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    Neue Erbgerechtigkeit - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 01.02.07 22:36:06 von
    neuester Beitrag 09.02.07 08:43:26 von
    Beiträge: 6
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      schrieb am 01.02.07 22:36:06
      Beitrag Nr. 1 ()
      Beschluss des Verfassungsgerichts
      Neue Erbgerechtigkeit

      In einer wunderbar klugen Entscheidung hat Karlsruhe den Gesetzgeber aufgefordert, das Erbschaftssteuersystem leidlich gerecht zu konstruieren. Der kleine Mann kann sich darüber freuen, dass künftig große Erbmassen so klar bewertet werden müssen wie das kleine Sparbuch.


      Ein Erbe hat zwei natürliche Feinde: Erstens den Miterben, die ihm sein Erbe streitig macht. Zweitens den Staat und seine Erbschaftssteuer. Diese Steuer trifft das Vermögen in einem Zeitpunkt, in dem es seinen alten Herrn verloren, aber der neue Erwerber es noch nicht richtig im Griff hat.

      Diesen psychologisch günstigen Zeitpunkt hat erstmals der römische Kaiser Augustus ausgenutzt, als er die Erbschaftssteuer einführte, um sein Heer zu finanzieren.

      Sich der Erbschaftssteuer zu entwinden ist seitdem das Ziel juristischer Kunstfertigkeit – diese Kunst funktionierte bisher bei großen Vermögen ziemlich gut. Künftig wird das, dank der fulminanten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, schwieriger werden.

      Bilanztechnische Möglichkeiten

      Die Kunst, Erbschaftssteuern zu sparen, funktionierte bisher dann besonders gut, wenn ertragsstarke Unternehmen vererbt wurden – solche also, die in der Lage sind, von bilanztechnischen Möglichkeiten reichlich Gebrauch zu machen.

      Das Erbschaftssteuergesetz machte nämlich den „Steuerwert“ , nicht den Ertragswert zum Ansatzpunkt für die Erbschaftssteuer. Weil die Erbschaftssteuer aber eine Punktsteuer ist, also zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt fällig ist, konnte der Steuerwert zu diesem Zeitpunkt bilanztechnisch klein gehalten werden.

      So pfiffige Möglichkeiten standen dem, der ein ein Geldvermögen, klassischerweise ein Sparbuch erbt, nicht zu Gebote. Geld ist Geld, der Wert ist klar, da gibt es nichts zu tricksen.

      Salomonisch

      Karlsruhe hat nun in einer wunderbar klugen, einer salomonischen Entscheidung den Gesetzgeber aufgefordert, das Erbschaftssteuersystem neu, verständlich und leidlich gerecht zu konstruieren.

      Das Gericht hat keine Revolution veranstaltet, es hat keines der bisherigen Erbschaftssteuer-Privilegien verboten: Es hat also weder Hausbesitzer noch Unternehmer neu belastet. Es hat aber vom Gesetzgeber verlangt, aus dem Erbschaftssteuerchaos, in dem sich die Vermögenden mit Hilfe von Juristen gut eingerichtet hatten, eine übersichtliche Angelegenheit zu machen.

      Das Gesetz soll künftig klar und deutlich sagen, wer von der Erbschaftsteuer ganz oder teilweise befreit wird und warum.

      Das heißt: Bisherige Privilegien für Landwirte oder Unternehmer sind nicht einfach abgeschafft worden. Der Gesetzgeber muß sie aber künftig offen ausweisen und begründen.

      Transparenz

      Er muss in den Erbschaftssteuergesetzen darlegen, wen er wie begünstigt und warum. Auf diese Weise sollen die Steuervergünstigungen vergleichbar gemacht werden. Es geht den Richtern nicht um den Umsturz des bisherigen Systems, sondern um seine Transparenz.

      Die bisherigen, im System versteckten Privilegien müssen sich neu legitimieren. Vom Lamento der beunruhigten Lobbys darf man sich nicht irre machen lassen: Die höchsten Richter geben dem Gesetzgeber für die Reform einer gute Richtschnur an die Hand, wie sie Gesundheits-, die Renten- und Föderalismusreform nicht hatte und hat.

      Viel Raum für politische Entscheidungen

      Die 108 Seiten des Urteils sind ein Grundkonzept, das viel Raum lässt für politische Entscheidungen für die Abschaffung der Erbschaftssteuer (zu der es nicht kommen wird) genauso wie für ihre kräftige Erhöhung. Klar aber ist die Forderung: Wenn Erbschaftssteuer, in welcher Höhe auch immer, dann klar und gerecht.

      Die Richter forden daher, dass künftig erst einmal der Wert des Erbes (sei es Grund und Boden, sei es Betriebsvermögen) nach seinem wirklichen Wert, dem Verkehrswert, zu erfassen ist; in diese Wertermittlung sollen künftig nicht schon, wie bisher, politische Erwägungen einfließen; der Wert eines bestimmten Erbes soll nicht aus politischen Gründen heruntergerechnet werden.

      Erst in der zweiten Stufe

      Die politische Erwägungen, welche Erbschaften aus Gemeinwohlgründen besonders begünstigt werden sollen, werden erst in einer zweiten Stufe des künftigen Gesetzes zum Zuge kommen: Erst dann geht es darum, wer subventioniert wird, erst dann wird berücksichtigt, wer (weil es, bei Unternehmen, um die Erhaltung von Arbeitsplatzen oder, bei Bauernhöfen, um die Erhaltung der Kulturlandschaft geht) weniger Erbschaftssteuer zahlen muß, womöglich sogar gar keine.

      Bisher war es so, dass die Priviligien auf unterschiedlichste Weise schon bei der Ermittlung des Werts eines Hauses, Bauernhofs oder Betriebes eingearbeitet waren – und zwar so, dass nicht mehr feststellbar war, wie hoch die Begünstigung war und schon gar nicht vergleichbar mit anderen Begünstigungen. Diese Vergleichbarkeit soll das künftige Erbschaftssteuerrecht leisten.

      Für die Masse der Erben ändert sich mit der Karlsruher Entscheidung nichts; die bisherigen Freibeträge bleiben so unangetastet wie die nach Verwandtschaftsgrad gestaffeleten Erbschaftssteuerklassen.

      Weiterhin Privilegien

      Der kleine Mann kann sich darüber freuen, dass künftig große Erbmassen so klar betrachtet und bewertet werden müssen, wie das kleine Sparbuch. Er wird sich aber damit abfinden müssen, dass es weiterhin Privilegien für große Erben und Erbmassen geben wird. Aber diese Privilegien werden sich nicht mehr im Paragrafendickicht verstecken können.

      Bisher war das Erbschaftssteuerrecht wie ein Irrgarten auf dem Oktoberfest, der voller Konvex- und Konkav-Spiegel steht – die alles verzerrt wieder geben: Große Vermögen sahen klein aus, kleine groß. Ein neues Erbschaftsrecht muß so aussehen, dass das Gesetz den Wert des Vermögens erst einmal richtig erfasst und abbildet – und dann regelt, wieviel davon als Steuer abgeschöpft wird.

      Bessere Bagatellsteuer

      Der Staat kann und muß sich überlegen, ob es dabei bleiben soll, dass die Erbschaftssteuer nur eine bessere Bagatellsteuer darstellt: Sie macht sie nicht einmal ein Prozent der gesamten Steuereinnahmen aus.

      Die Spaltung der Gesellschaft, die der Politik in diesem Land zu schaffen macht und an der die Demokratie leidet, zeigt sich nämlich auch bei den Erbschaften: Immer weniger Menschen vererben immer mehr; und immer mehr Menschen vererben immer weniger – auch deswegen, weil kleinere Vermögen neuerdings von den Pflegekosten aufgefressen werden.

      Prekäre Mittelschicht

      Früher waren die, die nur Nachkommen (lateinisch proles), aber kein Erbe hinterließen, „Proletarii“. Heute gibt es nicht nur Unterschicht, sondern auch eine prekäre Mittelschicht. Ein neues, zupackenderes Erbschaftssteuerrecht könnte dazu beitragen, dass es die Gesellschaft nicht zerreißt.

      (sueddeutsche.de)
      1.2.2007
      http://www.sueddeutsche.de/finanzen/artikel/152/100052/
      Avatar
      schrieb am 01.02.07 23:14:30
      Beitrag Nr. 2 ()
      Von Albert Franz
      Sterben und Erben: Karlsruhe macht ein Riesen-Fass auf
      Kommentar von Albert Franz
      Wenn das keine "Watsch'n" ist: Als "willkürlich" brandmarkt das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe das bisherige Erbschaftsteuerrecht. Will meinen: Ungerecht, widersprüchlich, jenseits von gut und böse. Verfassungsrichter drücken sich natürlich vornehmer aus. Dennoch kommt jetzt auf alle möglichen Vererber und Erben eine heikle Phase zu: Wie wird die künftige Bewertung ihrer Vermögen aussehen? Bares soll nicht anders bewertet werden als Immobilien, Aktienanteile nicht anders als Betriebsvermögen. Es gilt der reale Verkehrswert. Das ist gut so.

      Die entscheidende Frage aber wird sein, welche Vergünstigungen und Ausnahmetatbestände die Politik künftig für gerechtfertigt hält. Die Verfassungsrichter haben der Regierung hier einen großen Spielraum eingeräumt. Auf die "ausreichenden Gründe des Gemeinwohls" kommt es an. Dazu muss wohl - wie bisher - gehören, dass die Vererbung eines gewöhnlichen Einfamilienhauses steuerfrei bleibt. Dazu wird auch gehören, dass ein Mittelständler durch die Erbschaftsteuer nicht in den Ruin getrieben werden darf. Und dazu wird gehören, dass die Äcker der Bauern keine Geldanlage, sondern Grundlage ihres Wirtschaftens sind.

      So weit, so gut. Der Teufel aber steckt im Detail. Deshalb bringen sich schon jetzt der Bauernverband sowie die Haus- und Grundstücksbesitzerverbände in Stellung. Es geht um viel - vielleicht sogar um viel mehr als bei der jetzt so heiß diskutierten Gesundheitsreform.

      Karlsruhe hat das bisherige Erbschaftsteuerrecht in Grund und Boden gestampft. Der Ansatz, dass von realen Werten auszugehen ist und sich keiner arm rechnen können sollte, ist richtig. Was die Politik daraus macht, steht aber auf einem ganz anderen Blatt. Der Verdacht, dass Vater Staat versucht sein könnte, sich jetzt neue Einnahmequellen zu erschließen, ist aber nicht von der Hand zu weisen. Die Bedenkzeit bis Ende 2008 ist so lang nicht: Bis dahin aber muss die große Koalition wissen, wen sie im Erbfall wie stark zur Kasse bitten möchte.

      Quelle: Oberpfälzer Nachrichten
      Avatar
      schrieb am 02.02.07 05:44:08
      Beitrag Nr. 3 ()
      1. Februar 2007, Neue Zürcher Zeitung

      Mehr Transparenz bei der Erbschaftssteuer

      Deutsches Verfassungsgericht fordert einheitliche Bewertung


      Die deutsche Erbschaftssteuer ist verfassungswidrig. Die Privilegierung von vererbten Immobilien, Betrieben und Bauernhöfen muss künftig transparenter und zielgenauer umgesetzt werden.


      pra. Berlin, 31. Januar

      Die Karlsruher Verfassungsrichter haben sich sehr viel Zeit gelassen, doch schliesslich ist ihr am Mittwoch veröffentlichtes Urteil zur Erbschaftssteuer wohltuend klar. Die deutsche Erbschaftssteuer ist demnach verfassungswidrig, weil sie vererbte oder verschenkte Vermögen auf willkürliche und intransparente Weise unterschiedlich bewertet und belastet. Die Differenzen können sehr erheblich sein. Zudem sind gezielte Manipulationen möglich. Beides führt zu einer systematischen steuerlichen Ungleichbehandlung der Bürger, die nicht mit der Verfassung vereinbar ist.
      Das Gesetz muss spätestens bis Ende 2008 korrigiert werden, darf bis dann aber angewendet werden. Damit wird die Rechtsunsicherheit beseitigt, die seit Anrufung des Bundesverfassungsgericht im Jahr 2002 bestanden hat.

      Unsystematisch und willkürlich

      Vererbtes und verschenktes Vermögen wird gemäss dem Erbschaftssteuergesetz grundsätzlich zum Verkehrswert mit einheitlichen Sätzen belastet, die nach dem Grad der Verwandtschaft, nicht aber nach der Art des Vermögens abgestuft sind. In das zugehörige Bewertungsgesetz hat der Gesetzgeber allerdings Lenkungsziele einfliessen lassen, die bestimmte Arten von Vermögen teilweise massiv bevorzugen, insbesondere Immobilien, Betriebsvermögen und landwirtschaftliche Betriebe. Diese werden nicht zum realen Verkehrswert bewertet, sondern gemäss den gesetzlichen Formeln wesentlich tiefer. Dadurch werden diese Vermögensarten gegenüber Bargeld und börsennotierten Wertpapieren bevorzugt.

      Das wäre gemäss dem Urteil noch tolerierbar, sofern der Gesetzgeber dafür ausreichende begründete Lenkungszwecke im Gemeininteresse nennt und diese auch annähernd erreicht. Das Gericht akzeptiert aber nicht, dass die gesetzlichen Bewertungsregeln die Vermögen innerhalb einer Kategorie auf sehr unsystematische und ungleiche Weise behandeln. So wird Personengesellschaften und nicht börsennotierten Kapitalgesellschaften der Steuerbilanz-Wert zugewiesen, der je nach Unternehmen, Ertragskraft und Abschreibungspraxis in unterschiedlichem Masse vom Verkehrswert abweichen kann. Bebaute Immobilien werden mit einem fixen Aufschlag bewertet, ungeachtet der Marktentwicklung. Das führt zu willkürlichen, intransparenten und inakzeptablen Ungleichbehandlungen.

      Privilegien sind weiterhin zulässig

      Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem Urteil die von manchen befürchtete Revolution der Erbschaftssteuer nicht ausgelöst. Eine ungleiche Belastung von Geldvermögen, Aktien, Immobilien und Betriebsvermögen ist weiterhin zulässig, sie muss aber effektiver umgesetzt werden. Die Pläne der Regierungskoalition, Betriebsübergaben ganz von der Erbschaftssteuer zu befreien, sofern die Betriebe während zehn Jahren fortgeführt werden, können folglich zügig umgesetzt werden. Auch die materiellen Privilegien für Immobilien und Landwirtschaft können fortgeführt werden, weshalb die Interessengruppen laut aufatmeten. Die Bevorzugung muss lediglich von der Ebene der Bewertung auf die Ebene der Erbschaftssteuer verlagert werden. Sie muss künftig durch Abschläge vom Verkehrswert oder durch unterschiedliche Steuersätze offen ausgewiesen werden.

      «Reflexe» Seite 34
      http://www.nzz.ch/2007/02/01/wi/articleEVT2P.html" target="_blank" rel="nofollow ugc noopener">
      http://www.nzz.ch/2007/02/01/wi/articleEVT2P.html
      Avatar
      schrieb am 02.02.07 09:06:39
      Beitrag Nr. 4 ()
      PRESSESCHAU

      Donnerstag, 01. Februar 2007 07:05 Uhr

      Im Blickpunkt: Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaftssteuer

      Das Bundesverfassungsgericht hat die Erbschaftssteuer in ihrer gegenwärtigen Form für grundgesetzwidrig erachtet. Dazu schreibt die BÖRSEN-ZEITUNG:
      "Die Karlsruher Richter haben dem Gesetzgeber eine schallende Ohrfeige verpasst. Zu lange hat er sich um eine Neufassung des Erbschaftssteuerrechts herumgedrückt, jahrelang an den über- kommenen Strukturen herumgepuzzelt und sich dabei vom verfassungsrechtlich gebotenen Gleichheitsgrundsatz mehr und mehr entfernt. Statt sich um ein neues, in sich stimmiges Steuerkon- zept zu kümmern, wurde ein rechtliches Ungetüm geschaffen, das die politisch gewünschte Bevorzugung etwa von Immobilien und Betriebsübergaben nur über den Umweg der Vermögensbewertung erreicht. Das ist nicht nur verfassungswidrig, sondern auch höchst undurchsichtig und mit vielen Nebenwirkungen befrach- tet", befindet die BÖRSEN-ZEITUNG.


      Die FRANKFURTER RUNDSCHAU merkt an:
      "Die Generation der Nachkriegs-Erwachsenen wird in nächster Zeit riesige Werte an ihre Kinder vererben: pro Jahr zwischen einer und 1,5 Billionen Euro. Da sind große Vermögen ebenso dabei wie kleine, Luxusvillen genauso wie windschiefe Einfamilienhäuschen. Es geht nicht darum, dass der Staat bei all diesen Erben querbeet und ohne Unterschied absahnt. Es geht darum, der ungleichen Verteilung bei dieser und anderen 'Einkommensarten' wieder im Wortsinn gerecht zu werden. So, wie das Grundgesetz es mit seinem Gleichheitsgrundsatz fordert. Dass es des höchsten Gerichts bedarf, um dies in Erinnerung zu rufen, das müsste eigentlich überflüssig sein", notiert die FRANKFURTER RUNDSCHAU.


      "Die Verfassungsrichter haben nicht irgendein Detail verworfen", hebt die NEUE RUHR ZEITUNG hervor.
      "Sie haben die Basis für verfassungswidrig erklärt: Die Bewertung eines Vermögens, das vererbt wird. Ihr Urteil ist nicht nur zwingend und richtig, sondern sorgt auch für mehr Planungssicherheit. Es birgt zudem politisch die Chance, alles neu zu gestalten, die Steuersätze, den Verlauf der Tarife, die Höhe der Freibeträge und Ausnahmeregelungen", unterstreicht die NEUE RUHR ZEITUNG aus Essen.


      Die STUTTGARTER ZEITUNG hält die Entscheidung für unzureichend:
      "Man kann ja wie das Bundesverfassungsgericht zu der Auffassung gelangen, Steuerzahler dürften aus guten Gründen ungleich behandelt werden. Dann sollte man dafür aber auch überzeugende Argumente anführen. Und dann sollten Verfassungsrichter, die genau danach gefragt worden sind, wenigstens grobe Hinweise darauf geben, wie weit die Ungleichbehandlung gehen darf und wie streng die Anforderungen an ihre Rechtfertigung sind. Genau daran mangelt es in dem Urteil", moniert die STUTTGARTER ZEITUNG.


      Die OSTSEE-ZEITUNG blickt nach vorn:
      "Die grundsätzliche Gleichbehandlung von Vermögen ist sinnvoll. Dem Staat muss es im Grunde egal sein, ob jemand für sein Alter oder für die Erben vorsorgt, indem er ein Haus erwirbt, spart oder Aktien kauft. Viel spannender wird nun allerdings die Frage, ob sich der Gesetzgeber an sein Versprechen hält, bei der fälligen Neuregelung der Erbschaftssteuer nicht kräftig draufzusatteln. Die Beteuerungen aus der Politik, dass auch künftig etwa für Wohneigentum vernünftige Steuerfreigrenzen gelten sollen, klingen gut. Allein es fehlt der rechte Glaube, dass im Fall des vererbten Häuschens oder der Eigentumswohnung der Fiskus nicht kräftig zulangen wird", notiert die OSTSEE-ZEITUNG aus Rostock.


      Die Zeitung DIE WELT ist ebenfalls skeptisch:
      "Dem Gesetzgeber wurde aufgetragen, bis 2008 die ärgsten Missstände zu beseitigen. Wie er das macht, hat das Gericht offengelassen; womit leider auch offenbleibt, ob er es überhaupt je macht. Natürlich besteht Handlungsbedarf; den gibt es immer. Die Frage ist nur, wie er gestillt wird: durch ein Zurückschneiden der Vorschriften auf ein für alle verständliches Maß oder dadurch, dass der Gesetzgeber wieder einmal versucht, Gerechtigkeit im Einzelfall herzustellen – und eben dadurch das Chaos schafft, das zu beseitigen er vorgibt. Die Politik will weiterbasteln, bis zum nächsten Veto aus Karlsruhe."
      Das war DIE WELT.

      http://www.dradio.de/presseschau/20070201070000/drucken/
      Avatar
      schrieb am 02.02.07 09:07:14
      Beitrag Nr. 5 ()
      www.dw-world.de | © Deutsche Welle.
      Pressestimmen von Donnerstag, 1. Februar 2007

      Karlsruher Urteil zur Erbschaftssteuer Im Blickpunkt der Leitartikler steht … vor allem das Karlsruher Urteil zur Erbschaftssteuer. Das Bundesverfassungsgericht hat am Mittwoch die Ausgestaltung der Steuer in ihrer jetzigen Form für verfassungswidrig erklärt. Die Richter kritisieren vor allem, dass der Wert von Immobilien und Betriebsvermögen bei der Besteuerung zu niedrig angesetzt sei.



      Die WESTFÄLISCHEN NACHRICHTEN aus Münster befinden dazu:



      "Ein längst überfälliger Schritt hin zu mehr Rechtssicherheit. Viele Menschen sparen ein Leben lang für ihr Häuschen, zahlen Monat für Monat ihre Rate ab auch in der Gewissheit, damit ihren Kindern und Enkeln einen kalkulierbaren Vermögenswert zu hinterlassen. Dieser Erbfall muss klaren Regeln folgen. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, doch offenbar war bisher keine Bundesregierung in der Lage, dieses Problem zu lösen."



      Auch die LÜBECKER NACHRICHTEN finden das Urteil folgerichtig:



      "Die wertmäßige Gleichstellung von Bar- und Immobilienerbschaften ist folgerichtig. Dennoch: Der Gesetzgeber sollte jetzt Augenmaß beweisen. Denn es gibt natürlich doch Unterschiede zwischen geerbtem Geld und einer Immobilie. Zum Beispiel die Verfügbarkeit des Geldes, um die Steuerschuld zu begleichen: Wer Geld erbt, kann davon problemlos abgeben, auch wenn's wehtut. Wer ein Haus erbt, muss eventuell einen Kredit aufnehmen oder im schlimmsten Fall sogar das Haus mit Wertverlust verkaufen, um die Steuerschuld begleichen zu können."



      Das sieht der Leitartikler der FRANKFURTER RUNDSCHAU ähnlich:



      "Es geht nicht darum, dass der Staat bei all den Erben querbeet und ohne Unterschied absahnt. Es geht darum, der ungleichen Verteilung bei dieser und anderen 'Einkommensarten' wieder im Wortsinn gerecht zu werden. So, wie das Grundgesetz es mit seinem Gleichheitsgrundsatz fordert. Dass es des höchsten Gerichts bedarf, um dies in Erinnerung rufen, das müsste eigentlich überflüssig sein."



      Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG bilanziert:



      "Das Gericht hat keine Revolution veranstaltet, es hat keines der bisherigen Erbschaftssteuer-Privilegien verboten: Es hat also weder Hausbesitzer noch Unternehmer neu belastet; es hat aber vom Gesetzgeber verlangt, aus dem Erbschaftssteuerchaos, in dem sich die Vermögenden mit Hilfe von Juristen gut eingerichtet hatten, eine übersichtliche Angelegenheit zu machen."



      Auf Kritik stößt der Karlsruher Richterspruch bei der Münchner ABENDZEITUNG:



      "Auf der einen Seite geißeln die Karlsruher Richter Begünstigungen von Immobilien. Auf der anderen Seite schreiben sie, dass der Gesetzgeber Verschonungsregelungen aufstellen kann. Ja, was denn nun? Unsere Politiker werden die unklare Lage nutzen, um zu streiten. SPD und Union sind bei dem Thema jetzt schon uneins. Der Beschluss ist auch eine Steilvorlage für mehr Steuern auf die Vererbung von Immobilien und Firmen. Denn welcher Finanzminister würde angesichts klammer Landeskassen auf Milliarden verzichten?"


      http://www.deutsche-welle.de/dw/article/0,2144,2333188,00.ht…

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      schrieb am 09.02.07 08:43:26
      Beitrag Nr. 6 ()
      09.02.2007

      Ressort: Politik

      Der Staat und die Erben


      Der Fiskus profitiert kaum, wenn Vermögen den Besitzer wechseln – die Politik grübelt über Änderungen


      Berlin - 200 Milliarden Euro werden jedes Jahr in Deutschland vererbt. Und: Obwohl der größte Teil dieses Vermögens in die Hände weniger Großerben gerät, ist Vater Staat daran noch nicht einmal mit vier Milliarden Euro beteiligt. Wenn in diesem Jahr die Erbschaftsteuer neu geregelt wird, dann wird sich wohl genau an dieser Gerechtigkeitsfrage der Streit von Union und SPD entzünden. Zumal beinahe parallel dazu eine Steuerreform dazu führen wird, dass die Unternehmenssteuer gesenkt wird – und damit auch die Wirtschaft entlastet.

      Kommende Woche wird sich der Bundesrat erst einmal in einer Entschließung dazu bekennen, den seit letztem Herbst vorliegenden Gesetzentwurf zur Abschaffung der Erbschaftsteuer für Unternehmer weiter zu verfolgen. Daran liegt vor allem der Union sehr viel, denn sie steht bei der Wirtschaft im Wort, dieses Steuergesetz durchzusetzen. Ihr Ziel: Wer das Unternehmen seiner Vorfahren übernimmt und fortführt, soll im besten Fall gar keine Erbschaftsteuern zahlen.

      Vorher jedoch wird der Bundesrat eine eigene Arbeitsgruppe beauftragen, binnen eines halben Jahres neue Bewertungsregeln für das Erbschaftsvermögen zu vereinbaren. Dazu wurde die Politik vergangene Woche vom Bundesverfassungsgericht aufgefordert. Denn die Richter stellten fest, dass es in der gegenwärtigen Praxis ein wüstes Durcheinander bei der Behandlung von Erben gibt – und damit keinesfalls Gleichbehandlung erreicht wird.

      Wer das Karlsruher Urteil sorgsam liest, muss sich fragen, wozu die große Koalition überhaupt ein weiteres Gesetz zur Unternehmensentlastung im Erbfall erlassen will. Schließlich stellten die Richter fest, dass zurzeit insbesondere Unternehmen und Landwirte zu den Begünstigten im Erbfall gehören. Denn Betriebe können durch mannigfaltige – ganz legale – Tricks den zu versteuernden Wert des Unternehmens senken. Im besten (und offenbar nicht seltenen) Fall sogar unter Null, was regelmäßig dazu führt, dass die Erben diese Verluste auf privat hinterlassenes Vermögen anrechnen und damit auch hier ihre persönliche Erbschaftsteuer senken.

      Die Verfassungsrichter verlangen nun von der Politik, in dieses Dickicht erst einmal Ordnung zu bringen, sprich: Für jeden Erben, ob Unternehmer oder Privatmann, müssen gleiche Spielregeln gelten. Erst auf der darauffolgenden Ebene darf Politik einzelne Erbengruppen subventionieren, wenn es ein gesellschaftliches Erfordernis gibt. Freibeträge bewirken so etwas oder ein Gesetz, wie es Schwarz-Rot bereits auf den Weg gebracht hat.

      Beide Volksparteien, Bundes- und Landespolitiker und die Koalitionsfraktionen haben in den letzten Tagen beteuert, „Oma ihr Häuschen“ werde auch künftig ohne Steuerlast auf Kinder und Enkel übergehen. Wenn Omas Hütte jedoch fortan mit dem (viel höher als jetzt anzusetzenden) Verkehrswert zu bewerten ist, kann die Politik dieses Versprechen nur mit höheren Freibeträgen einlösen. Und dann muss anderswo höher besteuert werden, wenn die Bundesländer keine Steuerausfälle produzieren wollen.

      Schon erinnern die ersten Sozialdemokraten an Parteitagsbeschlüsse der SPD zur Anhebung der Steuern für reiche Erben. Und sie verweisen auf ein altes Erbschaftsteuergesetz aus Schleswig-Holstein. Das liegt im Bundesrat seit 2004 und stammt noch aus Kieler rot-grünen Zeiten. Und es liest sich wie ein Leitfaden für Genossen, die bis Ende 2007 die Erbschaftsteuer neu regeln müssen: Gleiche Bewertungsregeln für alle, hohe Freibeträge für Erben von „Omas Häuschen“ und Unternehmen, dafür aber höhere Steuern für die Erben von großen Privatvermögen.
      http://www.tagesspiegel.de/politik/archiv/09.02.2007/3070148…


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