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    Bankskandal: Methoden wie bei Enron - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 23.08.02 06:59:31 von
    neuester Beitrag 24.08.02 20:51:51 von
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      schrieb am 23.08.02 06:59:31
      Beitrag Nr. 1 ()
      Bankskandal: Methoden wie bei Enron

      Die Buchungstricks bei den US-Konzernen Enron und Worldcom haben die Finanzmärkte erschüttert. Fünf Jahre zuvor sollen Bilanzprüfer in Berlin bei der dortigen Bankgesellschaft ebenfalls falsche Testate gegeben haben.

      BERLIN. Die international operierende Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO hat offenbar jahrelang Bilanzen der Immobilientochter IBG der Bankgesellschaft Berlin wissentlich falsch testiert. Dem ARD-Magazin Kontraste und dem Handelsblatt liegt eine Sonderprüfung vor, aus der hervor geht, dass die BDO und die Unternehmensführung der IBG bereits 1997 über die unkalkulierbaren Risiken der Fondsgesellschaften informiert waren. Diese Risiken führten dazu, dass die Bankgesellschaft nur mit Milliarden-Hilfen des Landes Berlin vor der Pleite bewahrt werden konnte. Im Frühjahr musste das Land zudem eine Bürgschaft über 21 Mrd. Euro übernehmen.

      Der renommierte Wirtschaftsprüfer Achim Walther hatte bereits vor fünf Jahren festgestellt, dass die Bank durch Mietgarantien allzu hohe Risiken eingegangen war. Nachdem Walther Alarm geschlagen hatte, verlor er seinen Prüfauftrag und seine Studie verschwand in der Schublade. Walther: „Man hatte den Wunsch, dass ich die kritischen Passagen in meinem Bericht verändern sollte. Ich habe gesagt, der Bericht bleibt so.“ Wären die Warnungen Walthers damals ernst genommen worden, hätte die dramatische Zuspitzung der Krise der Bankgesellschaft möglicherweise vermieden werden können.

      Nach Einschätzung des Berliner Wirtschaftsrechtlers Hans-Peter Schwintowski von der Humboldt-Universität hätte die BDO auf Grund der Kenntnis der Sonderprüfung die Jahresabschlüsse der Bankgesellschaft nicht uneingeschränkt testieren dürfen. „Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat auf der Grundlage des Walther-Berichts gewusst, dass sie etwas Falsches, etwas Unrichtiges genehmigt hat.“ Das hätte nicht passieren dürfen. Damit ist meiner Meinung nach der Straftatbestand des Bilanzbetrugs erfüllt,“ sagte Schwintowki. Für die Bankgesellschaft ergeben sich nach seiner Ansicht Schadensersatzansprüche gegen BDO in Milliardenhöhe. Der Skandal könnte den größten Haftungsfall der deutschen Nachkriegsgeschichte auslösen.

      Unabhängig von den Vorwürfen gegen die Wirtschaftsprüfer kritisieren Fachleute die Kontrollbehörde, das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (BAKred, heute BAFin). Die Behörde habe es versäumt, die fatale Entwicklung der Immobiliengeschäfte zu stoppen, obwohl sie Kenntnis von den Vorgängen gehabt habe. Das BAFin wollte sich gestern unter Hinweis auf die Schweigepflicht nicht zu den Vorwürfen äußern. Auch BDO reagierte mit Schweigen.

      Untätigkeit wird auch Berliner Politikern vorgeworfen, die zu Lasten der Stadt die Aufklärung der Missstände verhindert hätten. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und sein Vorgänger Eberhard Diepgen (CDU) haben zwar Hinweise auf die bilanzrechtlichen Manipulationen erhalten, reagierten aber erkennbar nicht.

      Diepgen sagte auf Anfrage, er könne sich nicht mehr an den Vorgang erinnern. Wowereit erklärte, er habe den Vorgang an die Finanzverwaltung des Senats weitergegeben.

      HANDELSBLATT, Donnerstag, 22. August 2002, 20:47 Uhr
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      schrieb am 23.08.02 07:11:20
      Beitrag Nr. 2 ()
      Staatsanwaltschaft kritisiert gravierende Mängel

      Vorstandschef Hans-Jörg Vetter unterstützt Aufklärung und kündigt „Maßnahmen“ an – Aufsichsbehörde weist Vowürfe zurück.
      Der IBG-Immobilienskandal droht nicht nur die Wirtschaftsprüfer, sondern auch den Bund Milliarden zu kosten.



      BERLIN/FRANKFURT. Denn nahezu parallel zu Achim Walthers Sonderprüfung hatte das damalige Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (BAKred, heute Teil der Allfinanzaufsichtbehörde BAFin) die Fides Treuhandgesellschaft zu einer Sonderprüfung bei der Landesbank angesetzt, die auch die IBG-Geschäfte umfasste. Der dem Handelsblatt vorliegende Bericht vom 12. November 1997 sei Walthers Papier frappierend ähnlich, sagt der Berliner Juraprofessor Hans-Peter Schwintowski. Beide kämen zu den gleichen Ergebnisse, auch wenn die im Fides-Bericht zurückhaltender dargelegt würden. „Jeder Fachmann musste sie verstehen", behauptet Schwintowski.

      Das sieht die Berliner Staatsanwaltschaft ähnlich. In einem Zwischenbericht vom 27. Dezember vergangenen Jahres bemerkten die damals zuständigen Staatsanwälte Hans-Jürgen Dorsch und Andreas Wuttke, die Fides-Prüfung habe „gravierende Mängel in der Überwachung und Steuerung des den IBG-Komplex betreffenden Immobiliengeschäfts“ aufgedeckt. Dennoch seien die Mängel „nicht abgestellt“ worden. Statt dessen sei die IBG „zum weitaus größten Teil mit einer konzeptionell unveränderten (Hervorhebung der Staatsanwaltschaft) Neuauflage von Geschlossenen Immobilienfonds fortgefahren.“ Schließlich, so stellten Dorsch und Wuttke fest, seien laut einem weiteren Sonderprüfungsbericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Fasselt – Mette & Partner vom 14. März 2000 „auch die ab Beginn 1998 emittierten LBB-Fonds mit den herkömmlichen Mietgarantien bzw. Generalmietverträgen und Andienungsrechten ausgestattet“. Trotz aller Informationen und Warnungen im Jahr 1997 hatte das BAKred als oberstes Bankaufsichtsorgan bei den fragwürdigen IBG-Geschäften zu spät reagiert.

      BAKred hätte die schweren Fehler im Fonds-System der IBG selber erkennen und handeln müssen

      Erst mit vier Jahren Verspätung, gut eineinhalb Jahre nach der zweiten Sonderprüfung, hat die Behörde reagiert. In einem Schreiben vom 15. November 2001 an den Vorstand der zuletzt zuständigen Konzernprüfer von PriceWaterhouse Cooper (PWC) kritisierte eine Spezialistin der Aufsichtsbehörde, Carmen Koberstein-Windpassinger, dass die Bankgesellschaft sowie die IBG bis in das Jahr 2000 hinein über kein angemessenes Risikomanagement verfügten. In dem Brief wird eindrucksvoll beschrieben, in welche katastrophale Lage IBG-Manager, BDO und schließlich auch PWC als Konzernprüfer das Unternehmen schlingern ließen. Die von der IBG-Gruppe in den Jahren 1998 und 1999 eingegangenen Risiken seien wegen ihres Umfangs geeignet, „den Fortbestand des Konzerns Bankgesellschaft Berlin zu gefährden“.

      Eine richtige Einschätzung. Doch nach dem Fides-Bericht von 1997 hätte das BAKred die schweren Fehler im Fonds-System der IBG selber erkennen und handeln müssen, meint Hans-Peter Schwintowski: „In solchen Fällen einzugreifen ist die Aufgabe des BAkred.“ Durch sein Versagen habe es seine Amtspflicht verletzt. „Daher stellt sich die dringende Frage“, so Schwintowski, „ob nicht auch das Aufsichtsamt schadensersatzpflichtig ist.“ Bezahlen müsste der Bund als oberster Dienstherr.

      Die BAFin reagierte gestern gelassen auf die Kritik. „Wir halten die Vorwürfe für unzureichend“, sagte ein Sprecher auf Anfrage. Die Bankenaufsicht habe nach Erhalt der beiden von ihm in Auftrag gegebenen Sonderprüfungsberichte zeitnah gehandelt und die kritischen Punkte angesprochen. Einzelheiten dürfe das BAFin nicht nennen. Dem stehe § 11 des Gesetzes über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (FinDAG) entgegen.

      Folgen könnten für Wowereit unabsehbar sein

      Um die nötige Aufmerksamkeit und Entschlossenheit war es auch auf politischer Seite schlecht bestellt. Im vergangenen Jahr hatte Achim Walther zunächst den damals amtierenden Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) und später dessen Nachfolger Klaus Wowereit (SPD) über seinen Bericht informiert – und sie ausdrücklich auf Schadensersatzforderungen und strafrechtlich relevante Tatbestände aufmerksam gemacht. „Aber ich habe nie eine Antwort bekommen“, sagt Walther.

      Die Folgen könnten besonders für Wowereit unabsehbar sein. „Wowereit und Diepgen, hätten die Staatsanwaltschaft informieren sollen, damit möglicherweise strafrechtlich relevante Vorgänge aufgeklärt werden können. Wowereit hätte auch das Berliner Parlament über Walthers Bericht informieren müssen. Dann hätten die Abgeordneten die Risiken und Haftungsfragen, die sich daraus ergeben, einschätzen und entsprechend handeln können, um Schaden von Berlin abzuwenden“, sagt Wirtschaftsrechtler Schwintowski.

      HANDELSBLATT, Donnerstag, 22. August 2002, 20:47 Uhr
      Avatar
      schrieb am 23.08.02 07:25:59
      Beitrag Nr. 3 ()
      BDO deckte Risiken bei Bankgesellschaft

      Wirtschaftsprüfer testierten trotz Wissen um gravierende Mängel die Bilanzen:
      Schon fünf Jahre vor dem Fall Enron haben bei der Bankgesellschaft Berlin Wirtschaftsprüfer Augen und Ohren geschlossen. Sie ignorierten trotz Kenntnis die hohen Immobilienrisiken.



      BERLIN. Die Bilanzfälschungs-Skandale der US-Konzerne Enron und Worldcom waren für Anleger weltweit ein Schock. Dass sich Manager und Wirtschaftsprüfer führender Unternehmen zusammentaten, um kriminelle Milliardenbetrügereien zu decken, erschütterte Politiker und Ökonomen.

      Aber nicht nur in den USA haben Bilanzprüfer Augen und Ohren geschlossenen. Schon fünf Jahre bevor Enron und Worldcom in die Negativ-Schlagzeilen kamen, haben in Deutschland Wirtschaftsprüfer und Manager kollusiv in einem Fall zusammengearbeitet. Ausgerechnet bei der mehrheitlich dem Land gehörenden Bankgesellschaft Berlin, damals fünftgrößtes Geldinstitut in Deutschland. Dem Handelsblatt und ARD-Magazin „Kontraste“ liegen Unterlagen vor, die nach Expertenmeinungen belegen, dass Wirtschaftsprüfer von BDO Deutsche Warentreuhand in dem Berliner Konzern Mitte der neunziger Jahre wissentlich Bilanzen falsch testiert haben.

      Der Skandal erfasst auch das Bundesaufsichtsamt für das Finanzwesen

      Aufgrund eines Zusammenspiels nahezu sämtlicher Kontrollinstanzen geriet die Bankgesellschaft über rasant wachsende Geschäfte mit Immobilienfonds an den Rand der Insolvenz. Das Land Berlin musste Milliardenzuschüsse und Risikobürgschaften in Höhe von mindestens 21 Mrd. Euro aufbringen – und wurde praktisch zahlungsunfähig. Experten sind sich sicher, dass die Bank gegenüber den Wirtschaftsprüfern Schadensersatzansprüche in Milliardenhöhe hat und damit den größten Haftungsfall der deutschen Nachkriegsgeschichte auslösen kann.

      Der Skandal erfasst auch das Bundesaufsichtsamt für das Finanzwesen (BAFin, ehemals BAKred). Nach Informationen von Handelsblatt und dem ARD-Magazin Kontraste hat das BAKred beim Entstehen der Milliardenrisiken an entscheidenden Stellen wider besseres Wissen nicht eingegriffen und es versäumt, die fatale Entwicklung der Immobiliengeschäfte zu unterbinden. Fachleute sehen darin eine klare Amtspflichtsverletzung, für die laut Artikel 34 Grundgesetz der Bund schadensersatzpflichtig ist.

      Außerdem haben Berliner Spitzenpolitiker durch Untätigkeit eine Aufklärung der Misstände verhindert – zu Lasten ihrer Stadt. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sowie sein Vorgänger Eberhard Diepgen (CDU) haben Hinweise auf bilanzrechtliche Manipulationen und mögliche Schadensersatzforderungen erhalten, ohne erkennbar darauf zu reagieren. „Damit hat Wowereit", so der Berliner Wirtschaftsprofessor Hans-Peter Schwintowski, „seine Treuepflicht gegenüber Stadt und Abgeordnetenhaus verletzt. Diepgen hat seine Pflicht gegenüber dem mehrheitlich von Land kontrollierten Unternehmen vernachlässigt.“

      Am 30. Januar 1997 gegen elf Uhr klingelte bei dem Wirtschaftsprüfer Achim Walther das Telefon. Anrufer war der Vorstandschef der Landesbank Berlin (LBB), Ulf-Wilhelm Decken. Beide hatten sich Anfang der 90er-Jahre in Hannover kennen- und schätzen gelernt. Jetzt brauchte Decken Walthers Hilfe. „Er wirkte damals besorgt über die rapide zunehmenden Fondsumsätze der LBB-Tochter IBG, der Immobilien- und Baumanagement der Bankgesellschaft Berlin GmbH", erinnert sich Walther.

      So etwas gab und gibt es bisher nirgends sonst in der Republik

      Von 1993 bis 1996 hatte die IBG ihr jährliches Investitionsvolumen bei geschlossenen Immobilienfonds von 132 Mill. auf 2,7 Mrd. Mark verzwanzigfacht und war zum Marktführer in dem Segment avanciert. Grundlage des Erfolgs: Mietgarantien der IBG, mit denen sie Anlegern unabhängig von der tatsächlichen Mietpreisentwicklung die prospektierten Mieteinnahmen über 25 Jahre zusicherte. Darüber hinaus wurden Anlegern nach der Mietgarantiephase Andienungsrechte gewährt. Sie gaben den Investoren das Recht, ihre Fondsanteile nach 25 Jahren zu 100 Prozent, nach 30 Jahren sogar zu 115 Prozent des Nominalwerts zurückzugeben. So etwas gab und gibt es bisher nirgends sonst in der Republik. Für Anleger war dieses Modell ein Investment ohne Risiko.

      Das Geschäft boomte. Schon 1997 sollte der Umsatz erneut um 35 Prozent auf 3,7 Mrd. Mark steigen. Aber LBB-Chef Decken, zugleich stellvertretender IBG-Aufsichtsratsvorsitzender, muss geahnt haben, dass diese Erfolgsstory große Gefahren barg. Er wollte sich nicht mehr allein auf die Informationen verlassen, die er von der IBG-Führung und den zuständigen Wirtschaftsprüfern der BDO Deutschen Warentreuhand erhielt. „Herr Decken sagte mir", erinnert sich Walther, „dass er endlich Klarheit über die Risiken der geschlossenen Immobilienfonds haben wollte. Deshalb fragte er mich, ob ich die Sache als unabhängiger Fachmann für ihn prüfen könne."

      Wenige Tage später, am 3. Februar, traf Walther in Berlin erstmals IBG-Geschäftsführer Manfred Schoeps . Er gilt bis heute als geistiger Vater der katastrophalen Fondsgeschäfte. Schoeps erklärte seinem Besucher, dass die gesamte IBG-Rechnungslegung von der Nürnberger Kanzlei Köning & Dr. Lauritzen gemacht werde. Gut einen Monat später, am 13. März 1997, ging das Auftragsschreiben der IBG ein. Walthers Aufgabe lautete, „die von unserer Unternehmensgruppe aufgelegten geschlossenen Immobilienfonds" auf Risiken- und Risikovorsorge zu überprüfen. Seine Arbeit solle ein Urteil darüber ermöglichen, „ob bislang seitens unserer Unternehmensgruppe mit diesen Risiken in verantwortlicher Weise umgegangen wurde".

      Vernichtendes Urteil für die Manager

      Gut vier Monate lang prüfte Walther die IBG, bevor er deren Führung am 26. Juli einen Entwurf seines Prüfungsberichts schickte. Mit katastrophalem Ergebnis. Auf 34 Seiten attestierte Walther den Managern, dass ihr Fondsgeschäft unorganisiert, unkontrolliert und äußerst riskant sei. Vernichtend sein Urteil über die rechnerischen Grundlagen der Fonds: „Die Gestaltung dieser Kalkulationen ist inhaltlich und formal ungenügend und wird keiner ausreichenden Prüfung unterzogen, obwohl die Garantieleistungen der IBG direkt vom kalkulierten Einnahmevolumen abhängen." Die über zwanzig Jahre hinweg fest einkalkulierten Mietsteigerungen von drei Prozent jährlich entsprächen „nicht den wirtschaftlichen Gegebenheiten". Kernbereiche des Unternehmens wie Controlling und Mietenbuchhaltung würden über wichtigste Grundkalkulationen nicht informiert. Eine Ohrfeige für jede Unternehmensführung.

      Endgültig alarmiert aber mussten die IBG-Chefs gewesen sein, als sie lasen, welche bilanzrechtlichen Verstöße Walther festgestellt hatte. So warnte er unter Punkt C seines Berichts (Die wirtschaftlichen Risiken der IBG aus Generalmietverträgen/Mietgarantien): „Die gewählte Methode für Rückstellungen vermittelt ein falsches Bild vom wirklichen Risikoumfang und ist weder handels- noch steuerrechtlich zulässig." Über den Umfang der eingegangenen Garantieverpflichtungen gebe es „nicht einmal theoretisch Klarheit, so dass auch kein nachvollziehbares, einheitliches Risikomanagement besteht".

      „Nach der Sonderprüfung hätte man die geschlossenen Immobilienfonds dieser Art einstellen müssen“

      Walthers Analyse war eindeutig: „Die IBG ist durch die Mietgarantien über 25 Jahre und die angebotenen Andienungsrechte so hohe wirtschaftliche Risiken eingegangen, die sie aus heutiger Sicht vielleicht nicht alleine bewältigen kann." Danach war das Überleben der IBG gefährdet. Schon dies hätte im Testat vermerkt sein müssen. Doch es kam noch schlimmer: „Die augenblickliche Mietvertragsdatenverwaltung lässt einen testatfähigen Jahresabschluss der IBG nicht zu." Und: „Die Wertansätze für die Mietgarantierückstellungen in den Jahresabschlüssen 1995 und 1996 wurde methodisch falsch gebildet."

      Für Wirtschaftsrechtler Schwintowski waren wegen der eindeutigen Hinweise auf rechtlich unzulässige Berechnungsmethoden auch die uneingeschränkten Testate für diese beiden Jahre falsch. Der Humboldt-Professor ist „erstaunt, wie exakt der Autor das heutige Bankendesaster bereits 1997 im voraus erkannt und beschrieben hat, die Missstände, die methodischen Fehler. Was Walther offen legte, so Schwintowski, „waren die Wurzeln der Berliner Bankenkrise. Damals hätte man die geschlossenen Immobilienfonds dieser Art einstellen müssen".

      HANDELSBLATT, Donnerstag, 22. August 2002, 20:47 Uhr
      Avatar
      schrieb am 23.08.02 09:23:31
      Beitrag Nr. 4 ()
      Unbequemer Sonderprüfer wird kalt gestellt

      Experten beklagen mangelnde Unabhängigkeit von Unternehmen und Wirtschaftsprüfern. Das Sondergutachten mit einer kritischen Analyse der Immobiliengeschäfte der Bankgesellschaftstochter IBG verschwand nach der Präsentation schnell wieder in der Schublade. Die IBG entzog dem Prüfer den Auftrag „wegen Verfehlung des Themas“. Doch die alarmierenden Analysen erweisen sich als richtig.

      BERLIN. Die langjährigen Wirtschaftsprüfer der Bankgesellschaft von der BDO Deutsche Warentreuhand reagierten ablehnend auf das kritische Sondergutachtens des Hannoveraner Wirtschaftsprüfers Achim Walther. Über die negative Tendenz seiner Untersuchung berichtete er erstmals am 2. Juni den BDO-Wirtschaftsprüfern Jürgen Quehl (Berliner Niederlassungsleiter) und Dr. Stephan Busch. Am 24. Juli schließlich schickte er der IBG seinen „Bericht über die Sonderprüfung zu den Risiken der von der IBG aufgelegten geschlossenen Immobilienfonds“.

      IBG-Geschäftsführung zog umgehend die Notbremse

      Knapp zehn Wochen später kam es am 2. Oktober in Nürnberg zur entscheidenden Abschlussbesprechung. Anwesend waren laut einem IBG-Schreiben: Vertreter der BDO (Jürgen Quehl), Dr. Christian Lauritzen sowie einige leitende IBG-Mitarbeiter. An den Gesprächsverlauf erinnert sich Walther genau: „Es hatte fast den Charakter einer Scheinbesprechung, deren Ergebnis schon feststand. Die personelle Besetzung war zweitklassig. Der Geschäftsführer Manfred Schoeps war nicht anwesend. Unter dem Vorsitz vom Dr. Lauritzen wurde mein Bericht abgelehnt. Ich sollte den Inhalt überarbeiten. Das habe ich verweigert."

      Umgehend zog die IBG-Geschäftsführung die Notbremse. Fünf Tage nach dem Nürnberger Treffen warf sie Walther vor, das Thema verfehlt zu haben. Sie entzog ihm den Auftrag ( „Wir erlauben uns daher, Sie mit sofortiger Wirkung vom Prüfungsauftrag zu entbinden" ) und forderte ihn dringend auf, „keine weiteren Entwürfe des Prüfungsberichtsentwurfs zu verbreiten“. Der Wirtschaftsprüfer erkennt den „außerordentlichen Schachzug", der hinter dieser Entscheidung steckte: „Es lag kein offiziell abgenommener Bericht vor. Die Verantwortlichen konnten so tun, als habe es die ursprünglich von Decken veranlasste Sonderprüfung nie gegeben.“

      Damit verschwand das unbequeme Prüfungsergebniss offenbar in der Schublade. Die BDO Deutsche Warentreuhand berichtigte die Testate für 1995 und 1996 nicht, testierte den IBG-Jahresabschluss trotz aller eindeutigen Warnungen uneingeschränkt und ging auch in späteren Bestätigungsvermerken zu den Jahresabschlüssen nie auf die von Walther bloßgelegten Systemfehler ein. Die Folgen sind bekannt: Walthers Analysen bestätigen sich voll. Vor allem wegen der Mietgarantien und der Andienungsrechte für Anleger muss Berlin heute mit über 21 Mrd. Euro für die Bankgesellschaft bürgen.

      Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sind von ihren Auftraggebern nicht völlig unabhängig

      Für die in den vergangenen Jahren immer häufigeren Skandale um fragwürdige Wirtschaftsprüfer-Testate machen Experten bisher zunehmenden Zeitdruck in der Ära von Globalisierung und Shareholder-Value verantwortlich. Wo früher vorsichtig bilanziert und möglichst eine Reserve in den Büchern gelassen wurde, verlangen die Konzerne heute von ihren Prüfern, dass sie möglichst hohe Unternehmenswerte bestätigen – damit Anleger und Analysten zufrieden sind. Immer mehr beklagen Experten einen weiteren Missstand: „Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sind von ihren Auftraggebern nicht völlig unabhängig. Der Prüfer möchte sein Mandat behalten. Man nimmt neben Prüfungen auch Beratungsaufträge für dasselbe Unternehmen wahr. Der Prüfer kennt den Auftraggeber dann gut, und daraus entstehen persönliche Beziehungen", erklärt der Wirtschaftsprüfungsexperte Professor Klaus Wysocki. Solche Verflechtungen sind an der Tagesordnung: Es gilt noch immer als als normal, dass eine einzige Prüfungsgesellschaft ganze Konzerne mitsamt aller Töchter kontrolliert.

      Der Fall „Bankgesellschaft Berlin" dürfte zu einem Lehrstück für die möglichen Folgen derart enger Beziehungen zwischen Prüfern und Geprüften werden. Nach Informationen des Handelsblatts und des ARD-Magazins Kontraste nahm in der entscheidenden Entstehungsphase der Bankenkrise ein Mann eine Schlüsselstellung bei der Prüfung des gesamten Bankgesellschafts-Konzerns ein: Der Chef des Berliner BDO-Büros, Jürgen Quehl, der wesentlich dazu beitrug, dass der Walther-Bericht abserviert wurde.

      Quehl prüfte von 1990 bis 1996 die LBB, von 1994 bis 1996 außerdem die IBG sowie deren wichtigste Tochtergesellschaften. Und auch unter den Jahresabschlüssen des Gesamtkonzerns steht in den Jahren 1994 bis 1996 immer wieder: Quehl – Wirtschaftsprüfer. Zwar testierte beim Gesamtkonzern auch ein Kollege des Konkurrenten KPMG mit. Doch als Leiter des BDO-Teams war Quehl der einflussreichste Prüfer. Quehl hätte den Irrweg der IBG stoppen können, aber er griff nicht ein.

      Warnende Testat-Einschränkungen blieben aus

      Der BDO-Mann konnte sich auch kaum wirklich unabhängig fühlen. Als Niederlassungsleiter in Berlin hing sein Erfolg entscheidend davon ab, dass er die Bankgesellschaft und einzelne Konzerntöchter als Kunden halten konnte. Der Walther-Bericht von 1997 drohte einen Großteil seiner Arbeit zu entwerten. Wohl auch deshalb nahm Quehl an der Abschlussbesprechung zu der Sonderprüfung im Oktober teil, obwohl er kurz zuvor in den Ruhestand gegangen war. Eine warnende Testat-Einschränkung der BDO Deutsche Warentreuhand bei der IBG blieb erneut aus. 1997 ebenso wie in den Folgejahren. Noch 2001 verteidigten die BDO-Vorstände Holger Otte und Christian Dyckerhoff ihre Prüfer. Es habe nie Anlass gegeben, der IBG ein eingeschränktes Testat auszustellen.

      Schadensersatzklage in Milliardenhöhe möglich

      Nun aber hat die Rechtsanwaltskanzlei Clifford, Chance, Pünder (sie soll für den neuen BGB-Vorstand mögliches Fehlverhalten früherer Manager aufklären) den Walther-Bericht wiederentdeckt. Für BDO Deutsche Warentreuhand, mit 1 700 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von zuletzt 175 Mill. Euro, eine existenzielle Bedrohung. Denn nach Einschätzung von Rechtsexperten kann die Bankgesellschaft das Unternehmen auf Schadensersatz in Milliardenhöhe verklagen.

      „In seinem Berichtsentwurf hat Wirtschaftsprüfer Walther auf eindeutige bilanzrechtliche Fehler hingewiesen. Als Folge hätten die Testate für 1995 und 1996 berichtigt werden müssen. 1997 hätten die BDO nicht uneingeschränkt testieren dürfen“, erklärt der Berliner Wirtschaftsrechtler Professor Hans-Peter Schwintowski .Und: „Die Prüfer haben die Warnungen wissentlich ignoriert. Sie wussten von Gefahren, Fehlern und Rechtsverstößen und haben dennoch bestätigt: Alles in Ordnung. Sie haben offensichtlich vorsätzlich gehandelt und sich dadurch des Bilanzbetrugs nach Paragraph 332 HGB strafbar gemacht.“

      HANDELSBLATT, Donnerstag, 22. August 2002, 20:47 Uhr
      Avatar
      schrieb am 23.08.02 22:08:52
      Beitrag Nr. 5 ()
      Andersen-Gutachten widerlegt Vorwürfe gegen Bank Berlin

      Berlin (vwd) - Der Vorwurf gefälschter Bilanz-Testate bei der Bankgesellschaft Berlin AG könnte sich nach einem Zeitungsbericht als haltlos erweisen. Nach Informationen der Tageszeitung "Die Welt (Samstagausgabe) wurde das Gutachten des Wirtschaftsprüfers Achim Walther das bereits im Juli 1997 auf die Risiken im Fondsgeschäft der Bankgesellschaft hinwies, entgegen anders lautenden Medienberichten nicht unterdrückt. Im Gegenteil habe die BGB-Immobilientochter IBG noch 1997 ein Folgegutachten bei der Unternehmensberatung Arthur Andersen in Auftrag gegeben, das die Vorwürfe Walthers klären sollte.

      Das Gegengutachten von Arthur Andersen zweifelt die Aussagen der Walther-Studie in fast allen Punkten an, schreibt die Zeitung, der das Gutachten vollständig vorliegen soll. Das ARD-Magazin "Kontraste" und das "Handelsblatt" hatten berichtet, dass Walthers Studie nach der Vorlage bei der IBG "in der Schublade verschwunden" sei. Die Wirtschaftsprüferfirma BDO habe die Bilanzen der IBG trotz Kenntnis des Gutachtens uneingeschränkt testiert und sich damit möglicherweise strafbar gemacht.

      Das Gegengutachten von Arthur Andersen vom 24. September 1997 setze sich jedoch auf 42 Seiten ausführlich mit den von Walther vorgebrachten Kritikpunkten auseinander. In der überwiegenden Mehrzahl kommen die Prüfer von Arthur Andersen zum dem Schluss, dass die Vorwürfe Walthers "unbegründet", "nicht haltbar", oder "nicht nachvollziehbar" seien. Durch das Arthur-Andersen-Gutachten dürfte der Vorwurf gegen die BDO, wesentliche Informationen im Bilanz-Testat vorsätzlich unterschlagen zu haben, deutlich relativiert werden, schätzt die Zeitung.
      23.08.2002 - 19:59 Uhr

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      schrieb am 23.08.02 22:22:42
      Beitrag Nr. 6 ()
      BDO weist Vorwürfe wegen BGB-Tochter zurück

      Hamburg (vwd) - Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO Deutsche Warentreuhand AG hat am Freitag den Vorwurf zurückgewiesen, sie habe bei der Testatvergabe für die IBG, einer Tochter der Bankgesellschaft Berlin AG vorsätzlich Pflichten verletzt. Das TV-Magazin "Kontraste" sowie das "Handelsblatt" hatten entsprechende Meldungen veröffentlicht. Diese entbehrten jedoch jeglicher Grundlage, teilte BDO mit.

      Die fraglichen Vorgänge aus dem Jahr 1997 würden nun dokumentiert. Die Unterlagen würden momentan sorgfältig geprüft. Für die kommende Woche kündigte die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft eine ausführliche Pressemitteilung zu dem Thema an

      23.08.2002 - 20:15 Uhr
      Avatar
      schrieb am 24.08.02 11:57:32
      Beitrag Nr. 7 ()
      War das Arthur-Andersen Gutachten evtl. nur ein Gefälligkeits-Gutachten, würde mich mal interessieren.
      Avatar
      schrieb am 24.08.02 20:51:51
      Beitrag Nr. 8 ()
      Oberbegriff Derivate :

      Aval-Kredit verpflichtet sich ein Kreditinstitut u.s.w.,
      SLC
      LOI
      Bankpapiere

      Certificate of Deposit
      Als Certificate of Deposit bezeichnet man ein Finanzprodukt zur Geldaufnahme oder -anlage. Es wurde in den USA entwickelt und inzwischen auch in Deutschland eingeführt. Für den Anleger sind Certificates of Deposit mit Termingeldern vergleichbar. Er erhält aber ein Wertpapier, das den Betrag, die Laufzeit und den Zinssatz verbrieft. Ceretificates of Deposit sind frei handelbar und können so jederzeit in Geld verwandelt werden. Certificates of Deposit werden von Banken auf Rechnung von Industrieunternehmen oder anderen Banken ausgegeben.

      Thema: JP Morgan: Marktanteil liegt bei Kreditderivaten über 50%
      HAMBURG (dpa-AFX) - Die US-Investmentbank JP Morgan ist nach eigener Einschätzung bei der Verbriefung von Kreditrisiken Marktführer. Dies sagte Christian Neske, Partner bei JP Morgan in Frankfurt, der "Financial Times Deutschland" (Mittwochsausgabe). Den Marktanteil seines Instituts bezifferte er auf mehr als 50%. Die Spitzenposition habe JP Morgan, die seit 1996 in diesem Feld tätig sei, sowohl in Europa als auch in Amerika erobert. Der Gesamtumfang des Marktes für Kreditderivate lässt sich nach Einschätzung der "FTD" nur schätzen. Neskes Londoner Kollege Paul Czekalowski erwartet dem Bericht zufolge bis zum Jahresende ein Volumen von 1.000 Mrd. USD. Neske sieht den Markt für Kreditderivate weiter kräftig wachsen. Dabei vermutet er in Europa mehr Potenzial als im bereits weiter entwickelten US-Markt. Dort spielten Kredite eine traditionell geringere Rolle, da Unternehmen sich stärker über die Ausgabe von Anleihen finanzieren. Kreditderivate sind Finanzierungsinstrumente, mit denen sich Gläubiger gegen Kreditrisiken absichern können. Der Kreditgeber, meist eine Bank, verteilt das Ausfallrisiko mit Hilfe des Derivates auf viele Anleger. Kreditderivate sind laut "FTD" nicht nur unter dem Aspekt der Risikostreuung interessant, sondern verbessern auch die Eigenkapitalsituation und schaffen Platz für neue Kredite. Davon werde bald auch die Chase Manhattan Bank profitieren, die JP Morgan übernehmen will./js/pk/fl

      Dazu ein Altes Sprichwort – Geld kommt zu Geld –
      Aber über wen ?

      Gruß E-L-S.


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