MLP Massenflucht der \"Wiesloecher\"? (Seite 188)
eröffnet am 03.07.07 10:43:18 von
neuester Beitrag 06.06.24 13:29:27 von
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Die glauben tatsächlich, dass sie uns immer noch verar...en können. Jetzt ist die Betreuungskomponente sogar schon als positive und grosszügige Zusatzleistung des Unternehmens einen Punkt im InfoForum wert.
Ich lache mich kaputt!
Hier nochmal die Fakten:
- früher gab es einen Bonus, den man wirklich so nennen konnte, weil er bei vielen 10% des Einkommens ausgemacht hat. Der wurde zunächst ERSATZLOS gestrichen. Da waren sehr viele sehr wütend.
- die sog. Betreuungskomponente wurde erst deutlich später auf erbitterte Kämpfe der Berater so spät und so niedrig wie möglich eingeführt. Hintergrund war die massive Unzufriedenheit mit MLP, weil selbst ein Strukturvertrieb wie Formaxx seine Leute diesbezüglich besser behandelt.
- Für die Mehrheit dürfte die Betreuungskomponente jetzt unter 1000 Euro im Jahr betragen. Das ist lächerlich. Dafür kann kein Mensch auch nur ansatzweise hunderte von FIMs machen.
- die ständige Änderung der Bedingungen für den Betreuungsfaktor hat jedem noch den letzten Nerv geraubt. Gerade, weil es erst nach dem Stichtag so streng wurde, dass fast alle mit unerwarteten massiven Kürzungen konfrontiert waren. Und nichts mehr ändern konnten, um doch noch das Geld zu kriegen.
- die Betreuungsprovision wird an MLP (und ALLE anderen Marktteilnehmer) für die Betreuung der Verträge sowieso ausgeschüttet. Nur MLP gibt an die Leute, die die Betreuungsarbeit machen, praktisch nichts davon weiter. Konzern: Geld ohne Arbeit, Berater: kein Geld trotz Arbeit.
- auf die grandiosen virtuellen Aktien im Rahmen der Unternehmensbeteiligungen mit Turbo und Biturbo etc. erwirbt nur ein winziger Prozentsatz der Berater nennenswerte Ansprüche. Ausgezahlt wird natürlich nur, wenn in mehreren Jahren bei Fälligkeit noch ein aktives Vertragsverhältnis besteht.
Ich glaube, wir sollten jedesmal, wenn die wieder von Bonus o.ä. reden, einfach weghören, uns keine Hoffnungen machen und ganz einfach den Kopf in den Sand stecken.
Diese Strategie hat auf dem Konto keine nennenswert spürbaren Nachteile, erspart einem aber die doofen Gedanken an Verar...mung und die allzu leichte Suche nach besseren Alternativen.
Ich lache mich kaputt!
Hier nochmal die Fakten:
- früher gab es einen Bonus, den man wirklich so nennen konnte, weil er bei vielen 10% des Einkommens ausgemacht hat. Der wurde zunächst ERSATZLOS gestrichen. Da waren sehr viele sehr wütend.
- die sog. Betreuungskomponente wurde erst deutlich später auf erbitterte Kämpfe der Berater so spät und so niedrig wie möglich eingeführt. Hintergrund war die massive Unzufriedenheit mit MLP, weil selbst ein Strukturvertrieb wie Formaxx seine Leute diesbezüglich besser behandelt.
- Für die Mehrheit dürfte die Betreuungskomponente jetzt unter 1000 Euro im Jahr betragen. Das ist lächerlich. Dafür kann kein Mensch auch nur ansatzweise hunderte von FIMs machen.
- die ständige Änderung der Bedingungen für den Betreuungsfaktor hat jedem noch den letzten Nerv geraubt. Gerade, weil es erst nach dem Stichtag so streng wurde, dass fast alle mit unerwarteten massiven Kürzungen konfrontiert waren. Und nichts mehr ändern konnten, um doch noch das Geld zu kriegen.
- die Betreuungsprovision wird an MLP (und ALLE anderen Marktteilnehmer) für die Betreuung der Verträge sowieso ausgeschüttet. Nur MLP gibt an die Leute, die die Betreuungsarbeit machen, praktisch nichts davon weiter. Konzern: Geld ohne Arbeit, Berater: kein Geld trotz Arbeit.
- auf die grandiosen virtuellen Aktien im Rahmen der Unternehmensbeteiligungen mit Turbo und Biturbo etc. erwirbt nur ein winziger Prozentsatz der Berater nennenswerte Ansprüche. Ausgezahlt wird natürlich nur, wenn in mehreren Jahren bei Fälligkeit noch ein aktives Vertragsverhältnis besteht.
Ich glaube, wir sollten jedesmal, wenn die wieder von Bonus o.ä. reden, einfach weghören, uns keine Hoffnungen machen und ganz einfach den Kopf in den Sand stecken.
Diese Strategie hat auf dem Konto keine nennenswert spürbaren Nachteile, erspart einem aber die doofen Gedanken an Verar...mung und die allzu leichte Suche nach besseren Alternativen.
Antwort auf Beitrag Nr.: 37.250.954 von interna am 26.05.09 11:02:52Lieber MLPler,
ist es wahr (mit der Bitte um massive Verbreitung), daß die Leute von ZSH
40 Promille LV
7 MB KV
1,0% BP
bekommen? Warum bekommen die möglicherweise so viel mehr? Sind die ZSHler bessere Berater/Menschen?
Da gibt es für Euch MLPler nur drei Möglichkeiten:
a)Zu ZSH wechseln!
b) MLP verlassen!
c) Euch bewußt weiter knechten lassen!
Das ist doch mal ein wichtiger Punkte für die Hauptversammlung! Also, ich bitte um Widerlegung oder Bestätigung der oben genannten Provisionssätze!
Viele Grüße - interna
ist es wahr (mit der Bitte um massive Verbreitung), daß die Leute von ZSH
40 Promille LV
7 MB KV
1,0% BP
bekommen? Warum bekommen die möglicherweise so viel mehr? Sind die ZSHler bessere Berater/Menschen?
Da gibt es für Euch MLPler nur drei Möglichkeiten:
a)Zu ZSH wechseln!
b) MLP verlassen!
c) Euch bewußt weiter knechten lassen!
Das ist doch mal ein wichtiger Punkte für die Hauptversammlung! Also, ich bitte um Widerlegung oder Bestätigung der oben genannten Provisionssätze!
Viele Grüße - interna
Antwort auf Beitrag Nr.: 37.250.567 von weisserkoenig am 26.05.09 10:21:25Auf deutsch heißt das
Mehrfachagent mit Ausschließlichkeitsambitionen
Und: Zahlen diese LV-Gesellschaften eine BP an Ihre Agenten?
Mehrfachagent mit Ausschließlichkeitsambitionen
Und: Zahlen diese LV-Gesellschaften eine BP an Ihre Agenten?
Liebe LV-Fachverkäufer,
die LV-Branche hat die eierlegende Wollmilchsau gefunden: es übernehmen einfach alle LV-Gesellschaften zusammen MLP. Zur Erhöhung der Unabhängigkeit wird das ganze prozentweise und noch kleiner gestückelt. Ihrem eigenen Vertrieb müssen die viel mehr bezahlen als Euch, also bleibt noch mehr bei denen und im Wasserkopf in Wiesloch hängen.
Es sind inzwischen fünf Versicherungskonzerne und noch viel mehr Versicherungsunternehmen an MLP beteiligt. Allein aus dem Hause Talanx haben fünf LV-Gesellschaften MLP-Anteile. Das reicht locker für ein unabhängiges (!?!?!?!) BESTPARTNER-Konzept.
"Niemand hat die Absicht, eine LV zu verkaufen".
die LV-Branche hat die eierlegende Wollmilchsau gefunden: es übernehmen einfach alle LV-Gesellschaften zusammen MLP. Zur Erhöhung der Unabhängigkeit wird das ganze prozentweise und noch kleiner gestückelt. Ihrem eigenen Vertrieb müssen die viel mehr bezahlen als Euch, also bleibt noch mehr bei denen und im Wasserkopf in Wiesloch hängen.
Es sind inzwischen fünf Versicherungskonzerne und noch viel mehr Versicherungsunternehmen an MLP beteiligt. Allein aus dem Hause Talanx haben fünf LV-Gesellschaften MLP-Anteile. Das reicht locker für ein unabhängiges (!?!?!?!) BESTPARTNER-Konzept.
"Niemand hat die Absicht, eine LV zu verkaufen".
..nach meinen infos ca.90 %... das ist ungeheuerlich und kein kavaliersdelikt mehr.. liebe ex-kollegen, wenn ihr JETZT nicht aufsteht und kategorisch dagegen vorgeht, dann seit ihr nicht mehr als lämmer auf der schlachtbank.. organisiert euch, lasst euch das nicht gefallen !
Antwort auf Beitrag Nr.: 37.218.764 von interna am 20.05.09 14:39:53Es ist Montag, es klingelt und wieder einer verläßt das meiner Meinung nach marode Schiff von MLP. Das ist bekannt. Was neu ist:
Alle sind mehr als stinkesauer auf die ungeheuerlichen Abschläge bei den Bestandsprovisionen. Dieses Nachharken seitens der MLP-Führungsriege war offensichtlich mehr als der Tropfen, der das Faß zum Überlaufen gebracht hat.
Hallo MLPer, wieviel % seid Ihr denn "runtergerechnet" worden?
Alle sind mehr als stinkesauer auf die ungeheuerlichen Abschläge bei den Bestandsprovisionen. Dieses Nachharken seitens der MLP-Führungsriege war offensichtlich mehr als der Tropfen, der das Faß zum Überlaufen gebracht hat.
Hallo MLPer, wieviel % seid Ihr denn "runtergerechnet" worden?
Antwort auf Beitrag Nr.: 37.218.602 von weisserkoenig am 20.05.09 14:24:43Aber weisserkoenig,
schlage mal von der Zeitschrift
"DAS INVESTMENT 06/09" die Seite 57 auf:
MLP hat profitabelste Berater
STATISTIK: Mehr als 220.000 Euro Provisionserlöse erzielte jeder MLP-Berater im Durchschnitt im vergangenen Jahr. Damit sind MLP-Berater die profitabelsten Vertriebler im Vergleich der großen bankenunabhängigen Allfinanzvertriebe DVAG, AWD, MLP und OVB.
...
220.000 € im Schnitt pro Berater!!!
Ja, MLP hat es verstanden, Euch ohne Gnade zu melken! 220.000 € sind richtig "gut". Doch warum bleiben davon weniger als ca. 40% (= 88.000 €) auf GL-Ebene und nur ca. 67.000 € bei Euch (vor Kosten ) hängen?
Es wäre sicherlich besser, der Durchnittsumsatz läge nur bei - sagen wir mal - stolzen 160.000 € (und die Kunden würden geschont, sowie die Nerven der Beraterinnen und Berater) und 75% = 120.000 € flössen an die Geschäftsstellen (und damit ca. 92.000 € an die Berater).
Das wären ca. 25.000 € mehr pro Berater pro Jahr. Seltsam, diese Zahlen könnten doch etwas mit der BP zu tun haben ...!
Nachdenkliche Grüße - interna
schlage mal von der Zeitschrift
"DAS INVESTMENT 06/09" die Seite 57 auf:
MLP hat profitabelste Berater
STATISTIK: Mehr als 220.000 Euro Provisionserlöse erzielte jeder MLP-Berater im Durchschnitt im vergangenen Jahr. Damit sind MLP-Berater die profitabelsten Vertriebler im Vergleich der großen bankenunabhängigen Allfinanzvertriebe DVAG, AWD, MLP und OVB.
...
220.000 € im Schnitt pro Berater!!!
Ja, MLP hat es verstanden, Euch ohne Gnade zu melken! 220.000 € sind richtig "gut". Doch warum bleiben davon weniger als ca. 40% (= 88.000 €) auf GL-Ebene und nur ca. 67.000 € bei Euch (vor Kosten ) hängen?
Es wäre sicherlich besser, der Durchnittsumsatz läge nur bei - sagen wir mal - stolzen 160.000 € (und die Kunden würden geschont, sowie die Nerven der Beraterinnen und Berater) und 75% = 120.000 € flössen an die Geschäftsstellen (und damit ca. 92.000 € an die Berater).
Das wären ca. 25.000 € mehr pro Berater pro Jahr. Seltsam, diese Zahlen könnten doch etwas mit der BP zu tun haben ...!
Nachdenkliche Grüße - interna
Wenn ich mir ansehe, dass von der Provision für die Klinikrente nicht nur MLP einen selbst für deren Verhältnisse überproportional grossen Happen abbekommt sondern auch noch ZUSÄTZLICH die bAV GmbH und die halbe Region die Hand aufhält, könnte ich durchdrehen.
Antwort auf Beitrag Nr.: 37.209.094 von interna am 19.05.09 15:31:54Wer erkennt sich (teilweise/ganz) wieder von Euch MLPlern?
Quelle: http://www.zeit.de/2009/20/Abzocker
DIE ZEIT, 07.05.2009 Nr. 20 - 07. Mai 2009
http://www.zeit.de/2009/20/Abzocker
F I N A N Z B E R A T E R
»Brutal viel Geld verdienen«
Wie große Finanzvertriebe junge Menschen als Vertreter ködern – und sie manchmal
nicht mehr gehen lassen
VON TOBIAS ROMBERG
Plaschka war mal eine große Nummer. Ein Umsatzbulle, wie man in der Branche
sagt. Es hagelte Auszeichnungen, Geschenke, Reisen. Plaschka blühte auf in
einer Welt, die ausschließlich aus Leistung und Anerkennung bestand. Immer
höher, immer weiter. Stillstand ist der Tod, Zufriedenheit ein Fremdwort.
Doch dann ist der Umsatzbulle zusammengebrochen: Überforderungssyndrom,
Depressionen. Dazu Williams Christ, Doppelkorn, Jägermeister. Im Auto. Unter der
Brücke. Auf einmal ist der Umsatzbulle ein angeschlagener Mann. Und muss sich
trotzdem zur Wehr setzen.
Der 51-Jährige sitzt im Wohnzimmer seines Hauses in einer niedersächsischen
Kleinstadt. Neubaugebiet, Kleingärtnerverein ganz in der Nähe. Plaschka
(der Name ist geändert) ist ein kerniger Typ. Breites Kreuz, kurze Haare,
Geheimratsecken, Schnurrbart. Es geht ihm wieder besser, er trinkt nicht mehr. Auf
dem Tisch zwei dicke Aktenordner: Deutsche Vermögensberatung AG (DVAG),
gesetzlich vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden, Herrn Dr. Reinfried Pohl,
gegen Michael Plaschka. Man kann auch sagen: Strukturvertrieb gegen Mensch.
Plaschka sollte sich wieder einreihen, sollte weiter funktionieren. Man fürchtete, er
könnte zur Konkurrenz gehen. Die größte Sorge war wohl eine andere: Wenn einer
wie Plaschka geht, verdienen andere weniger. So ist das im Strukturvertrieb.
In diesem Pyramidensystem erhält derjenige eine Provision, der ein Finanzprodukt
verkauft. Aber auch derjenige, der den Verkäufer geworben hat. Und derjenige,
der den geworben hat, der den Verkäufer geworben hat. Und so weiter.
Das Bundesverbraucherschutzministerium hat jüngst eine Studie über
Finanzvermittler herausgegeben. Darin steht: »Jede Hierarchiestufe verdient an
den Untergeordneten direkt mit, weshalb die Vermittler in den unteren Rängen
den größten Teil ihrer Provisionen nach oben abgeben müssen. Ausbildung findet
begrenzt statt und meist nach organisationsinternen Standards.« In der Studie
steht auch, dass die Kunden im Jahr bis zu 30 Milliarden Euro durch schlechte
Finanzberatung verlören. Das liegt auch am Provisionssystem. Der Verkäufer wird
nicht für gute Beratung, sondern für rasche Vertragsabschlüsse bezahlt.
Das Geschäft boomt. Die DVAG hat gerade Rekordzahlen vorgelegt. Der Umsatz
wuchs 2008 um 22 Prozent auf 1,22 Milliarden Euro. Die Finanzfirma ist ein
Krisengewinner und profitiert von den Enttäuschungen, die viele Bürger mit
Banken erlebten.
Im System der Strukturvertriebe gibt es für Mitarbeiter zwei Möglichkeiten, Geld
zu verdienen: Entweder man wird ein Topverkäufer, oder man sieht zu, dass unter
einem eine breite, vielschichtige Pyramide entsteht. Deshalb werden immer neue
Verkäufer in diese Welt gelockt. Sie werden auf der Straße angesprochen, an
Unis mit Rhetorikseminaren geködert oder im Freundes- und Bekanntenkreis
akquiriert. Versprochen wird ihnen die große Karriere: eigenes Büro, eigener
Porsche, sechsstellige Monatsabrechnungen.
»Neue Vermittler in diesen Systemen sprechen meist zuerst ihren eigenen
Bekanntenkreis an und lassen sich dort weiterempfehlen«, heißt es in der Studie.
»Nachdem dieser auf persönlichem Vertrauen gegründete Kundenkreis mit
den Standardprodukten (in der Regel Riester-Renten, Bausparverträge und
Lebensversicherungen) versorgt ist, verringern sich die Abschlusserfolge in einem
solchen Maße, dass die meisten Strukturvermittler schon nach kurzer Zeit wieder
aufgeben.« Nicht selten sei das persönliche Beziehungsnetz dann allerdings
beschädigt.
In den Strukturvertrieben weint man solchen Kurzzeitvertretern nicht groß
hinterher. Anders ist es, wenn einer wie Plaschka gehen will, ein Hauptberuflicher,
der fast 20 Jahre lang im Dienste der DVAG stand. Er hatte zwar keine große
Pyramide unter sich, sondern immer nur ein paar Mitarbeiter, einige Schichten,
aber er, der Umsatzbulle, verkauft selbst unheimlich gut. Lebensversicherungen,
Bausparverträge und Investmentfonds.
Für jeden Verkauf werden Plaschka Einheiten gutgeschrieben, für die er Geld
erhält. Und je mehr Plaschka verkauft, desto mehr bekommt er für eine einzelne
Einheit und desto mehr verdienen seine Vorgesetzten. In guten Monaten kassiert
Plaschka 12.000 Euro. Bei denen über ihm in der Pyramide sollen es sechsstellige
Monatsverdienste sein. Plaschka gehört zeitweilig zu den fünf Besten von gut
30.000 Verkäufern. Er fährt ein ordentliches Auto, baut ein Eigenheim.
Er will mehr. Mehr Einheiten, mehr Geld, mehr Anerkennung. Jemand könnte
ihn überholen auf der Leistungsautobahn. Anfang 2007 startet Plaschka mit
drei Kollegen, einer ist sein Bruder, eine Anwerbeoffensive. Die Pyramide unter
Plaschka soll wachsen. Doch er übernimmt sich, das Vorhaben geht über seine
Kräfte. Jetzt will er raus, möglichst sofort. Per Sonderkündigung wegen Krankheit.
Das ist im November 2007.
Aber das geht nicht so leicht. Plaschka steckt in einem System des wirtschaftlichen
und psychologischen Drucks. Wer ranghoch geht, schadet anderen in der
Struktur, gefährdet die Stabilität der Pyramide. Die DVAG, die einmal Plaschkas
zweite Familie war, wird nun zum erbitterten Gegner. »Manche Arbeitsverträge
halte ich für moderne Leibeigenschaft«, sagt Plaschkas Rechtsanwalt Kai
Behrens, der zum DVAG-Spezialisten in Deutschland geworden ist: »Man
kommt schnell rein, nach einer Weile aber nur schwer wieder raus.« Durch das
System der Provisionen werden Abhängigkeiten geschaffen. Es gibt da diese
Klausel in DVAG-Vermögensberater-Verträgen: Bei »großen« und lukrativen
Finanzprodukten wie Lebensversicherungen werden Provisionen erst drei Jahre
nach dem Verkauf ausgezahlt. Doch die DVAG zahlt ihren Vermögensberatern
einen Großteil sofort aus, sonst hätte sie große Schwierigkeiten, Verkäufer zu
finden. Wenn nun ein Mitarbeiter kündigt, fällt dieses »Entgegenkommen« sofort
weg – und das bei Kündigungsfristen von bis zu drei Jahren. Das heißt dann für
den Aussteiger: bis zu 36 Monate arbeiten, eventuell ohne zunächst auch nur
einen Cent zu bekommen. Für die meisten Mitarbeiter ist das nicht zu finanzieren.
Plaschka hatte, wie in Strukturvertrieben üblich und gewollt, Freundschaften zu
etlichen DVAG-Kollegen gepflegt. Die Rechtsabteilung schickte ihm im Mai 2008
eine Klage: Seine fristlose Kündigung sei unwirksam. Er müsse den Schaden
ersetzen, der infolge der Einstellung seiner Vermittlertätigkeit entstanden sei.
Vorläufiger Streitwert: 50.000 Euro. »Es ist ein brachiales, existenzvernichtendes
System«, sagt Rechtsanwalt Behrens.
Aber erfolgreich. Die DVAG ist in dieser ganz auf Geld fixierten Branche das
nach Mitarbeiterzahl und Umsatz größte Unternehmen. Die anderen heißen
AWD, MLP, OVB und Hamburg-Mannheimer Invest (HMI). Sie alle haben ihre
besonderen Klauseln. Was bei der DVAG die Provisionsklausel, ist beim AWD
die Honorarpraxis des sogenannten linearisierten Provisionsvorschusses: AWDMitarbeiter
bekommen Provisionen, die sie noch nicht verdient haben, die man
ihnen aber zutraut. Läuft es mal nicht so gut, wird der Vertreter zum Schuldner.
Dennoch lassen sich junge Menschen in großer Zahl auf das Abenteuer ein. »Der
deutsche Finanzvermittlungsmarkt außerhalb der Banken ist geprägt von einer
kleingliedrigen Struktur mit vielen gering qualifizierten Akteuren«, heißt es in der
Finanzvermittler-Studie. »Die gängigen Statistiken gehen von 400.000 bis 500.000
Vermittlern aus.« Die Fluktuation ist hoch: »Jährlich werden nach Schätzungen
befragter Experten mindestens zehn Prozent der Strukturvertriebsvermittler in
Deutschland auf diese Weise ausgetauscht.« Die neuen Mitarbeiter werden von
den Anwerbern dort gepackt, wo sie leicht zu bekommen sind. Es geht um den
Traum vom großen Geld und von Anerkennung. Nicht mehr nur Durchschnitt sein,
sondern etwas Besseres. Ein Adler sein, wie man das bei der HMI nennt.
Ein Samstag im Spätsommer 2006. Münchner Mitarbeiter der HMI fahren
Bewerber für das Grundseminar in das Hotel Alpenkönig in Seefeld, Tirol.
Auf dem Parkplatz glänzen Porsches in der Sonne. Es herrscht Anzug- und
Krawattenpflicht.
In den vorausgegangenen Wochen haben HMIler der unteren Stufen Mitarbeiter
rekrutiert. Sie haben die Leute in der Fußgängerzone angesprochen: »Hey Sie, Sie
sehen so dynamisch und smart aus. Haben Sie nicht Lust, als Teamleiter nebenher
viel Geld zu verdienen?« Wer anbeißt, sitzt einige Tage später in einem Büro der
HMI und erfährt, dass es vorrangig um die Riester-Rente geht, die bei der HMI
auch »Kaiser-Rente« genannt wird. Auf einem Flipchart wird der schnelle Weg zum
großen Geld erklärt. Auch hier die Provisionspyramide, siebenstufig: Anfänger,
dann Stufe eins bis sechs. Darüber schweben millionenschwere Generäle. »Es
ist eine geile Chance, brutal viel Geld zu verdienen«, sagt der Vorgesetzte. Er
schwärmt von einem 30-Jährigen, der einen 660-PS-Porsche fährt, und zeigt ein
Video: Porsche-Fahrer halten Lobesreden auf die HMI, dazu satte Hip-Hop-Musik
mit dem Text »Make the money«.
Die etwa 30 Teilnehmer im Hotel Alpenkönig haben jeweils 135 Euro gezahlt, die
sie zurückbekommen sollen, wenn sie der HMI einige Zeit die Treue halten. Das
Bild eines Porsches wird an eine Leinwand geworfen. Der Referent stellt simple
Fragen, fordert Applaus, wenn Seminarteilnehmer richtige Antworten geben. In den
kommenden zwölf Stunden wird hier eine Show zelebriert, die manche Ehemalige
als Gehirnwäsche bezeichnen. Geschulte Trainer hämmern den Teilnehmern ein,
dass sie etwas Besseres seien, die Leistungselite. Adler eben.
Den Höhepunkt bildet der Auftritt des 660-PS-Porsche-Fahrers am Samstagabend.
»Er hat 350 Mitarbeiter, er liebt Autos, er reist gern, er züchtet Kois und hat sich
gerade ein Pferd gekauft. Begrüßen Sie mit mir den Direktionsrepräsentanten
der Stufe sechs«, sagt der Moderator. Applaus. Und dann steht er da.
Maßgeschneiderter Anzug, dazu ein Hemd und eine Krawatte in rosa Farbtönen.
Die Haare dynamisch nach oben gestylt. Er erzählt, dass er 1997 sein
Grundseminar absolviert habe, und lässt seine Abrechnung aus dem Juli 1997
auf die Leinwand werfen: 2200 Mark. Nebenberuflich, damals noch Zeitsoldat.
Zehn Minuten später präsentiert er seine Abrechnung aus dem Juli 2004: 165.190
Euro. Raunen im Publikum. Dann die erlösenden Worte: »Wenn man für etwas
kämpft, dann schafft man das auch. Sie können das auch.« Er empfiehlt Biografien
von Muhammad Ali und Arnold Schwarzenegger, dann ist die zweistündige Show
vorbei, das Publikum elektrisiert.
Es folgt ein Abend des Hochgefühls. Keiner stellt die Frage, die angebracht wäre:
Wie viele kommen in dieser Pyramide nach oben? Oder die grundsätzliche Frage:
Sollte das Geld, das in das exorbitante Einkommen dieses 30-jährigen Porsche-
Fahrers fließt, nicht eher den Leuten zugutekommen, die ihm vertrauen und
einen Rentenvertrag abschließen? Nichts gegen gute Bezahlung, aber wenn es
um die Absicherung von Menschen geht, um Altersvorsorge, wäre dann nicht
Verhältnismäßigkeit geboten?
Die Seminarteilnehmer in Seefeld wittern aber die Chance, ein Adler zu werden,
die große Beute zu reißen. Wie das funktioniert, erläutert ein Referent am nächsten
Tag: »Suchen Sie neue Mitarbeiter. Das ist das passive Geld, das uns alle
interessiert.« An einem einzigen Mitarbeiter, der seinen Weg nach oben mache,
könne man eine Viertelmillion verdienen. Zum Abschluss trägt der Referent seine
HMI-Fabel vor: die Geschichte eines Adlers, der im Glauben aufwächst, ein Huhn
zu sein. Einst hatte ein Bauer ein Adler-Ei gefunden und es in den Hühnerstall
gelegt. Vor seinem Tod wünscht sich der Vogel, der ein Leben lang vom Fliegen
geträumt hat: »Ach, wäre ich bloß als Adler auf die Welt gekommen.« Den Neuen
wird eingebläut: »Wir sind alle Adler.« Dann fahren sie nach Hause, in den großen
Autos der Vorgesetzten. Solche Seminare finden bis heute in Seefeld statt, aber
auch an vielen anderen Orten.
Sabine Kregel hat so etwas erlebt. Ein HMIler sprach die heute 31-Jährige im
Arbeitsamt Salzgitter an. Sie war beruflich unzufrieden, suchte eine Alternative,
interessierte sich sofort dafür, nebenberuflich bei der HMI einzusteigen. Sie fährt
zu einem Grundseminar, für das sie 250 Euro zahlt, lässt sich mitreißen. »Da
lag eine Begeisterung in der Luft, die irgendwie seltsam war und furchterregend
ansteckte«, sagt sie heute. Während des Seminars muss sie telefonisch
einen Freund überzeugen, sie und einen Vorgesetzten noch am Abend für ein
Beratungsgespräch zu empfangen. Am selben Abend durchforstet ein anderer
Vorgesetzter Kregels Unterlagen, um zu sehen, ob es auch für sie etwas Besseres
gibt. »Natürlich gab es etwas Besseres – eine Rentenversicherung über die HMI.
Er wollte die Versicherung für mich abschließen, die Abschlussprämie sollte ich
später bekommen.« Erst nach dem Wochenende kommt sie zur Vernunft, steigt
aus, erhält noch einige Anrufe und einen unerbetenen Besuch am Arbeitsplatz.
Plaschka, der DVAG-Umsatzbulle, hat Schlimmeres erlebt. Nach seinem
Entschluss aufzuhören klingelt ein Weggefährte an seiner Tür, will ihn umstimmen.
Er wird ausfallend und droht, dass Plaschka sein Haus und 40.000 Euro verlieren
werde. Und all das, nachdem Plaschka fast 20 Jahre hauptberuflich für die DVAG
geackert hatte.
Seine Karriere hatte im Sommer 1985 begonnen. Damals wurde er Zeitsoldat.
Ein Vorgesetzter sprach ihn an. Nun, da er Beamter auf Zeit sei, benötige er eine
private Absicherung und könne vermögenswirksame Leistungen anfordern. Ein
Oberleutnant erstellt eine »Vermögens- und Subventionsanalyse«, dann berät
der Kompaniechef. Plaschka unterschreibt. Jetzt soll er auch Mitarbeiter werden.
Er zögert. Hartnäckig schwärmt der Kompaniechef von Geld und Anerkennung.
Irgendwann startet Plaschka seine Karriere bei der DVAG – zeitgleich mit dem
Bruder. Sie sind zunächst »Vertrauensleute«, kassieren für Termine, die sie für
Bekannte organisieren, die dann von Plaschkas Vorgesetzten beraten werden.
Plaschka erlebt ein Seminar, »auf dem schon ordentlich geprotzt wurde«. Der
gelernte Gas-Wasser-Installateur schaut in eine andere Welt, besucht Seminare
und wird Vermögensberaterassistent. Im April 1990 steigt er hauptberuflich ein.
Im Jahr 2000 erlebt Rechtsanwalt Kai Behrens ein DVAG-Seminar in
Aschaffenburg: Umsatzbullen erhalten Auszeichnungen, ihre Autos werden auf
dem Parkplatz bestaunt, geschulte Redner heizen ein. »Es war die perfekte
Samstagabendshow, und ich dachte mir: Das kann doch alles nicht wahr sein!«
Ein Freund hatte Behrens damals für das Seminar gewonnen. Zwei Jahre
später braucht dieser Freund Behrens’ Hilfe: Die in Aussicht gestellte Karriere
ist ins Stocken geraten, er will die DVAG verlassen. Nun beginnt eine ganz
andere DVAG-Karriere – die des Rechtsanwalts Kai Behrens. Er kämpft für
Vermögensberater und auch für ihre Kunden. Seit 2002 hat er 300 Mandanten
vertreten. »Viele Aussteiger erfahren Aggressionen: Beleidigungen, Telefonterror
und Hausbesuche«, sagt Behrens. Rabiater als alles, was er bisher gekannt habe.
Dutzende Aktenordner mit der Aufschrift »DVAG« füllen eines der Regale
im Büro von Behrens. Akribisch sammelt der 46-Jährige Material zur DVAG.
Auf dem Tisch liegen ein Vermögensberatervertrag, eine Tabelle mit den
Grundprovisionen, Informationen zum DVAG-Versorgungswerk, von dem
hauptberufliche Mitarbeiter profitieren, die konstant Leistung bringen, und ein
stern online- Artikel aus dem Jahr 2007: Die DVAG hatte sich an Kunden von
Lebensversicherungen gewandt, die Verträge seien schlechter als die nun zu
empfehlenden Riester-Renten. Die Umstellung erfolgte im Wesentlichen zum
Wohle der Vermögensberater. Frische Provisionen flossen. Etliche Vermittler
kämpfen um ihre eigene Existenz. Behrens rechnet vor: »Wenn man den
Gesamtumsatz der Deutschen Vermögensberatung durch die Anzahl der
Mitarbeiter teilt, kommt man auf einen Durchschnittsumsatz von etwas über
2000 Euro monatlich. Wenn man sich überlegt, dass es Vermögensberater
gibt, die monatlich 30.000 Euro und mehr erhalten, liegt es auf der Hand: Viele
Vermögensberater haben existenzielle Probleme.«
Ganz oben in der DVAG steht ein Mann, den sie den »Doktor« nennen: Reinfried
Pohl. Er ist Milliardär und Übervater der mehr als 37.000 Vermögensberater.
Der 80-Jährige hat den Finanzvertrieb 1975 gegründet. Für einen Rückzug fühlt
er sich zu jung, aber unlängst hat Pohl die Weichen dafür gestellt, dass die
Vertriebsfirma in Familienhand bleibt, und den Anteil seiner Söhne erhöht. Pohl
schmückt sich und die DVAG mit Aushängeschildern und Werbepartnern wie
Michael Schumacher, Otto Rehhagel oder Joachim Löw. Er pflegt auch wichtige
Kontakte in die Politik. Er ist Duzfreund von Helmut Kohl, der heute Vorsitzender
des DVAG-Beirats ist. Kohls früherer Kanzleramtsminister Friedrich Bohl saß
viele Jahre im DVAG-Vorstand, bevor er im April an die Spitze des Aufsichtsrats
wechselte. Dem Vorstand gehört seit April 2008 auch der ehemalige hessische
Wissenschaftsminister Udo Corts an, der noch 2007 die Laudatio hielt, als das
Land Hessen Pohl den Titel eines Professors verlieh. Auch Ex-Finanzminister
Theo Waigel sitzt im neunköpfigen Aufsichtsrat.
Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach am 20. November 2008 auf einer
DVAG-Vertriebskonferenz zu über 8000 Vermögensberatern. Sie lobte das
Familienunternehmen (»ein klassisches Konzept der sozialen Marktwirtschaft«)
und schwärmte von einem Treffen vor vier Jahren: »Damals wie heute hat mich
schon allein die Zahl der Vertriebsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter zutiefst
beeindruckt, weil sie etwas über das Wurzelgeflecht aussagt, das ein Stück
Sicherheit in unserem Lande schafft, wobei hinter jedem von Ihnen Engagement
steht, die Fähigkeit, Menschen anzusprechen, kennenzulernen und ihnen
beratend zur Seite zu stehen.« Überaus freundliche Worte an die versammelte
Vertriebstruppe.
Während die DVAG als der CDU nahestehend gilt, kann man dem AWD eine
Nähe zur SPD attestieren. Im Wahlkampf 1998 finanzierte AWD-Chef Carsten
Maschmeyer eine 600.000 Euro teure Kampagne für Gerhard Schröder: »Ein
Niedersachse muss Kanzler werden.« Schröders Regierungssprecher Béla
Anda ist seit April 2006 Kommunikationschef des AWD. Und gerade hat der
Ex-»Wirtschaftsweise« Bert Rürup, SPD-Mitglied, als Chefökonom bei dem
Finanzdienstleister angeheuert. Neben der personellen Nähe gibt es auch eine
finanzielle Verbindung: In den Jahren 2004 bis 2006 spendete die DVAG 436.150
Euro an die CDU. Auch andere Banken und Versicherer gaben großzügig, mehr
als zehn Millionen Euro in zehn Jahren flossen an Parteien. Die Firmen konnten
es sich leisten. Vor allem die Riester-Rente war ein Konjunkturprogramm für die
Finanzbranche.
Der DVAG-Gründer hat inzwischen auch eine gute Presse. Im August 2008
nahm ihn das manager magazin auf die Titelseite. Die unglaubliche Karriere
des Reinfried Pohl: Deutschlands bester Verkäufer , stand da. Von der Nummer
wurden mehr als 162000 Exemplare verkauft, im Vormonat waren es 136.000 und
im folgenden 125.000. Tatsächlich kaufte die DVAG 25.000 Exemplare des Heftes,
wie die Manager Magazin Verlagsgesellschaft auf Anfrage bestätigt. »Eine Zusage
oder Absprache« habe es vorher aber nicht gegeben. »Auch uns, den Vertrieb,
hat die Nachfrage der Vermögensberatung überrascht«, sagt Vertriebschef Stefan
Buhr. Der Verlag weist per Druckrechnung nach, dass er einen Nachdruck von
28.000 Exemplaren hat anfertigen lassen. Auch für Plaschka war die DVAG
lange eine Erfolgsstory. Doch dann wollte er mit seiner Anwerbeoffensive zu hoch
hinaus. Auf eine Zeitungsanzeige hin melden sich 40 Bewerber. Plaschka investiert
Zeit und Geld, er lässt das eigene Geschäft schleifen und bezahlt die protzigen
Grundseminare für neue Bewerber. »Einen auf dicke Hose machen gehört auch
zum Geschäft«, sagt er. Nach einem halben Jahr ist keiner der Bewerber mehr
dabei. Und die Anfänger haben kaum Provisionen gebracht. »In diesen Monaten
habe ich 20.000 Euro Privatgeld verbrannt«, sagt Plaschka. Dass ausgerechnet
ihm das geschah. Dem Umsatzbullen.
ZEIT ONLINE 2009
Quelle: http://www.zeit.de/2009/20/Abzocker
DIE ZEIT, 07.05.2009 Nr. 20 - 07. Mai 2009
http://www.zeit.de/2009/20/Abzocker
F I N A N Z B E R A T E R
»Brutal viel Geld verdienen«
Wie große Finanzvertriebe junge Menschen als Vertreter ködern – und sie manchmal
nicht mehr gehen lassen
VON TOBIAS ROMBERG
Plaschka war mal eine große Nummer. Ein Umsatzbulle, wie man in der Branche
sagt. Es hagelte Auszeichnungen, Geschenke, Reisen. Plaschka blühte auf in
einer Welt, die ausschließlich aus Leistung und Anerkennung bestand. Immer
höher, immer weiter. Stillstand ist der Tod, Zufriedenheit ein Fremdwort.
Doch dann ist der Umsatzbulle zusammengebrochen: Überforderungssyndrom,
Depressionen. Dazu Williams Christ, Doppelkorn, Jägermeister. Im Auto. Unter der
Brücke. Auf einmal ist der Umsatzbulle ein angeschlagener Mann. Und muss sich
trotzdem zur Wehr setzen.
Der 51-Jährige sitzt im Wohnzimmer seines Hauses in einer niedersächsischen
Kleinstadt. Neubaugebiet, Kleingärtnerverein ganz in der Nähe. Plaschka
(der Name ist geändert) ist ein kerniger Typ. Breites Kreuz, kurze Haare,
Geheimratsecken, Schnurrbart. Es geht ihm wieder besser, er trinkt nicht mehr. Auf
dem Tisch zwei dicke Aktenordner: Deutsche Vermögensberatung AG (DVAG),
gesetzlich vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden, Herrn Dr. Reinfried Pohl,
gegen Michael Plaschka. Man kann auch sagen: Strukturvertrieb gegen Mensch.
Plaschka sollte sich wieder einreihen, sollte weiter funktionieren. Man fürchtete, er
könnte zur Konkurrenz gehen. Die größte Sorge war wohl eine andere: Wenn einer
wie Plaschka geht, verdienen andere weniger. So ist das im Strukturvertrieb.
In diesem Pyramidensystem erhält derjenige eine Provision, der ein Finanzprodukt
verkauft. Aber auch derjenige, der den Verkäufer geworben hat. Und derjenige,
der den geworben hat, der den Verkäufer geworben hat. Und so weiter.
Das Bundesverbraucherschutzministerium hat jüngst eine Studie über
Finanzvermittler herausgegeben. Darin steht: »Jede Hierarchiestufe verdient an
den Untergeordneten direkt mit, weshalb die Vermittler in den unteren Rängen
den größten Teil ihrer Provisionen nach oben abgeben müssen. Ausbildung findet
begrenzt statt und meist nach organisationsinternen Standards.« In der Studie
steht auch, dass die Kunden im Jahr bis zu 30 Milliarden Euro durch schlechte
Finanzberatung verlören. Das liegt auch am Provisionssystem. Der Verkäufer wird
nicht für gute Beratung, sondern für rasche Vertragsabschlüsse bezahlt.
Das Geschäft boomt. Die DVAG hat gerade Rekordzahlen vorgelegt. Der Umsatz
wuchs 2008 um 22 Prozent auf 1,22 Milliarden Euro. Die Finanzfirma ist ein
Krisengewinner und profitiert von den Enttäuschungen, die viele Bürger mit
Banken erlebten.
Im System der Strukturvertriebe gibt es für Mitarbeiter zwei Möglichkeiten, Geld
zu verdienen: Entweder man wird ein Topverkäufer, oder man sieht zu, dass unter
einem eine breite, vielschichtige Pyramide entsteht. Deshalb werden immer neue
Verkäufer in diese Welt gelockt. Sie werden auf der Straße angesprochen, an
Unis mit Rhetorikseminaren geködert oder im Freundes- und Bekanntenkreis
akquiriert. Versprochen wird ihnen die große Karriere: eigenes Büro, eigener
Porsche, sechsstellige Monatsabrechnungen.
»Neue Vermittler in diesen Systemen sprechen meist zuerst ihren eigenen
Bekanntenkreis an und lassen sich dort weiterempfehlen«, heißt es in der Studie.
»Nachdem dieser auf persönlichem Vertrauen gegründete Kundenkreis mit
den Standardprodukten (in der Regel Riester-Renten, Bausparverträge und
Lebensversicherungen) versorgt ist, verringern sich die Abschlusserfolge in einem
solchen Maße, dass die meisten Strukturvermittler schon nach kurzer Zeit wieder
aufgeben.« Nicht selten sei das persönliche Beziehungsnetz dann allerdings
beschädigt.
In den Strukturvertrieben weint man solchen Kurzzeitvertretern nicht groß
hinterher. Anders ist es, wenn einer wie Plaschka gehen will, ein Hauptberuflicher,
der fast 20 Jahre lang im Dienste der DVAG stand. Er hatte zwar keine große
Pyramide unter sich, sondern immer nur ein paar Mitarbeiter, einige Schichten,
aber er, der Umsatzbulle, verkauft selbst unheimlich gut. Lebensversicherungen,
Bausparverträge und Investmentfonds.
Für jeden Verkauf werden Plaschka Einheiten gutgeschrieben, für die er Geld
erhält. Und je mehr Plaschka verkauft, desto mehr bekommt er für eine einzelne
Einheit und desto mehr verdienen seine Vorgesetzten. In guten Monaten kassiert
Plaschka 12.000 Euro. Bei denen über ihm in der Pyramide sollen es sechsstellige
Monatsverdienste sein. Plaschka gehört zeitweilig zu den fünf Besten von gut
30.000 Verkäufern. Er fährt ein ordentliches Auto, baut ein Eigenheim.
Er will mehr. Mehr Einheiten, mehr Geld, mehr Anerkennung. Jemand könnte
ihn überholen auf der Leistungsautobahn. Anfang 2007 startet Plaschka mit
drei Kollegen, einer ist sein Bruder, eine Anwerbeoffensive. Die Pyramide unter
Plaschka soll wachsen. Doch er übernimmt sich, das Vorhaben geht über seine
Kräfte. Jetzt will er raus, möglichst sofort. Per Sonderkündigung wegen Krankheit.
Das ist im November 2007.
Aber das geht nicht so leicht. Plaschka steckt in einem System des wirtschaftlichen
und psychologischen Drucks. Wer ranghoch geht, schadet anderen in der
Struktur, gefährdet die Stabilität der Pyramide. Die DVAG, die einmal Plaschkas
zweite Familie war, wird nun zum erbitterten Gegner. »Manche Arbeitsverträge
halte ich für moderne Leibeigenschaft«, sagt Plaschkas Rechtsanwalt Kai
Behrens, der zum DVAG-Spezialisten in Deutschland geworden ist: »Man
kommt schnell rein, nach einer Weile aber nur schwer wieder raus.« Durch das
System der Provisionen werden Abhängigkeiten geschaffen. Es gibt da diese
Klausel in DVAG-Vermögensberater-Verträgen: Bei »großen« und lukrativen
Finanzprodukten wie Lebensversicherungen werden Provisionen erst drei Jahre
nach dem Verkauf ausgezahlt. Doch die DVAG zahlt ihren Vermögensberatern
einen Großteil sofort aus, sonst hätte sie große Schwierigkeiten, Verkäufer zu
finden. Wenn nun ein Mitarbeiter kündigt, fällt dieses »Entgegenkommen« sofort
weg – und das bei Kündigungsfristen von bis zu drei Jahren. Das heißt dann für
den Aussteiger: bis zu 36 Monate arbeiten, eventuell ohne zunächst auch nur
einen Cent zu bekommen. Für die meisten Mitarbeiter ist das nicht zu finanzieren.
Plaschka hatte, wie in Strukturvertrieben üblich und gewollt, Freundschaften zu
etlichen DVAG-Kollegen gepflegt. Die Rechtsabteilung schickte ihm im Mai 2008
eine Klage: Seine fristlose Kündigung sei unwirksam. Er müsse den Schaden
ersetzen, der infolge der Einstellung seiner Vermittlertätigkeit entstanden sei.
Vorläufiger Streitwert: 50.000 Euro. »Es ist ein brachiales, existenzvernichtendes
System«, sagt Rechtsanwalt Behrens.
Aber erfolgreich. Die DVAG ist in dieser ganz auf Geld fixierten Branche das
nach Mitarbeiterzahl und Umsatz größte Unternehmen. Die anderen heißen
AWD, MLP, OVB und Hamburg-Mannheimer Invest (HMI). Sie alle haben ihre
besonderen Klauseln. Was bei der DVAG die Provisionsklausel, ist beim AWD
die Honorarpraxis des sogenannten linearisierten Provisionsvorschusses: AWDMitarbeiter
bekommen Provisionen, die sie noch nicht verdient haben, die man
ihnen aber zutraut. Läuft es mal nicht so gut, wird der Vertreter zum Schuldner.
Dennoch lassen sich junge Menschen in großer Zahl auf das Abenteuer ein. »Der
deutsche Finanzvermittlungsmarkt außerhalb der Banken ist geprägt von einer
kleingliedrigen Struktur mit vielen gering qualifizierten Akteuren«, heißt es in der
Finanzvermittler-Studie. »Die gängigen Statistiken gehen von 400.000 bis 500.000
Vermittlern aus.« Die Fluktuation ist hoch: »Jährlich werden nach Schätzungen
befragter Experten mindestens zehn Prozent der Strukturvertriebsvermittler in
Deutschland auf diese Weise ausgetauscht.« Die neuen Mitarbeiter werden von
den Anwerbern dort gepackt, wo sie leicht zu bekommen sind. Es geht um den
Traum vom großen Geld und von Anerkennung. Nicht mehr nur Durchschnitt sein,
sondern etwas Besseres. Ein Adler sein, wie man das bei der HMI nennt.
Ein Samstag im Spätsommer 2006. Münchner Mitarbeiter der HMI fahren
Bewerber für das Grundseminar in das Hotel Alpenkönig in Seefeld, Tirol.
Auf dem Parkplatz glänzen Porsches in der Sonne. Es herrscht Anzug- und
Krawattenpflicht.
In den vorausgegangenen Wochen haben HMIler der unteren Stufen Mitarbeiter
rekrutiert. Sie haben die Leute in der Fußgängerzone angesprochen: »Hey Sie, Sie
sehen so dynamisch und smart aus. Haben Sie nicht Lust, als Teamleiter nebenher
viel Geld zu verdienen?« Wer anbeißt, sitzt einige Tage später in einem Büro der
HMI und erfährt, dass es vorrangig um die Riester-Rente geht, die bei der HMI
auch »Kaiser-Rente« genannt wird. Auf einem Flipchart wird der schnelle Weg zum
großen Geld erklärt. Auch hier die Provisionspyramide, siebenstufig: Anfänger,
dann Stufe eins bis sechs. Darüber schweben millionenschwere Generäle. »Es
ist eine geile Chance, brutal viel Geld zu verdienen«, sagt der Vorgesetzte. Er
schwärmt von einem 30-Jährigen, der einen 660-PS-Porsche fährt, und zeigt ein
Video: Porsche-Fahrer halten Lobesreden auf die HMI, dazu satte Hip-Hop-Musik
mit dem Text »Make the money«.
Die etwa 30 Teilnehmer im Hotel Alpenkönig haben jeweils 135 Euro gezahlt, die
sie zurückbekommen sollen, wenn sie der HMI einige Zeit die Treue halten. Das
Bild eines Porsches wird an eine Leinwand geworfen. Der Referent stellt simple
Fragen, fordert Applaus, wenn Seminarteilnehmer richtige Antworten geben. In den
kommenden zwölf Stunden wird hier eine Show zelebriert, die manche Ehemalige
als Gehirnwäsche bezeichnen. Geschulte Trainer hämmern den Teilnehmern ein,
dass sie etwas Besseres seien, die Leistungselite. Adler eben.
Den Höhepunkt bildet der Auftritt des 660-PS-Porsche-Fahrers am Samstagabend.
»Er hat 350 Mitarbeiter, er liebt Autos, er reist gern, er züchtet Kois und hat sich
gerade ein Pferd gekauft. Begrüßen Sie mit mir den Direktionsrepräsentanten
der Stufe sechs«, sagt der Moderator. Applaus. Und dann steht er da.
Maßgeschneiderter Anzug, dazu ein Hemd und eine Krawatte in rosa Farbtönen.
Die Haare dynamisch nach oben gestylt. Er erzählt, dass er 1997 sein
Grundseminar absolviert habe, und lässt seine Abrechnung aus dem Juli 1997
auf die Leinwand werfen: 2200 Mark. Nebenberuflich, damals noch Zeitsoldat.
Zehn Minuten später präsentiert er seine Abrechnung aus dem Juli 2004: 165.190
Euro. Raunen im Publikum. Dann die erlösenden Worte: »Wenn man für etwas
kämpft, dann schafft man das auch. Sie können das auch.« Er empfiehlt Biografien
von Muhammad Ali und Arnold Schwarzenegger, dann ist die zweistündige Show
vorbei, das Publikum elektrisiert.
Es folgt ein Abend des Hochgefühls. Keiner stellt die Frage, die angebracht wäre:
Wie viele kommen in dieser Pyramide nach oben? Oder die grundsätzliche Frage:
Sollte das Geld, das in das exorbitante Einkommen dieses 30-jährigen Porsche-
Fahrers fließt, nicht eher den Leuten zugutekommen, die ihm vertrauen und
einen Rentenvertrag abschließen? Nichts gegen gute Bezahlung, aber wenn es
um die Absicherung von Menschen geht, um Altersvorsorge, wäre dann nicht
Verhältnismäßigkeit geboten?
Die Seminarteilnehmer in Seefeld wittern aber die Chance, ein Adler zu werden,
die große Beute zu reißen. Wie das funktioniert, erläutert ein Referent am nächsten
Tag: »Suchen Sie neue Mitarbeiter. Das ist das passive Geld, das uns alle
interessiert.« An einem einzigen Mitarbeiter, der seinen Weg nach oben mache,
könne man eine Viertelmillion verdienen. Zum Abschluss trägt der Referent seine
HMI-Fabel vor: die Geschichte eines Adlers, der im Glauben aufwächst, ein Huhn
zu sein. Einst hatte ein Bauer ein Adler-Ei gefunden und es in den Hühnerstall
gelegt. Vor seinem Tod wünscht sich der Vogel, der ein Leben lang vom Fliegen
geträumt hat: »Ach, wäre ich bloß als Adler auf die Welt gekommen.« Den Neuen
wird eingebläut: »Wir sind alle Adler.« Dann fahren sie nach Hause, in den großen
Autos der Vorgesetzten. Solche Seminare finden bis heute in Seefeld statt, aber
auch an vielen anderen Orten.
Sabine Kregel hat so etwas erlebt. Ein HMIler sprach die heute 31-Jährige im
Arbeitsamt Salzgitter an. Sie war beruflich unzufrieden, suchte eine Alternative,
interessierte sich sofort dafür, nebenberuflich bei der HMI einzusteigen. Sie fährt
zu einem Grundseminar, für das sie 250 Euro zahlt, lässt sich mitreißen. »Da
lag eine Begeisterung in der Luft, die irgendwie seltsam war und furchterregend
ansteckte«, sagt sie heute. Während des Seminars muss sie telefonisch
einen Freund überzeugen, sie und einen Vorgesetzten noch am Abend für ein
Beratungsgespräch zu empfangen. Am selben Abend durchforstet ein anderer
Vorgesetzter Kregels Unterlagen, um zu sehen, ob es auch für sie etwas Besseres
gibt. »Natürlich gab es etwas Besseres – eine Rentenversicherung über die HMI.
Er wollte die Versicherung für mich abschließen, die Abschlussprämie sollte ich
später bekommen.« Erst nach dem Wochenende kommt sie zur Vernunft, steigt
aus, erhält noch einige Anrufe und einen unerbetenen Besuch am Arbeitsplatz.
Plaschka, der DVAG-Umsatzbulle, hat Schlimmeres erlebt. Nach seinem
Entschluss aufzuhören klingelt ein Weggefährte an seiner Tür, will ihn umstimmen.
Er wird ausfallend und droht, dass Plaschka sein Haus und 40.000 Euro verlieren
werde. Und all das, nachdem Plaschka fast 20 Jahre hauptberuflich für die DVAG
geackert hatte.
Seine Karriere hatte im Sommer 1985 begonnen. Damals wurde er Zeitsoldat.
Ein Vorgesetzter sprach ihn an. Nun, da er Beamter auf Zeit sei, benötige er eine
private Absicherung und könne vermögenswirksame Leistungen anfordern. Ein
Oberleutnant erstellt eine »Vermögens- und Subventionsanalyse«, dann berät
der Kompaniechef. Plaschka unterschreibt. Jetzt soll er auch Mitarbeiter werden.
Er zögert. Hartnäckig schwärmt der Kompaniechef von Geld und Anerkennung.
Irgendwann startet Plaschka seine Karriere bei der DVAG – zeitgleich mit dem
Bruder. Sie sind zunächst »Vertrauensleute«, kassieren für Termine, die sie für
Bekannte organisieren, die dann von Plaschkas Vorgesetzten beraten werden.
Plaschka erlebt ein Seminar, »auf dem schon ordentlich geprotzt wurde«. Der
gelernte Gas-Wasser-Installateur schaut in eine andere Welt, besucht Seminare
und wird Vermögensberaterassistent. Im April 1990 steigt er hauptberuflich ein.
Im Jahr 2000 erlebt Rechtsanwalt Kai Behrens ein DVAG-Seminar in
Aschaffenburg: Umsatzbullen erhalten Auszeichnungen, ihre Autos werden auf
dem Parkplatz bestaunt, geschulte Redner heizen ein. »Es war die perfekte
Samstagabendshow, und ich dachte mir: Das kann doch alles nicht wahr sein!«
Ein Freund hatte Behrens damals für das Seminar gewonnen. Zwei Jahre
später braucht dieser Freund Behrens’ Hilfe: Die in Aussicht gestellte Karriere
ist ins Stocken geraten, er will die DVAG verlassen. Nun beginnt eine ganz
andere DVAG-Karriere – die des Rechtsanwalts Kai Behrens. Er kämpft für
Vermögensberater und auch für ihre Kunden. Seit 2002 hat er 300 Mandanten
vertreten. »Viele Aussteiger erfahren Aggressionen: Beleidigungen, Telefonterror
und Hausbesuche«, sagt Behrens. Rabiater als alles, was er bisher gekannt habe.
Dutzende Aktenordner mit der Aufschrift »DVAG« füllen eines der Regale
im Büro von Behrens. Akribisch sammelt der 46-Jährige Material zur DVAG.
Auf dem Tisch liegen ein Vermögensberatervertrag, eine Tabelle mit den
Grundprovisionen, Informationen zum DVAG-Versorgungswerk, von dem
hauptberufliche Mitarbeiter profitieren, die konstant Leistung bringen, und ein
stern online- Artikel aus dem Jahr 2007: Die DVAG hatte sich an Kunden von
Lebensversicherungen gewandt, die Verträge seien schlechter als die nun zu
empfehlenden Riester-Renten. Die Umstellung erfolgte im Wesentlichen zum
Wohle der Vermögensberater. Frische Provisionen flossen. Etliche Vermittler
kämpfen um ihre eigene Existenz. Behrens rechnet vor: »Wenn man den
Gesamtumsatz der Deutschen Vermögensberatung durch die Anzahl der
Mitarbeiter teilt, kommt man auf einen Durchschnittsumsatz von etwas über
2000 Euro monatlich. Wenn man sich überlegt, dass es Vermögensberater
gibt, die monatlich 30.000 Euro und mehr erhalten, liegt es auf der Hand: Viele
Vermögensberater haben existenzielle Probleme.«
Ganz oben in der DVAG steht ein Mann, den sie den »Doktor« nennen: Reinfried
Pohl. Er ist Milliardär und Übervater der mehr als 37.000 Vermögensberater.
Der 80-Jährige hat den Finanzvertrieb 1975 gegründet. Für einen Rückzug fühlt
er sich zu jung, aber unlängst hat Pohl die Weichen dafür gestellt, dass die
Vertriebsfirma in Familienhand bleibt, und den Anteil seiner Söhne erhöht. Pohl
schmückt sich und die DVAG mit Aushängeschildern und Werbepartnern wie
Michael Schumacher, Otto Rehhagel oder Joachim Löw. Er pflegt auch wichtige
Kontakte in die Politik. Er ist Duzfreund von Helmut Kohl, der heute Vorsitzender
des DVAG-Beirats ist. Kohls früherer Kanzleramtsminister Friedrich Bohl saß
viele Jahre im DVAG-Vorstand, bevor er im April an die Spitze des Aufsichtsrats
wechselte. Dem Vorstand gehört seit April 2008 auch der ehemalige hessische
Wissenschaftsminister Udo Corts an, der noch 2007 die Laudatio hielt, als das
Land Hessen Pohl den Titel eines Professors verlieh. Auch Ex-Finanzminister
Theo Waigel sitzt im neunköpfigen Aufsichtsrat.
Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach am 20. November 2008 auf einer
DVAG-Vertriebskonferenz zu über 8000 Vermögensberatern. Sie lobte das
Familienunternehmen (»ein klassisches Konzept der sozialen Marktwirtschaft«)
und schwärmte von einem Treffen vor vier Jahren: »Damals wie heute hat mich
schon allein die Zahl der Vertriebsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter zutiefst
beeindruckt, weil sie etwas über das Wurzelgeflecht aussagt, das ein Stück
Sicherheit in unserem Lande schafft, wobei hinter jedem von Ihnen Engagement
steht, die Fähigkeit, Menschen anzusprechen, kennenzulernen und ihnen
beratend zur Seite zu stehen.« Überaus freundliche Worte an die versammelte
Vertriebstruppe.
Während die DVAG als der CDU nahestehend gilt, kann man dem AWD eine
Nähe zur SPD attestieren. Im Wahlkampf 1998 finanzierte AWD-Chef Carsten
Maschmeyer eine 600.000 Euro teure Kampagne für Gerhard Schröder: »Ein
Niedersachse muss Kanzler werden.« Schröders Regierungssprecher Béla
Anda ist seit April 2006 Kommunikationschef des AWD. Und gerade hat der
Ex-»Wirtschaftsweise« Bert Rürup, SPD-Mitglied, als Chefökonom bei dem
Finanzdienstleister angeheuert. Neben der personellen Nähe gibt es auch eine
finanzielle Verbindung: In den Jahren 2004 bis 2006 spendete die DVAG 436.150
Euro an die CDU. Auch andere Banken und Versicherer gaben großzügig, mehr
als zehn Millionen Euro in zehn Jahren flossen an Parteien. Die Firmen konnten
es sich leisten. Vor allem die Riester-Rente war ein Konjunkturprogramm für die
Finanzbranche.
Der DVAG-Gründer hat inzwischen auch eine gute Presse. Im August 2008
nahm ihn das manager magazin auf die Titelseite. Die unglaubliche Karriere
des Reinfried Pohl: Deutschlands bester Verkäufer , stand da. Von der Nummer
wurden mehr als 162000 Exemplare verkauft, im Vormonat waren es 136.000 und
im folgenden 125.000. Tatsächlich kaufte die DVAG 25.000 Exemplare des Heftes,
wie die Manager Magazin Verlagsgesellschaft auf Anfrage bestätigt. »Eine Zusage
oder Absprache« habe es vorher aber nicht gegeben. »Auch uns, den Vertrieb,
hat die Nachfrage der Vermögensberatung überrascht«, sagt Vertriebschef Stefan
Buhr. Der Verlag weist per Druckrechnung nach, dass er einen Nachdruck von
28.000 Exemplaren hat anfertigen lassen. Auch für Plaschka war die DVAG
lange eine Erfolgsstory. Doch dann wollte er mit seiner Anwerbeoffensive zu hoch
hinaus. Auf eine Zeitungsanzeige hin melden sich 40 Bewerber. Plaschka investiert
Zeit und Geld, er lässt das eigene Geschäft schleifen und bezahlt die protzigen
Grundseminare für neue Bewerber. »Einen auf dicke Hose machen gehört auch
zum Geschäft«, sagt er. Nach einem halben Jahr ist keiner der Bewerber mehr
dabei. Und die Anfänger haben kaum Provisionen gebracht. »In diesen Monaten
habe ich 20.000 Euro Privatgeld verbrannt«, sagt Plaschka. Dass ausgerechnet
ihm das geschah. Dem Umsatzbullen.
ZEIT ONLINE 2009
Antwort auf Beitrag Nr.: 37.209.010 von weisserkoenig am 19.05.09 15:24:22Lieber weisserkoenig,
mit Respekt aber: MLP kann Euch nicht mehr geben, sonst wären die ziemlich pleite. Stelle Dir mal vor, die hätten Euch in den letzten Jahren p.a. 30 Mio. an BP ausgeschüttet. Dann lägen die Barbestände ohne Swiss Life/Allianz & Co. massiv im roten Bereich und auch jetzt wieder fast bei 0 €. Das Unternehmen würde regelmäßig rote Zahlen schreiben.
Solange nur ca. 40% (oder weniger :eek auf GL-Ebene bei Euch ankommen, sind die Absprünge von Deinen Kollegen programmiert. Denn das schlechte Gefühl in der Magengegeng bohrt jeden Tag, jede Stunde und oft kommt dann die Erkenntnis, daß es viele gute Alternativen gibt. Noch mal:
Du wirfst wahrscheinlich über 15.000 - 20.000 € im Jahr an BP über Board. Liebst Du Leute wie GF, RS so sehr?
mit Respekt aber: MLP kann Euch nicht mehr geben, sonst wären die ziemlich pleite. Stelle Dir mal vor, die hätten Euch in den letzten Jahren p.a. 30 Mio. an BP ausgeschüttet. Dann lägen die Barbestände ohne Swiss Life/Allianz & Co. massiv im roten Bereich und auch jetzt wieder fast bei 0 €. Das Unternehmen würde regelmäßig rote Zahlen schreiben.
Solange nur ca. 40% (oder weniger :eek auf GL-Ebene bei Euch ankommen, sind die Absprünge von Deinen Kollegen programmiert. Denn das schlechte Gefühl in der Magengegeng bohrt jeden Tag, jede Stunde und oft kommt dann die Erkenntnis, daß es viele gute Alternativen gibt. Noch mal:
Du wirfst wahrscheinlich über 15.000 - 20.000 € im Jahr an BP über Board. Liebst Du Leute wie GF, RS so sehr?
04.06.24 · dpa-AFX · MLP |
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16.05.24 · dpa-AFX · MLP |
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15.05.24 · EQS Group AG · MLP |
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15.05.24 · wO Newsflash · MLP |
15.05.24 · wO Newsflash · MLP |