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    Tagebuch des 21. Jahrhunderts: Außerirdische Intelligenz - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 02.09.01 11:10:28 von
    neuester Beitrag 10.09.01 12:16:35 von
    Beiträge: 12
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      schrieb am 02.09.01 11:10:28
      Beitrag Nr. 1 ()
      Tagebuch des 21. Jahrhunderts: Außerirdische Intelligenz

      Tagebuch des 21. Jahrhunderts ist eine Serie im reg. W:O Sofa.
      Bisher erschienen: Parallelwelten Thread: Tagebuch des 21. Jahrhunderts: Parallelwelten, Die Wiederkehr der Infektionskrankheit Thread: Tagebuch des 21. Jahrhunderts: Die Wiederkehr der Infektionskrankheit, Der sich selbst erfindende Mensch Thread: Tagebuch des 21. Jahrhunderts: Der sich selbst erfindende Mensch, Demographische Katastrophen Thread: Tagebuch des 21. Jahrhunderts: Demographische Katastrophen, Der neue Limes Thread: Tagebuch des 21. Jahrhunderts: Der neue Limes, Ethik und Religion als Ware Thread: Tagebuch des 21. Jahrhunderts: Ethik und Religion als Ware, Die Wissensflut Thread: Tagebuch des 21. Jahrhunderts: Die Wissensflut, Wasser Thread: Tagebuch des 21. Jahrhunderts: Wasser.


      Sind wir allein ?

      Die Diskussion über außerirdische Intelligenzen hat sich immer zwischen zwei Extremen bewegt. Nahm man an, daß man am Himmel andere Welten sehen konnte, so stellte man sie sich in früheren Zeiten (schon in der Antike) als grundsätzlich bewohnt vor. Zu anderen Zeiten sah man in den Himmelsgebilden jedoch nur Lichter am Himmel, die die Erde als Mittelpunkt des Universums und einzigen bewohnten Ort umkreisen.

      Im Laufe des 20. Jahrhunderts wurden zwei Dinge klar: Zum einen, unser Sonnensystem ist, abgesehen von der Erde, eine Ansammlung lebensfeindlicher Welten. Wenn es anderes Leben im All gibt, dann ist es zu weit weg, um einfach dorthin zu reisen. Zum anderen, bei einer unfaßbaren Zahl von Sonnensystemen im All reicht eine geringe Wahrscheinlichkeit für die Bildung intelligenten Lebens aus, daß es eine Vielzahl anderer intelligenter Wesen im All gibt, nach denen zu suchen sich lohnt.

      Wie kommt man aber auf eine Abschätzung der Zahl der besiedelten Welten im All?

      Isaak Asimov hatte 1979 in Extraterrestrial Civilizations (erschienen bei Crown Publichers Inc., New York) vorgerechnet, daß es 390 Millionen Welten mit intelligenten, technisierten Zivilisationen in unserer Galaxis geben müsse. Nimmt man diese Zahl mal 3,3 Milliarden, kommt man auf den Schätzwert für das gesamte beobachtbare Universum. Zum Teil sind die Annahmen dieser Rechnung heute noch gültig.

      Aber es gibt auch Fehlannahmen, deren Korrektur es weitaus weniger wahrscheinlich machen, daß Intelligenz im Universum so verbreitet ist, wie es diese Rechnung suggeriert. Die Zweifel kommen schon auf, wenn man bedenkt, daß es nach dieser Rechnung im Umkreis von 100 Lichtjahren bereits besiedelte Welten geben sollte. Warum aber waren bisher alle Versuche, Funksignale von unseren Nachbarn im All aufzufangen, erfolglos? Warum hat uns noch niemand zumindest unbemannte Raumsonden gesandt? Andersherum gesagt, seit einigen Jahrzehnten ist es möglich, anhand unseres Funkverkehrs, unserer Radio- und Fernsehprogramme das intelligente Leben auf der Erde von anderen Sonnensystemen aus zu beobachten. Warum sind wir anscheinend bislang die einzige Welt, die sich so bemerkbar macht? Anscheinend war die Rechnung Asimovs und vieler anderer Wissenschaftler und Wissenschaftsjournalisten im 20. Jahrhundert zu optimistisch. Daher will ich diese Rechnungen auf den Prüfstand stellen.

      Von einer Welt, die intelligentes Leben hervorbringen soll, müssen wir folgendes erwarten: Es soll eine stabile Sonne besitzen, um die ein Planet im stabilen Orbit kreist. Dieses Orbit soll gerade so nahe oder fern von der Sonne liegen, daß dort Leben möglich ist. Katastrophen, die Leben auslöschen könnten, sollen über Jahrmilliarden ausgeschlossen sein. Es muß auch genug an schweren Elementen auf dem Planeten vorhanden sein. Das setzt voraus, daß es sich um eine Sonne der zweiten Generation handelt, die bereits von einer anderen Sonne durch Kernfusion hergestellte schwere Elemente zur Verfügung hat.

      In unserer Galaxis gibt es etwa 300 Milliarden Sterne, im gesamten Universum 3,3 Milliarden mal so viel. Ca. 90 Prozent dieser Sterne dürften Planeten haben. Etwa ein Viertel der Sterne sind weder zu klein, daß es keinen vernünftigen Orbit gibt, auf dem noch Leben möglich wäre, noch zu groß, daß sie zu schnell ihren Brennstoff aufbrauchen und deshalb für die Entstehung von Leben lang genug bestehen bleiben. Von den verbleibenden Welten dürften ein Drittel durch Doppelsternsysteme und ähnliches gestört sein. Dann muß man aber nochmal 90% der Sonnensysteme aussortieren, weil sie sich im Zentrum der Galaxis oder in Kugelsternhaufen befinden, wo die Strahlung zu hoch ist und Katastrophen durch die gegenseitige Beeinflussung der nahe beieinanderstehenden Sterne sehr wahrscheinlich. Damit verbleiben ca. 4,5 Milliarden Sonnensysteme in unserer Galaxis, in denen Leben aus astronomischer Sicht möglich wäre. Ab hier beginnen die Spekulationen.

      Wir erwarten nämlich, daß es in diesem Sonnensystem einen Planeten gibt, der sich in der nutzbaren Ökosphäre um die Sonne (nicht zu heiß und nicht zu kalt, also in richtiger Entfernung) mit richtiger chemischer Ausstattung (schwere Elemente, aber auch Wasser, Stickstoff, Kohlendioxid und Methan) auf nicht zu exzentrischer Bahn (zu große Temperaturextreme) und schneller Rotation (dito), mit Ozeanen (damit das frühe Leben vor zu starker Strahlung an der Oberfläche in tiefere Wasserschichten fliehen kann) und mit stabiler Tektonik (damit nicht zuviel Vulkanismus dauernd die Planetenatmosphäre verändert und dadurch immer wieder Leben abtötet). Vielleicht sind sogar Gezeitenkräfte (also ein nicht zu kleiner Mond) für die Entstehung von Leben essentiell. Wir wissen es nämlich nicht, welche Bedingungen für die Entstehung von Leben verantwortlich sind. Da wir nur unser Planetensystem kennen (außerhalb unseres Sonnensystems wurden nur Riesenplaneten größer als der Jupiter beobachtet), wissen wir über die Wahrscheinlichkeit solcher Planeten nichts. Asimov behauptete, daß diese Wahrscheinlichkeit etwa ein Achtel sei, aber mir scheint das extrem optimistisch. Tatsächlich dürfte ein solcher Planet sehr unwahrscheinlich sein. Die Wahrscheinlichkeit kann leicht bei 0,1 bis 0,001 liegen, also die Zahl solcher Planeten in unserer Galaxis bei 4 Millionen bis zu 400 Millionen liegen. Aber nicht alle dieser Planeten wären schon alt genug, um Leben zu tragen. Manche würden nie alt genug werden. Und die Gefahr, daß ein Kometeneinschlag zur falschen Zeit alles wieder zunichte macht, ist groß. Wahrscheinlich reduziert dies die Wahrscheinlichkeit einer belebten Welt noch einmal um ein Zehntel, so daß sogar nur 400000 bis 40 Millionen bewohnbare Planeten in unserer Galaxis sind.
      Avatar
      schrieb am 02.09.01 11:12:21
      Beitrag Nr. 2 ()
      Das eigentliche Problem – die Entstehung von Leben

      Nun geht man allgemein davon aus, daß auf jedem Planeten, der bewohnbar ist, auch Leben entstehen wird. Diese Vermutung ist aber falsch.

      Es gibt mehrere Schritte auf dem Weg zum Menschen, die extrem unwahrscheinlich sind.
      (Hier ist immer noch das Buch: Bruno Vollmert, Das Molekül und das Leben, Rowohlt 1985, eine interessante Quelle.)

      1. Das Entstehen biologischer Makromoleküle

      Wir wissen, daß die Bausteine für Leben, wie zum Beispiel Aminosäuren, spontan unter Bedingungen entstehen können, die wir für die Verhältnisse der Urerde halten. Leben erfordert jedoch, daß Ketten dieser Bausteine gebildet werden, sogenannte Polymere. Ein solches Polymer besteht aus einer großen Zahl Molekülen mit zwei Bindungsfunktionen und genau zwei Endgliedern mit nur einer Bindungsfunktion.
      Aus den Urerdeversuchen wissen wir jedoch, daß überwiegend monofunktionale Bausteine gebildet werden (z. B. Ameisensäure HCOOH, Formaldehyd, Alkohole, Amine z.B. NH2-CH3), jedoch nur selten z.B. Aminosäuren, die zwei Funktionen haben wie NH2-CH2-COOH. Nucleotide werden überhaupt nicht gebildet. Daher bilden sich in solchen "Ursuppen" vorwiegend Ketten von maximal drei Kettengliedern. Die hohe Zahl monofunktionaler Moleküle bricht jede Kettenbildung ab und verhindert das Entstehen von Polymeren.

      2. Die Stabilität biologischer Makromoleküle

      Die Biomoleküle liegen in wässeriger Lösung vor, der "Ursuppe". Der Vorgang, der bei der Bildung der Polymere stattfindet, beinhaltet eine Dehydrierung:

      NH2-CH2-COOH + NH2-CH2-COOH -> NH2-CH2-CO-NH-CH2-COOH + H2O

      Diese Reaktion gelingt einfach in wasserfreier Umgebung. In wässeriger Lösung verläuft sie in die Gegenrichtung, das heißt die ersten Biomolekülketten wurden hydrolytisch zersetzt und nicht gebildet. Leben erfordert den Schutz solcher Biomoleküle durch Lipidhüllen (also eine ölige Schutzhülle). Der Vorgang, der zur Entstehung biologischer Makromoleküle unter den Bedingungen der Urerde führt, konnte bis heute nicht im Labor nachgebildet werden.

      Aus der Sicht des Chemikers sind die Punkte 1 und 2 zwingende Gründe dafür, daß die Entstehung von Leben aus der „Ursuppe“ nicht etwa wenig wahrscheinlich, sondern unmöglich ist. Und das nicht etwa, weil wir nicht genug darüber wissen, sondern grundsätzlich, so, wie auch ein Perpetuum mobile unmöglich ist, weil es gegen die Hauptsätze der Thermodynamik verstößt. Ketten von Millionen von Nucleotiden oder von Tausenden von Aminosäuren, wie es für früheste Formen von Leben nötig wäre, konnten aus der Ursuppe nicht entstehen – nicht weil wir es nicht genau wissen, sondern weil es grundsätzlich unmöglich ist. Wie auch immer es geschah, wir reden hier über einen überaus schwierigen, vielleicht einmaligen Vorgang, der nicht in irgendeiner bisher verstandenen Weise stattfand. Selbst, wenn es gelingt, einen Mechanismus unter Beteiligung einer Abtrennung der Monomeren, in einem Ölfilm bei Wasserausschluß und unter Katalyse von Tonerden zu finden, reden wir automatisch über den Beginn des Lebens an ausgewählten Oberflächen, aber nicht im Meer. Der Vorgang kann dadurch viel weniger Lebensraum nutzen und wird dadurch langwieriger.

      3. Die Selbstorganisation der frühen Biopolymere

      Es reicht nicht, daß diese Biopolymere zufällig entstehen, sie müssen vielmehr ein sich selbst erhaltendes und vermehrendes System darstellen. Dieser Schritt scheint noch schwieriger zu sein. Aber hier könnte wissenschaftliche Forschung noch am ehesten zu neuen Erkenntnissen führen, die diesen Schritt zwingend machen.

      4. Die fehlende Ozonschicht der Urerde

      Das erste entstehende Leben auf der Erde war auf den Schutz eines Ozeans angewiesen, weil ohne schützende Ozonschicht die UV-Strahlung auf der Erdoberfläche ausreichte, um alle Biopolymere zu zerstören. Die Anwesenheit von Wasser reicht auf einem Planeten also nicht; es muß sich um eine tiefe Wasserressource handeln, eben einen Ozean. In diesem Ozean muß sich nicht nur Leben bilden, sondern dieses Leben muß auch die Photosynthese entwickeln, um Sauerstoff zu produzieren. Dieser Sauerstoff muß sich auf dem Planeten so anreichern, daß schließlich eine Ozonschicht daraus gebildet werden kann, die erst Leben an Land und in Seen und Flüssen ermöglicht. Leider ist dieser Sauerstoff aber für die Urlebewesen absolut giftig, denn diese sind an eine sauerstoffarme Umgebung angepaßt. Dieses Dilemma zu überwinden, ist ein sehr zufälliger Vorgang. Genauso gut hätte sich das erste Leben auch selbst vergiften können. Oder durch fehlende Erfindung der Photosynthese sich selbst aushungern können.

      5. Der Wettlauf gegen die Zeit

      Die Uratmosphäre ändert sich, sie ist nicht konstant. Leichte Gase gehen ins All verloren, Ausgasungen aus der Erde ändern die Zusammensetzung der Atmosphäre. Vielleicht ist nur ein gewisses Zeitfenster für die Entstehung des Lebens geeignet, so daß dies unter Zeitdruck stattfindet. Wird die Bildung von Leben verpaßt, geht der Planet dann entweder den Weg des Mars oder der Venus. Es gibt sogar eine Gaia-Hypothese, nach der Leben, ist es erst einmal auf einem Planeten entstanden, dessen Lebensbedingungen durch Rückkopplungseffekte konstant hält und so erst stabilisiert. Auch dies könnte die Wahrscheinlichkeit für Leben auf anderen Planeten reduzieren.

      Nimmt man also alle diese Hürden, so scheint die Entstehung von Leben auf anderen Planeten nicht etwa zwingend, sobald dieser Planet erdähnliche Bedingungen aufweist, sondern im Gegenteil extrem unwahrscheinlich. Wir haben nur ein einziges Beispiel für die Entstehung von Leben, und das ist die Erde. Aus der Entwicklung der Erde können wir keinerlei Schlüsse ziehen, wie wahrscheinlich bestimmte Schritte auf dem Weg zur Entstehung von Leben sind, denn die Erde mit ihrer Geschichte ist einmalig und vielleicht ist es sogar die Entstehung von Leben.
      Avatar
      schrieb am 02.09.01 11:13:11
      Beitrag Nr. 3 ()
      Selbst wenn es Leben gibt, gibt es auch Intelligenz ?

      Selbst wenn Leben entstanden ist, ist damit noch wenig gewonnen, denn zur Entstehung einer fremden technologischen Intelligenz, die mit uns kommunizieren könnte, gehört weitaus mehr.

      Ich nehme zunächst an, daß bei Entstehung von Leben auch zwangsläufig mehrzelliges Leben entsteht. Das ist keine triviale Annahme, denn immerhin ist auch dieser Schritt sehr schwierig und scheint auf der Erde einen Zeitraum von Milliarden Jahren in Anspruch genommen zu haben.

      Doch auch danach ist der Weg zur Entstehung technologischer Intelligenz schwierig.


      1. Sprachbegabte Intelligenz ist eine extrem kleine ökologische Nische


      Es sollte schon zu denken geben, daß in den ca. 500 Millionen Jahren, die Leben nun auf dem Land existiert, erst die letzten 100.000 Jahre ein Lebewesen hervorgebracht haben, das zum wissenschaftlichen Denken fähig ist (wovon es noch einmal 90.000 Jahre im Mesolithikum verbrachte, also ohne nennenswerte Zivilisation).

      Für die Entwicklung des Menschen war es nötig, daß sich ein soziales (wegen Spracherwerb), aber trotzdem individualistisches Lebewesen fand (Ameisen sind zivilisatorisch eine Sackgasse), das aufrecht geht und deshalb Hände frei hat, das bereits über hohe Intelligenz verfügt (Dinosaurier hatten zwar teilweise "Hände" frei, aber hier mußten sie passen), das Allesfresser ist (Fleischfresser müßten kräftiger sein und hätten eine andere Nische, Pflanzenfresser haben zu wenig Energie in der Nahrung, um ein so aufwendiges Gehirn wie beim Menschen zu entwickeln) und das monogam ist (ohne Hilfe des Mannes wird die lange Säuglingsperiode ein Problem, die aber Teil der hohen Intelligenz ist). Auch hier ist es so, daß wir, weil es passiert ist, nicht erwarten, daß diese geballte Ansammlung von Bedingungen vielleicht extrem unwahrscheinlich sein könnte. Ich möchte auch nicht mißverstanden werden, daß für einen anderen Planeten intelligentes Leben exakt die genannten Bedingungen hätte. Sie waren aber alle ursächlich für die Enstehung von Intelligenz beim Menschen. Menschen füllten ihre Nische deshalb, weil es besondere Anforderungen an die Intelligenz gab, die aus einer besonderen Vielfalt von Nahrungsquellen und daher Verhaltensmustern sowie eine besonders hohen Zahl an sozialen Kontakten bestand. Es hat sich hier auf der Erde nur ein einziges Mal intelligentes Leben gebildet, weil diese Nische besonders klein und speziell ist. Hingegen haben sich mehrfach fliegende Tiere (Insekten, Flugsaurier, Vögel, Fledermäuse) oder schwimmende Tiere (Fische, Seeschlangen, Wale, Seekühe, schwimmende Insekten) unabhängig voneinander gebildet, die nacheinander oder nebeneinander existieren. Staatenbildende Tiere gab es auch wiederholt (Termiten, Ameisen, Bienen usw., Präriehunde, Blindwühlen). Nur sprachbegabte Tiere gab es nur einmal, nur durch uns.

      Ich möchte nochmal betonen: die Nische, die der Mensch für sich gefunden hat, ist extrem spezialisiert. Der Mensch ist insoweit eine überangepaßte Spezies. Gleichzeitig belegt diese Nische fast 100% der festen Oberfläche dieses Planeten. Insoweit ist der Mensch eine unangepaßte Spezies. Und beides ist zur Entwicklung von Intelligenz zwingend erforderlich. Ein angepaßtes Wesen braucht keine Intelligenz zur Lösung immer neuer Probleme. Ohne den Zwang, Intelligenz zu entwickeln, wird sie nicht entwickelt, weil sie äußerst ressourcenfordernd ist.

      Im einzelnen:
      a) Spracherwerb: Der Spracherwerb war die treibende Kraft, ein so komplexes Großhirn zu entwickeln, wie es nun beim Menschen besteht. Entscheidend ist dabei die Verknüpfung von komplexen sozialen Kontakten und zugeordneten Sprachinhalten. Ohne eine komplexe Sprache ist ein Zivilisationsaufbau nicht möglich.

      b) Aufrechter Gang: Notwendig, um Hände zu haben, die ausschließlich darauf spezialisiert sind, komplexe Tätigkeiten auszuüben -> Druck auf das Gehirn, komplexer zu werden. Die Hände dürfen nicht Doppelfunktionen Laufen-Greifen haben, weil sie dann nicht auf "Handarbeit" spezialisiert werden können.


      c) Monogamie: Intelligente Lebewesen mit Spracherwerb brauchen Kinder, die jahrelang bei den Eltern bleiben und dabei versorgt werden müssen. Das ist nicht möglich, wenn das Weibchen bei der Kinderaufzucht allein gelassen ist.

      d) Gruppenwesen: Einzelgänger brauchen keine Sprache.

      e) Allesfresser: Der Mensch braucht einen Selektionsdruck in Richtung "Fähigkeit zum Lösen komplexer Probleme". Der ergibt sich, wenn die Nahrung sehr unterschiedlich ist. Ein Fleischfresser spezialisiert sich auf das Jagen von Beute. Ein Pflanzenfresser braucht für seine Nahrung nur wenig Intelligenz. Die Intelligenz der Gorillas wird kaum für den Nahrungserwerb, aber stark für den sozialen Austausch beansprucht. Menschen brauchen ihre Intelligenz sowohl für soziale Kontakte, als auch für die Sprache, als auch für besonders komplexe Aufgaben mit ihren Händen, als auch für den Erwerb sehr unterschiedlicher Nahrung, die auch noch mit aufwendigen Methoden genießbar gemacht wird (Menschen sind auf das Kochen und Zubereiten von Nahrung angewiesen).

      Ein weiteres Argument:

      Wenn es wirklich so einfach wäre, hohe Intelligenz zu entwickeln, warum bleiben Zahnwale und Delphine auf ihrer Stufe stehen? Sie sind doch vergleichsweise intelligent und müssen sich in ihrer Umgebung dreidimensional orientieren, pflegen soziale Kontakte und haben eine recht aufwendige "Sprache". Es ist nur ein Beispiel dafür, wie klein eigentlich die Nische ist, die der Mensch besetzt und die deshalb nicht auf jedem Planeten zu existieren braucht. Was ich mit dem Beispiel des Delphins meinte, der auch ohne Gruppe zu einem lebenstüchtigen Delphin heranreifen könnte ist, daß Menschen eine durch Sprache übermittelte Tradition und Erkenntnisse haben, die ihre genetischen Veranlagungen erweitern. Es gibt nur ganz wenige Beispiele von Traditionen im Tierreich, die ebenfalls wieder eher den Unterschied zwischen Menschen und Tieren betonen. Der außerirdische Beobachter würde genau diese prinzipiellen, nicht graduellen Unterschiede wahrnehmen, selbst wenn es keine technische Zivilisation, sondern nur Steinzeitmenschen auf der Erde gäbe.



      2. Von der Intelligenz zur technologischen Zivilisation


      Intelligenz setzt bei Lebewesen noch nicht voraus, daß sie eine technologische Zivilisation aufbauen. Die meisten Zivilisationen auf der Erde vermieden dieses nämlich. Sie tendieren dazu, stabile Gesellschaften zu bilden, in denen die Ansichten über "richtig und falsch" statisch bleiben. In ca. 100.000 Jahren Homo Sapiens verharrten wir ca. 90.000 Jahre im vorzivilisatorischen Stadium. Von den verschiedenen Kulturkreisen auf der Erde erfanden nur die Europäer die "Naturwissenschaften" im modernen Sinne und eroberten damit die gesamte Welt. Es ist nicht so selbstverständlich, wie wir denken, daß andere Völker früher oder später naturwissenschaftliche Erkenntnisgewinnung annehmen. Chinesen, indianische Hochkulturen, islamische Hochkulturen zeigen, daß es auch dogmatische Einstellungen geben kann, die den wissenschaftlichen Fortschritt auf einer bestimmten Stufe stehen lassen. Ohne die katholische Kirche stünden wir vermutlich noch heute auf der Stufe des Mittelalters, denn die Kloster ermöglichten die Erschließung antiken Bildungsguts und die Renaissance und die Gründung von Universitäten die Entwicklung wissenschaftlichen Denkens, die Mißstände in der katholischen Kirche und die daran geschärfte Kritik ermöglichten die Entwicklung skeptischen und kritischen Denkens.


      Fazit

      Fassen wir zusammen: Wenn wir Kontakt mit fremden Intelligenzen aufnehmen wollen, müssen es technologische Zivilisationen sein. Es gibt vielleicht 40.000 bis 40 Millionen bewohnbare Planeten in unserer Galaxis und 3,3 Milliarden mal so viele im Weltall (jedoch sind Welten außerhalb unserer Galaxis so weit entfernt, daß wir von ihnen selbst dann nie erfahren werden, wenn sie große Anstrengungen unternähmen, auf sich aufmerksam zu machen). Die Wahrscheinlichkeit für die Entstehung von Leben auf diesen Planeten ist jedoch unbekannt, wahrscheinlich aber viel geringer, als wir lange Zeit geglaubt haben. Selbst bei einer optimistischen Chance von 1:10.000 mit vielleicht bis zu 4000 belebten Welten in unserer Galaxis werden auf vielen dieser Welten keine intelligenten Lebewesen existieren. Und unter diesen bewohnten Welten werden nicht alle technologische Zivilisationen tragen. Es ist also möglich, daß wir in unserer Galaxis allein sind. Bei einer Chance von 1:10 für die Entstehung von Intelligenz und von 1:2 für die Entstehung technologischer Zivilisationen daraus gibt es in unserer Galaxis rechnerisch vielleicht nur 0,2 bis 200 Zivilisationen (tatsächlich natürlich mindestens eine – die unsere) und vielleicht zwischen 660 Millionen bis zu 660 Milliarden im gesamten Weltall. Letzteres hört sich nach viel an. Tatsächlich sind aber fast alle dieser Zivilisationen mindestens 1 Milliarde Lichtjahre von uns entfernt. Da wir noch keine Vorstellungen davon haben, wie lange überhaupt eine Zivilisation üblicherweise besteht, ist schwer zu sagen, wieviele davon überhaupt gerade zu unserer Zeit existieren. Über welchen Raum diese Zivilisationen verteilt sind, in dem Licht 12 Milliarden Jahre lang unterwegs ist, um vom Rand zum Zentrum zu gelangen, kann sich niemand vorstellen.
      Avatar
      schrieb am 09.09.01 09:50:54
      Beitrag Nr. 4 ()
      Hallo for4Zim,

      ein schöner Beitrag. Unsere ,für Ausserirdische, "Hörbare" Zivilisation existiert erst seit ca. 150 Jahren. Davor waren wir stumm. Das bedeutet auch, daß Planeten ausserhalb dieses Radius in Lichtjahren noch nichts gehört haben können. So verhält es sich mit jder Zivilisation.

      Entfernungen z. bsp. zum Andromedanebel (die nächste Galaxie) beträgt ca. 1 Mill. Lichtjahre. Eine Zivilisation die dort existiert und die wir hören können hätte die Signale vor 1 Mill. Jahren losschicken müssen. Und ob eine Zivilisation 1 Mill. Jahre existiert um noch heute mit uns Kontakt aufzunehmen kann keiner sagen. Die bisherigen (Irdischen) Erfahrungen lassen eher auf das Gegenteil schliesen. Wobei ein Zivilisation, die 1 Million Jahre existiert und sich weiterentwickelt einen Entwicklungsgrad erreicht, den wir uns heute noch nicht vorstellen können. Eventuell weit genug um Mikrowurmlöcher aus dem Quantenschaum zu extrahieren und das Entfernungsproblem zu lösen. Wobei sich hierbei wieder die Frage stellt. Warum sind Sie noch nicht hier?????

      Vielleicht hat eine fremde Zivilisation kein Interesse daran nach fremden Signalen zu forschen oder sich mitzuteilen, dann können wir suchen bis wir schwarz werden.

      Einen schönen Sonntag

      Lothar
      Avatar
      schrieb am 09.09.01 10:32:25
      Beitrag Nr. 5 ()
      Richtig xelzbrod, Zivilisationen, von denen wir irgendwie erfahren, werden sich höchstwahrscheinlich kulturell weit von uns fortentwickelt haben, denn wir stehen relativ zu möglichen Existenzzeiten technologischer Zivilisationen von Jahrmillionen mit unseren 50 oder 90 oder 200 Jahren (je nachdem, ab wann man rechnet) absolut am Anfang. Trotzdem würde ich zwei Dinge annehmen: technologische Zivilisationen sind auch, zumindest anfangs, neugierig und würden sich schon deshalb irgendwie bei uns melden. Und sie würden auch einfach eine Wolke von "elektronischer Verschmutzung" um sich verbreiten, eine Wolke ungerichteter Funk- und Rundfunksignale, die wir in einem gewissen Umkreis auffangen können müßten. Daher ist vielleicht doch die Fehlanzeige beim Auftreten außerirdischer Intelligenzen ein Hinweis darauf, daß sie sehr selten, sehr weit entfernt und wahrscheinlich auch zum schnellen interstellaren Reisen nicht befähigt sind. Aber es bleibt alles nur Spekulation.

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      Avatar
      schrieb am 10.09.01 09:12:42
      Beitrag Nr. 6 ()
      @for4zim: eine Interessante Ausführung. Ich habe jedoch meine Zweifel, ob der aufrechte Gang wirklich für die Entwicklung von Intelligenz erforderlich ist. Die Evolution mag auf anderen Welten völlig andere Ansätze für die körperliche Entwicklung des Lebens gefunden haben, so dass eine Spezies mit 6, 8 oder gar mehr Gliedmaßen den Sprung zur Intelligenz geschafft hat, ohne sich aufrichten zu müssen.

      Ich weiß, dass diese Voraussetzung auch von Wissenschaftlern vertreten wird. Trotzdem denke ich, dass sie so nur für unsere eigene kleine Welt gilt.

      gruß
      georgq
      Avatar
      schrieb am 10.09.01 10:23:56
      Beitrag Nr. 7 ()
      georgq, ich habe tatsächlich Wesen, die mehr als vier Gliedmaßen besitzen, außer acht gelassen. Das ist wahrscheinlich keine schwerwiegende Einschränkung, aber eine eigene Bemerkung wert. Sechsfüßer brauchen sicher keinen aufrechten Gang, sondern lediglich spezialisierte Greifgliedmaßen. Im Grunde ist das aber doch eine Entsprechung zum aufrechten Gang bei den Vierfüßlern. Eine tiefgehendere Frage ist, ob es wahrscheinlich ist, daß außerirdische Wesen vier Gliedmaßen haben oder mehr und ob sie eine äußerliche Zweier-Symmetrie haben, wie wir sie für Wirbeltiere kennen oder z.B. eine Dreier-Symmetrie oder gar eine Fünfer-Symmetrie wie Seesterne. In einem Science-Fiction wurde einmal darüber spekuliert, wie sich eine Dreiersymmetrie auf die Entscheidungswelt einer außerirdischen Spezies auswirken könnte, die ein simples ja oder nein nicht kennt, sondern nur verschiedene Modalitäten, die immer mindestens drei Möglichkeiten umfaßen, die alle ein bißchen von "vielleicht" in sich tragen.
      Avatar
      schrieb am 10.09.01 10:33:42
      Beitrag Nr. 8 ()
      Auch eine interessante Theorie. Weißt du zufällig, wie das Buch und der Autor heißen?
      Avatar
      schrieb am 10.09.01 11:01:15
      Beitrag Nr. 9 ()
      Ich versuche es herauszufinden. Das Buch ist bei mir in den Keller sortiert, das dauert immer :).
      Avatar
      schrieb am 10.09.01 11:25:03
      Beitrag Nr. 10 ()
      Danke für die Mühe. Kannst du mir das Ergebnis über Boardmail mitteilen? Ich muss sonst nach meinem Urlaub:D so lange suchen.

      gruß
      georgq
      Avatar
      schrieb am 10.09.01 11:51:37
      Beitrag Nr. 11 ()
      Schon gefunden. Naiomi Mitchison: "Memoiren einer Raumfahrerin". Erschienen bei Bastei als TB Bastei 22020. Bei Amazon sogar gebraucht erhältlich für zwischen 3,5 und 5,5 DM.
      Avatar
      schrieb am 10.09.01 12:16:35
      Beitrag Nr. 12 ()
      Danke!


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