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    Drohender Gas-Engpass  5457  2 Kommentare Gazproms Botschaft an Europa: Ihr habt keine Chance ohne uns!

    Lange wurde Gazprom in Europa geradezu hofiert. Zu mächtig und zu wichtig war der russische Gasriese für die europäische Energieversorgung. Doch spätestens seit dem Ukraine-Konflikt kehren die Europäer Gazprom zunehmend den Rücken (siehe hier). Das will sich der Energiekonzern so einfach nicht gefallen lassen – und droht mit einem Gas-Engpass.

    Wie die „Welt“ berichtet, warnt Gazprom-Vizechef Alexander Medwedew Europa vor einer drohenden Versorgungslücke beim Erdgas. Schon in zehn Jahren könnte Europa mindestens 30 Milliarden Kubikmeter Erdgas zu wenig haben, sagte er bei der Jahreskonferenz in Moskau.

    Sein Argument: Da die Europäer immer weniger eigene Gasvorkommen hätten, bräuchten sie im Gegenzug immer mehr Gas von außerhalb. Gazprom beziffert diesen Mehrbedarf mit 50 Milliarden Kubikmeter. Aber wer soll das Gas liefern, wenn nicht Russland?

    Vielleicht die US-Fracking-Industrie? Diese Möglichkeit hatten einige europäische Politiker zuletzt ins Spiel gebracht (Lesen Sie hierzu: Mehr Gas auf den Märkten - USA will größter LNG-Exporteur werden). Der Gazprom-Vize kann darüber nur müde lächeln. Die „Träumer von Washington“ würden wohl kaum mehr als 50 Milliarden Kubikmeter liefern können, so Medwedew. Für die Differenz gebe es weder Verträge noch Transportpipelines.

    Die Botschaft, die zwischen den Zeilen mitschwingt, ist klar: Ohne uns, ohne Gazprom, habt ihr keine Chance. Wörtlich heißt es: „Wir gehen davon aus, dass die Vernunft in Europa siegt.“ So rechnet der Gazprom-Vize fest damit, dass Europa bald über zusätzliche Volumina mit dem russischen Gasriesen werde reden müssen.

    Ein Energieriese in der Krise

    Gazprom war zuletzt massiv unter Druck geraten. Die westlichen Sanktionen im Zuge des Ukraine-Konflikts, die gesunkenen Öl- und Gaspreise, dazu die Wirtschaftskrise in Russland – das alles hat dem Energieriesen schwer zugesetzt. Der ehemalige Weltkonzern Gazprom scheint nur noch ein Schatten seiner selbst, Ruhm und Glanz einstiger Tage sind verblast (siehe: Ein Riese taumelt – Gazprom erleidet massiven Gewinneinbruch). Fast wirkt es so, als wolle der Vize-Chef mit der Rhetorik, die er nun gegenüber den Europäern anschlägt, das neue Kräfteverhältnis vergessen machen. Nach seiner Lesart ist nicht Gazprom als taumelndes Unternehmen auf einen lukrativen Markt wie Europa angewiesen. Nein, es sind natürlich die Europäer, die dringend zusätzliches Gas brauchen. Gas, das nur Gazprom liefern kann. Insofern ist Gazprom der Retter Europas und nicht umgekehrt.

    Tatsächlich aber könnte es sich Gazprom wahrscheinlich gar nicht leisten, den europäischen Markt außer Acht zu lassen (auch wenn der Gasriese seine Fühler zuletzt in Richtung Osten ausstreckte – siehe: Gazprom in der Krise – Letzte Hoffnung China?). Während Europa also vermutlich weiterhin eine wichtige Rolle in den Plänen des Unternehmens spielen wird, scheint ein anderes Land inzwischen von seiner Landkarte verschwunden. Deutlicher als je zuvor unterstrich Medwedew, dass die Ukraine als Transitland nicht mehr länger in Frage kommt: „Angesichts der ökonomischen, kommerziellen, technologischen, investitionsbezogenen und politischen Risiken für den Gastransit wird es keinen ukrainischen Transit mehr geben – selbst wenn Sonne und Mond ihre Plätze tauschen.“ Der russisch-ukrainische Gastransit-Vertrag werde nach dem Auslaufen 2019 nicht länger verlängert, ein neuer Vertrag sei nicht geplant, berichtet „dpa-AFX“.

    Türkei als neues Transitland

    Stattdessen setzt Gazprom laut Medwedew auf den Bau der Pipeline Turkish Stream durchs Schwarze Meer zur türkisch-griechischen Grenze. Ein entsprechendes Regierungsabkommen soll noch im Juni unterschrieben werden. In den vergangenen Jahren hatte es wiederholt Streit gegeben zwischen Russland und der Ukraine, dem wichtigsten Transitland für russisches Gas in Richtung EU. Grund war unter anderem ein Konflikt um unbezahlte Rechnungen. Das hatte auch zu einem Lieferstopp geführt (wallstreet:online berichtete). Turkish Stream gilt als Nachfolgeprojekt des Projekts South Stream, das Russland Ende 2014 gestoppt hatte.




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