpfung in das Ausland verlegt wird.



      Die tatsächliche und die „gefühlte“ Einkommensverknappung führen dazu, dass „Geiz geil ist“ und dass die „seelenlosen“ Massenhersteller Marktanteile auf Kosten der kleinen Fachhändler gewinnen. Gleichzeitig schwindet der Handwerks-Mythos, der nach wie vor - aber mit abnehmender Tendenz - Teil der deutschen Kultur ist.



      Aber in einem schleichenden Prozess werden es immer weniger Menschen, die auf diese Weise konditioniert sind. Die „McDonaldisierung“ der Gesellschaft greift vor allem bei den jüngeren Verbrauchern, die hinsichtlich der Einschätzung, was „cool“ und „kultig“ ist, andere Vorstellungen haben als ihre Eltern.



      Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit kann deshalb prognostiziert werden, dass profillose Fachhandelsbetriebe, die wie ängstliche, bewegungslose Kaninchen vor der „Discount-Schlange“ sitzen, auch von dieser gefressen werden. Der Markt benötigt keine grauen Mäuse. Die „Mitte“ bleibt auf der Strecke - entweder man ist „saugünstig“ oder „saugut“.





      Das Dümmste, was die klassischen Fachhändler in der derzeitigen Situation also tun können, ist, bei der vorhandenen Kostenstruktur die Preise nachhaltig zu senken. Wer eine solche Strategie verfolgt, soll einmal im Lexikon unter „Harakiri“ nachschlagen. Das Zitat eines GFK-Managers, „wer gegen den Klitschko gewinnen will, sollte nicht gegen ihn Boxen“, trifft wunderbar den Kern der Sache. Der historische David hätte beim Faustkampf gegen Goliath keine Chance gehabt. Die Märkte polarisieren.



      Wer als spezialisierter Fachhändler sein Heil im unteren Marktsegment sucht, hat keine Chance. Gefragt sind Positionierungs- und Nischenstrategien im oberen Marktsegment. Auch in rezessiven Zeiten gibt es Verbraucher, die sich das „Gute“ leisten wollen und können. Wahrscheinlich jedoch werden es weniger.

      „Das Gute“ ist allerdings längst nicht mehr nur das gute Produkt.

      Seit Maslows Bedürfnispyramide wissen wir: Die Käufer streben nach Selbstverwirklichung – man will einen guten „deal“ gemacht haben - entweder etwas Besonderes oder etwas Günstiges erstehen und dafür Anerkennung erlangen.


      Für diejenigen Verbraucher, für die einkaufen mehr ist als „Taschen füllen“, muss man zusätzlichen Nutzen kreieren. Die Überlebensfrage lautet folglich: Wie werde oder bleibe ich „Premium-Fachhändler“? Der Prozess, der bei dieser Frage die Spreu vom Weizen trennt, ist bereits in vollem Gange.



      Gehen Sie einmal in eine beliebige Innenstadt und nehmen Sie die Fachgeschäfte unter die Lupe. Schon durch oberflächliche Beobachtung ist mit großer Trefferwahrscheinlichkeit ersichtlich, welche „grauen Mäuse“ in den nächsten Jahren sang- und klanglos untergehen werden. Professionalität und marktgerechte Konzeptionen stechen ebenso ins Auge wie ein „dahin-wurschtelndes Weiter-so“.
      Avatar
      schrieb am 18.03.04 16:04:49
      Beitrag Nr. 62 ()
      Schon älter - aber auch sehr provokativ:
      Dossier: Wohin treibt Deutschland? Ein Blick in die Zukunft

      Es war einmal ein Land, das hatte die stärkste Armee weit und breit, die besten Schulen und Universitäten, eine kleine, hocheffiziente Verwaltung, wenige und einfache Gesetze. Es hatte eine Börse, an der die Aktien immer dann stiegen, wenn die Arbeitslosigkeit zurückging, und fielen, wenn sie zunahm. Dies bei einer Arbeitslosenquote zwischen 2 und 3%. Es hatte einen Kapitalmarkt, auf den man unbesorgt auf Sicht von 30 Jahren in Anleihen investieren konnte und dabei keine Kaufkraftminderung riskierte, denn das Geld blieb auch in der nächsten Generation stabil.
      In diesem Land stiegen die Exporte, wuchs die Wirtschaft, die Löhne und Einkommen nahmen stetig zu, der Mittelstand florierte, ein gelernter Maurer konnte mit drei Wochenlöhnen die gesamte Jahresmiete seiner Wohnung zahlen. In diesem Land wurden Gesetze, auch Steuergesetze, für Generationen gemacht. Und der Staatsanteil am Sozialprodukt - das ist das Erstaunliche - erreichte gerade einmal 14%.

      Was ich Ihnen eben erzählt habe, ist kein Märchen. Dieses Land gab es wirklich. Es war das deutsche Kaiserreich vor 1914. Die statistischen Angaben beziehen sich auf das Jahr 1912. Es war die freieste Gesellschaft, in der die Deutschen je lebten. Frei, weil das Kaiserreich souverän war, weil Rechtssicherheit herrschte, weil der Staat das Eigentum respektierte.

      Einige wenige Dinge sind seitdem gleich geblieben, das meiste aber hat sich radikal geändert.

      Gleich geblieben ist die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Wirtschaft und ihre weltweite Spitzenstellung in den Schlüsselindustrien Chemie und Werkzeugmaschinenbau. Und gleich geblieben ist auch die Struktur des deutschen Außenhandels. Schon damals gingen 75% der deutschen Exporte nach Europa, wobei der osteuropäische Anteil größer war als heute. Aber dieser wird in den kommenden Jahren seinen früheren Stand wieder erreichen. Es stimmt wirklich: schon damals herrschte reger Handel in Europa, und zwar bei freiem Kapitalverkehr. Nur brauchte man dafür keine EU, keine Bürokratie in Brüssel und erste recht keine deutschen Milliardenzahlungen in eine europäische Gemeinschaftskasse.

      Heute haben wir statt des Goldstandards eine europäische Zwangswährung, von der niemand sagen kann, wie lange sie hält und was sie in Zukunft wert sein wird. Heute haben wir einen Staatsanteil von rund 50%, und das Geld reicht den Herrschenden trotzdem nicht. Heute haben wir eine offizielle Staatsschuld von 1,2 Billionen Euro bei einem jährlichen Volkseinkommen von 1,5 Billionen Euro (Stand 2001) - eine Staatsschuld, die um ein Vielfaches höher ist, wenn der Staat ordentlich bilanzieren und die ungedeckten künftigen Sozialleistungen in seine Bilanz einstellen würde.

      Ein anderes Kuriosum besteht darin, daß sich dieser finanziell klamme Staat seit vielen Jahren Subventionen an das Ausland, vor allem an die EU, leistet, die weit über 30 Milliarden Mark per annum liegen, die faktisch aus dem Außenhandelsüberschuß Deutschlands aufgebracht werden und die dafür sorgen, daß das deutsche Auslandsvermögen seit 10 Jahren zurückgeht.

      Warum habe ich Ihnen die Geschichte aus der Kaiserzeit, die kein Märchen ist, erzählt?

      Zum einen, weil wir unsere heutige Situation nicht als selbstverständlich und alternativlos ansehen dürfen.
      Zum anderen, weil wir begreifen müssen, daß die Geschichte immer wieder große Brüche produziert, daß es gefährlich ist, von der Gegenwart auf die Zukunft zu schließen. Wer hätte schon 1912 geahnt, daß die geordnete und scheinbar festgefügte Welt des kaiserlichen Deutschland zwei Jahre später in einem grausamen, sinnlosen Krieg untergehen würde.

      Ich werde Ihnen jetzt sieben Prognosen für die Zeit bis 2010 vortragen und mich dabei nicht auf Deutschland beschränken, denn unser Land ist eingebettet in die Europäische Union, in die Weltwirtschaft und Weltpolitik.


      Prognose 1: Die große Rezession in den USA kommt erst noch.

      Immer noch gilt der Satz, daß die Wirtschaft unser Schicksal ist. Da die deutschen und europäischen Wirtschaftszyklen mehr oder weniger synchron mit den amerikanischen verlaufen, müssen wir unsere Prognosereihe mit einem Blick auf die größte Volkswirtschaft der Welt beginnen.

      Selbstverständlich sind die großen amerikanischen Wirtschaftszyklen nichts anderes als Kreditzyklen. Solange die Kredite ausgeweitet wurden, wuchs die Wirtschaft. Sobald ihr Wachstum stagniert, sobald die Kredite zu schrumpfen beginnen, kommt es zu einer Rezession oder Depression.

      Die Rede ist hier von den langen Zyklen. Nach 20 Jahren des Aufschwungs hat der amerikanische Wirtschafts- und Kreditzyklus sein Endstadium erreicht. Es wurde übrigens Mitte der 90er Jahre noch einmal künstlich verlängert, indem der Notenbankchef Greenspan massiv Liquidität, also frisches Geld, in das System pumpte.

      Jetzt ist der gesamte Schuldenberg der USA mit 30 000 Milliarden Dollar so hoch wie das Bruttoinlandsprodukt (BIP) dreier Jahre. Das ist mehr als zu Beginn der Großen Depression 1929.

      Ein Drittel dieses Schuldenberges entfällt auf die privaten Haushalte. Die Achillesferse dabei sind die Hypothekenschulden, mit denen vor allem auch der Konsum finanziert wird. In den USA ist es nicht unüblich, daß ein Haus mit 100 bis 120% seines Marktwertes beliehen wird. 70% der Amerikaner haben einen Hypothekenkredit, 60% davon eine 90%ige Beleihung. Wenn die Immobilienpreise nicht mehr steigen (das kündigt sich bereits an) und anschließend sogar fallen, dann bricht das Kartenhaus zusammen. Die Konjunktur verliert ihre letzte Stütze. Normalerweise folgen die Hauspreise in Amerika dem Aktienmarkt mit einer Verzögerung von zwei Jahren.

      Fazit: Wir müssen in den USA in absehbarer Zeit, spätestens ab 2004, mit einer schweren Rezession oder Depression rechnen, die dann auch auf Deutschland und Europa ausstrahlt.


      Prognose 2: Die Börsenbaisse dauert zehn Jahre oder länger

      Prognose 1 beinhaltet bereits, daß die Baisse am amerikanischen Aktienmarkt zwar durchaus einmal unterbrochen werden kann, aber noch lange nicht abgeschlossen ist. Der Zusammenhang ist zwingend: Bis 1995 stiegen die US-Schulden und der Aktienmarkt mehr oder weniger im Gleichklang, und das nominale BIP folgte nach. Das ist der normale Ablauf.

      Ab 1995 öffnete sich die Schere ganz weit. Die Aktienkurse liefen den Schulden und dem Wirtschaftswachstum davon. Erst seit 2000 beginnt die Schere sich zu schließen. Aber: Um eine halbwegs normale Bewertung zu erreichen, müßten sich die amerikanischen Aktienindizes noch einmal halbieren. Das passiert normalerweise nicht in einem Zug. 1929 verlor der Dow Jones 37%, von 1930 bis 1932 81,8%.

      Ein ähnlicher Absturz würde ohne jeden Zweifel auch die reale Wirtschaft mit in die Tiefe ziehen. Es ist völlig normal, daß die Malaise zuerst an den Finanzmärkten sicht-bar wird und von dort aus die reale Wirtschaft ansteckt. Deswegen ist es nebenbei bemerkt grundfalsch, auf Volkswirte zu hören, wenn man Aktien kauft. Umgekehrt ist es richtig: die Volkswirte sollten sich den Aktienmarkt anschauen, bevor sie Wirtschaftsanalysen erstellen.

      Für den Aktienmarkt gilt dasselbe wie für die Wirtschaft: Amerika steckt Europa an. Damit droht auch der deutschen Börse - nach einer jederzeit möglichen Erholung von einigen Quartalen - eine lange Durststrecke, auch wenn einzelne Aktien schon jetzt nicht mehr teuer oder sogar preiswert sind. Eine Aktienhausse wie in den neunziger Jahren wird es in diesem Jahrzehnt nicht wieder geben. Die Höhe der Dividenden wird zu einem entscheidenden Kriteri-um für die Aktienanlage. In der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg war es selbstverständlich, daß Aktien höher rentierten als Anleihen. Sie sind schließlich auch riskanter.


      Prognose 3: Nach den Aktienmärkten trifft es die Devisenmärkte

      Die drei Währungen, auf die es ankommt (Dollar, Euro und Yen) blieben bisher verschont, sind aber allesamt extrem krisenanfällig, und zwar aus verschiedenen Gründen.

      Für den Yen-Crash sprechen die atemberaubende Staatsverschuldung und das damit verbundene Inflationspotential, das sich bisher im Markt für japanische Regierungsanleihen nicht im geringsten wiederspiegelt. Eine offene Frage ist, ob ein Kollaps der Japanese Government Bonds die Währung mit nach unten zieht, oder ob umgekehrt zuerst der Yen abstürzt. Daß der Tag der Abrechnung so lange auf sich warten läßt, hängt natürlich damit zusam-men, daß Japan der größte Gläubiger der Welt ist. Ich muß auch zugeben, daß das japanische System für westliche Beobachter schwer durchschaubar ist. Japan ist im Grunde eine gelenkte Wirtschaft, keine Marktwirtschaft.

      Der Dollar-Crash ist eher leichter zu prognostizieren. Die USA haben ein jährliches Leistungsbilanzdefizit von rund 500 Milliarden Dollar. Das ist, bezogen auf das BIP, erheblich mehr als Anfang 1985 und weitaus mehr als Anfang der siebziger Jahre - also zu Zeiten, als schon einmal eine rasante Talfahrt des Dollars ausgelöst wurde.

      Dieses Leistungsbilanzdefizit bedeutet, daß die USA mehr verbrauchen als sie produzieren, daß sie mehr investieren können als sie sparen, daß sie Tag für Tag weit über eine Milliarde Dollar importieren müssen - mit einem Wort, daß sie sich vom Rest der Welt finanzieren lassen.

      Weil der Dollar Weltreservewährung Nummer 1 ist, kann das lange gut gehen - bis der Punkt erreicht ist, an dem das Ungleichgewicht nicht mehr tragbar ist, an dem der Rest der Welt nicht mehr mitspielt, an dem die USA selbst an einer Abwertung ihrer Schulden interessiert sind.

      Wir müssen klar sehen, daß die Dollar-Hegemonie untrennbar mit der politischen und militärischen Weltherrschaft der USA verbunden ist. Seit der spanischen Vorherrschaft im 16. Jahrhundert, ja sogar seit den Zeiten des römischen Imperiums, wird der Abstieg einer Weltmacht immer begleitet von Währungsverfall, von Inflation und steigenden Zinsen. England, der Vorläufer der USA, war der letzte derartige Fall. Auch die USA werden letzten Endes diesem Schicksal nicht entgehen.

      Nun zum Euro. In punkto Staatsverschuldung schneidet die Euro-Zone ungleich besser ab als Japan, in punkto Zahlungsbilanz besser als die USA. Nur handelt es sich bei der Euro-Zone weder um eine homogene Volkswirtschaft noch um einen optimalen Währungsraum. In Griechenland hat die Inflation schon wieder 3,6% erreicht, in Portugal ist die Produktivität nur halb so hoch wie in Deutschland, die Skandinavier haben ihre Staatshaushalte im Griff, die Deutschen und Franzosen nicht im geringsten.

      Weil hier zusammengefügt wurde, was nicht zusammenpaßt, werden die inneren Widersprüche dieser künstlichen Euro-Konstruktion aufbrechen - noch in diesem Jahrzehnt. Die Spreads der Staatsschulden werden sich ausweiten, d.h. die Finanzmärkte werden je nach Bonität unterschiedliche Zinsen verlangen. Dann werden einzelne Euro-Länder Schwierigkeiten mit der Bedienung ihrer Schulden bekommen. Gut denkbar ist auch, daß das eine oder andere Land aus dem Euro wieder ausscheidet. Damit ist freilich erst in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts zu rechnen. Daß der Beitritt der osteuropäischen Länder zur Währungsunion den Euro nicht gerade stärken wird, bedarf keiner Erläuterung.

      Über die Abfolge dieser drei programmierten Währungskrisen kann man streiten. Vielleicht kommt erst der Yen an die Reihe, dann der Dollar und zuletzt der Euro. Zeitweise kann das auch, wie in den dreißiger Jahren, die Form eines Abwertungswettlaufs annehmen.


      Prognose 4: Der Stern Amerikas wird sinken.

      Auch das römische Imperium hatte zum Zeitpunkt seiner größten militärischen Ausdehnung unter Kaiser Trajan den Zenit bereits überschritten. Noch ist Deutschland eine "unglückliche Kolonie", um einen amerikanischen Soziologen zu zitieren. Noch ist Europa ein "amerikanisches Protektorat", wie Brzezinski sich ausdrückte. Aber die Verselbständigung Deutschlands und Europas zeichnet sich bereits ab. Die Interessengegensätze werden deutlicher. Schließlich werden sich die Europäer fragen, warum mehr als ein halbes Jahrhundert nach Kriegsende immer noch amerikanische Truppen auf ihrem Boden stehen. Auch Sinn und Zweck der Nato, die sich von einem Verteidigungsbündnis zu einem rein amerikanischen Herrschaftsinstrument entwickelt hat, wird hinterfragt werden.

      Seit dem 11. September 2001 haben die USA einen Weg eingeschlagen, der abwärts führt - das jedenfalls ist die Lehre der Geschichte. Es handelt sich um einen Fall von "Imperial Overreach", von imperialer Überdehnung. Sie verzetteln sich. Sie sind politisch und militärisch an zu vielen Krisenpunkten engagiert. Sie vergessen, daß jedes Machtmonopol Widerstand provoziert - umso mehr, je länger es andauert.

      Damit steigt die Kriegsgefahr weltweit. Kriege brechen aus, wenn eine Weltmacht ihre Position zu verteidigen müssen glaubt (wie England gegenüber Deutschland 1914). Sie brechen aber auch aus in Zeiten von Börsenbaisse und Depression (wie in den dreißiger Jahren).

      Tatsächlich läßt sich seit 1894 ein ungefährer 30jähriger Zyklus nachweisen, der bisher immer mit einer schweren Rezession und kriegerischen Verwicklungen zu Ende gegangen ist.

      Der aktuelle Zyklus begann 1980. Sein kriegs- und krisenanfälliges letztes Drittel hat 2001 begonnen und kann durchaus bis 2010 dauern.


      Prognose 5: Der Sozialstaat in Deutschland wird insolvent.

      Damit steht das System Bundesrepublik in diesem Jahrzehnt vor seiner größten Bewährungsprobe seit 1949. Aufgebaut ist der Umverteilungsstaat auf einer parasitären Bürokratie, auf wirtschaftlicher Unvernunft, auf Täuschung und Selbsttäuschung. Lassen Sie mich das kurz schildern:


      • Zunächst ein Blick auf die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung. 2001 hatte die öffentliche Hand in Deutschland Gesamteinnahmen von 951,5 Milliarden Euro und Ausgaben von 1009 Milliarden. Die größten Posten unter den Einnahmen waren Steuern mit 488,3 Milliarden und Sozialbeiträge mit 383,6 Milliarden. Letztere sind im Prinzip nichts anderes als verkappte Steuern.
      • Der mit Abstand größte Posten auf der Ausgabenseite sind die Sozialleistungen mit 548,1 Milliarden. Wir sehen sogleich, daß die Sozialleistungen sowohl die Sozialbeiträge als auch alle Steuern, die in einem Jahr in Deutschland eingenommen werden, bei weitem übersteigen. Ein grotesker, unhaltbarer Zustand.
      • Die Bereiche in Deutschland, die privatwirtschaftlich organisiert sind, funktionieren in der Regel trotz permanenter staatlicher Behinderung. Die Bereiche, die planwirtschaftlich organisiert sind, funktionieren nicht. Das gilt für Rentenversicherung und Gesundheitswesen. Was sich hier entwickelt hat, ist ein Monstrum. 1957 noch machten die Sozialbeiträge 23,8% vom Bruttolohn aus, heute sind es 41%. Parallel zu diesem parasitären Wachstum wucherte der Steuerstaat. Schätzungsweise 70% der weltweiten Steuerliteratur ist auf deutsch! Trotz der Einführung von Computern ist die Personalstärke dieser Bürokratie um ein Vielfaches gewachsen. Die Bundesanstalt für Arbeit hat 86 000 Beschäftigte - davon sind nur 10% in der Arbeitsvermittlung aktiv. Auf 300 000 Mediziner in Deutschland kommen 145 000 Angestellte der Krankenkassen. 40% der Aufwendungen für staatliches Wohngeld gehen für die Verwaltung verloren. Diese riesige Bürokratie hat längst auch die Parlamente unter ihre Kontrolle gebracht. Im Bundestag sind die Gewerkschaftsfunktionäre, Bürokraten und Berufspolitiker unter sich. Die Wahlen sind zu Ritualen verkommen, die der Perpetuierung des bürokratischen Herrschaftssystems dienen.
      • Die Wähler werden getäuscht und lassen sich täuschen. Nicht einmal die einfachsten Zahlen stimmen. Z.B. wird uns erzählt, daß das Rentenniveau bis 2030 von 70% des letzten Nettogehaltes auf 67% absinken werde. Das klingt harmlos, es bezieht sich freilich auf die rein theoretische Eckrente. In Wirklichkeit bekommen die Haupteinkommensbezieher (von denen mit kleinem Einkommen gar nicht zu reden) schon heute im Durchschnitt nur noch 59% ihres letzten Nettoentgeltes. Die Methoden, mit denen gearbeitet wird, heißen Intransparenz und Angst. Der Umver-teilungsstaat wird bewußt undurchsichtig gehalten, Kostenrechnungen sind schon wegen der ständigen Quersubventionierungen kaum möglich. Die Politiker nähren die Illusion, daß das System mehr ausspuckt, als vorher hineingesteckt wurde.
      • Weil die Leute Angst haben, glauben sie, sie bräuchten die Politiker. Dabei sind diese fast nur noch mit der Scheinlösung oder Verschleppung selbst geschaffener Probleme beschäftigt - und ziehen eben daraus den Nachweis ihrer Existenzberechtigung. Das beste Konjunkturprogramm wäre ein Sabbat-Jahr für sämtliche Politiker.

      Wann wird das System auf Grund laufen? Langfristig muß es scheitern, weil aus demographischen Gründen die Steuer- und Beitragszahler im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung immer weniger werden. Die verheerenden Folgen des Geburtendefizits sind seit langem bekannt, wurden aber in unverantwortlicher Weise ignoriert. Bis 2010 wird die Bevölkerung (ohne Zuwanderung) um 2,5 Millionen abnehmen, danach beschleunigt sich der demographische Zusammenbruch rasant. Bis 2040 wird die Bevölkerung um 18 Millionen geschrumpft sein. Das ist mehr, als heute in den neuen Bundesländern leben.

      Viel schlimmer und tödlich für den Umverteilungsstaat ist die Alterung. Bis 2040 geht der erwerbsfähige Teil der Bevölkerung um 16 Millionen zurück. Daß diese Lücke auch nur zu einem nennenswerten Teil durch Einwanderer geschlossen werden kann, ist eine glatte Lüge.

      Zugegeben, die demographische Katastrophe wird den Umverteilungsstaat in diesem Jahrzehnt noch nicht mit voller Wucht treffen. Das akute, mittelfristige Problem liegt im miserablen Wirtschaftswachstum und den damit verbundenen Steuerausfällen.

      Wenn meine Prognose stimmt, daß die Konjunktur das ganze Jahrzehnt über im Trend schwach bleibt, dann droht dem Sozialstaat schon in diesem Jahrhundert die Insolvenz.

      Was passiert dann? Massive Steuererhöhungen werden zwar versucht, greifen aber nicht mehr, weil sie unter dem Strich zu einer Minderung, nicht etwa zu einer Verbesserung, der Steuereinnahmen führen würden. Ein Zusammenhang, den die bekannte Laffer-Kurve bestens erklärt.

      Andere Möglichkeit: Ein radikaler Umbau des Umverteilungssystems. Dazu müßten vorher dessen Machtstrukturen gebrochen werden, vor allem das Gewerkschaftskartell. Daß eine amtierende Gewerkschaftsregierung die Gewerkschaften entmachtet, ist wohl ein bißchen viel verlangt.

      Bleibt als vorläufiger Ausweg eine Kombination von Sozialkürzungen, Neuverschuldung und Inflation. Die Schulden steigen dann nominal, aber nicht unbedingt real, weil sie gleichzeitig entwertet werden. Geopfert wird dabei der Geldwert. Das ist im Prinzip machbar, seitdem mit dem Euro die Konkurrenz der Währungen in Europa abgeschafft wurde.


      Prognose 6: Die Ära der 68er Geht zu Ende

      Damit kommen wir zum erfreulicheren Teil meiner Prognosen. Die Regierung, die seit 1998 an der Macht ist, rekrutiert sich ideologisch und personell weitgehend aus der Bewegung der 68er. Erst kam die Kulturrevolution, dann die Eroberung der Ämter. Die 68er sind kollektivistisch, anti-liberal, anti-Marktwirtschaft, anti-Familie, anti-christlich, multikulti, partiell anti-national, in jedem Fall aber pro-Staatsknete. Auch diese Generation altert, sie verliert in den kommenden Jahren die geistige Hegemonie, die sie Ende der neunziger mit dem sogenannten "Kampf gegen Rechts" noch einmal zementierten konnte. Sie wird selbstverständlich abtreten müssen. Vielleicht schon 2006, spätestens 2010. Dann schwingt das Pendel zurück zu konservativen, nationalen und liberalen Positionen.

      Wenn das Geburtendefizit erst einmal als Problem Nummer 1 erkannt ist, wird der Wert der Familie wieder entdeckt. Außerdem gilt: Je älter die Bevölkerung, desto größer der Stellenwert der Inneren Sicherheit. Je diffuser und anonymer die EU, desto attraktiver die Nation. Und je weiter wir uns vom 20. Jahrhundert entfernen, desto wirkungsloser wird das Erpressungspotential der deutschen Vergangenheit.

      Es gibt wohl kaum eine bessere Symbolfigur für die Ineffizienz des Linkskartells, als den Berliner Bürgermeister Wowereit - eine narzißtische Null, die mit der Leitung einer konkursreifen Stadt beauftragt wurde. Solche Figuren sind Auslaufmodelle.


      Prognose 7: In Deutschland entsteht ein anderes Parteiensystem.

      Die Überlegung ist einfach und einleuchtend: Wenn sich Volksmeinung und Parteiensystem nicht mehr decken, dann ändert sich in einer Demokratie nicht das Volk, sondern das Parteiensystem.

      Nach einer Allensbach-Umfrage von Anfang 2002 ordnen sich 30% der Deutschen im politischen Spektrum als rechts ein, 31% als links, 36% als Mitte. (Interessant am Rande, daß die Sozialdemokratie im Reichstag von 1912 mit 34,8% nur wenig schwächer war als heute.) Dem Meinungsspektrum entspricht die heutige Parteienlandschaft nicht im geringsten. Der rechte Flügel fehlt. Daß er fehlt, hat nicht zuletzt mit der kulturzerstörenden Hegemonie der 68er zu tun. Sobald diese schwindet, kommt Bewegung in die politische Landschaft.

      Denkbar ist, daß die prinzipiell opportunistische CDU dem neuen Zeitgeist folgt, daß sie wieder einen konservativen und nationalliberalen Flügel herausbildet und damit auch das rechte Spektrum abdeckt. Das wäre die hessische Lösung, der nächste Bundeskanzler hieße Roland Koch. Mit Angela Merkel ist das nicht zu machen. Sie ist ein Produkt der Ära Kohl und repräsentiert die "letzte Schwundstufe des Konservatismus".

      Einen ersten mutigen Vorstoß zur geistigen Wende in der CDU machte der Bundestagsabgeordnete Axel Fischer in einem Interview mit der Zeitschrift Der Selbständige. Er verlangte die Entideologisierung und Enttabuisierung der politischen Debatte und die Überwindung der politischen Korrektheit. "Die Alternativen heißen: Freiheit oder Sozialismus, Pioniergeist oder Vollkaskomentalität, Eigenverantwortung oder Staatsveranwortung, Marktwirtschaft oder Bürokratie."

      Nicht völlig auszuschließen ist auch eine Entwicklung à la Österreich, d.h. die Metamorphose der FDP zu einer nationalliberalen Volkspartei. Dazu gab es 2002 erste Ansätze. Aber auch dies ist ein Generationenproblem. Zumindest ist die FDP eine Option, auf die man achten sollte.

      Vorstellbar ist auch die italienische Lösung, nämlich das Entstehen einer neuen bürgerlichen Partei, die sich national und liberal präsentiert. Eine kollektivistische Bewegung, die sich national und sozialistisch zugleich gibt, wird in Deutschland keine Chancen haben. Alle populistischen und rechten Parteien, die in den letzten Jahren in Europa Erfolg hatten, sind marktwirtschaftlich und freiheitlich orientiert.

      Meine Grundüberlegung ist, daß das herrschende Parteienkartell in der Wirtschaftspolitik, in der Steuerpolitik, in der Bevölkerungspolitik, in der Ausländerpolitik (um nur die wichtigsten Felder zu nennen) versagt hat, daß es reformunfähig ist und daß dieses Versagen in den kommenden Jahren offenkundig werden wird. Dann wird die Öffentlichkeit nach einem Kabinett der Fachleute rufen. In der Politik ist es wie in der Wirtschaft: man kann die Realität nur eine Zeitlang ignorieren, man kann die Bilanzen nur eine Zeitlang fälschen, man kann nicht permanent von der Substanz leben.

      Soweit der Versuch eines Blicks in die Zukunft. Dabei ist das worst-case-Szenario, d.h. das Szenario des schlimmsten Falls, noch nicht berücksichtigt. Es orientiert sich an den dreißiger Jahren. Es setzt voraus, daß das Sozialprodukt nicht für ein paar Quartale, sondern für einige Jahre zurückgeht. Dann würde die Steuerbasis schlicht und einfach wegbrechen, die Sozialleistungen müßten brutal gekürzt werden, die politische Szene würde sich radikalisieren, die Kriminalität würde explodieren, innere Unruhen (auch von Seiten des Millionenheeres arbeitsloser Ausländer) würden ausbrechen, die Bundeswehr müßte eingesetzt werden, die EU könnte samt Euro auseinanderbrechen. Ein solches Szenario mag unwahrscheinlich sein, wir müssen es aber vorsichtshalber in unsere Zukunftsplanung einbeziehen.

      Wie auch immer, vor uns liegen Jahre der Entscheidung. Gefragt ist wieder einmal die Regenerationsfähigkeit des deutschen Volkes.



      (Der Text basiert auf einem Vortrag des Deutschland-Brief-Herausgebers vor dem Club Staat und Wirtschaft.)



      © Dr. Bruno Bandulet
      Avatar
      schrieb am 23.03.04 18:37:06
      Beitrag Nr. 63 ()
      Über Patriotismus und Job-Verlagerung ins Ausland
      Norbert am Tuesday, 23. March 2004, 16:29


      Es ist Krieg in der Welt. Und der größte Kriegstreiber ist die Dummheit. Die sorgt dafür, daß in Deutschtümeland derzeit darüber diskutiert wird, ob es "unpatriotisch" ist, Arbeitsplätze ins Ausland zu verlagern, wie es der Chef des "Deutschen Industrie- und Handelskammertages" empfohlen hat. Der Spiegel hat dazu z.B. eine Meinung.

      An dieser Diskussion zeigt sich wunderbar, wie die "Weltverschwörung der Dummheit" dafür sorgt, die eigentlichen Probleme aus den Augen zu verlieren und sich um Scheingefechte zu kümmern. "Patriotismus" ist ein Wort, was vor wenigen Monaten in Deutschland noch nichtmal in den Mund genommen worden wäre, doch auch hier findet eine schleichende Amerikanisierung statt - in den USA ist das Wort ein Ersatz für "Nationalismus" und nach dem Export nach Europa kann es auch hier benutzt werden. Vorteil: In Deutschland nationalistische Ideen zu haben kann als "geschichtlich problematisch" gewertet werden, weshalb man der gleichen Sache einen neuen Begriff gibt: Patriotismus. Daß das funktioniert hat schon George Orwell in 1984 gezeigt (Stichwort: Krieg ist Frieden, Freiheit ist Sklaverei).

      Nun diskutiert die "politische Elite" also darüber, ob es patriotisch ist, Arbeitsplätze ins Ausland zu verlagern oder ob es verboten gehört, überhaupt "patriotisch" zu argumentieren. Idiotisch!
      Warum? Weil die Antwort nicht im Patriot/National-ismus sondern in der Wirtschaftstheorie zu finden ist. Wenn Arbeitsplätze von einem Land oder einer Region in eine andere Region "verlagert" werden, so bleibt logischerweise weniger Kaufkraft durch wegfallende Löhne in der "alten" Region. Zwar sparen die Unternehmen, indem sie den "Produktionsfaktor Arbeit" billiger einkaufen können, aber sie graben sich zugleich ehemals profitable Märkte ab. Bleibt die derzeitige Tendenz erhalten, so werden sich die Firmen umschauen: Es ist schlicht nicht möglich, Produkte zu "deutschen Preisen" abzusetzen, wenn die Arbeitskräfte, die gleichzeitig die Kunden sind, sich auf "polnische Löhne" zubewegen. Mit den Löhnen fällt also auch der erzielbare Preis der Güter - und damit die Unternehmensgewinne.
      Kurzfristig macht es somit aus Unternehmenssicht Sinn, weil in erster Linie die Kosteneinsparung als Ziel steht. Langfristig ist dies aber ein sinnloses Unterfangen, weil man sich seine eigenen Märkte kaputtmacht.

      Was können wir schlußfolgern? Konzernführer, die Arbeitsplätze aus Kostengründen verlagern sind kurzfristig denkende Manager. Kurzfristiges Management ist aber idiotisches Management, so daß solche Leute eigentlich für den Job nicht geeignet sind. Politiker, die sich auf eine Patriotismus-Debatte einlassen, ohne die wirtschaftlichen Hintergründe zu betrachten, lenken vom eigentlichen Thema ab und sind damit als Politiker unfähig. Medien, die sich an dieser überflüssigen Debatte beteiligen machen sich wiedermal zum willigen Werkzeug einer Nicht-Problemlösung und kommen somit ihrem Auftrag auch nicht nach. Man könnte also sagen, im Grunde kann die ganze Besetzung ausgetauscht werden. Schlimmer kanns ja kaum noch kommen....
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      schrieb am 23.03.04 19:17:45
      Beitrag Nr. 64 ()
      Überlegungen zu Wirtschaftswachstum und Arbeitslosigkeit

      Von unserem Mitglied Dr. Richard Grimm

      Typisch für die weit verbreitete Überzeugung, Wirtschaftswachstum sei ein, wo nicht gar das einzige Mittel gegen Arbeitslosigkeit, sind Äußerungen des BDI-Präsidenten Rogowski. Er meinte, "um am Arbeitsmarkt nennenswert etwas zu bewegen, seien über einen längeren Zeitraum mindestens drei Prozent pro anno nötig". Hätte der Präsident recht, dann müssten die Arbeitslosen jede Hoffnung fahren lassen, denn:

      Das jährliche deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP, hier berechnet auf Preise von 1995 und das Wirtschaftsgebiet Gesamtdeutschland) stieg zwischen 1950 und 2002 von 291 auf 1984 Milliarden Euro an, das heißt um 32,6 Mrd. pro Jahr. Das ist der langjährige Durchschnitt. Da das Volkseinkommen aus einer Vielzahl weitest verzweigter Quellen entsteht, sind die wirklich eintretenden Jahreswerte Zufallszahlen. Sie können nicht vorausberechnet werden und gruppieren sich um den genannten Mittelwert von 32,6 Mrd Euro so wie es Anfang des 19. Jahrhunderts von dem Mathematiker Gauss in Form seiner bekannten Glockenkurve beschrieben wurde. Der von Rogowski herbeigewünschte Zuwachs von "mindestens drei Prozent pro anno" würde auf heutiger Basis als absolute Zahl fast 60 Mrd Euro pro Jahr betragen. Nach Gauß errechnet sich für alle Werte ab 54 Mrd pro Jahr (Mittelwert plus Standardabweichung) eine Eintrittswahrscheinlichkeit von etwa 1/6. Ein so großes Wachstum "über einen längeren Zeitraum" von beispielsweise drei bis fünf aufeinanderfolgenden Jahren, wäre also im Durchschnitt alle 216 bis 7776 Jahre zu erwarten. In den letzten Jahrzehnten ist ein derartiger Fall auch nie aufgetreten.

      Weil die jährlichen Werte des Wirtschaftswachstums Zufallszahlen sind, kann das Wachstum eines bevorstehenden Jahres nicht vorhergesagt werden. Der wahrscheinlichste Fall ist stets, daß das Folgejahr anders liegt als das laufende. Die Schlussfolgerung von einem Jahr auf das nächste ist sinnlos. Dementsprechend begannen beispielsweise die Schätzungen für das Jahr 2002 im Frühjahr 2001 mit der Zahl 2,8 % , offenbar inspiriert von den 3 % des Jahres 2000. Im Lauf der Zeit wurde der Wert stufenweise abgesenkt bis auf die wirklichen 0,2 %. Diese wurden allerdings erst veröffentlicht, als das Jahr so gut wie gelaufen war. Die so genannten Wirtschaftsweisen könnten sich mit ähnlicher Treffsicherheit auch an den Lottozahlen versuchen.

      Wichtiger ist die Frage, ob Wirtschaftswachstum überhaupt gegen Arbeitslosigkeit helfen kann. Die Koppelung von wachsender Wirtschaftsleistung und Rückgang der Arbeitslosenzahl gab es nur in der Frühzeit der Bundesrepublik von 1950 bis 1962. Damals sank das Jahresmittel der Zahl der Arbeitslosen von 1,9 bis auf 0,16 Millionen. In der Folgezeit gab es in jedem Jahrzehnt ein "Rezessionsjahr" mit einmalig negativem Wirtschaftswachstum zwischen -0,3 und -1,1 Prozent, nämlich 1967, 1975, 1982 und 1993. In der ersten Rezession 1967 stieg die Zahl der Arbeitslosen von 0,16 auf 0,46 Millionen an und wurde im Verlauf von drei weiteren Jahren wieder auf sensationell geringe 0,15 Millionen abgebaut. Das Ganze geschah bei insgesamt wachsendem Bruttoinlandsprodukt. Auf diesem Stand der Erkenntnis befindet sich der BDI-Präsident noch heute.

      Ab 1970 stieg die Arbeitslosenzahl trotz weiter zunehmendem BIP wieder an, und zwar nicht gleichmäßig, sondern in mehrjährigen Schüben. Innerhalb dieser Schübe lag jeweils ein Rezessionsjahr. Bei jedem Schub nahm die Arbeitslosenzahl stärker und länger zu, nämlich 1973-75 um 0,8 Mio, 1980-83 um 1,4 Mio und 1990-94 um 1,8 Mio (letztere Zahl unter erstmaliger Einbeziehung der neuen Länder). Nach dem Ende einer Rezession und Rückkehr zum normalem Wirtschaftswachstum ging die Arbeitslosenzahl jedesmal zurück, aber nur in so geringem Maße, dass sich von 1970 bis 2002 per Saldo der Anstieg von 0,15 auf ca. 4 Millionen ergab.

      Von entscheidender Bedeutung ist die Tatsache, dass bei allen vier Rezessionen der Anstieg der Arbeitslosigkeit bereits vor dem Jahr mit negativem Wachstum einsetzte. Das heißt: Nicht eine vorübergehende Verkleinerung des BIP hat den Anstieg der Arbeitslosigkeit verursacht, sondern umgekehrt.

      Die Deutung dieser Vorgänge ist naheliegend: In der Aufbauphase der Bundesrepublik wurde Wirtschaftswachstum vorwiegend durch Vergrößerung der Belegschaften erzielt. Später erfolgte die Bereitstellung von immer mehr und immer billigeren Produkten überwiegend durch Automatisierung und Rationalisierung. Dadurch wurden laufend bestimmte Arbeitsplätze und Produktionsanlagen überflüssig. Verständlicherweise ergreift die Wirtschaft so einschneidende Maßnahmen wie betriebsbedingte Kündigungen, Teilstillegungen, Unternehmensübernahmen oder Insolvenzanträge erst dann, wenn das wirtschaftliche Überleben anders nicht mehr zu erreichen ist. So kam es im Abstand von 7 bis 11 Jahren zu dem wiederholten Ansteigen der Arbeitslosenzahl und einem Rückgang des Wirtschftswachstums bis auf etwa -1 %. War die Rentierlichkeit der Unternehmen nach einem Rezessionsjahr wieder hergestellt, dann setzte rasch neues Wachstum ein. Dagegen blieb nach jeder Wirtschaftskrise ein zusätzliches Kontingent von Dauer-Arbeitslosen übrig, deren Können oder Altersgruppe nicht mehr gefragt war, und die auf staatliche Hilfe angewiesen sind. Da unser Steuersystem menschenfreundlich aber störanfällig so ausgelegt ist, dass Personen und Unternehmen die weniger verdienen auch weniger Steuern zahlen müssen, und da es in den öffentlichen Haushalten keine Rücklagen mehr gibt, fehlen dem Staat die Finanzmittel genau dann, wenn ein neuer Schub Arbeitsloser versorgt werden muss.

      Die immer größer werdende Zahl der Arbeitslosen und die Hilflosigkeit der Politik diesem Problem gegenüber führt in der Bevölkerung zu Existenzangst und Konsumzurückhaltung. Sie ist möglicherweise auch eine der Ursachen des Geburtenrückganges. Die Politik versucht, dem Geldmangel in den öffentlichen Kassen durch höhere Verschuldung, der Abnahme der Einwohnerzahl durch Einwanderung zu begegnen. Es werden aber auch, so wie beispielsweise durch Rogowski, Unternehmer und Regierung gebieterisch zu mehr Wirtschaftswachstum aufgefordert, um Arbeitslose in Beschäftigung zu bringen. Den Wachstums-Befürwortern ist nicht klar, dass sie damit die Zwickmühle von Automatisierung und weiterer Freistellung von Arbeitskräften erst recht antreiben. Da eine Bundesregierung nur einen Planungshorizont von maximal vier Jahren hat und die jeweilige Opposition überhaupt keinen, werden die langfristigen Folgen all dieser Maßnahmen in der Politik nicht bedacht oder zumindest nicht diskutiert.

      Für die nächste Zukunft verheißt die historische Betrachtung wenig Gutes: Vom Zeitabstand her könnte mit dem gerade jetzt zu verzeichnenden erneuten Anstieg der Arbeitslosigkeit eine weitere Rezession begonnen haben. Würde eine solche analog derjenigen von 1993 ablaufen, dann kämen wir im Jahr 2005 auf ca 5,7 Millionen Arbeitslose, hätten aber ein höheres BIP als im Jahr 2002. Ein Vergleich mit der historischen Wirtschaftskrise von 1928 bis 1932 wäre trotzdem nicht angebracht, denn damals schrumpfte das Nationalprodukt in vier aufeinanderfolgenden Jahren um insgesamt 16%.

      Wenig zuversichtlich stimmt die Fixierung der Politiker und Wirtschaftsmanager auf die Vorstellung, dass unser aller Wohl und Wehe von plus drei oder minus ein Prozent BIP-Wachstum abhinge. Was würde man von einem Mitbürger denken, der in Verzweiflung geriete, weil das Einkommen seiner Familie von hunderttausend Euro pro Jahr (so groß ist ungefähr der rechnerische Anteil einer vierköpfigen Familie am Bruttoinlandsprodukt) auf neunundneunzigtausend gesunken sei, anstatt wie erhofft auf hundertdreitausend zu steigen! Das Zahlenbeispiel zeigt, dass nicht das Wachstum des Volkseinkommens, sondern dessen Verwendung unser Problem ist. Wachtsumsfetischisten wie Rogowski setzen den Hebel an der verkehrten Stelle an. Reformen sind dringend nötig, die Reformbewegung gibt es derzeit noch nicht. (25.2.2003)

      Neuste NachrichtenÜberlegungen zu Wirtschaftswachstum und Arbeitslosigkeit.htm
      Avatar
      schrieb am 24.03.04 09:37:08
      Beitrag Nr. 65 ()
      #63

      Es macht aber auch keinen Sinn, in Deutschland für Länder zu produzieren, die sich deutsche Preise nicht leisten können.
      Dann ist da noch die Sache mit der Abwärtsspirale. Wenn in Deutschland die Menschen immer weniger verdienen, dann werden sich die Deutschen auch nicht mehr die "made in Germany"`s leisten können. Die Kaufkraft sinkt, der Absatz sinkt, die Gewinne sinken. Also orientieren sich die Firmen auf Länder in denen "Aufwärtsspiralen" sind. Zunächst billige Löhne, zunehmend mehr Arbeitsplätze in den - sagen wir mal - neuen Ländern, steigende Kaufkraft (z.B. in Polen), mehr Absatz (wenn auch nicht zu deutschen, sondern eben zu Preisen wie im Land üblich).
      Mit dem zunehmenden Wohlstand in den neuen Industriestaaten (Angleichung), wird es automatisch auch hier wieder attraktiver.
      Genau genommen können wir eigentlich nur ein Interesse daran haben, daß die Anhebung der Lebensstandards in den neuen Industrienationen sehr schnell erfolgt (Polen, Tschechien, China, etc.)

      Bestes Beispiel ist sicherlich China. Ein Chinese wird sich wohl kaum einen Mercedes leisten können, der in Deutschland mit deutschen Preisen gebaut wird. DaimlerChrysler bleibt doch garnichts anderes übrig, als diesen Mercedes in China zu bauen, zu chinesischen Preisen, wenn sie dort auch Fuß fassen wollen.

      Eine einzelne Firma kann diesen Trend übrigens nicht beeinflussen. Der Markt ist immer noch ein höchst dynamisches System, dass für eine einzelne Firma nicht vorhersehbar ist, schon garnicht steuerbar. Es bleibt folglich den Firmen also garnichts anderes übrig, als sich opportun zu verhalten, um ihr eigenes Überleben zu sichern. Da hilft der Firma leider auch kein "Patriotismus". Der könnte dann sogar zum Untergang der Firma führen.

      Bedenklich ist es allerdings, wenn deutsche Firmen dann billig nach Deutschland importieren wollen. Hier sollte vielleicht doch wieder über angemessene Zölle nachgedacht werden, die die Vorteile der Auslandsproduktion aufheben. Zumindest sollte diese Maßnahme solange erfolgen, bis die Angleichung abgeschlossen ist. Vor allem müßten diese Einfuhrbeschränkungen die Deflation abbremsen und die Angleichungsgeschwindigkeit etwas absenken. Das Problem scheint weniger die Angleichung an sich zu sein, sondern die Geschwindigkeit, mit der diese erfolgt.
      Zu schnelle Änderungen lassen die Systeme zusammenbrechen.

      Zur Zeit habe ich jedoch den Eindruck, dass genau solche Steuerungselemente auf der Strecke geblieben sind und sich die Dinge somit einfach viel zu schnell und durch die Politik viel zu unkoordiniert verändern.
      Avatar
      schrieb am 24.03.04 13:03:14
      Beitrag Nr. 66 ()
      #64 "Zu schnelle Änderungen lassen die Systeme zusammenbrechen"

      Na dann:


      Warum physisches Gold?

      Nachfolgender Text ist ein Auszug aus dem Goldbuch von Andreas Rühl – Erscheinungsdatum und –titel noch nicht bekannt. Stand: 07/2003

      15.1 Warum physisches Gold?
      Der Aufbau einer gesunden Vermögensstruktur – die Streuung der Vermögenswerte auf verschiedene Anlageformen, wie Aktien, Renten, Immobilien und Gold – resultiert auf den Erfahrungswerten die im Lauf von Jahrhunderten bei der Vermögensbildung und –vernichtung gemacht wurden.

      Aufgrund dieser Erfahrungen nutzen die wirklich erfolgreichen Vermögensverwalter dieser Welt, stets sämtliche Anlageklassen. Die Mischung sorgt für eine optimale Risikostreuung, welche für einen nachhaltigen Kapitalerhalt und interessante Erträge notwendig ist. Auf unterschiedliche Wirtschafts- und Kapitalmarktzyklen wird mit einer flexiblen Gewichtung der einzelnen Anlageklassen reagiert. Dabei wird die Vermögensklasse Gold als strategische Position zu jeder Zeit berücksichtigt. Je nach Wirtschaftszyklus wird lediglich in den vielen Möglichkeiten der Goldinvestition (siehe Kapitel 3) variiert. Die Anlage in physisches Gold – also in effektiv vor einem liegende Goldmünzen und -barren – wird jedoch immer berücksichtigt. Wenn die erfolgreichsten Vermögensverwalter und die reichsten dieser Welt hier nie darauf verzichten, dann stellt sich die Frage, warum es für uns ebenfalls ratsam ist?

      In welchen Fällen können wir vom Kauf physischem Gold profitieren?

      In den meisten Fällen beabsichtigt der Käufer von steigenden Goldpreisen zu profitieren. Mit diesem Kaufgrund spekulieren Sie darauf, dass Sie Ihre in der Vergangenheit erworbenen Münzen und Barren zu einem höheren Preis wieder verkaufen können. Hierbei sollten Sie berücksichtigen, dass die Kosten für Prägung, Transport und Verwahrung zu einem Aufschlag auf den reinen Goldpreis führen. Bei Münzen ist dieser Kostenaufschlag größer als bei Barren. Je kleiner das Gewicht von Münzen oder Barren, desto größer wird der prozentuale Aufschlag. Wenn Sie keine Befürchtungen haben, dass alternative Kaufmöglichkeiten – wie beispielsweise der Erwerb über Goldzertifikate – dem Bonitätsrisiko des Zertifikate-Ausstellers unterliegen, können Sie sich die Kosten – die durch die oben genannten Aufschläge entstehen – sparen. Die reine Spekulation auf einen steigenden Goldpreis könnte somit kostengünstiger und mit den gleichen Schwankungen wie beim physischen Gold erreicht werden.

      Handelt es sich um eine strategische Beimischung von Goldmünzen und -barren, steht der mögliche Anstieg des Goldpreises gar nicht im Vordergrund. Erinnern Sie sich an das Kapitel "1.1. Die Geschichte des Geldes"? Gold ist das Ursprungsgeld, seine Bedeutung, kommt immer dann vermehrt zu tragen, wenn das Vertrauen in die Papierwährungen nachlässt oder im schlimmsten Fall vernichtet wird. Beim strategischen Münzen- und/oder Barrenkauf sind es eher die Erfahrungen der letzten Jahrhunderte, die Tatsache, dass letztlich jedes Währungssystem über kurz oder lang zum Scheitern verurteilt ist und entweder durch Hyperinflation oder Staatspleite zur Vernichtung von Papiergeld führt. Wenn das der Grund für eine Beimischung in Ihre Vermögensstruktur ist, ist es weniger die Spekulation auf steigende Goldpreise, sondern eine finanzielle Absicherung für die denkbaren und in den letzten Jahrhunderten mit schöner Regelmäßigkeit immer wieder erlebten "worst-case" Szenarien.

      "Worst-case" Szenarien – was ist das? Um eine kleine Vorstellung zu bekommen wann physisches Gold seiner strategischen Bedeutung gerecht wird, brauchen wir nicht einmal weit in die Wirtschaftshistorie zurück gehen. Es reicht ein Blick nach Argentinien. Ein Land, dass sich im Lauf der Zeit mehr und mehr verschuldete. Dies führte zu einem immer größer werdenden Vertrauensschwund. Befürchtungen der Staat könnte seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen, führte mehr und mehr zum Vertrauensverlust in die eigene Währung. Die Bevölkerung fing an, ihre Ersparnisse bei den Banken abzuheben um sie schnell noch zu verkonsumieren, solange das Geld noch als Zahlungsmittel akzeptiert wurde. Der Run auf die Banken nahm solange zu, bis deren liquide Mittel aufgebraucht waren. Die Bankenschalter wurden geschlossen! Das Vertrauen in die eigene Währung war vernichtet. Anleger die glaubten, sich mit Anlagekonten in "harten" Währungen vor dem Kollaps schützen zu können, wurden durch einen staatlich angeordneten Zwangsumtausch quasi enteignet. Beim Einkauf für das tägliche Leben zählte alles andere nur nicht die eigene Währung. Unter anderem entwickelten sich Warentauschmärkte. In Deutschland war es nach dem zweiten Weltkrieg die Zigarettenwährung, die durch Warentausch, die Reichsmark ersetzte. Wer solch extreme Finanzkollapse mit erlebt, wird schnell erkennen, dass selbst sachwertorientierte Vermögensteile, die ihm während eines intakten Finanzsystems den Status eines Wohlhabenden geben, keine Lösung sind. Schließlich steht kein Tauschmittel bzw. Wertaufbewahrungsmittel zur Verfügung das akzeptable Verkaufserlöse für Immobilien oder substanzhaltige Unternehmen ermöglicht. In solchen "worst-case" Situationen profitieren Sie von Ihrem physischen Gold. Im täglichen Leben hilft es Waren zu kaufen, die schwer zu erhalten sind. Für die Zeit nach dem Finanzkollaps – jeder Zusammenbruch von Finanzsystemen führt zu neuen Finanzsystemen – können Sie verfallene Immobilien- oder Unternehmenspreise nutzen, um sich mit Ihrem Ursprunggeld Gold Vermögensvorteile in der Zukunft zu schaffen.

      Schaurige Zeilen! Nicht wahr? Ist es denn überhaupt realistisch, dass wir solche Horrorsituationen erleben? Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Allerdings kann ich es mir sehr gut vorstellen. Wer will uns letztlich garantieren, dass unsere heutigen Finanzsysteme – die sowohl in Europa, wie auch in den USA allein auf Vertrauen aufgebaut sind – auf immer und ewig erhalten bleiben? Der Staat? – die Vergangenheit lässt grüßen! Die Notenbanker Greenspan oder Duisenberg? – für wie viele Bürger reicht deren Goldbesitz? In Deutschland gehen Lebensversicherungsgesellschaften nur nicht pleite, weil man sie in kurz zuvor gegründete Auffanggesellschaften unterbringt. Die Vorstände der großen Banken diskutieren mit der Bundesregierung ebenfalls über Auffanggesellschaften. Sind das Indizien für ein gesundes Finanzsystem?
      Wenn man die Verschuldung der Kommunen, Länder und des Staates addiert – ob in vielen Ländern Europas oder auch der USA – ist eine expotentiale Entwicklung erkennbar. Das Gesetz über den Zins- und Zinseszinses lehrt uns, das expotential entwickelnde Zahlen nicht mehr umzudrehen sind.
      Die Wahrscheinlichkeit eines möglichen Finanzkollaps ist in den letzten Jahren jedenfalls ein vielfaches größer geworden. Das spricht in jedem Fall für die Strategie der erfolgreichen Vermögensverwalter – die Beimischung von physischem Gold.

      Welche Münz- oder Barrengröße ist für eine strategische Investition die richtige Wahl?
      Diskussionen zu dieser Frage finden oft keinen Konsens. Um den geringsten Kostenaufschlag zu haben, dürfte man nur Barren ab 500 g Gewicht kaufen. Ob diese "großen" Barren für die Lebenshaltung in den oben geschilderten "worst-case" – Szenarien geeignet sind, kann ich mir schwerlich vorstellen. Ob das Argument, man könne sich ja dann Scheiben von einem Goldschmied abtrennen lassen, zieht? Wegen ein paar Euro Kostenersparnis scheint das für eine strategische Ausrichtung kein schlagendes Argument. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Goldschmied seine Arbeit in Gold aufwiegen lässt und der vermeintliche Abnehmer solchen Scheiben eher misstrauisch gegenübersteht, dürfte relativ hoch sein. Wenn Sie sich ernsthaft für die Möglichkeit eines Finanzkollaps absichern wollen, dürfte die Aufteilung auf unterschiedliche Münzen (Krügerrand, Maple Leaf und Golden Nugget) und Barren, jeweils in verschiedenen Gewichtsgrößen, die bessere Lösung sein.

      Welche Form der Verwahrung sollten Sie wählen?
      Auch hier scheiden sich die Geister! Effektiv ausgeliefertes Gold ist einerseits schön anzusehen und wenn Sie es in der Hand halten sehr faszinierend, andererseits ist es immer mit dem Risiko des Abhandenkommens verbunden. Eine sichere Aufbewahrung ist daher wesentlich, für eine erfolgreiche Absicherung gegenüber den "worst-case" – Szenarien.
      Was ist sicher? Für den einen ist es die Küchenschublade, der eigene Tresor oder das Vergraben im Gartenbeet – für die meisten kommt nur der Banksafe in Frage. Um die Eingangsfrage sinnvoll zu beantworten, greife ich auf die Geschichte zurück. Wenn das Vertrauen in bestehende Währungen zerrüttet ist und die Banken ihre Tore schließen, haben Sie bei der Verwahrung in einem Banksafe auch keinen Zugang mehr zu Ihren Münzen und Barren!
      In den USA wurde während der Weltwirtschaftskrise, im April 1933, der Besitz von Gold verboten. Innerhalb eines Monats mussten sämtliche Münzen und Barren bei der amerikanischen Notenbank abgegeben werden. Wer freiwillig abgab wurde unter dem Marktpreis liegend zwangsentschädigt. Wurde Gold bei staatlich angeordneten Durchsuchungen gefunden, wurde ersatzlos enteignet. Hierzu wurden unter anderem Bankschließfächer systematisch durchsucht.
      In der Denke von "worst-case" – Szenarien scheint es also sinnvoll zu sein, Aufbewahrungsorte zu wählen die unabhängig von irgendwelchen Schalteröffnungszeiten und oder gar nachvollziehbaren Schließfächern sind.

      Generell gilt für den strategischen Besitz von physischem Gold:
      Im Notfall sollten Sie 24 Stunden am Tag darauf zurückgreifen können. In der Hoffnung das dies nie notwendig sein wird.

      Wer auf die Absicherung durch Gold verzichtet macht nichts anderes als mit seinem gesamten Vermögen zu garantieren, dass zu Lebzeiten kein Finanzchaos eintreten wird. Eine ziemlich große Garantie.
      Avatar
      schrieb am 25.03.04 08:00:46
      Beitrag Nr. 67 ()
      Konstruktiver Pessimimus:


      Warten auf den Big Bang - wie lange eigentlich?
      Systemfehler-forum

      Geschrieben von silvereagle am 25. März 2004 00:41:39:


      Weltuntergangsphantasien gehören zur menschlichen Gesellschaft, wie das Salz in die Suppe. Von Martin Luther bis Bhagwan, von den Davidianern bis zu den Zeugen Jehovas: Man ist und war sich über wenig einig. Aber, dass die Welt bald untergeht, darüber bestand – und besteht – kein Zweifel.

      In ähnlicher Form kann man diese lange Tradition des irrationalen Fatalismus auch heute, ja tagtäglich, wahrnehmen. Während die einen vom baldigen Umweltkollaps alp-träumen, wahlweise in der „Sahara-in-Mitteleuropa-Variante“ oder auch mit der Vorstellung einer neuen Eiszeit, sind andere davon überzeugt, dass die Wirtschaft unserer Gesellschaft in sich zusammenbrechen werde und auf ihrem Weg nach unten gleich die ganze Zivilisation mit sich reißt (letzteres allerdings nur in der „Hardcoreversion“). Wiederum andere sehen einen neuen (eigentlich alten) Riesenplaneten am Horizont auftauchen, der auf unserer Erde buchstäblich alles auf den Kopf stellen wird. Undundund...

      Entwarnung?

      Um dies gleich vorweg klarzustellen: Es soll nicht Aufgabe dieses Artikels sein, generelle Entwarnung zu geben. Denn schließlich besteht – wie immer – durchaus Grund zur Sorge. Natürlich läuft vieles nicht optimal. Hand aufs Herz: Was läuft überhaupt jemals optimal? Wenn wir eines mit Sicherheit sagen können, dann das: In der langen Geschichte der Menschheit hat es so was wie ein „Optimum“ niemals gegeben, und wenn doch, dann relativierte es sich sofort selbst: Nichts, wo nicht eine weitere Steigerung oder Verbesserung möglich bzw. denkbar wird, wenn der entsprechende, angestrebte Zustand erreicht wird. Oder auch – zur Abwechslung – wieder etwas völlig anderes. Etwas, das niemand vorhersah.

      Aber vielleicht ist die Sache mit der Entwarnung gar nicht so verkehrt: Denn immerhin hat sich jede einzelne der bisher aufgestellten Untergangstheorien noch als völlig unhaltbar, ja geradezu völliger Nonsens herausgestellt. Man denke nur an die Prognosen über das Waldsterben oder einen kommenden globalen Atomkrieg, um zwei weitere Beispiele anzuführen, die den meisten von uns noch in Erinnerung sein sollten. Freilich: Diese Apokalypso-Szenarien traten allesamt nicht ab, ohne vorher bei nicht zu wenigen Individuen, Familien und manchmal sogar ganzen Gesellschaften beträchtlichen Schaden anzurichten. Aber halt: Den Schaden haben ja nicht die Untergangsprophetien angerichtet – es waren vielmehr die Menschen selbst, die daran glaubten. Self-fulfilling-prophecy heißt das wohl...

      Gemeinsamkeiten

      So unterschiedlich die jeweiligen Proponenten der jeweiligen Theorie kommenden Unheils auch sein mögen, ja, so heftig sie sich mitunter sogar verbal oder gar körperlich bekämpfen, es gibt dennoch einige exakte Parallelen zwischen ihnen. Dazu gehört wohl in aller erster Linie, dass der Untergang eine „ausgemachte Sache“ sei, dass da die „Eisenbahn drüber fährt“, und im Grunde niemand etwas dagegen machen könne. Und wenn doch, dann sind die jeweiligen „Patentrezepte“ derartig praxisfremde Kopfgeburten, dass an so was wie ihre reale Umsetzung schon von Anfang an nicht zu denken ist. Ob nun das Einstellen der meisten sogenannten CO2-Emissionen, die Einführung eines „im Überfluss vorhandenen“ neuen Geldes (welches alleine ob dieser Eigenschaft bereits völlig wertlos wäre) oder auch gleich die Abschaffung der Staaten (freilich ohne einen Hinweis, wie es danach konkret weitergehen soll), bis hin zur Empfehlung, alle Assets zu versilbern und nur noch Bargeld zu halten, am besten unter der eigenen Matratze: All diese „Lösungen“ haben gemein, dass wohl erst ihre flächendeckende Durchführung zu untergangsähnlichen Zuständen führen würde.

      Eine psychologische Erklärung?

      Wie bereits gesagt, scheint es sich bei diesem Phänomen keineswegs um eine moderne Erscheinung zu handeln. Und erneut Hand aufs Herz: Wer ist schon jederzeit völlig frei von einem gewissen Fatalismus, das (Un-)Wohlergehen der eigenen Umwelt betreffend? Wie einfach ist es doch, sich (eine Prise) Zuspruch und damit Anerkennung zu holen, wenn man sich zum aktuellen Zeitgeschehen mit den Worten äußert: „Da kannma halt nix machen.“ Oder „Das geht doch sowieso alles den Bach runter.“ Oder „Die werden sich noch wundern.“

      Was bewegt so viele Leute, in diesen Chor des Jammerns und Lamentierens miteinzusteigen? Und sich dabei am Ende sogar noch irgendwie wohl zu fühlen?

      Eine mögliche Antwort wäre, dass dies die (in den allermeisten Fällen) unbewusste Reaktion auf die (harte) Erkenntnis sein könnte, eben selbst nicht unsterblich zu sein. Eine Art Resignation ob der Gewisshaftigkeit der eigenen Unvollkommenheit? Ausfluss der bedrückenden Realisierung, dass auch die eigene Existenz eine endliche ist?

      Wenn das so ist, dann wäre es doch nur „gerecht“, wenn dann auch alles andere verschwinden würde, abdanken und untergehen, auf Nimmerwiedersehen. Und dann vielleicht noch so rechtzeitig, dass man es noch selbst miterleben kann, bevor das eigene Ende naht? Wer würde es nicht reizvoll finden, den Untergang der Titanic aus der ersten Reihe und fußfrei miterleben zu dürfen?

      Welchen Schuh man sich dafür anzieht, ist dann wohl völlig sekundär. Es gibt – wie bereits erwähnt – eine breite Auswahl von gängigen Modellen zur Verfügung. Tatsächlich war das Sortiment dank moderner Medien wie Internet usw. nie so reichhaltig. Da findet sich wirklich für jeden die optimale Passform, um auf der „Rolltreppe abwärts“ festen Tritt zu haben.

      Ein Kontraindikator?

      Wenn wir aber schon nach Theorien für den weiten Nährboden apokalyptischer Fantasien suchen, dann wäre es wohl etwas billig, sich schon mit einer einzigen möglichen Erklärung zufriedenzugeben. Schon deshalb, als monokausale Gebilde bei so komplexen, gesellschaftsübergreifenden Themen wie diesem den Schönheitsfehler haben, eben aufgrund ihres Alleingültigkeitsanspruchs schlichtweg in die Irre zu führen...

      Wie bereits erwähnt, hat offenbar jede Zeit ihre gängigen Vorstellungen vom baldigen Untergang. Ja, es scheint sogar so zu sein, dass mit fortschreitendem, technischem Fortschritt (und den damit einhergehenden Problemen) sowohl Quantität als auch Qualität der Untergangstheoritis beständig zunehmen. Man könnte daraus folgern, dass sich ohne entsprechendes Problembewusstsein keine so konkreten Zukunftsängste bilden können. Paranoia hat ja bekanntlich den unbestreitbaren Vorteil, dass man sich nicht so leicht überraschen lässt. Man sieht der Gefahr ins Auge, ohne sie zu ignorieren. Das ist eine Eigenschaft, die wohl ganz wesentlich zum beständigen Überleben der Spezies Mensch beigetragen hat. Um Probleme zu lösen, muss man sich ihrer erst einmal gewiss werden. Und sie ernst nehmen.

      Wenn sich also viele Menschen der gegenwärtigen Herausforderungen bewusst sind, dann werden sich wohl immer einige finden, die bereit sind, etwas zu unternehmen. Menschen, die – z.B. nach einer ersten Schockreaktion – konstruktiv tätig werden, um das Beste aus der gegebenen Situation zu machen. Für sich – und in der Folge selbstverständlich für andere, die z.B. in der Demokratie diese Menschen mit der Macht ausstatten, ihre Ideen mit entsprechender Unterstützung in die Tat umzusetzen. So schwer ist es ja nun wirklich nicht, die Signale zu vernehmen...

      Um demnach endlich auf des Pudels Kern zu kommen: Vielleicht sind diese Apokalypsen-Visionen keine Krankheitsymptome einer untergehenden Spezies, sondern in Wahrheit prächtige Blüten einer Gesellschaft, die sich auf dem Höhepunkt ihrer bisherigen Entwicklung befindet – und nicht auf ihrem Niedergang. Immer mehr Menschen beschäftigen sich mit wirklich wichtigen Dingen, die um sie herum passieren – was sollte daran schlecht sein? Wer weiß, vielleicht müsste man sich viel mehr Sorgen machen, wenn alle ständig nur noch im siebten Himmel schweben würden? Ausgelassene Partystimmung allerorts würde wohl viel besser auf die Titanic passen, oder? Dann wäre die gegenwärtig zu verzeichnende Hysterie mancherorts in Wahrheit der beste Kontraindikator dafür, dass die Gesellschaft ihre Probleme nicht meistern könnte, oder gar kein Interesse daran bestünde.

      Zudem ist es ein bekanntes Paradoxon, dass die Spannungen innerhalb einer Gemeinschaft (z.B. innerhalb einer Familie oder in einem Verein) umso eher zunehmen, als es den darin befindlichen Personen (materiell) äußerst gut geht. Denn geht’s der Familie schlecht, hat man sozusagen ein gemeinsames, schweres Problem zu bewältigen, dann halten alle zusammen und stehen füreinander ein, ohne dass es dazu großer Führungsgeschicke bedürfte... Übertragen auf eine Gesellschaft heißt das, dass nicht etwa wirtschaftliches Siechtum der einzige materielle Grund zum Auswandern sein muss. Es kann auch das ziemlich genaue Gegenteil sein. Wer könnte ernsthaft behaupten, dass es den Menschen z.B. in der BRD heute insgesamt schlechter ginge als etwa 1980 oder 1990? Auf der anderen Seite war 1945 Auswanderung praktisch für niemanden ein großes Thema, obwohl wirklich aller (materieller) Grund dafür gegeben war. Der Krieg hatte zusammengeschweißt, und wer wollte da schon der Heimat den Rücken kehren?

      Fazit

      Wie man es auch dreht und wendet, bei Lichte betrachtet besteht kein Grund zu voreiligem Gehorsam einer Geschichte gegenüber, die noch gar nicht geschrieben wurde. Das (persönliche) Ende ist für die allermeisten von uns noch in weiter Ferne, es gibt bis dahin noch so viel zu erleben, das man nicht missen oder leichtfertig aufs Spiel setzen sollte. Natürlich muss auch Platz vorhanden sein, sich selbst gegenseitig das Leben schwer zu machen und den jeweils Anderen einen schmerzvollen Untergang zu prophezeien, aber man kann es auch übertreiben. Und selbstverständlich kann man es auch ganz, ganz anders machen...

      Lösungen müssen aus dem Inneren kommen, um auch wirklich zu passen. Ebenso entwickelt sich der Ausweg erst im und durch das Labyrinth selbst. Also gewissermaßen die Kraft, die zwar gerne mal das Böse will, aber dann doch das Gute schafft...

      Morgen ist ein neuer Tag.

      Gruß, silvereagle
      Avatar
      schrieb am 25.03.04 10:15:35
      Beitrag Nr. 68 ()
      #66
      guter Beitrag
      Unser Staat denkt aber anders und will sein Gold teilweise verkaufen.
      Nichst gelernt kann man da nur sagen.
      Avatar
      schrieb am 26.03.04 09:46:59
      Beitrag Nr. 69 ()
      Unsere Wirtschaft – ein Schneeballsystem?
      Tobias am Thursday, 25. March 2004, 15:18


      Rede, am 18. März 2004 vor dem Dresdner Rathaus gehalten
      (nachstehender Text ist etwas ausführlicher und inhaltlich verändert)

      Ich freue mich, dass heute so viele Leute hierher gekommen sind, um gegen Sozialkahlschlag zu demonstrieren. Ich freue mich auch, dass die Polizei an unserer Demonstration teilnimmt. Der gesamte öffentliche Sektor ist schließlich von Kürzungen betroffen.
      Zum Ausgleich habe ich für alle Bundesbürger pro Kopf 820 Euro mitgebracht. Dieses Geld möchte ich verteilen und fange gleich bei Ihnen an. Wie? Das glauben Sie nicht? Sie meinen, ich hätte gar nicht soviel Geld? Nun, ich muss zugeben, dass ich nicht mein Privatvermögen verschenke werde. Das Geld stammt nämlich gar nicht von mir, sondern von Vater Staat. Aber Vater Staat ist doch knapp bei Kasse! Sowas kann er sich doch gar nicht leisten. 820 Euro pro Bundesbürger, das sind ja in der Summe 67 Milliarden Euro! 67 Milliarden! Ein solches Wohlfahrtsprogramm können wir gar nicht finanzieren.
      Irrtum! Wir leisten uns dieses Wohlfahrtsprogramm nicht nur in diesem, sondern sogar jedes Jahr. Das Problem ist nur, dass dieser 67-Milliarden-Euro-Kuchen völlig ungleich aufgeteilt wird. Da ist nichts mit 820 Euro pro Person. Die meisten bekommen von diesem Geld gar nichts oder sehr wenig ab, aber eine kleine Minderheit bekommt Millionen ausgezahlt.
      Diesen Geldbetrag müssen Bund, Länder und Gemeinden jährlich nur für Zinsen aufbringen. Und von dieser Umverteilung profitieren auch nur einige wenige Superreiche, in deren Händen sich der Großteil der öffentlichen Wertpapiere konzentriert.

      Ich möchte jetzt eine andere Zahl zum Vergleich heranziehen: Im Jahr 2002 betrug der Bundeszuschuss zu den Rentenausgaben 62 Milliarden Euro. Moment mal: 67 Milliarden Zinsen und 62 Milliarden Bundeszuschuss... Das ist ja etwa gleichviel. Und dann hört man immer wieder: „Unsere Renten sind unbezahlbar!“ Müsste es nicht heißen: „Unsere Zinsen sind nicht mehr bezahlbar“? „Nullrunden für Rentner“ werden gefordert. Wie wäre es denn mit einer Nullrunde für diejenigen, die – in Anführungszeichen – hauptberuflich Zinsen kassieren, also mit einer Nullrunde für sogenannte „Kapitalrentner“. „Nullrunde für Kapitalrentner“ – davon liest man nichts in der Zeitung.
      Was sind überhaupt die Unterschiede zwischen Renten und Zinsen?
      - Der Zins belohnt die Reichen dafür, dass sie ihr überflüssiges Geld nicht in die Schweiz schaffen, sondern in Bundesschatzbriefen und Kommunalanleihen anlegen.
      - Renten werden gezahlt an Leute, und ich denke da insbesondere an die ältere Rentnergeneration, die unser Land nach 1945 wieder aufgebaut haben.
      - Zinsen gibt’s fürs Nichtstun, also für Zeitgenossen, die ihr Geld für „sich arbeiten lassen“.
      - Renten erhält, wer ein Leben lang dafür gearbeitet und Beiträge gezahlt hat.
      Es gibt noch einen ganz wichtigen Unterschied. Zinsen haben Priorität und werden pünktlich gezahlt. Renten sind zweitrangig, werden gekürzt und für Neurentner erst am Monatsende ausgezahlt.

      Ich mache jetzt etwas, was sich unsere Politiker seit einiger Zeit nicht mehr trauen: Ich frage die Bevölkerung: Ist der Staat, in dem wir leben, ein Sozialstaat? Die Antwort lautet… – habe ich da etwa ein „Ja“ gehört? – die Antwort lautet: Nein! Was bedeutet es eigentlich, dass die Rentenauszahlung auf das Monatsende verschoben wird? Das bedeutet, dass unser Staat in Zahlungsverzug gerät! Hans Eichel sollte schleunigst eine Schuldnerberatung aufsuchen. Sie halten das für übertrieben? Das ist nicht übertrieben, denn inzwischen ist es nämlich schon so weit, dass der Staat die 67 Milliarden Schuldenzinsen nicht mehr aus dem Steueraufkommen bestreiten kann. Dazu muss er bereits neue Schulden machen. Der Schuldenanstieg im letzten Jahr betrug 78 Milliarden Euro.
      Moment mal: 67 Milliarden Zinsen und 78 Milliarden Schuldenzuwachs. Das sind ja schon wieder etwa gleich große Beträge. Der Staat kann also noch nicht mal die Zinsen aus eigener Tasche bezahlen. Schon dafür braucht er einen Kredit. Das war nicht nur im Jahr 2003 so. Nach diesen Prinzip funktioniert die Deutschland AG schon seit vielen Jahren. Inzwischen werden die Gläubiger unsicher und stellen die Frage: Welchen Wert haben dann aber noch die „Bundeswertpapiere“? Antwort: Gar keinen. Die Zinsen auf Bundesschatzbriefe oder Bundesanleihen können nur gezahlt werden, indem der Staat neue Schulden aufnimmt, also z.B. neue Anleihen ausgibt. So entstehen Kredite ohne Gegenwert! Schrottkredite! Sie haben jetzt vielleicht eine ganz schlimme Ahnung, worauf ich hinaus will. Kennen Sie solche Glücksspiele, bei denen Sie einen bestimmten Geldbetrag einzahlen und dann weitere Mitspieler finden müssen, die wiederum einzahlen müssen? Die ersten Teilnehmer kassieren ab, die letzten verlieren alles! Wie nennt man denn ein solches Spiel? Richtig: Ein Schneeballsystem! Schneeballsysteme sind kriminell. Wenn der Schwindel auffliegt, bekommen die Initiatoren solcher Spiele hohe Haftstrafen. Volkswirtschaften mit Zinsgeldsystem sind Schneeballsysteme. Volkswirtschaften mit Zinsgeldsystem sind kriminell. Schneeballsysteme haben eine weitere Eigenschaft: Sie funktionieren nur eine begrenzte Zeit. Der Ausweg besteht in einer Reform, die dort ansetzt, wo die größten Probleme vorliegen: beim Geld. Wir brauchen keine Renten-, Gesundheits-, oder Arbeitsmarktreform, sondern eine Geldreform.
      Avatar
      schrieb am 26.03.04 09:52:05
      Beitrag Nr. 70 ()
      alle Renten erstmal um ca. 20% kürzen

      Schulzeit um ca 24 Monate kürzen
      es ist nicht notwendig irdenwelchen Blödsinn
      im Unterricht zu lernen.

      Politiker und Beamte sollten wie Angestellte und Arbeiter
      finanztechnische behandelt werden.

      Sozialhilfe um ca. 20% kürzen

      Arbeitslosenhilfe um ca. 30% kürzen
      Avatar
      schrieb am 27.03.04 10:15:47
      Beitrag Nr. 71 ()
      „Es geht um Vetrauen“

      Der Kapitalismus hat sich entwickelt wie ein Auto, das immer perfekter, immer bequemer, immer schneller geworden ist – nur die Bremstechnik ist noch von gestern.
      Deshalb droht er aus der Kurve zu fliegen.

      Der Strategieberater Bolko von Oetinger,
      denkt über neue Bremssysteme nach.

      Text: Ralf Grauel Foto: Bettina Koller


      • Bolko von Oetinger ist jemand, der komplexe Sachverhalte im Plauderton erörtert. Das hat zwei Effekte. Das Thema wird verständlich. Aber man nimmt es auch ein bisschen weniger ernst.
      Ein Phänomen, das sich leicht auf die Person überträgt. Aber Person und/oder Botschaft zu unterschätzen wäre ein Fehler.
      Die Unternehmensberatung The Boston Consulting Group (BCG) versteht sich als Strategieberatung. Die deutsche Niederlassung hat Bolko von Oetinger seit 1975 mit aufgebaut. Heute ist der 61-Jährige Senior Vice President und Director. Außerdem leitet er seit 1998 das BCG Strategie-Institut. Man könnte also sagen, Bolko von Oetinger ist Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung eines Wissenskonzerns, der pro Jahr weltweit mehr als eine Milliarde Dollar umsetzt und dessen Kernaufgabe es ist, für seine Kunden perspektivische Aussagen in unterschiedlich feiner Auflösung darüber zu treffen, wie sich Märkte entwickeln und wie man sich am besten darin verhält. Ein imposanter Job. Aber wie gesagt, Herr von Oetinger macht es einem nicht leicht.
      Statt sich mit Benchmarking, Best Practices und Balanced Scorecard zu beschäftigen, durchforstet er die Arbeiten von Anthropologen, Architekten, Künstlern, Chemikern, Literaturwissenschaftlern, Neurologen oder Physikern. Die Ergebnisse stellt er in einer Galerie der Strategien aus, und bevor man ihn trifft, bekommt man ein kleines Buch geschickt. „Das Kula und weitere Geschenke der Strategie“ steht auf dem Cover, drinnen sind ein paar der Exponate beschrieben.
      Das kleine Buch beginnt auf einer Inselgruppe im Westpazifik und erklärt den Brauch des Kula-Ringes. Jeder Ethnologe kennt dieses hoch ritualisierte Tauschsystem, das sich um die Weitergabe scheinbar wertloser Muscheln dreht, aber tatsächlich Handel und friedliche Beziehungen zwischen weit voneinander entfernt lebenden Inselvölkern sichert. Dann streift es den berühmten philosophischen Hippie-Roman „Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten“, erklärt den Erfolg des Popstars Madonna, durchläuft die Hirnwindungen der Londoner Taxifahrer und endet bei der Entdeckung eines Koffers voller Notizen und voll geschriebener Kladden, die 130 Jahre lang der Öffentlichkeit vorenthalten wurden, weil sie belegen, dass ihr Urheber, der Physiker Isaac Newton, ein Alchemist und Theologe war und dessen bahnbrechende Arbeiten zur Physik lediglich Destillate einer großen, damals ketzerischen Welttheorie sind.
      Was soll das? Das dünne Büchlein reicht nicht mal für die Dauer eines Vollbades. Doch von Oetinger erweist sich als Meister der Inspiration. Kaum hat man es aus der Hand gelegt, fliegen die Gedanken. Sollten wir nicht ein paar Dinge gründlich überdenken? So geht es irgendwie nicht weiter. Haben wir nicht was vergessen? Aber was?
      Bolko von Oetinger beschäftigt sich nicht mit Kleinkram. Zurzeit beschäftigt ihn die Krise des Kapitalismus. Und er fragt sich, was unsere aktuelle Vertrauenskrise in die Politik mit der Enron-Pleite, der Globalisierung und dem Irak-Krieg zu tun haben.

      brand eins: Herr von Oetinger, was ist größer, Ihre persönliche Langeweile über den Kapitalismus oder seine Krise?
      von Oetinger: Langeweile habe ich niemals mit der Wirtschaft. Sie wird nur uninteressant, wo sie in Verwaltung übergeht und Dinge nur noch optimiert. Und Krise?Wahr ist: Wir befinden und in einem Prozess starker globaler Veränderung, in deren Zuge wir Gefahr laufen, ein paar Fehler zu begehen.

      Weswegen Sie kürzlich einen Kongress zu multiplen Modernitäten veranstalteten, Titel: „Rettet den Kapitalismus!“
      Ich mag den Kapitalismus, deswegen will ich ihn retten. Ihm ist nur etwas abhanden gekommen.

      Wieso sollten wir den Kapitalismus retten?
      Weil er wahrscheinlich von allen wirtschaftlichen Systemen, ähnlich wie das politische System der Demokratie, am besten geeignet ist, die Entfaltung des Menschen mit seinen persönlichen Freiheits- und Eigentumsrechten zu unterstützen. Es ist das beste Wirtschaftssystem, das die Menschheit bisher hervorgebracht hat.

      Was fehlt ihm dann?
      Die Wiedereinbindung in die Gesellschaft. Ökonomie ist eigentlich immer Teil der Kultur gewesen. In der Geschichte der Städte oder der Hanse waren Wirtschaft und Kultur stets eins. Und solange die Ökonomie in der Kultur aufgehoben war, gab es auch keine Probleme. Die tauchten erst auf, als der Kapitalismus so erfolgreich wurde, dass er überdrehte und sich verselbstständigte. An diesem Punkt möchten wir vom BCG Strategie-Institut dem Kapitalismus den Rettungsring zuwerfen, bevor er selbstzerstörerische Kräfte entfaltet.

      Wie kann sich ein System wie der Kapitalismus durch Verselbstständigung zerstören?
      Sie können das sehr gut an der Globalisierung festmachen. Wir hatten schon immer einen verflochtenen Welthandel. Ab den neunziger Jahren aber gesellte sich eine Ideologie zu dieser integrierten Weltwirtschaft, in deren Kern die Idee steckt, dass wir uns immer ähnlicher werden, von Schanghai bis New York. Am Ende leben wir in einer Art Weltzivilisation, der Weltbürger trifft sich im globalen Dorf, die Weltelite einmal im Jahr in Davos.

      Das klingt mehr nach Hochkultur als nach Zerstörung.
      Das Problem beginnt an der Stelle, wo Sie die Globalisierung mit der Entwicklung einer Moderne gleichsetzen. Diese Moderne wird als der westliche Kapitalismus ausgegeben, und in ihr erträumen wir uns eine freihandelsmäßige, westliche, hochgradig deregulierte Welt. Ein Bild, das uns allen so im Kopf schwebt. Die Frage ist: Wollen wir die westliche Moderne zur globalen, universalen Moderne erklären?

      Der Kommunismus ist gescheitert. Es gibt doch offensichtlich nichts anderes, was funktioniert.
      In dieser Selbstüberschätzung liegt die Gefahr. Das Problem hat zwei Aspekte: Kultur und Kulturen. Mit Kultur meine ich Folgendes: In dem Augenblick, in dem sich das Ökonomische aus der Zivilgesellschaft und ihren Werten herauslöst, entfaltet es eigene, exzessive Kräfte, die wir an den großen Finanzskandalen ablesen können, von Enron bis Parmalat. Wirtschaft, die im Prinzip auf Vertrauen beruht, kehrt sich langsam ins Gegenteil um: Der Gewinn ist wichtiger als das Vertrauen.

      Die Idee des Kula, also des Tauschhandels, wird ausgehöhlt.
      Genau. Es gibt diesen berühmten Satz aus dem Dotcom-Hype: „The winner takes it all.“ Der Sieger nimmt alles mit. Das ist ein interessanter Satz. Denken Sie mal an Richard Grasso, den früheren Chef der New York Stock Exchange, der ist dort wirklich mit 140 Millionen Dollar rausmarschiert.

      Es gibt aber auch Gegenmaßnahmen aus der Wirtschaft. Nicht umsonst wird Corporate Governance wieder heiß diskutiert.
      Aber diese Regeln drehen sich um Selbstverständlichkeiten. Auf dem Höhepunkt der Krise gab es eine »Business Week«-Ausgabe: „25 Schritte aus der Krise“. Da stand sinngemäß: „Sagen Sie die Wahrheit. Fälschen Sie keine Zahlen. Erklären Sie Ihren Shareholdern die Lage.“ Das bedeutet, die Selbstverständlichkeiten sind nicht mehr selbstverständlich. Heute benötigt man schon ein Programm, um an die Zehn Gebote zu erinnern. Infolge der Parmalat-Pleite haben tausende kleiner italienischer Sparer durch Schuldverschreibungen ihr Geld verloren. Dabei hatten sie es dem Unternehmen im festen Vertrauen gegeben, dass es treuhänderisch verwaltet wird.

      Der Investmentbanker George Soros sagt: Die größte Bedrohung nach dem Zerfall des Sozialismus ist der Kapitalismus.
      Weil ihm das Vertrauen abhanden gekommen ist. Wirtschaftliches Handeln wie alles gesellschaftliche Handeln beruht auf Vertrauen. Daher ist das Resultat der Skandale von Enron, Worldcom, Parmalat, Tyco und anderen Firmen eine tiefe Vertrauenskrise. Dr. Jens Riedel hat auf unserer Konferenz über multiple Modernitäten Statistiken präsentiert, die belegen, wie dieser Niedergang des Vertrauens sich durch alle Institutionen in allen westlichen Gesellschaften zieht, auch durch Parlamente und Regierungen. Spiegelbildlich dazu sind mit Ausnahme von Westeuropa weltweit alle Religionen im Wachstum begriffen. So entsteht eine extrem instabile Lage. Wer kann hier einspringen? Es stellt sich die interessante Frage, ob in dieser globalen Welt nicht nur dem Unternehmer, sondern den Unternehmen generell quasi eine gesellschaftliche Aufgabe zuwächst: weil sie die Einzigen sind, die tatsächlich global tätig sind und einen alltäglichen Umgang mit Menschen in aller Welt pflegen. Umso schwerer wiegt vor diesem Hintergrund die Vertrauenskrise.

      Die Aufgabe erfordert Kritikfähigkeit, aber damit scheinen die Konzerne überfordert.
      Dabei ist die Kritik ein Zeichen, dass die Menschen dieses Engagement erwarten. Aber lassen Sie uns an dieser Stelle vielleicht auf den zweiten Aspekt der Krise zu sprechen kommen.

      Das Problem der Kulturen?
      Genau. In der Globalisierung versteckt sich die Universalismus-These, dass also unsere moderne westliche, kapitalistisch-europäisch-amerikanische Weltsicht das einzig sinnvolle und sinnstiftende
      Modell wäre. George Bush vertritt eine solche positive Domino-Theorie. Der ehemalige US-Verteidigungsminister Robert McNamara erklärte diese Sicht sehr anschaulich in seinen Memoiren
      am Thema Vietnam. Er sagte, dass es damals eine stillschweigende Annahme im Außenministerium und im Pentagon war, dass, wenn Vietnam kommunistisch würde, als Nächstes Kambodscha
      fiele, dann Burma, dann Pakistan, dann Indien usw. Das war ein feststehender Glaube, den niemand hinterfragte, der sich aber am Ende als falsch herausstellte.

      Klingt nach dem Irak, der zur Keimzelle einer neuen Demokratie muslimischer Prägung werden soll.
      Genau. Und wenn der Irak erst demokratisch ist, werden alle anderen auch demokratisch. Dagegen wehren sich aber nicht nur die betroffenen, sondern auch die umliegenden Staaten. Der Präsident
      des Irans, Mohammed Chatami, hielt bei seinem Deutschlandbesuch eine interessante Rede im Goethe-Haus in Weimar. Chatami sprach über Rudyard Kipling und Goethe. Von Kipling stammt das berühmte Zitat „East is East and West is West, and never the twain shall meet.“ Ost ist Ost, und West ist West, und niemals werden sich die beiden treffen. Damit wäre die Hoffnung auf eine Vielfalt der Moderne begraben. Aber Goethe, so erläuterte Chatami, beschrieb in seinem „West-östlichen Divan“ schon früh, dass die Menschheit gemeinsame Wurzeln hat. Das war natürlich ein Politikum, der Präsident des Irans zeigt sich im Goethe-Haus als Kenner des „West-östlichen Divans“. Sinngemäß bedeutete seine Rede: „Wir wollen modern sein, aber nicht westlich, sondern auf unsere Weise.“

      Ganz blöd gefragt: Gibt es überhaupt eine westliche Moderne?
      Nein, denn schon in Europa sehen wir eine historische und gerade wieder aufblühende Vielfalt. Neulich sprach László Kovács, der ungarische Außenminister, bei einer Veranstaltung, zu der die Herbert-Quandt-Stiftung eingeladen hatte. Kovács hielt eine normale Rede zur europäischen Einigung, in der nicht viel ausfindig zu machen war. Anschließend gab es Fragen. Alle anwesenden Ungarn beschäftigte wohl eine Frage, die dann auch jemand stellte: „Herr Außenminister, was werden Sie tun, um das Ungartum in der Europäischen Gemeinschaft zu verteidigen?“ Die Wahrung der nationalen Identität war schon immer die erste Sorge jedes Beitrittslandes. Für Großbritannien ist sie sogar Leitlinie der Europapolitik. Und jetzt kommen Esten, Letten, Litauer, Tschechen, Ungarn, Polen, und ein jeder kommt mit seinem Ungarntum, Tschechentum, und wir erleben plötzlich eine Explosion der Vielfalt der Kulturen in Europa.

      Könnte die Friedlichkeit dieses Miteinanders nicht eine Blaupause für die Weltwirtschaft sein? Das europäische Kuddelmuddel gleicht dem globalen.
      Klar kann es das. Wenn es die gigantische Regulierungsmaschine in Brüssel nicht übertreibt und die sich gerade entfaltende Kultur der Kulturen erdrückt. Dann könnten wir aus der Vielfalt Europas eine große Stärke ziehen.

      Sie tragen nun das Problem mit dem überdrehten Kapitalismus in die Vorstandsetagen. Sind die Manager offen dafür?
      Sie werden erstaunt sein, wie ausgeprägt und verbreitet die Nachdenklichkeit gerade unter weltweit agierenden Top-Managern ist. Es herrscht eine gewisse Sorge, dass etwas nicht mehr stimmt. Das war auf unserer Konferenz deutlich zu spüren. Das systemische Auftreten von Vertrauenskrisen und Finanzskandalen stellt uns vor die Frage, wie weit sich das Ökonomische tatsächlich der Kontrolle entzogen hat. Und ob das zu großen Gegenreaktionen führen wird – von Seiten der sich weltweit formierenden Globalisierungskritiker oder auch der Regierungen. Einen Anfang macht der Sarbanes Oxley Act in den USA, der die Haftung von Vorständen neu regelt. Noch ein, zwei solcher großen Skandale, und wir werden eine nächste Welle der Regulierung erleben.

      Was ist denn nun das Gegengift zum Kapitalismus in Reinform? Sie selbst schlagen in einem Aufsatz vor, das Ökonomische im Ökonomischen zurückzunehmen. Das klingt irgendwie …
      Sozialromantisch?

      Sozialromantisch bis vielleicht durchgeknallt?
      (lacht) Wenn Sie Ihre normalen wirtschaftlichen Beziehungen betrachten, also im Schuhladen, beim Friseur oder auch beim Autokauf, werden Sie feststellen, wie wenig Ökonomisches in der ökonomischen Transaktion liegt. Die exklusive, herausgelöste Betrachtung des Ökonomischen ist ein Kunstgriff. Sie können das gut festmachen an der Veränderung vom Stakeholder zum Shareholder. Wie in der westlichen Welt hatten wir auch in Deutschland immer ein Stakeholder-Konzept. Ein Unternehmen ist Teil einer Stadt, eines Landes, es hat Mitarbeiter, Aktionäre und ein Management, die allesamt in eine größere soziale Verantwortung eingebunden sind. Siemens in Erlangen, Boehringer in Ingelheim, Bayer in Leverkusen. Ganz langsam, aber oft einhergehend mit der Loslösung des Unternehmens vom Unternehmer, machte die Ökonomie ihren Spin-Off aus der Gesellschaft und landete beim Shareholder Value. Insofern war Enron systemkonform, denn es waren die Hauptaktionäre, die sich bereicherten.

      Dennoch werden Sie die Uhr nicht zurückdrehen und globale Konzerne an einen Ort binden können. Globalisierung beschleunigt die Kapitalmärkte, die wiederum diktieren die Härte der Entscheidungen.
      Strukturveränderungen bestimmen die Wirtschaft. Am Ende müssen Unternehmer wie Manager ihre Entscheidungen ökonomisch treffen. Wenn Sie 10000 Leute entlassen müssen, dürfen Sie auf den Einzelnen keine Rücksicht nehmen. Das ist die Tragik des Unternehmers. Natürlich hilft Ihnen bei solchen Entscheidungen das soziale und das wirtschaftliche Netz des jeweiligen Systems, das den Einzelnen auffängt und ihm hoffentlich eine neue Arbeit gibt. Das ist ja auch unser aktuelles bundesdeutsches Problem, wir sind zurzeit nicht in der Lage, die Leute, die ausscheiden, sofort wieder aufzufangen. Deswegen haben wir ein soziales Netz. Den Amerikanern, mit Brüchen hin oder her, gelingt es, die Menschen, die gehen müssen, im wirtschaftlichen Netz aufzufangen.

      Gerade in den USA ist nun auch die Bevölkerung der ständigen Umbauten müde. Der demokratische Präsidentschaftskandidat John F. Kerry verspricht Freihandelsbeschränkungen. Ist die Globalisierungskritik im Mainstream angekommen?
      Es sieht so aus.

      Steht uns also ein Zeitalter des Protektionismus bevor?
      Wenn wir es nicht schaffen, für alle verbindliche Regeln aufzustellen, könnte es in der Tat einen Rückfall in den Protektionismus
      geben.

      Und das wäre Gift für die jungen, nachwachsenden Volkswirtschaften der Entwicklungsländer. Wo könnte ein Heilungsprozess ansetzen?
      Wir müssen uns der Tatsache stellen, dass es multiple Modernitäten gibt, also viele Modernen.

      Was bedeutet das konkret?
      Fangen wir bei den Institutionen an. Nehmen Sie zum Beispiel Universitäten mit ihren Auslandsstudenten. Wie toll wäre es, wenn wir zum Beispiel 100000 Chinesen in Deutschland ausbilden würden. So entstünden chinesisch-deutsche Verbindungen, die zu gegebener Zeit wirtschaftlich aktiviert werden könnten. Gleichzeitig müsste ein europäischer Student zwei Sprachen neben seiner Muttersprache beherrschen. Die Vielfalt muss Teil unserer Curricula und unserer Gesellschaft werden. Auf der anderen Seite müssen wir überlegen, wie wir auch die Kultur wieder in die Ökonomie einführen. Heute erhalten Wissenschaftler, die sich mit Behavioral Economics beschäftigen, den Nobelpreis dafür, dass sie menschliches Verhalten in wirtschaftliche Entscheidungen wieder zurückführen. Für die Institutionsökonomik bedeutet das, dass mehr Soziologen an den Business Schools und in den betriebswirtschaftlichen Fakultäten unterrichten müssten.

      Das Ergebnis wäre erst in vielen Jahren spürbar. Was können wir heute tun?
      Wir brauchen einen Diskurs über die Rolle der Wirtschaft in der Gesellschaft in den großen Feuilletons und Wirtschaftsmagazinen – auf einem ähnlich hohen Niveau, wie er zur Gentechnik und der Frage des therapeutischen Klonens geführt wird. Und da geht es erst mal nicht um Antworten, sondern darum, dass wir die richtigen Fragen stellen.

      Eine der Kernfragen lautet immer wieder: „Was ist der Mensch?“
      Ach, das wäre zu hoch gegriffen.

      Aber der Kapitalismus beruht auf einem falschen Menschenbild, das sagen Sie selbst. Der Homo oeconomicus, der gemäß seinem persönlichen Gewinnstreben logisch handelnde Mensch, ist eine Erfindung.
      Richtig, den gibt es gar nicht. Der Homo oeconomicus war erst eine Karikatur, dann ein Gedankenmodell. Mittlerweile glauben wir an die reale Existenz dieses Zerrbildes, dass wir selbst erschaffen haben und mitunter zur Norm erheben. Weder auf der persönlichen noch auf der gesellschaftlichen Ebene handeln Menschen nach diesen egoistischen Gesetzmäßigkeiten.

      Brauchen wir vielleicht doch wieder ein bisschen Sozialismus?
      Nein, schon ein bisschen wäre eine Katastrophe.

      Das Wort dürfen Sie natürlich nicht benutzen.
      Um eine gesellschaftlich eingebettete Wirtschaft zu haben, braucht man doch keinen Sozialismus! Der Sozialismus ging mit gravierenden Einschränkungen der Freiheits- und Eigentumsrechte einher. Es gibt dann mehr oder weniger nur Gemeinschaftseigentum und kein Privateigentum mehr. Schauen Sie, sogar Adam Smith spricht von Vertrauen und Verantwortung. Ihm geht es auch um Rechte und Institutionen. Nur in Kombination mit diesen kann die unsichtbare Hand des Marktes ihre positive Wirkung entfalten.

      Da steckt aber auch viel Schwammigkeit drin.
      Ja eben. Darum geht es ja.

      Ein bisschen Verantwortungsbewusstsein und Schwammigkeit, um den Kapitalismus aus seiner selbst erzeugten Freiheit wieder einzufangen? Das soll es sein?
      Es wäre der größte Fehler, wenn wir nun nach dem großen Shareholder-Value-Programm das große Kulturprogramm ausrufen würden. Das funktioniert nicht. Wir unterhalten uns im Grunde über Geschichte. Wir reden über das aufklärerische, westliche rationale Denken, das solche Erscheinungen wie Kirche, Religion oder menschliche Beziehungen überlagert und ins Irrationale abgeschoben hat und sich im Ökonomischen schließlich sublimiert. Ein großes, fast zu großes Thema zwar, aber als der Think Tank einer weltweit tätigen Strategie-Beratung haben wir die Möglichkeit, die wichtigsten Entscheider dafür zu sensibilisieren. Das fangen Sie als Einzelunternehmen nicht mal eben so an. Das müssen wir prozessweise umsetzen, vielleicht ein wenig viral.

      Wie können Unternehmen zur Rettung des Kapitalismus beitragen? Die sind schließlich ein Teil des Problems.
      Der Wert einer Firma ist mehr als der Wert ihrer Aktien. Wir müssten unsere Anreiz-Systeme hinterfragen. Ist die vorrangige Ausrichtung nach dem Shareholder Value angebracht? Globales Management müsste sich anders bewerten lassen. Heinrich von Pierer betont immer wieder, dass Siemens zwar ein deutsches Unternehmen sei. Es sei aber auch, so von Pierer, ein amerikanisches Unternehmen, ein chinesisches Unternehmen und ein brasilianisches Unternehmen.

      Ein bekannter Effekt der Globalisierung.
      Die globalen Firmen haben sehr früh erkannt, dass sie mit dieser Vielfalt positiv umgehen müssen. Vielleicht brauchen wir andere Karrierewege, bei denen zukünftige Entscheider über vier, fünf Stationen in anderen Ländern mitbekommen, wie die Welt aussieht. Vielleicht brauchen wir auch andere Organisationsformen. In fast allen westlichen Firmen haben wir auf Grund der Globalisierung sehr starke Divisions: Eine Abteilung ist dann in der ganzen Welt zuständig.

      Zu Ungunsten der lokalen Mitarbeiter, die von der Globalisierung im eigenen Wirtschaftsraum entmachtet werden …
      Genau. Daher ist die Frage, ob es nicht bald eine Renaissance der Landesorganisationen geben wird. Es geht um Gleichgewicht. Einheit in der Vielfalt oder Vielfalt in der Einheit. Es gibt eine bekannte Studie des Niederländers Geert Hofstede, der vor 20 Jahren die IBM weltweit untersuchte. Er stellte fest, dass selbst unter der starken IBM-Kultur die nationalen Kulturen der Franzosen, Engländer, Deutschen, Amerikaner etc. voll erhalten sind. Da müssen Sie sich überlegen, wie Sie diese Kulturen hochkommen lassen und welche Querbänder Sie ziehen. Bei der Vielfalt der Kulturen, mit denen wir leben, werden wir dezentrale Strukturen nicht nur respektieren, sondern aktiv nutzen müssen.

      Wenn die Kapitalismuskrise aus einer Überbetonung des Rationalen resultiert, müssen wir dann auch das Irrationale in die Wirtschaft einbringen?
      (lacht) Nein, nein, das nicht.

      Das wollen Sie nur nicht sagen.
      Das meine ich auch nicht. Es geht nicht um das Irrationale. Sondern um die soziale Verortung des Ökonomischen. Nehmen Sie die wunderbare Geschichte von Newtons Koffer, in dem seine Nachfahren dessen alchemistische Schriften versteckten. Das Überraschende daran ist: Es war den Leuten jahrhundertelang peinlich, dass der große Physiker gleichzeitig ein Alchemist, ein Philosoph und ein Theologe war. Aber eigentlich ist das etwas Wunderschönes.

      Ganz ehrlich, ist es nicht auch eine Luxusdiskussion, die wir hier führen? In China haben sie ganz andere Probleme mit der Globalisierung.
      Das ist kein Luxus, das ist eine absolute Notwendigkeit. Wenn dieses System sich weiter so loslöst und ins Ökonomische driftet, wird es Rückwirkungen geben. Die werden sein: Die Regierungen werden mehr regulieren. Und ich weiß gar nicht, ob wir das so wollen. Dann wird es, wie Samuel P. Huntington in „Clash of Civilizations“ brillant geschildert hat, einen Kampf der Kulturen geben. Wir brauchen aber eine Kultur der Vielfalt, auch in der Wirtschaft. Sonst wird der Diskurs über die Interpretation der Moderne nicht mehr friedlich ausgetragen.

      Also führt der Weg aus der Krise unweigerlich über das Gespräch. Wer redet, tauscht aus. Das wäre wie ein moderner Kula-Ring, der den Welthandel schützt. Statt Muscheln tauschen wir Gedanken aus?
      Das ist der Kula. Sie bleiben im Gespräch miteinander. Das ist der Wert des Tausches. Und des Handels. --
      Avatar
      schrieb am 27.03.04 18:03:46
      Beitrag Nr. 72 ()
      hi Stormy,

      gegen die derzeitige tristesse und der allzu-deutschen übertreibungen
      von negativen effekten der wirtschaftlichen entwicklung habe ich
      zwei >wie ich finde< bemerkenswerte klarstellungen gefunden:

      1.Hoffmann & Campe-Verlag, Christoph Keese: "Rettet den Kapitalismus.
      Wie Deutschland wieder an die Spitze kommt." :cool:

      2.Eichborn-Verlag, Henrik Müller: "Wirtschaftsirrtümer.
      Richtigstellungen von Arbeitszeitverkürzung bis Zinspolitik."

      schönes & erholsames wochenende, ciao
      Avatar
      schrieb am 27.03.04 18:36:32
      Beitrag Nr. 73 ()
      Stormy
      Deutschland muss die Besatzung auswechseln!
      Dieses dauernde Nestbeschmutzen hat fast
      pathologischen Charakter, empfehle eine
      Zwangsunterbringung der Deutschen in der
      Psychiatrie :D
      Avatar
      schrieb am 27.03.04 18:38:52
      Beitrag Nr. 74 ()
      keepitshort
      nicht schlecht, Deine Vorschläge.
      Bevor sie in "Serie" gehen, müsste deren
      Tauglichkeit von einzelnen geprüft/gelebt werden,
      werde Dich als Herr Mustermann vorschlagen :D
      Avatar
      schrieb am 27.03.04 18:51:54
      Beitrag Nr. 75 ()
      Dolcetto - Danke für die Buchtips. Das schau ich mir mal an!

      Ebenso - schönes Wochenend!
      Avatar
      schrieb am 29.03.04 14:29:43
      Beitrag Nr. 76 ()
      "Jetzt sind die guten alten Zeiten, nach denen Sie sich in zehn Jahren zurücksehnen werden."

      Peter Ustinov
      Avatar
      schrieb am 29.03.04 15:56:22
      Beitrag Nr. 77 ()
      R.I.P. Sir Peter Ustinov,

      in gedenken an einen wirklich großen menschen.





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