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    Ukraine und Aids. Afrikanische Zustände bald auch in Europa? - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 10.12.04 15:13:32 von
    neuester Beitrag 14.12.04 13:59:09 von
    Beiträge: 7
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      schrieb am 10.12.04 15:13:32
      Beitrag Nr. 1 ()
      Aids-Katastrophe von Odessa

      Eine halbe Million Infizierte

      (dpa)

      In der ukrainischen Hafenstadt Odessa tickt eine Zeitbombe: Jeder zehnte Einwohner der Millionenmetropole ist nach Schätzungen der Vereinten Nationen bereits mit dem tödlichen Aidsvirus infiziert. Ohne wirksame Aufklärung und medizinische Hilfe könnte die Seuche am Rande Europas bald wüten wie sonst nur in Afrika. Der Berliner Fernsehautor Karsten Hein hat einen erschütternden Dokumentarfilm über das Leid der Aidskranken von Odessa gedreht. Zum Weltaidstag am 1. Dezember wird der Film in mehr als 30 deutschen Städten zu sehen sein.

      Wenn in Kiew in diesen Tagen Tausende für mehr Demokratie in der Ukraine demonstrieren, sind die Kameras der Weltpresse dabei. Über die Aids-Katastrophe von Odessa gab es bisher keine Bilder. Als einer der ersten Filmemacher ist Hein (41) deutschen und ukrainischen Medizinern in die Elendsquartiere und Krankenhäuser der Stadt gefolgt. Dorthin, wo ausgemergelte Aidspatienten fast ohne ärztliche Hilfe auskommen müssen und vor Schmerzen schreien.

      Das staatliche Gesundheitswesen, beweist Autor Hein in seinen Interviews, spielt das Drama bewusst herunter. Dabei ist Odessa nur ein Beispiel in Osteuropa. Nach dem jüngsten Weltaidsbericht weisen Russland und die Ukraine die höchsten Ansteckungsraten auf. Doch Aufklärungskampagnen bleiben rar, weil das Problem verharmlost oder verdrängt wird. "Es ist eine Ignoranz wie man sie früher nur aus afrikanischen Ländern kannte", sagt der Berliner Klinikarzt Keikawus Arastéh. Der HIV-Spezialist organisiert seit zwei Jahren einen Mediziner-Austausch mit Odessa. Im Sommer 2003 hat sich das Filmteam den Berliner Helfern am Schwarzen Meer angeschlossen.

      Nach Arastéhs Kenntnis gab es 1995 rund 270 HIV-Infizierte in der Ukraine. "Nun sind es mehr als 500 000", schätzt der Arzt. Noch preist sich Odessa gern als "Mailand des Ostens". Wenn in wenigen Jahren bei Tausenden unbehandelter HIV-Infizierten Aids ausbricht, könnte die Perle am Schwarzen Meer zur Totenstadt werden.

      HIV wütet vor allem unter den unzähligen Junkies der Stadt. Durch Odessa laufen Routen der Drogenkuriere, der Mohnanbau in der Umgebung floriert. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs galten Drogen in der Ukraine als chic. "Man zog sich gut an, man roch nach Parfüm", erinnert sich Junkie Sascha vor der Kamera. "Entweder warst Du ein Jäger oder ein Tier. Ich wollte ein Jäger sein." Heute ist Sascha aidskrank. "Er steht vor der Ikone und bittet Gott um den Tod", flüstert seine verzweifelte Mutter.

      Vor allem durch den Drogenkonsum verbreitet sich das Aidsvirus noch immer rasend schnell in Odessa. Doch die Seuche wird totgeschwiegen, aus Scham und Angst. Die wenigsten Junkies lassen sich überhaupt noch testen. Denn wer HIV-positiv ist, gilt als "Abfall der Gesellschaft". Er wird zum Ausgestoßenen. HIV-Zwangstests habe die Gesundheitsbehörden abgeschafft, als sich die Zahlen der Positiven häuften, erklärt ein ukrainischer Arzt das Fehlen offizieller, realistischer Zahlen.

      "Wir haben in Odessa schreckliche Dinge gesehen", sagt Filmautor Karsten Hein. "Die Gefühlskälte, die Lethargie und der hohe Grad an Verwahrlosung kamen mir vor wie das Ende einer Zivilisation." Selbst bei ausländischer Hilfe für Aidspatienten sei Vorsicht geboten. Auch manche ukrainischen Ärzte wirtschafteten in die eigene Tasche. "Es ist das Aids der Seele, das all jene befallen hat, die rücksichtslos auf Profit aus sind", sagt ein Geistlicher zum Schluss resigniert in die Kamera.

      (Internet: Website zum Film "So wollen wir nicht sterben. Aids in Odessa": www.aids-ukraine.com)

      Adresse:
      http://www.n-tv.de/5455992.html
      Avatar
      schrieb am 10.12.04 15:18:11
      Beitrag Nr. 2 ()
      Die Luftmenschen
      "So wollen wir nicht sterben - Aids in Odessa", eine Dokumentation von Karsten Hein

      Odessa liegt am östlichen Rand der Ukraine; ins Deutsche übersetzt bedeutet Ukraine "Grenzland". Von Berlin aus ist man mit dem Flugzeug in zwei Stunden da. Der Regisseur Karsten Hein hat die Reise im Oktober 2003 unternommen, um die Krankenschwester Inge Banczyk zu begleiten, die in der immunologischen Tagesklinik des Auguste-Viktoria-Klinikums und im Vorstand der Berliner Aids-Hilfe arbeitet. Seit zwei Jahren setzt sich das Auguste-Viktoria-Klinikum für die Bekämpfung von Aids in der Ukraine ein. Aids in der Ukraine?

      Vierzig Millionen Menschen sind derzeit weltweit mit Aids infiziert. Die Ukraine ist der nächste Nachbar der EU; sie hat 49 Millionen Einwohner und war ehemals die Kornkammer Europas. Odessa, die Hafenstadt am Schwarzen Meer mit der berühmten Treppe aus Sergej Eisensteins "Panzerkeuzer Potemkin", hat etwas über eine Million Einwohner. 1821 grassierte hier die Diphterie; 1828 die Pest. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation sind in Odessa 150 000 Menschen mit HIV infiziert. Das wäre jeder zehnte Einwohner.

      Warum soll man sich einen Film über Aids in Odessa ansehen? Über Menschen, die vom Abfall leben müssen, weil sie keine Angehörigen haben, die sich um sie kümmern. Wir kennen die Bilder aus Afrika; doch zu Aids in Osteuropa fehlen uns Bilder, und was nicht Bild wird, ist unendlich weit weg. Karsten Hein ist mit Inge Banczyk, Schwester Larissa und Dr. Sinofij zu Patienten gegangen, infizierten und bereits schwer erkrankten. Alle leben in Armut. Das Elend, dessen der Zuschauer ansichtig wird, ist fast allmächtig. Gebrauchte Drogenbestecke liegen in verrotteten Hinterhöfen, zwischen Ratten und Müll. Obdachlose, Klebstoff schnüffelnde Kinder spielen toter Mann auf den Straßenbahngleisen. Weil die internationalen Drogentransportwege durch Odessa führen und die Stadt zudem von einem Mohnfeldergürtel umgeben ist, hat sie eine ungewöhnlich hohe Suchtrate: Auf 100 000 schätzt der Sozialarbeiter Slawka die Zahl der Süchtigen. Slawka ist seit fünf Jahren clean; vorher war er fünfzehn Jahre heroinabhängig. Die Sowjetunion hatte nicht nur ein Drogen-, sondern auch ein Aids-Problem. Seit 1987 gibt es eine entsprechende Datenbank in Odessa.

      Der ukrainische Staat hat sich längst aus der Verantwortung gestohlen. In zwei Aids-Stationen außerhalb Odessas sind Kranke im letzten Stadium quasi interniert; die Leichen der über Nacht Gestorbenen müssen sie am Morgen selbst forttragen. Häusliche Krankenpflege gibt es nur auf Privat- und Selbsthilfebasis. Medikamente sind zu teuer, aber selbst billige Schmerzmedikamente werden den Leidenden vorenthalten - sie sterben ja sowieso. 20 Millionen Euro vom Global Fund für Medikamente wurden an die ukrainischen Behörden überwiesen, aber von ihnen nie gegen Aids eingesetzt. Die Korruption tötet die Armen. "In jedem Treppenflur", so erzählt der Dolmetscher im Film, "liegt jetzt eine Leiche - mindestens". Drei Männer stehen an der Straße neben einem Toten, aber die Miliz holen sie nicht, weil sie dann "Scherereien" hätten.

      Warum soll man sich auch um "Luftmenschen" kümmern? "Luftmenschen", so hat der Schriftsteller Isaak Babel einst jene genannt, die unsichtbar bleiben sollen: Sieche, Sterbende, Bettler, Wohnungslose, Süchtige. Die Menschen in Odessa lassen sich nicht auf HIV testen, weil der Test Geld kostet, das sie ohnehin nicht haben, und weil es keine Medikamente und keine Aussicht auf Heilung gibt. Aids ist in der Ukraine ein Tabu. Die Leute fürchten zu Recht, dass sie diskriminiert werden: Sie gelten als "Abfall der Gesellschaft", als Menschen, die nun die gerechte Strafe für ihren Lebenswandel erleiden. Lena vom Selbsthilfeverein "Life plus" wurde nach ihrer HIV-Diagnose sofort entlassen; sie war Krankenschwester - ihr Mann hat sie infiziert. Die HIV-träger tun alles, um die Infektion zu verheimlichen. Eine Zeitbombe. Die Behörden leugnen die Epidemie.

      Die Verhältnisse sind schockierend. Unterträglich. Karsten Hein weiß, dass ihre weitere Dramatisierung obszön wäre. Dass man sie nicht ausbeuten darf. Inge Banczyk tut das Richtige; mit großer Ruhe und warmer Sachlichkeit berät sie die heroischen Helfer und Ärzte, steht sie Kranken bei. Im nächsten Sommer wird sie wieder nach Odessa fahren, um Krankenschwestern auszubilden. Denn nicht nur die Bilder werden uns ereichen, auch ihre Realität wird zu uns kommen. - Karsten Hein hat achtzehn Infizierten, die in seinem Film mitgewirkt haben, versprochen, dass er nicht in der Ukraine gezeigt wird.

      So wollen wir nicht sterben - Aids in Odessa D 2004. Dokumentation. Buch & Regie: Karsten Hein, Kamera: Dirk Plamböck, Produktion: Karsten Hein; 76 Minuten, Farbe.
      Berliner Zeitung
      Donnerstag, 02. Dezember 2004
      http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/berlin_berlin/40…
      Avatar
      schrieb am 11.12.04 16:46:48
      Beitrag Nr. 3 ()
      :confused:
      Avatar
      schrieb am 11.12.04 17:01:34
      Beitrag Nr. 4 ()
      ...wer sich bei Aids noch den Luxus von Tabus erlaubt,
      bei dem ist noch nicht genug gestorben worden.
      Aids ist (auch) eine Krankheit der Aufklärung.
      Man bekommt es nicht einfach . Wenn sich eine
      Gesellschaft, bei denen 10% infiziert sind, immer
      noch an Tabus hängt, dann werden es eben bald
      40% sein, der noch mehr . Je nachdem, in wie weit
      die Menschen die Sprach- und Denk-Tabus aufweichen.
      Avatar
      schrieb am 11.12.04 20:07:58
      Beitrag Nr. 5 ()
      Wahrscheinlich aus der sowjetischen Propagandamottenkiste ;)

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      schrieb am 13.12.04 10:14:02
      Beitrag Nr. 6 ()
      Über die Thematik in Deutschland:

      Thread: Armutsprostitution - Aids - Deutschland
      Avatar
      schrieb am 14.12.04 13:59:09
      Beitrag Nr. 7 ()
      "Tabu - Thema Sextourismus (Thread für Frauen nicht geeignet)"

      Thread: Tabu - Thema Sextourismus (Thread für Frauen nicht geeignet)


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