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    Eine Frage zur 35 Stunden-Woche - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 28.07.04 23:52:36 von
    neuester Beitrag 03.08.04 23:42:57 von
    Beiträge: 18
    ID: 886.015
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      Avatar
      schrieb am 28.07.04 23:52:36
      Beitrag Nr. 1 ()
      Keine Panik. Ich will hier keinen Thread über das Pro und Contra der Arbeitszeitverlängerung bzw. Arbeitszeitverkürzung aufmachen. Diese Thematik wurde schon oft und heftig diskutiert.

      Was mir in vielen Beiträgen aufgefallen ist, war der Hinweis darauf, dass die Zahl der Arbeitslosen in den letzten Jahren/Jahrzehnten immer weiter gestiegen ist und dass trotz oder wegen der 35 Stunden-Woche. Genau hier setzt meine Frage an:

      Gibt es irgendwelche verlässlichen Informationen, welche Auswirkungen die 35 Stunden-Woche auf die Arbeitslosenzahlen hatte?
      Avatar
      schrieb am 28.07.04 23:59:34
      Beitrag Nr. 2 ()
      Mit dieser Frage hast du genau die diskussion, die du eigentlich nicht haben wolltest. die einen sagen, dass die 35 Stunden-Woche zu mehr arbeitslosigkeit führt, die anderen sagen, ohne die 35 Stunden-Woche hätten wir noch viel mehr Arbeitslose. Ersteres lässt sich nicht beweisen, Letzteres lässt sich zumindest für ein konstantes Arbeitsvolumen beweisen (durch simplen Dreisatz).....such dir deine Wahrheit aus ;)
      Avatar
      schrieb am 29.07.04 00:08:29
      Beitrag Nr. 3 ()
      #2

      Danke für den Kommentar. Ich will echt keine ideologische Debatte lostreten und auch nicht irgendwelche Platitüden lesen, denn das haben wir doch schon mehr als genug gehabt.

      Es muss doch irgendwelche Zahlen geben, die Aufschluss über die Auswirkungen der 35 Stunden-Woche auf die Zahl der Arbeitslosen geben. Bei uns gibt es doch Statistiken und Erhebungen zu jedem Sch.. und daher vermute ich auch zu dem Thema meiner Frage.

      Das ist eine wirklich ernst gemeinte Frage, die mich schon lange beschäftigt. Vielleicht hat ja einer der Boardteilnehmer entsprechende Infos.
      Avatar
      schrieb am 29.07.04 16:59:49
      Beitrag Nr. 4 ()
      Immerhin 80 mal gelesen, aber nur ein einziger Kommentar. Woran mag das liegen? Kennt keiner entsprechende Zahlen oder gibt es überhaupt keine Studien zu diesem Thema?
      Avatar
      schrieb am 29.07.04 17:52:03
      Beitrag Nr. 5 ()
      Angenommen vor 25 Jahren hatte ein Betrieb bei einer 40 Std. Woche 10 Tippsen beschäftigt.
      Heute benötigt man vielleicht 5 Assistentinen bei einer 35 Std. Woche.
      Hm, hat jetzt die 35 Std. Woche 5 Arbeitsplätze vernichtet?
      Oder ist es vielleicht so, dass durch die Einführung von PC & Co. die Arbeit einfach schneller erledigt werden kann???

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      schrieb am 29.07.04 18:48:52
      Beitrag Nr. 6 ()
      @Samurai und Birk: Ich glaube, daß diese Frage wesentlich komplexer ist als man denkt.

      Für den Arbeitgeber sind die sogenannten "Stückkosten" interessant. Was kostet es mich ein bestimmtes Stück meiner Produktion herzustellen?

      Angenommen, für das Stück brauchen meine Mitarbeiter 5 Stunden. Ich zahle brutto 20 Euro/Stunde. Hinzu kommen noch vom Stundenlohn unabhängige Fixkosten pro Arbeitnehmer wie betriebliche Altersvorsorge, Bürokosten, Arbeitsmaterial und was weiß ich. Sagen wir, das macht noch mal ein Fixum von 160 Euro im Monat aus. Bei einer 40-Stunden Woche beträgt das umgerechnet auf den Lohn Zusatzkosten von 1,- Euro/Stunde.

      Mein Stück kostet mich dann 105,- Euro.

      Jetzt gehe ich auf die 35 Stunden Woche. Das heißt, ich arbeite nur noch 87,5% meiner alten Arbeitszeit.

      Jetzt kommt es auf die genaue Ausgestaltung der Sache an. Wenn ich als Arbeitgeber entsprechende Abstriche bei meinen übrigen Fixkosten machen kann, ist das für mich möglicherweise kostenneutral. Wenn es einen "vollen Lohnausgleich" gibt oder auch nur die Fixkosten gleich bleiben, werden meine Stückkosten teurer. In der vorgegebenen Arbeitszeit können auch nicht mehr so viele Stücke hergestellt werden mit dem alten Personal.

      Bei der neuen Diskussion um die Arbeitszeitverlängerung geht es um die Senkung dieser Stückkosten. Bzw. faktisch auch um die Senkung der gezahlten Löhne.
      Avatar
      schrieb am 29.07.04 19:48:47
      Beitrag Nr. 7 ()
      @ RRichter
      ....Für den Arbeitgeber sind die sogenannten " Stückkosten" interessant....

      Ich dachte immer der Gewinn ist für einen Unternehmer interessant.
      Also, Umsatz = Menge x Preis; bzw. Gewinn = Umsatz minus Kosten.

      35 Std. Woche:
      produzierte Menge = 10.000 Stück
      verkaufte Menge = 10.000 Stück
      Preis = 10 €
      Umsatz = 100.000 €
      Kosten = 80.000 € fix
      Gewinn = 20.000 €

      40 Std. Woche
      produzierte Menge = 11.400 Stück (Höhere Produktionszahlen durch mehr Produktion)
      verkaufte Menge = 10.000
      Preis = 10 €
      Umsatz = 100.000 €
      Kosten = 85.000 € fix (Lagerkosten für die 1.100 nicht verkauften Stücke)
      Gewinn = 15.000 €

      :D
      Avatar
      schrieb am 29.07.04 19:58:30
      Beitrag Nr. 8 ()
      #6

      Meine Frage lässt sich nicht durch konstruierte Beispiele beantworten.

      Es sind in der Vergangenheit Auswirkungen durch die Einführung der 35 Stunden-Woche entstanden, die
      doch Aufschluss darüber geben müssen, ob letztendlich mehr oder weniger Menschen arbeitslos waren.




      P.S Du lässt in Deinem Beispiel ausser Acht, dass sich die Qualität der Arbeit durch den Einsatz von Technik verändert. In immer weniger Zeit wird immer mehr hergestellt, so dass die Stückkosten insgesamt sinken. Was ist also die Aussage Deines Beispiels?
      Avatar
      schrieb am 29.07.04 21:19:50
      Beitrag Nr. 9 ()
      Samurei
      amtliche Berechnungen wird es nicht geben. Aber spinn doch die Gewerkschaftstheorie mal weiter durch. Demnach dürften wir gar keine Arbeitslosen mehr haben, wenn wir die 25Stunden-Woche hätten.
      Das glauben aber nur Punks. Faulheit und Bequemlichkeit eines Volkes haben sich noch nie ausgezahlt.
      wilbi
      Avatar
      schrieb am 30.07.04 00:08:02
      Beitrag Nr. 10 ()
      Wilbi, Dein dümmlicher Kommentar beantwortet Samureis Frage nicht. Arbeitest Du, um sinnlos zu funktionieren, oder arbeitest Du, um glücklich zu leben?


      Das Thema ist zu komplex, um darauf eine Standard-Antwort zu geben. Den Zusammenhang von Arbeitszeit und Arbeitslosigkeit möchte ich einmal aus einem anderen Blickwinkel betrachten, dem der immer knapper gewordenen Zeit heutzutage und dem darausfolgenden Versuch diese zu sparen.



      Rezension: "Entschleunigung"

      Wege aus dem Hamsterrad

      Erst wenn der letzte Projekt-Manager mit Herzinfarkt im kühlen Grab liegt, werdet ihr begreifen, dass man Zeit nicht sparen kann. Warum aber müssen schon unsere Jüngsten dauernd schneller mit irgendetwas fertig werden? Erhard Eppler über ein Buch, das sich (endlich) diesem Thema widmet.


      FRITZ REHEIS: Entschleunigung - Abschied vom Turbokapitalismus. Riemann, München 2003. 220 S., 20 Euro.


      Wo ist der Briefträger geblieben, der, wenn er eine Postkarte brachte, schon von weitem rief: "Tante Anna kommt erst übermorgen!"? Inzwischen hasten gehetzte Weiblein und Männlein mit ihren voll gepackten Karren durch die Straßen und sorgen für die Dividende der Postaktionäre. Sicher, sie haben kürzere Arbeitszeiten als ihre Kollegen vor hundert Jahren, sind auch besser bezahlt.

      Trotzdem können sie einem Leid tun. Überall Zeitdruck, und dies in einer Epoche, in der es mehr Freizeit gibt als je zuvor. Der Druck beginnt in der Schule, wo 45 Prozent der 14- bis 19-Jährigen oft oder gar immer "Zeitnot" verspüren. Damit es demnächst 70 Prozent werden, soll nun das Abitur in acht statt in neun Jahren erreicht werden.

      Dafür dürfen die jungen Leute im Laufe ihres Lebens wohl ein Jahr mehr als Arbeitslose verbringen, wenn es gut geht - zwischen zwei Jobs, für die dann genau die Tugenden verlangt werden, die man in der "Beschleunigungsfalle", so Autor Reheis, nicht erlernen kann.

      Entweder man strampelt im Hamsterrad, das man notgedrungen selbst beschleunigt, oder man sitzt vor dem Fernseher und verquatscht die gewonnene Zeit am Handy.

      Die Wirtschaft fordert die Abschaffung der Feiertage, als ob wir für viel zu viel Erwerbsarbeit zu wenig Zeit hätten. Was ist in uns gefahren? Fritz Reheis schildert, was vor sich geht: Schon die Schule überstehen viele nur mit Medikamenten oder Drogen, ganz abgesehen von Nikotin und Alkohol.

      Und 84 Prozent der Manager beklagen, dass der Stress sich in den letzten fünf(!) Jahren deutlich gesteigert hat. Reheis staunt über eine Gesellschaft, die sich seit 200 Jahren erfolgreich bemüht, Zeit einzusparen, und nun keinen Ausweg mehr findet aus der ständigen Eile. Alles muss schneller gehen. Warum?

      Weil der Turbokapitalismus Beschleunigung erzwingt, wobei die Kapitalmärkte das Tempo angeben. Diese alt-neue Spielart des Kapitalismus hat inzwischen Macht erlangt über Bereiche, die lange ihre eigenen Rhythmen durchhalten konnten: Kultur, Medien, Gesundheitswesen.

      Was in der Wirtschaft die Quartalsberichte bewirken, schaffen in der Politik die Meinungsumfragen. Nicht einmal Schulen und Kirchen können sich der Beschleunigung entziehen. Reheis zitiert eine Ärztin aus einer privatisierten Klinik: "Früher hatten wir noch Zeit für die Patienten." Jetzt gehe es darum, "mit der Arbeit irgendwie fertig zu werden".

      Natürlich gibt es das, was Reheis "kleine Notausstiege" oder auch "Zeitinseln" nennt. Teilzeitarbeit, Sabbatjahre, viele Formen des Ausstiegs. Aber "ein geordnetes Bremsen des Hamsterrades kann in einem Marktsystem weder von den einzelnen Akteuren einer Volkswirtschaft noch von den Nationalstaaten einer Weltwirtschaft garantiert werden".

      Was also sollen die "auf Humankapital reduzierten Menschen" tun? Sie können sich in einem Verein zusammentun wie die Wissenschaftler, die an der Evangelischen Akademie Tutzing das Projekt "Ökologie der Zeit" angesiedelt haben.

      Sie lehren uns, wie "die Wiederkehr des Ähnlichen" bei weniger elastischen Systemen zum "Takt", bei lebenden, elastischen Systemen zum "Rhythmus" wird. Aber auch ein solcher Verein kann nur Hinweise geben, wie man dem Stress entkommt.

      Fritz Reheis kann und will sich mit dem Motor der Beschleunigung, dem Turbokapitalismus neoliberaler Prägung, nicht abfinden. Was er als Alternativen oder doch als Weg in die Alternativen vorschlägt, fällt notwendigerweise etwas dünn aus. Eine "Dualwirtschaft", "aufgeteilt in einen erwerbswirtschaftlichen und einen eigenwirtschaftlichen Bereich", auch Tauschbörsen, die ohne Geld auskommen, führen doch wohl eher in erholsame Nischen als in eine neue Gesellschaft.

      Dasselbe gilt für regionale Komplementärwährungen. Aber Reheis geht weiter. Er will ein Geld ohne Zinsen, ja ein "Schwundgeld", wie es Silvio Gesell schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts propagiert hat. Noch nach dem Zweiten Weltkrieg hat eine winzige Partei dies als Mittel zur Beschleunigung des Wirtschaftskreislaufs propagiert, jetzt empfiehlt es Reheis zur "Drosselung der wirtschaftlichen Aktivitäten".

      Das überzeugt nicht. Wäre ich weniger unter Zeitdruck, wenn ich wüsste, dass mein Kontostand zum Monatsende um zwei Prozent abnimmt, falls ich das Geld nicht vorher ausgebe? Auch der Ruf nach einer "demokratischen Planwirtschaft, die den Beschleunigungsmotor abstellt", wird wohl nur wenige erreichen.

      Wer dem Turbokapitalismus bescheinigt, dass er den Staat aushungert, die Kommunen handlungsunfähig macht, weiß, dass dagegen auch Steuerpolitik nicht hilft. Das global agierende Kapital kann jeden Staat auf dem Trockenen sitzen lassen, der ihm mit Steuern beikommen will. Aber es muss doch etwas geben, was als "Einstieg in den Ausstieg aus dem Kapitalismus" verstanden werden kann?

      Man möchte Reheis gerne Recht geben. Aber wahrscheinlich muss sich der Turbokapitalismus erst einmal totlaufen, indem er die moralischen Grundlagen und staatlichen Strukturen zerstört, ohne die er nicht gedeihen kann, indem er Gewaltmärkte an die Stelle des staatlichen Gewaltmonopols setzt.

      Bis dahin könnten mehr Menschen unter der Beschleunigung leiden, von denen einige dann plausiblere Alternativen ersinnen, als wir es heute können. Bis dahin werden wir als Einzelne oder in Gruppen versuchen müssen, wenigstens unsere freie Zeit außerhalb des Hamsterrads zu verbringen.

      Dass dies nötig und in Grenzen auch möglich ist, wird am Ende auch ein kritischer Leser dieses gut und flüssig geschriebenen Buches begriffen haben. Das ist nicht wenig.

      Der Rezensent war Bundestagsabgeordneter und knapp 20 Jahre lang Vorsitzender der Grundwertekommission der SPD.

      Quelle: Süddeutsche Zeitung
      Nr.126, Donnerstag, den 03. Juni 2004
      Avatar
      schrieb am 30.07.04 00:56:36
      Beitrag Nr. 11 ()
      Avatar
      schrieb am 30.07.04 13:59:44
      Beitrag Nr. 12 ()
      # 10 Enpi,

      sozialistisches Geschwabbel, ohne irgedgendwas Kokretes.
      Nein, danke, wenn das alles sein soll, geht es weiter abwärts, wie gehabt.
      wilbi
      Avatar
      schrieb am 02.08.04 18:04:10
      Beitrag Nr. 13 ()
      Kurz gesagt: um so geringer die Stückkosten, um so größer bei gleich bleibenden Marktpreisen der Gewinn für den Unternehmer.

      Die 35-Stunden Woche mit allem drum und dran hat einen Prozeß beschleunigt, der über kurz oder lang wohl auch so gekommen wäre: die Steigerung der Arbeitseffizienz.

      Wenn nur noch 35 Stunden anstatt 40 Stunden gearbeitet wird, wird ja für die übrigen 5 Stunden in der Praxis keiner eingestellt. Die Arbeit muß halt so umorganisiert werden, daß die Arbeit von 40 Stunden nunmehr in 35 Stunden (oder weniger) geschafft wird.
      Avatar
      schrieb am 02.08.04 18:25:34
      Beitrag Nr. 14 ()
      # 13 RRichter,

      nichts gelernt aus der Vergangenheit. Natürlich blind weiter.
      wilbi
      Avatar
      schrieb am 02.08.04 22:16:06
      Beitrag Nr. 15 ()
      #13

      Bei Deiner Überlegung stellt sich doch die Frage: Was war zuerst - die reduzierte Arbeitszeit als Folge der Steigerung der Arbeitseffizienz oder umgekehrt?

      Ich glaube, dass die Entwicklung in der Vergangenheit gezeigt hat, dass wir in allen Arbeitsbereichen immer effektiver arbeiten und daher immer weniger Menschen benötigen. Daher werden wir auch das aktuelle Problem mit der Arbeitslosigkeit in unserer Gesellschaft nicht lösen können.

      @ wilbi,

      Dein Beitrag in #9 ist sehr interessant. Genau darum geht es doch in meiner ursprünglichen Frage. Vielleicht ist die Überlegung, die Du dort aufstellst mit der 25 Std-Woche genau die Lösung für unsere Probleme. Hätte man gesicherte Erkenntnisse aus der Einführung der 35 Std.-Woche gewonnen liessen sich derartige Pläne sicherlich durchspielen. Da man dieses aber nicht gemacht hat bzw. es hier im Board zumindest niemand weiß fehlt diese Grundlage und alle bleiben bei ihren Vermutungen und ihrem Halbwissen.

      # 14 Dem Gesprächspartner vorzuwerfen, er mache es falsch ist auch kein konstruktiver Beitrag, denn wer weiß es schon mit absoluter Sicherheit besser? Das Niedermachen anderer Meinungen ist kein Lösungsansatz.
      Avatar
      schrieb am 03.08.04 14:08:36
      Beitrag Nr. 16 ()
      # 15 Samurai

      erforschte und durchgespielte Ergebnisse aus der 35-Stundenwoche gibt es wohl nicht. Aber Fakt ist doch wohl, und das sind gesicherte Erkenntnisse, daß die Arbeitslosigkeit nicht weniger geworden ist.
      Das liegt natürlich nicht nur an der Arbeitszeit, natürlich spielen die konjunkturellen Verhältnisse und der Pruktivitätsfortschitt, sowie Einsatz verbeserter Technik, eine Rolle, aber das hatten wir doch in den 70er und 8oer Jahren auch, vielleicht sogar noch stärker.
      Wir sind womöglich zu faul und zu bequem geworden und dann geht es abwärts, wie frühere Hochkulturen bewiesen haben.
      Alles natürlich. In der Bibel steht schon was über 7 fette Jahre und 7 magere. Uns wenn Sozies dran sind, haben wir wohl die mageren Jahre. Vielleicht alles natürlich.
      wilbi
      Avatar
      schrieb am 03.08.04 15:03:31
      Beitrag Nr. 17 ()
      #1: Antwort: nein.

      Es gibt keine verläßlichen Angaben dazu, welche Auswirkung die Einführung der 35-Stunden-Woche auf die Arbeitslosenzahlen hatte.

      Begründung:

      Es ist prinzipiell nicht möglich, zu sagen, welchen Effekt ein Arbeitszeitmodell auf die Beschäftigung hat, weil die Auswirkungen je nach dem Rahmen völlig unterschiedlich sein können.

      Im öffentlichen Dienst z.B. hat man die Arbeitszeit verkürzt und gleichzeitig einen Stellenabbau verordnet. Hier war also völlig egal, welche Arbeitszeit vereinbart wurde, weil der Stellenabbau administrativ festgelegt wurde.

      In manchen Industriebereichen konnte man beobachten, daß die Verkürzung der Arbeitszeit durch Überstunden oder "freiwillige" Mehrarbeit (letzteres bei qualifizierteren Stellen, wo nicht mehr die Anwesenheitszeit, sondern die Erreichung von Arbeitszielen entscheident ist) ausgeglichen wurde.

      In konjunkturarmen Zeiten wurde die Arbeitszeitverkürzung zur billigen Produktionsanpassung genutzt; Entlassungen wären teurer gewesen - das mag man als Stellenerhalt werten. Demgegenüber konnte es aber auch zu höheren Stückkosten führen, weil die Fixkosten der Stelle erhalten blieben, der produktionsabhängige Kostenteil hingegen sank. Es hängt daher erheblich davon ab, wie stark die Arbeitszeitverkürzung auch bei den Löhnen berücksichtigt wurde.

      Aufgrund von Teilzeit- und Gleitzeitmodellen konnte sich bei einem Teil der Stellen die 35-Stunden-Woche nicht auswirken.

      Schließlich gibt es die indirekten Effekte: zum Beispiel wirkt die 35-Stunden-Woche per teilweisem Lohnausgleich (wie praktiziert) zu einer Konsumdämpfung, weil die Lohnsumme schwächer steigt, und damit auch weniger Geld für den Konsum da ist. Diese Nachfrageschwäche könnte tendenziell zu weniger Beschäftigungsnachfrage geführt haben. Dadurch fiel mit der Verringerung der Arbeitszeit zugleich auch die Nachfrage für diese Arbeitszeit weg und es brauchten bei geringerer Arbeitszeit trotzdem nicht mehr Menschen eingestellt zu werden. Wenn dann gleichzeitig durch Rationalisierung sowieso Stellen wegfallen, dann wird dieser Prozeß durch Einführung der 35-Stunden-Woche bestenfalls nicht beeinflußt, schlechterenfalls sogar beschleunigt.

      Teilweise könnte die 35-Stunden-Woche zu erhöhter Produktivität geführt haben (wenn der Lohnausgleich nicht zu hoch war). Das war dann gut für den Export, im Binnenmarkt könnte das aber deflationär gewirkt haben (schwächer steigende Preise, schwächer steigende Löhne). Dadurch Konsumzurückhaltung (warten auf günstigere Preise) und damit zu Arbeitsplatzverlust.

      Schließlich: da die kürzere Arbeitszeit höhere Produktivität verlangt, könnte dadurch ein Teil der Arbeitsuchenden nicht mehr genug qualifiziert für den Arbeitsmarkt gewesen sein, und daher keine Stellen mehr gefunden haben, selbst wenn welche angeboten wurden. Dann hätte die 35-Stunden-Woche zwar hier mehr Stellen geschaffen, die aber nie besetzt werden konnten und schließlich dadurch wieder gestrichen wurden.
      Avatar
      schrieb am 03.08.04 23:42:57
      Beitrag Nr. 18 ()
      #17

      vielen Dank für Deinen ausführlichen Beitrag. Du spielst verschiedene Modelle durch, die man so auch durchaus nachvollziehen kann. Wie Du aber selbst schon erwähnt hast, ist eine abschliessende Beurteilung über den Erfolg bzw. Mißerfolg der 35-Std-Woche in der Gesamtheit nicht möglich. Eigentlich schade, denn das könnte uns in der aktuellen Diskussion weiterbringen.

      Wenn ich Dich richtig verstehe ist Dein Grundtenor aber eher negativ zur 35-Std-Woche. Bemerkenswert, dass Du dabei aber sachlich geblieben bist, was man hier im Board leider nicht allzu häufig antrifft.


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