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    Wer hat´s gesehen: Plusminus - Gutverdienende profitieren von Sonderegel - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 03.12.03 13:15:05 von
    neuester Beitrag 03.12.03 22:30:19 von
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      schrieb am 03.12.03 13:15:05
      Beitrag Nr. 1 ()
      Unlogisches Rentensystem
      Warum manche Selbstständige nicht am staatlichen Rentensystem vorbeikommen

      Autor: Holger Balodis

      Die simple Formel: Arbeiter und Angestellte zahlen in die staatliche Rentenversicherung - Selbständige und Freiberufler sorgen selber vor, stimmt nicht. Der renommierte Rentenexperte Prof. Diether Döring, Mitglied der Rentenstrukturkommission der Bundesregierung, kritisiert in Plusminus, dass über die Jahre ein "wahrer Paradiesgarten an Sonderregeln“ entstanden ist, der die klassische Rentenlogik auf den Kopf stellt.

      Gutverdienende profitieren von Sonderegel
      Profiteure dieser Sonderregeln sind vor allem die Angestellten in den sogenannten freien "verkammerten“ Berufen, also angestellte Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Architekten. Sie alle dürfen sich (gemeinsam mit ihren selbständigen Berufskollegen) in berufständischen Versorgungswerken organisieren und damit von der gesetzlichen Rentenversicherung verabschieden. Betroffen sind insgesamt rund 630.000 Personen. Ihr Vorteil: sie bleiben als gutverdienende Versicherte mit relativ geringen Invaliditätsrisiko unter sich und können im Alter mit sehr hohen Renten rechnen. Verglichen mit der gesetzlichen Rentenversicherung liegen die Bezüge in den Versorgungswerken rund doppelt so hoch.

      Über 200.000 Selbstständige, die per Zwang in die Rentenversicherung eingegliedert werden, fühlen sich Verlierer der Sonderregelung. In vielen Fällen müssen sie dabei sogar gleich doppelt einzahlen, weil sie neben dem "Arbeitnehmerbeitrag" auch noch den „Arbeitgeberbeitrag“ zahlen, ohne dass dies ihre Rente steigert. Zu den Betroffenen zählen die freiberuflichen Hebammen, selbständige Lehrer, Küstenfischer, Küstenschiffer und Seelotsen - Selbständige mit kleinen und mittleren Einkommen, die in die Rentenkasse zahlen müssen, während die gutverdienenden freien Berufe, ob angestellt oder selbständig tätig, unter sich bleiben dürfen.


      Ungleichheit im Gesundheitswesen
      Besonders auffällig wird diese "Rentenunlogik“ im Gesundheitswesen. Die rund 20.000 Hebammen arbeiten oft Hand in Hand mit den angestellten Klinikärzten bei der Geburtshilfe zusammen. Das Rentenrecht behandelt sie jedoch höchst unterschiedlich. Während die Klinikärzte sich durch ein Befreiungsrecht in lukrative Ärzteversorgungswerke verabschieden, müssen die Hebammen, auch wenn sie selbständig auf eigene Rechnung arbeiten, in die Rentenkassen einzahlen.

      Historisch gibt es dafür durchaus eine Begründung. So galten Hebammen zu Beginn des letzten Jahrhunderts als besonders schutzbedürftig. Sie verdienten nicht viel und sollten zumindest im Alter eine kleine Absicherung haben. Beschlossen wurde das erstmals in einer Verordnung vom 8.10.1929 (veröffentlicht im Reichsgesetzblatt 1929, Teil 1, S. 151). In die für Selbständige seinerzeit verschlossene Rentenkasse rein zu kommen, war damals ein Privileg. Heute jedoch hat sich dieser Schutz eher in eine Benachteiligung verkehrt.

      Auch weiterhin verdienen die Hebammen nicht gerade üppig. Doch die hohen Versicherungsbeiträge für die Rentenversicherung - außerdem sind noch Beiträge für Kranken-, Haftpflicht-, Berufsunfähigkeitsversicherung und Berufsgenossenschaft fällig - bringen viele von ihnen in arge Schwierigkeiten. Fazit: Hebammen bleibt so gut wie keine Chance, zusätzlich finanziell fürs Alter vorzusorgen. Eine zusätzliche Vorsorge wäre eigentlich nötig, denn wer als freie Hebamme heute den Regelbeitrag von 464,10 Euro in die Rentenversicherung einzahlt, wird dafür später nach 45 Versicherungsjahren vermutlich (in heutigen Preisen ausgedrückt) weniger als 1000 Euro Rente bekommen.

      Auch für die Befreiung der gutverdienenden Angestellten in den so genannten Kammerberufen (Ärzte, Apotheker etc) gibt es eine nachvollziehbare historische Gründe. Anlässlich der großen Rentenreform 1957 wollte der Gesetzgeber die Selbstständigen und Freiberufler ausdrücklich nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung haben. Sie sollten - weil ohne Schutzbedarf - nicht von den Vorteilen der dynamischen Rente profitieren und mussten sich in eigenen Versorgungswerken organisieren. Einher mit dieser Richtungsentscheidung ging die gleichzeitige Erlaubnis für die angestellten Ärzte, Rechtsanwälte etc, sich von der Rentenversicherungspflicht befreien zu lassen (§ 7, Absatz 2 des Angestellten-Versicherungs-Gesetz AVG). Seit dem verabschieden sich die angestellten Ärzte, Apotheker und ihre niedergelassenen Kollegen aus der staatlichen Rente.

      Zwar öffnete der Staat die Rentenkasse 1972 wieder für die Selbständigen, an dem Privileg der Befreiung für die Angestellten hat dies nichts geändert. Der Bundestag bestätigte es sogar in mehreren Entscheidungen, zuletzt 1995. Damals wurde übrigens auch für den vorläufig letzten Berufsstand der Kammerberufe, die Steuerberater, die Befreiungsmöglichkeit für Angestellte beschlossen. Seitdem gründen sich auch für diesen Kammerberuf eigene Versorgungswerke. Zuletzt 2002 für Hessen und 2003 für Brandenburg. Die Prognosen fürs Alter sind rosig: So rechnet die Steuerberaterversorgung in NRW vor, dass ein 30-jähriger Steuerberater, der 35 Jahre lang Höchstbeiträge einzahlt (derzeit 994,50 Euro Arbeitgeber und Arbeitnehmerbeitrag zusammen) mit 65 eine Rente von 3461 Euro bezieht. Wer schon mit 25 anfängt, bekäme sogar 4.435 Euro. Ein Betrag, der nach nur 40 Berufsjahren aus der gesetzlichen Rente nie und nimmer zu erzielen ist.

      Pro und contra Bürgerversicherung
      Prof. Diether Döring (Universität Frankfurt) kritisiert, dass gerade gutverdienende Gruppen aus der Solidarität der Rentenversicherung austreten. Damit werde die Beitragsbasis für die Verbleibenden im System geschwächt. Die Konsequenz seien höhere Beitragssätze. Gerechter wäre ein schrittweises Einbeziehen aller Erwerbstätigen in ein Rentensystem, also Arbeiter, Angestellte, Beamte, Selbständige und Freiberufler.

      Gefordert hatte genau dies auch der SPD-Parteitag in Bochum vor zwei Wochen - eine Bürgerversicherung in der Rente. Die Arbeitsgemeinschaft der berufsständischen Versorgungswerke (ABV) wies die Idee jedoch vehement zurück. Wenn die Versorgungswerken nicht mehr wie bisher automatisch neue Versicherte bekommen, seien die 80 Versorgungswerke in ihrer Existenz bedroht. Die ABV führt zudem verfassungsrechtliche Bedenken ins Feld. Angesichts der praktizierten Mischfinanzierung aus Kapitaldeckungs- und Umlageverfahren seien die Versorgungswerke auf das Nachwachsen junger Mitglieder angewiesen. Somit wäre die Einbeziehung der Angestellten in den verkammerten Berufen zwingend erforderlich.

      Mit Eingriffen in das bestehende System der berufständischen Versorgung würden bestehende Anwartschaften gefährdet und somit in bestehende Eigentumsrechte eingegriffen. Dies gelte auch dann, wenn nur neue junge Versicherte in die staatliche Rente gezwungen werden. Diese Auffassung unterstütze unter anderem ein Gutachten von Prof. Rupert Scholz. Dem Bundesgesetzgeber ist es laut Scholz verwehrt, die Mitglieder der Versorgungswerke in eine Volks- oder Bürgerversicherung zu überführen. Auch das Recht auf Befreiung von der Beitragspflicht zur Rentenversicherung (§6, Absatz 1 SGB IV) hält Scholz für unantastbar. Den Versorgungswerken, die auf ewigen Neuzugang angewiesen seien, würde damit die Grundlage entzogen.

      Versorgungswerke mit guter Lobby
      ABV-Geschäftsführer Michael Jung verweist zudem darauf, dass es keinen Sinn mache ein System wie der berufsständischen Versorgungswerke, „das ohne jeden staatlichen Zuschuß funktioniert, seine demographischen Probleme alleine löst, in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen“. Man vertraue auf die mehrfach geäußerte Zusicherung der Bundesregierung, die Versorgungswerke nicht anzutasten. Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder hat in diesem Sinne klar Position bezogen und befindet sich damit im Widerspruch zum offiziellen SPD-Parteitagsbeschluss. Als Rechtsanwalt ist Schröder übrigens selber Mitglied in einem anwaltlichen Versorgungswerk und weiss die gute Absicherung für Freiberufler im Alter zu schätzen.

      Internationaler Vergleich
      Prof. Diether Döring (Universität Frankfurt) verweist darauf, dass die Probleme in der praktischen Umsetzung, kein Hinderungsgrund sein dürften, das nicht mehr zeitgemäße, heillos gegliederte deutsche Altersversorgungssystem zu modernisieren. In nahezu allen europäischen Nachbarländern, insbesondere Niederlande, Dänemark und der Schweiz, sei eine Einbeziehung aller Arten von Erwerbstätigkeiten bereits umgesetzt. In den Zeiten, in denen eine typische Erwerbsbiographie zunehmend den häufigen Wechsel zwischen Angestellter und selbständiger Tätigkeit bringen werde, sei dies die angemessene und auch solidarischste Form der Alterssicherung. Berufsständische Zusatzversorgungssysteme seien davon unbenommen und könnten auch weiterhin existieren.

      Erst unmittelbar vor Ausstrahlung von Plusminus erreichte die Redaktion eine Stellungnahme des zuständigen Bundesministeriums für Gesundheit und Soziales: An eine Veränderung der gegenwärtigen Rechtslage sei nicht gedacht. Der Gesetzgeber - so teilte eine Sprecherin von Bundessozialministerin Ulla Schmidt, SPD, mit - nehme Rücksicht auf die überwiegend bereits seit Jahrzehnten bestehende Existenz von derartigen Versorgungswerken. Ein Privileg für die Freiberufler könne die Bundesregierung daran nicht erkennen, da die Versorgungswerke anders als die gesetzliche Rentenversicherung ohne Bundeszuschüsse auskommen müsse. Ein Befreiungsrecht für weitere Gruppen, beispielweise für die freien Hebammen, komme hingegen nicht in Frage: Dies sei für die Solidargemeinschaft nicht hinnehmbar.



      Dieser Text gibt den Fernseh-Beitrag vom 2.12.03 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.




      Mittwoch, 03. Dezember
      Avatar
      schrieb am 03.12.03 14:01:11
      Beitrag Nr. 2 ()
      Allen Hebammen Deutschlands sei empfohlen eine GmbH mit einstimmiger Beschlußfassung zu gründen. (kompetenten RA/Steuerbrater konsultieren.)
      Damit sind meines Wissens alle Gesellschafter aus der RV-Pflicht draußen.
      Evtl. bietet sich über die Organisation als GmbH auch sonst noch Vorteile wenn quasi im Auftrag gearbeitet wird.

      Wenn ich RV pflichtig werde bin ich pleite!
      (Ja ich bin einer von den dämlichen Unternehmern die nicht mal in DEM ein 6stelliges Bruttogehalt hatten/haben. Ich arbeite dran ist aber absolut nicht mein Primärziel. Die Unabhängigkeit der Arbeitszeit etc. ist mir einiges Wert.)
      Und wer schreibt mir eigenlich vor in Rente gehen zu müssen? Ich will was zu tun haben bis an mein Ende. Selbstverständlich ist der Zwang das Notwändige monatlich heranzuschaffen zu müssen, nicht so angenehm aber wenn man es geschafft hat diesen zu reduzieren, wäre ich schon zufrieden.
      Avatar
      schrieb am 03.12.03 14:16:10
      Beitrag Nr. 3 ()
      #2

      sehr vernünftige und sympathische äußerungen

      mfg 44673
      Avatar
      schrieb am 03.12.03 14:16:23
      Beitrag Nr. 4 ()
      ...und warum hat keiner der normalen Gutverdienenden (weil eigentlich auch "ohne Schutzbedarf") bisher geklagt, um in eine Vorsorgungskasse rein zu kommen (oder zumindest aus der gesetzlichen RV raus zu kommen)?

      Ich nehme an, kein Jurist würde so einen Fall annehmen - aus eigennützigen Gründen.....

      d
      Avatar
      schrieb am 03.12.03 14:28:35
      Beitrag Nr. 5 ()
      #2
      Bernd,
      wichtig ist, dass sie in der GmbH einen beherrschenden Einfluss ausüben; d.h. Beteiligung 50% und mehr. Dann wird ihnen, auch als angestellte Geschäftsführerin, kein Arbeitnehmerstatus zugesprochen und sie sind aus der RV-Pflicht draussen.

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      Avatar
      schrieb am 03.12.03 14:38:00
      Beitrag Nr. 6 ()
      "...einstimmige Beschlußfassung..." war bei mir in einer vorherigen GmbH ausreichend. Ich war nicht GF, hab nur ab und an auf Rechnung für die GmbH gearbeitet(was aber nichts mit Thema RV zu tun hat.).

      Damit hatte ich ja quasi "beherrschenden Einfluss"

      BdB
      Avatar
      schrieb am 03.12.03 17:46:20
      Beitrag Nr. 7 ()
      #2
      Mir geht es genauso!
      Ich bin als Lebensmittelchemiker freiberuflich tätig.
      Zur Zeit habe ich noch "Elternzeit" und deshalb keine Probleme mit der BfA.
      Wenn die von mir Geld sehen wollen, kann ich meine Arbeit einstellen:( .
      Avatar
      schrieb am 03.12.03 18:00:17
      Beitrag Nr. 8 ()
      # gjauch, ich bin verdutzt! Hattest du etwas anderes erwartet? Das ist doch systemimmanent!
      Alle beschlossenen segenannten" Reformen" bezwecken doch nur den der Besserverdienenden! Nicht ein Arbeitsplatz wird dadurch geschaffen!!
      Avatar
      schrieb am 03.12.03 22:30:19
      Beitrag Nr. 9 ()
      zu#1
      die renten in den versorgungskassen liegen, bei gleicher einzahlung im schnitt 3x so hoch wie in der bfa.
      das rührt daher:

      1. sie müssen die renten der ganzen ausländer, pardon, russlanddeutschen, die auch nach 5 jahren kaum deutsch sprechen mitfinanzieren
      und
      2. sie haben nichts zu tun mit den ganzen verwaltungs- funktionäre in der bfa


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