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    Krieg gegen den Irak - warum? - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 26.09.02 11:16:10 von
    neuester Beitrag 26.09.02 11:43:49 von
    Beiträge: 5
    ID: 639.016
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      schrieb am 26.09.02 11:16:10
      Beitrag Nr. 1 ()
      Die aktuelle Argumentation für einen Krieg gegen den Irak basiert wesentlich auf einem Angst-Szenario: Saddam hat B- und C-Waffen, kann in Kürze evtl. auch A-Waffen besitzen; Saddam ist unberechenbar; Saddam ist ein Terrorist.
      Diese Argumente konnten zwar bisher nicht in allen Teilen definitv belegt werden, aber sie sind griffig und einfach zu vermitteln: Der ist böse - wir sind gut - der muß weg. Das kapiert auch der letzte Trottel im hintersten Dorf - auch ohne politisches Hintergrundwissen.

      Aber selten ist Politik wirklich so einfach und es lohnt sich, zumindest einmal zu fragen, ob dies denn die wirklichen - oder zumindest die einzigen - Gründe für einen Krieg gegen den Irak sind.

      In diesem Zusammenhang lohnt es sich zum Beispiel, über eine Suchmaschine einmal unter dem Namen "Scott Ritter" zu recherchieren. Der Mann - ein Marine-Offizier aus einer militärischen Familie stammend, war bis 1998 als Chef-Inspektor der der Waffeninspekteurs-Kommission der UN im Irak tätig.

      Er stellt das aktuelle, von der amerikanischen Regierung propagierte Bedrohungs-Szenario in Sachen Irak deutlich in Frage. Er verweist dabei auch auf die Umstände unter denen die Inspektionen im Irak 1998 auf amerikanische Initiative hin abgebrochen wurden. Ein interessantes CNN-Interview mit Scott Ritter ist hier zu finden:
      http://europe.cnn.com/2002/WORLD/meast/07/17/saddam.ritter.c…

      Sein Fazit: Ende 1998 waren die vorhandenen Massenvernichtungswaffen des Irak zu 90-95% zerstört, die Fabriken zur Herstellung neuer solcher Waffen zu 100%. Die verbliebenen 5-10% dieser Waffen sind inzwischen nicht mehr einsatzfähig. Es gibt seitdem keine stichhaltigen Beweise für einen Wiederaufbau solcher Anlagen. Um dies aber definitiv belegen und auch für die Zunkunft verhindern zu können ist es notwendig, dass die Waffeninspekteure in den Irak zurückkehren. Genau das versucht die amerikanische Regierung aber zu verhindern und propagiert stattdessen einen Krieg.

      Wenn man nun also zumindest einmal die Möglichkeit in Betracht zieht, dass die derzeit vorgegebenen Gründe evtl. nicht die wahren (oder doch zumindest nicht die einzigen) Gründe für die Kriegsabsichten sind, dann muss man sich fragen, ob und welche anderen Gründe es stattdessen geben könnte.

      Zum einen trifft hier der von unserer (bald Ex-)Bundesjustizministerin eingebrachte Hinweis, dass Machthaber zu allen Zeiten besonders dann Kriege begonnen haben, wenn ihnen innenpolitisch die Felle wegschwammen. Ein Hinweis übrigens, der auch ohne den dummen Hitler-Vergleich zutreffend bleibt. Bush hat nach der Hälfte seiner Amtszeit keine wirklichen Erfolge im eigenen Land vorzuweisen. Die amerikanische Wirtschaft befindet sich weiterhin auf Talfahrt und nach den letzten Äußerungen von A. Greenspan ist die Talsohle noch nicht erreicht. Genau wie bei uns werden in den USA die Fragen lauter, ob diese Regierung in der Lage ist, die wirtschaftliche Entwicklung umzukehren.

      Ein erfolgreicher Krieg gegen den Irak könnte hier in mehrfacher Hinsicht helfen:
      - Ablenkung von den Problemen im eigenen Land
      - Entfachung einer emotionalen Welle der Unterstützung
      - Aufträge für die Rüstungsindustrie
      - Sicherung des Zugangs zu Ölquellen

      Darüberhinaus bringt ein Blick auf die sog. "Bush-Doktrin" weitere Aspekte der strategischen Ausrichtung der amerikanischen Regierung ans Licht:
      – Kontrolle der vorder- und zentralasiatischen Transferstaaten vom Kaukasus bis zum Hindukusch;
      – Verhinderung der islamistischen Machtergreifung in Saudi-Arabien;
      – Konzentration des Interesses auf den Iran, Indien und China, wo neue Macht-Agglomerationen entstehen.
      Nachzulesen unter http://www.welt.de/daten/2002/02/27/0227fo317010.htx.

      Vielleicht liegt ja auch hier der wahre Grund dafür, dass die amerikanische Regierung sich so vehement dagegen wehrt, dass ihre Soldaten ggf. vor ein internationales Gericht gezerrt werden könnten. Denn auf dem Wege der Umsetzung der sog. Bush-Doktrin will man sich natürlich nicht einer solchen Kontrolle unterwerfen. Im Gegenteil: Ziel dieser Doktrin ist es ja gerade, amerikanische Interessen mit allen Mitteln durchzusetzen und sich von sämtlicher außeramerikanischen Einflussnahme zu befreien.

      Vor diesem Hintergrund der Bush-Doktrin könnte ein Krieg gegen den Irak nur der Anfang von einer gewaltigen Anstrengung der USA sein, die Weltpolitik neu zu sortieren - und zwar eindeutig mit dem Ziel: Festigung und Ausbreitung der alleinigen Vormachtstellung in der Welt - politisch, wirtschaftlich und militärisch. Das Grundprinzip, nach dem hier verfahren wird, hat Bush ja längst verkündet: Wer nicht für uns ist - ist gegen uns.

      Dass auf dieser Basis kein Platz mehr für gleichberechtigte Partnerschaften ist, dürfte klar sein. Daher scheint es an der Zeit zu sein, dass Europa näher zusammenrückt und mit möglichst geeinter Stimme eigene Positionen vertritt und diesem - in meinen Augen - amerikanischen Größenwahn Einhalt gebietet, solange dies noch möglich ist. Denn der anvisierte amerikanische Weg birgt nicht nur die Gefahr eines 3. Weltkrieges; selbst wenn er "erfolgreich" umgesetzt werden könnte, so würde dies für Europa auf lange Sicht zu einer totalen politischen und wirtschaftlichen Abhängigkeit führen. Was das konkret bedeuten könnte, hat man ja z. B. an der Einführung von 30%igen Schutzzöllen auf Stahlerzeugnisse schon einmal sehen können ...
      Avatar
      schrieb am 26.09.02 11:25:13
      Beitrag Nr. 2 ()
      klasse, endlich mal ein vernünftiger beitrag!!!!

      mfg

      marwin77
      Avatar
      schrieb am 26.09.02 11:32:10
      Beitrag Nr. 3 ()
      #1,

      gute zusammenfassung. sehe ich im kern ähnlich.
      spätestens and dem punkt, an dem sich bush hinstellte und sinngemäss sagte, wenn die uno nicht das entscheidet, was wir für richtig halten, sei sie überflüssig, müsste eigentlich jedem klar sein, welche geisteshaltung dahinter steckt und welche "wertschätzung" hier der völkergemeinschaft entgegengebracht wird!
      Avatar
      schrieb am 26.09.02 11:33:17
      Beitrag Nr. 4 ()
      SPIEGEL ONLINE - 26. September 2002, 10:43
      http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,215594,00.html

      Massenvernichtungswaffen
      Die Doppelmoral der Bush-Krieger

      Von Harald Schumann

      Mit der Gefahr durch ABC-Waffen in der Hand feindlicher Regime rechtfertigt die US-Regierung ihre neue Doktrin des gerechten Präventivkriegs. Doch Washingtons Strategen haben selbst entscheidend zur Aushöhlung der Uno-Verbotskonventionen und zur Verbreitung der Terror-Technologien beigetragen - nicht nur im Irak.

      Berlin - Der Besucher aus dem fernen Amerika schüttelte seinem Gastgeber herzlich die Hand. Dieser gab sich "lebhaft und vertrauensvoll", notierte ein Mitarbeiter der US-Botschaft. Dabei übermittelte der Sondergesandte aus Washington "die Grüße des Präsidenten und brachte seine Freude zum Ausdruck", die Hauptstadt des Gastlandes besuchen zu dürfen. Anschließend sprachen die Partner übers Geschäft und die Verbesserung der Beziehungen zwischen ihren Staaten.

      So schildert ein jüngst vom amerikanischen Magazin "Newsweek" zitiertes Protokoll des US-Außenministe-riums jene Begegnung, an die Amerikas Regenten heute nur noch ungern erinnert werden. Denn es war Donald Rumsfeld, heute Chef der gewaltigsten Streitmacht auf Erden, der einst, im Dezember 1983, im Auftrag des damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan in Bagdad das vertrauliche Gespräch mit Saddam Hussein suchte.

      In den folgenden acht Jahren, das ergaben Ermittlungen des US-Kongresses, scheuten die Regierungen der Präsidenten Reagan und Bush senior weder Kosten noch Mühe, um dem Despoten von Bagdad in seinem Angriffskrieg gegen den Iran beizustehen. Nach dem Prinzip, `der Feind meines Feindes ist mein Freund`, arrangierten sie nicht nur verdeckte Waffenkäufe über Ägypten sowie die Übergabe von militärisch wichtigen Daten der US-Satellitenaufklärung.

      Saddams Terrorwaffen, made in USA

      Zugleich billigten die US-Behörden auch den Kauf von Ausrüstung und Rohstoffen zur Herstellung biologischer und chemischer Waffen durch das Regime im Irak. So lieferten US-Labors zum Beispiel am 2. Mai 1986 vier Kulturen von Milzbrand- und Botulinus-Bakterien an das Irakische Bildungsministerium, beides Erreger, die der
      Herstellung von Bio-Waffen dienen können.

      Daneben durfte sich die irakische Atomenergie-Kommission unter den Augen der Exportkontrolleure des Washingtoner Handelsministeriums über mehrere Jahre hinweg in den USA mit Labor-Ausrüstung eindecken. Der Handel mit der Technik für die Massentötung setzte sich sogar noch fort, nachdem Saddam Hussein im März 1988 über 5000 Kurden mit einem Giftgasangriff hatte ermorden lassen. Insgesamt erteilten die US-Behörden nicht weniger als 711 Ausfuhrlizenzen für so genannte dual-use-Güter, die zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen benötigt werden.

      "Die Vereinigten Staaten versorgten die Regierung des Irak mit Materialien, die zur Entwicklung des irakischen Chemiewaffen, Biowaffen- und Raketen-System-Programms beitrugen", resümierte der Ausschussvorsitzende, Donald Riegle, im Jahr 1992.

      Heute, fast zwei Jahrzehnte nach Rumsfelds Besuch in Bagdad, stehen er und sein Präsident an der Spitze einer Regierung, die sich anschickt, wegen ebensolcher Waffen einen Präventivkrieg gegen den Irak zu führen. "Wenn die Feinde der Zivilisation offen und aktiv nach den zerstörerischsten Technologien der Welt streben, dürfen die Vereinigten Staaten nicht tatenlos bleiben", konstatiert die am vergangenen Freitag veröffentlichte neue "Nationale Sicherheitsstrategie" der Regierung Bush. Auch wenn "Zeit und Ort der Angriffe durch solche Feinde unsicher" seien, so künden Bushs Strategen, "werden die Vereinigten Staaten, wenn nötig, auch präventiv handeln, um feindliche Akte unserer Gegner zu
      vereiteln".

      Doch die Gefahren, die Washingtons Falken nun beschwören, um ihren geplanten Bruch mit dem Völkerrecht zu rechtfertigen, haben sie selbst und ihre Vorgänger aktiv mit herbeigeführt - und das keineswegs nur wegen ihrer unheiligen Allianz mit dem Schlächter von Bagdad während der achtziger Jahre. Vielmehr behindern und unterlaufen Amerikas Regierungen seit Jahrzehnten und bis heute Bemühungen der internationalen Staatengemeinschaft, der Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen wirksame Riegel vorzuschieben.

      Die Politik der Doppelmoral begann schon, da war die Vokabel "Nichtweiterverbreitung" (Nonproli-
      feration) gerade erst geboren. Gegen Ende der sechziger Jahre drängten die damals erst fünf Atommächte (USA, Sowjetunion, China, Frankreich, Großbritannien) unter massivem politischen Druck die übrige Welt zur Unterzeichnung des Atomwaffensperrvertrages, dem mittlerweile 185 Staaten beigetreten sind. Um die atomaren Habenichtse zu ködern, verpflichteten sich die Atomwaffenbesitzer in Artikel sechs des Vertrages zur "generellen und vollständigen Abrüstung" ihrer Atomarsenale "unter strikter und effektiver Kontrolle".

      Zugang zum Club der Unangreifbaren

      Das Versprechen war wegen des Kalten Krieges von Beginn an wenig glaubwürdig. Doch auch nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion übten sich die Atommächte in Ignoranz, allen voran die USA, wo der Kongress im Jahr 1992 sogar den Vertrag über das Ende von Atomwaffen-Tests zurückwies. Diese Verweigerung blieb nicht ohne Folgen. Schwellenländer sahen sich geradezu aufgefordert, sich durch den Aufbau eigener Atomwaffen-Arsenale Zugang zum Club der Unangreifbaren zu verschaffen.

      Folglich rüsteten sich die Inder schon ab 1977 mit Atomwaffen aus, nicht zuletzt unter Verweis auf das Arsenal des großen Nachbarn China. Dem indischen Beispiel folgte irgendwann in den achtziger Jahren Israel, das zwar keinen Demonstrationstest durchführte, über dessen Atomwaffenfabrik in der Negev-Wüste aber ausreichende Belege vorliegen. Und die "islamische Bombe" in den Händen von Saddam Hussein mag zwar durch den Golfkrieg und die anschließende Zerstörung der irakischen Atomlabors verhindert worden sein. Gleichwohl gibt es sie - in Pakistan, dessen Regime 1998 mit einer Serie von unterirdischen Bombentests seine Fähigkeit zum nuklearen Vergeltungsschlag demonstrierte.

      Insbesondere die Fälle Israel und Pakistan demonstrieren, wie Amerikas Kämpfer gegen die nukleare Bedrohung mit zweierlei Maß messen. Gewiss, Israel ist umgeben von feindlichen Nachbarn, die mit der ultimativen Waffe vor einem erneuten Überfall auf den Judenstaat abgeschreckt werden können. Ähnliche Abschreckung könnte freilich auch ein Beistandsvertrag mit den USA bewirken. So dient das israelische Atomprogramm den Hardlinern der arabischen Welt stets als Rechtfertigung für die Forderung nach eigenen Massentötungswaffen. Trotzdem enthielten sich die US-Regierungen beider Parteien bis heute jeder ernsthaften Kritik an Israels Atombewaffnung.

      Noch absurder ist der amerikanische Umgang mit Pakistan.

      Die Diktatur des Pervez Musharraf darf getrost als Brutstätte des internationalen Terrors bezeichnet werden. Sein Geheimdienst nährte nicht nur die Taliban bis zum abrupten Richtungswechsel nach dem 11.9. 2001. Daneben stützen Musharrafs Schergen auch die Islamisten in Kaschmir und regieren das Land mit brutalen Polize-istaatsmethoden bis zu Folter und Mord. Trotzdem erfreut sich die herrschende Offiziers-Clique in Islamabad der ungeteilten Unterstützung aus Washington, einschließlich großzügiger Milliardenkredite des Internationalen Währungsfonds.

      Im Klartext: Demokratie hin, Menschenrechte her, wer auf Seiten der USA steht, darf sich ungestraft ABC-Waffen verschaffen. Und das eigene Arsenal der Vereinigten Staaten bleibt ohnehin sakrosankt.

      Vor diesem Hintergrund sind die Methoden, mit denen Regierung und Parlament in Washington die Uno-Konventionen gegen die Verbreitung von Bio- und Chemiewaffen sabotieren, wenig überraschend. Gleich zwei mal demonstrierte die Bush-Administration in den vergangenen zehn Monaten, dass sie kein Interesse mehr an solchen Verträgen hat.

      Den ersten Sprengsatz an das Nichtverbreitungs-Regime im Rahmen der Uno legte Vize-Verteidigungsminister John Bolton, der in Washington den irreführenden Titel "Abrüstungsbeauftragter" führt, im vergangenen Dezember persönlich.

      Als die Vertreter der 144 Mitgliedstaaten der Bio-Waffen-Konvention in Genf zusammentraten, um endlich - nach sieben Jahren mühevoller Verhandlungen - ein Protokoll zu verabschieden, das wirksame Kontrollen vorschreiben sollte, ließ Bolton die Konferenz kurzerhand platzen. Die US-Regierung unterstütze dieses Vorhaben nicht mehr, teilte er mit; den verblüfften Diplomaten blieb nichts anderes übrig, als sich um ein Jahr zu vertagen.

      Vergangene Woche ließ Bolton mitteilen, dass seine Regierung an einer Fortsetzung der Verhandlungen kein
      Interesse mehr hat und alle Ideen für ein Kontroll-Regime gegen Bio-Waffen für "den falschen Ansatz" halte, bei
      dem zu befürchten sei, "das er grundsätzlich nicht funktioniert". Man könne doch "nicht glauben, dass 150 Länder am Tisch sitzen und von gleich zu gleich verhandeln, wenn einige die Konvention verletzen, über die man redet", erläuterte ein leitender US-Beamter der "Financial Times Deutschland" diese Position. Das sei, "als würden Mafia und Polizei über eine bessere Verbrechensbekämpfung reden."

      Die Biowaffen-Projekte der US-Army

      Erst recht, wenn das Pentagon Teil der Mafia ist. Denn nicht nur der Irak, Israel, Ägypten, China, Indien und
      Pakistan stehen im Verdacht. Auch die Vereinigten Staaten haben in Sachen Bio-Waffen einiges zu verbergen. So enthüllte die "New York Times" ein Woche vor den Anschlägen vom 11. September, dass die Regierung mindestens drei Projekte verfolge, die, wenn nicht den Paragrafen, so doch dem Sinn der Konvention fundamental widersprächen. Demnach arbeiten Wissenschaftler der US Army an einer Produktionsanlage für Biowaffen, an der Vorbereitung einer Testexplosion einer unvollständig ausgestatten Bakterienbombe und der Entwicklung eines gentechnisch veränderten Milzbranderregers, der gegen die gebräuchlichen Impfstoffe resistent ist.

      Nicht anders halten es die Bush-Krieger mit den chemischen Waffen. Zwar gelang es der Uno im Jahr 1997 die weltweit tätige Kontroll-"Organisation for the Prohibition of Chemical Weapons" (OPCW) zu gründen, deren 200 Inspektoren bis 2012 die Vernichtung aller Chemiewaffen-Bestände überwachen sollen. Doch die im Vertrag vorgesehenen unangekündigten Verdachtskontrollen können ausgerechnet in den USA gar nicht stattfinden. Mehrfach verwehrten US-Behörden den OPCW-Experten den Zugang zu bestimmten Einrichtungen. Und der Kongress verabschiedete dazu ein Gesetz, dass es dem Präsidenten erlaubt, die Inspektoren überhaupt abzuweisen, wenn deren Tätigkeit "die Sicherheit der Vereinigten Staaten" gefährde.

      Im April diesen Jahres erzwang die Bush-Regierung schließlich auch noch den Rausschmiss des noch ein Jahr zuvor einstimmig in seinem Amt bestätigten OPCW-Direktors José Bustani. Der 59-jährige brasilianische Diplomat hatte den Fehler begangen, ganz im Sinne seines Auftrages auch Saddam Hussein zur Unterzeichnung des Vertrages zu bewegen und damit seinen Kontrolleuren auch im Irak Zutritt zu verschaffen.

      Weil das dem Regime in Bagdad womöglich zusätzliche Legitimation verschafft hätte, stellten die Amerikaner kurzerhand ihre Beitragszahlungen ein und warfen Bustani "Kompetenzüberschreitung" vor. Anschließend schmiedeten sie eine Allianz zur Absetzung des als störrisch und eigensinnig gebrandmarkten Brasilianers, bei der neben den Europäern sogar die Delegierten des pazifischen Zwergstaates Kiribati als Stimmvieh eingespannt wurden. Bustani blieb nach der entscheidenden Abstimmung in Den Haag nur der Protest gegen den seiner Meinung nach "gefährlichen Präzedenzfall", bei dem erstmals auf Druck der USA der Chef einer multilateralen Institution während seiner laufenden Amtszeit davongejagt wurde.

      Es liegt nahe, all diese Widersprüche und Übergriffe der US-Strategen beim Umgang mit Massenvernichtungswaffen achselzuckend als jene Realpolitik anzusehen, wie sie eine komplexe und gewaltt-ätige Welt nun einmal erfordert. Doch gerade die jüngere Geschichte der US-Außenpolitik liefert zahlreiche Belege, dass sie zur Befriedung und Demokratisierung der Menschheit etwa so viel beiträgt wie die gefälschten Bilanzen von Enron und Co. zur Gesundung der amerikanischen Volkswirtschaft. Gleich ob im Falle des Irak oder Saudi-Arabiens, ob bei der UCK-Guerilla im Kosovo oder Afghanistans Gotteskriegern, allzu häufig mündete die US-Realpolitik am Ende im Ruf nach Schutz vor Amerikas Freunden von gestern - und ihren Waffen.

      Die "Selektivität der amerikanischen Politik" beim Umgang mit Massenvernichtungswaffen sei daher selbst ein zentrales Problem bei deren Bekämpfung, warnt Bernd Kubbig, Rüstungsexperte bei der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung. Daran werde auch der geplante Krieg gegen den Irak nichts ändern. Zu befürchten sei vielmehr, dass erneut ein "substaatlicher Boden für Terroristen" geschaffen werde. Für deren Zugriff auf die Technologien der Massenvernichtung ist der Weg nur noch kurz.
      Avatar
      schrieb am 26.09.02 11:43:49
      Beitrag Nr. 5 ()
      @JoeUp

      Danke. Wertvolle weitere Indizien für meine Vermutungen.

      Trotzdem kleiner Tipp:
      Das Einfügen solch langer Artikel im Wortlaut fördert nicht unbedingt die Diskussion. Ich denke, dass viele hier einen solch langen Artikel nicht wirklich lesen. Besser wäre einen kurze Zusammenfassung der wichtigsten Inhalte und ein Link auf den Originalartikel.


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