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    ZEHN JAHRE BARINGS-KOLLAPS - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 24.02.05 14:06:18 von
    neuester Beitrag 05.03.05 11:33:32 von
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      schrieb am 24.02.05 14:06:18
      Beitrag Nr. 1 ()
      ZEHN JAHRE BARINGS-KOLLAPS

      Wie ein Arbeiterjunge die Hausbank der Queen ruinierte

      Von Thomas Hillenbrand

      Vor zehn Jahren implodierte die Londoner Traditionsbank Barings, weil ihr außer Kontrolle geratener Terminhändler Nick Leeson fast anderthalb Milliarden Dollar verzockt hatte. Der Finanzhasardeur ist inzwischen wieder auf freiem Fuß - und hält gut dotierte Vorträge über die Risiken des globalen Finanzsystems.
      Hamburg - Als in der Nacht zum 17. Januar 1995 ein schweres Beben die japanische Hafenstadt Kobe in ein Trümmerfeld verwandelt, ahnt niemand, dass der Erdstoß auch die zehntausend Kilometer entfernte Londoner Barings Bank zum Einsturz bringen wird. Niemand außer Nick Leeson, Barings` Starhändler an der Singapore International Monetary Exchange (Simex). Als er von der Kobe-Katastrophe erfährt, wird ihm klar, dass der wohl größte Schwindel der jüngeren Börsengeschichte nicht mehr zu vertuschen ist.


      Ex-Spekulant Nick Leeson in Paris (Frühjahr 2000): Ein virtuelles schwarzes Loch namens 88888

      Der damals 28-jährige Leeson, der am Gymnasium durch die Aufnahmeprüfung in Mathe gefallen war, kann zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr beziffern, wie viel Geld er verzockt hat. Seit Jahren spekuliert er im Namen und auf Kosten der britischen Traditionsbank Barings auf die Entwicklung von Börsenindizes wie dem Tokioter Nikkei. Eigentlich darf er das nicht. London hat ihm derartige Geschäfte untersagt, Leeson soll lediglich kleine Kursdifferenzen zwischen den Terminmärkten in Osaka und Singapur aufspüren und zu Geld machen. Diese so genannte Arbitrage birgt kaum ein Risiko.

      Aber sie ist auch langweilig und bringt nicht viel ein. Deshalb dreht der Arbeiterjunge aus Watford lieber das ganz große Rad. Dank waghalsiger Termingeschäfte kann er seit mehreren Jahren für seine Abteilung satte Gewinne nach London melden - Gewinne die eigentlich viel zu hoch für den Arbitragehandel sind, doch das will niemandem auffallen. Allzu genau schaut im Barings-Hauptquartier niemand hin, denn Leesons Abrechnungen und Papiere sind immer in Ordnung. Kein Wunder, sein allzu sorgloser Arbeitgeber hat eine der Grundregeln des Investmentbanking ignoriert: Lass einen Händler nie seine eigenen Abrechnungen machen. Da Leeson sein eigener Buchhalter ist, kann er auf dem Papier fiktive Bankkunden erschaffen, in deren Auftrag er vorgeblich spekuliert. Die Gewinne meldet er nach London. Die Verluste bucht er auf einem geheimen "Fehlerkonto" mit der Nummer 88888. Acht ist in Asien die Zahl des Glücks.

      Wetten auf den Stillstand

      In den Wochen vor dem Kobe-Beben läuft es nicht gut für Barings` Goldjungen. Der in Singapur kurz vorher als Trader des Jahres ausgezeichnete Banker hat Verlustpositionen in Höhe von gut 200 Millionen Dollar aufgetürmt. Immer noch hofft er, die riesige Minusposition durch ein paar gute Deals ausgleichen zu können - mittels noch waghalsigerer Wetten. Dabei handelt er gemäß dem alten Zockermotto: "If in trouble, double". Viel Geld und Hoffnung hat Leeson auf einen so genannten Straddle gesetzt. Er wettet, dass sich der japanische Leitindex Nikkei mittelfristig kaum bewegen wird. Asiens wichtigste Börsenbarometer muss weiter im Korridor zwischen 19.000 und 20.000 Zählern pendeln.

      Wenn Hasardeur Leeson eines im Januar 1995 nicht gebrauchen kann, dann sind es Katastrophen.

      Nachdem die verheerenden Auswirkungen des Kobe-Bebens offenbar werden, geht der Nikkei in die Knie. Bereits am 17. Januar nähert er sich den 19.000er Marke. Am nächsten Tag durchschlägt er sie und bewegt sich auf 18.000 Punkte zu. Leeson verfällt in Panik, und beginnt, am Terminmarkt riesige Mengen Nikkei-Kontrakte zu kaufen. Im Alleingang will der Junge aus der Grafschaft Hertfordshire den zweitwichtigsten Börsenindex der Welt nach oben hieven. Genauso gut könnte er versuchen, den japanischen Fujiyama mit den Händen einige Meter nach Norden zu verschieben. Doch Leeson ist wie von Sinnen. Er trinkt große Mengen Alkohol, frisst täglich mehrere Pfund Süßigkeiten und verliert vollends den Überblick.

      Implosion einer Legende

      London wird unruhig. Am Markt gibt es Gerüchte über unhaltbare Positionen, die Barings in Asien aufgebaut hat. Langsam beginnt dem Hauptquartier zu dämmern, dass "the Watford wunderkind" ("The Independent") ein Problem darstellt. Nachdem Barings` Topmanagement Warnungen der internen Revision jahrelang ignoriert hat, will es jetzt Erklärungen und Belege, die Leeson nicht liefern kann. Am Donnerstag, dem 23. Februar erscheint Nick Leeson nicht mehr zur Arbeit. Seine Kollegen finden einen Zettel an seinem Bildschirm, auf dem steht: "Es tut mir leid".

      Als London von der Flucht des Startraders und seinen offenen Positionen erfährt, glaubt das Barings-Management noch, dass sich der Schaden in Grenzen halten könnte. Doch schnell wird klar, dass dies nicht der Fall ist. Der geflohene Leeson hält in Barings` Namen die Hälfte aller Risikopositionen an der Simex. Das Nominalvolumen, auf das er spekuliert hat, beläuft sich auf über 50 Milliarden Dollar. 1,4 Milliarden Dollar muss das Institut zahlen. Damit ist Barings pleite. Der niederländische ING-Konzern wird das Institut später schlucken.

      Mit Barings verschwand nicht nur eine der letzten eigenständigen Investmentbanken Europas, sondern auch ein Stück Finanzgeschichte. Lange Zeit galt das 1762 von dem Bremer Francis Baring gegründete Institut als Hausbank der britischen Royals. Wenn Albions Herrscher Geld benötigten, dann liehen sie es sich bei Barings, der "sechsten Großmacht": Den Krieg gegen die aufsässige Kolonie Amerika finanzierte die Bank ebenso wie die Feldzüge gegen Napoleon.

      Endstation Frankfurt am Main

      Der flüchtige Leeson kommt nicht weit. Im Frühjahr 1995 ist er der wohl meist gesuchte Mann auf dem Planeten. Gemeinsam mit seiner damaligen Ehefrau Lisa versucht er, Singapur zu verlassen. Er weiß um die harten Strafen, die Finanzbetrügern in dem autoritären Kleinstaat drohen. Lieber würde er sich den britischen Behörden stellen, doch daraus wird nichts. Er kommt nur bis zum Frankfurter Flughafen, dort wird er zunächst von der deutschen Polizei festgesetzt. Das Vereinigte Königreich stellt - anders als von Leeson erhofft - keinen Auslieferungsantrag; denn viele der an dem Skandal Beteiligten haben kein Interesse daran, dass der Fall wochenlang in London verhandelt wird. Das wäre schlecht für den Ruf der City als Finanzplatz. Unerfreulich wäre soviel Öffentlichkeit auch für die mächtige Bank of England, die ihren Aufsichtspflichten nur ungenügend nachgekommen ist.

      Leeson muss zurück nach Singapur und wird dort zu sechseinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Er erkrankt an Darmkrebs und muss sich operieren lassen. Heute lebt er wieder in Großbritannien und es geht ihm gar nicht einmal so schlecht. Zwar hat ihn seine Ehefrau verlassen, doch die Autobiographie "Rogue Trader" brachte ihm ein erkleckliches Sümmchen an Tantiemen ein. Zudem ist Leeson ein gefragter Redner - gegen Honorare, die teilweise im sechsstelligen Bereich liegen sollen, referiert der ehemalige Börsenpirat auf Veranstaltungen über die Risiken des internationalen Finanzsystems. Während viele den heute 37-jährigen nach wie vor für einen Gauner halten, scheint sich vor allem in Großbritannien inzwischen eine mildere Sichtweise der Dinge durchzusetzen: Leeson habe schließlich nichts gestohlen und sich selbst nicht bereichert - die 1,4 Milliarden seien gewissermaßen verpufft. Letztlich sei er nur ein grüner Junge aus Londons ärmlichem Norden gewesen, dem ein paar skrupellose Finanzhaie einen zu großen Geldbetrag in die Hand gedrückt hätten.

      Seit einiger Zeit steht Leeson im Sold der Webseite Celebpoker.com. Dort können Zocker im Kartenspiel gegen bekannte Persönlichkeiten antreten, unter anderem gegen Leeson. Dass der mieseste Spieler aller Zeiten das Online-Casino ruinieren könnte, glaubt Geschäftsführer David Donovan indes nicht. Aber zur Sicherheit, so der Manager gegenüber der BBC, habe man Leesons Einsatz auf 500 Dollar begrenzt.

      Thomas Hillenbrand


      http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,343182,00.html
      Avatar
      schrieb am 24.02.05 14:11:19
      Beitrag Nr. 2 ()
      Ach Du scheisse... SO lange ist das schon wieder her ?!? :eek:
      Avatar
      schrieb am 24.02.05 14:20:10
      Beitrag Nr. 3 ()
      Tja, schnell alt werden wir :eek:
      Avatar
      schrieb am 05.03.05 09:20:08
      Beitrag Nr. 4 ()
      Der Film dazu ist auch ein MUSS ;)
      Avatar
      schrieb am 05.03.05 11:33:32
      Beitrag Nr. 5 ()
      hallo Bernecker1977

      habe ihn leider noch nicht gesehen...



      http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/B000051S8C/028-2677805…


      mfg B.


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