checkAd

    Währungspolitik auf Afghanisch - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 08.05.00 23:43:16 von
    neuester Beitrag 22.09.01 16:23:39 von
    Beiträge: 4
    ID: 132.403
    Aufrufe heute: 0
    Gesamt: 556
    Aktive User: 0


     Durchsuchen

    Begriffe und/oder Benutzer

     

    Top-Postings

     Ja Nein
      Avatar
      schrieb am 08.05.00 23:43:16
      Beitrag Nr. 1 ()
      Um die Inflation einzudämmen, verbrennen die Taliban stapelweise Geldscheine. Zu dem
      dramatisch sinkenden Wert des Afghani kommen Missernten und steigende Lebensmittelpreise,
      die den Menschen das Überleben schwer machen

      Schade, dass in Afghanistan gerade kein Winter ist. Denn die in etwa neun Zehnteln des
      Landes herrschenden Taliban haben einen neuen Brennstoff entdeckt: Geld. Bündelweise
      verbrennen sie die verwaschenen grünen und blauen Afghani-Scheine, um der ihrer
      Ansicht nach zu großen umlaufenden Geldmenge Herr zu werden.

      Tatsächlich ist das afghanische Geld nicht mehr das Papier wert, auf dem es gedruckt
      wird: Anfang Mai hatte der Afghani den tiefsten Stand seiner Geschichte erreicht, 75.000
      bekam man für einen US-Dollar - theoretisch, denn in Kabul sorgten die Taliban dafür,
      dass die Shops auf dem Geldbasar am ausgetrockneten Kabul-Fluss geschlossen
      blieben, um einen weiteren Absturz zu verhindern. Auch auf dem Chowk-e Yadgar, dem
      größten Markt für Afghani-Transaktionen in Peschawar im benachbarten Pakistan, waren
      mehrere Tage lang keine Geschäfte mit der afghanischen Währung mehr möglich.

      Binnen vier Tagen hatte der Afghani in der letzten Aprilwoche 20 Prozent seines Wertes
      verloren, in den drei Wochen von Mitte April bis Anfang Mai sogar fast ein Drittel. Vor vier
      Jahren war er immerhin noch neunmal stärker; 1989, als die Sowjets aus dem besetzten
      Afghanistan abzogen, stand der Afghani-Kurs sogar bei traumhaften 150 zum Dollar.

      Um den Afghani wenigstens auf niedrigem Niveau wieder zu stabilisieren, ergreifen die
      Taliban drastische Maßnahmen. Per Dekret ihres geistigen Führers Mulla Muhammad
      Omar verboten sie ihren Untertanen Ende voriger Woche, ausländische Währungen zu
      verwenden. Da die höchste Banknote der 10.000er-Schein ist, werden sich die Afghanen
      wieder daran gewöhnen müssen, bei größeren Transaktionen bündelweise Geld mit sich
      umherzuschleppen.

      Bisher zahlte in Rupien oder Dollar, wer ein Haus mieten, ein Auto kaufen oder en gros für
      seinen Marktstand einkaufen wollte. Jetzt wird man sich vorerst an das Dekret halten
      müssen: Die Kabulis sind vorsichtig geworden. "Wenn die Taliban unsere Bartlänge
      kontrollieren können", sagt ein Händler, "dann auch das."

      Die Ursachen für den drastischen Afghani-Verfall sind vielfältig: Es existiert faktisch keine
      Wirtschaft mehr, sodass die Währung keinem Gegenwert in Waren besitzt. Zudem droht
      wegen der gegenwärtigen Dürre in Afghanistans Südprovinzen ein Rückgang der
      Rohopiumproduktion - im vergangenen Jahr 4.600 Tonnen -, was auf die Währung drückt.
      Nach Aussagen hiesiger Beobachter wird der Handel damit weitgehend von den Taliban
      kontrolliert, die inzwischen beste Beziehungen zur tschetschenischen Drogenmafia
      aufgebaut haben sollen. Die kontrolliert ein Großteil des Absatzes in Ost- und zunehmend
      auch in Westeuropa.

      Außerdem beschuldigen die Taliban, wohl nicht ohne Grund, ihren wichtigsten
      verbliebenen Gegner Ahmad Schah Massud, mit Hilfe Russlands - wo Afghanistans
      Währung seit Jahrzehnten gedruckt wird - Milliarden frische Afghani in Umlauf zu bringen.
      Sie sollen deshalb bereits Kontakte nach Schweden aufgenommen haben, um eine neue
      Währung drucken zu lassen. Doch daraus wird wohl nichts werden: Geld im Ausland
      drucken zu lassen ist teuer, und die Taliban, die ohnehin unter Rekrutierungsproblemen für
      ihre bisher ausgebliebene Frühjahrsoffensive leiden, brauchen jeden Dollar für die Front.

      Hilfsorganisationen vor Ort geben den Durchschnittsverdienst in Kabul mit 85.000 Afghani
      an - im Monat. Staatsangestellte erhalten mit 300.000 Afghani etwas mehr. Aber auch
      das sind nach jetzigem Stand umgerechnet keine fünf Dollar. Für die Afghanen ist das
      eine Katastrophe, zumal die Lebensmittelpreise auch in absoluten Zahlen steigen. Fleisch
      und selbst Gemüse, das eigentlich in ausreichender Menge produziert wird, stehen kaum
      noch auf dem Speiseplan.

      Das hängt allerdings auch mit der Dürre in den Südprovinzen zusammen, nach Aussagen
      der Taliban-Behörden die schlimmste seit 1971. Die damalige hatte so große
      Unzufriedenheit ausgelöst, dass sie 1973 sogar zum Sturz des Königs führte. Nach
      UN-Schätzungen sind heute 2,5 bis 3 Millionen Menschen von der Dürre betroffen,
      besonders die Viehnomaden. Einige haben bis zu 90 Prozent ihres Herdenbestandes
      verloren. Aber auch in den Städten wird das Wasser knapp und schlechter. Krankheiten
      drohen.

      Die Lage sei "ernst", meint James Barker, der örtliche Vertreter der
      UN-Ernährungsorganisation FAO, "aber noch nicht kritisch". Das kann noch kommen,
      denn die UNO erwartet wegen des ausgebliebenen Frühjahrsregens nun auch große
      Ausfälle bei der Weizenernte, nachdem schon im Winter zu wenig Schnee fiel, dessen
      Schmelzwasser wiederum die Hauptquelle für die Bewässerung ist. "Kabul kann ohne
      Gold leben", lautet ein afghanisches Sprichwort, "aber nicht ohne Schnee."
      Avatar
      schrieb am 09.05.00 12:25:14
      Beitrag Nr. 2 ()
      Vielleicht sollten die Taliban auch den € als Währung einführen :)
      Avatar
      schrieb am 22.09.01 16:21:23
      Beitrag Nr. 3 ()
      na jetzt haben die taliban wohl ein anderes problem
      Avatar
      schrieb am 22.09.01 16:23:39
      Beitrag Nr. 4 ()
      @rukus: Ich glaub, da müßte man die Konvergenzkriterien etwas aufweichen


      Beitrag zu dieser Diskussion schreiben


      Zu dieser Diskussion können keine Beiträge mehr verfasst werden, da der letzte Beitrag vor mehr als zwei Jahren verfasst wurde und die Diskussion daraufhin archiviert wurde.
      Bitte wenden Sie sich an feedback@wallstreet-online.de und erfragen Sie die Reaktivierung der Diskussion oder starten Sie
      hier
      eine neue Diskussion.
      Währungspolitik auf Afghanisch