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    Bekenntnis eines Terroristen - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 24.01.03 11:43:00 von
    neuester Beitrag 28.01.03 10:51:41 von
    Beiträge: 19
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      schrieb am 24.01.03 11:43:00
      Beitrag Nr. 1 ()
      Bekenntnis eines Terroristen

      Der britische Schriftsteller John le Carré über den Irak-Krieg, die Mehrheit der Amerikaner und die Selbstgerechtigkeit der "Bush-Junta"


      Amerika ist in eine seiner Phasen historischen Wahnsinns eingetreten, aber diese ist meiner Erinnerung nach die schlimmste: schlimmer als der McCarthyismus, schlimmer als die Schweinebucht-Invasion und langfristig potenziell verheerender als der Vietnam-Krieg.

      Die Reaktionen auf den 11.September übersteigen alles, was sich Osama bin Laden in seinen niederträchtigsten Träumen erhofft haben könnte. Ebenso wie zu Zeiten McCarthys werden die Rechte und Freiheiten im Inland systematisch untergraben. Wieder einmal werden in den USA ansässige Personen ohne US-Staatsangehörigkeit hastig verfolgt. Männliche "Einwohner ohne Daueraufenthaltserlaubnis", die aus Nordkorea oder dem Nahen Osten kommen, verschwinden nach geheimen Beschuldigungen auf der Grundlage geheimer Richtersprüche in geheimer Internierung. In den USA ansässige Palästinenser, die zuvor laut Verfügung staatenlos und daher nicht abschiebungsfähig waren, werden Israel zu Neubesiedlung im Gaza-Streifen und im Westjordanland übergeben - Orte, die sie vielleicht vorher nie betreten haben.

      Keine amerikanische Regierung hat sich je so wenig in die Karten gucken lassen. Falls die Nachrichtendienste nichts wissen, ist dies das bestgehütete Geheimnis von allen. Es sei daran erinnert, dass diese Organisationen dieselben sind, die uns das größte Versagen in der Geschichte der Nachrichtendienste eingebracht haben: den 11. September.

      Der drohende Krieg war Jahre vor Bin Ladens Angriff geplant, aber erst er hat ihn ermöglicht.

      Ohne ihn würde die Bush-Junta sich immer noch an Erklärungen für so knifflige Angelegenheiten wie die Frage versuchen, wie es überhaupt zum Wahlsieg kam; oder zur Enron-Pleite; zur schamlosen Begünstigung ohnehin steinreicher Leute; zur rücksichtslosen Missachtung der Armen der Welt, der Umwelt sowie zu einer Unmenge von einseitig ausser Kraft gesetzten internationaler Abkommen. Sie müsste uns eventuell auch erklären, warum sie Israel bei dessen fortgesetzter Nichtbeachtung von Uno-Resolutionen unterstützt.

      Osama hat all dies praktischerweise unter den Teppich gekehrt. Die "Bushies" haben Erfolg: Die Mehrheit der Amerikaner will den Krieg, so wird uns gesagt. Der Verteidigungsetat der USA wurde um weitere 50 Milliarden Dollar auf rund 360 Milliarden erhöht. Eine grossartige neue Generation von US-amerikanischen Nuklearwaffen ist in Vorbereitung, maßgeschneidert für die angemessene Reaktion auf nukleare, chemische und biologische Waffen in den Händen von "Schurkenstaaten". Wir können also alle aufatmen.

      Und Amerika entscheidet nicht nur einseitig, wer diese Waffen besitzen darf oder nicht besitzen darf. Es behält sich ferner das einseitige Recht vor, seine eigenen Nuklearwaffen immer dann und immer dort bedenkenlos einzusetzen, wenn beziehungsweise wo es seine Interessen, Freunde oder Verbündete für bedroht hält. Wer genau diese Freunde und Verbündeten in den nächsten Jahren sein werden, bleibt - wie stets in der Politik - ziemlich rätselhaft. Man findet nette Freunde und Verbündete, daher bewaffnet man sie bis an die Zähne. Eines Tages sind sie dann keine Freunde oder Verbündeten mehr, also zerstört man sie mit Nuklearwaffen.

      An diesem Punkt lohnt es sich, darüber nachzudenken, wie viele Stunden und wie eingehend das "Kriegskabinett" der USA die Möglichkeit erwogen hat, Afghanistan im Gefolge des 11. September mit Nuklearwaffen anzugreifen. Zu unser aller Glück, aber besonders zu dem der Afghanen, deren Beteiligung am 11. September viel geringer war als die Pakistans, entschied es, sich mit 26 000 "konventionellen" Bomben zu behelfen, die nach allem, was man hört, ohnehin so viel Zerstörungsgewalt besitzen wie eine kleine Nuklearwaffe. Doch nächstes Mal passiert es richtig.

      Welchen Krieg die Mehrzahl der Amerikaner eigentlich zu unterstützen glaubt, ist weit weniger eindeutig. Einen Krieg mit welcher Dauer, bitte? Wie viele Amerikaner wird er das Leben kosten? Welche Kosten entstehen für den amerikanischen Steuerzahler? Und - wo die Mehrzahl der Amerikaner doch anständige, humane Leute sind - wie viele Iraker werden ihn mit dem Leben bezahlen? Wahrscheinlich ist es jetzt ein Staatsgeheimnis, aber "Desert Storm" hat den Irak mindestens doppelt so viele Menschenleben gekostet, wie Amerika im gesamten Vietnam-Krieg verlor.

      Wie es Bush und seiner Junta gelang, den Zorn der Amerikaner von Osama bin Laden auf Saddam Hussein umzulenken, ist einer der grossartigsten, auf der wundersamen Wirkung von Public Relations beruhenden Kunstgriffe der Geschichte. Aber sie haben die Sache geschaukelt. Laut einer kürzlich durchgeführten Meinungsumfrage glaubt jetzt jeder zweite Amerikaner, dass Saddam für den Angriff auf das World Trade Center verantwortlich war.

      Die amerikanische Öffentlichkeit wird jedoch nicht nur getäuscht. Sie wird bedroht, tyrannisiert, eingeschüchtert und in einem Dauerzustand von Unkenntnis und Furcht belassen, der ihre Abhängigkeit von der politischen Führung steigert. Die sorgfältig inszenierte Neurose dürfte Bush und seine Mitverschwörer mit ein wenig Glück am Ende bis zum nächsten Wahlsieg tragen.

      Jene, die nicht für Mr. Bush sind, sind gegen ihn, schlimmer noch, sie sind - siehe seine Rede vom 3. Januar 2003 vor Soldaten in Texas - für den Feind. Dies ist eigenartig, denn ich bin total gegen Bush, aber ich sähe nichts lieber als Saddams Sturz - nur nicht zu Bushs Bedingungen und nicht mit seinen Methoden. Und nicht unter dem Banner dieser abscheulichen Heuchelei.

      Der amerikanische Kolonialismus alten Stils breitet seine eisernen Flügel über uns allen aus. Mehr noch als auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges versinkt die schweigende Mehrheit der Amerikaner in einer großen Gemeinde der Ahnungslosen.

      Die religiöse Frömmelei, mit der amerikanische Truppen in die Schlacht geschickt werden, ist vielleicht der ekelhafteste Aspekt dieses drohenden surrealen Krieges. Bush hat Gott im Schwitzkasten.

      Und Gott hat sehr konkrete politische Ansichten.
      Gott hat Amerika dazu bestimmt, die Welt in jeder Weise zu retten, die Amerika zusagt.
      Gott hat Israel dazu bestimmt, das Bindeglied für Amerikas Nahost-Politik zu sein, und jeder, der an diese Vorstellung rüttelt, ist

      a) antisemitisch,
      b) antiamerikanisch,
      c) für den Feind und
      d) ein Terrorist.

      Auch pflegt Gott erschreckende Beziehungen. In Amerika, wo alle Menschen, wenn auch nicht voreinander, aber vor Ihm gleich sind, zählt zur Familie Bush: ein Ex-Gouverneur von Texas, heute Präsident, der Gouverneur von Florida sowie ein Ex-Präsident und Ex-Chef der CIA. Letzterer, Bush senior, kann einige vorteilhafte Kriege für sich verbuchen, sowie den wohlverdienten Ruf, ungehorsame Vasallen-staaten mit Amerikas Zorn heimgesucht zu haben. Ein begrenzter krieg, von ihm sorgsam inszeniert, richtete sich gegen seinen ehemaligen CIA-Kumpanen Manuel Noriega aus Panama, der ihm während des Kalten Krieges gute Dinste erwiesen hatte, aber, als dieser vorüber war, größenwahnsinnig wurde. Unverhohlener als damals hat sich Gewalt selten präsentiert, und die Amerikaner wissen das.

      Im Jahre 1993, als Ex-Präsident George Bush das ach so demokratische Königreich Kuweit besuchte, um dort den Dank für dessen Befreiung entgegenzunehmen, versuchte ihn jemand zu töten. Die CIA ist der Ansicht, dieser "jemand" sei Saddam Hussein gewesen. Daher heult Bush junior: "Dieser Mann hat versucht, meinen Daddy zu töten". Doch trotzdem ist dieser Krieg nicht persönlich zu nehmen. Er ist immer noch notwendig. Er ist immer noch Gottes Werk. Es geht immer noch darum, dem armen, unterdrückten irakischen Volk Frieden und Demokratie zu bringen.

      Um als Mitglied der Bush-Teams akzeptiert zu sein, muss man anscheinend auch an das absolut Gute und das absolut Böse glauben, und Bush, intensiv unterstützt von seinen Freunden, seiner Familie und Gott, ist dazu da, uns zu sagen, was gut und was böse ist. Meiner Ansicht nach dürfte ich böse sein, wenn ich dies hier schreibe, aber ich muss das überprüfen.

      Was Bush uns nicht sagt, ist die Wahrheit über die Gründe, warum wir in den Krieg ziehen. Zur Debatte steht keine Achse des Bösen - zur Debatte stehen Öl, Geld und Menschenleben. Saddams Pech besteht darin, dass er auf dem zweitgrößten Ölfeld der Welt sitzt. Iran, gleich nebenan, soll die größten Erdgaslager der Welt besitzen. Bush will beides, und wer ihm hilft, erhält ein Stück vom Kuchen. Und wer ihm nicht hilft, bekommt nichts.

      Wenn Saddam kein Öl hätte, könnte er seine Bürger nach Herzenslust foltern und ermorden. Andere Führer tun dies jeden Tag, aber sie sind unsere Freunde und Verbündeten.

      Tatsächlich stellt Bagdad keine offensichtliche und gegenwärtige Gefahr für seine Nachbarn dar und für Amerika oder Großbritannien erst recht keine. Saddams Massenvernichtungswaffen, falls er sie immer noch hat, sind "Peanuts" im Vergleich zu den Sachen, die Israel oder Amerika ihm in einer Frist von fünf Minuten entgegenschleudern könnten. Zur Debatte steht nicht eine bevorstehende militärische oder terroristische Drohung, sondern der ökonomische Imperativ amerikanischen Wachstums.

      Zur Debatte steht Amerikas Bedürfnis, uns allen seine Militärgewalt zu demonstrieren: Europa und Russland und China und dam armen, wahnsinnigen, kleinen Nordkorea ebenso wie dem Nahen Osten: es soll gezeigt werden, wer in Amerika im Inland herrscht und wer von Amerika im Ausland beherrscht wird.

      Interpretiert man Tony Blairs Rolle bei dieser ganzen Angelegenheit äußerst nachsichtig, so hat er geglaubt, er können "den Tiger reiten". Er kann es nicht. Stattdessen verschafft er ihm eine verlogene Legitimation und gab ihm eine sanfte Stimme. Ich fürchte, jetzt hat ihn gerade dieser Tiger in eine Ecke gedrängt, und er kann nicht mehr heraus. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass George W. selbst in gewisser Weise dasselbe empfinden dürfte.

      Der über Amerika schwebende Ruch religiöser Selbstgerechtigkeit erinnert an die ärgsten Auswüchse des Britischen Weltreichs. Lord Curzons Mantel ist für Washingtons modisch konservative Kolumnisten eine Nummer zu groß. Ich zucke noch mehr zusammen, wenn ich erfahre, dass mein Premierminister für dieses augenscheinlich kolonialistische Abenteuer die salbungsvollen Sophistereien seinen Oberbefehlshabers übernimmt.

      Wir Briten sind in diesem Krieg, so er stattfindet, eine Art Feigenblatt, um unsere "special relationship", die besondere Beziehung zu Amerika zu sichern, um unseren Anteil am Öltopf zu ergattern und weil Blair nach all dem öffentlichen Händchenhalten in Washington und Camp David schliesslich auch vor dem Altar erscheinen muss.

      "Aber werden wir gewinnen, Daddy?"
      "Natürlich, Kind. Es wird alles vorbei sein, wenn du aus dem Bett aufstehst."
      "Warum?"
      "Weil Mr. Bushs Wähler sonst schrecklich ungeduldig werden und vielleicht beschließen, dass sie ihn am Ende doch nicht wählen."
      "Aber werden Menschen getötet werden, Daddy?"
      "Niemand, den du kennst, mein Liebling. Nur Ausländer."
      "kann ich es im Fernsehen anschauen?"
      "Nur wenn Mr. Bush es erlaubt."
      "Und wird danach alles wieder normal sein? Wird keiner mehr Schreckliches tun?"
      "Still, Kind! Und geh schlafen!"

      Letzten Freitag fuhr einer meiner amerikanischen Freunde in Kalifornien zum örtlichen Supermarkt mit einem Aufkleber auf seinem Auto, auf dem stand: "Frieden ist auch patriotisch." Als er seinen Einkauf beendet hatte, war der Aufkleber weg.



      DER SPIEGEL - Nr. 4/20.1.03 - S.138-140
      Avatar
      schrieb am 24.01.03 12:23:54
      Beitrag Nr. 2 ()
      Bei allem Respekt vor manchem Gedanken,
      hier liegt der entscheidende Irrtum:

      "Tatsächlich stellt Bagdad keine offensichtliche und gegenwärtige Gefahr für seine Nachbarn dar und für Amerika oder Großbritannien erst recht keine. "

      Merkwürdig, dass es genau dieses "Bagdad" mit seiner noch heute aktiven Führung war,
      das Kuwait im Handstreich einnahm nachdem es Jahre zuvor mit dem Iran einen
      furchtbaren Krieg geführt hatte, das sein eigenes Volk massakrierte und
      weltweit jedem Schurken Unterstützung bietet, der ankündigt, er sei ein Feind der USA.

      Ich schüttel mich vor soviel Ignoranz.

      KD
      Avatar
      schrieb am 24.01.03 12:25:04
      Beitrag Nr. 3 ()
      treffender könnte ich es nicht beschreiben, was mich erstaunt, ist, dass so viele auch intelligente und weitsichtige Menschen die heuchlerische Politik der Amerikaner so widerspruchslos akzeptieren.
      Die von Amerika verordnete Einteilung in gut und böse (und was genau gut ist und was böse, bestimmt Bush) kotzt mich einfach nur noch an!

      Beweisen wir, dass wir alten Europäer eine eigene Meinung haben und diese auch über einen längeren Zeitraum vertreten können.

      D. B.
      Avatar
      schrieb am 24.01.03 12:39:45
      Beitrag Nr. 4 ()
      Ich hätte John Le Carré nicht zugetraut, ein so dümmliches, polemisches Pamphlet zu schreiben. Es ist auch zunehmend peinlich, wie immer mehr, die anscheinend doch auch antiamerikanisch eingestellt sind, betonen, sie seien keine Antiamerikaner, nur halt gegen alles, was die USA in den letzten 84 Jahren getan habe, und zugleich jedem unterstellen, der die USA differenzierter sehen will, er sei bloß proamerikanisch oder, häufiger, Arschkriecher des Präsidenten Bush.

      Im Board erkennt man ja die Neonazis am Satz "Ich habe nichts gegen Juden, aber...". Genauso verräterisch ist inzwischen der Satz "Ich bin kein Amerikahasser, aber..."
      Avatar
      schrieb am 24.01.03 12:49:36
      Beitrag Nr. 5 ()
      Der ungerechte Krieg


      Es ist nicht neu, dass sich der Superschwergewichtler USA als Kriegsgegner gern Fliegengewichtler aussucht. Neu ist, dass er sich in diesem Schicksalswinter einen Gegner vorgenommen hat, der ausgezehrt durch zwölf Jahre mörderischer Sanktionen bereits am Boden liegt. Den Irak kann man nicht k.o. schlagen, der Irak ist k.o.

      Ich war in den letzten Monaten zweimal im Irak. Das Land ist am Ende, die Menschen auch. Laut Unicef haben die UN-Sanktionen über 500000 irakische Kleinkinder und mindestens ebenso viele Erwachsene das Leben gekostet. Die Behauptung George W. Bushs, dieser Irak sei eine Gefahr für den Weltfrieden, lebt davon, dass die meisten, die über den Irak reden, noch nie dort waren. Wenn Bush auch nur eine Woche in diesem Land verbracht, das Elend, aber auch die Herzlichkeit seiner Menschen erlebt, wenn er nur einmal in die Augen irakischer Kinder geblickt hätte - er könnte diesen Krieg nicht führen.

      Die Behauptung, der Krieg ziele auf al Qaeda, ist absurd. Es gibt in der arabischen Welt keinen größeren Fundamentalistenhasser als Saddam Hussein. Noch wirklichkeitsfremder ist die Vorstellung, er könne die USA angreifen. Der Irak besitzt kein einziges Flugzeug, keine einzige Rakete, die die USA erreichen könnten. Nach offiziellen US-Aussagen hat er gerade noch ein Drittel seiner früheren militärischen Stärke. Ernster zu nehmen ist die Sorge, der Irak besitze noch oder wieder Massenvernichtungswaffen. Saddam hat in den 90er Jahren die Welt belogen. Niemand kann garantieren, dass das heute anders ist. Aber auch die von Bush und Blair genannten Produktionsstätten neuer biologischer und chemischer Waffen haben sich zumidest bisher alle als orientalische Märchen erwiesen. Der Westen mischt in der Schlacht der Lügen kräftig mit.

      Selbst wenn Saddam wie andere Potentaten der Region irgendwo Massenvernichtungswaffen verstecken sollte, braucht man keinen Krieg, um sie zu zerstören. Die UN-Waffeninspekteure haben in den 90er Jahren mehr Waffen zerstört als der Golfkrieg.

      Auch das Argument, es gehe um die Beseitigung eines unmenschlichen Diktators, ist vorgeschoben. Noch nie hat sich ein amerikanischer Präsident mit so vielen brutalen Gewaltherrschern verbündet wie Bush in seinem Kreuzzug gegen den Terror. Man muss eine Weltanschauung aus dem Legoland haben, um diese Unterstützung des Bösen zur Ausrottung des Bösen moralisch nachvollziehen zu können.

      Viel wahrscheinlicher ist, dass Bush davon ablenken will, dass er das Hauptziel seines Afghanistankrieges, Bin Laden, nicht ausschalten konnte. Über 6000 Zivilpersonen wurden durch den milliardenteuren Bombenhagel auf Afghanistan getötet, der aber, um den alles ging, ist auf dem Rücken eines Esels entkommen. Bush braucht im Antiterrorkrieg dringend einen spektakulären Erfolg. Wenn schon nicht Bin Laden, dann wenigstens Saddam - auch wenn der mit dem internationalen Terrorismus nichts zu tun hat.

      Außerdem liegen im Irak die zweitgrößten Ölvorräte der Welt. Amerika hat in den vergangenen Jahrzehnten in der Golfregion schwere Rückschläge einstecken müssen. Der Iran und der Irak gingen verloren, und auch Saudi-Arabien geht zunehmend auf Distanz. Getrieben von Amerikas unstillbarem Durst nach Öl, will Bush die Region erdölstrategisch neu ordnen.

      Der Krieg gegen den Irak wäre das Paradebeispiel eines ungerechten Krieges. Er wäre kontraproduktiv, weil er die Region nicht stabilisieren, sondern in einen brodelnden Kessel verwandeln würde. Die Probleme des Nahen Ostens lassen sich nicht mit Willkür und Gewalt, sondern nur mit Gerechtigkeit lösen. Von Gerechtigkeit aber ist Bushs Nahostpolitik Lichtjahre entfernt.

      Ein Sieg über den ausgehungerten Irak würde von der arabischen Welt als weitere Demütigung empfunden, der Hass auf die USA würde wachsen. Es könnte sein, dass wir 30 Tage Bomben auf den Irak mit 30 Jahren Terrorismus bezahlen. Nicht nur die amerikanische Ölindustrie, auch Bin Laden wartet sehnsüchtig auf diesen Krieg.

      Völkerrechtswidrig wäre ein Krieg gegen den Irak. "Die Entfesselung eines Angriffskriegs ist das größte internationale Verbrechen, das sich von anderen Kriegsverbrechen dadurch unterscheidet, dass es alle Schrecken in sich vereint", heißt es in der Urteilsbegründung des Nürnberger Kriegsverbrechentribunals. Robert Kennedy hat während der Kubakrise Präventivkriege zu Recht als "unamerikanisch" bezeichnet; sie stellten alle Werte infrage, für die Amerika stehe. Nicht die Kritik an Bushs Kriegsplänen ist antiamerikanisch, antiamerikanisch ist Bushs Kriegspolitik.

      Außerdem müsste Bush erst einmal Beweise vorlegen, dass Saddam tatsächlich Massenvernichtungswaffen besitzt und deren Einsatz plant. Es ist in Rechtsstaaten nicht üblich, dass der Angeklagte die Beweislast trägt und der Ankläger vor dem Gerichtssaal den Galgen aufbaut, bevor die Schuld des Angeklagten bewiesen ist.

      Der Krieg gegen den Irak wäre auch unmoralisch. Wie in Afghanistan würden durch westlichen High-Tech-Vandalismus unzählige Zivilpersonen sterben. Wir trauern zu Recht um die fast 3000 Opfer des 11. September. Wer aber trauert um die getöteten Kinder Afghanistans und des Irak? Kommt da bei uns allen nicht ein Stück Rassismus zum Vorschein, denken wir nicht alle insgeheim, afghanisches, irakisches Blut sei billiger?


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      schrieb am 24.01.03 12:55:32
      Beitrag Nr. 6 ()
      Wie hiess es doch in dem Artikel, for4zim :look: ?

      "Man muss eine Weltanschauung aus dem Legoland haben ..."
      Avatar
      schrieb am 24.01.03 12:57:43
      Beitrag Nr. 7 ()
      Sollten Bush und Blair nicht bald ihre immer wieder erklärt unumstösslichen Beweise der massenvernichtungswaffen Iraks vorlegen können ,ist doch vor aller welt klargelegt ,worum es den USA wirklich geht. Die Probaganda geht jetzt schon von einer Tötung der Wissenschaftler und ihrer angehörigen aus,sobals sie mit den Inspektoren zusammenarbeiten,sowie von geheimnisvollen verstecken ,die so ,und nicht in der schnelle im Irak auffindbar sind.Man könnte davon ausgehen das keinerlei beweise bisher
      existiert haben und auch später nicht erbracht werden können.Wer wird den USA in zukunft noch glauben wollen bei so einen schlechten Drehbuch und Theaterstück?,mögen sie in Zukunft vor eigenen ,aber leeren haus auftreten.
      Avatar
      schrieb am 24.01.03 12:59:16
      Beitrag Nr. 8 ()
      # 4 - for4zim
      Du bist eben nur mit Blindheit geschlagen.
      Avatar
      schrieb am 24.01.03 14:19:51
      Beitrag Nr. 9 ()
      Ein Thread lebt nicht von Text allein :).


      (Abb.: Union gottesfürchtiger Demokraten für eine gerechtere Welt)
      Avatar
      schrieb am 24.01.03 14:40:08
      Beitrag Nr. 10 ()
      Ja, klar, wer nicht eurer Meinung ist, ist mit Blindheit geschlagen oder lebt im Legoland. ;)

      Das Kompliment gebe ich gerne zurück. Gleichstand. Und nun? ;)
      Avatar
      schrieb am 24.01.03 14:40:58
      Beitrag Nr. 11 ()
      20 Fragen zum Irak-Konflikt


      Frage 1:
      Wann wird der Krieg beginnen?

      Da es noch keinen Kriegsbefehl des Präsidenten (executive order) gibt, hält sich das Pentagon in dieser Frage bedeckt. In Israel kursier(t)en Gerüchte, dass die USA in der Vollmondnacht des 18. Januar losschlagen. Doch die meisten Beobachter gehen von einem Angriff in der ersten Februarhälfte aus. Dafür sprechen die Fakten des militärischen Aufmarschs: Die USA entsenden derzeit 62000 Soldaten, 60000 sind bereits am Persischen Golf postiert, vor allem in Kuwait, Saudi-Arabien und auf Schiffen. Obwohl Bushs Strategen den Einsatz von 250000 Soldaten über mindestens ein Jahr planen (im Golfkrieg 1991 war es eine halbe Million), reichen für den Angriff viel weniger aus.

      Zudem werden Anfang Februar vier amerikanische Flugzeugträger-Verbände ("Lincoln", "Washington", "Truman" und "Constellation") sowie die am Wochenende ausgelaufene britische Task Force "Ark Royal" im Einsatzraum sein. Hinzu kommt, erstmals seit 1991, ein Hospitalschiff, die "USNS Comfort". "Man setzt nicht so viele Truppen und Gerät in Marsch und fängt dann keinen Krieg an", sagt die Expertin Danielle Pletka vom konservativen American Enterprise Institute. Deutlichstes Signal, dass es bald losgeht, ist die Verlegung von B-2-Tarnkappen-Bombern aus Missouri nach England und auf die Insel Diego Garcia im Indischen Ozean.

      Frage 2: Wird der Krieg ums Öl geführt?

      Die Erdölquellen in den USA werden in weniger als elf Jahren erschöpft sein, aber der Öldurst des Landes wächst. Der Irak hat mit 112 Milliarden Barrel die zweitgrößten Reserven der Welt. Er könnte mit Förderungssteigerungen von zwei auf fünf Millionen Barrel pro Tag die Abhängigkeit Amerikas vom saudischen Öl reduzieren, das Monopol der Opec brechen und den Ölpreis global drücken - auf Jahrzehnte hinaus. Russland und Frankreich stellen sich bereits darauf ein, dass ihre Vorverträge mit dem Irak über Bohrlizenzen sehr bald von ihrem Wohlverhalten gegenüber den USA abhängig sein könnten. Die Türkei hofft, wenn sie den Krieg unterstützt, auf

      Frage 3: Welche Strategie steckt dahinter?

      Ein Krieg soll zeigen, dass sich niemand straflos dem Willen der Hypermacht widersetzen darf. Bush sieht seine "historische Verantwortung" darin, "die Welt vom Bösen zu befreien". Alte Pläne der republikanischen Rechten zur globalen politischen und wirtschaftlichen Kontrolle, wie sie Vizepräsident Cheney und Verteidigungsminister Rumsfeld vertreten, scheinen wieder aktuell. Außenminister Powell hält mit Diplomatie dagegen. Amerikas Strategen wollen den Nahen Osten zu ihrem Einflussbereich machen, ungehinderte Ölexporte für die USA sichern und Israels Position stärken. Aber ein Irak-Krieg könnte genau das Gegenteil bewirken: Unruhen, Umstürze, Chaos.

      Frage 4: Welche Rolle spielen die UN?

      Wenn es nach den USA ginge: möglichst keine. Erst kündigte die Regierung an, notfalls auch ohne UN-Mandat anzugreifen, bezeichnete Waffeninspektionen als "wenig hilfreich". Da aber im Herbst 2002 nur 37 Prozent der Amerikaner für einen Angriff ohne internationales Mandat, 79 Prozent aber für einen Feldzug mit Unterstützung der UN waren, ließ sich die Bush-Regierung widerstrebend auf eine Kooperation mit der Weltorganisation ein - und beglich zuvor noch rasch ihre 582 Millionen Dollar Schulden dort.

      Washington erwirkte die Resolution 1441, derzufolge Waffeninspektoren nun den Irak durchkämmen. Sie erstatten am 27. Januar Bericht. Dabei geht es zunächst um die Frage: Kooperiert der Irak oder nicht? Wenn nicht, drohen Saddam "ernste Konsequenzen". Der Weltsicherheitsrat - und nur er - wäre völkerrechtlich legitimiert, militärische Aktionen zu beschließen. Mitglieder wie Russland, Frankreich, China und Deutschland - zunehmend sogar Großbritannien - dringen darauf, den Prozess der friedlichen Kontrolle und Entwaffnung fortzusetzen. Die Waffenkontrolleure fordern noch ein Jahr Zeit. Wie von 1991 bis 1998, als sie 40000 chemische Waffen, 690 Tonnen chemische Kampfstoffe und 817 Raketen vernichteten. Die USA behalten sich noch einen Kriegsgrund vor: In ihrer neuen "Nationalen Sicherheitsstrategie" berufen sie sich auf Artikel 51 der UN-Charta - das Recht zur Selbstverteidigung. Aber in Umkehr der bisherigen Auslegung nehmen sie das Recht zur "Präventivverteidigung" in Anspruch: den Angriff gegen jeden Staat, bei dem der Verdacht der Bedrohung durch Terror und Massenvernichtungswaffen besteht.

      Frage 5: Warum folgen die Amerikaner Bush in den Krieg?

      Der Schock über die Verletzlichkeit ihrer scheinbar unverletzbaren Heimat nach dem 11. September sitzt tief - und infolge dessen der Wunsch nach Vergeltung. Bush hat sich dieser nationalen Gefühlslage zur moralischen Kriegsvorbereitung bedient - mit Brandreden gegen den "Bösewicht" von Bagdad. So glauben noch heute über 70 Prozent der Amerikaner, Saddam Hussein stecke hinter den Anschlägen von New York und Washington.

      Frage 6: Stimmt es, dass al Qaeda und Saddam vor dem 11. September 2001 kooperiert haben?

      Trotz vieler Versuche, eine Verbindung zu konstruieren: Beweise liegen nicht vor. Monatelang hieß es, Mohammed Atta habe sich im April 2001 in Prag mit einem hochrangigen irakischen Agenten getroffen. Tschechiens Präsident Vaclav Havel persönlich ließ dem Weißen Haus mitteilen, dass die Quelle der Information dubios war. Und als FBI-Ermittler Attas letzte Lebensmonate rekonstruierten, fanden sie keinerlei Spuren einer Reise nach Prag.

      Frage 7: Gibt es Hinweise auf Massenvernichtungswaffen im Irak?

      Einerseits hat die irakische Führung jahrelang gelogen und alles darangesetzt, Produktions- und Lagerstätten für Atom-, Bio- und Chemiewaffen vor den UN-Inspektoren geheim zu halten. Andererseits hat die Überprüfung von rund 150 zivilen und militärischen Einrichtungen in den letzen Wochen keinerlei Hinweise ergeben - auch wenn Irak bis heute den Verbleib mehrerer Tonnen Nervengase nicht belegte. Nach Aussagen, die dem stern vorliegen, sind in den vergangenen Monaten große Gütertransporte aus dem Irak geschafft und auf syrischem Militärgelände gelagert worden. Bushs wichtigsten Vorwurf, Saddam habe versucht, Aluminiumröhren zu kaufen, um Atomwaffen zu bauen, hat die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) am Wochenende infrage gestellt. Irak besitzt - im Gegensatz zu Pakistan und Nordkorea - weder Atomwaffen noch Reaktoren, um waffenfähiges Plutonium zu produzieren.

      Frage 8: Hätten die UN-Inspektoren ohne die Kriegsdrohung in den Irak zurückkehren können?

      Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit: nein. Das ist das Paradox dieses Konflikts, dass die Drohung mit dem Krieg zum Frieden beitragen kann - solange die Drohung zwar ernst, aber auch ehrlich gemeint ist. Und nicht Vorspiel zu einem längst beschlossenen Krieg.

      Frage 9: Wie stellen sich die Strategen den Krieg vor?

      Das Pentagon will mit massiven nächtlichen Luftangriffen beginnen, Nachrichtenverbindungen und Munitionslager des Gegners zerstören sowie die Elitetrup- pen Saddams dezimieren. Danach sollen Kommando-Einheiten Depots von Massenvernichtungswaffen sichern, gegnerische Befehlsbunker ausschalten, Verbündete unter Kurden, Schiiten und sunnitischen Stämmen im Irak mobilisieren - und vor allem die Ölförderanlagen im Norden und Süden des Iraks vor ähnlicher Zerstörung bewahren, wie die Iraker sie 1991 auf Kuwaits Ölfeldern anrichteten.

      Bodentruppen der USA und Großbritanniens, möglicherweise im Norden unterstützt durch die türkische Armee, sollen von Kuwait und der Türkei aus in den Irak vordringen. Die US-Army setzt darauf, dass große Teile der über 400000 Mann starken irakischen Armee überlaufen. Um dies zu fördern, werden irakische Exilkräfte für die psychologische Kriegführung (psy ops) trainiert. Auch die Iraker rechnen damit, dass ihre Stellungen schnell fallen - bis auf Bagdad. Dort werden sich Saddams letzte Getreue verschanzen, um den US-Truppen einen blutigen Häuserkampf aufzuzwingen, bei dem sie ihre Überlegenheit nicht ausnutzen können.

      Frage 10: Mit wie vielen Toten rechnen die USA?

      Saddams sechs Divisionen Republikanische Garde und die Republikanische Sondergarde werden sich in und um die Metropole Bagdad verschanzen - sie könnten die Fünf-Millionen-Bevölkerung praktisch als Geisel nehmen. Beim Kampf um Straßenzüge wären Tausende von Leben gefährdet, der Einsatz von Giftgas oder bakteriellen Kampfstoffen würde nach Berechnung des Pentagons mindestens 10000 US-Soldaten das Leben kosten, die Zahl der zivilen Opfer läge vermutlich weit höher. Die UN prognostiziert eine halbe Million Verletzte und fünf Millionen Vertriebene.

      Frage 11: Werden die Amerikaner Atombomben einsetzen?

      In Amerikas neuester Militärdoktrin steht: "Die USA behalten sich das Recht vor, mit überwältigender Macht - einschließlich des Rückgriffs auf all unsere Optionen - auf die Benutzung von Massenvernichtungswaffen gegen die USA, unsere Streitkräfte im Ausland sowie gegen unsere Freunde und Verbündeten zu reagieren." Aber bei allem Säbelrasseln wissen auch die USA, dass ihnen der dritte Atomwaffeneinsatz nach Hiroshima und Nagasaki weltweite Verdammung eintragen würde.

      Frage 12: Wird Israel in den Krieg hineingezogen?

      Das Land bereitet sich darauf vor, auch wenn Militärplaner das Risiko als gering einstufen. Im letzten Golfkrieg waren 39 irakische Scud-Raketen mit insgesamt 10 Tonnen TNT-Sprengstoff in Israel eingeschlagen. Es gab einen Toten und 239 Verletzte. Auf US-Druck verzichtete Israel auf einen Gegenschlag. Diesmal aber beansprucht Regierungschef Sharon das Recht auf Vergeltung - falls der Irak mit Massenvernichtungswaffen angreift. Israel hat erstmals sein Raketenabwehrsystem "Arrow" in Stellung gebracht und will von Deutschland modernisierte Patriot-Raketen. Größte Gefahr: Selbstmordflugzeuge mit biologischem oder chemischem Material an Bord. Schulkinder übten den Umgang mit Gasmasken, Rettungskräfte wurden gegen Pocken geimpft.

      Frage 13: Putschen Saddams Generäle?

      "Die Kosten für eine Patrone, wenn die Iraker die Sache selbst in die Hand nehmen, kommen doch weit günstiger als ein Krieg", hofft Ari Fleischer, der Sprecher des Weißen Hauses. Doch bislang ist jeder Putsch gegen Saddam Hussein gescheitert. Das Spitzelnetz ist so dicht gewoben, dass jede größere Verschwörung verraten wurde, bevor die Putschisten überhaupt ausgerückt waren. Die obersten Militärs in Saddams Umgebung wie etwa Ali Majid, jener Armeekommandeur, der seinen Spitznamen "Chemical Ali" der Giftgasbombardierung iranischer Soldaten und kurdischer Zivilisten verdankt, haben kein Interesse an Saddams Sturz. Sein Untergang wäre auch ihrer. Die E-Mails, die Iraks Offiziere zum Überlaufen bewegen sollen, werfen ein Licht auf die Hilflosigkeit in dieser Frage.

      Frage 14: Geht Saddam ins Exil?

      Gerüchten zufolge versuchten russische wie saudische Emissäre, den Diktator dazu zu bewegen. Ende August bereits hatte Katars Außenminister Saddam auf die Möglichkeit des Machtverzichts angesprochen - woraufhin ihn der Iraker zornig des Landes verwies. Auch die USA glauben nicht an die Exil-Lösung. "Das Exil entspricht Saddams Charakter überhaupt nicht. Überleben und Machterhalt sind für ihn untrennbar verbunden", meint Judith Yaphe, eine frühere Irak-Expertin der CIA. Joe Wilson, einst US-Botschafter in Bagdad, glaubt, dass der 65-jährige Despot lieber "als Märtyrer des arabischen Kampfes gegen Israel und den Westen untergehen will".

      Frage 15: Was würde ein Krieg kosten?

      100 bis 200 Milliarden Dollar, schätzen Wirtschaftsberater des Weißen Hauses, je nach Dauer. Haushaltsfachleute des US-Kongresses rechnen mit sechs bis 13 Milliarden Dollar pro Monat. 1991 haben sich die USA die 60 bis 70 Milliarden Kosten des Golfkriegs zu mehr als 80 Prozent von ihren Verbündeten zahlen lassen.

      Frage 16: Welche Folgen hat der Krieg für die Weltwirtschaft?

      Experten unter Leitung des ehemaligen US-Zentralbankchefs Laurence Meyer untersuchen in einer Studie drei Szenarien: Sechs Wochen Krieg beeinflussen die Konjunktur kaum. Bei drei Monaten Krieg droht Amerika eine "wirtschaftliche Stagnation", das Wachstum in Ostasien und der Eurozone würde halbiert. Drei bis sechs Monate Krieg führen zur globalen Rezession bis Ende 2004. Der Ölpreis könne von 30 Dollar je Barrel auf mehr als 50 Dollar explodieren. Britische Ökonomen warnen, schon ein anhaltender Anstieg um zehn Dollar dämpfe in den Industrieländern das Wachstum um 0,5 Prozent und koste in Großbritannien 250000 Arbeitsplätze. Amerikas Falken setzen hingegen darauf, dass ein schneller Sieg die Konjunktur beflügeln werde.

      Frage 17: Wie stellen sich die USA die Nachkriegsordnung im Irak vor?

      In den Wunschvorstellungen begrüßen winkende Iraker die einrollenden US-Panzer. Ein amerikanischer General fungiert für Monate als Militärgouverneur, um Aufstände wie 1991 zu unterdrücken und die Ölquellen zu schützen. Ein Hochkommissar, eventuell ernannt von den UN, soll den zivilen Wiederaufbau leiten, der durch irakische Öleinnahmen finanziert wird.

      Doch selbst wenn Saddam rasch besiegt werden kann, spricht wenig dafür, dass im Irak Frieden ausbricht. Wie schon im mörderischen Aufstand 1991 werden die offenen Rechnungen aus Jahrzehnten der Gewaltherrschaft beglichen. Hunderttausende Vertriebene und Geflüchtete werden zurückkommen und ihre Häuser wiederhaben wollen.

      Drei Ethnien und Konfessionen teilen sich das Land, Kurden im Norden, Sunniten in der Mitte, Schiiten im Süden, deren Provinzen nach dem Ersten Weltkrieg im Wesentlichen auf britischen Druck zum Kunstprodukt Irak zusammengelegt wurden. Außerdem gibt es überhaupt keine demokratischen Traditionen, an die sich anknüpfen ließe, wie etwa in der Tschechoslowakei nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Am wahrscheinlichsten ist, dass sich nach einigen Monaten der Ruhe Gruppierungen entlang jener Traditionen und Interessen formieren werden, die sie kennen: Islam, Kampf gegen Kolonialmächte und ums Öl. "Die Ironie der Geschichte könnte sein", so der Islamwissenschaftler Reinhard Schulze, "dass ihre einzige Gemeinsamkeit dann im Kampf gegen die amerikanischen Besatzer bestehen wird." Und darin, die Ölquellen aus ausländischem wieder in irakischen Besitz zu bringen - im Grunde genommen das Programm, mit dem Saddam und die Baath-Partei vor 35 Jahren die Macht eroberten.

      Frage 18: Wer wird Nachfolger von Saddam?

      Es gibt keinen, der sich anböte - was einer der Gründe war, weshalb die Amerikaner 1991 ihren Vormarsch auf Bagdad stoppten. Ein schwacher Saddam Hussein war ihnen lieber als gar keiner. Zu groß war die Angst, dass der Irak zerfällt. Im Irak hat Saddam Hussein mögliche Rivalen umbringen lassen, und außerhalb ist sich die Opposition derart uneins, dass sie sich nicht einmal auf den Ort ihrer nächsten Konferenz Mitte Januar einigen konnte. Ahmed Schalabi vom Iraqi National Congress, Lieblingsoppositioneller des Weißen Hauses, ist im Irak kaum bekannt, verfügt weder über Anhängerschaft noch Machtbasis. Eine pragmatische Lösung wird derzeit in den Think Tanks von Washington erörtert: Warum nicht Tariq Aziz nehmen, den international erfahrenen Vizepräsidenten Saddams? Als Christ hat er keine eigene Hausmacht und wäre damit ein perfekter Diener auch der neuen Herren im Land.

      Frage 19: Wird der Krieg den islamistischen Terrorismus schwächen?

      Nein, er wird ihn stärken. Amerika wird in der Region nicht als Befreier Iraks wahrgenommen werden (selbst wenn viele Iraker dies tun), sondern als ungläubige, imperialistische Besatzungsmacht, die wie weiland die Kreuzzügler den Nahen Osten unterwerfen und den Islam bekämpfen möchte. Die Regierungen von Ägypten, Saudi-Arabien und Jordanien werden massiv unter Druck geraten - stürzen werden sie kaum. Aber der Bodensatz radikaler Regimegegner, das perfekte Rekrutierungspotenzial für al Qaeda, wird massiv zunehmen. Viele islamische Staaten werden sich unter deren Druck so verhalten wie schon Pakistan und Saudi-Arabien in der Vergangenheit: Solange die Anschläge im Ausland geschehen, drückt man beide Augen zu.

      Frage 20: Knickt Deutschland ein und stimmt im Weltsicherheitsrat für einen Krieg?

      Wenn Kanzler Schröder das zuließe, dann hätte der Wahllügen-Ausschuss wirklich seine Berechtigung.
      Avatar
      schrieb am 24.01.03 14:47:25
      Beitrag Nr. 12 ()
      @for4zim
      sag mal bitte, was an obigem text so dümmlich ist??? und dann nenn mir bitte noch einen grund, der nach aktuellem stand einen angriffskrieg auf den irak rechtfertigt.
      Avatar
      schrieb am 24.01.03 14:59:46
      Beitrag Nr. 13 ()
      #12:

      Stell doch mal bitte in kurzen Worten Deine Alternative dar. Wie soll sich die Weltgemeinschaft gegenüber Saddam verhalten?
      Avatar
      schrieb am 24.01.03 15:12:46
      Beitrag Nr. 14 ()
      #13

      Am besten glaubwürdig. Und zwar dem Rest der Welt gegenüber.
      Alles andere mündet in unabsehbare Folgen. Oder willst Du alle
      Jahre wieder einen 11.September ´feiern´ ?
      Avatar
      schrieb am 24.01.03 15:14:41
      Beitrag Nr. 15 ()
      #13
      wenn ich die antwort auf diese frage hätte, würde ich nicht hier am pc sitzen..., aber krieg kann in meinen augen nie die alternative sein, oder nenn mir nur mal einen krieg, der ein problem gelöst hat.
      ein ansatzpunkt wäre z.b. die quellen zu schliessen (auch in den usa), aus denen saddam technik etc. zur herstellung seiner waffen hat.
      Avatar
      schrieb am 24.01.03 17:26:56
      Beitrag Nr. 16 ()
      # 10 - for4zim
      Ich bin immer noch gerührt wie sich die U.S.A. nach dem Vietnamkrieg ihrer Verbündeten angenommen haben, oder richtiger gesagt sie der Internierungslager oder der Folter durch die Vietkongs ausgesetzt haben. Wohlgemerkt ihre Verbündeten! Von den Boat-People mal ganz zu schweigen, denn da hat Europa, insbesondere Deutschland die finanzielle Hauptlast übernommen. Das Land wurde mit Agent Orange verseucht - von Entschädigung bis heute keine Spur! Im Gegenteil! Man verhökerte den Vietknispeln vor einigen Jahren sogar noch Hybridreispflanzen, um sie wirtschaftlich abhängig werden zu lassen.
      Im 91´er Wüstensturm ließ man dann die mit den Amis gegen Hussein kämpfenden Iraker nach dem Abzug auch so, mir nichts, dir nichts im Stich, oder richtiger gesagt, von Hussein abmurksen.
      Von so einer "Weltmacht" soll ich mir nun Moral predigen lassen? Auf deren Aussagen sollte ich vertrauen? Da soll ich mich mit denen verbündet sehen?
      Ja mir graust es gleich!
      Wer Amerika zum Freunde hat, braucht keine Feinde mehr! Meiner Ansicht nach leider sogar in doppelter Hinsicht!
      Avatar
      schrieb am 24.01.03 17:32:11
      Beitrag Nr. 17 ()
      ...wow Condoleezza...:D
      Avatar
      schrieb am 24.01.03 18:19:26
      Beitrag Nr. 18 ()
      ups ???
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 10:51:41
      Beitrag Nr. 19 ()
      Schon wieder so ein Spinner ??


      FASCHISMUS IN DEN USA?

      Norman Mailer und seine provozierenden Thesen

      Bericht: Karin Alles


      In den letzten Jahren war es still geworden um Norman Mailer, das "enfant terrible" der amerikanischen Literatur. Erst seit George Bush Truppen in Richtung Irak verschickt, meldet er sich wieder zu Wort; zornig wie eh und je. "Ich habe schreckliche Angst vor diesem Krieg, weil Amerika zur Zeit einen so großen Appetit auf Krieg hat. Der Einmarsch in den Irak wird nicht das Ende sein."

      Mit 25 Jahren wurde der streitbare US-Schriftsteller, Journalist und Regisseur schlagartig berühmt, als sein Anti-Kriegsroman "Die Nackten und die Toten" ein Welterfolg wurde. Er schrieb brilliante Bücher über amerikanische Ikonen wie Marilyn Monroe oder Cassius Clay und war mit ihnen befreundet. "Ihr solltet auf ihn hören", sagte Muhammed Ali einmal über ihn: "Denn so wie ich der Box-Champion bin, so ist er der Schreib-Champion."

      Auf der politischen Bühne trat er als mutiger Kämpfer auf. Er kandidierte für das Oberbürgermeisteramt von New York, zog 1967 vor das Pentagon in Washington, bei der größten Demonstration gegen den Krieg in Vietnam, wurde verhaftet und abgeführt. Mailer avancierte journalistisch zum kritischen bis skeptischen Beobachter der US-Gesellschaft. Unter den Mächtigen seines Landes war er als Playboy und Provokateur verschrien.

      Dass der amerikanische Traum auch "Der Alptraum" (1964) sein könnte, hatte er schon Anfang der Fünfzigerjahre erfahren, als Senator McCarthy zur Kommunistenhatz blies. Für seine Reportage "Heere aus der Nacht" erhielt er 1968 den Pulitzer-Preis - nachdem er sich zuvor dem "Autorenkino" zugewendet und das Schreiben auf Eis gelegt hatte. Die begehrte Trophäe sicherte er sich 1980 sogar zum zweites Mal, mit "Gnadenlos - das Lied vom Henker", dem Porträt eines Doppelmörders und Todeskandidaten.

      Mit Sorge beobachtet er die gegenwärtigen Kriegsvorbereitungen der USA: "Mein Land macht sich zur Zeit zum Narren. Wir verirren uns in ein schreckliches Land, den Irak, wollen es zerstören und anschließend wieder aufbauen. Wenn Sie mir erlauben, eine Analogie zu Goethe zu ziehen: Mir kommt es so vor, als ob Amerika eine fundamentale Ähnlichkeit zu Faust entwickelt hat. Wir haben immer nach unserem Teufel gesucht. Jetzt haben wir unseren Teufel gefunden. Er sieht sogar ein wenig aus wie einer. Ein charmanter Mann, aber überflüssig. Mehr sage ich nicht."

      George Bush hat versprochen, die Welt vor dem Terrorismus zu retten, seine Nation in diesem Kampf geeint und auf den Krieg gegen den Irak eingeschworen. Mailer glaubt allerdings nicht an ehrenwerte Motive seines Präsidenten.

      "Bush und seine Leute", sagt Mailer, "streben zur Zeit nicht nur die wirtschaftliche Herrschaft über die Welt durch die Globalisierung an. Sie wollen auch die militärische Vorherrschaft. Für sie ist der Irak nur der notwendige erste Schritt zum Ziel. Dieser Krieg ergibt eigentlich keinerlei Sinn. Selbst wenn Saddam der schrecklichste Mann wäre, der in den letzten 500 Jahren die Weltbühne betreten hat, könnte er uns nicht ernsthaft schaden. Ich denke auch nicht, dass er das tun würde, denn in dem Moment, in dem der Irak uns militärisch angreifen würde, mit Atombomben beispielsweise, wäre dieses Land vollständig von der Landkarte verschwunden."

      Ein Krieg gegen den Irak, so befürchtet Mailer, könnte einen schrecklichen Flächenbrandes auslösen, der Jahrzehnte dauert. Aber er hält auch Amerikas politisches System für gefährdet. "Die Absicht, die hinter all dem steht, ist, unser Land in den Militarismus zu führen. Dann können sie all die Dinge, die sie an Amerika nicht mögen, abschaffen: die `Auswüchse` der Freiheit, wie sie das nennen, die bürgerlichen Rechte, die Tatsache, dass sich dieses Land in jede Richtung entwickeln kann, wenn es so demokratisch bleibt. All das möchten sie abschaffen. Wenn sie ein militärisches, ein militaristisches Land haben, können sie es kontrollieren."

      Kriegsbegeisterung und Hurrah-Patriotismus sind für Mailer nur die Vorzeichen drastischer gesellschaftlicher Veränderungen. Wo werden sie enden? "Die Antwort lautet: es könnte eine Form von Faschismus kommen. Es wird eine banale Ausprägung des Faschismus sein, bis es wieder zu einer Katastrophe kommt. Drei oder vier Attentate wie am 11. September - und Amerika ist ein faschistisches Land."

      Das Trauma von Vietnam, heimkehrende Soldaten, die ihre Orden wegwerfen, und die Erfahrungen des Kalten Krieges haben Mailers Generation geprägt.

      Norman Mailer: "Der Kalte Krieg war in mancher Hinsicht ein sehr viel einfachere Zeit, jedenfalls für normale Amerikaner. Sie waren glücklich, denn sie hatten einen Feind. Im Vergleich zu Europäern sind wir Amerikaner einfache Leute, vor allem, wenn man die große Macht Amerikas in Betracht zieht.
      Wir lieben Feinde. Bush ist zum Teil deshalb so erfolgreich, weil Saddam Hussein ein so wunderbarer Feind ist. Er ist klein genug, um bequem zu sein, und groß genug, um zum Übel erklärt zu werden. Evil`, `Übel` ist das Lieblingswort von George Bush. Wenn ich etwas gelernt habe, seit er an die Macht ist, dann dies: traue niemals einem Mann, der das Wort `Übel` zehnmal in fünf Minuten verwendet. Dieser Mann ist nicht daran interessiert, ein Übel abzuschaffen, sondern daran, Macht über Dich zu bekommen."



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      Bekenntnis eines Terroristen