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Was treibt den Goldpreis? - Seite 4
Der klassische Angebots-/Nachfragemechanismus wirkt hier also nicht wie erwartet. Doch im gesamten Zeitraum lässt sich eine sehr hohe Übereinstimmung der Goldpreisentwicklung mit den Beständen von Gold-ETFs und ähnlichen Anlagen beobachten, die physisches Gold einlagern (blaue Kurve). Die Korrelation zwischen beiden Kurven beträgt sehr hohe 96,55 %
Offenbar bestimmt die Investmentnachfrage inzwischen zum Großteil den Goldpreis. Kein Wunder, schließlich machte der gesamte Anteil aller Gold-Investments (Münzen/Barren, ETFs, Zentralbanken) 2020 55,5 % der Goldnachfrage aus, die industrielle Produktion (Schmuck, Elektronik, u.A.) nur 44,5 %. 2006 verschwanden dagegen noch weniger als 20 % der Goldproduktion in irgendwelchen Tresoren. Hier hat also in den vergangenen Jahren offenbar ein Paradigmenwechsel stattgefunden.
Worauf Goldanleger in Zukunft achten sollten
Die Gründe, warum Anleger Gold kaufen, sind zweifellos vielfältig und nicht immer offensichtlich. Aber die Daten legen nahe, dass die Nachfrage der Investoren mittlerweile der entscheidende Treiber für den Goldpreis ist. Wer also wissen will, wohin sich der Goldpreis mittel- und langfristig bewegt, muss sich die Frage beantworten, ob die Anleger in Zukunft weiter Gold kaufen – z.B. um sich gegen eine mögliche Schulden- und Finanzkrise oder eine nachhaltige Inflation abzusichern – oder ob sie die Goldbestände wieder abstoßen, weil die Zentralbanken das Schuldenproblem in den Griff bekommen oder z.B. Kryptowährungen Gold als Krisenabsicherung ersetzen.
Aus charttechnischer Sicht sind jedenfalls vorerst die langfristigen Aufwärtstrends bei Gold und den Gold-Beständen der ETFs intakt, und die jüngste Schwäche ist nur eine Konsolidierung, nach deren Ende die Kurven wieder nach oben drehen sollten. Wie gesagt, dieses aktuell geringe Interesse an Gold könnte einfach einer gewissen Sorglosigkeit der Anleger geschuldet sein.
Aber falls es tatsächlich noch zu der erwarteten Sommer-/Herbstkorrektur an den Aktienmärkten kommt und diese etwas heftiger ausfallen sollte als die Rücksetzer der jüngsten Zeit, dürfte Gold wieder Auftrieb erhalten. Denn in diesem Fall werden auch Anleihen wieder als „sicherer Hafen“ gefragt sein – den Niedrig-, Null und Negativzinsen zum Trotz. Die (weiter) steigenden Anleihekurse drücken das Zinsniveau weiter – und damit auch die Realzinsen. Es könnte dann also sein, dass der Goldpreis den Sprung, den die Realzinsen vor Kurzem machten, mit entsprechender Dynamik nachholt…
Mit besten Grüßen
Ihr Torsten Ewert
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(Quelle: www.stockstreet.de)