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    EU-Stabilitätspakt am Ende? - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 06.11.04 11:35:59 von
    neuester Beitrag 24.11.04 00:04:04 von
    Beiträge: 13
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      schrieb am 06.11.04 11:35:59
      Beitrag Nr. 1 ()


      Griechenland: OECD-Bericht verhindert

      Griechenland hat nicht nur jahrelang falsche Defizitzahlen an die EU-Behörde in Brüssel gemeldet, sondern auch die Veröffentlichung eines kritischen OECD-Berichts blockiert.

      In einem in der Geschichte der OECD einmaligen Vorgehen hat die inzwischen abgewählte Regierung des Sozialisten Kostas Simitis verhindert, dass der Economic Survey 2004 in diesem Frühjahr und somit mitten im griechischen Wahlkampf publiziert wurde. Die konservative Nachfolgeregierung unter Kostas Karamanlis hat bisher noch keinen Vertreter nach Paris entsandt, um die Studie wie üblich vor der Veröffentlichung mit den anderen OECD-Staaten zu diskutieren. Somit liegt der Länderbericht, der sich mit der irreführenden Defizitstatistik Griechenlands befasst, noch immer unveröffentlicht im Pariser OECD-Quartier. Im vorhergehenden Länderbericht, der 2002 erschien, hatte die OECD bereits auf Ungereimtheiten bei den griechischen Zahlen hingewiesen.

      http://www.wiwo.de/pswiwo/fn/ww2/sfn/buildww/id/125/id/81262…
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      schrieb am 06.11.04 23:23:00
      Beitrag Nr. 2 ()


      Schröder fordert flexibleren Stabilitätspakt

      Verknüpfung mit «Lissabon» und Nettozahlungen - Bundeskanzler Schröder hat am EU-Gipfel vom Donnerstag und Freitag eine Grundsatzdebatte über den Stabilitätspakt gefordert. Berlin verknüpft das Ringen um den Pakt mit der Lissabon-Strategie und dem nächsten EU-Finanzrahmen.

      Der deutsche Bundeskanzler Schröder hat anlässlich der Diskussion des Europäischen Rates der Staats- und Regierungschefs (ER) über die Lissabon-Strategie, die bis 2010 die Wettbewerbsfähigkeit der EU stärken soll, eine Grundsatzdebatte über den Stabilitätspakt gefordert. Damit wurde deutlich, dass er die kürzlich eingeleitete Reformdiskussion über den Pakt, der von den Mitgliedstaaten unter anderem die Begrenzung des Staatsdefizits auf 3% des Bruttoinlandproduktes fordert, nicht den Finanzministern allein überlassen will. Angesichts der noch schwachen Binnennachfrage, sagte er gemäss Delegationskreisen, sei «mehr finanzpolitischer Spielraum für Wachstumspolitik nötig». Im Zuge dieser Verbindung zur Lissabon-Wachstumsförderung überlegt Schröder wie andere auch, bei der Defizitberechnung Forschungsausgaben abzuziehen. Neu hinzu kommt bei ihm aber die Sympathie für die Idee, Nettobeiträge an den EU-Haushalt abzurechnen.

      Deutschland schwingt die Finanzkeule

      Denn laut deutschen Regierungskreisen besteht auch ein «zwingender Zusammenhang» zwischen der Pakt-Reform und den ebenfalls laufenden Debatten über den EU-Finanzrahmen 2007-13. Die EU-Kommission könne nicht einerseits den Finanzrahmen fröhlich ausschöpfen und anderseits auf das 3%-Kriterium pochen. In den Finanzverhandlungen kommt Deutschland eine Schlüsselstellung zu, da es in absoluten Zahlen mit einem letztjährigen operativen Nettobeitrag in den EU-Haushalt von 7,7 Mrd. Euro grösster Nettozahler ist. Es liegt deshalb nahe, die deutschen Hinweise als Drohung mit der Finanzkeule zu interpretieren: Soll Berlin weiter die Rolle des Zahlmeisters spielen, muss sein Ruf nach einem «flexibleren» Stabilitätspakt erhört werden.

      Juncker in Schlüsselposition

      Eine Schlüsselrolle kommt nun dem luxemburgischen Premier und Finanzminister Juncker zu, der im Januar für sechs Monate den ER-Vorsitz und zugleich für zwei Jahre die Führung der Euro-Gruppe (Finanzminister der Euro-Staaten) übernimmt. Juncker sprach sich vor Journalisten dafür aus, die Debatten über den Pakt und die Halbzeitüberprüfung der Lissabon-Strategie parallel zu führen und unter der luxemburgischen EU-Präsidentschaft abzuschliessen. Unter den diskutierten Pakt-Reformen erwähnte er auch die Idee, Investitionen und Nettozahlungen in einen Katalog für die Haushalt-Beurteilung aufzunehmen. Aus EU-Kreisen wurde dazu ergänzt, nach Ansicht mancher Regierungen sei es sinnvoll, Derartiges zwar nicht vom Defizit abzuziehen, aber wenigstens bei der Bewertung und der Definition des Defizitabbau-Pfades zu berücksichtigen.

      Zur Lissabon-Strategie selbst brachte der Gipfel wenig Neues. Der ER bekräftigte deren Gültigkeit und Bedeutung, und er lud die neue Kommission ein, bis Ende Januar Vorschläge für ihre Halbzeitbewertung vorzulegen. Dabei soll auch dem Kok-Bericht (vgl. NZZ vom 3. 11. 04) Rechnung getragen werden, dessen Vorschläge aber zum Teil bereits herb kritisiert worden sind. So lehnten Schröder, Juncker und der Österreicher Schüssel jährliche Ranglisten über die Umsetzung der Lissabon-Ziele durch die Mitgliedstaaten ab.

      http://www.nzz.ch/2004/11/06/wi/page-article9Z543.html][u
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      schrieb am 07.11.04 00:04:16
      Beitrag Nr. 3 ()
      das wird der Anfang vom Ende, die Eröffnung eines globalen Abwertungswettlaufes.

      Anstatt Wettbewerbsfähigkeit strukturell zu schaffen, geht man nun diesen Weg.

      Zugleich wird man durch Geldentwertung besser die Schulden los - sofern nicht die Zinsen steigen !

      Immerhin ist es leichter, schleichend Sparvermögen zu entwerten, weil die nicht so hellen Sparer eben erst dann bei Auszahlung ihrer LV merken, daß sie sich von der schönen Summe nix mehr kaufen können, als jetzt Staatsgeschenke zu streichen oder Steuern zu erhöhen.

      Schröder ist ein skrupelloser Populist, der vor keinem Trick, und sei er noch so belastend für unsere Zukunft, zurückschreckt, wenn es seinem Machterhalt dient.

      Leider ist dieser Charakterzug nicht nur bei Schröder gut ausgeprägt :(
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      schrieb am 07.11.04 18:22:12
      Beitrag Nr. 4 ()
      (3)

      Denali,

      ganz meine Meinung! Ich gehe auch davon aus, daß die Regierungen sich ihrer Schulden durch Inflation entledigen wollen.
      Avatar
      schrieb am 08.11.04 08:39:16
      Beitrag Nr. 5 ()


      Verheugen sägt am Stabilitätspakt

      Schröders Mann in Brüssel heißt Günter Verheugen. Der designierte Industrie-Kommissar der Europäischen Union hat sich für eine Lockerung des EU-Stabilitätspaktes ausgesprochen und liegt damit auf einer Linie mit dem Bundeskanzler.

      Berlin/Brüssel - "Das Problem ist ja, dass eine zu rigide Auslegung des Stabilitätspaktes bei der Defizitgrenze in einer wirtschaftlichen Situation, wie wir sie in Deutschland haben, die Gefahr einer kontraktiven Finanzpolitik birgt", sagte Verheugen der "Financial Times Deutschland". Es gehe um eine flexiblere Anwendung des Paktes, der eine Defizitobergrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes vorschreibt.

      Der SPD-Politiker erklärte, es gebe interessante Vorschläge für die Ausnahme von bestimmten Ausgaben bei der Defizitberechnung. "Aus Deutschland kam der besonders kreative Einfall, die Nettoleistungen an die EU herauszurechnen", sagte Verheugen. "Dieser Vorschlag löst natürlich eine gewisse Besorgnis aus bei den Nettoempfängern."

      Verheugen betonte: "Ich möchte keinen Zweifel daran lassen, dass der Stabilitätspakt wichtig ist und dass wir dieses Drei-Prozent-Ziel als eine Art Basis-Linie auf jeden Fall nicht aufgeben dürfen." Dennoch dürften die Ausführungen des designierten Industrie-Kommissars die Debatte um Defizitregeln erneut anheizen.

      Bundeskanzler Gerhard Schröder hat unterdessen seine Forderung nach einer flexiblen Auslegung der Defizitkriterien unterstrichen. Er setzt auf eine Einigung bis zum Sommer kommenden Jahres.

      Schröder sagte am Freitag am Rande eines EU-Gipfeltreffens in Brüssel, der Pakt müsse wachstumsfreundlicher interpretiert werden. "Wir brauchen mehr Wachstum in Europa zumal in Deutschland. Das ist nur zu machen, wenn man mehr Flexibilität für die Mitgliedstaaten bei der Finanzierung erreicht", sagte Schröder. Er sei zuversichtlich, dass sich dies unter luxemburgischer EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2005 durchsetze.

      Die Bundesregierung will trotz der von der Steuerschätzung erwarteten Mindereinnahmen im kommenden Jahr wieder die Bedingungen des Stabilitätspakts erfüllen. Deutschland hat 2002 und 2003 die Defizitgrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes überschritten und wird das Limit im laufenden Jahr ebenfalls nicht einhalten können.

      http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,326538,00.html][u

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      schrieb am 08.11.04 09:34:10
      Beitrag Nr. 6 ()
      Steuerzahlerbund will Schuldenuhr im Bundestag
      - Abgeordnete sollen Staats-Verschuldung "ständig vor Augen" haben



      Der Bund der Steuerzahler will seine Schuldenuhr im Reichstagsgebäude aufhängen. Der Präsident des Steuerzahlerbundes, Karl-Heinz Däke, habe Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) in einem Brief vorgeschlagen, die Schuldenanzeige im Bundestag zu installieren, berichtet die "Bild"-Zeitung. Damit solle den Abgeordneten "die dramatisch steigende Staats-Verschuldung ständig vor Augen" gehalten werden, sagte Däke der Zeitung.

      Auf der Digitalanzeige der Schuldenuhr ist zu sehen, wie die Verbindlichkeiten des Bundes mit einer Geschwindigkeit von derzeit 2660 Euro pro Sekunde zunehmen.


      -------------------------------------------------

      also ich tippe mal, daß man diesen Vorschlag aus "ästhetischen" Gründen ablehnen wird.
      Avatar
      schrieb am 09.11.04 10:12:38
      Beitrag Nr. 7 ()


      Immer schön an der Steuer vorbei

      Die allermeisten Griechen mögen ihren Fiskus ganz und gar nicht. VON GERD HÖHLER , 08.11.04, 07:00h

      Athen - Auch in diesem Jahr wird Griechenland, wie schon 2002 und 2003, das höchste Haushaltsdefizit in der Eurozone erwirtschaften. Sechs Prozent vom Bruttoinlandsprodukt könnte der Fehlbetrag dieses Jahr ausmachen, doppelt so viel wie die im Stabilitätspakt festgesetzte Obergrenze.

      „Kai ti egine...“, sagen sich die meisten Hellenen, was so viel heißt wie: na und? Schulden sind nichts, das einen Griechen um den Schlaf bringt. Und jedem ist klar, dass die Kassen des Finanzministers Jorgos Alogoskoufis leer sein müssen. Wo doch keiner Steuern zahlt!

      Steuerhinterziehung ist ein Volkssport in Griechenland. Fast alle machen mit. Der Arzt zum Beispiel, in dessen Schreibtischschublade zunächst einmal mindestens 100 Euro verschwinden, bevor er auch nur das Stethoskop aufsetzt oder der Patient Aaaaa sagen darf. Rezepte schreiben sie gern, aber zum Quittungsblock greifen die allerwenigsten Doktoren.

      Die Sache mit der Quittung

      Damit tun sich auch die meisten Handwerker schwer. Einen Beleg? Da macht der Elektriker eine gequälte Miene, als habe er gerade einen Stromschlag bekommen. „Dann wird es aber teurer“, warnt der Meister, „schon wegen der Mehrwertsteuer“. Wer dennoch auf einer Quittung besteht, darf nicht hoffen, dass ein Handwerker kommt, wenn beim nächsten Mal ein Wasserhahn tropft, die Waschmaschine streikt oder ein Kurzschluss die Wohnung ins Dunkel stürzt. „So was spricht sich schnell rum“, sagt der Installateur Charalambos.

      Auch wer beim Rechtsanwalt auf einen ordnungsgemäß abgestempelten Beleg für das gezahlte Honorar hofft, wird meist enttäuscht, beim Steuerberater sowieso. In den Einzelhandelsgeschäften dagegen bekommt man die Quittungen inzwischen förmlich nachgetragen. „Ihr Kassenzettel, ihr Kassenzettel!“, rufen die Verkäuferinnen den Kunden nach. Denn vor der Tür könnte ein Steuerfahnder lauern. Wird man mit prall gefüllter Einkaufstüte, aber ohne Quittung angetroffen, droht nicht nur dem Verkäufer ein Verfahren. Auch der Kunde, der auf einen Beleg verzichtete, kann zur Rechenschaft gezogen werden.

      Inzwischen gibt es in allen griechischen Einzelhandelsgeschäften Registrierkassen, selbst im entlegensten Bergdorf. Das haben die Finanzämter immerhin durchgesetzt. Aber es ist ein offenes Geheimnis, dass gerade auf dem Land die meisten Geschäfte nach wie vor an den Büchern vorbeilaufen.

      http://www.ksta.de/servlet/CachedContentServer?pagename=ksta…
      Avatar
      schrieb am 10.11.04 10:07:42
      Beitrag Nr. 8 ()


      Geldpolitik: "Die Risiken für die Wirtschaft haben sich erhöht"

      10. November 2004 Die Wirtschaft im Euro-Raum wird von dem hohen Ölpreis und von der Aufwertung des Euro in die Zange genommen. Zugleich steigt die Inflationsrate, und die Preisrisiken nehmen zu. Otmar Issing, Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank (EZB), ordnet die Herausforderungen an die Geldpolitik ein.

      Herr Issing, die EZB scheint über die jüngste Aufwertung des Euro nicht sonderlich besorgt zu sein. Täuscht der Eindruck?

      Zum Wechselkurs Euro-Dollar kann ich nur die Worte von Präsident Trichet wiederholen, der von einer in jüngster Zeit brutalen, also höchst unwillkommenen Entwicklung gesprochen hat.

      Sehen Sie im amerikanischen Leistungsbilanzdefizit eine Gefahr für den Dollar und Gefahren für den Euro-Kurs?

      Im Urteil über das amerikanische Leistungsbilanzdefizit besteht Konsens darüber, auch mit unseren amerikanischen Kollegen, daß ein Defizit in der gegenwärtigen Höhe - fast 6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts - nicht dauerhaft sein kann. Einigkeit herrscht ebenso in der Analyse der entscheidenden Ursache, nämlich der "Sparlücke" in den Vereinigten Staaten. Ein wichtiger Beitrag zum Abbau des Leistungsbilanzdefizits liegt daher in der Verringerung des amerikanischen Haushaltsdefizits. Der Euro-Raum muß seinen Beitrag leisten, indem er höheres Wachstum generiert und mit besseren Investitionsbedingungen Kapital anzieht.

      Die Inflation im Euro-Raum steigt, die Geldmenge und die Überschußliquidität steigen, die realen Zinssätze liegen bei rund null Prozent. Warum erhöht die EZB nicht den Zinssatz, um die expansive Geldpolitik zu dämpfen?

      Ihre Beschreibung der Situation entspricht weitgehend unserer Analyse, allerdings mit einer entscheidenden Ausnahme. Wir sehen nach wie vor gute Aussichten dafür, daß die Inflationsrate mittelfristig unter die Marke von 2 Prozent sinkt.

      Worin gründet dieses Urteil?

      Auf der monetären Seite setzt unser Szenario voraus: Die Überschußliquidität setzt sich nicht in Preissteigerungen um. Sie wird durch die Umkehr von Portfolioumschichtungen und stärkeres reales Wirtschaftswachstum abgebaut. Auf der realwirtschaftlichen Seite bedarf es einer Fortsetzung des moderaten Lohnanstiegs; in Verbindung mit dem Anstieg der Produktivität sinken die Lohnstückkosten. Die Risiken für die Preisentwicklung haben sich aber vergrößert. Es sind einige bedrohliche Wolken am Horizont aufgezogen, nicht zuletzt in Form des starken Ölpreisanstiegs. Wir haben zudem in diesem Jahr wiederum erlebt, daß die öffentliche Hand durch Erhöhungen von indirekten Steuern und administrativen Preisen einen erheblichen Preissteigerungsschub bewirkt hat. Auch dieser Bereich zählt zu den Risiken für die Preisentwicklung. Wenn all diese Faktoren unter Kontrolle bleiben, kann man zuversichtlich sein, daß auf mittlere Sicht die Inflationsrate unter 2 Prozent fällt.

      Spielt in Ihrem Szenario eine Rolle, daß der Anstieg des Ölpreises das Wachstum dämpfen wird und dadurch die Inflation in Schach hält?

      Der Ölpreisanstieg hat mittelfristig einen abschwächenden Effekt auf das Wachstum, aber kurzfristig dominiert eindeutig der ölpreisbedingte Kostenanstieg.

      Kann der Ölpreisanstieg die Wirtschaft im Euro-Raum wieder in die Stagnation zurückdrängen?

      Die Risiken für die weitere Belebung der Wirtschaft haben sich ebenso wie die Preisrisiken erhöht. Aber von einer Stagnationsgefahr kann nicht die Rede sein.

      EZB-Präsident Trichet erwartet ein Wachstum "nahe dem Potentialwachstum", das mit 2 bis 2,5 Prozent geschätzt wird. Rechnet die EZB für das kommende Jahr mit einem Wachstum von weniger als 2 Prozent?

      Das Wachstum im Euro-Raum lag in der ersten Jahreshälfte sogar über dem Potential. Das dritte Quartal dürfte etwas schwächer ausgefallen sein. Alles in allem bewegen wir uns in der Größenordnung des Potentialwachstums, wobei eine Wachstumsrate von 2,5 Prozent nicht mehr unserer Einschätzung des Potentials entspricht. Wegen der andauernden Investitionsschwäche haben wir sicher ein niedrigeres Potentialwachstum, das eher am unteren Rand der von Ihnen genannten Schätzungen liegt.

      Ist der Eindruck richtig, daß die EZB die direkten Effekte des Ölpreisanstiegs auf die Inflationsrate durchlaufen lassen möchte und erst dann geldpolitisch reagieren wird, wenn sich Zweitrundeneffekte zeigen?

      Der Ölpreisanstieg zeigt sich zum Beispiel direkt in den Preisen an den Tankstellen. Er setzt sich indirekt fort über die Inputpreise der Unternehmen. Sogenannte Zweitrundeneffekte würden auftreten, wenn zum Beispiel die Gewerkschaften versuchten, den ölpreisbedingten Kaufkraftverlust durch höhere Lohnforderungen auszugleichen. Anders als in den siebziger Jahren ist dieses Vorhaben gegenwärtig glücklicherweise nicht zu beobachten. Die EZB läßt im übrigen keinen Zweifel aufkommen: Sie würde solche Zweitrundeneffekte keinesfalls mit einer akkomodierenden Geldpolitik honorieren.

      Was kann die Geldpolitik zudem leisten?

      Sie kann mit Mahnungen zu einem gesamtwirtschaftlich vernünftigen Verhalten aufrufen. Eine Notenbank muß zudem gerade in einer solchen Situation glaubwürdig bleiben mit ihrer Ankündigung, daß sie auf mittlere Frist die Preisstabilität erhalten wird. Nur auf dieser Basis wird ein Ölpreisanstieg als Einmaleffekt verstanden und nicht als Beginn eines Inflationsprozesses. In dem Zusammenhang kommt es ganz zentral auf die Kontrolle der Inflationserwartungen an.

      Die Inflationserwartungen liegen, gemessen an der Rendite inflationsindexierter Staatsanleihen, momentan bei etwa 2,2 Prozent, deutlich höher als vor einem Jahr. Ist das noch ein erträglicher Wert?

      Er ist höher, als wir es für wünschenswert halten. Wir beobachten diese Entwicklung aufmerksam und nicht ohne Sorge.

      Kann die hohe Überschußliquidität im Euro-Raum dazu beitragen, daß Zweitrundeneffekte schneller und intensiver auftreten werden als in "normalen" Zeiten?

      Preiserhöhungen müssen finanziert werden, dazu braucht man Liquidität. Wir sind uns dessen bewußt, und deswegen warnen wir auch vor den Gefahren, die von der Überschußliquidität ausgehen könnten.

      Viele Beobachter haben die im Oktober vorgestellten Studien zur monetären Analyse so gedeutet, daß die EZB die Bedeutung dieser Strategiesäule herabstufe. Teilen Sie dieses Urteil?

      Überhaupt nicht, ganz im Gegenteil. Wie jemand nach der Lektüre dieses Beitrags zu einem solchen Urteil kommt, ist mir schlicht unerklärlich. Wenn ich überhaupt nach einer Erklärung suche, dann kann sie nur darin liegen, daß die Fehleinschätzung auf dem Vorurteil basiert, nach dem die monetäre Analyse aus der Sicht des Beobachters keine Rolle spielen sollte. Unsere Studien sind geradezu eine Demonstration der Tatsache, wie wichtig wir die monetäre Analyse nehmen.

      Was ist die wichtigste Erkenntnis, die ein Leser aus diesen Studien ziehen sollte?

      Die Grundbotschaft ist erstens: Die monetäre Analyse ist und bleibt ein wesentlicher Teil der Strategie der EZB. Zweitens, die monetäre Analyse ist ein unverzichtbarer Beitrag zur Einschätzung der Risiken für die Preisstabilität in der Diskussion des Rates und in der Entscheidungsfindung. Drittens, die monetäre Analyse kann sich nicht in einem Vergleich etwa des Geldmengenwachstums mit dem Referenzwert erschöpfen. Die Zusammenhänge sind äußerst komplex und bedürfen der genauen Analyse. Das gilt im übrigen auch für die Analyse der ökonomischen Säule unserer Strategie. Auch dort kann man sich nicht einfach auf einige wenige Indikatoren verlassen. In der monetären Analyse scheint das immer noch manche zu überraschen.

      Gibt es einen Zeitrahmen, in dem der Zusammenhang zwischen Geldmengenwachstum und Inflation greift?

      Das sind mittel- und langfristige Zusammenhänge, das sind vorwiegend Vorgänge jenseits von ein oder zwei Jahren. Portfolioumschichtungen können den grundsätzlich stabilen Zusammenhang zwischen Geldmenge und Preisen vorübergehend unterbrechen. Wir haben auch untersucht, ob die Geldnachfrage instabil geworden ist. Am aktuellen Rand wird das Bild undeutlicher. Dieser Vorgang ist keineswegs ungewöhnlich, wie etwa die Erfahrungen der Bundesbank belegen. Aber es gibt bisher keinen überzeugenden Beleg dafür, daß die Geldnachfrage im Euro-Raum dauerhaft instabil geworden sei. Die EZB wird die Entwicklung weiterhin sorgfältig beobachten.

      Sehen Sie Anzeichen, daß es zu einem Strukturbruch in der Geldnachfrage gekommen ist? Halten die Menschen heute systematisch mehr Geld als früher?

      Das ist eine Frage, auf die wir alle noch keine abschließende Antwort wissen. Überlegen wir, was seit dem 11. September 2001 alles passiert ist: zwei Kriege, die permanente Gefahr des Terrors und als Folge davon erhöhte Unsicherheit. Menschen und Unternehmen reagieren auf Unsicherheit erfahrungsgemäß mit einem größeren Hang zur Liquidität. Die Frage ist nun, kehrt die dadurch erhöhte Geldnachfrage wieder auf den vorherigen Trend zurück oder handelt es sich um eine dauerhafte Erscheinung. Ein Strukturbruch, der eine dauerhafte Änderung verkörpert, ist mit einem anschließend stabilen Trend durchaus vereinbar.

      Die EZB begrüßt die Vorschläge für eine Reform des Stabilitätspakts insoweit, als sie Reformbedarf im vorbeugenden Teil des Paktes sieht. Gehen Sie damit das Risiko ein, daß der Pakt aufgemacht und dann ganz geändert wird?

      Wir warnen davor, den Text des Paktes zu ändern. Glücklicherweise hat niemand den Pakt und seine Grundlagen bei der Diskussion um die Verfassung in Frage gestellt. Die 3 Prozent für das Defizit und die 60 Prozent für den Schuldenstand sind in der Verfassung festgeschrieben. Das ist das eine. Das zweite: Wir warnen, die sekundäre Gesetzgebung, die Verordnungen, also den Text des Paktes, zu ändern. Damit könnte ein unkontrollierbarer Prozeß einsetzen. Beruhigend ist, daß man für die entscheidenden Veränderungen Einstimmigkeit benötigen würde.

      Warum darf man den Pakt nicht ändern?

      Die Probleme, mit denen wir gegenwärtig konfrontiert sind, liegen nicht am Pakt und an seinen Vorgaben. Einige Regierungen haben das entscheidende Erfordernis des Paktes verletzt, nämlich in Zeiten guter Konjunktur einen ausgeglichenen Haushalt beziehungsweise einen Überschuß zu erreichen. Letzteres gilt vor allem dann, wenn ein Land hochverschuldet ist. Die Länder, die sich an die Vorgabe eines soliden Haushaltes in Zeiten guter Konjunktur gehalten haben, kennen keine Probleme.

      Sollte man Ausgaben für Forschung und Bildung aus dem Defizit herausrechnen oder die Zahlungen an den EU-Haushalt?

      Die Phantasie auf diesem Gebiet ist offenbar grenzenlos. Diese Büchse der Pandora sollte man also besser nicht öffnen, sonst kommt am Ende jedes Land mit neuen Ideen.

      Müßte man die Regierungen mit Sanktionen dazu anleiten, sich auch in den guten Zeiten an den Pakt zu halten?

      Zu den Vorschlägen der Kommission gehört, die Frühwarnungen auf Phasen guter Konjunktur auszudehnen. Auch und gerade in solchen Zeiten muß der "peer pressure" (Gruppendruck) ernst genommen werden.

      Als eine Schwäche des Paktes gilt, daß Sünder über Sünder zu Gericht sitzen. Muß man der Kommission mehr Rechte einräumen?

      Eine Stärkung der Rolle der Kommission ist zu begrüßen.

      Die Renditen der Staatsanleihen im Euro-Raum sind derzeit vergleichsweise niedrig, die Anleihekurse hoch. Baut sich da eine "Blase" auf?

      Das Niveau der Renditen spiegelt einerseits den beschränkten Wachstumsoptimismus wider, andererseits aber auch die Glaubwürdigkeit der Notenbank, die Preise stabil zu halten. Wir leben insofern in einer neuen Welt langfristig stabiler niedriger Inflationserwartungen. Das ist ein großer Erfolg, und es gilt alles daranzusetzen, diesen Erfolg nicht zu gefährden.

      http://www.faz.net/s/RubEC1ACFE1EE274C81BCD3621EF555C83C/Doc…
      Avatar
      schrieb am 11.11.04 11:06:04
      Beitrag Nr. 9 ()


      Der Euro-Stabilitätspakt wird flexibilisiert

      Kommentar von Stephan Kaufmann

      Der währungspolitische Sachverstand der CSU ist außer sich: Einen "Anschlag auf einen völkerrechtlichen Vertrag" plane die Bundesregierung, schallt es aus dem christsozialen Lager, sie höhle das Fundament des Euro aus und "zerstöre damit das Vertrauen in die europäische Währung". Grund für die Aufregung sind die Änderungen am Euro-Stabilitätspakt, die sich die Bundesregierung wünscht: eine Neugewichtung der Schuldenlast, keine "mechanische Anwendung" der Defizit-Kriterien und "mehr Spielräume" bei der Eröffnung eines Strafverfahrens gegen Defizitsünder.

      Was die CSU als Angriff auf Völkerrecht und Währungsstabilität beklagt, dürfte genau jene wenig aufregen, die die Härte des Euro täglich prüfen: die Geldhändler an den Finanzmärkten. Ihnen galt der Stabilitätspakt nie als ehernes Gesetz, und ihnen bringen die Pläne der Bundesregierung auch nicht viel Neues. Vielmehr dürfte mit einer Neuregelung des Paktes nur bereits gängige Praxis in kodifiziertes Vertragsrecht überführt werden. Denn schon lange werden "Spielräume" bei der Eröffnung von EU-Strafverfahren großzügig genutzt, und auch die Regel, dass ein Euro-Staat seine Neuverschuldung auf drei Prozent der Wirtschaftsleistung begrenzen muss, wurde noch nie "mechanisch" angewendet - andernfalls hätte Deutschland schon längst ein Strafverfahren am Hals. Der Stabilitätspakt ist keine Gebrauchsanweisung zur Währungsstabilität, sondern ein umkämpftes Terrain. Die Finanzmärkte stört das nicht. Wie um die CSU zu ärgern, ließen sie den Euro am Donnerstag ertmals über die Marke von 1,30 Dollar klettern.

      http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/meinung/393987.h…
      Avatar
      schrieb am 12.11.04 19:18:05
      Beitrag Nr. 10 ()


      „Der Stabilitätspakt ist ein Geschenk des Himmels”

      Wim Duisenberg, der erste Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), wird an diesem Freitag in Frankfurt mit dem Walter-Hallstein-Preis geehrt. Der mit 20 000 Euro dotierte Preis wird von der Stadt Frankfurt, der Universität Frankfurt und von der Dresdner Bank an Vordenker der europäischen Integration verliehen. Die Auszeichnung ist benannt nach Walter Hallstein, dem früheren Präsidenten der Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Der 69 Jahre alte Niederländer Duisenberg stand von 1998 bis 2003 an der Spitze der EZB.

      Herr Duisenberg, die Europäische Währungsunion wurde oft als Mittel gesehen, um die Einigung Europas voranzubringen. Hat der Euro diese Aufgabe erfüllt?

      Ja. Aber die Integration Europas ist ein sehr langsamer Prozeß. Wir haben fünfzig Jahre gebraucht, um die monetäre Einheit zu erlangen. Nun wirkt die Währungsunion wie ein Katalysator, damit die Politik in allen Bereichen weiter harmonisiert wird, in der Sozialpolitik, in der Steuerpolitik, in anderen Bereichen.

      Sehen Sie im Interesse des Euro die Notwendigkeit, daß man die Finanzpolitik über die Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts hinaus harmonisiert?

      Nein. Ich sehe aber die Notwendigkeit, den Steuerwettbewerb zu begrenzen. Das beste Beispiel ist Irland, das durch sehr niedrige Unternehmensteuern Unternehmen und Beschäftigung anzieht. Es mag eine Generation oder länger dauern, aber man muß die Steuerpolitik so weit harmonisieren, daß die Besteuerung allein Unternehmen und Menschen nicht dazu bringt, von einem Land in ein anderes umzuziehen.

      Warum denken Sie das?

      Wenn wir keine Grenze setzen, hat der Steuerwettbewerb keine Grenzen. Wanderungen von Unternehmen und Menschen aus rein steuerlichen Gründen führen zu enormen wirtschaftlichen Umstrukturierungen. Die Arbeitslosigkeit in einem Land würde steigen, andere Länder erlebten Überbeschäftigung und eine überbeanspruchte Wirtschaft. So etwas können wir uns nicht leisten. Wir müssen verhindern, daß die Steuersätze zu sehr voneinander abweichen.

      Bedarf die Währungsunion eines größeren zentralen Haushalts in Brüssel, damit wirtschaftliche Spannungen zwischen den Euro-Staaten durch Transfers ausgeglichen werden können?

      Nein, überhaupt nicht. In Budgetfragen brauchen wir keine weitere Zentralisierung in Europa. Was wir aber sehr brauchen, sind die Regeln für die Finanzpolitik, die im Stabilitätspakt festgelegt sind. Der Pakt ist ein Geschenk des Himmels. Er war eine deutsche Erfindung, und ironischerweise haben die Deutschen den Pakt nahezu über Bord geworfen.

      Ist der Stabilitätspakt tot?

      Nein. Was mich in Deutschland immer beeindruckt hat, ist die Stabilitätskultur. Deutsche lieben keine Übertreibungen, sie lieben Stabilität. Wenn sie den Pakt mehr oder weniger ständig brechen, werden sie von den deutschen Wählern bestraft werden.

      Sollte der Pakt reformiert werden?

      Ich habe nie etwas davon gehalten, die Spielregeln zu ändern, wenn das Spiel noch läuft. Aber ich wünschte mir, daß die Europäische Kommission mehr Einfluß erhielte, um die Länder zur Einhaltung der Regeln zu bewegen und um die Gleichbehandlung von großen und kleinen Ländern zu gewährleisten.

      Befürchten Sie, daß der politische Druck auf die EZB zunimmt?

      Nein, diese Sorge habe ich nicht mal für eine Sekunde. Die Unabhängigkeit der EZB ist so fest im Vertrag verankert. Praktisch müßten Sie den Vertrag ändern; dazu bedarf es der Zustimmung von 25 Ländern und von 25 Parlamenten.

      Wird die gestärkte Euro-Gruppe der Finanzminister der Euro-Staaten den politischen Druck auf die EZB erhöhen?

      Die Euro-Gruppe wurde auf französische Initiative gegründet, um ein „Gegengewicht” zur EZB zu schaffen. Die EZB hat dem politischen Druck erfolgreich widerstanden. Die Euro-Gruppe hat sich dann zu einem nützlichen Gremium entwickelt, in dem die Finanzminister ihre Ideen über alles mögliche angleichen, aber nicht über die Geldpolitik. Diesbezüglich habe ich keine Sorgen. Jedoch sehe ich zunehmend die Gefahr, daß die Euro-Gruppe die Bedeutung der Europäischen Union untergräbt. In der Euro-Gruppe sind nur die Staaten vertreten, die den Euro eingeführt haben. Die Gruppe trägt dazu bei, daß Europa sich zu einem Europa der zwei Geschwindigkeiten entwickelt. Sie teilt Europa in gewisser Weise. Welche Konsequenzen außenstehende Staaten wie das Vereinigte Königreich oder Dänemark daraus ziehen werden, weiß ich nicht.

      Als EZB-Präsident haben Sie gesagt: „Ich bin Mr. Euro.” Was dachten Sie, als die Presse den neuen Präsidenten der Euro-Gruppe „Mr. Euro” nannte?

      Ich mußte ein wenig lachen. Unabhängig davon, ob ich die Euro-Gruppe mag oder nicht, ist es sinnvoll, daß sie einen für längere Zeit amtierenden Vorsitzenden erhält. Jean-Claude Juncker, der die Stelle einnehmen wird, weiß sehr, sehr gut, daß er in der Geldpolitik keinen Einfluß hat und nie haben wird.

      Was ist die größte Gefahr für den Euro-Raum? Der hohe Ölpreis, das amerikanische Leistungsbilanzdefizit?

      Nein, nicht der Ölpreis. Wenn der Ölpreisanstieg dauerhaft ist, handelt es sich um eine Änderung der internationalen Tauschverhältnisse. Das müßten wir dann schlucken. Wenn der Ölpreis wieder sinkt, gibt es gar keine Probleme. Das größte Risiko ist das große amerikanische Leistungsbilanzdefizit, das nicht andauern kann. Die Vereinigten Staaten müssen beginnen zu sparen und ihre Staatsausgaben reduzieren. Das ist nicht gut für das Wachstum in Amerika, und es ist nicht gut für die Weltwirtschaft.

      Droht dem Euro-Raum als Folge des amerikanischen Leistungsbilanzdefizits eine weitere Aufwertung des Euro?

      Die meisten Länder in Asien und in Lateinamerika haben ihre Währungen auf die eine oder andere Art und Weise an den Dollar gebunden. Aus moralischer Sicht ist das anomal, weil diese Länder das Defizit des reichsten Landes der Welt finanzieren. Eigentlich sollte Amerika seine armen Nachbarn finanzieren. Aber weil es so ist, trägt der Euro die Hauptanpassungslast, sollte der Dollar abwerten. Was können die Europäer machen? Auch wir könnten beginnen, Amerikas Defizite zu finanzieren, aber das wollen wir nicht. Wir haben bereits den Krieg in Vietnam finanziert, wir werden jetzt nicht den Krieg im Irak finanzieren. Das Ergebnis wird wahrscheinlich sein, daß die Länder in Asien und Lateinamerika aufwerten, und das ist gut so.

      Hatten Sie je das Gefühl, daß die Währungsunion zerbrechen könnte?

      Niemals. Die Währungsunion ist irreversibel. Die Deutschen haben für den Euro das Symbol ihrer nationalen Identität aufgegeben, die Mark. Ich bewundere Helmut Schmidt und Helmut Kohl, daß sie dieses Risiko eingegangen sind. Aber gerade deswegen ist die Währungsunion unumkehrbar.

      Haben Sie je bereut, die EZB verlassen zu haben?

      Nein. Vielleicht sollte ich ja und nein sagen. Die Arbeit als EZB-Präsident war die spannendste Zeit in meinem Berufsleben. Doch nach zwanzig Jahren als Notenbanker habe ich den Abschied nicht bereut. Aber ich bin immer noch ein wenig stolz, und das ist eine Schwäche von mir, wenn ich irgendwo in Europa einen Geldschein in die Hand nehme und darauf meine Unterschrift sehe.

      http://www.faz.net/s/Rub050436A85B3A4C64819D7E1B05B60928/Doc…
      Avatar
      schrieb am 23.11.04 23:52:38
      Beitrag Nr. 11 ()


      Vergesst Maastricht

      Der Euro-Stabilitätspakt wird missachtet, weil viele Staaten um höhere Schulden nicht herumkommen

      Thomas H. Wendel


      Wenn Europas Finanzminister zusammen sitzen, um über den Euro-Stabilitätspakt zu debattieren, dann setzen sie ernste Gesichter auf und ebensolche Kommuniques. So geschehen am Dienstag in Brüssel. "Von höchster Bedeutung" sei es, dass Griechenland sein Haushaltsdefizit abbaue, erklärten die Haushaltswächter. Eine Ermahnung, die dem Euro und dem 1991 im niederländischen Maastricht beschlossenen Stabilitätspakt wieder etwas von seiner ramponierten Vertrauenswürdigkeit zurückgeben soll. Schließlich wurde Ende September publik, dass Griechenland den Beitritt zur Gemeinschaftswährung mit geschönten Zahlen erreicht hat; am Montag wurde sogar klar, dass die Griechen dazu systematisch Haushaltszahlen frisiert hatten.

      Nun ist es ja schön, dass Politiker Wort halten wollen. Schließlich hatten sie Europas und insbesondere Deutschlands Bürgern einst versprochen, dass auf die harte Mark nicht ein weicher Euro folgt. Nur deshalb wurden alle Euro-Staaten darauf verpflichtet, jährlich nicht mehr als drei Prozent neue Staatsschulden bezogen auf ihre Wirtschaftsleistung zu machen. Dennoch muss gefragt werden, wer sich eigentlich noch für den Pakt interessiert.

      Die Politiker? Wohl kaum. Wie sonst ist es zu erklären, dass sie Belgien gestatteten, Teil des Euro-Raumes zu werden, obwohl das Land die Stabiltätskriterien nie erfüllen konnte. Oder nehmen wir Deutschland. SPD-Finanzminister Hans Eichel verletzt trotz Besserungsbekundungen seit Jahren die Stabilitätskriterien. Dass sich daran etwas ändern wird, ist unwahrscheinlich. Insgeheim weiß Eichel wohl selbst nur zu gut, dass auch die positiven Grundannahmen für den Haushalt 2005 kaum eintreten werden.

      Und die Wirtschaft? Sie jammert. Aber anders, als es aus Sicht der Stabilitätspakt-Konstrukteure erwartbar wäre. Dem Handel geht die Nachfrage aus. Deutschlands Bürger sparen für schlechte Zeiten. Ende der sechziger Jahre hatte eine Bundesregierung auf eine ähnliche Krise mit einem Stabilitäts- und Wachstumsgesetz reagiert, das höhere Staatsausgaben auf Pump vorsah, um Nachfrage zu schaffen. Heute muss sie zusätzliche Nachfrage nachträglich alimentieren: Über steigende Sozialausgaben für jene, die keinen Job haben.

      Auch die Exportindustrie klagt. Aber über einen hohen Euro-Wechselkurs gegenüber dem Dollar, der Europas Produkte verteuert. An den Börsen wiederum legte der Euro-Kurs just an jenen Tagen zu, an denen Griechenlands Betrug an den Euro-Kriterien aufgeflogen ist. Dass der Stabilitätspakt viel mit Politik, aber wenig mit wirtschaftlichem Denken zu tun hat, darauf deutet auch hin, dass die Kreditzinsen in Europa trotz fortgesetzten Verletzungen des Paktes niedrig geblieben sind. Und auch die Inflation ist im Griff.

      Zudem wird oft vergessen, dass der Staat auch aus finanzpolitischen Gründen dazu gezwungen sein kann, Schulden zu machen. Der Kapitalismus bringt nämlich nicht nur immer neue und schönere Produkte hervor, sondern auch immer größeren Reichtum. So ist das Geldvermögen aller Deutschen, errechnete kürzlich ein Bankenverband, 2003 um rund fünf Prozent auf 3,92 Billionen Euro angewachsen. Für diese Vermögen müssen renditeträchtige Anlagen vorhanden sein. Können die Unternehmen kein zusätzliches Kapital absorbieren (etwa weil Kredit-Sicherheiten nicht ausreichen), muss der Staat einspringen. Ansonsten droht der Wirtschaft im Extremfall ein Absturz in die Deflation.

      All das heißt nicht, dass ein Staat sich uferlos verschulden kann und soll. Natürlich müssen Finanzminister darauf achten, dass durch ihr Gebaren Kredite für die Wirtschaft nicht unnötig verteuert werden oder die Inflation angeheizt wird. Dafür braucht man aber nicht den Euro-Stabilitätspakt. Vergesst also Maastricht!

      http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/meinung/395719.h…
      Avatar
      schrieb am 23.11.04 23:53:54
      Beitrag Nr. 12 ()


      Barroso für flexiblen Stabilitätspakt

      Der Stabilitäts- und Wachstumspakt müsse "ökonomischer und flexibler" ausgelegt werden. Das sei aber nicht sein Ende, so der neue EU-Kommissionspräsident Barroso in einem Kurier-Interview (Mittwochausgabe). Barroso strebt demnach eine Feinabstimmung zwischen den extremen Forderungen an den Pakt an.

      Er teile nicht die Position derer, die den Pakt zur Religion erklären, aber auch nicht die Auffassung der anderen, die mehrere Ausgabenposten aus dem Defizit herausrechnen wollen. "Wir müssen ein Finetuning finden, um die Auswirkungen der Konjunkturzyklen auf die Entwicklung der Staatsdefizite berücksichtigen zu können", so Barroso laut "Kurier".

      Barroso zufolge habe der Stabilitätspakt der Währungsunion Erfolg gebracht. Der Euro sei heute für viele viel zu stark. Zugleich böten die niedrigen Zinsen eine exzellente Grundlage für ein starkes Wirtschaftswachstum.

      Nur mit einer wachstumsorientierten Politik könne Europa dem internationalen Wettbewerb trotzen. "Wir wollen das europäische Modell, das Wachstum und soziale Verantwortung kombiniert, nicht ändern", stellt Barroso klar. Im Lichte der Globalisierung der Märkte und des Alterungsprozesses der Gesellschaft müsse es aber Anpassungen geben. Europa brauche Reformen. Manche hätten diese notwendigen Änderungen ihrer Sozialsysteme schon angepackt. Kleinere Staaten, wie Finnland aber auch Österreich, würden sich dabei leichter tun, so Barroso.

      Neue Standards im Bereich Umwelt oder Soziales könnten erst dann definiert werden, wenn Wachstum und Jobs geschaffen seien. "Wenn uns dies nicht gelingt, verlieren wir unsere Konkurrenzkraft", betont Barroso. Dem zu entgehen sei eine der großen Herausforderung für die EU. Die andere sei der Kampf gegen den Terrorismus. Dabei müsse Europa seine Werte verteidigen. Freiheit und Menschenrechte seien nicht verhandelbar.

      http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/wirtschaft/artikel/_…
      Avatar
      schrieb am 24.11.04 00:04:04
      Beitrag Nr. 13 ()
      den total verschuldeten Sozialstaaten Europas bleibt garnichts anderes übrig, als ihre Schulden durch inflationäre Geldentwertung zu begleichen, weil sie sparunwillig sind und vor jeder Lobbygruppe einknicken.

      Was dem Staat nützt, entwertet zugleich die in Staatsanleihen zur Altervorsorge zurück gelegten Sparguthaben der Bürger, die hauptsächlich in Lebensversicherungen angelegt sind.

      Das wird ein böses Erwachen geben für die fleißigen Sparer. Und so entstehen aufgrund dieser entwerteten Ersparnisse neue Ansprüche gegen den Sozialstaat der Zukunft, womit letztlich mit einer Aufweichung des Stabilitätspaktes nichts gewonnen sein wird.


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