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    Internationale Politik, Moral und monokausale Historien-Malerei - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 19.03.02 11:37:09 von
    neuester Beitrag 16.12.08 10:08:05 von
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      schrieb am 19.03.02 11:37:09
      Beitrag Nr. 1 ()
      In den Diskussionen dieses Bereichs stört mich besonders die zunehmende Tendenz, eigene Standpunkte durch krasse Schwarz-Weiß-Malerei und anti-amerikanische Halbwahrheiten zu bedienen.
      So wird beispielsweise gerne durch historische Bezüge bis zurück zum Imperialismus vor dem Ersten Weltkrieg eine Meinung vertreten, wonach die USA scheinbar schon immer wie ein ganz allein handelnder Akteur die Geschicke der Welt ganz allein zu ihrem eigenen Nutzen bestimmen konnten. Dabei werden ganz gezielt alle möglichen gegensätzlichen Akteure oder historischen Wahrheiten ausgeblendet. Die Handlungen der USA werden monokausal dargestellt; ganz so, als lebten wir schon immer in einer unipolaren Welt mit den USA als unterdrückerischen Großmacht. Verfehlungen, Interventionen oder Verbrechen der USA werden dabei aufgebauscht, die der Gegenseiten verharmlost oder gar nicht erst zur Kenntnis genommen. Der bis 1989 maßgebliche Ost-West-Konflikt wird ebenfalls meistens gar nicht zur Kenntnis genommen.
      Diese Schwarz-Weiß-Malerei in diesem Bereich geht mir als Politologen inzwischen derart auf die Nerven, daß ich zunächst eine historische Tatsache als Gegenbeispiel zur in Mode kommenden "Schwarz-Weiß-Welt" bringen werde und danach einige politologische Begriffserklärungen als Einführung in weitere Diskussionen zur Verfügung stelle. Danach werde ich bei Gelegenheit weitere "multikausale Beispiele" für Handlungen in der internationalen Politik bringen.
      Da gerade heute abend im ZDF-Fernsehen der zweite Teil des empfehlenswerten Reports "Afrikanische Totenklage" von Peter Scholl-Latour laufen wird, fange ich mal mit Angola an, das er hoffentlich heute abend auch nochmals bringen wird.
      Die internationale Einmischung in Angola ist ein besonders schreckliches Beispiel der Zeitgeschichte dafür, daß die Welt der internationalen Politik nicht nur "Schwarz-Weiß", sondern auf allen Seiten unsagbar unmoralisch und grauenhaft GRAU ist. Der Krieg begann dort in den 60er Jahren als "antikolonialer Befreiungskrieg" schwarzafrikanischer Untergrundbewegungen gegen die portugiesische Kolonialherrschaft, die bis 1975 dauerte, als sich die Portugiesen zurückzogen. Da 1975 aber noch der Ost-Westkonflikt oft und gerne mit Stellvertreterkriegen geführt wurde, rüsteten die Sowjetunion und Kuba "ihre" sozialistische Befreiungsbewegung MPLA unter ihrem Führer dos Santos mit Waffen und Militärberatern aus, während mit Billigung der USA die südafrikanische Apartheids-Regierung in Pretoria die "westlich-orientierte" UNITA unter deren Führer Savimbi unterstützte. Da die MPLA auch die anti-südafrikanische SWAPO-Befreiungsorganisation im von Südafrika annektierten Namibia (übrigens früher mal "Deutsch-Südwestafrika" ) unterstützte, wurden die UNITA-Leute immer massiver unterstützt, woraufhin sich Kuba um 1978 erst so richtig ins Zeug legte: Um eine Niederlage der MPLA zu verhindern, sandte Fidel Castro 50.000 kubanische Soldaten nach Angola, was natürlich wiederum die USA verstärkt auf den Plan rief, die ihrerseits weltweit Söldner über Südafrika für den Kampf gegen den "Kommunismus" anwerben ließen. Der Krieg wurde nun erst so richtig unübersichtlich und scheinbar endlos. Erst mit dem Amtsantritt von Gorbatschow in Moskau und seinem Willen, den ideologischen Ost-West-Konflikt zu beenden, änderte sich langsam die Lage in Angola. Am 22. Dezember 1988 wurde dann offiziell "unter amerikanischer Vermittlung und sowjetischem Druck" ein Abkommen zwischen Angola, Südafrika und Kuba unterzeichnet, das die Entlassung Namibias in die Unabhängigkeit und den Abzug der nun erstmals offiziell genannten 50.000 kubanischen Soldaten regelte. Damit war der Bürgerkrieg aber noch längst nicht zu Ende, denn Savimbi von der UNITA hatte seine Macht und die Diamantenvorkommen in den von ihm besetzten Gebieten Angolas liebgewonnen und führte den Krieg bis zu seinem Tod vor wenigen Wochen auf eigene Faust weiter. Die MPLA hingegen auf der anderen Seite wurde ab 1989 zum Günstling der USA, die nun mit mehr oder weniger Unterstützung den Kampf der Ex-Marxisten in der MPLA gegen ihren früheren Verbündeten, die UNITA finanzierten. Dabei verkam die UNITA mehr und mehr zu einer räuberischen Soldateska, die sich bei den Angolanern immer unbeliebter machte, weil ihr letzter verbliebener Existenzgrund die Bereicherung ihrer Führung unter Savimbi war. Die USA hingegen sandten ihre multinationalen Erdöl-Konzerne zu den nun befreundeten Marxisten der MPLA und bezahlten anstandslos deren Wünsche nach Waffenlieferungen für den Kampf gegen die UNITA, solange die MPLA vor der Küste Angolas die Amerikaner ihr Erdöl fördern ließ. Als Gipfel der "ideologischen Absurdität" waren übrigens die letzten in Angola verbliebenen kubanischen Militärberater damit beschäftigt, im Auftrag der früher mal marxistisch-leninistischen MPLA "ihre" Angolaner militärisch auszubilden, damit diese mit kubanischen Schnellbooten die Bohrtürme von Exxon, Shell etc. vor Anschlägen der UNITA schützen sollten.
      Und noch eine kleine "lustige Anekdote" mit aktuellen Bezügen zum Abschluß: Der Oberbefehlshaber der kubanischen Streitkräfte in Angola, General Arnaldo Ochoa Sanchez
      wurde nach seiner Rückkehr in Kuba natürlich von Fidel Castro für seinen "Klassenkampf gegen die US-Imperialisten in Angola" mit den höchsten kubanischen Orden ausgezeichnet, die höchsten sowjetischen Orden für Ausländer hatte er schon in Angola bekommen.
      Leider hatte der "Held der Revolution", General Arnaldo Ochoa Sanchez in Angola einen Lebensstil angenommen, der in Kuba nicht so recht befriedigt werden konnte, weshalb er begann, mit dem kolumbianischen Medellin-Kartell unter Pablo Escobar und den kolumbianischen "Befreiungskämpfern" der (gerade heute wieder aktuellen) FARC Kontakte zum beiderseitigen Vorteil knüpfen. In seiner Eigenschaft als General standen in Kuba mehrere abgelegene Militärflughäfen unter seiner Kontrolle, die von Piloten Escobars und der FARC zur Zwischenlandung für Drogenkuriere auf dem Weg nach Florida genutzt werden durften. Natürlich blieb dies der US-Drogenaufsicht und dem CIA nicht ewig verborgen, daß diese Flugzeuge in Kuba zwischenlandeten. Ich kann mir das hämische Grinsen der CIA-Leute recht gut vorstellen, als sie ganz offiziell Anfang 1989 über die Botschaft der Schweiz in Kuba die unwiderlegbaren Beweise für den Drogenhandel via Kuba an Fidel Castro höchstselbst zustellen ließen. Nun kann man ja von Castro vieles behaupten, aber nicht, daß er sich als Drogenhändler betätigt und so ließ er den "kubanischen Helden von Angola" zusammen mit allen seinen Helfern bei diesem Drogenhandel im Juni 1989 wegen Drogenhandels und Korruption in einem öffentlichen TV-Prozeß vor ein Militärgericht stellen und anschließend hinrichten. Einer der Hauptanklagepunkte war übrigens "Verrat an der Revolution des kubanischen Volkes und die persönliche Enttäuschung des `Maximo Lider` Fidel".
      Soviel erst mal zur Moral in der internationalen Politik.
      Avatar
      schrieb am 19.03.02 11:47:54
      Beitrag Nr. 2 ()
      Zu meinen Lieblings-Begriffen "Extremismus" und "Totalitarismus":

      Extremismus

      1. Definition: Neben Radikalismus gilt Extremismus (E) als Schlüsselbegriff für argumentations- und verhaltensauffällige Bestrebungen, die von den Akteuren selbst aus einer hermetischen Programmatik gerechtfertigt und von ihren Gegnern als Bedrohung durch einen teilungsunwilligen Machtanspruch (---> Totalitarismus) aufgefaßt werden. Die widerstreitenden Positionen sind von der Gewißheit gesättigt, daß für beide zugleich in einem realen Herrschaftsgefüge kein Platz ist. Üblicherweise bezeichnet sich kein Extremist als Extremisten. Er erhält vielmehr dieses Werturteil zugewiesen von den Inhabern der Definitionsherrschaft über die zentralen Standards einer Gesellschaftsordnung, die ihre Bestandsgefährdung zurückweist, indem sie den vermuteten bzw. erkannten Zerstörer der Basisstabilität als "Extremisten" markiert und ihn damit von jeder unerwünschten Einflußnahme auszugrenzen versucht.

      Eine klarere Kontur erhält der Extremist, indem man ihn jeweils "vor Ort" absetzt vom Exzentriker, Fanatiker und Radikalen. Der Extremist tritt gegen eine bestehende Herrschaftsstruktur an mit Berufung auf ein "höheres" Recht zum "notwendigen" Systemwandel. Als dessen Funktionär bemüht er sich agitatorisch um die Zustimmung des Volkes. Dagegen verwendet der Exzentriker die aggressive Alternativideologie vor allem zur Profilierung der eigenen Person. Ihm ist die bewundernde Entrüstung der Attackierten wichtiger als deren Beseitigung aus den Schlüsselstellen der Macht. Der Fanatiker wiederum steht gebannter als der Extremist in der Versuchung, sich an die Kompromißlosigkeit der eigenen Weltsicht rauschhaft zu verlieren. Er betreibt die Ausschaltung von Opposition intensiver als den praktischen Bau seiner neuen Sozialtheorie. Den Radikalen jedoch unterscheidet von allen ein größeres, intellektuell geprägtes Überzeugungs- und Handlungskontinuum. Oszilliert der Extremist oft zwischen revolutionär-terroristischer Gewaltbejahung und perspektivärmlicher Protestexplosion, so diszipliniert sich der Radikale zur rationalen und rationalisierenden Sorge für seine als Lebensthema erscheinende Idee und für ihre Umsetzung zum einzig wahren Kollektivinteresse. Neigt der Extremist dazu, seine Kampfkraft aus Schlagwortsuggestion zu beziehen und die Verunsicherung seiner Heilsgewißheit mit Trotz zu kompensieren, so begreift der Radikale seinen Glauben an die Richtigkeit der eigenen Sache als höchste Potenz der Vernunft. Der Radikale leidet unter der ihm abgenötigten Reduktion von Komplexität zugunsten massenwirksamer Kampfparolen, ihn kennzeichnet eine ständige dialektische Offensive zur Ausstattung seiner Offenbarungs- als Erkenntniswahrheit. Bei der hier versuchten Differenzierung zwischen einem Extremisten, Radikalen, Fanatiker und Exzentriker ist die modellhaft gesteigerte Eindeutigkeit zu betonen. Der ganze Begriffsfächer scheint indessen zusammengehalten im Bekennen und im Betreiben einer politischen Gegenkultur. Die definitorische Dominanz bestimmter Begriffsanteile zeigt sich nur im spezifischen "Set" der Konfliktbeziehung.

      Das wandlungsreiche Verständnis von Extremismus und Radikalismus in den verschiedenen Ländern und Geschichtsepochen verfügt, daß beide Begriffe keine Kategorien sind, sondern lediglich eine fallzentrierte, wertungsabhängige Strukturfestigkeit besitzen. Diese "Feld"-Gebundenheit hebt besonders das semantische Umfeld von "extrem" und "radikal" hervor. So werden allgemein die Begriffe "extrem" und "radikal" nicht so negativ besetzt wie "extremistisch" und "radikalistisch", was wohl eine dem ursprünglichen Wortsinn zugemutete Verunglimpfung ausdrücken soll, die "extrem" und "radikal" bei fahrlässiger Anwendung erleiden. Im Manifest der Kommunistischen Partei (1848) schrieb Marx, daß die kommunistische Revolution "das radikale Brechen mit den überlieferten Eigentumsverhältnissen" bedeuten werde. Später warnte Lenin davor, den Kommunismus nicht radikal zu befördern, d. h. nicht mit individuellen Terroranschlägen und emotionaler Affirmation die systematische Herbeiführung einer chancenreichen Umsturzsituation zu erschweren. Beide Sätze verdeutlichen, daß "radikal" ebenso wie "extrem" zum einen die Geschlossenheit der Auffassung (Wille) und zum anderen die Entschlossenheit ihrer Durchsetzung (Wollen) signifikant machen.

      DISKUSSIONSTHESEN
      zur Würdigung des Begriffs
      "Totalitarismus"
      A) Zu den Elementen der "Totalitarismus"-Konzeption
      1) Der Begriff "Totalitarismus" ist, wo er phänomenologische Gemeinsamkeiten zwischen faschistischen und kommunistischen Systemen bezeichnen will, primär auf die Herrschaftsorganisation und die Machttechnik bezogen.


      2) Der Begriff "Totalitarismus" wurde auf Phänomene politischer Herrschaft angewandt, welche die überkommenen Kategorien der klassischen Staatsformenlehre sprengten und auch durch besondere Qualifikationen der Monokratie (Tyrannis, Absolutismus, Autokratie etc.) nicht mehr zureichend charakterisiert werden konnten.
      Von anderen Formen autoritärer Herrschaft unterscheidet sich eine totalitäre Herrschaft durch die Ausdehnung seiner Herrschaftsorganisation über einen umgrenzten "staatlichen" oder "politischen" Bereich hinaus auf die gesamte Gesellschaft und durch seine Forderung an die "Massen", sein Herrschaftssystem nicht nur hinzunehmen, sondern aktiv zu unterstützen.
      Die Mobilisierung von "Massenaktivitäten" soll dem totalitären Regime eine ex-post-Legitimierung liefern. Durch den pseudo-demokratischen Charakter dieser manipulierten ex-post-Legitimierung erweist sich der moderne Totalitarismus als ein (abartiges) Phänomen des demokratischen Zeitalters.
      Die Organisations- und Propagandakraft entwickelter totalitärer Systeme profitierte insbesonders von dem modernen technischen Entwicklungsstand des Organisationswesens und zumal der Kommunikationssysteme.

      3) Das allgemeinste Kriterium totalitärer Herrschaftssysteme ist die für die eigene "Bewegung" erstrebte universelle Organisationskontrolle oder letztlich ein Organisationsmonopol.

      4) In Anlehnung an das von C.J. Friedrich entwickelte "Sechs-Punkte-Syndrom" können für ausgebildete totalitäre Herrschaftssysteme folgende (in ihrer Verbindung zu sehende) Charakteristika unterstellt werden:
      a) ein Monopol für eine führende Partei
      b) Eine offizielle, Allgemeingültigkeit beanspruchende Ideologie (damit verbunden die Tendenz zur Aufhebung der - abendländischen - Trennung von politischen und weltanschaulichen (ethischen) Instanzen.
      c) Angenähert totale Kontrolle des gesamten gesellschaftlichen Organisationswesens einschließlich der Verfügung über die Wirtschaft, insbesonders Kontrolle aller Medien der Massenkommunikation und aller militärischer und (geheim-)polizeilichen Gewaltinstrumente.

      Der Einsatz von Terrororganisationen steht in einem kumulativen oder substitutiven Verhältnis zur Wirksamkeit organisatorischer und propagandistischer "Erfassung" der Bevölkerung und zum Grade ihrer Gewöhnung an das totalitäre Herrschaftssystem..

      4) Die unter Ziffer 1-3 genannten Charakteristika einer totalitären Herrschaftsorganisation und Machttechnik waren sowohl im kommunistischen Herrschaftssystem (stalinistischer Ausprägung) wie im nationalsozialistischen Herrschaftssystem (jedoch weniger vollständig durch den italienischen Faschismus) ausgebildet.


      5) Dagegen zeigten sich zwischen den kommunistischen und den "faschistischen" Bewegungen und Herrschaftssystemen gravierende und z.T. auch fundamentale (hier nur am Kommunismus und Nationalsozialismus exemplifizierte) Unterschiede in Bezug auf die soziale Basis der Bewegungen (Proletariat und "Volkstum" ), auf die unterstellten Haupttriebkräfte der Geschichte (Ökonomismus und Biologismus), auf die Feindvorstellungen (internationaler Kapitalismus und internationales Judentum), auf die Endzielvorstellungen (klassenlose Gesellschaft und Rassenweltherrschaftsordnung), etc.

      6) Gemeinsam ist den Zielsetzungen indessen formal:
      die Vorstellung einer insgesamt planhaft zu gestaltenden und unitarisch zu organisierenden Gesellschaft.

      Den für den modernen "Totalitarismus" wegbereitenden Bewegungen des bolschewistischen Kommunismus und des Nationalsozialismus war außerdem formal gemeinsam daß sie eine Umwälzung anstrebten, die sie nicht als eine nur "politische" Revolution, sondern als eine Gesamtumwandlung der fundamentalen ökonomischen bzw. biologischen Lebensgefüge auffaßten, aus welcher (in Korrespondenz zur ökonomischen Basisrevolution resp. als Folge einer Rassenplanung) ein "neues Menschentum" hervorgehen sollte.
      8) Die Weltziele der primären totalitären Revolutionsbewegungen gingen so weit über evolutionäre Erwartungen und über einen mehrheitsfähigen Ziel- und Wertkonsens hinaus, daß sie nur durch eine totalitär verdichtete Propaganda, durch systematisch organisierte "Massenerfassung" und durch organisierten Massenterror erfolgreich angestrebt werden konnten. Die erstrebte Umwälzung erhielt einen umso künstlicheren, ideologisch und physisch zwangshaften Charakter, als sie von Ländern aus unternommen wurden, die nach dem eigenen Verständnis "Rückstandspositionen" einnahmen (Deutschland als "zurückgebliebenes" Land gegenüber den führenden imperialistischen Staaten; die russische Gesellschaft als eine nach marxistischen Maßstäben "unreife" für eine sozialistische Umwandlung).

      9) Bevor noch totalitäre Bewegungen resp. Herrschaftssysteme eine ex-post-Legitimation durch Massenmobilisierung demonstrieren können, beanspruchen sie eine ex-ante-Legitimation aus einem antizipierten "Gemeinwillen" oder einem geschichtlichen Auftrag aufgrund eines prätendierten (und verabsolutierten) Wissens um die ökonomischen Entwicklungs- oder die rassischen Lebensgesetze. Diese ex-ante-Legitimierung ist die für revolutionäre totalitäre Bewegungen eigentlich maßgebliche. Beide Legitimierungsarten lassen (im Divergenzfall) keinen Raum zur Anerkennung eines empirisch zu ermittelnden Mehrheitswillens.


      10) Die Legitimationen totalitärer Herrschaft konnten an ältere Traditionen einer unitarischen, von gelenkter "Aufklärung" bestimmten Auffassung des Gemeinwillens einer invers-absolutistischen Demokratie und andererseits an die Vorstellungen von einem integralen Volkstum anknüpfen (auch wenn den Urhebern solcher Ideen totalitäre Konsequenzen noch fern lagen). Für die Entwicklung der konkreteren Züge moderner totalitärer Bewegungen waren insbesonders die Ereignisperspektiven einer "Weltrevolution" (als Totalvorgang einer materiellen und geistigen Umwälzung) und der Weltkriege" (in Hinsicht auf die totale Mobilisierung aller physischen und psychischen Volkskräfte) inspirierend.

      11) In einer Reihe außereuropäischer Staaten lassen sich die Grundzüge eines auf dem Wege ideologischen Imports eingeführten Totalitarismus vollauf nachweisen. Diese Systeme verdienen indessen eine eigenständige Würdigung, wobei insbesondere auch auf die Anknüpfung an autochthone autoritäre Herrschaftsstrukturen (z.B. Wittfogels "Orientalische Despotie" ) zu achten ist.

      12) Fassungen der Totalitarismus-Konzeption, die - wie dies Hannah Arendt unternimmt von den (negativen) Extremausprägungen des Hitlerschen und Stalinschen Terrorsystems ausgehen, lassen bei einem Rückgang des Terrors und Nachlassen der expansiven Tendenzen den Begriff nicht mehr anwendbar erscheinen.

      13) Autochthon fundierte, voll ausgebildete totalitäre Herrschaftssysteme sind bislang von innen heraus noch nicht gestürzt worden. Sie haben sich als sehr schwer angreifbar durch Widerstandsbewegungen erwiesen. Effektiver Widerstand konnte wenn überhaupt - nur aus den Reihen der Machtapparate selbst geleistet werden. Abgesehen von der militärischen Niederwerfung haben sich tiefergehende Erschütterungen totalitärer Systeme bisher nur unter krisenhaften Umständen in Ländern gezeigt, wo sie von fremden Mächten oktroyiert erschienen.


      14) Es können indessen, wie zunächst in der Sowjetunion nach Stalins Tod (später auch in "Satellitensystemen" und in China), evolutionäre Veränderungen (und Rückbildungen) beobachtet werden (darunter eine Begrenzung des Machtgewichts der Geheimpolizei, ein Verzicht auf Massenterror Stalinscher Dimension - ohne auf Abschreckungsmaßnahmen zu verzichten, eine Wiederinkraftsetzung von Parteiregularien etc.). Wiewohl hier z.B. die Arendtsche Totalitarismus-Konzeption kaum mehr (voll anwendbar erscheint, kann doch noch nicht von einer Rückbildung zu einer (nur) autoritären Herrschaft gesprochen werden. Die von uns angeführten Merkmale des Totalitarismus sind überwiegend noch vorhanden. Auch könnte der Übergang von groben und massenhaften Formen des Terrors zu "subtileren" Formen der Intimidierung, resp. seine Nichtnotwendigkeit aufgrund der erreichten organisatorischen und edukativen Stabilisierung, als eine Art von Gewöhnung an (milder gewordene) totalitäre Herrschaftsstrukturen gedeutet werden. Es wäre hier vielleicht angebracht (analog zu Max Webers Deutung der Entwicklung "charismatischer" Herrschaft von einer Veralltäglichung totalitärer Herrschaft zu sprechen. Ob ein konkretes System näher beim "Idealtypus" einer revolutionären (+terroristischen), einer "veralltäglichten" (und weiter bürokratisierten) totalitären Herrschaft oder einer (nur) autoritären Herrschaft zu sehen ist, hängt auch von den jeweiligen Definitionselementen dieser Herrschaftsmodelle ab. In einer Phase der Ausbreitung totalitärer Systeme scheint neben der revolutionären Inauguration (China, Vietnam, Kambodscha) auch die Übernahme oder Ableitung veralltäglichter, bürokratisierter totalitärer Herrschaftssysteme in einem überwiegend technischen Sinne (d.h. mit weitgehend bürokratisiertem Zuschnitt) möglich.


      Viele Totalitarismuskonzeptionen sehen in einer Einmannspitze sogar das Kernelement totalitärer Herrschaftssysteme. In der Tat waren totalitäre Systeme gerade in ihrem Entstehen (sowohl in Europa wie in Ostasien) auf solche "Führerfiguren" bezogen und haben in ihnen eine effektive und/oder symbolische Krönung erfahren. Indessen scheint es (nach unserem Verständnis) möglich, daß totalitäre Systeme auch ohne zentrale Führerfiguren unter einer hierarchisch gestrafften Führung von Herrschaftseliten fortbestehen, soweit diese (selbst bei schroffen inneren Auseinandersetzungen) an den Prinzipien einer totalitären Gesellschaftsordnung festhalten.

      16) "Totalitäre Bewegungen" bildeten den dynamischen Kern totalitärer Herrschaftssysteme. Sie wiesen in der Regel schon in der Periode des Kampfes um die Macht selbst vorbildhafte "totalitäre" Organisationsansätze auf (z.B. Fraktionsverbot, "demokratischer Zentralismus", "Politbüro" - oder "Führer-Prinzip", terrorfähige Kampfbünde, Hilfsorganisationen zur Beeinflussung aller wichtigen Gesellschaftsbereiche). "Führerkult" und "Massenterror" kennzeichneten zumal die Phasen einer gewaltsamen Zieldurchsetzung in der Umwandlung prätotalitärer Lebensgefüge. Während die Entwicklung der größeren faschistischen Machtsysteme durch ihre militärische Niederwerfung "abgebrochen" wurde, läßt sich der Obergang zu einem veralltäglichten (eventuell auch: postrevolutionären) Totalitarismus nur bei kommunistischen Machtsystemen beobachten. Die Verflachung der totalitären "Bewegung" geht aber (zunächst noch) nicht mit einer Ablösung totalitärer Organisationsstrukturen einher. Motivationen für `Rationalisierungstendenzen` hatten sich ausdem Wunsch der Parteiführungsgruppen nach elementarer Sicherheit und vor allem aus dem Streben nach einer effektiveren ökonomischen Modernisierung ergeben. Auch nach der Reduzierung des Terrors bleiben ein terroristisches Drohpotential und umfassende gesellschaftliche Sanktionen als Abschreckungsmittel für Systemopponenten bestehen. Als positive Herrschaftssicherung fungiert weiterhin ein System absoluter Parteikontrolle machtrelevanter Ämter (Nomenklatursystem), allgemeiner Belohnung der Parteitreue, funktionaler Meritokratie und an Massenorganisationen gebundene Zuteilung sozialer Leistungen. Organisatorische und gesellschaftliche Reformen (die z.B. in China mit der weitgehenden Entkollektivierung der Landwirtschaft wesentlich weiter als in der Sowejtunion gehen) finden bis jetzt durchweg dort ihre Grenze, wo das Macht- und Organisationsmonopol sowie das Führungsprinzip der Einheitspartei in Frage stünde. Genausowenig soll das totalitäre Informationsmonopol angetastet werden. Der ideologische Anspruch, wenn auch verblaßt, wird weiterhin zur Herrschaftslegitimation benötigt und aufrechterhalten. Ebenso bleiben ideologische Kampfinstrumente ein wirksames Mittel internationaler Auseinandersetzungen, auch wenn die (internationalistische) Parteiräson in den Dienst der Machtstaatsräson gestellt wird.

      B) Fehldeutungen und ideologischer Mißbrauch der Totalitarismus-Konzeptionen

      17) Die Ausbildung wissenschaftlicher Totalitarismus-Konzeptionen war mit vielfältigen methodologischen Schwächen behaftet gewesen.


      18) Oft wurden Charakteristiken der totalitären Herrschaft, soweit sie faschistische und kommunistische Systeme umfassen sollten, überwiegend nur von einer Systemart abgeleitet und gleichwohl unkritisch verallgemeinert.


      19) Vielfach wurde die Reichweite der Totalitarismus-Konzeptionen und ihr besonderer Bezug zu Herrschaftsstrukturen und Herrschaftstechniken nicht genügend umgrenzt. Mitunter wurde der Begriff auch zur Unterschlagung der von ihm nicht erfaßten Realitätsbereiche oder von divergierenden Tendenzen verwendet. Verschiedentlich wurde er selbst als ein "Totalitätsbegriff" mißbraucht, d.h. als eine globalisierte Essentialität, aus der sich (etwa analog einem `marxistischen` Begriff von der kapitalistischen Gesellschaft) die Gesamtheit der Lebenserscheinungen ableiten soll. Dies kann eine Typologie totalitärer Herrschaftssysteme nicht leisten. Dagegen bleibt sie für ihren Konkretisierungsbereich (in Ermangelung gleichwertiger Strukturbegriffe) durchaus weiterhin verwendbar.


      20) Mitunter wurden mit der Bestimmung der Charakteristika totalitärer Herrschafts-
      systeme zugleich Aussagen über ihre Unveränderlichkeit oder notwendige Radikalisierung verbunden. Solche Tendenzen ergeben sich jedenfalls nicht schon aus strukturtypologischen Beschreibungen, sondern bedürfen eines spezifischen Nachweises.


      21) Sowohl die Faschismusforschung wie die Erforschung kommunistischer Systeme konnte sich teilweise durch vorschnelle übernahmen allgemeiner Totalitarismus-Konzeptionen behindert oder in ihrem Präzisionsstreben beeinträchtigt fühlen. überwiegend wird auch hier der arbeitsteiligen spezialisierten Forschung das Feld gehören müssen. Indessen muß sich auch diese mit der Frage befassen, wieso und in welcher Art es in beiden Systembereichen zu totalitären Herrschaftstechniken und Herrschaftsorganisationen kam.

      Der Totalitarismus-Begriff hat sich in einem außerordentlich hohen Maße als ideologisierbar erwiesen. Phasen von Konjunktur und Baisse der Entwicklung und Verbreitung von Totalitarismus-Konzeptionen in der wissenschaftlichen Kommunität und vor allem in der breiteren Öffentlichkeit folgten nur allzu deutlich den Veränderungen der internationalen politischen Konstellationen (Aufstieg faschistischer Systeme und des Nationalsozialismus, Ausbildung des Stalinismus, Hitler-Stalin-Pakt, die Anti-Hitler-Allianz zwischen den Westmächten und der UdSSR, der Kalte Krieg, die Ost-West-Entspannung, die Diskussion über den `Eurokommunismus`, die Entwicklung kommunistischer Staaten in der `Dritten Welt`, etc.). Die Ideologisierung der Totalitarismus-Diskussion zeigte sich indessen nach beiden Ausschlagseiten hin, sowohl in der Verabsolutierung des Totalitarismus-Konzepts in entsprechenden Konfrontationszeiten wie in seiner Verfemung oder seiner Substituierung durch ideologische Gegenbewegungen, die eine `Entlastung` kommunistischer Systeme anstrebten. Gerade bei einer so starken ideologischen Belastung und Deformierung der Diskussionen bleibt es eine vordringliche Aufgabe, eine Trennung der realistischen und wissenschaftlich tragfähigen Aussagen von den ideologischen Verzerrungen der Totalitarismus-Theorien wie auch ihrer Gegenkonzeptionen zu erstreben.
      Avatar
      schrieb am 19.03.02 12:07:15
      Beitrag Nr. 3 ()
      Mit krassen Schwarz-Weiß-Gemälden ist wahrlich niemand gedient. Man braucht allerdings keine Halbwahrheiten, um die Amerikaner zu kritisieren, die Wahrheit genügt.
      Wenn Du den ersten Teil am Sonntag gesehen hast, dann hast Du auch die massive Kritik von Scholl-Latour an den Amerikanern gehört, so z.B.
      - die Ermordung Lumumbas mit Hilfe des CIA
      - die Unterstützung von Mobuto und später
      - von Kabila durch die Amerikaner

      Die Amis haben Kabila sozusagen eingesetzt und dann das Material und Geld geliefert, um seine Ansprüche militärisch durchzusetzen. Und das alles mit Tausenden von Toten. Wenn man bedenkt, wieviele Menschen im Kongo alleine in den letzten fünf Jahren als Folge dieser Poltik umgekommen sind, entlarvt sich das Gejammere um die Toten des WTC-Anschlag als bodenlose Heuchelei.

      In einem hast Du natürlich Recht: Ohne die korrupten Kreaturen in diesen Ländern geht es nicht. Aber solche lassen sich immer wieder finden. Z.B. Kabila, der früher sogar mit Che gekämpft hat. Als er dann seine Versprechen gegenüber den amerikanischen Multis brach, wurde er ermordet. Als Folge der amerikansichen Politik werden Bürgerkriege ausgelöst, Massaker durchgeführt.

      Allerdings interessiert sich heute kaum jemand für Afrika, wie Scholl-Latour feststellte. Vielleicht ist es überflüssig, ich sage es trotzdem: Die Amerikaner sind nicht an allem schuld.

      Gruß
      Avatar
      schrieb am 19.03.02 12:15:03
      Beitrag Nr. 4 ()
      @ stirner:
      Deine Meinung ist weitgehend korrekt, aber teilweise schon wieder falsch.
      Vor kurzem lief ein dt.-belg. TV-Bericht mit dem Titel "Mord im Kolonialherren-Stil" in der ARD. Der Mord an Lumumba wurde OHNE erkennbare Unterstützung der CIA durch belgische Geheimdienstleute durchgeführt, deren an den Haaren herbeigezogene Haupt-Begründung im Film "die Beleidigung des belgischen Königs bei einem Staatsbesuch des Königs in Belgisch-Kongo" war.
      Aufgrund dieses Berichts hat sich die belgische Regierung inzwischen offiziell bei der Witwe und dem Sohn Lumumbas entschuldigen müssen.
      Avatar
      schrieb am 19.03.02 12:25:38
      Beitrag Nr. 5 ()
      hallo auryn,

      das beispiel angola, das du gebracht hast, ist aunschaulich und zeigt nicht nur, wie sich die supermächte im kalten krieg in afrika eingemischt haben, sondern zum teil auch, warum das land bis heute nicht in die gänge kommt.

      du solltest bei deiner betrachtung aber einen weiteren aspekt nicht ausser acht lassen, der immer bedeutsamer wird: die wirtschaft, die grossen konzerne. das beispiel shell in nigeria ist wohl nur das bekannteste.

      der wille, bodenschätze auszubeuten, führt zu teilweise unglaublichen zuständen, da braucht es keinen geheimdienst und keine ideologie. diese gefahr, afrikanische länder weiter zu destabilisieren, nimmt meiner meinung nach zu, die der schlichten politischen einflussnahme eher ab.

      oder liege ich falsch?

      gruß, genova

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      Avatar
      schrieb am 19.03.02 12:28:55
      Beitrag Nr. 6 ()
      wird das jetzt ne dissertation zur ultimativen erklärung der welt?

      jetzt im ernst:

      scholl-latour war, wie fast immer, ausgezeichnet. einer der fähigsten krisenberichterstatter überhaupt.

      zu dem "problem" u.s.a.:

      diese sind als einzelne, als nation natürlich nicht schlechter (aber auch nicht besser) als andere auch.

      das "problem usa" besteht vielmehr darin, dass sich dort nach dem zweiten weltkrieg (u.a. weil auf eigenem territorium, abgesehen von p.h. nicht betroffen) eine unvergleichlich starke interessenlobby, gepaart mit einer militärischen übermacht, der fast nichts mehr entgegengesetzt werden kann, etablieren konnte.

      diese kann inzwischen global und fast uneingeschränkt solche vorgänge wie von stirner angerissen, mal willkürlich, mal mehr oder weniger legitimierbar, über die existenz von politischen akteuren, firmen, organisation und staaten "disponieren", ohne das dem im zweifelsfall etwas entgegengesetzt werden könnte.

      die betonung liegt auf der option, der möglichkeit!

      natürlich tun sie dies meist nicht allein, haben insofern auch keine alleinige schuld, sind wir, der westen, meist irgendwie mit involviert, womit eventuelle kritik auf uns selbst zurückfällt.

      mfg
      Avatar
      schrieb am 19.03.02 12:38:14
      Beitrag Nr. 7 ()
      @ genova:
      Im Prinzip hast du recht. Es geschieht zugunsten von großen Konzernen viel zu viel, bevor irgendjemand etwas dagegen unternimmt. In Nigeria war es aber auch zusätzlich so, daß die Konzerne die Vielfalt der widerstreitenden Kräfte ausnutzen konnten wie eine Großmacht, die nach dem Motto "Teile und herrsche!" vorgeht. Die Hauptleidtragenden des Shell-Konzerns im Küstengebiet Nigerias waren ein Volk, das mit dem herrschenden Staatsvolk schon seit dem Biafra-Krieg 1967 (erinnert sich noch irgendjemand an den?) zerstritten ist. Also brauchte sich Shell ja lange keine Gedanken zu machen, denn seine Hauptkritiker wurden ja von der regierenden nigerianischen Militäjunta in Schach gehalten, ohne daß Shell irgendwas zu tun brauchte. Erst die Hinrichtung des Schriftstellers Ken Saro Wiwa (o.ä.?), der diese Zustände bekannt gemacht hatte, führte zu einer "Demokratisierung" des Herrschaftssystems und nun auf Druck der europäischen Öffentlichkeit zu Entschädigungszahlungen von Shell an die Leute in der Nähe der Förderanlagen. Aber wer streicht nun die Hilfsgelder ein? Die mächtigsten Stammes-Häuptlinge dieses Volkes. Afrika ist für mich schlicht ein Alptraum an Korruption, Stammesdenken und internationaler Ausbeutung der aus der Kolonialzeit geerbten Mißstände aller Art.
      Übrigens drohen gerade in Nigeria neue Kämpfe zwischen christlichen und moslemischen Stämmen. Mit seinen über 100 Millionen Einwohnern, zahllosen Stämmen und Religionen ist dieses Land eigentlich zu groß, um friedlich zu bleiben.
      Avatar
      schrieb am 19.03.02 12:39:40
      Beitrag Nr. 8 ()
      auryn #4,

      in diesem zusammenhang ist auch die beseitigung Dag Hammarskjölds zu betrachten.


      siehe auch Thread: Verschwörungen zwischen Himmel und Erde ... beisiel 3!


      mfg
      Avatar
      schrieb am 19.03.02 12:44:05
      Beitrag Nr. 9 ()
      @ ospower:
      Genau! Wer hatte zu jenem Zeitpunkt die Kontrolle über den Kongo und ließ Lumumba ermorden? Die belgische Kolonialregierung, die vermtulich auch für den Tod von Hammarskjöld verantwortlich war!
      Avatar
      schrieb am 19.03.02 12:50:43
      Beitrag Nr. 10 ()
      Aber noch einen kleinen Hinweis zu meiner Auffassung von den USA als "übriggebliebene Supermacht":
      Da gibt es im neuesten "Spiegel" ja dieses Interview mit dem "Kritiker Hobsbawn" (oder so ähnlich?). Interessanterweise sagt der ja auch, daß sich die Welt einfach nicht "global" kontrollieren lassen wird. Außerdem ist er der Ansicht, daß von allen Ländern dieser Erde doch am ehesten die USA mit solcher Macht umgehen können werden, denn sie sind eine demokratische Gesellschaft mit öffentlicher Meinung, die gelegentlich "sogar" auf ihre Verbündeten hört. Von den "Konkurrenten" Rußland oder China konnte man dies nie im selben Maß behaupten.
      Avatar
      schrieb am 19.03.02 12:55:17
      Beitrag Nr. 11 ()
      auryn,

      richtig, ausführendes organ war hier wohl auch der belgische geheimdienst. wobei die arbeitsteilung der westlichen (und manchmal auch verfeindeter) dienste natürlich fliessend ist.

      auf der abschussliste sowohl der westlichen uno-mitglieder und insbesondere des us-nsc, stand er wegen seiner afrikapolitik schon einige zeit vorher.

      mfg
      Avatar
      schrieb am 19.03.02 12:55:21
      Beitrag Nr. 12 ()
      Hey, kann das sein, was inzwischen für diesen Thread angezeigt wird?
      688 mal angeklickt und erst 10 Postings? Könnte ein neuer Rekord werden. ;)

      Egal, ich muß jetzt wieder für mindestens 24 Std. weg vom Computer und mal wieder "im realen Leben" meinem sokratischen Hobby frönen: andere Leute in ihren Meinungen verunsichern! :)
      Bye,
      bis zum nächsten Mal,
      Auryn
      ;)
      Avatar
      schrieb am 19.03.02 13:13:07
      Beitrag Nr. 13 ()
      Ich möchte die Frage des Mordes an Lumumba nicht vertiefen. Es gibt eben jede Menge Berichte und Bücher, die behaupten der CIA hätte den Mord veranlaßt, Ausführende seien zwei Söldner gewesen.

      Dazu beispielsweise die folgende Seite

      http://home.debitel.net/user/andoering/lumumba.htm

      allerdings scheinst Du Recht zu haben, zumindest eine belgische Beteiligung wurde inzwischen festgestellt. Vermutlich sind die Belgier den Amerikanern zuvor gekommen.

      http://www.wsws.org/de/2002/jan2002/lumu-j25.shtml
      http://united.action.at/history/pl_mord.html
      http://united.action.at/history/pl_usa.html
      http://www.ftd.de/pw/in/FTDFPSFB2TC.html


      Gruß
      Avatar
      schrieb am 19.03.02 18:26:16
      Beitrag Nr. 14 ()
      was die politik der amerikaner im kongo anbelangt, so ist sie von anbeginn an geradezu eine musterbeispiel für das zusammenspiel von arroganter ignoranz und rassismus der amerikanischen sogenannten eliten, die unter dem siegel der "rettung" zentralafrikas in wirklichkeit einer vorsätzlichen brutalen ausbeutung durch leopold I. als stellvertreter einer menschenverachtenden europäischen interessenpolitik in die hände gespielt haben. im übrigen ist es für einen politologen äusserst bedenklich, wenn er die glasklaren wirtschaftlichen interessen, die immer schon kolonialismus bzw. imperialismus bestimmt haben, derart ausblenden muss, wie dies hier erfolgt. eine politologie, die sich der historie in derart verkürzter weise annimmt, wie das im ersten posting zum ausdruck kommt, hat diesen namen in wirklichkeit nicht verdient, es sei denn, sie legt es darauf an, sich zum büttel einer politik zu degradieren, die auch dort noch völkerrecht vermutet, wo wirtschaftliche egoismen reinsten wassers fröhliche urständ feieren, was im übrigen ein blick auf solche sätze nahelegt:
      ...So wird beispielsweise gerne durch historische Bezüge bis zurück zum Imperialismus vor dem Ersten Weltkrieg eine Meinung vertreten, wonach die USA scheinbar schon immer wie ein ganz allein handelnder Akteur die Geschicke der Welt ganz allein zu ihrem eigenen Nutzen bestimmen konnten. Dabei werden ganz gezielt alle möglichen gegensätzlichen Akteure oder historischen Wahrheiten ausgeblendet. hier ist die gezielte ausblendung historischer wahrheiten, die anderen unterstellt wird, quasi programm...
      Avatar
      schrieb am 27.03.02 11:56:17
      Beitrag Nr. 15 ()
      Hallo Leute!
      Gerade habe ich endlich wieder ein bißchen Zeit, mich hier ein bißchen zu "amüsieren".
      Erstaunlich, daß gerade nach der Sendung von Peter Scholl-Latour, auf die ich hinwies, hier gar keine Diskussion mehr stattfand. Aber mal sehen, ob wir etwas wiederbeleben können.

      @ stirner:
      Ganz meine Meinung, aber man kann sogar "Lucky Luciano" nicht für einen Mord verantwortlich machen, den "Al Capone" begangen hat.
      Wie ich außerdem schon im Anfangs-Posting geschrieben habe: Man kann die weltpolitische Entwicklung nach 1945 nicht ohne den Kalten Krieg und ohne "Totalitarismus" betrachten, der eindeutig bis heute nachwirkt. Die einflußreichsten Theoretiker der US-Außenpolitik waren in den vergangenen Jahrzehnten Leute wie George Kennan, Henry Kissinger, Zbigniew Brzezinski, Hannah Arendt und Madeleine Albright. Diese Leute haben aus ihren Erfahrungen, z.T. aus ihren fluchtbedingten Lebensläufen in ihren Büchern die ebenfalls ziemlich monokausale "Lehre" gezogen, daß jedes - absolut jedes - Mittel gerechtfertigt werden kann, wenn es dazu dient, die Ausbreitung totalitärer Diktaturen zu verhindern. Condoleezza Rice ist übrigens nach ihren eigenen Worten sehr durch die Bücher von Brzezinski und Arendt beeinflußt worden und spricht als Professorin für Politikwissenschaft und Zeitgeschichte (Spezialgebiet: "Totalitarismus in der Sowjetunion" / "Russische Zeitgeschichte" ) absolut fließend Russisch.

      Ich bezog mich bei meiner Darstellung der Ereignisse im Kongo übrigens auf folgende Bücher bzw. Filme:

      http://www.das-erste.de/kultur/beitraege/001022_5/default.as…

      http://www.wdr.de/tv/ausland/dokumentation/01112000.html


      @ antigone:
      Wenn ich mich nicht irre, hast Du mir leider nicht gesagt, was an meinem von Dir zitierten Satz denn falsch ist. Bist Du sicher, daß Du auch alles richtig gelesen hattest?
      Aber da Du ja meine Meinung zum Kongo so kritisierst und anscheinend eine Kennerin der dortigen Materie bist, kannst Du mir ja sicher auch sagen, wo bei den größten internationalen militärischen Auseinandersetzungen in der Geschichte des Kongo bis zu den 90er Jahren - nämlich den Kämpfen mit den sogenannten "Katanga-Gendarmen" denn die bösen, bösen Amerikaner ihre Hände im Spiel hatten. Und dann kannst du mir auch gleich erklären, auf wessen Druck hin die westdeutsche Firma OTRAG im April 1979 den Kongo verlassen mußte. Nebenbei würde mich auch noch interessieren, welchen Zusammenhang Deiner Meinung nach die USA mit der Intervention von Robert Mugabes Truppen aus Simbabwe im Kongo hatten. Ich bestreite nämlich gar nicht, daß die USA wirtschaftliche Interessen im Kongo haben/ hatten. Aber wo sind denn immer die fremden Truppen im Kongo der letzten 30 Jahre hergekommen? Aus Belgien, Frankreich, Angola, Kuba, Uganda, Ruanda, Tansania und last but not least aus dem netten kleinen Simbabwe von Herrn Robert Mugabe, der gerade wegen allgemeiner "Popularität" unter seinen Nachbarn den Commonwealth verlassen mußte. Du kannst mir doch nicht ernsthaft erzählen wollen, daß der "US-Imperialismus" Mugabes Truppen zur Intervention im Kongo gezwungen hat, oder?
      Vielleicht können wir Deinen Standpunkt ("also da wo Du stehst";) ) ja dadurch für mich verdeutlichen, indem ich hier gleich zwei relativ alte Artikel hineinkopiere - mit deren Aussagen ich mich aber immer noch identifizieren kann - und Du mir sagst, was Du daran kritisierst.
      Avatar
      schrieb am 27.03.02 12:50:38
      Beitrag Nr. 16 ()
      Ich fange mal an mit einem hübschen -leicht gekürzten - Interview mit einem Journalisten, mit dessen Meinungen ich größtenteils konform bin. Jeder Leser darf einmal sagen, was ihm daran nicht gefällt und dreimal raten, wer hier die Antworten gibt. Wenn einer den Journalisten errät, bekommt Ihr als Belohnung den Link zum vollständigen Interview (Das hier ist natürlich unvollständig, weil ich die mit meiner Meinung "nicht-konformen" Teile natürlich weggelassen habe. Ich denke, es ist trotzdem keine "Emser Depesche" geworden;) ):


      Das Seltsame ist: Als ich etwas über den Balkan gemacht habe - "Im Fadenkreuz der Mächtigen" -, gab es keine einzige Besprechung in der Presse. Dabei wurde der Film hinterher von den Kollegen regelrecht geplündert, die historischen Szenen daraus sind bald zwei Dutzend Mal gezeigt worden. Aber die meisten wollten damals vom so genannten historischen Quatsch nichts wissen, sondern lieber brutalisierte Menschen sehen.

      Gibt es entsprechende Vorgaben seitens der Redaktionen?

      Ich bin nach Sarajewo aufgebrochen in der schwierigsten Zeit. Damals sagten die Verantwortlichen, vielleicht finden Sie ja nicht nur Frauen, die man vergewaltigt hat, sondern auch solche, die man auch lange genug festgehalten hat, damit sie nicht abtreiben konnten. Vor allem so etwas hat interessiert. So ist das leider heute.

      "Die Redaktionen erwarten political correctness"

      Die Korrespondenten und die extra entsandten Journalisten kriegen also bestimmte Erwartungen mit auf den Weg?
      Mir hat man das nur einmal gesagt, dann war das vom Tisch. Doch wer jung ist und noch was werden will, muss auf solche Erwartungen und Vorgaben eingehen. Außerdem ist heute die Anpassung größer. Die Redaktionen erwarten political correctness.

      Ich lese sehr aufmerksam die "Herald Tribune". Bis zum 11. September hat sie amerikanische Dinge viel kritischer beobachtet als die europäische, vor allem die deutsche Presse. Jetzt ist die Zeitung auf einmal ziemlich unisono geworden. Es gibt nicht mehr viel grundsätzliche Kritik. Im Sinne der notwendigen Frage, wo es hingeht und was es heißt, dem Weltterrorismus den Krieg anzusagen. Natürlich muss man fragen, welcher Krieg geführt werden soll. Das kann man nämlich nicht mit Marschflugkörpern machen. Es wird vielmehr ein sehr blutiger, ein sehr schrecklicher Krieg werden.

      Warum lässt sich eine sonst kritische Zeitung dann einen Maulkorb umlegen, warum übt sie innere Zensur?

      Weil 90 Prozent der Amerikaner hinter Bush stehen, fürchtet der Verlag vielleicht eine gewisse Feindseligkeit bei den Lesern, wenn sie auf einer anderen Linie liegt. So dass die Redaktion Rücksicht nimmt.

      Man fürchtet die Minderheitenrolle?

      Nachher allerdings kann wieder das Gegenteil kommen, wie beim Vietnamkrieg, wo alle mit den Hunden geheult haben, als es bergab ging. In der ersten Phase gab es hingegen einen großen nationalen Konformismus. Der Patriotismus der Amerikaner ist natürlich auch ihre Stärke, er hat etwas Religiöses, allerdings auch Unduldsames.

      Sind Opportunismus und Konformismus die größten Feinde der Pressefreiheit, mehr als jeder versuchte staatliche Eingriff?

      Es geht schon bei der Politik los, welche eine uneingeschränkte Solidarität mit Amerika betont. Ob der amerikanische Präsident, der in dieser Stunde allmächtig ist, die nötige Qualifikation hat, kann man zu Recht bezweifeln, im Intellektuellen, im Militärischen, im Außenpolitischen. Da kann man doch nicht die uneingeschränkte Solidarität erklären, sondern muss kritisch sein, vor allem, wenn es darum geht, an einer kriegerischen Aktion teilzunehmen. Dass die Amerikaner in erster Linie militärisch reagieren und feste draufhauen: völlig richtig. Aber doch bitte mit einem plausiblen Plan.

      Sind, im Vergleich zur Presse, die Möglichkeiten des Fernsehens zur tiefer gehenden Analyse prinzipiell eingeschränkt, weil es immer auf Bilder angewiesen ist und viele Vorgänge sich der Kamera verschließen? Schon in den so genannten Alltagssituationen, erst recht aber bei Konflikten oder in Kriegssituationen?

      Der erste und einzige Krieg, von dem man unbegrenzt und in aller Freiheit berichten konnte, war der Vietnamkrieg der Amerikaner. Sie waren damals extrem offen, transportierten einen sogar per Hubschrauber zu allen gewünschten Orten. Es gab keine Einschränkungen, auch nicht bei der Beurteilung der Lage. Doch das ist den Amerikanern auch zum Verhängnis geworden. Weil die Bilder - zum Teil sehr grausame Bilder - in die Wohnzimmer transportiert wurden. Die Amerikaner haben daraus die Lektion gezogen, dass die Öffentlichkeit nicht informiert werden darf.

      Was kann, was soll sie stattdessen tun, damit die klassischen Tugenden von Distanz und Transparenz als Richtschnur gelten, damit die Quellen klar und deutlich erkennbar sind und benannt werden?

      Das ist schwer. Es gibt heute Möglichkeiten der Manipulation, die es zu meiner Zeit noch nicht gegeben hat. Man kann heute elektronisch alles machen. Nehmen wir nur das klassische Beispiel aus dem Golfkrieg. Die Welt hat sich damals über die irakischen Soldaten in Kuweit erregt, die Säuglinge aus Brutkästen genommen und an der Wand zerschmettert haben sollen. Inzwischen wissen wir, dass alles in einem Studio in London gedreht wurde, extra verwackelt, mit Puppen und kostümierten Arabern. Sowas ist kaum oder gar nicht zu durchschauen.

      In Konfliktfällen suchen natürlich alle beteiligten Seiten, die Medien zu instrumentalisieren. Haben Sie Verständnis dafür, dass jetzt amerikanische Politiker die Medien auffordern, mit Videobändern besonders vorsichtig umzugehen, die beim arabischen Sender El Dschasira gezeigt worden sind - als Aufrufe von Bin Laden und seinen Getreuen?

      Da bin ich sehr skeptisch. Wir zensieren schließlich auch die amerikanischen Äußerungen nicht. Auf CNN habe ich die Äußerungen eines amerikanischen Offiziers gesehen und gehört, nach denen das Leben eines amerikanischen Soldaten so viel wert ist wie das von tausend Iraki. Viel mehr oder Schlimmeres kann Osama Bin Laden auch nicht sagen.

      Und die Vermutungen, hier könne Verschlüsseltes übermittelt werden?

      Dass er in seinen Reden auch geheime Stichworte und Anweisungen ausgibt, bezweifle ich sehr. Ich finde es vielmehr hoch interessant, diesen Mann mal zu sehen. Erst so erklärt sich ja die ungeheure Wirkung, die er in vielen arabischen Ländern hat. Im Übrigen nehme ich an, dass seine Reden inzwischen auf Kassetten in der arabischen Welt verteilt werden, so wie Khomeini seine Revolution mit Tonbandkassetten bewirkt hat, die in Frankreich aufgenommen worden waren und dann nachts in Teheran über Lautsprecher abgespielt wurden. Kurz: Durch Zensur verhindert man relativ wenig.

      Bin-Laden-Videos als authentische Anschauung

      Solche Videos sind für uns also eher eine authentische Quelle der Anschauung?

      Natürlich, man will doch einen solchen Mann studieren. Ein Interview selbst ist eher die leichteste Form der journalistischen Verlegenheit, davon halte ich nicht so viel. Man erfährt kaum etwas, wenn jemand politisch geschult ist. Aber das Bild sagt viel. Man kann das Gesicht studieren, man kann auch die Sprache analysieren. Bei Bin Laden beispielsweise erfährt man, dass er ein fabelhaftes Arabisch spricht.

      Das wäre also eine Stärke des Mediums Fernsehen: die direkte Anschauung, die Möglichkeit, etwas zu erfahren, indem man Mimik, Gestik, Sprache beobachten und verfolgen kann? Während die Presse in der weiter gehenden Analyse besonders stark und bevorzugt wäre?

      Obwohl das allgemeine Publikum auch bei der Anschauung schon überfordert wäre. Das sieht erst einmal einen bärtigen älteren Mann. Dass er für die Araber so aussieht, wie man sich dort einen Propheten vorstellt, das weiß der normale europäische Zuschauer natürlich nicht. Aber das lässt sich natürlich im begleitenden Kommentar sagen.

      Das Fernsehen behilft sich in aktuellen Fällen, wenn es einordnen und analysieren will, oft mit Experten. Sie selbst erfahren es im Augenblick am eigenen Leibe. Ist das ein Notbehelf, weil man andere eigenständige Formen noch nicht entwickelt hat und weil die längere Bearbeitung an ausreichende zeitliche Vorbereitung gebunden ist?

      Es ist natürlich auch billiger, eine solche Runde kostet ja kaum etwas. Wobei es für mich eine interessante kontrastierende Beobachtung war - aus eigener Erfahrung -, mit welchem enormen Aufwand ein Werbespot für die Bahn aufgenommen wurde, realisiert durch Wim Wenders. Mit dem Geld, das dort für zwei Minuten ausgegeben wurde, machen wir eine ganze Auslandsdokumentation. Das habe ich mit Neid gesehen.

      ",Weltspiegel` und ,auslandsjournal` sind heruntergekommen"

      Wäre es denn richtig und angebracht, diese Auslandsberichterstattung wieder auszubauen? Die Hauptpfeiler sind ja immer noch der ARD-"Weltspiegel" und das ZDF-"auslandsjournal".

      Die sind aber doch sehr heruntergekommen.

      Einfach so?

      Es hat sich natürlich viel verändert. Zu meiner damaligen Zeit war die Welt noch exotisch. Als beispielsweise Hans Walter Berg nach Indien gegangen ist, waren seine Beobachtungen für die Menschen hier ein Erlebnis. Heute kommen die, die sich eine Indienreise leisten können, zurück und meinen, sie kennten das Land. Hinzu kommt eine Form der Darstellung, die mich von Anfang an zutiefst irritiert hat, die aber in deutschen Magazinen tief verankert hat: Man nimmt den Bauer Soundso und zeigt dessen Ansichten. Das ist natürlich alles gestellt. Das Interview auf der Straße ist ebenso eine bewusste Irreführung, eine Manipulation. Wenn ein Reporter dreißig Menschen befragt, sucht er die aus, die sich am besten artikulieren können. Dann nimmt er vier, die in seine Tendenz passen, und zwei, welche eine andere Meinung vertreten - das soll dann der Objektivität dienen.

      Es geht also nicht um eine vielfältige, auch lebensnahe Unterfütterung der eigenen Recherche?

      Nein, das ist schlicht Manipulation.

      Wäre es besser, statt der gängigen Korrespondentenberichte und Regelberichterstattung lieber einige wenige Dokumentationen zu zeigen, die aufwändig gemacht sind und deshalb in die Tiefe gehen können?

      Das ist nicht unbedingt teuer. Manche Korrespondenten streben nach einer Objektivität, die es so nicht gibt. Man berichtet immer aus dem persönlichen Erlebnis heraus. Allerdings gibt es Länder, in denen man nicht drehen darf. Ein Team, das in Kinshasa die Kamera herausgeholt hätte, wäre sofort verprügelt worden. Doch ich selbst habe die Dinge vorher gesehen und kann vorhandenes Material danach bewerten, ob es authentisch oder gestellt ist, und genau das ist die Voraussetzung. Heute hat man allerdings einen Vorteil: Es gibt ein großes Angebot an internationalem Filmmaterial, aus dem man sich bedienen kann. Das kann man für seine Zwecke sieben. Die Engländer machen hier übrigens immer noch die besten Sachen. In solchen Fällen lasse ich also in London recherchieren.

      "Die Afrika-Berichterstattung ist ein einziger Skandal"

      Doch insgesamt heißt das: Es gibt eine Reihe von weißen und grauen Flecken, wo die Abdeckung gering ist, obwohl das journalistische Interesse das genaue Hinsehen rechtfertigen oder geradezu gebieten würde?

      Es ist noch viel skandalöser. Aus meinen afrikanischen Erfahrungen weiß ich, dass die Afrika-Berichterstattung ein einziger Skandal ist. Es wird immer nur humanitäres Zeug gezeigt. Wie eben ein Kind, das zum Skelett abgemagert ist. Die Mutter daneben ist hingegen wohl genährt. Mithin leidet das Kind gar nicht an Hunger. Es hat eher Malaria oder Tuberkulose. Doch das wird so nicht gesagt. Dies liegt am fürchterlichen Voyeurismus der Leute. Aber noch niemandem ist beim Anblick dieser Skelette die Butterstulle aus der Hand gefallen. Insofern ist es auch ein ganz morbides Phänomen.

      Und die Berichterstattung über die so genannten normalen politischen und gesellschaftlichen Vorgänge?

      Auch die Darstellung dieser Wirklichkeit ist prekär. Nehmen wir ein Beispiel aus Zimbabwe. Dass man dort nach zwanzig Jahren Unabhängigkeit sagt, jetzt reicht es, wenn 70 Prozent des fruchtbaren Landes von 4000 weißen Farmern bearbeitet werden, die das Land mal geschenkt bekommen haben: Das erscheint mir nicht ganz unberechtigt, auch wenn die Resultate absolut katastrophal für das Land sind. Dort sind nun sieben Farmer umgebracht worden. Doch dass seit der Machtergreifung des ANC in Südafrika 1400 weiße Farmer umgebracht worden sind, ist nirgendwo zu lesen, zu hören oder zu sehen. Das ist skandalös.

      Sehen Sie auch das als Folge der political correctness?

      Ja. Das ist eine Heilige Kuh. Die Regenbogengesellschaft Südafrikas muss schließlich, mit der Machtergreifung Nelson Mandelas, ein Erfolg sein. In diesem Sinne werden auch Touristen runtergekarrt, so nach Kapstadt, wo allerdings nicht die Polizei, sondern bezahlte Sicherheitsdienste bestimmte Gebiete bewachen. Dass in Pretoria, dass in Johannesburg kein einziger Weißer mehr lebt, wissen die meisten überhaupt nicht. Weiße dort, und zwar überhaupt keine ,Kaffernfresser`, sagen, dass sie jede Nacht in Lebensgefahr sind. Sogar Diplomaten bunkern sich ein. Die Enstaatlichung der Macht, von der jetzt im Zusammenhang mit dem Terrorismus gesprochen wird, hat aus dieser Sicht längst stattgefunden. Auch die dazugehörigen privaten Söldnerfirmen - ob in London, Florida oder Montreal - sind ein Phänomen, das kein Mensch schildert.

      Bewusstes Ausblenden tief greifender Probleme

      Führen Sie die Missachtung der religiösen und ideologischen Grundzüge von Konflikten, die Sie schon früh beschrieben haben, auch auf eine generell wohlmeinende Haltung zurück, die gerne bunte Verhältnisse ausmalt, ohne die tatsächlichen Streitlinien und Antagonismen zu kennen oder zu benennen? Werden tief greifende Probleme aktiv und ganz bewusst ausgeblendet, auch aus Angst vor dem Beifall der falschen Seite?

      Natürlich. Aber es kommt auch die Industrie mit ihren Interessen dazu. In Südafrika beispielsweise hat DaimlerChrysler eine Fabrik aufgemacht, die so bewacht ist, dass die funktioniert.

      Bezogen auf Nahost: Sind die dortigen Grundkonflikte von vielen, auch von Journalisten, verdrängt oder schöngeredet worden, weil die Zeitströmung in breiten Teilen anderes nahe legte?

      Aber sicher. Ich bin der Einzige gewesen weit und breit, der zur Zeit des Osloer Abkommens gesagt hat, dies könne nicht funktionieren, weil es sich um die Quadratur des Kreises handelt. Wenn man neben Israel einen voll souveränen palästinensischen Staat gründet, ist Israel existenziell bedroht. Das ist nicht zu vereinen. Die Sache hat sich inzwischen viel schlimmer hochgeschaukelt, als ich es damals befürchtet habe.

      Man hätte dies wissen können, wenn man genauer hingeschaut hätte?

      Man hätte allerdings nicht viel daran ändern können. Richtig aber ist: Man hätte es von Anfang an ganz klarsichtig so wahrnehmen und beurteilen können.

      "Eine europäische Wahrnehmung gibt es kaum noch"

      Ist, unabhängig von solchen Fällen, die Berichterstattung aus dem Ausland viel zu sprunghaft? Werden Themen - siehe
      Flutkatastrophe China - schnell fallen gelassen, wenn die Bilder nicht mehr spektakulär sind?

      In Mosambique war es ähnlich. Es werden Dinge hochgebauscht, auch hier wieder unter morbiden Aspekten, obwohl es solche Dinge immer wieder gegeben hat. Die Voraussetzungen werden nicht genannt. Dazu gibt es einen Leitfaden: Was in Amerika News ist, wird auch in Deutschland eine Nachricht. Eine wirkliche europäische Wahrnehmung der internationalen Ereignisse gibt es kaum noch.

      Auch nicht in Frankreich, das immer auf seine Eigenständigkeit großen Wert gelegt hat?

      Das französische Fernsehen war mal recht gut. Doch auch dort ist das Privatfernsehen mit seinen Auswirkungen eingebrochen. Jetzt betrübt mich das Fernsehen in Frankreich zutiefst, auch in der Nachrichtengebung. Es ist oberflächlich. Ganz selten sieht man eine gute Reportage. Da ist das deutsche Fernsehen wesentlich besser.
      Die deutschen Anstalten halten sich viel auf ihre Informationskompetenz zugute, rühmen das dichteste Auslandskorrespondentennetz, ihre generelle Weltoffenheit. Sie kritisieren trotzdem, es passe sich an, zeige sich nicht eigenständig?

      Das ist das Eigenartige mit der Globalisierung, mit der Globalisierungslüge, wie man es nicht anders bezeichnen kann: Je mehr man davon redet, um so provinzieller wird alles. Man konnte zwar über den "Internationalen Frühschoppen" von Werner Höfer lächeln mit den ausländischen Kollegen, die sich manchmal nur mühsam ausdrücken konnten. Doch die gingen immerhin die internationalen Probleme an. Inzwischen diskutiert der "Presseclub" fast nur noch über innerdeutsches Gerangel oder über Wirtschaftsfragen.

      Wird sich das ändern?

      Es ist eine Frage der Prioritäten, der Voraussetzungen. So bildet bei n-tv, das ich oft mit Interesse sehe, weil der Sender seine Bilder natürlich von CNN bekommt, Wirtschaft den Schwerpunkt. Klar, der Sender bekommt seine Gelder auch über die Wirtschaft. Mit dieser Wirtschaftsorientierung sind die Leute in der Zeit der New Economy, als das Wort noch Hochglanz hatte, völlig in die Irre geführt worden.

      Apropos CNN: Als amerikanische Soldaten in Somalia landeten, war der Sender mit seinen Kameras und Scheinwerfern schon da. Ist das eine Perversion?

      Andere waren auch da. Es gab genauso viele Reporter wie US-Marines. Das ist typisch. Und auch bezeichnend. Die Landung ging vor sich wie ein Kinostück. In ähnlicher Weise sind die Amerikaner damals in Da Nang gelandet, allerdings von vietnamesischen Mädchen mit Blumen bekränzt. Wichtiger allerdings ist die Frage nach der Wirklichkeit Somalias: Wo ist die schon analysiert worden? Die Amerikaner sind wieder verschwunden, nach 18 Toten, nach Fernsehbildern, die zeigten, wie diese Toten in abscheulicher Weise durch die Straßen geschleift wurden. Da war es aus.

      "Man muss die Scham der Opfer respektieren"

      Gibt es Grenzen der Berichterstattung? In New York hat man vom blutigen Elend fast nichts gesehen, beim Golfkrieg war es ähnlich. Ist es richtig, bestimmte Dinge auszusparen, oder müsste man sie schonungslos zeigen, zumindest um der äußeren Wahrheit willen?

      Im jetzigen Fall hat man gut daran getan, diese Bilder auszusparen, denn es war im Grund wie eine Naturkatastrophe. Hätte es mehr gebracht, wenn man zerfetzte Gliedmaßen gezeigt hätte? Man muss die Scham der Opfer respektieren. Ich bin auch dagegen, schreiende Frauen an Särgen zu zeigen oder verwundete Kinder in endlosen Einstellungen. Ich sage meinen Kamerateams, wenn es beispielsweise um Leichen geht: Macht eine Totale, aber bitte keine Einzelheiten.
      Bedient das Fernsehen vorhandenen Voyeurismus oder schafft es ihn erst und fördert ihn? Auch die anfangs unendliche Wiederholung der New Yorker Flugzeugeinschläge könnte mit äußerer und innerer Faszination, sogar mit Ästhetisierung zu tun haben.

      Das Ereignis war bildlich in seiner Art einmalig. Für mich hat es beinahe etwas Biblisches gehabt. Es war die Zerstörung des Turms von Babel. Das war es auch in den Augen der islamischen Welt. Da gibt es eine gleiche Mythologie. Die Geste war so symbolträchtig, dass man sie schon zeigen kann. Man soll allerdings damit nicht spielen, um billige Effekte zu erzielen. Aber insgesamt war es ein Symbol für den Koloss auf tönernen Füßen.

      Die New York Bilder wurden teilweise wie eine Tapete verwendet, auf Hintergrund- und Vordergrundmonitoren, in einer Endlosschleife. Hatte das damit zu tun, dass die Redakteure auch einer Faszination erlegen waren?

      In dieser Form wäre es krankhaft. Aber als auslösendes Moment hatte es hohe Bedeutung, weil das Symbol des Weltkapitalismus getroffen wurde. Der Fluch der Globalisierung wird jetzt erst sichtbar. Er ist jetzt erst richtig zu spüren, wo man rund um die Welt schnell kommuniziert. Auch in Afrika, an ödesten Orten, gibt es jetzt Handys. In Kinshasa, in Ruanda, auch an verwüsteten Orten findet man Internet-Cafés. Doch das ist nur die Technik. Der wahnsinnige Gedanke Fokoyamas, dass mit der weltweiten Verbreitung der pluralistischen Demokratie und der Meinungsfreiheit sowie des offenen Welthandels der Idealzustand der Menschheit und das Ende der Geschiche erreicht wäre: Das ist eine absolute Fehleinschätzung.

      "Es gibt keine Helden ohne Zuschauer"

      Sind dann die Bilder der großen Anti-Globalisierungs-Demonstrationen von Seattle, Göteborg und Genua falsch gewesen, weil sie lediglich den Schlacht-Charakter hervorgehoben haben, die eigentliche Analyse der Globalisierungsvorgänge aber ausblieb?

      Man muss diese Kundgebungen und ihre Form zeigen. So wie auch jetzt die ersten Anti-Kriegs-Demonstrationen. Wenn es kommt, wie Bush angekündigt hat, und der Krieg lange dauert, dann kippt die Stimmung nach einer gewissen Zeit. So wie es jetzt schon bei den Grünen rumort. Aber natürlich steckt auch ein anderer Aspekt in der Frage. Jeder Narr, der die Kamera auf sich gerichtet sieht, benimmt sich gleich wie ein Tollwütiger. Das erlebt man nicht nur in Genua oder Seattle, sondern in jeder Talkshow. Als die amerikanische Botschaft in Teheran belagert wurde und auch schon besetzt worden war, standen dort junge iranische Islamisten herum, und zwar ohne Anordnung von Chomeini. Die waren freundlich zu uns. Sobald eine Kamera hochging, verwandelten sie sich in eine Rotte von heulenden Derwischen.

      Wie kann das Medium diesem Effekt gegensteuern, das so sehr auf Bilder angewiesen ist? Lässt sich ein Radikalfilter einbauen: indem man lieber gar nichts zeigt statt des Falschen, das durch die laufende Kamera hervorgerufen wird?

      Das ist schwer, sehr schwer. Schon bei Malraux heißt es: Es gibt keine Helden ohne Zuschauer. Das gilt im Fernsehzeitalter doppelt und dreifach. Es gibt sogar Anfänger der Branche, die Kampfhandlungen stellen lassen, ohne dies zu sagen, und die sich dann womöglich noch vor das Gewehr stellen.

      Der richtige Weg ist schwer, sagen Sie. Kann ein verschärftes Bewusstsein helfen, was man mit Bildern anrichten kann? Ließe sich, trotz des Bilderzwangs, besser abwägen, genauer filtern?

      Das fehlt ja völlig. Worte könnten Bilder relativieren, doch dieses Mittel wird nicht benutzt. Die Gefahr der optischen Manipulation ist immer groß, schon seit den Anfangszeiten des Fernsehens. Parteiversammlungen, Politiker beispielsweise lassen sich so oder so zeigen, je nach Bildausschnitt und Blickwinkel.

      Sie kennen auch das Privatfernsehen von innen. Wie sehen Sie das System als Ganzes: Hat das Privat-TV vorherige Bremsen weitgehend gelockert und vieles entfesselt, was im rein öffentlich-rechtlichen System noch diszipliniert war?
      Im Vorstand von Gruner+Jahr war ich vor allem mit Medien befasst, allerdings ohne unmittelbaren Einfluss. Die wirkliche Fernseharbeit machte Manfred Lahnstein aus dem Vorstand von Bertelsmann. Helmut Thoma habe ich noch in Luxemburg erlebt, in seinem kleinen Büro, in den heroischen Anfängen von RTL. Ich war auch im Verwaltungsrat von RTL. Das war insofern interessant, weil ich mit den Spitzen der Anteilseigner zusammenkam, wie dem Generaldirektor der französischen Bank Paribas oder dem Vorstand der Gruppe Bruxelles Lambert.

      "Bei den Privaten wurde über Programm nicht geredet"

      Gab es dort inhaltliche Diskussionen?

      Über das Programm wurde dort gar nicht geredet, da ging es rein um kapitalistische Verschmelzungen, um Fragen der Gesellschaften.

      Und im Programmbeirat, dem sie auch angehörten?

      Dessen Vorsitzender war Günther Müggenburg, sein Adlatus war Johannes Gross. Wir haben uns amüsiert wie Bolle, aber im Grunde mit den Managern nichts zu tun gehabt. Wir sahen immer mit großem Staunen, dass in der Sitzung zuerst immer die Quoten und die Zusammensetzung der Seherschaft diskutiert wurden. Für mich eine fremde Welt, aber man muss sie kennen.

      Hat dieser klare kommerzielle Blick insgesamt die publizistische Perspektive und Verantwortung aufgelöst, auch an anderen Stellen?

      Aber sicher. Wenn ich im ZDF einen Film mache, eine Dokumentation, die relativ spät platziert wird, aber immer noch ein gutes Rating hat, dann ruft mich morgens der Redakteur strahlend an und spricht von der Einschaltquote und der Reichweite. Als Fernsehdirektor war ich in der glücklichen Lage, dass mir diese Art der Zustimmung des Publikums völlig egal sein durfte. Klar war, dass man die Leute auch amüsieren muss, dass ein Millowitsch ins Programm gehört. Aber daneben haben wir auch moderne elektronische Unterhaltung gemacht, haben experimentiert. Inzwischen laufen wieder alle die große Showtreppe runter wie in den 20er Jahren.

      Die Privaten sind, was jetzt New York betraf, relativ einmütig gelobt worden, als routiniert und professionell. Stimmen Sie zu?

      Ich habe fast ausschließlich CNN gesehen. Es ging mir darum, außer dem Ereignis auch die amerikanische Reaktion kennen zu lernen, ganz abgesehen davon, dass CNN die besseren Bilder hatte. Deutsche Kommentare sind für mich irrelevant. Nehmen wir nur den Bundeskanzler, der beim Anblick dieser entsetzlichen Verwüstungen sagt, so etwas habe es nur einmal auf der Welt gegeben. Ich habe das verwüstete Berlin gesehen, das war mindestens so schlimm, von Hiroshima ganz zu schweigen.

      "Abgrundtiefes Misstrauen gegenüber allen Bildern"

      Anfangs hatte CNN-Reporter Nic Robertson mit einem so genannten Videophone Live-Bilder aus Kabul gesendet. Liegt die Gefahr nahe, dass mit dieser immer kleineren Technik eine hohe Akualität bedient und gefordert wird mit der Folge, dass das äußere Bild immer vor der Einordnung kommt? Dass man also vieles schnell überträgt und zeigt, ohne wirklich etwas zu wissen?

      Im Golfkrieg ist nur gemogelt worden, es hat kein authentisches Bild gegeben. Das geht von der Ölverschmutzung über die Brutkästen bis zu Militäreinsätzen, die nicht stattgefunden haben, sondern als Manöver gedreht wurden. Die systematische Tötung von irakischen Soldaten, die sich ergeben haben, hat keiner gefilmt.

      Nochmal: Öffnet die schnelle, disponible Technik, die praktisch ein Live-Senden erlaubt, die Schere zwischen Bildern und analysierender Einordnung noch weiter?

      Es gab in Köln eine lobenswerte Ausstellung: "Bilder, die lügen". Man muss ein abgrundtiefes Misstrauen haben gegenüber allen Bildern, die rüberkommen. Was sollten beispielsweise diese grünen Flackerbilder aus Afghanistan? Kein Mensch hat erklärt, was sie genau bedeutet haben.

      Sollte und könnte man sich denn vom Fetisch der Aktualität lösen, den die Technik noch verstärkt, weil sie so leicht einzusetzen ist?

      Nach meiner Erfahrung bringt es gar nichts, sich sofort auf das Geschehen und dessen Entstehung zu stürzen. Mein Durchbruch im Fernsehen war der Kongo. Ich war zum Zeitpunkt der Proklamation der Unabhängigkeit gerade in Marseille in See gestochen und dachte, wieder eine Geschichte zu versäumen. Drei Wochen später kam ich in Leopoldville an, doch da ging die Sache erst richtig los.

      Könnte man mit dem gewaltigen Apparat, den das Fernsehen heute darstellt, eine gerechtere Auslandsberichterstattung zu Stande bringen? Vorausgesetzt, man hätte dies als klares Ziel im Kopf? Ließen sich die Verhältnisse in den richtigen Dimensionen und Relationen zeigen, was hieße, auch abseits des Spektakulären hinzuschauen?

      Sicher könnte man das. Als die Khomeini-Revolution losging, waren auch zwei Millionen Menschen auf den Straßen. Die haben nicht demonstriert, weil eine Kamera da war.

      "Das Wort ist ganz entscheidend"

      Und wo die Kamera nicht hinkann oder wo sie verfälschend wirkt: Kann man das auffangen durch die Kommentierung?

      Das Wort ist ganz entscheidend. Wenn Euronews Bilder bringt in der besonderen Form des "no comment", dann ist das schwachsinnig. Doch wer kann noch texten? Die Texte sind im Allgemeinen schon stilistisch erbärmlich, die Sprache ist so verarmt, dass es einen schüttelt. Es gibt derzeit aber einen Korrespondenten, der mir gut gefällt. Claus Kleber in Washington. Der ist ruhig, formuliert gut, da sitzt alles. Er macht die Hektik nicht mit.

      Sind deshalb Bilder mit offensichtlicher Herkunft besser einzusetzen, weil man die Absicht kennt?

      Was von Osama bin Laden über El Dschasira verbreitet wurde, das ist immerhin nach genauer Absicht der Beteiligten so gesendet worden. Da ist die CIA nicht drin gewesen. In der oberen Bildecke steht: ,speziell für Dschasira`. Ich kenne die Leute des Senders. Es sind überhaupt keine Fundamentalisten, sondern junge offene Intellektuelle. Allerdings gibt es heute eine Wende. Man weiß nicht, ob nicht auch die Intellektuellen Fundamentalisten sind, vor allem die technisch Ausgerichteten.

      Ist der Preis, den der Sender für seinen Korrespondenten in Kabul bezahlen muss, eine noch höhere Instrumentalisierung, als es die Verantwortlichen vielleicht selbst glauben?

      Es sind Araber. Die machen sich doch keine Illusionen, wie sie eingesetzt werden. Hätte ich die Erlaubnis, in Kabul zu drehen, wüsste ich das auch. Aber auf den Bildern der Taliban wird weniger manipuliert als auf den elektronischen, welche die Amerikaner dauernd ausstrahlen. Ich frage mich sowieso, was die in Kabul bombardieren.

      Wenn Sie als Ex-Fernsehdirektor Ihren heutigen Kollegen raten sollten, in welchen Kernpunkten die Berichterstattung zu verbessern wäre, ohne große Komplikationen: Welche wären das?
      Man muss wieder zurückkommen zur sauberen Dokumentation. Die nicht beansprucht, die objektive Wahrheit darzustellen. Sondern die das persönliche Erlebnis des Korrespondenten an Ort und Stelle rüberbringt.
      Avatar
      schrieb am 27.03.02 13:04:16
      Beitrag Nr. 17 ()
      Und noch zwei Zitate, über die man nach einigen Monaten mal wieder diskutieren könnte. Leider muß ich gleich wieder weg und kann vielleicht nur noch "FROHE OSTERN !" wünschen.
      Man darf übrigens wieder raten, aus welcher Zeitung das zweite Zitat ist:

      Zitat 1:
      Peter Schneider: "Es kann nicht sein, dass der Gegenschlag mehr Empörung auslöst als der Anschlag selbst!"

      Schon werden immer ungenierter vorausschauende Unterscheidungen getroffen: Der Anschlag habe keineswegs der zivilisierten Welt gegolten, sondern allein den USA. Von hier aus ist es nicht mehr weit zu dem Schluss, "die Amerikaner" hätten sich den Angriff selbst zuzuschreiben, kurz: Die Opfer der Attacke seien am Ende die Täter.
      Fragt man nach, mit welchem ihrer zahllosen "Verbrechen" die Amerikaner das Inferno in Manhattan heraufbeschworen hätten, erhält man bereitwillig Auskunft: mit ihrer Nahost-Politik, mit ihrer Verachtung der islamischen Weit, mit der von ihnen angeführten Globalisierung und, ganz allgemein, mit ihrer Arroganz und ihrem pathologischen Unverständnis für die Leiden, die sie anderen Völkern zugefügt hätten. Ich sage nicht, dass diese Einwände und Vorbehalte gegen die Politik der USA sämtlich falsch oder absurd seien. Absurd und niederträchtig ist es, das ungeheuerliche Terrorverbrechen in den USA mit Hilfe dieser Standardformeln aus dem Repertoire des Anti-Amerikanismus erklären (und irgendwie doch legitimieren) zu wollen.

      Es gehört schon ein erstaunliches Maß an Menschenverachtung und geistiger Brutalität dazu, den Opfern einer solchen Katastrophe nachzurufen, man bedaure natürlich zutiefst ihr Schicksal, aber ganz unverdient sei es nicht. In einer Diskussionsveranstaltung im Berliner Haus der Kulturen der Welt erwies sich, dass die Verurteilung der USA entschieden deutlicher ausfiel als die der Terroristen, so dass der Schriftsteller Hans Christoph Buch das Publikum ungläubig fragte: "Es kann doch wohl nicht sein, dass die Reaktion der USA - der militärische Gegenschlag - mehr Empörung auslöst als der Anschlag selbst."

      Der Schriftsteller Peter Schneider war einer der Wortführer der 68er - Studentenrevolte. Als Autor wurde er unter anderem durch den Roman" Paarungen" von 1992 bekannt.

      Zitat 2:
      Nein, der Dritte Weltkrieg steht nicht auf dem Programm. Aber doch ein globaler: aus allen Richtungen, über Tausende von Kilometern hinweg und mit Angriffszielen en gros. Denn der Feind ist weder die Wehrmacht noch die Rote Armee. Es sind Massenmörder ohne Namen und Adresse, die in Zugstärke operieren; es sind Staaten, die sie tolerieren, finanzieren, munitionieren. Aber auch sie zeigen nicht ihr Gesicht; ließen sie die Maske fallen, hätten sie schon verloren.

      Dieser Krieg ist in der Tat der erste des 21. Jahrhunderts. Wir kennen weder seine Regeln noch seine Gesetze. Wir dürfen aber vermuten, dass er "umfassend und dauerhaft sein wird und sich nicht in einer "einzelnen Schlacht" erschöpft. Der Abwehrkampf gegen den Terror wird Monate, vielleicht Jahre dauern. Amerika ist ins Mark getroffen, verflogen ist das "Zinksarg-Syndrom" aus dem Vietnamkrieg. Jetzt stellt sich das Problem, das George F. Kennan, Erfinder der "Eindämmung", vor 50 Jahren definiert hat. Außenpolitisch verhielten sich die Demokratien wie Dinosaurier. Diese gerieten nur "langsam in Rage", sie reagierten erst, wenn man ihnen "praktisch den Schwanz abhackt". Dann aber "schlagen sie mit blinder Entschlossenheit" um sich Doch just dieser Jurassic Park-Strategie - totaler Krieg gegen totalen Terror - muss Amerika widerstehen, aus wohlverstandenem Eigeninteresse.

      Denn in diesem Krieg geht es vorweg um die Köpfe. Der Terror versucht, die Hirne mit Angst und Schrecken zu vergiften, die Menschen seinem mörderischen Willen zu unterwerfen, sie in die moralische Kapitulation zu zwingen. Der Verteidiger muss sich also hüten, die Angst noch zu schüren, indem er wie ein wütendes Urtier agiert und so in den Köpfen zur größeren Bedrohung heranwächst als der terroristische Aggressor. Amerika muss umso besonnener handeln, als auch eine Weltmacht diesen Krieg nicht allein gewinnen kann. Folglich muss die Koalition von Dauer sein. Hier beginnt das eigentliche Problem dieses im Kern politischen Krieges.

      Amerika schwimmt heute in Europa auf einer Weile der Sympathie und Solidarität, die es zuletzt im frühen Kalten Krieg genießen durfte - siehe Gerhard Schröder, den alten Juso-Kämpen, der nun die "uneingeschränkte Solidarität" mit dem verwundeten Giganten beschwört. Doch sitzt die Furcht vor dem "Hegemon" so tief wie der Antiamerikanismus, der nach Bushs Amtsantritt wieder seine üblichen Kapriolen schlug. Wer sich heute noch auf die Zunge beißt, weil "America-bashing" pietätlos wäre, wird nach den ersten Bomben wieder tief in die Klischee-Kiste greifen. Eigentlich sei doch ja wieder Amerika schuld, hat es doch die Globalisierung in die letzten Winkel der Prä-Moderne getragen, den israelischen "Imperialismus" unterstützt, die Araber im Golfkrieg erniedrigt ... Und jetzt übten sie nur noch blinde Rache.

      Doch hat die Furcht einen rationalen Kern: Niemand möchte in einen Krieg gezogen werden, in dem er nichts zu sagen hat. Wer also die breitestmögliche Koalition hinter sich versammeln will, muss auf die Nöte und Interessen der Partner Rücksicht nehmen. Derlei Sensibilität hat Bush vor dem 11. September kaum gezeigt; ungeniert stapfte er voran, ohne sich um den Rückhalt seiner Verbündeten zu kümmern.

      Jetzt braucht er sie, ganz gleich, wie viele Marschflugkörper und Laserbomben er im Arsenal hat. Welche Ironie: Zum ersten Mal in ihrer Geschichte hat die Nato den Verteidigungsfall festgestellt; der Begünstigte aber ist nicht Europa, sondern Amerika. "Unilateralismus"` ist out, "kooperative Sicherheit" ist in. Nicht nur mit den klassischen Verbündeten, sondern vor allem mit den moderaten Muslimstaaten wie Ägypten und Jordanien sowie dem bisherigen Helfer der Taliban, Pakistan. Denn der Terrorismus muss nicht nur bekämpft, sondern isoliert werden. Dabei gilt es, nicht in die Falle zu tappen, welche die Terroristen aufgestellt haben: Die wollen genau den blindwütigen Gegenschlag, der die Gemäßigten in ihr Lager treibt.

      Dies ist kein "Kampf der Kulturen", sondern ein Ringen zwischen der offenen Gesellschaft und dem puren Hass, der nie gestillt, nur gestoppt werden kann. Wer kein anderes Ziel verfolgt als das maximale Massaker, verdient weder Verständnis noch Verständigung - und schon gar keine Neutralität. Mit Mördern, die ihr eigenes Leben nicht achten, gibt es keinen Dialog. Das haben inzwischen auch die allermeisten Europäer erkannt. Denn mit ihrer offenen Gesellschaft, ihrer hochkomplexen Wirtschaft sind sie so verwundbar wie die Amerikaner. Das St.-Florians-Prinzip funktioniert nicht mehr. (Man sollte auch nicht vergessen, daß im Dezember 1994 eine französische Elite-Einheit auf dem Flughafen von Marseille ein gekapertes algerisches Flugzeug stürmen konnte, dessen Entführer - fundamentalistische GIA-Mitglieder - die erklärte Absicht hatten, das Flugzeug über Paris zu sprengen!)

      Auch kann und wird Amerika in seiner schlimmsten Stunde nach dem Bürgerkrieg (oder nach Pearl Harbor?) keine Neutralität goutieren, das hat als Erster Pakistan begriffen. Für die Europäer ist die Koalition nicht bloß ein moralisches, sondern ein realpolitisches Gebot. In dem Maße, wie sie tätige Nachbarschaftshilfe leisten, können sie auf den zornigen Riesen Einfluss nehmen: auf dass er im Krieg so umsichtig agiert, wie er es nach dem Schock des 11. September getan hat.
      Avatar
      schrieb am 27.03.02 13:08:19
      Beitrag Nr. 18 ()
      @Auryn:
      Wieso holst Du eigentlich soweit kausal aus?

      Homo sapiens hat doch die Eigenschaft, aus vergangenen Erfahrungen heraus mittels seiner Phantasie ein "Was-wäre-wenn"-Szenario vor seinem geistigen Auge zu entwerfen. Gepaart mit Machtstreben und universellem Besitzanspruch ist er in der Lage, seine Zukunft zu PLANEN und verschiedene Wege zu diesem Ziel regelrecht zu simulieren.
      Das trennt diese Evolutionsstufe vom Rest der "Lebewesen" auf diesem Planeten (Delphine vielleicht ausgenommen, aber ich kenne keine Delphine, die Krieg führen...)

      Daraus resultiert der Verlauf der Geschichte der "modernen" Menschheit bis heute, also seit ca. 100.000 Jahren. Es gibt weder Mord noch Kampf in der restlichen Welt der Lebewesen aus Streben oder Gier heraus, nur Töten und Kampf aus Instinkt zum Überleben.

      Alle hier in diesem Thread genannten "Wege zum Ziel" sind letztlich begründet in dieser Eigenschaft des "Homo sapiens", egal wie verschachtelt und kompliziert die beschriebenen Mechanismen auch sein mögen.

      Daß Dir das "als Politologen auf die Nerven" geht (Posting #1), ist klar. Du lebst schließlich davon, diese Mechanismen und Verschachtelungen zu theoretisieren und zu erklären.

      fondast
      Avatar
      schrieb am 27.03.02 13:30:35
      Beitrag Nr. 19 ()
      @ fondast:
      Zu Deiner ersten Frage kann ich nur dasselbe sagen wie es vermutlich Sokrates gesagt hätte: Es wäre schön, wenn die Menschen nicht immer dazu neigen würden, ihren eigenen Standpunkt zu verabsolutieren und als den einzig richtigen zu betrachten. Allein darin, nämlich der Fähigkeit, sich selbst in Zweifel zu ziehen und die eigene Existenz zu hinterfragen, beruht die geistige Besonderheit des Menschen.
      Im übrigen muß ich Dich leider insoweit korrigieren, als die Verhaltensforscherin Jane Goodall eindeutig nachweisen konnte, daß Primaten in freier Wildbahn, insbesondere Schimpansen, regelrechte Vernichtungskriege mit anschließendem Kannibalismus gegen die eigenen Artgenossen führen können. Ein solcher "Krieg" wurde von ihr gefilmt und auch im Buch "My Life with Chimpanzees" (oder so ähnlich) beschrieben. Kann aber auch ein späteres Buch von ihr gewesen sein.
      Der Mensch erhebt sich in seinem Umgang mit Aggressionen also gar nicht mal so weit aus dem Tierreich.
      Ich versuche im Unterschied dazu nur, meine Aggressionen in politischen Diskussionen sozusagen zu "sublimieren" und andere Leute zum selben Verhaltensmuster zu bewegen. Ich muß allerdings zugeben, daß manche Reaktionen der Leserschaft bei meinen früheren Versuchen doch eher an die Studienobjekte von Jane Goodall erinnerten.
      ;)
      Avatar
      schrieb am 27.03.02 13:38:48
      Beitrag Nr. 20 ()
      @Auryn:
      Ich will damit zum Ausdruck bringen, daß der Mensch enorm weit in seine Historie zurückblicken kann und damit seine Pläne und Handlungen für die Zukunft begründet.
      Daß machen auch Schimpansen nicht, da sie nicht weiter zurückdenken können als ihre "persönliche Vergangenheit", im Zweifelsfall eine Generation. Das hat nichts mit der Aggression an sich zu tun und wie sie sich äußert, sondern mit der Rechtfertigung, wofür man sie einsetzt.
      Das ist keine politische Begründung, sondern sozusagen "im Hirn eingebrannt".

      Deshalb halte ich es auch für sinnlos, einen politischen Lösungsansatz zu suchen. Die Vergangenheit wird immer länger (weil immer mehr gefunden wird an Beweisen und Zeugnissen), damit wird die Zukunft immer kürzer.

      fondast (Nicht-Fatalist, aber ein Ende ist absehbar)
      Avatar
      schrieb am 27.03.02 13:44:48
      Beitrag Nr. 21 ()
      @ fondast:
      Och nein! Das kannst Du mir halbwegs jungen Menschen doch nicht antun, jetzt auch noch mit "immer kürzer werdender Zukunft" aufzuwarten. Ist es denn für Dich überhaupt kein Grund zur Hoffnung, daß die Menschheit sich schon seit 55 Jahren mit Atomwaffen selbst hätte vernichten können, es aber trotzdem nicht getan hat? Nur ein ganz klitzekleiner Hoffnungsschimmer?
      Avatar
      schrieb am 27.03.02 13:58:51
      Beitrag Nr. 22 ()
      Tja, Leute, jetzt muß ich leider wirklich bis nach Ostern weg. Ich wünsche daher jedem Leser dieses und anderer Threads meiner Wenigkeit Geduld für meine noch kommenden Fortsetzungen,
      überhaupt allen FROHE OSTERN
      und mindestens ein Ei!
      Bye, ;)

      Auryn
      Avatar
      schrieb am 27.03.02 14:07:00
      Beitrag Nr. 23 ()
      @Auryn:
      Sag ich doch, kein Fatalist. Nur die Zeiträume sind kürzer geworden. Ich denke nicht an ein paar Jahre, darum geht es nicht. Ich sehe auch nicht so schwarz, wie Dir das erscheint.
      Nur verschwenden viele Theoretiker speziell der "hochentwickelten" Nationen viel Zeit, Arbeit, Geld und Gedanken an Lösungsansätze, die keinen Erfolg haben können, weil der Hintergrund der Probleme die Berufung des eigenen Vorgehens auf die Vergangenheit ist. Das kumuliert irgendwann zum "Big Bang", wenn mehr Menschen die Vergangenheit ihres Volkes, Nation, ja, auch Rasse kennen oder durch irgendeinen fanatischen Anführer eingebläut bekommen.

      Haben nicht erst in den letzten Tagen Afro-Amerikaner gegen Unternehmen in den USA Klage eingereicht, weil diese Unternehmen während der Zeit der Sklaverei schwarze Sklaven hielten? Dann sollte ich jetzt meinen türkischen Nachbarn verklagen, weil seine Vorfahren meinen griechischen Urururur-Grßvater als Zwangsarbeiter 1650 in Thessaloniki beschäftigt haben?!

      Ich tue es nicht, weil das nicht meiner Denkweise entspricht. Aber ich halte mich als der kleinen Minderheit angehörend.

      Die USA haben eine vergleichsweise kurze eigene Historie, sie haben dafür drei Ersatz-Historien entwickelt: die Freiheit der Welt, Israel und den internationalen Terrorismus. Sonst hätten sie ja wirklich keinen Grund, irgendwo politisch wie militärisch einzugreifen.

      fondast (Optimist - dir richtigen 20% könnten übrigbleiben...)
      Avatar
      schrieb am 27.03.02 14:11:42
      Beitrag Nr. 24 ()
      Frohe und friedliche Osterfeiertage!

      fondast
      Avatar
      schrieb am 29.03.02 00:12:05
      Beitrag Nr. 25 ()
      Also die Antworten in Posting 16 hat Peter Scholl-Latour gegeben.

      Wünsche allen frohe Ostern!

      Pluto
      Avatar
      schrieb am 04.04.02 17:53:20
      Beitrag Nr. 26 ()
      @ Plutokrat:
      Zum Dank für Deine richtige Antwort erhältst Du den versprochenen "missing Link" ( ;) ):
      http://www.epd.de/medien/2001/84interview.htm

      @ fondast:
      An Deiner Sichtweise der Geschichte stört mich ein klitzekleines Bißchen der fehlende Hinweis darauf, daß man eine Menge historische Fehler wiederholen kann, wenn man zuwenig über die Geschichte der historischen Katastrophenverursacher (wie z.B. Hitler / Stalin etc.) weiß.
      Da habe ich gerade heute eine interessante Ausgabe der Zeit mit noch interessanteren Artikeln dazu gefunden, die meine Meinung hervorragend belegen:

      Aus "Die Zeit", Seite 5 unten:
      Den Toten auf der Spur
      Die russische Stiftung Memorial erforscht die Gräueltaten der Stalin-Zeit. Dafür erhält sie nun den Lew-Kopelew-Preis
      /VON JOHANNES VOSWINKEL

      Hinter der unscheinbaren Holztür des kleinen Moskauer Stadtpalais sind Hunderttausende Schicksale archiviert. Die Spuren der Toten, deren Knochen irgendwo in russischer Erde verscharrt liegen, sind in grauen Pappordnern wohlgeordnet. Auf ausgeblichenem Papier ist der Schrecken festgehalten, in krakeliger Handschrift oder gnadenlos exakten Schreibmaschinenlettern: Briefe, Häftlingskarteien und Hinrichtungsbefehle.
      Arsenij Roginskij zieht einen der Ordner aus dem Regal und klappt ihn auf. "Zwischen dem 1. Oktober 1936 und dem 1. November 1938 wurden 1 565 000 Menschen verhaftet", zitiert er die perverse Erfolgsbilanz des Geheimdienstes NKWD. "668 305 von ihnen erhielten die Todesstrafe." Die Opfer des Stalin-Terrors zu beziffern und ihr Elend zu beschreiben: das ist Roginskijs Lebensinhalt. Er leitet die Organisation Memorial in Moskau, die dem Erinnern Gestalt und Ort verleiht. Am Sonntag erhält sie in Köln den Lew-Kopelew-Preis.
      "Wir setzen den sowjetischen Lügen über unsere Geschichte die Wahrheit entgegen, damit sich das Grauen nicht wiederholt", fasst er das Ziel von Memorial zusammen. In Gedenkbüchern gibt die Organisation den Opfern Namen und Ehre zurück. "Geschichte ist für uns eine untrennbare Einheit von Vergangenem, Gegenwart und Zukunft", ergänzt Roginskij. "Deshalb machen wir uns heute zugleich für die Menschenrechte stark."
      Das Erbe der Toten, der Verbannten und Verfolgten scheint den Arbeitsraum der Mitarbeiter von Memorial zu erdrücken. Die Zimmer sind voll gestopft bis unter die schiefe Decke mit Archivkartons, mit Selbstverlagsausgaben (Samisdat) und 400 000 Briefen von ehemaligen Zwangsarbeitern in Deutschland. Die Bibliothekare können sich zwischen den Bücherstapeln kaum um die eigene Achse drehen, und auf den verwühlten Schreibtischen kämpfen Topfpflanzen und Teetassen um die letzten freien Zentimeter. Im Museumszimmer stapeln sich Gefangenenzeichnungen aus den Lagern zu beiden Seiten der Glasvitrine, in der das Prunkstück der Sammlung hängt, der Uniformmantel des letzten Innenministers von Stalin. "Für zwei Flaschen Wodka", erzählt Roginskij, "hat ihn kürzlich der trinkfreudige Ministersohn an uns abgetreten."
      Das Durcheinander besitzt sein kreatives System und ist erfolgreich: Vor gut 13 Jahren wurde Memorial von Dissidenten und Menschenrechtlern wie dem Physiker Andrej Sacharow gegründet und hat sich den Ruf einer aufrechten und tatkräftigen Organisation erworben. Täglich drängen sich Menschen auf den abgewetzten Sesseln im Korridor. Einige sind Repressionsopfer oder Flüchtlinge, die aufjuristische Hilfe hoffen, andere bitten um ein paar Medikamente oder suchen nur jemanden, der ihrer Leidensgeschichte lauscht. An Jugendliche wendet sich ein Wettbewerb, der mit Unterstützung der Heinrich-Böll-Stiftung zum dritten Mal stattfindet. 2600 Schüler, 1200 mehr als beim Auftakt, haben Arbeiten über die Geschichte ihrer Großeltern, ihrer Straße oder des Dorfpopen und seiner Kirche verfasst.
      Sogar die Staatsmacht kann die unbequeme Organisation nicht mehr ignorieren. Präsidentenvertreter laden zu Gesprächen über die Verbrechen der Militärs in Tschetschenien ein. Der hartnäckige Einsatz der Memorial-Historiker hat manche Archivtür aufgestoßen in diesem Land, das Verschlossenheit noch immer für ein Zeichen der Stärke hält. Die Angestellten des Moskauer KGB-Archivs bitten Roginskij schon mal um Rat, da er sich dort so gut auskennt.
      Der Erfolg von Memorial ist seinen Mitarbeitern zu verdanken, die für karge Gehälter mit Eifer bei der Sache sind. Das kleine Haus ist ihnen Heimat und bietet Schutz vor Ignoranz und Apathie draußen in Russland. "Die Notwendigkeit, sich mit der eigenen Geschichte zu befassen, ist noch nicht ins Massenbewusstsein gedrungen", gesteht sich Roginskij ein. "Manchmal könnten wir mutlos werden."
      1981 wurde er zu vier Jahren Lagerhaft verurteilt wegen "Missachtung der Archivregeln", wie es formal hieß. Er hatte nach Zeugnissen der Repression geforscht. "Am Ende eines der Verhöre", erzählt Roginskij, "fragte mich die KGB-Ermittlerin: ,Woher kennen Sie Kopelew?"` Roginskij reagierte erstaunt, da er ihm nie begegnet war. "Da zog die Frau einen Brief hervor, den Kopelew in Deutschland zu meiner Verteidigung veröffentlicht hatte", erinnert sich Roginskij. "Das war mein erster Kontakt mit ihm."
      Avatar
      schrieb am 04.04.02 18:01:07
      Beitrag Nr. 27 ()
      Und als weiteres Beispiel zum Beleg meiner Meinung: der zweite Leitartikel der heutigen Ausgabe der Wochenzeitung "Die Zeit", S. 1:
      Die Palästinenser folgen dem Irrweg europäischer Revolutionsgeschichte
      VON MICHAEL NAUMANN


      Politischer Terror ist eine furchtbare Erfindung Europas. Im Nahen Osten wird jetzt ein neues Kapitel der Revolutions- und Ideologiegeschichte mit den alten europäischen Rezepten und blutigen Irrtümern geschrieben. Kraft mörderischer Gewalt die herrschende Ordnung umzustoßen, den "Faden der Geschichte abzuschneiden" (so der russische Anarchist Fürst Kropotkin), Angst und Schrecken im Namen einer angst- und schreckenlosen Zukunft zu verbreiten - das war die Grammatik der Französischen Revolution. Dieser "herrliche Sonnenaufgang der Vernunft" (Hegel) warf sein grellstes Licht auf die Klinge der Guillotine: le terreur" das Fallbeil im Herzen von Paris, sollte die "Tyrannei ausrotten" und, in den Worten Robespierres, als "heiliges Feuer der Freiheit" die Tage "der Gleichheit, der Gerechtigkeit und des Glückes heraufführen".
      Organisiertes Morden im Namen der Freiheit war fortan als politische Option in der Welt. "Terror" hieß der "Schrecken der Tugend", der sich gegen Einzelinteressen im Namen der Gemeinschaft wenden durfte. Noch Ho Chi Minh und Pol Pot, der eine Bohemien, der andere einst Student in Paris, beriefen sich auf die Jakobiner. Die sozialistisch-panarabische Ideologie der irakischen Baath-Partei wurde ebenfalls im ideologischen Milieu der Sorbonne geboren. Die palästinensische Intifada nutzt nicht nur die Waffen Europas, sondern folgt auch den ethnischen und nationalistischen Ideologien unserer Geschichte - und trifft auf ein Volk, das wie kein anderes ihren Verbrechen zum Opfer gefallen war.
      Erst im 19. Jahrhundert verknüpfte sich Terror als nachdrücklichstes politisches Argument mit neuen, säkularen Heilslehren der Welterrettung. Politische Ideologien bewaffneten sich, ihre kaltherzigen Interpreten übernahmen die Macht - von Moskau bis Berlin.
      Standen alte Eliten oder politische Gegner im Wege: Fort mit ihnen. Gefängnisse, Gulag und Konzentrationslager des angeblich zivilisierten Europas waren die eigentlichen Tatorte der Weltgeschichte. Niemals hatte es dergleichen gegeben. In 100 Jahren fielen mehr als 60 Millionen Menschen nicht Kriegen, sondern staatlich angeordnetem Terror zum Opfer.
      Die Verbreitung von Angst wurde zum Herrschaftsprinzip des Totalitarismus. Die Mordmethoden industrialisierten sich: vom Hungertod in Arbeitslagern über Massenerschießungen bis zur Vergasung. Das jüdisch-christliche Tötungsverbot, das Prinzip der Lebensheiligkeit oder, wie es heute heißt, das Menschenrecht auf Leben verblassten im gleichen Maße, in dem die moderne Technik das Morden anonymisierte und Terror arbeitsteilig organisiert werden konnte. Er wurde gnadenlos -eine Krankheit der Seelen, die noch in den bizarren Rechtfertigungen der RAF-Terroristen aufschien: arme Abgesandte aus einer ideologischen Vergangenheit, die überwunden schien. Viele von ihnen hatten in palästinensischen Lagern trainiert.
      Auf die spektakuläre Rückkehr des Terrorismus am 11. September vorigen Jahres reagierte die westliche Welt nicht nur mit Entsetzen, sondern auch mit dem guten Gewissen der Vergesslichkeit: Die Mörder des AI-Qaida-Geheimbundes hatten doch terroristische Vorbilder in unserer eigenen Geschichte. Und es ist noch nicht allzu lange her, dass Flugzeugentführungen und Bombenanschläge von "Befreiungsbewegungen" ins modische Weltbild des Antiimperialismus passten und als "Kommunikationsmethode progressiver Gewalt" bemäntelt wurden. Doch politischer Terror war immer Vorbote und Begleiterscheinung der Tyrannei. Das gilt auch für die Organisatoren der palästinensischen Selbstmord-Mörder. Ihre Methoden sind totalitär; der Staat, den sie herbeibomben wollen, wäre es auch.
      Dass das schicke Palästinensertuch einmal in Europa als Ausdruck fortschrittlicher Gesinnung galt, wirkt heute lächerlich. Jetzt sehen wir es wieder in den Abschiedsvideos der jungen Attentäter aus dem Gaza-Streifen, aus Ramallah oder Bethlehem. Diese letzten Aufnahmen toter Seelen, fast Kinder noch, verstören; denn sie wirken wie epochenversetzte Bilder aus einer archaischen Welt von missbrauchtem Heroismus - bis wir auf die Fotografien der zerfetzten Leiber ihrer israelischen Opfer blicken und der eigentliche Kern des Terrors offenbar wird. Es ist nicht der Irrsinn der Täter, sondern die völlige Unfähigkeit ihrer erwachsenen Auftraggeber im Dunstkreis von Arafats PLO; sich zu befreien aus der festen Überzeugung, für eine gerechtere Zukunft morden zu dürfen.
      In ihrem Glauben an die Legitimität des Massenmords, der sich im Falle des fundamentalistisch-militanten Islams mit einer unumstößlichen Offenbarungsreligion verknüpft, manifestiert sich das atemberaubende Unvermögen der palästinensischen Elite, politisch schöpferisch zu handeln. Sie haben mit Scharon genau den fantasielosen Gegner, den sie verdienen. Der revolutionäre Krieg, den sie mit Bombenterror zu entfesseln versuchen, wird sie selbst fressen, so, wie einst "le terreur" seine Erfinder hingerichtet hat. Was Arafat und seine Helfer gestiftet haben, ist so verhängnisvoll wie ihr politisches Versagen: einen falschen Mythos des revolutionären Heldentums. Wie einst des "Jesusbild" Che Guevaras jahrzehntelang die westlichen Studentenbuden schmückte, als sei sein Tod in einer Schlucht Boliviens ein ästhetisches Erlösungszeichen für den Rest der Welt, so zieren jetzt die Bilder der jungen Attentäter Zeitungen und Häuserwände in den Städten des Westjordanlands.
      Hier liegt womöglich der große Irrtum Scharons: Ein "Krieg gegen den Terrorismus" mit Panzern und Raketen vermag nichts gegen Heldenmythen. Mythos bedeutete im klassischen Griechenland Legende, Märchen - und Lüge. Wenn er Sehnsüchte nach Erlösung im heroischen Martyrium bedient, wachsen der Lüge Flügel. Frieden wird darum im Nahen Osten erst herrschen, wenn die Vernunft aus ihrem Schlaf erwacht. Die Europäer, zumal die Deutschen werden den Palästinensern nichts Besseres anbieten können als die Lehren ihrer eigenen grausamen Geschichte. In Israel sind sie bekannter als irgendwo sonst auf der Welt.
      Avatar
      schrieb am 04.04.02 23:06:21
      Beitrag Nr. 28 ()
      @Auryn:
      Vorab: ich bin kein Freund des Islam, ich habe es bis auf die West-Türkei bisher erolgreich in meinem Leben abgelehnt, ein islamisches Land zu besuchen, und ich halte den Islam für eine intolerante, militante Religionsform. Nur: Palästinenser sind ein angestammtes Volk gemischten Glaubens, Juden sind eine Glaubensgemeinschaft verschiedener ethnologischer / ethnischer Verbindungen (sonst wären sie womöglich eine Rasse, und das darf und kann ja nicht sein...)

      Michael Naumann schießt wohl den Vogel ab: er rührt und mixt und schüttelt, was das Zeug hält. Französische Revolution, Stalinismus, Pol Pot, Palästinenser; RAF und Staatsterrorismus - ich kann es nicht glauben!
      Wissen das seine Verleger? Haben die das wirklich gedruckt?

      Das darf nicht wahr sein...

      Du MUSST das erfunden haben. Bitte gib es zu, sonst verzweifle ich ob dieses pseudointellektuellen Rührgeräte-Schwachsinns.

      fondast
      Avatar
      schrieb am 05.04.02 11:24:37
      Beitrag Nr. 29 ()
      @ fondast:
      Tja, dann analysieren wir doch einfach mal, wo sich Deiner Meinung nach der Herr Naumann geirrt hat. Leider finde ich nicht so viel, was falsch wäre. Alle der selbst ernannten Scharfrichter der Geschichte, die Naumann aufzählt, haben genau das gemeinsam, das er an ihnen so kritisiert: sie alle morden massenhaft für eine bessere Zukunft ihrer Völker oder sie mordeten gleich für die glorreiche Zukunft einer glücklichen Menschheit in einer klassenlosen Gesellschaft. Ist es denn nach Deiner Meinung nicht so gewesen? Und genau dies haben alle, die er aufzählt, auch getan: Eine hübsche (Pseudo-)Religion, mit deren Hilfe man Terror, terroristische (Selbst-)Opferung oder gleich Märtyrertum rechtfertigen und zur Rechtfertigung jedes Massenmords hochjubeln kann.
      Avatar
      schrieb am 05.04.02 11:46:51
      Beitrag Nr. 30 ()
      Im übrigen möchte ich bezweifeln, daß im Nahen Osten überhaupt irgendein Volk von sich behaupten kann, irgendwie "angestammt" zu sein. In Syrien beispielsweise stammt der Assad-Clan aus der Minderheit der Alawiten, von der man sagt, daß sie teilweise von Kreuzrittern abstamme. Tatsächlich sah Hafis Al Assad ja sogar für seine Bevölkerungsmeinung nicht gerade sehr "arabisch" aus.

      Aber da wäre auch noch der interessante erste Leitartikel der "Zeit" von gestern:

      Ein Krieg auf Wunsch der Terroristen.
      Von Josef Joffe


      Wenn, wie in Nahost, Recht gegen Recht und Anspruch gegen Anspruch steht, gibt es nur einen Ausweg: einen Kompromiss, der beiden Seiten zumindest das Nebeneinander ermöglicht. So war es beinahe. Im Sommer 2000, in Camp David, mussten Israelis und Palästinenser nur noch ein, zwei Schritte tun. Hätte Jassir Arafat die historische Chance ergriffen, säße er vielleicht schon heute in einem Präsidentenpalast in Ost-Jerusalem. Stattdessen starrt er in die Läufe israelischer Panzerkanonen, stattdessen herrscht "Krieg", wie sein Widersacher Ariel Scharon erklärt hat.
      In der Osterwoche sind nicht nur 50 Israelis von Terrorbomben zerfetzt worden. Die Strategie des maximalen Mordens zielt vor allem auf die Idee des Kompromisses. Warum sonst wurden pünktlich zum jüdischen Osterfest zwei Dutzend Gläubige umgebracht - in Netanjah ah, mitten im israelischen Kernland? Warum schlug der Terror hernach in Haifa zu - in einem Restaurant, wo bislang Juden und Muslime wenigstens privat den Frieden geprobt hatten ? (Unter den Opfern waren nicht nur Israelis, sondern auch Palästinenser!)
      Die zynische Botschaft der "Märtyrer" lautet: Weg mit euch nicht nur aus Hebron, sondern auch aus Haifa. Wir wollen euer Leben so lang vergiften, bis ihr es hier nicht mehr aushaltet. Wer das Daseinsrecht des anderen prinzipiell verneint, kann an einen Kompromiss nicht einmal denken.
      Warum diese Totalität des Krieges? Der palästinensische Psychiater Eyad Sarraj nennt als Motiv des Mordens nicht etwa den eigenen Staat, die Befreiung der besetzten Gebiete. Nein, er spricht davon, dass in "jedem Araber der Wunsch nach Rache", nach Beseitigung der "Schande" schlummert, die 1948 zusammen mit dem Staat Israel geboren wurde. Die Botschaft muss selbst jener Mehrheit der Israelis ins Herz fahren, die bislang für palästinensische Staatlichkeit votiert haben. Wie viele Israelis müssen denn sterben, bis die "Schande" ausgemerzt ist? Wer in der staatlichen Existenz des anderen den eigentlichen Tort sieht, wird erst ruhen, wenn der andere nicht mehr existiert.
      Wo es um Schmach und Schande, Ehre und Würde statt um Quadratkilometer geht, schmilzt die Verhandlungsmasse auf null zusammen. Deshalb auch das Timing des Terrors vorige Woche. Denn just in diesem Moment hatte in Beirut ein Großteil der Arabischen Liga zum ersten Mal in ihrer Geschichte die Hand in Richtung Israel ausgestreckt und wenigstens im Prinzip Frieden und Anerkennung offeriert. Das Signal der Bombe (22 Tote) an die arabischen Brüder lautete: "Nein!" Das Kalkül war so schlicht wie vertraut: Die Israelis würden die Provokation mit der Eskalation beantworten und so die arabischen Staaten wieder an die Seite der Palästinenser zwingen.

      Noch jedes Mal sind die Israelis in diese Falle getappt. Sie haben ihre Panzer vor- und Jassir Arafat noch mehr in die Enge getrieben. Seitdem aber hat die "normale" Eskalation eine neue, ominöse Qualität erreicht: Zum ersten Mal hat eine israelische Regierung die Teilmobilisierung verfügt. Das Signal an das eigene wie an das andere Volk: Wir befinden uns in einem Existenzkampf, und in dem gelten andere Regeln als in den tagtäglichen Scharmützeln der Intifada.
      Hat Arafat das gewollt? Nein, er hat bloß wie eh und je seit 1970, als er das Haschemitenregime in Jordanien zu stürzen versuchte, die eigene Stärke über- und die Überlebenskraft der anderen Seite unterschätzt. (Übrigens wurden damals im sogenannten "Schwarzen September" 1970 mehrere Tausend palästinensische Flüchtlinge in Jordanien von den Elite-Truppen des Königs Hussein niedergemacht. Erinnert sich heute noch irgendjemand daran?) Nach Ehud Baraks Offerte in Camp David, die außer 96 Prozent des Landes auch so manchen Widerhaken enthielt, wähnte Arafat, den Rest schneller mit wohldosierter Gewalt kassieren zu können als mit zähen Verhandlungen. Er hat sich doppelt geirrt: Statt Barak bekam er seinen Todfeind Scharon, statt der kontrollierten Gewalt erntete er einen Krieg.
      Dabei hätte Arafat wie einst der Staatsgründer Ben Gurion in die Geschichte eingehen können, wenn es ihm nur um einen Staat und nicht ums "Paradies" durch Tilgung der Schmach namens Israel mit dem Blut der Märtyrer und ihrer Opfer gegangen wäre. Doch reale Politik hat mit dem Ende von Besatzung, Besiedlung und Unterwerfung in dieser Zeit zu tun. Solch profane Lösung ist hier und heute, anders als im Jahre 2000, nicht mehr zu haben, zumal Arafat das Pech hat, in Scharon einen Feind gefunden zu haben, der wie
      er selbst nur taktisch aber nicht strategisch denken kann.
      Heute gilt es vorweg, Schlimmeres zu verhindern, wobei es einfacher ist aufzuzählen, was nicht funktioniert. Mobilmachung? Selbst die beste Armee der Welt kann keinen Guerillakrieg mit Panzern und Raketen führen. Die Israelis werden nur die Paten des Terrors, nicht deren Volk bekämpfen müssen. Sie dürfen auch um ihrer selbst willen nicht werden, was Hamas und Dschihad schon sind: Terroristen, deren Opfer die Zivilisten sind.
      Die Europäer sollten Arafat signalisieren, dass er nicht beides haben kann: das Wohlwollen der EU und die Instrumentalisierung des Terrors gegen Israel. Und die Amerikaner? Sie schicken ihren Emissär Zinni in die Region, vielleicht bald auch Außenminister Powell. Mal geißeln sie Scharon, mal Arafat.
      Und dann denken sie an den Krieg gegen Saddam, der wenig Chancen hat, solange jener zwischen Israel und den Palästinensern eskaliert. Doch können die Amerikaner weder Scharon noch Arafat zügeln, solange beide Völker glauben, dass ihre Existenz auf dem Spiel steht.
      Von allen schlechten Lösungen wäre eine internationale Friedenstruppe wohl die schlechteste. Wenn schon die israelische Armee den Terror nicht bändigen kann, wie könnte es eine UN oder Nato-Truppe tun?
      Der palästinensische Erbfolgekrieg kann von außen allenfalls eingedämmt, nicht aber beendet werden. Er wird, das ist die tragische Botschaft dieses Osterfestes, weiter wüten, bis die Erschöpfung eintritt. Und der Frieden? Er wird erst dann möglich sein, wenn beide Völker sich den Extremisten im eigenen Lager zuwenden und auch jene bekämpfen: die Israelis ihren Siedlern und Groß-Israel-Ideologen, die Palästinenser ihren Mordbrigaden, die nicht den eigenen Staat schaffen, sondern den des anderen auslöschen wollen.
      Avatar
      schrieb am 05.04.02 18:01:58
      Beitrag Nr. 31 ()
      @ Auryn

      Du bist wahrscheinlich der erste Politologe, der wirtschaftliche Interessen nur als Neben-Kausalität der Politik sieht und Politik unmittelbar mit Moral verbunden sieht..... :laugh:

      gerade an Afghanistan und dem Irak sieht man doch, daß wechselnde Unterstützer von Despoten eben genau KEIN Gegenbeweis für die (u.a. von antigone zu recht behauptete)konsequente Durchsetzung der Wirtschaftsinteressen z.B. der USA sind, sondern sie geradezu beweisen:

      Entweder die weitere konsequente Verfolgung der Kern-Ziele mit wechselnden politisch-militärischen Bündnispartnern oder das eben das Zeugnis des bisherigen Scheiterns und dem Aufbau neuer, erfolgversprechenderer Koalitionen.

      Die USA haben im nahen Osten lange einfluss nehmen wollen... zunächst haben sie den Schah Resa Pahlewi mit seinem terror-regime unterstützt, dann Sadam Hussein beim Angrifskrieg gegen den Iran unterstützt, dann sadam Hussein (der Brav seinen Angriffskrieg gegen Kuweit bei seinem Beschützer USA angemeldet hat und ob der Reaktion erstaunt war) fallen lassen, weil Ihnen das Unrechtssystem in Kuweit wirtschaftlich wichtiger war.

      Erst haben sie die taliban und Osama Bin Laden aufgebaut als stellvertreter gegen die UDSSR (die damals genau dasselbe machte wie die USA heute: Muslimische Fundamentalisten bekämpfen - nur waren die taliban damals gegen die UDSSR "Freiheitskämpfer" und heute in der gleichen Rolle gegen die USA "Terroristen" ).

      Pakistan kommt als ehemaliger Schurkenstaat und jetzt plötzlicher "Freund" der USA einstweilen ungeschoren davon, weil die USA dort derzeit KEINE wirtschaftlichen Interessen haben.


      Kuba leidete ein halbes jahrhundert im wesentlichen deswegen unter Wirtschaftssanktionen, weil es die United Fruit Company aus den USA enteignet hatte.

      Wohlverhalten (hier die Eu noch mehr als die USA) gegenüber solchen Staaten wie China ist einzig und allein auf den "Zukunftsmarkt" von 1 Mrd. Chinesen zurückzuführen.

      " Das Ziel bestimmt die Koalitionen" sagte neulich US-Aussenminister Donald Rumsfield - das zeigt, daß Moral sicher keine Rolle in der Politik der meisten Staaten spielt. Wie die oben erwähnten, bizarren Bündnissse der USA in den letzten 20 Jahren im Nahen Osten ja auch eindeutig belegen....

      Im Übrigen ist es schon bizarr, als Politologe ein Interview nur in den einem genehmen Teilen zu posten (vulgo: aus dem Zusammenhang zu reißen), sich dessen auch noch zu brüsten und nicht einmal die primitivsten Regeln der Journalistik, geschweige denn eines akademischen Ansatzes (z.B. korrektes zitieren mit den Statthaltern ( ... ) als zeichen des Auslassens von Text ) einzuhalten.
      darüber hältst Du Dich für einen kleinen Günther Jauch, der die für Diskussionen üblichen Quellenbelege bei Zitaten nur beim richtigen "Raten" der Identität eines Diskussionsteilnehmers als milde gabe nachliefert - sofern sie sich die brav Antwortenden Deine hochwohlgeborene Geneigtheit erschleimt haben....

      Diskussionsteilnehemr bekommen von Dir "Aufgaben" gestellt, die sie gefälligst abzuarbeiten haben (wie in meinem WTC-Thread) und auf deren Antwort gepocht wird wie in der Grundschule... mein Gott, mach doch eine Sendung für Arme Geister im Vormittagsprogramm zwischen Fernsehgericht und Talk-BeschimpfungsShow auf einem Privatsender.....

      Du bist so überheblich, daß man sich eigentlich nur amüsieren kann.


      :laugh:

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 06.04.02 11:29:08
      Beitrag Nr. 32 ()
      @ Deep Thought:
      Kann es sein, daß Du Dich in Deinem Thread irgendwie unterbeschäftigt oder in Deinem einseitigen Weltbild durch meine Postings angegriffen fühlst?
      Ich habe den Link zum kompletten Interview mit Peter Scholl-Latour doch angegeben, oder? Wenn Du willst, kannst Du ja mit mir über die Meinung von Scholl-Latour diskutieren.
      Ich kann ja verstehen, daß du bemängelst, daß ich die anzweifelbaren Stellen von Scholl-Latours Meinung weggelassen habe, aber wir können auch darüber gerne diskutieren.
      Im übrigen beweist Dein Posting hier nur wieder, daß Du selbst genau die Haltung vertrittst, die Du mir vorwirfst: Einseitige Überheblichkeit.
      In Deinem Thread werde ich daher mal gleich auf die Dinge zu sprechen kommen, die Du in Deinem Posting hier ansprichst.
      So wirfst Du gerne alles in einen Topf. Erinnerst Du Dich noch? Du hast mir nämlich Hiroshima, Dresden, Vietnam in einem Atemzug genannt, um aus der Historie Deine Ansicht ableiten zu können, daß die US-Amerikaner an allem Unglück in der Welt schuld sind. Als ich darauf geantwortet hatte und Dir zu Deinen historisch falschen Angaben (z.B. Dresden) Fragen gestellt hatte, hast Du es vorgezogen "unterzutauchen" und nicht zu antworten.

      Dafür fängst Du jetzt hier wieder an, Halbwahrheiten zu verbreiten. Du vergißt nämlich immer, auch die andere Seite zu erwähnen. In Deinem Thread erwähntest Du beispielsweise gerne den Vietnam-Krieg der USA, aber den der Franzosen, den Krieg der Chinesen gegen die Vietnamesen oder die Massenmorde der Pol Pot - Fanatiker am eigenen Volk (der ohne den Abzug der USA im übrigen mit größter Wahrscheinlichkeit gar nicht möglich gewesen wäre) kennst Du überhaupt nicht und willst Du auch gar nicht zur Kenntnis nehmen.
      Du erwähnst hier beispielsweise den Schah und sein Terror-Regime. Ah, schön und auch völlig korrekt, daß dies eine anachronistische, absolutistische Monarchie war! Nachdem dieses gestürzt worden war, ist ja aber auch wirklich alles im Iran besser geworden, nicht wahr? Es gab nicht mehr 50 Hinrichtungen und 100 Folterungen im Jahr, sondern 1000 Hinrichtungen pro Jahr und ungezählte Menschenrechtsverletzungen unter dem Schreckensregime der schiitischen Mullahs. Sagt Dir der Name "Khalkali" noch etwas?

      Um die monokausale Einseitigkeit Deiner Meinung noch hervorzuheben:
      "Pakistan kommt als ehemaliger "Schurkenstaat" (nenne mir bitte Deine Quelle und Datum für diese Bezeichnung, kann ja sein, daß Du für ein bestimmtes Datum recht hast) ... ungeschoren davon, weil die USA dort keine wirtschaftlichen Interessen haben."
      Das ist ja gerade aus Deinem Munde lachhaft, weil Du doch in Deinem Thread behauptet hast, die Intervention in Afghanistan sei nur aus Gründen der Ölquellen in den zentralasiatischen GUS-Staaten erfolgt, nicht? Seit wann haben denn Deiner Meinung nach dann die USA keine wirtschaftlichen Interessen in Pakistan. Schon mal auf einen Landkarte gesehen? Eine Pipeline von Kasachstan aus durch Afghanistan und Pakistan wäre die kürzeste Verbindung zum Indischen Ozean und zu den Tankschiffen.
      Es würde mich sehr freuen, wenn es mir damit gelungen wäre, Dir für Deine monokausale, wirtschaftstheoretische Neo-Imperialismustheorie Nachhilfe gegeben zu haben.

      Dein Auryn
      Avatar
      schrieb am 08.04.02 17:32:22
      Beitrag Nr. 33 ()
      Hier ein sehr bemerkenswerter Artikel von Henryk M. Broder, eigentlich für seine gnadenlos pro-Israelische Haltung berühmt..... Quelle: spiegel.de


      DER SCHWANZ WEDELT MIT DEM HUND

      Sind die Palästinenser schuld am Bau der israelischen Siedlungen?

      Von Henryk M. Broder


      Wenn Israelis über Gewalt in Nahost diskutiertem, gab es immer ein Argument, das alle anderen vom Tisch fegte: "Im Straßenverkehr kommen mehr Menschen ums Leben!" Henryk M. Broder erzählt bei SPIEGEL ONLINE, warum nun alles anders ist.


      Wagte man zum Beispiel in einer Diskussion die Meinung, es sei vollkommen idiotisch, Soldaten für den Schutz isolierter Siedlungen wie Netzarim oder Kfar Darom im Gaza-Streifen zu opfern, kam sofort der Satz zurück: "Auf der Straße sterben noch mehr!" So absurd das Argument auch war, es hatte seine numerische Richtigkeit.
      Bis vor kurzem. Zum ersten Mal sind im vergangenen März bei Anschlägen mehr Menschen ums Leben gekommen als bei Straßenunfällen. Die Terrorstatistik hat die Verkehrsstatistik überholt. Damit mag es zusammenhängen, dass viele Israelis den Ernst der Lage begreifen und die Frage stellen: Ab wann ging alles schief?

      Warum ist die Euphorie, die nach dem Abkommen von Oslo alle erfasst hatte, so schnell verpufft? "Arafat hat es nie ernst gemeint", sagt Ari "er hat mit uns verhandelt und seinen Leuten erzählt, er macht es, um ganz Palästina zu befreien, nicht nur Gaza und die Westbank."

      "Wir haben es nie ernst gemeint", sagt Dani, "wir haben die Palästinenser 35 Jahre lang betrogen und belogen, sie hingehalten und ihnen erzählt, wir wollten die Gebiete nicht annektieren, und dabei haben wir eine Siedlung nach der anderen gebaut."

      "Die Palästinenser hätten längst ihren Staat, wenn sie dem ersten Camp-David-Abkommen zwischen Ägypten und Israel zugestimmt hätten", sagt Jigal, "stattdessen haben sie gejubelt, als Sadat ermordet wurde."

      "Und wenn einer von uns Jizchak Rabin nicht ermordet hätte, wären wir heute besser dran!" ruft Gila, "dann wäre Netanjahu nie gewählt worden, der hat Oslo kaputt gemacht!"

      "Du vergisst, warum Bibi 1996 gewählt wurde", sagt Adin, "weil es eine Serie von Terroranschlägen gegeben hat, die Palästinenser haben dafür gesorgt, dass er gewählt wurde."

      "Niemand hat uns gezwungen, Bibi zu wählen und niemand hat uns gezwungen, Scharon zu wählen!", schreit Tamara, "wir sind für unsere falschen Entscheidungen selber verantwortlich!"


      "Es wird keine Lösung geben, wenn wir die Siedlungen nicht räumen", sagt Joram, "es kann doch nicht sein, dass 200.000 Siedler über Krieg und Frieden entscheiden, dass der Schwanz mit dem Hund wedelt."

      "Es wird keine Lösung geben, wenn die Palästinenser nicht ihren Anspruch auf Rückkehr aufgeben", sagt Avram. "Sie würden es vielleicht tun, wenn wir anerkennen würden, dass wir sie vor 54 Jahren vertrieben haben", sagt Klara.

      "Aber damals waren es 700.000, inzwischen sind es vier Millionen", sagt Dudu, "sollen wir das Land verlassen, damit vier Millionen Palästinenser zurückkehren können?"

      Es ist eine typische israelische Debatte, über die Palästinenser - aber ohne sie. Seit 1967 haben die Israelis über eine Lösung des Konflikts am liebsten untereinander diskutiert, ab und zu gab es einen "israelisch-palästinensischen Dialog", dessen Teilnehmer von einer Deutschen Stiftung, Konrad Adenauer oder Friedrich Naumann, zu Konferenzen nach Europa geflogen wurden.

      "Aber nach Oslo sah es anders aus", sagt Gila, "wir konnten nach Betlehem, Jericho und Ramallah fahren und die Palästinenser kamen zum Einkaufen nach Jerusalem und zum Baden an den Strand von Tel Aviv, es gab kaum Kontrollen und keine Überfälle."

      Und sie erinnert sich, wie sie in einem Cafe am Manger Square in Betlehem, wo heute gekämpft wird, saß, einen Humus aß und wie Eine gemischte israelisch-palästinensische Patrouille vorbeiging. "Sie hatten die gleichen Uniformen an und man konnte die Israelis und die Palästinenser nicht auseinander halten."

      "Wie lange ist das her?" fragt Joram. "Sieben, acht Jahre", antwortet Gila, "ich kann es kaum glauben, damals hätten wir den Palästinensern ein faires Angebot machen sollen, statt dessen haben wir weiter Siedlungen gebaut."

      Har Homa zum Beispiel, im Süden von Jerusalem, dem letzten unbebauten Hügel zwischen dem palästinensischen Dorf Tsur Baher und Betlehem. "Stell dir vor, du bist ein Palästinenser, du lebst in Tsur Baher und du bekommst keine Erlaubnis, ein Haus zu bauen. Und du siehst, wie genau gegenüber eine neue Siedlung gebaut wird, wie würdest du dich fühlen?" "Ich würde mich trotzdem nicht in die Luft sprengen", sagt Dudu, "aber ich würde auch nicht nach Har Homa ziehen."

      Inzwischen ist Har Homa fast fertig gebaut, nicht nur eine unnötige Provokation, auch ein Monument der Hässlichkeit mitten in der Wüste. Ein paar Kilometer weiter südlich wird die Siedlung Betar Illit ausgebaut. Hier ruhen die Bauarbeiten zurzeit, weil die palästinensischen Arbeiter aus den umkämpften Gebieten nicht zur Arbeit kommen können. Das bringt Joram auf einen Gedanken.

      "Wenn die Palästinenser sich geweigert hätten, die Siedlungen zu bauen, gäbe es das Problem heute nicht." Und es geht weiter mit der Diskussion, warum die Palästinenser dafür verantwortlich sind, dass die Israelis so viele Siedlungen bauen konnten.


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      Das bedarf wohl keines weiteren Kommentars, es spricht für sich.....
      Avatar
      schrieb am 09.04.02 10:24:21
      Beitrag Nr. 34 ()
      Ein traurig-beeindruckendes Beispiel dafür, daß es derzeit Israel nicht um Verteidigung, sondern um Vernichtung und Demütigung geht.....

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      PALÄSTINA

      Sportschießen auf den Lebensnerv

      Von Alexander Schwabe

      Die Nerven der israelischen Soldaten in den besetzten palästinensischen Gebieten liegen blank. Offenbar um ihre Anspannung abzubauen, veranstalten sie Zielschießen auf die für die Bevölkerung lebenswichtigen Wasserreservoirs über den Dächern der Häuser.

      Panzer in Beit Dschala: "Flächendeckender Krieg"

      Beit Dschala - "Beit Dschala ist voller zerschossener Wassertanks", sagt Wilhelm Goller, Schulleiter einer von Deutschland aus unterstützten christlich-palästinensischen Schule in Beit Dschala, einem Palästinenserdorf nahe Betlehem. Israelische Soldaten durchlöcherten die Behälter als ob sie bei einem Sportschießen teilnähmen. "Das trifft die Familien am Nerv", sagt Goller, denn Wasser ist für die Palästinenser ein knappes Gut. Die Behälter sind wie Tresors, in denen das zum Überleben Kostbarste aufbewahrt wird. Nur sind die Tanks bei weitem nicht so stabil wie Safes - und reparieren lassen sie sich zu Zeiten der Besatzung kaum.

      In Gollers Schule "Talitha kumi" herrscht derzeit Ruhe. Der "flächendeckende Krieg" der Israelis, so Goller, lässt keinen Schulbetrieb zu. Seit zehn Tagen sitzen die 850 Schüler und rund hundert Lehrer und Angestellten zu Hause, warten, bis die Ausgangssperre aufgehoben wird und es wieder sicherer ist, sich auf den Schulweg zu machen.


      Schulleiter Goller: "Die Besatzung ist kontraproduktiv"


      Nicht einmal die 50 Mädchen aus dem Internat der Schule durften nach den Ostertagen zurück in ihre Zimmer. Es wäre zu schwierig, sie ohne Personal zu beaufsichtigen. Während der letzten Besatzung der Region Anfang März wurden in der Schule zudem die Vorräte für die Schülerinnen knapp.

      Die Schule in Beit Dschala liegt genau an der Grenze zwischen palästinensischem Autonomiegebiet und israelischem Hoheitsgebiet. Diese Lage macht die Schule relativ sicher. Goller kann auf einer nur für israelische Siedler gebauten Schnellstraße nach Jerusalem fahren - nach Betlehem, wo viele seiner Schüler und Lehrer wohnen, kann er nicht.


      Für ihn ist es bedrückend, Explosionen und Schusswechsel "unterschiedlichen Kalibers" aus dem nur rund drei Kilometer entfernten Betlehem zu hören. "Ein Gefühl des Schreckens" stelle sich ein, wenn F-16-Kampfjets von Westen her anfliegen, um Betlehem zu bombardieren. Genau über der Schule lösen die Bomber ihre Raketen aus. "Ein zischendes Geräusch", sagt Goller, "wenige Sekunden später hört man die Einschläge. Die Scheiben wackeln. Das geht an die Nerven."

      Goller bringt nicht viel Verständnis für das Vorgehen der israelischen Armee auf. Die Aktionen palästinensischer Selbstmordattentäter stoßen bei ihm jedoch genauso auf Unverständnis. Nicht einen seiner Bekannten in der Region Betlehem könne er benennen, der die Anschläge billigte. Das Haus eines seiner Mitarbeiter wurde von der Armee zerstört, Häuser von Eltern seiner Schüler wurden beschossen - doch keiner der Heranwachsenden aus der Mittel- oder Oberstufe wäre seiner Einschätzung nach bereit, sich einen Sprengstoffgürtel umzuschnallen, um in Israel ein Blutbad anzurichten.

      "Strangulierung der zivilen Bevölkerung"

      Die Bombardements in Betlehem haben aufgehört, seit die israelische Armee in die Stadt eingerückt ist. Mit der Okkupation der ehemals autonomen Stadt hat sich laut Goller "die Strangulierung der zivilen Bevölkerung" verschärft. Falls die Ausgangssperre mal für eine Stunde aufgehoben wird, gingen die Frauen zwar einkaufen, fänden aber kaum noch frisches Obst oder Gemüse. Selbst Mehl werde knapp.


      "Man fühlt sich wie in einem großen Gefängnis", sagt Goller. Der brutale Einsatz von Hightech-Waffen, die Demonstration geballter Macht, die Missachtung jeglicher Menschenwürde seitens der Soldaten führen nach Einschätzung des Lehrers dazu, dass die Bevölkerung niedergeschlagen sei. Niemand hier sehe in dem israelischen Vormarsch ein wirksames Mittel im Kampf gegen den Terrorismus. Nach Gollers Einschätzung geht es Ministerpräsident Ariel Scharon um die Zerschlagung der Infrastruktur in Palästina. "Dies wird der Nährboden für neuen Terrorismus", sagt Goller, auch die Isolation von Palästinenserpräsident Jassir Arafats in Ramallah sei kontraproduktiv: "In Palästina gibt es eine neue Solidarität unter den Eingesperrten."

      Der aus Tübingen stammende Schulleiter lebt mit seiner Familie seit sieben Jahren im Westjordanland. Die Präsenz von Militär ist er gewohnt. Oft genug hat er mit israelischen Offizieren verhandelt, um den Schulbetrieb zu ermöglichen. Nun sagt er resigniert: "Wir brauchen keine Kontakte zur israelischen Armee." Die Schüler und Lehrer sitzen in den besetzten Gebieten in der Falle.

      "Akt totaler Unwürde"


      REUTERS

      Beit Dschala: Israelische Soldaten stoppen einen TV-Kameramann, der Friedensaktivisten filmen will


      Dennoch macht Goller weiterhin Erfahrungen mit den Truppen - Furcht erregende Begegnungen. Am Ostersamstag wird er nachmittags um 14 Uhr von einem Nachbarn angerufen, israelische Panzer hätten ein Loch in die Schulmauer gerissen. Den ganzen Tag über hatte Goller die Kettenfahrzeuge auf der Siedlerstraße unterhalb der Schule rollen gehört. Er fährt mit seinem Auto an die rund 200 Meter von seinem Büro entfernte Mauer, um ein Foto von dem Schaden zu machen. Zwei Panzer und zwei Mannschaftswagen stehen auf der Straße.

      Hinter den Panzern sieht Goller zehn Palästinenser auf dem Boden liegen. An Armen und Beinen gefesselt. Gesicht nach unten. Teils mit verbundenen Augen. "Es waren Zivilisten, keine Kämpfer", sagt Goller, offenbar Arbeiter, die sich illegal auf israelischem Gebiet aufgehalten hatten, um ein bisschen Geld zu verdienen. Mindestens zwei alte Männer seien unter den Gefangenen gewesen.

      Als Goller Fotos machen will, kommen die drei Soldaten auf ihn zu und richten ihre Gewehre auf ihn. "Was willst du da?", rufen sie. Goller zieht sich zurück ohne Fotos. In seinem Gedächtnis jedoch hat sich eine Szene eingebrannt, die ihm als "Akt totaler Unwürde" in Erinnerung bleiben wird.

      Quelle: Spiegel.de
      Avatar
      schrieb am 09.04.02 10:31:20
      Beitrag Nr. 35 ()
      Top-Secret-Embargo gegen Israel?



      Die Bundesregierung hat angeblich klammheimlich ein Waffenembargo gegen Israel verhängt. Das israelische Verteidigungsministerium habe bestätigt, dass Export-Genehmigungen im Bundessicherheitsrat seit drei Monaten nicht erteilt würden, berichtete die „Financial Times Deutschland“ am Dienstag. „Wir haben die Verzögerungen gegenüber Bundesaußenminister Joschka Fischer angesprochen“, sagte eine Ministeriumssprecherin der Zeitung.

      Die Bundesregierung hatte am Montag keine konkrete Auskunft zu einem Waffenembargo gegen Israel erteilt. „Genehmigungsanträge für Rüstungsgüter werden von Fall zu Fall auf Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen und unter Berücksichtigung der aktuellen Lage in der Region geprüft“, sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums der Nachrichtenagentur dpa in Berlin. Die Entscheidungen würden im Bundessicherheitsrat gefällt, dessen Beratungen vertraulich und geheim seien.

      Es soll laut „FTD“ um 120 sicherheitsrelevante Exportgüter gehen, darunter Maschinen und Kupplungen für den Bau des Panzers „Merkava 4“, der als einer der besten der Welt gilt.

      Offensive geht weiter

      Trotz eines Teilrückzugs ist die israelische
      Offensive im Westjordanland offenbar keinesfalls abgeschlossen. Wie die Armee bestätigte, rückte sie am frühen Dienstagmorgen in die Stadt Dura im Süden der besetzten Region ein. Die neue Militärinvasion erfolgte, während sich die israelischen Soldaten aus den nördlichen Städten Tulkarem und Kalkilija zurückzogen. Zuvor hatten die Vereinigten Staaten Israel abermals zu einem sofortigen Abzug aus den palästinensischen Autonomiegebieten gedrängt.

      Nach Armeeangaben rückten Panzer und gepanzerte Mannschaftswagen kurz vor Morgengrauen in Dura ein. Kampfhubschrauber hätten ihnen Deckung aus der Luft gegeben. Augenzeugen berichteten, überall in der kleinen Stadt seien Feuerwaffen zu hören gewesen.

      Zuvor waren die ersten Panzer aus Tulkarem gerollt, wie aus palästinensischen Kreisen verlautete. Soldaten seien aus Schulen und anderen Gebäuden heraus gekommen, um sich auf ihren Abzug vorzubereiten. Später hätten rund 50 Panzer das ebenfalls vor etwa einer Woche besetzte Kalkilija verlassen.

      09.04.02, 9:16 Uhr
      (Quelle: ap)
      Avatar
      schrieb am 14.05.02 10:56:58
      Beitrag Nr. 36 ()
      Tja, kaum sehe ich mal wieder als virtueller Internet-Hobby-Archäologe in meine uralten Threads, schon ist mir der Grund für die vorangegangenen drei Postings nicht mehr so richtig klar. Könntest Du, Deep Thought, mir das bitte nochmal erläutern?
      Eigentlich zitiere ich Broder nicht so gerne wie es offensichtlich "Deep Thought" tut, da ich selbst mich wegen seiner geübten Polemik nur ungern in einem Streitgespräch mit ihm unterhalten würde, aber manchmal ist`s ja ganz "amüsant", was er früher so geschrieben hat:

      ACHTUNG: POLEMIK
      Die Arroganz der Demut -
      Über die Neigung der Deutschen zur Selbstverachtung und das Verlangen, auch nach dem 11. September die Unschuld zu behalten.
      Von Henryk M. Broder

      Nachdem die Experten gesprochen hatten, trat ein nicht mehr ganz junger Mann aus dem Publikum an das Saalmikrofon, stellte sich als ein
      "Langzeitstudent" vor und sagte, er könne "das Gerede vom gerechten Krieg" gegen den Terror nicht mehr hören. "Wenn es einen gerechten
      Krieg gäbe, dann müsste er so aussehen, dass die Wall Street und das Pentagon bombardiert werden."
      Einige buhten, manche lachten, viele klatschten. Einem nicht ganz kleinen Teil des Publikums im Audimax der Humboldt-Universität hatte
      der Langzeitstudent aus dem Herzen gesprochen.
      Eigentlich war "Die Gegenwart der Vergangenheit - Darf Deutschland wieder Krieg führen?" das Thema der Berliner Diskussionsrunde. Wie
      gegenwärtig die Vergangenheit ist, wurde vor allem an den Beiträgen zum US-Krieg in Afghanistan klar. Der findet ideologisch auf deutschem
      Boden und historisch vor der Kulisse des Zweiten Weltkriegs statt. Die Angreifer - Amerikaner und Briten - sind wieder dieselben, nur werden
      diesmal Ziele in den afghanischen Bergen statt im Rheinland bombardiert. Und während die deutsche Regierung zu den Alliierten hält
      und sie ihre "uneingeschränkte Solidarität" versichert, solidarisieren sich die deutschen Kriegsgegner mit den Opfern der Angriffe.
      Anders als zur Zeit des Golfkriegs hängen keine weißen Bettlaken aus den Fenstern, dafür wurde über dem Portal des Berliner Ensembles ein
      Transparent mit einem Spruch des Dichters Matthias Claudius aufgezogen:
      "`s ist Krieg! `s ist Krieg! O Gottes Engel wehre, und rede Du darein! `s ist leider Krieg - und ich begehre nicht schuld daran zu
      sein!"
      Denn wenn wir diesen Krieg schon nicht verhindern können, dann wollen wir wenigstens zu Protokoll der Geschichte geben, dass wir diesmal nicht
      schuldig sind. Wir wollen nicht mitbomben, wir wollen nicht, dass Unschuldige gebombt werden. Vor allem aber wollen wir eines: unsere
      Unschuld behalten. Man kann auch sagen: unsere Äquidistanz. Bin Laden ist uns unheimlich. George W. Bush ist es irgendwie auch.
      "Schreckliches ist geschehen", sinnierte Günter Grass nach dem 11. September, "doch die Wörter in den Reaktionen haben mich ebenfalls
      erschreckt."

      "Das Überschwemmen der ganzen Welt mit Cola-Dosen, das musste irgendwann auch zu Gegenreaktionen führen", erklärte der Erzähler
      Thomas Hürlimann den Zusammenhang von Ursache und Wirkung, nicht nur aus Schweizer Perspektive.
      Und einer Kommentatorin des WDR kam schon am 14. September die Erkenntnis, "dass das World Trade Center und das Pentagon nicht nur für Tausende von unschuldigen Opfern, sondern auch für Tausende von Tätern stehen, die Kriege inszenieren, Waffen verkaufen und Hungersnöte in Kauf nehmen, wenn es den Börsenkursen dient".

      So viel Unschuld, die Täter und Opfer auf einen interaktiven Nenner bringt und dabei die Täter auf Kosten der Opfer exkulpiert: Es kann nicht
      allein die Liebe zu den Armen in der Dritten Welt, zu den Entrechteten und Gedemütigten sein, die westeuropäische Feingeister eine gewisse
      Genugtuung darüber verspüren lässt, dass die Verbreitung von Hamburgern und Cola-Dosen durch die Amerikaner endlich angemessen bestraft wurde.

      Was steckt hinter dieser Pose? Der gute alte Anti-Amerikanismus, wie er sich in den Kampfrufen gegen den Krieg in Vietnam artikulierte
      ("USA-SA-SS" ) und wie er heute auf den Plakaten der militanten deutschen Friedensfreunde wieder aufscheint ("Terror is coming home" )?

      Im Gegensatz zum Anti-Kommunismus, der sich mit dem Ende der Sowjetunion erledigt hat, hat sich der Anti-Amerikanismus weiter
      entwickelt. Sein größter Vorzug liegt darin, dass er beliebig eingesetzt werden kann. Mischen sich die Amerikaner in außeramerikanische
      Zusammenhänge ein, drängen sie ihren Willen anderen auf. Halten sie sich raus, werden sie ihrer Verantwortung als Weltmacht nicht gerecht.
      Im Nahost-Konflikt werden beide Vorwürfe gleichzeitig erhoben: dass sich die USA als "Weltpolizei" aufführen und dass sie sich raushalten.

      Eine Stufe darunter geht es entweder um die "kulturelle Hegemonie" der USA, um Hollywood, Microsoft und Nike, oder um die "kulturelle Barbarei"
      der Amerikaner, die lieber zum Catchen als in die Oper gehen. Dass die Barbaren es dennoch geschafft haben, eine Hegemonialmacht zu
      werden, ihre Produkte in der ganzen Welt zu verbreiten, kann ein kulturbewusster Europäer nur staunend zur Kenntnis nehmen, aber nicht erklären.

      Warum stehen die Menschen in Moskau und Katmandu vor McDonald`s Schlange? Warum wollen Kinder in der ganzen Welt mit Barbie und Ken
      spielen? Warum fliehen Kubaner in die USA und nicht umgekehrt? Und warum grassiert zugleich der Anti-Amerikanismus - nicht nur in Deutschland, aber hier zu Lande auf eine spezielle deutsche Weise?

      Wenn es je deutsche Dankbarkeit gegenüber den USA gab, dann hat sie sich längst verflüchtigt

      Mögen die Franzosen den Amerikanern vor allem ihre Essgewohnheiten und ihre Oberflächlichkeiten verübeln, dennoch sagen sie jedes Jahr zum
      D-Day: "Thank you - our liberators!" In Deutschland werden die Essgewohnheiten und Oberflächlichkeiten nur vorgeschoben. Wenn es
      so etwas wie die Dankbarkeit gegenüber den Befreiern überhaupt je gegeben hat, dann hat sie sich längst verflüchtigt.

      Die Debatte, ob die Deutschen befreit oder demokratisch kolonialisiert worden sind, köchelt unter der Oberfläche der deutsch-amerikanischen
      Volksfeste weiter. Und auf den letzten Umzügen der Friedensbewegung waren nicht nur Plakate mit Verweisen auf Hiroschima und Nagasaki,
      sondern auch auf Dresden und Hamburg zu sehen. Noch immer kränkt die Erfahrung, dass man sich nicht aus eigener Kraft befreien konnte,
      sondern dass es Kaugummi kauende Neger waren, die deutschen Studienräten ihre NSDAP-Insignien abnehmen konnten.

      Der Groll sitzt tief und kommt immer dann an die Oberfläche, wenn die Amis mal wieder im Begriff sind, irgendein Volk zu befreien. Dann wacht
      der Anti-Amerikanismus aus seiner Latenzphase auf. Gleichwohl: Wenn der Anti-Amerikanismus die Reaktion auf ein System
      ist, das die ganze Welt in ein Korsett zu zwängen versucht, dann müsste es möglich sein, praktische Alternativen zum Amerikanismus anzubieten.
      Kein Mensch wird gezwungen, in einen Film von Steven Spielberg oder in ein Konzert mit Madonna zu gehen. Statt Bob Dylan und Leonard Cohen
      hören wir nur noch Sasha und Herbert Grönemeyer, und dem depressiven Humor von Woody Allen halten wir die dralle Heiterkeit von Dirk Bach entgegen.

      So weisen wir den Amerikanismus in die Schranken und fördern einheimische Produkte. Wir könnten auch, wie vom ehemaligen Berliner
      Innensenator Werthebach vorgeschlagen, ein deutsches "Sprachschutzgesetz" einführen, um die deutsche Sprache vor Fremdwörtern wie "surfen" und "downloaden" zu beschützen.

      Die Geschäftsgrundlage des Anti-Amerikanismus ist nicht der aggressive Kulturimperialismus der Amerikaner, sondern "Die deutsche Krankheit"
      (Johannes Willms), ein tief gestörtes Verhältnis zur eigenen "Normalität", die nicht erst mit dem Dritten Reich entgleist ist. Wir nehmen es gern hin,
      dass die Deutsche Mark in halb Osteuropa Zahlungsmittel ist - ein wenig peinlich ist uns nur, dass es kaum noch ein Restaurant entlang der Mittelmeerküste gibt, in dem keine deutsche Speisekarte ausliegt.

      Denn so gern wir von der Amerikanisierung der Welt sprechen, bei der Germanisierung Europas drücken wir ein Auge zu. Wir nehmen es den
      Amerikanern übel, was wir selbst gern tun würden. Sie treiben es offen und fröhlich, sie hängen die US-Fahne in den Garten
      und singen "I am proud to be an American!" und "God Bless America" beim Baseball und beim Barbecue. Sie haben keine Hemmungen, ihr
      System für das beste der Welt zu halten, während wir vor allem damit beschäftigt sind, zu differenzieren und zu relativieren: Ja, was die
      Taliban mit den Frauen machen, ist nicht schön - aber auch bei uns werden Frauen diskriminiert und schlecht behandelt. Zum Beispiel Angela Merkel von der CDU.

      Am Ende verachten wir uns selbst, weil wir so korrekt, so rücksichtsvoll, so selbstlos sind. Wir nehmen uns immerzu zurück, bauen ein
      Holo-Mahnmal nach dem anderen, und trotzdem zeigt die Welt mit dem Finger auf uns, während die Amis sich einen Dreck um die Weltmeinung
      kümmern und aus dem Klimaschutzabkommen aussteigen, wie wir es uns nie trauen würden.

      Die deutsche Selbstverachtung ist der Rohstoff, aus dem das deutsche Feuilleton den Anti-Amerikanismus produziert. Wir werfen den
      Amerikanern die Arroganz der Macht vor, während wir in der Arroganz der Demut waten. "Der Westen muss sich endlich fragen, was er falsch
      gemacht hat", sagt Günter Grass, der selbst noch nie etwas falsch gemacht hat. Bis heute hält er an einem alten Beschluss der Gruppe 47 fest, nicht mit der Springer-Presse zu reden und keine Anzeigen für seine
      Bücher in den Springer-Zeitungen zu schalten.

      So was gilt als moralisch und als konsequent, und es befähigt Grass, seine Besserwisserei zu globalisieren. Was in New York passiert sei, das
      hätten die Amerikaner nur in jenen Katastrophenfilmen "erlebt, die im Übermaß produziert worden sind". Jetzt seien sie "erstaunt, dass ein
      Bruchteil der Generation, die mit diesen Bildern aufgewachsen ist, zu Terroristen wurde". Ohne die Katastrophenfilme aus Hollywood wären
      die Flugzeugentführer sicher friedliche Segelflieger geworden.
      Und wie macht man aus Massenmördern wieder anständige Wesen?
      Theodor Ebert, der Doyen der deutschen Friedensforschung, möchte "die Terroristen und ihre Hintermänner mit jedem einzelnen Schicksal der Ermordeten ... konfrontieren, so intensiv, dass es ihm anfängt, Leid zu
      tun, so wie es deutschen Schulkindern in der Seele Leid getan hat, als sie das Tagebuch der Anne Frank lasen".

      Wäre es nicht effektiver, gleich das Tagebuch der Anne Frank an Bin Ladens Freunde zu verteilen?

      Die jüngste Friedenskampf-Ausgabe des "Stern" versammelt gleich 44 Prominente, die - in den Worten des Dramatikers Franz Xaver Kroetz -
      fürchten, dass Amerika auch uns "auf den Weg - zurück! - ins Kriegsverbrechergeschäft" bomben könnte. Wir verstehen: "Nun soll
      unser Panier also am Hindukusch leuchten. So weit weg von der Heimat waren deutsche Soldaten selbst unter Hitler nicht." Das schreibt
      "Stern"-Kolumnist Heinrich Jaenecke. Und fügt hinzu: "Es ist nicht unser Krieg ... Es ist Amerikas Krieg, ein Krieg mit dunklen Motivationen und
      verborgenen Zielen."

      Alles geht mal zu Ende. Nur die deutsche Unschuld hört nie auf.
      Avatar
      schrieb am 21.05.02 14:52:30
      Beitrag Nr. 37 ()
      Nanu, gar keine Reaktionen mehr?
      Naja, mal sehen, ob`s Reaktionen auf diesen Text gibt:
      DIE KURZGESCHICHTE EUROPAS SEIT 1945

      Die geteilte Welt: 1945 bis 1989

      Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs war auch die Herrschaft Europas über den Globus vorbei. Zwei Mächte teilten sich nun das Erbe: Amerika und die Sowjetunion. Dabei ging Stalin als erster auf Expansionskurs. Mit Hilfe der nationalen kommunistischen Parteien verwandelte er die von der Roten Armee besetzten Länder Osteuropas und die Osthälfte Deutschlands in Satellitenstaaten. 1949 wurde auch China durch die Revolution Mao Tse-Tungs kommunistisch.

      Zur Abwehr der sowjetischen Expansion half Amerika dem zerstörten Westeuropa und den Westzonen Deutschlands durch die Marshall-Plan-Hilfe wieder auf die Beine, führte in Westdeutschland eine Währungsreform durch (1948), widersetzte sich der Abschnürung Westberlins durch die Luftbrücke (1948) und gründete die NATO (North-Atlantic-Treaty-Organisation). Schließlich wurden Berlin, Europa und dieWelt durch den "Eisernen Vorhang" geteilt. Die Sowjetunion verfügte nun auch über die Atombombe, und die Welt erstarrte unter dem Gleichgewicht des Schreckens. Es begann die Zeit des "Kalten Krieges". Nur im geteilten Korea führten die USA einen "heißen Krieg", als das kommunistische Regime des Nordens eine Invasion von Südkorea begann.

      Nie zuvor hatte sich ein Sieger - beflügelt durch diese neuen Frontstellungen - gegenüber den Feinden von gestern so großzügig verhalten wie Amerika gegenüber Deutschland und Japan. Dadurch gelang es, sie zu Verbündeten zu machen und in ihnen stabile Demokratien aufzubauen.
      1949 wurde die Bundesrepublik Deutschland aus der Taufe gehoben. Ihre Verfassung hat die Weimarer Erfahrungen eingearbeitet: Splitterparteien werden durch die Fünf-Prozent-Klausel verhindert, und der Kanzler kann nur durch ein konstruktives Mißtrauensvotum abgewählt werden, was eine bloß negative Blockadepolitik verhindert. Mit dieser Verfassung wurde die Bundesrepublik Deutschland der stabilste, friedlichste und demokratischste Staat der deutschen Geschichte. Das lag daran, daß es der CDU gelang, die nationalen und antidemokratischen Trümmer der bürgerlichen Parteienlandschaft einzusammeln und demokratisch zu erziehen; und daß die preußischen Junker als gesellschaftliche Gruppe verschwunden waren.

      Zugleich wurde Westdeutschland zum Kristallisationspunkt der europäischen Einigung. Um den deutschen Patienten unter psychiatrische Aufsicht zu stellen, betrieb der erste Kanzler Konrad Adenauer von der CDU gegen die Opposition der SPD die Integration der Bundesrepublik in den Westen. Dazu gewann er als Partner die Franzosen, die durch die Niederlage gegen Hitler ihren Machtverlust deutlicher registriert hatten als die Briten und ihn durch die europäische Einigung kompensieren wollten. So wurde die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft zunächst ohne die Briten gegründet und umfaßte ziemlich genau das Territorium, das Karl der Große einst regiert hatte (Benelux, Italien, Frankreich und Westdeutschland).

      Durch die Westintegration, die stabile Demokratie, die europäische Einigung und die Amerikanisierung der Kultur sowie die Diskreditierung (Entwertung) der eigenen nationalen Tradition machte Westdeutschland eine tiefgreifende Metamorphose durch: Es wandelte seinen Sozialcharakter und wurde in Lebensstil, Habitus und Einstellungen westlich - man könnte in Hinsicht auf die vorherige Klassengesellschaft beinahe von "Amerikanisierung" sprechen. Sozial war das möglich geworden, weil der Krieg, die Vertreibung im Osten und die völlige Mobilisierung der Bevölkerung die gesellschaftliche Hierarchie atomisiert und plattgewalzt hatte: Der Krieg war soziologisch gesehen (nicht politisch) das Äquivalent einer Revolution. Und psychologisch war das möglich, weil die Deutschen durch die Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse, die Entnazifizierung, die "reeducation", die amerikanische Kulturarbeit und Schulpolitik und schließlich durch die Studentenbewegung von 1968 gezwungen wurden, ihren Verbrechen ins Gesicht zu sehen. Dadurch wurde es den Deutschen auch möglich, große Summen als Wiedergutmachung an den 1948 gegründeten Staat Israel zu zahlen, ihre Städte wieder aufzubauen, ohne einen Haß auf ihre Zerstörer zurückzubehalten [ausgenommen natürlich einige der lokalen Leser](die militärisch mit der Zerstörung ganzer Städte völlig sinnlos gehandelt hatten) und es ohne revanchistische Reaktionen hinzunehmen, daß 15 Millionen Deutsche aus ihrer Heimat vertrieben wurden und die östlichen Provinzen Deutschlands für immer an Polen fielen. (Es hätte ja auch eine deutsche "PLO" geben können!) Damit zahlte die Bevölkerung Preußen für das, was ihre Führungsschicht anzurichten geholfen hatte. Preußen selbst verschwand aus der Geschichte, in der es alles in allem eine unheilvolle Rolle gespielt hatte. Die deutsche Einigung durch Bismarck war zu teuer bezahlt worden.
      Dieser Nachruf muß Friedrich den Großen, die preußischen Reformer und die Königinnen der Berliner Salons am Anfang des 19. Jahrhunderts ausnehmen. Aber sie alle waren ziemlich unpreußisch: Friedrich war schöngeistig, die Salonköniginnen waren jüdisch und die Reformer waren keine Preußen.

      Zugleich hatte sich Deutschland durch seine Niederlage, seine beschränkte Souveränität und seine Westintegration als selbständige Macht aus der großen Politik verabschiedet. Es begann die Zeit des Wohlstands und des politischen Biedermeier, auf die die Bewegung von 1968 mit Re-Ideologisierung und politischer Phantasterei (Übergang zum Sozialismus) reagierte.

      Die Studentenbewegung war ein internationales Phänomen. In Deutschland entstand sie aus der Mischung dreier Trends: der Legitimationskrise Amerikas durch den Vietnam-Krieg; der Ausweitung des Bildungssystems; und der Aufarbeitung der Nazi-Verbrechen. Das Nazi-Problem zog die politische Kultur wieder in den Bannkreis der deutschen Phantastik. Aus dem Zerfall der Studentenbewegung entstanden terroristische Gangs politischer Desperados und die fundamentalistische Bewegung der Grünen
      In ihnen zeigte sich die Metamorphose der Deutschen am deutlichsten: eine unterirdische Theoriewaschanlage hat die ehemals rechte Naturanbetung, Kulturkritik und Lebensreformmentalität auf links umetikettiert und auf diese Weise ein linkes Selbstverständnis mit einer rechten Mentalität versöhnt. Inzwischen ist diese Generation an die Regierung gekommen. Sie ist die erste Generation, die nicht durch den Krieg selbst geprägt wurde.

      Während sich Deutschland allmählich verwandelte, liquidierten (lösten auf) die westeuropäischen Mächte in den 60er Jahren ihre kolonialen Imperien. Indien war 1947 unabhängig geworden und hatte sich dabei unter Qualen in ein moslemisches Pakistan und ein hinduistisches Indien gespalten. Und Frankreich führte noch sinnlose Kolonialkriege gegen die Befreiungsbewegungen von Indochina und Algerien. Aber England gelang es im großen und ganzen recht gut, die Entlassung seiner zahllosen Kolonien in die Unabhängigkeit auf zivilisierte Weise zu organisieren. Anderswo wurden die neuen Staaten sofort durch Bürgerkriege bedroht, die als Stellvertreterkriege der Supermächte geführt wurden: Man unterstützte die eigene Seite und verlängerte so den Krieg. Dabei nahmen die USA in Kauf, auch autoritäre oder semi-faschistische Regimes zu unterstützen, und untergruben so ihren moralischen Kredit. Das motivierte die Studentenbewegung sowie Linksextremisten dazu, Kapitalismus mit Faschismus gleichzusetzen (wobei man den Krieg der gegen Hitler als unbedeutenden Ausrutscher hinstellen mußte). DieserWeltdualismus wurde stabil gehalten durch die Gefahr, daß sich bei einem Angriff die Nuklearmächte gegenseitig vernichteten. Das zwang beide Seiten dazu, sich an den sensiblen Punkten ganz vorsichtig zu bewegen. Nur einmal war der große Showdown zum Greifen nahe: Als 1962 Präsident Kennedy eine Blockade Kubasgegen sowjetische Schiffe mit Raketen an Bord verhängte: Im letzten Moment gab der sowjetische Partei- und Regierungschef Chruschtschow nach, und die Schiffe drehten ab. Der Rest bestand aus Spionage, wechselseitiger Inspektion, Konferenzen, Krisen und diplomatischen Lösungen.

      Der sogenannte Sowjetblock wechselte wie die Sowjetunion selbst zwischen Eiszeiten und Tauwetter. jedes Tauwetter führte zu Revolten in den Satellitenstaaten (Ostdeutschland 1953, Ungarn 1956, Tschechoslowakei 1968, und Polen mit der Gewerkschaftsbewegung der Solidarnosc seit 1979), die allesamt mit militärischen Mitteln und immer blutig niedergeschlagen wurden. Jedesmal reagierte die Sowjetunion mit der Unterdrückung des Willens der Bevölkerungen und einer neuen Eiszeit, bis unter Generalsekretär Gorbatschow das Tauwetter die Sowjetunion selbst erreichte. Da schmolz das riesige Reich wie das Eis an der Sonne. Es war nur durch den Frost zusammengehalten worden, d.h. durch den Terror. Exakt 200 Jahre nach der Französischen Revolution ging das Zeitalter der Ideologien zu Ende.

      In ihm vollzog sich unter Qualen in Europa und Amerika der Übergang von der ständisch gegliederten Adelsgesellschaft zur modernen Industriegesellschaft. Dabei gab es zwei Wege:

      Der eine wurde von den Kernländern der Moderne, England, Frankreich, Holland, Schweiz und den USA, beschritten. Indem sie es aufgaben, die Einheit der Gesellschaft durch die Einheit des Glaubens zu sichern, schufen sie Verfassungen auf der Basis der Toleranz und der Machtkontrolle. So gründeten sie die Einheit der Gesellschaft auf die Permanenz des Streits zwischen Regierung und Opposition, deren Wechsel dem Wandel der Gesellschaft folgt. Auf diese Weise wurde der Bürgerkrieg eingefangen und parlamentarisch gezähmt. Es ist die einzig erfolgreiche Form der Modernisierung geworden. Die betroffenen Länder waren geprägt von Aufklärung und calvinistischer Reformation.

      Der andere Weg wurde von den Staaten eingeschlagen, die die Anpassung der Bevölkerung an die Industrialisierung durch bürokratische und militärische Disziplinierung erzwungen hatten. Das waren Rußland, Preußen, das untergegangene Österreich und Japan und mit Abstrichen die halbentwickelten Länder Italien und Spanien, wo die Regimes zunächst mit der Kirche paktierten. Nach der Russischen Revolution wurden sie im Kampf gegen den Sozialismus alle faschistisch. Aber Faschismus und Sozialismus waren beide totalitäre Systeme, die auf der totalen Kontrolle der Gesellschaft durch den politischen Machtapparat der regierenden Minderheiten beruhten. Sie waren beide unstabil. Der Faschismus lebte von der Dynamik, mit der er die Menschen in Atem hielt, und wurde deshalb auf den Weg der Eroberung gedrängt. Der Sozialismus dagegen ruinierte die Wirtschaft, indem er die Arbeit durch Zwang und Kontrolle zu steuern versuchte. Gerade weil er in Rußland - der vormals despotischsten Monarchie Europas - realisiert wurde, wurde daraus eine orientalische Despotie, die für die moderne Industriegesellschaft nicht geeignet ist.

      Finale 1989 bis 2000

      Die Nacht dieses finsteren 19. Jahrhunderts ist hoffentlich zu Ende. In seiner ersten Hälfte schien es keine Konstellation zu geben, die nicht die schlimmste Wendung nahm. In der zweiten Hälfte dagegen haben wir unverschämtes Glück gehabt: Die Völker Europas hatten hoffentlich durch die Gründung der EG / EU aus ihren Desastern gelernt. Hoffentlich vergessen wir niemals, wie unwahrscheinlich das ist.

      Das Ziel politischer und geschichtlicher Bildung ist es, die Geschichte seiner eigenen Gesellschaft zu verstehen. Jetzt ist die Eule der Minerva gelandet. Der Morgen des neuen Jahrtausends gießt sein Licht auf ein neues Europa, das nach langer Tyrannei im Begriff ist, wiedergeboren zu werden. Dabei ist zuletzt der Bürgerkrieg Europas dahin zurückgekehrt, wo er 1914 begann: auf den Balkan.
      Und der Bürgerkrieg dort - ausgelöst durch den "roten König Milosevic", der sich zum chauvinistischen Nationalisten gewandelt und damit seine Nähe zum Faschismus bewiesen hatte - wurde wie die zwei Weltkriege des 19. Jahrhunderts zum wiederholten Male beendet durch die USA, die damit Europa vielleicht schon zum dritten Male vor der Selbstzerfleischung bewahrt haben.
      Avatar
      schrieb am 21.05.02 15:26:35
      Beitrag Nr. 38 ()
      Verzeihung: Mächtiggroße Fehler sind mir im letzten Abschnitt des Postings # 37 mit "19. Jahrhundert" unterlaufen. Da wir uns ja bereits im 21. Jahrhundert befinden, meine ich natürlich "20. Jahrhundert"!
      ;)
      Avatar
      schrieb am 21.05.02 15:28:13
      Beitrag Nr. 39 ()
      @Auryn

      Ehre, wem Ehre gebührt. Es ist schon ein toller Thread mit sehr lesenswerten Texten!

      Obwohl ich nicht gerade ein "Freund" von Henryk M. Broder bin, hat mich die Schärfe seiner "Denke" in #36 ziemlich beeindruckt.
      Seine Fähigkeit, deutsche Befindlichkeiten, deutsche Selbstbespiegelungen, geheime Sehnsüchte und Ängste pointiert darzustellen (Beispiel: "Noch immer kränkt die Erfahrung, dass man sich nicht aus eigener Kraft befreien konnte,
      sondern dass es Kaugummi kauende Neger waren, die deutschen Studienräten ihre NSDAP-Insignien abnehmen konnten." ), ist beeindruckend.

      Bin auf die Fortsetzung gespannt. Wenn ich irgend kann (zeitlich gesehen), will ich mich gern in Zukunft an der Diskussion hier beteiligen.

      Gruß, DM
      Avatar
      schrieb am 21.05.02 15:43:49
      Beitrag Nr. 40 ()
      @ DerMusiker:
      Vielen Dank für das Lob zugunsten dieses Threads, aber das allermeiste in diesem Thread ist natürlich nicht von mir. (Henryk Broder ist schon recht "faszinierend", aber in Diskussionen ist er "mörderisch polemisch". Ich möchte wirklich nicht mit ihm eine Diskussion führen müssen.)
      Man sagt meiner Wenigkeit lediglich in gewissen Uni-Kreisen gute Auswahlfähigkeiten für Diskussionen nach.
      Der Text aus # 37 stammt übrigens größtenteils aus dem Buch "Bildung". Mir ist leider immer noch nicht klar, wo für einzelne Auszüge das Copyright liegt, weil im Buch selbst wieder verschiedene Texte abgedruckt/kopiert wurden, deren Copyrights wieder bei anderen Autoren und Verlagen liegen. Darüber hinaus dankt der nominelle Autor Schwanitz so vielen Studenten und Doktoranden für ihre Mitarbeit, daß ich den Verdacht habe, dieser Professor hat sich einige Autorenarbeit abnehmen lassen.
      Also wenn ich nicht immer detaillierte Copyrights angeben kann, bitte ich dies bei meinen Textauszügen zu entschuldigen.
      ;)
      Avatar
      schrieb am 21.05.02 16:06:52
      Beitrag Nr. 41 ()
      @auryn

      Danke für die Infos. Wenn Du das Buch selbst hast, kannst Du ja mal die ISBN-Nr. hier reinstellen; ich würde es mir gern kaufen.

      Noch einmal zu Broder: Genau wie im Falle Friedman und Giordano verfolge ich seine Auftritte zumindest mit großem Interesse, da es äußerst spannend ist, Argumentationsstrategien und -stile zu beobachten. Zugleich verursacht es mir aber erheblichen Widerwillen, da ich persönlich ein Diskussionsverhalten, das nicht von der Bereitschaft getragen ist, Anderen wirklich zuzuhören und ihre Argumente vorurteilsfrei zu prüfen, nicht mag.

      P.S.: Geschichte ist bei mir nur ein Hobby, aber eines, das mich sehr beschäftigt.

      Grüße :)


      Übrigens hoffe ich, daß dieser Thread nicht von anderen Usern zu einer der zahllosen Nahost-Konflikt-Diskussions- ("die Köpfe einschlag"-) Plattformen umfunktioniert wird.
      Avatar
      schrieb am 21.05.02 16:20:07
      Beitrag Nr. 42 ()
      @ DerMusiker:
      Tja, meine Ausgabe war eine, die ich mir von Bekannten günstiger aus einem Buch-Club besorgen ließ, weshalb Dir "meine" ISBN nicht viel nutzen wird.
      Inzwischen gibt`s das Buch aber auch noch billiger in einer monströs dicken "Taschenbuch"-Ausgabe für 14 Euro, wenn ich mich nicht irre.
      Du kannst Dir hier aussuchen, welche Ausgabe Du am liebsten kaufen würdest:
      http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3442151473/qid=1021990…
      Ich fand das Buch besonders wegen seiner "schnoddrigen" Darstellungen über Politik, Religion und Geschichte sehr amüsant.
      Bye,
      Auryn ;)
      Avatar
      schrieb am 24.05.02 13:59:20
      Beitrag Nr. 43 ()
      Posting # 37 hatte doch einige Fehler zuviel, weshalb ich als gelegentlicher "Perfektionsstreber" eine leicht korrigierte Fassung zum besseren Kopieren für mich wiederhole:

      DIE KURZGESCHICHTE EUROPAS SEIT 1945

      Die geteilte Welt: 1945 bis 1989

      Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs war auch die Herrschaft Europas über den Globus vorbei. Zwei Mächte teilten sich nun das Erbe: Die USA und die Sowjetunion. Dabei ging Stalin als erster auf Expansionskurs. Mit Hilfe der nationalen kommunistischen Parteien verwandelte er die von der Roten Armee besetzten Länder Osteuropas und die Osthälfte Deutschlands in Satellitenstaaten. (Aus familiären Gründen finde ich dabei die Geschichte Rumäniens besonders "amüsant": Der junge und rechtmäßige König Mihai (=Michael) hatte 1944 gegen den mit Hitler verbündeten Marschall Antonescu geputscht. Zum Dank dafür erhielt er sowohl von Roosevelt als auch von Stalin die höchsten Auszeichnungen. Erst 1947 zwang die kommunistische Parteispitze Rumäniens ihn zur Abdankung und ins Exil. Ermorden konnte man ihn nicht einfach so, weil er ja 1944 den "Stalin-Orden" bekommen hatte und so war Rumänien fast 1 1/2 Jahre lang das einzige Land der Welt mit kommunistischer Regierung und konstitutionellem Monarchen! Naja, dafür war Ceausescu bis 1989 der einzige kommunistische Staatsführer mit Schärpe und Zepter! Ich liiiiiebe die Geschichtsbücher dieses Landes! ;) )
      1949 wurde auch China durch die Revolution Mao Tse-Tungs kommunistisch.

      Zur Abwehr der sowjetischen Expansion half Amerika dem zerstörten Westeuropa und den Westzonen Deutschlands durch die Marshall-Plan-Hilfe wieder auf die Beine, führte in Westdeutschland eine Währungsreform durch (1948), widersetzte sich der Abschnürung Westberlins durch die Luftbrücke (1948) und gründete die NATO (North-Atlantic-Treaty-Organisation). Schließlich wurden Berlin, Europa und dieWelt durch den "Eisernen Vorhang" geteilt. Die Sowjetunion verfügte nun auch über die Atombombe, und die Welt erstarrte unter dem Gleichgewicht des Schreckens.
      Es begann die Zeit des "Kalten Krieges". Nur im geteilten Korea führten die USA einen "heißen Krieg", als das kommunistische Regime des Nordens eine Invasion von Südkorea begann. (Der Krieg in Korea wurde übrigens ganz offiziell im Auftrag der UN geführt, weil sich bei der Abstimmung im Weltsicherheitsrat die Sowjetunion und China aus Protest zurückgezogen hatten.)

      Nie zuvor hatte sich ein Sieger - beflügelt durch diese neuen Frontstellungen - gegenüber den Feinden von gestern so großzügig verhalten wie die USA gegenüber Deutschland und Japan. Dadurch gelang es, sie zu Verbündeten zu machen und in ihnen stabile Demokratien aufzubauen.
      1949 wurde die Bundesrepublik Deutschland aus der Taufe gehoben. Ihre Verfassung hat die Weimarer Erfahrungen eingearbeitet: Splitterparteien werden durch die Fünf-Prozent-Klausel verhindert, und der Kanzler kann nur durch ein konstruktives Mißtrauensvotum abgewählt werden, was eine bloß negative Blockadepolitik verhindert. Mit dieser Verfassung wurde die Bundesrepublik Deutschland der stabilste, friedlichste und demokratischste Staat der deutschen Geschichte. Das lag daran, daß es der CDU gelang, die nationalen und antidemokratischen Trümmer der bürgerlichen Parteienlandschaft einzusammeln und demokratisch zu erziehen; und daß die preußischen Junker als gesellschaftliche Gruppe verschwunden waren.

      Zugleich wurde Westdeutschland zum Kristallisationspunkt der europäischen Einigung. Um den deutschen Patienten unter psychiatrische Aufsicht zu stellen, betrieb der erste Kanzler Konrad Adenauer von der CDU gegen die Opposition der SPD die Integration der Bundesrepublik in den Westen. Dazu gewann er als Partner die Franzosen, die durch die Niederlage gegen Hitler ihren Machtverlust deutlicher registriert hatten als die Briten und ihn durch die europäische Einigung kompensieren wollten. So wurde die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft zunächst ohne die Briten gegründet und umfaßte ziemlich genau das Territorium, das Karl der Große einst regiert hatte (Benelux, Italien, Frankreich und Westdeutschland).

      Durch die Westintegration, die stabile Demokratie, die europäische Einigung und die Amerikanisierung der Kultur sowie die Diskreditierung (Entwertung) der eigenen nationalen Tradition machte Westdeutschland eine tiefgreifende Metamorphose durch: Es wandelte seinen Sozialcharakter und wurde in Lebensstil, Habitus und Einstellungen westlich - man könnte in Hinsicht auf die vorherige Klassengesellschaft auch in diesem Bereich beinahe von "Amerikanisierung" sprechen. Sozial war das möglich geworden, weil der Krieg, die Vertreibung im Osten und die völlige Mobilisierung der Bevölkerung die gesellschaftliche Hierarchie atomisiert und plattgewalzt hatte: Der Krieg war soziologisch gesehen (nicht politisch) das Äquivalent einer Revolution. Und psychologisch war das möglich, weil die Deutschen durch die Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse, die Entnazifizierung, die "reeducation", die amerikanische Kulturarbeit und Schulpolitik und schließlich durch die Studentenbewegung von 1968 gezwungen wurden, ihren Verbrechen ins Gesicht zu sehen. Dadurch wurde es den Deutschen auch möglich, große Summen als Wiedergutmachung an den 1948 gegründeten Staat Israel zu zahlen, ihre Städte wieder aufzubauen, ohne einen Haß auf ihre Zerstörer zurückzubehalten [ausgenommen natürlich einige der lokalen Leser](die militärisch mit der Zerstörung ganzer Städte völlig sinnlos gehandelt hatten) und es ohne revanchistische Reaktionen hinzunehmen, daß 15 Millionen Deutsche aus ihrer Heimat vertrieben wurden und die östlichen Provinzen Deutschlands für immer an Polen fielen. (Es hätte ja auch eine deutsche "PLO" geben können!) Damit zahlte die Bevölkerung Preußen für das, was ihre Führungsschicht anzurichten geholfen hatte. Preußen selbst verschwand aus der Geschichte, in der es alles in allem eine unheilvolle Rolle gespielt hatte. Die deutsche Einigung durch Bismarck war zu teuer bezahlt worden.
      Dieser Nachruf muß Friedrich den Großen, die preußischen Reformer und die Königinnen der Berliner Salons am Anfang des 19. Jahrhunderts ausnehmen. Aber sie alle waren ziemlich unpreußisch: Friedrich war schöngeistig, die Salonköniginnen waren jüdisch und die Reformer waren keine Preußen.

      Zugleich hatte sich Deutschland durch seine Niederlage, seine beschränkte Souveränität und seine Westintegration als selbständige Macht aus der großen Politik verabschiedet. Es begann die Zeit des Wohlstands und des politischen Biedermeier, auf die die Bewegung von 1968 mit Re-Ideologisierung und politischer Phantasterei (Übergang zum Sozialismus) reagierte.

      Die Studentenbewegung war ein internationales Phänomen. In Deutschland entstand sie aus der Mischung dreier Trends: der Legitimationskrise Amerikas durch den Vietnam-Krieg; der Ausweitung des Bildungssystems; und der Aufarbeitung der Nazi-Verbrechen. Das Nazi-Problem zog die politische Kultur wieder in den Bannkreis der deutschen Phantastik. Aus dem Zerfall der Studentenbewegung entstanden terroristische Gangs politischer Desperados und die fundamentalistische Bewegung der Grünen
      In ihnen zeigte sich die Metamorphose der Deutschen am deutlichsten: eine unterirdische Theoriewaschanlage hat die ehemals rechte Naturanbetung, Kulturkritik und Lebensreformmentalität auf links umetikettiert und auf diese Weise ein linkes Selbstverständnis mit einer rechten Mentalität versöhnt. Inzwischen ist diese Generation an die Regierung gekommen. Sie ist die erste Generation, die nicht durch den Krieg selbst geprägt wurde.

      Während sich Deutschland allmählich verwandelte, liquidierten (lösten auf) die westeuropäischen Mächte in den 60er Jahren ihre kolonialen Imperien. Indien war 1947 unabhängig geworden und hatte sich dabei unter Qualen in ein moslemisches Pakistan und ein hinduistisches Indien gespalten. Und Frankreich führte noch sinnlose Kolonialkriege gegen die Befreiungsbewegungen von Indochina und Algerien. Aber England gelang es im großen und ganzen recht gut, die Entlassung seiner zahllosen Kolonien in die Unabhängigkeit auf zivilisierte Weise zu organisieren. Anderswo wurden die neuen Staaten sofort durch Bürgerkriege bedroht, die als Stellvertreterkriege der Supermächte geführt wurden: Man unterstützte die eigene Seite und verlängerte so den Krieg. Dabei nahmen die USA in Kauf, auch autoritäre oder semi-faschistische Regimes zu unterstützen, und untergruben so ihren moralischen Kredit. Das motivierte die Studentenbewegung sowie Linksextremisten dazu, Kapitalismus mit Faschismus gleichzusetzen (wobei man den Krieg der USA gegen Hitler als unbedeutenden Ausrutscher hinstellen mußte).
      Dieser Weltdualismus wurde stabil gehalten durch die Gefahr, daß sich bei einem Angriff die Nuklearmächte gegenseitig vernichteten. Das zwang beide Seiten dazu, sich an den sensiblen Punkten ganz vorsichtig zu bewegen. Nur einmal war der große Showdown zum Greifen nahe: Als 1962 Präsident Kennedy eine Blockade Kubas gegen sowjetische Schiffe mit Raketen an Bord verhängte: Im letzten Moment gab der sowjetische Partei- und Regierungschef Chruschtschow nach, und die Schiffe drehten ab. Der Rest bestand aus Spionage, wechselseitiger Inspektion, Konferenzen, Krisen und diplomatischen Lösungen.

      Der sogenannte Sowjetblock wechselte wie die Sowjetunion selbst zwischen Eiszeiten und Tauwetter. Jedes Tauwetter führte zu Revolten in den Satellitenstaaten (Ostdeutschland 1953, Ungarn 1956, Tschechoslowakei 1968, und Polen mit der Gewerkschaftsbewegung der Solidarnosc seit 1979), die allesamt mit militärischen Mitteln und immer blutig niedergeschlagen wurden. Jedesmal reagierte die Sowjetunion mit der Unterdrückung des Willens der Bevölkerungen und einer neuen Eiszeit, bis unter Generalsekretär Gorbatschow das Tauwetter die Sowjetunion selbst erreichte. Da schmolz das riesige Reich wie das Eis an der Sonne. Es war nur durch den Frost zusammengehalten worden, d.h. durch den Terror. Exakt 200 Jahre nach der Französischen Revolution ging das Zeitalter der Ideologien zu Ende.

      In ihm vollzog sich unter Qualen in Europa und Amerika der Übergang von der ständisch gegliederten Adelsgesellschaft zur modernen Industriegesellschaft. Dabei gab es zwei Wege:

      Der eine wurde von den Kernländern der Moderne, England, Frankreich, Holland, Schweiz und den USA, beschritten. Indem sie es aufgaben, die Einheit der Gesellschaft durch die Einheit des Glaubens zu sichern, schufen sie Verfassungen auf der Basis der Toleranz und der Machtkontrolle. So gründeten sie die Einheit der Gesellschaft auf die Permanenz des Streits zwischen Regierung und Opposition, deren Wechsel dem Wandel der Gesellschaft folgt. Auf diese Weise wurde der Bürgerkrieg eingefangen und parlamentarisch gezähmt. Es ist die einzig erfolgreiche Form der Modernisierung geworden. Die betroffenen Länder waren geprägt von Aufklärung und calvinistischer Reformation.

      Der andere Weg wurde von den Staaten eingeschlagen, die die Anpassung der Bevölkerung an die Industrialisierung durch bürokratische und militärische Disziplinierung erzwungen hatten. Das waren Rußland, Preußen, das untergegangene Österreich und Japan und mit Abstrichen die halbentwickelten Länder Italien und Spanien, wo die Regimes zunächst mit der Kirche paktierten. Nach der Russischen Revolution wurden sie im Kampf gegen den Sozialismus alle faschistisch. Aber Faschismus und Sozialismus waren beide totalitäre Systeme, die auf der totalen Kontrolle der Gesellschaft durch den politischen Machtapparat der regierenden Minderheiten beruhten. Sie waren beide unstabil. Der Faschismus lebte von der Dynamik, mit der er die Menschen in Atem hielt, und wurde deshalb auf den Weg der Eroberung gedrängt. Der Sozialismus dagegen ruinierte die Wirtschaft, indem er die Arbeit durch Zwang und Kontrolle zu steuern versuchte. Gerade weil er in Rußland - der vormals despotischsten Monarchie Europas - realisiert wurde, wurde daraus eine orientalische Despotie, die für die moderne Industriegesellschaft nicht geeignet ist.

      Finale 1989 bis 2000

      Die Nacht dieses finsteren 20. Jahrhunderts ist hoffentlich zu Ende. In seiner ersten Hälfte schien es keine Konstellation zu geben, die nicht die schlimmste Wendung nahm. In der zweiten Hälfte dagegen haben wir unverschämtes Glück gehabt: Die Völker Europas hatten aus ihren Desastern gelernt. Hoffentlich vergessen wir niemals, wie unwahrscheinlich das ist.

      Das Ziel der Bildung ist es, die Geschichte seiner eigenen Gesellschaft zu verstehen. Jetzt ist die Eule der Minerva gelandet. Der Morgen des neuen Jahrtausends gießt sein Licht auf ein neues Europa, das nach langer Tyrannei im Begriff ist, wiedergeboren zu werden. Dabei ist zuletzt der Bürgerkrieg Europas dahin zurückgekehrt, er 1914 begann: auf den Balkan.
      Und der Bürgerkrieg dort - ausgelöst durch den "roten König Milosevic", der sich zum chauvinistischen Nationalisten gewandelt und damit seine Nähe zum Faschismus bewiesen hatte - wurde wie die zwei Weltkriege des 20. Jahrhunderts zum wiederholten Male beendet durch die USA, die damit Europa vielleicht schon zum dritten Male vor der Selbstzerfleischung bewahrt haben.

      Leider gibt es offensichtlich immer wieder politisch verblendete Menschen, die in ihren "Agitprop"-Fernkursen nicht gelernt haben, daß fanatisches Bestehen auf der eigenen Meinung und jegliches Ausblenden gegenteiliger Realitäten nicht zur Steigerung der Glaubwürdigkeit ihrer Position beiträgt.
      Wie schon mehrfach von meiner Wenigkeit betont, wird von den fanatischen Anhängern des US-Feindbilds gerne die frühere Bipolarität der Welt ausgeblendet und alle Verbrechen, die man einfach nicht den USA anhängen kann, werden totgeschwiegen.
      Avatar
      schrieb am 07.06.02 18:15:11
      !
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      Avatar
      schrieb am 13.06.02 14:02:34
      Beitrag Nr. 45 ()
      Und wo der Nahe Osten doch immer wieder so aktuell ist, noch ein paar kleine zusammengebaute Zitate aus einem Dialog in einem immer noch sehr empfehlenswerten Buch, über dessen Zitate man auch wunderbar diskutieren könnte, wenn man wollte:
      Es folgen die Dialogteile von "Chaim", einem alten weltlichen Juden im Gespräch mit dem Autoren des Buches (s.u.):

      "Mir sind die religiösen Eiferer des ultraorthodoxen Judentums ein Greuel, aber natürlich beschäftigt auch mich die religiöse Frage zutiefst. ... Nicht die Gemeinschaft der Rasse und des Blutes haben Israel zusammengehalten in den Jahrtausenden der
      Zerstreuung, sondern der mosaische Pentateuch und der Glaube an die göttliche Auserwähltheit! Ob wir Juden es wollen oder nicht, wir sind der modernste Gottestaat, den es je gab. Israeli kann nur wirklich sein, wer Jude ist. Deshalb bilden wir eine
      historisch-religiös zusammengeschmiedete Gemeinschaft!
      Sogar den Namen des Landes, in dem wir uns jetzt niedergelassen haben, suchen wir möglichst totzuschweigen, denn Palästina heißt arabisch "filistin" und ist nach unseren biblischen
      Erzfeinden, den Philistern, benannt. Anders herum sehen in uns die Palästinenser eine späte Wiederholung der Kreuzfahrer-Geschichte, doch sie vergessen, daß wir keine Heimat außerhalb Israels mehr haben. ...
      Was hat es mir genützt, daß ich mich den Europäern, den Gojim, assimilieren wollte, daß ich an die schönen Worte der Aufklärung, die Menschenrechte, den Sozialismus, das Weltbürgertum glaubte? Ich spreche fast alle ihrer Sprachen fließend - Deutsch,
      Polnisch, Russisch, Französisch, Englisch! Was hatte ich davon? Ich wurde in Lemberg (Lwow, Lviv) geboren und entging nur knapp dem Tod in Auschwitz. Meine Kinder, meine Enkel lernen nur noch Hebräisch. Sie werden Israelis sein und
      Nationalisten! Ich fühlte mich der deutschen Kultur sehr verbunden und tatsächlich haben die deutsche Wandervogel-Bewegung und sogar die völkisch-germanischen Hirngespinste im moribunden Habsburger-Reich unsere zionistische Rückbesinnung
      zutiefst beeinflußt, doch erst Hitler hat uns den Zionismus eingebleut! Er hat uns keine Wahl gelassen. Er hat die Befürworter einer jüdischen Anpassung an die Gastvölker Europas wieder in ihre uralte jüdische Identität zurückgestoßen!
      ...

      Ein Jude sei unfähig zur Landwirtschaft, haben uns arrogant-rassistische Europäer vorgeworfen. Jetzt haben wir einen Staat von Wehrbauern geschaffen und machen die Wüste urbar wie niemand jemals vor uns! Die Juden wären untauglich für den
      Kriegsdienst. Wir haben jetzt die schlagkräftigste Armee im Umkreis von Tausenden von Kilometern! Wir haben Abschied genommen vom Kosmopolitismus, denn er hat uns nicht vor den deutschen Konzentrationslagern bewahrt. Wenn man uns heute
      vorwirft, wir - die Opfer des Hitlerschen Holocaust - hätten uns selbst zum "Blut und Boden Mythos" bekehrt, dann kümmert uns das nicht mehr, denn wir dürfen nie wieder so wehrlos sein, daß man uns wie biblische Schafe abschlachten kann! Wir
      haben dafür - rein äußerlich - alle angeblichen Tugenden, die exklusiven Eigenschaften der Arier übernommen und übersteigert! Ich selbst bedaure das sehr, aber wir mußten leider auch viel von der Geschichte der Deutschen lernen und wir werden verhindern, daß sie sich mit
      uns wiederholt! Niemand wird uns je wieder vertreiben oder zu einem biblischen Exodus zwingen!" (Zit. n. Passagen aus: Peter Scholl-Latour: "Allah ist mit den Standhaften", Kapitel "Ein Mythos wurde Staat", Ullstein TB-Ausgabe 1986, S. 336-340.)

      Ebd., S. 340: "Uri": "Mir scheint es aber auch manchmal, als hätten wir mit dem religiösen Mythos unseres unveräußerlichen Anspruchs auf Erez Israel auch bei unseren Nachbarn die eigene Suche nach göttlicher Berufung ausgelöst, und die ist beim Islam ja ohnehin vorprogrammiert. Wir ließen den Jüngern Mohammeds doch keine Wahl. Der Zionismus hat sie gewissermaßen zur Theokratie zurückgetrieben. ... Sollte uns Ayatollah Khomeini nicht als eine Art unheimlicher Golem unserer eigenen Wiedergeburt erscheinen?"

      Ebd., S. 472: Scheich Keilani, der fundamentalistisch-geistliche Führer der "Scharia"-Fakultät der "Jordan University" in Amman, Jordanien im Jahre 1982:
      "Wir Araber waren drauf und dran, uns in den westlichen Schablonen von Nationalismus und Sozialismus zu verstricken, unsere islamische Eigennatur preiszugeben ... Ausgerechnet die Zionisten mit ihrem zutiefst theokratischen Staatskonzept haben uns auf den rechten Weg zurückgedrängt. Die Juden - wie so oft in ihrer langen Geschichte - sind auch heute noch, auf schwer erklärliche Weise, ein Instrument des göttlichen Willens."
      Avatar
      schrieb am 18.06.02 07:16:54
      Beitrag Nr. 46 ()
      um mal wieder in die jüngere vergangenheit zurückzukehren, ohne kommentar:

      http://www.thirdworldtraveler.com/Stockwell/John_Stockwell.h…

      http://nsarchive.chadwyck.com/igintro.htm

      beide links z.zt. hier zu finden:

      http://dailynews.yahoo.com/fc/World/Iraq/

      mfg
      Avatar
      schrieb am 18.06.02 10:01:52
      Beitrag Nr. 47 ()
      @ ospower:
      Danke, das sind sogar recht gute Quellen, aber sie kommen mir auch nicht gerade wirklich neu vor. Vielleicht beschäftige ich "job-mäßig" mich ja auch zu sehr mit allen möglichen Info-Quellen.
      Ein wirklich gutes und relativ neues Buch zu dem Themenbereich wurde vor kurzem mal im Kulturweltspiegel und anderen Medien vorgestellt, so auch unter ...
      http://www.rundschau-online.de/kultur/literatur/1749557.html ...,
      wo man folgenden Text mit wirklich "witzigen" Details finden kann, die ich weiter unten ein bißchen "dicker" hervorhebe:

      Die Anatomie des mächtigsten Geheimdienstes der Welt : NSA

      In den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts gegründet, gelangte die NSA im Zweiten Weltkrieg zu wachsender
      Bedeutung und gewann während des Kalten Krieges im Kampf gegen den kommunistisch
      regierten Teil der Welt schier grenzenlose Machtfülle - die kaum geringer wurde, als sich
      der Dienst nach dem Niedergang der Sowjetunion neuen Gegnern zuwandte, aber auch in der
      modernen Wirtschaftsspionage ein weites Betätigungsfeld fand.
      Bamfords Geheimdienst-Report beschreibt die ausgefeilten Abhörtechniken zu Wasser, zu
      Land und in der Luft, stellt Verwicklungen und Einflussnahme der NSA in der internationalen
      Politik dar und lässt Insider zu Wort kommen, die unbemerkt stets im Brennpunkt der Geschichte und dabei häufig am Rand der Legalität stehen.

      Aufwendig recherchiertes Quellenmaterial liegt diesem Buch zugrunde: Bamford wurden zahlreiche erst in jüngster Zeit
      freigegebene Dokumente der NSA zugänglich, er hat mit Augenzeugen und Angehörigen des Abhördienstes gesprochen sowie unzähliges
      historisches Film- und Tonmaterial gesichtet - entstanden ist eine überaus packende Dokumentation eines Machtapparats
      unvorstellbaren Ausmaßes, von dessen Aktivitäten die Weltöffentlichkeit weitestgehend ausgeschlossen bleibt.
      Dabei unterzieht der Autor die NSA, die zeitweilig nicht einmal mehr der Kontrolle des Weißen Hauses unterstand, einer kritischen
      Analyse. Bamford nennt Beispiele des Machtmissbrauchs, beschreibt den fanatischen Antikommunismus während des Kalten Krieges, der
      auch vor den eigenen Bürgern nicht Halt machte und zudem die Welt beinahe in die Katastrophe stürzte.

      Ob (Nord-)Korea, Vietnam, Kuba, Naher Osten und zahlreiche andere Krisenherde - die Geschichte des größten und mächtigsten
      Abhördienstes der Welt, seine Erfolge, aber auch seine katastrophalen Niederlagen, sind untrennbar mit der wechselvollen
      Geschichte des vergangenen Jahrhunderts verbunden.
      James Bamfords Report deckt jede Menge brisanter Aktionen der NSA auf: So drängten z.B. die USA allein aus dem Grund, sie besser
      abhören zu können, darauf, die Organe der UNO in ihrem Land anzusiedeln.
      Aktuellen Sprengstoff bilden die unglaublichen Ereignisse aus dem Sechs-Tage-Krieg 1967. Israelische Soldaten ließen ägyptische
      Gefangene eine Grube ausheben und erschossen sie dann. Auf diese Weise wurden ungefähr 1000 Gefangene ermordet. Zeuge dieses
      Kriegsverbrechens war ein NSA-Abhörschiff, das daraufhin von israelischen Kampf-Flugzeugen und Schiffen angegriffen wurde. Dabei wurden etliche US-Seeleute getötet und viele verletzt.
      Verantwortlicher israelischer Militär für das Gebiet, in dem sich diese Vorfälle ereigneten, war - Ariel Scharon.

      Spannend und aktuell sind auch die Abhöraktionen unter Wasser: Tauchboote wurden auf russische Tiefseekabel gesetzt und militärische Geheimgespräche abgehört -
      kein Wunder, daß die russische Armee versuchte, den Unfall des Atom-U-Bootes Kursk auf eine Kollision mit einem amerikanischen U-Boot zu schieben.
      "Bamfords Buch" besticht durch Faktenreichtum ebenso wie durch sachkundige Analyse. Doch darüber hinaus beeindruckt Bamford durch eine Authentizität und Anschaulichkeit, die den Leser mit
      hineinziehen in dieses gefährliche, unsichtbare Spiel um Macht und Wissen. Ein echter Thriller unter den Sachbüchern!
      Der Autor:
      James Bamford ist Journalist und schreibt für so renommierte Zeitschriften wie New York Times, Washington Post und Los Angeles
      Times. Bis vor kurzem hat er außerdem eine tägliche Nachrichtensendung für die ABC, eine der drei großen amerikanischen Fernsehanstalten, produziert. Er gilt weltweit als der
      "Papst" in Fragen der Geheimdienst-Szene, speziell der NSA. Er hat bereits 1982 ein Buch über die NSA veröffentlicht (The Puzzle Palace), das in den USA zum Bestseller wurde.
      Das Buch:
      James Bamford
      NSA
      Die Anatomie des mächtigsten Geheimdienstes der Welt
      Aus dem Englischen von Helmut Dierlamm, Hans-Joachim Maass,
      Helmut Ettinger, Susanne Bonn
      C. Bertelsmann
      688 Seiten
      ISBN: 3-570-15151-4
      DM 68,00 / öS 496,00 / sFr 60,00 / € 34,00 [D]

      Und der Knüller ist, daß ich fast noch mehr Pannen und Pleiten aus der Geschichte des KGB kenne, die aber nun wirklich gar keiner für möglich halten würde, weil vieles davon gar zu absurd ist. So hat z.B. Valentin Falin in seinen Memoiren erwähnt, daß die KGB-Residenz in der sowjetischen Botschaft in Prag während des russischen Einmarschs in die Tschechoslowakei zur Niederschlagung des "Prager Frühlings" 1968 tagelang nicht wußte, ob und wie die Invasion der "zu Hilfe eilenden alliierten Warschauer-Pakt-Truppen" vonstatten ging, weil sämtliche Telefonleitungen der sowjetischen Botschaft - vermutlich durch die Sabotage tschechischer Techniker - von der Außenwelt abgeschnitten waren.
      Die Geschichte der Geheimdienste ist eine unendliche Reihe von unglaublichen Pleiten bei staatskriminellen Handlungen - weltweit und in jedem Land!
      Avatar
      schrieb am 18.06.02 10:38:53
      Beitrag Nr. 48 ()
      Unter der ersten Internet-Quellenangabe von "ospower" findet man übrigens den Hinweis auf "Authors & Books"
      und darunter wieder den Hinweis auf Huntingtons Buch "Clash of Civilizations", was im Deutschen schon falsch mit "Kampf der Kulturen" übersetzt wird.

      (Die Deutschen müssen aber auch schon seit der Nibelungenzeit immer gleich `kämpfen`, was ja dort auch "arebeid" bedeutet, von dem wieder "Arbeit" abgeleitet wurde. Ts-ts. In anderen Sprachen kommt "Arbeit" von "Sklaverei", aber das nur am Rande... ;) )


      Jedenfalls kann man auch ganz gut über dieses Buch diskutieren, besonders da der Autor seine Meinung in Interviews ein wenig relativiert zu haben scheint:

      I N T E R V I E W

      "Nein, kein Kampf der Kulturen"

      Samuel Huntington fordert eine Koalition gegen den Terror, die auch islamische Staaten einschließt

      Von Josef Joffe (Gesprächsführung)

      Die Zeit: Das Massaker von New York - beginnt damit jener "Kampf der Kulturen", den Sie 1993 in der Die Zeitschrift Foreign Affairs und 1996 in Ihrem gleichnamigen Buch vorausgesagt haben?

      Samuel Huntington: Der Anschlag war zuvörderst ein Angriff gemeiner Barbaren auf die zivilisierte Gesellschaft der ganzen Welt, gegen die Zivilisation als solche. Alle anständigen Menschen auf der ganzen Welt haben ihn vehement verdammt. Zweitens: Es ist wichtig, dass dieses Verbrechen jetzt eben nicht den Kampf der Kulturen auslöst. Der Schlüsselfaktor ist die Haltung islamischer Regierungen und Völker zum Terrorismus. Bis jetzt haben viele dieser Staaten Abscheu sowie Mitgefühl mit Amerika bekundet. Anderswo aber, auf der Straße, wurde der Anschlag begeistert gefeiert.

      Die Zeit: Also doch der clash of civilizations?

      Huntington: Nein, die islamische Welt ist gespalten. Ob der echte Zusammenprall verhindert werden wird - das hängt davon ab, ob islamische Staaten mit den USA bei der Bekämpfung dieses Terrors zusammenarbeiten werden.
      Die Zeit: Was war die Zielscheibe des Terrors?

      Huntington: Die Symbole Amerikas - das World Trade Center als Symbol des Kapitalismus, das Pentagon als Symbol amerikanischer Militärmacht.

      Die Zeit: Haben die Terroristen ein Land oder eine Kultur attackiert?

      Huntington: Beides. Sie sehen Amerika als Inbegriff einer verhassten westlichen Zivilisation und zugleich als mächtigstes Land auf Erden.

      Die Zeit: Sie sind Strategie-Experte. Was ist die richtige Abwehrstrategie?

      Huntington: Dieser Feind ist so schwer zu bekämpfen, weil er sich nicht lokalisieren lässt. Es handelt sich um viele Leute, die in vielen Ländern und kleinen Zellen arbeiten. Zweifellos bereiten sie schon den nächsten Schlag vor. Folglich ist nachrichtendienstliche Arbeit das erste Gebot, was wiederum heißt: Erstens müssen die US-Dienste sich viel mehr als bisher um human intelligence - um Ausforschung an Ort und Stelle - kümmern; zweitens muss die Zusammenarbeit mit den Diensten anderer Länder entschieden verstärkt werden. Zur Zeit gerade mit Pakistan, das bislang zu den wichtigsten Helfern der Taliban in Afghanistan gehörte. Grundsätzlich: Die Geheimdienstarbeit muss pro-aktiv sein ...

      Die Zeit: ... das heißt?

      Huntington: In offenen Gesellschaften wie der amerikanischen und der europäischen ist die Abwehr so schwer, weil es so einfach ist, in diese Länder einzusickern, Zugang zu gewinnen und solche Verbrechen zu organisieren. In den USA hat kein Mensch je daran gedacht, dass irgendjemand mit einem Flugzeug einen Wolkenkratzer vernichten würde. Folglich ist vorbeugendes Handeln das zweite Gebot.

      Die Zeit: Strategie ist die Kunst, den Gegner zu schwächen, seine Absichten zu durchkreuzen, seinen Willen zu brechen.

      Huntington: Ich sehe nicht, wie man Haltung und Verhalten von Leuten verändern kann, die den Tod nicht fürchten.

      Die Zeit: Wie bekämpft man dann Gegner, bei denen das klassische Abschreckungskalkül nicht greift?

      Huntington: Man muss offensiv vorgehen, diese Gruppen infiltrieren und kampfunfähig machen. Grundsätzlich bleibt allerdings das Problem, dass der Terror teilweise von Staaten, teilweise aber von kleinen Gruppen organisiert wird, die von der Globalisierung profitieren, also von der Verbreitung und Verbilligung von Technologie und Kommunikation. Außerdem ist dies eine Welt, in der verschiedene Formen des schieren Fanatismus, auch des religiösen, blühen.

      Die Zeit: Wie geht man mit Fanatikern um?

      Huntington: Man macht sie ausfindig und schaltet sie aus. Das ist aber offenkundig sehr schwer, weil sie weit verstreut sind und keine einfachen Ziele bieten. Das verlangt eine völlig neue Form der Kriegsführung.

      Die Zeit: Ist Amerika, ist der Westen darauf vorbereitet?

      Huntington: Wir passen uns langsam an. Verteidigungsminister Rumsfeld versucht tapfer, die US-Streitkräfte aus ihrer Mentalität des Kalten Krieges zu befreien. Doch sind Militärs immer konservativ, sie wehren sich gegen den Wandel. Aber auch die Bürger, in Amerika wie in Europa, müssen akzeptieren, dass wir in einer gefährlichen, unberechenbaren Welt leben, dass wir gegen Überraschungen nicht gefeit sind.

      Die Zeit: Kann Amerika diesen Krieg allein ausfechten?

      Huntington: Nein, auf keinen Fall. Wir brauchen die Hilfe unserer Verbündeten. Wir brauchen eine Koalition, die auch islamische Staaten umfasst. Deshalb zurück zum Anfang: Wenn diese Staaten diesen Krieg aussitzen, sich gar mit den Verbrechern solidarisieren, wächst die Gefahr, dass daraus tatsächlich ein clash of civilizations wird und nicht bloß ein Kampf der zivilisierten Gesellschaften gegen die Kräfte des Bösen.

      Die Fragen stellte Josef Joffe

      Samuel Huntington, Professor für Politik in Harvard, wurde 1996 weltberühmt mit seinem Buch "Kampf der Kulturen", das in 26 Sprachen übersetzt worden ist - und gerade jetzt wieder Furore macht
      (c) DIE DIE ZEIT66/2001
      Avatar
      schrieb am 18.06.02 10:58:08
      Beitrag Nr. 49 ()
      Im Internet gibt`s auch den schönen folgenden Text, der einerseits recht gut Huntingtons Thesen zusammenfaßt und diese dann sehr schön und wissenschaftlich korrekt auseinandernimmt.
      Das Problem mit Politologen, das ich als Angehöriger dieser ulkigen Zunft immer habe, ist hierbei die hohe "relative Variabilität" ihrer Aussagen in Bezug auf brandaktuelle Ereignisse. So gab es beispielsweise für das Jahr 1989 die Planung eines "Handbuchs zur Geschichte BEIDER deutscher Staaten", in denen die meisten (natürlich west-)deutschen Politologen in verschiedenen Artikeln hochwissenschaftlich erklärten, warum die DDR innerhalb des Warschauer Pakts einen Stabilitätsfaktor darstellte und warum wir noch lange mit zwei deutschen Staaten leben müßten.
      Wir dürften ja alle noch wissen, was dann so im Herbst und Winter 1989 passiert ist, nicht?
      Der Druck des Buches konnte zum Glück noch verschoben werden und ein Professor erzählte mir später, das Buch wäre die größte Blamage der deutschen Wissenschaft seit der Zeit der wissenschaftlich begründeten Hexenverbrennungen geworden. Jedenfalls erschien dann Ende 1990 ein Buch mit dem Titel "Handbuch zur deutschen Einheit", in dem bis auf wenige Ausnahmen fast genau dieselben Autoren nun der interessierten Öffentlichkeit erklären konnten, warum die DDR so labil geworden war und so schnell aus der Staatenwelt verschwinden würde.
      So ähnlich ist es mit dem vorangegangenen Interview mit Huntington und dem folgenden Text.
      Huntington hat seine Meinung offensichtlich zumindest teilweise geändert, wenn wir der folgenden Kritik glauben dürfen, während wir nicht wissen, ob der Verfasser Harald Müller nach den Erfahrungen des 11. September 2001 seine sehr gut begründete Kritik immer noch genau so formulieren würde wie im Oktober 1998, aus dem der folgende Text stammt:

      E+Z - Entwicklung und Zusammenarbeit (Nr. 10, Oktober 1998, S. 262-264)

      Der Mythos vom Kampf der Kulturen
      Eine Kritik an Huntingtons kulturalistischer Globaltheorie

      Harald Müller

      Der Kampf der Kulturen findet nicht statt. Vorsicht ist angeraten gegenüber Huntingtons
      Globaltheorie. Sie pflegt ihre Tugend der Einfachheit auf Kosten der Wahrheit und verfälscht die
      Realität.

      Nach dem Ende des Ost-West-Konflikts ist nichts mehr, wie es früher war, die Zukunft ist ungewiß - und die Sowjets können nicht mehr schuld daran sein. In dieser Ungewißheit verspricht uns Samuel Huntington (s. Fußnote 1) neue Orientierung: die Weltgeschichte treibt nach den Ideologien nun die "Kulturen" gegeneinander - er benutzt den Begriff der "Zivilisation", die im Angelsächsischen bevorzugte Ausdrucksweise. Sie bilden die großen Feindgruppen der Gegenwart und Zukunft. Am Horizont dräut die islamisch-konfuzianische Koalition gegen alles Westliche - hier kombiniert Huntington die "Gelbe Gefahr" mit den "Türken vor Wien", zwei in den westlichen Kulturen tiefverwurzelte historische Bedrohungsängste.


      Huntingtons Theorie auf einen Blick


      Der "Kampf der Kulturen" verfolgt ein ehrgeiziges Projekt: Huntington versucht uns zu erklären, wie die Welt heute und morgen "im Innersten beschaffen" ist, was die Menschen zum Nachdenken und Handeln zwingt. Und das sei, so Huntington, die Entwicklung und Abgrenzung der größten existierenden menschlichen Kollektive auf der Erde, der Kulturen, die durch historische Nähe, gemeinsame Wertsysteme, Lebensweisen, Weltbilder und entsprechende gesellschaftliche und politische Denkweisen geprägt seien. Interessanterweise gruppiert er seine Weltkulturen um Religionen - dies mag überraschen, aber er führt die religiöse Fundamentalisierung in vielen Teilen der Welt als Beleg ins Feld. In diesem Lichte unterscheidet er:
      die westlich-christliche Kultur Europas, Nordamerikas und Ozeaniens;
      die orthodox-christliche Kultur der slawisch-griechischen Welt;
      die islamische Kultur, die sich im Bogen von Mittelafrika über den Nahen Osten bis nach Zentralasien
      und Indonesien ausgebreitet hat;
      die afrikanische Kultur - was immer das sein mag;
      die hinduistische Kultur Indiens;
      die japanische Kultur;
      die konfuzianische Kultur Chinas und seiner ost- und südostasiatischen Peripherie.

      Huntington ist sich unschlüssig, ob Lateinamerika kulturell selbstständig ist oder bereits zur
      christlich-westlichen Kultur gehört.
      Die meisten dieser Kulturen gruppieren sich um einen Zentralstaat: die USA im Westen, China in der konfuzianischen Kultur, der sich Japan nolens volens anschließen wird, Rußland in der Orthodoxie; in Indien fallen Kulturkreis und Staat ohnedies zusammen.
      Huntington sieht die Kulturen, verkörpert und geführt durch die jeweilige Vormacht, aufeinanderprallen. Bereits jetzt seien ihre Grenzen Orte der Reibung. Multikulturelle Staaten wie Bosnien, der Sudan, Malaysia oder Indonesien zeigen Bruchstellen bis hin zu inneren Kriegen, wobei vor allem der Islam "blutige Grenzen" aufweise. Trennung sei die einzige friedensstiftende Antwort: Schluß mit dem Multikulturalismus; Huntington empfiehlt die Schaffung kulturell reiner Staaten. Nur eine Politik der wechselseitigen
      Abgrenzung, die die interkulturellen Begegnungs- und Reibungsflächen vermindert, könne fatale globale Konfrontationen eindämmen.

      Das Ockhamsche Rasiermesser wird geschwungen

      Der "Kampf der Kulturen" ist ein Kind der amerikanischen Wissenschaft von den Internationalen Beziehungen. Viele US-Wissenschaftler folgen einem vermeintlich der Naturwissenschaft abgelauschten Ideal. Aus wenigen Grundannahmen soll ein Netzwerk theoretischer Sätze abgeleitet und an der Wirklichkeit getestet werden. Diese Tests sollen die Theorie dann vorläufig bestätigen oder widerlegen. So hat es der "kritische Rationalismus", die vor allem von Sir Karl R. Popper entwickelte Wissenschaftstheorie, aus den Erfahrungen der Naturwissenschaften herausdestilliert.

      Ideal ist eine Theorie, die auf möglichst wenigen, einfachen Grundannahmen beruht und möglichst viel erklärt. Im Wettbewerb wird man demjenigen Gedankengebäude den Vorzug geben, das bei gleichem Erklärungsgehalt mit weniger Annahmen auskommt: die Theorie soll "sparsam" sein. Die Tugend der theoretischen Sparsamkeit, die alles Überflüssige wegschneidet, hat in der Wissenschaftsgeschichte den Namen "Ockhams Rasiermesser" bekommen, nach dem großen spätscholastischen Philosophen William von Ockham, der einer der Vordenker der modernen Wissenschaft war.

      Viele Großtheoretiker in den USA, so auch Huntington, haben zwar mit großem Fleiß das Rasiermesser geschwungen, die hohen Ansprüche der kritischen Rationalisten an die empirische Überprüfung jedoch weit weniger ernst genommen. Anstelle des Bemühens um die Falsifikation der eigenen Hypothesen folgen sie weitgehend der bewährten Praxis von Rechtsanwälten: Sie sammeln die zugunsten des eigenen Klienten sprechenden Beweismaterialien und sehen über die unangenehme Gegen-Empirie großzügig hinweg.
      Die Komplexität der Welt wird zudem soweit reduziert, daß wichtige Variablen und Faktoren, die das politische Weltgeschehen entscheidend mitbestimmen, aus dem Blickfeld geraten. Unterkomplexe Theorien folgen durchweg einem schlichten Schema, das als "politikwissenschaftlicher Manichäismus" bezeichnet werden kann. Die Manichäer, Anhänger einer altpersischen Religion, teilen die Welt in eine Zweiheit entgegengesetzter Pole. Der Kampf dieser beiden Pole, der Streit zwischen Licht und Finsternis, bestimmt das Weltgeschehen. In diesem Sinne knüpft Huntington an der "Theorie des Kalten Krieges" an, die mit der Aufteilung in die "Freie Welt" und die "Welt des Kommunismus" eine einfache klare Orientierung bot. Durch Parteinahme entsteht eine Theorie nach dem "Wir-Sie"-Schema - bei Huntington "The West and the Rest".
      An diesen Theorien hat die Welt ein großes Repertoire: Fundamentalismus, Sozialdarwinismus, Marxismus-Leninismus, Realismus usw. Sie alle pflegen ihre Tugend der Einfachheit auf Kosten der Wahrheit. Sie sind simpel und falsch. Ihre Anwendung beginnt bei scheinbar überzeugenden und für jeden einsichtigen Leitsätzen und endet in Rüstungswettlauf, Krieg und Massaker. Diese Art Theorien brauchen wir nicht.
      Vorsicht ist angeraten im Umgang mit dieser "großen Theorie". Wer eine blau gefärbte Brille aufhat, kann nicht anders sehen als eine blaue Welt. Nicht anders geht es Huntington mit dem Kampf der Kulturen: die (theoretische) Brille verzerrt den Blick auf eine allzu widerständige Wirklichkeit. Huntington spricht z.B. von den "blutigen Grenzen des Islam". Er "beweist" diese These statistisch, indem er zeigt, daß von einunddreißig gewaltsamen Konflikten zwischen zwei und mehreren Parteien aus verschiedenen Kulturen einundzwanzig - also zwei Drittel - mit moslemischer Beteiligung stattfinden. Das sieht freilich danach aus, als sei der Islam eine besonders gewaltfreudige Kultur. Bei genauerer Überprüfung dieser Aussage fällt allerdings auf, daß die islamischen Kämpfer für einen "interkulturellen Konflikt" stets einen nichtislamischen Gegner brauchen. Mit dieser Überlegung kann man die Statistik in der folgenden Weise neu lesen: Von zweiundsechzig Parteien, die in gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen den Kulturen verwickelt sind, sind einundzwanzig - also etwa ein Drittel - Staaten oder Gruppierungen islamischer Herkunft. Das hört sich bereits anders an. Wirft man jetzt noch einen Blick auf den Atlas und sieht sich die Grenzen zwischen den Kulturen genauer an, so stellt man fest, daß der Islam weitaus mehr Außengrenzen zu Lande hat als jede andere Weltreligion. Huntingtons Statistik sagt uns nichts, was wir nicht längst gewußt hätten, daß Staaten, deren Territorien aneinandergrenzen, die größtmögliche Chance haben, in Händel miteinander zu geraten. Die überdurchschnittliche Kampfeslust des Islam entpuppt sich bei gründlicher Überlegung als durchschnittlicher statistischer Erwartungswert.


      Der kulturelle Faktor


      Welche Rolle spielt der kulturelle Faktor in den Konflikten der Gegenwart? Sehen wir uns die Kriegs- und Konfliktstatistik des Jahres 1996 an. Das Heidelberger Institut für Konfliktforschung, das gewaltsame Konflikte regelmäßig beobachtet und statistisch erfaßt, hat für dieses Jahr 27 Kriege und gewaltsame Krisen gezählt, also solche Konflikte, in denen Menschen gewaltsam zu Tode gekommen sind. Es handelt sich dabei überwiegend um "innere Kriege", d.h. Gewalthandlungen innerhalb der Grenzen eines Staates. Seit dem zweiten Weltkrieg dominiert diese Kriegsform in der Welt, insbesondere "Regimekriege", bei denen es um das Ersetzen einer Regierungsform oder auch nur einer Herrschaftselite durch die andere geht, sind sehr häufig geworden. (s. Fußnote 2)

      Nur neun der 27 Gewaltkonflikte haben an den von Huntington gezogenen "zivilisatorischen Bruchlinien" stattgefunden. Bei der großen Mehrheit, nämlich siebzehn, handelt es sich um Konfliktparteien, die der gleichen Kultur angehört haben. Ganz anders sieht es aus, wenn man den ethnischen Faktor einbezieht. Angehörige unterschiedlicher Ethnien, d. h. Stämme, Völker, Rassen oder Nationen, waren an einundzwanzig gewaltsamen Konflikten beteiligt, nur in sechs spielte der ethnische Faktor keine Rolle. In anderen Worten: ethnische Konflikte dominieren das gewaltsame Konfliktgeschehen. Was noch bedeutsamer ist: in allen neun Fällen, in denen ein "kultureller Zusammenstoß" eine Rolle spielt, ist auch der ethnische Faktor beteiligt. Der "Kampf der Kulturen" hat nicht unabhängig davon gewirkt, daß sich die Konfliktparteien als unterschiedliche Ethnien verstehen, sondern nur im Zusammenwirken mit einem bestehenden, gravierenden ethnischen Konflikt.

      Nun soll der "Kampf der Kulturen" ja vor allem künftige Konflikte prognostizieren. Auch hier ist die Heidelberger Statistik hilfreich. Sie erfaßt mit dem Begriff "latente Konflikte" 52 Konstellationen, in der zwei oder mehr Parteien einen Streit miteinander haben, der gewaltsam ausgetragen werden könnte, aber gegenwärtig noch nicht ausgebrochen ist. In dieser Kategorie, so können wir vermuten, finden wir Auseinandersetzungen, die in Zukunft die Vereinten Nationen und die Weltöffentlichkeit beschäftigen könnten.
      Nur achtzehn dieser 52 Konflikte, also etwas mehr als ein Drittel, spielen sich an den "zivilisatorischen Bruchlinien" ab. Vierunddreißig haben nichts damit zu tun. Andererseits haben wieder sechsunddreißig Konflikte, also mehr als zwei Drittel, verschiedene ethnische Gruppen als Akteure. Auch hier ist also der ethnische Faktor ganz eindeutig beherrschend. (s. Fußnote 3) Überdies fällt auf, daß bei den latenten Konflikten die Mehrzahl, nämlich dreißig, klassische Territorialkonflikte, also internationaler Natur, sind. Dies ist deswegen bemerkenswert, weil von den achtundzwanzig gewaltsamen Auseinandersetzungen des Jahres 1996 lediglich sechs sich um traditionelle Territorialfragen drehten. Die große Mehrheit hingegen stellte "interne" Konflikte um die Macht im Staate oder um Sezession dar. Die meisten latenten Territorialkonflikte finden jedoch zwischen Angehörigen gleicher Ethnien (z.B. China/Taiwan, Südamerika, Arabische Halbinsel) statt; somit ist der Anteil des ethnischen Faktors bei den latenten Konflikten etwas niedriger. Wir müssen also erwarten, daß auch in Zukunft die kulturelle Verursachung von gewaltsamen Konflikten hinter ethnischen Ursachen zurückbleiben und auch im Vergleich zu klassischen zwischenstaatlichen Territorialkonflikten innerhalb der unruhigeren Weltregionen keineswegs eine dominierende Rolle spielen wird.

      Der kulturelle Faktor ist nur einer von vielen; die Ursachen von Konflikten sind viel komplexer. Unter den gefährlichsten Konflikten und blutigsten Kriegen der Gegenwart spielen sich der zentralafrikanische, der afghanische, der kurdische, der algerische, der koreanische innerhalb der gleichen Kultur ab; davon haben die ersten drei eine klare ethnische Komponente; der afghanische, der algerische, der zentralafrikanische und der koreanische Disput sind überdies Regimekriege, wobei in den Fällen Korea und Afrika die Dynamik eines zwischenstaatlichen Sicherheitsdilemmas hinzukommt.

      Die Konflikte zwischen Indien und Pakistan, in Sri Lanka, Bosnien und im Mittleren Osten liegen auf der zwischenkulturellen Bruchlinie. Sie haben allerdings allesamt eine ganz starken ethnischen Hintergrund, der in Sri Lanka, Bosnien und im Mittleren Osten durch politische und wirtschaftliche Diskriminierung eskaliert ist. In all diesen Konflikten geht es um das klassische Objekt kollektiver Auseinandersetzungen: um die Kontrolle über ein Territorium, das die jeweiligen Streitparteien für sich beanspruchen. In Südasien und im Mittleren Osten werden die Konflikte überdies durch ein Sicherheitsdilemma, durch die Präsenz von Massenvernichtungswaffen, hochgradig verschärft.


      Die islamische Gefahr


      Den Ländern des Islam hat die Neuzeit eine schwere Geschichte beschert. Als Opfer eines besonders hartnäckigen und ausbeuterischen Kolonialismus ist ihnen bis heute der Modernisierungserfolg versagt geblieben. Die wirtschaftliche Entwicklung aller Länder weist Brüche auf, auch die ölproduzierenden Staaten haben von ihren Erdölvorkommen nur geringfügig ökonomisch profitieren können. Archaische Herrschaftsformen und besonders abstoßende Tyranneien haben die Ausbildung einer selbstbewußten Bürgerklasse verhindert. Die Kolonialmächte haben frühe Ansätze zur selbständigen Nationalstaatsentwicklung im Keim erstickt.

      Dennoch ist es grundfalsch, von der islamischen Staatenwelt oder der islamischen Gesellschaft als einem bedrohlich überkochenden Einheitsbrei zu sprechen. Die islamische Staatenwelt ist differenziert, gespalten und von politischem Wettbewerb zwischen den führenden Staaten geprägt. Kein plausibles Szenario kann entworfen werden, das eine Vereinheitlichung dieses Mosaiks in Aussicht stellt. Auch die vorhandenen internationalen Organisationen - Arabische Liga, Islamische Konferenz - sind schwach ausgeprägt, andere Organisationen dienen lediglich den Interessen des jeweiligen Führungsstaates.

      Zentralstaaten sind die Kristallisationspunkte, die Hauptakteure in Huntingtons "Kulturkrieg". Im Islam wird es keinen solchen Kernstaat geben, und zwar weder in einer weitgehend säkularisierten noch in einer stärker fundamentalisierten islamischen Staatenwelt. Die Geschichte zeigt, daß sich diese riesige, ethnisch, geographisch, wirtschaftlich und sozial heterogene Region keiner einheitlichen Herrschaft untergeordnet. Wo es zu einer solchen Herrschaft kam - im Jahrhundert nach dem Wirken des Propheten, unter der Abassidendynastie und während des Osmanenreiches - war die Einheit entweder rein nominell, oder bestimmte Regionen waren bereits faktisch oder auch rechtlich selbständig. In allen Fällen wurde die Einheit nicht durch kulturellen Gleichklang, sondern durch militärische Eroberung hergestellt. Auch in unserer Zeit könnte nur Gewalt die Vielfalt der islamischen Welt mit ihren gegenseitigen Feindschaften, ethnischen Sonderungen, konfessionellen und sektiererischen Gegensätzen unter eine Herrschaft zwingen. Die zwischenstaatlichen Konflikte und die Rivalitäten um die Führungsstellung - in Nordafrika, im Nahen Osten, auf der arabischen Halbinsel, am Persischen Golf, in Zentralasien, in der arabischen und in der gesamten islamischen Welt - sind Legion. Externe Mächte springen ein, um ein gestörtes Gleichgewicht in den Regionen wiederherzustellen, moderne Militärtechnik macht zudem Eroberungskriege unvergleichlich kostspielig und verlustreich. Militärisch läßt sich die politische Einheit des Islam jedoch nicht mehr erzwingen.

      Auch der Fundamentalismus kann das nicht schaffen. Der Grund liegt darin, daß es laut Koran nur eine einzige sakral legitimierte Herrschaft geben kann. Der Fundamentalismus ist deshalb eine politische Mission zur Herstellung dieser Herrschaft. In den internen Hierarchien zweier Staaten wird es aber dieselbe Auffassung von dieser Herrschaft nur dann geben, wenn ein Verhältnis totaler Abhängigkeit besteht, wie es zwischen dem (extrem schwachen) Sudan und dem (relativ starken) Iran besteht. In allen anderen Fällen führt die gleiche Legitimitätsgrundlage - wegen ihres Absolutheitsanspruchs - bei geringstmöglichen Abweichungen zur erbitterten Feindschaft: denn dann stellt die Existenz eines islamischen Staates, der auf einer abweichenden Interpretation gegründet ist, diejenige aller anderen islamistischen Staaten in Frage, die anderen Auslegungen gelten als Ketzerei und müssen bekämpft werden. Die wechselseitigen Feindschaften der fundamentalistischen Staaten Afghanistan, Iran und Saudi-Arabien sprechen hier Bände. Der politische Fundamentalismus führt durch seine Verbreitung zum Schisma, zur Religionsspaltung. Die islamische Gesellschaft besteht keineswegs nur aus Fundamentalisten, noch wird sie von ihnen dominiert. Neben den Fundamentalisten unterschiedlicher Couleur findet man dort die modernistischen Anpasser, die gemäßigten Modernisten, die opportunistischen Traditionalisten und die islamischen Traditionalisten. Ein durchgehender Trend des Fundamentalismus ist nicht auszumachen, im Gegenteil, die Ernüchterung, die durch die Mißerfolge der iranischen Revolution eingetreten ist, und die starke Ablehnung der Aktionen der Fundamentalisten durch die islamische Bevölkerung in Ägypten oder Algerien bremst eher die Ausbreitung solcher Bewegungen.


      Die Zukunft der Weltpolitik


      Daß Samuel Huntington zwar ein marktgängiges Produkt, aber eben auch eine unzutreffende Theorie entwickelt hat, sollte deutlich geworden sein. Der kulturelle Faktor ist wichtig, aufgrund der Globalisierungsfolgen auch deutlich wichtiger als in der vergangenen Geschichtsepoche. Er wird jedoch durch andere Prozesse gebrochen und relativiert: durch die Machtrivalitäten der Staatenwelt, durch die Kooperationszwänge der Handelsstaaten in der Wirtschaftswelt, deren Zahl zunimmt, und durch die Beziehungen der Gesellschaftswelt über Staatengrenzen hinweg.
      An der Berechtigung der postmodernistischen Entschuldigung für den "westlichen Kulturimperialismus" müssen Zweifel angemeldet werden: Warum müssen eigentlich manche westliche Intellektuelle nach der Anbetung der Totalitarismen Stalins und Maos nun schon wieder ein Programm zur Inschutznahme von Unterdrückung erfinden, diesmal auch noch unter dem Deckmantel kultureller Toleranz? Im Gegensatz dazu ist es völlig sinnvoll und gerechtfertigt, westliche Ideen der Menschenrechte und der Demokratie nach außen zu vertreten; dabei gilt es jedoch durchaus, offen zu sein für Impulse der Gemeinschaftlichkeit und der Re-Solidarisierung, die auch unseren eigenen Gesellschaften beim Absichern ihrer Errungenschaften nützlich sein können. Dialog, nicht Kampf der Kulturen, verspricht Erfolg für die Zukunft.

      1) Samuel P. Huntington: Kampf der Kulturen. Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert. München, Wien,
      Europa-Verlag 1996

      2) Volker Matthies: Immer wieder Krieg? Wie Eindämmen? Beenden? Verhüten? Schutz und Hilfe für die Menschen? Opladen,
      Leske + Budrich 1994, Kap. 2. u. 3

      3) Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung: Konfliktbarometer Welt 1996. Heidelberg, Dezember 1996


      Dr. Harald Müller ist geschäftsführender Direktor der Hessischen Stiftung für Friedens- und
      Konfliktforschung (HSFK) in Frankfurt am Main.

      Dieser Artikel ist ein Auszug aus einem Vortrag, den der Autor am 11.11.1997 in der HSFK in Frankfurt gehalten hat.

      E+Z Entwicklung und Zusammenarbeit,
      herausgegeben von der Deutschen Stiftung für internationale Entwicklung (DSE)
      Redaktionsanschrift:
      E+Z Entwicklung und Zusammenarbeit, Postfach 100 801, D-60008 Frankfurt/M.

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      Avatar
      schrieb am 18.06.02 11:30:43
      Beitrag Nr. 50 ()
      @ auryn,

      dass die quellen hier völlig neu sind hab ich nicht behauptet. bin eben bei der morgendlichen nachrichtenlektüre drübergestolpert.

      zum sogenannten "clash of civilisations" nur ganz kurz und aus dem bauch heraus soviel:

      ein herbeigeredeter popanz! verglichen mit dem blutzoll der stellvertreterkriege während der zeit des kalten krieges muten sich die opferzahlen dieses showdowns auf beiden seiten geradezu wie peanuts an. die "informationsgesellschaft" braucht halt für jede erscheinung ne plakative überschrift.

      kapitalismus und islam sind traditionell genausowenig widersprüchlich wie judentum und kapitalismus.

      dieser ganze bin-laden komplex ist schlicht das aufeinanderprallen von us-grossmachtinteressen auf gekränkte arabische eitelkeiten. querverbindungen und in teilen sogar gemeinsame ziele (vs. sadam et iran) zwischen den führungsriegen beider kombattanten geben dem ganzen noch zusätzliche würze. synergies are welcome on both sides!

      die arschkarte haben im zweifelsfall die israelis und die palästinenser. vielleicht auch noch ein paar hochhausbewohner und flugpassagiere.

      es geht um macht, geld, öl und eitelkeit und sonst um garnichts.

      der israel/palästina konflikt wird dabei von beiden seiten (wie schon seit jahrzehnten) instrumentalisiert.

      mfg
      Avatar
      schrieb am 18.06.02 12:02:22
      Beitrag Nr. 51 ()
      @ ospower:
      Im Prinzip würde ich Dir in allen Punkten zustimmen, nur bei dem Satz "Kapitalismus und Islam sind traditionell genauso widersprüchlich wie Judentum und Kapitalismus" würde ich die Einschränkung machen, daß diese Aussage nicht zutrifft, wenn man den Islam sehr "buchstabengetreu" auslegt. Es wäre nämlich einem wirklich strenggläubigen Moslem nach einer Passage des Koran tatsächlich verboten, für Geldgeschäfte Zinsen zu verlangen und zu nehmen.
      (Übrigens genauso wie den strenggläubigen Christen des Mittelalters, was damals mit ein Grund für die "christlichen" Pogrome an Juden war, denn die konnten Geldgeschäfte machen und auch Zinsen nehmen, was ziemlich oft Haß und Neid bei den "christlichen" Schuldnern hervorrufen konnte.)
      Die innerstaatliche Bankwirtschaft im "fundamentalistischen" Iran nimmt tatsächlich keine Zinsen; dafür werden die iranischen Banken zu einem bestimmten Prozentsatz an den Gewinnen der darlehennehmenden Firmen und Geschäftsleute beteiligt. In unserer Vorstellung vom Kapitalismus wäre das ziemlich "unmöglich", oder?

      Und so hoffen wir bei diesen religiös fanatischer werdenden Zeiten schließlich nicht alle, daß wir nie in den "falschen Flugzeugen und Hochhäusern" sitzen mögen!?!
      Avatar
      schrieb am 18.06.02 12:03:49
      Beitrag Nr. 52 ()
      Verzeihung! Ich habe das "wenig" in "genausowenig" nicht mit zitiert, obwohl ich es wollte.
      ;)
      Avatar
      schrieb am 18.06.02 12:22:52
      Beitrag Nr. 53 ()
      Zum aktuellen Themenbereich "Afghanistan" gibt es übrigens auch einen interessanten Artikel in National Geographic Deutschland, der weitestgehend durch die Aussagen einer ZDF-Auslandsjournal-Reportage unterstützt wird:
      http://www.nationalgeographic.de/php/magazin/topstories/2002…
      Afghanistan ist in den ländlichen Bereichen so sehr durch die Taliban beeinflußt worden, daß eine Frau, die unverschleiert Schulkinder unterrichtet, bei dörflichen Honorationen schon fast eine "westliche Agentin" ist.
      Da wundert es mich auch nicht sehr, wenn die "Loya Jirga" wieder die "Scharia" eingeführt hat.
      Alles andere wäre in den ländlichen Regionen besonders des Paschtunen-Landes eine Sensation gewesen.
      Avatar
      schrieb am 18.06.02 12:23:10
      Beitrag Nr. 54 ()
      auryn,

      bin nicht so kleinlich, solange´s nicht sinnentstellend wird.

      gut, bezüglich der "strengen" hast natürlich recht. aber kapitalismus reduziert sich nicht auf zinsen.

      vergleiche ich aber aus eigener anschauung arabisches bazartreiben mit eurokratischer planwirtschaft, dann weis ich jedoch, wo ich im zweifelsfall den kapitalismus suchen muss.

      die hoffnung darf man nie verlieren und den grössten anlass hierzu bietet, wie schon immer in der geschichte, die tatsache, dass die strippenzieher - egal auf welcher seite - die früchte ihres tuns auch noch geniessen möchten.

      und zur falschen zeit am falschen ort zu sein, war schon immer und zu allen zeiten tödlich.

      mfg
      Avatar
      schrieb am 18.06.02 12:26:26
      Beitrag Nr. 55 ()
      O.K. ;)
      Avatar
      schrieb am 25.06.02 12:43:53
      Beitrag Nr. 56 ()
      Ein kleiner Hinweis auf das recht interessante PHOENIX-Programm:
      Am Sonntag abend zeigte PHOENIX eine Reportage von Alexander von Sobeck über die Armee Israels, wobei diese Reportage nur für PHOENIX produziert worden war und recht interessante Details brachte.
      So beispielsweise den Hinweis darauf, daß Israel drei U-Boote der "Dolphin-Klasse" besitzt, die die Bundesrepublik Deutschland der israelischen Marine als Belohnung dafür zur Verfügung stellte, daß Israel nicht militärisch auf den irakischen Beschuß durch irakisch-russische SAM-Mittelstrecken reagierte. Die von Deutschland gelieferten "Dolphin"-U-Boote besitzen nicht nur die üblichen 6 Torpedorohre, sondern auf israelischen Sonderwunsch 4 weitere Torpedorohre mit größerem Durchmesser. Militärexperten erklärten Alexander von Sobeck, daß in diesen Rohren vermutlich Cruise Missiles mit großen Reichweiten untergebracht werden können, die die israelische Atomwaffenschmiede in Dimona selbst mit Nuklearsprengköpfen ausrüsten kann.

      [Nicht aus dieser Reportage, sondern aus einer anderen: Daß die israelische Armee Atomwaffen besitzt, wird bereits seit dem Yom-Kippur-Krieg 1973 angenommen, als die israelische Armee während des jüdischen Versöhnungsfestes (Yom Kippur) überraschend von den drei Armeen Syriens, Jordaniens und Ägyptens angegriffen wurde und kurzfristig in eine nahezu aussichtslose Lage geriet. Angeblich drohte Israel damals der Sowjetunion mit einem atomaren Angriff der israelischen Luftwaffe, wenn die Sowjetunion nicht augenblicklich die Nachschublieferungen für die arabischen Verbündeten einstellte, die auch nach dem Kriegsausbruch kurzfristig weiterliefen. (Israel rechnete kurzfristig tatsächlich mit einer Niederlage und hätte damals angeblich tatsächlich mit luftbetankten Kampfflugzeugen vielleicht Kiew erreichen und bombardieren können.) Jedenfalls ebbten danach die russischen Nachschublieferungen für die arabischen Partner in dem Maße ab, in dem die USA neueste "Maverick"- Raketen an die israelische Luftwaffe lieferten, die dieser wieder die Luftüberlegenheit garantierte und letztendlich den Kriegsverlauf trotz hoher israelischer Verluste für Israel entschied.]

      Am kommenden Donnerstag um 20.15 Uhr bringt PHOENIX die Scholl-Latour-Reportage, die schon im ZDF lief und über die man noch auf dieser Seite Details nachlesen kann, wenn man über die BILD-Reportage hinweg-"scrollt".
      http://www.phoenix.de/dokus/10129/index.html
      (Is` ja schon fast ein Sakrileg, Prg.-Hinweise für "Bild" und Scholl-Latour auf derselben Internet-Seite unterzubringen! :D )
      Avatar
      schrieb am 25.06.02 12:48:03
      Beitrag Nr. 57 ()
      P.S.: Der im ersten Abschnitt genannte irakische Beschuß Israels fand natürlich im Golfkrieg No. 2 im Jahr 1991 statt.
      Avatar
      schrieb am 25.06.02 18:41:30
      Beitrag Nr. 58 ()
      Und noch zwei Buch-Tipps mit Autoren aus "ziemlich" entgegengesetzten Lagern:
      Das erste ist von Prof. Chossudovsky, dem zur Abwechslung mal ein wirklich interessantes Buch gelungen ist, das man unter dem Stichwort "Global brutal" auf dieser Seite finden kann:
      http://www.3sat.de/kulturzeit_literatur.html

      Das zweite Buch ist in der "ZEIT"-Nr. 26-Ausgabe vom 20. Juni 2002 auf Seite 22 besprochen worden:
      Der Titel paßt auch recht hübsch zu diesem Thread.

      Eine Frage der Moral
      Korruption und Insiderhandel: In den USA entbrennt ein Streit um Reichtum und Macht
      Von Thomas Fischermann

      Verkehrte Welt im Land des freien Unternehmertums: Vergangene Woche erklärte der amerikanische Finanzminister und Exmanager Paul O`Neill dass das Verhalten mancher Manager im Lande "eine Schande" sei. Harvey Pitt, Chef der Börsenaufsicht SEC, will den Bossen des Landes neuerdings "an ihre Gehälter, an ihre Optionsscheine, an ihre Bonuszahlungen". Und das Unternehmermagazin Business Week druckte eine ganze Seite bekannter CEO-Gesichter nach der Manier von Verbrecherfotos, mit roten Balken quer über die Nase. "Verurteilt". "Festgenommen`. "Zurückgetreten`.

      Schelte auf Unternehmer, Reiche und Mächtige ist in den Vereinigten Staaten wieder in Mode. Kein Wunder, wo quasi täglich Wirtschaftsskandale irgendwelche Titelseiten belegen: um den Rekordpleitier Enron und seinen Buchprüfer Andersen, den Großkonzern Tyco und seinen korrupten Chef, die getürkten Bücher bei Worldcom, den Insiderhandel beim Bio-Tech-Unternehmen, Irnclone.

      Für Kevin Phillips ist das ein Deja-vu. Der Journalist und Politikwissenschaftler hat gerade einen 422-Seiten-Wälzer namens Wohlstand und Demokratie (Wealth and Democracy, erschienen bei Broadway Books, New York) veröffentlicht, in dem er eine unbequeme These vertritt: Gewaltiges Anschwellen

      von Reichtum sei in der US-Geschichte nämlich Routine, es komme in regelmäßigen Perioden immer wieder vor. Und meist gingen diese Phasen mit Korruption in Wirtschaft und Staat einher.

      Das mag klassenkämpferisch klingen, soll es aber nicht. Phillips ist Mitglied der republikanischen Partei und behauptet: "Ernsthafte Aufruhr gegen den Missbrauch von Reichtum und Macht hat in den USA stets Klassengrenzen gesprengt."

      Gekaufte Sitze im Senat

      Über die gewagtesten der Phillipschen Schlussfolgerungen kann man sich bisweilen streiten: Zum Beispiel, dass die wachsende soziale Ungleichheit der neunziger Jahre "Teil dessen ist, was die Vereinigten Staaten zu einem Hauptziel des Terrorismus machte wie einst das Europa der Zaren, Könige und Großfürsten`. Doch Phillips arbeitet in seinem Wälzer "erstaunliche" Parallelen zwischen dem Dotcom-Boom und früheren Booms und Blasen heraus - allen voran mit dem gilded age, der Blütezeit der Eisenbahn-, Stahl- und Ölvermögen im späten 19. Jahrhundert, dem Zeitalter der "Räuberbarone" wie Vanderbilt, Carnegie und Rockefeller. Gewöhnliche Amerikaner, schreibt Phillips, waren schon damals ziemlich unternehmerfeindlich gestimmt: weil "diese großen Massen von Reichtum offenbar gegen sie verwendet wurden, durch Korruption und bösartige Geschäftspraktiken. Gekaufte Sitze im Senat zum Beispiel.

      Ist es jetzt wieder so weit? Der meinungsfreudige Kevin Phillips sieht nach der Liberalisierungswelle der achtziger Jahre und dem Dotcom-Boom der Neunziger schon wieder eine "Plutokratie" unter anderem Namen" auf uns zurollen und trägt tatsächlich eine Menge eindrucksvoller Belege zusammen. Die Reichsten des Landes haben in den vergangenen zwei Jahrzehnten - bis zum Dotcom-Crash -abgehoben: Von 1981 bis 2000 stieg das gesammelte Gehalt der zehn bestbezahlten US-Manager um stolze 4300 Prozent (während sich das Einkommen eines Arbeiters verdoppelte), und die 30 größten Privatvermögen im Jahre 1999 waren zehnmal so groß wie die 30 größten im Jahr 1982.
      Dass Unternehmer und vermögende Einzelpersonen zugleich wachsenden Einfluss auf die US-Regierungen nehmen, ist nicht erst seit dem Skandal um den Rekordpleitier Enron bekannt: Dessen Chef Ken Lay und seine Berater schrieben offenbar kräftig an der Energiepolitik der Bush-Regierung mit. Seit den achtziger Jahren haben Unternehmen und Stiftungen immer mehr für Lobbying und Wahlkampffinanzierung ausgegeben, Denkfabriken und Professuren unterstützt, Zeitschriften veröffentlicht. Sie betrieben nicht zuletzt - in Phil lips Worten die unnachgiebige Übernahme der US-Politik durch große Spender".

      Die wirklich spannende Frage für die Zukunft amerikanischen Kapitalismus ist natürlich, ob sich die Geschichte wiederholt. Bisher nämlich folgten auf Phasen der "Plutokratie" in den USA stets auch rabiate Gegenbewegungen. Das gilded age löste progressive movement aus und führte zu dem Präsidenten und Kartellschreck Theodore Roosevelt.

      Auf die Exzesse (und den Crash) der zwanziger Jahre folgten in der Mitte des folgenden Jahrzehnts grundlegende Wertpapier- und Bankenreformen. Der Republikaner Phillips würde gerne seine eigene Partei mobilisieren "Werden kämpferische Reformer die Politik von vor hundert Jahren wiederentdecken? Oder werden moderne Republikaner als Höflinge der neuen Räuberbarone da stehen?"

      Kritik ist konjunkturabhängig

      In Zeiten George W. Bushs stehen solche Überlegungen nicht hoch im Kurs: Momentan kämpfen die Republikaner gegen die Wiedereinführung der Erbschaftsteuer, Bushs Steuerreformen kommen vor allem Großverdienern und Unternehmen zugute, das Weiße Haus bleibt mit Lobbyisten eng verflochten, alle anderen gesellschaftlichen Gruppen beklagen sich über einen Mangel an Zugang.

      Doch andererseits ist es Wahljahr, und in einer Zeit der Finanz- und Unternehmensskandale lässt sich mit entsprechenden (zumindest rhetorischen) Angriffen Stimmung machen.

      Die Tirade des Finanzministers Paul O`Neill kam nicht ganz aus heiterem Himmel- Erst Woche davor hatte der einflussreiche Wirtschaftsberater des Präsidenten, Lawrence Lindsey, Konzernchefs in Visier genommen. Autor Phillips baut auf andere Kräfte: auf den Senator J McCain zum Beispiel, der im Rennen um die republikanische Präsidentschaftskandidatur gegen George W Bush unterlag. Er wetterte schon im Vorwahlkampf - gegen die Größen der Unternehmens- und Finanzwelt und kritisierte nach wie vor die eigene Partei wegen ihrer Nähe zum Big Money

      Doch aus der Geschichte lernt man auch noch etwas anderes: Systemkritik ist konjunkturabhängig. Im Jahr 1996 gab es schon mal ein knappes Rennen um die republikanische Präsidentschaftskandidatur, und damals sammelten beide Kandidaten - Pat Buchanan und Bob Dole - mit antikapitalistischen Sprüchen ("gierige Vorstandvorsitzende" ) Punkte. Aber die kamen kurz darauf aus der Mode: Mitte 1996 zogen Konjunktur und Aktienmarkt kräftig an, schufen einen Dotcom-Millionär nach dem nächsten, und für Kritiker blieb wenig Zeit.
      Avatar
      schrieb am 25.06.02 19:01:05
      Beitrag Nr. 59 ()
      ... und noch ein Film-Tipp (und dabei natürlich nicht den aus Posting # 56 vergessen! ):
      Heute in Arte ab 20.45 Uhr:
      http://www.arte-tv.com/programme/index.jsp;jsessionid=s7e7yq…
      Ein Themenabend zur Entstehung und Persönlichkeit von Selbstmordattentätern.
      Ich persönlich finde ja heute am "faszinierendsten" die zweite ARTE-Reportage über die Piloten aus den Flugzeugen, die am 11. September 2001 in die WTC-Türme geflogen sind. Sie kamen aus reichen oder gut betuchten Familien, lebten jahrelang im Westen oder sogar gleich in Deutschland wie Mohammed Atta, studierten so ziemlich alle mit Bestnoten, waren die nettesten und ruhigsten Mieter - und werfen dann alles in religiösem Wahn alles weg, indem sie sich dann in Flugzeuge setzen und über 2.500 Männer, Frauen und Kinder töten. Und das alles soll die Menschheit glücklicher machen.
      Ist doch "toll", nicht? Wie schafft man das eigentlich, seine Wahnvorstellungen so konsequent durchzuziehen, ohne sich - wie Atta - im Wahn im geringsten von seiner deutschen Umgebung und seinen deutschen Freunden und Bekannten beeinflussen zu lassen?

      Noch ein "interessanter" Artikel von Seite 2 (linke Spalte) aus "DIE ZEIT", Nr. 26 vom 20. Juni 2002:
      Kindesopfer


      Bilder von Krieg und Terror sind stets grausam -unterschiedlos. Aber einige bedrücken derart, dass sie nicht aus dem Kopf weichen wollen. Sie zeigen Kinder, die in dieser Woche in einem Bus in Jerusalem gezielt, das heißt willentlich, Opfer von Anschlägen wurden. Kinder, die unter dem Jubel verblendeter Erwachsener in palästinensischen Lagern zu Selbstmordattentätern ausgebildet werden. Kinder, denen ihre Eltern bei einer Demonstration in Berlin - eine Maskerade der Barbarei - die Attrappe eines Sprengstoffgürtels um den Körper gelegt haben. Diese Bilder dokumentieren vor allem eines: dass der Terror grenzenlos geworden ist. Dass jetzt auch die letzte Schranke der menschlichen Zivilisation fällt.

      Der Hass geht so weit, dass er die Grundlagen der eigenen Existenz zerstört. In einigen Gesellschaften, in allen Religionen und Kulturen sind Kinder Symbole des Lebens. Es ist die vornehmste Aufgabe und Pflicht der Eitern - und nicht nur von Vätern und Müttern, sondern von allen Erwachsenen-, dieses Leben zu schützen. Wer Kinder bewusst in den Tod schickt, gibt sich damit selbst und seine Zukunft auf. Welche Beweggründe einen Menschen auch immer zu diesem alles verneinenden Schritt veranlasst haben mögen, es gilt mehr denn je, was Israels einstige Premierministerin Golda Meir schon vor vielen Jahrzehnten düster vorausgesagt hatte: "Wir werden erst Frieden mit den Palästinensern haben, wenn sie ihre Kinder mehr lieben, als sie uns hassen."
      Unterzeichner: mak
      Avatar
      schrieb am 25.06.02 19:05:03
      Beitrag Nr. 60 ()
      Komisch, jetzt funktioniert der Link nicht. Naja, vielleicht dieser:
      http://www.arte-tv.com/programme/index.jsp oder Ihr schaltet einfach so heute abend mal ARTE ein.
      Avatar
      schrieb am 25.06.02 19:20:31
      Beitrag Nr. 61 ()
      "Wie schafft man das eigentlich, seine Wahnvorstellungen so konsequent durchzuziehen, ohne sich - wie Atta - im Wahn im geringsten von seiner deutschen Umgebung und seinen deutschen Freunden und Bekannten beeinflussen zu lassen?"

      wie marx schon sagte: religion ist opium für das volk.

      ps: klasse threads von dir!
      Avatar
      schrieb am 25.06.02 19:58:32
      Beitrag Nr. 62 ()
      Danke für das "ps"! ;)
      Avatar
      schrieb am 05.07.02 13:14:40
      Beitrag Nr. 63 ()
      Da durch den Prozeß in Den Haag gegen einen gewissen Herrn Milosevic die Europäer doch hartnäckig am Vergessen (Ex-?)Jugoslawiens gehindert werden, dachte ich mir, es wäre doch ganz nett, mal einen Text von einem sechssprachigen und auch sonst ziemlich genialen britischen Zeithistoriker zu lesen, der bereits 1998 geschrieben wurde, aber trotzdem nicht viel von seiner Aktualität und seinem Weitblick verloren hat:

      "Was wäre zu tun?", in: Timothy Garton Ash: Zeit der Freiheit, S. 398-406.

      Was wäre zu tun?

      Was haben wir aus den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts im ehemaligen Jugoslawien gelernt? Und was ist zu tun? Wir haben gelernt, daß das Wesen der Menschen sich nicht geändert hat. Daß Europa am Ende des 20. Jahrhunderts noch ebenso der Barbarei fähig ist wie im Holocaust der Jahrhundertmitte. Daß sich während der letzten Jahrzehnte des Kalten Krieges viele Menschen in Europa märchenhaften Illusionen über das Absterben des Nationalstaates hingegeben haben, und der Vorstellung, von unserem Kontinent sei der Krieg auf ewig verbannt. Daß Westeuropa jahrelang beschaulich weiterlebte, während fast jeden Sommer der Krieg auf den Balkan zurückkehrte. Und wir haben gelernt, daß wir selbst nach dem Ende des Kalten Krieges nicht mit den Angelegenheiten unseres eigenen Kontinents fertig werden, ohne die Vereinigten Staaten zu Hilfe zu rufen. Wohin man auch kommt im ehemaligen Jugoslawien, die Menschen sagen: "Die internationale Gemeinschaft - ich meine die Amerikaner ... "

      Unsere westlichen politischen Mantras gegen Ende des 20.Jahrhunderts lauteten "Integration", "Multikulturalismus" oder wenn wir ein bißchen altmodischer sind - "Schmelztiegel". Das ehemalige Jugoslawien lieferte das Gegenteil. Es ähnelte der gigantischen Version einer Zentrifuge, mit der man die Milch von der Sahne trennt oder andere Flüssigkeiten verschiedener Konsistenz. Hier wurden ganze Völker ausgesondert, während sich die riesige Trommel wütend drehte. Selbst halb ausgebildete Nationalitäten (Mazedonier, Bosnier) wurden durch die Zentrifuge verdichtet, während unten das Blut heraustropfte. Aber als die Trennung fast abgeschlossen war, mischte sich der Westen endlich ein mit dem Versuch, dem blutigen Prozeß ein Ende zu machen; 1995 in Bosnien, 1998 im Kosovo. In Bosnien existiert jetzt ein Quasi-Protektorat des Westens. Bald gibt es vielleicht ein weiteres im Kosovo.

      An diesem Punkt werde ich ein Argument vorbringen, das der überlieferten Weisheit des Westens ebenso wie politischer Korrektheit den Rücken kehrt. Es wäre keinesfalls die schlimmste Lösung, wenn die Völker des ehemaligen Jugoslawien ihre langsame Reise nach einem zivilisierten, liberalen, demokratischen Europa als Gruppe kleiner Nationalstaaten mit klaren ethnischen Mehrheiten beginnen würden. (Damit meine ich, als sehr grobe Faustregel, mit einer Bevölkerung, in der mindestens 8o Prozent ein und derselben Nationalität angehören.) Ich behaupte ganz bestimmt nicht, die Aufspaltung in solche Nationalstaaten sei das unvermeidliche Resultat "alter Stammesfeindschaften" auf dem Balkan. Mit Sicherheit gab es überdeckte Feindschaften, aber daß sie wiederbelebt, verschärft und ausgebeutet wurden, lag in der schuldhaften Verantwortung schlechter Führer - Milosevic vor allem, aber auch Franjo Tudjman in Kroatien. Ich behaupte auch nicht, daß eine frühere, gewaltsamere westliche Intervention keine anderen Möglichkeiten hätte eröffnen können. Ich behaupte lediglich, daß jetzt, nach allem, was geschehen ist, die friedliche Trennung, wo sie denn möglich ist, ein geringeres Übel sein könnte. Um Shakespeare dem Balkan anzupassen: Das Ende der Reise in der Trennung von Hassenden.

      Wenn die Völker wirklich nicht friedlich zusammenleben können, dann ist es besser, sie leben getrennt. Sicherlich treten beim Abstieg von einem größeren in einen kleineren Staat immer Verluste ein - kultureller, wirtschaftlicher und politischer Art. Und es gibt menschliche Kosten. Ich denke an Violeta, eine mutige Journalistin in Pristina, halb serbisch, halb albanisch. Was soll sie eigentlich tun? Sich entzweischneiden?

      Aber gute Zäune könnten schließlich für gute Nachbarn sorgen. Für jeden nachdenklichen Menschen liegt auf der Hand, daß diese Ansammlung kleiner und winziger Staaten auf der Balkan-Halbinsel früher oder später wieder zusammenarbeiten muß, aus reinem ökonomischen Eigeninteresse, wenn schon aus keinem anderen Grund. (Eines haben sie, wenn schon nicht in der Theorie, so doch in der Praxis gemein; eine gemeinsame Währung, die Deutsche Mark. Wenn die DM im Jahr 2oo2 verschwindet, werden sie vermutlich den Euro verwenden.) Manche sprechen träumerisch davon, innerhalb der Europäischen Union wieder zusammenzukommen. Eine schwache Hoffnung, wenn man die gegenwärtige Geschwindigkeit der EU-Erweiterung bedenkt. Andere würden, realistischer, mit einer Balkan-Zollunion beginnen. Adem Demaci predigt eine Konföderation, die er "Balkanien" nennt.

      Wir haben es hier mit einer fast hegelianischen Dialektik zu tun: Trennung als Weg zur Integration. Aber ist uns diese Dialektik so fremd? Schließlich wurden wir in Westeuropa seit langer Zeit in Nationalstaaten gepreßt, in einem Prozeß, der vom Mittelalter bis ins frühe 20. Jahrhundert dauerte. Sicherlich gibt das es ein paar Ausnahmen, aber selbst diese - wie etwa Belgien, das zunehmend zwischen seinen französisch und flämisch sprechenden Gebieten geteilt ist, oder Schottland in Großbritannien, sind inzwischen nur noch unter Schwierigkeiten aufrechtzuerhalten. (Ja, ja, ich weiß, es gibt auch immer noch die Schweiz mit ihren drei Nationalitäten, Gott segne sie dafür.) Eben auf dieser Grundlage eindeutiger Aufteilung in Nationalstaaten sind wir in der Europäischen Union zusammengekommen - um dann durch Einwanderung auch wieder ethnisch stärker durchmischt zu werden.

      In Mitteleuropa wurde dieser Prozeß später vollzogen, Mitte des 20. Jahrhunderts, durch Krieg, Völkermord, ethnische Säuberungen und neu gezogene Grenzen. Anfang der neunziger Jahre wurde er abgeschlossen durch die friedliche "samtene Scheidung" von Tschechen und Slowaken. In jedem Falle handelt es sich um die harte, traurige Wahrheit, daß die resultierende relative ethnische Homogenität mittelfristig dazu beitrug, daß jedes Land in die zivilisierte, demokratische Staatengemeinschaft zurückkehren konnte. Und jetzt ist auch der kleine neue Nationalstaat der Slowakei auf diesem Weg. Auch hier behaupte ich nicht, daß die Geschichte diesen Weg einschlagen mußte. Ich sage lediglich, daß dies der Weg zu sein scheint, dem die europäische Geschichte folgte. Aber wenn das stimmt, dann versuchen wir in unseren balkanischen Quasi-Protektoraten nicht nur den Krieg einzufrieren. Wir versuchen auch die Geschichte einzufrieren.

      Das Problem ist dies: Intellektuell sind uns vielleicht - wenn auch keineswegs allen westlichen Politikern - alle Argumente für eine Trennung klar, als dialektischer Schritt zur Integration. Aber das moderne liberale Gewissen schreckt zu Recht vor den Mitteln zurück, die während des größten Teils der europäischen Geschichte angewendet wurden, um dieses Ziel zu erreichen, nämlich Krieg, Teilung, erzwungene Assimilation und "ethnische Säuberung". Wo im ehemaligen Jugoslawien könnte die Trennung ohne diese Mittel erreicht werden?

      Die ehemalige jugoslawische Republik Slowenien hatte das Glück, daß sie nicht nur der nördlichste und ökonomisch am weitesten fortgeschrittene Landesteil war, sondern auch über eine deutliche ethnische Mehrheit verfügte. Im Ergebnis steht sie heute vor dem Anschluß an die EU in der ersten Welle ihrer Osterweiterung. In Kroatien haben wir ethnische Säuberungen tatsächlich gutgeheißen. Wir ließen es zu, daß Tudjman 1995 die Krajina von mehr als 150.000 Serben säuberte, während seine Truppen in Bosnien das taten, was wir von ihnen wünschten. (Ja, ja, wir haben protestiert, aber nur sehr schwächlich.) Im Ergebnis verfügt Tudjman über keinen "inneren Gegner mehr, dem er die Schwierigkeiten des Landes in die Schuhe schieben könnte. Ich glaube, die Tage seiner häßlichen kleinen Demokratur sind inzwischen gezählt. Hier wird der Westen tätig werden müssen, um die Herankunft einer wahren Demokratie zu beschleunigen, ebenso wie in der Slowakei. Kroatien, als klar definierter neuer Nationalstaat, wäre dann mit einem Mord straflos davongekommen und könnte nach Europa zurückkehren. Vielleicht zeigt es sich dann auch kooperativer in bezug auf die kroatisch kontrollierten Teile Bosniens.

      Manche argumentieren, ein Serbien ohne das Kosovo müsse sich mit weiteren Auflösungstendenzen auseinandersetzen, weil Montenegro, der Sandschak und selbst die Woiwodina sich abtrennen könnten. Dies mag auch wirklich der Fall sein, sollte Milosevic so weitermachen, beginnend mit der Abspaltung Montenegros. Aber ein Serbien ohne Kosovo und ohne Milosevic hätte eine vernünftige Chance, sich als demokratische Bundesrepublik zu konsolidieren. In diesem Staat würden die Serben eine klare Mehrheit bilden.

      In seiner Politik gegenüber Serbien muß der Westen jetzt gleichzeitig mit und gegen Milosevic tätig werden. Das ist ein schwieriger Balanceakt, den wir jedoch in der letzten Hälfte des Kalten Krieges in den Beziehungen zu den Führern Osteuropas durchaus beherrschten. Bis zu einem gewissen Grad müssen wir mit Milosevic zusammenarbeiten - wegen seiner unmittelbaren Macht im Kosovo und seiner negativen Einflußmöglichkeiten in Bosnien. Aber wir müssen uns auch gegen ihn wenden, um weitaus energischer als bisher die in Belgrad fragmentarisch existierenden positiven Kräfte zu ermutigen. Denn wie Madeleine Albright zu Recht hervorhebt: Milosevic allem voran ist für die blutige Auflösung des ehemaligen Jugoslawien verantwortlich: Wenn er endlich geht, wird die britische Regierung ihn mit Sicherheit ebenso herzlich in der VIP-Lounge von Heathrow empfangen wie kürzlich General Pinochet. Und dann, bei einem Glas lauwarmem Sherry, wird ihm das Kriegsverbrecher-Tribunal von Den Haag seine versiegelte Anklageschrift überreichen.

      Im Kosovo werden die verwickelten Details des sogenannten Hill-Plans noch immer zwischen Serben und Albanern erbittert diskutiert. Aber die grundlegenden Punkte sind mittlerweile klar. Er würde die weitreichende Autonomie wiederherstellen, deren die Provinz 1989 beraubt wurde, aber Kosovo nicht explizit von Serbien abtrennen. Er würde viele Befugnisse auf die lokalen Kommunen übertragen, so daß rein albanische Gegenden albanische Behörden und Polizei hätten, während gemischte Gebiete vermutlich gemischt verwaltet würden. Er sieht eine unmittelbare internationale Beteiligung vor, insbesondere beim Wiederaufbau der Polizei und der Organisation von Neuwahlen innerhalb von sechs bis neun Monaten. Und das gesamte Arrangement würde innerhalb von drei Jahren "umfassend überprüft".

      Bei einem Scheitern der in Rambouillet begonnenen Verhandlungen zwischen Serben und Kosovo-Albanern werden die Kämpfe im Kosovo, sobald im Frühjahr der Schnee schmilzt, mit Sicherheit rund um unsere unbewaffneten "Überprüfer" eskalieren. Dann ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die vor kurzem in Nordmazedonien stationierte, französisch geführte Extraction Force der Nato (im Scherz schon als die "Zahnärzte" bezeichnet) einen gefährdeten Beobachter herausholen muß. Und das mag noch so schnell und schmerzlos über die Bühne gehen: Die Nato wird in Serbien eingegriffen haben.

      Sind die Verhandlungen von Erfolg gekrönt, dann besitzen wir ein weiteres Quasi-Protektorat des Westens. Ein Gespräch mit Botschafter William Walker, dem amerikanischen Leiter der OSZE-Mission im Kosovo, macht deutlich, daß er vorschlägt, dem Wort "überprüfen" eine neue Bedeutung zu verleihen. Die OSZE wird vermitteln und überwachen. Im Effekt wird die Polizei eine von der OSZE ausgebildete Polizei sein, die Wahlen werden von der OSZE durchgeführt, die Fernsehberichte von den Wahlen werden OSZE-Bilder sein. Aber was kommt dann?

      Ich halte Kosovo für einen Fall, in dem wir eine friedliche Trennung von Serbien erwägen sollten. Die Albaner stellen mehr als 90 Prozent der Bevölkerung in einem klar definierten Gebiet. Sie haben dieses Übergewicht nicht durch ethnische Säuberungen erlangt, wie es in Bosnien geschah - deshalb müßten wir keine "ethnischen Säuberungen" gutheißen. Durch ihr Auftreten in der Provinz im letzten Jahrzehnt haben die Serben ihr moralisches Anrecht auf Herrschaft stark geschmälert. Es besteht zumindest eine gewisse juristische Grundlage für das Argument, daß das Kosovo ein konstituierender Teil des ehemaligen Jugoslawien war und daher auf einer ähnlichen Grundlage wie die anderen Nachfolgestaaten anerkannt werden könnte. Jedenfalls handelt es sich um einen Sonderfall, keinen internationalen Präzedenzfall für ethnische Selbstbestimmung.

      Aber sicherlich müßte dieser Prozeß sehr vorsichtig über eine Reihe von Jahren vorangetrieben werden, unter starkem internationalem Einfluß. Jene herrlichen serbischen Klöster brauchen einen Sonderstatus. Unmittelbar besteht die reale Gefahr einer weiteren Panikflucht unschuldiger lokaler Serben. Ich frage eine albanische Aktivistin in Pristina, eine hervorragend englisch sprechende, gebildete Frau, was mit den Serben in einem freien Kosovo geschehen solle. Sie zieht an ihrer Zigarette und lächelt mich an. "Alle umbringen?" sagt sie. Ein Scherz, wohlverstanden. Nur ein Scherz. Aber die harten Männer in den Bergen machen keine Scherze. Ohne entschlossene vorbeugende Maßnahmen steht uns eine neue Terrorsäuberung bevor.

      Mazedoniens albanische Führer sagen mir, die Unabhängigkeit des Kosovo werde die Situation in Mazedonien stabilisieren. Kurzfristig mag das stimmen, denn unmittelbar wäre kaum etwas gefährlicher, als wenn die jungen albanischen Mazedonier in einen erneuerten Krieg im Kosovo eingreifen würden. Aber langfristig glaube ich nicht daran. Die Geschichte liefert uns die Lehre, daß ein heutiger europäischer Staat mit einer ethnischen Mehrheit von weniger als 8o Prozent im Grunde unstabil ist. Wenn die große und wachsende Minderheit albanisch ist und eine gemeinsame Grenze mit dem Mutterland hat, dann stimmt das um so mehr. Die Albaner im ehemaligen Jugoslawien waren Opfer, ohne jeden Zweifel. Aber es existiert auch ein komplexer, geduldiger, aber hartnäckiger albanischer Nationalismus. Ohne das fortdauernde amerikanische und westeuropäische Engagement in Mazedonien und dem anarchischen Staat Albanien selbst und eine geduldige Befriedung ihrer nachbarschaftlichen Beziehungen mag der letzte Akt in Belgrad vielleicht doch nicht der letzte gewesen sein.

      Schließlich gibt es das unlösbare Problem Bosnien. Meine Freunde in Sarajevo sind entzückt über die zehntausend neuen Ausländer, die dort leben, und die neun Millionen Dollar, die jedes Jahr für das Land ausgegeben werden. Sie erzählen mir, nie in seiner Geschichte sei Sarajevo so wahrhaft kosmopolitisch gewesen. Die neuen Cafes pulsieren. Das Amt des "Hohen Repräsentanten", des spanischen Diplomaten Carlos Westendorp, ähnelt zunehmend einer Kolonialverwaltung. Man ist versucht zu sagen, Bosnien-Herzegowina sei erneut österreichisch-ungarisches Protektorat wie nach dem Berliner Kongreß, nur diesmal mit den Amerikanern als den österreichischen Habsburgern und uns Westeuropäern als dem ungarischen Juniorpartner (wobei wir allerdings den größten Teil der Rechnung bezahlen müssen). Aber ein richtiges Protektorat ist es nicht. Eher handelt es sich um eine bizarre Neuheit auf dem Gebiet internationaler Beziehungen. Es gab auch früher schon Protektorate. Es gab auch früher schon Teilungen. Hier handelt es sich zur Hälfte um ein Protektorat, zur Hälfte um eine Teilung.

      Die offizielle Ideologie aller westlichen Institutionen lautet, der Einheitsstaat werde wieder zusammengeführt. Es dauere halt nur ziemlich lange. Auch das kann ich leider nicht glauben. Ich fürchte, dieser Krug bleibt zerschlagen. Aber in diesem Fall wäre die endgültige Teilung immer noch schlimmer als dieses "quichotteske" Unterfangen. Wenn die Bosniaken einen richtigen, arbeitsfähigen Staat erhalten sollen, dann müßte man ihnen zumindest einen Teil der westlichen Hälfte der "Serbischen Republik in Bosnien-Herzegowina" geben. Fast mit Sicherheit wäre das gleichbedeutend mit weiterem Blutvergießen, mit Zehntausenden weiteren Vertriebenen. Würde man andererseits den serbisch und kroatisch verwalteten Teilen die Abtrennung erlauben, so bliebe ein eingekeilter bosniakischer Rumpfstaat zurück. Manche Bosniaken warnen, dies werde ihr Volk in muslimische fundamentalistische Nationalisten verwandeln. Das Resultat wäre dann ein "Gaza-Streifen mitten in Europa".

      Tatsächlich halten die Bosniaken das Gewissen des Westens in einem erstaunlichen Klammergriff. Eigentlich sagen sie: >Wir sind die Juden des Balkans und die Palästinenser des Balkans noch dazu! " Die Juden sind sie, weil seit den Juden kein Volk in Europa etwas erlitten hat, was dem Völkermord so nahekommt. Wie könnten wir sie also im Stich lassen? Palästinenser sind sie aus den bereits genannten Gründen. Ich bezweifle sehr stark, ob ein Rumpf-Bosnien wirklich zu einem muslimischen fundamentalistischen Staat würde. Aber in gewissem Sinne ist das auch irrelevant. Anfang des Herbstes sagte mir der ehemalige deutsche Verteidigungsminister Volker Rühe, letzten Endes laute die Frage in Bosmen und im Kosovo, "ob der Westen für den Islam einen Platz in Europa sieht". Mächtige islamische Länder stimmen dem zu. Angesichts dieser komplementären Wahrnehmungen der Mächtigen ist die lokale Wahrheit weitgehend bedeutungslos.

      In einigen Teilen des ehemaligen Jugoslawien ist die gewaltsame Trennung also längst durchgeführt. Im Kosovo bleibt uns ein schwieriger, aber mit einem Humvee gerade noch befahrbarer Holperweg zu einer friedlichen Trennung von Serbien. Diesen Weg sollten wir einschlagen. Anderswo, in Bosnien, auf andere Weise auch in Mazedonien, sehe ich keine moralisch akzeptable Alternative zu einem unmittelbaren westlichen Engagement, das über viele Jahre andauern müßte, wahrscheinlich über Jahrzehnte. Selbst wenn wir intellektuell die Trennung als
      wünschenswertes Ziel erkennen, können wir uns nicht auf die erforderlichen Mittel einlassen. Aber warum sollten ausgerechnet die Amerikaner die neuen Habsburger sein? Warum sollten amerikanische Diplomaten ins 2 1. Jahrhundert eintreten mit dem Versuch, die Probleme zu lösen, die aus der Auflösung des Osmanenreiches Ende des 19. Jahrhunderts übriggeblieben sind?
      Warum sollten junge Männer aus Kansas, junge Frauen aus Ohio ihr Leben in diesen lebensgefährlichen, schneebedeckten Bergen
      riskieren, um Europäer daran zu hindern, sich um obskure Gebiete zu schlagen? Schließlich sind die Urureltern einiger dieser Amerikaner aus ebendiesen Bergen geflohen, um ebendiesen Streitereien zu entkommen.

      Das entscheidende nationale Interesse ist tatsächlich kaum wahrzunehmen. Das neue Schreckgespenst der "regionalen Instabilität" läßt sich kaum mit der alten Bedrohung durch die Sowjetunion im Kalten Krieg vergleichen. Aber Imperien sind nun einmal so. Man stolpert hinein; dann kommt man irgendwie nicht wieder heraus. Somalia verfügte niemals über den moralischen Klammergriff Bosmens. Für den Balkan war dies ein Jahrzehnt des westlichen Getöses. Zuerst hatten wir das westliche Getöse um die Intervention. jetzt haben wir das westliche Getöse um den Rückzug. Doch auch an dieses Getöse glaube ich nicht. Ich glaube, die jungen Männer aus Kansas und die jungen Frauen aus Ohio werden noch sehr, sehr lange hierbleiben, weil die Europäer nicht weniger gedanken- und verständnislos sind als die Amerkaner.

      "Übernimm des weißen Mannes Bürde", schrieb Rudyard Kipling vor hundert Jahren, als er die Bereitschaft der Vereinigten Staaten begrüßte, sich auf den Philippinen zu engagieren. "In schwerer Rüstung hüte /ein wildes, ein erregtes Volk. " Dort wie an anderen Orten werde den Amerikanern nur "der Geholfenen Geschimpf" zum Lohn und "der Beschützten Haß". Heute sind natürlich einige der besten weißen Männer schwarz. Und die lokalen Wilden sind Europäer.

      (November 1998)

      Anmerkung von Auryn: Die USA werden mit ihrer Weltsicht und der "Pax Americana" nach Meinung eines meiner Professoren dem Römischen Reich mit seiner "Pax Romana" immer ähnlicher. Im Jahre 52 n. Chr. schrieb beispielsweise Plinius der Ältere über die germanischen Chauken: "Und solche Völker, die ständig Stammeskriege führen und dann uns Römer um Nahrung anbetteln, wenn es ihnen schlecht geht, behaupten doch tatsächlich, sie würden Sklaven, wenn sie vom Römischen Reich besiegt und einverleibt werden. So ist es in der Tat: Das Schicksal verschont manche, um sie zu strafen!"
      Avatar
      schrieb am 12.07.02 12:17:51
      Beitrag Nr. 64 ()
      Eine sehr beeindruckende Foto-Sammlung, die seit dieser Woche in verschiedenen zeitgeschichtlichen Museen Deutschlands zu sehen sein wird und im "ARD-Kultur-Weltspiegel" und in der "3sat-Kulturzeit" empfohlen wurde, findet sich unter:

      http://hereisnewyork.org/gallery/

      Ja, ja, ich weiß: "Man" wird mir bestimmt gleich wieder "Parteinahme" und "mitleidheischende Effekte" vorwerfen, nicht?
      Avatar
      schrieb am 12.07.02 17:38:47
      Beitrag Nr. 65 ()
      Und noch ein Film-Tipp:
      Seit gestern läuft ein sehenswerter Film in den deutschen Kinos, der auch in "Kulturzeit" empfohlen wurde:
      http://www.war-photographer.com/
      .
      Avatar
      schrieb am 15.07.02 18:02:01
      Beitrag Nr. 66 ()
      Demnächst wird vermutlich in Deutschland das Buch der im folgenden Link genannten Autorin für "Furore" sorgen.
      Da einer ihrer Texte mit zum besten gehört, was ich jemals an persönlich-gedanklicher Reflexion über Massenmord gelesen habe, will ich einen großen Textauszug aus einem ihrer frühen Bücher hier reinstellen.
      Natürlich in meiner beliebten Rubrik "Massenmorde, die keiner mehr kennt" unter dem Motto:

      "Man darf nicht immer nur gegen die einen hetzen, man muß sich in gerechter Verteilung einfach gegen alle wenden können, die es verdienen!"


      http://www.hr-online.de/fs/ttt/020714/klage.html

      Aus dem Buch "Wir, Engel und Bestien - Ein Bericht aus dem Vietnamkrieg", 1974, (Neuauflage demnächst vermutlich unter anderem Titel!) von Oriana Fallaci:
      Erzählung auf S. 317-336 innerhalb eines Dialogs mit dem befreundeten frz. Journalisten Francois (man verzeihe bitte das fehlende cedille im "c" ) :

      TEIL 1
      "Weißt Du, wenn Du mich in diesem Sommer (1968) gefragt hättest, auf welchem Weg sich meine Seele befand, dann hätte ich Dir geantwortet: ins reine Nichts. Die "Heimkehr in den Frieden" hatte mich dermaßen enttäuscht, daß ich an gar nichts mehr glaubte, und kein Zweifel bewahrte mich davor. An die Menschen glauben und sich für sie einsetzen, wozu eigentlich? Stolz darauf sein, daß man als Mensch auf die Welt kam und nicht als Baum oder Fisch oder Hyäne, wozu eigentlich? Und behaupte jetzt nicht, das Urteil eines Journalisten sei verzerrt , weil es sich auf außergewöhnliche Ereig nisse gründet und niemals auf den normalen Alltag. Werden denn die Geschicke der Welt vom normalen Alltag bestimmt oder von den außergewöhnlichen Ereignissen, um die sich ein Journalist kümmert? Wird denn die Geschichte von den Guten gemacht, die in der Anonymität bleiben, oder von den Bösen, die sich hervortun mit ihren durch die Fahne gedeckten Verbrechen? Wird sie denn von den Baggern gemacht, die Straßen bauen, oder von den Panzern, die Straßen zerstören? Ich sage, sie wird von den Panzern gemacht. Von einem Guten, der das Gesicht der Erde verändert hätte, habe ich noch nie gehört. Hat es vielleicht Christus verändert? Oder Buddha? Du sagst ja Dann erkläre mir doch Vietnam, den Biafra-Krieg mit seinen hungernden Kindern, den Mittleren Orient, die Tschechoslowakei, Sirhan Sirhan - den Mörder von Robert Kennedy, die bürgerlichen Protestler. Erkläre mir das alles, überzeuge mich, und ich werde stolz darauf sein, daß ich als Mensch und nicht als Baum, Fisch, Hyäne auf die Welt gekommen bin.
      Aber dann geschah etwas. Es kam der Herbst 1968 mit seinen Olympischen Spielen in Mexico City, und ich geriet in dieses Massaker hinein, das schlimmer war als alles, was ich im Krieg erlebt hatte. Denn im Krieg schießen Bewaffnete auf andere Bewaffnete, wenn du`s dir recht überlegst, steckt im Krieg doch ein Untergrund von Fairneß, du bringst mich um, ich bringe dich um. Aber bei einem Massaker wirst nur du umgebracht, und damit hat sich`s. Und an dem Abend waren es über dreihundert, einige behaupten sogar fünfhundert, die niedergemetzelt wurden. jugendliche, schwangere Frauen, Kinder: das Morden des Herodes, dieses Herodes, der immer wieder aufersteht, um Jesus umzubringen, bevor er Mann werde. Und mein Inneres wurde so aufgewühlt, daß sich schließlich meine Seele klärte.
      Und ich für Elisabetta die richtige Antwort fand. Ich fand sie und bezahlte dafür mit drei Narben, die ich jetzt an mir habe. Du wirst entgegnen: Was sind schon drei Narben? Sicher wenig, sehr wenig, und ich nicke auch, wenn du jetzt noch hinzufügst, daß dies eben mein Berufsrisiko sei. Gehst du schon dahin, wo geschossen wird, passiert dir als mindestes, daß früher oder später auf dich geschossen wird. Und doch, weißt du, wenn ich diese drei Narben nicht hätte, käme ich mir um so vieles ärmer vor. Weil ich mich dann immer noch fragen würde, was es nutzt, geboren zu werden, und was es nutzt, zu sterben, und weil mir der Tod all der Menschen, die ich durch Menschenhand habe sterben sehen, nutzlos vorkäme und weil ich dann wie eine Eidechse in der Sonne liegen würde, gleichgültig und unbeweglich und gähnend über meine eigene Lethargie. Denn so hatte ich es getan, ehe ich dieses Herodes?Gemetzel erlebte, ehe mein Inneres so aufgewühlt wurde. Laß mich also berichten, was am Mittwoch, dem 2. Oktober 1968, geschah und was für eine Antwort ich darauf fand.
      (Anm. von Auryn: Der berühmte mexikanische Literat Octavio Paz - zu diesem Zeitpunkt mexikanischer Botschafter - quittierte übrigens wegen der im folgenden beschriebenen Ereignisse den Dienst. 1984 erhielt er für sein literarisch-poetisches Lebenswerk den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.)
      Da ist dieser Platz, den sie den Platz der Drei Kulturen nennen, weil er Mexikos drei Kulturen symbolisch vereinigt, die aztekische mit den Ruinen einer aztekischen Pyramide, die spanische mit einer Kirche aus dem sechzehnten Jahrhundert, die moderne mit modernen Wolkenkratzern. Ein riesiger Platz, du weißt es, mit vielen Straßen, auf denen man kommen und fliehen kann. Nicht umsonst veranstalteten die Studenten dort ihre Kundgebungen gegen Herodes. Nicht nur Studenten, Arbeiter, Volksschullehrer, wer auch immer den Mut hat, gegen Herodes zu protestieren, der in Mexiko Revolutionäre Institutionelle Partei heißt und sich als sozialistisch ausgibt, aber man versteht nicht recht, was für eine Art von Sozialismus das sein soll. Die Armen in Mexiko zählen zu den Ärmsten der Welt, auf dem Land verdient man rund 5 Mark die Woche, und wenn gemeutert wird, schießt die Polizei aus Maschinenpistolen, um die Leute zum Schweigen zu bringen. Auch aus diesem Grund protestierten die Studenten. Und dann, weil sie nicht wollten, daß die Soldaten ihre Universitäten besetzten, in ihren Hörsälen biwakierten und dabei ihre Instrumente zerschlugen. Und dann, weil sie in Mexiko keine Olympiade haben wollten. Sie sagten, die verdammte Olympiade kostet Milliarden, man sollte sich schämen, Milliarden auszugeben, wenn dabei das Volk verhungert. Weißt du, die mexikanischen Studenten sind anders als die italienischen, französischen, englischen, amerikanischen. Sie kommen nicht im Auto und tragen auch keine Spitzenhemden, sie sind, besonders am Polytechnikum,
      Arbeiter- und Bauernsöhne, vielleicht sind sie selbst auch Arbeiter.
      Aber zurück zum Platz, der auch "der Platz der drei Kulturen von Tlatelolco" genannt wird. Er ist rechteckig. Auf der einen Seite wird das Rechteck von einer Überführung abgeschlossen, auf der anderen von einer Freitreppe, deren Stufen zu einem riesigen Gebäude hinunterführen, Chihuahua genannt. Das Chihuahua beherrscht alles, von hier aus siehst du die spanische Kirche und die aztekischen Ruinen auf der linken Seite, den Wolkenkratzer auf der rechten Seite, die Überführung im Hintergrund und die Freitreppe zu deinen Füßen. jedes Stockwerk des Chihuahua hat eine zehn Meter lange und fünf Meter breite Terrasse, deren Brüstung vielleicht ein Meter hoch ist, während die Lichtöffnung etwa drei Meter beträgt. Diese Maße sind notwendig, damit du verstehst, wie sie vom Hubschrauber hineinschießen konnten. Auf die Terrassen kommt man rechts und links über die Treppen oder auch mit den Fahrstühlen, deren Türen sich an der langen Wand befinden, während die Wohnungstüren an den zwei kurzen Wänden sind, verstehst du. Die Terrassen sind sehr breit und können bequem fünfzig Personen aufnehmen. Um zur Menge zu sprechen, sind sie geradezu ideal.
      Die Führer der Studenten wählten stets den dritten Stock. Mit Erlaubnis der Hausbewohner hielten sie von dort aus ihre Reden, befestigten Mikrophone und Fahnen an der Brüstung. Vor vier Tagen hatte ich das schon einmal gesehen bei einer Kundgebung, als man der Toten von Juli und Ende September gedachte. Du weißt, diese Kundgebung hatte mich tief bewegt. Es regnete und war dunkel, die jungen standen unbeweglich in Regen und Dunkelheit. Dann setzte der Regen aus, und ein Streichholz flammte auf und noch eines und noch eines, ein Feuerzeug und noch eines und noch eines, bis der ganze Platz voller zuckender Flämmchen war, Flämmchen an Flämmchen von der Freitreppe bis zur Überführung, und wer weiß, wer dann auf den Gedanken kam, eine Zeitung zusammenzurollen und eine Fackel daraus zu machen, und alle rollten sie Zeitungen zusammen und machten Fackeln daraus, und die Kundgebung ging mit einem großen Fackelzug zu Ende, eine sich entfernende Lichterkette, die im Chor rief: "Goya, Goya, cachu cachu rara! Cachu rara, Goya, Goya, universidad!" Und der Gegenchor: "Gueu, gueu, gloria a la cachi cachi porra! Gueu pin porra! Politecnico, Politecnico, gloria!" Und ich fragte, was das heißt, und sie antworteten mir: Gar nichts Besonderes, es sind nur unsere Lieder, unsere Kinderlieder. Denn im Grund waren diese Studenten, diese schrecklichen Studenten, die die Olympiade und das Ansehen ihrer Regierung in Gefahr brachten, im Grunde waren sie Kinder. Mir jedenfalls hatten sie gefallen, weil sie Kinder waren mit allem Enthusiasmus, aller Reinheit, aller Oberflächlichkeit von Kindern, und ich hatte mich mit ihnen angefreundet. Mein erster Freund war Mosé, der Eisenbahner, immatrikuliert am Polytechnikum, klein, schüchtern, häßlich, mit zerschlissenem Hemd und einer Jacke voller Flicken. Daß ich in Vietnam gewesen war, begeisterte ihn, und er meinte: "Miss Oriana, vietcong very brave, eh? Sehr tapfer, nicht wahr? Very brave." Mein zweiter Freund war Angelo, Student der Mathematik und Physik, begeistert von den Beatles und von Mao Tse?tung, und mit einem Gesichtchen, das so traurig war wie das von Savonarola. Und dann Maribilla, ein achtzehnjähriges Mädchen, ganz hübsch anzusehen, hätte sie nicht diese Hasenscharte gehabt, die ihr Gesicht verunstaltete, mit zwei sanften, lustigen Äuglein und mit einer großen Lebensfreude. Und dann Socrates, ein junger Mann mit Schnurrbart, den Gesichtszügen eines Emilliano Zapata, dem Feuer eines Revolutionärs, der zu jedem Opfer bereit ist. Und schließlich Guevara, ein Doktorand der Philosophie, schweigsam, hart. An jeden einzelnen von ihnen dachte ich am Mittwochmorgen, als ich den Polizeichef General Cueto interviewte und er mir sagte, wir Journalisten würden doch immer übertreiben, "no pasa nada, querida, nada, nichts als Lügen, niemand schießt auf die Studenten, sollen sie doch ihre Kundgebung machen, ich habe sie genehmigt". Verstehst du, er hatte sie genehmigt und wiederholte immer wieder: no pasa nada, es wird nichts passieren, und dabei hatte er seine Befehle schon erteilt: Schießen!

      Die Kundgebung war auf fünf Uhr nachmittags angesetzt. Um Viertel vor fünf kam ich hin, und der Platz war schon halb voll, sagen wir viertausend Menschen, aber kein einziger Polizist, kein einziger Granadero. Ich ging auf die Terrasse. Hier waren Socrates, Guevara, Maribilla, Mosé und noch andere fünf oder sechs jungen, die Ich nicht kannte. Ein Student vom Konservatorium, der italienisch sprach, einer mit schwarzem Kraushaar und einer mit einem weißen Pulli, und da blieb ich stehen, um ihn mir anzusehen, weil er gar so weiß war, daran erinnere ich mich noch. Ich fragte sie, wie die Dinge stünden, und sie sagten, gut, da keine Polizei gekommen wäre, könne man ja nach Casco Santo Tomas marschieren, wo die Granaderos eine Schule besetzt hielten. In diesem Augenblick kam Angelo, außer Atem und bleich.

      "Ich bin kaum durchgekommen. Die Soldaten haben uns umzingelt, zwei oder drei Kilometer im Umkreis. Panzer und Lastwagen. Ich habe schwere Maschinengewehre gesehen und Bazookas. Nach Casco Santo Tomas zu marschieren, wäre glatter Selbstmord", sagte er.

      "Kommen sie auf den Platz zu?" fragte Guevara.

      "Ich glaube, ja."

      "Dann muß man verhindern, daß sich der Platz füllt", sagte Maribilla.

      "Was willst du jetzt noch verhindern?" erwiderte Guevara und deutete auf die stetig größer werdende Menge.

      Weißt du, es waren inzwischen acht- bis neuntausend Menschen geworden. Der größte Teil Studenten, aber auch viele Kinder. Den Kindern macht es Spaß dabeizusein, wenn es Kundgebungen gibt. Und viele Frauen von der Vereinigung der Mütter gefallener Soldaten. Und eine Gruppe von Eisenbahnern und eine Gruppe von Elektrikern, die aus Solidarität gekommen waren mit ihren Schildern: "Los ferrocarrileros apoyamos al movimento estudiantil", "Las aulas non son cuarteles", "Gobierno de crimenes y dictadura". Sie standen ganz außen an der Freitreppe, würdig und ruhig, und Mosé sah ängstlich auf sie herab, weil er es war, der sie gebeten hatte zu kommen.

      "Mis Amigos, Miss Oriana, mis amigos!"

      "Hier muß etwas geschehen, Jungs, man muß sie warnen!"

      "Wer spricht zu den Leuten?"

      "Socrates, Socrates soll sprechen."

      "Gut", meinte Socrates. Er trat an die Brüstung und nahm das Mikrophon in die Hand. Es begann dunkel zu werden.

      "Sag ihnen, sie sollen ruhig bleiben, Socrates."

      "Gut."

      "Aber gib den Hungerstreik bekannt."

      "Gut."

      Socrates Lippen bebten, das weiß ich noch ganz genau, und mit den Lippen bebte auch sein Schnurrbart.

      "Genossen . . . Die Soldaten haben uns umzingelt. Tausende von bewaffneten Soldaten. Bleibt ruhig. Beweist ihnen, daß unsere Kundgebung eine friedliche Kundgebung sein will. Bleibt ruhig, Genossen ... wir werden nicht nach Casco Santo Tomas marschieren. Wenn diese Kundgebung vorbei ist, zerstreut euch in Ruhe und geht nach Hause . . . "

      "Der Hungerstreik, Socrates!"

      "Heute wollen wir euch nur noch mitteilen, daß wir beschlossen haben, einen Hungerstreik durchzuführen als Protest gegen die Olympiade. Dieser Hungerstreik beginnt am Montag vor dem olympischen Schwimmstadion und . . . "

      Da erschien der Hubschrauber. Ein grüner Militärhubschrauber, genau von der gleichen Art wie diejenigen, mit denen ich in Vietnam immer geflogen war. Die Türen waren offen, und die Maschinengewehre sahen heraus, die gleichen Maschinengewehre wie in Vietnam. In konzentrischen Kreisen kam er herunter, immer tiefer, immer näher, wie in Vietnam. Das gefällt mir nicht, dachte ich, das gefällt mir gar nicht. Und während ich das dachte, warf er die beiden Leuchtkugeln. Die gleichen Leuchtkugeln, wie ich sie monatelang in Vietnam gesehen hatte, diese makabren Sternschuppen, die langsam absinken und eine schwarze Rauchfahne hinter sich herziehen. Und eine Sternschnuppe kam zu uns, eine andere zur Kirche.

      "Achtung!" rief ich. "Das ist ein Zeichen!"

      Aber die Jungen zuckten nur die Achseln.

      "Ach, was, Zeichen!"

      "Leuchtkugeln wirft man, um die Stelle auszumachen, die man beschießen will!" sagte ich zur Erklärung.

      "Tu ves las cosas como en Vietnam. Du siehst eben die Dinge wie in Vietnam!"

      "Rede, Socrates, rede!"

      "Genossen! Wir versammeln uns vor dem olympischen Schwimmstadion und . . ."

      Aber auch diesmal brachte er seinen Satz nicht zu Ende. Denn seine Stimme wurde übertönt vom Lärm der Panzer und Lkws, die auf der Überführung ratterten und auf den Straßen rechts und auf den Straßen links und wo immer es eine Straße gab, und von den Lkws sprangen mit Geschrei die Soldaten, das Gewehr im Anschlag, und auf den Panzern drehten sich die Maschinengewehre in Schußstellung, und man mußte schon blind sein, um nicht zu begreifen, daß sie auf den Befehl warteten, nur auf den Befehl, und wirklich begriffen es alle und wollten fliehen, obwohl jeder Fluchtweg versperrt, der Platz zur Falle, zu einem geschlossenen Käfig geworden war. Erbleichend griff Socrates wieder nach dem Mikrophon.

      "Genossen, flieht nicht, Genossen! Das ist eine Provokation, Genossen! Bleibt ruhig! Ruhig, ruhig!"

      Der erste Schuß krachte. Es war der erwartete Befehl, denn daraufhin krachten die Schüsse gleichzeitig, drüben von der Überführung, von der Kirche, von den Wolkenkratzern, drunten von der Treppe, ein konzentrisches, ununterbrochenes, organisiertes Feuer. Und die Menschenkörper fielen. Der erste, den ich unter den Schüssen fallen sah, war ein Arbeiter, er rannte und hielt sein Schild hoch, auf dem geschrieben stand: "Gobierno de crimenes y dictadura", und ließ das Schild nicht fallen, aber nachher ließ er es doch fallen und tat einen großen Satz vorwärts, es sah aus wie ein Purzelbaum, weißt du, wie ihn die Hasen machen, wenn sie getroffen sind, und so blieb er auf der Strecke. Der zweite Menschenkörper, den ich fallen sah, war der einer Frau in gelbem Kleid, und auch sie fiel nicht sofort, sie riß die gekreuzten Arme hoch, dann erst fiel sie, Gesicht nach vorn und mit ihren gekreuzten Armen und so starr, wie ein Baum fällt. Aber sie fielen ja überall, weißt du. Und an der Freitreppe gab es so viele Tote, besonders Frauen, die zu Haufen, sich drängend, über die Treppe fliehen wollten, aber sie kamen nie bis ans Ende der Treppe, weißt du. Und in meinem Bericht für die Zeitung schrieb ich, daß man eine Szene aus dem russischen Film "Panzerkreuzer Potemkin" wiederzusehen glaubte, wo die Menge über eine Treppe flieht und während dieser Flucht getroffen wird, so daß die Körper kopfüber die Treppe hinabrollen und liegenbleiben mit hängendem Kopf, Beine nach oben. Da war eine alte Frau mit schwarzen Strümpfen, die ebenso liegenblieb, auf groteske Weise sah man ihre Strümpfe bis an die Schlüpfer. Dies sagte ich in meinem Bericht und anderes nicht. Du weißt ja, daß ich im Krankenhaus lag und meine Verletzungen mich sehr schmerzten. So sagte ich zum Beispiel nichts von dem kleinen Jungen. Er mag zwölf Jahre alt gewesen sein, er rannte weg und hielt die Hände vors Gesicht, als ihn eine Salve am Kopf traf, die Schädeldecke flog weg, und das Blut schoß wie eine Quelle heraus. Auch von dem andern kleinen Jungen sagte ich nichts, der ausgestreckt am Boden lag. Als er jenen sah, warf er sich über ihn und schrie: "Uberto! Was haben sie mit dir gemacht, Ubertooo!" Ihm durchschossen sie den Rücken und teilten ihn in zwei Hälften.

      Erstarrt stand ich auf dem Balkon und blickte hinunter, ohne Schutz zu suchen. In Vietnam wäre ich längst in Deckung gegangen, aber hier kam mir nicht einmal der Gedanke, mich zu bücken. Etwas hinderte mich daran, was ich `in Vietnam niemals empfunden hatte: Verblüffung, Ungläubigkeit. Erst beim Geschrei fuhr ich zusammen. Es kam unten von der Freitreppe: "Hijo de la chingada! Hurensohn! Donde vas, hijo de la chingada! Arriba, arriba! Wohin gehst du? Los, komm `rauf!<~ Da wandte ich mich um. Und merkte, daß keiner von meinen Freunden mehr bei mir war. Socrates nicht, Angelo nicht, Mosé nicht, Guevara nicht, auch Maribilla nicht, wirklich niemand mehr. Und ich dachte, wie komisch, sie sind fort und haben nichts gesagt, sie haben sich in Sicherheit gebracht und mich einfach stehenlassen, vielleicht sollte ich auch fort, aber wohin, zum Aufzug komme ich nicht mehr, die Treppen hinunter ist es noch schlimmer, vielleicht ist es wirklich besser, ich rühre mich nicht von der Stelle. So dachte ich, als etwa zwanzig Mann mit gezogenem Revolver herbeistürzten und Mosé und den jungen vom Konservatorium und den Jungen mit dem weißen Pulli und den mit dem schwarzen Kraushaar und zwei deutsche Journalisten und einen mexikanischen Fotografen von der Associated Press vor sich hertrieben. Mir fiel auf, daß diese Männer mit Revolver alle ein weißes Hemd trugen, und an der linken Hand hatten sie einen weißen Handschuh oder ein weißes Taschentuch. Es war das Erkennungszeichen des OlymplaBataillons, wie ich später erfuhr, der härtesten Polizei-Einheit, und an dem Tag hatte das Olympia-Bataillon Zivil angezogen, um unerkannter morden zu können, und die erste, die sie mordeten, war Maribilla, als sie fliehen wollte. Drei Schüsse wurden auf sie abgegeben. Im Fallen rief sie: " Por qué? Warum? " und bekam noch einen Schuß ins Herz und sagte nichts mehr.

      "Comunista! Agitadora!"

      Der Schrei knallte mir ins Gesicht, aber ich verstand nicht gleich, daß er mir galt. Ich verstand es, als ich den auf mich gerichteten Revolver sah und die Hand mit dem weißen Handschuh mich an den Haaren packte und mich an die Wand schleuderte, wo ich mit dem Kopf anschlug und für Sekunden ganz benommen war. An der Wand standen auch Mosé der vom Konservatorium, der mit dem weißen Pulli, der Kraushaarige und die andern. Vom Platz hörte man dumpf die immer häufiger werdenden Feuerstöße, vom Himmel das Knattern des Hubschraubers, der überall da niederging, wo man Schreie, Flüche, Klagen hörte. Ein Schuß drang in die Balkonöffnung, schlug in die Tür des Aufzugs, nur wenige Zentimeter über Mosés Kopf hinweg.

      "Miss Oriana!" hörte ich Mosés bebende Stimme.

      Ein zweiter, ein dritter Schuß. Von den Soldaten drunten oder von den Polizisten hinter uns? Wir standen ja mit dem Rücken zu ihnen, konnten sie nicht sehen.

      "Wer schießt denn auf uns, Mosé?
      "Die Polizisten, Miss Oriana."
      "Detenidos, silencio!"
      "Wenn wir uns wenigstens hinlegen dürften, Mosé!"

      Ein fürchterlicher Knall ließ das Chihuahua erzittern. Eine Granate, eine Bazooka? "Detenidos a tierra!"

      Wir ließen uns zu Boden gleiten, Gesicht nach unten.

      "Hände hoch! Hände hoch!"

      Wir hoben die Hände, vom Ellenbogen an aufwärts. Hinter der Brüstung liegend, der einzigen Deckung, richteten die Männer mit dem weißen Handschuh ihre Revolver auf uns, den Finger am Abzug. Für jeden von uns ein Polizist, und der auf mich gerichtete Revolver war keinen Meter von meiner Schläfe entfernt. Von allem, was ich bisher gesehen hatte, war dies hier das Unwahrscheinlichste, Absurdeste, Bestialischste. Im Vergleich dazu ist der Krieg ein geradezu nobles Spiel, denn, ich wiederholte, im Krieg verkriechst du dich in einen Bunker, versteckst dich hinter irgend etwas, und daran hindert dich kein Polizist und richtet den Revolver auf deine Schläfe. Im Krieg gibt es irgendwie noch eine Fluchtmöglichkeit, hier gab es keine. Die Wand, an die man uns gezwungen hatte, war wirklich eine Hinrichtungswand, bewegtest du dich, erschossen dich die Polizisten, bewegtest du dich nicht, erschossen dich die Soldaten. Und nächtelang hatte ich diesen Alptraum, träumte ich von einem Skorpion, der von Feuer umgeben ist: Der Skorpion kann nicht einmal versuchen, sich ins Feuer zu stürzen, weil sie ihn dann umbringen.

      "Miss Oriana, verzeihen Sie uns, Miss Oriana ... "

      Mosés Stimme kam als kaum hörbares Flüstern unter einer Lederjacke hervor, die er sich über den Kopf gezogen hatte.

      "Was soll ich entschuldigen, Mosé?"

      "Sie müßten nicht bei uns hier sein, Miss Oriana sondern drüben, wie diese beiden Journalisten."

      Die beiden Deutschen lagen nämlich bei den Polizisten hinter der Brüstung. Und auch der Fotograf der Associated Press lag bei den Polizisten. Die Männer mit dem weißen Handschuh waren ihnen auf der Treppe begegnet und hatten sie mitgenommen, aber nicht verhaftet, denn die drei konnten ja kaum als Studenten angesehen werden. Ich aber wohl doch, sie hatten mich mit Maribilla verwechselt. Das erfuhr ich später.

      "Nichts zu machen, Mosé!

      "Sie müßten ihnen sagen, daß Sie Journalistin sind, Miss Oriana. Vielleicht können Sie sich dann auch hinter die Brüstung legen."

      "Dazu ist es zu spät, Mosé. Sie würden es mir nicht mehr glauben. "

      "Detenidos, silencio!"

      Dann brach die Hölle aus. Es brach wieder Dak To aus und Hué und Da Nang und Saigon und all die andern Orte, wo der Mensch den Beweis erbracht hat, daß er nur Bestie ist und nicht Mensch, zu welcher Rasse, Zivilisation oder auch sogenannter Zivilisation, zu welcher sozialen Klasse er immer gehören möge. Denn, merke dir, was ich jetzt sage: Es ist doch die gleiche Geschichte wie bei den Arbeitern, die mit Fleiß und Gewissenhaftigkeit das M 16 herstellen und sorgfältig jedes Geschoß aussortieren, das nicht einwandfrei gelungen ist. Wollen wir nicht endlich damit aufhören, die Söhne des Volkes summarisch freizusprechen? Waren vielleicht diejenigen, die am 2. Oktober 1968 die Söhne des Volkes ermordeten, nicht auch Söhne des Volkes? Sie führten nur einen Befehl aus, kann man einwenden. Eben wie die Arbeiter in der Munitionsfabrik. Auch Eichmann führte nur Befehle aus. Mit der gleichen Gewissenhaftigkeit, mit der gleichen Niedertracht. Und er und auch diese Söhne des Volkes verloren nie das Ziel aus den Augen, schossen beispielsweise nie in die Luft. Eine erste Granate traf die Wohnung über uns. Eine zweite die Wohnung unter uns, ein Feuerstoß aus einem schweren MG zertrümmerte eine Menge Fenster, und jetzt schoß auch der Hubschrauber mit dem MG. Die Geschosse schlugen alle in die Wand, wo der Aufzug ist, doch näherten sich immer mehr dem Boden, und ich brauchte Sekunden, bis ich begriff, daß gerade wir im dritten Stock das Ziel waren, daß sie nur deshalb in die Balkonöffnung schossen, weil sie auf uns zielten, die sie für die Anführer der Studenten hielten. Auch die Polizisten begriffen es. Und obwohl sie bei weitem den günstigeren Platz hatten, denn die Schüsse kamen ja diagonal zur Brüstung, hinter der sie in Deckung gegangen waren, bekamen sie einen panischen Schrecken und schrien, schrien . . . "No tiren! No tiren!"

      "Batallon Olimpia! Aqui Batallón Olimpia!" "La cabeza, la cabeza!"

      "Abajo, abajo!"
      "Ajudo! Bataillon Olimpiaaaa!"

      Sie schrien in einem fort und richteten die Revolver in die Luft und nicht mehr auf uns, aber wir wurden trotzdem pausenlos weiterbeschossen. Ein Feuerstoß ging zwischen mir und dem Polizisten hindurch, streute einen Streifen stählerner Blumen vor meinen Augen aus, und auf einmal hörte ich ein "Oooch!" Wie ein Röcheln. Ich sah hin, es war der junge mit dem weißen Pulli, und der weiße Pulli war gar nicht mehr weiß, er war ganz rot vorne, und der junge wollte sich aufraffen, aber ein Blutsturz kam ihm aus dem Mund, und er fiel mit dem Gesicht ins Blut. Dann traf es den mit dem schwarzen Kraushaar. Die Kugel ging ihm gerade ins Herz, denn er hatte sich bewegt, sich auf den rechten Ellenbogen gestützt. Und er sagte: "Aber . . . ", und schlug augenblicklich hin. Dann traf es eine Frau, die hinten auf dem Boden lag, ich glaube, aus der Wohnung 306. Sie war herausgetreten, um zu sehen, was es da gab, und die Polizisten hatten sie nicht mehr zurückgehen lassen. Lungenschuß. Dann wurde Mosé an Hals und Händen getroffen, aber er war nur verwundet. Und dann wurde ich getroffen, die ich unten im Brunnen meiner Wahrheit wartete, in diesem Brunnen, den ich immer nur beinahe berührt, doch nie mit beiden Händen angefaßt, den ich immer nur von weitem gesehen, doch stets wieder verloren hatte. Dies Warten dauerte fast eine halbe Stunde.

      Das lange Warten in der Gewißheit, daß du es nicht schaffst, daß du deinen letzten Augenblick erlebst. Später fragten sie mich: Kannst du sagen, was du gefühlt hast? ja, ich kann es sagen. Ich fühlte große Ergebenheit. Aber keine starre Ergebenheit, sondern eine Ergebenheit aus Gedanken, die andere Gedanken hervorbrachten, wie ein Spiel mit Spiegeln bis ins Unendliche, so daß ich vor lauter Hineinsehen in diesen Spiegel wiederfand, was ich verloren hatte: die Liebe zu den Menschen. Ich weiß, es ist absurd, sie gerade in dem Augenblick wiederzufinden, da die Menschen keine Menschen mehr sind und du dich mit dem Gedanken an den Tod vertraut machst. Aber es war so, auch wenn du jetzt darüber lachst, auch wenn du jetzt den Kopf schüttelst, es war wirklich so, ich weiß es noch ganz genau. Und diese vergessene und abgewiesene Liebe, ich fand sie in dem tiefen Brunnen, als ich dachte, so ist das, wenn man ermordet wird, es ist nicht gerecht und nicht logisch, an Altersschwäche sterben ist gerecht, und an Krankheit sterben ist logisch, aber ich kann ja doch nichts daran ändern. Wenn nur meine Mutter nicht so sehr darunter leidet, das Herzeleid würde sie nicht überleben, hoffentlich bringt man`s ihr schonend bei und nicht brutal, hoffentlich sagt sie, es war eine Fügung des Schicksals, daß sie gut durch den Krieg kam, um dann auf diesem Balkon zu sterben. Der Krieg. Du hast mir seine Definition gegeben, Francois, ein Spiel, um die Generäle zu amüsieren, und auch seine Spielregel, eine Menge von Eisenstückchen in das Menschenfleisch zu bringen. Aber das hier ist kein Krieg, und trotzdem schießen sie Eisenstückchen in dich hinein, und da ist schon wieder der Hubschrauber, wie er rattert, wenn er herunterkommt, die Vietkong haben sicher das gleiche Gefühl gehabt damals in Dak To, als wir auf sie hinuntergingen und die Zitronen verloren, und auch damals mit der A 37. Die Menschen sind doch verrückt. Ißt du eine Suppe mit der Gabel, erklären sie dich augenblicklich für verrückt und bringen dich ins Irrenhaus, massakrierst du aber Tausende von Menschen auf diese Weise, sagen sie nichts und bringen dich gar nicht ins Irrenhaus; hier muß doch etwas geschehen, das muß doch verhindert werden, wer weiß, wie viele Menschen da unten schon ums Leben gekommen sind.
      (Fortsetzung folgt ...)
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      schrieb am 15.07.02 18:41:59
      Beitrag Nr. 67 ()
      TEIL 2 und Ende

      ...
      Aber dann haben die Vietkong vielleicht doch recht gehabt, man muß kämpfen, auch um den Preis, Fehler zu begehen, Unschuldige zu opfern, wie Ignacio Ezcurra und Birch und Piggott und Laramy und Cantwell (= Journalisten, die in Vietnam ums Leben kamen) und all die andern, das ist eben der Preis für den Traum; so, jetzt hat er geschossen, aber diesmal hat er uns verfehlt, wer weiß, wen er an unserer Stelle getroffen hat, arme Geschöpfe; aber wie habe ich`s nur fertigbringen können, die Menschen nicht zu lieben, diese in einem fort geschundenen, beschimpften, gekreuzigten Menschen, wie habe ich nur sagen können, es ist alles umsonst, wozu eigentlich geboren werden, wozu eigentlich? Dazu, um Mensch zu sein und nicht Baum oder Fisch, dazu, um das Richtige zu suchen, weil das Richtige existiert, und wenn es nicht existiert, muß man es zum Existieren bringen; demnach hat es keine Bedeutung zu sterben, sondern auf der richtigen Seite zu sterben; und ich sterbe auf der richtigen Seite, bei Gott, Seite an Seite mit Mosé, der immer arm war und immer geschunden und beleidigt und gekreuzigt wurde, und nicht neben einem Polizisten mit weißem Handschuh. So muß es auch ein Vietkong empfinden, wenn der Hubschrauber wieder herunterkommt; und wenn ich jetzt zu Gott betete? Ach was, Gott! Wir haben ihn uns selber erfunden, Gott gibt es doch nicht; gäbe es ihn und kümmerte er sich um uns, würde er doch solches Gemetzel nicht geschehen lassen, würde den jungen mit dem weißen Pulli nicht ermorden lassen und auch nicht den jungen mit dem schwarzen Kraushaar und auch nicht die Frau aus der Wohnung 3o6 und auch nicht das Kind, das Uberto, Uberto rief; folglich muß man sich nicht an Gott wenden, sondern an die Menschen, muß sie beschützen und muß für sie kämpfen, denn sie sind keine Erfindung, und du hattest ganz recht, Francois: Um ein Mensch zu sein und zu bleiben, muß man auch manchmal sterben.

      Und plötzlich hatte ich das sichere Empfinden, daß ich auf der falschen Stelle lag, wegen des Kopfes. Und wie ein Wurm wand ich mich vorwärts, mich auf die Seitenmuskeln stützend. Der Polizist bemerkte es und herrschte mich an: "Detenidos no se mueva!" und richtete wieder die Pistole auf meine Schläfe, aber das war mir egal, ich wußte jetzt, daß ich nicht seine Pistole, sondern den Hubschrauber zu fürchten hatte, der ganz tief herunterkam und mit seinem MG in die Lichtöffnung der Terrasse hineinschoß, und ich machte die Augen zu, um nichts sehen zu müssen, und hielt mir die Ohren zu, um nichts hören zu müssen, und dennoch sah und hörte ich diesen langen, langen Feuerstoß und spürte gleich einen heftigen Schmerz, spürte drei feurige Messer, die in mich drangen und schnitten und brannten, eines im Rücken und zwei im Bein. Ich suchte das Messer im Rücken und fand es nicht, da war nur eine große Schwellung. Ich suchte das Messer im Bein und fand es nicht, da war nur viel Blut. Und mir fiel ein, daß man im Krieg sagt: Eine schöne Verwundung ist ein großes Glück, denn zweimal wird man kaum getroffen. Und mich überkam eine wahnsinnige Erleichterung. jetzt, dachte ich, bringen sie mich nicht mehr um. Aber dann fiel mir noch ein, dass man im Krieg auch sagt: Du kannst an einer einzigen Verwundung sterben, wenn du verblutest. Also sagte ich: "Ich bin verwundet, helft mir bitte, ich verliere Blut." Aberder Polizist mit dem Revolver wiederholte nur: "Detenidos, silencio!", und richtete den Revolver noch genauer auf mich, und ich sagte nichts mehr. Und blieb liegen mit meinen drei Messern und den Schmerzen, die in Wellen kamen und gingen, zusammen mit einer großen Müdigkeit. Und manchmal war mir, als schliefe ich in einem Bett `und schreckte auf bei einem plötzlichen Knall und schliefe wieder ein. Und im Traum hörte ich Mosés weinende Stimme: "Miss Oriana, oh! Miss Oriana!" Und noch eine Stimme, die sagte: "Por favor! Esta mujer esta grave, se muere!" Welche Frau lag da im Sterben? Warum und über wen weinte Mosé? Ober sich oder über mich? Wenn sie mich fortschafften, würde ich Mosé packen und mitzerren. Ich mußte Mosé retten ...

      Später sagte man mir, daß ich über anderthalb Stunden so dagelegen und Blut verloren hatte. Ich weiß es nicht mehr. Ich weiß nur noch, daß der Fotograf der Associated Press, der zwischen den Polizisten ausgestreckt am Boden lag, heimlich Fotos machte; und dann erinnere ich mich noch an eine Hand, die mich an den Haaren packte und wegschleifte, und daß ich versuchte, Mosé zu packen, aber Mosé verstand nicht, und so packte ich den vom Konservatorium und nahm ihn an Mosés Stelle mit. Und dann erinnere ich mich noch an das Treppenhaus voller Soldaten, und wie mir ein Soldat die Uhr vom Handgelenk streifte, sie mir lachend stahl. Und an einen Raum voller Polizisten mit weißem Handschuh, an eine Tragbahre auf dem Fußboden und dann an einen Guß dreckigen Wassers, das von der Decke kam und zusammen mit Resten von Exkrementen an meinem Magen abprallte und nach Urin stank, weil dieses Wasser aus den beschädigten Rohrleitungen der Klosetts kam. jemand schrie die Soldaten an: "Rückt sie doch weg, por Dios!" Aber die Soldaten lachten nur und ließen mich genau dort, sie hatten mich ja absichtlich an diese Stelle gelegt, um ihren Spaß zu haben. Neben mir lag ein toter alter Mann, unter dem linken Arm hatte er ein Päckchen, das sah aus wie ein Päckchen mit Süßigkeiten. Tote lagen überall herum in den absurdesten Stellungen. An der Wand standen die verhafteten Studenten, und einer zog seinen Pulli aus und warf ihn mir übers nasse Gesicht und rief: "Para tu cara! Schütze dein Gesicht!" Und ein anderer Student rief: "Fuerza, Oriana!" Und dies alles, während draußen die MG-Salven weitergingen und die Explosionen immer heftiger wurden, denn das Herodes-Gemetzel dauerte bis Mitternacht. Mehr als fünf Stunden, verstehst du, Francois?
      Als sie mich in das Sanitätsauto verluden, war es ungefähr neun Uhr abends. Da fingen sie an, das Chihuahua mit Bazookas zu beschießen. Drei Granaten explodierten auf der Terrasse des dritten Stocks, auch ein Polizist kam ums Leben. Und auf dem Platz brachten sie viele, so viele Menschen mit Bajonetten um. Einem Kind schnitten sie die Kehle durch, einer schwangeren Frau schlitzten sie den Bauch auf. So dahingesagt mag es unglaublich klingen, aber wenn du dir die Fotos ansiehst, ist es gar nicht mehr unglaublich, und wärst du mit mir im Krankenhaus gewesen, hättest du dich davon überzeugen können. Wie viele es waren! Und in was für einem Zustand! Ein Mädchen hatte noch die Hälfte seines Gesichts, und an dieser Hälfte hingen seine Lippen. Ein Arzt legte Mullpäckchen darüber, die gleich voller Blut waren, und sagte: "Was soll ich machen? Soll ich sie sterben lassen? Ich lasse sie sterben. Ich kann nichts sonst tun." Einigen Ärzten standen die Tränen in den Augen. Und einer, der an mir vorbeikam, flüsterte mir zu: "Schreiben Sie alles, was Sie gesehen haben, schreiben Sie`s!" Dann kam ein Regierungsfunktionär und wollte wissen, ob ich katholisch sei. Da ich ihm "Scheiße!" antwortete, richtete er anklagend seinen Zeigefinger auf mich und kreischte: "No es catolica! No es catolica!" Aber das habe ich mehr oder weniger schon alles in Artikeln berichtet. Noch nicht berichtet habe ich, daß ich den vom Konservatorium bis hinein ins Krankenhaus in Sicherheit gebracht hatte und er mich zum Dank als "comunista y agitadora" denunzierte, so daß die Zeitungen schrieben, man hätte mich überführt, ich sei auf der Terrasse des dritten Stocks gewesen, um die Studenten aufzuhetzen, und so weiter. Denn so sind die Menschen. Und die Italiener von Mexico City, fast ausschließlich geflohene Faschisten, die ihren Faschismus mitgenommen hatten, sagten dasselbe und setzten noch hinzu, ich sei gar nicht verletzt, weil es in meinem Kleid keine Löcher gebe. Denn so sind die Menschen. Und mit den Blumen, Telegrammen, die mir alles Gute wünschten, und netten Briefen kamen auch andere Briefe, die mir wünschten, ich solle mein Lebtag an einen Rollstuhl gefesselt sein. Denn so sind die Menschen. Und selbstverständlich fand die Olympiade statt, und keine einzige Delegation zog ihre Teilnahme zurück, und die sowjetische Delegation war die erste, die der Regierung die Ehre erwies. Denn so sind die Menschen. Und Socrates, der zusammen mit Guevara und zweitausend anderen verhaftet worden war, redete und denunzierte seine Kameraden und Freunde. Denn so sind die Menschen. Und wenn du mich an dieser Stelle fragst, wie es denn möglich ist, daß ich sie lieben will, so antworte ich dir: weil die andern nicht redeten. Tagelang ließen sie sich foltern, Elektroschocks auf Ohren und Genitalien wie inVietnam, fingierte Erschießungen, ließen sich womöglich umbringen, doch sie verrieten nichts. Denn auch so sind die Menschen. Und die, die es Überlebten, organisierten sich wieder und sprachen wieder von Freiheit, obwohl die Polizei sie verfolgte und auch einige von ihnen faßte und umbrachte wie jenen Rafael, sechstes Philosophie-Semester, den man auf einem Bürgersteig fand, mit Bajonetthieben ermordet und bedeckt von Zigarettenkippen, die sie auf ihm ausgedrückt hatten bei jeder Weigerung, die Namen seiner Kameraden preiszugeben. Denn auch so sind die Menschen. Und obwohl ich so wütend bin auf die Menschen, obwohl ich sie zuweilen verachte, obwohl ich nie werde vergessen können, daß auch die uniformierten Bestien an diesem Abend Menschen waren, erinnere ich mich doch stets an das, was Nguyen Van Sam zu mir sagte: "Sie sind unschuldig, denn sie sind Menschen." Für mich aber sind die Menschen wie Mosé.

      Wie durch ein Wunder hatte Mosé auch das letzte Gemetzel auf der Terrasse überlebt, und dann war er in ein Militärgefängnis gebracht worden, wo man ihm Geld, Papiere und Schuhe stahl und ihn neun Tage lang prügelte. Am neunten Tag schickte man ihn dann fort, ohne Geld, ohne Papiere und ohne Schuhe. Er brauchte drei Stunden, bis er zu Fuß in die Stadt kam. Seine Füße bluteten, er hatte Fieber, die Wunde am Hals eiterte, er konnte den Kopf nicht bewegen. Er weinte. Und weinend machte er den Autos Zeichen, daß sie mitnehmen sollten, aber die Autos hielten nicht, oder der Fahrer lehnte ab. In dieser Verfassung suchte und fand er mich. Ich lag in meinem Bett, betäubt von Schmerzen und Arzneien, und träumte, daß mir jemand ganz sanft die Hand streichelte, öffnete die Augen, und dieser jemand streichelte mir wirklich die Hand: Mosé. Abgerissen, voller Eiter und Schmutz. Mit seinem kleinen Armeleutegesicht, geboren, um zu leiden, immer beiseite geschoben, geschlagen, ausgebeutet zu werden, streichelte Mos~ meine Hand und freute sich. "Miss Oriana! You alive! Sie leben!" Und wie ich ihn umarmte! Ich weiß noch, er stank fürchterlich,- ich wäre beinahe erstickt, als ich ihn umarmte. Doch ich umarmte ihn, wie ich die wiedergefundene Menschheit umarmt hätte, und ich schämte mich des Gebets, von dem ich eine Zeitlang überzeugt gewesen war.

      "Wie lautet dieses Gebet?"
      "Das sage ich dir lieber nicht, Francois."
      "Du mußt aber."

      "Es lautet so: "Vater unser, der Du bist im Himmel, gib uns unser täglich Massaker, erlöse uns von aller Barmherzigkeit und aller Liebe und aller Lehre, die uns Dein Sohn gegeben. Sie war nutzlos und ist nutzlos. Amen."
      "Daß sie nutzlos war, stimmt."
      "Ich weiß."
      "Und daß sie nutzlos ist, stimmt auch."
      " Ich weiß. "

      "Aber es stimmt ebenso, daß diese Lehre von Nutzen sein könnte und sollte und daß man dies Massaker verhindern muß."

      "Das begreife ich jetzt."

      "Und damit du`s begreifst, mußtest du erst auf dich schießen lassen?"

      "Ich fürchte, so ist es, Francois."

      Wir gingen, das heißt, ich hinkte über die Strandpromenade von Rio de Janeiro. Angelo, von der Polizei verfolgt, doch stets gut informiert, hatte mich vor ein paar Tagen aufgesucht und mir geraten, Mexiko auf schnellstem Wege zu verlassen. "Es könnte dir etwas zustoßen, wie Rafael, irgendein Unglück. Nimm gleich heute abend das erstbeste Flugzeug. " Das erstbeste Flugzeug flog nach Rio. Und in Rio lebte mein gutes Gewissen, Francois. Wie ich mich freute, als ich ihn auf mich zukommen sah mit seinem raschen Schritt und seinem jungen Gesicht, seinem absurden grauen Haar, seiner brüsken Art eines Bauern aus der Auvergne. "Ca va? Toujours de la chance, toi: une bonne blessure, hein? Du hast auch immer Glück, eine schöne Verwundung, nicht wahr?" Der elegante graue Anzug, die tadellose Krawatte, das feine Hemd mit Manschettenknöpfen Hatten ihn nicht im mindesten verändert. Er trug diese Sofistication, als würde sie auf ihm lasten, atmete die ruhige Luft von Rio, als würde sie ihn ersticken, sprach von meinen Rückenschmerzen, als wären sie dem Rheumatismus und nicht einer Kugel zu verdanken. Doch wie ich ihm von Mosé berichtete, wurden seine Augen feucht.

      "Es gibt immer einen Mosé, der die andern loskauft. Und die andern . . . Wie sagte doch Nguyen Van Sam?"

      "Er sagte mir: Sie sind unschuldig, denn sie sind Menschen."
      "Genau."
      "Francois, was ist aus Nguyen Van Sam geworden?<
      "Ich glaube, sie haben ihn erschossen."

      "Und die anderen reden davon, daß sie auf den Mond fliegen werden. "

      "Eben."
      "Und was tut sich hier unten, Francois?"
      "Nichts tut sich. Gar nichts. Hier wird keiner erschossen, hier fliegt auch keiner auf den Mond. Hier scheint die Sonne, das ist alles."

      "Aber das ist nicht die Sonne unseres Nguyen Van Sam und unseres Vietnam, nicht wahr, Francois?"

      "Nein. Nicht die Sonne und nicht das Meer und auch nicht die gleichen Menschen. Hast du sie schon betrachtet?"

      Und ob ich sie betrachtet hatte! Abertausende von Körpern lagen da ausgestreckt auf dem Sand von Copacabana, um sich bräunen zu lassen, regungslos, teilnahmslos, gewissenlos gegen alles, was auch immer sich in ihrem Umkreis oder auf der Welt abspielt. Eidechsen. Reiche, Arme, Weiße, Schwarze, junge, Alte, Männer, Frauen. Eidechsen in der Sonne. Und aus der Sonne flitzten diese Eidechsen nur eben mal ins Stadion von Maracana und schwenkten Fahnen. Weißt du, was für Fahnen? Die Fahnen der Fußballmannschaften.

      "Paralysiert und glücklich."

      "Und doch sagt man, das nächste Vietnam wird hier sein."

      "Als ich sie noch nicht gesehen hatte, war ich auch davon überzeugt. Ich dachte an Che Guevara und meinte, ich verlasse die Menschen, um wieder anderen Menschen zu begegnen, in dem Kontinent wird sich ein Erdbeben ereignen, und ich werde dabeisein. Doch Che Guevara ist tot, sie haben ihn umbringen lassen, nachdem er selbst zum Massenmörder geworden war, während sie sich sonnten. Und es wird kein Erdbeben hier geben. Auch sie haben die piqüre bekommen."

      "Die . . . was?"

      "Die piqüre, die Injektion. Eine uralte Arznei, erfunden von den Machthabern und heutzutage von den Amerikanern benutzt Äußerst wirksam. Und funktioniert immer und überall. In Europa, in Asien und auch hier."

      "Sagtest du Arznei?"

      "Ja. Ein Kubikzentimeter, ein Kubikmillimeter genügt schon, um dich fürs ganze Leben immun zu machen."

      "Immun gegen was?"

      "Gegen Revolution, Ungehorsam, sogar Unzufriedenheit und Mut. Gegen was denn sonst?"

      "Und wer verabreicht sie?"

      "Die amerikanische Botschaft, das CIA, die Gewerkschaften, die Regierung, die Kirche. Eigentlich alle, denen es gut geht, je nachdem."

      "Heimlich oder gesetzlich?"

      "Gesetzlich, als Wohltäter. Alle Mittel sind recht."

      "Wie sagtest du, ist ihr Name?"

      "Piqüre. Spritze, Injektion."

      "Das ist alles?"
      "Das ist alles. Wie`s früher war, weiß ich nicht, aber heute heißt sie so."

      "Was ist denn das für ein Zeug, Francois?"

      "Ein Produkt, das sehr komplex und gleichzeitig sehr simpel ist. Denn es ist aus vielem und aus nichts zusammengesetzt, Glück, Gesundheit, Demokratie, Gewerkschaften, Sex, Fernsehen, Kleenex, Jazz, Antikaries-Zahnpasta, Plastikblumen, Holiday Inn Motels, Mond. ja, auch Mond. Sie werden droben landen und alle Mosés, alle Nguyen Van Sam aus dem Bewußtsein löschen."

      "Also ist sie schädlich und vergiftet."

      "O nein! Im Gegenteil. Wenn du so eine Spritze bekommen hast, fühlst du dich ausgezeichnet. Paralysiert und glücklich. Träumen denn die kommunistischen Länder nicht davon, die gleiche Spritze, die gleiche Droge verpassen zu können? Strebt der Marxismus im Grunde nicht auch nach den gleichen Errungenschaften?"

      "Aber die Droge ist doch schädlich. Bist du sicher, daß die Spritze nicht schädlich ist?"

      "Ganz sicher. Die Amerikaner wollen doch niemandem wirklich ein Leid zufügen, sie haben immer nur gute Absichten. Weißt du noch die zynische Geschichte mit den beiden amerikanischen Touristen, die Christus vom Kreuz nehmen wollten und damit begannen, ihm die Nägel aus den Händen zu ziehen?"

      "Ja, und Christus fiel kopfüber nach vorn und knallt kopfüber gegen das Kreuz. Ich mußte daran denken, als ich sah, was sie mit den verbündeten vietnamesischen und laotischen Montagnards machten, die sie mit den Franzosen zusammen in den Dschungel von Französisch-Guayana umsiedelten."

      "Und ich muß immer daran denken, wohin ich auch komme. Und dann möchte ich allemal laut rufen: Laissez-le tranquille! Laß ihn in Ruhe! Aber das können sie nicht, sie können es einfach nicht, weil sie ja immer nur helfen wollen."

      "Dann würde ich aber doch sagen, daß diese Injektion auch ein paar negative Auswirkungen hat."

      "Eine. Eine einzige."

      "Nämlich?"

      "Sie verhindert, daß man denkt. Folglich, daß man sich auflehnt, daß man kämpft. Was eigentlich dieselbe Sache ist."

      Paralysiert, glücklich brieten die Eidechsen in der Sonne von Copacabana, geradeso wie die Eidechsen, die du in Italien findest und in Amerika und in Rußland und in unserm eigenen heuchlerischen Gewissen, denn wir protestieren, gewiß, aber sonst auch nichts, damit man nicht das wenige verliert, das man hat.

      "Diese Injektion hat uns wohl alle schon etwas erwischt, Francois?"

      "Behaupte ich vielleicht das Gegenteil? Fast alle. Ausgenommen ein kleines Volk in einem kleinen Land, das Vietnam heißt. Erinnerst du dich noch, was ich dir sagte, als du mit all deinen Zweifeln von Saigon Abschied nahmst?"

      "Du hast gesagt, es ist das einzige Volk auf der Welt, das heute für seine Freiheit kämpft."

      "Und für die Menschenwürde seiner Kinder. Also, deshalb mußt du es einfach lieben."

      "Auch die Mexikaner, die ich sterben sah, Francois, mußt du einfach lieben. "

      "Natürlich. Auch die vierhunderttausend Chinesen, die vor zwei Jahren in Indonesien umgebracht wurden, mußt du einfach lieben, vierhunderttausend innerhalb weniger Tage, abgestochen wie die Schweine, in jeder Stadt, in jedem Dorf, und die Welt brachte darüber keine Schlagzeilen, und die Amerikaner mit ihrer Heuchelei haben natürlich auch nicht eingegriffen. Man klagte die Chinesen an, maoistische Verschwörer zu sein, also nichts wie auf sie: ca. vierhunderttausend Tote. Und sie ließen sich in ihrer asiatischen Höflichkeit abstechen, das ist es nämlich. Sich abstechen lassen genügt nicht. Mit dem Martyrium allein ist es nicht getan, das ist nutzlos. "

      "Nutzlos?"

      "Nutzlos. In einem Monat spricht keiner mehr von deinem Mexiko, wie jetzt schon keiner mehr von Indonesien spricht. Aber von Vietnam wird man immer sprechen."

      Wir blieben stehen, um dieses Meer zu betrachten, das nicht das gleiche Meer war, uns in dieser Sonne zu wärmen, die nicht die gleiche Sonne war. Und oben vom Corcovado segnete uns dieser Riesen-Christus, beeindruckend wie eine Vision. Besonders nachts sah er großartig aus, wie ein Stern vom Himmel, der uns erstaunen, überzeugen wollte, daß Wunder wirklich geschehen. Doch wenn man hinaufgeht, merkt man, daß es kein Stern, keine Vision, kein Wunder ist, sondern nur eine wunderschöne Statue, tausendeinhundertfünfundvierzig Tonnen Gestein, angestrahlt von den Scheinwerfern der General Electric. Wir sprachen über vieles, zum Beispiel auch darüber, wieviel Überwindung es kostet, die Spritze zurückzuweisen, wieviel Mut es kostet, zu sterben, ohne sich abstechen zu lassen. Und so kam mir auch die Frage über die Lippen, die ich nicht vergessen hatte.

      "Francois, habe ich dir jemals gesagt, was mich meine kleine Schwester gefragt hat, ehe ich nach Vietnam ging?"

      "Nein, was denn?"

      "Sie fragte mich: >Das Leben, was ist das?<"

      "Und was für eine Antwort hast du ihr gegeben?"

      "Ich wußte keine."
      "Das glaube ich dir."

      "Aber jetzt möchte ich ihr doch eine Antwort geben. Was ist das Leben?"

      "Das Leben, tja... Drei Milliarden Menschen gibt es auf dieser Welt, und jeder wird dir das Leben auf seine Weise definieren ... Du mußt doch zugeben, daß es nicht dasselbe ist für einen Inder, der geboren wird und stirbt und es nicht weiß, für einen Amerikaner, der die Injektion austeilt, für einen Vietkong, der mit drei Patronen im Gewehr auf einen Panzer losgeht . . . "

      "Was ist das Leben, Francois?"

      " Ich weiß es nicht. Aber manchmal frage ich mich, ob es nicht eine Bühne ist, auf die man dich wirft, ob du willst oder nicht. Und bist du erst einmal droben, mußt du sie auch überqueren. Und da gibt es viele Arten des Überquerens, die des Inders, die des Amerikaners, die des Vietkong . . . "

      "Und wenn du sie überquert hast?"

      >Wenn du sie überquert hast, ist Schluß. Du hast gelebt. Du trittst von der Bühne ab und stirbst. "

      "Und wenn du gleich stirbst?"

      "Da ist kein Unterschied. Du kannst die Bühne mehr oder weniger rasch überqueren. Die Zeit, die du brauchst, spielt keine Rolle, aber die Art, wie du sie überquerst. Es ist also wichtig, sie gut zu überqueren."

      "Und was heißt gut überqueren?"

      "Es heißt, nicht in den Souffleurkasten fallen. Es heißt kämpfen. Vielleicht wie ein Vietkong. Sich nicht abstechen lassen, nicht in der Sonne einschlafen, sich nicht durch die Spritze paralysieren lassen, nicht nur schwätzen, wie`s die Heuchler tun und wir Journalisten letzten Endes auch. Es heißt, an etwas glauben und kämpfen. Wie ein Vietkong."

      "Und wenn du irrst?"

      "Halb so schlimm. Der Irrtum ist immer noch besser als das Nichts."

      "Francois, erinnerst du dich noch an die Hefte, die ich in Saigon vollschrieb?<

      "Diese verflixten Hefte. Ja."

      "Ich glaube, daß ich sie verwende, daß ich das Buch schreibe."

      "Gut. Und wenn du irrst, halb so schlimm."

      Und so habe ich es geschrieben und gebe es dir. Und habe ich mich geirrt, irre ich, werde ich irren: halb so schlimm. Da, nimm`s . Es ist ein Jahr aus meinem Leben. Ein Jahr ist verstrichen, seit ich es zu schreiben begann. Wieder weht der eisige Wind durch die winterlichen Wälder meiner Toscana, und Elisabetta ist zu mir ins Bett gekrochen, winzig, schutzlos, glücklich. "Der Mond! Sieh, der Mond!" Ein Raumschiff umkreist den Mond, andere werden bald auf ihm landen, um die Grenzen auszuweiten für unsere Perfidie und unseren Schmerz. Sieh nur hin, betrachte ihn dir auf dem Fernsehschirm! Ich liebte den Mond einmal sehr, beneidete diejenigen einmal sehr, die ihn betreten würden. Aber wie ich ihn jetzt sehe, so ganz ohne Gut und Böse, leblos, schon mißbraucht, uns unsere Schuld, unsere Gemeinheiten von hier vergessen zu lassen, uns abzulenken von uns selbst, muß ich an die Worte denken, die du einmal sagtest, Francois: "Der Mond ist ein Traum für den, der keine Träume hat." Mir ist diese grüne, weiße, blaue, von Gut und Böse und Leben wimmelnde Kugel lieber, die da Erde heißt. Eine vergiftete Kugel, ich weiß. Betritt man sie, um darauf zu bleiben, so stirbt man, ich weiß. Das Leben, Francois, ist eine Verurteilung zum Tode. Doch du tust gut daran, es mir nicht zu sagen. Und weil wir zum Tode verurteilt sind, müssen wir sie gut überqueren und ausfüllen, dürfen keinen Schritt vergeuden, dürfen keine Sekunde einschlafen, dürfen keine Furcht haben, zu irren, zu zerbrechen, wir, die wir Menschen sind, nicht Engel und nicht Bestien, aber Menschen. Komm, Elisabetta, meine kleine Schwester. Du hast mich einmal gefragt, was das Leben ist. Willst du es immer noch wissen?"

      "Ja. Das Leben, was ist das?"

      "Etwas, das man gut ausfüllen muß, ohne Zeit zu verlieren. Auch auf die Gefahr hin, daß es zerbricht, wenn man es gut ausfüllt."

      "Und wenn es zerbrochen ist?"
      "Dann ist es nutzlos geworden. Nutzlos. Amen!"
      Avatar
      schrieb am 16.07.02 17:50:55
      Beitrag Nr. 68 ()
      Nachtrag für Interessierte:
      Das Buch, aus dem die vorhergehenden Auszüge stammen, ist zur Zeit vergriffen.
      In Deutschland erschien es in den vergangenen 27 Jahren in mehreren verschiedenen Ausgaben unter zwei verschiedenen Titeln:
      "Nichts und Amen" und "Wir, Engel und Bestien".
      Vielleicht gibt`s bald mal wieder eine Neuauflage. Einer meiner Professoren hatte es tatsächlich im Literaturverzeichnis als notwendige Grundlektüre für seine Vorlesung über den Vietnamkrieg angegeben.
      Avatar
      schrieb am 24.07.02 19:10:20
      Beitrag Nr. 69 ()
      Noch`n Film-Tipp:
      Heute abend in WDR 3 um 22 Uhr: "11.09. - Verbrechen gegen die Menschheit"
      Avatar
      schrieb am 24.07.02 19:43:46
      Beitrag Nr. 70 ()
      Da ich gerade dabei bin, interessante Texte für ein Seminar ins Texterkennungs-Prg. einzuscannen und der besagte Mann auch im vorhergehenden Auszug aus dem Oriana-Fallaci-Text vorkommt, sollten meine geneigten Leser auch etwas davon haben:


      Che Guevara - die Kehrseite des Mythos

      Fidel Castro bezog sich ständig auf die französische Revolution: Das jakobinische Paris hatte Saint-Just, das Havanna der Guerrilleros hatte seinen Che Guevara - eine lateinamerikanische Version Netschajews. Noch heute findet man in Kuba Propaganda-Plakate, auf denen zu lesen ist: "Wir wollen alle werden wie ‚Che`!"

      Aber wie war er wirklich und wäre er tatsächlich ein Vorbild für all die Menschen, die sein berühmtes, christusähnliches Bild auf T-Shirts und Plakaten besitzen?
      Besser nicht!
      1928 als Sohn aus gutem Hause in Buenos Aires geboren, reist Ernesto Guevara schon als junger Mann kreuz und quer über den amerikanischen Subkontinent. Der durch chronisches Asthma geschwächte Bürgersohn beendet sein Medizinstudium nach einer Rundreise auf dem Mofa, die ihn von der argentinischen Pampa bis in die Dschungel Mittelamerikas führte. Anfang der fünfziger Jahre erlebt er die guatemaltekische Misere zur Zeit des progressistischen Regimes von Jacobo Arbenz, der von den Amerikanern gestürzt wird - Guevara lernt die Vereinigten Staaten hassen. "Aufgrund meiner ideologischen Ausbildung gehöre ich zu denen, die meinen, daß sich die Lösung für die Probleme dieser Welt hinter dem sogenannten Eisernen Vorhang befindet", schreibt er 1957 einem Freund (Brief an René Ramos Latour, zitiert in: Jeannine Verdès-Leroux, La Lune et le caudillo, Paris 1989). 1955 trifft er eines Nachts in Mexiko einen jungen exilierten kubanischen Anwalt, der seine Rückkehr in die Heimat vorbereitet: Fidel Castro. Guevara beschließt, mit den Kubanern zu gehen, die im Dezember 1956 auf der Insel landen. Im Untergrund zum Kommandanten einer "Kolonne" ernannt, wird er rasch wegen seiner Härte bekannt. Ein Guerillero seiner Kolonne, ein Junge noch, der ein bißchen Nahrung gestohlen hat, wird sofort, ohne irgendeine Art von Prozeß, erschossen. Der "unbeirrbare Anhänger des Autoritarismus" - wie ihn sein ehemaliger Mitstreiter aus Bolivien, Régis Debray (Loués soient nos seigneurs, Paris 1996, S. 184) nannte -, der bereits eine kommunistische Revolution durchsetzen will, gerät mit mehreren wirklich demokratischen kubanischen Kommandanten aneinander.

      Im Herbst 1958 eröffnet Guevara eine zweite Front in der Ebene von Las Villas im Zentrum der Insel. Er erringt einen glänzenden Sieg, als er in Santa Clara einen von Batista geschickten Verstärkungszug angreift: Die Soldaten verweigern den Kampf und fliehen. Nach dem Sieg übernimmt Guevara das Amt des "Anklägers" und entscheidet über Gnadengesuche. Auf jeden Fall ist das Gefängnis La Cabana, in dem er amtiert, Schauplatz zahlreicher Hinrichtungen, insbesondere von ehemaligen Waffengefährten, die demokratisch blieben. In der von WDR-3 ausgestrahlten Dokumentarfilmreihe "Legenden" wurde innerhalb des Reports am 05.07.2002 über Che Guevara von ehemaligen kubanischen Kampfgenossen berichtet, dass die Besucher des Gefängnisses, v.a. Frauen und Kinder der Inhaftierten auf ausdrückliche Anordnung von Guevara einen Weg ins Gefängnis wählen mussten, der an der Erschießungswand vorbeiführte, an der noch das Blut der "Konterrevolutionäre" herabtropfte. Alle Mitstreiter Guevaras, die dies erzählten, empfanden das damals als "unnötige Grausamkeit".
      Als Industrieminister und Zentralbankdirektor hat Guevara Gelegenheit, seine politische Doktrin anzuwenden und Kuba das "sowjetische Modell" überzustülpen. Er verachtet das Geld, lebt aber in den Vierteln der Reichen in Havanna, ist Wirtschaftsminister, hat aber keine Ahnung von den elementarsten Wirtschaftsbegriffen. So ruiniert er schließlich die Zentralbank. Leichter fällt ihm die Einführung von "Sonntagen der freiwilligen Arbeitseinsätze" - eine Folge seiner Bewunderung für die Sowjetunion und China. Die Kulturrevolution wird Guevara begrüßen. Régis Debray (a. a. 0., S. 185) hebt hervor: "Er, nicht Fidel, erfand 1960 das erste >Lager für Besserungsarbeit< (wir würden >Zwangsarbeit< sagen), das auf der Halbinsel Guanaha errichtet wurde."

      In seinem Testament lobt der Zögling der Schule des Terrors "den wirksamen Haß, der aus dem Menschen eine effiziente, starke, selektiv und kaltblütig vorgehende Tötungsmaschine macht" (Régis Debray, a. a. 0., S. 186). "Ich kann nicht mit jemandem befreundet sein, der meine Ideen nicht teilt", behauptet der Sektierer, der seinen Sohn aus Verehrung für Lenin Wladimir nennt. Dogmatisch, kalt und intolerant, ist der "Che" (wie sich Argentinier untereinander anreden) von völlig anderem Temperament als die offenen und warmherzigen Kubaner. Auf der Insel ist Guevara mitverantwortlich für die Rekrutierung der Jugend in Organisationen, die dem Kult des neuen Menschen huldigen.

      Getrieben von dem Wunsch, die kubanische Version der Revolution zu exportieren, und verblendet von einem pauschalen Antiamerikanismus, propagiert er unter dem Motto "Schafft zwei, drei, viele Vietnams!" (Mai 1967) die Guerilla weltweit. 1963 ist er in Algerien, später in Daressalam/Tansania, bevor er in den Kongo geht. Dort trifft er einen gewissen D~sir~ Kabila, einen Marxisten, der heute über Zaire herrscht und vor Massakern an der Zivilbevölkerung nicht zurückscheut.

      Castro bedient sich Guevaras aus taktischen Gründen. Als der Bruch zwischen ihnen vollzogen ist, geht Guevara nach Bolivien. Dort versucht er, die Theorie vom Guerillaherd umzusetzen, ohne auf die Politik der KP Boliviens Rücksicht zu nehmen. Bei der Landbevölkerung, von der niemand sich seinem umherziehenden Lager anschließt, findet er keinerlei Unterstützung. Isoliert und eingekreist, wird er am 8. Oktober 1967 gefangengenommen und auf besonderen, persönlichen Wunsch des bolivianischen Präsidenten hingerichtet.
      Avatar
      schrieb am 24.07.02 19:46:53
      Beitrag Nr. 71 ()
      Korrektur des vorletzten Abschnitts: ... einen gewissen Désiré Kabila, der bis vor kurzem über Zaire / "Demokratische Republik Kongo" herrschte ... und nach seiner Ermordung durch seinen Sohn "beerbt" wurde.
      Avatar
      schrieb am 24.07.02 20:35:13
      Beitrag Nr. 72 ()
      61
      Cole,

      ich meine, doch darauf hinweisen zu sollen, weil es wichtig ist: "Religion ist Opium d e s Volkes!"(Lenin)

      Ist, meine ich, ein Unterschied.

      Im übringen ein Klassethread.

      Das, laßt es mich mal salopp sagen: "Wahrheitsministerium" ist nur mit einem, ja doch, moderaten Kommissar vertreten.

      Vielleicht auch nur, um die Diskussion nicht sogleich abbrechen zu lassen, und so Gelegenheit zu haben, gewisse Einsichten doch noch präparieren zu können.

      Aber sei´s drum: Klasse.
      Avatar
      schrieb am 25.07.02 18:50:55
      Beitrag Nr. 73 ()
      @ Amtmannn:
      Nur mal so aus Neugier, weil ich auch immer auf der Suche nach guten Threads bin:
      Wo sollte Dein Posting eigentlich hin?
      ;)
      Avatar
      schrieb am 25.07.02 18:55:43
      Beitrag Nr. 74 ()
      Aaach sooo! Hier zu Posting # 61! Tut mir leid, bin heute ein bißchen schwer von Begriff!
      Danke, Amtmannn! ;)
      Avatar
      schrieb am 25.07.02 23:36:42
      Beitrag Nr. 75 ()
      74,

      und ich war durchgedreht gestern nacht: in der Klammer muß es natürlich "Marx" heißen. Dachte gerade an "Was tun?"
      Avatar
      schrieb am 26.07.02 00:14:46
      Beitrag Nr. 76 ()
      @Auryn

      Manchmal habe ich den Eindruck, Du willst die Geschichte umschreiben. Natürlich hat Che Fehler gemacht, dafür hat er ja mit dem Tod bezahlt.

      In meiner Erinnerung nahm Che zunächst an, er würde von der KP unterstützt. Diese Unterstützung wurde dann verweigert, weil man sich für eine andere Politik entschieden hatte. Gleichzeitig gab es einen dieser bekannten Bergarbeiterstreiks, glaube ich.

      Che ist gescheitert, weil er für seine Guerilla-Aktion keine Unterstützung fand. Er hatte die Stimmung in der Bevölkerung falsch eingeschätzt und auch einige taktische Fehler gemacht. Seine Theorie, man könne überall ein neues Vietnam schaffen, war falsch. Andere habe es später auch noch versucht und sind auch gescheitert. Auch Vietnam ist letztlich gescheitert.

      Aber Che war einer der letzten Idealisten in dieser Welt, der an seine Mission glaubte und sie aus einer moralischen Haltung für notwendig hielt. Darüber kann man natürlich verschiedener Ansicht sein, man kann ihn belächeln, ihn für einen Spinner halten, ihn bewundern oder ihm nur Achtung erweisen. Aber ihn zum Schurken zu machen, sozusagen das Denkmal anzupinkeln finde ich weniger schön.

      Da fällt mir ein bekannter Spruch ein:

      Warum sind Historiker mächtiger als Gott? Sie können die Geschichte ändern, Gott nicht.
      Avatar
      schrieb am 27.07.02 11:14:00
      Beitrag Nr. 77 ()
      @ menacher:
      Im Prinzip gebe ich Dir bei Deiner Einschätzung sogar recht, daß "Che" einer der letzten Idealisten war, aber ein Idealist ist "per definitionem" jemand, der selbstlos nach der Verwirklichung bestimmter Ideale strebt; dabei aber auch die Wirklichkeit außer Acht lassend. Und im Falle von "Che" werfe ich ihm vor, daß er ein revolutionärer Idealist nach dem Vorbild von Lenin war, den er studiert, inhaliert und mit dem er sich voll und ganz identifiziert hatte, worauf auch hinweist, daß "Che" seinem Sohn den Namen Lenins gab.
      Und ein "revolutionärer Idealist" ist bereit, alles - aber auch wirklich ALLES - seinem Ziel unterzuordnen: das eigene Wohlergehen, das eigene Leben und das Leben von JEDEM anderen, der der Erreichung dieses für ultimativ angesehenem Ziel im Wege steht. So war Robespierre in der französischen Revolution, so war Lenin und so war auch Che Guevara und aus dieser idealistischen Haltung heraus wurden sie alle zu idealistischen Massenmördern!
      Dies zu sagen, bedeutet NICHT, ein Denkmal "anzupinkeln", wie Du es auszudrücken beliebst, sondern es ist schlicht und einfach die Wahrheit!
      Wenn Du mir nicht glaubst, erkundige Dich bitte beim WDR nach dem Wahrheitsgehalt dieser Sendung, auf die ich mich in meinem Posting auch bezog:
      http://www.wdr.de/tv/nachtkulturundgeschichtszeit/nklegenden…
      Darin wurden Augenzeugenberichte und Interviews von Mitkämpfern Guevaras gebracht, die mit ihm zusammen in Kuba gegen Batista und einer sogar zusammen mit Guevara in Bolivien kämpften. Alle schilderten ihn als den "geborenen Idealisten und Revolutions-Führer", aber auch als "hart und äußerst grausam" gegenüber seinen Gegnern. Allein im Gefängnis "La Cabana" wurden auf Che Guevaras Anordnung hin - nach Aussage seines früheren Adjutanten in diesem Film - über 600 "Konterrevolutionäre" ohne besonderes Strafrechtsverfahren erschossen.
      Es spricht ja für Dich, menacher, daß Du zu glauben scheinst, Castro und Guevara hätten zusammen siegreich gegen Batista kämpfen, die demokratische Opposition ausschalten, die Kirche enteignen und schließlich die kubanische Revolution auch gegen den Druck der USA gewinnen können, ohne zur Herrschaft der Gewalt oder des Terrors greifen zu können. Aber das zu glauben ist letztlich genauso eine Illusion wie die unbefleckte Empfängnis einer Jungfrau im 20. Jahrhundert!
      Nein, Castro und Guevara hatten Lenin und Netschajew studiert und sie sicherten ihre Herrschaft mit genau denselben Mitteln: Gewalt, Terror und die Vernichtung oder Exilierung aller Gegner auf ihrer Insel.
      Da die KGB-Archive seit 1991 für Historiker aus aller Welt recht leicht zugänglich sind, wird diese Aussage inzwischen auch durch russische Quellen bestätigt:
      Revolutionärer Idealismus und Massenmord schließen sich nicht aus; ganz im Gegenteil sieht es eher so aus, daß Massenmord die logische Konsequenz eines überzeugten revolutionären Idealismus ist, der bis an sein logisches Ende zu gehen bereit ist.
      In russischen Archiven findet sich ein Buch von 1960, in dem damals noch Augenzeugen-Quellen zusammengefügt wurden, die die völlige Hingabe von Lenins revolutionärem Idealismus an das große Ziel verherrlichen sollte, dessen Erreichung, dessen Zweck für Lenin jedes Mittel rechtfertigte. Einer seiner Freunde erinnerte sich, daß er gegen Sozialhilfe für die hungernde Bevölkerung von Samara war: "Schon bei der großen Hungersnot 1891 im Samara-Gebiet hatte Wladimir Uljanow / Lenin den großartigen Mut, offen zu erklären, daß diese Hungersnot viele positive Konsequenzen habe, nämlich das Auftreten eines industriellen Proletariats, des Totengräbers der bürgerlichen Ordnung. ... Mit der Zerstörung der rückständigen bäuerlichen Wirtschaft bringt uns die Hungersnot usnerem Endziel, dem sich direkt an den Kapitalismus anschließenden Sozialismus, objektiv ein Stück näher. Außerdem zerstört diese Hungersnot nicht nur zunehmend den Glauben an den Zaren, sondern auch den an Gott!" (A. Beljakow, Iunost vozdia (Die Jugend des Führers), Moskau 1960, zit.n. "Schwarzbuch des Kommunismus", S. 141 und Anmerkung 141.)
      Das ist "revolutionärer leninistischer Idealismus" in Reinkultur!
      Du kannst ja in aller Ruhe versuchen, meine Aussagen zu überprüfen, aber ich glaube nicht, daß du sie widerlegen kannst.

      Bye,
      Auryn
      Avatar
      schrieb am 27.07.02 11:20:21
      Beitrag Nr. 78 ()
      Sorry! Letzter Absatz mit Quellen-Hinweis muß lauten: Seite 141; Anmerkung 161.
      Avatar
      schrieb am 27.07.02 16:34:30
      Beitrag Nr. 79 ()
      @Auryn

      Hier habe ich zunächst eine andere Version der Lebensgeschichte von Che, die eher eine Nähe zu Mao feststellt. Dies dürfte wohl richtiger sein.
      Im Gegensatz zu diesem Text und in Ergänzung zu Deinem wurde er wohl von einem CIA-Agenten, aber auf Befehl des bolivianischen Präsidenten erschossen.
      Mir kommt es auch gar nicht darauf an, seine sicherlich manchmal übertriebene Härte zu verteidigen. Aber in einem Bürgerkrieg und bei der Etablierung der Macht gelten eben andere Maßstäbe. Schließlich war Batista auch kein Demokrat. Heute wissen wir, daß nicht nur Che sondern auch Castro gescheitert ist und mit ihm die sozialistische Idee. Über die in diesem Zusammenhang verübten Verbrechen brauchen wir nicht zu diskutieren, sie sind mir im wesentlichen bekannt.

      Was an Che eben anders war ist folgendes: Er verließ eine relativ gesicherte Position innerhalb der Machtelite von Kuba, wurde auch nicht korrupt und versuchte seine Idee von vom revolutionären Kampf umzusetzen. Dies tat er nicht vom Schreibtisch aus, sondern im persönlichen Einsatz und auf persönliches Risiko. Schließlich wurde er von einem CIA-Schergen im Auftrag eines korrupten Politikers erschossen. Dies begründet den Mythos Che, den man auch nicht mit Hinweis auf seine Fehler zerstören kann.

      ----------------------------------

      Ernesto Guevara Lynch de la Serna
      Che Guevara, 1928-1967


      Argentinischer marxistischer Revolutionär und Guerilla Führer


      Che Guevara wurde am 14.6.1928 in Argentinien geboren. Er erkrankte im Alter von zwei Jahren an Asthma, woran er das ganze Leben litt, seine Familie zog ins trockenere Klima nach Alta Gracia (Corduba) wo sich sein Gesundheit aber nicht besserte. Hauptsächliche Bildung zu Hause, vor allem von seiner Mutter, Celia de la Serna. Er wurde früh ein Leser von Marx, Engels und Freud, die alle in der Bibliothek seines Vaters zu finden waren, wahrscheinlich, las er einige ihrer Werke noch bevor er auf eine weiterführende Schule ging (1941), die Colegio National Dean Funes, Corduba, wo er nur in Literatur und Sport auffiel. Er wurde von spanischen Bürgerkriegsflüchtlingen und von langen politischen Krisen in Agentinien geprägt, die in dem "Linken Faschismus" von Juan Peron gipfelten, Che kämpfte an der Seite seiner Eltern gegen Peron. Diese Ereignisse und Einflüsse prägten in dem jungen Che einen Haß gegen militärische Politiker, die Armee, die kapitalistische Oligachie, und vor allem gegen den US-Dollar Imperialismus. Er studierte an der Universität von Buenos Aires (1947), zunächst um seine eigene Krankheit kennenzulernen und später mit mehr Interesse an der Lepra Medizin. 1949 machte er die erste seiner langen Reisen, um Nordargentinien mit dem Fahrrad zu erforschen. Er kommt zum ersten Mal in Kontakt mit den Überbleibseln der indianischen Stämme. 1951 nach seinem vorletzten Examen, machte er eine längere Reise, begleitet von einem Freund, und verdiente sein Geld mit Gelegenheitsarbeit. Er besuchte Südargentinien, Chile, wo er Salvador Allende traf, Peru, wo er einige Wochen in der San Pablo Lepra Klinik arbeitete, Kolumbien, in der Zeit von La Violencia, wo er verhaftet wurde aber schnell wieder freigelassen wurde, Venezuela und Miami. Er kehrte nach Hause zurück und war sich eines sicher: er wollte kein gewöhnlicher Mittelklasse-Arzt werden. Er graduierte, spezialisiert in Dermatologie und ging nach La Paz, Bolivien, während der nationalen Revolution, von dort zog er nach Guatemala. Er verdiente seinen Lebensunterhalt mit dem Schreiben archäologischer Artikel über Inca und Maya Ruinen. Er erreichte Guatemala während der sozialistischen Arbenez Präsidentschaft, und obwohl er jetzt Marxist war, belesen in Lenin, lehnte er es ab, der kommunistischen Partei beizutreten, dies bedeutete, dass er keine Chance hatte, eine Stelle in einem der staatlichen Krankenhäuser zu bekommen und so war er fast mittellos. Er lebte mit Hilda Gardea, eine Marxistin indianischer Herkunft, die seine politische Bildung förderte, und in Nico Lopez vorstellte, einer von Fidel Castros Leutnants. In Guatemala sah er die CIA bei der Arbeit, als Aufhetzer für eine Konterrevolution und war überzeugt, das Revolution nur durch bewaffneten Austand geführt werden kann. Nachdem Arbenz gestürzt wurde, verließ er Guatemala und zog nach Mexiko City (September 1954) wo er im General Hospital arbeitete. Hilda Gadea und Nico Lopez begleitteten ihn. Er trifft Raul und Fidel Castro und findet in ihm den Führer, den er gesucht hatte. Er begleitete andere Castro Anhänger auf die Farm, auf der die kubanischen Revolutionäre unter einem harten Kommando einen Kurs in professioneller Guerilla Kriegführung unterzogen wurden. Sie wurden ausgebildet von einem spanischen Captain der republikanischen Armee Alberto Bayo. Bayo hatte viel Erfahrung, da er von Mao-Tse Tung ausgebildet wurde, und "Che" (Kumpel, ital.) wie er jetzt genannt wurde, wurde sein Lieblingsschüler und war der beste seiner Klasse. Die Kriegsspiele auf der Farm erregten die Aufmerksamkeit der Polizei, alle Kubaner und Che wurden verhaftet, (Juni 1956) und kamen für einen Monat ins Gefängnis. Bei der Invasion auf Kuba begleitete Che die Kubaner, zuerst als Doktor und dann als Kommandeur der revolutionären Armee von barbutos um Kuba vom den von den USA gestützten Diktator Batista zu befreien. Nach dem Triumph der Revolution, wurde Che zweiter Mann in der Regierung Castros, und er war hauptverantwortlich darin, Kuba in den Kommunismus zu führen, jedoch keinen orthodoxen Kommunismus wie Moskau ihn führte. Che organisierte und führte die Instituto Nacional de la Reforma Agraria um die neuen Landwirtschaftsgesetze durchzusetzen und die großen Ländereien zu verstaatlichen. Dann wurde er zum Präsident der Nationalbank von Kuba ernannt, er entließ Nichtkommunisten aus der Regierung und aus Schlüsselposten und arbeitete hartnäckig gegen zwei angesehene französische Wirtschaftsexperten, die von Castro einberufen wurden, und die Kuba langsamer in den Kommunismus führen wollten. Che führte die kubanische Wirtschaft aber so schnell in den totalen Kommunismus,so das er sie vorübergehend ruinierte.

      1959 heiratete er Aledia March und zusammen besuchten sie Ägypten, Indien, Japan, Indonesien, Pakistan und Jugoslawien. Zurück in Kuba, als Industrieminister, unterzeichnete er 1960 ein Handelsabkommen mit der UDSSR, welches Kuba aus der Abhängigkeit des US Marktes befreite.

      Er entwickelte seine eigene kommunistische Philosophie, mit der er in Moskau aneckte. Er bewegte sich immer mehr weg von Moskau, hin zu Mao. Seinen endgültigen Bruch mit Moskau machte er al er die UdSSR als "stille Kompliezen des Imperialismus" bezeichnete. Er attackierte die Sowietunion ebenfalls wegen ihrer Politik von Koexistenz und für ihre Politik des Revisionismus. Er gründete die Tricontinentale Konferenz um eine revolutionäre, aufständische Guerilla Kooperation in Afrika, Asien und Süd Amerika herzustellen. Nach einem halbherzigen Versuch irgend eine Art von Beziehungen mit den USA einzugehen, als Kubas Repräsentant attackierte er die USA bei der UN, für ihren gefräßigen, erbarmungslosen und imperialistischen Aktivitäten in Lateinamerika. Che´s Kompromißlosigkeit gegenüber den kapitalistischen und kommunistischen Etablissement zwang Castro, Che fallenzulassen, jedoch nicht offiziell. Für einige Monate war sein Aufenthaltsort nicht klar und gerüchteweise war er schon tot. Er besuchte zu dieser Zeit mehrere afrikanische Länder und prüfte die Möglichkeiten die Kinshasa Revolution im Kongo in eine kommunistische Revolution mit kubanischer Guerilla Taktik umzulenken. Er kehrte nach Kuba zurück um Freiwillige zu trainieren, und nahm eine Streitmacht von 120 Kubanern mit in den Kongo. Seine Männer kämpften zwar gut, doch die Kinshasa Rebellen waren hilflos gegen die belgischen Söldner und im Herbst 1965 empfahl mußte er Castro die Kubanische Hilfe einzustellen.

      Ches letztes revolutionäres Abenteuer war in Bolivien. Er verschätzte sich riesig mit dem revolutionären Potential des Landes, mit verheerenden Konsequenzen. Der Versuch endete mit der Gefangennahme Ches, der zum Schluß gegen seine eigenen Prinzipien verstieß, von einer bolivianischen Armee Einheit, und mit der Erschießung Ches einen Tag später, die auf Anordnung des CIA ausgeführt wurde.

      Wegen seinem wilden romantischen Erscheinen, und seiner Unnachgiebigkeit, sich jeder Art von Etablissement unterzuordnen, und die Entscheidung zum gewaltsamen Wiederstand, wurde Che ein Idol für die revolutionäre, unzufriedene Jugend der späten 1960´er und frühen siebziger Jahre.

      Che´s Mythos ist auch 30 Jahre nach seinem Tod immer noch lebendig. Fast jeder kennt sein Gesicht, die Crossover-Gruppe "Rage against the Machine" hatte ihn auf ihen ersten Plattencover ("Bombtrack" ), und auch die Industrie endeckte bzw mißbrauchte Che für ihre Zwecke und benutzt ihn für die Werbung oder als Swatch Motiv.
      Ende Juni 1997 wurden seine Überreste in Bolivien gefunden und als Ernesto "Che" Guevara identifiziert und wenig später nach Kuba überführt.



      From A Dictionary of Modern Revolution Written by Edward Hyams Copyright 1973, published by Taplinger Publishing Co, Inc Revised and translated by Spunky, 1997
      Avatar
      schrieb am 27.07.02 17:30:58
      Beitrag Nr. 80 ()
      @Auryn

      Von einer Web-Site Mythos Che mit vielen guten Texten zum Thema. Dort findest Du auch Deinen Text in Auszügen.

      http://www.geocities.com/MotorCity/Downs/9693/ideale.htm
      Avatar
      schrieb am 28.07.02 14:29:39
      Beitrag Nr. 81 ()
      Menacher,

      solange es Leute gibt, die mit durchschlagendem Erfolg, jede, aber auch jede Niedertracht als "dringend notwendige Reform" feiern, die die Auferstehung des "Freihandelsversuchs" nämlich den "Manchesterkapitalismus" unter dem Namen "angebotsorientierte Wirtschaftspolitik" (Neoliberalismus) als segensreiche Reformpolitik "verkaufen", sind Verschwörungstheorien alles andere, bloß keine Theorien, wie sie GI in einem anderen Thread nennt.

      Hemmungslose Profitmaximierung, aus der sich Staat, aus der sich der Souverän, das Volk, herauszuhalten hat, suggerieren uns diese Leute als "schöne neue Welt".

      Und lassen die Promotion dieser Scheußlichkeiten noch von denen bezahlen, gegen die sie gerichtet sind - den arbeitenden Menschen.

      Nicht einmal BWLer, nicht einmal glühenste Feministinnen finden etwas dabei, wenn die gleichen Leute, die täglich 30.000 Kinder verhungern lassen, muselmanische Frauen vom Kopftuch-"Zwang befreien" wollen.

      Soweit haben es diese PR-Rabulisten gebracht, daß jedwede Kritik am vorgeglichen Segensreichtum des Raubtierkapitalismus (H. Schmidt) glaubhaft als Verschwörungstheorie "entlarft" ist, als antisemietische in Sonderheit.

      "Wer die Wahrheit kennt, und sie Lüge nennt...."
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 12:42:39
      Beitrag Nr. 82 ()
      @ menacher:
      Bedauerlicherweise ist die theoretische Nähe von "Che" zu Mao auch nicht gerade eine Empfehlung, falls "Che" die maoistische Lehre noch besser "inkorporiert" haben sollte, denn Mao ist mit seiner "Kulturrevolution" wahrscheinlich die größte und massenmörderischste Massenhysterie des 20. Jahrhunderts überhaupt gelungen.

      Mir fiel da übrigens noch ein, daß du den Historikern als solchen wohl gerne Geschichtsfälschung vorwerfen möchtest.
      Das gibt mir Gelegenheit, darauf hinzuweisen, daß die "Retuscheure" der kommunistischen Systeme bislang überhaupt die größten Geschichtsfälscher waren.
      Ich habe in mein Foto-Album unter "Foto-Totalitarismus" (aus dem Buch "Alain Jaubert: Fotos, die lügen" ) noch ein paar kleine Beispiele dazu eingefügt, und versuche mal, ob ich das auch hierhin übertragen kann:



      Wegretuschiert in
      Schwarz oder in Weiß

      Januar 1959, Palma Soriano. Vor den Toren Santiago de Cubas spricht Fidel Castro einen feierlichen Aufruf ins Mikrofon von "Radio Rebelde" und fordert die Truppen von Camilo Cienfuegos und Che Guevara auf, in Richtung Havanna zu marschieren. Ihm gegenüber steht ein Sprecher von Radio Rebelde, Jorge Enrique Mendoza, und rechts neben ihm Carlos Franqui, Leiter der Rundfunkstation und einer der fünf Mitglieder des Exekutivbüros der "Bewegung des 26. Juli". Am Morgen hat Franqui, der von der Flucht Batistas erfahren hatte, zum Streik aufgerufen und die Rebellen angewiesen, die Verkehrsverbindungen zu unterbrechen, die Städte zu besetzen und selbst die Ordnung aufrechtzuerhalten. Nach der Machtübernahme ist Franqui bis 1963 Herausgeber der Zeitung Revolucion. 1967 organisierte er die Mai?Messe und 1968 den Kulturkongreß von Havanna. Als Fidel Castro im Sommer 1968 die sowjetische Intervention in die Tschechoslowakei billigt, bricht Franqui mit dem Regime und geht nach Italien ins Exil. Sein Bild verschwindet aus den Veröffentlichungen. Mal wird er mit weißer, mal mit schwarzer Deckfarbe übermalt. Im Museum des Untergrundkampfes in Santiago de Cuba kann man das Faksimile der Seite einer damaligen revolutionären Zeitung sehen, wo genau dieses Foto abgebildet ist, Franqui sich allerdings in einem schwarzen Hintergrund aufgelöst hat! "Ich entdecke meinen fotografischen Tod", schreibt Carlos Franqui in einem Gedicht. Von allen "Wegretuschierten" der Geschichte ist er der einzige, der versucht hat, sein fotografisches Verschwinden literarisch zu verarbeiten:
      "Existiere ich?
      Ich bin ein bißchen Weiß,
      Ich bin ein bißchen Schwarz,
      Ich bin ein bißchen Scheiße,
      Auf der Jacke von Towarischtsch Fidel."

      1. Bild: Zahlreiche Veröffentlichungen bis Herbst 1968. Z.B. in: Revoluciön, Dezember 1962.
      2. Bild: "Schwarz" wegretuschiert, in: Cuba, Sondernummer "Los cien anos de lucha", Oktober 1968.
      3. Bild: "Weiß" wegretuschiert, in: Granma, ausgewählte Wochenausgabe in französischer Sprache, 18. März 19 7 3.
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 13:02:34
      Beitrag Nr. 83 ()
      Komisch, wieso kann man das eingestellte Bild zuerst sehen und dann verschwindet es wieder?
      Naja, egal, dann verweise ich eben auf diesen Link meiner Wenigkeit:
      http://de.photos.yahoo.com/bc/y64_x_32/lst?.dir=/Foto-Totali…

      Das erste Bild zeigt die erste offizielle Version der ersten Haftentlassung von Fidel Castro am 15. Mai 1955. Davon blieb später in offiziellen kubanischen Erscheinungen nur noch die Ausschnittversion übrig, weil die ehemaligen Freunde Castros, Eduardo Montano und Mario Chanes, zu "Verrätern der Revolution" erklärt worden waren und darauf ebenfalls zu sehen sind.
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 13:05:17
      Beitrag Nr. 84 ()
      Das zweite Bild zeigt in der Mitte den wechselweise schwarz und weiß retuschierten Kopf von Carlos Franqui; dazu die Geschichte in meinem Posting # 82.
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 13:18:53
      Beitrag Nr. 85 ()
      Auf dem dritten Bild ist zuerst die berühmte Version von Lenins Rede mit Trotzki zu sehen, die später unter Stalin durch eine Bildversion ersetzt wurde, auf der Trotzki besser wegzuretuschieren war.

      Auf dem vierten Bild ist Mao im Sommer 1966 bei einer Vorbeifahrt an den Roten Garden der Kulturrevolution zu sehen. Der Knüller dieses Bildes ist, daß zuerst in Hintergrund des Wagens der einstige Bürgermeister von Peking, Pang Chen, zu sehen war. Dann fiel er in Ungnade und das Bild wurde ohne ihn veröffentlicht. Nach dem Sturz der "Viererbande" 1977 taucht er in öffentlichen chinesischen Publikationen wieder auf, weil er wieder rehabilitiert wurde.

      Das fünfte Bild ist die "totalitärste Bildverfremdung", die man sich überhaupt vorstellen kann: Zuerst oben die chinesische Führungsspitze bei der Gedenkfeier am 18. September 1976 anläßlich des Todes von Mao Tse-Tung (oder moderner: Mao Zedong) aus der "Peking Information", Nr. 38 vom 20. September.
      Dann das zweite Foto darunter aus den offiziellen Zeitungen der VR China vom November. Inzwischen haben Hua Kuo-Feng (Hua Guofang) und seine Anhänger - u.a. Deng Xiaoping - die Macht ergriffen und die Mao-Witwe sowie deren Clique gestürzt und aus den Fotos weg-retuschieren lassen.
      Aaaaaber um die eigene Macht zu unterstreichen, werden die "Weg-Gebeamten" gar nicht erst ersetzt! Aussage: Wir sind so ungeheuer mächtig, daß wir jeden beseitigen können und uns gar nicht erst die Mühe machen müssen, dies zu verheimlichen!
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 13:21:05
      Beitrag Nr. 86 ()
      @Auryn:

      Ich muss Dir jetzt einfach mal dafür danken, dass Du Dir diese Arbeit machst.

      Weiter so.
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 13:36:27
      Beitrag Nr. 87 ()
      Auf dem sechsten Bild ist nun wahre "historische Entwicklungsmalerei" zu sehen:
      Die Gemälde zur "Ausrufung der Volksrepublik China" zeigen inzwischen so viele verschiedene Versionen, daß sich daran schon die führenden Persönlichkeiten Chinas durch ihr Verschwinden und Auftauchen in ihrer chronologischen Bedeutsamkeit einordnen lassen.
      In der ersten Version sind hinter dem Redner Mao auch Tschu En-lai und Liu Shao-ch`i zu sehen. In späteren Versionen fehlen sie mal, dann sind sie wieder da. Nachdem sie wieder da sind, kommt das Jahr 1977 mit der Machübernahme Hua Guofangs, der dann natürlich - direkt hinter Mao mit Brille - nicht mehr fehlen darf, obwohl er der einzige ist, der bei der Ausrufung nun wirklich nicht dabei gewesen sein kann, weil er da erst ein "junger Spund" von 28 Jahren und ein winzig-kleiner Kader war.

      Auf dem siebten Bild ist die bekannteste europäische Bildfälschung der Nachkriegsgeschichte zu sehen: Der Befürworter des "Prager Frühlings", Alexander Dubcek, verschwindet in öffentlichen Publikationen der CSSR, nachdem die Sowjetunion "Ruhe und Ordnung wiederhergestellt hat". Man hat nur die Spitze seines rechten Schuhs übersehen.

      Und warum dies alles? Weil der Kommunismus für seine Führer immer eine "Ersatzreligion" war und es in den letzten Bastionen immer noch ist! Eine Ersatzreligion, die vorgab, wissenschaftlich fundiert zu sein und an der niemand ernsthaft Zweifel anmelden durfte!
      Eine Ersatzreligion, in der genau wie in der mittelalterlichen Inquisition die "Gemeinschaft der Gläubigen" niemals durch irgendeine ketzerische Stimme in Frage gestellt werden durfte, denn dies hätte ja die Grundlagen des Glaubens erschüttern können und dies hätte eine Bedrohung für das gesamte Glaubenssystem, den "consensus fidelio", darstellen können!
      Und daher durften auch keine Zwistigkeiten zwischen den Führern existieren. Manche Konkurrenten fielen einfach Unfällen zum Opfer, z.B. Lin Biao 1970 in China.
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 13:58:13
      Beitrag Nr. 88 ()
      Sorry, noch`n Fehler:
      Lin Piao (oder auch: Lin Biao) kam angeblich im September 1971, nicht 1970, bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Trotz dieses "Unfalls" verschwand er danach für immer aus sämtlichen offiziellen Fotos und Veröffentlichungen Chinas, obwohl ihn Mao schon als seinen designierten Nachfolger aufzubauen begonnen hatte!

      @ menacher:
      Für den Tod von "Che" kenne ich noch eine Version, die natürlich wieder nicht so richtig in die "(post-)kommunistische Legendenbildung" hineinpassen wird, aber ich schreib`s mal:
      Der CIA hatte viel mehr Interesse daran, "Che" in die USA zu bringen, um ihn vor laufenden Kameras lächerlich machen zu können, so wie in Peru den verhafteten Führer vom "Sendero Luminoso", Abimael Guzman. Seit der Mann in gestreifter Gefängniskluft im September 1992 vor laufenden Kameras "lächerliches Rumpelstilzchen" gespielt hat, ist der "Sendero Luminoso" erledigt, da sich sein Führer im Gefängnis zur Witzfigur machen ließ! Genau so etwas hätte der CIA gerne von "Che" gehabt, obwohl es ihm wahrscheinlich nicht gelungen wäre.
      Der CIA-Resident in Bolivien hat auch versucht, "Che" mitzunehmen, aber die bolivianische Regierung war strikt dagegen, weil sie nicht als "Lakai der USA" dastehen wollte. "Che" mußte auf persönlichen Wunsch des bolivianischen Präsidenten "von Bolivianern im Kampf" getötet werden und dazu wurde ein dummer, blutjunger bolivianischer Soldat genommen, der an diesem Tag auch noch Geburtstag hatte. Die Ermordung "Ches" sollte nach Meinung seines Kommandanten ein Geburtstagsgeschenk sein. Nach der Aussage von zwei Zeugen in der weiter oben genannten Reportage vom WDR kam der kleine Soldat zitternd auf die "Legende Che" zu, der ihn nur verächtlich ansah und spottete: "Was ist, Feigling? Du tötest einen wahren Mann! Kannst Du das?"
      Dann gab es den üblichen Schuß in die Brust für Leute, die "im Kampf" gefallen sind.
      Ich finde diese Version irgendwie überzeugender als die, daß extra ein CIA-Agent anreisen mußte, um "Che" zu töten. Aber naja, ich war zum glück nicht dabei...
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 14:02:30
      Beitrag Nr. 89 ()
      Nur nochmal zur Erinnerung:
      Die Postings # 82 bis #87 beziehen sich auf diesen "Foto-Link" :

      http://de.photos.yahoo.com/bc/y64_x_32/lst?.dir=/Foto-Totali…
      Avatar
      schrieb am 01.08.02 12:39:53
      Beitrag Nr. 90 ()
      In dem Buch "Alain Jaubert: Fotos, die lügen", in dem man übrigens auch Fotos von Mussolini und Hitler sehen kann, die man früher nie sehen durfte, fand ich auf der Gegenseite zu den Fotos mit dem wegretuschierten Carlos Franqui die folgende Geschichte zum verschwundenen Camilo Cienfuegos.
      Kann mir jemand sagen, ob es zum Verschwinden von Cienfuegos noch neuere nachprüfbare Erkenntnisse oder Forschungen in den letzten 10 Jahren gegeben hat - oder müssen wir noch so lange warten, bis die kubanischen Archive so geöffnet werden wie die KGB-Archive?

      Das Geheimnis um Cienfuegos

      Havanna, 8. Januar 1959. Fidel hält seine Ansprache an die Nation vor einer begeisterten Menschenmenge. An seiner Seite einer der Revolutionäre, den die Kubaner besonders liebgewonnen haben, Camilo Cienfuegos.
      Einmal hält Fidel inne, wendet sich Camilo zu und fragt ihn:
      - - >Voy bien, Camilo?" (Ist es gut so, Camilo?)
      - - "Vas bien, Fidel!" (So ist es gut, Fidel.)
      Dies sollten die berühmtesten Worte in Castros Heldenepos bleiben. Cienfuegos, der glühend verehrte Held und Anführer der Rebellenarmee, verschwindet rasch und unter merkwürdigen Umständen.
      Im Oktober 1959 warnt Hubert Matos, ehemaliger Volksschullehrer und ein weiterer Held der kubanischen Revolution, nun Militärführer der Provinz Camaguey, Castro vor kommunistischen Unterwanderungen in Armee und Regierung und vor allem vor den Methoden der Agrarreform. Schließlich reicht er sein Abschiedsgesuch ein (19. Oktober). Castro beauftragt Cienfuegos, Matos unverzüglich festzunehmen. Damit beginnt eine der undurchsichtigsten Episoden der kubanischen Geschichte. Matos wird tatsächlich verhaftet. Man verurteilt ihn wegen "Verrats" und wirft ihn ins Gefängnis, aus dem er erst 20 Jahre später wieder entlassen werden sollte. Aber was mit Cienfuegos in jenen Tagen genau geschehen ist, konnte nie genau rekonstruiert werden.
      Es hieß, Cienfuegos sei nach Havanna zurückgekehrt, habe sich der Verhaftung Matos widersetzt und mit Castro überworfen: Soldaten sollen seinen von Kugeln durchlöcherten Körper in einem Militärkrankenhaus gesehen haben. Es hieß auch, Cienfuegos sei von Fidels Bruder Raul Castro liquidiert worden, und zwar auf einem kleinen Flugplatz, wo sein Flugzeug zwischengelandet war. Oder es hieß, an seinem Flugzeug sei Sabotage verübt worden. Es wurde sehr viel darüber geredet,
      jedenfalls tauchte Cienfuegos nie wieder auf. Sein Adjutant wurde einige Zeit später von einem Wachposten getötet. Der Leiter des Kontrollturms von Camaguey seinerseits floh in die Vereinigten Staaten. Am Tag, nachdem Cienfuegos verschwunden ist, versetzt Castro das ganze Land in Alarm. Gerüchte kommen auf. Man glaubt, ihn auf einer kleinen Insel wiederentdeckt zu haben; eine Falschmeldung; Pressekonferenz des "Lider Maximo", der auf einer Karte den Kurs des Flugzeugs zeigt (der dem vom Kontrollturm angegebenen genau entgegengesetzt ist); öffentliche Reden werden gehalten, in deren Verlauf man die beiden Affären miteinander verbindet und Matos für das Verschwinden von Cienfuegos verantwortlich macht. Bei Demonstrationen im Winter 1959/60 sind überall Transparente zu sehen

      "Fidel, no olvides que por el traidor perdimos a Camilo (Fidel, vergiß nicht, daß wir Camilo wegen des Verräters verloren haben)".

      Fidels Hauptrivale in der Popularität war tot, der intelligenteste seiner möglichen politischen Gegner hinter Schloß und Riegel, und damit war der Weg frei zur absoluten Herrschaft.
      Avatar
      schrieb am 09.08.02 13:31:28
      Beitrag Nr. 91 ()
      Offensichtlich kennt hier gar niemand mehr Cienfuegos aus Posting #90!? Naja, wäre ja auch ein kleines Wunder gewesen, nach all der Zeit, in der Fidel jetzt schon die Geschichte "seiner" Revolution umschreiben konnte.

      Wenden wir uns einem schönen Text aus neuerer Zeit zu, der sich mit einem meiner Lieblingsthemen beschäftigt:


      Vom schwierigen Umgang
      mit der Wahrnehmung
      - Teil 1


      (Nachwort zum "Schwarzbuch des Kommunismus" )
      von Joachim Gauck

      Dem Wunsch des Piper Verlages, diesem Schwarzbuch einen Essay aus ostdeutscher Sicht beizufügen, entspreche ich nur zögernd. Ich bin weder Historiker noch Politikwissenschaftler. Zwar veranlaßt mich mein jetziges

      Amt, am öffentlichen Diskurs über die untergegangene DDR-Gesellschaft teilzunehmen. Aber eine erneute Analyse des Stasi-Systems könnte kaum über das hinausreichen, was schon in den letzten Jahren zutage gefördert wurde. Zudem legen die erregten Diskussionen über das Schwarzbuch nahe, einem ganz anderen Phänomen nachzugehen - dem Phänomen der selektiven Wahrnehmung. Warum haben wir nicht gewußt, was wir wußten? Warum haben wir nicht gewußt, was wir nicht wußten? Warum ist selbst unser Erinnern selektiv?

      Um es gleich zu sagen: Die Beschäftigung mit diesem Thema fiel mir nicht leicht. Denn ich spürte und spüre eine deutliche Unlust, meinen eigenen Wahrnehmungsdefiziten zu begegnen, die nun - fast zehn Jahre nach dem Umbruch -überdeutlich geworden sind: Ausblendungen, die eine fundamentale Kritik der politischen Zustände verhinderten und gelegentlich auch illusionäre oder romantische Politikvorstellungen begünstigten. Und da meine Abwehrmechanismen nicht untypisch waren, dürften die folgen

      den Überlegungen auch für einige meiner Landsleute aus der DDR sowie bestimmte Kreise im Westen zutreffen. Denn nur die lange Jahre vorherrschende Einäugigkeit in der Wahrnehmung erklärt, warum wir zehn Jahre nach seinem Zusammenbruch noch immer über die Menschenfeindlichkeit des Kommunismus streiten.

      Eine grundsätzliche Bemerkung vorweg: In anderen, nicht kommunistisch regierten Teilen der Welt waren Parteigänger und Freunde des Kommunismus Verbündete von Demokraten gegen Diktatoren und brutale Ausbeuten In manchen autoritären Regimen waren sie entschiedene, manchmal letzte Opposition. Ihr Widerstand und ihre Leidensbereitschaft erwuchsen

      aus kommunistischen Idealen. Es muß deutlich bleiben, daß wir einen Raum der Achtung offenhalten für jene, deren kommunistischen Idealen wir zwar Skepsis oder Kritik entgegenbringen, deren Haltung als Kämpfer gegen Ohnmacht, Willkür und Unterdrückung uns aber Achtung und Sympathie abringt.

      Auch ohne die ab 1990 erfolgte Öffnung von Geheimdienst-, Partei- und Staatsarchiven, die eine Fülle zum Teil unbekannter Fakten zutage förderte, haben die meisten DDR-Bürger ihrem System kräftig mißtraut. Vor einem Aufbegehren allerdings schützten sie sich durch eine ängstliche Rest-Loyalität. Deren Gründe liegen einerseits im forciert vorgetragenen Machtanspruch der Herrschenden, andererseits aber auch in dem Hang breiter Kreise, "es gar nicht so genau wissen" zu wollen. Damals die fehlende Legitimation des realsozialistischen Herrschaftsgebäudes nicht analysiert zu haben erscheint heute als etwas Peinliches. Und weil es nicht angenehm ist, eigene Lücken in der Wahrnehmung zu besichtigen, erinnern wir uns auch lieber selektiv. Bei den Verantwortlichen und Tätern der SED-Diktatur ist uns das "Schönreden" der Wirklichkeit geläufig. Tatsächlich aber ist die Neigung, es nicht so genau wissen zu wollen, ein Problem breitester Kreise in unfreien Systemen. Teile dieser Haltung entdecke ich rückblickend bei mir selber, obwohl ich weder Parteigänger noch Mitläufer war.

      Ich wuchs in einer der vielen Familien auf, die nach dem Krieg die neue Ordnung als despotisch, ungerecht, staatsterroristisch erfuhren. Als ältestes von vier Kindern erlebte ich, wie es ist, wenn der Ernährer "abgeholt" wird. Mein Vater war einer der Deutschen, die ohne Grund in einem Verfahren eines sowjetischen Militärtribunals zu 25 Jahren Zwangsarbeit in Sibirien verurteilt wurden.

      Zwar existierte die DDR schon - man schrieb das Jahr 1951 -, aber die Besatzer hatten noch die Macht, ihren stalinistischen Terror zu veranstalten. Besonders in Familien, die zu Regimeopfern gemacht wurden, gab es neben der Angst eine sehr wache Beobachtung jeglichen Unrechts. Kontakte wurden auch zu anderen Familien aufgenommen, die Ähnliches erlebten, wie die Familien der Tausenden von "Werwölfen", die in der Nachkriegszeit in die teilweise direkt vom NS-Regime übernommenen Lager wie Sachsenhausen oder Buchenwald eingesperrt waren. Da es im ganzen Osten nach dem Krieg keine "Werwolf"-Aktivitäten gab, waren diese Verhaftungen von halben Kindern und Jugendlichen als reine Willkürakte bekannt. Andere Familien belasteten die Erlebnisse unzähliger Frauen und Mädchen, die in Zusammenhang mit der Befreiung Opfer brutaler Vergewaltigungen geworden waren. Wenn man dann noch bedenkt, daß das zerstörte Land durch umfangreiche Reparationsleistungen und Demontagen zusätzlich niedergedrückt war, wundert es nicht, daß in breiten Schichten der Bevölkerung die Einschätzung herrschte, man sei unter ein Unrechtsregime geraten. Vorherrschend war ein hoher Ton der Empörung.

      Die ebenfalls emphatisch vorgetragene politische Moral der Sieger verfing dagegen nur begrenzt. Zwar hatte die Sowjetarmee die Vernichtungslager der Nazis befreit, hatte das Terrorsystem in die Knie gezwungen und dabei einen unsäglichen Blutzoll entrichtet. Zwar hatten sich auch deutsche Kommunisten am Widerstand gegen die Nationalsozialisten beteiligt und dadurch eine gewisse Sympathie bei Menschen gewonnen, die als Christen, Sozialdemokraten, Liberale oder Unangepaßte sich ebenfalls nicht unterworfen hatten. Aber alles in allem überzeugte der kommunistische Antifaschismus nur eine Minderheit. Zu eindeutig waren die Sprache der Repression und die neue politische Wirklichkeit.

      Die Schaffung eines "Blocks" beendete die Eigenständigkeit nichtkommunistischer Parteien und sicherte die Vorherrschaft der Kommunisten, die sich mit der SPD 1946 zur SED vereinigten. Hervorgehobene und wichtige Stellen wurden seitdem fast nur noch mit Kommunisten besetzt. Unbeliebt machten sich die Kommunisten auch, als sie Stalins Territorialforderungen nachgaben, die Westverschiebung Polens und damit den Verlust der deutschen Ostgebiete guthießen. Nicht nur, daß die SBZ sich schwertat, den hohen Prozentsatz von "Umsiedlern" zu integrieren, die in Mecklenburg und Brandenburg ein Drittel bis die Hälfte der Bevölkerung bildeten. Einheimischen wie Vertriebenen galt der Verlust der Heimat als grobes Unrecht, das die Kommunisten noch zementierten, als sie 1950 die Oder-Neiße-Grenze als neue deutsch-polnische Staatsgrenze anerkannten.

      Nach 1952, als die SED die Kollektivierung der Landwirtschaft vorantrieb, in der Industrie keine Erfolge vorweisen konnte und Engpässe in der Versorgung auftraten, spitzte sich die Situation zu. Statt den "Aufbau des Sozialismus" zu unterstützen, stand der Bevölkerung der Sinn nach anderem: Am 17. Juni 1953 entwickelte sich spontan und breit ein fundamentaler Protest gegen Programm und Praxis des SED-Regimes - der erste Volksaufstand in Osteuropa gegen das sowjetische System. In über 550 Städten und Gemeinden wurden Forderungen laut, die keineswegs nur die Verbesserung, sondern die Abschaffung des bestehenden Systems zum Inhalt hatten: "Freie, allgemeine und gesamtdeutsche Wahlen", "Rücktritt der Regierung", "Loslösung der Gewerkschaft von der Partei", "Freilassung der politischen Gefangenen" und "Beseitigung der Zonengrenzen".

      Ich selbst war damals dreizehn Jahre alt. Die gewaltsame Niederschlagung des Volksaufstands hat sich mir tief eingeprägt. Ähnlich betroffen war ich 1956, als sowjetische Truppen die Freiheitsbestrebungen der Ungarn niederwalzten. In beiden Fällen war selbstbestimmtes Handeln zur Erlangung demokratischer Zustände erstickt worden. Wahrscheinlich wurde damals jenes Grundgefühl erzeugt, das mich und den größten Teil meiner Landsleute bis 1989 begleitete: das Gefühl der Ohnmacht.

      Konnte man sich der staatlichen Allmacht anfänglich noch einfach durch eine Reise mit der S-Bahn nach Westberlin entziehen, so verwandelte der Mauerbau am 13. August 1961 die Flucht zu einer Möglichkeit mit tödlichem Risiko. Ich, wir, die Durchschnittsbürger saßen fest hinter der "Mauer". Wir fühlten uns endgültig ausgeliefert. In meiner Erinnerung veränderte dieser verfestigte Zustand von Ohnmacht und Ausweglosigkeit tiefgehend meine und die Einstellung vieler DDR-Bürger zum SED-Regime. Zwar gab es schon in den 50er, den stalinistischen Jahren das Phänomen der Anpassung aus Angst; in der neuen Situation jedoch nahm die Anpassung noch zu, obwohl die nackte Repression nachließ. Zu offensichtlich war das sozialistische System auf Dauer angelegt. Hilfe von außen, also Beistand des Westens, war ausgeblieben: 1953, 1956 und 1961.

      So blieb vielen nur die wenig tragfähige Hoffnung, das System möge sich von innen heraus humanisieren. Eigenständigkeit, unangepaßtes Verhalten und politische Opposition wurden zur Sache von Minderheiten. Die Masse entwickelte Haltungen, die wir als Minimalkonsens und Mindestloyalität bezeichnen können.

      Der Minimalkonsens entwickelte sich durch ein Eingehen auf die Ratio der Herrschenden und eine stärkere Berücksichtigung der Logik des Faktischen. Was stattfand, war eine Selbstentmächtigung durch "höhere Einsicht". Dabei beglaubigten tradierte Wertvorstellungen Teile der neuen Ideologie. Es erfolgte so etwas wie ein "Einleben" in die neue gesellschaftliche und ideologische Umgebung in Form eines schleichenden Übergangs vom Akzeptieren zum Mitmachen bis zum Mitverantworten. Die Regel war dabei kein schlagartiger Bewußtseinswechsel (obwohl es auch Mitglieder der NSDAP gab, die von einem Tag zum anderen zu Anhängern des Kommunismus mutierten), sondern ein Prozeß, bei dem sich in ein und derselben Person neue Einstellungen und Werte Schritt für Schritt neben den alten etablierten.

      Derartiges kennen wir bereits aus der NS-Ära. In christlichen Milieus konnte Hitler beispielsweise religiöse Gefühle durch die Anrufung des "Allmächtigen" instrumentalisieren, in konservativen Kreisen die Neigung zu starker politischer Führung und die Hochschätzung der Nation. Deklassierten Arbeitern und Bauern hingegen machte er ein Integrationsangebot mit egalitärem Pathos und einem Sozialprogramm.

      Nach dem Fiasko des Dritten Reiches fanden die Kommunisten bei Teilen der Intellektuellen und Arbeitern umgekehrt Gehör mit ihrer Forderung nach einer sozialistischen Alternative. Denn das "Monopolkapital" und die "Finanzoligarchie" hatten die Diktatur in den Sattel gehoben; nur eine Macht der Arbeiter und Bauern würde eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung garantieren können. Die Themen Gerechtigkeit und Frieden knüpften zudem an alte Heilserwartungen aus der christlichen Verkündigung an. Bodenreform und sonstige Enteignungen sollten Reichen nehmen und Armen geben - war es nicht Jesus Christus selbst, der die Armen selig gepriesen hatte?

      Zu alledem trat noch ein Element der moralischen Entschuldung: Wer zum kommunistischen Lager gehörte, zählte zu den "Siegern der Geschichte" und war somit Teil der guten Welt des Antifaschismus. Verbündeter der Sowjetunion zu sein befreite automatisch von deutscher, brauner Schuld. Eine kurze Entnazifizierung in der SBZ diente primär dem Elitenwechsel. Viele NSDAP-Mitglieder wurden zu Unrecht bestimmter Verbrechen beschuldigt, während andere, oft stärker belastete, Karrieren in Partei und Gesellschaft machten: Sobald sie ins Lager der Kommunisten überwechselten, waren sie einer substantiellen Bearbeitung eigener Verstrickung und Schuld enthoben.

      Generell gilt offensichtlich: Wenn sich die Herrscher totalitärer Systeme lediglich auf die Furcht der Unterdrückten oder auf negative Gefühle wie Neid, Haß, Atavismus, Sadismus stützten, würden ihre Staaten eher zusammenbrechen. Dauerhafter werden sie, weil aus den positiven Motivschichten heraus der Mechanismus von Akzeptieren, Teilnehmen, Mitgestalten und Mitverantworten entsteht.

      Ist dieser Adaptationsprozeß in den Anfangsjahren der DDR noch von einer deutlich oppositionellen Bewegung begleitet, so wird er in den 60er Jahren dominant. In der evangelischen Kirche, in der ich seit 1965 tätig war, zeigte sich der Umschwung von offener Opposition zu Loyalität (freilich unterschiedlicher Abstufung) beispielhaft.

      Ende der 60er Jahre verabschiedete sich die evangelische Kirche mit ihrer Formel "Kirche im Sozialismus" explizit von der antitotalitären Haltung, wie sie u. a. die Bischöfe Otto Dibelius (Berlin) und Hans Joachim Fraenkel (Görlitz) oder der Studentenpfarrer Siegfried Schmutzler in Leipzig vertreten hatten. Sicher gab es Kapitulanten, sicher gab es inoffizielle Mitarbeiter der Staatssicherheit, die an diesem Prozeß mitwirkten. Entscheidend aber war, daß die Mehrheit der Christen in der DDR Minimalkonsens und Mindestloyalität als rational geboten ansah. Sie verhielten sich wie die Entspannungspolitiker: Der friedliche Ausgleich gewann gegenüber der kontroversen Auseinandersetzung.

      Diese Haltung ebenso wie die spätere Phase der Entspannungspolitik hat ihre eigene Problematik, die ich an einem Zitat von Vaclav Havel deutlich machen will:

      "Ich erinnere mich noch, wie zu Beginn der 70er Jahre einige meiner westdeutschen Freunde und Kollegen mir auswichen aus Furcht, daß sie durch einen wie auch immer gearteten Kontakt zu mir, den die hiesige Regierung nicht gerade liebte (. ..), die zerbrechlichen Fundamente der aufkeimenden Entspannung bedrohen könnten."

      Nicht seiner möglichen Kränkung wegen spricht Havel dieses Thema an, sondern wegen der Anpassung dieser Personen. "Nicht ich war es, sondern sie, die freiwillig auf ihre Freiheit verzichteten."
      Avatar
      schrieb am 09.08.02 13:36:36
      Beitrag Nr. 92 ()
      Vom schwierigen Umgang
      mit der Wahrnehmung
      - Teil 2



      In der Zeit zwischen 1968 und 1980 hatte ich selbst diese Position des "Realismus" übernommen. Der Antikommunismus, den mein Umfeld vertreten hatte und der in der DDR und in anderen Ostblockländern aus einer Fülle von Lebenserfahrungen und Leiden erwachsen war, hatte sich schrittweise verwandelt: An die Stelle der Delegitimierung des Systems war der Wunsch nach einem konstruktiven Dialog und einer zwar kritischen, aber aus taktischen Gründen solidarischen Haltung gegenüber dem real existierenden System getreten. Bei Beibehaltung der prinzipiellen Ablehnung, so glaubte ich damals, wären die Möglichkeiten kirchlichen Handelns stärker gefährdet. Der 35jährige wollte nicht Anhänger einer Ideologie aus Zeiten des Kalten Krieges bleiben. Es erschien ihm erfolgversprechender, die Ideologie von ihrem eigenen Ansatz her in Frage zu stellen -so wie Robert Havemann und Ernst Bloch es taten. Außerdem verfolgten nach 1968 zahlreiche westliche Intellektuelle und zunehmend auch Vertreter der evangelischen Kirche einen kapitalismuskritischen Kurs und hingen verschiedenen sozialistischen Ideen an. Das "Prinzip Hoffnung" bot evangelischen Christen die Möglichkeit, den Sozialismus positiv zu rezipieren. Ohne die real existierende Herrschaft in Ostdeutschland zu exkulpieren, wollten viele Christen in der DDR mit der fortschrittlichen Linken des Westens die Zukunft eher nicht-kapitalistisch imaginieren. Der erwartete Vorteil für jene, die aus taktischer oder auch tatsächlicher Loyalität ihre Haltung änderten, blieb jedoch aus: Die Staatsmacht verweigerte jeden echten Dialog mit der Kirche.

      Im Rückblick erscheint mir der Verlust, den die Taktik des friedlichen Ausgleichs mit sich brachte, höher als der Gewinn. In dem Maße, in dem die Debatten ausschließlich um philosophische und ideologische Probleme, also um Fragen des Überbaus kreisten, gerieten die politische Praxis mit ihren Menschenrechtsverletzungen und das grundsätzliche Legitimationsdefizit der SED-Herrschaft aus dem Blick. Ich war zwar verbunden mit den "fortschrittlichen" Milieus im Westen, deren Meinung ich schätzte, aber ich bezahlte dies mit einem Verlust an Wahrnehmung, Moral und Handlungsfähigkeit. Die Gehorsamsforderungen des Staates, die Militarisierung der Gesellschaft, die ökologischen Desaster, die Kriminalisierung von Ausreisewilligen, die Zersetzungsstrategien der Stasi gegenüber Oppositionellen verschafften der Wirklichkeit zwar Ende der 70er Jahre wieder den ihr gebührenden Platz in meinem Denken. Doch in den Gemeinden diskutierten wir noch bis 1988 häufiger über den Rassismus in der Dritten Welt und die Ungerechtigkeiten des Weltwirtschaftssystems als über die Menschenrechtsverletzungen im eigenen Land. In vollem Umfang ist mir dies erst nach 1989 deutlich geworden. Und so bleiben Fragen.

      Warum habe ich grundlegendes, durch eigene Erfahrung erworbenes Wissen durch fremde, primär "linke" Analysen aus dem Westen ersetzt? Einerseits besaß ich Literatur, die meine kritische Position untermauerte: Manés Sperber, Alexander Solschenizyn, Wolf Biermann und andere verbotene Schriften standen in meinem Bücherschrank. Andererseits habe ich Bücher nicht gelesen, die meine emotionale Abneigung "auf den Begriff" gebracht und mir zu einer vertieften Kenntnis über die Struktur des Politischen im totalitären Staat verholfen hätten. Ich habe keinen Anlaß zu bereuen, daß ich die Bücher von Helmut Gollwitzer, Erhard Eppler oder Dorothee Sölle gelesen habe. Aber warum habe ich beispielsweise Hannah Arendts Texte nicht gelesen? Warum so viel Moralisches über Politik und so wenig Politikwissenschaft? Hatte ich eine Abneigung gegenüber den Fakten? Genügte es mir, eine Meinung über eine Realität zu haben, deren Fakten ich mir nicht bis zum Ende erschlossen hatte?

      Es ist bitter, heute auf derartige Fragen mit Ja antworten zu müssen. Genaueres Wissen hätte mich mit der Frage nach entschiedenerem Widerstand gegenüber dem System konfrontiert, hätte möglicherweise auch größere Einsamkeit innerhalb meines Milieus, den Verlust eines Teils meiner geistigen Heimat nach sich gezogen. Ich war, obzwar in Opposition zum System, Teil einer Gesellschaft geworden, die - nach Hannah Arendt -infolge totalitärer Herrschaft selbst einen Verlust von Wirklichkeit erlitten hatte.


      Neben jenen, die sich durch "höhere Einsicht" entmächtigten, existierte aber noch die große Gruppe derer, die sich "durchwurstelten". Sie gab dem Staat opportunistisch das geforderte Ja - man darf vermuten, daß es ein Aber gab -, nur selten oder insgeheim durfte sich jedoch das Nein zeigen. Unüberzeugte Minimalloyalität wurde zum Kennzeichen breiter Kreise in den späten DDR-Jahren. Um im gesellschaftlichen Leben nicht zu Außenseitern zu werden, paßten sie sich nach außen an, im Freundes- und Familienkreis konnten sie allerdings entgegengesetzte Meinungen vertreten. Nach dem Prinzip der Drehbühne stellten viele die jeweils nützliche Einstellung in den Vordergrund - sie waren affirmativ und kritisch zugleich. Doppel- und Mehrfachidentitäten wurden zur Normalität.

      Es geht nicht darum, den moralischen Zeigefinger zu erheben und über Charakterschwäche zu räsonieren. Das Aufzeigen solcher Mechanismen soll vielmehr den Grad einer politischen Entfremdung verdeutlichen, die nicht nur aus Opportunismus, sondern vor allem aus Angst erwachsen war. Im kollektiven Gedächtnis waren die Schrecken des frühen Terrors aus stalinistischer Zeit lebendig geblieben, und der übergroße Geheimdienst, das brutale Grenzregime, die unnachsichtige Verfolgung politisch Oppositioneller ließen selbst in den 80er Jahren die Rückkehr zu stalinistischen Methoden jederzeit als denkbar erscheinen. Zur Bestätigung dieser Vermutung dienten die Niederschlagung des Prager Frühlings 1968, die Verhängung des Kriegsrechts in Polen 1981 und das Massaker auf dem Tienanmen-Platz 1989 in Peking.

      Zwar erlebten wir in den letzten Jahren vor 1989 einen Kommunismus in der DDR, der nicht mehr mordete und folterte. Dankbare Zeitgenossen haben deshalb allerlei euphemistische Bezeichnungen für diese Ära ersonnen. Eine nüchterne Betrachtung der politischen Verhältnisse wird dennoch zu einem Urteil gelangen, das den Kommunismus ebenso als totalitär einstuft wie den Nationalsozialismus.

      Die Unterschiedlichkeit der Ideologien fällt zwar sofort ins Auge. Auch der Vergleich der Staatsformen, der Staatsorgane und des geschriebenen Rechts ergibt größere Differenzen als Übereinstimmungen. Wer jedoch die konkrete Herrschaftstechnik vergleicht, die dienstbare Rolle des Rechts und den permanenten Einsatz von Terror, der findet genauso Ähnlichkeiten wie bei der Untersuchung der Folgen staatsterroristischer Herrschaft auf die Bürger. Ins Auge fallen die Einschränkungen von Individualität und eine starke Entsolidarisierung. Angst um den Erhalt des Lebens oder die Aufstiegsmöglichkeiten trennt die anpassungsbereiten Mehrheiten von Minderheiten, die anders denken und leben und im Extremfall als Feinde, Abweichler oder Schädlinge ausgegrenzt, ja massenhaft eliminiert werden.

      Totalitäre Herrschaft hat Folgen. So wie ein Krieg noch lange nach seinem Ende eine Spur der Verwüstung in den Seelen der Überlebenden Tätern wie Opfern - hinterläßt, so zeichnet auch totalitäre Herrschaft Spuren von Verstörung und Zerstörung in die Seelen. Nur fallen die seelischen Folgen nicht so unmittelbar ins Auge wie die Ruinen nach dem Krieg oder die ökologischen und ökonomischen Desaster, die wir nach dem Zusammenbruch des Sozialismus erlebten.

      Den Kommunismus als absolutistisch oder despotisch zu beschreiben scheint mir nicht ausreichend. Wir stehen vor gigantischen Menschheitsverbrechen, und bei allem Streit um Definitionen darf nicht verkannt werden, daß neben dem Nationalsozialismus auch mit dem Kommunismus in diesem Jahrhundert ein Qualitätssprung ins Negative erfolgt ist.


      Statt des neuen Menschen erblicken wir am Ende des Jahrhunderts den nachhaltig verstörten Menschen, statt der neuen Gesellschaft die zerstörte Gesellschaft. Ob als Frucht der abendländischen Aufklärung, wie dem Skeptiker scheinen mag, oder als Flucht aus der Aufklärung, wie der Optimist hoffen mag: So real wie blutig ist tatsächlich "einmalig" Neues entstanden. Neben den Demokratien stellen die neuen totalitären Systeme das andere Gesicht der Moderne dar. Man hätte den Erkenntnissen Hannah Arendts aus der Nachkriegsära und den Totalitarismustheorien in den letzten zwanzig Jahren eine sensiblere Beachtung gewünscht. Die modische Verwerfung von Begriff und Theorie hat der westdeutschen Kommunismusrezeption mehr geschadet als genützt. Es entstand ein Defizit an Erkenntnissen.

      Hinter dem Eifer vieler Kritiker der Totalitarismustheorie standen oft andere als wissenschaftliche Motive. Viele fürchteten, mit der Delegitimierung der linken Diktatur zu eng an jene heranzurücken, die sich vor der Aufarbeitung der rechten Diktatur drückten. Dabei produzierte die Furcht vor der Einseitigkeit des rechten die Einseitigkeit des linken Lagers. Außerdem erschien der Linken eine Kritik des Kapitalismus aufgrund seiner Verbindung zum Nationalsozialismus dringender als eine Kritik des Sozialismus - der angeblich trotz all seiner Fehler einzigen Alternative. Wer diese Engführung im Denken hätte aufbrechen können, wurde ausgegrenzt: seit jeher die "Renegaten", d. h. die abtrünnigen Kommunisten; in den letzten zwanzig Jahren die osteuropäischen Dissidenten und ganz generell unvoreingenommene Zeitzeugen aus den Ländern des real existierenden Sozialismus. Statt die inoffizielle Sicht von unten einzubeziehen, beschränkte sich die jüngere westdeutsche DDR-Forschung weitgehend auf die Erforschung der offiziell zugänglichen Materialien. Nicht selten analysierte sie Potemkinsche Dörfer.

      Um die Auffassung vom sozialistischen System als "an sich" besserer Alternative aufrechterhalten zu können, mußte auch sein Repressionsapparat marginalisiert werden. Dabei hätte beispielsweise eine Analyse seiner Funktionen höchst aufschlußreich für die Charakterisierung des politischen Systems sein können. Welche Rolle spielte der Sicherheitsdienst in den verschiedenen Phasen bei der Ausmerzung alles Anderen? War die Verwandlung von nacktem Terror in flächendeckende Überwachung und Kontrolle gleichbedeutend mit einer Liberalisierung? Was besagt ein gigantischer Apparat von 90 000 Hauptamtlichen für nicht einmal 17 Millionen Einwohner - wie in der DDR - über die Stabilität des Staates? Brauchten die kommunistischen Regierungen den Sicherheitsdienst nicht genauso als Stabilitätsersatz wie das Militär oder die zentralistisch dirigierte Kaderpolitik?

      Das Wissensdefizit begünstigte ein Haltungs- und Handlungsdefizit. Ein stärkeres Bewußtsein von der Gewalt nicht legitimierter Macht hätte eine stärkere Abgrenzung gegenüber den Ansprüchen der SED-Machthaber und einen anderen Umgang mit der DDR-Opposition nach sich gezogen. Es ist zwar nicht sicher, ob auch eine realistischere Zukunftsplanung unter Einbeziehung der Wiedervereinigung erfolgt wäre. Sicher hingegen ist, daß eine umfassendere Analyse des sozialistischen Deutschland dem demokratischen Deutschland einen Zugewinn an Selbstbewußtsein erbracht hätte.

      Ich meine damit nicht ein Mehr jenes platten Bewußtseins, daß man mehr sei, wenn man mehr habe. Vielmehr meine ich, daß das politische Selbstbewußtsein der Westdeutschen durch einen exakten Vergleich mit der DDR ein deutliches Plus erfahren hätte. Die westdeutsche Realität wäre zwar nicht als das "Gute", aber doch als das deutlich weniger Schlechte bewußt geworden. Die sozialistischen Wirtschaftsverhältnisse sollten zwar zur Befreiung von der Knechtschaft des Kapitals führen. Tatsächlich aber haben die Abschaffung des Marktes und die Verweigerung der Mitbestimmung zu einem wirtschaftlichen Ruin geführt. Und die Entfremdung im realsozialistischen System sollte sich als gravierender erweisen als jene, die Marx als Ergebnis kapitalistischer Wirtschaftsverhältnisse kritisierte.

      Zwar sind die westlichen Gesellschaften nicht im seligen Hafen von Freiheit, Gleichheit und Geschwisterlichkeit angekommen. Der Weg der Demokratien ist auch ein Kurs durch zahlreiche Klippen. Aber die Demokratie intendierte und entwickelte den politischen Raum, der allen Bürgern geöffnet ist und Partizipation auch tatsächlich ermöglicht. Indem sie Grund- und Bürgerrechte definierte und verwirklichte, gelangte so auch der Lohnabhängige schrittweise zu einer Freiheit und Würde, die in vordemokratischer Zeit nur Minderheiten vorbehalten waren.

      Es ist das elementare Verdienst der parlamentarischen Demokratie, die eigene Würde und den Wert des Systems nicht ideologisch gesetzt und durchgesetzt zu haben -vielmehr schafft sie den Raum, in dem freie und ermächtigte Individuen und Gruppen ihre Lebensentwürfe durch Kontroverse und Konsens, Gestaltung und Herrschaft aushandeln. Wert und Würde der Demokratie wachsen so von unten her in dem Maße, wie Freiheit und Würde des Bürgers wachsen.

      Freie Wahlen, gleiches Recht für alle, eine Verfassung, die die Menschen und Bürgerrechte schützt, und eine Gewaltenteilung verleihen der Demokratie eine Legitimation, an der es dem sozialistischen System immer gemangelt hat. Wenn dazu noch eine Sozialgesetzgebung tritt, die die Verelendung ausschließt, wenn Bürgerrechte wie Meinungs- und Pressefreiheit geschützt sind, die eine Kritik an Mißständen ermöglichen, wenn dazu eine Verwaltungs- und Verfassungsgerichtsbarkeit existiert, die dem Einzelnen auch gegenüber dem Staat zum Recht verhelfen kann, dann liegt die Überlegenheit der Demokratie eigentlich auf der Hand. Doch wo, wie im Westen, Unfreiheit abwesend ist, pflegen die Vorteile der Freiheit zu verblassen.

      Wer, wie viele Menschen im Osten, noch die Erinnerung an totalitäre Herrschaft in sich trägt und noch vertraut ist mit der realen Entmächtigung jener Zeit, der könnte deswegen die einäugige Sichtweise auf den Kommunismus überwinden helfen. Denn wie schwach muß der Antifaschismus derer sein, die, in altem Anti-Antikommunismus befangen, die Sprache der Fakten fürchten und der Analyse des Kommunismus Zügel anlegen. Die Wahrnehmung der "schwarzen" Tatsachen roter Herrschaft läßt nur eine Einstellung zu: den antitotalitären Konsens aller Demokraten, der die intellektuelle und politische Äquidistanz gegenüber Demokratie und Sozialismus verbietet.

      (Zitiert nach "Schwarzbuch des Kommunismus", München 1998, S. 885-894.)
      Avatar
      schrieb am 14.08.02 16:00:55
      Beitrag Nr. 93 ()
      Nach der Vertreibung aus dem paradiesischen Thread "Wie man probelme auf amerikanisch löst", in dem "antigone" und "Deep Thought" ungestört sein wollen, biete ich diesen Thread hier für alle in diesem Posting bislang Ungenannten als Alternative an.
      Und ein bißchen Zeit habe ich heute doch noch für Dich, Punk24. Sagen wir: noch eine Stunde.
      Was an meinen Postings störte Dich?
      Avatar
      schrieb am 17.08.02 14:53:32
      Beitrag Nr. 94 ()
      Vorläufige Schlussbemerkung für die interessierte Öffentlichkeit

      Eigentlich habe ich angesichts der Probleme, die andere Menschen gerade in den Gebieten der Hochwasserkatastrophe haben,
      (-> Spendenkonten unter :
      http://www.tagesschau.de/intern/0,2048,SPM4432,00.html

      wenig Lust dazu, das folgende über meine mickrigen Probleme zu "posten", aber ich will mich heute für mindestens zwei Wochen von "Wallstreet-Online" verabschieden - zum Ersten mal, weil ich in einer Gegend ohne größere PC-Zugangsmöglichkeiten unterwegs sein werde.
      Vor einer längeren Reise ist es bei halbwegs gelungener Erziehung üblich, sich von Freunden und Bekannten zu verabschieden, was ich hiermit gerne tun möchte. Übrigens bedaure ich, daß ich in den letzten Tagen wenig Zeit hatte, die zwei (oder mehr?) Threads zu lesen, die sich mit mir beschäftigten, für die ich aber auch sehr herzlich danken möchte.
      Zum Zweiten möchte ich darüber hinaus noch eine Erklärung für ein möglicherweise "w: o " - Fernbleiben auf Dauer bringen.
      Als erstes möchte ich allen für ihre Freundlichkeit und Unterstützung danken, die meine Threads bisher für interessant hielten und mir alle möglichen Tipps und Ratschläge gegeben haben. Mir fallen leider gar nicht alle ein, denen ich für die letzten Jahre zu danken hätte, aber besonders nennen möchte ich doch stellvertretend für viele andere: "Nussie", "Jagger2000" und "Iguana".

      Und nun kommen wir zu meiner Erklärung, die Eingeweihte vermutlich an eine Pressekonferenz von Gregor Gysi erinnern wird: ;)

      Ich habe da aber wirklich ungefähr drei Probleme mit den Ansprüchen an mich selbst und andere, mit denen ich nicht klarkomme:
      Ich glaube, ich bin seit Mitte 2000 "w: o " - User und am vergangenen Mittwoch - wenn ich mich recht erinnere - zum ersten Mal wegen eines Postings gesperrt worden und das auch noch VÖLLIG ZU RECHT !!!

      (Ich habe meine Sperrung allerdings erst am folgenden Tag bemerkt, weil ich sofort nach meinem "Rundumschlag" gegangen war. Ich gehe nämlich normalerweise vom PC weg, wenn ich so wütend bin, daß ich meine Kommata nicht mehr richtig setze. Diesmal leider trotzdem zu spät!)
      Bei meinem letzten Posting # 100, das in jenem absonderlichen Thread zu Recht gelöscht wurde, war ich so derartig wütend und außer mir, daß mir die ziemlich erstaunliche Leistung gelang, DIE ICH SEHR BEDAUERE, in zwei oder drei Sätzen fast allen anderen Diskussionsteilnehmern Rassismus, Antiamerikanismus, Antisemitismus und Mitschuld an Massenmord aus diesen Motiven heraus vorzuwerfen. DAS TUT MIR LEID UND ICH ENTSCHULDIGE MICH DAFÜR.
      Leider war es in den vergangenen Jahren auch immer mein Bestreben und mein Anspruch, niemals so direkt auf das Niveau meiner Kontrahenten zu gelangen. Jetzt ist es doch passiert und auch wenn Ihr es witzig finden solltet, weil es nach Gysi klingt:
      Das ist Punkt Eins meiner demolierten Ansprüche, die ja völlig daneben gingen. Ich komme damit irgendwie nicht zurecht und ziehe mich daher aus allen meinen Threads erst mal auf unbestimmte Zeit zurück.
      Dann gibt es noch zwei Punkte mit meinen Ansprüchen, diesmal an andere:
      Ich bin das erste Mal so richtig wütend geworden, als das folgende Posting an mich kam, das dankenswerter Weise später vom "BoardMod" gelöscht wurde und von dem ich noch Auszüge aus den noch erhaltenen Teilen bringe, um meinen Ärger zu erklären. Was ich nicht verstehen kann, ist, daß außer dem "BoardMod" nur "Rainer6767" diese Ausdrucksweise kritisiert hat und alle anderen Diskussionsteilnehmer hinterher sich ganz "auf mich konzentriert" hatten.
      Es folgen Auszüge aus dem gelöschten Posting # 57, die an mich gerichtet waren, die in dem betreffenden Thread immer noch erhalten sind, weil ich sie selbst wiederholte, um darauf aufmerksam zu machen und die ich selbst hier nochmals wiederhole, um meinen Wutausbruch zu erklären. (Das heißt, ich wünsche nicht, dass diese gelöscht werden oder ich vielleicht nur wegen der Wiederholung gesperrt werde) :

      du bist einfach zwanghaft in Deiner bescheuerten anklagenden Art, ...
      ... (als Du noch in Windeln geschissen hast, falls überhaupt geboren) ...
      ... Du bist derart beknackt, ...
      ...ich kann dein virtuelles Geheule hier nicht mehr ertragen...
      ... Dein Spatzenhirn...
      ... Du Pfeife ...
      ... Du bist verdammt eingebildet, mein Kleiner ...
      ... Dir frechem, eingebildeten Nichts an Würstchen ...
      ... solche verzogenen Kinder wie Dich, solche überheblichen Gewinnler gibt es unter diesen liebenswerten Menschen gottseidank nicht. ...
      ... US-ergebenen Dünnpfiff daher, sondern haben ihr Herz und Hirn NACH Erreichen ihres Zieles nicht wie Du aus- , sondern weiterhin angeschaltet. ...
      ... Es mag ja Menschen geben, die Du mit deinem pfauenhaften und machomäßigem Gehampele und Imponiergehabe beeindruckst, aber bei lebenserfahrenen und reifen Menschen dürfte das so gut wie ausgeschlossen sein.


      Dieses Posting und die meiner Meinung kaum vorhandene Wahrnehmung von dessen Beleidigungen, die mich erst richtig wütend machten, durch andere Diskussionsteilnehmer ist der zweite Punkt mit meinen demolierten Ansprüchen, mit denen ich nicht klarkomme, und wegen dem ich mich zurückziehen werde.
      Ich fand es sowieso schon sehr bemerkenswert, daß solche Äußerungen grundsätzlich meistens von "Verteidigern der Freiheit" kommen, die meine Meinung aber nicht in ihren Threads haben wollen. Wenn so mit der Meinungsfreiheit anderer umgegangen wird und alle das normal finden sollten, dann bin ich hier tatsächlich am falschen Ort und sollte wirklich verschwinden.

      Völlig ausgerastet bin ich dann später, als noch dieses Posting eines anderen Diskussionsteilnehmers kam

      #86 14.08.02 16:07:57 Beitrag Nr.: 7.123.175 7123175

      Menschen in sozial bedränkter Lage neigen dazu, unter den Rockschößen der der Macht hervorzubellen; sie hoffen auf Aufmerksamkeit, die sie a u f den Schoß befördert - ob es sich um einen Lumpenproletarier als Streikbrecher handelt oder um einen arbeitslosen Magister, den die Aufmerksamkeit meinetwegen zu t-tv befördern soll.

      Auryn sucht einen Job, wie er in einem anderen Thread geschrieben hat.


      Meine wütende Replik darauf war natürlich auch beleidigend und überzogen, nämlich: diese Äußerung wäre wohl "haßerfüllt" und basiere vielleicht auf "Antisemitismus". DAS BEDAURE ICH !
      Andererseits verstehe ich nicht, wie man meine Threads kennen und dann glauben kann, daß ich hier andere Meinungen angreife, um mir einen "Bewerbungs-Vorteil" zu verschaffen.
      Also ich muß schon sagen, daß mich das zuerst fast sprachlos gemacht hat; daß ich nicht verstehe, wie man auf diesen Gedanken kommen kann. Ich soll hier also womöglich seit zwei oder mehr Jahren Threads eröffnen und mit den Leuten diskutieren, nur in der perfiden Absicht, in "vorauseilendem Mobbing" (das wurde mir dann noch gleich anschließend unterstellt, oder?) mich bei möglichen zukünftigen "mächtigen Arbeitgebern" einzuschleimen, ja?
      Diese Aussagen wurde auch von keinem anderen Diskussionsteilnehmer als von mir kritisiert bzw. zurückgewiesen.
      Und das ist der dritte und letzte Punkt meiner demolierten Ansprüche an mich und andere, mit dem ich nicht zurechtkomme, und wegen dem ich mich zurückziehen werde:
      Wenn mir alle anderen Diskussionsteilnehmer zutrauen, daß ich wirklich so ein A....loch sein sollte, daß ich andere hier "mobbe", um mich damit irgendwann bei irgendeinem noch größeren A....loch zu bewerben, dann bin ich hier wirklich am falschen Ort und dann gibt es keinerlei Gemeinsamkeiten mehr zwischen mir und denen, die mir so etwas zutrauen.


      Daher sollte ich mich vielleicht tatsächlich von "Wallstreet-Online" zurückziehen, bevor meine Diskussionen diese Form annehmen:



      Ein Gesellschaftsspiel der besonderen Art
      unter "idealistischen" Intellektuellen

      1951 war der Begriff des Psychodramas noch weitgehend unbekannt. An Silvester kam ich gegen Mitternacht mit Claire von einer Familienfeier zum Neujahrsfest meiner zweiten "Familie" bei Pierre Courtade [ein kommunistischer Journalist und Schriftsteller]. Es herrschte ausgelassene Stimmung, und alle waren schon ziemlich betrunken. "Wir haben nur noch auf dich gewarte te!" riefen meine Genossen. Dann erläuterte man mir das Spiel. Jean Duvignaud [ein Kunsthistoriker] erklärte, jede Zeit erfinde ihr eigenes literarisches Genre: die Griechen die Tragödie, die Renaissance das Sonett, das Zeitalter der Klassik den Fünfakter in Versform mit der Einheit von Raum, Zeit und Handlung usw. Auch das "sozialistische" Zeitalter habe "sein" Genre gefunden: den Moskauer Schauprozeß. Die Neujahrsgesellschaft hatte also, nachdem sie ein wenig getrunken hatten, beschlossen, "Prozeß" zu spielen. Sie warteten nur noch auf einen Angeklagten, und der sollte ich sein. Roger Vailland [ein kommunistischer Schriftsteller] hatte bereits die Rolle des Staatsanwalts übernommen, und Courtade war der Pflichtverteidiger. Ich brauchte nur noch meinen Platz auf der Anklagebank einzunehmen. Vergeblich versuchte ich mich zu wehren, schließlich ließ ich mich auf das Spiel ein. Die Anklage war unerbittlich: Mir wurden Vergehen gegen zehn Artikel des Strafgesetzbuches zur Last gelegt: Sabotage des ideologischen Kampfes, Einvernehmen mit dem Klassenfeind, Verschwörung mit kosmopolitischen Spionen, philosophischer Hochverrat usw. Als ich während des Verhörs zu argumentieren versuchte, wurden der Staatsanwalt, der Anwalt und die Zeugen der Anklage wütend und beleidigend. Das Plädoyer meines Verteidigers war erschreckend: Da es mildernde Umstände gebe, solle man mir die Gnade erweisen, mich so schnell wie möglich von der Last meines Lebens zu befreien. Infolge des Alkohols wurde das Theater schließlich zum Alptraum, die Farce verletzend. Als das Urteil gesprochen wurde (selbstverständlich ein Todesurteil), erlitten meine Ehefrau und eine zweite Frau aus dem "Saalpublikum" einen Nervenzusammenbruch. Alle schrien durcheinander, weinten, suchten nach Riechsalz im Medikamentenschrank, tränkten Tücher mit kaltem Wasser. Der Staatsanwalt, der Verteidiger und ich selbst, der Angeklagte, bemühten sich um die weinenden Frauen. Wahrscheinlich war ich der einzige, der nicht betrunken war, aber ich war nicht der einzige, der sich schämte.

      Heute weiß ich: Wir waren damals verrückt. Es gibt vielleicht einen Geisteszustand, in dem der Wahnsinn die Verantwortlichkeit schwächt. Aber bevor es soweit kommt, ist der Verwirrte häufig nicht jemand, den seine Demenz von der Last der Verantwortung befreit, sondern jemand, der sich für den Wahnsinn entscheidet, um dem Knoten zu entkommen, der ihn erdrosselt, und den er nicht durchzuschneiden wagt.

      Dabei war unsere Verwirrung nur die Folge einer historischen Verwirrung. Wir rationalisierten und verinnerlichten einen allgemein verbreiteten Wahnsinn.

      (Claude Roy, "Nous", Paris 1980, S. 389f)

      So, jetzt muß ich wieder weg, bevor ich noch mal "sonderbar" werde.
      Schließlich danke ich noch allen, die sich mir gegenüber "neutral" verhielten, auch wenn ihnen meine Meinung nicht gefiel. Und denen, die mich wegen meiner Meinung vielleicht wirklich hassen sollten, wünsche ich dasselbe wie der sterbende Mercutio bei Shakespeare es wünscht.
      Avatar
      schrieb am 30.08.02 19:25:37
      Beitrag Nr. 95 ()
      Film-Tipp des Tages:

      Heute, Freitag, 30.08., ARD, 21.45 Uhr !
      Avatar
      schrieb am 03.09.02 18:53:25
      Beitrag Nr. 96 ()
      Eigentlich wollte ich mich ja gar nicht mehr an den "netten Thread" erinnern, den ich hier unter Posting # 93 erwähnt hatte, aber ich hatte damals schon etwas dazu geschrieben und ich dachte, es wäre doch immerhin schade, wenn der dazugehörige Spiegel-Artikel am Ende dieses Postings vergessen werden und hier unter "W : O " überhaupt nie zu lesen sein würde.
      Leider vergaß ich in jenem denkwürdigen Thread mit den netten Bezeichnungen für meine Wenigkeit (bzw. D.T.s "Nichts von einem Würstchen" , wobei er wieder mal seine hinreißende Argumentationsfähigkeit unter Beweis gestellt hatte) auf dieses folgende, interessante und noch akzeptable Posting einzugehen, für das ich am darauffolgenden Tag bereits eine Antwort vorbereitet hatte, bevor mir meine Sperrung überhaupt auffiel.
      Die Zitate aus dem "Schwarzbuch des Kommunismus" sind "kursiv" gehalten, die Kommentare des Gesprächspartners, der eine weitere Diskussion zunächst nicht mehr für sinnvoll erachtete, sind in "normaler" Schrift, meine damals nicht mehr gebrachten Repliken sind "fett" gedruckt.

      #83 14.08.02 15:58:41 Beitrag Nr.: 7.123.034 7123034
      Dieses Posting: versenden | melden | drucken
      auf sämtliche details der geschichtsklitterung in # 59 einzugehen, würde bände füllen. diese verkürzte sicht der welt scheint vor allem darum bemüht, den feind im anderen lager zu finden. der wahrheitsfindung dient es nicht. dann dabei tut es zum
      beispiel nichts zur sache, dass man den steinzeitkommunismus eines pol pot in kambodscha nicht unabhängig von der vorausgegangenen entwicklung sehen kann, die mit der zerstörung kambodschas durch eine völkerrechtswidrige bombardierung
      der amerikaner beginnt.... usw.
      Wobei man diese Bombardierung nicht ohne den Vietnam-Krieg und die Machtergreifung Castros in Kuba sowie die daraus resultierende Domino-Theorie betrachten kann, deren impliziten Irrtum man damals nicht erkennen konnte, da sich der Machtbereich des totalitären Kommunismus ständig erweiterte.

      auf einige details möchte ich eingehen:

      Der Tod eines ukrainischen Kulakenkindes, das das stalinistische Regime gezielt der Hungersnot auslieferte, wiegt genauso schwer wie der Tod eines jüdischen Kindes im Warschauer Ghetto, das dem vom NS-Regime herbeigeführten Hunger
      zum Opfer fiel.


      der tod eines lateinamerikanischen kindes ist aber doch wohl nichts anderes? die tendenz dieses buches scheint darin zu bestehen, systematisch die verbrechen des real existierenden us-kapitalismus unter den tisch kehren zu müssen. eben deshalb
      ist es ebenso notwendig, diese zu benennen... und zwar auch im eigenen interesse.

      Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass der Tod eines "Kulakenkindes" oder eines "jüdischen Kindes" durch die offizielle totalitäre Regierungspolitik ausdrücklich und in Dokumenten BEFOHLEN worden war, wie man anhand der heute zugänglichen Archive nachlesen kann. Dies war kein euphemistisch sogenannter "Kollateralschaden" der totalitären Systeme wie vielleicht im Falle der USA, sondern millionenfach geplanter und fabrikmäßig durchgeführter Massenmord. Vergleichbares mit Zehntausenden von Sklavenlagern und millionenfachen Massenvernichtungsplanungen hat es in demokratischen Systemen niemals gegeben - nein, auch nicht bei der Indianerverfolgung vor 150 Jahren!

      Dieser Vergleich stellt die Einzigartigkeit von Auschwitz nicht in Frage - die Aufbietung modernster technischer Ressourcen, das Ingangsetzen eines regelrechten industriellen Prozesses, die Vernichtungsmaschinerie der Vergasung und
      Leichenverbrennung.


      es ist schon interessant, dass diese wohlgesetzten worte an dieser stelle immer nochmal extra angeführt werden. aber es ist natürlich höchst bedenklich, dass genau die notwendig erscheint. so, als traue man den eigenen worten selbst nicht recht.
      tatsache ist, das das industrielle ns-mörderregime des 20. jahrhunderts in seiner planung auf dem mondersten stand der zeit arbeitete. wie das die amerikaner im übrigen mit ihren spezialbomben in afghanischen höhlensystemen tun oder durch den
      flächendeckenden einsatz von dow chemicals und boehringers agent orange in vietnam. man betreibt eben die massenausrottung ganzer völker auf dem stand des jeweiligen industriellen fortschritts. nicht mehr auf dem niveau des 19. jahrhunderts,
      als man im kongo unter belgischer kolonialherrschaft zehn millionen menschen durch gnadenlose sklavenarbeit - oder im nazi-deutsch: arbeit macht frei - in einem zeitraum von gut 20 jahren vernichtet hat. auch das eine einzigartige leistung des
      belgischen königshauses, seiner zuarbeiter und weggucker.

      Worauf beruht Deine Zahl von 10 Millionen Toten in "Belgisch-Kongo" und in welchem
      Zeitraum?


      Die Feststellung unterstreicht aber eine Besonderheit vieler kommunistischer Diktaturen: den systematischen Einsatz des Hungers als Waffe. Das Regime kontrolliert in der Regel alle verfügbaren Nahrungsmittelvorräte, teilt sie aber, manchmal
      nach einem ausgeklügelten Rationierungssystem, nur nach "Verdienst" beziehungsweise "Verschulden" der jeweiligen Menschen aus. Dieses Verfahren kann so weit gehen, daß gigantische Hungersnöte entstehen. Es ist daran zu erinnern, daß
      es in der Zeit nach 1918 ausschließlich kommunistische Länder waren, in denen Hungersnöte auftraten, mehr als 100.000, ja sogar Millionen Todesopfer forderten. Noch im vergangenen Jahrzehnt haben zwei afrikanische Länder, die sich offiziell
      "marxistisch-leninistisch" nannten - Äthiopien und Mogambique -, solche verheerenden Hungersnöte durchgemacht....


      ganz verschwiegen werden dabei die über 20 millionen hungertoten, die seit dem zweiten weltkrieg in den ländern der erde gezählt werden konnten, die keineswegs kommunistisch regiert waren. sie sind vielmehr ganz zufällig opfer eines wirtschaftssystems, das vorgibt, dem der kommunisten weit überlegen zu sein. auch das sollte einem zu denken geben.

      Ich war beim Lesen dieser Beschreibung der Hungersnöte mit über 100.000 Toten ausschließlich in kommunistisch regierten Staaten auch etwas überrascht, aber mir fielen auch nach dem Wälzen anderer Bücher keine Länder ein, in denen eine einzelne Hungersnot über 100.000 Tote gefordert hätte. Sicher gab es Hungersnöte seit 1918 auch in nicht-kommunistischen Ländern, aber nicht mit einer solchen Menge von Toten. Ich fürchte jedoch, in der Zukunft wird sich dies durch den Klimawandel ändern.

      Interessiert Dich übrigens noch dieser Spiegel-Artikel zur Rezeption des von Dir so verachteten Buches?:

      d e r s p i e g e l 2 7 / 1 9 9 8 vom 26.06.1998, S. 176 ff.
      Z E I T G E I S T

      D i e W i r k l i c h k e i t w i r d a u s g e p f i f f e n


      Das auf deutsch erschienene "Schwarzbuch des Kommunismus" erregt die Gemüter - vor allem jene Linken, die vom Gulag immer gern geschwiegen haben. Von Reinhard Mohr *

      Zum Buch:
      Stéphane Courtois und andere: "Das Schwarzbuch des Kommunismus". Piper-Verlag, München, Zürich;


      Im März 1990 wurde im Tagungssaal des Zentralkomitees der SED am Werderschen Markt in Ost-Berlin ein denkwürdiger Film gezeigt. Die in PDS umgetaufte einstige Staatspartei der DDR hatte zur öffentlichen Vorführung eines sowjetischen Dokumentarstreifens über das erste Zwangsarbeitslager geladen, das noch zu Lebzeiten Lenins, am 6. Juni 1923, eingerichtet worden war: Solowki, die "Wurzel des Gulag", wie es im Kommentar hieß. Etwa 60 Menschen verloren sich in der heiligen Halle des soeben zusammengebrochenen DDR-Sozialismus und sahen zu, wie der Dichter Maxim Gorki 1929 dem Vorzeige-Lager einen Besuch abstattete. Freilich bekam er nur das extra für ihn errichtete, blitzsaubere Potemkinsche Sträflingsdorf zu Gesicht - die "blutige Treppe", über die gefesselte Häftlinge hinabgestoßen wurden, bis sie als blutige Klumpen Fleisch ihr Leben ließen, wurde ihm vorenthalten. Auf das Versprechen, daß ein paar Gefangene freigelassen würden, sang er das Lob der Sowjetmacht. Titel seiner Reportage: "Unsere Errungenschaften". Als das Licht im Saal wieder anging, herrschte einige Sekunden lang Schweigen - dann kehrten die Worte zurück. "Außergewöhnliche Methoden" im russischen Bürgerkrieg dürften nicht mit dem späteren Terror in eins gesetzt werden, erklärte der Moskauer Parteihistoriker Wladlen Loginow: "Gewalt ist nicht Gewalt. Man darf sich nicht an Äußerlichkeiten orientieren." Sein Kollege Firsiw ergänzte, daß zu Zeiten Lenins "noch streng wissenschaftlich argumentiert" worden sei, während es später die bekannten "Deformationen" gegeben habe. Eine Dame fragte schüchtern, wer denn eigentlich unterscheiden könne, was der Klassenfeind und was das Volk sei. "Man traut sich ja sonst nichts. PDS", machte ein rot beschriftetes Bettlaken Mut zur munteren Vergangenheitsbewältigung. Acht Jahre später, im Juni 1998, versinkt eine Diskussionsveranstaltung in West-Berlin über das gerade auf deutsch erschienene "Schwarzbuch des Kommunismus" (SPIEGEL 48/1997) trotz mehrfachen Eingreifens der Polizei im grotesken Tumult*. Drei Dutzend pöbelnde Twens aus der "Jeunesse dorée der postkommunistischen Nostalgie" ("taz" ) sorgen mit Trillerpfeifen und Sprechchören dafür, daß aus der ernsthaften Debatte über die Bilanz stalinistischer Verbrechen im 20. Jahrhundert ein lärmendes Spektakel wird, in dem der Faschismus abermals verdammt und der Kommunismus gepriesen wird. "Im Land der Täter von Auschwitz darf die Relativierung dieses Menschheitsverbrechens nicht als akzeptabler Diskussionsbeitrag hingenommen werden", dekretiert ein Flugblatt der politisch korrekten Zensurfreunde. Schöne junge Frauen, "den Furor christlicher Märtyrer im Blick" ("Frankfurter Rundschau" ), entrollen ein Transparent mit der Aufschrift "Wer zählt die Opfer des Kapitalismus?" und rufen dem französischen Mitautoren des Schwarzbuches, Stéphane Courtois, zu: "Scheiß-Aufklärung. Spring doch vom Eiffelturm!" Die Berliner Travestieshow dummdreister Provokation blieb unter den verschiedenen Podiumsdiskussionen die Ausnahme, doch trägt die ganze bisherige Auseinandersetzung mit der deutschen Ausgabe des Ende 1997 in Frankreich veröffentlichten "Schwarzbuch des Kommunismus" durchweg travestiehafte Züge. Dieselben Linken, die nichts dabei finden, daß der grüne Vorstandssprecher Trittin die Bundeswehr kurzerhand in die verbrecherische Tradition von Hitlers Wehrmacht stellt, entsichern ihre geistigen Handfeuerwaffen, wenn auch nur der Versuch unternommen wird, Kommunismus und Faschismus als totalitäre und mörderische Systeme zu "vergleichen" - was ja keineswegs bedeutet, sie "gleichzusetzen". Auch 60 Jahre nach den stalinistischen Schauprozessen gibt es sie noch, die Tabuwächter jener großen Menschheitsutopie, die um keinen Preis "angeschwärzt" werden darf. Ein Fortschritt ist immerhin zu verzeichnen: Als nach dem Zweiten Weltkrieg Arthur Koestlers antistalinistischer Schlüsselroman "Sonnenfinsternis" in Paris erschien, kauften die französischen Kommunisten alle greifbaren Exemplare auf und vernichteten sie. Das ist dem "Schwarzbuch" nicht widerfahren. Man reibt sich die Augen und glaubt es kaum:

      Das "Elend linker Immunisierungsversuche" Die ideologiegetränkte Abwehr funktioniert, und die Verdrängung historischer Tatsachen kennt weder Zeit noch Grenzen

      Ob 1945, 1990 oder 1998 - die Abwehr funktioniert, die Verdrängung historischer Tatsachen kennt weder Zeit noch Grenzen. Mal direkt und brachial, mal wissenschaftlich drapiert, offen zynisch oder verdruckst - das Thema wirkt wie ein Katalysator aller ideologischen Reflexe seit den sechziger Jahren. Der Publizist Christian Semler, als einstiges SDS-Mitglied und führender Maoist der siebziger Jahre selbst eine historische Figur der Linken, diagnostizierte kürzlich treffend das "Elend linker Immunisierungsversuche". Alte Wunden brechen wieder auf, Verdrängtes kehrt zurück. Die Debatte in den Feuilletons, Veranstaltungssälen und intellektuellen Hinterzimmern der Republik ruft vor allem jene auf den Plan, die wesentliche Teile ihrer politischen Biographie bedroht sehen. Ihr seit 1989 bereits schwer ramponiertes Weltbild muß ebenso gerettet werden wie die identitäts- und sinnstiftende Existenz als unbeugsame Kritiker der westlich-kapitalistischen Gesellschaft. Dabei folgen sie der Logik projektiver Schuldzuweisung: Sie protestieren gegen die "Relativierung von Verbrechen" und betreiben sie selbst. Sie klagen strengste Sachlichkeit ein und stecken voller Ressentiments. Sie protestieren gegen die Verharmlosung von Auschwitz und mißbrauchen das einzigartig Schreckliche als billige Chiffre ihrer angeschlagenen Diskurshoheit - und als Instrument der Verharmlosung. Sie kritisieren den ideologischen Renegateneifer von Courtois und klammern sich selbst an ranzige ideologische Muster vergangener Zeiten. So tauchte der Schriftsteller Peter O. Chotjewitz plötzlich aus der Versenkung auf und attackierte im Feuilleton der "Zeit" die angebliche "Geschichtsklitterung vom Bolchicaust" : Dieses Buch zähle auch jenen Eisenbahner zu den rund 80 Millionen Opfern des Kommunismus, der sich "auf der Baikal-Amur-Magistrale eine Grippe" zugezogen habe. Das Schwarzbuch sei ein "Autodafé der Glaubensreinigung", das der "Auslöschung" der kommunistischen Idee und der "Apotheose" des Kapitalismus diene. Der preisgekrönte Essayist Lothar Baier entledigte sich eine Woche später an gleicher Stelle der historischen Wahrheit über den sowjetischen Klassengenozid, indem er die traditionelle Lager-Frage linker Ideologen stellte: In welche - politische - Gesellschaft begibt sich der Leser dieses Werkes? Anhand einiger Sätze des Klappentextes und angreifbarer Zitatfetzen aus dem Vorwort von Courtois gelingt die gewünschte Antwort nach Hausmacherart: Natürlich begibt sich der Leser in die Nähe von Holocaust- Leugnern und Verharmlosern des Faschismus sowie unseriöser, aufs Medienspektakel versessener Geschäftemacher, die nicht einmal richtig aus dem französischen Original übersetzen können. Auftrag erfüllt, Gegner entlarvt, Thema erledigt. Noch kürzer macht es der Publizist Rudolf Walther: "Nolte läßt grüßen", ruft er aus und meint, damit alles gegen Courtois gesagt zu haben, dem er selbst "grobschlächtigen Reduktionismus" vorhält. Manfred Hildermeier, Historiker an der Universität Göttingen, repräsentiert dagegen jene Kritiker, die den Kern der auf fast tausend Seiten ausgebreiteten Tatsachen nicht bestreiten, aber die böse Absicht un terstellen, die es zu entlarven gelte - entscheidend sind hier nicht die Fakten, sondern "die Frage nach dem cui bono". Auch bei ihm zieht stets der Soupçon durch die Zeilen, hier solle der Linken endgültig der Prozeß gemacht werden nach dem Motto: Rot schlägt Braun - der Kommunismus war noch schlimmer als der Faschismus. Dieser Generalverdacht trübt Wahrnehmungen wie Argumentation: Wie andere moniert Hildermeier die schwankenden Zahlenangaben auf durchaus fragwürdiger Berechnungsgrundlage - mal sind es 80, mal 100 Millionen Tote - und kritisiert den Vergleich mit jenen 25 Millionen Opfern des Nationalsozialismus. Doch er selbst beteiligt sich an der unseligen Rechnerei, die nicht die geringste Erschütterung über die schiere Dimension des Schreckens erkennen läßt: "Es gibt gute Gründe, die ,mehr als sechs Millionen` Hungertoten der Jahre 1932/34 nicht nur um eine Million zu kürzen, sondern sie vor allem nicht in einer Reihe mit den Opfern des NKWD aufzulisten", formuliert der Historiker ganz akkurat und korrigiert fleißig noch andere Zahlen nach unten: "Statt 7 bis 8 Millionen Insassen von 53 Arbeitslagern und 425 Arbeitskolonien … lassen sich ,nur` rund 3,5 Millionen belegen und statt einer selten präzisierten, aber auf mehrere Millionen geschätzten Anzahl ,vorzeitiger` Todesfälle ,nur` 2,3 Millionen." Daß 2,3 Millionen Tote nicht "mehrere Millionen" Tote sind, mag dem unbefangenen Zeitgenossen neu sein, der sich gar nicht ausmalen möchte, welcher Sturm der Entrüstung losbräche, wenn irgend jemand solche Zahlenspiele mit den Opfern des Holocaust triebe. Doch genau dies gehört zum Diskurs der Abwehr und seiner langen Geschichte der ideologischen Einäugigkeit. Wie vor 30, 40 oder 50 Jahren orthodoxe Kommunisten, denen die letzte Phra se ausgegangen war, so verkündet noch heute Professor Hildermeier, wenn er nicht mehr weiter weiß, daß er sowieso schon alles weiß: "Dem Kenner sagt das meiste wenig Neues." Dabei hindert ihn, Ironie der Entlarvung, seine vernebelnde Semantik, den eigenen Klartext zu erkennen: Denn für die allermeisten wird sehr vieles überraschend neu sein - wenn sie es denn lesen wollen.

      Der Katechismus des linken Spießers pflegt die negative Utopie vom "Furor teutonicus"

      Schon auf der tumultuösen Berliner Veranstaltung warnte Wolfgang Wippermann, Historiker an der Freien Universität, vor den Folgen dieser Lektüre, die "eine ermüdende Reihung von Mordgeschichten" biete. Im "Neuen Deutschland" konzedierte er, daß "die Bilanz der Regime in der Sowjetunion, China, Kambodscha etc. zweifellos grausig" sei, doch müsse gefragt werden, "ob es sich hier wirklich um kommunistische bzw. sozialistische Systeme gehandelt hat". Nach einer kleinen, aber feinen Zitatfälschung, mit der er Courtois drei Buchstaben unterjubelt - als habe dieser von "nur" 25 Millionen Opfern der Nazis gesprochen -, kommt Wippermann zum eigentlichen Thema: Das Schwarzbuch betreibe die "Dämonisierung des Kommunismus" und erscheine zur "rechten Zeit", in der die "direkte und indirekte Relativierung des Holocaust durch Leugnung und vergleichende Verharmlosung schon weit verbreitet ist". Nun schon auf der Zielgeraden, durchstößt er die Lichtschranke zur letzten Erkenntnis, die mit dem schlichten Glaubenskatechismus des linken deutschen Spießers identisch ist: "Revisionismus ist gefährlich. Er bedroht unsere politische Kultur und stellt den mühsam errungenen Konsens in Frage, daß der Holocaust und nicht die Verbrechen des Kommunismus der Zivilisationsbruch in diesem Jahrhundert gewesen ist. An diesem Konsens sollten die Deutschen festhalten, weil es Deutsche waren, die für den Holocaust die Verantwortung trugen." Perfekte Tautologie, EthnoLogik: Deutsche, weil es Deutsche waren. Hier wird gar nicht mehr versucht, wissenschaftliche oder politische Kritik zu üben. Es geht weder um Opfer noch um Täter, weder um Vergangenheit noch Zukunft, schon gar nicht um die Wirklichkeit. Es geht nur noch ums gekränkte intellektuelle Ich, um die allerletzte Schwundstufe der innerweltlichen Erlösungsreligion: die negative Utopie vom Furor teutonicus. Triumphal weisen die Gesellschaftskritiker von vorgestern im selbstgezimmerten Laufstall ihrer ideologischen Bornierung auf das einzige, was ihnen noch geblieben ist vom utopischen "Anspruch auf den ganzen Menschen" (Heinrich August Winkler). Es ist der deutsche Anspruch auf das richtige, auf das einzig richtige Weltverbrechen. Das ist die ganze Moral von der Geschichte.
      Avatar
      schrieb am 03.09.02 19:09:04
      Beitrag Nr. 97 ()

      Zum "Schwarzbuch des Kommunismus"

      Kurz vor dem 7. November 1997 - dem 80. Jahrestag der Oktoberrevolution in Rußland - lagen in den französischen Buchhandlungen stapelweise die 800-Seiten-Schmöker da: Das Schwarzbuch des Kommunismus, mit einer grellroten Bauchbinde, welche die "Wahrheit über die 100 Millionen Opfer des Kommunismus" versprach. Schon Wochen vorher hatte der Verleger des hartleibigen Opus, Bernard Fixot, vollmundig bei einer Pressekonferenz versprochen: "Binnen eines Monats nach Erscheinen dieses epochalen Werkes wird die KPFrankreich vom Erdboden verschwunden sein".

      Bereits im Vorfeld der Erstauslieferung des Schwarzbuchs entbrannten heftige Debatten, und die Lizenzeinkäufer der großen internationalen Verlagshäuser gaben sich bei ihrem französischen Kollegen Robert Laffonte die Klinke in die Hand, um die Übersetzungsrechte für das Werk von Stéphane Courtois, Nicolas Werth, Jean-Lous Margolin und anderen zu erwerben. Für den deutschen Sprachraum machte der Piper-Verlag das Rennen - und so kam das Schwarzbuch auch über die Deutschen (und natürlich auch die Österreicher).

      Wie ein Bestseller gemacht wird...

      Von Null auf Eins schaffte das für den deutschen Raum um Beiträge zur DDR "angereicherte" Werk den Sprung auf die Bestsellerliste des Spiegel, animierte zu ganz- und doppelseitigen Rezensionen in der stockkonservativen Frankfurter All-gemeinen Zeitung (FAZ) und der angeblich so linken tageszeitung (taz). Die Bild-Zeitung, plötzlich bildungsbürgerlich unterwegs, veröffentlichte gar erstmals in ihrer Geschichte eine Vorabdruckserie - die sich allerdings auf die verknappte Schilderung "kommunistischer Greuel" beschränkte. Natürlich durfte auch Österreich nicht nachstehen - hier war es die Kronen-Zeitung und vor allem ihr dräuendes Geschichtsorakel Ernst Trost, das den Leserinnen und Lesern einbleute: "Der Kommunismus war die größte Verbrecherbande des Jahrhunderts".

      Was aber macht den Sensationserfolg eines Buches aus, das sich "wissenschaftlich" mit einer der kompliziertesten Materien dieses Jahrhunderts - nämlich der Bilanz des Kommunismus - auseinandersetzt? Zunächst ist da der Anspruch: Das Schwarzbuch möchte nachweisen, daß der "Kommunismus" (wir werden auf den Begriff noch zurück kommen) nicht nur gescheitert ist, sondern zugleich nicht nur durch verbrecher-ische Regimes, sondern durch eine durch und durch verbrecherische Ideologie bestimmt ist. Das Schwarzbuch beansprucht weiters, erstmals eine globale Sicht des "Kommunismus" zu bieten - zwar steht im Mittelpunkt die Abrechnung mit der ehemaligen UdSSR, aber Detailstudien über alle Kontinente sollen die Ausgangsthese untermauern.

      Drittens ist es die "wissenschaftliche Statur" der Verfasser, die dem Werk Reputation verleiht - durch die Bank handelt es sich um Mitarbeiter des Conseil National de la Recherche Scientifique (CNRS), dem französischen Pendant zu unserer Akademie der Wissenschaften. Stéphane Courtois hat als Verfasser einer Geschichte der französ-ischen KP seine akademischen Lorbeeren eingeheimst, Nicolas Werth gilt als Experte zur Geschichte der Sowjetunion, Jean-Lous Panné (Ko-Autor des Beitrages über die KOMINTERN) ist als Historiograph der französischen Arbeiterbewegung der 30er Jahre hervorgetreten - ehrenwert sind sie alle, und vor allem der Ex-Maoist Courtois ist ein ehrenwerter Mann.

      Es ist nicht "trotzkistische Häme", wenn wir darauf hinweisen, daß ein Gutteil der Autoren des Schwarzbuch eine bewegte Vergangenheit bei diversen mao-stalinistischen Zirkeln vorweisen kann - Courtois, seine Verleger (national wie international), freundliche Rezensenten und politische Nutznießer der sperrigen Publikation führen dieses Argument immer wieder mit Lust an, um die Glaubwürdigkeit des Schwarzbuchs zu unterstreichen. Immerhin - diese intelligenten Menschen waren einst in die Irre gegangen, doch in der Ferne leuchtete ein Licht, und dieses Licht hat Namen, und seine Namen sind Legion: Kapitalismus, Demokratie, Liberalismus. Und aus dem Dunkel rief eine Stimme: "Tuet Umkehr", und sie taten sie, - sie, die sie einst die Ideologie des Marxismus-Leninismus mit Eßstäbchen in sich hineingestopft hatten, und sie warfen ihre wirren Theorien und ihre falschen Götzen über Bord und wurden wohlbestallte (selbstverständlich wertfreie) Wissenschafter und wandelten sich vom Saulus zum Paulus, und so legen sie Zeugnis ab, das mehr Gewicht hat, als jenes von hundert Gerechten.

      Der Wirrwarr der Begriffe und der Zahlen

      Das in der Rezeption meistaufgegriffene Thema der Verfasser des Buches lautet: Der "Kommunismus" hat mehr Menschenleben auf dem Gewissen als der Nationalsozialismus; der "Rassenmord" des NS-Regimes war läppisch gegen den "Klassenmord" der "Kommunisten" an Kulaken (russischen Mittelbauern), Bourgeois, Kleinbürgern und allen Abweichlern. Diese Verbrechen seien dem "Kommunismus" inhärent, ihre Wurzeln finden sich bereits bei Karl Marx und Friedrich Engels. Vor allem die diesbezüglichen Äußerungen von Courtois, die sofort den frenetischen Beifall der rechtsradikalen Front Nationale fanden - etwa die Forderung nach einem "Nürnberger Gericht gegen den Kommunismus" - gingen aber sogar seinen eigenen Mitarbeitern zu weit. In aller Öffentlichkeit, nämlich den Spalten des linksliberalen Le Monde, warf der sicherlich nicht philo-kommunistische Nicolas Werth Courtois vor, er habe den geplanten "wissenschaftlichen Charakter" des Buches über Bord geworfen und ein "polemisches Pamphlet" herausgegegen.

      Zunächst ist die "Fahrlässigkeit" bemerkenswert, mit der die Verfasser den Sammelbegriff "Kommunismus" verwenden. Bezüglich Rußlands etwa unterscheiden nicht zwischen den revolutionären Umwälzungen 1917/18, dem Bürgerkrieg und der ausländischen Intervention 1918-1921, der Konsolidierungsphase der Neuen Ökonomischen Politik, dem Kampf gegen die bürokratische Entartung in Staat und Partei bis 1927 und der sich durchsetzenden stalinistischen Konterrevolution und derem ersten Klimax des Massenterrrors 1936/37. Ebenso wird bei der "internationalen Analyse" alles für kommunistisch erklärt, was gut und teuer ist: Die nicaraguanische FSLN ebenso wie diverse afrikanische Befreiungsbewegungen. So füllen denn die Herren Historiker ihre Sündenverzeichnisse, zählen Tote und Verhaftete zusammen und kommen auf - ja, manchmal 60 Millionen, manchmal 80 Millionen und, wenn sie besonders in Eifer geraten, gar 100 Millionen "Opfer des Kommunismus".

      Daß die Buchhaltung nicht immer stimmt, steht auf einem anderen Blatt. Wahllos einige Beispiele: Laut Schwarzbuch gab es 1986 auf Kuba "12.000 bis 15.000 politische Gefangene" - Amnesty International, sicher nicht pro-castristisch bei seinen Angaben, kommt im Jahresbericht 1987 auf 450. Laut Schwarzbuch ermordeten Sandinisten am 23. Dezember 1981 in Leimus 100 Bergarbeiter - sogar ein Hirtenbrief der stockkonservativen katholischen Bischöfe vom 17. Februar 1982 weiß nur von "etwa zehn Personen". Die Hungersnot in Rußland 1932/33 (6 Millionen Tote) wird von Courtois im Vorwort als "ukrainische Hungernot" bezeichnet, die 6 Millionen Toten seien samt und sonders Ukrainer gewesen, die sich der Politik Moskaus widersetzt hätten. Die Regierung hätte den "Hunger als Waffe" eingesetzt - in Wirklichkeit hat die Hungersnot Landesteile der UdSSR weit über die Ukraine hinaus betroffen und sogar die Hauptstadt Moskau erfaßt...

      En passant: Courtois und Compagnie haben mit ihren dubiosen Opferberechnungen natürlich zynischen Zahlenspielereien aller Art Tür und Tor geöffnet. In Frankreich und Deutschland haben sich Rechtsextremisten mit Begeisterung auf die Daumenpeilungen des Schwarzbuches gestützt, um die Massenmorde der Nazis und ihrer Kollaborateure zu verharmlosen.

      Und etliche Linke sind prompt in die Falle getappt, haben ihrerseits zum Taschen-rechner gegriffen und zu addieren begonnen. Das Instrument der Opfer-Quantifizierung läßt sich ja auch leicht gegen die Verfasser des Schwarzbuches wenden. Würde man lediglich das 20. Jahrhundert hernehmen und die Opfer zweier imperialistischer Weltkriege, des Kolonialismus, die Toten und Verschwundenen nach diversen reaktionären Staatsstreichen und die Opfer von Hungersnöten, Epidemien und Naturkatastrophen hernehmen, die das Produkt kapitalistischer Ausbeutung sind: man könnte mit Leichtigkeit nachweisen, daß die kapitalistischen Verbrechen ein Vielfaches der "Opfer des Kommunismus" ausmachen - und womöglich zu dem Schluß kommen, daß "der Kommunismus" im Vergleich gar nicht so schlimm war.

      Eine derartige Auseinandersetzung geht aber am Kern der Debatte vorbei. Die Grundfragen sind doch die: Was bezwecken die Autoren mit ihrer Methode? Sind die Ungereimtheiten und Widersprüche in den einzelnen Beiträgen Zufall oder Produkt des beabsichtigten Ergebnisses? Und müssen wir nicht vor allem dem bürgerlichen Urteil über "den Kommunismus" eine eigene Bilanz von Kommunismus und Stalinismus entgegensetzen?

      Die revolutionäre Gewalt

      Die Oktoberrevolution 1917 leitete eine Wende in der Geschichte ein. Nach einer Reihe von gescheiterten Aufständen und Revolutionen mit starker proletarischer Beteiligung oder gar Prägung hatte erstmals das Proletariat eines Landes, geleitet von einer revolutionären Partei - den Bolschewiki - und gestützt auf breite, basisdemokratische Komitees - die Arbeiterräte oder Sowjets - erfolgreich die Macht ergreifen können. Entgegen der modischen Interpretation, daß die Oktoberrevolution der Putsch einer kleinen Minderheit gewesen ist (unter anderem wird diese Theorie in den Werken von Richard Pipes und Orlando Figes vertreten, popularisiert wurde sie in unseren Breiten mit beredter Gestik von Hugo Portisch), hat es sich tatsächlich um eine breite, in der Tiefe der russischen Gesellschaft herangereifte Revolution gehandelt.

      Hatten die proletarischen Parteien und insbesondere die Bolschewiki in der ersten Phase der Revolution (Februar bis Anfang April 1917) noch eine untergeordnete Rolle gespielt, verschob sich die Massenbewegung zusehends nach links. Je weniger die bürgerlich-demokratischen oder konstitutionell-monarchistischen Parteien bereit waren, den Forderungen der russischen Arbeiter, Bauern und Soldaten nach Frieden - Freiheit - Brot nachzukommen, desto rasanter wuchs der Einfluß des radikalen linken Flügels. Hatten die Bolschewiki beim Gesamtrussischen Rätekongreß im Juni knapp 13 Prozent der Deputierten gestellt, waren es im Oktober beim 2. Rätekongreß- trotz einer Phase der Verfolgung und Illegalisierung der Partei ab Juli - zwischen 45 bis 60 % der Delegierten. Daß der effektive Sturz der Regierung Kerenski fast unblutig über die Bühne ging, spricht weniger für die These vom "meisterlichen Handstreich" sondern vielmehr für die Tatsache, daß die alte Gesellschaft so morsch und so zerbrechlich geworden war, daß sich in der Schicksalsstunde des alten Regimes niemand mehr fand, der auch nur die Hand zum Schutze dieses moribunden Kabinetts gehoben hätte.

      Aber natürlich bringt eine so radikale Umgestaltung einer rückständigen, armen, durch entbehrungs- und verlustreiche Jahre des Weltkriegs geprägte Umwälzung auch immer wieder neue Konflikte mit sich - vor allem mit Angehörigen der ehemals herrschenden Klassen, die auf ihr heiligstes Recht - das auf Ausbeutung - nicht verzichten wollen, und mit dem Imperialismus. Trotzdem kann das junge Sowjetrußland mit den inneren Feinden ebenso fertig werden wie mit den 21 ausländischen Interventionsarmeen. Aber der Preis dafür ist schrecklich: Während des Bürgerkriegs sterben alleine eine Million Menschen an Hunger, die genaue Zahl der Opfer unter der Zivilbevölkerung läßt sich (aufgrund mangelnder Statistiken aus der Vor- und Kriegszeit) nicht genau feststellen. Hier muß noch einmal mit aller Deutlichkeit darauf hingewiesen werden: Courtois und Werth machen für die Opfer der Bürgerkriegs ausschließlich "den Kommunismus" verantwortlich. Also: nicht die zaristischen oder imperialistischen Aggressoren haben blutbefleckte Hände - diejenigen, die sich gegen die feindliche Erdrosselung gewehrt haben, sind schuld!

      Die Bolschewiki haben stets die Verantwortung für die Opfer der Revolution übernommen - auch wenn diese im Kern dem Widerstand der Herrschenden anzulasten sind. Die Toten des Bürgerkriegs und der Intervention aber gehen eindeutig auf das Konto der internationalen Bourgeoisie. Und noch etwas ganz anderes sind die Opferzahlen des konterrevolutionären stalinistischen Terror ab den 20er Jahren.

      Während des Bürgerkrieges hat es auch auf Seite der revolutionären Ordnung Übergriffe und Verbrechen gegeben - als Antwort auf den Terror der Reaktionäre gegen Arbeiter und Bauern. Was später die Nazis während des Okkupationskrieges gegen die UdSSR ab 1941 praktizierten - den "Kommissarsbefehl", also die sofortige Er-schießung aller kommunistischen Funktionäre in der Roten Armee, praktizierten die Denikin, Wrangel, die britischen, französischen, amerikanischen und ... und... und... Generalstäbe bereits während dieses Krieges. In den von den Weißen besetzten Gebieten wüteten die alten zaristischen Pogromhelden mit unbeschreiblicher Grausamkeit gegen die jüdische Bevölkerung, standen summarische Erschießungen auf der Tagesordnung.

      Der Rat der Volkskommissare (also die Revolutionsregierung) hat die Übergriffe und Grausamkeiten gegen gefangene Konterrevolutionäre verurteilt und Beteiligte an ihnen immer wieder öffentlich verurteilt und bestraft. Aber diese oft aus Rache- und Haßgefühlen entstandenen Verbrechen sind quer durch die Geschichte immer die Folge von konterrevolutionären Unternehmungen, die jeder Revolution folgen wie ein finsterer Schatten.

      Das Schwarzbuch verweist natürlich nicht nur auf diesen Aspekt der "kommunistischen" Gewalt - mit Vehemenz wird die Errichtung von Gefangenenlagern für Mitglieder der Bourgeoisie oder die Verhängung der Geiselhaft über Angehörige der ehemaligen herrschenden Klasse und die Exekution solcher Geiseln angeprangert. So unerfreulich das ist - ohne diese Maßnahmen wäre die Revolution binnen weniger Monate von der Bühne der Geschichte verschwunden - vom Wüten der Sieger hatten die arbeitenden Massen schon mehr als nur einen Vorgeschmack zu spüren bekommen. Die letztlich moralisierende Kritik der Courtois und Co. heißt, in Klartext übersetzt: "Jede Veränderung der bestehenden Ordnung ist automatisch verbrecher-isch, müssen doch die Revolutionäre zwangsläufig auf gegenrevolutionäre Gewalt ihrerseits mit Gewalt antworten."

      Aber die französischen Meister der Kriminal-Geschichtsschreibung gehen in ihrem maßlosen Zynismus sogar noch einen Schritt weiter: Courtois und Werth verfechten die These, die Bolschewiki hätten den Bürgerkrieg bewußt provoziert, um "ihre Diktatur" festigen zu können. Wie clever: Die Führer eines ausgehungerten, kriegsmüden Landes, dessen Armee sich de facto alleine aufgelöst hat und das einem internationalen Embargo ausgesetzt ist, ruft 21 imperialistische Länder und ein paar Millionen nationale Rabauken zum Losschlagen auf - und gewinnt dann dieses provokatorischen Krieg auch noch, weil sich plötzlich die Massen, die ja so unterdrückt werden, plötzlich zur Verteidigung des Landes bereit finden. Also wann das kein Beweis der kommunistischen Perfidie ist...

      Die sozialistische Revolution soll den Grundstein zur Errichtung der klassenlosen Gesellschaft legen, einer Gesellschaft frei von Ausbeutung, Entfremdung und Not. Das in der ersten Phase dieses Weges ein Staatsapparat notwendig ist, der die Verwaltung der Produktion und der Verteilung, der Organisierung der sozialen Dienste, aber auch der Verteidigung gegen die innere und äußere Konterrevolution organisiert, liegt auf der Hand. Diese Diktatur des Proletariats ist jedoch keine "Diktatur" im vulgären Sinn des Wortes - sie ist vielmehr erstmals die Herrschaft der Mehrheit (der arbeitenden Klassen) über die Minderheit (die ehemaligen Ausbeuter).

      Ein funktionierendes Rätesystem, also die Existenz eines engmaschigen Geflechts von direkt von den Arbeitern, Landarbeitern und Kleinbauern gewählten Vertretungen, in denen die Delegierten rechenschaftspflichtig und jederzeit wieder abwählbar sind, muß das Rückgrat dieser Diktatur des Proletariats sein, soll sie nicht erstarren, bürokratisch verknöchern und schließlich entarten.

      Die stalinistische Konterrevolution

      Genau ein solcher Degenerationsprozeß setzte in der Sowjetunion ein. Die Partei- und Staatsbürokratie, die im Generalsekretär der bolschewistischen Partei, Josef W. Stalin, ihren kristallisierten, personalisierten Ausdruck fand, nutzte die Erschöpfung der Massen nach dem Ende des Bürgerkriegs und die Wende in der Wirtschaftspolitik, die nach den radikalen Enteignungen des Kriegskommunismus eine begrenzte Zulassung marktwirtschaftlicher Elemente zuließ, um ihre Macht zu festigen und sukzessive das Volk von den politischen Entscheidungen auszuschließen.

      Innerhalb der Kommunistischen Partei formierten sich schon früh - ab 1921 - Tendenzen und Fraktionen, die auf diese Gefahren hinwiesen und durchaus von-einander verschiedene Lösungsvorschläge unterbreiteten. Der todkranke Lenin wies im letzten Jahr seines Lebens, 1923, wiederholt auf die drohenden Gefahren der bürokratischen Entartung des Arbeitsstaates hin.

      Nach seinem Tod 1924 begann Stalin, gestützt auf bekannte Parteiführer wie Grigorij Sinowjew oder Lew Kamenew, die innerparteiliche Opposition zurückzudrängen und schließlich zu zerschlagen. Daß der Sieg des Stalinismus nicht unausweichlich war, läßt sich aus den Dokumenten der Linken Opposition rund um Leo Trotzki ablesen, die in allen Punkten - von der Frage der Sowjetdemokratie bis zu Wirtschafts- und Agrarfragen, in der Außenpolitik und in der Frage der politischen Orientierung der Kommunistischen Internationale - Alternativen vorlegte. Letztlich entschied aber die Kontrolle über den Partei- und Staatsapparat diese Schlacht, da der Opposition die Verbreitung ihrer Ideen so gut wie unmöglich gemacht wurde. Der Hintergrund dieser Entwicklung war, daß die proletarische Revolution auf Rußland beschränkt geblieben war und in diesem rückständigen Land gegenüber dem Weltkapitalismus nicht überleben konnte.

      Der stalinistische Sieg über seine innerparteilichen Gegner leitete ab 1927 einen rasanten Prozeß ein, der immer weiter von den re-volutionären Positionen der Bolschewiki wegführte. Die "Theorie" vom Sozialismus in einem Land führte zur Aufgabe der Unterstützung der Revolution in anderen Ländern und zur erzwungenen Unterwerfung der ausländischen KPen unter die Interessen der Stalin-Bürokratie. Zugleich reproduzierte sich die Bürokratie aus sich selbst heraus: Durch materielle Privilegien wurden Opportunisten und Glücksritter angelockt, die voller Verachtung auf Prinzipien spuckten, die nur noch zur Täuschung der arbeitenden Bevölkerung in den Mund genommen wurden.

      Diese konterrevolutionäre Kaste war es auch, die den Terror in der Arbeiterbewegung internationalisierte und sich von nun an systematisch daran beteiligte, Revolutionen in anderen Ländern im Rahmen des Kapitalismus zu halten. Die Sowjetbürokratie war an arbeiterdemokratischen Räterepubliken gar nicht interessierrt - hätten die doch auch die Bürokraten-Herrschaft in Rußland in Frage gestellt.

      Courtois, Werth und Konsorten bemühen sich krampfhaft, eine Kontinuität von Lenin zu Stalin zu konstruieren. Sie setzen in Wahrheit damit ein Gleichheitszeichen zwischen Revolution und Konterrevolution. Denn nichts anderes war der Stalinismus: Ein konterrevolutionäre Operation, die zwar Errungenschaften der Revolution - das Gemeineigentum an den Produktionsmitteln, das Außenhandelsmonopol, die Zerschlagung des Großgrundbesitzes - aufrechterhalten mußte, jedoch nicht, um das materielle und kulturelle Niveau des Landes zu heben, sondern um die materielle Basis zu erhalten, die der Bürokratie ihre Privilegien sicherte.

      Daß diese Konterrevolution "rot angestrichen" war, hat viele Zeitgenossen, aber auch viele Nachgeborene in tiefste Verwirrung gestürzt. Aber wer die unterschiedlichen Etappen der russischen Revolution und Konterrevolution nicht begreift, wird sich in der sowjetischen Geschichte heillos verirren. Den Fachhistorikern Courtois, Werth, Margolin und wie sie sonst noch alle heißen, muß der Vorwurf gemacht werden, daß sie wider besseres Wissen aus ideologischen Gründen mit Taschenspielertricks Revolution und Konterrevolution gleichsetzen, um ihr Ziel - die Verteufelung jeglichen Kampfes gegen die soziale Ungleichheit - zu erreichen. Beispielsweise gehen sie mit erstaunlicher Nachlässigkeit mit einem besonders intensiv erforschten Abschnitt der Geschichte der kommunistischen Bewegung um. Die Fraktionskämpfe innerhalb der Kommunistischen Partei Rußlands spielen bei ihnen keine Rolle, mit aller Gewalt biegen sie die Fakten zurecht, um ihre ideologisch motivierte These von der "Kontinuität Lenin - Stalin" zu untermauern.

      Wenn langgediente Politiker wie in Frankreich der Führer der konservativen UDF, de Courson, oder in Deutschland der CDU-Chef Wolfgang Schäuble, das Schwarzbuch bei öffentlichen Auftritten schwenkten und entsetzt ausriefen, daß man "nun endlich" das ganze Ausmaß der kommunistischen Verbrechen erahnen könne, ist das zumindest erstaunlich. Bereits in den 30er Jahren hatten in vorderster Front die Anhänger der Internationalen Linken Opposition, also der späteren IV. Internationale, immer wieder auf die stalinistischen Verbrechen hingewiesen und zur Verteidigung der Opfer der Repression aufgerufen. Klare Zeugnisse dafür sind etwa das Rotbuch über den Moskauer Prozeß 1936 (eine von Trotzkis Sohn Leo Sedow im August 1936 verfaßte Analyse des ersten Moskauer Schauprozesses) und Trotzkis Buch Stalins Verbrechen (1937). Mit dem stalinistischen Terror in der spanischen Revolution setzte sich etwa der Journalist und Schriftsteller George Orwell in Mein Katalonien (1938) auseinander.

      Bemerkenswert übrigens: Die Herren Schwarzbuch-Verfasser, die die exquisitesten Quellen strapazieren, scheinen diese Bücher nicht zu kennen. Zumindest zitieren sie sie nicht und führen sie auch nicht im Literaturverzeichnis an. Schlägt hier bei den Weißen Rittern der Demokratie vielleicht doch noch ein bißchen von ihrer ach so lamentablen mao-stalinistischen Vergangenheit durch, die sie trotzkistische Literatur scheuen läßt wie den Teufel das Weihwasser?

      Diese Werke stießen jedoch nicht nur bei den "offiziellen" Kommunistischen Parteien auf erbitterte Ablehnung - auch von bürgerlicher Seite wurde das Thema des stalinistischen Terrors bis in die Zeit des Kalten Krieges heruntergespielt und verniedlicht. Richtete sich dieser konterrevolutionäre Terror in erster Linie gegen Kommunisten, gegen geschworene Feinde von Kapitalismus wie Stalinismus gleichermaßen. Und auch dannach wurden die "Verbrechen" des "Kommunismus" im Westen je nach der politischen Konjunktur medial aufgegriffen oder nicht.

      Warum jetzt?

      Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1989 hatten die Ideologen der bürgerlichen Ordnung weltweit verkündet: "Der Kapitalismus hat gesiegt - er ist das tauglichere System" (eine Ansicht, die übrigens auch Courtois teilt: "Im Moment haben wir kein besseres Wirtschaftssystem als das kapitalistische. Es hat viele Fehler, aber alle anderen haben in die totale Katastrophe geführt."). Tollkühne Meisterdenker wie Francis Fukuyama haben gar "das Ende der Geschichte" proklamiert.

      Nun - die Zeiten ändern sich. Nach kleinen, beschönigend "Zwischenrezessionen" genannten Krisen, einem permanenten Anstieg der Arbeitslosenzahlen in den entwickelten kapitalistischen Ländern, der Schuldenkrise in Lateinamerika und dem Kollaps der asiatischen Tiger sind solche jubilierenden Triumpfgesänge verklungen. Osteuropa, und vor allem die ehemalige Sowjetunion, wurde zum Experimentierfeld neoliberaler Wirtschaftswissenschafter und ihrer politischen Helfer - von den versprochenen Segnungen des freien Marktes haben die arbeitenden Menschen wenig mitbekommen. Die versprochenen politischen Freiheiten kommen in erster Linie Spekulanten und Krisengewinnlern zugute, die sich oft genug aus den Reihen der ehemaligen stalinistischen Organisationen rekrutieren und plötzlich die Muezzins des Kapitalismus geworden sind.

      Die Unzufriedenheit mit diesem "besten aller Systeme" ist latent, auch wenn sie sich heute in Europa erst zaghaft manifestiert - ökonomisch Widerstandskämpfen, politisch in einer Stärkung der Sozialdemokratie wie in Frankreich, Großbritannien oder Deutschland. In Asien hat die Krise zur Radikalisierung von Millionenmassen geführt, die - ohne echte politische Führung - nach einem Ausweg tasten, der für sie jedoch sicherlich keine Neuauflage der alten, gescheiterten Wirtschaftsstrukturen sein kann.

      In einer so delikaten internationalen Situation ist es wenig verwunderlich, daß die Bourgeoisie die Arbeiterbewegung der fortgeschrittenen Länder mit allen Mitteln gegen die Gefahr des Kommunismus impfen möchte. Die Auflistung der Verbrechen und "Verbrechen" im Schwarzbuch ist eines dieser Medikamente. Dabei nutzt die Bourgeoisie die Schwächung der Linken weidlich aus, muß sie doch nur mit geringem Widerstand rechnen, selbst wenn sie - wie Courtois - mit Halb- und Unwahrheiten operiert.

      Im Gefolge der "Mutter aller Abrechnungsschwarten" sind eine Reihe von ähnlichen "Werken" publiziert worden - etliche werden nachfolgen. Alleine der literarische Output an neuester anti"kommunistischer" Literatur straft das Gerede vom "Ende der Geschichte" lügen. Wieviel Angst müssen diese angeblich so selbstbewußte Klasse und ihre Ideologen haben, wenn sie sich dauernd mit fast pathologischer Manie wechselseitig versichern, daß ihr Hauptfeind tot und begraben sei.

      P.M.
      Avatar
      schrieb am 03.09.02 19:17:17
      Beitrag Nr. 98 ()
      @ Guerilla Investor:
      Und die Quelle?
      "Bahamas"? "Spartakus-Bund"?
      Avatar
      schrieb am 03.09.02 19:33:55
      Beitrag Nr. 99 ()
      @ Guerilla Investor:
      Ja, was ist denn nur Deine Quelle?
      Vielleicht eine Hauspostille der Trotzkisten, wenn man die Einleitung des 7. Abschnitts liest?:
      "Es ist nicht "trotzkistische Häme", wenn wir darauf hinweisen, ..."
      Avatar
      schrieb am 03.09.02 19:42:29
      Beitrag Nr. 100 ()
      @ Guerilla Investor:
      Der Abschnitt aus Deinem Posting ist ja auch wirklich lustig:
      Courtois, Werth und Konsorten bemühen sich krampfhaft, eine Kontinuität von Lenin zu Stalin zu konstruieren. Sie setzen in Wahrheit damit ein Gleichheitszeichen zwischen Revolution und Konterrevolution. Denn nichts anderes war der Stalinismus:
      Ein konterrevolutionäre Operation, die zwar Errungenschaften der Revolution - das Gemeineigentum an den Produktionsmitteln, das Außenhandelsmonopol, die Zerschlagung des Großgrundbesitzes - aufrechterhalten mußte, jedoch nicht, um das
      materielle und kulturelle Niveau des Landes zu heben, sondern um die materielle Basis zu erhalten, die der Bürokratie ihre Privilegien sicherte.

      Daß diese Konterrevolution "rot angestrichen" war, hat viele Zeitgenossen, aber auch viele Nachgeborene in tiefste Verwirrung gestürzt. Aber wer die unterschiedlichen Etappen der russischen Revolution und Konterrevolution nicht begreift, wird sich
      in der sowjetischen Geschichte heillos verirren. Den Fachhistorikern Courtois, Werth, Margolin und wie sie sonst noch alle heißen, muß der Vorwurf gemacht werden, daß sie wider besseres Wissen aus ideologischen Gründen mit
      Taschenspielertricks Revolution und Konterrevolution gleichsetzen, um ihr Ziel - die Verteufelung jeglichen Kampfes gegen die soziale Ungleichheit - zu erreichen. Beispielsweise gehen sie mit erstaunlicher Nachlässigkeit mit einem besonders intensiv
      erforschten Abschnitt der Geschichte der kommunistischen Bewegung um. Die Fraktionskämpfe innerhalb der Kommunistischen Partei Rußlands spielen bei ihnen keine Rolle, mit aller Gewalt biegen sie die Fakten zurecht, um ihre ideologisch motivierte
      These von der "Kontinuität Lenin - Stalin" zu untermauern.

      Ist doch witzig, daß in meinem Posting gerade und ausgerechnet ein Spiegel-Artikel eine Kontinuität im Aufbau des GULAG-Systems sieht und Dein Posting in Stalin eine Konterrevolution zu Lenin und Trotzki postuliert wird.
      Wirklich komisch! Besonders komisch ist dann ja auch die Geheimrede von Chruschtschow, in der er erstmals die Verbrechen Stalins vor versammelter Partei-Mannschaft und hinter geschlossenen Türen kritisierte.
      Hast Du das schon mal gelesen?
      Das tolle daran war, daß Chruschtschow nicht etwa das GULAG-System an sich kritisierte oder die ca. 5 Millionen ermordeten ukrainischen Kulaken - nein, er kritisierte, daß die Mordlust Stalins auch vor der eigenen Partei keinen Halt machte.
      Aber sonst war erst mal alles in Ordnung!
      Falls Du Dich tatsächlich mit Deinem Posting identifizieren können solltest, beantworte mir doch mal diese Frage:
      War nun Chruschtschow nach dem enthüllenden Parteitag für Dich ein Leninist, ein Trotzkist oder ein Konter-Konter-Revolutionär?
      Avatar
      schrieb am 03.09.02 19:45:15
      Beitrag Nr. 101 ()
      Avatar
      schrieb am 03.09.02 19:49:27
      Beitrag Nr. 102 ()
      Chruschtschow ?

      Meiner Meinung nach war er gemäßigter Tabubrecher und gebremster
      Reformer, deinen Schubladen-Kategorien nicht zuzuordnen.

      Gue
      Avatar
      schrieb am 04.09.02 16:30:37
      Beitrag Nr. 103 ()
      @ Guerilla Investor:
      Vielleicht musst Du jetzt versuchen, ein bisschen tapfer zu sein, denn ich werde Dein Idol Chruschtschow ein bisschen demontieren und zitiere mal aus einem der gängigsten bundesdeutschen Schulbücher zur neueren Geschichte, zugelassen von allen Kultusministerkonferenzen sämtlicher westdeutscher Bundesländer seit den frühen 70er Jahren an sämtlichen gymnasialen Sekundarstufen II, von Auflage zu Auflage ergänzt durch Aktualisierungen. Damit Du nicht gleich auf den Gedanken kommst, dass so etwas ja nur von "konservativer Seite" kommen kann, wähle ich aus der Amtszeit von Bundeskanzler Helmut Schmidt die 7. Auflage von 1981 von diesem Buch:
      Politik und Gesellschaft - Grundlagen der modernen Welt, Band 2, 1917 bis heute, S. 62 und 63.
      Danach würde mich doch mal aus privaten Gründen der politischen Bildung interessieren, wo Du Dir Deine mangelhaften Geschichtskenntnisse zugezogen hast, wenn Du mir "meine Schubladenkategorien" vorwirfst, obwohl ich mich im Einklang mit einem der meistverkauften deutschen Schulbücher zur Zeitgeschichte befinde.
      Bist Du in der DDR zur Schule gegangen oder hast Du Dein Geschichtsbild von Chruschtschow nur aus kommunistischen Flugblättern oder war Geschichte einfach nicht "Dein Fach"?
      Sicher, im Vergleich mit Stalin war Chruschtschow eine fabelhafte Verbesserung, aber wenn Du Chruschtschow für einen so grandiosen "Reformator" hältst, dann erkläre mir doch mal, warum er -zig seiner Panzerdivisionen im Herbst 1956 nach Ungarn einmarschieren ließ! Wollte er etwa nur verhindern, dass ihn die Ungarn bei seinen "Reformen" überholen? Dann sind die seit 1989 offziell bestätigten 3.000 toten, 15.000 verletzten und 200.000 geflohenen Ungarn aber ein verdammt hoher Preis für seine "Reformen"! Rate mal wie die Ungarn in ihren Geschichtsbüchern inzwischen die sowjetische Invasion beurteilen. Nach einem Beschluß des Obersten Gerichtshofs von Ungarn gilt die Invasion der Truppen Chruschtschows inzwischen als internationaler Krieg, weil die gesamte ungarische Armee tagelang zusammen mit der Bevölkerung gegen die Sowjettruppen gekämpft habe und deshalb sei die Bezeichnung "Niederschlagung einer Konterrevolution" eine ideologische Irreführung!
      Aber kommen wir doch jetzt zu einem der seit den 70er Jahren meistverkauften deutschen Schulbücher, das Du überall in den Schulbüchereien einsehen kannst und das meine Aussagen bestätigt:
      Es folgt die wortwörtliche Wiedergabe aus diesem Gymnasial-Lehrbuch, das millionenfach an deutschen Gymnasien Lehrmittel ist:
      (ZITATANFANG: )
      Sehr deutlich wurde die Abkehr von Stalins Dogmatismus, als Chruschtschow und Bulganin einen Staatsbesuch in Belgrad machten, der Jugoslawien für den Sowjetblock zurückgewinnen sollte (27. Mai - 2. Juni 1955). Es erregte das größte Aufsehen, als der Parteichef in seiner Versöhnungsansprache versicherte, Titos "reformistischer Sozialismus" habe sich nicht von der marxistisch-leninistischen Grundlage entfernt. Bis dahin war der Titoismus" als arge Ketzerei in allen Ländern des Ostblocks verfolgt worden, und angebliche Titoisten füllten die Gefängnisse.

      Die Zerstörung des Stalin-Mythos unternahm der im Februar 1956 in Moskau stattfindende XX. Parteitag. Auf Beschluß der Parteiführung prangerte Chruschtschow in einer Geheimrede über den Personenkult und seine Folgen" die brutale Methode der Säuberungen und die Liquidierung der Führungskader an, die "alle Normen revolutionärer Gesetzlichkeit" verletzt habe. Er beschuldigte Stalin des organisierten Massenmords, der fehlerhaften Führung von Staat und Partei, der Versäumnisse im 2. Weltkrieg, der Selbstvergötterung und des Verfolgungswahns. Er habe seine engsten Mitarbeiter den Folterkammern der Geheimpolizei ausgeliefert, sie heimtückisch in den Tod getrieben (T 1).

      Chruschtschow rechnete nur mit der Person Stalins ab, nicht mit der "revolutionären Justiz" als solcher und schon gar nicht mit dem politischen System. Seine Enthüllungen über die persönlichen Verfehlungen des Diktators sollten das Parteiregime wieder auf seine "gesunden" (leninistischen) Grundlagen stellen - so war die Absicht.

      Es lag aber nahe, nach den Ursachen zu fragen, die in der Entartung eines Systems liegen mußten, das solche Exzesse ermöglicht hatte. Diese Frage wurde alsbald in mehreren Ländern des Ostblocks, von Tito und von der kommunistischen Partei Italiens (KPI) gestellt. Der XX. Parteitag löste in der kommunistischen Welt eine heftige Erschütterung aus. Das lag nicht nur an der Entthronung Stalins und an der notwendigen Rehabilitierung seiner Opfer, sondern ebensosehr an den Thesen, die Lenins Revolutionslehre neu formu1ierten und die Zwei-Lager-Theorie der veränderten Situation anpaßten.

      Die 1. T h e s e betraf den viel umstrittenen , e i g e n e n W e g ". Sie behauptete, daß unter gewissen Bedingungen auch ein friedlicher, evolutionärer Übergang zum Sozialismus, der die Anwendung parlamentarischer Mittel nicht ausschließe, möglich sei. Das Recht auf den "eigenen Weg" umfaßte jetzt auch die mannigfaltigen national-revolutionären Bewegungen in den asiatischen und lateinamerikanischen Ländern; man könne sie zu einem gewaltigen "antiimperialistischen Strom" vereinigen. Wahrscheinlich sollte diese Lehre, die das Dogma von dem alleingültigen Vorbild der Oktoberrevolution in Frage stellte, oppositionelle Bewegungen im Ostblock rechtzeitig auffangen und einer Annäherung an Titos Jugoslawien und an Maos China ideologisch den Weg bahnen.

      Die 2. These begründete eine Politik der "friedlichen Koexistenz" von Ländern mit verschiedener Sozial- und Wirtschaftsordnung. Lenin hatte gelehrt, daß Kriege unvermeidbar seien, solange es Imperialisten gebe. Chruschtschow verbesserte: Kriege müssen vermeidbar sein, seit es Atomwaffen gibt. Für den Pragmatiker Chruschtschow, der den wachsenden industriellen und technischen Fortschritt der kapitalistischen Länder realistischer einschätzte, als es die Doktrin vom "verfaulenden Westen" tat, stellte sich Koexistenz im wesentlichen dar als ein ideologisch-ökonomischer Wettbewerb. Von der Idee des Einholens und Überholens" war Chruschtschow besessen. Das Parteiprogramm von 1961 rühmte später den materiellen Fortschritt der Sowjetunion so herausfordernd, daß ein englischer Journalist urteilte, es lese sich wie eine Propagandaschrift für den "american way of life".

      Das Echo in den kommunistischen Staaten war vielfältig und widerspruchsvoll. Manche trennten sich ungern vom Stalinkult, sie fürchteten den Autoritätsverlust für ihre eigene Parteiführung, Andere behaupteten, der Persönlichkeitskult habe auf allen Rängen der sowjetischen Parteihierarchie grassiert, sie habe sich mitschuldig gemacht. Es waren vor allem die kommunistischen Parteien in Polen und Italien, die die Wurzel des Übels aufgedeckt wünschten und sich mit der Zertrümmerung des Stalin-Bildes nicht begnügen wollten. Die KPI unter der Führung ihres Generalsekretärs Palmiro Togliattl begrüßte den XX. Parteitag als den Beginn einer neuen Epoche im Weltkommunismus. Sie hatte seit 1946 schon den eigenen", nämlich den parlamentarischen Weg beschritten und fühlte sich jetzt bestätigt in ihrer Ablehnung der sowjetischen Herrschsucht und Musterhaftigkeit. To g 1 i a t t 1 fand die Formel von der "polyzentrischen Zukunft des Kommunismus" und forderte eine größere Selbständigkeit für die verschiedenen nationalen Schwerpunkte der einen kommunistischen Weltbewegung (T 2, T 3).

      Die Sowjetführung zeigte sich gegen den Verdacht einer Entartung des ganzen Systems äußerst empfindlich; sowohl Togliatti wie Tito hatten ihn offen ausgesprochen. Das Zentralkomitee der KPdSU gab am 30. Juni 1956 eine ausführliche Erklärung zu den Enthüllungen des XX. Parteitags ab, um die gefährlichen Folgen abzufangen und die Kritik am Stalinismus in den vorgeschriebenen Bahnen zu halten. Man wollte den Kernbestand der Lehre sichern, die Kontinuität der Parteilinie als ungebrochen nachweisen und Spaltungen um jeden Preis vermeiden. Das Dokument enthält die bis heute gültige Sprachregelung über den heiklen Gegenstand (T 1). So wenig man sich zur vollen Wahrheit über die stalinistische Vergangenheit entschließen konnte, so unvollkommen und inkonsequent war auch die Rehabilitierung der Opfer. Die Gegner Stalins aus den 20er Jahren, Trotzkij, Bucharin, Kamenew, Sinowjew, und viele alte Mitarbeiter Lenins blieben weiter verfemt, weniger bekannte Opfer der großen Säuberung wurden nachträglich freigesprochen oder - falls sie noch lebten - stillschweigend aus den Straflagern entlassen.

      T 1. Aus Chruschtschows Geheimrede (25. Februar 1956)

      Chruschtschow hielt die Rede auf dem XX. Parteitag in einer geschlossenen Sitzung. Trotzdem konnte sie 4 Monate später im Wortlaut bekanntgemacht werden, und zwar in einer für die Instruktion außersowjetischer KP-Funktionäre angefertigten Fassung, von der das amerikanische Außenministerium eine Kopie erhalten hatte. Hier sind wenige Kernstellen aus der sehr umfangreichen Rede, die Lenin feiert und das Märtyrertum der Partei hervorhebt, ausgewählt. Vom Schicksal der Kulaken ist dagegen nirgendwo die Rede.

      Es hat sich erwiesen, daß viele Aktivisten der Partei, der Sowjets und der Wirtschaft, die in den Jahren 1937 bis 1938 zu "Volksfeinden" gestempelt worden waren, in Wirklichkeit niemals Feinde, Spione, Schädlinge usw. waren, sondern allzeit aufrechte Kommunisten. Sie wurden nur als Feinde gebrandmarkt und bezichtigten sich oft selbst, weil sie die barbarischen Folterungen nicht länger ertragen konnten, nach den Weisungen der Untersuchungsrichter -und Wahrheitsverfälscher- aller möglichen schweren und unwahrscheinlichen Verbrechen. (. . .)

      Es wurde festgestellt, daß von den auf dem XVII. Parteitag gewählten 139 Mitgliedern und Kandidaten des Zentralkomitees der Partei 98 Personen, das sind 70 0/0, in den Jahren 1937 bis 1938 verhaftet und liquidiert wurden (Entrüstung im Saale). ( ... )

      Das gleiche Schicksal ereilte nicht nur die Mitglieder des Zentralkomitees, sondern auch die Mehrzahl der Delegierten des XVII. Parteitages. Von 1966 stimmberechtigten oder beratenden Delegierten wurden 1108 Personen, also über die Hälfte aller Delegierten, unter der Beschuldigung gegenrevolutionärer Verbrechen verhaftet. Allein diese Tatsache beweist, wie absurd, phantastisch und widersinnig die Beschuldigungen wegen gegenrevolutionärer Verbrechen waren, die, wie wir jetzt sehen können, der Mehrheit der Delegierten des XVII. Parteitages zur Last gelegt wurden (Entrüstung im Saale). ( ... )

      Es muß festgestellt werden, daß die Umstände der Ermordung Kirows bis auf den heutigen Tag in vielen Punkten ungeklärt und mysteriös sind, so daß sie noch einer gründlichen Überprüfung bedürfen. ( ... ) Es erscheint ungewöhnlich verdächtig, daß der für Kirows Schutz verantwortliche Tschekist, als er am 2. Dezember 1934 zum Verhör gebracht wurde, bei einem "Verkehrsunfall" ums Leben kam, bei dem sonst kein anderer Mitfahrender Schaden erlitt. Nach Kirows Ermordung erhielten Spitzenfunktionäre des Leningrader NKWD ganz minimale Strafen, aber 1937 wurden sie erschossen. Es ist anzunehmen, daß man mit ihrer Erschießung die Spuren der Organisatoren des Mordes an Kirow auslöschen wollte (Große Erregung im Saale). ( ... )

      Die Willkür Stalins zeigte sich nicht nur in seinen Entscheidungen zu innenpolitischen Fragen, sondern auch in den Beziehungen der Sowjetunion zum Ausland. (. . .)

      An der "Jugoslawien-Affäre" war nichts, was sich nicht durch Parteidiskussionen unter Genossen hätte regeln lassen. Es lag kein ernsthafter Grund vor, um daraus eine "Affäre" zu machen; es wäre durchaus möglich gewesen, den Abbruch der Beziehungen mit diesem Land zu verhindern. ( ... )

      Ich erinnere mich an die ersten Tage des Konfliktes zwischen der Sowjetunion und Jugoslawien, als man diese Angelegenheit künstlich aufzubauschen begann. Gerade aus Kiew nach Moskau gekommen, wurde ich damals zu Stalin bestellt, der mir die Kopie eines soeben an Tito abgeschickten Briefes zeigte und fragte: "Hast du dies gelesen?" Ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr er fort: "Ich brauche nur meinen kleinen Finger zu rühren und schon wird es keinen Tito mehr geben. Er wird fallen."

      Wir haben einen hohen Preis für dieses "Rühren des kleinen Fingers" bezahlt.

      Tito verschwand aber nicht, soviel oder sowenig Stalin seinen kleinen Finger und was sonst noch rühren mochte - er brachte Tito nicht zu Fall. Warum wohl? Der Grund ist der, daß Tito bei diesem Streitfall mit den jugoslawischen Genossen einen Staat und ein Volk hinter sich hatte, die durch eine harte Schule des Kampfes für Freiheit und Unabhängigkeit gegangen waren, ein Volk, das seine führenden Männer unterstützte. (. . .)

      Lassen Sie mich auch die "Affäre der Arzteverschwörung" erwähnen (Bewegung im Saal). Im Grunde genommen gab es eine solche "Affäre" überhaupt nicht, wenn man von der Aussage der Arztin Timaschuk absieht, die wahrscheinlich von irgend jemand beeinflußt oder angewiesen war (schließlich war sie eine geheime Mitarbeiterin der Staatssicherheitsorgane), an Stalin einen Brief zu richten, in dem sie die Arzte beschuldigte, unsaubere Behandlungsmethoden anzuwenden.

      Ein derartiger Brief genügte Stalin, um daraus sofort zu folgern, daß in der Sowjetunion ein Arztekomplott bestünde. Er befahl, eine Gruppe hervorragender medizinischer Spezialisten zu verhaften. ( ... )

      Stalin berief den Untersuchungsrichter zu sich, erteilte ihm Instruktionen und gab Anweisung bezüglich der anzuwendenden Untersuchungsmethoden. Diese Methoden waren sehr einfach: schlagen, schlagen und nochmals schlagen.

      (ZITATENDE)
      Wie gesagt: Chruschtschow verurteilte die Verbrechen, die von Stalin an Kommunisten (!) begangen wurden.
      Meines Wissens hat Chruschtschow auch später niemals die Massenmorde in der Ukraine verurteilt. Er hat überhaupt nie ein Verbrechen seiner Vorgänger verurteilt, das sich im Einklang mit der leninistisch geplanten Zwangskollektivierung ereignet hatte, soweit ich weiß.
      Und, Guerilla Investor? Wirst Du jetzt den Bundesregierungen Brandt und Schmidt und den bundesdeutschen Kultusministerkonferenzen "Schubladendenken" vorwerfen?
      Avatar
      schrieb am 04.09.02 16:46:37
      Beitrag Nr. 104 ()
      Wenn du in der Lage wärst, auch nur einen Satz richtig zu lesen, müßtest du nicht mit so einer Unmenge albernen Textes um dich schmeißen ... :laugh:
      Avatar
      schrieb am 04.09.02 16:57:55
      Beitrag Nr. 105 ()
      Der "alberne Text" sagt aber leider genau das aus, was Du an meinen Aussagen kritisiert hast und ist die exakte Wiedergabe des deutschen Lehrstoffs für Geschichte.
      Wie wär`s, wenn Du mal in der Lage wärst, einen Satz richtig zu lesen, bevor Du andere kritisierst?
      Avatar
      schrieb am 04.09.02 17:52:34
      Beitrag Nr. 106 ()
      Nur mal sehen, ob jemand überhaupt irgendetwas bemerkt: ;)

      d e r s p i e g e l, Nr. 2 7 / 1 9 9 8 vom 26.06.1998, S. 176ff.

      Z E I T G E I S T
      Die Wirklichkeit wird ausgepfiffen

      Das auf deutsch erschienene "Schwarzbuch des Kommunismus" erregt die Gemüter - vor allem jene Linken, die vom Gulag immer gern geschwiegen haben. Von Reinhard Mohr

      Zum Buch:
      Stéphane Courtois und andere: "Das Schwarzbuch des Kommunismus". Piper-Verlag, München, Zürich;

      Im März 1990 wurde im Tagungssaal des Zentralkomitees der SED am Werderschen Markt in Ost-Berlin ein denkwürdiger Film gezeigt. Die in PDS umgetaufte einstige Staatspartei der DDR hatte zur öffentlichen Vorführung eines sowjetischen Dokumentarstreifens über das erste Zwangsarbeitslager geladen, das noch zu Lebzeiten Lenins, am 6. Juni 1923, eingerichtet worden war: Solowki, die "Wurzel des Gulag", wie es im Kommentar hieß. Etwa 60 Menschen verloren sich in der heiligen Halle des soeben zusammengebrochenen DDR-Sozialismus und sahen zu, wie der Dichter Maxim Gorki 1929 dem Vorzeige-Lager einen Besuch abstattete. Freilich bekam er nur das extra für ihn errichtete, blitzsaubere Potemkinsche Sträflingsdorf zu Gesicht - die "blutige Treppe", über die gefesselte Häftlinge hinabgestoßen wurden, bis sie als blutige Klumpen Fleisch ihr Leben ließen, wurde ihm vorenthalten. Auf das Versprechen, daß ein paar Gefangene freigelassen würden, sang er das Lob der Sowjetmacht. Titel seiner Reportage: "Unsere Errungenschaften". Als das Licht im Saal wieder anging, herrschte einige Sekunden lang Schweigen - dann kehrten die Worte zurück. "Außergewöhnliche Methoden" im russischen Bürgerkrieg dürften nicht mit dem späteren Terror in eins gesetzt werden, erklärte der Moskauer Parteihistoriker Wladlen Loginow: "Gewalt ist nicht Gewalt. Man darf sich nicht an Äußerlichkeiten orientieren." Sein Kollege Firsiw ergänzte, daß zu Zeiten Lenins "noch streng wissenschaftlich argumentiert" worden sei, während es später die bekannten "Deformationen" gegeben habe. Eine Dame fragte schüchtern, wer denn eigentlich unterscheiden könne, was der Klassenfeind und was das Volk sei. "Man traut sich ja sonst nichts. PDS", machte ein rot beschriftetes Bettlaken Mut zur munteren Vergangenheitsbewältigung.
      Acht Jahre später, im Juni 1998, versinkt eine Diskussionsveranstaltung in West-Berlin über das gerade auf deutsch erschienene "Schwarzbuch des Kommunismus" (SPIEGEL 48/1997) trotz mehrfachen Eingreifens der Polizei im grotesken Tumult. Drei Dutzend pöbelnde Twens aus der "Jeunesse dorée der postkommunistischen Nostalgie" ("taz" ) sorgen mit Trillerpfeifen und Sprechchören dafür, daß aus der ernsthaften Debatte über die Bilanz stalinistischer Verbrechen im 20. Jahrhundert ein lärmendes Spektakel wird, in dem der Faschismus abermals verdammt und der Kommunismus gepriesen wird. "Im Land der Täter von Auschwitz darf die Relativierung dieses Menschheitsverbrechens nicht als akzeptabler Diskussionsbeitrag hingenommen werden", dekretiert ein Flugblatt der politisch korrekten Zensurfreunde. Schöne junge Frauen, "den Furor christlicher Märtyrer im Blick" ("Frankfurter Rundschau" ), entrollen ein Transparent mit der Aufschrift "Wer zählt die Opfer des Kapitalismus?" und rufen dem französischen Mitautoren des Schwarzbuches, Stéphane Courtois, zu: "Scheiß-Aufklärung. Spring doch vom Eiffelturm!" Die Berliner Travestieshow dummdreister Provokation blieb unter den verschiedenen Podiumsdiskussionen die Ausnahme, doch trägt die ganze bisherige Auseinandersetzung mit der deutschen Ausgabe des Ende 1997 in Frankreich veröffentlichten "Schwarzbuch des Kommunismus" durchweg travestiehafte Züge. Dieselben Linken, die nichts dabei finden, daß der grüne Vorstandssprecher Trittin die Bundeswehr kurzerhand in die verbrecherische Tradition von Hitlers Wehrmacht stellt, entsichern ihre geistigen Handfeuerwaffen, wenn auch nur der Versuch unternommen wird, Kommunismus und Faschismus als totalitäre und mörderische Systeme zu "vergleichen" - was ja keineswegs bedeutet, sie "gleichzusetzen". Auch 60 Jahre nach den stalinistischen Schauprozessen gibt es sie noch, die Tabuwächter jener großen Menschheitsutopie, die um keinen Preis "angeschwärzt" werden darf. Ein Fortschritt ist immerhin zu verzeichnen: Als nach dem Zweiten Weltkrieg Arthur Koestlers antistalinistischer Schlüsselroman "Sonnenfinsternis" in Paris erschien, kauften die französischen Kommunisten alle greifbaren Exemplare auf und vernichteten sie. Das ist dem "Schwarzbuch" nicht widerfahren. Man reibt sich die Augen und glaubt es kaum:

      Das "Elend linker Immunisierungsversuche" - Die ideologiegetränkte Abwehr funktioniert, und die Verdrängung historischer Tatsachen kennt weder Zeit noch Grenzen

      Ob 1945, 1990 oder 1998 - die Abwehr funktioniert, die Verdrängung historischer Tatsachen kennt weder Zeit noch Grenzen. Mal direkt und brachial, mal wissenschaftlich drapiert, offen zynisch oder verdruckst - das Thema wirkt wie ein Katalysator aller ideologischen Reflexe seit den sechziger Jahren. Der Publizist Christian Semler, als einstiges SDS-Mitglied und führender Maoist der siebziger Jahre selbst eine historische Figur der Linken, diagnostizierte kürzlich treffend das "Elend linker Immunisierungsversuche". Alte Wunden brechen wieder auf, Verdrängtes kehrt zurück. Die Debatte in den Feuilletons, Veranstaltungssälen und intellektuellen Hinterzimmern der Republik ruft vor allem jene auf den Plan, die wesentliche Teile ihrer politischen Biographie bedroht sehen. Ihr seit 1989 bereits schwer ramponiertes Weltbild muß ebenso gerettet werden wie die identitäts- und sinnstiftende Existenz als unbeugsame Kritiker der westlich-kapitalistischen Gesellschaft. Dabei folgen sie der Logik projektiver Schuldzuweisung: Sie protestieren gegen die "Relativierung von Verbrechen" und betreiben sie selbst. Sie klagen strengste Sachlichkeit ein und stecken voller Ressentiments. Sie protestieren gegen die Verharmlosung von Auschwitz und mißbrauchen das einzigartig Schreckliche als billige Chiffre ihrer angeschlagenen Diskurshoheit - und als Instrument der Verharmlosung. Sie kritisieren den ideologischen Renegateneifer von Courtois und klammern sich selbst an ranzige ideologische Muster vergangener Zeiten. So tauchte der Schriftsteller Peter O. Chotjewitz plötzlich aus der Versenkung auf und attackierte im Feuilleton der "Zeit" die angebliche "Geschichtsklitterung vom Bolchicaust": Dieses Buch zähle auch jenen Eisenbahner zu den rund 80 Millionen Opfern des Kommunismus, der sich "auf der Baikal-Amur-Magistrale eine Grippe" zugezogen habe. Das Schwarzbuch sei ein "Autodafé der Glaubensreinigung", das der "Auslöschung" der kommunistischen Idee und der "Apotheose" des Kapitalismus diene. Der preisgekrönte Essayist Lothar Baier entledigte sich eine Woche später an gleicher Stelle der historischen Wahrheit über den sowjetischen Klassengenozid, indem er die traditionelle Lager-Frage linker Ideologen stellte: In welche - politische - Gesellschaft begibt sich der Leser dieses Werkes? Anhand einiger Sätze des Klappentextes und angreifbarer Zitatfetzen aus dem Vorwort von Courtois gelingt die gewünschte Antwort nach Hausmacherart: Natürlich begibt sich der Leser in die Nähe von Holocaust- Leugnern und Verharmlosern des Faschismus sowie unseriöser, aufs Medienspektakel versessener Geschäftemacher, die nicht einmal richtig aus dem französischen Original übersetzen können. Auftrag erfüllt, Gegner entlarvt, Thema erledigt. Noch kürzer macht es der Publizist Rudolf Walther: "Nolte läßt grüßen", ruft er aus und meint, damit alles gegen Courtois gesagt zu haben, dem er selbst "grobschlächtigen Reduktionismus" vorhält. Manfred Hildermeier, Historiker an der Universität Göttingen, repräsentiert dagegen jene Kritiker, die den Kern der auf fast tausend Seiten ausgebreiteten Tatsachen nicht bestreiten, aber die böse Absicht un terstellen, die es zu entlarven gelte - entscheidend sind hier nicht die Fakten, sondern "die Frage nach dem cui bono". Auch bei ihm zieht stets der Soupçon durch die Zeilen, hier solle der Linken endgültig der Prozeß gemacht werden nach dem Motto: Rot schlägt Braun - der Kommunismus war noch schlimmer als der Faschismus. Dieser Generalverdacht trübt Wahrnehmungen wie Argumentation: Wie andere moniert Hildermeier die schwankenden Zahlenangaben auf durchaus fragwürdiger Berechnungsgrundlage - mal sind es 80, mal 100 Millionen Tote - und kritisiert den Vergleich mit jenen 25 Millionen Opfern des Nationalsozialismus. Doch er selbst beteiligt sich an der unseligen Rechnerei, die nicht die geringste Erschütterung über die schiere Dimension des Schreckens erkennen läßt: "Es gibt gute Gründe, die ,mehr als sechs Millionen` Hungertoten der Jahre 1932/34 nicht nur um eine Million zu kürzen, sondern sie vor allem nicht in einer Reihe mit den Opfern des NKWD aufzulisten", formuliert der Historiker ganz akkurat und korrigiert fleißig noch andere Zahlen nach unten: "Statt 7 bis 8 Millionen Insassen von 53 Arbeitslagern und 425 Arbeitskolonien … lassen sich ,nur` rund 3,5 Millionen belegen und statt einer selten präzisierten, aber auf mehrere Millionen geschätzten Anzahl ,vorzeitiger` Todesfälle ,nur` 2,3 Millionen." Daß 2,3 Millionen Tote nicht "mehrere Millionen" Tote sind, mag dem unbefangenen Zeitgenossen neu sein, der sich gar nicht ausmalen möchte, welcher Sturm der Entrüstung losbräche, wenn irgend jemand solche Zahlenspiele mit den Opfern des Holocaust triebe. Doch genau dies gehört zum Diskurs der Abwehr und seiner langen Geschichte der ideologischen Einäugigkeit. Wie vor 30, 40 oder 50 Jahren orthodoxe Kommunisten, denen die letzte Phrase ausgegangen war, so verkündet noch heute Professor Hildermeier, wenn er nicht mehr weiter weiß, daß er sowieso schon alles weiß: "Dem Kenner sagt das meiste wenig Neues." Dabei hindert ihn, Ironie der Entlarvung, seine vernebelnde Semantik, den eigenen Klartext zu erkennen: Denn für die allermeisten wird sehr vieles überraschend neu sein - wenn sie es denn lesen wollen.

      Der Katechismus des linken Spießers pflegt die negative Utopie vom "Furor teutonicus"

      Schon auf der tumultuösen Berliner Veranstaltung warnte Wolfgang Wippermann, Historiker an der Freien Universität, vor den Folgen dieser Lektüre, die "eine ermüdende Reihung von Mordgeschichten" biete. Im "Neuen Deutschland" konzedierte er, daß "die Bilanz der Regime in der Sowjetunion, China, Kambodscha etc. zweifellos grausig" sei, doch müsse gefragt werden, "ob es sich hier wirklich um kommunistische bzw. sozialistische Systeme gehandelt hat". Nach einer kleinen, aber feinen Zitatfälschung, mit der er Courtois drei Buchstaben unterjubelt - als habe dieser von "nur" 25 Millionen Opfern der Nazis gesprochen -, kommt Wippermann zum eigentlichen Thema: Das Schwarzbuch betreibe die "Dämonisierung des Kommunismus" und erscheine zur "rechten Zeit", in der die "direkte und indirekte Relativierung des Holocaust durch Leugnung und vergleichende Verharmlosung schon weit verbreitet ist". Nun schon auf der Zielgeraden, durchstößt er die Lichtschranke zur letzten Erkenntnis, die mit dem schlichten Glaubenskatechismus des linken deutschen Spießers identisch ist: "Revisionismus ist gefährlich. Er bedroht unsere politische Kultur und stellt den mühsam errungenen Konsens in Frage, daß der Holocaust und nicht die Verbrechen des Kommunismus der Zivilisationsbruch in diesem Jahrhundert gewesen ist. An diesem Konsens sollten die Deutschen festhalten, weil es Deutsche waren, die für den Holocaust die Verantwortung trugen." Perfekte Tautologie, Ethno-Logik: Deutsche, weil es Deutsche waren. Hier wird gar nicht mehr versucht, wissenschaftliche oder politische Kritik zu üben. Es geht weder um Opfer noch um Täter, weder um Vergangenheit noch Zukunft, schon gar nicht um die Wirklichkeit. Es geht nur noch ums gekränkte intellektuelle Ich, um die allerletzte Schwundstufe der innerweltlichen Erlösungsreligion: die negative Utopie vom Furor teutonicus. Triumphal weisen die Gesellschaftskritiker von vorgestern im selbstgezimmerten Laufstall ihrer ideologischen Bornierung auf das einzige, was ihnen noch geblieben ist vom utopischen "Anspruch auf den ganzen Menschen" (Heinrich August Winkler). Es ist der deutsche Anspruch auf das richtige, auf das einzig richtige Weltverbrechen. Das ist die ganze Moral von der Geschichte.
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      schrieb am 25.09.02 16:11:15
      Beitrag Nr. 107 ()
      Heute abend kommt im ZDF in der Sendung „ZDF-Reporter“ eine interessante Reportage über Nordkorea und die Hungersnöte dort.
      Da gerade heute auch die Nachricht über die Agenturen läuft, dass eine japanische Regierungskommission in Nordkorea eingetroffen ist, um das Schicksal von japanischen Entführungsopfern zu klären, ist dies ein ganz netter Anlaß, mal ein bisschen in die Geschichte Nordkoreas in den letzten Jahrzehnten zurückzublicken.

      Die nordkoreanische Regierung hatte unter ihrem „genialen Führer Kim Il Sung“ nämlich in großen Teilen eine Weltsicht eingenommen, die im wesentlichen von einer völlig abgedrehten Sekte stammen könnte. Vermutlich ist nicht ganz zufällig der Gründer der „Moon-Sekte“ auch Koreaner, nur eben aus Südkorea.
      In Nordkorea war es jedenfalls so, dass man sich seit dem Ende des Koreakrieg 1953 bis vor kurzem „ein-igelte“, völlig von außen abschottete und auf den unvermeidlich kommenden Dritten Weltkrieg vorbereitete. Um für diesen Fall bessere Ausgangschancen zu haben, brauchte man nach so langer Isolation natürlich Leute, die wussten, wie es in den kapitalistischen Nachbar-Nationen Japan, Südkorea und auf den Philippinen zuging, damit man über die Lebensweisen dort informiert war, wenn man selbst mit der angenommenen Unterstützung Chinas dort eine Invasion starten konnte. Es war auch geplant, wie man heute von Kim Il Sungs „fröhlichem Sohn“ Kim Jong Il bei „amüsanten“ Tischgesprächen erfahren kann, dass vor der „großen Invasion“ im Dritten Weltkrieg beispielsweise in Japan „autonome Invasions-Zellen“ mit nordkoreanischen Agenten eingerichtet werden sollten, die im Kriegsfall durch Anschläge auf die japanische Regierung und ausgesuchte sonstige Ziele das Land „verteidigungsunfähig“ machen sollten. Damit man aber im abgeschotteten stalinistischen Nordkorea über die „normalen“ oder „modern-dekadenten“ Lebensgewohnheiten in Japan immer auf dem laufenden war, war es notwendig, Menschen aus Japan zu entführen. Dies sollten vorzugsweise gebildete Studenten sein, es mussten aber auch „ganz normale“ Menschen dabei sein, damit man aus deren Informationen lernen konnte, wie man als nordkoreanischer Agent in Japan nicht auffällt. Nordkoreas Regierung hat inzwischen eingestanden, dass mindestens 11 japanische Bürger in den letzten 30 Jahren in aller Welt von Nordkoreas Geheimdienst entführt wurden, wovon nur noch 3 am Leben sein sollen. Japan will nun herausfinden, wie und woran die anderen 8 Entführungsopfer gestorben sind. Die Opfer wurden zum Teil in Europa entführt (vorzugsweise japanische Fremdsprachenstudentinnen, die betäubt in die nordkoreanischen Botschaften verschleppt und als „Luftfracht“ unter Narkose nach Nordkorea geflogen wurden, aber auch durch nordkoreanische Geheimdienstler von nordkoreanischen U-Booten aus an einsamen japanischen Stränden gefangengenommen, so ein japanisches Ehepaar. Bekannt wurde dies erst vor ca. 10 Jahren durch einen Brief einer gefangenen japanischen Studentin, die aus Madrid verschleppt worden war und einen nordkoreanischen Botschaftsangestellten, der nach Polen versetzt wurde, nach einer Liebesaffäre überreden konnte, ihren Brief aus Warschau an ihre Eltern zu schicken, die 10 Jahre lang nur wussten, dass ihre Tochter in Madrid spurlos verschwunden war. Aber wer wollte diesen einfachen Leuten schon so eine Geschichte glauben? Selbst in Japan war das unglaublich!

      Und wie sieht so allgemein die nordkoreanische Geschichte der letzten 50 Jahre aus?
      Dokumente in seit kurzem zugänglichen Moskauer Archiven zeigen, dass Kim Il Sung - der „geniale Staatsgründer Nordkoreas, der über den Wolken wandelte“ – darauf brannte, die südkoreanische Führung zu stürzen, die er schon immer als „Marionetten“ der Amerikaner bezeichnete: Die sogenannten Marionetten hatten eine sehr viel schwächere Armee als der Norden (die Vereinigten Staaten fürchteten sogar anfangs, daß der Süden sich aus eigenem Antrieb in ein Abenteuer im Norden stürzen könnte), gegen ihre autoritäre Machtausübung gab es Widerstand in Form von Streiks, Attentaten und von Kommunisten geschürten Guerillaaktivitäten in verschiedenen Teilen des Landes; Kim Il Sung dachte -oder sagte es zumindest-, daß die Menschen im Süden Vertrauen zu ihm und seiner Armee hätten. Dementsprechend drängte er Stalin zur Erlaubnis für eine Invasion, und Ende des Winters 1949/50 gab Stalin dann endlich grünes Licht. Am 25. Juni 1950 fand der geplante Einmarsch statt: Nordkoreanische Truppen drangen in einem Überraschungsangriff nach Süden vor. Dies war der Beginn eines schrecklichen Krieges, dem mehr als eine halbe Million Menschen beider Landesteile zum Opfer fielen; die Chinesen, die den Nordkoreanern zu Hilfe gekommen waren, als deren totale Vernichtung durch die UNO-Truppen unter General MacArthur drohte, verzeichneten 400 000 Tote und eine etwas höhere Zahl von Verletzten. Mindestens 200000 nordkoreanische und 50000 südkoreanische Soldaten starben, außerdem mehr als 50000 Amerikaner, Millionen heimatloser Flüchtlinge irrten umher. Das französische UNO-Kontingent hatte etwa 300 Tote und 800 Verwundete zu beklagen.

      Nur wenige Kriege lassen sich so eindeutig auf kommunistisches Expansionsstreben-selbstverständlich zum Wohle des Volkes-zurückführen. Seinerzeit stellten sich etliche französische Intellektuelle -Jean-Paul Sartre beispielsweise - auf die Seite der Kommunisten und brandmarkten Südkorea als Aggressor, der in ein friedliches Land eingedrungen sei. Heute, nachdem viele Archive zugänglich geworden sind, kann es keinen Zweifel mehr geben: Diese und andere Leiden, etwa die Leiden der Kriegsgefangenen (6000 amerikanische Soldaten und ungefähr ebenso viele aus anderen Ländern, vorwiegend aus Südkorea, starben in Gefangenschaft), das Martyrium der französischen und englischen Botschaftsangehörigen, die in Seoul geblieben waren und von nordkoreanischen Truppen festgenommen und anschließend deportiert wurden, und dasjenige der in Südkorea tätigen Missionare, die ebenfalls deportiert wurden, gehen auf das Konto des Kommunismus.`

      Bekanntlich wurde nach drei Jahren Krieg im Juli 1953 ein Waffenstillstand unterzeichnet, der die Errichtung einer entmilitarisierten Zone zwischen Nord- und Südteil des Landes entlang der ursprünglichen Demarkationslinie, dem 38. Breitengrad, vorsah. Bei etlichen Vorstößen und Angriffen Nordkoreas gegen den Süden starben in der Folgezeit zahlreiche Opfer. Unter den Schlägen, die der Norden dem Süden zufügte und die sich sowohl gegen Militärangehörige wie gegen die Zivilbevölkerung richteten, sind der Angriff eines 31 Mann starken Kommandos im Jahr 1968 auf den Präsidentenpalast in Südkorea zu nennen (nur ein Angreifer überlebte), der Anschlag im birmanischen Rangun am 9. Oktober 1983 auf Mitglieder der Seouler Regierung - 16 Tote, darunter vier südkoreanische Minister -, und die Explosion eines Verkehrsflugzeugs der Korea Air Line am 29. November 1987 in der Luft, bei der 115 Passagiere starben.

      Nordkorea ist nicht tatverdächtig - es ist schuldig. Eine in nordkoreanischen Diensten stehende Terroristin sagte nach ihrer Festnahme, bei dem Anschlag 1987 sei es darum gegangen, durch die Demonstration, daß der Süden nicht in der Lage sei, die Sicherheit der Olympischen Spiele zu gewährleisten, die wenige Monate später in Seoul stattfinden sollten, das internationale Ansehen des Landes zu beschädigen."

      Fügen wir, da es hier um den Krieg gegen die gesamte kapitalistische Welt geht, noch hinzu, daß Nordkorea in den sechziger und siebziger Jahren unterschiedlichen terroristischen Gruppen Zuflucht gewährte, insbesondere der japanischen Roten Armee, die sich durch Attentate in Israel hervorgetan hatte, palästinensischen Fedajin, phillippinischen Guerilleros usw.
      Avatar
      schrieb am 25.09.02 16:12:46
      Beitrag Nr. 108 ()
      Habe Zeitangabe vergessen: 21 Uhr, "ZDF-Reporter"!
      Avatar
      schrieb am 25.09.02 16:20:29
      Beitrag Nr. 109 ()
      Auryn, danke für den Hinweis. Leider wollen ja manche all dieses nicht hören.
      Avatar
      schrieb am 25.09.02 16:50:05
      Beitrag Nr. 110 ()
      Nur falls mein Tipp gleich verschwindet; nochmal:
      Heute abend: ZDF, 21 Uhr: "ZDF-Reporter" berichten über Nordkoreas Hungersnot. Siehe Posting # 107

      @ for4zim:
      Keine Ursache. ;)
      Ich bin es im "Politik-Diskussionsforum" ja inzwischen schon gewöhnt, auf Leute zu treffen, für die meine Postings an "Ketzerei" grenzen, weil für diese Leute "Antiamerikanismus" eine Ersatzreligion geworden ist.
      Und bei religiösen Fanatikern darf man natürlich keine Meinung äußern, die irgendwie vom "wahren und reinen Antiamerikanismus" ablenkt.

      Immerhin gibt es mal wieder ein gutes Buch, das ich hier eigentlich auch empfehlen kann:
      Buch-Tipp aus "3sat-Kulturzeit" von gestern abend:
      Schlechte Neue Welt?
      Der Historiker Dan Diner polemisiert gegen den Antiamerikanismus

      Amerika ist nicht von dieser Welt. Amerika ist der Fortschritt, das Versprechen, die Zukunft. Amerika steht für die Moderne schlechthin, sagt der Historiker Dan Diner, auch wenn das in der momentanen Gefühlslage schwer verständlich scheint. Amerika schwebt, losgelöst von den Fesseln der Tradition. Für die Menschen in der alten Welt ist Amerika ein Ort der Zuflucht. Ein Land, das sich weder auf Ethnie, noch auf Muttersprache oder auf Religion stützt. Aber es ist auch eine massive Bedrohung. Diese Ambivalenz ist so alt wie die Gründung der Vereinigten Staaten. Schon die Romantik zeichnete das Bild einer Masse kulturloser, entseelter Menschen. Die Herrschaft des geschäftstüchtigen Pöbels. Klischees, die bis heute andauern: Amerika - ein Feindbild.

      Dan Diner sieht die große Gefahr darin, "dass alles, was für Europa spricht und was Europa ist, nämlich Tradition und Kultur im Sinne einer akkumulierten Patina des Selbstverständnisses, in Amerika vergeht wie in der Sonne". Aber da Amerika "nicht nur ein Ort, sondern auch eine Zeit" sei, liegt die große Bedrohung, die von Amerika ausgehe nicht darin, dass die Vereinigten Staaten über ihre Grenzen hinaustreten: "Vielmehr wird das, was Amerika heute ist, unser aller Zukunft sein." Dan Diner hat eine Polemik gegen den Anti-Amerikanismus geschrieben. Darin zeigt er, wie der einstige Befreier und Wohltäter in der Bundesrepublik angesichts der politischen Realität in die Kritik gerät, die bald in eine Dämonisierung Amerikas umschlägt. Selbst in der politischen Linken gedeihen die Antiamerikanischen Ressentiments. Damit steht der Protest gegen Amerika unter Generalverdacht. Schon vor 20 Jahren sagte Heinrich Böll: "Es ist nicht anti-amerikanisch, wenn man sich gegen die Politik einer amerikanischen Regierung wehrt." Globalisierungskritik ist heute ein beliebtes Forum für Antiamerikanische Demonstrationen. Doch, wie diese voneinander unterscheiden? Dan Diner sieht die Unterscheidung zwischen Antiamerikanismus als Affekt oder Ressentiment, vielleicht auch als Weltanschauung, und den negativen Auswüchsen Amerikas als "sehr dünn" an. Es träten häufig Vermischungen auf - wie er es in seinem Buch formuliert: "Man kann mit der Wahrheit lügen - empirisch wahr, kontextualisiert man sie in einer Weise, die verfälscht." Die Terroranschläge vom 11. September zeigen, dass sich die Alte und die Neue Welt gefährlich nahe gekommen sind. Amerika steht vor der Herausforderung, sein eigenes Territorium gegen Angriffe schützen zu müssen. Gleichzeitig betreiben die USA eine Politik der Stabilisierung unsicherer Staaten wie Afghanistan. Das derzeitige außenpolitische Engagement der USA ist für den Geschichtswissenschaftler Dan Diner Ausdruck einer neuen historischen Situation.

      Interventionismus und Isolationismus
      Der Anti-Amerikanismus ist keine so neue Bewegung

      Dieses Schwanken zwischen Interventionismus und Isolationismus durch die neuen technologischen Entwicklungen, die völlige Reduzierung des Raumes durch Technologie, sei aufgehoben. Die USA wirkten, so Diner, aus isolationistischen Gründen, um sich selbst zu schützen, international absolut interventionistisch, so dass Energien des Isolationismus und des Inerventionismus sich gegenseitig verstärkten. "Das ist eine völlig neue Lage, etwas was man weder im 19. noch im 20. Jahrhundert gekannt hat", sagt Diner. "Wir haben keine Kategorien und Bilder, um das, was sich derzeit abbildet, darzustellen." Die direkte Konfrontation islamischer Traditionsgesellschaften mit Amerika hat sich seit dem Ende der bipolaren Welt zugespitzt. Die westliche Kultur prallt ungeschützt auf Staaten, die sich hinter ihrer letzten Bastion verschanzen: der Religion. Den islamischen Antiamerikanismus interpretiert Dan Diner als Ausdruck tiefer narzisstischer Verletzung. Die islamischen Gesellschaften reagieren damit auf die hochentwickelte, überlegene Moderne, für die Amerika stellvertretend steht. Es helfe auch nicht weiter, dies diesen Gesellschaften nachzusehen. "Im Gegenteil", erklärt Diner. "Man muß sie mit dieser Frage bedrängen und sie müssen selber Antworten darauf finden. Geschieht dies nicht, bleibt ihnen nichts anders übrig, als sich mehr und mehr westliches Kulturgut anzueignen. Wenn es Demokratie ist und Pluralismus, warum denn nicht?“

      "Es ist gut, dass es Amerika gibt"

      Das Problem haben nicht nur die islamischen Länder, sondern auch wir Europäer. Die Massenkultur, gegen die sich das antiamerikanische Ressentiments in Deutschland oft richtet, ist nur ein oberflächliches Phänomen. Mit dem eigentlichen Merkmal Amerikas, einer pluralistischen Gesellschaft, hat dies nicht viel tun. Deutschlands Demokratie hat zwar ihr Rüstzeug von Amerika erhalten. Der Übernahme amerikanischer Verhältnisse jedoch steht die Verwurzelung in einer Jahrhunderte alten Tradition entgegen. Ob wir damit aber für die Herausforderungen der Zukunft ausreichend gerüstet sind, ist für Dan Diner fraglich: „Ich würde sagen, dass kann uns alles in der Welt Europas drohen und passieren. Wir Haben Migration und Vielfalt. Wir können nicht mehr mit Gewißheit sagen, ob in 50 Jahren das ist, was vor 50 jahren gewesen ist.“ Er hofft, "dass wir Traditionen ausbilden werden von Toleranz und Pluralismus, die uns Amerika vorgelebt hat. Prinzipiell ist Amerika allen anderen überlegen". Amerika ist die Zukunft, oder eher: eine mögliche Zukunft. Auch Amerika zeigt in schöner Regelmäßigkeit seine Schattenseiten. Die Idee Amerika ist von großen Erwartungen und ebensolchen Enttäuschungen begleitet. Es ist ein Unterschied, ob man große Schritte auf dem Mond oder auf der Erde macht. "Persönlich weiß ich nicht, ob ich in Amerika leben könnte", meint Diner, "ich fühle mich in Europa und in Israel pudelwohl. Aber es ist gut, dass es Amerika gibt." Wer Mutterplanet und wer Trabant ist, ist manchmal keine Frage der Realität, sondern eine der Perspektive. Im Verhältnis zwischen der USA und der alten Welt gibt es noch Bedarf an Aufklärung, hier wie dort. Kulturzeit spricht auch mit dem Journalisten und Buchautor Michael S. Cullen über Dan Diner und den Anti-Amerikanismus.

      BuchTipp: Feindbild Amerika. Über die Beständigkeit eines Ressentiments.
      von Dan Diner, Propyläen-Verlag, 2002, ISBN 3549071744,
      € 20

      24.09.2002 Kulturzeit
      Avatar
      schrieb am 25.09.02 18:17:18
      Beitrag Nr. 111 ()
      Auryn #110
      - Deine Antwort an for4zim -

      es ist sicher richtig, daß Werte wie Meinungs- und Redefreiheit in totalitären Systemen unbekannt sind. Dies wissend, wäre es vielleicht klüger gewesen, George W. Bush hätte den Krieg gegen Irak nicht bereits vor seiner Wahl als Bestandteil seiner Wahlaussage formuliert. Dumpf kann man auch für möglich halten, daß die Terroranschläge in den USA daraufhin passiert sind (bzw. gerade dort, gerade dann) oder vielleicht ohne eine solche antiislamische Haltung Bushs weniger drastisch ausgefallen wären. Vielleicht, denn für Totalitäre bzw. Radikale bedeutet das Nicht-Dulden einer anderen Meinung gleich deren Bekämpfung. Mitunter kann man sogar sagen: je radikaler desto empfindlicher (gegen Kritik).

      Schönen Rest-Mittwoch.
      Avatar
      schrieb am 25.09.02 19:48:54
      Beitrag Nr. 112 ()
      hallo auryn,

      auch wenn ich sehr amerika-kritisch bin, ist imho (war?)
      amerika das letzte `paradies` für den menschen auf erden.
      nirgendwo wird der pluralismus so gelebt wie in den usa.
      das macht sie meines erachtens schon einzigartig auf der
      welt. ich hoffe nur, dass der 11.9. daran nichts ändert.

      mfg,
      Cole_T
      Avatar
      schrieb am 26.09.02 07:52:29
      Beitrag Nr. 113 ()
      Wilma, mich verwundern immer diese Theorien darüber, ob mit irgend einem Verhalten die USA die Terroranschläge hätte verhindern oder mildern können. Die Planung der Anschläge reicht noch in die Clintonzeit zurück, was schon erheblich der These widerspricht, daß Bush selbst diese Aktion provoziert hätte. Wenn man der Argumentation der Islamisten folgt, sind solche Anschläge zu erwarten, solange der Westen im Haus des Islam steht - und damit meint man westlichen Einfluß in islamischen Ländern, die Existenz Israels und, besonders, die Anwesenheit von Juden in Jerusalem. Das sind unerfüllbare Forderungen, daher ist auch von vorneherein klar, daß mit Anpassung hier nichts zu gewinnen ist. Wir haben keine gemeinsame Kompromißposition mit den Islamisten. Daher können wir sie nur bekämpfen. Und es ist ja ein passendes Bild dazu, daß die Maschine, in der sich die Flugpassagiere in Wild-West-Manier auf die Entführer stürzten, dann zumindest außer dem eigenen Absturz keinen weiteren Schaden anrichtete. Normale Entführer versuchen mit Entführungen Verhandlungen zu erzwingen. Diese hier wollten aber nur eine Zerstörung erreichen. Da war Verhandeln zwecklos, Angreifen sinnvoll. Dieses Bild überträgt sich in den Augen der USA auf den Umgang mit der islamistischen Welt. Man kann das für eine Überreaktion halten, aber man kann zumindest die öffentliche Meinung in den USA dazu versuchen zu verstehen.
      Avatar
      schrieb am 26.09.02 09:28:24
      Beitrag Nr. 114 ()
      for4zim,
      es ist mir klar, daß islamischer Terror älteren Ursprungs ist. Aber scheint es nicht de facto so, daß jeder Terrorakt Reaktion ist (natürlich unabhängig davon, ob wir die Ursache als Anlaß für Terror akzeptieren könnten oder nicht)? Man kann sogar bezüglich der Palästinenser sagen, daß sie reagieren. Theoretisch kann man also terroristische Aktionen vermeiden oder hinauszögern, wenn man den Anlaß vermeidet. Selbstverständlich ist das nicht immer machbar, denn die "Anlässe" sind oft bzw. in der Regel solche, die sich in einer zivilisierten Welt nicht vermeiden lassen. Ich will auch keineswegs etwa Bush als Schuldigen oder gar Initiator darstellen! Es wäre aber m. E. für einen Staatsmann sinnvoll gewesen, etwas diplomatischer vorzugehen und nicht unfriedliche Vorhaben in seine Wahlversprechen aufzunehmen. Jetzt jedenfalls ist er in Zugzwang und muß diesen Krieg führen und gewinnen, sonst gnade ihm Gott - die Amerikaner jedenfalls werden es nicht tun. Man könnte sogar darüber spekulieren, ob die Vorgänge bezüglich des eigentlich unsicheren Wahlausgangs mit dieser Angelegenheit zu tun haben. Unter diesen Aspekten betrachtet ist der Irak-Krieg jedenfalls nicht unter die Anti-Terror-Aktionen einzureihen, zu denen Bush ihn gern zählen und damit seinen Anspruch auf internationale Hilfe legitimieren möchte. G. Bush hat da ein paar gewaltige Probleme auf einmal zu bewältigen, und der US-Kongreß gibt ihm keineswegs die pauschale Unterstützung, die er haben möchte und eigentlich bräuchte. Immerhin hat er die wohl beste Armee der Welt zur Verfügung, seine Chancen stehen also nicht schlecht.
      Avatar
      schrieb am 26.09.02 09:35:18
      Beitrag Nr. 115 ()
      PS und ganz allgemein:
      Eine latente Gefahr ist immerhin keine realisierte.
      Avatar
      schrieb am 26.09.02 09:50:15
      Beitrag Nr. 116 ()
      Die Behauptung, Terroristen reagieren immer nur, halte ich für unsinnig. Das widerspricht der Aufgabe eines Terroristen, der ein Ziel hat und eine große Freiheit bei der Wahl der Mittel dazu. Terroristen sind die logische Folge dessen, daß manche ihre verfolgten Ziele für so ehrenwert halten, daß ihnen auch die Ermordung von Menschen für dieses Ziel gerechtfertigt scheint.

      Daher ist es gleichgültig, wer Präsident in den USA ist und was er zum Programm erhebt, weil der grundsätzliche Angriffspunkt der Terroristen die Existenz Israels und der USA als gestaltende Macht in der Welt ist. Und das läßt sich nur durch die Vernichtung dieser Staaten aus der Welt schaffen.

      Das interessante ist, daß die neue Doktrin des Präsidenten überraschend wahr ist: Staaten kann man durch militärische Macht abschrecken. Fanatiker und Terroristen aber nicht. Man muß sie bekämpfen, auch vorbeugend. In der Theorie ist das richtig. Das Problem liegt aber in der Praxis, weil die USA diplomatische Rücksichten nehmen und weil sie als demokratischer Staat immer dem eigenen Volk vermitteln müssen, was sie als nächstes tun. Wenn aber beim Krieg gegen Terroristen eine Erkenntnis ist, daß es ein langwieriger Abnutzungskrieg ist (gegen die RAF hat er über 25 Jahre gedauert, gegen die IRA oder ETA hält der Kampf noch länger an), dann wird man dafür auf Dauer keinen Rückhalt im Volk finden, es sei denn, man führt zugleich einen Propagandakrieg, der sich auch an das eigene Volk richtet. Diese Konflikt auf der Ebene der Propaganda wird aber vom Gegner auch geführt. Ich glaube, man kann das an den gegenwärtigen Diskussionen um die amerikanische Außenpolitik recht gut sehen.
      Avatar
      schrieb am 27.09.02 17:39:07
      Beitrag Nr. 117 ()
      Nur so nebenbei meine ehrliche Gratulation an "WilmaFeuerstein" und "for4zim" für die letzten vier Postings, denn das ist geradezu ein Musterbeispiel für eine sachliche Diskussion zum Thema "Terrorismus & Aspekte eines möglichen Krieges gegen den Irak".
      Ganz allgemein könnte man schon sagen, daß manche Formen von Terrorismus eine "Reaktion" sind. Beispielsweise kann ich mir gut vorstellen, daß der Terror der baskischen "ETA" sich ohne die Franco-Diktatur nicht so derartig "sektiererisch-separatistisch" entwickelt hätte, aber es existiert bei der ETA offensichtlich eine "angelernte Generation" von "Nachwuchs-Terroristen", die bei ihren Zielen mehr mit einer fanatischen Sekte als mit einer radikalen politischen Gruppe gemeinsam haben und überhaupt nicht zur Kenntnis nehmen wollen, daß mit politischen Morden keine Unabhängigkeit erreicht werden kann und die EU sollte dies auch nicht zulassen.
      Bei den Terroristen des 11. September 2001 kann man mit Sicherheit von Terroristen sprechen, deren Terror eine Mischung von religiösem Fanatismus und völlig verquerer Weltsicht ist. Dieser Terror hatte nur Haß auf die USA (und den Westen) als auslösendes Moment und die Angst vor dem Terror selbst zum Ziel und nichts anderes, denn die Opfer waren reine Zufallsopfer und hatten sicherlich keine "Reaktion" hervorgerufen.
      Man kann sich auch noch darüber Gedanken machen, warum die Mehrheit der Attentäter gerade aus reichen Familien Saudi-Arabiens stammten und nicht etwa aus armen, unterdrückten Schichten Arabiens, aber genau dies beweist meiner Meinung nach auch, daß die Attentäter durch erlernten Fanatismus zu Attentätern wurden und nicht etwa, weil sie persönliche Gründe für eine "Reaktion" gehabt hätten. Solche Gründe hätten vielleicht viele andere gehabt, aber gerade bei diesen Attentätern sieht es nicht danach aus.
      Falls ich noch etwas Aktuelles zu diesem Themenbereich empfehlen darf:
      Die gestrige Ausgabe der Wochenzeitung "Die Zeit" (Nr. 40 vom 26. September 2002) behandelt einerseits in sehr ausführlichen Artikeln die Ereignisse um die Wahlen in Deutschland und andererseits in einem langen "Dossier" die nahezu unlösbaren Aufgaben der zukünftigen UN-Kontrolleure im Irak.
      Besonders gelungen finde ich auch immer die Kommentare von Josef Joffe, der früher mal wegen seiner guten Kontakte zum Nahen Osten von Kollegen auch gerne "Yussuf Joffe" genannt wurde.
      Vielleicht füge ich hier gleich mal seinen Leitartikel Nr. 2 von der ersten Seite der "Zeit" von gestern ein.
      Bis gleich,
      Auryn
      Avatar
      schrieb am 27.09.02 17:58:18
      Beitrag Nr. 118 ()
      Aus "Die Zeit", Nr. 40, 26. September 2002, S. 1.
      Berlin, Washington und das Gericht der Staatsräson
      Die Provinzposse ist vorbei/ von Josef Joffe

      Wie wird man die Geister wieder los? Die beiden lautesten hat der Kanzler leise abserviert. Das war die gewissenspolitische Sprecherin der SPD, Herta Däubler Gmelin, die Bushs Politik mit der von Hitler verglichen hatte. Und Fraktionschef Ludwig Stiegler, der Bush als Möchtegern-Imperator über die "provincia Germania" und dessen Botschafter als "Pjotr Abrassimow" verhöhnt hatte - als jenen Sowjet-Statthalter, der das letzte Wort in der DDR hatte.

      (Es spricht für Schröders Humor, dass er auf seiner Pressekonferenz über die Frage eines Journalisten gelacht hat, als dieser ihn fragte, ob er schon einen Nachfolger für Frau Deubler-Gmelin ausgesucht hatte und ob dieser Nachfolger Ludwig Stiegler sein sollte. Kann mir übrigens jemand sagen, wie der Mann mit der lustigen Frage hieß, denn auch Schröder meinte ja, diesen Namen werde man sich merken müssen.) :D

      Den Dritten, Rudolf Scharping, musste Schröder nicht mehr feuern. Doch hatte der diese Republik am 27. August in fast Möllemannscher Manier beschädigt, als er die US-Irak-Politik auf die Macht der "jüdischen Lobby" zurückführte. (Scharping hat es dementiert, die Gäste der Hamburger Tagung haben es bestätigt.) Dass Schröder so rasch Remedur geschaffen hat, zeugt von Klugheit, erspart ihm aber nicht den Vorwurf, mit seiner gezielten Stimmungsmache die Geister geweckt zu haben, die er jetzt wieder einfangen muss.

      Was nun? Ein eisiger Wind bläst über den Atlantik nach Berlin, und Bushs Sicherheitsberaterin Rice nennt das Verhältnis "vergiftet". Reden wir nicht von "Dankbarkeit" und "Freundschaft". Solche Werte welken schnell im Leben der Nationen; sie werden hauptsächlich zelebriert, wenn sie keine Konsequenzen fordern - bei Jahrestagen und Volksfesten. Reden wir lieber von Interessen oder - etwas sonorer - Staatsräson.

      Ist ein "vergiftetes" Verhältnis zu Amerika im deutschen Interesse? Grundsätzlich sollte kein EU-Staat seine atlantische Flanke entblößen, erst recht nicht dieser deutsche Halbkoloss, der den Argwohn seiner Nachbarn nie ganz überwinden wird - und schon gar nicht wegen wahltaktischer Kapriolen. Solange Europa für seine Sicherheit nicht selbst sorgen kann oder will, braucht es die amerikanische Rückversicherung. Der Kalte Krieg ist zwar Geschichte, aber Bosnien und Kosovo sind jetzt.

      Ist es im deutschen Interesse, den militärischen Druck von Saddam Hussein zu nehmen? Nein. Auch gebot es die Staatsräson nicht, lauthals den Beistand zu verweigern, den Bush überhaupt nicht angefordert hatte. Oder zu verkünden, dass weder UN-Mandate noch Beweise, wie sie jetzt London vorgelegt hat, irgendein Gewicht hätten. (Auryns Anmerkung: Was macht unsere Bundesregierung eigentlich, wenn die UNO-Mitgliedsstaaten doch noch mehrheitlich die Notwendigkeit eines militärischen Eingreifens "zum Schutz des Weltfriedens" beschließt? Sagt die Regierung dann genauso wie die USA es gelegentlich tun, dass die UN übergangen werden kann, wenn es um unser eigenes Interesse geht? Oder das die UNO ja nur so handelt, weil die USA sie erpresst und wir uns nicht mehr erpressen lassen? So wie im Fall des PKK-Führers Öcalan, den wir nicht verhaften wollten, damit wir nur ja keine "innertürkischen" Probleme mit Kurden auf deutschem Boden mit Gewalt bekämpfen mussten?)
      Das diplomatische Spektrum zwischen purem Affront und blinder Nibelungentreue war so breit wie die Elbe auf dem Höhepunkt der Flut. Doch wollte Schröder diese Manövrierfläche nicht nutzen; das war ein Fehler, den sich allenfalls der Außenminister Luxemburgs leisten darf. Wenn man sich aber wirklich mit Washington anlegen will, dann nicht in der Manier des seligen Kaiser Wilhelm. Denn es steht Berlin nicht gut zu Gesicht, Bush des "Unilateralismus" zu zeihen, um sich dann selbst in dieser Sünde zu suhlen. Und schon gar nicht, wenn weder Rom noch Madrid, weder London noch Paris mitziehen. Wie man dergestalt eine "europäische" Außenpolitik konstruieren will, bleibt das Geheimnis der beiden Wahlsieger Schröder und Fischer.

      Selbstverständlich werden sie jetzt ihre Emissäre (oder sich selbst) nach Washington entsenden. Aber was werden sie Mrs Rice und Mr Powell sagen? Dass die Deutschen Quadriennalssäufer sind - und jetzt wieder nüchtern? Dass ihre Sprüche nur bis zum Wahltag gelten? Dann ist jetzt Zahltag, denn Bush wird Zeichen der tätigen Reue sehen wollen, etwa: Die "Füchse" bleiben in Kuwait, der deutsche Luftraum und die deutschen US-Basen bleiben offen. Schlimmer noch: Berlin darf in der Kälte von Washington nicht auf allzu warme Worte aus London und Paris hoffen.

      Blairs Beweise

      Das Gericht der Staatskunst kennt keine mildernden Umstände wie den Verweis auf Wahlkampf. Allenfalls gibt es Bewährung. Und diese hat herzlich wenig mit einem Kotau vor Washington zu tun, zumal man mit Bush trefflich über die Weisheit, jedenfalls über die richtigen Bedingungen eines Irak-Krieges streiten kann. Es geht wie für jede größere Mittelmacht um die Balance zwischen Egoismus und Gemeinschaft, zwischen Innen- und Verantwortungspolitik. Im konkreten Fall: Berlin wird entweder sein "Nie und nimmer" sachte revidieren oder das 50-Seiten-Dossier über Bagdads Massenvernichtungswaffen, das Tony Blair am Dienstag vorgelegt hat, in seinen Hauptpunkten glaubwürdig entkräften müssen.

      Das Provinzdrama von gestern spielt jetzt in Berlin. Dass Schröder / Fischer die Regie beherrschen, haben sie in den Aufzügen von "Kosovo" bis "Afghanistan" bewiesen. Bloß wird die Toleranzmarge für Versprecher und falsche Einsätze täglich enger.
      Avatar
      schrieb am 27.09.02 17:58:53
      Beitrag Nr. 119 ()
      for4zim,
      lies genau. Terroristen reagieren auf etwas, das sie - und möglicherweise nur sie - als Bedrohung, Angriff oder sonstigen Auslöser empfinden. Um einen anderen zu verstehen, muß man - gedanklich - in dessen Haut schlüpfen. Mit "verstehen" meine ich hier nicht "billigen", sondern "Gedanken nachvollziehen" oder "andere Logiken erfassen".
      Avatar
      schrieb am 27.09.02 18:15:35
      Beitrag Nr. 120 ()
      Auryn 117,
      es scheint Zeichen der Zeit zu sein, daß Terroristen "aus gutem Hause" stammen. Das war auch bei den deutschen Terroristen um Baader/Meinhof so, die ja nach eigener Aussage "die Lachs- und Kaviarfresserei satt hatten". Es ist also keineswegs mehr das "Proletariat", das aus Existenznöten heraus aufbegehrt. Der moderne Terror spannt zwar das "Proletariat" ein, wo er es brauchen kann (afghanische Bergbauern beispielsweise) und wo sich jenes Proletariat auch nicht zu wehren wüßte, aber er formt sich und wächst mit Hilfe des zeitgemäßen Mittels "Kapital", das er sich nicht geniert, "redlich" zu verdienen, beispielsweise mit Börsenhandel (von Bin Laden weiß man es); und er setzt sich darüber hinweg, daß er gegebenenfalls genau diejenigen tötet, die ihm zu diesem Geld verholfen haben. Wie weit auch Erpressungen - z. B. über die Familien - und andere Methoden eingesetzt werden, weiß man nicht, man wird es aber vermuten können.
      Das alles hat Ausmaße erreicht, die man nicht so abtun kann wie spontane Racheakte - und selbst bei diesen ist keineswegs sicher, ob der Rächende die Tat, die er rächt, richtig einschätzt - er handelt gemäß seinem persönlichen Wissen und seinem Denkvermögen, und das ist oft mindestens ideologisch eingeschränkt.
      Ein Terrorakt mag aber noch so lange geplant sein - er hat immer einen Auslöser - ein Haßmoment, das Generationen alt sein kann, das bei entsprechendem Anlaß zum Entschluß führt. Hat sich erst eine Organisation gebildet, verselbständigt sich der Gedanke. Wie bei den deutschen Terroristen drängt sich der Tatzwang in den Vordergrund, und die Personen werden zu Ausführenden - man könnte meinen, geradezu willenlos. Man kann es auch Maschinerie nennen. Sie denkt nicht, sie handelt nach einem Programm - sie funktioniert.
      Avatar
      schrieb am 27.09.02 19:01:28
      Beitrag Nr. 121 ()
      @ WilmaFeuerstein:
      O.K. ich stimme weitgehend zu, doch dann bliebe die Frage, wie sollte man dem Terrorismus "vom Typ bin Laden" den Wind aus den Segeln nehmen?
      Wenn das Interview mit diesem "ulkigen" Ramzi Binalschib (in Frankreich schreibt man übrigens "Ramsi Bin al Chibh" ) kurz vor dessen Festnahme im Sender Al-Djazeera (oder so ähnlich) korrekt wiedergegeben wurde, dann ist das Nah-Ziel dieser freundlichen Leute die Schwächung und Zerstörung der USA und das "Fernziel" die Herrschaft des Islam (so wie sie ihn verstehen) über die ganze Welt.
      Da sehe ich wenig Möglichkeiten für einen friedlichen Ausgleich.
      Da überzeugen wir noch viel eher die palästinensische Hamas davon, mit ihren Selbstmord-Attentaten aufzuhören, weil sie damit keine Wirkung erreichen werden, oder?
      Avatar
      schrieb am 27.09.02 20:00:09
      Beitrag Nr. 122 ()
      Auryn,
      es wundert mich, daß for4zim mir nicht heftig bezüglich der von mir konzedierten Willenlosigkeit von Terroristen widersprochen hat mit dem Hinweis, welche Intelligenzleistung doch allein die Planung der Terrorakte und welche Willensstärke in der Ausführung zu sehen sei. Ich muß dieses nicht gegebene Argument also selbst liefern, um Anlaß zu folgender Anmerkung zu haben: 1. Intelligenz kann man für jede Art von Tat einsetzen. Es gibt den Begriff kriminelle Intelligenz, er möge dies verdeutlichen. 2. Der Wille von Terroristen ist nicht ein eigener, individueller, sondern der einer Ideologie. Man bezeichnet das Ergebnis als Fanatismus.

      Jetzt komme ich zu deiner Frage. Ich will sie nicht beantworten, denn sie ist suggestiv in der Hinsicht "Was bleibt anderes übrig als ein Krieg?". Ich frage aber, diese von dir nicht gezogene Folgerung als These vorausgeschickt: "Gegen wen oder was soll der Krieg eigentlich geführt werden?"

      Schönes Wochenende
      Wilma (:()
      Avatar
      schrieb am 30.09.02 11:24:35
      Beitrag Nr. 123 ()
      @ WilmaFeuerstein:
      Ich muß zugeben, daß mir der Begriff vom "Krieg gegen den Terror" eigentlich nicht gefällt, da Krieg für mich bisher eigentlich eine Bezeichung für eine militärische Auseinandersetzung zwischen Staatssystemen war. Wenn aber wie in Afghanistan eine religiös-fanatisch motivierte "Privat-Organisation" eine Art von "Gottesstaat" mit aufbaut und von diesem "Staat" aus Anschläge organisiert, wie es die Interviews mit dem ehemaligen (?) "Organisationschef" Osama bin Laden oder dem Herrn Binalshibh (o.ä.) zu beweisen scheinen, dann kann man bei der Bekämpfung solcher "Organisationen" durch militärische Invasionen von einem "Krieg" sprechen.
      Bei einem möglichen Krieg gegen den Irak wäre mir aber sehr unklar, ob irgendein Ziel im "Krieg gegen den Terror" noch in einem vernünftigen Verhältnis zum Aufwand steht.
      Andererseits frage ich mich natürlich auch, ob der aktuelle "Blair-Bericht" mit seiner Darstellung recht hatte, daß der Irak waffenfähiges Uran in Afrika kaufen wollte (warum eigentlich?) und was die freundlichen türkischen Autofahrer mit den 15 Kilo Uran im Kofferraum vorhatten, mit denen sie in Ost-Anatolien unterwegs waren, bevor sie verhaftet wurden.
      Avatar
      schrieb am 30.09.02 11:50:54
      Beitrag Nr. 124 ()
      Auryn,
      Könnte man glauben, daß das Prinzip "draufhauen, und dann ist Ruhe" funktioniert, könnte man einen kriegerischen "Schlag" vielleicht befürworten. Man wird aber damit rechnen müssen, daß terroristische Aktionen wieder und wieder aufflammen, und wahrscheinlich in nicht zu ahnenden Zusammenhängen und Orten (schon die Twin Towers waren so ein Ereignis).
      Könnte man sicher sein, daß UN-Waffeninspektoren alles Gefährliche in Irak aufspüren und unschädlich machen, so wäre deren schneller Einsatz höchst wünschenswert. Leider muß man argwöhnen, daß diese Personen gegebenenfalls als Geiseln herhalten müßten. Im übrigen ist keineswegs sicher, daß sie alles finden können, denn im Hin- und Herschieben ist S. Hussein geübt. Immerhin lassen sich größere Fertigungsanlagen nicht gut tarnen, und diese aufzufinden wäre schon ein beträchtlicher Erfolg - und - mit ? - Nachweis übler Absichten. (mit ?, weil es derlei Fertigungsanlagen nicht nur im Irak gibt).
      Könnten die UN über den Schatten ihres Beamtendenkens springen, wäre immerhin eine schnelle Entscheidung möglich und, davon abhängig, die Folgeentscheidung der USA. Letztere kann bei längerem Zaudern der UN freilich zur Vorabentscheidung werden. Vielleicht ist das Hinauszögern Taktik? Zu welchem Zwecke? muß man sich jedoch fragen. Allerdings hat nicht jedes Tun bzw. Nicht-Tun Sinn und Zweck oder auch nur Logik. Oder will vielleicht die UN die USA zum Vorabschlag bringen, den sie - vielleicht - zwar wünscht, dies aber nicht zugeben darf? In Unschuld kann man seine Hände zwar waschen, aber sauber werden sie nicht davon.
      Avatar
      schrieb am 30.09.02 18:31:29
      Beitrag Nr. 125 ()
      @ WilmaFeuerstein:
      Sicher wird man immer mit irgendwelchen terroristischen Aktionen von allen möglichen Seiten in der Zukunft rechnen müssen. Der Sturz der Taliban in Afghanistan und die Verfolgung der "Al-Kaida-Mitglieder" in anderen Ländern hatte aber schon jetzt unbestreitbar eine Menge positiver Nebeneffekte. In Kabul und vielleicht auch ganz Afghanistan wird man wohl kaum noch eine Frau finden können, die sagen wird, daß es ihr jetzt schlechter geht, als unter der Herrschaft der Taliban. Die "Al Kaida" ist bestimmt noch existent, aber ebenso sicher auch schwer angeschlagen. Der Drahtzieher Osama bin Laden ist vermutlich tot, denn ich kann mir kaum vorstellen, daß ein "Video-Freak" wie er seit Januar keine Bilder mehr von sich drehen läßt, wenn er es könnte. Es ist nur für seine Anhänger wie für seine Gegner viel nützlicher, wenn er "weiterlebt".
      Insoweit war aus meiner Sicht diese "afghanische Art" der "Terrorbekämpfung" ein voller Erfolg.
      Der Irak ist mit "seinen Problemen" allerdings einige Nummern größer als Afghanistan.
      Ich denke, die Gremien der UNO sind in jedem Fall gegen einen Krieg. Bei der Regierung Bush liegt der Fall aber ganz anders. Ich habe lange Zeit gedacht, daß die USA diesen Krieg allein schon aus "Kosten-Nutzen-Erwägungen" NICHT führen wollen, wenn man von bis zu 200 Mrd. Dollar an Kosten ausgeht. Die ca. 60 Mrd. Kosten beim letzten Mal trugen in erster Linie die Saudis. Ich habe mir allerdings in der Zwischenzeit angesehen, wo für die USA die möglichen Verbündeten wären und was neben dem Sturz von Saddam Hussein noch "herausspringen" könnte. Danach muß ich sagen, der Krieg könnte sich für eine "texanische Spielernatur" durchaus "lohnen", denn wenn man bereit wäre, die möglichen "Kriegs-Verbündeten" (Kurden im Norden und Schiiten im Süden) irgendwie an einer künftigen Regierung zu beteiligen, dann könnte das der größte Sieg der USA im ganzen 21. Jahrhundert werden. Man würde einerseits einen nachgewiesenermaßen reichlich blutrünstigen Diktator beseitigen und hätte Militärstützpunkte und durchgehende Überflugrechte vom europäischen Nordkap bis zum Indischen Ozean. Die wichtigsten Ölquellen des Irak (=> zweitgrößte Ölreserven der Welt nach Saudi-Arabien!) liegen zusätzlich in der Nähe der vorgenannten "irakischen Minderheiten" von Kurden und Schiiten und die irakischen Öl-Quellen werden seit 10 Jahren wegen des Embargos nur in geringer Weise genutzt. Könnte man Saddam Hussein stürzen und / oder (auch nur) die völlige Kontrolle über die Ölquellen im Irak erlangen, um in vollem Umfang die irakischen Fördermengen von vor 1990 zu erreichen, dann würde nach Meinung einiger "Volksökonomen" in den USA der Preis pro Barrel Öl nicht bei 30 Dollar liegen, sondern bei 8 bis 10 Dollar. (Wie würde das wohl auf die Weltwirtschaft wirken?) Zusätzlich besitzen die USA jetzt Pipeline-Rechte vom Kaspischen Meer über Aserbaidschan und Georgien bis zum Schwarzen Meer und in die Türkei, wo eine weitere Pipeline bis ins Mittelmeer fertigsteht. Wenn der Irak auch noch dazukäme, dann stünde der Sieger des "Great Game" fest, das schon das zaristische Rußland und Großbritannien seit 200 Jahren über Afghanistan zu gewinnen versuchten.
      Ich weiß nicht, was der Regierung Bush wirklich wichtiger sein wird. Ich könnte mir gut vorstellen, daß ein möglicher US-Krieg im Irak die Städte ganz umgeht und nur die Ölquellen im Norden bei Mossul und Kirkuk und im Süden bei Basra erobern will, denn das ist auch für Saddam Hussein die einzige Geldquelle seiner Macht. Und ich weiß nicht, ob er dann nicht von selbst stürzen würde.
      Avatar
      schrieb am 30.09.02 18:45:29
      Beitrag Nr. 126 ()
      Nachtrag:
      Ich habe übrigens auch den Eindruck, daß sich die Haltung unserer Bundesregierung zu einem möglichen militärischen Konflikt im Irak bereits ein bißchen ändert, denn anderenfalls hätte diese zwei Leute doch nicht gerade heute beide so etwas gesagt (oder wollten sie etwa nur den Wahlsieger in ihrer eigenen Partei ärgern?):
      Man könnte auch die Langlebigkeit von Politikeraussagen vor einer Wahl noch ein letztes Mal hochleben lassen, denn ich habe gerade im ZDF-Videotext gelesen, daß die SPD-Haltung bereits zwei "Relativierungen" erfahren durfte:
      a) Der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Weisskirchen, meinte, daß man durchaus nochmal über eine Beteiligung an einer UN-Aktion gegen den Irak diskutieren könnte, wenn man auf Seiten der USA auf einen Regimewechsel verzichtet. (Ich finde, daß hier die Logik ein bißchen auf der Strecke geblieben ist, denn das könnte ja auch heißen, daß wir gerne mitbomben, solange uns Saddam
      als Bösewicht erhalten bleibt.)
      b) Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, Klose (SPD), sagte, daß die Bundesregierung ihre Haltung natürlich überdenken müßte, wenn ihr Beweise für eine Verbindung
      zwischen der irakischen Regierung und Al-Kaida-Mitgliedern vorgelegt würden.
      Avatar
      schrieb am 30.09.02 21:57:33
      Beitrag Nr. 127 ()
      #125/126
      Auryn,
      ich will nicht zu jeder deiner Gedanken meinen Senf dazugeben, obgleich hier viel zu sagen wäre. Da wir beide aber auf alle Fälle in dieser Sache zur Untätigkeit verdammt sind, ist das Reden darüber eh mehr eine Art wütende Schaumschlägerei.
      Was sich mir aber aufdrängt sagen zu wollen, ist: Ich glaube nicht, daß mit dem Sturz oder der Entfernung Saddam Husseins alles Übel beseitigt wäre. Ein Diktator, mag er noch so mächtig sein, ist nie piksolo. Es gibt immer eine herrschende Kaste, die sich mitunter nach Absetzen des Diktators als schlimmer denn jener erweist, was vielleicht auf die Konkurrenz untereinander zurückzuführen ist. (Ähnliches behandelte ein britischer Film, in dem das Attentat auf Hitler erfolgreich war.) Und: Können wir eigentlich sicher sein, daß nicht alte Feinde Saddams auf den Plan treten, sobald seine Macht gebrochen und Irak wehrlos ist? Sähen sich die USA dann vielleicht genötigt, den Irak zu verteidigen?
      Interessant übrigens, daß auch du die Irak-Krise und den Kampf gegen den Terror, personifiziert durch El Kaida, eng verquickst. Gewiß, die Feindseligkeiten gegen den Irak wurden unter dieser Prämisse eingeleitet. Beweise wurden auch zahlreich erwähnt, aber außer Vermutungen, daß Saddam Massenvernichtungsmittel horte, gibt es für "Terror"-Absichten keine konkreten Ansatzpunkte. Das Horten von Massenvernichtungsmitteln per se kann aber nicht als Beweis, allenfalls als Indiz gewertet werden. Ich will jetzt nicht darauf eingehen, wer außer Saddam noch solche Waffen besitzt - es kommt durchaus darauf an, in wessen Händen sich eine Waffe befindet! -. Man wird aber den unguten Gedanken nicht los, daß der neue Irak-Krieg eh geplant war und der Kampf gegen den Terror der Welt gegenüber als Rechtfertigung herhalten muß. Weiterhin drängt sich die Frage auf, ob man die Situation, wie sie jetzt besteht, hätte vermeiden können oder ob sie zwingend eintreten mußte.
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      schrieb am 01.10.02 21:43:36
      Beitrag Nr. 128 ()
      Heute hat es sich entschieden: der Irak willigt ein, Inspektoren uneingeschränkt sein Land auf Waffen kontrollieren zu lassen. Die USA aber beharren auf Verschärfung der UN-Resolution. Blair sagt, daß, wolle man Frieden mit einer Diktatur machen, man sich kriegsbereit geben müssen. (Si vis pacem ..........!!) Es sieht ganz danach aus, als sei alles nun nichts weiter als ein gewaltiges Säbelrasseln, bei dem man dem Gegner die Möglichkeit geben will, sein Gesicht zu wahren, indem er sich nicht unterwerfen muß, sondern Bedingungen stellen kann bzw. (neue) Bedingungen kategorisch ablehnt. Nun müssen aber auch die USA ihr Gesicht wahren, und deshalb müssen sie auf ihrer Forderung beharren. Man wird sich etwas einfallen lassen müssen, um den USA möglich zu machen, sich auch in den Augen von Beduinen und Arabern mit Anstand zurückzuziehen. Das sieht alles danach aus, als ob man langfristig Saddam eher als Verbündeten denn als besiegten Feind sähe: von eines Mächtigen Macht kann man nur profitieren, wenn man sie stützt.
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      schrieb am 04.10.02 18:39:58
      Beitrag Nr. 129 ()
      @ WilmaFeuerstein:
      Ich kann Deinen zwei vorhergehenden Postings eigentlich nur zustimmen, denn auch nach dem Golfkrieg Nr. 2 ("Befreiung von Kuwait" ) wurde Saddam Hussein zwar geschwächt, aber wegen der "Gegen-Macht" des Iran mit dessen schiitischen Mullahs im Amt gelassen, so daß der Iran nicht zur beherrschenden Macht in der Golfregion werden sollte.
      Insofern hat nun offensichtlich ein völliges Umdenken in den USA stattgefunden, weil Saddam Hussein völlig beseitigt werden soll. Ich vermute, daß dies auch damit zu tun hat, daß die USA zunehmend beunruhigt darüber sind, daß ihr bislang engster Verbündeter Saudi-Arabien gegen den Wunsch der USA immer mehr "wahabitische Missionierungsprojekte" in aller Welt unterstützt.
      Ich glaube zunehmend, daß die USA zusammen mit Großbritannien den Nahen Osten und die Golfregion völlig neu gestalten wollen im Hinblick auf ihre möglichen Gegner und ihre Machtbasen dort. Zusätzlich stört es beide Mächte zunehmend, daß Saddam Hussein wie Hitler immer alle möglichen UN-Resolutionen bricht und erst auf die glaubhafte Androhung eines Krieges einknickt.
      In den "weltoffeneren" Emiraten Katar (Sitz von "Al Jazeera", oder?) und Bahrain laufen immer größere Waffenlieferungen auf, ganz zu schweigen davon, daß in Katar gerade ein unglaublich großer US-Luftwaffenstützpunkt gebaut wird. Das richtet sich nicht mehr nur allein gegen den Irak, wie ich denke, sondern soll auch ganz allgemein eine Machtdemonstration sein, auch gegenüber Saudi-Arabien, dessen religiöse Führer sich ebenfalls radikalisiert hatten.
      Das kommende Jahr wird recht "interessant" werden, wie ich vermute.
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      schrieb am 04.10.02 19:48:02
      Beitrag Nr. 130 ()
      Ich habe übrigens heute gerade noch etwas im Buch "Deutsche Geschichte" von Michael Freund (Bertelsmann Vlg. 1974) gelesen, das ich recht interessant fand im Zusammenhang mit der Meldung, daß sich bei einem Krieg gegen den Irak auch ohne UN-Mandat wahrscheinlich folgende Länder mit "Spezialkräften" beteiligen würden: USA, Großbritannien, Katar, Bahrain UND Polen, Tschechien, Rumänien und vielleicht auch Ungarn.
      Interessant fand ich dabei, daß dies neben den USA und den arabischen Ländern gerade mit Polen und Tschechien die osteuropäischen Staaten sind, denen einerseits die interessantesten ABC-Einheiten im Warschauer Pakt aufgebaut wurden und andererseits die Staaten, die bei der "Appeasement-Politik" vor dem Zweiten Weltkrieg am meisten unter Hitler zu leiden hatten.
      In dem o.g. Geschichtsbuch las ich auf den Seiten 1226 bis 1228, wer sich in der Zeit zwischen 1935 und 1937 am meisten gegen eine britische Militarisierung zugunsten eines möglichen Krieg gegen Hitler gewehrt hatte: Die britische Bevölkerung aufgrund der Veröffentlichung des britischen Weißbuchs vom 1. März 1935, in dem erstmals vor einem kommenden Krieg gegen Hitler gewarnt wurde. Hitler nahm dies als Grund, um die Abrüstungsbestimmungen des Versailler Vertrags zu brechen und am 7. März 1936 das entmilitarisierte Rheinland wieder mit Militär zu besetzen, was eigentlich ein Kriegsgrund für Frankreich und Großbritannien hätte sein müssen. Die Stimmung in beiden Ländern war jedoch so pazifistisch, daß keine Maßnahmen von beiden Ländern erfolgten.
      Das Studentenparlament von Oxford (hat da nicht auch Tony Blair studiert?) verabschiedete eine Resolution, daß "dieses Haus sich weigert, in dieser Angelegenheit für König und Vaterland zu kämpfen". Hitler hingegen nahm dies alles als Beweis für seine Theorie, daß Demokratien einem entschlossenen Volk wie den Deutschen immer unterlegen sein werden und meinte 1940 sogar, daß die Geschichte anders verlaufen wäre, wenn Frankreich und Großbritannien nicht so "verweichlicht und wehleidig" reagiert hätten.
      Aber dies fiel mir nur so am Rande ein, als ich daran dachte, daß Saddam Hussein noch vor 5 Wochen "unter keinen Umständen" UN-Kontrolleure ins Land lassen wollte und es ihm jetzt unter Androhung eines Krieges plötzlich gar nicht schnell genug gehen kann.
      Kommt es mir nur so vor oder könnte es da irgendwelche Parallelen in der (sowie Lehre aus der) Geschichte geben?
      Avatar
      schrieb am 04.10.02 20:13:23
      Beitrag Nr. 131 ()
      Ich will dir nicht mit Plattitüden antworten (sonst würde ich sagen: Alles wiederholt sich irgendwann) und habe auch eigentlich keine feste Vorstellung von dem, was kommen wird. In gewisser Weise kann ich beide polaren Standpunkte verstehen: die Angelegenheit schnell, gründlich und dauerhaft zu bereinigen hat ebenso Vorteile wie der Versuch, durch Taktieren, Vorsicht und Anwendung demokratischer Mittel (gegen ein undemokratisches Staatssystem) den Frieden wenigstens latent zu erhalten. Der Standpunkt, zu dem ich persönlich gefunden habe, lautet: ich, die ich ohnedies machtlos bin, werde es abwarten und hoffe, daß der Schaden nicht allzu groß wird. Interessant, da stimme ich dir voll zu, ist unsere Zeit jedenfalls. Eigentlich würde ich aber geruhsame Langeweile vorziehen ...
      Schönes Wochenende.
      Wilma. :D
      Avatar
      schrieb am 04.10.02 20:25:18
      Beitrag Nr. 132 ()
      auryn,

      dieser Vergleich dürfte ziemlich hinken, wie alle Vergleiche zwischen Saddam und Hitler.

      Tatsache ist doch folgendes: Nach dem Angriff auf Polen haben Frankreich und GB den Krieg gegen Deutschland erklärt und zwar aufgrund ihrer Bündnisverpflichtungen. Einen Krieg auf Verdacht, wie ihn die USA gegen den Irak führen wollen hätten sie in der Bevölkerung nie durchsetzen können. Frankreich und GB haben den Krieg gewonnen, ein Angriff 1936 wäre vermutlich gescheitert.

      Der Vergleich zwischen Saddam und Hitler schlägt auch aus anderen Gründen fehl. Erstens hat Saddam bereits zwei Kriege verloren und ist überhaupt zu einem weiteren gar nicht fähig (gegen wen überhaupt?). Zweitens haben ihn die USA und GB zum Zeitpunkt des Irankriegs unterstützt!

      Diese ganze amerikanische Propaganda, die Du hier auch noch argumentativ stützen willst, ist derartig durchsichtig und letztlich auch dumm, da doch inzwischen jedem klar ist, um was es wirklich geht.

      Tatsächlich sind inzwischen nach einer neuren Untersuchung 97% der Deutschen gegen einen Irak-Krieg. Die Kriegstreiber hier an Board sind eine verschwindende Minderheit.
      Avatar
      schrieb am 05.10.02 01:47:17
      Beitrag Nr. 133 ()
      Wenn wir schon bei historischen Vergleichen sind, hätte ich auch einen: Bella gerant alii! Tu, felix Austria, nube! Ist ja auch viel schöner, die Österreicher sind halt ein gutes Vorbild... (Wobei wir die Erinnerungen an Herrn Adolf Schicklgruber mal beiseitelassen wollen. :D )
      Avatar
      schrieb am 05.10.02 13:42:39
      Beitrag Nr. 134 ()
      @ stirner:
      Leider scheinst auch Du wieder mal nicht so perfekt informiert zu sein, denn nach der Kriegserklärung von GB und F an das Deutsche Reich vom 3.9.1939 geschah an der "Westfront" wegen nicht vorhandener Möglichkeiten von GB und F erst mal gar nichts bis zum "Westfeldzug" Hitlers am 10.05.1940, wo in kürzester Zeit Hitlers Truppen bis zur Kanalküste vorstoßen und F überrennen konnten. Schon vergessen?
      GB konnte den Krieg überhaupt nur mit der Hilfe der USA gewinnen und de Gaulle konnte seine "Grande Nation" erst mal nur von London aus zum Widerstand aufrufen.
      Aber zurück zu unserem "Liebling" Saddam: Wenn man weiterentwickelte "Scud"-Raketen mit 700 km Reichweite hat, braucht man nicht unbedingt einen konventionellen Krieg zu führen, um ein neuer arabischer "Saladin" zu werden - wie Saddam es sich nach den Worten vom ZDF-Reporter Ulrich Kienzle im "auslandsjournal" vor einer Woche zu wünschen scheint. Vor 5 Wochen noch hatte der irakische Verteidigungsminister gesagt, im Falle eines US-Angriffs würde der Irak mit Raketen auf Israel antworten, was zweifellos wieder panarabische Begeisterungsstürme bei Hamas und Hisbollah auslösen würde. Nur drei Raketen mit chemischen oder atomaren Gefechtsköpfen hätten bestimmt eine "interessante Wirkung" in Israel und der arabischen Welt, mit der Saddam Hussein wie von ihm gewünscht noch in 500 Jahren in den Geschichtsbüchern stehen würde, findest Du nicht? Du kannst Dich vielleicht noch erinnern, daß bei Golfkrieg Nr. 2 im Winter 1990 irakische "Scud"-Raketen über Jordanien hinweg nach Israel abgefeuert wurden und deren Wirkung war doch für den Irak zweifellos eindrucksvoller als alle irakischen Kämpfe an der Front, oder? Erinnerst Du Dich nicht mehr an die Berichterstattung in ARD und ZDF, die damals schon um 5 Uhr morgens das Programm mit folgenden Bildern begannen: Jubelnde Palästinenser auf den nächtlichen Straßen und die interviewten Kinder erzählten fröhlich den deutschen Reportern, wie sehr sie darum beteten, daß diese Raketen wirklich chemische Stoffen an Bord gehabt hätten.
      Und für so etwas besteht jetzt überhaupt keine Gefahr, meinst Du? Woher nimmst Du Deine Sicherheit?
      Avatar
      schrieb am 05.10.02 14:14:35
      Beitrag Nr. 135 ()
      Mich würden übrigens auch mal nachprüfbare Quellen interessieren, wann und womit genau GB und die USA den Irak im Golfkrieg Nr. 1 unterstützt haben sollen. Nicht, daß ich das für ganz unwahrscheinlich halten würde, aber komischerweise sind dem Irak doch immer nur französische und sowjetische Waffensysteme im Krieg demoliert worden.
      Ich habe vor einiger Zeit mal in einem anderen Thread folgendes gehabt:
      Die USA hatten Saddam Hussein meines Wissens nicht mit Waffen beliefert, weil die gar nicht zu dem sowjetischen Waffenarsenal gepaßt hätten, sondern vor allem mit Luft- und Satellitenbildern über den iranischen
      Kriegs-Gegner. Die Waffen Saddams kamen sämtlich aus der Sowjetunion (T 72 bis T 84 - Panzer sowie die MiG 23 bis MiG 25 Baureihe der modernsten russischen
      Kampfflugzeuge, die für den Export bestimmt waren) oder aus Frankreich. Einzelne Spezialwaffen wurden von Großbritannien geliefert (Blendgranaten). Im Nachhinein
      besonders bizarre Meldungen der Jahre 87/ 88:
      Im Mai 1987 beschossen Kampfflugzeuge (RUSSISCHER und FRANZÖSISCHER Bauart) der IRAKISCHEN Luftwaffe irrtümlich die US-Fregatte "Stark" mit FRANZÖSISCHEN
      "Exocet"-Raketen (schon "äußerst erfolgreich" im Falklandkrieg durch die argentinische Luftwaffe eingesetzt, worauf der französische Hersteller sehr stolz war!), wobei 37
      amerikanische Seeleute ums Leben kamen. Der Irak bot hierfür Entschädigungszahlungen an. Besonders skurril war gleichzeitig der "Iran-Contra-Skandal", der im November
      1986 bekannt geworden war: der iranischen Armee gingen im Krieg mit dem Irak die amerikanischen Ersatzteile für Waffensysteme aus, die noch an den Schah geliefert
      worden waren. Die USA gingen in geheimen Verhandlungen - für die u.a. ein gewisser "Ollie" North verantwortlich war, auf die Bitten und Angebote der Iraner ein. (An die
      Öffentlichkeit kam dieser "Deal" übrigens durch den Iraner Mehdi Haschemi, der der libanesischen Presse Informationen über ein geheimes Treffen zwischen dem
      damaligen Präsidentenberater McFarlane und Ayatollah Rafsandschani geliefert hatte. Haschemi wurde für diesen "Verrat" im September 1987 in Teheran hingerichtet.) Die
      USA lieferten an den Iran Waffen im Gegenzug für Hilfe der Iraner bei der Freilassung amerikanischer Geiseln der Hisbollah im Libanon, für Erdöl-Lieferungen an die USA,
      sowie für 30 Mio. US-Dollar, die über verdeckte Konten an Contra-Rebellen weitergeleitet wurden, die ihrerseits Waffen kauften, um gegen die Sandinisten-Regierung in
      Nicaragua unter Daniel Ortega zu kämpfen. Besonders pikant auch hier, daß ein großer Teil der Gelder an die Contra-Organisation von Eden Pastora ging, der ursprünglich
      selbst ein Sandinist gewesen war und mit der Familie Ortega befreundet gewesen war und mit ihnen zusammen gegen Diktator Somoza gekämpft hatte, dann aber in den
      Untergrund ging, als Ortega selbst immer mehr "Bürgerrechte" aufhob, und die Militärs der nicaraguanischen Revolutionsregierung unter Ortega Deportationen der
      Mizquito-Indios einleiteten, die sich gegen die sozialistischen Zwangskollektivierungen widersetzt hatten.
      (1987 / 1988 war überhaupt das Jahr "bizarrer" Berichte: Meyers Jahresreport 1987 berichtet übrigens auch noch auf Seite 59 von einer ernsten politisch-diplomatischen
      Verstimmung zwischen der BRD und dem Iran aufgrund der satirischen Fernsehsendung "Rudis Tagesshow", in der Ajatollah Chomeini in einer Bildmontage von den
      jubelnden Massen Unterwäsche zugeworfen wird. Rudi Carrell wurde danach mehrere Monate unter Polizeischutz gestellt.)
      Avatar
      schrieb am 05.10.02 14:26:42
      Beitrag Nr. 136 ()
      Auryn,

      Deine nachgeschobenen Fakten (die mir durchaus bekannt sind) zeigen doch nur eins: Das man hier keine sinnvollen Vergleiche ziehen kann. Ich gehe mal kurz darauf ein. Wäre UK zu diesem Zeitpunkt (1939) tatsächlich hochgerüstet gewesen, hätte der Frankreichfeldzug sicher eine andere Form angenommen. Wer aber sagt uns, Hitler hätte ihn nicht gewonnen? Möglicherweise wäre dies dann bereits sein totaler Triumpf gewesen und UK wäre zu weiterem Widerstand nicht mehr in der Lage gewesen. Genauso wenig kann man annehmen, daß UK und F 1936 zu einem Angriff auf Deutschland in der Lage gewesen wären. Alle diese ex-post-Betrachtungen helfen einem nicht viel weiter, da die Entscheider damals unser Wissen nicht hatten und außerdem dem Zeitgeist unterlagen.

      Was den ersten Golfkrieg betrifft, kann ich mich durchaus an die Scud-Angriffe erinnern. Sie haben meiner Erinnerung nach (sie ist offensichtlich nicht ganz so gut wie Deine) nicht viel mehr Schaden angerichtet als ein mittler Selbstmordanschlag der Hamas.

      Ob heute Saddam einen ähnlichen Angriff starten würde? Wohl kaum, denn davon hätte er gar nichts. Er würde einen schmerzhaften Gegenschlag der Israelis provozieren, das ist alles. Außerdem gäbe es dann einen wirkungsvollen Vorwand für einen Angriff auf den Irak.

      Wir sollten und doch klar sein: Jeder Staat kann praktisch innerhalb eines halben Jahres eine Atombombe bauen. Das gilt für den Iran, für Ägypten, Algerien und eine Reihe weiterer Staaten. Was uns helfen würde, wäre ein weltweites Atomwaffen-Kontrollprogramm und eine totale Abrüstung aller Staaten. Gleiches gilt für C und B-Waffen.

      Die Schaffung eines internationalen Rechts mit einer demokratisch legitimierten Instition (eine reformierte UN) wäre die richtige Antwort auf die Bedrohung durch Terror und verrückte Dikatoren. Dies ist es jedoch, war die USA mit aller Kraft verhindern wollen!

      Zum jetzigen Zeitpunkt ist ja nicht einmal mit Sicherheit bekannt, ob Saddam über B- und C-Waffen verfügt. Über Atomwaffen verfügt er mit Sicherheit nicht. Warum also schickt man die Inspektoren nicht endlich hin, nachdem der Irak ja zugestimmt hat?
      Avatar
      schrieb am 05.10.02 14:29:15
      Beitrag Nr. 137 ()
      Sehr interessant fand ich schon früher auch mal diese Passage aus einem immer noch aktuellen und empfehlenswerten Buch von Peter Scholl-Latour: Allah ist mit den Standhaften. Ullstein-Taschenbuch-Ausgabe 1985, S. 489 ff
      IRAK: An den Flüssen von Babylon

      Der Triumph war kurz

      Bagdad, Mai 1982

      Schwarze Tücher auf den Mauern von Bagdad. Sie tragen alle die gleichen weißen Inschriften: erst den Namen des Gefallenen und darunter den stets wiederholten Satz: "As schuhada akbar minna jamian - Die Märtyrer sind größer als wir alle zusammen". Der Krieg gegen den Iran des Ayatollah Khomeini, der nun schon zwanzig Monate dauert, fordert immer mehr Opfer. Keine irakische Sippe sei verschont geblieben, so hört man. Wie hoch die Verluste tatsächlich sind, weiß niemand. Man spricht in Bagdad von 30.000 irakischen und 7o.ooo persischen Toten. Doch das sind vorläufige Zahlen, und die Schlacht um die iranische Hafenstadt Khorramschahr am Schatt-el-Arab, die vor zwanzig Monaten von den Divisionen Bagdads fast im Handstreich genommen wurde, ist neu entbrannt. Täglich treffen neue Gefallenenlisten ein.

      Das Triumphgeschrei, das den Vormarsch der Iraker in den ersten Wochen des Krieges begleitet hatte, ist an Euphrat und Tigris längst verstummt. Präsident Saddam Hussein, der starke Mann von Bagdad, hatte geglaubt, den uralten Konflikt zwischen Semiten und Persern mit einem gewaltigen Faustschlag zu seinen Gunsten entscheiden zu können. Man stritt sich um die Souveränitätsrechte am Schatt-el-Arab, um den ungehinderten Zugang des Iraks zum Persischen Golf. Saddam Hussein hatte auch gefordert, daß die vom Schah einst okkupierten Inseln Tumb und Abu Musa in der Straße von Horrnuz an die Vereinigten Emirate zurückerstattet würden. In Wirklichkeit ging es um die Loslösung der teilweise arabisch bevölkerten Erdölprovinz Khuzistan vom persischen Staatsverband und mehr noch um die Zerschlagung des schiitischen Gottesstaates Khomeinis.

      Die Iraker meinten, die Stunde sei günstig. Die Attentate der Volks-Mudschahidin forderten täglich neue Opfer in Teheran und den persischen Provinzstädten. Die Mullahkratie und die herrschende "islamisch Republikanische Partei" schienen in ihren Grundfesten erschüttert. Eine iranische Armee, die diesen Namen verdiente, gebe es nicht mehr, so hatten wohl alle möglichen westlichen "Experten" den irakischen Stäben eingeredet, und die Revolutionswächter, die Pasdaran, seien ein chaotischer Haufen. Eine Anzahl persischer Emigranten - darunter der ehemalige Ministerpräsident Schapur Bakhtiar und General Oveissi -, die vor Ausbruch der Feindseligkeiten in Bagdad gesehen worden waren, hatten Saddam Hussein in seinen trügerischen Erwartungen bestätigt. Kurzum, man glaubte an einen Blitzsieg der irakischen Panzerkolonnen, an den Zusammenbruch, ja an die interne Auflösung der Islamischen Republik Iran. Obwohl in Bagdad wie in Damaskus die "Sozialistische Partei der Arabischen Wiedergeburt", die säkular ausgerichtete Baath - mit den syrischen Brüdern übrigens zu Tod verfeindet -, die Alleinherrschaft ausübte, trat Saddam Hussein in die Fußstapfen des Khalifen Omar, benannte seinen Feldzug gegen die Iraner als "neues Qadissiya", nach jener Schlacht des siebten Jahrhunderts, die das Ende des persischen Sassaniden-Reichs besiegelt hatte. Die Schiiten Khomeinis wurden somit durch den sunnitischen Präsidenten des Irak den in Qadissiya besiegten Ungläubigen der Zarathustra-Religion gleichgesetzt, eine schreckliche Verleumdung in den Augen der Mullahs von Teheran, die den "Tyrannen Saddam" seit langem schon als Instrument des Satans, als "neuen Yazid" identifiziert hatten.

      Das Kriegsglück war den Irakern nicht hold gewesen. Nachdem sie Khorramschahr überrannt und den Erdölhafen Abadan eingekreist hatten, traten sie auf der Stelle. Das gewaltige sowjetische Material, das sie in der Wüste von Khuzistan aufboten, vermochte nicht viel gegen den Todesmut der Pasdaran. Ruhollah Khomeini, in seiner Eigenschaft als Faqih und als oberster Befehlshaber der Streitkräfte, hatte seinen Offizieren die Weisung erteilt, den Belagerungsring von Abadan um jeden Preis zu sprengen. Tatsächlich gelang diese Operation. Die Iraker hatten andererseits mit einer Volkserhebung der Araber Khuzistans zu ihren Gunsten gerechnet. Auf ihren Landkarten hieß diese Provinz längst "Arabistan". Aber die Araber von Ahwas, Bustan und Susangerd waren in der Mehrheit schiitische Moslems und solidarisierten sich wider Erwarten mit der Khomeini-Revolution. Sie setzten sich gegen die Iraker zur Wehr. Die Soldaten Saddam Husseins quittierten diesen Verrat an der gesamtarabischen Sache mit der totalen Vernichtung aller Ortschaften, deren sie sich in den ersten Wochen bemächtigt hatten.
      Im Frühjahr 1982 dramatisierte sich der Krieg. Bei Dezful waren ganze irakische Panzerbrigaden in einer einzigen Nacht aufgerieben worden. Ein schrecklicher, sinnloser Konflikt schwelte am Schatt-el-Arab, am Zusammenfluß von Euphrat und Tigris. Die Verluste an Menschen und Material ließen sich bereits an den großen europäischen Schlachten des Ersten und Zweiten Weltkrieges messen. In Bagdad war dieser Aderlaß auf Schritt und Tritt zu spüren. Selbst in der christlichen Kirche der assyrischen Chaldäer waren unter der Marien-Statue Bilder von "Märtyrern" angeschlagen, die im Dienste der "Arabischen Republik Irak" mit der Waffe in der Hand gefallen waren. In den Ministerien waren die männlichen Beamten in großer Zahl an die Front geschickt worden. Weibliche Hilfskräfte mußten für sie einspringen. Die einheimischen Fachkräfte der großen Wirtschaftsunternehmen wurden scharenweise durch Ausländer ersetzt. Von jedem Angehörigen der BaathBewegung erwartete der Staats- und Parteichef , daß er sich freiwillig zur Front meldete. Neben den regulären Streitkräften, deren Verluste nur schwer aufzufüllen waren - der Irak zählt etwa dreizehn Millionen Einwohner, während Persien über fast vierzig Millionen Menschen verfügt -, wurde eine sogenannte "Volksarmee" ausgehoben, eine Art "Volkssturm" , dessen Rekrutierung in den Mittelklassen der Gymnasien begann, auf ehrwürdige Greise nicht verzichtete und alle Männer zwischen 16 und 45 Jahren erfassen sollte. Tiefe Niedergeschlagenheit lastete in jenen Tagen auf Bagdad. Daran konnten die glorifizierenden Porträts des Präsidenten Saddam Hussein nichts ändern, die den Besucher des Iraks auf Schritt und Tritt verfolgten. Der Staatschef, der "Held", wie ihm auch hier gehuldigt wurde, war in diversen Posen dargestellt: Er ragte sieghaft aus babylonischem Gemäuer; er zerschmetterte feindliche Panzer und Flugzeuge; er wies einer jubelnden Masse den Weg in die glorreiche Zukunft.

      Die Metropole Bagdad glich einer gewaltigen Baustelle. Überall waren Bulldozer, Kräne, Batterien von Preßlufthämmern am Werk, rissen altes Mauer-werk nieder, ebneten ganze Straßenviertel ein, buddelten an gigantischen Unterführungen. Die Skyline der Stadt am Tigris veränderte sich von Monat zu Monat. Immer neue Betonklötze und Wolkenkratzer wurden im Eiltempo hochgezogen. Vom Swimmingpool des Hotels "Melia Mansur", wo die knappen Bikinis einiger Araberinnen und der freie Alkoholausschank den weltlichen Charakter des Regimes betonten, bot sich ein Panorama hektischen Aufbaus um jeden Preis, wie ich ihn bisher nur in Teheran zu Zeiten des Schahs beobachtet hatte. Völlig unwirklich zitterte die Stimme eines unermüdlichen Muezzins, durch Elektronik verstärkt, über dieser futuristischen Silhouette. Der fromme Rufer begnügte sich nicht mit den fünf täglichen Gebeten. Er füllte die Zwischenzeit mit Koran-Rezitationen, die erfolgreich gegen die profane Lautsprechermusik des Hotels ankämpften. "By the rivers of BabyIon ... 1 remember Sion ... " klang es gerade durch das Hotel "Melia Mansur": `"An den Flüssen Babylons ... gedenke ich Zions ... " Die Juden des Irak, eine Restgruppe jener Hebräer, die - nach der Zerstörung des Salomonischen Tempels durch den babylonischen König Nebukadnezar - ins Zweistrom-Land verschleppt worden waren, lebten, von wenigen Ausnahmen abgesehen, seit ihrer Austreibung im Jahr 1948 im Staate Israel.

      Andere Fremde waren jetzt in Massen nach Mesopotamien geströmt. Der irakische Erdölreichtum, der industrielle Boom wirkten wie ein Magnet. Die Staaten der Westeuropäischen Gemeinschaft rivalisierten mit den Ostasiaten und den Amerikanern um diesen einträglichen Markt, wo das Recycling der Petro-Dollars durch die Spendierfreudigkeit der Planungsbehörden fast automatisch erfolgte. Die US-Firmen waren durch den anhaltenden Abbruch ihrer diplomatischen Beziehungen in Bagdad benachteiligt und auf eine gewisse Diskretion angewiesen. Deutsche und Franzosen hingegen hatten sich mit vollem Engagement ins Irak-Geschäft gestürzt und suchten dort nach einem Ersatz für den verlorenen iranischen Markt. Wer von ihnen wollte sich schon daran erinnern, daß Saddam Hussein noch vor wenigen Jahren als Statthalter Moskaus im Mittleren Osten verpönt war, daß er mit den Russen einen Freundschaftspakt lange vor Syrien unterzeichnet hatte, daß unvorstellbare Mengen sowjetischen Kriegsmaterials in den irakischen Arsenalen gelagert waren, ehe es an der persischen Front wie Schnee in der Sonne schmolz. Weil er ein so guter Kunde war, sah man Saddam Hussein einiges nach. In Bagdad war das Wort "Israel" immer noch tabu. Die Zeitungen schrieben von "Zionist entity", ein Relikt jener gar nicht fernen Tage, da die regierende Baath-Partei die totale Vernichtung Israels und die Vertreibung aller Juden aus Palästina forderte. Hohe Profite ließen sich an Euphrat und Tigris erzielen. Daß im Konflikt mit Teheran der Irak eindeutig als Aggressor dastand, wurde in den westlichen Kanzleien mit dem Mantel der Nächstenliebe zugedeckt. Die amerikanischen Orientexperten bangten vor einem Übergreifen der islamischen Revolutionswelle auf die Golfstaaten. Eine Annäherung an Saddam Hussein hatte sich dank saudischer Vermittlung längst vollzogen, und jeder verlustreiche Kriegstag band den Irak noch fester an den Okzident. Die Russen verharrten in eigentümlicher Lähmung zwischen den Fronten, machten sich sowohl in Teheran als auch in Bagdad mit diesem Lavieren suspekt. Ihr Rüstungsmaterial hatte sich gegenüber den schlecht gewarteten Flugzeugen und Panzern amerikanischer Fabrikation, über die die Perser verfügten, als unterlegen erwiesen. Schrittweise schaltete Bagdad auf Waffenlieferungen aus dem Westen, vor allem aus Frankreich, um.

      Das alte Bagdad, das ich 1951 zum erstenmal entdeckt hatte, überlebte im Umkreis der Raschid-Straße, die nach dem Achsen-Freund Raschid el Ghailani benannt war. Die schmuddeligen Arkaden und Ziegelbauten aus der türkischen Herrschaftszeit waren reif für den Abbruch. Im Basar ging es schlampig zu. Mein Begleiter Hamid führte mich zur Zunftgasse der Goldschmiede. Sie gehörten angeblich alle jener Religionsgemeinschaft der "Sabäer" an, die vom Koran -aus unerfindlichen Gründen unter die "Leute des Buches" eingereiht werden. Gleich nebenan wütete der Maschinenlärm des Mammutprojekts von Haifa-Street. Hier wurde flott und zielstrebig gearbeitet. Dafür sorgten die Konstruktionsfirmen aus Südkorea. In einem Außenviertel von Bagdad, in "Madinat el Thaura - Stadt der Revolution", jetzt zu Ehren des Präsidenten in "Madina Saddam" umbenannt, war hingegen ein monumentaler Schildbürgerstreich inszeniert worden. Über den Asphaltbahnen wölbte sich eine Vielzahl von Fußgängerpassagen mit automatischen Rolltreppen, die aufgrund der ständigen Sandeinwirkung niemals funktionieren würden. Riesige Slum-Areale, wo vor allem Schiiten wohnten, wurden dem Erdboden gleich gemacht, und mittendrin dehnte sich ein Friedhof hochtechnisierter Baumaschinen. Eine Hundertschaft fast fabrikneuer Bulldozer verrottete neben anderem Gerät im Wüstenklima.

      Seit die Siegeserwartungen der Iraker geschrumpft waren, hatte sich der deutschen Ingenieure und Kaufleute Sorge und Unruhe bemächtigt. Im tiefen Süden, im Umkreis des Hafens Basra, waren die Artillerieduelle von Khorramschahr zu hören. Der Zugang des Iraks zum Persischen Golf war durch die persische Kontrolle des Schatt-el-Arab abgeschnürt. Die Syrer hatten die Pipeline nach Westen, zum Mittelmeer blockiert. Eine einzige Erdölleitung führte von Mossul in die Türkei, aber damit war der maximale Petroleumexport des Irak auf 6oo ooo Barrel pro Tag gedrosselt, während der benachbarte Iran, wo angeblich doch totales Chaos herrschte, die eigene Produktion schon wieder auf mindestens zwei Millionen Barrel pro Tag hochgetrieben hatte. Hinzu kam der ewige Ärger mit den aufständischen Kurden, die die einzig funktionierende irakische Pipeline südlich der türkischen Grenze zu sprengen suchten. Nebenbei schritten diese wackeren Gebirgskrieger, die unter dem Befehl der Söhne Barzani oder des zwielichtigen Partisanenführers Talabani standen, zu Geiselnahmen vorzugsweise unter den westlichen Monteuren und Technikern. Auch einige Deutsche waren gekidnappt worden. Die Zahlung von Lösegeldern war problematisch, weil die irakischen Behörden ein solches Nachgeben gegenüber den Rebellen als staatsfeindlichen Akt ahndeten. Fast sämtliche Importe des Irak mußten den mühseligen Landweg über den jordanischen Rotmeerhafen Aqaba passieren und verteuerten sich entsprechend. Schon rechnete man sich in den klimatisierten Büros von Bagdad aus, daß Saddam Hussein seinen ehrgeizigen Fünfjahres-Plan nicht durchhalten könnte, daß die Entwicklungsprojekte in Verzug kämen, ja, daß der Irak demnächst an den Rand der Zahlungsunfähigkeit geriete. Wenn das Wirtschaftsleben - parallel zum Krieg - dennoch weiterging, so war das den stattlichen Summen zu verdanken, die Saudi-Arabien und die Golf-Emirate ihren Wächtern und Schützern am Schatt-el-Arab zur Verfügung stellten.
      ....
      S. 499:
      Am aufwendigen Straßenbau mit Neonbeleuchtung, an der Errichtung relativ komfortabler Wohnblocks für die bislang armselige Lokalbevölkerung, an Kinderspielplätzen und Ausstellungsgebäuden läßt sich die Gunst ermessen, die Takrit seit der Machtergreifung der Sozialistischen Baath-Partei im Juli 1968 zuteil wurde.

      Die Baath hatte lange Jahre im Untergrund operiert, stand zeitweise den irakischen Kommunisten nahe und wurde insbesondere von den militanten Nasseristen aufs schärfste verfolgt. Die Bewunderer Gamal Abdel Nassers - meist panarabische Militärs - hatten sich unter Anleitung der Gebrüder Aref den Weg zum Präsidentenpalast freigeschossen. Sie bekämpften alle zentrifugalen Kräfte, seien es nun Kurden, Schiiten oder Marxisten. Der Irak gewann während des langen und chaotischen Interregnums, das der Ermordung des Haschemiten-Königs Feisal II. im Juli 1958 folgte, den Ruf einer barbarischen Mordgrube, wo die rivalisierenden Fraktionen ihre Führungskämpfe mit Maschinenpistole und entsetzlichen Foltermethoden austrugen. In diesem Klima boxte sich der junge Saddam Hussein nach oben. Er kam aus kleinsten, ärmlichsten Verhältnissen, war als Waise aufgewachsen, tat sich schon sehr jung als gefürchteter "Gang-Leader" hervor, wie die vertraulichen Berichte der Israeli glaubwürdig schildern. Dieser irakische "Ali la Pointe" hatte schon als Zweiundzwangzigjähriger mit einem Attentat gegen General Qassem von sich reden gemacht. Saddam soll manchen Gegner eigenhändig mit der Pistole aus dem Weg geräumt haben und wäre beinahe selbst in einer Folterzelle umgekommen, als ein erster Putschversuch im Jahre 1964 scheiterte. In der Illegalität vollzog sich der allmähliche Durchbruch des sunnitischen Takriti-Flügels gegen die schiitischen Führungsanwärter der Baath-Partei, die ursprünglich in der Mehrzahl waren. Am 17. Juli 1968 um drei Uhr nachts war es soweit. Mit Hilfe der Militärgarnison riß die Baath-Partei die Regierungsgewalt in Bagdad an sich, veranstaltete - wie das in Mesopotamien seit babylonischen Zeiten üblich war - ein Massaker unter den Unterlegenen. General Ahmed Hassan-el-Bakr ging aus diesem Umsturz als Staatschef, Saddarn Hussein als Vizepräsident des Irak hervor. Beide gehörten dem gleichen Bu-Nasir-Stamm aus der Gegend von Takrit an. Familiäre oder zumindest regionale Bande schmiedeten diese mesopotamischen Mafiosi aneinander. Zum inneren Kreis gehörten Taha Yassin Ramadhan, ein ehemaliger Kebabhändler, der als Vizepremierminister im Krieg gegen den Iran das Kommando der Volksarmee übemehmen sollte; Barzan Ibrahim-el-Takriti, ein Halbbruder Saddam Husseins, der sämtliche Sicherheitsdienste koordinierte und am Tigris eine ähnliche Funktion ausübte wie Rifaat-el-Assad in Damaskus; Verteidigungsminister Adnan Kheirallah. Ein gescheiterter Coup der verbleibenden Schiiten im obersten Baath-Gremium verschaffte den Takriti das Monopol der Macht. Als Präsident Bakr schwer erkrankte und für das unerbittliche Regierungsgeschäft untauglich wurde, ließ sich Saddam Hussein zum Staatspräsidenten des Irak proklamieren.

      Auch dem Irak war auf düstere Weise sein "Big Brother" beschert worden. Ober den Staatschef wurde meist im Flüsterton gesprochen. Die vielen deutschen Techniker und Kaufleute einigten sich darauf, den Namen Saddam Hussein, der jeden Spitzel aufhorchen ließ, durch "Karl-Heinz" zu ersetzen. Selbst für die in Bagdad akkreditierten Diplomaten wurde es immer schwieriger, an eine führende Persönlichkeit des Regimes heranzukommen. "Karl-Heinz" und seine Takriti kapselten sich ab. Sie hatten guten Grund, umsichtig zu sein. Dem Fernsehen war es vorbehalten, öffentliche, riskante Massenkundgebungen durch Bildschirm-Kontakte und patriotisches Tremolo zu ersetzen. Die TV-Produzenten von Bagdad schreckten vor keiner Lächerlichkeit zurück. Das politische Programm war mehr als erbaulich. Da spreizte sich ein Sänger im dunklen Anzug und eleganten Schlips, sang flammende Hymnen auf die Helden des Vaterlandes. Im Hintergrund wurden unterdessen Standfotos projiziert: Bunkerstellungen mit irakischen Soldaten, martialische Gesichter von Kämpfenden, tote Iraner und brennende Panzer. Dann trat eine Gruppe feister Knaben in silbergescheckten Uniformen und mit breiten goldenen Epauletten auf. Auch sie krähten irgendeinen heroischen Text. Es war von Vaterland, Sieg und dem "Helden Saddam Hussein" die Rede. Das Training weiblicher Soldaten durfte im Programm nicht fehlen, aber der Höhepunkt war wohl mit der Ausbildung der freiwilligen Feuerwehr erreicht. Mit allen Zeichen der Todesverachtung wurden zwei brennende Reifen mit einem Minimax gelöscht. Fast jeden Abend erschien Vizepremier Ramadhan auf der Mattscheibe. Er posierte in Felduniform, inspizierte die ungelenken Milizsoldaten seiner Volksarmee, die sich offenbar noch nicht von dem Schock erholt hatten, diesem mesopotamischen "Heldenklau" ausgeliefert zu sein. Ramadhan wirkte wenig vertrauenerweckend. Das grobe Gesicht verriet Brutalität. Der Bauch blähte sich ballonähnlich über dem Koppel.

      Um den Präsidenten selbst zirkulierten die widersprüchlichsten Gerüchte. Es wurde behauptet, Saddam Hussein sei aufgrund der jüngsten militärischen Rückschläge im obersten und geheimsten Gremium der Baath überstimmt worden. Schon sah man in Ramadhan den provisorischen Nachfolger. Aber stets wurde dieses Geflüster widerlegt. An jenem Abend war das TV-Dementi besonders spektakulär. Mehr als eine halbe Stunde ging "Karl-Heinz" auf dem Bildschirm spazieren. Der Staatschef trat im grünen Battle-Dress mit den Insignien eines Feldmarschalls auf, obwohl er nie gedient hatte. Die Uniform mit dem schwarzen Barett stand ihm gut. Unter den Arm hatte er den britischen Stick geklemmt. Der Mann war hochgewachsen, hielt sich kerzengerade. Wenn er unter dem Schnurrbart die makellosen Zähne zum Lächeln entblößte und die Fältchen sich um die Augen legten, sah er dem amerikanischen Filmstar Clark Gable ähnlich. Ansonsten schoß der Blick düster und gefährlich unter den schweren Lidern hervor. Saddam gab eine gute Figur ab, wenn er - von einem ungeheuren Sicherheitsaufgebot umschwärmt - den weißen Mercedes eigenhändig durch die Bauprojekte von "Saddam-City" steuerte. Die Pistole trug er an der Hüfte. Die Zigarre ließ er nicht aus dem Mund. Die Jubelszenen der Bevölkerung waren gut einstudiert. Die Männer klatschten. Die Frauen stießen markerschütternde Yu-Yu-Schreie aus. Die alte schwarzverhüllte Mutter eines "Märtyrers" umarmte den Präsidenten, dem beinahe die Zigarre aus den Zähnen rutschte. Ein hysterischer Schreier wollte sich mit seinen Lobhudeleien wohl eine Extragunst verdienen. Ingenieure traten zum Report an, die "Karl-Heinz" erst mit krampfhaftem Interesse, dann mit sichtlicher Langweile anhörte. In einem Hochhaus, wo der Arbeitsrhythmus spektakulär beschleunigt wurde, schien lediglich ein alter ägyptischer Fliesenleger durch den hohen Besuch überrascht. Der Greis in abgenutzter Galabieh reichte dem Präsidenten die Hand, aber die war mit Zement verschmiert, und der Staatschef wich vor dieser Berührung zurück. Der Alte packte Saddam beim Hals und küßte ihn auf beide Wangen. Da lachte selbst "Karl-Heinz" huldvoll.

      Während er ein gigantisches Kanalisationsprojekt inspizierte, blieb plötzlich der übliche Applaus aus, da rührte sich keine Hand, es entstand peinliche Stille. Die gedrungenen Männer, die hier unter den gelben Schutzhelmen schufteten, hatten bronzefarbene, platte Gesichter. Aus schmalen Sehschlitzen blickten sie gleichgültig und etwas verächtlich auf diesen Potentaten, der Jovialität vorspielte und sein politisches Überleben unter Beweis stellte. Die Koreaner standen wie Figuren aus Erz. So mochten die mongolischen Steppenreiter des Dschingis-Khan-Enkels Hulagu auf die qualmenden Trümmer des eroberten Bagdad geblickt haben. Der Präsident hatte wohl kein Gespür für die unheimliche Symbolik dieser Schweigeminute.

      S. 503: "Totentanz im Kabarett"
      Ein Geschäftsfreund Walters, ein beleibter Iraki namens Raschid hatte sich zu uns gesellt und bestellte Champagner. Er hatte eine abwei send trotzige Koreanerin bei sich. Oder war sie betrunken? Raschid tuschelte mit unserem deutschen Ingenieur. "Es sieht schlecht aus an der Front", sagte Walter. "Wir liefern gepanzerte Ambulanzwagen an die irakische Armee. Es handelt sich in Wirklichkeit um rollende Operationssäle. Für die Bundeswehr und selbst die US-Army wären die viel zu kostspielig. Hier schaut man nicht aufs Geld. Aber was nützen all diese Anschaffungen und die perfektioniertesten Waffen? Seit in Dezful die vierzehnjährigen persischen >Bassij< bei Nacht durch ihre Linien sickerten und die schwersten Tanks mit primitiven Bazookas vernichteten, ist die Armee Saddam Husseins noch nicht wieder zu sich gekommen. Aus Khuzistan werden fürchterliche Verluste gemeldet. Aber hier wird gesoffen, getanzt und gehurt."

      Der Ansager kündigte den Höhepunkt der Show an. Langbeinige, blonde Girls aus England traten auf, der Wuchs perfekt, die Gesichter etwas pferdeähnlich. Zunächst vollführten diese Damen aus London mit eindrucksvoller Präzision eine kriegerisch wirkende Veranstaltung mit Lichteffekten und rauchenden Detonationen. "Wenn der General Maud, unser britischer Befreier vom türkischen Joch, das sehen würde", lachte Raschid, "die Töchter Albions entblößen ihre Reize vor Beduinen!" "Die Knallerei auf der Bühne soll uns wohl daran erinnern, daß die Schlacht um die Falkland-Inseln immer noch im Gang ist", meinte Walter. Bei der nächsten Nummer, die das Ballett aus England vorführte, hielten wir den Atem an. Die Tänzer und Tänzerinnen hatten sich in grünlich schauerlichem Dämmerlicht als Leichen maskiert. ...

      Walter war zutiefst ergrimmt ... und es war nicht nur der Alkohol. Zum Glück schrie er auf Deutsch, so dass ihn niemand verstand: "Mit der MP sollte man hier um sich schießen! Hat denn niemand in diesem Wahnsinnsland ein Gespür dafür, dass man sich hier an den Gefallenen versündigt? ...."
      Avatar
      schrieb am 05.10.02 14:37:47
      Beitrag Nr. 138 ()
      @ stirner:
      Du sprichst in Deinem Posting # 136 übrigens von Golfkrieg Nr. 2, denn das war der Krieg um die "Befreiung von Kuwait", während Golfkrieg Nr. 1 der aus meinem Posting #137 um den Krieg von Saddam Hussein gegen den angeblich durch die Khomeini-Revolution geschwächten Iran war.

      Zu Deiner Frage nach den UN-Inspektoren. Ich würde die ja auch schicken, aber ich kann durchaus verstehen, daß die USA eine "härtere Resolution" haben wollen, denn bis vor 4 Jahren konnte Saddam Hussein die damaligen Inspektoren an der Nase herumführen und ihnen geheim-klassifizierte Dokumente aus den Händen reißen lassen (wie von der Inspektorin Kraatz-Wadsack berichtet), ohne irgendwelche Konsequenzen befürchten zu müssen, Dann hat er sie ganz rausgeworfen und was er seit 4 Jahren alles an "Spielzeugen" gesammelt hat, weiß keiner.
      Deshalb finde ich auch gut, daß jetzt auch Hans Blix für die Entsendung neuer Inspektoren erst nach einer neuen UN-Resolution ist.
      Wenn ich noch was von Deinen Fragen vergessen habe, geht`s ich gleich nochmal weiter. ;)
      Avatar
      schrieb am 05.10.02 14:46:57
      Beitrag Nr. 139 ()
      In diesem Spiegel-Artikel wird einiges der Unterstützung durch die USA deutlich. Wenn ich weitere Quellen finde, poste ich sie.

      Bei der Frage der Insepktoren sollte man sich auch an die Tatsache erinnern, daß einige unter ihnen als amerikanische Spione auftraten, was von Butler (ich glaube es war der amerikanische Chefinspektor) nachträglich sogar zugegeben wurde. Für Bedenken von irakischer Seite habe ich durchaus Verständnis.

      --------- SPIEGEL ONLINE - 26. September 2002, 10:43
      URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,215594,00.html
      Massenvernichtungswaffen

      Die Doppelmoral der Bush-Krieger

      Von Harald Schumann

      Mit der Gefahr durch ABC-Waffen in der Hand feindlicher Regime rechtfertigt die US-Regierung ihre neue Doktrin des gerechten Präventivkriegs. Doch Washingtons Strategen haben selbst entscheidend zur Aushöhlung der Uno-Verbotskonventionen und zur Verbreitung der Terror-Technologien beigetragen - nicht nur im Irak.

      Berlin - Der Besucher aus dem fernen Amerika schüttelte seinem Gastgeber herzlich die Hand. Dieser gab sich "lebhaft und vertrauensvoll", notierte ein Mitarbeiter der US-Botschaft. Dabei übermittelte der Sondergesandte aus Washington "die Grüße des Präsidenten und brachte seine Freude zum Ausdruck", die Hauptstadt des Gastlandes besuchen zu dürfen. Anschließend sprachen die Partner übers Geschäft und die Verbesserung der Beziehungen zwischen ihren Staaten.

      So schildert ein jüngst vom amerikanischen Magazin "Newsweek" zitiertes Protokoll des US-Außenministeriums jene Begegnung, an die Amerikas Regenten heute nur noch ungern erinnert werden. Denn es war Donald Rumsfeld, heute Chef der gewaltigsten Streitmacht auf Erden, der einst, im Dezember 1983, im Auftrag des damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan in Bagdad das vertrauliche Gespräch mit Saddam Hussein suchte.

      In den folgenden acht Jahren, das ergaben Ermittlungen des US-Kongresses, scheuten die Regierungen der Präsidenten Reagan und Bush senior weder Kosten noch Mühe, um dem Despoten von Bagdad in seinem Angriffskrieg gegen den Iran beizustehen. Nach dem Prinzip, `der Feind meines Feindes ist mein Freund`, arrangierten sie nicht nur verdeckte Waffenkäufe über Ägypten sowie die Übergabe von militärisch wichtigen Daten der US-Satellitenaufklärung.

      Saddams Terrorwaffen, made in USA

      Zugleich billigten die US-Behörden auch den Kauf von Ausrüstung und Rohstoffen zur Herstellung biologischer und chemischer Waffen durch das Regime im Irak. So lieferten US-Labors zum Beispiel am 2. Mai 1986 vier Kulturen von Milzbrand- und Botulinus-Bakterien an das Irakische Bildungsministerium, beides Erreger, die der Herstellung von Bio-Waffen dienen können.

      Daneben durfte sich die irakische Atomenergie-Kommission unter den Augen der Exportkontrolleure des Washingtoner Handelsministeriums über mehrere Jahre hinweg in den USA mit Labor-Ausrüstung eindecken. Der Handel mit der Technik für die Massentötung setzte sich sogar noch fort, nachdem Saddam Hussein im März 1988 über 5000 Kurden mit einem Giftgasangriff hatte ermorden lassen. Insgesamt erteilten die US-Behörden nicht weniger als 711 Ausfuhrlizenzen für so genannte dual-use-Güter, die zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen benötigt werden.

      "Die Vereinigten Staaten versorgten die Regierung des Irak mit Materialien, die zur Entwicklung des irakischen Chemiewaffen, Biowaffen- und Raketen-System-Programms beitrugen", resümierte der Ausschussvorsitzende, Donald Riegle, im Jahr 1992.

      Heute, fast zwei Jahrzehnte nach Rumsfelds Besuch in Bagdad, stehen er und sein Präsident an der Spitze einer Regierung, die sich anschickt, wegen ebensolcher Waffen einen Präventivkrieg gegen den Irak zu führen. "Wenn die Feinde der Zivilisation offen und aktiv nach den zerstörerischsten Technologien der Welt streben, dürfen die Vereinigten Staaten nicht tatenlos bleiben", konstatiert die am vergangenen Freitag veröffentlichte neue "Nationale Sicherheitsstrategie" der Regierung Bush. Auch wenn "Zeit und Ort der Angriffe durch solche Feinde unsicher" seien, so künden Bushs Strategen, "werden die Vereinigten Staaten, wenn nötig, auch präventiv handeln, um feindliche Akte unserer Gegner zu vereiteln".

      Doch die Gefahren, die Washingtons Falken nun beschwören, um ihren geplanten Bruch mit dem Völkerrecht zu rechtfertigen, haben sie selbst und ihre Vorgänger aktiv mit herbeigeführt - und das keineswegs nur wegen ihrer unheiligen Allianz mit dem Schlächter von Bagdad während der achtziger Jahre. Vielmehr behindern und unterlaufen Amerikas Regierungen seit Jahrzehnten und bis heute Bemühungen der internationalen Staatengemeinschaft, der Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen wirksame Riegel vorzuschieben.

      Die Politik der Doppelmoral begann schon, da war die Vokabel "Nichtweiterverbreitung" (Nonproli-
      feration) gerade erst geboren. Gegen Ende der sechziger Jahre drängten die damals erst fünf Atommächte (USA, Sowjetunion, China, Frankreich, Großbritannien) unter massivem politischen Druck die übrige Welt zur Unterzeichnung des Atomwaffensperrvertrages, dem mittlerweile 185 Staaten beigetreten sind. Um die atomaren Habenichtse zu ködern, verpflichteten sich die Atomwaffenbesitzer in Artikel sechs des Vertrages zur "generellen und vollständigen Abrüstung" ihrer Atomarsenale "unter strikter und effektiver Kontrolle".

      Zugang zum Club der Unangreifbaren

      Das Versprechen war wegen des Kalten Krieges von Beginn an wenig glaubwürdig. Doch auch nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion übten sich die Atommächte in Ignoranz, allen voran die USA, wo der Kongress im Jahr 1992 sogar den Vertrag über das Ende von Atomwaffen-Tests zurückwies. Diese Verweigerung blieb nicht ohne Folgen. Schwellenländer sahen sich geradezu aufgefordert, sich durch den Aufbau eigener Atomwaffen-Arsenale Zugang zum Club der Unangreifbaren zu verschaffen.

      Folglich rüsteten sich die Inder schon ab 1974 mit Atomwaffen aus, nicht zuletzt unter Verweis auf das Arsenal des großen Nachbarn China. Dem indischen Beispiel folgte irgendwann in den achtziger Jahren Israel, das zwar keinen Demonstrationstest durchführte, über dessen Atomwaffenfabrik in der Negev-Wüste aber ausreichende Belege vorliegen. Und die "islamische Bombe" in den Händen von Saddam Hussein mag zwar durch den Golfkrieg und die anschließende Zerstörung der irakischen Atomlabors verhindert worden sein. Gleichwohl gibt es sie - in Pakistan, dessen Regime 1998 mit einer Serie von unterirdischen Bombentests seine Fähigkeit zum nuklearen Vergeltungsschlag demonstrierte.

      Insbesondere die Fälle Israel und Pakistan demonstrieren, wie Amerikas Kämpfer gegen die nukleare Bedrohung mit zweierlei Maß messen. Gewiss, Israel ist umgeben von feindlichen Nachbarn, die mit der ultimativen Waffe vor einem erneuten Überfall auf den Judenstaat abgeschreckt werden können. Ähnliche Abschreckung könnte freilich auch ein Beistandsvertrag mit den USA bewirken. So dient das israelische Atomprogramm den Hardlinern der arabischen Welt stets als Rechtfertigung für die Forderung nach eigenen Massentötungswaffen. Trotzdem enthielten sich die US-Regierungen beider Parteien bis heute jeder ernsthaften Kritik an Israels Atombewaffnung.


      AP

      Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats in Washington: Kein Interesse an Verträgen


      Noch absurder ist der amerikanische Umgang mit Pakistan. Die Diktatur des Pervez Musharraf darf getrost als Brutstätte des internationalen Terrors bezeichnet werden. Sein Geheimdienst nährte nicht nur die Taliban bis zum abrupten Richtungswechsel nach dem 11.9. 2001. Daneben stützen Musharrafs Schergen auch die Islamisten in Kaschmir und regieren das Land mit brutalen Polizeistaatsmethoden bis zu Folter und Mord. Trotzdem erfreut sich die herrschende Offiziers-Clique in Islamabad der ungeteilten Unterstützung aus Washington, einschließlich großzügiger Milliardenkredite des Internationalen Währungsfonds.

      Im Klartext: Demokratie hin, Menschenrechte her, wer auf Seiten der USA steht, darf sich ungestraft ABC-Waffen verschaffen. Und das eigene Arsenal der Vereinigten Staaten bleibt ohnehin sakrosankt.

      Vor diesem Hintergrund sind die Methoden, mit denen Regierung und Parlament in Washington die Uno-Konventionen gegen die Verbreitung von Bio- und Chemiewaffen sabotieren, wenig überraschend. Gleich zwei mal demonstrierte die Bush-Administration in den vergangenen zehn Monaten, dass sie kein Interesse mehr an solchen Verträgen hat.

      Den ersten Sprengsatz an das Nichtverbreitungs-Regime im Rahmen der Uno legte Vize-Außenminister John Bolton, der in Washington den irreführenden Titel "Abrüstungsbeauftragter" führt, im vergangenen Dezember persönlich.

      Als die Vertreter der 144 Mitgliedstaaten der Bio-Waffen-Konvention in Genf zusammentraten, um endlich - nach sieben Jahren mühevoller Verhandlungen - ein Protokoll zu verabschieden, das wirksame Kontrollen vorschreiben sollte, ließ Bolton die Konferenz kurzerhand platzen. Die US-Regierung unterstütze dieses Vorhaben nicht mehr, teilte er mit; den verblüfften Diplomaten blieb nichts anderes übrig, als sich um ein Jahr zu vertagen.

      Vergangene Woche ließ Bolton mitteilen, dass seine Regierung an einer Fortsetzung der Verhandlungen kein Interesse mehr hat und alle Ideen für ein Kontroll-Regime gegen Bio-Waffen für "den falschen Ansatz" halte, bei dem zu befürchten sei, "das er grundsätzlich nicht funktioniert". Man könne doch "nicht glauben, dass 150 Länder am Tisch sitzen und von gleich zu gleich verhandeln, wenn einige die Konvention verletzen, über die man redet", erläuterte ein leitender US-Beamter der "Financial Times Deutschland" diese Position. Das sei, "als würden Mafia und Polizei über eine bessere Verbrechensbekämpfung reden."

      Die Biowaffen-Projekte der US-Army

      Erst recht, wenn das Pentagon Teil der Mafia ist. Denn nicht nur der Irak, Israel, Ägypten, China, Indien und Pakistan stehen im Verdacht. Auch die Vereinigten Staaten haben in Sachen Bio-Waffen einiges zu verbergen. So enthüllte die "New York Times" ein Woche vor den Anschlägen vom 11. September, dass die Regierung mindestens drei Projekte verfolge, die, wenn nicht den Paragrafen, so doch dem Sinn der Konvention fundamental widersprächen. Demnach arbeiten Wissenschaftler der US Army an einer Produktionsanlage für Biowaffen, an der Vorbereitung einer Testexplosion einer unvollständig ausgestatten Bakterienbombe und der Entwicklung eines gentechnisch veränderten Milzbranderregers, der gegen die gebräuchlichen Impfstoffe resistent ist.

      Nicht anders halten es die Bush-Krieger mit den chemischen Waffen. Zwar gelang es der Uno im Jahr 1997 die weltweit tätige Kontroll-"Organisation for the Prohibition of Chemical Weapons" (OPCW) zu gründen, deren 200 Inspektoren bis 2012 die Vernichtung aller Chemiewaffen-Bestände überwachen sollen. Doch die im Vertrag vorgesehenen unangekündigten Verdachtskontrollen können ausgerechnet in den USA gar nicht stattfinden. Mehrfach verwehrten US-Behörden den OPCW-Experten den Zugang zu bestimmten Einrichtungen. Und der Kongress verabschiedete dazu ein Gesetz, das es dem Präsidenten erlaubt, die Inspektoren überhaupt abzuweisen, wenn deren Tätigkeit "die Sicherheit der Vereinigten Staaten" gefährde.

      Im April diesen Jahres erzwang die Bush-Regierung schließlich auch noch den Rausschmiss des noch ein Jahr zuvor einstimmig in seinem Amt bestätigten OPCW-Direktors José Bustani. Der 59-jährige brasilianische Diplomat hatte den Fehler begangen, ganz im Sinne seines Auftrages auch Saddam Hussein zur Unterzeichnung des Vertrages zu drängen und damit seinen Kontrolleuren auch im Irak Zutritt zu verschaffen.

      Weil das dem Regime in Bagdad womöglich zusätzliche Legitimation verschafft hätte, stellten die Amerikaner kurzerhand ihre Beitragszahlungen ein und warfen Bustani "Kompetenzüberschreitung" vor. Anschließend schmiedeten sie eine Allianz zur Absetzung des als störrisch und eigensinnig gebrandmarkten Brasilianers, bei der neben den Europäern sogar die Delegierten des pazifischen Zwergstaates Kiribati als Stimmvieh eingespannt wurden. Bustani blieb nach der entscheidenden Abstimmung in Den Haag nur der Protest gegen den seiner Meinung nach "gefährlichen Präzedenzfall", bei dem erstmals auf Druck der USA der Chef einer multilateralen Institution während seiner laufenden Amtszeit davongejagt wurde.

      Es liegt nahe, all diese Widersprüche und Übergriffe der US-Strategen beim Umgang mit Massenvernichtungswaffen achselzuckend als jene Realpolitik anzusehen, wie sie eine komplexe und gewalttätige Welt nun einmal erfordert. Doch gerade die jüngere Geschichte der US-Außenpolitik liefert zahlreiche Belege, dass sie zur Befriedung und Demokratisierung der Menschheit etwa so viel beiträgt wie die gefälschten Bilanzen von Enron und Co. zur Gesundung der amerikanischen Volkswirtschaft. Gleich ob im Falle des Irak oder Saudi-Arabiens, ob bei der UCK-Guerilla im Kosovo oder Afghanistans Gotteskriegern, allzu häufig mündete die US-Realpolitik am Ende im Ruf nach Schutz vor Amerikas Freunden von gestern - und ihren Waffen.

      Die "Selektivität der amerikanischen Politik" beim Umgang mit Massenvernichtungswaffen sei daher selbst ein zentrales Problem bei deren Bekämpfung, warnt Bernd Kubbig, Rüstungsexperte bei der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung. Daran werde auch der geplante Krieg gegen den Irak nichts ändern. Zu befürchten sei vielmehr, dass erneut ein "substaatlicher Boden für Terroristen" geschaffen werde. Für deren Zugriff auf die Technologien der Massenvernichtung ist der Weg nur noch kurz.
      Avatar
      schrieb am 05.10.02 14:49:32
      Beitrag Nr. 140 ()
      Nachtrag:
      Die "Scud"-Angriffe des Irak auf Israel im Golfkrieg Nr. 2 haben meiner Meinung nach einiges mehr an Schaden angerichtet als die Hamas-Selbstmordanschläge, allerdings mehr auf Seiten der Palästinenser. Damals hatten besonders diese und auch Arafat ganz auf einen Sieg von Saddam Hussein gesetzt, der sich für kurze Zeit als "moralischer Führer" der arabischen Welt sehen konnte. Nach der Vertreibung der Iraker aus Kuwait wurden aus Kuwait aber auch über 500.000 palästinensische Gastarbeiter vertrieben und ähnliche Zahlen gab es aus Ländern, die etwas gegen den Irak hatten wie z.B. die Emirate Bahrain, Katar und Oman. Diese Vertriebenen verstärkten den antiisraelischen Druck in Jordanien und nicht zuletzt in der Umgebung Arafats.
      Bei einer neuen Auseinandersetzung mit Saddam Hussein wird er zweifellos versuchen, wieder dasselbe Spiel mit den Palästinensern und Israel zu treiben: Saddam als der wahre Befreier der Araber vom israelischen und amerikanischen Joch und wenn es keine wirklich harten, durchgreifenden Kontrollen im Irak gibt wie schon seit 4 Jahren nicht, wird er in wenigen Jahren bestimmt andere Raketensprengköpfe einsetzen können als vor 11 oder 12 Jahren.
      Avatar
      schrieb am 05.10.02 14:56:59
      Beitrag Nr. 141 ()
      Die amerikanische und die britische Regierung haben jeweils ein Dossier herausgegeben, das die Bedrohung durch den Irak beschreibt. (Links im Thread von DP in einem Posting von mir). Hier nun ein Gegen-Dossier von Teilen der brit. Labour, das diese Aussagen ziemlich relativiert und auch auf die Unterstützung bzw. Billigung Saddamscher Kriegsverbrechen durch den Westen eingeht.

      http://www.labouragainstthewar.org.uk/link5.html
      Avatar
      schrieb am 05.10.02 14:58:59
      Beitrag Nr. 142 ()
      O.K., stirner, an der Meldung aus dem Spiegel habe ich nur nie begriffen, warum der Irak diese "tollen Bio-Waffen" dann aber nie im Krieg gegen den Iran eingesetzt hat, sondern nur solche chemischen Waffen, die er in den deutschen "Insektizid-Fabriken" herstellen konnte, die solche Leute wie "Hippenstiel-Imhausen" von der Firma "Imhausen-Chemie" auch an Libyens Herrn Ghaddafi geliefert haben. Wieviel Jährchen hat doch Herr Hippenstiel-Imhausen gleich dafür bekommen?
      Übrigens hat meines Wissens nicht Richard Butler gesagt, es wären US-Spione unter den Kontrolleuren gewesen, sondern der ehemalige Chef-Kontrolleur Scott Ritter. Und dieser Scott Ritter ist eine höchst interessante Figur, denn nach seinem Ausscheiden aus dem UN- und angeblichen CIA-Dienst drehte er einen Film im Irak über die Folgen des US-Embargos auf die Kinderstationen der Krankenhäuser. Großzügigster Geldgeber dieses Films mit offiziell ca. 1 Million Dollar Unterstützung war witzigerweise Saddam Hussein, der Scott Ritter persönlich und freundlich empfing, woraufhin sich Scott Ritter vom Paulus zum Saulus wandelte und nun sämtliche UN-Ispektoren als Spione und seinen Ex-Chef Richard Butler als notorischen Lügner bezeichnet. Was soll man da glauben?
      Avatar
      schrieb am 05.10.02 15:02:46
      Beitrag Nr. 143 ()
      O.K., ich werde mir alles bis Montag aufmerksam durchlesen. Jetzt muß ich leider wieder weg.
      Die vorhergehende Info über Scott Ritter stammt übrigens aus einem "ZDF-Auslandsjournal" von vor ca. 3 Wochen, falls Du es im Internet-Angebot vom ZDF nachschlagen möchtest und die die Seite noch haben.
      Tschüß, Auryn
      Avatar
      schrieb am 05.10.02 23:48:10
      Beitrag Nr. 144 ()
      Dieser Ritter scheint ja wirklich eine merkwürdige Figur zu sein. Der Hintergrund dieser Meinungsänderung würde mich wirklich interessieren. Ich kann es eigentlich nur so deuten, daß er sich von den Amerikanern betrogen und mißbraucht fühlt.

      hier der Link: http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/0,1872,2014286,FF.html

      Was den Spionagevorwurf angeht, so war es meiner Meinung nach schon Butler, der das zugegeben hat. Ist aber auch schon wieder eine Zeit her.
      Avatar
      schrieb am 06.10.02 00:04:34
      Beitrag Nr. 145 ()
      Hallo, Auryn
      interessanter tread mit Niveau.
      zu #142: es war Rolf Ekeus, Executive Chaiman of
      UNSCOM (1991 - 1997).
      Interview mit ihm bei
      http://www.nonviolence.org/vitw/pages/223.htm

      Gruss, MacHaeberle
      Avatar
      schrieb am 06.10.02 00:22:57
      Beitrag Nr. 146 ()
      Bei einer kleinen Recherche habe ich folgendes festgestellt: Bereits 1999 haben die USA zugegeben, bei den Inspektionen auch spioniert zu haben. Deswegen könnte es gut sein, daß dies auch von Butler bestätigt wurde.

      zu #145: Der von Ekeus geäußerte Vorwurf existiert natürlich auch, stammt aber aus diesem Jahr.

      weitere Informationen zur Unterstützung des Iraks durch den Westen gibt es hier:

      http://www.miprox.de/Sonstiges/Das_Ausma%DF_westlicher_Unter…

      Ich bin mir sicher, daß sich noch viele weitere Quellen finden lassen.

      Waffenlieferungen gab es wohl nicht, da hast Du recht.
      Avatar
      schrieb am 16.10.02 12:02:34
      Beitrag Nr. 147 ()
      Leider war ich mal wieder gesundheitlich für einige Zeit außer Gefecht gesetzt, so daß ich mich erst heute für die Hinweise und die interessanten Links in den vorangehenden Postings bedanken kann. Also Danke! ;)
      Ich werde erst mal noch ein bißchen nachlesen, bevor ich wieder zur alten Höchstform auflaufen kann. Das dürfte aber nicht lange dauern, denn ich bin mit Antibiotika und Vitaminen vollgepumpt! :)
      Bis dann,
      Auryn
      Avatar
      schrieb am 16.10.02 12:04:27
      Beitrag Nr. 148 ()
      Na denn gute Besserung! :)
      Avatar
      schrieb am 16.10.02 12:55:18
      Beitrag Nr. 149 ()
      Na gut, liebe "antigone", dann kehren wir doch einfach mal zu
      Deinem Posting # 151 zurück. vielleicht gehörte ja dies zum Thema, nicht? Ich erlaube mir im folgenden, Deine Zitate "kursiv" zu setzen.

      #151 von antigone 12.09.02 15:49:03 Beitrag Nr.: 7.344.613 7344613
      Dieses Posting: versenden | melden | drucken
      auryn.
      du scheinst vor erregung zu beben und das ist meist wenig hilfreich für einen klaren kopf, womit nicht gesagt ist, dass das in situtionen, die den nicht unbedingt erfordern, ganz nett sein kann.

      Ja, da kann ich Dir nur zustimmen, aber ich glaube mich hier noch so "zurückhaltend" betätigt zu haben wie Du oder der überaus freundliche "Deep Thought" in Thread 633851, oder?
      ich habe keine lust, deine zusammengeflickten traktate auseinanderzunehmen.
      Das ist aber sehr bedauerlich, denn das Posting # 150 besteht aus im wesentlich aus latent antisemitischen Postings in diesem Thread, wobei ich es sehr seltsam finde, dass Dir Antisemitismus nie aufzufallen scheint, so lange Leute beleidigt werden, deren Meinung nicht mit Deiner übereinstimmt, oder irre ich mich da?

      deshalb nur soviel: demokratie, das wenigstens sollte der politologe wissen, ist nicht klarer definiert als freiheit - fast jede politische richtung, fast
      jedes politische regime versucht diese begriffe für sich zu reklamieren und zu instrumentalisieren. das bedeutet nicht, daß sie automatisch bedeutungslos wären oder nicht verwendet werden könnten. aber es demonstriert
      zweierlei: die notwendigkeit zu erläutern, wie und mit welcher absicht die begriffe verwendet werden, für deren einen du so umstandslos (qua geburtsrecht?) alleinvertretungsansprüche erworben zu haben scheinst, und die
      tatsache, daß es sich in den meisten fällen und in deinem falle ganz gewiss nicht um analytische kategorien handelt, sondern um kampfbegriffe. der demokratiebegriff selbst ist ein schlachtfeld.

      soviel steht fest, der selbsternannte kreuzritter, der mit seiner bibel unterm arm loszieht, um seine politischen gegner in der eröffnungsrunde als "undemokratisch" zu etikettieren, handelt nach
      dem prinzip, ihm könne sowieso keiner das wasser reichen, weshalb ich dankend verzichte, und gaubt lediglich an eines unumstösslich: sich selbst ins rechte licht setzen zu müssen.

      Dann ist es aber sehr seltsam, dass ich Deiner Meinung nach wohl glaube, mich ins "rechte Licht setzen zu müssen" und andererseits der Einzige in diesem Thread zu sein scheine, der sich gegen Judenhaß wehren muß. Übrigens halte ich Willy Brandt und Helmut Schmidt für die bedeutendsten deutschen Bundeskanzler seit Adenauer. Wenn diese Meinung und mein Ärger über latenten Antisemitismus in diesem Thread ein Beispiel für "rechte Gesinnung" sein sollte, dann würde ich nach wie vor gerne mal mit Dir über unsere Standorte in einem politischen Koordinatensystem diskutieren.

      Zum Thema "Demokratie" fällt mir übrigens noch "ein bisschen was" ein:
      In meinem "schlauen Buch" Wolfgang Mickel (Hrsg.): Handlexikon zur Politikwissenschaft, S. 75-78, gibt es eine Definition zum Begriff "Demokratie" mit der Erwähnung von Werten in einer Demokratie, die in diesem Thread meiner Meinung nach verletzt werden, wenn ein Andersdenkender dazu aufgefordert wird, sich hier nicht mehr zu äußern, weil er eine andere Meinung vertritt oder gleich durch Beleidigungen mundtot gemacht werden soll. Ich kopiere den Artikel mit der Definition mal hier hinein und hebe die Stellen hervor, die meiner Meinung nach die Verwendung des Wortes "Anti-Demokraten" für diejenigen rechtfertigen, die dieser Demokratie-Definition wohl kaum in diesem Thread Genüge zu leisten vermögen.

      Demokratie
      1. Begriff und Geschichte: Demokratie (im folgenden abgekürzt als "D" ist heute zu einem jener Allerweltsbegriffe der Politik und der ---> Politikwissenschaft wie etwa auch »Macht« oder »Interesse« aufgestiegen, dem jeder Tribut zollt. Während D im 19. Jh. eine radikale Kampfparole war, versuchen sich heute (bis auf wenige Militärdiktaturen, spätfaschistische und spätfeudale Regime) alle damit zu schmücken bis hin zur »echten neuen D der Volksgemeinschaft« im Führerstaat des - Nationalsozialismus. Die wörtliche Übersetzung von D bedeutet nicht mehr und nicht weniger als Volksherrschaft. Aber wer ist das Volk? Wie soll es Herrschaft ausüben? Das Grundproblem des D-Begriffs liegt in drei Dimensionen, die häufig vermischt werden: D als politisches Prinzip, D als Staatsform und D als Lebensform.

      Historisch beginnt die Vorgeschichte der D zwar mit der antiken politischen Philosophie, besonders mit Aristoteles und seiner Typologie der besten Staatsform (---> Staatsformen), als die freilich die D nicht galt. Er konnte sich auf praktische Ansätze der direkten D in griechischen Stadtstaaten berufen. Aber weder die Bestimmung des Volkes - Ausschluß von Sklaven, Abhängigen und Frauen - noch die der Herrschaftstechnik -Volksversammlung, Ämtervergabe durch Losentscheid usw. sind ohne weiteres auf heutige Problemstellungen übertragbar. Erst mit der Philosophie der > Aufklärung und den bürgerlichen Revolutionen (---> Revolution) seit Ende des 18. Jh. beginnt die unmittelbare Geschichte der modernen D. Die ökonomische und politische ---> Emanzipation des -Bürgertums gegen Feudalismus und Absolutismus entfaltete eine Dynamik, die der Lehre von der Volkssouveränität zum Durchbruch verhalf und damit weit über die unmittelbare historische Situation hinauswies. ---> Liberalismus und später Sozialismus (---> Sozialismustheorien) waren die beiden Hauptströmungen, die im 19. Jh. zur Verwirklichung der D antraten. Einig waren sie in bezug auf einen neuen, universalen menschlichen Grundwert (---> Grundwerte), die Gleichheit; einig auch im Mindestkriterium von D, dem allgemeinen Wahlrecht (--> Wahlen und Wahlsysteme). Für den Liberalismus standen aber bald Ausbau und Konsolidierung des - Rechtsstaats, der Gleichheit vor dem Gesetz, im Vordergrund gegen Mehrheitstyrannei, Gleichmacherei und Abbau der ---> Gewaltenteilung. Hier wa ren Bündnisse mit der konservativen Kritik am »Demokratismus« (- Konservativismus) möglich. Die Sozialisten knüpften Gleichheit untrennbar an ökonomische, soziale und[ ma terielle Rechte, waren aber bald uneins im Ziel der angestrebten Staatsform, die vom »Volksstaat« (---> Volksdemokratie) über das - Rätesystem bis zur herrschaftsfreien Utopie reichte ( --- (---> Politische Utopien).

      Der D-Begriff heute muß die historischen Wurzeln, insbesondere die liberalen und so zialistischen, in sich aufnehmen. Aus der be rühmten und oft mißverstandenen Formel von Abraham Lincoln kann man noch heute drei Grundprinzipien der D ableiten: govern ment of the people - Verankerung in der Volkssouveränität; government by the people - weitestgehende politische Teilhabe der Be völkerung; government for the people - sozia le Bindung der Politik. Die gleichen Prinzi pien sind in der anderen genialen historischen Formel zu entdecken: Die Kampfparole der Französischen Revolution vereint --- (---> Freiheit als Mündigkeit des einzelnen, Gleichheit als universelles Gerechtigkeitsprinzip und Brü derlichkeit als solidarisch-soziales Prinzip der Mitmenschlichkeit (- Grundwerte). Nur die drei zusammen in einer komplexen D-Theo rie garantieren D. An der Gewichtung lassen sich bis heute die politischen Grundpositio nen unterscheiden.

      2. Demokratie als politisches Prinzip

      2.1 Volkssouveränität: Obwohl schon seit dem späten Mittelalter in der politischen Theorie diskutiert, findet sich erst im ameri kanischen Unabhängigkeitskrieg, in der Vir ginia Bill of Rights von 1776, die erste Verfas sungsdeklaration: »Alle Macht kommt dem Volke zu und wird demgemäß von ihm berge leitet.« Die grundlegende Legitimation der politischen Macht (---> Politische Herrschaft und Macht) aus dem Volk blieb Gemeingut der Verfassungen (---> Verfassung) von Ost bis West. Sie fordert das ---- (---> Grundgesetz in Art. 20 Abs. 2: »Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt. « Die Verfassung der ---> Deutschen Demokratischen Republik von 1968 formuliert ähnlich, aber mit deutlichen Differenzierungen: »Alle politische Macht in der Deutschen Demokratischen Republik wird von den Werktätigen in Stadt und Land ausgeübt.« (Art. 2 Abs. 1 Satz 1) »Alle macht dient dem Wohle des Volkes. « (Art. 4 Abs. 1 Satz 1) »Die Bürger der Deutschen Demokratischen Republik üben ihre politische Macht durch demokratisch gewählte Volksvertretungen aus.« (Art. 5 Abs. 1)

      Volkssouveränität (- Souveränität) heißt, daß grundsätzlich das Prinzip der Willensbildung von unten nach oben gilt. Die praktische Umsetzung der Volkssouveränität in politische Entscheidungen kennt zwei Formen: 1. durch direkte Volksgesetzgebung, 2. durch Delegation der Macht an Volksvertreter. Ursprünglich zielte Volkssouveränität auf die möglichst weitgehende Identität von Regierenden und Regierten. Dauerhaft wurde diese direkte oder unmittelbare D, die in der Versammlung aller Bürger politisch entscheidet - abgesehen von kurzfristigen revolutionären Räten -, selten verwirklicht, so z. B. früher an der nordamerikanischen Ostküste (New England town meeting) und bis heute in manchen kleinen Schweizer Landgemeinden. Aufgehoben bleibt diese direkte Teilnahme aber bis heute im Plebiszit, das in den meisten D in irgendeiner Form existiert. Das regelmäßige Referendum auf allen Ebenen der Schweizer Politik ist am weitestgehenden und am bekanntesten. Die Bundesrepublik hat auf Bundesebene nach den Erfahrungen der Weimarer Republik das Referendum zwarzurückgedrängt, es auf Landes- und besonders auf Kommunalebene (-- Kommunalpolitik) als Volks- oder Bürgerbegehren und -entscheid aber garantiert. Das Grundgesetz kennt in Art. 28 Abs. 1 sogar noch die Gemeindeversammlung als Forum direkter kommunaler Demokratie. Die Delegation der Macht des Volkes an Volksvertreter als den Vermittlern der Volkssouveränität hat den direkten Einfluß der Bevölkerung auf politische Entscheidungen (---> Partizipation) aber weit zurückgedrängt. Die Repräsentation des Volkes durch freigewählte Abgeordnete gilt deshalb vielen als Hauptkriterium der D, die parlamentarische Repräsentativverfassung (---> Parlamentarismus) als demokratisch schlechthin. Das ist freilich zu eng gesehen. Die Delegation von Volksvertretern kann ganz unterschiedlich erfolgen. Erstens kann sie durch klare und begrenzte Beauftragung des Abgeordneten als des politischen Vertreters des Wählers geschehen. Der Auftrag kann zurückgezogen oder mit klaren Weisungen verbunden werden. Dies kennzeichnet das imperative (gebundene) Mandat, das in vorliberalen Ständestaaten existiert und auch in Modellen der Räteherrschaft angestrebt wird. Zweitens erfolgt seit dem frühen - Liberalismus die Delegation von Volksvertretern durch ---> Repräsentation im engeren Sinne, d. h. durch das freie Mandat der Abgeordneten, das nur durch die Zeit der Wahlperiode begrenzt ist. So formuliert das Grundgesetz klassisch über die Abgeordneten: »Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen« (Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG). Damit wird die ---> Souveränität des Volkes an die Volksvertretung insgesamt, das Parlament und seine Abgeordneten, delegiert. Nicht erst seit der Durchsetzung von - Parteien und ---> Verbänden in der politischen Willensbildung wird eine doktrinäre Repräsentationstheorie zu einer Fiktion, genährt durch die »elitäre Auffassung der Parlamentarier als einer besonders erleuchteten Menschengruppe, die durch Diskussion zum Kern der Wahrheit vordringt« (von Beyme). Unter dem formellen Schutz des freien Mandats, sinnvoll z. B. als Schutz gegen willkürlichen Mandatsentzug durch Fraktion oder Partei, hat sich jedoch längst eine Politisierung der Parlamentswahl entwickelt, die enge Parteibindung als nichts Illegitimes ansieht.

      2.2 Wahlen und Mehrheitsprinzip: Eines der wichtigsten Mittel, um der Volkssouveränität durch Volksvertretung Geltung zu verschaffen, ist die Wahl (---> Wahlen und Wahlsysteme). Das allgemeine, gleiche, freie, direkte und geheime Wahlrecht ist deshalb eine Grundvoraussetzung jeder D, die nicht hinter die Errungenschaften der liberalen ---> Emanzipation zurückfallen will. Allgemeines Wahlrecht ist deshalb ein notwendiges, aber kein ausreichendes Definitionsmerkmal von D. Die D wurde ebenso häufig einseitig als Herrschaft der Mehrheit bezeichnet. Tatsächlich ist aber das Majoritätsprinzip auch nur ein Hilfsmittel der Entscheidungsfindung und der Geltung der politischen Gleichheit der Staatsbürger als Träger der Volkssouveränität. In der aktuellen Politik existieren demgegenüber höchst vielfältige Entscheidungsregeln.

      Sie reichen von Einstimmigkeit (z. B. in Gremien der EG) über Zweidrittelmehrheit (Verfassungsänderung), absolute Mehrheit (Kanzlerwahl) und relative Mehrheit (einfache Gesetzgebung) bis zu Minderheitsrechten (z. B. Initiativrechte von Oppositionsfraktionen) und dem Veto einzelner (z. B. im UNO-Sicherheitsrat; Verfassungsbeschwerde). Daneben können Mehrheitsmeinungen in der Bevölkerung von Parlamenten und Regierungen nur allzu häufig souverän ignoriert werden. Sicher ist heute kaum eine D der »Tyrannei der Mehrheit« verdächtig, wie vom 19. Jh. bis heute der ---> Konservativismus oft unterstellte, da der Mehrheitswille der Bevölkerung durch zahlreiche rechtliche, politische, soziale und kommunikative Filter abgeschwächt wird. Deshalb beginnt heute eine neue Diskussion über Mehrheitsprinzip und Minderheitenschutz im Rahmen der politischen Ökologie (--> Alternativbewegung), die bezweifelt, daß aktuelle Mehrheiten das Recht haben, Entscheidungen gegen die Lebensinteressen von ---> Minderheiten bzw. nachgeborener Generationen zu fällen.

      Die Frage des geeigneten Wahlsystems

      Wahlen und Wahlsysteme) führt bis heute zu erbitterten Kontroversen. Das Verhältniswahlrecht führt zu mehr Chancengleichheit pro Wählerstimme, da alle, auch kleine Parteien an der proportionalen Verteilung der Stimmen auf die Mandate teilnehmen. Die Mehrheitswahl bewirkt dagegen durch die Vergabe des jeweiligen Mandats im Wahlkreis an den Kandidaten mit den meisten Stimmen eine Konzentration auf die größeren und regional konzentrierten Parteien. Sie verstärkt die Bindung des Wählers an seinen Abgeordneten. Sie ermöglicht stabilere Regierungsmehrheiten, sorgt aber für größere Schwankungen des Wahlergebnisses. Die deutsche »personalisierte Verhältniswahl« mit 5%-Sperrklausel gegen kleinere Parteien versucht einen Mittelweg, wenn auch eindeutig in Richtung der Verhältniswahl. Verbesserungen sind denkbar. Die starre Sperrklausel schottet zu rigide neue Parteientwicklungen und damit politische Dynamik ab; Personalisierung läßt sich durch offene Parteilisten, auf denen der Wähler die Kandidatenreihenfolge beeinflussen kann, besser erreichen.

      2.3 Rechtsstaat, Gewaltenteilung, Föderalismus: Weder stehen à Rechtsstaat, ---> Gewaltenteilung und ---> Föderalismus im Widerspruch zur D, da sie die konsequente Mehrheitsherrschaft beeinträchtigen, noch machen

      Demokratie 77

      sie ihr Wesen aus, wie von konservativer Seite gern unterstellt wird. Alle drei sind im Grunde aus dem vordemokratischen Prinzip des Konstitutionalismus als Elemente der D aufgenommen worden. Grundrechte (---> Grundund Menschenrechte), Rechtsgarantien und Rechtssicherheit sind zweifellos Werte, auf die eine liberale und soziale D kaum verzichten kann. Die Tendenz zur Verrechtlichung der Politik, der wir gerade in der deutschen Tradition ausgesetzt sind, kann freilich auch den demokratischen Willensbildungsprozeß abschnüren. Gewaltenteilung als horizontale und Föderalismus als vertikale »checks and balances« sind nicht dogmatisch an D gebunden. Das Schulbuchprinzip der Gewaltenteilung von Exekutive, Legislative und Jurisdiktion ist sowieso in derpolitischen Wirklichkeit, besonders der parlamentarischen Demokratie, durch eine funktionale Trennung in Regierungsmehrheit auf der einen und Opposition auf der anderen Seite neben der Judikative aufgehoben worden. Föderalismus existiert ebenfalls nur in einigen D, wo er notwendig Verrechtlichung zur klaren Kompetenzabgrenzung nach sich zieht - mit den möglichen hemmenden Folgen. Alle drei Prinzipien sind demnach mehr oder weniger notwendige Hilfsmittel, deren sich existierende D aber selektiv und abgestuft bedienen.

      3. Demokratie als Staatsform: Die alte, seit Aristoteles immer wieder gestellte Frage nach der »besten Staatsform« wurde häufig mit dem Ruf nach der »gemischten Verfassung«, die die besten Elemente aus allen Modellen verbindet, beantwortet (---> Staatsformen). Daß sich heute in aller Welt die D durchgesetzt hat, zeigt nur, wie viele Mischungen in ihr möglich sind.

      3.1 Die politische Verfassung der liberalen Demokratie: Sie reicht von strikt gewaltenteilender präsidentieller D der USA, wo die Exekutive ein klares Übergewicht besitzt, bis zur eindeutigen Dominanz des Parlaments mit dem Zug zur Versammlungsregierung, die die Regierung als geschäftsführenden Ausschuß einzuordnen sucht, wie zuletzt in der französischen Vierten Republik. Dazwischen rangieren semi-präsidentielle Regime, wie die französische Fünfte Republik, oder das parlamentarische »Primeministerial Government« (Großbritannien) und die »Kanzlerdemokratie« (Bundesrepublik unter Adenauer). Allen gemeinsam ist die Berufung auf die liberale Verfassungstradition, die durch Grundrechte, Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenbeschränkung und Regierungskontrolle als Ausdruck der Volkssouveränität in ihren Eckwerten gekennzeichnet ist. Gemeinsame Grundlage ist aber auch die historische Verbindung von ---> Liberalismus mit der Wirtschaftsordnung des ---> Kapitalismus, dessen vehementeste Vertreter allein durch ihn D gewährleistet sehen, denn er ergänze ideal die politische ---> Freiheit in der Gleichheit der Marktgesetze. Unerwünschte Begleiterscheinungen von ökonomischer Konkurrenz werden durch Sozial- und Wohlfahrtsstaat (---> Sozialstaat) mit der sozialen Marktwirtschaft abzumildern gesucht. Die Idee eines demokratischen Sozialismus der sozialdemokratisehen Bewegung (---> Sozialismustheorien) hält als Ziel dagegen, auf der Basis der liberalen Grundrechte die Wirtschaftsordnung zu reformieren und zu demokratisieren, indem nicht nur auf die Chancengleichheit gegenüber der Wirtschaftsordnung (das gleiche Recht, eine Fabrik zu kaufen), sondern auf die Chancengleichheit im Wirtschaftsprozeß (gleiche Rechte in der Fabrik) abgestellt wird (--* Wirtschaftssysteme).

      3.2 Die Demokratie sowjetischen Typs und die Volksdemokratie: Beide sind in der marxistischen Theorie (--+ Marxismus) Übergangsstadium zum vollendeten - Kommunismus, der völlige politische und soziale Gleichheit verwirkliche (---> Volksdemokratie). Sie werden mittels der »Diktatur des Proletariats« durchgesetzt, die ebenfalls demokratisch sei, da sie die Mehrheit der Arbeiterklasse gegenüber der bürgerlichen Kapitalistenklasse hinter sich habe. Trotz aller Differenzierung immer neuer Übergangsformen bleibt als wesentliches Kriterium, daß soziale Gleichheit durch Aufhebung des Kapitalismus und damit der Klassen (---> Soziale Klassen und Schichten) proklamiert, dies aber mit der Forderung nach ideologischer Gleichheit und Harmonisierung unter Führung der kommunistischen Parteien verbunden wird. Dies zwingt alle, obgleich formell in der Verfassung Grundrechte auf Meinungsfreiheit etc. garantiert sind, hinter das Meinungsmonopol der Partei zurück. Durch das Prinzip des demokratischen Zentralismus in der Partei und das damit einhergehende Verbot von Fraktionierung und Pluralismus wird vollends einem autoritären und monolithischen Staatsaufbau die Grundlage geschaffen. Unter Berufung auf diese Prinzipien sind alle Demokratisie~ungsversuche innerhalb dieses Systemtyps ( DDR 1953, Ungarn 1956, CSSR 1968 etc.) zurückgeschlagen worden.

      Dennoch finden sich immer wieder neue Ver suche, die besonders auf Lenin zurückweisen den Theoreme des autoritären Kommunis mus (---> Leninismus / Stalinismus) durch de mokratische Formen zu verändern, so z. B. in Jugoslawien, in eurokommunistischen west europäischen Parteien ( --- > Eurokommunis mus) und in der Gewerkschaftsbewegung in Polen.

      3.3 Demokratie als Staatsform in der dritten Welt: Hier ist D in einem denkbar weiten Spektrum angesiedelt, das von Versuchen der Rezeption der Verfassung liberaler D (incl. Robe und Perücke des Speakers im Unterhaus), über den sozialistischen Typus nationaler D bis hin zu plebiszitär verbrämten Autokratien und Militärdiktaturen reicht. Allzu naive Übertragungen liberaler Verfassungsinstitutionen, die vom Westen empfohlen wurden, sind fast überall gescheitert. Aber auch die D sowjetischen Typs hat sich kaum erfolgreich durchgesetzt, da nicht zuletzt ihre Voraussetzung, ein Industrieproletariat, fehlte, so daß sich manche der jungen Staaten dem chinesischen agrarischen Sozialismus stärker verbanden. Die Suche nach neuen demokratischen politischen Formen ist unverkennbar, aber durch die ungeheuren Probleme ökonomischer, politischer und kultureller Abhängigkeiten der Staaten der dritten Welt noch in einer ständigen inneren und äußeren Auseinandersetzung begriffen.

      4. Demokratie als Lebensform - Demokratisierung: Politik ist nicht auf »Staatspolitik« zu begrenzen. Sie ist überall da, wo in der Gesellschaft mittels Macht Gleichheit und ---> Freiheit garantiert oder beschränkt werden. D muß deshalb als politisches Grundprinzip ein allgemeines Strukturmerkmal der Gesellschaft sein.

      4.1 DemokratischeGesellschaftsstruktur: Zur politischen Willensbildung zwischen Bevölkerung einerseits und politischen Entscheidungsträgern andererseits bedarf es der Vermittlung durch Organisation. Das Recht zur Vereins-, Verbands- und Parteibildung, besonders auch das wirtschaftliche Koalitionsrecht, ist deshalb essentielles demokratisches Grundrecht. Die freie Form gesellschaftlicher Willensbildung verlangt auch in den Organisationen und ---> Verbänden selbst eine demokratische Struktur, die offene Kanäle für die Bedürfnisse der Bevölkerung garantiert. Die freie Artikulation von Interessen in der Gesellschaft muß durch einen Pluralismus der Interessenverbände gewährleistet sein. Gerade das Gleichheitspostulat der D verlangt nach einem Pluralismus in der Gesellschaft für unterschiedliche Interessen, die unter Respektierung der Grundrechte der anderen Interessenkonflikte austragen. Nicht die Tatsache allein, daß unterschiedliche Parteien und Gruppen existieren, macht eine Gesellschaft schon pluralistisch »ausgewogen« und demokratisch. Es müssen auch die Benachteiligungen von Gruppen, die im politischen und wirtschaftlichen Prozeß natürliche Startnachteile haben, berücksichtigt und ausgeglichen werden (---> Pluralismustheorien).

      4.2 Die Weiterentwicklung von demokrati schem Bewußtsein: Sie ist eine Grundvoraus setzung, die --- > politische Bildung in der Aus bildung notwendig macht, aber nicht allein von ihr geleistet werden kann. Eine D exi stiert nicht ohne Demokraten. Die Auffas sung einiger Theoretiker einer »demokrati sehen Elitenherrschaft« (---> Eliten), die davon ausgehen, daß eine weitgehend unpolitische und apathische Wählerschaft, die die Politik an konkurrierende (Partei-)Eliten delegiert, Garant stabiler D sei, ist deshalb falsch und gefährlich. Die Autoritätsmuster in einer Ge sellschaft im politischen und gesellschaftli chen Bereich müssen kongruent werden. Für eine---> politische Sozialisation, die demokra tische Werte vermittelt und internalisiert, ist nicht allein die Schule verantwortlich zu ma chen, sondern mehr noch Familie und Le benssituation in Ausbildung und Beruf und das Klima öffentlicher Kommunikation.

      4.3 Demokratische Praxis: Demokratisches Bewußtsein bleibt abstrakt, wenn es nicht mit demokratischer Praxis verbunden ist. D kann nicht aus staatsbürgerlichen Bildungsbüchern erlernt werden, sondern nur aus der täglichen Erfahrung. Auch deshalb kann D nicht auf den Wahlakt alle vier Jahre reduziert werden. Dies bliebe nicht viel mehr als plebiszitärakklamatorisches Symbol demokratischer Politik. Gerade die Praxis in der ---> Kommunalpolitik, in der ökonomischen Situation am Arbeitsplatz, in örtlichen Vereinen und Verbänden muß den notwendigen Unterbau demokratischer Politik fundieren. Die Bewegung von ---> Bürgerinitiativen, die Demokratisierungsbemühungen von gesellschaftlichen Institutionen, die Selbsthilfegruppen sind deshalb positive Ansätze, um eine demokratische Gesellschaftsstruktur weiterzuentwikkeln. D ist auf die Fundierung durch politische Prinzipien wie Grundrechte, Wahlen, Mehrheitsprinzip usw. angewiesen; aber sie droht zu erstarren, wenn sie nicht durch gesellschaftlichen Pluralismus, demokratisches Bewußtsein und demokratische Praxis ergänzt wird. D ist historisch nie als abgeschlossenes System fertig gewesen. Demokratisierung und Erweiterung von ---> Partizipation des Bürgers bleiben deshalb zur Verwirklichung von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit (---> Grundwerte) weiter aufgegeben.

      Ulrich von Alemann
      Avatar
      schrieb am 16.10.02 13:17:16
      Beitrag Nr. 150 ()
      #280 von Auryn 16.10.02 12:58:24 Beitrag Nr.: 7.603.417 7603417
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      @ cakarkhan (Posting # 278):
      Definiere doch bitte "Menschlichkeit" in Bezug auf diesen Dialog AUS DIESEM THREAD:

      #109 von Seuchenvogel 15.08.02 00:40:07 Beitrag Nr.: 7.127.877 7127877
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      @Auryn
      Stattdessen zählst du in bewährter Manier die Verbrechen der Gegenseite auf, um die US-Verbrechen zu verharmlosen.
      Wenden wir uns zu den Verbrechen des Kommunismus in der Sowjetunion zu.
      Auryn, warum erzählst du uns nicht, daß Lenin und seine Kommissare Juden waren ?
      Folgendes ist mir aufgefallen: Der Anti-Amerikanismus wuchs in dem Maße, in dem der Einfluß der Juden in der US-Politik zunahm.

      Euer Seuchenvogel

      @ Seuchenvogel:
      Seuchenvogel, dann rechne mir doch mal die US-Kriegstoten vor.
      Woher hast Du denn diese tolle Information, dass Lenin Jude war? Das ist ja sogar den Brockhaus-Ausgaben im Tausendjährigen Reich zwischen 1932 und 1945 entgangen. Da hast Du wohl jemanden mit Marx und Trotzki verwechselt, hm?
      Der Anti-Amerikanismus kann ja wohl nicht stärker gewachsen sein, als er es schon in den Jahren zwischen der Kriegserklärung Hitlers an die USA und der Niederlage Nazi-Deutschlands war, oder?

      #111 von User A. 15.08.02 11:57:59 Beitrag Nr.: 7.130.517 7130517
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      #105
      Auryn,
      Ich hatte noch etwas vergessen:
      Du beklagst Dich darüber daß ich Dich verfolgte und Dich am liebsten...., na Du weißt schon, weil ich mein Posting mit
      "Goldstein oder Rubinstein - das ist hier die Frage" überschrieben hatte.
      Es ist wieder einmal ein typisches Beispiel für Deine Neigung, Deine Uminterptetationen anderen in den Mund zu legen, um sich hernach an ihnen zu delektieren:
      Du hattest uns in Deinem Thread wissen lassen, das ein "Auryn", Dein Nickname , ein Edelstein sei, und Du ihn für dich übernommen habest.
      Impliziert also die Frage nach Spezifikation (Goldstein oder Rubinstein) mehr als einen Hauch von Scherz - gar rassistische Verfolgungsabsicht?
      Wenn Du das ernsthaft meinen solltest, empfehle ich Dir, noch ein par Halbe zu trinken.


      #129 von User Am. 03.09.02 21:15:38 Beitrag Nr.: 7.277.179 7277179
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      #124
      Edelstein mag zwar ein Politologe sein - ein Rabulist ist er gewiß:
      "Nichtmenschen" - Edelstein weiß doch genau, daß es ein Lehrbuch, ein Gesetzbuch gibt, das alle anderen als die "Auserwählten" zu Nichtmenschen erklärt. Die Nichtmenschen unterfallen der Sammelbezeichnung
      "Gojim".
      Das Buch heißt "Thora".
      Selbst der Pabst, der ein wirtschaftliches Interesse am Gegenteil hatte, gutachtete für Isabella und Philipp von Spanien, daß Indianer Menschen seien.
      Die alten Religionen der Sundainseln hielten sogar die Orangs für(Wald)-Menschen.
      Wenn der Beruf des Politologen nicht gering geschätzt werden soll, sollten sie ihn wenigstens selbst ernst nehmen
      Avatar
      schrieb am 16.10.02 13:18:10
      Beitrag Nr. 151 ()
      #282 von Auryn 16.10.02 13:03:42 Beitrag Nr.: 7.603.481 7603481
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      Ach ja, und "Amtmann" hatte mir auf meine Fragen auch noch nicht zu antworten gewagt, nicht?
      Schöner Versuch, Amtmannn, aber leider zeigt das nur Deinen unfundierten Antisemitismus:
      Goi (Plural: Gojim) bedeutet ursprünglich "fremder Bauer" oder "fremdes Volk". Lediglich in neuhebräischer Rabbinersprache wurde daraus eine allgemeine Bezeichnung für alle Nichtjuden. Diese Bezeichung hat bei ultraorthodoxen Juden zusätzlich eine pejorative Bedeutung.
      Amtmannn,
      Du hast mir bisher übrigens keine Antwort auf meine Replik in Posting #130 in dem anderen Thread gegeben, in dem Du so freundlich warst, diese wohl bewusst falsche Gojim-Erklärung zu bringen:

      #130 von Auryn 04.09.02 17:15:09 Beitrag Nr.: 7.284.497 7284497
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      @ User Am.:
      Schön, daß ich mal wieder etwas von Dir lese. Da kann ich doch gleich mal die Gelegenheit ergreifen und Dich darum bitten, mir zu sagen, warum Du mich so abgrundtief haßt.
      Also, was genau hast Du gegen mich?
      Wenn ich ein Rabulist bin, dann erkläre mir doch mal, was Dich zu diesem Posting veranlaßt hatte, denn bis zum 14.08. warst du nie auf mich losgegangen:

      #86 von Am. 14.08.02 16:07:57 Beitrag Nr.: 7.123.175 7123175
      Dieses Posting: versenden | melden | drucken | Antwort schreiben
      Menschen in sozial bedränkter Lage neigen dazu, unter den Rockschößen der der Macht hervorzubellen; sie hoffen auf Aufmerksamkeit, die sie a u f den Schoß befördert - ob es sich um einen Lumpenproletarier als Streikbrecher handelt oder um einen arbeitslosen Magister, den die Aufmerksamkeit meinetwegen zu t-tv befördern soll.

      Auryn sucht einen Job, wie er in einem anderen Thread geschrieben hat.

      Bis zu diesem Posting hattest Du, Amtmannn, Dich nicht an der Diskussion beteiligt. Du hast mit diesem Posting in jenem Thread keinerlei Argumente gebracht. Du hast keinen Hinweis darauf gegeben, daß du auch nur die Absicht hast, mit mir zu diskutieren, sondern mit Deiner Wortwahl gleich nahegelegt, daß ich ein "kläffendes Etwas" bin, das vorauseilendes Mobbing betreibt, nicht wahr? Wo ist da Deine Diskussionsfähigkeit
      geblieben?
      Kein Versuch, mit mir zu sprechen - oh nein, gleich ein beleidigender Angriff aus dem "Off" heraus. War das nicht eine unprovozierte Beleidigung von Dir? Davor hast Du mit keinem einzigen Wort gezeigt, daß Du mich haßt.
      Was hat Dich zu Deinem Angriff also veranlaßt?
      Oder wie sonst soll ich dieses Posting von Dir verstehen? ...
      Wie nennst Du so ein Verhalten? Nicht vielleicht schlimmer als Rabulistik? Vielleicht ein bißchen Rufmord, um mich gleich mundtot zu machen und gar nicht erst mit mir diskutieren zu müssen?
      Erkläre mir das doch bitte mal.
      Avatar
      schrieb am 16.10.02 14:08:51
      Beitrag Nr. 152 ()
      Vielen Dank, "antigone"! :D
      Du vergißt übrigens, darauf hinzuweisen, daß diese Dialoge aus DEINEM Thread "probelme" stammen und Du niemals die antisemitischen Äußerungen dort kritisiert hast, sondern nur mich, nicht wahr?
      Avatar
      schrieb am 16.10.02 14:24:32
      Beitrag Nr. 153 ()
      @ auryn
      ich gestehe, ich bin schuldig. ich habe in der tat nicht jedes posting kommentiert, ja, möglicherweise auch nicht jedes gelesen...
      ich gestehe, gelegentlich die freveltat begangen zu haben, den einen oder anderen tag gar nicht anwesend gewesen zu sein
      und
      ich gestehe - und das ist die höhe -
      trotz unerlaubter abwesenheit nicht nachgelesen zu haben, möglicherweise, was in der zeit gepostet worden ist
      und
      ich gestehe
      manches lasse ich auch stehen, in meinen oder anderen threads, weil ich keine lust habe, die mühe scheue, es mir zu abstrus erscheint oder zu aufwändig darauf einzugehen oder was weiss ich...

      so, und nu zieh deinen rechtsanwalt hinzu und berate dich, um dann eine neue opferklage vorzubringen :D:D:D:D

      ansonsten freu ich mich heute ein weiteres mal darüber, dass du ausser jammern auch glücklich sein kannst, vor allem, wenn du es mit meinem probelm zu tun hast :laugh::laugh::laugh:


      sowas will sehr ernst genommen werden?! :laugh::laugh::laugh:




      #287 von antigone 16.10.02 13:14:52 Beitrag Nr.: 7.603.628 7603628
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      nachdem ich schon den für einige äusserst verwirrenden buchstabendreher in der überschrift habe -
      schiebe ich ein s nach.

      meine ständigen verdrehungen und verfälschungen der geforderten rechtschreibung wären sonst gänzlich unerträglich

      wußt ichs doch:
      wie herzhaft du dich immer wieder an solchen kleinigkeiten freuen kannst, das ist schön zu sehen
      Avatar
      schrieb am 16.10.02 14:32:56
      Beitrag Nr. 154 ()
      #317 von Auryn 16.10.02 14:28:45 Beitrag Nr.: 7.604.544 7604544
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      Oh, da fand ich doch gerade in meinem Thread über "Internationale Politik ..." dieses annehmbare Posting von "antigone":
      #153 von antigone [Userinfo] [Nachricht an User] 16.10.02 14:24:32 Beitrag Nr.: 7.604.494 7604494
      Dieses Posting: versenden | melden | drucken@ auryn
      ich gestehe, ich bin schuldig. ich habe in der tat nicht jedes posting kommentiert, ja, möglicherweise auch nicht jedes gelesen...
      ich gestehe, gelegentlich die freveltat begangen zu haben, den einen oder anderen tag gar nicht anwesend gewesen zu sein
      und
      ich gestehe - und das ist die höhe -
      trotz unerlaubter abwesenheit nicht nachgelesen zu haben, möglicherweise, was in der zeit gepostet worden ist
      und
      ich gestehe
      manches lasse ich auch stehen, in meinen oder anderen threads, weil ich keine lust habe, die mühe scheue, es mir zu abstrus erscheint oder zu aufwändig darauf einzugehen oder was weiss ich...


      Na also! Mehr wollte ich doch gar nicht hören.
      War das denn so schwer?
      Jetzt bin ich nur noch gespannt, ob wir jemals auch so etwas von "Deep Thought" lesen werden!?
      Avatar
      schrieb am 16.10.02 14:34:20
      Beitrag Nr. 155 ()
      #311 von antigone 16.10.02 14:13:54 Beitrag Nr.: 7.604.346 7604346
      Dieses Posting: versenden | melden | drucken
      auryn.
      hast du dir über das von deep thought dankenswerterweise ausgegrabene posting schon mal ernsthaft gedanken gemacht?

      #95 von Guerilla Investor 14.08.02 16:33:07 Beitrag Nr.: 7.123.559 7123559
      Auryn ...

      Du hast eine eigenartige Art entwickelt, den Leuten die
      Happen schmackhaft in den Mund zu legen, die du ihnen dann
      kurz vor dem Zuschnappen ungenießbar machst, um sie dann
      unter genüßlichem Schmatzen selber zu vertilgen ...

      Es ist hier leider bei vielen weit verbreitete Eigenart, dem
      geschriebenen Wort anderer User gern das zu unterstellen,
      was man für sich selber gern herauslesen möchte

      Das führt dann meist zu Monologen und nicht zur Diskussion.


      kann gar nicht sein. wobei die intelligiblen möglichkeiten bei derartigen einsichten gelegentlich nicht den wirklichen hinderungsgrund darstellen.

      so, und nu sei so gut und versuche wenigstens mal, deinen wiederholten versprechungen zu folgen, obwohl es dazu einiger fähigkeiten bedarf, über die du offensichtlich nicht verfügst. sogar dein geläuterter freund xylophon bittet dich inständig darum
      Avatar
      schrieb am 16.10.02 14:59:25
      Beitrag Nr. 156 ()
      #339 von Albatossa 16.10.02 14:56:16 Beitrag Nr.: 7.604.877 7604877
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      Nur zum einwerfen!

      Der Saddam wurde bei der Wahl zu 100% vom Volk bestätigt!

      Wenn da nicht biologische Waffen eingesetzt wurden!

      #338 von Auryn 16.10.02 14:55:28 Beitrag Nr.: 7.604.865 7604865
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      Und dabei habe ich das noch gar nicht gemerkt, obwohl ich doch so ein Fan von Michael Ende bin...

      #337 von Auryn 16.10.02 14:54:41 Beitrag Nr.: 7.604.846 7604846
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      P.S.: "Momo" kommt in einem meiner Threads vor?
      Avatar
      schrieb am 16.10.02 15:27:29
      Beitrag Nr. 157 ()
      @ antigone:
      Du hast vergessen, weiter zu zitieren:
      #340 von Auryn [Userinfo] [Nachricht an User] 16.10.02 15:01:38 Beitrag Nr.: 7.604.943 7604943
      Dieses Posting: versenden | melden | drucken@ Albatossa:
      Ist das wirklich Dein Ernst? Saddam Hussein ist es gelungen, 100%ig "wiedergewählt" zu werden?
      Na, da gratulier` ich ihm aber schön. <http://img.wallstreet-online.de/smilies/biggrin.gif>
      Sogar unter Enver Hoxha in Albanien ist es nie gelungen, eine 100%ige Zustimmung in der Politik zu erreichen.
      Immer gab es bisher irgendwelche Unglücksraben, die eine 100%ige Zustimmung verhunzt haben; z.B. überraschende Krankheiten oder Unfälle auf dem Weg zur Wahlurne.
      Die letzte Hoxha-Wahl in Albanien brachte es so auch nur auf 99,99998 Prozent Zustimmung, weil zwei Leute auf dem Weg zum Wahllokal in den albanischen Bergen abgestürzt waren.
      Aber das Volk hielt diese glorreichen beiden Helden immer im Gedenken am Leben...
      Avatar
      schrieb am 16.10.02 18:59:34
      Beitrag Nr. 158 ()
      dot.com
      Avatar
      schrieb am 16.10.02 19:05:36
      Beitrag Nr. 159 ()
      Auryn #157,
      eine ganz wesentliche Anmerkung: Du hast beim Smilie das hintere /img vergessen.
      Ich bin so freundlich, es zu liefern:
      Avatar
      schrieb am 10.11.02 12:12:00
      Beitrag Nr. 160 ()
      @ WilmaFeuerstein:
      Jetzt habe ich doch tatsächlich vergessen, Deinen Hinweis vom 16.10. zu verifizieren bzw. zu beantworten: Wenn ich mich noch recht erinnere, hatte ich das "img" nicht etwa vergessen, sondern es verschwand während des Kopierens im virtuellen Nirvana. Ich werde das Geheimnis des verschwundenen "img" jetzt zu lüften versuchen, indem ich es einmal normal einfüge und danach zu kopieren versuche:
      Test 1: ;)
      Avatar
      schrieb am 10.11.02 12:14:59
      Beitrag Nr. 161 ()
      Es folgt nun der wissenschaftliche "Test 2": Ich habe die letzte Zeile meines vorhergehenden Postings sowie Deine erste Zeile teilweise kopiert und füge nun beides gemeinsam hier ein:
      Test 1: <http://img.wallstreet-online.de/smilies/wink.gif>
      <http://img.wallstreet-online.de/dgreen.gif>
      #159 von WilmaFeuerstein [Userinfo]
      Avatar
      schrieb am 10.11.02 12:19:00
      Beitrag Nr. 162 ()
      Theoretisch bewiesene Konklusion der vorherigen zweiteiligen Testreihe:
      Ich habe das Smiley keineswegs vergessen, sondern den Umstand mißachtet bzw. nicht gekannt, daß man ein durch "; plus )" eingegebenes ;) nicht kopieren kann, weil es nur unvollkommen übertragen wird.
      Meine Frage an das interessierte Fachpublikum wäre nun, warum man ein einfaches ;) nicht einfach kopieren kann:
      Also: Warum nicht?
      Kann mir jemand eine möglichst einleuchtende Erklärung hierfür liefern?
      Vielen Dank im voraus! ;)
      Euer Auryn
      Avatar
      schrieb am 19.12.02 12:27:56
      Beitrag Nr. 163 ()
      DAS WAFFENDOSSIER IRAKS: DIE LISTE AUSLÄNDISCHER ZULIEFERFIRMEN
      Die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats wollen die in dem Rüstungsbericht Iraks aufgeführten Namen von Zulieferfirmen unter Verschluss halten. Der Grund: Ihre maßgebliche Verantwortung für die Aufrüstung Iraks soll geheim bleiben. Die taz veröffentlicht die Firmennamen:


      USA
      1 Honeywell (R, K)

      2 Spectra Physics (K)

      3 Semetex (R)

      4 TI Coating (A, K)

      5 Unisys (A, K)

      6 Sperry Corp. (R, K)

      7 Tektronix (R, A)

      8 Rockwell (K)

      9 Leybold Vacuum Systems (A)

      10 Finnigan-MAT-US (A)

      11 Hewlett-Packard (A, R, K)

      12 Dupont (A)

      13 Eastman Kodak (R)

      14 American Type Culture Collection (B)

      15 Alcolac International (C)

      16 Consarc (A)

      17 Carl Zeiss - U.S (K)

      18 Cerberus (LTD) (A)

      19 Electronic Associates (R)

      20 International Computer Systems (A, R, K)

      21 Bechtel (K)

      22 EZ Logic Data Systems, Inc. (R)

      23 Canberra Industries Inc. (A)

      24 Axel Electronics Inc. (A)

      Zusätzlich zu diesen 24 Firmen mit Stammsitz USA werden in dem irakischen Rüstungsbericht knapp 50 Tochterfirmen ausländischer Unternehmen aufgeführt, die ihre Rüstungskooperation mit dem Irak von den USA aus betrieben. Außerdem werden die Washingtoner Ministerien für Verteidigung, Energie, Handel und Landwirtschaft sowie die Atomwaffenlaboratorien Lawrence Livermore, Los Alamos und Sandia als Zulieferer für Iraks Rüstungsprogramme für A-, B- und C-Waffen sowie für Raketen benannt.

      China
      1 China Wanbao Engineering Company (A, C, K)

      2 Huawei Technologies Co. Ltd (K)

      3 China State Missile Company (R)

      Frankreich
      1 Commissariat a lEnergie Atomique (A)

      2 Sciaky (A)

      3 Thomson CSF (A, K)

      4 Aerospatiale and Matra Espace (R)

      5 Cerbag (A)

      6 Protec SA (C)

      7 Thales Group (A)

      8 Societé Général pour les Techniques Nouvelles (A)

      Großbritannien
      1 Euromac Ltd-Uk (A)

      2 C. Plath-Nuclear (A)

      3 Endshire Export Marketing (A)

      4 International Computer Systems (A, R, K)

      5 MEED International (A, C)

      6 Walter Somers Ltd. (R)

      7 International Computer Limited (A, K)

      8 Matrix Churchill Corp. (A)

      9 Ali Ashour Daghir (A)

      10 International Military Services (R) (im Besitz des brit. Verteidigungsministeriums)

      11 Sheffield Forgemasters (R)

      12 Technology Development Group (R)

      13 International Signal and Control (R)

      14 Terex Corporation (R)

      15 Inwako (A)

      16 TMG Engineering (K)

      17 XYY Options, Inc (A)

      UdSSR/Russland
      1 Soviet State Missile Co. (R)

      2 Niikhism (R)

      3 Mars Rotor (R)

      4 Livinvest (R)

      5 Russia Aviatin Trading House (K)

      6 Amsar Trading (K)

      Weitere Länder

      Japan:
      Fanuc (A), Hammamatsu Photonics KK (A), NEC (A), Osaka (A), Waida (A)

      Niederlande: Melchemie B.V. (C), KBS Holland B.V. (C), Delft Instruments N.V. (K)

      Belgien: Boehler Edelstahl (A), NU Kraft Mercantile Corporation (C), OIP Instrubel (K), Phillips Petroleum (C), Poudries Réunies Belge SA (R), Sebatra (A), Space Research Corp. (R)

      Spanien: Donabat (R), Treblam (C), Zayer (A)

      Schweden: ABB (A), Saab-Scania (R)

      Erklärung:
      A = Atomwaffenprogramm, B = Biologisches Waffenprogramm, C = Chemiewaffenprogramm, R = Raketenprogramm, K = Konventionelle Waffen, militärische Logistik, Zulieferungen an das irakische Verteidigungsministerium und Bau militärischer Anlagen
      taz Nr. 6934 vom 19.12.2002, Seite 3, 36 Zeilen (TAZ-Bericht)





      Blühende Geschäfte
      In sämtlichen Rüstungsbereichen haben Firmen aus den fünf ständigen Ratsländern Irak unterstützt


      von ANDREAS ZUMACH
      Die umfangreichen Informationen über die Zulieferungen und die Unterstützung ausländischer Firmen, Laboratorien und Regierungen für die Aufrüstung Iraks seit Mitte der Siebzigerjahre in dem Bericht Bagdads an den UNO-Sicherheitsrat sollen nach dem Willen seiner fünf ständigen Mitglieder unter Verschluss bleiben.

      Selbst den zehn nichtständigen Mitgliedern des Rates - zu denen ab 1. Januar auch Deutschland gehören wird - wurden die beschaffungsrelevanten Teile des Berichts vorenthalten. Mit dieser Entscheidung wollen die USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien ihre maßgebliche, zum Teil bis heute fortdauernde Verantwortung für die Aufrüstung Iraks weiterhin geheim halten.

      Deshalb veröffentlicht die taz heute die Namen der Firmen aus den fünf ständigen Ratsstaaten, die im irakischen Rüstungsbericht aufgeführt sind, sowie die von Firmen aus einigen der zahlreichen anderen Staaten, aus denen sich Parlamentarier und Journalisten in den letzten zwei Tagen mit der Bitte um die entsprechenden Informationen bei der taz gemeldet haben.

      Ausländische Unternehmen haben zu dem atomaren Rüstungsprogramm Iraks unter anderem Bauteile, zum Beispiel für eine Urananreicherungsanlage, geliefert. Darüber hinaus Zünder, Elektronik und Spaltmaterial. Auch erhielt Bagdad Know-how und Maschinen, um bestimmte Spezialteile für das A-Waffen-Programm im eigenen Lande zu produzieren. Des Weiteren wurden irakische Atomtechniker im Ausland geschult.

      Bei der ausländischen Förderung der irakischen C-und B-Waffen-Programme ging es in erster Linie um die Lieferung von Grundsubstanzen sowie um Hilfe bei der Errichtung von Produktionsanlagen im Irak.

      Das irakische Raketenprogrogramm erhielt - nach der ursprünglichen Lieferung von Scud-Raketen aus der inzwischen untergegangenen Sowjetunion - Unterstützung von westlichen wie östlichen Firmen für die Reichweitenverlängerung der Scud-Raketen, für ihre Bestückung mit atomaren, chemischen oder biologischen Sprengköpfen sowie für die Entwicklung einer neuen Raketengeneration. Außerdem wurden Fahrzeuge geliefert, die als mobile Abschussrampe für die Scuds dienten.


      Im konventionellen Bereich erhielt das irakische Regime aus dem Ausland komplette Waffensysteme sowie Maschinen und Anlagen zur Aufnahme einer eigenen Produktion. Unter dem Bereich "konventionell" sind bei den Listen der Firmen (siehe rechts auf dieser Seite) auch ausländische Lieferungen an das Verteidigungsministerium in Bagdad sowie die bauliche Errichtung von Produktionsanlagen aufgeführt.

      taz Nr. 6934 vom 19.12.2002, Seite 3, 63 Zeilen (TAZ-Bericht), ANDREAS ZUMACH

      Hubschrauberteile und Prozessortechnologie
      Russische und chinesische Firmen betrieben auch nach dem Golfkrieg von 1991 noch direkte Rüstungskooperation mit Irak

      GENF taz Unternehmen aus mindestens zwei der fünf ständigen Mitglieder des UNO-Sicherheitsrates - Russland und China - betrieben unter Verstoß gegen die einschlägigen Resolutionen der Vereinten Nationen auch noch nach dem Golfkrieg vom Frühjahr 1991 beziehungsweise seit Abzug der UNO-Inspektionsteams (Unscom) Mitte Dezember 1998 direkte Rüstungskooperation mit dem Irak. Firmen aus den USA waren daran möglicherweise indirekt beteiligt. Das geht aus dem Bericht des Irak an den UN-Sicherheitsrat hervor, dessen beschaffungsrelevante Passagen der taz vorliegen.

      Im Falle Russlands handelt es sich um die drei Firmen Livinvest, Mars Rotor und Niikhism. Livinvest bereitete 1995 mit Hilfe der libanesischen Firma Amsar Trading den Export von Ausrüstung und Ersatzteilen für russische Militärhubschrauber vom Typ M-17 in den Irak. Dieser Hubschraubertyp gehört zur Standardausrüstung der irakischen Streitkräfte. Die Unscom stieß ausweislich ihrer internen Unterlagen auf Dokumente, die die Vorbereitung des Exports belegen.

      Ob der Export der russischen Rüstungsgüter schließlich stattgefunden hat oder nicht, geht weder aus dem irakischen Rüstungsbericht noch aus den Unscom-Dokumenten eindeutig hervor. Die russischen Unternehmen Mars Rotor und Niikhism verkauften im April 1995 Bauteile für Langstreckenraketen an einen palästinensischen Mittelsmann, der sie Ende Juli 1995 nach Bagdad transportierte.

      Die chinesische Firma Huawei Technologies Co. rüstete in den Jahren 2000 und 2001 unter Verstoß gegen die UNO-Sanktionen irakische Luftabwehranlagen mit hochmodernen Fiberglasanlagen aus. Die Firma ist eines von Chinas führenden Unternehmen auf dem Gebiet der Kommunikationstechnologie.

      Im Jahr 2000 unterzeichneten die US-Unternehmen IBM und AT&T Verträge mit Huawei Technologies Co. über die Lieferung von Prozessortechnologie, Chips und elektronischen Schaltern sowie zur "Optimierung" der Produkte des chinesichen Konzerns. Es kann zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass auf diesem Umweg US-amerikanische Technologie und US-Know-how in die Verbesserung der irakischen Luftabwehranlagen eingeflossen sind.

      ANDREAS ZUMACH

      taz Nr. 6934 vom 19.12.2002, Seite 3, 53 Zeilen (TAZ-Bericht), ANDREAS ZUMACH
      Avatar
      schrieb am 20.12.02 09:42:53
      Beitrag Nr. 164 ()
      Ich finde, dieser Artikel passt doch wunderbar zumThema dieses Threads:


      "Internationale Politik, Moral und monokausale Historien-Malerei" :laugh:

      Wenn es Moral und Ethik nicht schaffen - der Fundamentalismus des Geldes und der Gier wird es vielleicht ersatzweise schaffen. Über den Tod von Hunderttausenden von Menschen entschiedet evtl. einzig, ob der Krieg für die USA ein "WACHSTUMSHINDERNIS" darstellt. Deutlicher geht es nicht mehr.

      Ein Prominenter Demonstrant gegen den Irak-Krieg taucht aus dem "Off" auf.... ein Glück, daß Kriege geld kosten.... das hat die UDSSR seinerzeit ihre Existenz gekostet...

      SPIEGEL ONLINE - 20. Dezember 2002, 7:47
      URL: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,228135,00.html
      US-Wirtschaft

      Greenspan warnt vor Irak-Krieg

      Die US-Wirtschaft ist nach Einschätzung von US-Notenbankchef Alan Greenspan dabei, ihre Schwächephase zu überwinden. Der Präsident der Federal Reserve deutete jedoch an, dass ein Krieg gegen Saddam Hussein Gift für die Konjunktur wäre.



      Sieht die geopolitischen Risiken als Wachstumshemmnis: Alan Greenspan


      New York - Ohne die Irak-Krise beim Namen zu nennen, sagte Greenspan bei einer Rede vor dem New Yorker Wirtschaftsclub, die jüngste Zunahme geopolitischer Risiken würde die Nachfrage dämpfen. Ein Nachlassen der Risiken würde eine bedeutende Rolle bei der Belebung der Wirtschaft spielen, fügte er hinzu. Diese stellten eine "bedeutende Barriere" für Investitionen dar. Angesichts der zunehmenden Furcht vor einem Krieg der USA gegen Irak waren am Donnerstag die Ölpreise nahe an ihre höchsten Stände seit rund zwei Jahren geklettert.

      Es ist ungewöhnlich, dass sich der einflussreiche Notenbanker so deutlich zu den Risiken eines immer wahrscheinlicher werdenden Feldzugs der USA gegen den Irak äußert. Bedeutsam sind Greenspans Äußerungen auch vor dem Hintergrund der Diskussion unter amerikanischen Wirtschaftswissenschaftlern darüber, wie sich ein Krieg unter dem Strich auf die US-Wirtschaft auswirkt.

      Einige Experten, etwa der Yale-Professor William Nordhaus, warnen vor den erheblichen finanziellen Risiken eines Krieges. Dagegen glaubt Lawrence Kudlow, ehemaliger Berater des Ex-Präsidenten Ronald Reagan, dass ein Krieg der US-Wirtschaft helfe. In einem Kommentar mit dem Titel "Den Markt mit Gewalt zurückerobern" zeigte er sich sogar zuversichtlich, dass der Krieg den Dow Jones "um ein paar tausend Punkte" anheben könnte.


      Verhaltener Aufwärtstrend

      Greenspan sagte, nach der Zinssenkung im November gebe es Anzeichen dafür, dass sich die US-Wirtschaft von der leichten Schwächephase erhole. Die Fed hatte Anfang November den Leitzins überraschend deutlich um 50 Basispunkte auf 1,25 Prozent gesenkt und dies damit begründet, der US-Konjunktur solle durch ihre "leichte Schwächephase" geholfen werden.

      Einige Wirtschaftsexperten haben ihre Besorgnis darüber ausgedrückt, dass der US-Wirtschaft eine Deflation drohen könnte, wie sie Japan in den vergangenen Jahren getroffen hat. Greenspan sagte hierzu, die USA seien nicht nahe dran, in eine schädliche Deflation abzugleiten. Selbst im Fall einer Deflation gebe es Möglichkeiten dieser mit einer aggressiven Finanzpolitik zu begegnen.

      Durch eine starke Zunahme der Arbeitsproduktivität und niedrigere Steuern würden sowohl Einkommen als auch Ausgaben erhöht. Seit Oktober hätten sich zudem die Bedingungen für Finanzmärkte der USA verbessert. So seien etwa die allgemeinen Kapitalkosten deutlich gesunken und in den vergangenen Wochen die Herausgabe von Anleihen aller Arten gestiegen. Der Lage am Arbeitsmarkt sei aber weiter gedämpft und auch größere Investitionen würden zurückgehalten, bis die Gewinne wieder stiegen.

      Von Thomas Hillenbrand

      · Wirtschaft gegen Irak-Krieg: "Geschäfte mit Leichensäcken (Archiv) (14.10.2002)
      http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,218179,00.html

      · Irak-Krieg: Töten für den Dow (Archiv) (25.09.2002)
      http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,215561,00.html





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      Avatar
      schrieb am 23.12.02 00:31:38
      Beitrag Nr. 165 ()
      Zum Thema Rsssismus in den USA:
      Da hält seit über 20 Jahren ein republikaner reden, die ihn in Deutschland ins Gefängnis bringen würden -in den USA haben sie ihn 20 Jahre in den Senat gebracht ....

      Das hätte mal in deutschland passieren müssen... wo bleiben eigentlich die empörten Äusserungen Friedmanns und des Zentralverbandes der Juden in Deutschland ???

      Wohl auf einem Auge blind?


      Aus für den Chef der Republikaner
      Nach rassistischen Äußerungen und Kritik von Präsident Bush kündigt der Fraktionschef der Republikaner im US-Senat, Trent Lott, seinen Rücktritt an. Seine Partei bemüht sich um Schadensbegrenzung und hofft auf das Kurzzeitgedächtnis der Wähler


      aus Washington MICHAEL STRECK
      Es waren nur drei Sätze, doch sie genügten, um Trent Lott ins politische Abseits zu stoßen und eine hitzige Rassismusdebatte zu entfachen: Der republikanische Mehrheitsführer im US-Senat sagte, die USA hätten heute viele Probleme weniger, wenn der Rassist Strom Thurmond 1948 Präsident geworden wäre. Vergangenen Freitag kündigte Lott seinen Rücktritt als Fraktionschef an.

      Strom Thurmond ist der älteste und dienstälteste Senator der USA und stammt wie Lott aus dem Bundesstaat Mississippi. Vor zwei Wochen feierte er seinen 100. Geburtstag. Auf der Rednerliste stand auch sein Parteifreund und Anführer der republikanischen Mehrheit im Senat, Trent Lott. "Als Strom Thurmond bei der Präsidentenwahl antrat, wählten wir ihn. Wäre uns der Rest des Landes gefolgt, hätten wir diese Probleme in all den Jahren nicht gehabt", sagte Lott.

      Als Strom Thurmond 1948 gegen Präsident Harry Truman antrat, war er Chef der "Dixiecrats", einer Partei, die sich von der damals in den Südstaaten dominierenden Demokratischen Partei abgespalten hatte. Ihr Wahlprogramm hatte im Wesentlichen eine Botschaft: Die Rassentrennung sollte beibehalten werden. "Alle Soldaten unserer Armee könnten die Südstaatler nicht dazu zwingen, die Rassentrennung aufzugeben und Neger in unseren Theatern, Schwimmbädern, Häusern und Kirchen zu dulden", wird Thurmond damals zitiert.

      Die Situation für Lott wurde immer prekärer, nachdem Zeitungen in seiner Vergangenheit forschten und unrühmliche Äußerungen und Einstellungen zu Tage förderten. 1980, bei einer Wahlveranstaltung des damaligen Präsidentschaftskandidaten Ronald Reagan, hatte Lott einen ähnlichen Satz fallen lassen: "Hätten wir Thurmond vor 30 Jahren gewählt, würden wir heute nicht in einem solchen Dreck stecken." Außerdem hatte er Verbindungen zum "Rat Konservativer Bürger", einem rassistischen Verein, der die Erhaltung der weißen Rasse propagierte. Es gab 1999 sogar einen Antrag an die Ethikkommission des US-Senats, Lott nicht Senator werden zu lassen, der abgewiesen wurde.

      Präsident Bush dürfte vor wenigen Tagen das "Todesurteil" gefällt haben, wie die Washington Post befand. Während einer Rede, die Bush nicht umsonst vor einem schwarzen Publikum von religiösen Führern in Philadelphia hielt, äußerte er scharfe Kritik. Lotts Äußerungen seien "verletzend" und "entsprechen nicht dem Geist unseres Landes".

      Der Zorn vieler Republikaner war verständlich, denn die Debatte zwang der Republikanischen Partei insgesamt eine unangenehme Diskussion über ihre politischen Wurzeln auf. "Die Tatsache, dass der Rassengedanke für den Erfolg der modernen Republikanischen Partei eine Rolle spielte, kann nicht bestritten werden. Sie ist unwiderlegbar", schrieb die New York Times. "Und das wird bis heute nicht von der Partei anerkannt."

      Dabei war es gerade Bush, der dieses Image der Republikaner erfolgreich abzustreifen versuchte. Er warb in seinem Wahlkampf besonders um die Stimmen von Schwarzen. Nun macht sich im Weißen Haus Angst breit, dass Schwarze und andere Minderheiten den Republikanern wieder den Rücken kehren. Die Regierung hofft, dass jetzt die Debatte verebbt. Indem Lott das Handtuch warf, verhinderte er zudem Schlimmeres für sich und seine Partei: Schon forderten Abgeordnete und Kommentatoren bei einem Andauern der Krise sein Ausscheiden von allen politischen Ämtern. Dann könnte der Gouverneur von Mississippi, ein Demokrat, einen neuen Senator bestimmen. Dies wäre mit Sicherheit ein Demokrat. Damit gebe es im Senat erneut eine Pattsitutation von 50:50.

      taz Nr. 6937 vom 23.12.2002, Seite 10, 121 Zeilen (TAZ-Bericht), MICHAEL STRECK
      Avatar
      schrieb am 23.12.02 12:16:58
      Beitrag Nr. 166 ()
      EU-Zahlungen an Arafat auf dem Prüfstand
      Mehrere Fraktionen im Europaparlament wollen die Millionenzahlungen der EU an Jassir Arafat genau unter die Lupe nehmen
      Brüssel - Es gebe schwer wiegende Hinweise darauf, dass mit der direkten Haushaltshilfe an die Palästinenserbehörde in Höhe von zehn Millionen Euro pro Monat terroristische Aktionen gegen Israel unterstützt würden. Nach Erkenntnissen der Parlamentarier müssen die rund 120.000 Beschäftigten von Arafats Behörde „eine Fatah-Abgabe“ in Höhe von bis zu zwei Prozent ihres Gehaltes leisten. Die Fatah hatte sich in der Vergangenheit zu mehreren Selbstmordanschlägen in Israel bekannt. Es gebe einen regelrechten „Verschleierungsmechanismus“ in der Palästinenserbehörde, heißt es in einem Dokument. Abgeordnete aus sechs Fraktionen suchen derzeit nach der nötigen Unterstützung für einen Untersuchungsausschuss, der die illegale Verwendung der EU-Millionen prüfen soll. Die deutschen Abgeordneten von CDU und CSU wollen dagegen erreichen, dass die EU-Unterstützung nur zweckgebunden an die Palästinenser fließt. mdl.
      Avatar
      schrieb am 23.12.02 13:41:24
      Beitrag Nr. 167 ()
      Interessanter, lesenwerter Artikel zur US-Strategie der letzten 20 JAhre im NAhen Osten:


      http://www.heise.de/tp/deutsch/special/irak/13833/1.html


      .
      Avatar
      schrieb am 23.12.02 15:35:30
      Beitrag Nr. 168 ()
      Deep Thought,
      SEHR interessant. Warum sagt eigentlich niemand etwas dazu? Kuschen wir jetzt vor Bin Laden oder vor George Bush?

      Wilma, höchst übelgestimmt. :mad:
      Avatar
      schrieb am 23.12.02 15:47:55
      Beitrag Nr. 169 ()
      schöne Auflistung der Unternehmen DT, hatte HP Aktien, habe ich damit den Irak unterstützt? :confused:
      Avatar
      schrieb am 23.12.02 15:57:49
      Beitrag Nr. 170 ()
      Einige Ergänzungen fand ich in Le Monde:

      <• LE MONDE | 19.12.02 | 13h52
      Les entreprises mises en cause par Bagdad
      Le rapport implique ceux qui l`ont armé de la fin des années 1970 à 1991.
      Le document de Bagdad sur ses armements de destruction massive, remis à l`ONU et à l`Agence internationale pour l`énergie atomique (AIEA) de Vienne, dresse un inventaire des entreprises étrangères qui, depuis plusieurs années et, souvent, avant 1991, ont aidé les Irakiens dans leur effort de guerre.

      Selon le journal allemand Tageszeitung qui date son article de Genève, ces fournisseurs ont œuvré normalement depuis leurs pays d`origine, mais certaines, à l`époque, avaient détaché en Irak des représentations techniques et commerciales.

      C`est le cas des Etats-Unis, de l`Allemagne, de la France, de la Chine, du Royaume-Uni ou de la Russie. Ce n`est qu`après la guerre du printemps 1991, consécutive à l`invasion du Koweït par Saddam Hussein, qu`une résolution de l`ONU a établi des embargos contre l`Irak.

      Mais, selon le journal de Berlin, Bagdad signalerait que trois entreprises russes et une société chinoise ont enfreint ces interdictions.

      La liste fournie par Bagdad cite 84 groupes et instituts de recherche allemands, 24 sociétés américaines et 55 autres dont le siège est aux Etats-Unis mais qui ont des capitaux étrangers, 17 entreprises britanniques, 8 françaises, 4 ex-soviétiques et 3 chinoises. D`autres sociétés établies au Japon, aux Pays-Bas, en Belgique, Espagne, Brésil et en Suède sont recensées, en moindre nombre.

      Pour ce qui est des entreprises françaises, il s`agirait du Commissariat à l`énergie atomique (CEA), pour sa livraison d`un réacteur nucléaire (baptisé Osirak) que les Israéliens ont bombardé en 1981 de leur propre initiative ; de la société Sciaky, pour la fourniture de structures en acier ; de l`ancien Thomson-CSF (actuellement Thales), pour la technologie des radars entre 1980 et 1985 ; des sociétés Aerospatiale et Matra, pour des systèmes optiques, à infrarouge et pour des équipements satellitaires; de l`entreprise Cerbag, dans le domaine des réacteurs à uranimu enrichi, entre 1976 et 1981 ; de la société Protec, associée à des producteurs allemands, pour des équipements chimiques ; de l`actuel groupe Thales, pour la fourniture de matériels électroniques et la présence de représentants sur place en 1991; et de la Société générale pour les techniques nouvelles, dans les années 1970, pour le centre nucléaire de Touwaitha, à 300 km au sud de Bagdad, spécialisé dans le processus d`enrichissement de l`uranium et partiellement détruit lors de la campagne aérienne de 1991.

      DES NOMS ET DES DÉTAILS

      Un autre journal allemand, Die Tag, a indiqué, de son côté, que des firmes d`outre-Rhin, telles que Daimler-Chrysler, Siemens ou Preussag, ont commercé avec Bagdad. Mis en cause, Daimler-Chrysler a affirmé qu`il n`avait pas eu de transactions à des fins militaires, mais qu`il s`était agi de la vente de camions et de pièces automobiles.

      C`est le cas, aussi, de Renault et de Peugeot qui ont été en négociations pour des véhicules civils et des camions dans le cadre des accords "Pétrole contre nourriture" appliqués par l`ONU. Cependant, des sources britanniques ont rapporté que des semi-remorques civils français avaient été transformés par les Irakiens pour servir de laboratoires mobiles d`armes chimiques, voire de véhicules-érecteurs et lanceurs de missiles.

      Des fournisseurs allemands et suisses sont également mis en avant dans les 709 pages du document de Bagdad relatives à la mise au point, puis à la production de missiles, armés de charges classiques, et de munitions diverses. De même, le groupe allemand H&H Metallform, si l`on en croit une source américaine, aurait contribué à permettre aux Irakiens d`acquérir les connaissances nécessaires à l`ultra-centrifugation, qui est l`un des procédés, avec la méthode par isotopes, pour enrichir l`uranium. En 1993, un tribunal allemand avait condamné à deux ans de prison deux employés de H&H Metallform accusés d`avoir aidé les Irakiens en la matière.

      La plupart des fournisseurs étrangers de l`Irak ont, de fait, été identifiés de longue date. Nombre d`entre eux, après les bombardements et l`attaque terrestre du printemps 1991 contre l`Irak, avaient déjà été cités dans la presse internationale. Mais c`est apparemment la première fois que les autorités irakiennes dévoilent un état aussi précis et détaillé, sinon exhaustif de l`assistance reçue dans des domaines d`activités duales (civiles à l`origine, mais militaires quand elles sont détournées).

      Ainsi, Saddam Hussein a cherché à impliquer, pour leurs actions passées, des pays qui lui reprochent aujourd`hui de s`être armé.

      Jacques Isnard

      • ARTICLE PARU DANS L`EDITION DU 20.12.02>

      Wilma, kriegsunlustig. :eek:
      Avatar
      schrieb am 23.12.02 15:59:23
      Beitrag Nr. 171 ()
      Avatar
      schrieb am 26.12.02 19:45:11
      !
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      Avatar
      schrieb am 26.12.02 20:25:12
      Beitrag Nr. 173 ()
      Irgendwie ist mir so als könne ich mich düster erinnern, es wäre ursprünglich um den "Kampf gegen den Terror" gegangen??? :(
      Avatar
      schrieb am 26.12.02 20:46:47
      Beitrag Nr. 174 ()
      Weiß eigentlich noch jemand, wer das ist:
      ?
      Avatar
      schrieb am 26.12.02 21:44:06
      Beitrag Nr. 175 ()
      Ist es schon aufgefallen, daß Condoleezza Rice sich nicht mehr äußert, allenfalls Colin Powell? Ist es auch aufgefallen, daß die Websites bestimmter Nachrichtendienste und ausländischer Zeitungen nicht mehr aufrufbar sind?
      Daraus muß man wohl schließen:
      EQUAL GOES IT LOOSE. :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 26.12.02 21:50:24
      Beitrag Nr. 176 ()
      Haben die USA den Feind längst im Nacken?

      "Canada Home for Al Quaida Cells" (www.ap.org < news < world)
      Avatar
      schrieb am 26.12.02 22:05:39
      Beitrag Nr. 177 ()
      FBI schnüffelt an Unis
      Daten ausländischer Lehrer und Studenten angefordert. Bürgerrechtler klagen wegen Massenfestnahmen


      WASHINGTON rtr/dpa Die US-Bundespolizei FBI hat einem Bericht der Washington Post zufolge bei Universitäten Daten ausländischer Lehrer und Studenten angefordert, um so nach Verbindungen zu mutmaßlichen Terroristen zu suchen.

      Im November hätten FBI-Büros begonnen, bei Hochschulen und Unis um Namen, Adressen, Telefonnummern, Staatsangehörigkeit, Geburtstag und -ort sowie ausländischen Kontaktadressen von ausländischen Studenten und Dozenten zu bitten, so die Post am Mittwoch. Sie sollten mit Daten abgeglichen werden, die eine Antiterrorarbeitsgruppe des Justizministeriums gesammelt habe. Das FBI habe es abgelehnt, die Zahl der kontaktierten Hochschulen und Universitäten zu nennen, berichtete die Zeitung weiter. Für die Hochschulen seien die Angaben freiwillig, FBI und Justizministerium seien aber der Ansicht, dass die Betroffenen nicht informiert werden müssten.

      Unterdessen haben vier US-Bürgerrechtsgruppen die Regierung wegen der Massenfestnahme von Einwanderern verklagt. Die vornehmlich gegen Immigranten aus Iran gerichtete Aktion sei illegal, erklärten die Gruppen in ihrer am Dienstag eingereichten Klage. Als Folge der Terroranschläge des 11. September 2001 müssen sich Immigranten aus bestimmten Ländern besonders registrieren lassen. Für Iraner, Iraker, Syrer, Sudanesen und Libyer lief die Frist am 16. Dezember ab. Rund 450 Menschen aus diesem Kreis waren meist in Kalifornien festgesetzt worden.
      Avatar
      schrieb am 27.12.02 12:11:15
      Beitrag Nr. 178 ()
      @Wilma

      das Osama Ding entwickelt sich noch zur peinlichsten Aktion für die Amerikaner. Ist die Frage, ob sie den Saddam dingfest machen können, wenn sie einmarschieren sollten, stark zu bezweifeln :D :D , irgendjemand muss den Kopf hinhalten, wenn nicht osama, dann saddam :laugh:
      Avatar
      schrieb am 27.12.02 14:34:13
      Beitrag Nr. 179 ()
      Deepthought,

      ich halte das für eine zwar unangenehme, aber logische Konsequenz. Angesichts des Geschehenen kann auch niemand Einschränkungen der Toleranz gegenüber bestimmten Ausländergruppen verübeln. Der Mißbrauch der Erlaubnis zum Studium in einem Gastland (was würde ein Araber wohl zu solchem Mißbrauch in seinem eigenen Lande sagen?? Ich bin der Ansicht, daß gerade der Begriff "Gast" bzw. Gastgeber dort eine schwerwiegende Bedeutung im Sinne des gewährten Vertrauens hat) ist über die Tat hinaus verwerflich - zum einen, weil eben gerade die auf diesem Wege gewonnenen Kenntnisse zum Schaden des Gebers verwendet werden, zum anderen, nebenbei gesagt, auch durch die Besetzung eines der doch "abgezählten" Studienplätze an sich. Es wird in Gesprächen über dieses Thema immer wieder argumentiert, daß man "Ausländer", "Araber" oder welche Gruppe man immer benennt, nie allgemein verurteilen dürfe. Leider aber sind die Bösewichte nicht allein vom Ansehen her von den Guten zu trennen, und solange die Heimatländer von Terroristen nicht ihrerseits Maßnahmen zur Eliminierung des Terrors ergreifen, bleibt nur das grundsätzliche Mißtrauen als Auslöser von Kontrollmechanismen.

      O TEMPORA O MORES!! Warum sind in dieser "besten aller Welten" Zeiten des Friedens und der Prosperität immer nur von kurzer Dauer??

      Wilma, hadernd :(
      Avatar
      schrieb am 27.12.02 14:58:24
      Beitrag Nr. 180 ()
      Juvenile,

      es hat in der Tat den Anschein, als solle Saddam so eine Art Geisel im Kampf gegen die Terrorchefs sein. Man kann es aber auch in der Art des Fallschirmjäger-Pionierkampfes sehen:
      Will man in Feindesland einen Brückenkopf anlegen, so muß man hinter seine Frontlinie vordringen oder über diese hinweggreifen. Ist der Brückenkopf dann gesichert, kann man von dort aus weitere Vorstöße vornehmen und den Feind zersetzen, sozusagen "aufrollen". So betrachtet, war Afghanistan eine Etappe, Irak ist die nächste. Mit dem Fall Iraks würde Syrien vom palästinenserfreundlichen Hinterland abgeschnitten und isoliert. Entweder wird man Syrien in Friedensverträge einbinden oder ebenfalls angreifen. Für Israel wären US-Siege über Irak und Syrien auf alle Fälle erfreulich. Der nächste Brocken wäre dann Iran; schafft man das auch, wäre der Nahost-Feldzug erfolgreich abgeschlossen und die Kerngebiete des islamistischen Terrorismus aufgerieben. Man kann sich dann den Ausläufern in Nordafrika und Südrußland zuwenden. Wehren dürften sich die islamischen Länder gegen eine Vereinnahmung ja eigentlich nicht, denn wenn Allah sie nicht will, wird sie schon nicht geschehen. Pardon ... aber dieses Zitat möge die Fragwürdigkeit eben solcher Zitate aufzeigen. :(
      Angesichts der Tatsache, daß in Kanada Qaida-Zellen aufgedeckt worden sind, dürften die USA mehr als bisher auf Teilnahme von Bündnispartnern im Nahostkrieg drängen. Man darf zwar erwarten, daß Kanada selbst den Kampf gegen das Qaida-Netzwerk im eigenen Land aufnehmen wird, aber die USA können sich nicht erlauben, den Schutz des eigenen Landes ausschließlich in die Hände eines Nachbarn zu legen. Die Situation wäre für die USA befremdlich neu: Kriegsgefahr im eigenen Land, sie sind grundsätzlich zwar nach dem 11.9. darauf vorbereitet, aber die Präventivmaßnahmen erstrecken sich wohl eher auf das US-Inland. Gewiß, die US-Streitkräfte haben eine stattliche Größenordnung, aber was nützt die beste Armee, wenn sie zwar von der Gefahr weiß, aber nicht, gegen wen sie kämpfen soll. Immerhin wissen die USA, wer ihre verläßlichen Bündnispartner sind.
      Wenn die Meldung über Kanada stimmt, ist damit auch klar, daß die terroristische Bedrohung weiterhin besteht und sich, wie ja auch von Bin Laden unzweideutig formuliert, in erster Linie gegen die USA richtet.
      Schönes neues Jahr.
      Wilma, argwöhnisch :eek:
      Avatar
      schrieb am 29.12.02 22:40:51
      Beitrag Nr. 181 ()
      Irgendwie echt brilliant, diese hochintelligenteUS-Aussenpolitik:

      Wir blenden kurz zurück:

      Eigentlich hieß es einmal, Die Kriege gegen Afghanistan und Irak würden dem internationalen Terrorismus, insbesondere den Attentätern auf das WTC, nämlich Osama Bin Laden und der Al Quaida gelten..


      Jetzt die folgende Meldung:

      "Vollständige Kooperation möglich

      Saudi-Arabien ist offenbar nach monatelangem Zaudern nun bereit, den USA im Falle eines Irak-Kriegs Stützpunkte zu überlassen und den Luftraum freizugeben. Die „New York Times“ berichtete am Sonntag, entsprechende Zusagen hätten amerikanische Militärs in den vergangenen Wochen in privaten Gesprächen erhalten.

      Als Zeichen der veränderten Haltung Riads wurde auch gewertet, dass die Saudis in den vergangenen zwei Monaten den Amerikanern in aller Stille erlaubt hätten, von Saudi-Arabien aus Luftraumverletzungen in der südlichen Flugverbotszone des Irak zu ahnden. Zuvor hatten die Amerikaner ihre Angriffe von Kuwait aus geflogen



      Damit ist alles "Klar" :

      Die USA führen (wieder einmal) einen durch kein Völkerrecht gedeckten Eroberungsfeldzug angeblich wegen eigener Bedrohung durch Terrorismus...

      ... gegen ein Land (Irak) , dem laut den gesamten europäischen Nachrichtendiensten KEINE Unterstützung von Al Quaida nachgewiesen werden konnte....


      ....und verbündet sich dabei mit dem einzigen - falsch: den BEIDEN EINZIGEN Staaten , denen SICHER eine EINDEUTIGE, massive Unterstützung fundamentalistischer Extremisten IN EUROPA UND DEN USA nachgewiesen werden konnte - INSBESONDERE DER MASSIVEN UNTERSTÜTZUNG VON AL QUAIDA !!!! Dieses "verbündete Land" heißt:
      1) Saudi Arabien
      2) Pakistan.

      Wer jetzt noch an einen Kampf um Menschenrechte glaubt, der glaubt auch an den Weihnachtsmann.... :D :mad:
      Avatar
      schrieb am 31.12.02 13:15:45
      Beitrag Nr. 182 ()
      Geständnisse durch Stress- und Zwangsmethoden


      Was passiert hinter dem Stacheldraht?

      Obwohl in den USA Folter verboten ist, werden im Kampf gegen den Terrorismus die Grenzen bei den Verhörmethoden offenbar zunehmend aufgeweicht. Durch Anwendung von Stress- und Zwangsmethoden bei Verhören erhofften sich die Ermittler Geständnisse von mutmaßlichen Terroristen, andere Gefangene seien an Regierungen übergeben worden, die bekanntermaßen die Folter einsetzten, berichtete die „Washington Post“ am Freitag. „Traditionelle Grenzlinien zwischen richtig und falsch, legal und unmenschlich werden verwischt“, so das Blatt.

      Ein beliebtes Mittel sei der Schlafentzug, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Sicherheitsbeamte. So würden zum Beispiel in einem Gefangenenlager der US-Luftwaffenbasis von Bagram bei Kabul mutmaßliche führende Vertreter der Taliban oder El Kaida in größter Hitze in Stahlcontainern festgehalten. Diejenigen, die sich einer Zusammenarbeit mit dem Geheimdienst CIA verweigerten, müssten stundenlang stehen, knien oder in anderen schmerzhaften Positionen ausharren, während sie Tag und Nacht blendend-hellem Licht ausgesetzt seien. In anderen Fällen würden Gefangene zusammen mit einer Frageliste an andere verbündete Länder wie Jordanien, Marokko oder Ägypten überstellt, die für ihre Foltermethoden bei Verhören bekannt seien.

      Fast 3000 mutmaßliche El-Kaida-Mitglieder oder –Sympathisanten sind seit dem 11. September 2001 festgenommen worden. Rund 625 sitzen auf dem US-Stützpunkt Guantanamo Bay auf Kuba ein. Andere befinden sich in Bagram und auf der Insel Diego Garcia.

      27.12.02, 20:40 Uhr Der Spiegel
      Avatar
      schrieb am 01.01.03 16:16:55
      Beitrag Nr. 183 ()
      PARALLELS Those who refuse to learn from history are condemned to repeat it.
      Posted December 30, 2002 thepeoplesvoice.org

      By George Santayana

      On February 27, 1933, a mentally deranged Dutch Communist, Marinus van der Lubbe, lit a few small fires in the German parliament building, the Reichstag, in Berlin — not enough to set the building alight, but sufficient to get him hanged as the sole perpetrator afterward. The happenings prior to that fateful evening, and the events following it, carry some lessons for those wanting to understand September 11, 2001, and the subsequent developments.

      van der Lubbe, a petty criminal and arsonist, hated the Nazis, and had bragged about intending to set the Reichstag on fire while having a beer in a pub. The Nazi SA, with ears everywhere, found out, and, unbeknownst to van der Lubbe, an SA detachment entered the building through a disused central heating tunnel. While the Dutchman was busy lighting insignificant fires, using his shirt as tinder, the SA planted gasoline and incendiaries, and within minutes, the Reichstag was burning out of control. Why did the Nazis do this?

      At the time, Hitler had a problem. Based on the success of the Nazi party in the previous election, Hitler had become Reichskanzler, or Prime Minister, but he lacked a majority in both the government and the parliament. Having no intention of playing second fiddle to his rivals, a coalition of moderate parties, he needed a decisive victory in the March 5 election. He also was uncomfortable with the democratic process, and wanted to proceed directly to Nazi supremacy and dictatorship.

      Hitler`s solution was to eliminate the Communist party and its 100 deputies, which would give his Nazis a majority in the remaining parliament. By ensuring that van der Lubbe succeeded in destroying the Reichstag, he could pronounce the fire a Communist conspiracy. By the next morning he had secured the signature of the aging President, von Hindenburg, on legislation that changed Germany from a democracy to a tyranny. The one hundred Communist deputies were arrested, civil rights were abrogated, and the country embraced Hitler as its Leader.

      In mid 2001, the Republican government in the United States was having a problem. It was seen as merely presiding over a recession, having accomplished nothing of significance, and it faced an uphill battle in getting the largest peacetime defense budget increase approved in Congress. The corporate sponsors of the Bush administration were, no doubt, getting impatient: the stocks of the defense industry were still losing their value, and, lacking a credible enemy, there were serious reservations in Congress against spending more on defense.

      During the weeks prior to September 11, 2001, Muslim terrorists made it known that they were going to hit some notable landmarks in America, and hit them hard. These boasts surfaced on the Internet, much the same as van der Lubbe`s bragging in the Berlin beer hall. Much as in Germany in the `30s, help was forthcoming, and for the same reasons.

      Fully aware of the threat to the nation`s aviation from slipshod security in US airports, the government did nothing to improve it; in fact, Federal Aviation Administration (FAA) top management intentionally hid reported security weaknesses.

      On the morning of September 11, four large passenger jets with full fuel tanks went off course over the US Northeast, and ceased communicating with Air Traffic Control. Flight controllers overheard sounds of a struggle from the cockpit of one plane. Passengers made cellular phone calls from two of the flights, reporting that the planes had been hijacked. Normally, when something like this happens, the US Air Force, which has fighter jets ready to intercept troubled or suspicious civilian aircraft on short notice, begins escorting the offending plane, and, if necessary, forcing it to land, within ten minutes of being alerted by the FAA.

      But that day, each of the four planes was allowed to continue off-course for as long as half an hour or more. Finally, after the first one had hit the World Trade Center in New York, a couple of fighter jets were scrambled from Boston, which ensured that they couldn`t reach New York before the second impact.

      Interestingly, in a TV interview on December 4, 2001, Laura Bush let it slip that already back in July, the White House, knowing that the country would be in mourning at the end of the year, had begun redesigning the 2001 Christmas cards on a more somber note than usual.

      So far, the parallels with what happened in Germany in February 1933 are evident. They become clearer still when we look at the results of the attacks. Just as in Germany in 1933, the text of the new US legislation abrogating constitutionally guaranteed civil rights was ready at the time of the WTC and Pentagon attacks. Unprecedentedly, the Federal laws needed were enacted within less than a month after September 11, without significant opposition or debate. Capitol Hill legislators barely bothered to read the bills they approved. As a result, as if by flipping a switch, anyone suspected of terrorism in America is now presumed guilty until proven innocent. The authorities are free to accuse anybody of being or supporting a terrorist. Conveniently, terrorism has not been defined; however, it already has become clear that it includes exercising one`s First Amendment rights.

      Likewise, the record-breaking Federal defense budget, along with an extra $20 billion for fighting terrorism, was approved by December 8, 2001. The shares of the defense industry began rising sharply and are rising still. Need it be added that Mr. Cheney came from a leading position in the Carlyle Group, a large defense industry holding company, where the Bush family has substantial interests? Need we be reminded that, already in 1998, oil giant Unocal went to the US House of Representatives to demand a "recognized" (read corruptible) government in Afghanistan, so it could build a natural gas pipeline through that country and profit from the booming energy market in the Far East? Could it be that the 4,000 Afghani civilians killed by US precision bombs just happened to live along the proposed route of that pipeline, now conveniently cleared of homes, schools, mosques, and hospitals that used to stand in its way? We`ll be watching Unocal and finding out.

      Back in the thirties, Hitler proceeded to rearm Germany and attack his neighbors on trumped-up charges of jeopardizing German interests and mistreating German minorities. Germany became the bully of the decade and started the Second World War. Although Germany lost the war and Hitler committed suicide, her arms industry, including the German subsidiaries of US car giants GM and Ford, profited handsomely. The profits due to Ford and GM were paid out after the end of the war.

      Following the 9-11 attacks, President Bush readily stepped up to the challenge and declared war on terrorism on the evening news of September 11. His battle cry "If you`re not with us, you`re against us" is a round statement by a world-class bully, much like the accusations of treason Hitler liked to level at countries that attempted to preserve their independence before the onslaught of the supposedly invincible German war machine.

      America has undergone a Fascist takeover, the beneficiaries of which are the owners of big business. The system is rapidly being exported all over the world, and it is intended to become permanent. To prevent citizens from getting in the way of the massive enrichment of the already rich, and to help them accept their new position as mere consumers and sweatshop laborers without the right to uncorrupted political representation, all objections to the process are labeled "terrorism."

      Here`s a quote from Douglas Reed, writing about the loss of freedom Germans experienced the night of the Reichstag fire.

      When Germany awoke, a man`s home was no longer his castle. He could be seized by private individuals, could claim no protection from the police, could be indefinitely detained without preferment of charges; his property could be seized, his verbal and written communications overheard and perused; he no longer had the right to foregather with his fellow countrymen, and his newspapers might no longer freely express their opinions.
      The Bush administration`s 2001 antiterrorism legislation, introduced using a similar ruse, effects the same changes in America, and is being copied in every country that has a popular or ethnic opposition to deal with. It is a well proven method: Roosevelt knew about, encouraged, and facilitated the Japanese attack on Pearl Harbor in December 1941, sending the Pacific Fleet there to act as a target, keeping the local military commanders in the dark, and proscribing all defensive action. He then used the public`s outrage over the attack to draw America into WW II and provide the American arms industry with its fair share in the proceeds of that great conflict, along with its overseas competitors.
      You may ask: What, if any, are the differences between Hitler and Bush? Not many, but one stands out: Hitler was elected to his office democratically. Bush was installed against the will of the majority of US voters, through the machinations of his brother, the Florida Governor, and the Supreme Court judges appointed by his father. Another difference may lie in the span of their reigns: Hitler killed himself after 12 years in office, while Bush stands under the curse of Chief Tecumseh, and is bound to die before his term expires in January 2005.

      Source

      © Copyright 2002 All rights reserved by George Santayana


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      Use freely, but do not modify or abridge.
      Avatar
      schrieb am 05.01.03 23:06:13
      Beitrag Nr. 184 ()
      PARALLELS Those who refuse to learn from history are condemned to repeat it.... q.e.d.


      Die USA auf dem direkten Weg in den Totalitarismus?

      Die Frage kann zunehmend einfach beantwortet werden....





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      "Wir standen hier am Schalter und wollten unsere Bordkarten holen", erzählt die Dominikaner-Nonne Virgine. "Da sagte man uns, dass der Computer anzeige, dass wir "fragwürdig" seien und dass wir auf einer Liste stünden. Dann kam der Sheriff von Milwaukee und stellte uns Fragen. Was mich beunruhigt ist: Gibt es tatsächlich in unserem Land eine Liste der Personen, die nicht mehr fliegen dürfen und wieso stehe ich da drauf?" Der 75-jährigen Nonne hat es keine Ruhe mehr gelassen. Sie wollte wissen, ob in den USA tatsächlich nicht mehr alle Menschen fliegen dürfen. Robert Johnson vom US-Department für Transport gibt zum ersten Mal öffentlich zu, dass die Geheimdienste eine Liste zusammengestellt haben. "Auf dieser Liste stehen Menschen, die wir als gefährlich einschätzen. Diese Informationen geben wir an die Fluglinien weiter. Solche Menschen sollen kein Flugzeug besteigen dürfen." Für die Dominikaner-Schwester, die in der Friedensbewegung aktiv ist, ist es ein Albtraum, dass im Land der Freiheit, die Freiheit weiter eingeschränkt werden soll. Doch seit Präsident Bush den US-Patriot-Act unterzeichnet hat, sehen viele Amerikaner Freiheit und Demokratie in Gefahr.


      BR-weltweit

      Weitere Themen des Weltspiegel vom Bayerischen Rundfunk

      Der Krieg gegen die Terroristen schränkt die persönlichen Freiheiten der Amerikaner ein und das ist auch so gewollt. Nur sechs Wochen nach den Anschlägen vom 11. September unterzeichnete Präsident Bush den US-Patriot-Act, ein in aller Hast zusammengeschriebenes Gesetzespaket. Damit erhielten die Geheimdienste Sondervollmachten, die das Rechtsgefüge der USA nachhaltig verändern. Die "patriotischen Maßnahmen" können jeden Amerikaner treffen. So dürfen FBI-Mitarbeiter in Buchläden und Bibliotheken Daten über Kunden und Benutzer abfragen. Wer regierungskritische Bücher liest, macht sich bereits verdächtig. Verdacht erregt auch, wer einen Tauchkurs bucht. Seit in den Vereinigten Staaten die Möglichkeit von Unterwasser-Anschlägen öffentlich diskutiert wird, mussten Tauchschulen ihre Kundenkarteien dem FBI übergeben. Auch das ermöglicht der Patriot-Act. Immer mehr Amerikaner wollen den Verlust ihrer Freiheiten nicht mehr hinnehmen. 19 Städte und Gemeinden in den USA haben bereits beschlossen, sich gegen den Patriot-Act zu wehren. Mitarbeiter öffentlicher Einrichtungen sollen danach keine Informationen an Geheimdienste weitergeben, die nicht im Einklang mit der Verfassung sind.
      Filmautorin: Patricia Schlesinger/NDR
      Avatar
      schrieb am 05.01.03 23:51:26
      Beitrag Nr. 185 ()
      Das MUSS Jeder bis zum Ende durchgelesen haben:




      5. Januar 2003, 22:12, Neue Zürcher Zeitung, Schweiz


      Das Palästinenserproblem in Kern-Israel
      Die Diskriminierung arabischer Bürger im jüdischen Staat
      Gleichzeitig mit der zweiten Intifada in den besetzten Gebieten hat im Innern Israels die Auseinandersetzung um den Status und die Rechte der palästinensischen Bürger an Schärfe gewonnen. Der Kampf der israelischen Araber gegen ihre Diskriminierung rüttelt am demokratischen Selbstverständnis des jüdischen Staates.


      jbi. Der Ausbruch der zweiten Intifada im Jahr 2000 hat gezeigt, dass nicht nur der Konflikt Israels mit den Palästinensern ausserhalb seiner Grenzen, sondern auch jener im Innern des Landes noch keineswegs gelöst ist. In den ersten Oktobertagen jenes Jahres, gleichzeitig mit den wachsenden Unruhen im Westjordanland und im Gazastreifen, brachen in zahlreichen palästinensischen Ortschaften Israels heftige Protestdemonstrationen aus, die von den Sicherheitskräften mit Waffengewalt niedergeschlagen wurden. 13 Palästinenser israelischer Nationalität starben damals in den Kugeln der Polizei.

      Freund oder Feind?
      Die Ereignisse riefen in der jüdischen Öffentlichkeit einen Schock und zwei gegensätzliche Reaktionen hervor: Die einen sahen in den Unruhen eine Reaktion auf die soziale und wirtschaftliche Benachteiligung der arabischen Bürger und verlangten wirksame Massnahmen zur Beendigung der Diskriminierung. Die anderen erkannten einen Schulterschluss der palästinensischen Bürger Israels mit dem Feind und riefen deshalb nach verstärkter Ausgrenzung und Kontrolle. Ja in rechten Kreisen wurde immer offener über die Wünschbarkeit gesprochen, die 1,2 Millionen Araber aus Israel auszuschaffen, um damit das von ihnen verursachte «Sicherheitsrisiko» und die «demographische Bombe», also die Gefahr eines massiven arabischen Bevölkerungszuwachses im jüdischen Staat, auszuschalten.



      Der aus Nazareth stammende und an der Universität Haifa lehrende palästinensische Sozialpsychologe Ramzi Suleiman hat Identität und Selbstverständnis der in Israel lebenden Palästinenser erforscht. Er bestätigt, dass der Protest der israelischen Palästinenser im Oktober 2000 sowohl Solidarität mit ihren Landsleuten im Westjordanland und im Gazastreifen wie auch die Forderung nach Gleichberechtigung und Gleichbehandlung innerhalb Israels zum Ausdruck brachte. Er unterstreicht aber, dass die nationale Bewegung der Palästinenser innerhalb Israels andere Ziele hat als jene in den 1967 besetzten Gebieten. «Die Palästinenser im Innern Israels sehen ja, dass ihre Situation anders ist; sie haben viel mehr Rechte als die Bewohner der besetzten Gebiete. Was sie wollen, ist in einem Staat leben, der alle seine Bürger gleich behandelt und mit dem sich deshalb alle identifizieren können.»

      Jüdisches gegen demokratisches Prinzip
      Dass dies heute nicht möglich ist, führt Suleiman zurück auf die Spannung zwischen dem jüdischen Prinzip und dem demokratischen Prinzip, die dem Staat Israel zugrunde liegen. In den israelischen Grundgesetzen (eine eigentliche Verfassung existiert in Israel nicht) gibt es keine Bestimmung, welche die Gleichheit der Bürger garantiert. Dass Juden und Nichtjuden ungleich behandelt werden, zeigt sich zum Beispiel am Recht auf Einwanderung, das für Juden aus aller Welt gilt, nicht jedoch für Palästinenser, die bei der Staatsgründung Israels aus dem Land vertrieben wurden oder geflohen sind. Das Parteiengesetz erlaubt es, Kandidaten, die Israels Daseinsberechtigung als Staat des jüdischen Volkes verneinen, von Wahlen auszuschliessen. «Palästinenser dürfen am demokratischen Spiel teilnehmen, solange der jüdische Charakter des Staates nicht in Frage gestellt ist», stellt Suleiman fest. «Wenn aber zwischen dem jüdischen und dem demokratischen Prinzip ein Konflikt entsteht, überwiegt das jüdische.»

      Dass Israel eben nicht ihr Staat, sondern nur jener ihrer jüdischen Mitbürger ist, erfahren die Palästinenser Israels vor allem im Zugang zu den Ressourcen, die vom Staat kontrolliert werden. Der Boden, zum grössten Teil nach der israelischen Staatsgründung von arabischen Eigentümern oder Nutzniessern konfiszierter Besitz, gehört heute zu 92 Prozent dem Staat. Er wird von parastaatlichen zionistischen Organisationen nach Kriterien verwaltet, die dem arabischen Bevölkerungsteil praktisch den Zugang verwehren. Das heisst, dass Palästinenser kaum eine Chance haben, auf staatlichem Land Landwirtschaft zu betreiben, ein Haus zu bauen oder ein Geschäft zu eröffnen. Das höchste israelische Gericht hat in einem Aufsehen erregenden Urteil im Jahr 2000 diese Praxis für illegal erklärt und einer palästinensischen Familie das Recht zugesprochen, ein Haus auf staatlichem Grund zu erwerben. Das Urteil konnte jedoch bis heute nicht durchgesetzt werden, denn die betroffene Gemeinde weigert sich beharrlich, die Palästinenser aufzunehmen.


      Die Palästinenser leben unter sich in jenen Städten, Dörfern und Vierteln, aus denen sie sich bei der Staatsgründung 1948 nicht vertreiben liessen - «Ghettos», sagt Suleiman, «die durch die rassistische Haltung der jüdischen Bevölkerung am Leben erhalten werden». Die alten, von Palästinensern bewohnten Viertel in Städten wie Lydda (Lod) oder Akko seien zudem vom Verfall bedroht, weil die Besitzer unter bürokratischen Vorwänden daran gehindert würden, ihre Häuser zu renovieren.

      Kein Geld für arabische Gemeinden
      Ein kürzlich veröffentlichter Bericht der Organisation Sikkuy, die sich seit zehn Jahren für die Gleichstellung zwischen jüdischen und palästinensischen Bürgern Israels einsetzt, illustriert die Diskriminierung der Palästinenser am Beispiel der staatlichen Finanzierung von Entwicklungs-, Infrastruktur- und Bildungsvorhaben. Obwohl die Palästinenser 18,5 Prozent der israelischen Bevölkerung ausmachen, erhalten palästinensische Gemeinden im Jahr 2002 bloss 2,6 Prozent der staatlichen Zuschüsse im Wohnungsbau, 0,7 Prozent des Kulturbudgets, 3,5 Prozent der zur Schaffung von Industriezonen bestimmten Gelder oder 1,6 Prozent des Budgets zur Tourismusförderung.


      Die Raumplanung ist der einzige Posten, in dem Palästinensern ein höherer prozentualer Anteil am Budget zugesprochen wird, als ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung ist (21 Prozent); in den letzten drei Jahren sind zudem ansehnliche Summen in die Einrichtung von Polizeiposten in den palästinensischen Ortschaften geflossen. Gar kein Geld erhalten aber die «nicht anerkannten» Weiler und Dörfer, in denen laut palästinensischen Menschenrechtsorganisationen gegen 70 000 Menschen leben. Häuser in diesen Dörfern sind nach dem Gesetz illegal; die meisten haben weder Wasser noch Strom, sie dürfen nicht um- oder ausgebaut werden und können auf Grund einer simplen administrativen Entscheidung abgerissen werden. Diese Bestimmung gilt im Prinzip für Häuser in jüdischem wie in arabischem Besitz, wird praktisch aber nur gegen Palästinenser angewandt: Obwohl nur 57 Prozent aller illegalen Häuser in Israel Palästinensern gehören, waren 94 Prozent der zwischen 1993 und 1996 abgerissenen Häuser in palästinensischem Besitz, wie die in Israel ansässige Arabische Vereinigung für Menschenrechte ausgerechnet hat.

      Der Ruf nach kultureller Autonomie
      Nach der klassischen Regel des Teilens und Herrschens hat Israel einzelnen Gruppen innerhalb der arabischen Bevölkerung auch eine unterschiedliche Behandlung zukommen lassen. So können Drusen und Beduinen Militärdienst leisten, was ihnen gegenüber den anderen Palästinensern gewisse Privilegien verschafft - zum Beispiel bei der Zuteilung staatlicher Kinderzulagen oder der Suche nach einer Arbeitsstelle. Die Zerstörung angeblich illegaler Häuser und Äcker der Beduinen und ihre soziale und wirtschaftliche Vernachlässigung haben in den letzten Jahren jedoch auch diese Bevölkerungsgruppe dem Staat entfremdet. Der ehemalige israelische Verteidigungsminister Moshe Arens hat in einem kürzlich in der Zeitung «Haaretz» veröffentlichten Artikel auf den Beitrag der Beduinen zur Verteidigung Israels hingewiesen und davor gewarnt, dass das staatliche Verhalten bei ihnen ein Gefühl der Vernachlässigung und Diskriminierung erzeuge und einen fruchtbaren Nährboden für die politische Agitation der Islamisten darstelle.

      Einen weiteren Kampf führen die Palästinenser Israels für die Anerkennung ihrer Sprache, indem sie zum Beispiel Verkehrs- und Strassenschilder auf Arabisch oder die Zulassung des Arabischen im Umgang mit den Behörden fordern. Unter den Palästinensern wird die Forderung auch immer lauter, als nationale Minderheit anerkannt zu werden, die ihre Erziehungs- und Kulturpolitik autonom bestimmt. Gerade die Forderung nach kollektiven Rechten, die von palästinensischen Vertretern im israelischen Parlament vertreten wird, stösst bei der jüdischen Bevölkerung meist auf Ablehnung, weil die Forderung nach Anerkennung eines nichtjüdischen Bestandteils im Staat als Bedrohung aufgefasst wird.

      Die zionistische Rechte, welche heute die israelische Politik bestimmt, bleibt dem Ziel einer weitestmöglichen Zurückdrängung der Araber zugunsten der Juden in Israel verpflichtet, wie ein politischer Wirbel in diesem Sommer zeigte. Am 8. Juli billigte die Regierung Sharon (ohne die Stimmen der Arbeitspartei) einen Gesetzesentwurf, gemäss dem staatliches Land ausschliesslich Juden vorbehalten sein soll. Damit sollte das erwähnte Urteil, das eine Diskriminierung arabischer Bürger beim Kauf von Häusern als ungesetzlich erklärte, überholt werden. Der Beschluss, der füglich als rassistisch bezeichnet werden kann, löste eine heftige Kontroverse in Israel und politischen Druck aus Washington aus, welche die Regierung dazu zwangen, ihn zwei Wochen später wieder rückgängig zu machen.

      Kampf in kleinen Portionen
      Vorderhand müssen sich die Palästinenser mit zahllosen Einzelaktionen, Eingaben an die Behörden, Klagen vor Gericht und Aufrufen an die Öffentlichkeit gegen diskriminierende Massnahmen und rassistische Übergriffe wehren. Die zahlreichen Nichtregierungsorganisationen, die diesen Kampf zur Hauptsache führen, haben dabei einige Erfolge errungen, die jedoch meist nur einen Einzelfall betrafen und oft durch administrative Gegenmassnahmen untergraben wurden. Eine Lösung des palästinensisch-israelischen Konflikts und die Schaffung eines palästinensischen Staates würden auch die Palästinenser in Israel ihren Zielen näherbringen, meint Ramzi Suleiman: «Die Israeli würden sich entspannen und uns nicht mehr als Feinde sehen.»
      Avatar
      schrieb am 06.01.03 01:23:49
      Beitrag Nr. 186 ()
      Betr.: Thread-Titel

      Internationale Politik, Moral und monokausale Historien-Malerei

      Da habe ich einen weiteren wichtigen Beitrag... :D




      06.01.2003 Ausland Rainer Rupp junge welt

      Hysterie in USA geschürt

      FBI- und CIA-Agenten plaudern aus: Bush-Regierung erfindet Terrorwarnungen

      Die ständigen Warnungen vor Terroranschlägen in den USA werden vom Weißen Haus fabriziert und haben keinen Bezug zu Fakten. Vielmehr sollen sie in der Bevölkerung das Gefühl einer andauernden Bedrohung aufrechterhalten und der Politik des »starken und entschlossenen« US-Präsidenten George W. Bush hohe Zustimmungsraten sichern. Das war am Wochenende einem Bericht von »Capitol Hill Blue«, einer von kritischen amerikanischen Journalisten betriebenen Non-Profit-Nachrichtenagentur, zu entnehmen, in dem zur Untermauerung dieser Behauptung entsprechende Aussagen von Mitarbeitern des FBI und der CIA zitiert wurden. Während Verlautbarungen der Bush-Regierung suggerieren, daß gefangengenommene, angeblich hochrangige Al-Qaida-Mitglieder ausgiebig plaudern und die US-Ermittler über weitere, angeblich geplante Anschläge informieren, tappen die Antiterrorspezialisten von FBI und CIA tatsächlich immer noch im dunkeln. »Leider haben wir im Krieg gegen den Terrorismus oder gegen Al Qaida kaum Fortschritte gemacht«, zitiert »Capitol Hill Blue« einen FBI-Agenten aus der Antiterrorabteilung, der resigniert hinzufügte: »Seit Wochen drehen wir uns im Kreis«.


      Unter Berufung auf »andere Quellen im FBI und der CIA« berichtet »Capitol Hill Blue« weiter, daß die Bush-Regierung die Geheimdienste dazu dränge, »etwas, irgend etwas« zu liefern, um so das ganze Spektrum der nicht genau spezifizierten Terrorwarnungen zu stützen, die vom Weißen Haus und der neu gegründeten Heimatschutzbehörde ständig in die Welt gesetzt werden. »In den meisten Fällen haben wir jedoch so gut wie nichts in der Hand, lediglich nicht zu belegende Bruchstücke einer Information. Die meisten Alarmmeldungen werden herausgegeben, ohne daß es dafür konkrete Anhaltspunkte gibt«, wird ein weiterer FBI-Agent in dem Bericht zitiert.

      Die amerikanische Internet-Nachrichtenagentur WorldNetDaily.com, die den »Capitol Hill Blue«-Report aufgegriffen hat, bemerkt in ihrem Bericht, daß »in der Tat bei den meisten Terrorwarnungen, welche die US-Regierung in letzter Zeit herausgegeben hat, jegliche spezielle Information zur Art der Bedrohung gefehlt hat«. WorldNetDaily wundert sich denn auch, warum nach jeder neuen Alarmmeldung der Regierung über einen bevorstehenden Terroranschlag die für die Sicherheitsbehörden seit Ende September geltende offizielle Alarmstufe unverändert bei gelb (erhöht) geblieben ist.

      »Hier darf jedoch kein Mißverständnis herrschen«, warnte ein weiterer FBI-Agent im Report von »Capitol Hill Blue«, denn »gegen dieses Land (USA) besteht eine reale terroristische Bedrohung, aber jedes Mal, wenn wir mit einer dieser falschen ›erhöhten Alarmstufen‹ an die Öffentlichkeit gehen, stumpft es nur die Menschen ab für den Tag, wo wir einen anderen, echten Alarm haben«. Im vergangenen Jahr wurden Amerikaner immer wieder vor unmittelbar bevorstehenden Anschlägen gewarnt, wonach Terroristen Footballstadien, Atomkraftwerke, Einkaufszentren, Synagogen, Apartmentblocks, U-Bahnsysteme, die Brooklyn-Brücke oder andere Wahrzeichen in New York angreifen würden. Vor dem Hintergrund der Aussagen der FBI- und CIA-Agenten im »Capitol Hill Blue«-Bericht kann nun davon ausgegangen werden, daß die Bush-Regierung zur Absicherung ihrer innen- und außenpolitischen Ziele in der amerikanischen Bevölkerung systematisch Angst und Hysterie schürt.

      Nach Informationen von Quellen im FBI und in der CIA wird in einem vor kurzem verfaßten Memorandum des Weißen Hauses der »Krieg gegen den Terror« als »definitiver politischer Vorteil« bezeichnet und zugleich als ein nützliches Instrument zum Eintreiben von Spendengeldern für die republikanische Partei von Präsident Bush. »Natürlich nutzt das Weiße Haus die Terrorismusbedohung weidlich zu seinem politischen Vorteil aus«, zitiert WorldNetDaily den Politstrategen der demokratischen Partei, Russ Barksdale. »Sie wären dumm, wenn sie es nicht täten. Wir würden dasselbe machen«, war Barksdales zynischer Kommentar.
      Avatar
      schrieb am 06.01.03 13:32:41
      Beitrag Nr. 187 ()
      SPIEGEL ONLINE - 06. Januar 2003, 12:25
      URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,229550,00.html
      Bushs Irak-Szenario

      18 Monate Besatzung, Übernahme der Ölfelder


      Während die Welt noch gespannt auf den Bericht der Uno-Waffeninspektoren wartet, schmiedet die US-Regierung bereits Pläne für den Tag nach Saddams Sturz: Der Diktator und seine Helfer müssten sich vor Militärgerichten verantworten, ein Statthalter würde das Land regieren.

      Wie geht das Leben im Irak nach Saddam Hussein weiter? Die USA haben bereits detaillierte Pläne...


      Washington - Experten des Sicherheitsteams von US-Präsident George W. Bush arbeiten einem Bericht der "New York Times" zufolge schon seit einigen Monaten an den Plänen. Sie seien schon im Detail mit Bush diskutiert worden. Es wäre der anspruchsvollste Wiederaufbauplan für ein besiegtes Land seit der Besetzung Deutschlands und Japans nach dem Zweiten Weltkrieg. Wenn Bush heute aus seinem Weihnachtsurlaub zurückkehrt, sollen ihm die Pläne noch einmal vorgelegt werden.

      Mindestens 18 Monate, so das Szenario, soll der Irak nach einer Niederlage unter amerikanische Militärherrschaft kommen. Die Streitkräfte hätten in dieser Zeit die Aufgabe, Frieden zu sichern :laugh: :D :mad: , die Saddam-treue Elite auszuschalten, Massenvernichtungswaffen zu zerstören und das Land zusammenzuhalten. Ein ziviler Verwaltungschef - eventuell eingesetzt von der Uno - soll in der Übergangsphase die Wirtschaft am Laufen halten, Schulen und politische Einrichtungen wiederaufbauen und Hilfsprogramme organisieren.

      Auch Kriegsverbrecherprozesse ähnlich den Nürnberger Prozessen sollen abgehalten werden - von amerikanischen Militärgerichten. Dabei sollen jedoch nur Vertreter des Saddam-Regimes zur Verantwortung gezogen werden, die in besonderen Schlüsselpositionen gewirkt haben. Ein Großteil der Regierung soll jedoch bestehen bleiben.

      Zwei Kernziele prägen die Planungen der Sicherheitsberater: Zum einen solle der Irak als staatliche Einheit in seinen jetzigen Grenzen bewahrt werden, zum anderen soll "Einmischung von außen" verhindert werden :laugh: :mad: - eine klare Warnung an die Nachbarländer.

      Eine Schlüsselrolle in den amerikanischen Plänen für die Zeit der Besetzung spielt freilich der Umgang mit den Ölreserven des Irak. Offiziell heißt es zwar noch, das Öl bleibe das Eigentum des irakischen Volks, die US-Regierung diskutiert jedoch bereits, wie die Ölfelder während des Konflikts geschützt werden können. Auch die Frage, ob und wie der Irak dann in der Opec vertreten werden kann, beschäftigt die Bush-Berater.

      Im vielstimmigen Kriegsgerede der US-Regierung wird Öl selten erwähnt. Aber der Irak verfügt über ein Zehntel der Weltölreserven. Und eine Militäraktion am Golf wird zweifellos einen großen Einfluss auf die Weltmärkte haben.
      "Es wäre unsere Absicht, diese Felder zu schützen und sicherzustellen, dass sie von einem schwindenden Regime nicht im letzten Moment zerstört oder beschädigt werden", sagte kürzlich US-Außenminister Colin Powell. Die wachsende Kriegsgefahr und auch der monatelange Generalstreik im Ölförderland Venezuela haben schon jetzt die Rohölhändler verunsichert. In der vergangenen Woche sprangen die Preise für Rohöl mit einem Auslieferungstermin im Februar auf mehr als 33 Dollar je Barrel (das Fass zu 159 Liter). Das sind 65 Prozent mehr als vor einem Jahr.

      Das aus Sicht der Rohstoffmärkte schlimmste Szenario würde so aussehen, dass eine Invasion auf massiven Widerstand trifft, die Ölfelder in Flammen aufgehen und die Produktion in anderen Ländern am Golf gestört würde. Dann würden sechs Millionen Barrel täglich ausfallen, und der Ölpreis könnte auf 80 Dollar hochschnellen. Bis ins Jahr 2004 hinein würde der Ölpreis bei einer solchen Lage über 40 Dollar bleiben, was nach Einschätzung von Experten eine globale Rezession verursachen könnte.

      Viele wesentliche Entscheidungen, so warnen die Strategen im Weißen Haus und im Pentagon, könnten erst vor Ort im Irak entschieden werden. "Vieles hängt einfach von dem Krieg selbst ab", zitiert die "New York Times" einen der Verantwortlichen, "ob es überhaupt zum Krieg kommt, wie er beginnt und wie er endet". Entscheidend sei auch, wie die amerikanischen Truppen im Irak empfangen würden, ob es eine "feindliche oder eine freundliche Besetzung" werde. Die CIA entwerfe derzeit diverse Szenarien, die all diese Unwägbarkeiten berücksichtigen.

      Eines jedoch haben alle Szenarien gemein: Das US-Militär würde für längere Zeit das Kommando im Irak übernehmen.
      Allein um sicher zu gehen, dass alle Massenvernichtungswaffen Saddam Husseins zerstört würden, so warnt das Pentagon, könnte es mindestens ein Jahr dauern. Auf keinen Fall werde man länger im Irak bleiben als unbedingt nötig. "Aber ich glaube nicht", so einer der Nachkriegsplaner, "dass das nach ein paar Monaten vorbei ist".



      Zum Thema:

      In SPIEGEL ONLINE: · Irak-Krieg: Experten rechnen mit 260.000 Toten (05.01.2003)
      http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,229439,00.html
      Avatar
      schrieb am 06.01.03 13:57:06
      Beitrag Nr. 188 ()
      gestern um 21:45 in der ARD:

      "20 Minuten bis Irak"

      Ein niederschmetternder publizistischer Fehltritt.

      Unter dieasem Titel wurde ein reinrassiger, Kriegsverherrlichender Hollywood-Propagandafilm über den Flugzeugträger USS Lincoln gesendet.

      Tränenrührig wurde im schlechtesten Bildregie-Stil a la Leni Riefenstahl inclusive malerischer Flugzeugträger-Sonnenuntergänge hemungslos unkritisch über die Killer berichtet, die wie damals die Schergen anderer Angriffskriege sich damit herausreden, "nur Ihren Job" bestmöglich zu machen.
      Wer den Propagandafilm, der hemmungslos kriegsverherrlichend wirkte und ohne Probleme als Werbefilm für Killernachwuchs dienen könnte, mit eingeschaltetem gehirn sah, konnte wenigstens (von den Autroren sicherlich nicht gewollt) Einsicht in die gehirnwäsche bekommen, denen diese willfährigen Soldaten unterworfen wurden.

      eine einzige pseudokritische Frage wurde einem Piloten gestellt: Ob er auch daran denke, daß er im Ernstfall menschen töte?
      seine Antwort: Erstens habe er noch nie wirklich Bomben abgeworfen (Brilliante Antwort... :laugh: :mad: ) ... und zweitens wären das für ihn einfach nur Ziele...

      Ende der Diskussion.

      Dafür wurde die Satellitenübertragung einer kriegstreiberischen Bush-rede gezeigt, bei der die Soldaten zuhörten.

      Hier sah man die große Verehrung Hollywoods für Leni Riefenstahl ganz deutlich:

      es wurden serien-schnitte von jeweils mehreren sekunden gezeigt, in denen die reglos und instrumentalisiert dastehenden Soldateska in einer 1:1 Umsetzung der Riefenstahl-Bildregie an den Lippen Ihres FÜHRERS George W. Bush hingen und zu ihm AUFSCHAUTEN.... die gleiche Bildregie wie in den Dreissigern - und wie damals auch eine propagandistische Vorbereitung auf einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg.


      Ich hätte es nie für möglich gehalten, daß so billige Kriegs-Propaganda in einem öffentlichen sender deutschlands gezeigt werden kann - zur Primetime in der ARD und nach dem, was wir eigentlich inzwischen über Angriffskriege als Deutsche gelernt haben sollten....
      Avatar
      schrieb am 06.01.03 14:16:51
      Beitrag Nr. 189 ()
      Bombenkrieg gegen die Deutschen

      War das "moral bombing" der Alliierten im Zweiten Weltkrieg legitim? Konnte Hitler nur mit seinen eigenen Mitteln besiegt werden? Im XXP-Studio diskutieren SPIEGEL-Redakteure mit Jörg Friedrich, Autor von "Der Brand", und Laurenz Demps, Historiker.

      Sendetermin: Montag, den 6.1.2002, 22.15 Uhr
      Avatar
      schrieb am 06.01.03 23:44:05
      Beitrag Nr. 190 ()
      heute war der erste Teil einer enorm interessanten sendung von Peter Scholl-Latour auf Phoenix:

      "Das afrikanische Totenhaus Teil 1"

      welches u.a. die hemmungslose Installation afrikanischer Despoten und ihre gnadenlose Entfernung/Ermordung durch die involvierten westlichen Geheimdienste (USA, Frankreich, Israel) bei Nichteinhaltung der "Erwartungen" der Neokolonianisten ebenso zum Thema hatte wie die Ermordung des demokratischen Kongolesischen Staatsmannes Lumumba und des UN-Generalsekretärs Dag Hammarskjöld durch eine Allinaz US-amerikanischer und Belgischer Geheimdienste, die danach den Despoten Mobuto installierten, der den Konzernen beim Ausbeuten seines Landes half... (erinnert uns das an neuere Aktivitäten der USA?? )

      der danach ebenso installierte Kabila, der zunächst zum Schleuderpreis die Reichtümer seines Landes an die Konzerne zum eigenen Vorteil verhökerte, wurde "Wortbrüchig" und daher rasch durch "westliche" geheimdienste liquidiert wurde.

      Als nächsten haben die USA den Adoptivsohn Kabilas installiert - ohne Wahlen oder sonstige demokratische Maßnahmen... wie gewohnt....


      Morgen, 8.1. kommt Teil 2: "Öl, Diamanten" - unbedingt ansehen!
      Avatar
      schrieb am 06.01.03 23:52:30
      Beitrag Nr. 191 ()
      RÜSTUNG / Washington stützte das irakische Waffenprogramm weitaus mehr als bisher bekannt
      Anthrax aus den USA für Saddam
      Milliardenschwere Militärhilfe - Sonderrolle für Donald Rumsfeld


      Die USA haben in den 80er Jahren das irakische Waffenprogramm deutlich stärker unterstützt als bisher angenommen. Eine der Hauptrollen spielte Donald Rumsfeld.


      PETER DE THIER




      WASHINGTON Die amerikanische Regierung hat das irakische Arsenal an chemischen und biologischen Waffen noch stärker mit aufgebaut als bisher bekannt war. Wie aus jetzt veröffentlichten Dokumenten hervorgeht, ermöglichte Washington selbst die Ausfuhr des Milzbranderregers Anthrax in den Irak. Als Sondervermittler zwischen Washington und Bagdad agierte während der 80er Jahre der heutige Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, der derzeit die Vorbereitungen für einen Militärschlag gegen den Irak anführt.

      In dem acht Jahre dauernden Glaubenskrieg zwischen Iran und Irak (1980-88) hatten sich die USA auf die Seite Bagdads gestellt. Bekannt ist, dass die Regierung unter Präsident Ronald Reagan Saddam Hussein im Vergleich zum Iraner Ayatollah Khomeini als das geringere Übel ansah. Unter anderem galt es, amerikanische Ölinteressen in der Region zu schützen.
      Doch die Beziehungen zu Bagdad waren stets deutlich heruntergespielt worden.

      Wie nun aus den ehemals geheimen Regierungsdokumenten hervorgeht, spielte Washington bei der Finanzierung des irakischen Militärs aber eine zentrale Rolle. Die US-Regierung stellte Saddam Geheimdienstinformationen zur Verfügung und förderte den Export von Waffen- und Raketenteilen sowie in amerikanischen Labors hergestelltem Anthrax in den Irak. Mehrere Milliarden Dollar flossen als direkte Zuschüsse und Bürgschaften an das irakische Militär.

      Der frühere Direktor des Geheimdienstes CIA, William Casey, benutzte den Papieren zufolge eine chilenische Firma, um Saddams Streitkräfte mit Bomben auszustatten. Das US-Wirtschaftsministerium wurde angewiesen, den Export "dualer Güter" nach Irak zu fördern, die für zivile Zwecke ausgewiesen, aber zur militärischen Verwendung umgerüstet werden. Hierzu zählten unter anderem Pestizide, die offenkundig zur Herstellung von C-Waffen benutzt wurden.

      Als nach dem Golfkrieg UN-Waffenkontrolleure nach Irak reisten, entdeckten sie Waffen- und Raketenteile, Chemikalien und Computer, die von führenden US-Konzernen wie Union Carbide und Honeywell stammten.



      Erscheinungsdatum: Donnerstag 02.01.2003 Südwestdeutsche
      Avatar
      schrieb am 07.01.03 21:01:03
      Beitrag Nr. 192 ()
      Afrikanische Totenklage (2)



      HEUTE Di, 07.01.03, 22.15 Uhr PHOENIX-TV

      2-teilige Reihe
      Letzter Teil: Der blutige Schacher um Erdöl und Diamanten
      Die blutige Spur der Kriege um Bodenschätze und Glaubenszugehörigkeit zieht sich weiter durch Angola, Sierra Leone, den Sudan bis nach Äthiopien und Somalia. Peter Scholl-Latour warnt davor, was im Zeichen der Terrorbekämpfung noch geschehen kann.

      500 Jahre haben die Portugiesen Angola beherrscht und Millionen von Sklaven über den Atlantik deportiert. Doch die Unabhängigkeit hat diesem potenziell reichen Land Unheil gebracht: Amerikanische Erdölkonzerne finanzierten die Soldaten Fidel Castros, die dem kommunistischen Regime von Luanda zu Hilfe geeilt waren, und Amerika unterstützte den Rebellenführer Savimbi als "Freund der Demokratie", um ihn nach Ende des Kalten Krieges als Terroristen zu brandmarken.

      Die ehemals britische Kolonie Sierra Leone sollte einst zur Heimkehrstätte befreiter afrikanischer Sklaven aus der Neuen Welt werden. Das Experiment misslang, der Horror der Kindersoldaten und die Brutalität des Krieges nahmen kein Ende. Wieder einmal ging es um Diamanten und kapitalistische Interessen. Der Bürgerkrieg im Sudan dauert seit der Staatsgründung im Jahr 1956 an.

      Aus dem ursprünglichen Konflikt zwischen den Muslimen des Nordens und den christlichen Stämmen des Südens ist längst ein chaotisches Blutvergießen geworden. Die USA erklärten den Sudan zum Schurkenstaat, weil er sich zum islamischen Fundamentalismus bekennt. Entscheidender als Religion und Politik sind jedoch die reichen Erdölfunde, um die nun der Wettstreit zwischen Chinesen und Amerikanern entbrannt ist.

      Jahrelang hat Washington versucht, das verbündete, christliche Äthiopien gegen den Sudan ins Spiel zu bringen. Im Zeichen des Krieges gegen den Terrorismus, von George W. Bush proklamiert, steht nunmehr ein Stellvertreterkrieg äthiopisch-christlicher Soldaten gegen die muslimischen Kriegsherren von Somalia bevor, wo die CIA Stützpunkte der El Qaida vermutet. Der bevorstehende Zusammenprall zwischen Kreuz und Halbmond könnte einen Flächenbrand über die gesamte Sahelzone entfachen und die nördlichen Emirate Nigerias erfassen, die bereits die koranische Rechtsprechung eingeführt haben.

      Dokumentation von Peter Scholl-Latour
      Avatar
      schrieb am 07.01.03 22:05:49
      Beitrag Nr. 193 ()
      UNBEDINGT DIE WIEDERHOLUNG MORGEN ANSCHAUEN!!!!

      Da gehen einem die Augen auf!!!

      Di, 07.01.03, 20.15 Uhr
      Phoenix, Mi, 08.01.03, 07.30 Uhr
      Das Versagen der US-Agenten
      "Die linke Hand wusste nicht, was die rechte Hand tat", so Ex-CIA-Direktor James Woolsey über den Zustand des US-Geheimdienstes vor dem 11. September 2001. Autor Hubert Seipel recherchierte monatelang in Saudi Arabien, sprach mit sudanesischen Ministern ebenso wie mit CIA- und FBI-Agenten.

      Sein Fazit: Die US-Agenten und die Clinton-Regierung haben das eherne Gesetz verletzt, Informationen auch dann zu prüfen, wenn sie vom politischen Gegner kommen. Der 11. September und der Tod Tausender Menschen wäre vermeidbar gewesen.

      Robert Baer, 21 Jahre lang Agent im Nahen und Mittleren Osten und laut "The New Yorker" der "wohl beste CIA-Agent", geht noch einen Schritt weiter. "Ein professioneller Dienst hätte das Attentat vom 11. September verhindern können. Wir hätten diese Leute vorher festnehmen können."


      Doch nicht nur CIA und FBI hatten versagt, auch die Regierung Clinton. Mehrmals in den Jahren zuvor hatte die sudanesische Regierung den USA präzise Unterlagen über das Al Quaida Netzwerk angeboten. Clintons Regierung aber war an dem brisanten Material nicht interessiert, weil sie den politischen Kurs des Sudan prinzipiell ablehnte.

      Für Tim Carney, dem ehemaligen US-Botschafter im Sudan, ist diese Weigerung bis heute nicht begreiflich: "Es war Hybris und Arroganz." Als Osama Bin Laden und seine Mannschaft Mitte 1996 auf Druck der USA den Sudan verließen und nach Afghanistan ausreisten, bot die sudanesische Regierung die Auslieferung der Terroristen an. Wieder lehnten die Amerikaner ab. "Das ist sehr, sehr unglücklich gelaufen", räumt James Woolsey ein. Doch selbst noch nach den Bombenanschlägen auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania ging das FBI nicht auf das Angebot der Sudanesen ein, zwei Hauptverdächtige auszuliefern.

      Autor Hubert Seipel recherchierte monatelang, wie Saudi Arabien seit Jahrzehnten die Fundamentalisten finanzierte. Er sprach mit sudanesischen Ministern ebenso wie mit CIA- und FBI-Agenten. Und er traf sogar Mullah Khaksar im afghanischen Khandahar. Der einstige Geheimdienstchef der Taliban hatte sich noch im April 1999 mit CIA-Vertretern in Pheschawar getroffen, um über "das Problem Osama" zu verhandeln.

      Teile der Taliban-Führung erwogen, Bin Laden und Al Quaida aus Afghanistan zu verbannen. Ihnen ging der Einfluss Bin Ladens zu weit und sie fürchteten Vergeltungsschläge der USA für Osamas Taten im Ausland. Doch die CIA machte sich nicht einmal die Mühe, das Angebot des Taliban-Geheimdienstchefs auf seine Ernsthaftigkeit hin abzuklopfen.

      Dokumentation von Hubert Seipel (2002)
      Avatar
      schrieb am 08.01.03 00:49:12
      Beitrag Nr. 194 ()
      Irak: Blix weiß nix
      Die UN-Inspektoren im Irak haben bislang keine Beweise für verbotene Rüstungsprogramme
      und Waffen gefunden. Das wird Chefinspektor Hans Blix morgen dem Sicherheitsrat berichten


      GENF taz Die Rüstungsinspektoren der UNO-Waffenkontrollkommission (Unmovic) sowie der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) haben im Irak bislang weder verbotene Massenvernichtungsmittel oder ballistische Raketen noch Hinweise auf entsprechende aktive Rüstungsprogramme gefunden. Diesbezügliche Behauptungen der USA und Großbritanniens stellten sich - soweit sie von den Inspektoren bisher überprüft werden konnten - als falsch heraus. Das ist nach Informationen dieser Zeitung aus der New Yorker UNO-Zentrale der Tenor des Zwischenberichts, den Unmovic-Chef Hans Blix dem Sicherheitsrat am morgigen Donnerstag vortragen wird.

      Blix wird allerdings auch feststellen, dass Bagdad einen Teil der Mitte Dezember von der Unmovic und der IAEO formulierten kritischen Nachfragen zum irakischen Rüstungsbericht an den Sicherheitsrat noch immer nicht oder nicht zufrieden stellend beantwortet hat. Den irakischen Behörden wird Blix eine gute Kooperation mit den Inspektoren bescheinigen. Gravierende Behinderungen habe es bislang nicht gegeben.

      Seit Aufnahme ihrer Tätigkeit am 27. November haben die Unmovic/IAEO-Inspektoren knapp 300 zivile und militärische Objekte im Irak untersucht, einige davon bis zu viermal. Zu den inspizierten Anlagen gehörten auch die beiden Fabriken al-Dora und al-Falluja III, in denen Irak vor dem Golfkrieg vom Frühjahr 1991 biologische Waffen hergestellt hatte. Die Produktionsanlagen wurden von den Inspektoren des Unmovic-Vorgängers Unscom vor deren Abzug im Dezember 1998 unbrauchbar gemacht, die Fabrikgebäude teilweise zerstört. Nach im letzten September veröffentlichten Behauptungen der Regierungen Bush und Blair sowie des Londoner Instituts für strategische Studien (IISS) soll Bagdad die beiden Fabriken nach 1998 wieder zur B-Waffen-Produktion genutzt haben. Die Unmovic-Inspektoren fanden hierfür jedoch keine Belege.

      Die Überprüfung der Fabrik, in der Irak erlaubte Kurzstreckenraketen herstellt, erbrachte keinen Beweis für den Vorwurf der USA und Großbritanniens, dort würden verbotene Raketen mit Reichweiten von über 150 Kilometern produziert. Für ihre Behauptung, Bagdad habe seit 1998 versucht, in Niger Plutonium für die Atomwaffenherstellung zu beschaffen, haben Washington und London den Inspektoren trotz mehrfacher Aufforderung bislang keine Beweise zur Überprüfung vorgelegt. Dasselbe gilt für die Behauptung, Spezial-Aluminiumröhren, deren Import Bagdad eingeräumt hat, seien für ein Atomwaffenprogramm bestimmt. Umgekehrt ist Iraks Regierung bislang den von Blix geforderten Dokumentenbeweis für ihre Darstellung schuldig geblieben, die Aluminiumröhren dienten zur Herstellung konventioneller Waffen.

      Auch einige Fragen nach dem Verbleib von Altbeständen biologischer und chemischer Waffen bzw. von Grundsubstanzen hat Bagdad noch nicht beantwortet. Einen umfassenden Bericht wird Blix dem Sicherheitsrat am 27. Januar vorlegen. "ANDREAS ZUMACH

      nachrichten SEITE 2, debatte SEITE 12
      taz Nr. 6948 vom 8.1.2003, Seite 1, 103 Zeilen (TAZ-Bericht), ANDREAS ZUMACH
      Avatar
      schrieb am 08.01.03 12:55:04
      Beitrag Nr. 195 ()
      Angeblich hat man nicht einmal an den mittlerweile von den Geheimdiensten benannten Stellen nichts gefunden. Dagegen heißt es, CIA-Leute befänden sich inzwischen auch im Irak. Insofern hätte Saddam ja sogar recht, wenn er sich - wieder - beklagt, daß in seinem Land Geheimdienste tätig seien (er richtete den Vorwurf geheimdienstlicher Tätigkeit allerdings an die UN-Mitarbeiter).

      Vor nicht allzu langer Zeit wurde angekündigt, daß mit gezielten Kampagnen (in den Medien) Meinung gegen den Irak gemacht werden würde (zwecks Rechtfertigung des Krieges).
      Man muß sich fragen, ob das nunmehr der Fall ist. Schlimm: wie soll man sich ein Bild von der Lage machen, wenn man darauf hingewiesen wird, daß der Wahrheitsgehalt von Nachrichten anzuzweifeln ist?
      Avatar
      schrieb am 08.01.03 13:51:45
      Beitrag Nr. 196 ()
      @ WilmaFeuerstein:
      Im Prinzip hast Du recht, aber mich hat doch sehr gewundert, daß Saddam Hussein komischerweise gerade dann gereizt reagiert, wenn die UN-Inspekteure die für sie selbst zuständige irakische Behörde durchsuchen und erstmals die Hubschrauber zu überraschenden Flügen anfordern.
      Eigentlich ist Saddam Hussein in solchen Dingen eine wirklich witzige Figur und vor 10 Jahren gab es mal eine sehr gut gemachte BBC-"Reportage", die als Satire "lückenlos nachwies", daß Saddam Hussein in Wirklichkeit ein CIA-Agent ist, der nur zu dem Zweck installiert und an der Macht gehalten wurde, um die Macht der USA über einen Zeitraum von 30 Jahren hinweg kontinuierlich zu vergrößern. Die "Beweise" waren u.a., daß Saddam Hussein 1990 alle westlichen Ingenieure und deren Familien als Geiseln nahm (wir erinnern uns an das angststarre blonde Kind, dem vom lieben Saddam der Kopf getätschelt und versichert wurde, es sei mit seinen Eltern zusammen ein gern gehaltener Gast); diese Geiseln dann aber kurz vor den Angriffen der Alliierten rechtzeitig wieder freiließ.
      Im Zweifelsfall sehen wir doch einfach die französischen Nachrichten in TF 1, weil Frankreich für seine hohe Moralität in Kolonialdingen doch so berühmt ist.


      Und bei Moral wären wir ja u.a. bei unserem herzallerliebsten "Deep Thought":

      Oh mein angebetetster Deep Thought,
      das ist aber ja soooo nett von Dir, dass Du in meiner weihnachtsbedingten Abwesenheit meinen Thread übernimmst und Du Dich in Deiner göttlichen Unfehlbarkeit herablässt, im Thread meiner - von Dir doch schon so lange mit Zorn, Nichtachtung und Fehde belegten - Wenigkeit zu posten und vergeblich auf Antworten zu hoffen. Zwar sind einige Deiner Postings und Programm-Hinweise durchaus passend und könnten von mir sein, doch leider vergaßest Du in Deiner Weisheit, an vielen anderen Thread-Orten (z.B. hier in Posting # 32) auf meine zahlreichen Fragen zu antworten. Da ich mir nun als Neujahrsvorsatz vornahm, auf alle noch liegengebliebenen Fragen zu antworten, denke ich, Du könntest aus reiner Höflichkeit dasselbe tun, denn Deine letzte detaillierte Antwort auf folgende Fragen konnte man nicht direkt als sachlich bezeichnen und sie erheben in der Tat die Frage, ob der göttliche Deep Thought hier wirklich diskutieren oder nur wie gewohnt nach seinem untertänigsten Bewunderer treten möchte.
      Ich würde ja sehr gerne mit Dir diskutieren, aber Du hattest ja leider schon in Deinem Thread nicht auf meine Gegenfragen geantwortet, denn Du ließest Dich noch nie dazu herab, Fragen zu beantworten, die Deine unfehlbare Göttlichkeit in Frage stellen konnten, nicht wahr, Deep Thought? Hier beispielsweise in Deinem unglaublichen Thread: Der Anschlag auf das World-Trade-Center ... Versuch einer sachlichen Diskussion löstest Du einfach in Deiner unfehlbaren Göttlichkeit das Problem, nicht auf meine Fragen antworten zu wollen, indem Du erklärtest, Du beantwortest nur Fragen von den Leuten, denen Du selbst als erstes Fragen gestellt hattest, nicht wahr?
      Deinen Diskussionsstil fanden schon damals u.a. "for4zim" und "menacher" sehr interessant und "grotesk", nicht wahr?

      #1458 von for4zim 22.05.02 15:00:27 Beitrag Nr.: 6.461.283 6461283
      Dieses Posting: versenden | melden | drucken | Antwort schreibenDas fand ich ja sehr interessant:


      Fragen von Deep Thought, Antworten von Auryn:

      1) HAben die USA Osama Bin LAden in der Vergangenheit durch den CIA ausgebildet?
      Ja, genau wie die Sowjetunion haben die USA immer ihre großkriminelle Klientel ausgebildet - siehe Mengistu Haile Mariam in Äthiopien, Babrak Karmal in Afghanistan etc. Und wer hat denn dort überhaupt damit angefangen?

      2) HAben die USA Osama Bin LAden in der Vergangenheit mit WAffen ausgestattet?
      Ja, neben China und Frankreich.
      3) HAben die USA im ehem. Afghanistan-Krieg die TAliban ausgebildet, mit WAffen beliefert und finanzielle unterstützt?
      Ja, genau wie Pakistan.

      4) Haben die USA in der Vergangenheit Sadam Hussein mit Waffen beliefert und eng mit ihm zusammengearbeitet?
      4. a) Zu Deiner Überraschung im wesentlichen nein: Die USA haben Saddam Hussein nicht mit Waffen beliefert, sondern b) mit Luftbildern über den iranischen Kriegs-Gegner. Die Waffen Saddams kamen sämtlich aus der Sowjetunion (T 72 bis T 84 - Panzer sowie die MiG 23 bis MiG 25 Baureihe der modernsten russischen Kampfflugzeuge, die für den Export bestimmt waren) oder aus Frankreich. Einzelne Spezialwaffen wurden von Großbritannien geliefert (Blendgranaten). Hast Du übrigens noch die Bilder der Schlachtfelder aus dem irakisch-iranischen Krieg in Erinnerung? Da lagen Hunderte russischer - nicht etwa amerikanischer - Panzer-Wracks ausgeglüht in der Sonne; abgeschossen von Tausenden von iranischen Kindersoldaten mit amerikanischen Panzerfäusten, die von den iranischen Mullahs mit einem goldenen Alu-Schlüssel um den Hals ausgestattet wurden, damit sie sich im Falle ihres Heldentodes selbst die Tür zum Paradiese aufschließen konnten. Nachlesbar in den SPIEGEL-Ausgaben der Jahre 1983/1984.

      5) Haben die USA Sadam Hussein auch noch unterstützt, als er die Kurdische Bevölkerung im Nordirak vergaste und die Bilder durch die Weltpresse gingen?
      Meines Wissens nach nicht. Ich lasse mich aber gerne durch Gegenbeispiele überzeugen, wenn Du welche hast.

      6) HAben die USA SAdam Hussein auch noch unterstützt, als der einen ANGRIFFSKRIEG gegen den Iran führte und innerhalb von 8 JAhren 8 Millionen Iraner niedergemetzelt wurden?
      Siehe oben: Luftbildaufnahmen. Darüber hinaus ist keine militärische Hilfe durch die USA geleistet worden, da zu diesem Zeitpunkt noch über 500 sowjetische Militärberater im Irak waren. Der Irak benötigte die sowjetischen Militärberater in erster Linie für die Bedienung der schweren "T"-Kampfpanzer sowie für die Wartung der MiG-Kampfflugzeuge und -Kampfhubschrauber.

      7) Haben die USA Sadam Hussein auch noch unterstützt, als er Hunderttausende von Iranischen Soldaten in den Sümpfen von Basra mit C-WAffen vergaste?
      Mit Luftbildaufnahmen ja, die restliche Unterstützung kam aus Frankreich sowie aus der Sowjetunion, da versucht wurde, französische Raketen für die sowjetischen Jets kompatibel zu machen.

      8) Haben die USA den Militär-Diktator von PAkistan nach dem 11.9. ohne, daß er seine menschenverachtenden Aktivitäten in seinem LAnd geändert hätte, plötzlich vom "Schurken" zum "Freund" gemacht?
      Gib mal ein Beispiel dafür, daß Pervez Musharraf in einer amtlichen US-Publikation wortwörtlich als "Schurke" bezeichnet worden ist. Verwechselst Du da nicht irgendwen mit Zia Ul-Haq?

      9) Arbeiten die USA weiterhin engstens mit undemokratischen moslemischen Staaten (Saudi-Arabien, Kuweit, etc. ) , in denen Menschenrechte mit Füssen getreten werden?
      Ja, genau wie Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Rußland. Übrigens: Schon vergessen, wer die meisten und besten Anlagen für die Herstellung von Insektiziden in den Irak geliefert hat? Das waren deutsche Geschäftsleute und Anlagenbauer, die sich nie Gedanken darum gemacht haben, wozu ein Zweistromland mit 80 Prozent Wüste im Staatsgebiet soviel Insektizide braucht!

      10) Gibt es ausser China irgendeinen großen Staat auf der Erde, der lauthals von Menschenrechten redet, wenn es ihm passt, aber weder den internationalen Gerichtshof anerkennt, ja sogar jeden anerkennenden Staat mit Sanktionen belegt, und die B- und C- WAffen-Sperrverträge bzw. Kontrollabkommen nicht unterzeichnet?
      Bis zum dritten Komma der Frage gibt`s ?ne Menge: Rußland, Myanmar, Nordkorea. Danach muß man "nein" sagen, aber im Gegensatz zu Dir würde ich das der Regierung Bush anlasten und nicht wieder "den Amis".

      11) Gibt es irgendein anderes LAnd auf dieser Erde, welches sich lauthals dem "freien Welthandel" verschreibt, aber nach Lust und LAune willkürlich protektionistische Schutzzölle verhängt?
      Ja, die Europäische Union fördert beispielsweise in großen Teilen Nordafrikas die dortige Textilindustrie mit Entwicklungshilfegeldern, aber wenn diese Länder die Sachen dann in die EU exportieren wollen, gibt`s Strafzölle. Bei Olivenöl aus Tunesien und Algerien ist`s dasselbe: Es darf nicht in die EU direkt exportiert werden, aber iberische und griechische Großhändler dürfen das Öl "privat" in Massen aufkaufen und als "EU-Olivenöl" in der EU verkaufen. Und was wäre die europäische Airbus-Industrie ohne EU-Protektionen? Das finde ich sogar gut, denn ohne Airbus gäbe es nur noch die USA als monopolistischen Hersteller für Passagier-Großraumflugzeuge. Oder kennt Ihr noch einen anderen Hersteller?

      12) Gibt es irgendein anderes LAnd ausser den USA, aus deren angeblich nicht existierenden Entwicklungslabors für OFFENSIVE in letzter Zeit entwendetes B-WAffen Material unschuldige Zivilisten tötete?
      Seit wann existieren denn keine US-Entwicklungslabors für offensive B-Waffen?

      Zusatzfrage:

      In welchen der Antworten auf die vorhergehenden Fragen, die das Schicksal von Millionen NICHT-Amerikanern betrafen, waren die USA Opfer und wo (MIT-)TÄTER???
      Noch bessere Gegenfrage: Wer hat denn wann die USA, die Sowjetunion oder eine europäische Mitelmacht in welchen Ländern zu Hilfe gerufen? Die Sowjetunion hat z.B. 10 Jahre lang in Afghanistan denjenigen gesucht, der sie dort zu Hilfe gerufen hatte. Wenn die Regierung Breschnew ihre Truppen dort nie hätte "zu Hilfe kommen" lassen, wäre Afghanistan überhaupt niemals in die Schlagzeilen gekommen!

      Und mal zur Abwechslung eine schöne Frage an "Deep Thought":
      Kennst Du ein anderes Land, in dem es mal so ein Urteil gab - nur ein einziges?:
      Im Januar 1975 sprach der District Court in Washington den 12.000 Teilnehmern an einer Anti-Vietnamkriegs-Demonstration einen Schadensersatz von 12 Millionen Dollar zu - zahlbar aus der Staatskasse - weil die Polizei einzelne Teilnehmer mißhandelt und alle Teilnehmer daran gehindert hatte, einen zur Versammlung geladenen Abgeordneten zu hören!

      So, "Deep Thought", sag` mir doch mal nur ein anderes Land auf der Welt, wo es jemals ein solches Urteil mit Massen-Entschädigungen zugunsten von Regierungsgegnern gegeben hätte - nur ein einziges!

      Von mir (for4zim):

      Zu Nummer 12 noch ein Anhang: Die Biowaffenkonvention, die auf Betreiben der UdSSR angenommen wurde, wurde auch von den UdSSR notorisch gebrochen. Obwohl nur die Entwicklung von Verteidigungsmaßnahmen gegen Biowaffen gestattet war, nicht jedoch die Entwicklung und Produktion von Biowaffen, beschäftigte sich die UdSSR damit intensiv. Dabei kam es auch zu Unfällen, denen in einem Fall in der Nähe von Swerdlowsk über 100 Zivilisten zum Opfer fielen. Auch unter Putin werden weiter Biowaffen entwickelt und produziert. Ob auch die USA Biowaffen bereits wieder herstellt, weiß ich nicht. Zumindest aber konnten in den achtziger Jahren die UdSSR trotz durchgeführter Kontrollen auf amerikanischem Gebiet gemäß der Konvention den USA keinen Verstoß nachweisen, was für die UdSSR damals recht ärgerlich war. In jener Zeit galten Biowaffen in den USA als nicht praktikabel; ein wesentlicher Grund, warum die USA sich lange Zeit auf die Produktion von Kernwaffen konzentrierten.



      Auf all dies hatte unser göttlicher Deep Thought nie geantwortet, weil er nie auf Fragen antwortet, die den Glauben an seine Version vom allein seeligmachenden Anti-Amerikanismus zerstören könnten, nicht wahr?

      Mein zugegebenermaßen etwas polemisches Frage-Posting #55 in Thread: wie man probleme amerikanisch "löst"

      Ich habe das schon mal in anderen Threads gefragt und ich hätte doch mal gerne eine Antwort:

      Auf dem Friedhof des Jahres 1989 mit den Opfern der Massaker dort liegen Freunde meiner Freunde und meine Frage an Seuchenvogel oder andere Verblendete wäre daher:

      Wo sind denn in Westeuropa die Massengräber der Opfer der amerikanischen "Mörder", die Dich/ Euch so schrecklich unterdrückt haben?
      Warum gibt es solche Mengen von Gedenksteinen und Heldenfriedhöfen für die europäischen Opfer der Jahre 1956, 1968, 1971, 1981, 1989 denn vor allem in Ungarn, Tschechien, Polen und
      Rumänien?

      Haben die Amerikaner es so gut verstanden, ihre Opfer bei Dir zu verstecken?
      Wieso lebt Ihr in einem der reichsten Länder der Welt und andere Länder in Osteuropa in
      solcher Armut?
      Das Einkommen eines rumänischen Professors liegt nämlich noch ca. 100 Euro unter dem niedrigsten deutschen Sozialhilfesatz!
      Habt Ihr darüber schon mal nachgedacht, wieso es Westeuropäern so gut geht, obwohl sie doch pausenlos von den teuflischen Amerikanern underdrückt wurden?
      Ja, es muß absolut furchtbar sein, im Machtbereich der Amerikaner zu leben und seit 1945 pausenlos von ihnen versklavt zu werden!

      Und trotz allem schlagen sich doch tatsächlich Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, die Slowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Slowenien, Kroatien und die Ukraine
      darum, in die EU zu kommen und in der NATO als Erste ebenso von den Amerikanern versklavt zu werden.
      Das können für Dich doch alles nur verblendete Verrückte sein,
      nicht?
      Hunderte von Millionen von indoktrinierten Opfern einer amerikanischen Gehirnwäsche, nicht? Wie haben das diese amerikanischen Teufel nur fertiggebracht?



      Die Antworten meines allerwertesten und göttlichen Deep Thought lauteten in jenem Thread im später freundlicherweise gelöschten Posting # 57nach einführenden Bezeichnungen wie "Oberlehrer" (so wurde ja auch Hans-Jochen Vogel von der CDU genannt, nicht?), "Friedman" "Rassist" etc. im folgenden:
      Wörtliche Zitate von Deep Thought an und für meine Wenigkeit, die von Deep Thought`s Sinn für sachliche und zweckdienliche Diskussionen zeugen, und für die mich niemals so etwas "surreales" wie eine Entschuldigung von Deep Thought erreicht hat, weil er ja einfach unfehlbar ist, nicht wahr?:
      du bist einfach zwanghaft in Deiner bescheuerten anklagenden Art, ...
      ... solcher Typen wie Dir ...
      ... (als Du noch in Windeln geschissen hast, falls überhaupt geboren) ...
      ... Du bist derart beknackt, ...... ich kann dein virtuelles Geheule hier nicht mehr ertragen...
      ... Dein Spatzenhirn...
      ... Du Pfeife ...
      ... als Du noch flüssig warst ...
      ... Dir frechem, eingebildeten Nichts an Würstchen ...
      ... und Menschen, die aus Rumänien kommen, zu meinen Freunden zähle.
      ... solche verzogenen Kinder wie Dich, solche überheblichen Gewinnler gibt es unter diesen liebenswerten Menschen gottseidank nicht.
      ... US-ergebenen Dünnpfiff daher, sondern haben ihr Herz und Hirn NACH Erreichen ihres Zieles nicht wie Du aus- , sondern weiterhin angeschaltet. ...
      ... Es mag ja Menschen geben, die Du mit deinem pfauenhaften und machomäßigem Gehampele und Imponiergehabe beeindruckst, aber bei lebenserfahrenen und reifen Menschen dürfte das so gut wie ausgeschlossen sein.


      Leider hast es Du, lieber und göttlichster Deep Thought, des weiteren versäumt, auf meine Nachfragen zu Deinen folgenden Zitaten zu antworten:
      a)... Du bist verdammt eingebildet, mein Kleiner!... Da Du ja nichts für meine Bildung tust, muß ich mir eben etwas einbilden, nicht?
      b) Wann genau war ich denn Deiner Meinung nach "flüssig"? Ich bitte um eine temporäre Spezifizierung, denn weder während meines Schwimmunterrichts noch im pränatalen Stadium ist ein Mensch jemals flüssig. Eizellen und Spermatozoen selbst sind nicht flüssiger als der sich bildende Mensch. Sie bewegen sich auch lediglich in wässrigen Lösungen, nicht wahr?


      Meine Wenigkeit erlaubt sich in ihrem Staube liegend, kurz den anderen (Un-)Gläubigen den göttlichen Deep Thought vorzustellen, der sich herablässt, auch in der Abwesenheit von einem "Nichts an Würstchen" in dessen Thread seine Weisheiten zu verkünden:
      So lasset uns nun alle jauchzen und frohlocken, Ihr gläubigen Jünger des aufgeklärten Anti-Amerikanismus denn ER ist wieder hier in meinem Thread: Internationale Politik, Moral und monokausale Historien-Malerei:
      Der göttliche Deep Thought, der wie kein anderer die fehlende Moral durch Doppelmoral und monokausale Historienmalerei zu ersetzen versteht. Er, der geniale Interpret der historischen Schwarz-Weiß-Malerei, der er wie der doppelgesichtige Gott Janus ähnlich ist dem nahezu ebenso göttlichen Richard Perle, der dunkel-vordenkenden Eminenz der US-Regierung. Wir alle erinnern uns doch, dass Richard Perle unter US-Studenten der Politologie "Prince (oder auch "Lord" ) of the Darkness?" genannt wird. Warum dies so ist? Nun, das Weltbild des Richard Perle entspricht genau im reziprok-umgekehrten Verhältnis dem des göttlichen Deep Thought:
      Richard Perle`s Weltbild: Die USA sind der strahlende weiße Ritter der Weltgeschichte, der in Gestalt seiner Armeen immer nur Gutes getan hat und deshalb können alle Gegner der USA nur Feinde sein! Gegenmeinungen zeugen nur von der Macht des Bösen, die wir bekämpfen müssen, bis der Jüngste Tag kommt.
      Deep Thought`s Weltbild: Die USA sind der ölig und schleimigschwarz-schillernde Ritter des Bösen in der Weltgeschichte, der niemals etwas Gutes getan hat und deshalb können alle Freunde der USA nur meine und die Feinde der Menschheit sein, da ich allein die Menschheit repräsentiere! Gegenmeinungen zeugen nur von der bösen Macht der bösen USA und müssen mit Beleidigungen mundtot gemacht werden, für die ich mich nie entschuldige, da das bei meiner Göttlichkeit natürlich eine Schwäche wäre, die meine Jünger von mir entfremden würde.
      Beide sind fanatisch-verschrobene Extrem-Denker. Sie besitzen einen ausgeprägten Tunnelblick und nehmen ihre coolen schwarzen Sonnenbrillen nie ab, da sie sonst die Realität sehen müssten und die Tatsachen erkennen könnten. Jeder Andersdenkende ist potentiell ein reaktionärer Feind und seine Denkmuster müssen schizophren sein; daher müssen sie bekämpft werden, auch wenn man dafür mit Extremisten anderer Gebiete, z.B. Neo-Nazis oder wahlweise Antisemiten gemeinsame Sache machen muß. Für intellektuelle Nachdenklichkeit ist da natürlich kein Raum, denn Menschen mit einer Meinung, die sich irgendwo zwischen der von Deep Thought einerseits und der von Richard Perle andererseits befindet, können nur ?schizophren? sein, denn ihnen wurde die Erleuchtung zuteil und sie wagten es doch tatsächlich, immer noch kritische Nachfragen zu stellen, die das Licht des Deep Thought (oder Perle, je nachdem) verdüsterten.
      So ist es dann auch natürlich so, dass wir bei Perle nie etwas von My Lai lesen werden und bei unserem göttlichsten Deep Thought niemals auf den chinesisch-vietnamesischen Krieg 1978 oder die Massaker der Khmer Rouge in Kambodscha mit über 2,5 Mio. Toten NACH dem Abzug der USA aus Südostasien eingegangen werden wird, denn dies waren ja ebenso wie die Diktaturen in Osteuropa wohl nur ?intrafamiliäre Auseinandersetzungen unter Bruderstaaten?, in die man sich eben nicht einmischt. Wenn allerdings mal zufällig jemand wie meine untertänigste Wenigkeit daran erinnern sollte, dann muß er sofort von Deep Thought aus dem betreffenden Thread hinausgeworfen oder beleidigt werden, nicht wahr?
      Andererseits ist dies aber auch kein Hinderungsgrund für den göttlichsten und unfehlbarsten aller "Deep Thoughts", ohne erkennbare Entschuldigung, Antwortbereitschaft oder auch nur Diskussionsbereitschaft in den Threads der Querdenker aufzutauchen, denn Deep Thought ist nun einmal der göttliche Unfehlbare, der es nicht nötig hat, auf Fragen des unterwürfig-höflichen Auryn nach Vietnam, totalitären Diktaturen oder sonstiges zu reagieren, das die Unfehlbarkeit des Deep Thought in Frage stellen könnte, nicht wahr?
      Hast Du, oh göttlichster und unfehlbarster Deep Thought, Dich eigentlich schon mal mit Deinen nun sicherlich über 2.500 anti-amerikanischen und anti-israelischen Postings schon mal beim Buch der Rekorde um den Titel "Größter Anti-Amerikaner unter einem einzelnen Internet-Pseudonym" beworben?
      In freudiger Erwartung Deiner sicherlich wieder mit Hilfe von Beleidigungen ausweichenden Antwort verbleibe ich Dein von Dir ewig verfolgter, weil ungläubiger Nicht-Anti-Amerikanischer Knecht
      Auryn
      P.S.: Du, oh göttlichster Deep Thought, darfst Dir diesmal für Deine Beleidigungen etwas mehr Zeit nehmen, denn ich werde für heute meine Tätigkeit in Form von ketzerischen Fragen an Dich, den göttlichen und unfehlbaren Deep Thought einstellen, da Du Dich bestimmt auf absehbare Zeit zum Brüten in Dein für Normalsterbliche undurchdringliches Logik-Wölkchen hinter Deine coole undurchsichtige Sonnenbrille zurückziehst, um Deine früheren Beleidigungen noch einmal zur eigenen moralischen Stärkung Revue passieren zu lassen.
      Avatar
      schrieb am 08.01.03 14:21:35
      Beitrag Nr. 197 ()
      Auryn,
      du hast dich offenbar gut erholt ...

      Wenn Saddam wirklich CIA-Agent gewesen wäre, hätte er ja recht gehabt, damals die UN-Inspektoren rauszuschmeißen, nachdem er feststellte, daß sich im Irak CIA-Agenten befanden ... !! :cool:

      Unbefugtermaßen werde ich jetzt noch deine Adresse an Deep Thought lesen. (Hoffentlich ist mein Bildschirm groß genug. :D )
      Avatar
      schrieb am 08.01.03 14:40:20
      Beitrag Nr. 198 ()
      Auryn,
      mußt du aber sauer sein, da selbst dein Humor nur noch in eingeschobener tiefgekühlter Form erscheint. Welch akribisch zusammengetragene Sammlung, die du Deep Thought da vorhältst. Bin gespannt, ob er antwortet. Deiner "Wenigkeit" gebe ich aber den Rat, dir nicht alles so zu Herzen zu nehmen. Andernfalls werden deine Postings das WO-Board sprengen.
      Wilma :kiss:
      Avatar
      schrieb am 08.01.03 15:33:45
      Beitrag Nr. 199 ()
      Blair sagt nach Zerwürfnis mit Israel Nahost-Konferenz in London ab
      von Thomas Kielinger

      London - Die britischen Bemühungen, dem Dialog über die Zukunft der palästinensischen Frage neuen Impetus zu verleihen, haben einen schweren Rückschlag erlitten. Das Debakel wurde verursacht durch die Entscheidung des israelischen Außenministeriums, keine palästinensischen Repräsentanten zu der für den 14. Januar in London anberaumten Nahost-Konferenz ausreisen zu lassen. Auf ihr sollte die weithin gewünschte Strukturreform der palästinensischen autonomen Verwaltung besprochen werden. Ohne Teilnahme jener Politiker aber, für die das Londoner Treffen überhaupt einberufen worden war, verliert das ganze Unternehmen seinen Sinn. Infolgedessen hat sich die Blair-Regierung jetzt gezwungen gesehen, die Konferenz kurzfristig abzusagen und auf einen unbestimmten späteren Zeitpunkt zu verschieben.


      Eingeladen zu dem runden Tisch, bei dem Außenminister Jack Straw persönlich den Vorsitz führen wollte, waren Teilnehmer aus den USA, der UNO, der Europäischen Union, Russlands, Ägyptens, Jordaniens und Saudi-Arabiens. Vergeblich hatte Straw bei seinem Amtskollegen Benjamin Netanjahu interveniert, das Nein Jerusalems zur Ausreise der Palästinenser noch einmal zu überdenken. Netanjahu blieb eisern in seiner Ablehnung. Sie ist Teil von Israels Reaktionen auf den jüngsten Doppelselbstmordanschlag in Tel Aviv.


      „Leuten, die solchen Horror zu verantworten haben, auch noch die Gelegenheit zu geben, nach London zu reisen und dort über Scheinreformen zu reden, würde dieser ganzen Täuschung nur zu weiterer Verbreitung verhelfen“, begründete Außenminister Netanjahu die israelische Haltung. Schärfer noch war der telefonische Wortwechsel zwischen den beiden beteiligten Ministern ausgefallen, den die israelische Botschaft in London in einem erstaunlichen Fall von offizieller Indiskretion als Transkript bekannt gab. Demnach empörte sich Netanjahu, es könne angesichts der Anschläge vom Wochenende kein „business as usual“ mit
      den Palästinensern geben: Führungsgruppen, die durch Terror kompromittiert sind, könnten „keine Partner für den Frieden“ sein. „Ihr in Großbritannien“, so fügte der israelische Politiker verbittert hinzu, „macht genau das Gegenteil“.


      Das Argument verbat sich Straw seinerseits, mit der Replik: „Nein, es ist Israel, das vom Gegenteil befangen ist. Statt sich darauf zu konzentrieren, dem Terror beizukommen, schlägt es gegen palästinensische Delegierte zurück.“
      Auch Amerikas Außenminister Colin Powell hat inzwischen die israelische Weigerung bedauert, die vorgesehenen palästinensischen Teilnehmer an der Londoner Konferenz reisen zu lassen. Den Angaben zufolge forderte Powell Israel aber nicht auf, das Reiseverbot aufzuheben.


      Das Zerwürfnis zwischen London und Jerusalem dürfte sich weiter vertiefen, wenn morgen Tony Blair Amram Mitzna, den neuen Anführer der oppositionellen Labour-Partei Israels, in der Downing Street empfängt. Einem solchen Treffen mit Außenminister Netanjahu bei dessen Besuch in London im Dezember war Blair gezielt aus dem Weg gegangen.


      Artikel aus "Die Welt" erschienen am 8. Jan 2003
      Avatar
      schrieb am 08.01.03 15:36:52
      Beitrag Nr. 200 ()
      Polizei ermittelt gegen Scharon
      Israels Premier soll bei Verhör zu Millionen-Beträgen wissentlich die Unwahrheit gesagt haben

      von Norbert Jessen

      Tel Aviv - Der israelische Wahlkampf kommt in seine heiße Phase, doch die Wahlwerbung und der politische Diskurs stehen derzeit nicht im Mittelpunkt des Interesses der israelischen Öffentlichkeit. Alle Medien, einschließlich Armeesender, beschäftigten sich vielmehr mit neuen polizeilichen Ermittlungen zu finanziellen Unregelmäßigkeiten in den Wahlkämpfen der Jahre 1999 und 2000. Die angesehene und gewöhnlich gut unterrichtete Tageszeitung „Ha’aretz“ wusste gar von einem ganz konkreten Verdacht gegen Ministerpräsident Ariel Scharon zu berichten: Er soll in einem Polizeiverhör wissentlich die Unwahrheit gesagt haben. Der Premier ließ über seinen Berater Usi Arad erklären, dass er gründliche Ermittlungen der Polizei fordert. Er habe seine Version der Polizei in voller Länge mitgeteilt. Vorwürfe der Presse seien irreführende Falschmeldungen. Einen Machtwechsel auf Grund von Lügen werde es in Israel nicht geben, so Arad. Den Machtwechsel aber, beziehungsweise den sofortigen Rücktritt Scharons, forderte der Oppositionsführer und Chef der Arbeitspartei, Amram Mitzna.


      Die neuen Ermittlungen werden drei Wochen vor der Wahl, die am 28. Januar stattfindet, bekannt. Sie setzen eine Kette von Korruptionsvorwürfen fort, die nach den Vorwahlen gegen die beiden größten Parteien Israels aufkamen, dem Likud von Ariel Scharon und der Arbeitspartei. So werden etwa dem ältesten Sohn des Premiers, Omri Scharon, Verbindungen zu kriminellen Elementen während der Vorwahlen der Partei vorgeworfen.


      Im Mittelpunkt der neuesten Enthüllungen aber steht der jüngere Scharon-Sohn Gilad. Auf seinem Tel Aviver Bankkonto lief im Januar 2002 eine Summe in Höhe von 1,5 Millionen Dollar ein. Der Einzahler war ein Südafrikaner namens Cyril Kern. Das Geld kam von einem österreichischen Bankkonto und lief über eine New Yorker Bank nach Tel Aviv.


      Gilad Scharon überwies diese Summe an die Hausbank der Familie Scharon im südisraelischen Sderot. Das Geld diente zur Rückzahlung eines Kredits, den Gilad Scharon wenige Wochen zuvor aufgenommen hatte. Mit dem Geld dieser Anleihe kam Vater Scharon einer Rückzahlungsforderung des israelischen Rechnungshofes nach. Die Behörde hatte festgestellt, dass es sich bei einem ordentlichen Verein namens Annex nur um eine Scheinadresse gehandelt hatte. Annex, so der Verdacht schon vor einem Jahr, verfügte über illegale Spenden. Diese dienten zur Zahlung von Dienstleistungen, die Ariel Scharon im Rahmen seines Wahlkampfes in Auftrag gegeben hatte.


      Die Rückzahlung musste daher aus der persönlichen Tasche des Premiers gezahlt werden, so die Auflage. Als Bürgschaft für den Kredit von Gilad Scharon stand ursprünglich die Schikmim-Farm der Familie. In einem Polizeiverhör, das der Beschwerde des Rechnungshofes folgte, verwies Scharon die Ermittler an seinen Sohn Omri: „Mit den finanziellen Angelegenheiten von Annex habe ich mich überhaupt nicht abgegeben.“ Der Sohn verweigert dazu aber bis heute jede Aussage. „Omri ist doch schon ein großer Junge. Der entscheidet allein, was er tut“, ließ Scharon dazu auf Anfrage der Polizei lakonisch verlauten. Auf die Frage, aus welchen Quellen er die Rückzahlung der Annex-Ausgaben getätigt habe, verwies Scharon auf den israelischen Kredit mit seiner Farm als Bürgschaft. Obwohl er zu diesem Zeitpunkt bereits wissen musste, dass der Kredit rückgängig gemacht wurde.

      „Ha’aretz“ veröffentlichte am Dienstag ein Gesuch der israelischen Staatsanwaltschaft um Rechtshilfe an die südafrikanischen Justizbehörden. Es geht um die Feststellung, ob der Einzahler Cyril Kern überhaupt existiert. Und ob er wusste, welchem Zweck das Geld dienen soll. Die Zeitung fand eine Person mit diesem Namen in Südafrika. Dieser Cyril Kern gab am Telefon bereitwillig zu, dass er Scharon persönlich kenne. Nach der Einzahlung an Gilad Scharon befragt, legte Cyril Kern aus Südafrika den Telefonhörer auf.


      Artikel erschienen am 8. Jan 2003
      Avatar
      schrieb am 08.01.03 17:43:34
      Beitrag Nr. 201 ()
      Deep Thought,
      mal zurück zur Irak-Krise. Ich las schon einmal die Äußerung eines Verdachts, alles sei auf eine ganz persönliche Initiative Bushs zurückzuführen. (Wobei man sich fragen müßte, ob Bush überhaupt weiß, welches Machtpotential er da in Gang gesetzt hat.) Seine Neujahrsrede (www.whitehouse.org) scheint das zu bestätigen:

      <For Immediate Release - Office of the Press Secretary - January 1, 2003 - 2:16 P.M. (EST)


      COMPLETE TEXT OF PRESIDENT BUSH`S INSPIRING 2003 NEW YEARS DAY MESSAGE OF HOPE AND PATRIOTISM
      Statement by the President

      THE PRESIDENT: Good morning, and Happy New Year. I`m going to keep this brief, because I know that many of you were out late celebrating last night, and if you`re even a fraction as hung over as my wife is today, I understand that you`re eager to get your chin back on the toilet rim for awhile before parking your cellulite-addled ass back in the La-Z-Boy to soak up a full day`s worth of QVC and Marlboro Lights.

      (Applause.)

      The past year has been a time of great achievement, progress, and renewed hope for the Republican party. As our citizens continue to demonstrate a spirit of near-effortless malleability, we are building a culture of patriotism-fueled paranoia, isolationism, and religious zealotry that not only strengthens our plutocratic stranglehold, but also offers hope to the many CEOs in danger of losing their Aspen ski villas.

      To counter whatever new threats we manufacture for political gain, we are enhancing the perception of security at home, while purporting to build an international coalition against terrorism which will serve as cover for my wholly personal vendetta against Saddam Hussein. And though my policies are inciting a global chorus of near-deafening and increasingly violent anti-Americanism, we`re still stronger than them. So fuck `em.

      We will continue our efforts to talk ad nauseum about securing America, continue beating the drum for a "war" on terrorism which can have no qualifiable victory, focus on corporate tax reductions, play the "liberal media" like a cheap fiddle, promote Christianity, clear the unemployment rolls of lazy coloreds, and ensure the economic security of all my heroic Bonesmen brothers. As we move forward into the New Year, I encourage all Americans to give thanks to the one and only true Lord & Savior Jesus Christ, and to join with me in reaffirming our commitment to overturning Roe vs. Wade and dropping a Daisy Cutter or five through the Separation of Church and State.

      At the dawn of this New Year, America is a land of unemployment, vast socioeconomic and racial disparity, shrinking civil liberties, and profoundly reduced tolerance for reason and intellectualism. Rest assured that my administration will continue to work hard behind closed doors to build on these incredible successes - AND to smite the political obstacles to our own self-enrichment that lie ahead.

      Laura and I send our weak attempts at sincere Best Wishes this New Year. May Jesus Christ bless those of us who correctly fear his wrath, and may He continue his righteous crusade (with my help) to bring not only the United States, but also the entire world, under his loving and mighty thumb.

      GEORGE W. BUSH >

      Eigentlich gehört diese Rede in meinen Thread "Das darf doch nicht wahr sein"!
      Avatar
      schrieb am 08.01.03 17:53:04
      Beitrag Nr. 202 ()
      Ich wiederhole: personal vendetta!!!!

      Wer`s nicht weiß: "Vendetta" ist die italomafiöse Blutrache. Wofür?
      Avatar
      schrieb am 08.01.03 17:54:35
      Beitrag Nr. 203 ()
      Nach Al Gore hat nun auch Daschle erklärt, bei den nächsten Wahlen nicht gegen Bush antreten zu wollen. Kann es sein, daß dahinter der Gedanke steckt, Bush möge selbst auslöffeln, was er da eingebrockt hat?
      Avatar
      schrieb am 08.01.03 17:54:45
      Beitrag Nr. 204 ()
      Sag mal Wilma,


      glaubst Du, die Rede ist echt?
      Avatar
      schrieb am 08.01.03 18:00:57
      Beitrag Nr. 205 ()
      Rainer, ich weiß es nicht und habe natürlich Zweifel. Aber www.whitehouse.org ist eine offizielle Page.
      Wenn die Rede nicht echt ist, würde das bedeuten, daß man Bush zu unterminieren versucht (wer? Geheimdienst? Warum?), wenn sie echt ist, muß man Bush zumindest für sehr streßgeplagt halten ...

      My goodness!!!!!!!!
      Avatar
      schrieb am 08.01.03 18:08:35
      Beitrag Nr. 206 ()
      Le Monde von morgen:

      <• LE MONDE | 08.01.03 | 13h13
      La Maison Blanche veut maintenir le cap au centre à l`intérieur du Parti républicain
      En accompagnant les réductions d`impôts de mesures sociales, George Bush entend conforter ses chances pour l`élection présidentielle de 2004.
      Washington de notre correspondant

      David Frum, ancien membre de l`équipe de rédaction des discours à la Maison Blanche, publie, ces jours-ci, un livre intitulé L`Homme qu`il fallait, dans lequel il explique que George W. Bush est en train de remodeler le Parti républicain.

      Sous la conduite du président, le Grand Old Party s`éloignerait du reaganisme en devenant moins libéral, au sens européen, dans le domaine fiscal, mais aussi, au sens américain, sur les sujets de société. Le républicanisme, version "W" Bush, conservateur et religieux en matière de mœurs, serait plus social que du temps de Ronald Reagan et du premier président George Bush. Pour M. Frum, de même que Bill Clinton avait mis fin, chez les démocrates, à l`ère de l`Etat tentaculaire, M. Bush fermerait, chez les républicains, l`époque de l`anti-Etat.

      L`ampleur des nouvelles réductions d`impôts proposées par M. Bush, mardi 7 janvier, incite à nuancer l`analyse de son ancien collaborateur. Bien qu`il ait remanié son équipe économique, en décembre, en y faisant entrer deux adversaires des déficits budgétaires massifs - John Snow comme secrétaire au Trésor et Stephen Friedman comme conseiller économique -, le président s`oriente vers des déséquilibres qui pourraient bien finir par ressembler à ceux des deux mandats de M. Reagan, de 1981 à 1989.

      La suppression de la taxation des dividendes pour les détenteurs d`actions, principale mesure fiscale du plan, est évidemment tournée vers les plus riches, et revendiquée comme telle par la Maison Blanche. Elle vise à satisfaire, à la fois, les 35 millions de foyers fiscaux dont une partie des revenus est constituée de dividendes et les doctrinaires de la baisse des impôts, pour qui la réduction du poids de l`Etat est au cœur de la révolution conservatrice inachevée.

      UNE SORTE DE REVANCHE

      Il est vrai que M. Bush cherche à tempérer ou à estomper ce choix par d`autres mesures, favorables aux revenus modestes, et par des aides aux chômeurs. Au-delà du plan présenté mardi, la Maison Blanche prépare une sorte de revanche sur ce que M. Clinton avait réussi il y a dix ans. Le candidat démocrate avait alors, au détriment de M. Bush père, annexé l`économie, terrain de prédilection des républicains. M. Bush fils tente d`enlever aux démocrates l`assurance-maladie. L`absence de véritable couverture-santé est l`une des principales faiblesses du système social américain. En dehors de deux systèmes publics, couvrant partiellement les dépenses des retraités et celles des foyers à très bas revenus, l`assurance est privée. Chacun s`assure individuellement ou bénéficie, aux termes de son contrat de travail, d`un plan financé par son employeur. Ces plans sont gérés par les compagnies d`assurances dans le cadre des HMO, ces "plans de couverture-santé" qui contingentent strictement les actes auxquels ont droit les souscripteurs et encadrent les tarifs des médecins. Il n`est plus question de légiférer sur les droits des patients, comme le Congrès avait commencé à le faire en 2001, mais M. Bush propose d`améliorer la couverture des personnes âgées et devrait présenter bientôt un plan de crédits d`impôts destiné à aider les salariés modestes à se doter d`une assurance.

      Pour ce type de projet, le changement de chef de file des républicains au Sénat est précieux pour M. Bush. La Maison Blanche a poussé en avant un sénateur du Tennessee, Bill Frist. Bientôt âgé de 50 ans, souriant et élégant, M. Frist, chirurgien de son métier, a quelques traits communs avec Bernard Kouchner. Sans avoir fondé d`organisation humanitaire, il a participé à des actions de ce genre en Afrique.

      CAPITAL POLITIQUE

      Spécialiste des greffes du cœur et du poumon, il n`est entré en politique qu`assez tard, lorsqu`il s`est présenté, en 1994, au Sénat. Adversaire de l`avortement, moralement conservateur, c`est, sur les questions sociales, un modéré, considéré comme capable d`obtenir les voix démocrates dont les républicains, qui détiennent 51 sièges sur 100, auront besoin du fait des règles de vote propres au Sénat.

      Peu familier des manœuvres complexes qui caractérisent la vie parlementaire américaine, M. Frist pourrait manquer d`autorité face à l`homme fort des républicains à la Chambre des représentants, le député du Texas Tom DeLay. Parfait représentant de la droite religieuse, fidèle participant aux conventions des Baptistes du Sud, M. DeLay, âgé de 54 ans, est passé du statut de président du groupe à celui de chef de file de la majorité républicaine. Il a pris une part décisive dans l`augmentation du nombre des députés de son parti lors des élections de novembre 2002.

      Face au style centriste que M. Bush tient à conserver dans la perspective de l`élection présidentielle de 2004, M. DeLay incarne le conservatisme économique, social et moral. Pour éviter de se laisser déporter de son axe par des républicains que leurs succès électoraux ont rendu impatients, M. Bush compte sur le capital politique qu`il doit à la "guerre contre le terrorisme".

      Patrick Jarreau

      • ARTICLE PARU DANS L`EDITION DU 09.01.03>
      Avatar
      schrieb am 08.01.03 18:38:05
      Beitrag Nr. 207 ()
      U.S. Faces Big Decision Over New U.N. Resolution
      Wed January 8, 2003 09:54 AM ET
      By Alan Elsner, National Correspondent
      WASHINGTON (Reuters) - President Bush will soon face a crucial decision on whether to seek a new U.N. resolution approving war against Iraq or whether to launch an attack without such a vote.

      Crunch time for the United States is likely to come soon after Jan. 27, when the heads of the U.N. inspection teams currently searching for nuclear, chemical and biological weapons in Iraq submit their first full report.

      The report is likely to reiterate that a 12,000-page accounting of its unconventional weapons and dual-use industrial facilities delivered by Iraq to the U.N. last month contained serious omissions. On the other hand, U.N. inspectors in Iraq have so far failed to find any real evidence of banned military programs.

      An emerging nuclear crisis with North Korea has also complicated Bush`s task, possibly making it more difficult for him to build a case for military action against Iraq.

      "I thought the chances of war were 90 percent or more a few days ago but I`m now down to 75 percent," said Phyllis Bennis, of the Institute for Policy Studies, a liberal Washington think tank which opposes the war.

      "At the U.N., a huge contradiction is undermining Bush, namely that the inspectors have not found anything in Iraq. Meanwhile the North Korea crisis has made everything much harder for the administration," she said.

      Many in the United States and around the world find difficulty understanding why it might be necessary to attack Iraq, which recently allowed nuclear inspectors into the country, while pursuing diplomacy with North Korea, which has just kicked nuclear inspectors out.

      With U.S. and other troops fast moving into position around Iraq and military experts saying February would be the ideal time for an attack, before the heat of an Iraqi summer begins to build, Bush will come under pressure from some of his conservative backers to keep diplomatic maneuvering to a minimum and begin the war with little or no delay.

      "We cannot move the number of troops and assets we have moved to the region and not go to war," said Danielle Pletka, foreign policy coordinator for the conservative American Enterprise Institute think tank.

      "If our goal is to persuade the world of the need for military action, that goal is unachievable. If you go by the lowest common denominator in international politics, you never get anything done," she said.

      MORE DIPLOMACY

      Others in the administration, notably Secretary of State Colin Powell, may argue that it would be worth making a new diplomatic effort to secure U.N. approval for military action, even if it took a few weeks to get it.

      Under the terms of Security Council resolution 1441, the last vote on Iraq passed unanimously on Nov. 8, the United States is not bound to pass another resolution before going to war. Its only commitment is to consult with Security Council members before taking action.

      There are strong reasons both for and against getting another resolution. On the plus side, American voters have made it clear through public opinion polls they would strongly favor having U.N. approval and a broad international coalition if there is to be a war.

      An NBC/Wall Street Journal poll last month found 55 percent saying the United States should go to war only with U.N. support, against 35 percent who thought such support was unnecessary. The same poll found 35 percent in favor of attacking Iraq without any allies, while 54 percent said it was essential to have allied support.

      "It would be enormously risky for Bush to go it alone or just with the British, although the president seems prepared to do that if necessary. But the Bush administration has still not made a compelling case either to the American people or world opinion about why war is necessary," said Jonathan Tucker, a former U.N. arms inspector in Iraq, now with the U.S. Institute for Peace.

      On the minus side, another U.N. Security Council resolution approving a war could take weeks to craft, if it is attainable at all. France, Russia, China and other council members have all expressed serious doubts, although French President Jacques Chirac is now hinting at military support. Resolution 1441 took eight weeks of painstaking negotiation to achieve.

      "If it looked as if Washington was going to be tied up for weeks on end trying to get a new resolution, I don`t think the administration would want to wait," said Terence Taylor, Washington director of the London-based International Institute of Strategic Studies.

      Some Security Council members like Pakistan, Mexico and Germany, which do not want to antagonize Washington, might prefer to avoid a vote. Public sentiment in those nations is running strongly against a U.S. attack on Iraq.

      Patrick Clawson, an Iraq analyst with the Washington Institute for Near East Policy said the Bush administration might have more time and display more patience than many have assumed.

      "The administration has shown great patience so far and we should not assume they feel under time pressure to move immediately. A war could conceivably wait until March or April," he said.
      Avatar
      schrieb am 08.01.03 20:10:54
      Beitrag Nr. 208 ()
      #203, 204, 205

      Ich habe schon so einige Dinge betrachtet, die schier unmöglich und trotzdem wahr waren. Diese Rede ist so absurd, daß sie echt sein muß. Denn niemand, der will, daß man eine von ihm fabrizierte Lüge glaubt, würde so unglaubwürdig lügen. :(
      Avatar
      schrieb am 08.01.03 20:20:34
      Beitrag Nr. 209 ()
      HAllo, habe nicht viel zeit, möchte aber auf zwei Sendungen Heute hinweisen:
      Heute

      20.45 ARTE

      MITTWOCH,
      8. Januar 2003

      DIE WAHRE GESCHICHTE DES GOLFKRIEGES





      Dokumentation · 59 MIN · VPS 20.45

      Dokumentation, USA 2000, ARTE F Von: Audrey Brohy, Gérard Ungermann Wiederholung am 15.01. im Nachmittagsprogramm.



      Präsident George Bush junior ist entschlossen, die Diktatur Saddams im Irak zu beenden. Und damit zu vollenden, was sein Vater, Präsident George Bush senior, vor zwölf Jahren begonnen hatte: Saddam verjagen und ein neues Regime installieren. ARTE blickt zurück auf den Golfkrieg, der vor 12 Jahren begann: Am 2. August 1990 marschierten Saddam Husseins Truppen in Kuwait ein. Die multinationalen Interventionsstreitkräfte unter dem Oberkommando der Vereinigten Staaten reagierten zunächst mit einem Luftangriff, dann mit einer Landoffensive. Ziel dieser größten Militäraktion seit dem Zweiten Weltkrieg war die Befreiung Kuwaits. Am 28. Februar 1991 wurden die letzten irakischen Soldaten gefangen genommen oder aus Kuwait verjagt. Damit war der Sieg vollständig. Zehn Jahre später, zum Drehzeitpunkt im Jahr 2000, war das über den Irak verhängte Embargo noch immer nicht aufgehoben, die Frage der chemischen Waffen noch nicht gelöst, Saddam Husseins Regime war noch härter geworden, amerikanische Truppen waren noch immer in der Golfregion stationiert, und zahlreiche amerikanische Kriegsveteranen und irakische Zivilisten wiesen noch immer schwere Erkrankungen auf.





      ------------------------------------------------------



      HEUTE !

      Wie die USA ihre Verbündeten im Bosnien-Krieg betrogen
      Film von Sheena McDonald (WDR)

      [Sendung heute, genau Mitternacht im Ersten]



      Sind die USA verantwortlich für mehrere 1.000 Tote im Bosnien-Krieg? Norwegische Offiziere haben beobachtet, wie US-Sondereinheiten die bosnisch-kroatische Seite heimlich aufgerüstet haben - trotz eines UN-Waffenembargos, entgegen der NATO-Politik und unter Bruch ihres eigenen Rechts.

      Der investigative Film legt offen, wie der norwegische Außenminister Stoltenberg, Verhandlungsführer der UNO, von der CIA ausspioniert und ausgetrickst wird. Er zeigt, wie die NATO - einschließlich hoher amerikanischer Generäle - hintergangen wird. Er belegt, dass sogar das militärische Beobachtungs- und Sicherungssystem der NATO kurzfristig unterbrochen wird, um unbemerkt Waffen und Munition nach Tuzla zu bringen. Diese Lieferungen verlängern den Krieg um Bosnien und beeinflussen den Ausgang entscheidend.

      Die Waffenlieferungen blieben den Nato-Verbündeten nicht verborgen. Zwar wurden die USA nicht öffentlich kritisiert, aber dieser "Betrug" führte zu einer britisch-französischen Annäherung mit dem Ziel, europäische Strukturen für eine militärische Zusammenarbeit außerhalb der NATO zu schaffen.


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      Avatar
      schrieb am 08.01.03 20:29:16
      Beitrag Nr. 210 ()
      Danke für den Hinweis. Werde mir beides ansehen. Trotz :yawn: -Uhrzeit!
      Avatar
      schrieb am 08.01.03 22:16:29
      Beitrag Nr. 211 ()
      Deep Thought, was war denn das für ein Film? Totale Kehrtwende?


      Avatar
      schrieb am 08.01.03 22:24:49
      Beitrag Nr. 212 ()
      <Inspectors to Report on Gaps in Iraq Arms Paper
      Wed January 8, 2003 01:01 PM ET

      By Evelyn Leopold
      UNITED NATIONS (Reuters) - Iraq`s arms declaration, to be analyzed by U.N. inspectors on Thursday, fails to clear up murky questions on biological and chemical weapons programs, including 6,000 missing poison gas bombs, U.N. experts said.

      Hans Blix, the chief inspector for biological, chemical and ballistic weapons and Mohamed ElBaradei, in charge of nuclear arms teams, are to give the U.N. Security Council a second briefing on Thursday about the 12,000-page declaration that Iraq submitted a month ago.

      The meeting will probably include plans to increase the team of U.N. arms experts in Iraq and an assessment of inspections to date, which have seen unprecedented Iraqi cooperation despite criticism from President Saddam Hussein.

      A more thorough presentation on inspections and the declaration is scheduled for Jan. 27, which could lay the groundwork for war, which has been threatened by the United States to end any banned weapons programs in Iraq.

      However, with inspections having only begun last month, diplomats do not expect the report to give any definitive conclusions that could trigger an immediate attack.

      That report will be given in an open council session at the request of the 118-member Non-Aligned Movement, a U.S. official said, but there will be no public debate. At such a debate in October requested by developing countries the United States faced a chorus of criticism for plans to attack Baghdad.

      Blix, who gave a preliminary evaluation of the Iraqi arms report last month, is expected to repeat and expand on his earlier criticism, a U.N. official said.

      Shortly before the declaration was submitted on Dec. 7, Iraq also gave Blix a document that had been snatched in July 1998 from a U.N. inspector but not before she was able to take notes on it at the country`s Air Force headquarters.

      Experts familiar with so-called "Air Force document" said it shows that 6,000 fewer 550 pound (250 kg) and 1,100 pound (500 kg) chemical bombs were used in Iraq`s war against Iran, from 1980 to 1988, than Baghdad had claimed.

      Blix so far has only confirmed he received it. But he is likely to cite it as a key omission in Iraq`s declaration.

      He and Elbaradei, head of the International Atomic Energy Agency, plan to go to Baghdad next week, at Iraq`s request, to review the missing data before their pivotal Jan. 27 report.

      Iraq says it has no weapons of mass destruction and has not been working on them since the 1991 Gulf War. The new Iraqi declaration did not contradict this claim and included nearly identical submissions to those provided from 1996 to 1998.

      ANTHRAX, MUSTARD SHELLS, VX AGENTS

      Another key area that Iraq failed to explain were the whereabouts of stocks of biological agents, such as anthrax, and the nutrients used to grow them.

      Blix, in his initial evaluation last month, said Iraq had not provided sufficient data on 50 conventional warheads it claims were destroyed, 550 mustard gas shells declared lost after the 1991 Gulf War, production and weaponization of the deadly VX nerve agent.

      He pointed to Iraq`s reporting of its destruction of anthrax supplies from 1988-1991, which he said "may not be accurate." Iraq declared earlier that it produced liters of anthrax, but inspectors in 1998 estimated it could have been as much as 24,000 liters.

      John Wolf, the U.S. assistant secretary of state for nonproliferation, visited Blix on Tuesday to discuss procedures for taking scientists and their families out of Iraq for interviews, a system inspectors doubt is workable without Iraqi cooperation.

      With the United States and Britain just beginning to provide intelligence to the inspectors, no council member expects Thursday`s report to include any smoking guns. The U.N. arms inspectors, who were in Iraq from 1991 to 1998, resumed their searches only last month.

      "Clearly inspections are a process and one cannot necessarily draw conclusions from simply looking at a site," Blix`s spokesman, Ewen Buchanan, said.

      "Samples have to be taken, and analyzed. Something that raises a question one day may be resolved in an inspection the next," he added. "One can`t draw conclusions yet."

      While the Bush administration has said it would go to war alone, if necessary, Washington will get little support if it short-circuits the Nov. 8 Security Council resolution it initiated.

      The heart of the measure is an assessment by the council of a "material breach" of Iraq`s obligations, a violation that would invalidate the 1991 Gulf War cease-fire and permit war.

      But what facts constitute a material breach are left open to interpretation. Under the resolution, a material breach is to include "false statements and omissions" in Iraq`s arms declarations as well as a failure by Iraq to comply with and cooperate in implementing the resolution.>
      Avatar
      schrieb am 08.01.03 23:24:32
      Beitrag Nr. 213 ()
      @Wilma:

      Jeder mit einem Mindestmaß an Intelligenz bemerkt sofort, dass die Rede eine Satire ist.
      Die ganze Seite "whitehouse.org" ist ein Fake. Die offizielle Seite ist natürlich .gov, wie alle Regierungsseiten in den USA.

      Meine Frage an Dich, ob Du die Rede für echt hältst, war eher ironisch gemeint. Ich dachte, Du machst hier einen Witz.

      Aber danke für das gute Beispiel für den Geisteszustand vieler Amerikahasser. Wem selbst eine so offensichtliche Fälschung ( "so fuck `em" ) für echt hält, dem ist nicht mehr zu helfen. Der glaubt natürlich auch jeglichen sonstigen Mist, den dubiose Quellen so verbreiten. Schau Dir mal www.whitehouse.org genauer an. Da sind wirklich gelungene Sachen drauf, echt witzig. Zum Beispiel in der Kindersektion das Memory-Spiel von Ronald Reagan. Ich hab mich kaputt gelacht.

      Der Film heute abend auf arte. War unglaubliche Propaganda. Völlig einseitig. Wo bleibt da der Berufsethos des angeblich unabhängigen Journalisten?
      Avatar
      schrieb am 09.01.03 03:19:04
      Beitrag Nr. 214 ()
      @ rainer

      hast Du Dir klargemacht, wer da klare aussagen gemacht hat?

      Nato-generäle, hohe Offiziere verschiedener Nationen, der UNO-Koordinator für den Balkan, der ehem. Leiter der Nato-Kommandos (Rose) .... eine investigative US-Journalistin
      Du kannst von investigativen Journalisten nicht erwarten, die aufgedeckten fakten infrage zu stellen, nur damit Leser/Zuschauer das gefühl der "Objektivität" haben, welches ihnen hilft, die Wahrheit zu ignorieren...
      Avatar
      schrieb am 09.01.03 09:38:45
      Beitrag Nr. 215 ()
      Rainer #213,

      den Hinweis auf die Seite fand ich in einem (ernsten) Kommentar einer namhaften Zeitung (Faz oder Zeit). Ich muß deinen strengen Verweis also weiterreichen. :D
      Avatar
      schrieb am 09.01.03 09:46:34
      Beitrag Nr. 216 ()
      ... könnte auch sein, daß es der Rheinische Merkur war (jeweils WebSite).
      Avatar
      schrieb am 09.01.03 10:09:10
      Beitrag Nr. 217 ()
      #214
      Deep Thought, Rainer,

      man muß unterscheiden zwischen Meldungen und Kommentaren. Erstere werden von den Tageszeitungen meist von den Nachrichtenagenturen übernommen, letztere sind Meinung des jeweiligen Redakteurs, die natürlich fundiert sein muß und in der Regel Bezug auf aktuelle Meldungen/Geschehnisse nimmt. Wöchentlich erscheinende Gazetten haben mehr Zeit für Recherchen und greifen auch mitunter (auch)Themenkreise auf, die nicht unbedingt zum brandaktuellen Geschehen gehören. Das liegt in der Natur der Sache bei Themen, die längerer Recherchen bedürfen.
      Bei den aktuellen News sind die Medien also auf die Agenturen angewiesen, für die Reporter vor Ort (jeweils) tätig sind. Letztlich hängt also von diesen ab, was gemeldet wird und wie glaubhaft das ist.
      Die großen (westlichen) Agenturen sind: dpa, ap, reuters, afp, SAD (Springer-eigen).
      Avatar
      schrieb am 09.01.03 10:22:12
      Beitrag Nr. 218 ()
      Deep Thought,
      den Film über die Rolle der US im Bosnien-Konflikt habe ich auch gesehen. Die Amerikaner stehen da ja sehr schlecht da als die Gaffer und Schnüffler, die Hilfe auf Anfrage verweigern, aber militärisch dann auf Seiten ihrer Favoriten eingreifen.
      Nun, ich habe mich auch schon mehrfach gefragt, wieso die Amerikaner in Krisenfällen zwar auftauchen, aber ihre Schlagkraft nicht nutzen, um das Morden bzw. Töten schnellstmöglich zu beenden. Bedenken, einzugreifen, in allen Ehren - aber wo bereits Krieg herrscht, ist es m. E. vorrangig, diesen zu beenden. Wenn man mal das Militär ausklammert (wenngleich auch Soldaten wahrscheinlich in ihrer Mehrzahl lieber keine wären), sind in jedem Krieg die Zivilisten die Leidtragenden (meist ohne Möglichkeit der Einflußnahme), und so ist es auf alle Fälle wünschenswert, diesen desolaten Zustand zu beenden.
      Wenn die Äußerung Saddam Husseins, Amerika einen Bodenkrieg liefern zu wollen, stimmt, dann beruht sie sicherlich darauf, daß die Amerikaner einen solchen in Bosnien ausdrücklich gescheut haben, weil er "zu gefährlich" sei (vorausgesetzt, diese Äußerung ist wirklich gefallen).
      Oder waren die beiden Filme gestern eventuell auch Satire?
      Ich persönlich hatte nicht den Eindruck, wenngleich ihre Tendenz sehr einseitig war (die gegenteilige, ebenso einseitige Tendenz ist man eher gewohnt). Ich gelange zu der Ansicht, daß "Ausgewogenheit" in diesem Bereich gar nicht möglich ist. Die Fakten, wenn es denn welche sind, sind nun einmal nicht ausgewogen, und man kann zwecks Ausgewogenheit keine gegenteiligen Fakten heraufbeschwören. Es kommt eben auf die Perspektive an, und Ausgewogenheit entsteht durch Betrachten von jedweder Seite bzw. Meinungsrichtung. So sind wir denn jetzt pro-anti-amerikanisch völlig ausgewogen??
      Avatar
      schrieb am 09.01.03 11:19:44
      Beitrag Nr. 219 ()
      Jaaaa - vielleicht hat unser überaus "eindringlicher" Klabautermann an meinen gespeicherten Webadressen herumgespielt. Vielleicht ist der auch am Tod unseres Rüden schuld, wissend, daß unsere Hündin wegen eines Hüftschadens niemandem die Treppe hinauf zum Raum mit dem Computer folgen kann ... Vielleicht ist dieser Klabautermann vom Geheimdienst und will, damit ich ihn nicht aufdecke, daß ich unglaubwürdig werde? Wer weiß - wie im Großen, so ja auch im Kleinen. :eek: Das paßt jedenfalls gut aufeinander ...
      Avatar
      schrieb am 09.01.03 12:33:00
      Beitrag Nr. 220 ()
      Man merkt doch immer wieder, was für ein kurzes Gedächtnis die Menschen so in der Internationalen Politik haben.
      Es gab hier mal einen Thread mit dem Titel "Hat sich der Kosovo-Einsatz gelohnt?", in dem ich vor ca. 2 1/2 Jahren schon mal darauf hingewiesen hatte, daß nach einem Bericht von "Frontal" (wenn ich mich nicht irre, noch mit Hauser und Kienzle) mit Einverständnis der bundesdeutschen Regierung von US-Piloten der Firma MPRI genau die MiG-Maschinen nach Kroatien geflogen wurden, die nach den Verträgen zur deutschen Einheit eigentlich in Ost-Deutschland hätten verschrottet werden müssen. Der Trick war beinahe genial: Die deutschen Techniker bekamen ein bezahltes verlängertes Wochenende, die Maschinen standen weiter auf der Liste der verschrotteten MiGs und Kroatien verfügte über Nacht über eine eigene Luftwaffe.

      Im übrigen verweise ich auf meine folgenden Postings aus Thread: Bekommt Milosevic jetzt, was er verdient? :
      #62 von Auryn [Userinfo] [Nachricht an User] 30.06.01 16:16:07 Beitrag Nr.: 3.853.944 3853944
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      Hallo Leute!
      Vielleicht bin ich ja in den letzten Tagen wegen meines chronisch niedrigen Blutdrucks gar nicht mehr aufzuregen, aber ich verstehe nicht ganz, worüber sich hier einige aufregen. Ich stelle mal ein paar Dinge zum Nachdenken vor - ohne dabei zu behaupten, daß dies Fakten seien - und lasse mich anschließend gerne vom Gegenteil überzeugen, falls mir dies von jemandem bewiesen werden kann. Ich versuche mal den Verlauf des Zerfalls von Jugoslawien zu schildern so wie ich ihn noch erinnern kann:

      1. Der Zerfall Jugoslawiens begann meiner Meinung nach mit dem Streben von Milosevic nach größtmöglicher Machtfülle für sich und seine Partei auf dem Gebiet ganz Jugoslawiens. Daß Milosevic dafür ganz hervorragende den zunehmenden Nationalismus in Südosteuropa nutzen konnte, merkte er aufgrund der ständigen Auseinandersetzungen zwischen Serben und Albanern im Kosovo, wo er 1988/ 1989 seine berühmten Sätze gesprochen haben soll, daß a) keiner (v.a. Albaner) es wagen dürfe, einen Serben zu schlagen und b) bei seiner Rede auf dem Amselfeld vor fast genau 12 Jahren, daß das heldenhafte serbische Volk noch einige Schlachten zu schlagen hat, um den ihm gebührenden Platz in der Geschichte einzunehmen. (Nicht in der Rede enthalten, aber später sinngemäß auch verbreitet: Da Serben das einzige Volk seien, das über ganz Jugoslawien verteilt lebe, hätte es auch das Recht, überall angemessen an den lokalen Regierungen beteiligt zu sein und diese ggf. aufgrund seiner Stärke zu führen.)

      2. Die heiße Phase des Zerfalls begann erstmals 1990/ 1991 in Slowenien, das seine Abgeordneten aus Belgrad zurückzog, nachdem einige aus Gremien ausgeschlossen worden waren, weil sie dem Machtanspruch der Milosevic-Partei als Gegner gegenüberstanden. Ich kann mich noch erinnern, daß der damalige KP-Vorsitzende Sloweniens sagte, sein Land wäre zu weit entwickelt, um noch der Mischung aus `National-Stalinismus` der Leute um Milosevic nachgeben zu wollen.
      Nachdem die von Serben geführte jugoslawische Armee einige Niederlagen in Slowenien erlitten hatte, zog sie sich aus Slowenien zurück, da dort auch die wenigsten Serben lebten.

      3.a) Kroatien war der nächste Kriegsschauplatz, wo die Serben in der Krajina und um Vukovar herum eine autonome Selbstverwaltung anstrebten, die ihnen von den ebenfalls immer nationalistischer werdenden Kroaten verweigert wurde. Die Krajina war immerhin ein Gebiet, in dem serbische Wehrbauern schon im 16. Jahrhundert zur Zeit der Türkenkriege von Österreichern angesiedelt wurden. Nationalistische Kroaten sahen jedoch in der Krajina ebenso heiligen `kroatischen` Boden (weil da die ersten kroatischen Könige gekrönt wurden) wie die Serben `heiligen serbischen` Boden im Kosovo sehen, von wo auch die meisten Serben tatscählich mal vor den Türken geflohen waren.
      b) der Krieg in Kroatien ging ziemlich nahtlos in den Krieg in Bosnien über, wo sich nach dem Vorbild der Krajina serbische Gebiete zu ziemlich autonomen Regionen erklärten, was die `Kantonalregierungen` aber nicht zulassen wollten. Der Krieg in Bosnien gegen Moslems wurde zweifellos von Serben eröffnet, die dies im deutschen Fernsehen als `Präventivkrieg` gegen die Moslems deklarierten, die die Serben seit Jahrhunderten vernichten wollten und seit der Abspaltung Sloweniens Waffen gesammelt hätten, um ihre serbischen Nachbarn zu töten. Man sei ihnen nur zuvorgekommen. Auf die Frage des deutschen Reporters Brebeck, wieso die Moslems sich dann nicht mit ihren Waffen verteidigt hätten, antwortete der deutsch-sprechende Berater Karadzics, man könne diese militärischen Geheimnissen einem Deutschen natürlich nicht verraten.

      4. Kroatien benutzte die Gelegenheit, von K. beanspruchte Gebiete nicht nur von Serben, sondern auch von Moslems zu säubern, wobei nach der Waffenhilfe der USA krimineller Abschaum genauso vorging wie die Paramilitärs der Serben (`Arkan` etc.): Moslems wurden ermordet, ihre Häuser leergeräumt, alle technischen Haushaltsgeräte von `paramilitärischen` Speditionen abtransportiert und in Second-Hand-Läden, die mit den Paramilitärs verbunden waren, an die Vertriebenen des eigenen Volkes verkauft. In diesem Zusammenhang ist es höchst interessant, daß der Familie von Frau Karadzic heute die größte Spedition der Republika Srbska gehört!
      Nirgendwo wurden in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg auch solch umfangreich geplante Verbrechen begangen wie in Bosnien: Die Ermordung von Tausenden moslemischer Männer in Srebrenica und die mehrfache Beschießung der belebten Marktplätze der belagerten Städte von Tuzla sowie von Sarajevo, was die NATO schließlich zum Grund nahm, die serbischen Stellungen in Bosnien zu bomardieren.
      MAN BEACHTE: NACH 3 TAGEN NATO-LUFTANGRIFFEN AUF SERBISCHE STELLUNGEN IN BOSNIEN WAR DER JAHRELANGE KRIEG IN BOSNIEN GANZ PLÖTZLICH VORBEI und alle Warlords trafen sich für ein nettes Abkommen in Dayton!
      5. folgt gleich....
      <http://img.wallstreet-online.de/dgreen.gif>
      #63 von Auryn [Userinfo] [Nachricht an User] 30.06.01 16:48:51 Beitrag Nr.: 3.854.040 3854040
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      5. (Der erfolgreichste militärische Verteidiger Sarajevos, der die Moslems sehr erfolgreich in den Kämpfen führen konnte, war übrigens witzigerweise ein in Sarajevo geborener Serbe!)
      Milosevic (nun plötzlich der offizielle Vertreter aller Serben, nachdem er vorher sagte, er habe mit den Maßnahmen Karadzics nie etwas direkt zu tun gehabt), Tudjman und Izetbegovic vereinbaren eine Aufteilung Bosniens nach ethnischen Gesichtspunkten und unter dem Druck der USA die Einsetzung einer Zentralregierung Bosniens in Sarajevo, die aber nie richtig funktioniert hat.
      Die Kosovo-Albaner hatten sich aus alldem lange herausgehalten, obwohl in den bis 1998 vergangenen Jahren alle Albaner aus öffentlichen Ämtern entfernt worden waren und an den Schulen und Universitäten nicht in Albanisch unterrichtet werden durfte, was unter Tito alles normal und erlaubt gewesen war. Um den Kosovo besser kontrollieren zu können, wurden aus Bosnien abgezogene serbische Einheiten und viele serbische Flüchtlinge in den Kosovo verlegt bzw. neu angesiedelt, was zum verstärkten Ausbruch von Animositäten zwischen Albanern und Serben führte. Seit 1997 lieferten auch Waffenschieber verstärkt aus dem unabhängig davon zusammengebrochenen Staatswesen Albaniens Waffen an die neue sog. `Untergrundarmee UCK` im Kosovo, die die gemäßigte Haltung des Albanerführers Rugova ablehnte und mit Waffengewalt für ein unabhängiges, albanisches Kosovo kämpfen wollte. Vereinzelt stehende serbische Höfe wurden überfallen, Bewohner verschleppt und gegen Lösegelder wieder freigelassen oder bei zu großer Nähe zur serbischen Polizei oder Armee auch ermordet. Dies nun war für die serbische Polizei und Armee der Anlaß zu immer größeren Vergeltungsaktionen, bei denen schon mal ein ganzes Albanerdorf niedergebrannt wurde und Albaner mit UCK-Emblemen im Haus einfach erschlagen wurden. Etc., usw.
      Die europäischen Regierungen waren dies zunehmend leid und drohten mit Interventionen, was zu den Verhandlungen von Rambouillet führte, die zunächst ein Abflauen der Kämpfe und einen serbischen Teil-Rückzug brachten. Ob dann die Serben einer Formulierung im Schlußdokument wirklich nicht mehr zustimmen konnten, wie sie sagten oder einfach keine Verhandlungen mit `Terroristen` führen wollten, sei dahingestellt. Es war da meiner Meinung nach für die Serben sowieso zu spät. Die westlichen Diplomaten waren es einfach müde und mehr als leid geworden, 8 Jahre mittelalterliches Gemetzel mitanzusehen, bei dem europäische, amerikanische, russische (und kleine japanische UN-)Diplomaten endlos redeten und weiter Hunderttausende von Menschen sterben würden. Man wollte da schon eine schnelle und grausame Lösung wie in Bosnien: Ultimatum, Angriff auf die serbischen Stellungen, Sieg in wenigen Tagen! Leider lief es dann aber anders. Hunderttausende Kosovo-Albaner wurden vertrieben, einige Zigtausend erschossen, ein paar Hundert in Djakovica/ Djakova in der Hauptstraße in ihren Häusern verbrannt etc. Milosevic hätte vielleicht die Luftangriffe auch noch länger durchhalten wollen und können, wenn seine eigenen Freunde aus der Wirtschaft ihm nicht gesagt hätten, daß das Land durch die Luftangriffe irreparablen Schaden erleiden würde. Er zog dann die serbischen Truppen aus dem Kosovo ab, Zigtausende Serben mußten fliehen und werden wohl erst in einigen zig Jahren mal ihre Ruinen ansehen können wie die alten Deutschen aus dem Königsberg von 1945.

      In jedem Fall wäre es meiner bescheidenen Meinung nach eine Umkehrung von Ursache und Wirkung, der NATO die Schuld am Krieg um Jugoslawien, den Kosovo oder in der Zukunft um Mazedonien zu geben. Die NATO hat bisher in Jugoslawien immer nur RE-agiert und wenn ich mir die Geschichte vom völlig zerbombten Vukovar ansehe, dann würde ich sogar sagen: Die NATO kam ein paar Jährchen und mindestens 200.000 tote Kroaten, Serben und Bosnier zu spät!
      Avatar
      schrieb am 09.01.03 12:46:39
      Beitrag Nr. 221 ()
      @ WilmaFeuerstein:
      Zu Deiner Frage nach einem Irak-Krieg wäre noch zu sagen, daß es scheinbar immer noch zwei Möglichkeiten gibt, diesen nicht stattfinden zu lassen:
      1. Der Irak besitzt keine Massenvernichtungswaffen mehr und die UN-Inspektoren werden auch nichts finden. Dabei ist allerdings ein kleines Rätsel, wieso auf den letzten offiziellen Dokumenten von 1997/1998 scheinbar mehr C-Waffen-Bestände aufgeführt sind, als der Irak in seinen neuesten Dokumenten an die UN deklariert hat.
      2. Der Irak gibt die Existenz weiterer C-Waffen-Bestände zu und zeigt den Inspektoren, wo sie zu finden sind, damit sie vernichtet werden können.
      Ich bin mir nicht darüber im Klaren, welches mögliche Kriegs-Szenario die USA eigentlich wirklich planen, denn es ist auch so, daß die USA zur selben Zeit 1991 bereits viel mehr Soldaten am Golf stationiert hatten. Zur Rückeroberung dieses mickrigen Kuwait waren es Ende Januar 1991 schon 250.000 Soldaten, während bisher gerade mal 65.000 Soldaten am Golf stehen. Wie sollen die USA mit dieser Truppenstärke angeblich Mitte Februar ein Land angreifen und besetzen, das doppelt so groß ist wie Frankreich und ca. 17 Millionen Einwohner hat. Irgendwas daran ist schwer zu verstehen, oder?

      Übrigens scheinen die USA und Großbritannien so sehr von der Existenz noch vorhandener C-Waffen-Bestände überzeugt zu sein, daß sie die tschechische Regierung gebeten haben, ihre ABC-Spezialeinheiten in einem möglichen Irak-Krieg in Kuwait zu stationieren. Tschechien besitzt noch aus der Zeit des Kalten Krieges die bestausgebildetsten Spezialeinheiten Osteuropas zur ABC-Kriegführung und war - soweit bekannt - in einem möglichen Dritten Weltkrieg von der Sowjetunion dafür ausgerüstet worden, nach einem möglichen Einsatz taktischer Atomwaffen - wie z.B. der Neutronenbombe - Nato-Truppen in der Bundesrepublik mit chemischen Waffen anzugreifen.
      Avatar
      schrieb am 09.01.03 13:00:56
      Beitrag Nr. 222 ()
      Lieber Auryn,

      wir müssen endlich anfangen, nach dem Schuldigen zu suchen! :D Ich weiß ihn: es ist der liebe Gott, denn der hat den Menschen, diesen Ausbund an Dummheit, erschaffen (nach seinem Ebenbild! :eek: )

      ...

      Was Saddam und seine Waffen angeht, so haben ja nun die Geheimdienste endlich preisgegeben, worüber sie so lange geschwiegen haben, nämlich wo diese zu finden sind! Zu dumm: man hat dort keine gefunden. Da fragt man sich: hatte Saddam wegen des langen Geredes um dieses Wissen der Geheimdienste genug Zeit, die Sachen irgendwo in seiner Wüste zu vergraben oder unter irgendeinem schäbigen Privathaus? Hatten die allwissenden Geheimdienste vielleicht eben dies im Sinn, nämlich Saddam seine Waffen behalten zu lassen? Zu welchem Zweck? Seines Goodwills halber oder anderer Gegenleistungen wegen vielleicht? Oder gab es sie etwa gar nicht? Hat er das Senfgas alles gegen seine Kurden verpulvert? Hat er die Anlagen zur Insektizidherstellung zur Insektizidherstellung gegen die auch bzw. gerade in Wüsten und deren Oasen auftretenden Heuschrecken benutzt? Wer weiß? Der Grat, an dem man Heilige und Satan trennt, scheint recht schmal, und das Taumeln von Seite zu Seite ist deutlich. Mehr Geradlinigkeit wäre eben allenthalben wünschenswert.
      Avatar
      schrieb am 09.01.03 13:04:42
      Beitrag Nr. 223 ()
      @ Auryn, ## 220 u. 221:

      schön, daß Du den alten Beitrag in 220 nochmal hochgeholt hast. Genauso habe ich die Vorgänge auch in Erinnerung.
      Bezüglich 221 habe ich die gleiche Einschätzung (Irak-Krieg ist für mich auch noch abwendbar).

      Wo aber in dreiteufelsnamen hast Du denn das Detailwissen über den Ausbildungsstand der tschechischen Armee her?

      Grüße, SFK
      Avatar
      schrieb am 09.01.03 13:08:39
      Beitrag Nr. 224 ()
      @ WilmaFeuerstein:
      Michelangelo hat ja auch viele Statuen nach seinem Ebenbild entworfen und die ersten Entwürfe landeten meistens in der Schrott-Abteilung.
      :D
      Hast Du eigentlich irgendwo mal eine Aufstellung gesehen, welche und wieviele Orte die Geheimdienste den UN-Inspektoren genannt haben sollen, und falls ja, welche davon sind inzwischen kontrolliert worden?
      Avatar
      schrieb am 09.01.03 13:13:26
      Beitrag Nr. 225 ()
      Auryn,
      1. Michelangelo hat nach den Fehlversuchen aber weitergemacht!
      2. Nein.

      Ich geh jetzt aufs Laufband, bißchen verstecktes Fett verbrennen. :D
      Avatar
      schrieb am 09.01.03 13:20:43
      Beitrag Nr. 226 ()
      @ SFK (Posting # 223):
      In den Jahren 1990 und 1991 gab es im Fernsehen um die deutsche Einheit herum öfters sehr interessante Berichte über Dokumente, die man so nach und nach in der Ex-DDR fand und nachdem in Prag Vaclav Havel diese Traumkarriere vom durch Kommunisten verfolgten Schriftsteller zum Präsidenten gemacht hatte, gab es im ARD-Weltspiegel oder ZDF-auslandsjournal öfters Bericht darüber, was es so alles an Planungen in Osteuropa für den "Ernstfall" gegeben hatte. Dabei wurde erwähnt, daß die Tschechoslowakei eine wahre Rüstungsschmiede für Osteuropa gewesen wäre. Neben hervorragenden Schußwaffen wurde auch eifrig an der Unterstützung sowjetischer ABC-Waffenprogramme gearbeitet. Beides galt in der Tschechoslowakei unter Husak als Devisenbringer bzw. Kompensationsgeschäfte-"Aufwerter". Die israelische Armee bezog bis zum 6-Tage-Krieg 1967 nahezu ihre gesamten Schußwaffen gegen Devisen aus der Tschechoslowakei und bezahlte in Dollars. Witzig, nicht? Die tschechische Regierung hätte gerne weiter geliefert, aber die Sowjetunion unter Breschnew fürchtete, Probleme mit ihren arabischen Freunden zu bekommen...
      Es gibt schon lustige Geschichten aus dem Osten...
      Avatar
      schrieb am 09.01.03 13:22:13
      Beitrag Nr. 227 ()
      Noch schnell -keuch, keuch- das, gefunden bei t-online news - keine Quellenangabe:

      <Blair will Irak-Krieg auf Herbst verschieben

      Großbritannien drängt die USA darauf, einen Angriff auf den Irak mehrere Monate aufzuschieben. Vor einem Krieg müssten die Inspektoren Bagdad erst einen Verstoß gegen die Entwaffnungs-Resolution des UN-Sicherheitsrates nachweisen. Das berichtet der "Daily Telegraph" unter Berufung auf einen hochrangigen Regierungsvertreter.
      Blair: Zwischenbericht nicht so wichtig
      Zuvor hatte der britische Außenminister Jack Straw in einem Interview gefordert, dass den UN-Waffeninspektoren kein Zeitlimit gesetzt werden dürfe. Auch der britische Premier Tony Blair hatte den Zwischenbericht des Uno-Chefinspektors Hans Blix, der heute vorgelegt wird, bereits im Vorfeld heruntergespielt. Laut eines Zitats im "Daily Telegraph" hat ein Regierungsvertreter gesagt, dass der Herbst für einen Angriff genauso wie das Frühjahr geeignet sei.

      6000 Giftgasbomben verschwunden
      Chefinspektor Hans Blix wird in seinem heutigen Bericht die Zusammenarbeit mit dem Irak kritisieren. Das verlautete aus Uno-Kreisen. Informationen über biologische und chemische Waffenprogramme würden fehlen. Dazu gehörten Angaben über den Verbleib von 6000 Giftgasbomben.

      Endgültiger Bericht Ende Januar
      Eine Aussage über Massenvernichtungsangaben könne noch nicht gemacht werden. Dazu seien die Inspektoren seien noch nicht lange genug in Irak, so Blix. Der endgültige Bericht der Inspektoren wird am 27. Januar erwartet.

      USA liefern Geheimdienstinformationen
      Die "Washington Post" berichtet unterdessen, dass die USA die Uno mit Geheimdienstinformationen über irakische Waffenprogramme versorge. US-Außenminister Colin Powell bestätigte dies gegenüber der Zeitung. Damit könnten die Inspektoren "aggressiver und umfassender ihre Arbeit nachgehen, so Powell.

      Urlaubssperre für Elitesoldaten
      Australien hat inzwischen eine Urlaubssperre für Elitesoldaten angekündigt. Ministerpräsident John Anderson sprach von einer vorbeugenden Maßnahme, die nicht als ein Zeichen für einen bevorstehenden Krieg gewertet werden dürfe. "Wir glauben immer noch, dass ein Krieg vermieden werden kann", sagte Anderson. "Das ist unser Ziel.">
      Avatar
      schrieb am 09.01.03 13:26:47
      Beitrag Nr. 228 ()
      @ WilmaFeuerstein:
      Vielen Dank für Deinen Hinweis! Das paßt genau zu meinen Postings weiter unten und den bislang max. 65.000 Soldaten für einen angeblichen Angriff. Man kommt so oder so in den Sommer hinein.
      Avatar
      schrieb am 09.01.03 13:33:06
      Beitrag Nr. 229 ()
      Nochwas, gefunden bei Reuters:

      <Oil Up, UN Expected to Say Iraq Balky
      Thu January 9, 2003 07:25 AM ET
      LONDON (Reuters) - Oil prices ended a three-day slump Thursday, supported by expectations that U.N. weapons inspectors could offer Washington fresh ammunition in its case for a war on Iraq.
      Gains were tempered by OPEC`s decision to hold an emergency meeting this weekend to decide how much more to pump to compensate for export stoppages from a five-week-old strike in oil producer Venezuela.

      U.S. crude by 6 a.m. EST was up 40 cents at $30.96 a barrel, stemming a $2.50 fall over the past three days following news of OPEC`s plans. London Brent blend added 37 cents to $29.16 a barrel.

      Prices found support from expectations that United Nations arms inspectors will report Thursday that Baghdad has failed to answer key questions, providing Washington possible cause to declare war ahead of a fuller U.N. report due out on January 27.

      "Oil is up due to the U.N. statements," said Simon Games-Thomas, an independent energy analyst in Sydney.

      "There`s been a widespread conviction that there will be a war but I don`t think the market was looking for this sort of advance warning from the U.N., which is not normally in the business of managing expectations."

      U.N. experts said Wednesday Iraq had not cleared up issues about biological and chemical programs, including 6,000 missing poison gas bombs.

      OPEC President Abdullah al-Attiyah said cartel members were still discussing how much oil is required to make up for the loss of 2.5 million barrels daily of exports from Venezuela due to the strike.

      There is no sign of an end to the strike with rebel employees at state oil giant Petroleos de Venezuela who are trying to force President Hugo Chavez from office dismissing a government plan to restructure the firm.

      OPEC

      OPEC will hold an emergency meeting in Vienna Sunday to decide how much more to pump.

      It is expected to lift output in the range 1.0-1.5 million barrels a day, a 4-7 percent increase on current limits of 23 million.

      Saudi Arabia is pushing for a big increase, and may ask for as much as two million barrels daily, but most members appear to favor just a one million barrel a day rise in supply quotas.

      OPEC agreed last month to raise its formal production ceiling to 23 million barrels per day and many member countries are pumping at or near full capacity.

      OPEC President Abdullah al-Attiyah, who is also Qatar`s oil minister, said major non-cartel producers would not be able to contribute to a rise in global supplies.

      "Unfortunately, we received a message from Russia, Mexico and Norway saying that they cannot increase their production," he told reporters in New Delhi at an industry conference.

      Despite uncertainty about just how much oil OPEC will add to the market, industry watchers said talk of any output increase would temper the potential for further price gains.

      "We now have the bearish news to take crude prices off their recent highs," said Deborah White, economist with SG Securities in London.

      Price rises also were contained after the U.S. Energy Information Administration (EIA) said U.S. crude stocks rose 400,000 barrels in the week ended Friday, despite a drop in imports from Venezuela.

      The small increase defied analysts` forecasts for a draw of five million barrels.

      The EIA also reported larger-than-expected builds in product stocks, with distillate supplies, including heating oil, up 2.9 million barrels and gasoline up 4.8 million barrels.>
      Avatar
      schrieb am 09.01.03 13:49:03
      Beitrag Nr. 230 ()
      Ein Blick hinter den Rücken von Bush:
      (La Prensa de San Antonio, Tex.)

      <A return of the draft

      The United States is currently in a war against terrorism. Our country is on the brink of war with Iraq, North Korea, and maybe even Iran. There seems to be an armed conflict that is just waiting for the United States. Yet there is a Congressman that wants to revive a very controversial measure in order to make the war more personal for our nation’s leaders.

      Representative Charles Rangel from New York wants to reinstate the Draft. Rangel made his beliefs public when he recently wrote an opinion piece in the New York Times. He plans to introduce legislation to the U.S. Congress proposing to resume a military draft.

      The representative is a veteran and served in the U.S. Army during the Korean War. He distinguished himself during the conflict earning the Purple Heart and the Bronze Star. Rangel vehemently opposes a war against Iraq and claims that the president and members of Congress are willing to send troops into military conflict because they don’t have any sons in the armed services. The Congressman feels that if our elected officials had such family ties to the military they wouldn’t be so eager to send troops into battle.

      The United States has not had a military draft since President Richard Nixon put an end to it in 1973 during the very unpopular Vietnam conflict. Yet with our military stretched throughout the globe the question remains, does our military have enough soldiers to be an effective fighting force? Even so, will the reemergence of a draft provide the military the necessary individuals to maintain the war on terrorism?

      Congressman Rangel insists that the military is comprised of mostly the poor and minorities and that the upper class is not represented in our armed forces. Only through "shared sacrifice" such that a draft would make the military almost universal in nature and represent our entire nation. He believes a draft will get people to become more vocally opposed to an armed conflict with Iraq.

      If a draft would be reinstated would this instead cause more harm to our military? Would having one year soldiers, who would be leaving on a constantly rotating basis zap our armed forces of their strength? What are the costs of continuously training new recruits? Costs in which a new high tech military can ill afford. What would a draft do to the morale of not only our nation, but also those soldiers who see the military as a career option?

      There always seems to be loopholes. During World War II there were no loopholes. Everyone fought in that war. Even former President George Bush fought in World War II. Things changed dramatically in the Vietnam conflict. Former Vice-President Dan Quayle was accused of dodging the draft by joining the National Guard. Will such loopholes still exist if the draft was reinstated?

      Right now the United States has the strongest military in the world both in equipment and personnel. Resuming a military draft would actually do more harm to our military and our country.>



      --------------------------------------------------------------------------------
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      Avatar
      schrieb am 09.01.03 13:57:39
      Beitrag Nr. 231 ()
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      US Dept. of State

      <Interview on Public Radio International’s `The World Radio Program`

      Secretary Colin L. Powell
      Washington, DC
      January 7, 2003

      QUESTION: What do you need to hear to satisfy you and the administration that war with Iraq is not necessary?

      SECRETARY POWELL: You know, the President is anxious to find a peaceful solution to this problem. The international community is looking for a peaceful solution. That`s why the President took it to the United Nations.

      What we would like to hear, not just the US, but what the whole international community would like to hear, that Saddam Hussein fesses up, cooperates fully with Dr. Blix, the head of the UNMOVIC inspection group, and Dr. El Baradei, the head of the International Atomic Energy Agency, and provides them full and complete information on all the programs that Iraq has had over the years and that Iraq continues to have. And if he would turn it all over and not try to deceive, not try to hide, then we`d be on our way to a peaceful solution.

      And so we are supporting the inspectors in every way that we can, providing them information, providing them other materials that might be useful to their efforts, and hope that they continue to do the kind of job they`re doing now and intensify their work.

      And we will wait and see what they report first on the 9th of January later this week and then the formal report that they will provide on the 27th of January, which is not a final report but it`s a formal presentation of their first two months` work.

      QUESTION: So if they say they have found nothing, then does that mean there will be a peaceful solution and no war?

      SECRETARY POWELL: No, it depends on what they say they have found and how much more work they have to do. They may have found nothing to that point. The question is what else are they going to have to do to ascertain whether Iraq does or does not have these weapons of mass destruction, as we believe they do.

      I would be surprised if they would come up with a clean bill of health after just two months. They can certainly come up with a bad bill of health after two months if there is no cooperation or if we see the kind of action such as was evidenced when Saddam Hussein put forward that flawed declaration a few weeks that the whole world saw was flawed. That was certainly not an indication that he is cooperating fully.

      QUESTION: To that end, we`ve been hearing a lot of hint that the United States has compelling evidence of illicit programs in Iraq. Has the US yet shared that intelligence with the inspection team?

      SECRETARY POWELL: We have put out a number of papers, both classified and unclassified, to a variety of audiences, and we`ve put out unclassified information to the American people and the international community, and we are providing information to UNMOVIC and to IAEA that will help them do their work. So we are working closely with them and sharing with them. We want them to be able to do their work and we`re trying to help them every way we can.

      QUESTION: I want to talk a little bit about a post-Saddam Iraq. A lot of people -- some people say that if the rampant lawlessness and the warlordism of Afghanistan right now, at least outside of Kabul, the capital, is any indication, then a post-Saddam Iraq is not a very promising one despite US assurances right now.

      Can the US ensure a different outcome for Iraq?

      SECRETARY POWELL: Well, first of all, let me tell you your premise. Afghanistan is not quite the way you describe it. While there is a problem out in the countryside and we haven`t totally solved the problem, increasingly President Karzai is extending his control over the country. We don`t have rampant warlordism. Most of the country is reasonably stable, by Afghanistan standards. We have a problem in some parts of the country. A national army is being created, a national police force is being created, the judicial system is being created. And in just about one year, we have gone from nothing back then to a government that is now starting to function.

      So, the glass may not be full yet in Afghanistan, but it certainly isn`t empty, and I think we should be proud of our accomplishment.

      In Iraq you have a different situation where you wouldn`t be working with a country that has absolutely nothing going for it at the beginning, having been run by something like the Taliban, but you have an educated population, there is a middle class in Iraq, and above all, there is a source of income for the people in the country, a source of income that comes from oil, oil money that would no longer be wasted on weapons and threatening one`s neighbors, but on improving the country.

      So I think the circumstances are quite different and the international community would have a different time of it, and I suspect an easier time of it, than we had in Afghanistan.

      QUESTION: Tony Blair, the British Prime Minister, today gave another supportive speech about the relationship between the US and Britain. Perhaps you heard some of that.

      SECRETARY POWELL: I did.

      QUESTION: But he also urged the US to adopt a broader agenda to include the Middle East peace process, poverty in the Third World, and global warming. Do you expect the United States eventually to give greater priority to these issues as a kind of payback for Europe`s support for any kind of war against Iraq?

      SECRETARY POWELL: We give greater priority, not as a payback but because it`s the right thing for the United States to do. When you say we ought to do more on poverty, the United States contributes more than any other nation on the face of the earth right now with respect to aid programs assisting countries around the world.

      President Bush put forward about a year ago the Millennium Challenge Account which will increase our aid funding to developing nations by some 50 percent. We are the largest provider of food to the World Food Program. We are feeding people all over the world. In fact, the need is even greater than ever and we are encouraging our European friends to give more than they`re currently giving.

      With respect to the Middle East peace process, we certainly are engaged and wish we could find a solution more quickly than we have been able to in the past two years and, in fact, years before that. And we are working with the British and other friends to do more.

      So I don`t think the Prime Minister was suggesting that we are not involved in these issues, but that we all have to do more, and I am in constant touch with the British Foreign Secretary on that.

      With respect to climate, there is a different view between those who felt that the Kyoto Protocol was the way to go and the United States position and the position of a number of countries that that was not the economically viable way to go. And so those who believe in Kyoto are ratifying and bringing themselves under that protocol and we are looking for other ways to achieve this common purpose that all nations have, and that`s to reduce the emissions from our industrialized and industrializing countries that create global warming.

      QUESTION: Mr. Secretary, I`m assuming that you were involved in the talks today among the US and South Korea and Japan over what`s happening in North Korea. Is that the case?

      SECRETARY POWELL: I`ve been following the talks closely. They are held at Assistant Secretary level with the South Koreans and the Japanese, but I have been intimately involved in what`s been taking place.

      QUESTION: Could you tell us what`s transpiring there, the latest?

      SECRETARY POWELL: It was a good meeting and we`re about to issue a statement from the meeting. And all three delegations called upon North Korea to eliminate its nuclear weapons programs, to reiterate -- we reiterated our intention, our mutual intention to pursue a peaceful and diplomatic resolution of the problem, and making the point to North Korea that its future relations with the whole international community hinges on its taking prompt and verifiable action to completely dismantle its nuclear weapons program and to come into full compliance with its obligations.

      The world is pretty united behind this. I mean, we`ve got the two nations that I mentioned today, Japan and South Korea, here. Yesterday, the Board of Governors of the International Atomic Energy Agency, 35 nations, to include all of the permanent members of the Security Council and nations as diverse as Cuba and Iran, all came together, calling on North Korea to meet its obligations.

      A lot of people say the United States should enter into a dialogue. The President said yesterday and I`ve said repeatedly that we are willing to talk. We are willing to enter into a dialogue. But we can`t enter into a dialogue where the North Koreans sit across the table from us in complete violation of their obligations and say to us, " P < misbehaving?? stop to us for order in give you will What>

      We have to put the burden of this problem where it belongs, and that`s on North Korea. North Korea has deceived the world for years now as to its nuclear intentions, and while we thought their nuclear development capability was bottled up at this place called Yongbyon, they were busy working at another place we haven`t located yet to develop the capability to enrich uranium.

      So they were deceiving the world. And you can`t reward that kind of behavior. But at the same time, we recognize that North Korea is a country in difficult economic straits and we want to help, but in order for the international community to help, they have to foreswear their efforts to develop a nuclear bomb.

      QUESTION: But, presumably, North Korea would have to, in any accord, allow inspectors back into the country. And given that Saddam Hussein and Iraq has allowed inspectors back there and the US is still threatening war, might that, do you think, be a disincentive for Kim Jong-il to allow them back into North Korea?

      SECRETARY POWELL: I don`t think so. He had inspectors there and he had the inspectors looking at one place for eight years while he was doing something somewhere else. And so inspectors have a role to play and it`s not inspectors being present in Iraq that is encouraging us to go to war. We`re not trying to go to war. We`re trying to solve a problem.

      And if the United States was bent on going to war, we would not have introduced the resolution in September at the United Nations calling for the inspectors to go back in. That`s what we did. We introduced that resolution. The President made a powerful speech. We ultimately got a 15-0 vote for that end. If we were looking for a war and we didn`t care what anyone else thought or what the inspectors might find, we wouldn`t have gone to that trouble. But we were trying to avoid a war, find a peaceful solution, and rally the international community to this problem in Iraq. And that`s the same thing we`re doing with respect to North Korea.

      In Iraq, the problem has been going on for 12 years with multiple violations of UN resolutions. In the case of North Korea, everybody thought that they were complying with their obligations. It`s only been roughly two and a half months since we turned the tables on them and said we know what you`re doing; and expecting them to deny it, we were quite taken aback when they said yes, we`re doing it. And now the international community is mobilizing to let them know that that kind of behavior is unacceptable in this day and age and we cannot walk away from the obligation of the international community to prevent such behavior.

      QUESTION: I just have a final question for you. You had mentioned a little bit earlier about the aid that the United States gives in terms of foreign aid. I know that we`re giving food aid, in fact, to North Korea. If I`m not wrong, I believe we`re the largest supplier of food aid right now for North Korea.

      We still, though, get lots of signals from around the world that there is much visceral hatred of the US, and I`m sure you hear some of that in all of your travels in many parts of the world. Do you feel as though you understand where that hatred comes from, and is that a foreign policy concern of yours?

      SECRETARY POWELL: It is a concern. There are people who sometimes don`t understand our motives. There are people who want us to solve very difficult problems that are not that easy to solve. A lot of the invective that is directed towards us comes out of the Middle East and the fact that the conflict between Israel and Palestinians continues, Israelis and Palestinians continue, and we have not been able to find a solution to that problem.

      I also find, however, that people, at the same time, admire America and respect America and know that we are a nation of great diversity. And so while I`m troubled by the phenomena that you suggest, and it is a foreign policy concern, we are working hard to improve our public diplomacy efforts. And as we solve problems, as we get on top of crises, I think we can turn that image around.

      That is one of the costs of being the most powerful nation on the earth. You not only get respect, but occasionally you generate resentment because you can`t solve everyone`s problems all at once.

      QUESTION: Secretary Powell, good to speak with you.

      SECRETARY POWELL: Thank you very much.


      [End]


      Released on January 8, 2003>
      Avatar
      schrieb am 09.01.03 15:52:55
      Beitrag Nr. 232 ()
      Middle East - AP

      France Asks For Evidence of Iraq Weapons 52 minutes ago
      By EDITH M. LEDERER, Associated Press Writer UNITED NATIONS - France asked governments to give U.N. inspectors any evidence they have on suspected Iraqi weapons programs, in a request directed at the United States and Britain ahead of a key Security Council meeting Thursday.
      The United States has promised to share information with inspectors, as long as U.S. intelligence sources aren`t compromised. "We have and will continue to provide information to the inspectors," a U.S. official said Wednesday, speaking on condition of anonymity. Secretary of State Colin Powell (news - web sites) told The Washington Post that in the past few days, the United States has begun giving inspectors "significant intelligence" that has enabled them to become "more aggressive and to be more comprehensive in the work they`re doing." But Washington is holding back some information to see if inspectors "are able to handle it and exploit it. ... It is not a matter of opening up every door we have," Powell said. The chief U.N. inspectors, Hans Blix and Mohamed ElBaradei, were scheduled to give their updated assessment of the inspections — which resumed Nov. 27 after a four-year halt — to a closed meeting of the U.N. Security Council on Thursday morning. They were expected to report that they have not yet found evidence of secret Iraqi programs, but that Baghdad`s arms declaration is incomplete and contains inconsistencies, U.N. diplomats and officials said Wednesday. Blix has said his inspectors need intelligence from other nations because the 12,000-page declaration that Iraq submitted on its banned weapons programs leaves so many unanswered questions that it`s impossible to verify its claim of having no weapons of mass destruction. Blix leads inspectors searching for Iraqi chemical and biological weapons and long-range missiles; ElBaradei, head of the International Atomic Energy Agency, is in charge of nuclear inspections. French Foreign Minister Dominique de Villepin said Wednesday his government wants the council to adopt a resolution that requests all countries to provide information on Iraq`s "prohibited programs" and recommend sites to be visited and Iraqis to be interviewed. On Tuesday, De Villepin told a news conference in Moscow that "all countries with specific information must convey it." The requests were aimed at the United States and Britain, who claim they have evidence of clandestine Iraqi programs. Baghdad denies it has such weaponry. ElBaradei said Monday that after two months of inspections it was still too early to determine whether the Mideast nation was trying to develop nuclear weapons. "We are not certain of Iraq`s (nuclear) capability," he said. Blix has called on Iraq to answer outstanding questions in the declaration on Iraq`s chemical, biological and missile programs, which is required under Resolution 1441, adopted Nov. 8. A senior Iraqi official denied on Thursday that the arms declaration was incomplete, as inspectors have repeatedly said. "People who claim there were gaps, I could tell you right away they have not read it," Amir al-Saadi, Iraq leader Saddam Hussein (news - web sites)`s science adviser, said. The purpose of Thursday`s Security Council meeting was to give council members an assessment of Iraq`s arms declaration and update them about "our increasing capability in country, including the use of helicopters, the opening of a temporary regional monitoring center in Mosul and other steps to make us more effective," Blix`s spokesman, Ewen Buchanan, said. Blix is to give the council a formal report on the inspections on Jan. 27. After his last briefing to the council on Dec. 19, Blix urged the United States and Britain to hand over any evidence they have about Iraq`s secret weapons programs so U.N. inspectors can check it. Britain opened a channel weeks ago to provide the inspectors with information and "they are getting all that we can usefully give," a British official said Wednesday, speaking on condition of anonymity. Blix said the United States and Britain have given briefings to inspectors on what they think the Iraqis have, but what inspectors really want to know is where weapons-related material is stored. France`s U.N. Ambassador Jean-Marc de la Sabliere said his government believes all countries should share intelligence with Blix and ElBaradei. "We are ready to do so," he said.


      Middle East - AP

      Iraq Denies `Gaps` in Its Weapons Report 39 minutes ago
      By SAMEER N. YACOUB, Associated Press Writer BAGHDAD, Iraq - President Saddam Hussein (news - web sites)`s chief science adviser disputed charges Thursday that Iraq`s arms report was incomplete, and an Iraqi newspaper challenged the United States and Britain to prove allegations that Baghdad is hiding weapons of mass destruction. AP Photo

      Amir al-Saadi, the presidential adviser, told a visiting South African delegation he could cite specific information in the report, submitted to the United Nations (news - web sites) last month, to refute claims that Iraq has not eliminated banned weapons. "People who claim there were gaps, I could tell you right away they have not read it," al-Saadi said. "There were no gaps, and I could give you where to find the answers in the specific pages or tables and information." Referring to the 12,000-page report, al-Saadi said those who found gaps in the information may not be "fully acquainted with our voluminous report or they lost their way." He referred to questions raised by U.S. and British officials as "off-the-cuff remarks by tendentious people." But he did not specifically mention similar complaints about the report by Hans Blix or Mohamed ElBaradei, leaders of the U.N. organizations looking for chemical, biological and nuclear weapons. Blix was to brief the U.N. Security Council on Thursday about initial findings of the inspectors. He is to issue a formal report to the council on Jan. 27. In an editorial Thursday, the newspaper Al-Thawra, published by the ruling Baath Party, complained that the Americans and British were threatening war to disarm Iraq before U.N. arms experts have made their first substantial inspections report. "The inspectors are still in Iraq, their work is not over yet ... so we challenge the rulers of Washington and London to present any proof verifying their allegations," the editorial said. Referring to Washington and London as an "axis of mediocrity," the newspaper said the two governments would have already made public their evidence against Iraq if they had any. In London, however, the Daily Telegraph newspaper reported Thursday that Britain is pressing the United States for any war to be delayed for several months to give weapons inspectors more time to gather evidence against Saddam. The newspaper said senior British officials believe there is no clear legal case for military action against Baghdad. Prime Minister Tony Blair`s office refused to comment on The Daily Telegraph report. However, Blair said Thursday that the inspectors must be given the time and space to do their job and that the Jan. 27 date for Blix`s formal report is not a deadline. "We are in the middle of a process. The U.N. inspectors have just, at the beginning of the year, got their full complement of inspectors there," Blair told ministers, according to his official spokesman, who briefed reporters on condition of anonymity. Iraqi Vice President Taha Yassin Ramadan reissued complaints Thursday that the U.N. inspectors were under U.S. pressure to obtain information exceeding their mandate. Speaking to Middle East Broadcasting Center, a Saudi-owned satellite TV station, Ramadan said the inspectors had asked Iraqi scientists about their salaries, where they graduated and the number of workers employed in their facilities. Ramadan pledged that Iraq would cooperate fully with the inspectors, but said, "In order that the work is accomplished in the nearest time we hope that those teams can ignore the U.S. pressure and conduct their work in a professional manner." Charges that the inspectors were involved in espionage have been made by Saddam and members of the Iraqi leadership over the past few days. The United Nations denies the charge and says it had not received any official Iraqi complaints about the work of the inspectors. In Baghdad, inspectors visited six sites Thursday, according to Information Ministry officials. The visits included return inspections to two military installations — the al-Harith missile maintenance workshop north of Baghdad and the al-Rafah facility west of the capital that specializes in checking missile engines. Inspectors also went to the al-Raya company, which conducts research for metal and plastic industries north of Baghdad, the al-Meelad company for electronic research south of the capital and a veterinary laboratory inside the city. They also visited a company that manufactures household appliances northeast of Baghdad. A visit to an unidentified site in western Iraq was aborted after three helicopters carrying inspectors had to return to Baghdad because of bad weather, according to reporters and government officials. Blix`s inspectors say Iraq`s weapons report fails to support its claims to have destroyed missiles, warheads and chemical agents such as VX nerve gas. ElBaradei has said he does not yet have enough information to determine whether Iraq is still trying to develop nuclear arms. The United States and Britain doubt Iraq is committed to giving up its weapons of mass destruction and have dispatched thousands more troops to the Gulf region for a possible military showdown. Washington has cited nine areas in which it said Iraq`s declaration fails to give a complete picture of weapons holdings. These include thousands of pounds of unaccounted-for materials for producing anthrax, and the chemical precursors for manufacturing mustard gas.
      Avatar
      schrieb am 09.01.03 17:18:27
      Beitrag Nr. 233 ()
      Klasse, Wilma! Wie findest Du so interessante Texte eigentlich so schnell?
      Avatar
      schrieb am 09.01.03 17:40:24
      Beitrag Nr. 234 ()
      Noch`n interessantes Manuskript zu einer TV-Sendung:

      Iraks geheimer Rüstungsbericht -
      Wer sind Saddams deutsche Helfer?
      Autoren: Klaus Wiendl, Andreas Bachmann, Rudolf Lambrecht

      Mit Giftgas gegen das eigene Volk. Saddam Hussein schreckt vor nichts zurück. Als die Kurden im Nordirak 1988 mehr Freiheit wollten, ließ Bagdads Diktator den Tod vom Himmel regnen. Geschockt schrie die Welt auf. Doch Saddam ließ eiskalt seine chemischen, biologischen und atomaren Waffenprogramme weiter perfektionieren. Seit 1991 versucht die UNO vergeblich, dem Massenmörder das Handwerk zu legen. Was die Waffeninspektoren fanden, sprengten sie. Unter dem Druck von US-Präsident Bush verlangte die UNO Herbst 2002 eine vollständige Auflistung seiner versteckten Massenvernichtungsarsenale.

      Erst nach einer ultimativen Kriegsdrohung handelte Saddam und ließ auf 12 000 Seiten seine Rüstungsprogramme präsentieren. Jetzt überprüfen UN-Inspekteure im Irak, ob er die Wahrheit gesagt hat.

      Auszüge aus dem geheimen irakischen Bericht, den nicht einmal die Bundesregierung vollständig von der UNO erhielt, liegen Report München vor. Seite für Seite machen die Papiere den Blick frei auf ein Horrorszenario, das sich der größenwahnsinnige Diktator ausgedacht hat. Aufgelistet werden hunderte von Projekten, Laborstandorten, Versuchsreihen sowie vom irakischen Geheimdienst organisierte Beschaffungsfirmen und ihre ausländischen Helfer.

      Nicht überrascht von Saddams krimineller Energie ist der Bonner Experte für internationale Sicherheitsfragen, Holger Mey.

      Holger Mey, Institut für strategische Analysen
      - Der Irak hat sich so lange und intensiv um die Beschaffung von Massenvernichtungswaffen bemüht, das wird er doch jetzt nicht plötzlich aufgegeben haben!

      Auf Unterstützung aus Deutschland konnte Saddam dabei immer bauen. Zum Beispiel bei seinem scheußlichsten Plan, dem Bau der Atombombe. Waffentauglich angereichertes Uran wollte er mit der bei MAN entwickelten Gas-Ultrazentrifuge produzieren lassen. Die Konstruktionspläne der Gas-Zentrifuge lieferte der ehemalige MAN-Ingenieur Karl-Heinz Schaab. Das Irak Dossier ist der endgültige Beweis für Schaabs Schlüsselfunktion im irakischen Atomwaffenprogramm.

      Rückblick: 1995 finden Waffeninspekteure der UNO auf einer Hühnerfarm südlich von Bagdad 147 Kisten mit geheimen Rüstungsplänen. Darunter Konstruktionszeichnungen zum Bau von sogenannten Gasultrazentrifugen die der Anreicherung von Uran und damit auch der Gewinnung von waffenfähigen Uran dienen.

      Gary Milhollin, Experte für Atomwaffenkontrolle, Wisconsin Project on Nuclear Arms control
      - Mit dieser Zentrifuge kann man heimlich hochangereichertes Uran für den Bau von Atomwaffen herstellen. Wenn man genügend Zentrifugen irgendwo in einer Garage hinstellt, kann man die Bombe bauen. Eine Bombe pro Jahr. Und die Chancen das zu entdecken und zu zerstören sind gering.


      Immer wieder taucht in den Unterlagen die die UN-Waffeninspekteure finden auch der Name eines tüchtigen Deutschen Helfers auf: Karl-Heinz Schaab.

      Nach einer spektakulären Flucht, die ihn bis nach Brasilien führt, stellt sich Schaab 1998 den deutschen Behörden und packt schließlich vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht aus.

      Demnach traf sich Schaab in einem Luxushotel mit irakischen Unterhändlern. Dort verkaufte er ihnen streng vertrauliche Blaupausen mit Konstruktionspläne der Firma MAN-Technologies für die Zentrifuge. Außerdem fertigte er eigene Skizzen an und überließ diese seinen irakischen Auftraggebern. 100.000 D-Mark kassierte der Atomspion für seine Spitzeltätigkeit.

      Wegen des beträchtlichen technischen Werts des von Schaab verratenen Materials für den Irak verurteilte ihn das Bayerische Oberste Landgericht wegen Landesverrats.

      Die Dimension des Falles Schaab verdeutlicht der ehemalige Leiter des irakischen Atombombenprogramms.

      Khidir Hamza, Leiter des irak. Atombombenprogramms 1987 bis 1990
      - Tatsächlich beruht das ganze Zentrifugenprogramm auf deutschem Know-How und auf deutschen Lieferungen. Ohne die Deutschen gäbe es dieses Programm nicht.


      Am UNO-Sitz in Genf treffen wir Andreas Zumach. Der Journalist, für seine Berichterstattung von Generalsekretär Anan geehrt, kennt sich aus mit Schaab und anderen deutschen Helfern Saddams.

      Andreas Zumach, UN-Korrespondent
      - Es gibt darüber hinaus einen mir bekannten Fall einer Firma, die ich hier namentlich nicht nennen kann, aus dem Mikroelektronikbereich, die seit 1999 eine technologische Kooperation mit dem Irak betreibt, mit Wissen der Bundesregierung. Von der offiziellen Beschreibung her und der Absicht her eine rein zivile Geschichte, ohne irgendwelche militärischen Implikationen. Aber, die Bundesregierung, sprich das Bundesaussen-ministerium, Herr Fischer, und auch das Wirtschaftsministerium sind bereits 1999 von kundigen Rüstungskontrollexperten darauf aufmerksam gemacht worden, daß diese Technologie durchaus eines Tages eine militärische Anwendung erfahren könnte und daß dieses dann zu politischen Problemen, auch zu Zerwürfnissen, etwa auch mit der Regierung in Washington, führen könnte.

      Druck aus Washington gibt es schon lange. Denn die meisten Firmen, die den Irak aufgerüstet haben, stammen aus Deutschland. Oft liefen die Deals mit Wissen der jeweiligen Bundesregierung. Made in Germany stand im Irak ganz oben. In dem irakischen Rüstungsbericht sind insgesamt 98 deutsche Unternehmen erfasst, die seit den siebziger Jahren bei ihren Geschäften mit Bagdad Milliarden kassiert haben. Mit von der Partie die Creme der deutschen Industrie. Wurde einer der illegalen Partner des Diktators erwischt und vor Gericht gestellt, war das Risiko gering. Meist ging es mit Bewährungs- und Geldstrafen ab, ins Gefängnis mußten nur wenige.

      Die Firma Alriwo ist nun der jüngste Fall für die Justiz. Wir finden sie im Mannheimer Gewerbegebiet. Weder am Telefon noch vor Ort ist jemand anzutreffen. Die Alriwo soll dem Irak über Jordanien Bohrgerät für Geschützrohre geliefert haben. Die Kanonen werden auf solchen Panzerlafetten montiert.

      Hubert Jobski, Staatsanwaltschaft Mannheim
      - Vorgesehen ist es zur Herstellung eines zehn Meter langen Geschützrohres. Man kann damit ein Kaliber 209 Millimeter bohren. Dieses Rohr wird auf einer Panzerlafette befestigt und ist in der Lage ABC-Munition zu verschießen.

      Der Hauptverdächtige, ein Pforzheimer Ingenieur, sitzt seit Oktober 2001 hier im Mannheimer Gefängnis in U-Haft. Der Mann ist ein ganz dicker Fisch: er soll dem Irak auch Ersatzteile von MIG-Kampfflugzeugen geliefert haben. Am 16. Januar wird ihm der Prozeß gemacht.
      Avatar
      schrieb am 09.01.03 18:13:07
      Beitrag Nr. 235 ()
      @ Auryn

      Wenn Du schon nicht die lange, lange offizielle Liste der Irak-Lieferstaaten zur Kenntnis liest, bei der an erster Stelle mit weitem Abstand die USA stehen, so würde bereits ein Abmessen der Liste mit dem zentimetermaß :D zeigen, daß Deine imfame Behauptung, die BRD hätte sadam "bei weitem" am meisten beliefert, hahnebüchen ist.

      Ich habe die Liste in mehreren Thredas damals gepostet. Sie war überaus beeindruckend.

      Ausserdem macht es einen Unterschied, ob ein Her Rumsfeld in den Achtzigern bei einem persönlichen Besuch das von den USA an den Irak später gelieferte ANTHRAX in seiner Eigenschaft als US-Vertreter ankündigt, die Lieferungen mithin staatlich GEWOLLT ind, oder einige Geldgierige skrupellose Geschäftsleute ihre verabscheuungswürdigen Geschäfte machen.

      Waffenhändler Nummer eins für brisante Krisengebiete ist immer noch die USA.
      Avatar
      schrieb am 09.01.03 18:15:29
      Beitrag Nr. 236 ()
      Aber Du, göttlicher Deep Thought, hast mir noch nicht die Fragen zu Deinen Beleidigungen beantworten, nicht?
      Wie hättest Du es jetzt gerne?
      Wirst Du jemals auf meine Fragen antworten oder pöbelst, beleidigst und erniedrigst Du weiter Leute, auf deren Fragen Du keine Antworten geben kannst?
      Willst Du mit mir diskutieren oder weiter in meinem Thread auftauchen ohne irgendwelche Antworten geben zu wollen?
      Falls Du weiterhin nicht in der Lage bist, Dich für Deine Pöbeleien zu entschuldigen, setze ich meine Serie in Deinem Thread fort.

      Falls du schon wieder vergessen hast, worum es geht:
      Die Antworten meines allerwertesten und göttlichen Deep Thought lauteten in jenem Thread im später freundlicherweise gelöschten Posting # 57nach einführenden Bezeichnungen wie "Oberlehrer" (so wurde ja auch Hans-Jochen Vogel von der CDU genannt, nicht?), "Friedman" "Rassist" etc. im folgenden:
      Wörtliche Zitate von Deep Thought an und für meine Wenigkeit, die von Deep Thought`s Sinn für sachliche und zweckdienliche Diskussionen zeugen, und für die mich niemals so etwas "surreales" wie eine Entschuldigung von Deep Thought erreicht hat, weil er ja einfach unfehlbar ist, nicht wahr?:
      du bist einfach zwanghaft in Deiner bescheuerten anklagenden Art, ...
      ... solcher Typen wie Dir ...
      ... (als Du noch in Windeln geschissen hast, falls überhaupt geboren) ...
      ... Du bist derart beknackt, ...... ich kann dein virtuelles Geheule hier nicht mehr ertragen...
      ... Dein Spatzenhirn...
      ... Du Pfeife ...
      ... als Du noch flüssig warst ...
      ... Dir frechem, eingebildeten Nichts an Würstchen ...
      ... und Menschen, die aus Rumänien kommen, zu meinen Freunden zähle.
      ... solche verzogenen Kinder wie Dich, solche überheblichen Gewinnler gibt es unter diesen liebenswerten Menschen gottseidank nicht.
      ... US-ergebenen Dünnpfiff daher, sondern haben ihr Herz und Hirn NACH Erreichen ihres Zieles nicht wie Du aus- , sondern weiterhin angeschaltet. ...
      ... Es mag ja Menschen geben, die Du mit deinem pfauenhaften und machomäßigem Gehampele und Imponiergehabe beeindruckst, aber bei lebenserfahrenen und reifen Menschen dürfte das so gut wie ausgeschlossen sein.

      Leider hast es Du, lieber und göttlichster Deep Thought, des weiteren versäumt, auf meine Nachfragen zu Deinen folgenden Zitaten zu antworten:
      a)... Du bist verdammt eingebildet, mein Kleiner!... Da Du ja nichts für meine Bildung tust, muß ich mir eben etwas einbilden, nicht?
      b) Wann genau war ich denn Deiner Meinung nach "flüssig"? Ich bitte um eine temporäre Spezifizierung, denn weder während meines Schwimmunterrichts noch im pränatalen Stadium ist ein Mensch jemals flüssig. Eizellen und Spermatozoen selbst sind nicht flüssiger als der sich bildende Mensch. Sie bewegen sich auch lediglich in wässrigen Lösungen, nicht wahr?


      Meine Wenigkeit erlaubt sich in ihrem Staube liegend, kurz den anderen (Un-)Gläubigen den göttlichen Deep Thought vorzustellen, der sich herablässt, auch in der Abwesenheit von einem "Nichts an Würstchen" in dessen Thread seine Weisheiten zu verkünden:
      So lasset uns nun alle jauchzen und frohlocken, Ihr gläubigen Jünger des aufgeklärten Anti-Amerikanismus denn ER ist wieder hier:
      Der göttliche Deep Thought, der wie kein anderer die fehlende Moral durch Doppelmoral und monokausale Historienmalerei zu ersetzen versteht. Er, der geniale Interpret der historischen Schwarz-Weiß-Malerei, der er wie der doppelgesichtige Gott Janus ähnlich ist dem nahezu ebenso göttlichen Richard Perle, der dunkel-vordenkenden Eminenz der US-Regierung. Wir alle erinnern uns doch, dass Richard Perle unter US-Studenten der Politologie "Prince (oder auch "Lord" ) of the Darkness?" genannt wird. Warum dies so ist? Nun, das Weltbild des Richard Perle entspricht genau im reziprok-umgekehrten Verhältnis dem des göttlichen Deep Thought:
      Richard Perle`s Weltbild: Die USA sind der strahlende weiße Ritter der Weltgeschichte, der in Gestalt seiner Armeen immer nur Gutes getan hat und deshalb können alle Gegner der USA nur Feinde sein! Gegenmeinungen zeugen nur von der Macht des Bösen, die wir bekämpfen müssen, bis der Jüngste Tag kommt.
      Deep Thought`s Weltbild: Die USA sind der ölig und schleimigschwarz-schillernde Ritter des Bösen in der Weltgeschichte, der niemals etwas Gutes getan hat und deshalb können alle Freunde der USA nur meine und die Feinde der Menschheit sein, da ich allein die Menschheit repräsentiere! Gegenmeinungen zeugen nur von der bösen Macht der bösen USA und müssen mit Beleidigungen mundtot gemacht werden, für die ich mich nie entschuldige, da das bei meiner Göttlichkeit natürlich eine Schwäche wäre, die meine Jünger von mir entfremden würde.
      Beide sind fanatisch-verschrobene Extrem-Denker. Sie besitzen einen ausgeprägten Tunnelblick und nehmen ihre coolen schwarzen Sonnenbrillen nie ab, da sie sonst die Realität sehen müssten und die Tatsachen erkennen könnten. Jeder Andersdenkende ist potentiell ein reaktionärer Feind und seine Denkmuster müssen schizophren sein; daher müssen sie bekämpft werden, auch wenn man dafür mit Extremisten anderer Gebiete, z.B. Neo-Nazis oder wahlweise Antisemiten gemeinsame Sache machen muß. Für intellektuelle Nachdenklichkeit ist da natürlich kein Raum, denn Menschen mit einer Meinung, die sich irgendwo zwischen der von Deep Thought einerseits und der von Richard Perle andererseits befindet, können nur ?schizophren? sein, denn ihnen wurde die Erleuchtung zuteil und sie wagten es doch tatsächlich, immer noch kritische Nachfragen zu stellen, die das Licht des Deep Thought (oder Perle, je nachdem) verdüsterten.
      So ist es dann auch natürlich so, dass wir bei Perle nie etwas von My Lai lesen werden und bei unserem göttlichsten Deep Thought niemals auf den chinesisch-vietnamesischen Krieg 1978 oder die Massaker der Khmer Rouge in Kambodscha mit über 2,5 Mio. Toten NACH dem Abzug der USA aus Südostasien eingegangen werden wird, denn dies waren ja ebenso wie die Diktaturen in Osteuropa wohl nur ?intrafamiliäre Auseinandersetzungen unter Bruderstaaten?, in die man sich eben nicht einmischt. Wenn allerdings mal zufällig jemand wie meine untertänigste Wenigkeit daran erinnern sollte, dann muß er sofort von Deep Thought aus dem betreffenden Thread hinausgeworfen oder beleidigt werden, nicht wahr?
      Andererseits ist dies aber auch kein Hinderungsgrund für den göttlichsten und unfehlbarsten aller "Deep Thoughts", ohne erkennbare Entschuldigung, Antwortbereitschaft oder auch nur Diskussionsbereitschaft in den Threads der Querdenker aufzutauchen, denn Deep Thought ist nun einmal der göttliche Unfehlbare, der es nicht nötig hat, auf Fragen des unterwürfig-höflichen Auryn nach Vietnam, totalitären Diktaturen oder sonstiges zu reagieren, das die Unfehlbarkeit des Deep Thought in Frage stellen könnte, nicht wahr?
      Hast Du, oh göttlichster und unfehlbarster Deep Thought, Dich eigentlich schon mal mit Deinen nun sicherlich über 2.500 anti-amerikanischen und anti-israelischen Postings schon mal beim Buch der Rekorde um den Titel "Größter Anti-Amerikaner unter einem einzelnen Internet-Pseudonym" beworben?
      In freudiger Erwartung Deiner sicherlich wieder mit Hilfe von Beleidigungen ausweichenden Antwort verbleibe ich Dein von Dir ewig verfolgter, weil ungläubiger Nicht-Anti-Amerikanischer Knecht
      Auryn
      P.S.: Du, oh göttlichster Deep Thought, darfst Dir diesmal für Deine Beleidigungen etwas mehr Zeit nehmen, denn ich werde für heute meine Tätigkeit in Form von ketzerischen Fragen an Dich, den göttlichen und unfehlbaren Deep Thought einstellen, da Du Dich bestimmt auf absehbare Zeit zum Brüten in Dein für Normalsterbliche undurchdringliches Logik-Wölkchen hinter Deine coole undurchsichtige Sonnenbrille zurückziehst, um Deine früheren Beleidigungen noch einmal zur eigenen moralischen Stärkung Revue passieren zu lassen.
      Avatar
      schrieb am 09.01.03 18:40:39
      Beitrag Nr. 237 ()
      Ich vergesse leider manchmal das KÖNNEN:
      Aber Du, allergöttlichster und unfehlbarster Deep Thought, hast mir noch nicht die Fragen zu Deinen Beleidigungen beantworten KÖNNEN, nicht?
      Avatar
      schrieb am 09.01.03 19:35:59
      Beitrag Nr. 238 ()
      Aber ich sollte jetzt mal langsam nach Hause eilen, da ich wieder anfange, meine Kommata falsch zu setzen und die geneigten Leser wissen ja schon, was das bedeutet.

      Ich schlage zum zweiten Mal in möglichst "diplomatischer Terminologie" einen gegenseitigen "Nicht-Postings-Pakt" mit der Gegenseite und deren Threads vor und gehe von stillschweigender Zustimmung aus, weil das wohl die beste Möglichkeit für die Zukunft zu sein scheint, wenn wir noch weiter hier Kunden bleiben wollen.
      Avatar
      schrieb am 09.01.03 20:17:12
      Beitrag Nr. 239 ()
      Hallo Deep Thought,

      tut mir leid, es ist zwar durchaus richtig dass die USA den internationalen Markt für Rüstungsgüter insgesamt bedeutend stärker bedienen, was wir genauso tun würden wenn wir freie Hand hätten :D, aber insbesondere im Bezug auf das irakische Nuklearwaffenprogramm (nicht nur beim Implosionsmodell unter Hamza, sondern auch bei den Guntypes der Gruppe 4) sind wir bei der Proliferation von Know-How und Equipment mit Abstand führend gewesen. Auryn hat auch Recht, dass Karl-Heinz Schaab dabei eine Schlüsselrolle spielte. Die Bilder der Zerstörung der Gaszentrifugen durch die UN-Inspektoren sind ja hinlänglich bekannt. Nur wurde auch noch jahrelang nach dem 1.Golfkrieg die Existenz der militärisch kontrollierten Gruppe 4, die sich mit dem einfacheren Guntype-Modell beschäftigte völlig übersehen. Auch hier wurde U235 aus deutschen Zentrifugen verwandt. Ich habe schon ein wenig im Netz gesucht, aber ich finde keine frei verfügbaren Satellitenaufnahmen des Raumes Resasa See und südlich davon aus dem Zeitraum 1988-1993. Dort sollen 1988/89 ein oder sogar zwei Tests (maximal Guntype, das Implosionsmodell war zu kompliziert) stattgefunden haben. Selbst für verdämmt angelegte Tests braucht es einen wahren Heidenaufwand und da sollte auf Aufnahmen vor bzw. nach einem eventuellem Test eigentlich etwas erkennbar sein.
      Na ja, vielleicht finde ich ja noch was. Zumindest in einem Punkt muss es Spuren geben: Dieser südliche Raum Iraks ist seismologisch eigentlich fast völlig tot, genau im angeblichen Testzeitraum wurden aber Aktivitäten in diesem Bereich registriert, jedoch eher schwach und daher unbedeutend. Wenn die Herren clever waren, dann haben die das Ding nicht nur verdämmt, sondern sogar unter dem See zur Detonation gebracht. Ich werde wohl oder übel noch ein wenig weiter suchen müssen :(
      Ansonsten will ich noch schnell Auryn zu diesem Thread gratulieren, es ist immer wieder ein Vergnügen hier mal zum Lesen hängenzubleiben. Und an alle Beide: Begrabt Eure Feindseligkeiten, das führt doch letztendlich zu nichts und drückt nur das Niveau in Euren Threads...

      Gruß,
      SH
      Avatar
      schrieb am 10.01.03 16:34:45
      Beitrag Nr. 240 ()
      #233
      angeborene Spürnase ... (:D)

      Schönes Wochenende!
      Avatar
      schrieb am 10.01.03 20:00:58
      Beitrag Nr. 241 ()
      <Europeans Seek to Rein in American War Machine
      Fri January 10, 2003 11:31 AM ET

      By Huda Majeed Saleh
      BAGHDAD (Reuters) - Europe moved to stay America`s hand over Iraq on Friday, as top officials spoke out against a rush to war on the basis of inconclusive weapons inspections.

      "Without proof, it would be very difficult to start a war," European Union foreign policy coordinator Javier Solana said.

      As President Bush continued to mobilize his forces and met Iraqi opposition leaders, one of President Saddam Hussein`s main Iraqi foes said an invasion could destabilize the Middle East and warned that the sort of massive occupying force Washington envisages would face popular armed resistance.

      "We reject the idea of an invasion and occupation of Iraqi territory," said Shi`ite Ayatollah Mohammad Baqer al-Hakim.

      After U.N. inspectors told the Security Council on Thursday they had found no "smoking gun" to challenge Iraq`s insistence it has no nuclear, chemical or biological weapons, Washington made clear it still felt Baghdad was defying the United Nations.

      With the world`s eyes turning to North Korea, which has admitted developing nuclear weapons and pulled out of the Non-Proliferation Treaty on Friday, U.S. officials insisted Iraq posed a major threat, however little the inspections found.

      Chief inspector Hans Blix told the Security Council Iraq had "failed to answer a great many questions." The United States said if Iraq continued to deceive it would again be in "material breach" of Council resolutions -- language that could mean war.

      In Iraq, U.N. experts visited three sites on Friday, including a rocket fuel plant which Britain has alleged may be developing missiles to carry chemical or germ warheads.

      EUROPE HESITANT

      The United States is doubling its 60,000-strong force in the Gulf. The Pentagon has told a further 7,000 Marines from Camp Lejeune, North Carolina, to get ready, the Marine Corps said.

      But EU Commission President Romano Prodi called for calm: "War is not and must not be inevitable," he said in Greece, which plans to lead an EU peace mission to Arab capitals soon.

      The 15 EU nations are sharply divided over Iraq. Britain is mobilizing its forces -- including a big naval landing force led by flagship carrier Ark Royal -- alongside the Americans despite grave doubts within Prime Minister Tony Blair`s Labour party.

      The bloc`s other main military power, France, is cooler, insisting on an international mandate for any war. Germany, the biggest economy, opposes outright the idea of attacking Iraq.

      "Inspections should continue and for that reason there are no grounds for military action," Berlin`s ambassador to the United Nations, Gunter Pleuger, said in New York.

      Britain`s U.N. envoy, too, said there was no undue focus on Blix`s next report to the Council on January 27.

      Washington has little need of European military assistance and has made clear it is willing to fight alone if need be, despite agreeing to seek United Nations backing last autumn.

      MAJOR COMMITMENT

      In Turkey, a key NATO ally, Prime Minister Abdullah Gul wrote urging neighboring Iraq to comply with U.N. resolutions. Muslim Turkey fears war would hurt its security and economy and has dragged its feet over backing Washington. But Gul agreed to U.S. inspections of Turkish bases to assess their usefulness.

      Further away, another close U.S. ally, Australia, said it might send troops to the Middle East in the coming weeks.

      Washington has sketched plans for a post-Saddam Iraq that it says would be the most ambitious since its occupation of Germany and Japan after World War II. Critics portray that as a grab for Iraq`s vast oil wealth and say it could get bogged down in the ethnically and religiously divided nation of 23 million.

      "Do you think that an American-installed government which does not respect the Iraqi nation and Islam could last long?" said Iran`s former president, Akbar Hashemi Rafsanjani.

      In the Gaza Strip, a leader of the Palestinian group Hamas urged Iraqis to adopt the suicide bomb tactics against any invaders that Hamas has employed against Israelis.

      "Blow yourselves up against the American army," Abdel Aziz al-Rantissi told a pro-Iraq rally. "Bomb them in Baghdad.">
      Avatar
      schrieb am 10.01.03 20:25:54
      Beitrag Nr. 242 ()
      Documented Iraqi Chemical Attacks*


      Date Location Agent Deaths
      August 1983 Haij Umran Mustard gas fewer than 100
      October-November 1984 Panjwin Mustard gas 3,000
      February-March 1984 Majnoon Island Mustard gas 2,500
      March 1984 Al Basrah Tabun fewer than 100
      March 1985 Hawizah Marsh Mustard gas/Tabun 3,000
      February 1986 Al Faw Mustard gas/Tabun 8,000-10,000
      December 1986 Umm ar Rasas Mustard gas more than 1,000
      April 1987 Al Basrah Mustard gas/Tabun 5,000
      October 1987 Sumar/Mehran Mustard gas/nerve agents 3,000
      March 1987 Halabja Mustard gas/nerve agents 5,000
      * Saddam Hussein began to acquire unconventional weapons in 1974, when, as vice president, he formed and funded the elite Committee for Strategic Development, according to author Said K. Aburish.




      --------------------------------------------------------------------------------
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      Avatar
      schrieb am 10.01.03 20:31:04
      Beitrag Nr. 243 ()
      IRAQ: From Fear to Freedom

      WMD: The Deadliest Threat of All


      Saddam Hussein`s quest to acquire weapons of mass destruction (WMD) has been systematic and relentless — undeterred by military defeat, U.N. Security Council resolutions, international inspections, economic cost, political isolation, comprehensive sanctions, or the impact on the welfare of his own people. The persistence and scale of Iraq`s efforts to acquire these weapons is so striking that it has led many observers to conclude that Saddam does not regard them simply as attributes of national power, but as essential to his ambitions for personal power.

      In other words, for Saddam to give up VX gas or biological agents such as botulinum toxin would be to undermine the very foundation of fear and terror with which he rules the Iraqi people and threatens his neighbors.

      The regime`s lies about its efforts to develop and conceal its weapons of mass destruction have been equally systematic. In a letter addressed to the Secretary-General of the United Nations on September 19, 2002, Saddam Hussein wrote: "We hereby declare before you that Iraq is clear of all nuclear, chemical, and biological weapons."

      Every part of this statement is suspect.

      In April 1991, as a condition for the cessation of hostilities following Iraq`s defeat and ejection from Kuwait by coalition forces, Baghdad unconditionally accepted U.N. Security Council Resolution 687, which required Iraq to declare and destroy or "render harmless" its weapons of mass destruction, and to forego the development or acquisition of such weapons in the future. To implement 687 and subsequent Security Council resolutions, the United Nations established the U.N. Special Commission (UNSCOM). The International Atomic Energy Agency (IAEA) continued to have special responsibility for nuclear matters.

      Throughout the 1990s, Iraq engaged in a policy of obstruction, concealment, and outright harassment of UNSCOM weapons inspectors — all designed to hide and preserve a significant portion of its infrastructure, warheads, stockpiles, and expertise related to its WMD programs. An October 2002 report from the U.S. Central Intelligence Agency (CIA), Iraq`s Weapons of Mass Destruction Programs, states:

      Baghdad`s determination to hold on to a sizeable remnant of its WMD arsenal, agents, equipment, and expertise has led to years of dissembling and obstruction of U.N. inspections. Elite Iraqi security services orchestrated an extensive concealment and deception campaign to hide incriminating documents and material that precluded resolution of key issues pertaining to its WMD programs.

      Only under sustained pressure from U.N. weapons inspectors did Iraq`s declarations of its weapons and stockpiles become more accurate. Even so, according to the CIA report: "Iraq has never fully accounted for major gaps and inconsistencies in its declarations and has provided no credible proof that it has completely destroyed its weapons stockpiles and production infrastructure."

      UNSCOM finally withdrew permanently from Iraq in 1998 after determining that Iraqi harassment and duplicity made it impossible for inspectors to continue their work. UNSCOM has been succeeded by the United Nations Monitoring, Verification, and Inspection Commission (UNMOVIC), created by a Security Council resolution in December 1999. Iraq has refused to accept UNMOVIC inspectors for the past three years.

      When Swedish diplomat Rolf Ekeus stepped down as the first head of UNSCOM in 1997, he said:

      The present leader of Iraq has demonstrated that he has ambitions for his country reaching far outside the borders of Iraq. These grand designs of extended influence presuppose access to weapons of mass destruction and the means for their delivery…

      It is highly doubtful that any alternative Iraqi leadership would continue to pursue a weapons of mass destruction program, considering that the consequences of such a policy would be sanctions, political isolation, and loss of huge financial revenues from blocked oil exports.

      Chemical Weapons

      Iraq launched an ambitious chemical weapons program beginning in the 1970s, and deployed such hideous weapons in both the eight-year Iran-Iraq War and the Al-Anfal campaign against the Kurds. According to documented accounts, Iraqi military forces attacked Iranian and Kurdish targets with various combinations of mustard gas and tabun and sarin nerve agents, employing aerial bombs, 122-millimeter rockets, aerial spray dispensers similar to those used by crop-dusting aircraft, and conventional artillery shells. In addition to many thousands of Iraqi Kurds, estimates are that more than 20,000 Iranians died in Iraqi chemical attacks.

      Before their forced departure from Iraq in 1998, U.N. weapons inspectors oversaw the destruction of more than 40,000 chemical munitions, nearly 500,000 liters of chemical agents, 1.8 million liters of chemicals used in the manufacture of such chemical-war agents, and seven types of delivery systems, including ballistic missile warheads.

      Despite these impressive totals, there is powerful evidence, from multiple sources, that Iraq possesses a stockpile of chemical agents that probably includes VX, sarin, cyclosarin, and mustard gas. Moreover, it is highly likely that Iraq has concealed chemical precursors, production equipment, and documentation necessary to sustain its chemical weapons programs. At least two significant pieces of public evidence support this contention. One is a 1998 Iraqi Air Force document, discovered by UNSCOM, showing that Iraq overstated by at least 6,000 the number of chemical bombs it claimed to have used during the Iran-Iraq War — in other words, an attempt to hide these bombs from outside discovery. The second, according to the October 2002 CIA report, is that Iraq has never accounted for approximately 15,000 artillery rockets that were the primary means for delivering nerve agents, or for 550 artillery shells filled with mustard gas.

      Iraq continues to expand dual-use sites that, in the view of experts, could be quickly converted to chemical weapons production. The Fallujah II facility, one of Baghdad`s principal production plants for chemical agents prior to the Gulf War, has now been upgraded with new chemical reactor vessels and other production equipment. Iraq now has chlorine production capacity far higher than any civilian need for water treatment, and evidence indicates that a significant amount of its chlorine imports are being diverted for military purposes.

      Biological Weapons

      For years, Iraq denied that it had an offensive biological weapons program of any kind. Despite such stonewalling, U.N. weapons inspectors uncovered evidence of an extensive and ongoing effort to develop biological weapons.

      Then, in 1995, Hussein Kamal, Saddam`s son-in-law and director of Iraq`s military industries, defected and provided verification of Iraq`s bioweapons program. The regime was forced to admit the truth: production of thousands of liters of such deadly agents as anthrax, botulinum toxin, and aflatoxin.

      UNSCOM supervised destruction of a major Iraqi biological weapons production facility at Al-Hakam, as well as destroying a variety of bioweapons and materials such as bacterial-growth media necessary to produce biological agents. Nevertheless, Iraq once again engaged in a pattern of systematic deception concerning its development and stockpiling of biological agents. UNSCOM experts concluded that Iraq actually produced two to four times the amounts UNSCOM destroyed of Bacillus anthracis (the agent that causes anthrax) and botulinum toxin, which paralyzes respiratory muscles.

      The evidence for Baghdad`s efforts to sustain and expand its biological weapons program is substantial. According to the CIA report, the Al-Dawrah Foot and Mouth Disease Vaccine Facility, which employs a sophisticated air filtration system, was used to produce biological agents before the Gulf War. UNSCOM destroyed equipment at the facility associated with biological weapons but left other equipment in place. In 2001, without U.N. approval, Baghdad announced that it would renovate the facility to produce vaccine to treat an outbreak of foot-and-mouth disease, even though it could much more easily and quickly import all the vaccine it needed.

      Iraq has greatly expanded the storage capacity of the Amiriyah Serum and Vaccine Institute, which records show was used to store cultures, agents, and equipment for biological weapons before the Gulf War. Similarly, authorities are rebuilding the Fallujah III Castor Oil Production Facility, which was used to manufacture the deadly agent ricin.

      Iraq acknowledged conducting 14 open-air tests of biological weapons from January 1991 to March 1998. At the same time, Baghdad provided no persuasive evidence that it had unilaterally destroyed its biological agents and munitions, as it claimed to have done.


      An UNSCOM missile team in Baghdad in 1997 was denied access to inspection sites. (AP Photo/Jassim Mohammed)
      UNSCOM also discovered a document showing that Iraq`s Military Industrial Commission wanted to develop mobile fermentation units that could serve as bioweapons laboratories on wheels. A recent defector interviewed by Vanity Fair magazine said that he assembled a fleet of Renault trucks — indistinguishable from conventional refrigerator trucks that transport food — outfitted for biological weapons. "They look like meat cars, yogurt cars," he explained. "And inside is a laboratory, with incubators for bacteria, microscopes, air conditioning."

      The use — or misuse — of large-scale industrial facilities is only part of the problem. The testimony of a number of defectors, including civil engineers and military officers, suggests that the regime is continuing to disperse biological, chemical, and nuclear facilities in or under civilian sites such as residences, downtown buildings, and some of the more than 40 palaces and luxury residences built for Saddam and his retinue. These are the types of facilities that UNSCOM was unable to investigate before being ordered to leave Iraq.

      One defector, Saeed al-Haideri, has described biological and chemical sites located in government companies and private villas — even beneath Saddam Hussein Hospital in Baghdad. Specifically, al-Haideri has alleged that two so-called presidential sites in Radwaniya — from which Iraqi authorities barred U.N. inspectors in 1997 — contained sealed, airtight, underground structures build by a Yugoslav company.

      Former UNSCOM chairman Richard Butler observed in a television interview:

      The degree of resistance that the Iraqis showed to our investigation of their biological weapons program exceeded all other deceptions and resistances. So I had to conclude that, for Saddam, biological weapons were his weapons of choice. He seems to be really attracted to the idea of killing people with germs, because they tried so hard to keep us away from their biology program.

      Going Nuclear

      After the Gulf War, the International Atomic Energy Agency succeeded in dismantling 40 nuclear research and development sites in Iraq, including three dedicated to the production of weapons-grade uranium. Not one of these nuclear facilities was known to the world prior to 1991. Those inspection efforts ended with the forced departure of all IAEA and UNSCOM inspectors in 1998. As a result, no on-the-ground verification of Baghdad`s nuclear program has been possible for four years. But the evidence from defectors, purchases of dual-use equipment, and documented efforts to acquire illegal nuclear-related materials on the black market lead to only one conclusion: Iraq`s worldwide effort to buy, steal, or develop a nuclear weapon is back in full operation.

      Saddam short-circuited his own ambitious nuclear weapons program with his invasion of Kuwait in 1990. During the seven months of occupation, Iraq tried repeatedly to divert highly enriched uranium from its French- and Soviet-built civilian reactors. The Gulf War ended this diversion attempt; but throughout the 1990s, Baghdad withheld data about its nuclear infrastructure, procurement efforts, and weapons designs.

      One of the most authoritative looks at Saddam`s nuclear ambitions is the former head of Iraq`s nuclear program, Khidhir Hamza, who defected in 1994. Hamza has described how Saddam ordered a massive nuclear weapons program in the 1980s, which quickly grew from 500 scientists and technicians to more than 5,000. Hamza has also described the almost routine manner in which the Iraqi regime hid its program from IAEA inspectors:

      When the inspectors started arriving, we would just lock the doors to the areas where we were working. We would take the inspectors on a path that was constructed so that we could bypass the locked doors. Behind the locked doors was where we were working to enrich the uranium to design the bomb.

      During 2001 and 2002, Baghdad has sought to buy thousands of specially designed aluminum tubes that most intelligence experts believe are intended as components of centrifuges to enrich uranium.

      A September 2002 report from the London-based International Institute for Strategic Studies concluded that Saddam Hussein could build a nuclear bomb within months if he were able to obtain enriched uranium or other fissile material.

      Former Iraqi nuclear director Hamza expressed the same view in a 2000 interview:

      I do not know if they have the uranium, but the design is there. The construction would be difficult and probably take a few months. It all depends on how they get the fissile material. Saddam can either start a fissile material program in Iraq — the enrichment program — in which case it may take him two or three years to have it. Or he can get it from abroad, like from Russia. Then he will have it immediately.

      Ballistic Missiles and Dual-Use Technology

      Iraq has fired ballistic missiles at four states in the region, Saudi Arabia, Israel, Bahrain, and Iran. Weapons inspectors have demonstrated that Iraq has the ability to deliver chemical weapons via such missiles.

      Iraq has worked strenuously to develop ballistic missiles that exceed the 150-kilometer-range limit established by U.N. Security Council Resolution 687. To accomplish this, Baghdad has employed the same duplicity that it has used to hide its weapons of mass destruction programs.

      At the time of the Gulf War, Baghdad was already developing longer-range missiles based on the technology of the Soviet-designed Scud missiles that Iraqi forces fired in large numbers. After the war, Iraq never fully accounted for its missile program, and discrepancies in its accounting strongly suggest that the armed forces retain a hidden force of Scud-type missiles, as well as launchers, guidance systems, and other components.

      In recent years, Iraq has continued to work on two types of short-range ballistic missiles that fall within the 150-kilometer limit established by the United Nations. But there is convincing evidence that Baghdad is working assiduously to violate this limit.

      At the Al-Rafah-North Liquid Propellant Engine Facility, the regime is building a test stand for liquid-fuel engines larger than the equipment used for older Scud engine tests. According to the CIA report on Iraq`s weapons of mass destruction programs: "The only plausible explanation for this test facility is that Iraq intends to test engines for longer-range missiles prohibited under UNSCR 687."

      The same pattern is appearing at two solid rocket-motor facilities at Al-Mustasim and Al-Mamoun, with new or rebuilt structures whose size suggests they will house — and hide — systems prohibited by the United Nations.

      According to defectors and other sources, Iraq`s goal is to build a ballistic missile capable of carrying chemical, biological, or nuclear warheads with a range of 900 to 1,100 kilometers — sufficient to strike cities in the Gulf and Middle East such as Riyadh, Ankara, Tehran, Amman, Cairo, Alexandria, Tel Aviv, and even Nicosia, Cyprus.

      Iraq has continued to explore other means of delivering chemical and biological weapons, notably attempts to convert aircraft into unmanned aerial vehicles (UAV) equipped with spray tanks that could be loaded with chemical or biological agents.

      More broadly, Iraq has been able to import dual-use equipment or simply divert funds from the Oil-for-Food Program to procure equipment that supports its WMD, missile, and conventional weapons programs.

      Since December 1999, acting under a new U.N. Security Council resolution, UNMOVIC has been screening Iraqi contracts for goods and services. It found that more than 100 contracts contain provisions for dual-use items that could be diverted into programs for weapons of mass destruction.




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      Avatar
      schrieb am 12.01.03 11:38:23
      Beitrag Nr. 244 ()
      Irak-Krise
      London dementiert Bericht über Bemühungen zu Aufschub eines Angriffs

      09. Januar 2003 Die britische Regierung hat am Donnerstag einen Zeitungsbericht dementiert, wonach sie sich um die Verschiebung eines Angriffs auf Irak um mehrere Monate bemühe. Die Angaben des „Daily Telegraph“ seien „kategorisch falsch“, sagte ein Sprecher von Premierminister Tony Blair in London.

      Die britische Regierung wisse „ganz genau, dass die Rüstungsdeklaration von Saddam Hussein falsch ist“. Der „Daily Telegraph“ hatte berichtet, London wolle mit der Verschiebung eines Waffengangs den UN-Inspektoren in Irak mehr Zeit geben, Beweise für einen Verstoß gegen die Rüstungsbeschränkungen zu sammeln und damit einen Krieg gegen Irak auf eine völkerrechtlich gesicherte Grundlage zu stellen.

      Streit zwischen Straw und Hoon

      Der britische Außenminister Jack Straw hatte in einem Zeitungsinterview gesagt, den UN-Inspektoren dürfe keine zeitliche Grenze bei ihrer Arbeit gesetzt werden. Nach Ansicht seines Kabinettskollegen, Verteidigungsminister Geoff Hoon, spielte er damit unzulässigerweise die Wahrscheinlichkeit eines nötigen Krieges herunter. Die Spannungen zwischen beiden wurden sichtbar, als Hoon die Äußerungen Straws öffentlich kritisierte. Die Tageszeitung „The Guardian“ berichtete derweil am Donnerstag, bis zu 100 Labour-Abgeordnete könnten sich gegen die Regierung auflehnen und Regierungsvertreter zurücktreten, sollte es zu einem Irak-Krieg ohne Deckung der UN kommen.

      Auch Türkei bereitet Washington Sorgen

      Amerikanische Regierungsvertreter berichten derweil über Schwierigkeiten, die Türkei davon zu überzeugen, ihr Land als Aufmarschgebiet für Bodentruppen bereitzustellen. „Militärisch gesehen sind wir an einen kritischen Punkt gelangt, der ein Ja oder Nein der Türken erfordert“, zitiert die „New York Times“ einen Beamten. Offenbar besteht Ankara auf eine vorherige UN-Resolution. Im Falle eines Irak-Krieges soll der Kuwait zentralen Truppenaufmarschgebiet der Amerikaner werden. Ein Einmarsch aus dem Norden, von den türkisch-kurdischen Bergen her, soll eine zweite Front eröffnen.

      Über zwei Monate nach der Reise des stellvertretenden amerikanischen Verteidigungsministers, Paul D. Wolfowitz, in die Türkei, bei der er die Bedingungen eines amerikanischen Aufmarsches verhandelte, ist die öffentliche Meinung weiterhin gegen ein militärisches Vorgehen gegen Saddam Hussein eingestellt. Zudem bereiste der neue türkische Ministerpräsident Gül jüngst arabische Nachbarstaaten und den Iran, um Möglichkeiten einer diplomatischen Lösung der Krise auszutarieren.

      Powell: UN erhalten Geheimdienstinformationen

      Wie der amerikanische Außenminister Colin Powell derweil der „Washington Post“ bestätigte, versorgen die Vereinigten Staaten die UN-Inspektoren mit Geheimdienstinformationen über irakische Waffenprogramme. Damit könnten die Inspektoren „aggressiver und umfassender“ ihrer Arbeit nachgehen, sagte Powell. Einige der brisantesten Daten hielte Washington noch zurück, sagte Powell. „Die Art, wie wir zu diesen Informationen kommen, ist sehr geheim und wenn man nicht richtig mit ihnen umgeht oder sie falsch einsetzt, könnten wir diese Quelle verlieren.“

      Vor dem UN-Sicherheitsrat in New York wird der Chef der Inspektoren, Hans Blix, an diesem Donnerstag einen Zwischenbericht ablegen. Aus UN-Kreisen verlautete, er werde seine Kritik an der irakischen Zusammenarbeit vertiefen.

      Text: @sat
      (faz.net)
      Avatar
      schrieb am 12.01.03 12:19:12
      Beitrag Nr. 245 ()
      nur damit du was zu lesen hast ... :D

      <Secretary of Defense Donald Rumsfeld

      Rumsfeld key player in Iraq policy shift

      Cables, Natl. Security Council affidavitreveal depth of U.S. assistance to Saddam despite chemical arsenal

      By Robert Windrem NBC NEWS

      Aug. 18 — State Department cables and court records reveal a wealth of information on how U.S. foreign policy shifted in the 1980s to help Iraq. Virtually all of the information is in the words of key participants, including Donald Rumsfeld, now secretary of defense.

      THE NEW INFORMATION on the policy shift toward Iraq, and Rumsfeld’s role in it, comes as The New York Times reported Sunday that United States gave Iraq vital battle-planning help during its war with Iran as part of a secret program under President Reagan — even though U.S. intelligence agencies knew the Iraqis would unleash chemical weapons. The covert program involved more than 60 officers of the Defense Intelligence Agency who helped Iraq in its eight-year war with Iran by providing detailed information on Iranian military deployments, tactical planning for battles, plans for airstrikes and bomb-damage assessments, the Times said.

      The Times said it based its report on comments by senior U.S. military officers with direct knowledge of the program, most of whom spoke on condition of anonymity. Iraq and neighboring Iran waged a vicious war from September 1980 to August 1988. An estimated 1 million people were killed and millions more were dislocated by the fighting.

      SCOPE OF THE RELATIONSHIP
      It has been known for some time that the United States provided intelligence assistance to Iraq during the war in the form of satellite photography to help the Iraqis understand how Iranian forces were deployed. But the full scope of the program had not been known until now, the Times said. The cables and court records obtained by NBC News reveal the scope and nature of Rumsfeld’s role in shaping U.S. policy. Although U.S. officials deny that the United States looked the other way while Iraq used American intelligence data to plan chemical weapons assaults against Iran in the 1980s, there is evidence in declassified State Department cables and court records to indicate that even though the United States was aware that Iraq had used chemical weapons against Iranian troops, it was ready to help Iraq in thwarting Iranian “human-wave” attacks. The Iraqis used chemical weapons mainly to halt the Iranian “human wave” attacks beginning in 1983, although they also used cluster bombs and fuel air explosives.

      IRANIAN VICTORY TOP CONCERN
      President Reagan and then-Vice President Bush personally sent advice to Saddam Hussein, both directly and through intermediaries, a NSC staff member said. Indeed, the record shows that in 1983, Rumsfeld — then President Reagan’s special envoy to the Middle East, now secretary of defense — told senior Iraqi officials that the use of poison gas “inhibited” normal relations between the two countries. Nevertheless, at those same meetings in Baghdad with Iraqi President Saddam Hussein and then-Iraqi Foreign Minister Tariq Aziz, Rumsfeld stated the Reagan administration was so concerned about an Iranian victory that it offered Saddam unspecified assistance. Specifically, Rumsfeld’s trip was the subject of several State Department cables from 1983. Some of the language from the cables is redacted, and much of what remains is couched in diplomatic-speak. But in a January 1995 affidavit in a civil case involving Iraqi arms sales, NSC staff member Howard Teicher provides the most detailed discussion of the rationale behind the Iraq tilt. Moreover, Teicher, who accompanied Rumsfeld to Baghdad in 1983, lays out in the affidavit how both President Reagan and then-Vice President Bush personally delivered military advice to Saddam Hussein, both directly and through intermediaries.

      NSC STAFFER: POLICY SHIFT BEGAN IN ’82
      According to Teicher, the tilt towards Iraq began in the spring of 1982, about 18 months after Iraq invaded Iran in hopes of a quick victory over the Iranian mullahs. Iran, however, used the advantage of its huge population to gain the upper hand, raising fears in the Reagan administration of an Iranian surge through southern Iran and into Kuwait and Saudi Arabia. “In the Spring of 1982, Iraq teetered on the brink of losing its war with Iran,” wrote Teicher in the affidavit. “In May and June, 1982, the Iranians discovered a gap in the Iraqi defenses along the Iran-Iraq border between Baghdad to the north and Basra to the south. Iran positioned a massive invasion force directly across from the gap in the Iraqi defenses. An Iranian breakthrough at the spot would have cut off Baghdad from Basra and would have resulted in Iraq’s defeat. “United States Intelligence, including satellite imagery, had detected both the gap in the Iraqi defenses and the Iranian massing of troops across from the gap. At the time, the United States was officially neutral in the Iran-Iraq conflict. President Reagan was forced to choose between (a) maintaining strict neutrality and allowing Iran to defeat Iraq, or (b) intervening and providing assistance to Iraq.” Reagan, writes Teicher, decided to intervene secretly against Iran. This, also from the Teicher affidavit: “In June, 1982, President Reagan decided that the United States could not afford to allow Iraq to lose the war to Iran. President Reagan decided that the United States would do whatever was necessary and legal to prevent Iraq from losing the war with Iran. President Reagan formalized this policy by issuing a National Security Decision Directive (“NSDD”;) to this effect in June, 1982. I have personal knowledge of this NSDD because I co-authored the NSDD with another NSC Staff Member, Geoff Kemp. The NSDD, including even its identifying number, is classified.” “CIA Director [William] Casey personally spearheaded the effort to ensure that Iraq had sufficient military weapons, ammunition and vehicles to avoid losing the Iran-Iraq war,” the affidavit continued. “Pursuant to the secret NSDD, the United States actively supported the Iraqi war effort by supplying the Iraqis with billions of dollars of credits, by providing U.S. military intelligence and advice to the Iraqis, and by closely monitoring third country arms sales to Iraq to make sure that Iraq had the military weaponry required.” Moreover, says Teicher, the U.S. actually provided military advice to the Iraqis, relaying U.S. intelligence to Saddam from the highest levels of the U.S. government, from President Reagan and then-Vice President Bush, father of the current president.

      BACKCHANNEL ADVICE
      “The United States also provided strategic operational advice to the Iraqis to better use their assets in combat,” says Teicher’s affidavit. “For example, in 1986, President Reagan sent a secret message to Saddam Hussein telling him that Iraq should step up its air war and bombing of Iran. This message was delivered by Vice President Bush who communicated it to Egyptian President Mubarak, who in turn passed the message to Saddam Hussein.
      President Reagan maintained the covert program after Iraq`s use of chemical weapons became known, officials familiar with the program told The New York Times. “Similar strategic operational military advice was passed to Saddam Hussein through various meetings with European and Middle Eastern heads of state. I authored Bush’s talking points for the 1986 meeting with Mubarak and personally attended numerous meetings with European and Middle East heads of state where the strategic operational advice was communicated.” Critical to Iraqi success was finding a way to overcome Iran’s human wave attacks which persisted throughout the war, although Teicher’s affidavit gives no indication that the United States condoned the use of chemical weapons, which were used against those human-wave attacks. Nevertheless, the U.S. government certainly was aware of how important it was to Iraq to stop those human wave attacks. U.S. intelligence officers never opposed such action because they considered Iraq to be struggling for its survival and feared that Iran would overrun the crucial oil-producing Persian Gulf states, the Times reported.

      CIA IMPLICATED
      In his affidavit, Teicher said he “personally attended meetings in which CIA Director Casey or CIA Deputy Director [Robert] Gates noted the need for Iraq to have certain weapons such as cluster bombs and anti-armor penetrators in order to stave off the Iranian attacks. Teicher said his notes, memoranda and other documents in his files showed or tended to show that the CIA, “including both CIA Director Casey and Deputy Director Gates, knew of, approved of, and assisted in the sale of non-U.S. origin military weapons, ammunition and vehicles to Iraq.” Teicher’s comments about an Iraqi tilt are borne out in the declassified State Department documents related to Rumsfeld’s 1983 Baghdad trip, although not in such detail.

      ‘PRESIDENTIAL MESSAGE’
      President Reagan authorized Rumsfeld to travel to Baghdad as part of a trip throughout the Middle East, the arrangements being made between the U.S. Interests Section in Baghdad and then-Iraqi Foreign Ministry Undersecretary Mohammed Sahhaf, according to State Department documents obtained by the National Security Archives under the Freedom of Information Act. [Sahhaf is now Iraqi Foreign Minister.] The visit, which included meetings with Aziz and Saddam Hussein, was laid out in cables sent by the Interests Section and Rumsfeld himself to George Shultz, then the secretary of state. Rumsfeld informed the Interests Section that he was “pleased with the positive response…to your sounding,” adding that he would “probably be carrying a presidential message for Saddam [cq].” Arrangements were made for a visit on the night of Dec. 19-20, 1983. State Department officials who met with Sahhaf noted that “perhaps the greatest benefit of the visit would be the establishment of direct contact between an envoy of President Reagan and President Saddam Hussein.”

      ‘A THOUGHTFUL MAN’
      Iraq’s Tariq Aziz told Rumsfeld that he would find Saddam “a thoughtful man who analyzed and learned from experience.” Rumsfeld did carry a conciliatory letter from Reagan to Saddam. The letter has not been released, but parts of it were quoted in the State Department cables. Saddam at one point expressed “great pleasure” at the letter, and Aziz quoted Reagan as saying “the Iran-Iraq war could pose serious problems for the economic and security interests of the U.S., its friends in the region and in the free world.” Rumsfeld first met with Tariq Aziz, then foreign minister on Dec. 19. Rumfeld laid out the shared interests of the two countries, telling Aziz: “While there were a number of differences of view between us, we also see a number of areas of common interest. We both desire regional peace, stability and correcting regional imbalance.” In a response, described by a member of Rumsfeld’s team as “eloquent,” Aziz said renewed U.S.-Iraqi ties were possible. Aziz told Rumsfeld that he would find Saddam “a thoughtful man who analyzed and learned from experience.”

      U.S. SYMPATHY WITH IRAQI AIMS
      Rumsfeld lamented that it was unfortunate an entire generation of Iraqis and Americans were growing up without contact with each other and promised the United States “would approach our allies in terms of specific instances where they are either directly or indirectly providing weapons which enable Iran to continue the war, and would try to foster strategic understanding of the dangers of focusing on narrow, short-term interests.” NBC: Iraqi envoy warns the U.S. Rumsfeld’s own notes of the meeting, — notes that presumably included the specifics of what the United States could do to help Iraq beyond asking U.S. allies to end arms exports to Iran — were sent separately to the Secretary of State, and were edited by the State Department’s Freedom of Information Act Office. However, what was released indicates American empathy with Saddam’s intentions. “I indicated our desire to have the war mediated and ended peacefully without further escalating tension in the Middle East. I offered our willingness to do more…” according to Rumsfeld’s notes. Eight lines of text laying out the specifics were redacted.

      INDICATION OF SUPPORT
      In a talking-points memo prepared by the State Department, Rumsfeld was asked to note that the United States hoped for a peaceful solution to the Iran-Iraq war, but to also deliver the following message to Saddam: “The [United States government] recognizes Iraq’s current disadvantage in a war of attrition since Iran has access to the Gulf while Iraq does not would regard any major reversal of Iraq’s fortunes as strategic defeat for the west,” a clear indication of which side the U.S. was prepared to support.
      The talking points memo also noted that it was “possible” that Iraq would suggest to Rumsfeld that “the U.S. could lift restrictions on some military items Iraq wishes to purchase from third parties.” Other issues in the Middle East, ostensibly the main reason for Rumsfeld’s trip, were also laid out in the memo, but were viewed as secondary. In one discussion, however, Rumsfeld was asked to seek Saddam’s personal advice on dealing with Syria.

      ISRAELI OFFER OF AID TO IRAQ
      In his affidavit, Teicher noted that Rumsfeld was carrying a letter offering help from then-Israeli Foreign Minister Itzhak Shamir. “Israeli Foreign Minister Yitzhak Shamir asked Rumsfeld if the United States would deliver a secret offer of Israeli assistance to Iraq. The United States agreed. I traveled with Rumsfeld to Baghdad and was present at the meeting in which Rumsfeld told Iraqi Foreign Minister Tariq Aziz about Israel’s offer of assistance. Aziz refused even to accept the Israelis’ letter to Hussein offering assistance, because Aziz told us that he would be executed on the spot by Hussein if he did so.” Bush faces harsh warning on Iraq Rumsfeld did note that United States “efforts to assist were inhibited by certain things that made it difficult for us, citing use of chemical weapons, possible escalation in the Gulf and human rights.” In fact, the United States knew that Iraq has used poison gas against Iranian troops a few months before and that Iraq was building its own chemical weapons infrastructure. Iraq would use chemical weapons against Iran and later against the Kurds, for the remainder of the Iran-Iraq war, the most notorious being the bombing of the Kurdish town of Halabja in 1988.

      HUMAN WAVE ATTACKS
      Repeatedly, Rumsfeld made clear that U.S. interests coincided with Iraq’s in the war. Nevertheless, Rumsfeld said the United States opposed an Iranian victory and noted that “we [are] improving our contingency planning with Gulf states as to our goal of keeping the Straits [of Hormuz] open.” If Aziz responded regarding American concerns regarding Iraqi chemical weapons development, it was not noted. Aziz and Rumsfeld did discuss the fearsome nature of Iran’s human wave attacks. Rumsfeld wrote that Aziz told him the Iranian forces “essentially mount human-wave assaults with the so-called Khomeini Guards (young people with a piece of paper in their pockets that is their ticket to Paradise). Heaving themselves forward until they break and run as a result of the return fire. Tariq [Aziz] said he felt the war was over in the strategic sense in that Iraq will not lose.” Repeatedly, Rumsfeld made clear that U.S. interests coincided with Iraq’s in the war. He wrote in his own note to Shultz, “I said I thought we had areas of common interest, particularly the security and stability in the Gulf, which had been jeopardized as a result of the Iranian revolution. I added that the U.S. had no interest in an Iranian victory; to the contrary. We would not want Iran’s influence expanded at the expense of Iraq. As with all sovereign nations, we respect Iraq’s independence, sovereignty and territorial integrity.”

      GREETINGS FROM SADDAM
      `Saddam Hussein showed obvious pleasure with the President’s letter and Rumsfeld’s visit ... ’ — from the Teicher affidavit When Rumsfeld met with Saddam the following morning, accompanied by State Department Arab experts Robert Pelletreau and William Eagleton, Iraqi television videotaped the opening greetings and delivery of President Reagan’s letter to the Iraqi leader. Saddam was dressed in military uniform, a pistol on his hip. Rumsfeld conveyed his pleasure at being in Baghdad. While there was no discussion of U.S. military help to Iraq, Rumsfeld reiterated to Saddam the United States’ intention of eliminating arms deliveries to Iran, stating “The U.S. and Iraq shared interests in preventing Iranian and Syrian expansion.” He said the U.S. was urging other states to curtail arms sales to Iran and believed it had successfully closed off U.S.-controlled exports by third countries to Iran. For Saddam, the tenor and tone of Rumsfeld’s visit was a major positive. “Saddam Hussein showed obvious pleasure with the President’s letter and Rumsfeld’s visit and in remarks,” Teicher’s affidavit says. ”[It] removed whatever obstacles remained in the way of resuming diplomatic relations but did not take the decision to do so.”

      The Associated Press and Reuters contributed to this report.>

      (msnbc.com)
      Avatar
      schrieb am 13.01.03 17:11:04
      Beitrag Nr. 246 ()
      Avatar
      schrieb am 13.01.03 17:38:31
      Beitrag Nr. 247 ()
      verschwörungstheoretische anmerkungen III

      Am 25. 11. 1941 notierte der US-Verteidigungsminister Henry Stimson nach einer Unterhaltung mit Präsident Roosevelt über die Japaner in sein Tagebuch: "Die Frage war, wie man sie in eine Position manövrieren könnte, in der sie den ersten Schuss abgeben würden, ohne dass uns allzuviel passiert . . . es war wünschenswert, sicherzustellen, dass die Japaner dies wären, [die den ersten Schuss abgeben], sodass niemand auch nur den geringsten Zweifel haben könnte, wer der Aggressor war." Keine zwei Wochen später war es dann so weit. :D

      Schon 1932 und 1938 war der Stützpunkt zweimal bei Marineübungen "überfallen" worden, und jedes Mal war die Verteidigung völlig überfordert. Deshalb galt Pearl Harbor als besonders verwundbarer Marinehafen. Als Roosevelt befahl, die Flotte von der Westküste dorthin zu verlegen, protestierte der amtierende Admiral Richardson dagegen und weigerte sich schließlich sogar, den Befehl auszuführen. Er wurde durch Admiral Kimmel ersetzt - den man nach dem japanischen Angriff wegen Nachlässigkeit vor einen Untersuchungsausschuss brachte. Er wurde freigesprochen, als bekannt wurde, dass man ihm 188 entschlüsselte japanische Nachrichten vorenthalten hatte, aus denen der bevorstehende Angriff samt Datum und Uhrzeit hervorging.

      Auch holländische, britische und sowjetische Nachrichtendienste hatten vor einem bevorstehenden Angriff gewarnt, doch auch diese Meldungen waren von den Geheimdiensten in Washington zurückgehalten worden. Als zwei der zwischen 1920 und 1940 angesehensten Historiker der USA - die Professoren Charles Beard und Harry E. Barnes - die offizielle Regierungsversion daraufhin ablehnten, wurden sie als Spinner denunziert und aus dem Lehrbetrieb entfernt. Der "Überraschungsangriff" steht seitdem in jedem Lexikon.

      Am 25. 7. 1990 überbrachte die US-Botschafterin in Irak, April Glaspie, eine Botschaft des Weißen Hauses an Saddam Hussein: Präsident Bush wünsche, die Beziehungen zu Irak "auszubauen und zu vertiefen". Weiter hieß es: "Wir haben zu innerarabischen Differenzen wie auch zu Ihren Auseinandersetzungen mit Kuweit nicht viel zu sagen. Wir alle sind davon überzeugt, dass Sie das Problem bald lösen werden." Selbstverständlich war Saddams Truppenaufmarsch in den Wochen zuvor genau registriert worden, dass eine Invasion in Kuweit unmittelbar bevorstand, war offensichtlich, jedoch war auch hier beabsichtigt, ihn zum "ersten Schuss" einzuladen. Sonst hätte man bei der späteren Bombardierung Iraks am Ende als Aggressor dagestanden - und statt als treuer Schäferhund der "Zivilisation" als bissiger Pitbull eigener Macht- und Öl-Interessen. So wie ohne Pearl Harbor schon Hiroschima nicht als Verteidigung der Zivilisation durchgegangen wäre, sondern als mörderischer Waffentest und Terroranschlag.

      Wenn wundert es da noch, dass bei einem "Überraschungsangriff" höchstes Misstrauen angesagt ist. Nach den Japsen und Saddam ist jetzt Ussama Bin Laden aus dem Überraschungsei geschlüpft - ein neuer, hausgemachter Schurke.

      MATHIAS BRÖCKERS

      taz Nr. 6550 vom 15.9.2001, Seite 24, 109 Zeilen (TAZ-Bericht), MATHIAS BRÖCKERS, in
      Avatar
      schrieb am 14.01.03 09:17:45
      Beitrag Nr. 248 ()
      01/13 22:56
      UN Arms Inspectors Use Western Intelligence to Find Iraqi Sites
      By Paul Tighe


      Baghdad, Jan. 14 (Bloomberg) -- United Nations weapons inspectors visited Iraqi universities looking for evidence of Iraq`s weapons program as teams widen their search with the aid of Western intelligence information.

      Chemical and biological weapons inspectors visited universities in Baghdad yesterday, including the Department of Biology at Baghdad University, the UN said on its Web site.

      The inspectors are using Western intelligence data to find suspicious sites, Hans Blix, the chief UN weapons inspector, said in an interview with the British Broadcasting Corp.

      UN inspectors will report to the Security Council Jan. 27 on whether Iraq is cooperating with UN demands it reveal its weapons program. U.S. President George W. Bush said he will use force if Iraq defies demands to disarm. The U.S. at the weekend authorized the transfer of 62,000 troops to the Persian Gulf. The deployment will increase the size of U.S. air, naval and army units in the region to about 150,000 personnel by mid-February.

      Iraq ``need only look around their borders and they should realize the seriousness`` of the situation, Blix told Associated Press Television News yesterday.

      ``We would hope for a peaceful solution to this, and that inspection can provide that,`` Blix said. ``What the show of force demonstrates to Iraq is that here is another alternative.``

      The U.S. will let the inspectors carry out their tasks and report to the Security Council before deciding whether military action is necessary.

      ``The issue is not some arbitrary period of time,`` State Department spokesman Richard Boucher said yesterday. ``The issue is Iraq`s disarmament.``

      The U.S. will ``decide what the appropriate steps are after`` looking at the report by UN inspectors, Boucher said.

      U.K. Prime Minister Tony Blair yesterday downplayed the prospect of the Jan. 27 report as a deadline for action.

      ``Let the inspectors do their task,`` he said. ``I don`t think there is any point putting an arbitrary timescale on it.``

      If there is a breach of the UN resolution ``then action will follow,`` Blair said, adding his ``preference`` is to have a second resolution authorizing force.
      Avatar
      schrieb am 14.01.03 10:08:35
      Beitrag Nr. 249 ()
      #247:

      Deep Thougt, Du driftest langsam in eine sehr bedenkliche Ecke ab. Schon klar, was Du hier für einen Spinner als Quelle benutzt?
      Avatar
      schrieb am 14.01.03 11:04:57
      Beitrag Nr. 250 ()
      Hallo Wilma,
      vielen Dank für Deine Texte. Mich würde aber doch interessieren, welche Suchmaschinen Du benutzt. Wenn Du es als Geheim-Rezept betrachtest, darfst Du es mir auch per Boardmail mitteilen. ;)

      Oha, hier geht`s ja doch allgemein recht munter weiter.
      Naja, wenn ich wieder mehr Zeit habe, lockere ich alles mal wieder ein bißchen auf.
      :D

      Zum Thema "Hiroshima ohne Pearl Harbour" von unserem geschätzten Gastdozenten "Deep Thought" hätte ich da aber noch den interessanten kleinen Hinweis auf einen "taz"- Artikel:
      http://www.taz.de/pt/2002/08/26/a0139.nf/text
      Nebenbei und zusätzlich möchte ich auch noch auf das Nanking-Massaker der japanischen Invasionstruppen in China hinweisen, das komischerweise doch tatsächlich lange vor Pearl Harbour stattfand und von dem wir annehmen dürfen, daß es der japanischen Militärregierung vielleicht dabei helfen sollte, ihre "Ostasiatische Wohlstandssphäre" unter japanischer Führung zu errichten.
      Diese Ereignisse sind übrigens der Hauptgrund dafür, daß die chinesische Regierung oft und gerne Hochtechnologie-Produkte in 15.000 km Entfernung in Deutschland bestellt, obwohl sie sie häufig genauso gut in 800 km Entfernung in Japan zu einem Fünftel des Preises kaufen könnte.
      Doch alles dies interessiert unseren hochgeschätzten Gastdozenten sicherlich nicht und er hat ja auch noch nie etwas davon gehört, nicht wahr?
      Avatar
      schrieb am 14.01.03 11:29:20
      Beitrag Nr. 251 ()
      @ SFK:
      Bezüglich meines Postings # 221 (oder so ähnlich) über die letzte Woche noch "zu geringe" US-Truppenpräsenz, um einen Angriff und eine Besetzung des Irak durchzuführen, muß ich mich inzwischen korrigieren. Die US-Streitkräfte haben inzwischen eine Art "Just-in-time"-Stationierungssystem erarbeitet, das auch die Stationierung großer Soldatenzahlen "in letzter Sekunde" ermöglicht und allein mit den zwei letzten Marschbefehlen des Pentagon sind noch einmal soviel Soldaten bis Ende Januar kampfbereit wie bisher in den letzten sechs Monaten zusammen.
      Ein solcher Aufmarschplan ist politisch-militärisch für das "Weiße Haus" natürlich auch so etwas ähnliches wie ein "Perpetuum mobile", das seine eigene Dynamik entwickelt wie eine riesige Maschine, die nur noch schwer aufzuhalten ist und sich verselbständigen kann. Das alles kostet eine Unmenge Geld und man kann sich beispielsweise nur schwer vorstellen, daß Bush eines Tages dem US-Rechnungshof sagt: "O.K., ich habe da 25 Mrd. Dollar für die Entsendung von 130.000 Soldaten und fünf Flugzeugträgerverbänden ausgegeben, aber das alles war nur ein kleiner Bluff, um Saddam Hussein mal wieder in unserem Sinne zu beeindrucken!"

      Also spätestens ab 150.000 entsendeten US-Soldaten in der Golfregion würde ich sagen, daß ein Krieg allein schon deshalb stattfinden könnte, weil sonst Bush niemandem mehr erklären kann, in welchem Bezug sonst "Kosten und Nutzen" für die USA bestehen sollten.
      Avatar
      schrieb am 14.01.03 11:42:30
      Beitrag Nr. 252 ()
      #251
      Da haben wir endlich den ersehnten Kriegsgrund:
      Der Rechnungshof der USA (ich nehme an, die haben auch sowas) könnte sich negativ äußern, wenn man soviel Geld nur für ein Bedrohungsszenario ausgegeben würde.

      Damit ist wohl klar, der Krieg muß stattfinden. Vielleicht sollte man das Völkerrecht diesbezüglich ändern? Das sinnlose Geldausgeben muß jedenfalls aufhören.

      :cry:
      Avatar
      schrieb am 15.01.03 10:18:59
      Beitrag Nr. 253 ()
      Kommen wir doch noch mal zurück zur Suche nach den Massenvernichtungswaffen bzw. den Anlagen für deren Herstellung bzw. den Möglichkeiten des Baus von Trägerwaffen bzw. von Waffen überhaupt, insbesondere wenn auch zur Herstellung von Waffen nutzbare Geräte importiert wurden, bzw. von Kampfstoffen, die im Iran-Irak-Krieg nicht verbraucht worden sind.

      <• LE MONDE | 14.01.03 | 13h27
      La CIA continue d`accuser Bagdad de produire des armes de destruction massive
      La Central Intelligence Agency (CIA) persiste et signe : l`Irak s`est bien lancé dans la conception d`armes dites de destruction massive (ADM), selon les services de renseignement américains, même si, à ce jour, les inspecteurs internationaux en désarmement, à Bagdad, ont du mal à en avoir les preuves.

      Deux jours avant que le chef des vérificateurs de l`ONU, Hans Blix, ait été entendu par le Conseil de sécurité, la CIA a remis, le 7 janvier, au Congrès américain un rapport qui fait état de l`évolution de la prolifération des ADM dans le monde.

      L`Irak occupe une large place - la plus importante avant l`Iran, la Corée du Nord, la Libye, la Syrie, le Soudan, l`Inde et le Pakistan, qui sont également cités - dans ce document couvrant la période de juillet à décembre 2002.

      A partir de 1998, date du départ de la première mission des inspecteurs de l`ONU, l`Irak, affirme la CIA, s`est engagé "dans un vaste effort de dissimulation" de reconstitution de ses programmes d`armement qui étaient interdits par les résolutions des Nations unies.

      Dans l`ordre nucléaire, d`abord. "Le principal obstacle rencontré par Bagdad, observe la CIA, dans la production d`une arme reste de trouver une source indépendante et suffisante de matières fissiles."

      Dans l`ordre balistique, ensuite. Selon le rapport de la CIA, "le programme d`un missile à propulsion liquide -baptisé Al-Samoud- est proche d`un déploiement". Le missile est susceptible de dépasser les 150 km de portée autorisés par l`ONU. "Il n`y a pas d`explication logique, ajoute-t-il, à l`agrandissement des usines Al-Mamoun -à 70 km au sud de Bagdad- hormis la décision de produire deux modèles de missiles Badr-2000", autrement appelés Condor, qui sont dotés de moteurs à propulsion solide (poudre) interdits par les résolutions des Nations unies.

      Dans l`ordre des substances chimiques, encore. L`Irak est accusé par la CIA d`avoir acheté "quantité d`articles à double usage". Dans ces conditions, "plusieurs des installations produisant de tels équipements peuvent facilement et rapidement être converties à des fins militaires", estime l`agence américaine. D`autre part, à en croire un document de l`armée de l`air irakienne, "Bagdad a pu cacher 6 000 munitions chimiques" qui n`ont pas servi durant les années 1980, lors de la guerre Irak-Iran.

      Dans le domaine des armes biologiques, enfin. La CIA se déclare "inquiète" du fait que "Bagdad peut de nouveau produire des armes biologiques" à partir de capacités industrielles "cachées ou mobiles" destinées à des recherches à double usage. D`autre part, l`Irak continue "un programme d`avion non piloté", dérivé d`un appareil d`entraînement tchèque, le L-29, modifié pour larguer des charges chimiques "et, plus probablement, des agents biologiques".

      Le rapport souligne aussi que la Russie, la Corée du Nord et la Chine figurent parmi les fournisseurs les plus actifs en matière d`ADM. Ainsi, la Russie a ouvert la voie, en mai 2000, à l`exportation "dans des cas exceptionnels" de technologies et de matériaux nucléaires "à des pays qui s`affranchissent des contrôles de sécurité" de l`Agence internationale de l`énergie atomique (AIEA) à Vienne. C`est par exemple le cas de l`Inde pour son programme nucléaire civil en 2001.

      De même, la Russie continue de livrer des équipements balistiques, notamment à l`Iran, à l`Inde et à la Chine. La Chine fournit une assistance balistique au Pakistan, à l`Iran, à la Libye et à la Corée du Nord. Enfin, la Corée du Nord a continué, en 2001, d`exporter des composants et son expertise technique, en matière de missiles, à des pays - non identifiés par la CIA - au Proche et au Moyen-Orient, en Asie et en Afrique du Nord.

      Jacques Isnard>
      Avatar
      schrieb am 15.01.03 12:15:30
      Beitrag Nr. 254 ()
      Iraq Hunt To Extend To March, Blix Says
      Arms Search Timetable Complicates U.S. Plans
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      By Karen DeYoung and Walter Pincus
      Washington Post Staff Writers
      Tuesday, January 14, 2003; Page A01


      Chief U.N. weapons inspector Hans Blix said yesterday that he is significantly expanding his inspection force in Iraq and plans to be working there at least until he presents a major report to the U.N. Security Council in March.

      Blix said his next presentation to the Security Council, due on Jan. 27, would be an interim update on the results of the first 60 days of inspections and mark "the beginning of the inspection and monitoring process, not the end of it."

      His remarks, in an interview, came after the Bush administration over the weekend described the end of this month as the start of "the final phase" leading to a decision on whether to use military force against Iraq. Yesterday, White House spokesman Ari Fleischer avoided any talk of a deadline, however, saying that President Bush "has not put a timetable on it."

      As the U.S. military buildup in the Persian Gulf has accelerated, questions about when and how the administration will decide to use the vast military force it is assembling have become more pointed. To some extent, the administration is being deliberately ambiguous in an effort to pressure Iraq`s president, Saddam Hussein, to reveal hidden weapons programs by convincing him that the risk of invasion is real and immediate.

      But the inspections timeline presented by Blix, along with near-daily policy calibrations by administration officials and public hesitation by potential allies, have begun to complicate the administration`s hopes for a clear-cut scenario that would lead to Hussein`s capitulation or a justifiable war by spring.

      In his monthly news conference yesterday, Prime Minister Tony Blair of Britain was asked about seemingly conflicting statements he has made over the past several days. Blair, the Bush administration`s leading ally on Iraq, said last week that inspectors should be given "space and time" to complete their work before any military decisions are made.

      Blair strongly denied that his commitment to use force if necessary was wavering. He told reporters he was confident the United Nations would authorize military action once it was proven Iraq had lied about possessing weapons of mass destruction and was in "material breach" of November`s Security Council resolution ordering new inspections. If the council could not agree, and "someone put an unreasonable or unilateral block down on action," Blair said, "we can`t be in a position where we are confined." In that case, he indicated, Britain would join the United States in an attack.

      A number of senior Security Council diplomats have said that, barring a major discovery by inspectors or aggressive action by Iraq, there was little hope that a majority would agree by the end of the month that Baghdad had violated the resolution. Senior administration officials have indicated the United States may try to bring the matter to a head by disclosing intelligence it says proves Hussein is hiding chemical and biological weapons and trying to build a nuclear weapon. Several informed U.S. and diplomatic sources said, however, that the evidence is largely circumstantial or dated and is unlikely to convince reluctant council members.

      Meanwhile, Saudi Arabia said yesterday that diplomacy should continue even if the United Nations decided to go to war. Saying that his government would propose a new Iraq initiative to Arab leaders at a meeting scheduled for March, the Saudi foreign minister, Prince Saud Faisal, pleaded in an NBC News interview: "At least give us a chance. What would be [lost] in that? If, in the final analysis, we don`t succeed, those who are working for war can have their war as they please, but which is going to be a catastrophe for the region."

      Blix said that the U.S. military buildup has added momentum to his inspections effort, but in a separate interview with the Reuters news service he said the escalation has also caused anxiety. "I represent disarmament through inspections," he said, "and we do our best to move on that line."

      Blix said that 60 new inspectors, most of them Americans and Arabs, began training yesterday and would soon bring his total inspection team to nearly 200. "I`m upscaling as fast as I can" in response to Security Council directives, Blix said. "The Pentagon may not be impressed by my numbers [or] by what we`re doing. . . . But there`s a limit to how many inspections you can do in a day."

      In addition to their headquarters in Baghdad, Blix`s U.N. Monitoring, Verification and Inspection Commission (UNMOVIC) and the International Atomic Energy Agency (IAEA), have opened a branch office in Mosul, in the northern part of Iraq, and will soon establish another office in the southern city of Basra, he said. The team also has added eight helicopters and is planning its own high-altitude surveillance throughout Iraq, using unmanned aircraft contributed by several countries.

      Although they provide no guarantee of finding all the underground weapons sites or mobile laboratories Hussein is alleged to have, the presence of so many inspectors "fanning out around the country," Blix said, "will constitute a deterrent" to any dangerous Iraqi action. "It`s a form of containment," he said.

      Although November`s Security Council Resolution 1441 instructed UNMOVIC and the IAEA to report on Iraqi cooperation 60 days after inspections began, the Jan. 27 report "is just an update," Blix said, adding that he does not expect the next two weeks of inspections, or his visit to Baghdad with IAEA Director General Mohamed ElBaradei next weekend, to yield any definitive answers.

      The resolution does not mandate further reporting dates and, if the Security Council does not set a new one, Blix said he would be operating under an earlier council mandate, Resolution 1284, which created UNMOVIC in 1999 and which requires quarterly reports to the council.

      The next report, he said, would be in March, when he would provide the council with a list of "key remaining disarmament tasks" for the inspectors and a future work program.

      Bush administration officials have said they believe conclusive information about Iraq`s weapons programs could be quickly gleaned from interviews with Iraqi scientists and technicians, if they were questioned outside of the country and given assurances of safety for themselves and their immediate families.

      U.S. officials said they have turned over a specific outline of how such interviews could be conducted and what guarantees -- including U.S. asylum -- could be given the scientists.

      Blix said inspectors would begin interviewing scientists this week and would seek private sessions. But he said there were still "imponderables" in attempting to take people out of the country. The U.N. inspectors, he said, could not force anyone to leave Iraq.




      © 2003 The Washington Post Company
      Avatar
      schrieb am 15.01.03 12:18:04
      Beitrag Nr. 255 ()
      By Colum Lynch
      Washington Post Staff Writer
      Wednesday, January 15, 2003; Page A12
      UNITED NATIONS, Jan. 14 -- U.S. national security adviser Condoleezza Rice flew to New York today to press chief U.N. weapons inspector Hans Blix to exercise his authority to take Iraqi scientists out of the country for confidential interviews on Baghdad`s secret efforts to develop chemical, biological and nuclear weapons.
      The unannounced meeting, which was held at the U.S. mission to the United Nations, underscores the Bush administration`s conviction that candid interviews with Iraqi scientists provide the greatest hope of uncovering evidence of Iraq`s efforts to rebuild its banned weapons programs. It also reflects mounting U.S. frustration with Blix, who has been reluctant to demand that Iraqis leave their country against their will.
      President Bush expressed growing impatience with the inspections today, noting that more than six weeks of U.N. arms probes have failed to uncover evidence to support U.S. assertions that Baghdad maintains covert weapons programs. "Is Saddam Hussein disarming?" Bush asked at the White House before meeting with Polish President Aleksander Kwasniewski. "So far, I haven`t seen any evidence that he is disarming. Time is running out on Saddam Hussein. He must disarm. I`m sick and tired of games and deception."
      Officials familiar with today`s talks said Rice pressed Blix to scrap plans to provide the U.N. Security Council with a report on the inspections in late March. In an interview Monday, Blix said he was planning to make the report under terms of a 1999 U.N. resolution that created his inspections agency. But such a move would be at odds with the administration`s desire that Blix`s next presentation to the council, scheduled for Jan. 27, mark the start of a final phase leading to a decision on whether to go to war.
      Blix maintained that the end of this month will represent only the beginning of his inspections effort, and said he plans to outline to the council in March the "key remaining disarmament tasks" Iraq is required to fulfill before sanctions could be suspended. U.S. officials argued that Baghdad would have to disarm before the council could consider any steps to reward Baghdad.
      A senior U.S. official said the meeting was also designed to ensure that Blix is "getting all the support that he needs. Which he is."
      The United States has been stepping up its intelligence cooperation with Blix, including providing a list of dozens of Iraqi scientists that the administration believes could have crucial information about Iraq`s weapons programs.
      Blix and Mohamed ElBaradei, the director general of the International Atomic Energy Agency, are to travel to Baghdad on Sunday to press Iraqi authorities to answer questions relating to Iraq`s weapons programs and to insist that Iraq permit its scientists to meet privately with U.N. inspectors. Blix told the Security Council last week that he would begin interviewing Iraqi scientists in Baghdad this week, preferably in private. But he has insisted that he will not force Iraqi officials to leave the country.
      The U.N. resolution mandating the inspections approved in November authorizes Blix to interview Iraqi officials without an Iraqi government representative present and also to invite the scientists and family members outside the country for confidential questioning.
      With the Bush administration accelerating its military buildup in the Persian Gulf region in preparation for a possible war, U.N. Secretary-General Kofi Annan appealed to the United States and other council members today to give the inspectors more time before considering military force. He urged the United States not to launch a unilateral military strike against Baghdad, and said that any decision to respond to Iraqi defiance should be taken by the council.
      Annan said he is urging Iraq`s neighbors to convince Baghdad that a commitment to "disarm and cooperate fully" with the U.N. inspectors offers the best chance of averting war. "I hope that the [Iraqi] leadership is listening or the leaders of the countries in the region, including Turkey, are sending the same message to Iraq," Annan told reporters. "If they do disarm and comply fully with the demands of the council, the region may not have to go through another military confrontation."
      Key Arab leaders echoed Annan`s calls for restraint. Saudi Crown Prince Abdullah and Egyptian President Hosni Mubarak, meeting in Saudi Arabia today, issued a joint statement calling for "a peaceful resolution" of the conflict to "avoid the dire consequences that military confrontation would have for the Iraqi people."
      Annan said he was "both optimistic and hopeful that if we handle this situation right and the pressure on the Iraqi leadership is maintained and the inspectors continue to work as aggressively as they`re doing, we may be able to disarm Iraq peacefully without the need for war." But, he added, "if it were to come that Iraq continues to defy and disarmament has not happened . . . the council will have to face up to its responsibility and take the necessary action."
      Annan said he is preparing for the worst in Iraq, and he cited concern about the "humanitarian fallout" of a war. He said U.N. relief agencies are preparing contingency plans to care for refugees and to manage the political and administrative tasks associated with a post-Hussein government. "We don`t want to be caught unprepared," he said.
      © 2003 The Washington Post Company
      Avatar
      schrieb am 15.01.03 14:57:03
      Beitrag Nr. 256 ()
      Hallo Wilma,
      darf ich nochmal auf meine Eingangs-Frage in Posting # 250 zurückkommen oder hast Du mir sie schon früher mal beantwortet?
      ;)

      @ stirner (Posting # 252 bzgl. # 251):
      Naja, ich gebe zu, es war vielleicht ein bißchen unglücklich ausgedrückt, aber ein Kriegsausbruch hat in der menschlichen Geschichte sehr oft etwas mit "das Gesicht verlieren" zu tun.
      Und die Frage lautet dann doch tatsächlich, wie Bush die Entsendung von bis zu einer halben Million Soldaten erklären sollte, wenn alles "nur" der übliche alljährliche Bluff für den lieben Saddam Hussein gewesen wäre. Man wird natürlich offziell den Krieg mit dem jetzt schon aufgetauchten irakischen waffenrelevanten Material und dessen Verwendbarkeit erklären, aber insgeheim wird der US-Rechnungshof sicherlich schon einige Studien vorliegen haben, welchen Nutzen für die USA der Untergang der OPEC und ein Ölpreis von unter 10 Dollar pro Barrel haben könnte - ganz nebenbei natürlich aufgerechnet zu den Kosten eines Krieges.
      Übrigens ist der US-Rechnungshof wirklich von den Befugnissen her das mächtigste Amt der USA, das Regierungsmitglieder zu sich zitieren, verhören und gegebenenfalls auch in Beugehaft nehmen könnte. Beim US-Rechnungshof liegen angeblich auch erklärende Geheimpapiere zu rätselhaften Ausgaben herum, die sonst niemand jemals zu sehen bekommt, wie z.B. zu den sonst überall gesperrten Infos über Einrichtungen in der "Area 51", die offiziell überhaupt nur in Dokumenten des US-Rechnungshofes existiert.
      Avatar
      schrieb am 15.01.03 20:53:49
      Beitrag Nr. 257 ()
      Irak-Krieg: "So tut doch den Mund auf!"
      Stellungnahme des ehemaligen Verteidigungsministers von Luxemburg, Jacques F. Poos

      Von unbekannter Seite ist uns nachfolgender Text zugesandt worden. So konnten wir auch die genaue die Quelle leider nicht in Erfahrung bringen.

      Bisher war es vor allem ein Krieg der Lügner. Wir sind Zeugen einer nie dagewesenen Gehirnwäsche.

      Im 11.000 Seiten-Rüstungsbericht des Irak hat der amerikanische Geheimdienst sämtliche Passagen zensiert, die genaue Angaben über amerikanische Waffenlieferungen an den Irak, vor 1990, enthielten. Sie bleiben den übrigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats und der Öffentlichkeit vorenthalten. Niemand protestiert.

      Nigeria habe waffenfähiges Uran an den Irak verkauft, sagt der Pentagon. Dementi! Nigeria habe (in den achtziger Jahren) ein solches Angebot abgeschlagen. Der Irak habe seine biologischen und chemischen Waffen in Syrien versteckt. Das sagt Sharon, der daran interessiert ist, dass die Amerikaner rund um Israel gründlich säubern. Dementi! In Syrien gäbe es keine ABC-Waffen, im Gegensatz zu Israel.

      Amerikanische und britische Nachrichtendienste haben unumstössliche Beweise, dass der Irak "Massenvernichtungswaffen" besitzt. Dementi! Die UN-Inspektoren und der CIA (!) können Überall nachprüfen, wo solche Waffen vermutet werden. Pikant ist die Tatsache, dass Bush und Blair sich weigern ihr Beweismaterial den Kontrolleuren voll- ständig zuzustellen. Sie wollen ihre Quellen nicht preisgeben. Ver- ständlich?

      So wird es weiter gehen bis zum 27. Januar. Egal was wahr ist, egal was passiert, Bush will den Krieg. Die alte Volksweisheit "Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, selbst wenn er die Wahrheit spricht", schlägt zwar dem irakischen Diktator ins Gesicht. Aber wer wagt zu sagen, dass diese "Volksweisheit" rechtlich nichts taugt? Das Unschuldsprinzip verlangt, dass einem mutmaßlichen Verbrecher jedes einzelne Vergehen vor Gericht nachgewiesen wird. Im Falle Irak ist das "Gericht" der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Tatsache ist, dass bis heute (6. Januar 2003) die Waffen- kontrolleure im Irak keine verwendbaren MV-Waffen gefunden haben.

      Nichtsdestotrotz erleben wir von Tag zu Tag eine Steigerung der Kriegshysterie. Da tut es schon gut, wenn die Bischöfe der englischen Kirchen (Katholiken und Protestanten) zusammen die Regierenden ermahnen, "nie zuzulassen, dass dieser Krieg unvermeidbar wird". ("La guerre comme méthode pour résoudre les conflits est incompatible avec les enseignements du Christ.") Da gehört hervorgehoben, dass das Oberhaupt der katholischen Kirche vor der "grauenhaften Verblendung" eines Krieges warnt, und alle auffordert, durch ihre Entschlossenheit diesen Krieg zu verhindern. Namenhafte amerikanische Politiker (beider Parteien) und Generäle haben sich ebenfalls gegen einen Irak- Krieg ausgesprochen

      Aber wo verstecken sich die großen Europäer, die uns regieren? Weil sie schweigen, werden wir in einen Krieg hineingetrieben, den wir nicht wollen. Man möchte ihnen zurufen: Steht doch auf und tut endlich den Mund auf! Ihr habt die Möglichkeit zu verhindern, dass da jemand im Alleingang einen Angriffs-Krieg lospredigt und lostritt. Haut doch auf den Tisch! "Ohne neues UNO-Mandat, keine Militäraktion", müsste es auf allen Chef-Etagen erschallen: Die UNO-Charta muss respektiert werden. Sie regelt die friedliche Lösung von Konflikten. Krieg ist keine Fortsetzung der Politik. Weder Wildwest-Strafexpeditionen noch Kreuzzüge sind in der Charta vorgesehen.

      Jacques F. Poos
      Avatar
      schrieb am 15.01.03 22:37:25
      Beitrag Nr. 258 ()
      Hallo Auryn, freut mich, von dir zu hören. Zu #250, sorry, habe deine Frage noch nicht beantwortet: ich benutze für die hier aufgegriffenen Themen keine Suchmaschinen, sondern klappere geeignete Adressen - Agenturen usw. - ab, manchmal stoße ich dabei auch auf interessante Links. (Hat was von Suchhund-Arbeit. `:D´ ) Bei ganz allgemeinen Fragen eher lexikalischer Art wende ich mich an Lycos oder an Yahoo.com/Yahoo.de; Yahoo hat sich dabei bisher als ergiebiger erwiesen. Spezielle Links für Spezialfragen (z. B. wie man zum Styx wandert) finde ich meist auch nur auf diesem Wege.
      Schönen Gruß
      Wilma.
      Avatar
      schrieb am 15.01.03 22:50:30
      Beitrag Nr. 259 ()
      Übrigens ... vielleicht findest du in folgendem Bericht über Saddam noch Interessantes. Ich hoffe, du schreckst nicht vor Italienisch zurück - auch wenn man es nicht gelernt hat, versteht man meist mehr als man denkt -. Die italienische Presse fand ich schon beim Afghanistan-Krieg beachtlich. (Ich nutze zur Information schamlos meine Flatrat aus, T-Online wird an mir noch verarmen!)

      <SADDAM Un occhio indiscreto sul tiranno di Baghdad 15/1/2003corrispondente da PARIGI NEL `98 la Cia gli aveva dato sei mesi di vita. L`ultimo medico francese che l`ha visitato quest`estate l`ha trovato abbastanza in forma: «Ora non dà certo l`impressione di uno che sta male». L`han curato, i francesi, insieme con il suo medico di fiducia, un cubano. Cinque anni fa aveva un inizio di cancro, un linfogranuloma. E già apparivano delle metastasi. Il suo viso era gonfiato e tradiva la cura al cortisone. Una squadra di medici francesi è partita per Baghdad. Hanno installato un apparecchio di radioterapia in uno dei palazzi presidenziali. All`inizio hanno avuto dei problemi perché l`embargo non consentiva l`importazione di cobalto. Poi - non si sa come - il problema è stato superato. Ha una vecchia ernia del disco che gli provoca tuttora dolori alla schiena. Ma cura il corpo, ogni giorno fa ginnastica, nuota. L`ex presidente algerino Ahmed Ben Bella che l`ha visto il 15 ottobre, giorno del mitico referendum vinto col cento per cento dei voti, l`ha trovato «in piena forma e spiritoso». Insomma, per quel che si sa, non sarà una malattia a liberarci di Saddam. E` uscito in libreria ieri a Parigi il «Portrait total», ritratto integrale, del dittatore iracheno, fatti, storie, aneddoti, testimonianze anche recentissime, la ricostruzione meticolosa del suo sistema di sicurezza imperniato sul segreto più totale (solo due-tre persone sanno sempre dove si trova), il groviglio di crudeltà famigliari. Un`inchiesta con almeno una scoperta puntuale: la vera data di nascita dell`uomo baffuto che gli Stati Uniti hanno eletto nemico numero uno. E´ nato nel `39 e non nel `37 come dicono le biografie ufficiali, e come enfatizza la leggenda alimentata dallo stesso Raíss perché da quelle parti l`età ha il suo peso e più si è vecchi, più si conta. Georges Malbrunot, giornalista francese che da anni vive a Gerusalemme, e Christian Chesnot, corrispondente dalla Giordania, hanno lavorato a questo libro (pubblicato da «Editions 1») in lunghi soggiorni in Iraq, contando su fonti inedite, soprattutto francesi, dato il legame storico e stretto tra Parigi e Baghdad. Uno uomo straraccontato eppure supersegreto, uno, nessuno e centomila, o, come ci dice Malbrunot, «l`uomo che è ovunque nelle centinaia di ritratti sparsi nel Paese e che non è in nessun posto perché gli iracheni non lo vedono mai». Non sarà facile, trovarlo. Ma se la salute fisica lo aiuta, quella mentale non sappiamo. Piscopatico? «Senza dubbio», scrive Malbrunot. Ma anche megalomane e istrione, come provano almeno due sue recenti manifestazioni strombazzate dal regime ad uso del popolo. Guardando alla tv una donna palestinese che cercava di salvare un povero abito dalle macerie della sua casa distrutta dai bombardamenti israeliani su Rafah, ha pianto. E nell`ottobre scorso, mentre prestava giuramento sul Corano, s`è messo a singhiozzare, come un bambino, davanti a tutti. Secondo gli psicologi che l`hanno studiato, Saddam ha un rapporto squilibrato con la realtà, vive tra mito e leggenda, erede di una civiltà millenaria e insieme «costruttore» di una nuova società. Sul sito dell`antica Babilonia una targa commemorativa rammenta a posteri e contemporanei che «ai tempi del presidente Saddam Hussein, gran protettore dell`Iraq che ha rinnovato il suo rinascimento e la sua cultura, la città è stata ricostruita nel 1989, per la terza volta dopo Gesù Cristo». Conclusi, per la maggior parte, nel 1991, i suoi «palazzi» sono l`emblema stesso della megalomania presidenziale. Alcuni hanno i giardini pensili di quando Babilonia era una delle sette meraviglie del mondo. Sul bordo del lago Habaniyeh, uno dei palazzi ha la forma di un enorme yacht ancorato alla riva. Un diplomatico francese che li ha visitati tutti li racconta così: «All`interno di questi immensi edifici c`è un`impressionante quantità di marmi, si alternano saloni in stile fiorentino decorati dai migliori artigiani iracheni e marocchini. Nei giardini interni si moltiplicano getti d`acqua, piscine e cascate artificiali che soddisfano la passione del Presidente per l`elemento liquido. Anche per gli ospiti celebri sono state costruite residenze particolari, per Hussein di Giordania e il monarca saudita. C`è anche un grande padiglione cinese. Tutto è sproporzionato, l`insieme è piuttosto di cattivo gusto, i soffitti sono alti più di 15 metri». La Tour Eiffel, non c`è. Tutto ciò, naturalmente, mentre il popolo ha fame. Ma anche Saddam, da buon popolano ha fame: ama il piacere della tavola, ha conservato il gusto per la caccia e la pesca, secondo la tradizione irachena è un grosso consumatore di whisky e apprezza molto il vino bianco portoghese. Spesso, quando ci sono ospiti amici, è lui stesso che si mette in cucina. L`ha raccontato a Malbrunot Azzam al-Ahmed, ambasciatore di Palestina a Baghdad fino a pochi anni fa. Nell`88, durante un soggiorno di Yasser Arafat, Saddam l`ha condotto a cena in una fattoria fuori dalla capitale. E lui stesso ha preparato un «tashrib», pollo ruspante con cipolle e limoni ricoperto di «shrak», il pane locale. Azzam ha raccontato che a un certo punto Arafat s`è affacciato in cucina, ma l`altro l`ha sbattuto fuori: ovunque vuole essere il capo. Un impenetrabile apparato di sicurezza lo circonda come un`ossessione. Se si vuole organizzare un vero complotto contro il Raís, bisogna corrompere una di queste tre persone: Qusay, il secondo figlio maschio, Abed Hmud, fedelissimo ed enigmatico segretario, Kamal Mustafà, capo della Guardia repubblicana, i pretoriani del regime. Solo loro - ma soprattutto i primi due - sanno sempre dove si trova. Il suo sistema di sicurezza è uno dei più sofisticati del mondo. Saddam ha speso fortune per acquistare dai servizi segreti del comunismo defunto mezzi e specialisti. Lo hanno aiutato soprattutto gli uomini della Stasi (Germania Est) e kgb (Urss). Tra il `90 e oggi ci sarebbero stati almeno otto tentativi di colpo di Stato. Dopo ogni putsch fallito, l`esercito veniva decimato da purghe feroci. Intorno a Saddam ci sono sempre quindici guardie del corpo dell`unità al-Murafikin, l`unità dei «compagni» comandata da Rukkan Razzuki, un uomo una storia. Fu curato a Parigi e finì per irritare le autorità francesi andando a far casino a Pigalle, che non è un quartiere di Baghdad. E` lui che sceglie i componenti della guardia per ogni missione. Per i più stretti di essi Saddam è come un padre, di più, è come Dio: sono ben allenati, ben pagati e pronti a morire per il Presidente. Sono dei «tikriti» (dalla città d´origine di Saddam), orfani che mendicavano per le vie di Baghdad raccattati dalla milizia adolescenti, ripuliti, nutriti ed educati: devono tutto al Raíss. Essi hanno le armi migliori e la loro lealtà non ha - per ora - conosciuto debolezze. A cerchi concentrici sono disposte le altre milizie. Sono la Sicurezza speciale, la Guardia repubblicana, i Fedayn di Saddam, organizzati dal figlio maggiore Uday, 30-40 mila uomini specializzati nella repressione del quotidiano: tagliare le orecchie ai disertori, sgozzare le prostitute o accerchiare i quartieri sciiti ribelli, com`è avvenuto il 15 ottobre, durante il referendum a Saddam City. La popolazione è strettamente controllata secondo un`organizzazione piramidale. Al primo scalino c`è la «khaliye», la cellula, una per ogni strada, tre-cinque persone che si spiano l`un l`altra; al secondo la «farika», che riunisce i capi delle cellule di un quartiere. L`informazione sale rapidamente al vertice, i complotti sono presto svelati. «Saddam - dice Malbrunot - è rimasto il capo incontestato, ma ha finito per regnare su un regno di ombre. E` meno ricco e più debole di dieci anni fa, il regime sopravvive di ingranaggi repressivi». E pur tuttavia il 12 dicembre 1996 uomini armati e mascherati si materializzano all`angolo di una strada mentre sta passando Uday, il figlio maggiore di Saddam al volante della sua Porsche color mostarda. Può essere semplicemente una vendetta contro le follie dell`erede; può essere un vero complotto. Veri sono i colpi che lo impiombano. Ecco l`inedita testimonianza del medico parigino che lo ha curato a Baghdad: «S`è preso trenta proiettili, alcuni nei polmoni. E` stato ben curato dagli iracheni prima del nostro arrivo. Noi eravamo quattro chirurghi, tra cui un pneumologo e un ortopedico: l`abbiamo operato. Saddam ci ha ringraziato e ci ha offerto un orologio con la sua immagine. E` sopravvissuto, io non sono più tornato a Baghdad: non mi piace lavorare circondato da uomini col kalashnikov». Eppure i medici francesi stanno nella storia di Saddam e del suo Iraq fin dai tempi della guerra con l`Iran. L`amicizia Parigi-Baghdad si esprime in associazioni di ogni tendenza (ce n`è anche una della moglie di Le Pen), Jacques Chirac è l`unico dei leader occidentali in carica ad aver conosciuto personalmente Saddam, nel `76 andò in Iraq a firmare l`accordo che doveva attrezzare il regime del nucleare (civile) poi distrutto nel raid israeliano. Tuttora - si sa - Francia, Russia e Cina (tre membri del Consiglio di sicurezza dell`Onu) hanno preaccordi per lo sfruttamento dei campi petroliferi. Ai francesi di Total-Fina-Elf spetteranno i giacimenti di Nahr Omar e Majnun, grosso modo 20-30 miliardi di barili. Quando finalmente - a Dio e ad Allah piacendo - sarà tutto finito. >
      (IlMondo.it)
      Avatar
      schrieb am 15.01.03 23:21:44
      Beitrag Nr. 260 ()
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      Kıbrıs`ın yeniden birleşmesini amaçlayan Birleşmiş Milletler planı üzerindeki doğrudan görüşmeler, Türk ve Rum liderler arasında bugün yeniden başladı. Glafkos Klerides ve Rauf Denktaş, Lefkoşa`da ara bölgede bir araya geldi.

      BM Genel Sekreteri Kofi Annan`ın özel temsilcisi Alvaro de Soto`nun da katıldığı ilk görüşme 3,5 saat sürdü. Klerides görüşme ardından, "28 Şubat`a dek çözüme varılıp varılamayacağı müzakerelerin gidişine bağlı olacak" derken, Türk toplumu lideri Denktaş ise "verebileceğin bir şeyse vereceksin veremeyeceğin bir şeyse vermeyeceksin" şeklinde konuştu.

      Taraflar cuma günü yeniden bir araya gelerek müzakere takvimini kararlaştıracak.

      Kuzey Kıbrıs`ta bu doğrudan görüşmeler arefesinde dün düzenlenen mitinge Türk nüfusun dörtte biri katılmıştı. Göstericiler plan üzerinde müzakere yapılması ve çözüm bulunmasını talep ediyordu.

      Denktaş ve Klerides`in 28 Şubat`a kadar bir anlaşmaya imza koyması öngörülüyor. Bunda amaç, Türk ve Rum toplumlarının bir arada Avrupa Birliği üyeliğine kavuşması. Ama özellikle Denktaş bu sürenin yeterli olmayacağı görüşünde.

      Birleşmiş Milletler Genel Sekreteri Kofi Annan`ın sunduğu barış planı yeni kurulacak "birliğin" niteliklerini belirliyor, bunu oluşturan iki alt devletin sınırlarını yeniden çiziyor. İktidar paylaşımını içeren plan, Türk tarafının toprak tavizini ve asker varlığını azaltmasını da öngörüyor. Eğer bu plan üzerinde anlaşmaya varılırsa, yaklaşık yüz bin kişilik nüfus mübadelesi gündeme gelecek.
      Avatar
      schrieb am 15.01.03 23:24:36
      Beitrag Nr. 261 ()
      Und dieser Artikel scheint mir auch noch wichtig zu sein: :D


      Bler: napori za borbu protiv terorizma moraju se udvostručiti

      Policija je blokirala sve prilaze mestu na kojem je u raciji ubijen policajac

      Britanski premijer Bler izjavio je da je šokiran i zgrožen ubistvom policajca tokom jedne antiterorističke operacije u Mančesteru.

      To je, prema oceni premijera, još jedan razlog da se udvostruče napori za suzbijanje svih oblika terorizma.

      Ubijeni policajac smatra se prvom žrtvom u Britaniji antiterorističke kampanje koja je počela posle napada na Njujork i Vašington 11. septembra 2001. godine.

      Premijer Bler je tu činjenicu nastojao da iskoristi u sve težoj borbi da pridobije javno mnjenje za eventualni rat protiv Iraka.
      Avatar
      schrieb am 15.01.03 23:24:57
      Beitrag Nr. 262 ()
      Ja, stirner,
      Ich hoffe, du schreckst nicht vor Türkisch zurück - auch wenn man es nicht gelernt hat, versteht man meist mehr als man denkt -.

      :laugh:
      Avatar
      schrieb am 15.01.03 23:26:52
      Beitrag Nr. 263 ()
      Und dieser hier aus ukrainischer Sicht:

      США просять у НАТО допомоги у разі війни з Іраком

      Туреччина межує з Іраком на Сході



      15.1.2003 22:24 за Києвом



      Сполучені Штати формально звернулися до своїх союзників із НАТО у випадку війни з Іраком.

      Представник НАТО сказав, що альянс - включно із сусідом Іраку Туреччиною - отримав пропозиції стосовно можливих ролей у конфлікті.

      Втім, Росія, яка до НАТО не належить, але є членом Ради Безпеки ООН, знову виступила проти поспішної війни, закликаючи дати інспекторам ООН більше часу.

      Організація Червоний Півмісяць уже розпочала підготовку на півночі Туреччини на випадок хвилі біженців, які можуть почати тікати від конфлікту.

      Серед пропозицій для можливої участі НАТО - такі:

      -захист Туреччини від можливого нападу з боку Іраку;

      -використання можливостей НАТО для координування таких питань, як транспорт;

      -використання спільних потужностей, наприклад, розвідувальних літаків АВАКС, саперів чи морських патрулювальних суден;

      -надання миротворчих сил та допомога у розбудові Іраку після Саддама Хусейна.
      Avatar
      schrieb am 15.01.03 23:31:37
      Beitrag Nr. 264 ()
      @ stirner

      Серед пропозицій для можливої участі НАТО - такі:

      also, ich finde das ist einfach zu hypothetisch, zumal das nachfolgende Argument

      -використання можливостей НАТО для координування таких питань, як транспорт;

      damit nichts zu tun hat.

      Mein resümee:

      ganz eindeutig:

      пропозиції стосовно можливих ролей

      was meinst DU?
      Avatar
      schrieb am 15.01.03 23:33:03
      Beitrag Nr. 265 ()
      Was sagst Du zu diesem Artikel, Wilma?

      14.1.2003 8:30 (CET)
      Jo 100% të sigurt me Irakun

      Trupat amerikane vazhdojnë të mbërrijnë në Gji


      Kryeinspektori i Kombeve të Bashkuara për armët, Hans Blix, thotë se mund të mos jetë kurrë në gjendje të deklarojë se Iraku është çarmatosur plotësisht përsa i përket arsenalit të armëve të shkatërrimit në masë.

      Në një intervistë për BBC-në, ai tha se gjithnjë do të kishte paqartësi për programin e armëve të Bagdadit.

      Shefi i misionit të inspektimit të armëve në Irak tha se, megjithatë, duhej të peshohej edhe kostoja njerëzore dhe financiare e fillimit të një lufte kundër Irakut.

      "Çështja shtrohet nëse mjafton kjo që po bëjmë ne tani me inspektimin e armëve, apo politikanët duan të shkojnë më tej me një kosto shumë, shumë më të madhe", - tha zoti Blix.
      Avatar
      schrieb am 15.01.03 23:33:56
      Beitrag Nr. 266 ()
      DT,

      ich finde, Du hast recht!

      :D
      Avatar
      schrieb am 16.01.03 06:07:33
      Beitrag Nr. 267 ()
      #259
      Es war natürlich LaStampa.it, pardon.
      Avatar
      schrieb am 16.01.03 06:15:47
      Beitrag Nr. 268 ()
      #267, "ich kann es bestätigen"...der Artikel ist in LaStampa erschienen ;) http://www.lastampa.it/search/AlbiCerca/risultato.asp?IDarti…
      Avatar
      schrieb am 16.01.03 14:18:23
      Beitrag Nr. 269 ()
      Für die Polen hier was Deutsches:


      Fand Blix wieder nix?


      <Irak-Krise
      Waffeninspekteure durchsuchen Privaträume

      16. Januar 2003 UN-Waffenkontrolleure haben am Donnerstag in Irak erstmals eine Privatwohnung in einem Haus im Westen von Bagdad durchsucht. Dort wohnt ein irakischer Wissenschaftler aus der Rüstungsindustrie. UN-Chefinspektor Hans Blix, der zu Gesprächen in Brüssel erwartet wurde, kündigte unterdessen an, dass er von Irak eine aktivere Kooperation und mehr Beweismaterial einfordern will. Die USA erneuerten am Mittwoch ihre Unterstützungsanfrage an die Nato im Falle eines Kriegs gegen Irak.

      Dieser Irak-Krieg kann nach Einschätzung von Javier Solana, Außenkommissar der Europäischen Union (EU), noch immer vermieden werden. Dies liege in der Verantwortung des irakischen Präsidenten Saddam Hussein, sagte Solana am Donnerstag in Brüssel anlässlich eines Treffens mit Blix. Er sei mit Blix einer Meinung, dass Irak nicht unendlich Zeit habe, um seine Verpflichtungen gegenüber der UN zu erfüllen.

      Geheimdiensthinweis?

      An dem Haus in Bagdad war auf den ersten Blick nichts besonderes zu erkennen, was darauf hindeutete, dass die Durchsuchung auf Grund eines Geheimdiensthinweises erfolgte. Die Inspektoren riegelten die Straße ab, indem sie ihre Fahrzeuge quer stellten. Bei der Aktionen schienen einige Inspektoren auch eine Hütte auf einem nahe gelegenen Stück Land zu kontrollieren. Eine zweite Gruppe von Inspektoren besuchte eine Einrichtung der iranischen Gruppe Volksmudschahedin 30 Kilometer westlich von Bagdad.

      "Sehr gespannte Situation"

      Blix besucht am Sonntag und Montag zusammen mit dem Chef der Atomenergiebehörde (IAEA), Mohammed ElBaradei, Bagdad, um sich über den Fortschritt der Inspektionen zu informieren. Am 27. Januar wollen sie dem UN-Sicherheitsrat einen umfassenden Bericht vorlegen. „Die Botschaft ist, dass es eine sehr gespannte Situation ist und wir von ihnen wollen, dass sie mehr in der Substanz kooperieren und insbesondere mehr Beweise vorlegen“, sagte Blix.

      Irak habe bisher den Inspektoren schnellen Zugang gewährt, und im Bereich der Logistik gut kooperiert. „Aber sie müssen einen guten Teil mehr für Beweise tun, wenn wir eine schlimme Entwicklung vermeiden sollen.“ Als letzte Chance für Irak, einen Krieg zu vermeiden, wollte er die Reise nicht bezeichnen. „Es gibt immer noch Zeit für die Iraker, sich selbst aus einer sehr gefährlichen Lage zu bringen“, sagte er.

      Bush trifft Blair

      US-Präsident George W. Bush wird am 31. Januar in Camp David den britischen Premierminister Tony Blair empfangen, um über die Lage in Irak zu beraten. Das wurde in Washington bekannt. Am 28., einen Tag nach dem Bericht der UN-Inspektoren, wird Bush seinen Bericht zur Lage der Nation abgeben. Beide Länder haben wiederholt erklärt, dass sie auch ohne ein Mandat des UN-Sicherheitsrats Krieg führen würden, wenn sie dies für notwendig erachteten.

      Mit einer Vermittlungsinitiative hat Russland am Donnerstag sein Bemühen um die Vermeidung eines Irak-Krieges verstärkt. „Wir müssen jede Chance, eine diplomatische und friedliche Lösung zu erreichen, ergreifen", sagte der stellvertretende russische Außenminister Alexander Saltanow in Bagdad. Er habe keine besondere Botschaft an die irakische Regierung, fügte er hinzu. Russland ist gegen einen Militärschlag ohne UN-Mandat und hat im Sicherheitsrat wie die USA, Großbritannien, Frankreich und China ein Veto-Recht.

      Text: @tor>

      (faz.net)
      Avatar
      schrieb am 16.01.03 14:27:56
      Beitrag Nr. 270 ()
      Avatar
      schrieb am 16.01.03 14:41:36
      Beitrag Nr. 271 ()
      DeepThoat, siehst du das nicht ein wenig einseitig? Was ist mit Gas?? :D
      Avatar
      schrieb am 16.01.03 14:45:45
      Beitrag Nr. 272 ()
      da hast Du recht...

      wenn man es fair betrachtet, muss man das Gas einbeziehen... :laugh:
      Avatar
      schrieb am 16.01.03 15:52:52
      Beitrag Nr. 273 ()
      DT,
      und die Kernkraft? Werden die Amerikaner Korea angreifen, um an die Uranbrennstäbe zu kommen? :confused:
      Avatar
      schrieb am 16.01.03 16:26:26
      Beitrag Nr. 274 ()
      Und nun wollen wir wieder ganz ernst sein!

      <irak

      Staubwischen bei Saddam

      Wie die Internationale Atomenergiebehörde in irakischem Staub nach Spuren von Kernwaffen sucht

      Von Tom Schimmeck

      Das Arbeitsgerät könnte kaum schlichter sein: ein kleiner Plastikbeutel, darin ein quadratisches Baumwolltuch, gerade zehn mal zehn Zentimeter groß. So weiß wie die Unschuld.

      Es ist die wichtigste Waffe, um Saddam Hussein nukleare Missetaten nachzuweisen. Gewiss, die Inspektoren der IAEA, der Internationalen Atomenergie-Organisation, haben vor Ort im Irak auch komplizierteres Gerät dabei: Alex etwa, den alloy expert zum Nachweis exotischer Metalle, die beim Umgang mit Nuklearmaterial verwendet werden. Dazu Strahlendetektoren, Gamma-Spektrometer und MCAs – multi-channel analyzers –, die Strahlenquellen anhand der Isotope genauer erkennen können, Uran- und Plutonium-Isotope zum Beispiel, die den Verdacht nahe legen, dass hier Kernbrennstoffe wiederaufbereitet wurden.

      Die Tüchlein aber sind ihr wichtigstes Instrument. Low-Tech und also fast fehlerfrei in der Handhabung. Jedes Testset, doppelt in Plastikbeuteln verpackt, enthält Latexhandschuhe, Aufkleber und einen Stift. An verdächtigen Orten nimmt der Atom-Inspektor einen Satz der kleinen Lappen, wischt damit wie mit einem Staubtuch über Wände, Fußböden und Gerätschaften, etikettiert die Proben und schickt sie zur IAEA-Zentrale nach Wien.

      Die penible Feinarbeit findet in Seibersdorf statt, einem abgeschiedenen Örtchen südwestlich von Wien. Hier, wo einst ein österreichischer Forschungsreaktor stand, bis das Land den Ausstieg aus der Atomenergie beschloss, betreibt die IAEA ihre Labors. Der Schnee liegt jetzt hoch, kalter Wind pfeift um die Flachbauten. Die Szene mutet recht sibirisch an.

      Fahndung mit Mikroskop

      Überwachungsproben aus Nuklearanlagen in aller Welt werden im Seibersdorfer Safeguard Analytical Laboratory unter die Lupe genommen. Seit den ersten Inspektionen im Irak vor elf Jahren ist die Ausstattung mächtig gewachsen. „Wir sind weit gekommen seit den neunziger Jahren“, erzählt David Donohue, stolzer Leiter des superreinen Clean Lab, in dem die Staubtüchlein analysiert werden. Das Labor, 1995 eingeweiht, verdankt seine gute Ausstattung vor allem dem langen Zwist mit dem Irak um illegale Waffenprogramme. Ein Schild am Eingang dankt den Vereinigten Staaten für ihre Generosität. Daneben hängt ein Spaten, verziert mit dem Sternenbanner.

      „Wir mögen Wischproben“, sagt Spürhund Donohue, ein enthusiastischer Amerikaner. „Selbst wenn die Wände neu gestrichen wurden und der Fußboden komplett ausgetauscht wurde, um etwas zu verbergen, finden wir es“ – sofern die Inspektoren die richtigen Räume erwischt haben. Was ihn treibt? „Neugier“, sagt der Chemiker. „Die Politik überlassen wir anderen.“

      Zunächst werden die Wischproben per Gamma-Spektrometer auf Strahlung geprüft. Dann werden die einzelnen Tücher auf ein spezielles Röntgengerät gespannt. Ein Roboterarm sucht das Baumwollquadrat auf Uran-Partikel ab und stellt ihre Konzentration auf einer farbigen Karte dar. Die Daten gehen an die Auswerter im Wiener Hauptquartier. Die entscheiden, wie interessant die Ergebnisse sind und wie weiter verfahren wird.

      Proben, die verdächtig erscheinen, kommen unter ein Rasterelektronenmikroskop. Vollautomatisch prüft es markierte Bereiche der Tücher auf schwere Partikel, misst das Strahlenspektrum und speichert es. Die Maschine erledigt diese Feinarbeit, für die ein Mensch ewig brauchen würde, in ein bis zwei Tagen. Neulich fand sie bei einer Messung 56000 Partikel, so viele, dass die Excel-Datei, in der die Ergebnisse aufgelistet werden, zu platzen drohte. Auch bei der Auswertung der endlosen Zahlenkolonnen hilft dem Forscher ein Computer. Ein zweites Gerät, das Sims, ein gewaltiges Massenspektrometer, wirft einen scharfen Blick auf die Isotope.

      Die winzigen Partikel, manchmal nur ein billionstel Gramm schwer, können große Geschichten erzählen. Sie geben Antwort auf die wichtigste Frage: ob mit Uran oder Plutonium hantiert wurde. Das Rasterelektronenmikroskop findet auch Materialien, die auf der Verbotsliste stehen: Metalle wie hoch reines Wolfram und Molybdän, die Atomwaffenbauern lieb und teuer sind.

      „Wir wissen, dass man in Irak um 1990 Plutonium hergestellt hat. Wenn wir jetzt Plutonium finden, können wir feststellen, ob das mit diesem Datum übereinstimmt oder es erst in den letzten Jahren hergestellt wurde“, erklärt Donohue. So liefert der Zerfallsgrad von Plutonium 241, das eine Halbwertszeit von 14 Jahren hat, recht gute Zeitangaben. „Die Fehlerquote beträgt nur wenige Monate.“ Auch an Spaltprodukten wie Cäsium, Jod und Zirkonium, die bei der Herstellung von Plutonium in einem Reaktor entstehen, lässt sich viel ablesen: „Wenn man das Ensemble betrachtet, kann man sehen, wann das gemacht wurde.“

      Am 27. Januar soll IAEA-Generaldirektor Mohammed al-Baradei vor dem UN-Sicherheitsrat Ergebnisse präsentieren. Die Forscher stehen unter Zeitdruck. Zwischen Weihnachten und Neujahr wurden hier im Labor Sonderschichten gefahren, um die neuen Wischproben aus dem Irak, elf an der Zahl, auszuwerten. Einige der „Swipes“ wurden parallel an Partnerlabors in aller Welt verschickt, um Irrtümer auszuschließen. Ist es denkbar, dass ein winziger Partikel über Krieg oder Frieden entscheidet? „Nein, das kann nur ein Indikator sein“, sagt Donohue. Wenn wirklich mit solchen Materialien hantiert wurde, gebe es Millionen Partikel, die auf einen bestimmten Prozess hinweisen.

      Inzwischen ist das Seibersdorfer Labor erfahren im Umgang mit dem heiklen Beweismaterial. „Wir haben enorm viel gelernt seit 1991“, sagt Donohue, „davor wussten wir nichts über Teilchen-Analyse. Jetzt sind wir state of the art.“ Früh fand das Labor, das bei den Irak-Inspektionen zwischen 1991 und 1998 über tausend Proben bekam, Materialien, die nicht zu den Verlautbarungen von Saddam Hussein passten. Die Tüchlein aus Nordkorea, die 1992 in Seibersdorf angeliefert wurden, zeigten Zerfallsprodukte, die Nordkoreas Angaben deutlich widersprachen.

      Donohue räumt freimütig ein, dass Fehler möglich sind. So fand das Labor damals in Proben aus dem Irak hoch angereichertes Uran, das sich als irrtümliche Verschmutzung entpuppte. Die Panne führte zur Verfeinerung der Prozedur. Er weiß, dass der Nachweis klandestiner Aktivitäten trotz all der Apparate schwierig bleibt. Vor allem in Industriestaaten, in deren Atomanlagen ganz offiziell viele komplexe Vorgänge stattfinden. „Da sucht man nach einem Baum im Wald“, meint der Chefchemiker. Die Arbeit im Irak sei dagegen vergleichsweise einfach: „Im Irak suchen wir den Baum in der Wüste.“

      Der erste Schwung ist fertig, bis auf zwei weitere Proben aus Bagdad, die noch unterwegs sind. Über Ergebnisse wird lächelnd geschwiegen. Die sind Chefsache. Selbst Generaldirektor al-Baradei drückte sich bei einem Briefing vor dem UN-Sicherheitsrat am vergangenen Freitag in New York sehr behutsam aus. Seit dem 27. November, erklärte er, habe die IAEA 109 Inspektionen an 88 Orten im Irak durchgeführt, zusätzliches Material des Irak durchgearbeitet und – mit Hindernissen – auch irakisches Personal befragen können. Bislang seien dabei „keine Beweise für verbotene nukleare Aktivitäten festgestellt worden“. Am kommenden Wochenende will al-Baradei in Bagdad auf mehr Material und die Befragung weiterer irakischer Experten drängen.

      Man ist sehr vorsichtig bei der IAEA. Selten war das Verhältnis zu den beiden schwierigsten Kunden, Irak und Nordkorea, derart kompliziert. Beide bezichtigen die Behörde, ein Instrument der Vereinigten Staaten zu sein. Doch da enden die Gemeinsamkeiten schon. Während der Irak derzeit den Eindruck gehorsamer Kooperation zu erwecken sucht und die Inspektoren frei durchs Land eilen lässt, hat Nordkorea, seit 1994 unter Beobachtung, jetzt die Tür zugeschlagen. Demonstrativ wurden Ende Dezember die Siegel der IAEA vom Reaktor in Yongbyon, einem Kühlbecken und einer Plutonium-Fabrik entfernt, die Überwachungskameras verhängt und die Inspektoren ins nächste Flugzeug gesetzt. Sie hatten 14 Datenträger dabei und 200 gebrochene Siegel. Ende letzter Woche kündigte Nordkoreas Regime den Atomwaffensperrvertrag auf, angeblich aus Protest gegen die „feindliche Politik“ der Vereinigten Staaten.

      Die Verwerfungen auf George Bushs „Achse des Bösen“ sind auch in der Wiener Atombehörde zu spüren. Offiziell appelliert man an Nordkorea, den folgenschweren Schritt zu überdenken. Inoffiziell zeigt man sich tief verstört über die amerikanische Strategie. „Sie haben es versaut“, heißt es auf den Korridoren der geschwungenen UN-Hochhäuser an der Donau.

      Tariq Rauf, IAEA-Chef für Sicherheitspolitik, wurde vergangene Woche auf einer Tagung in London auch vor Publikum deutlich: Die „aggressive“ US-Politik lege in den Fällen Irak und Nordkorea „zweierlei Maß“ an, befand er. Der Irak, der sich endlich kooperativ zeige, werde mit Krieg bedroht, das Nordkorea-Problem hingegen heruntergespielt. Solch unterschiedlicher Umgang mit Missetätern „schwächt die Autorität und Integrität der internationalen Verifizierungs-Organisationen und der Nichtverbreitungsabkommen“. Zudem, mahnte Rauf, seien Inspektionen sehr viel effizienter als militärische Gewalt. Die habe schon im letzten Golfkrieg weniger als ein Viertel von Iraks Massenvernichtungspotenzial zerstören können.

      Bislang hatte die IAEA das Gefühl, auf dem richtigen, wenngleich mühsamen Weg zu sein. Doch der politische Druck wächst. Eifrig, fast trotzig führt man in Wien Apparaturen zur weltweiten Überwachung von Atomanlagen vor – hoch sensible Spitzentechnik, mit der die Beamten fast alle Kraftwerke, Wiederaufbereitungsanlagen, Atomfabriken und -lager im Griff zu haben glauben. Überall trifft man auf selbstbewusste Experten wie Julian Whichello, den smarten Chef der Surveillance-Unit, der im Keller des Hauptquartiers an immer anspruchsvollerem Gerät zur Kontrolle von Nuklearanlagen schraubt. Die Räume sind gefüllt mit winzigen Kameras, Sensoren und voluminösen Computerschränken, deren elektronischen Eingeweide hervorquellen. Die Apparate müssen Manipulationen widerstehen und allzeit verlässliche Daten liefern, auch bei Hitze, Kälte, Stromausfall. Fünf blaue High-Tech-Metallkisten auf Rädern stehen schon für den Irak bereit. Sie steuern Kameras, mit denen sich heikle Anlagen jederzeit aus der Ferne beobachten lassen. „Das Wichtigste“, sagt Whichello, „ist die Sicherheit der Information.“

      Einst war die IAEA der große Promotor der Atomenergie. Heute wirken viele Mitarbeiter eher wie Kriminalkommissare, die sich mühen, stets mit den Schurken Schritt zu halten. Die Arbeit sei detektivischer geworden, erzählt 23 Stockwerke höher Dirk Schriefer, Direktor für Safeguard Information Technology. „Wir reden öfter von Forensik.“ Beim Training der Inspektoren, sagt er, werde heute weniger auf Technik Wert gelegt, mehr auf die Schulung der Beobachtungsgabe und das Stellen der richtigen Fragen.

      Der Irak war der größte Veränderungsmotor. Nicht nur bei der Technik, auch bei der Methodik. Die IAEA hat gewaltige Datenbanken angelegt, um Im- und Exportpapiere, amtliche Erklärungen, Aussagen von Überläufern, Publikationen, eigene Messergebnisse und Beobachtungen zu erfassen und zu vergleichen. Sie arbeitet jetzt, wie die Geheimdienste, mit hoch aufgelösten Satellitenbildern, auf denen man sogar Menschen erkennen kann. Die kann man heute kommerziell erwerben. „Für manche Projekte Geld zu bekommen“, sagt Schriefer lächelnd, „ist für uns derzeit gar nicht so schwer.“

      Strahlende Nadel im Heu

      Auch er ist stolz darauf, was die Organisation im Irak bis 1998 erreicht hat, wie viele Anlagen sie entdecken und unbrauchbar machen konnte. „Da war eigentlich nicht mehr viel übrig“, findet Schriefer. „Es ging vor allem darum, eine Wiederholung zu verhindern.“ Die Arbeit, sagen viele der Experten, ähnele der Suche nach der berüchtigten Nadel im Heuhaufen. Aber diese Nadel strahle zumindest. Anders als biologische und chemische Waffen habe Atom-Material den praktischen Vorteil, sich auch über eine gewisse Distanz bemerkbar zu machen. Zudem sei der Aufwand für den Bau von Nuklearwaffen groß. „Wenn wir genug Zeit haben“, sagen alle, „finden wir es.“

      Nur Zugang muss man haben. Und der ist nicht überall gegeben. Die Atommächte Pakistan, Indien und Israel sind dem Atomwaffensperrvertrag gar nicht erst beigetreten. Die offene Verachtung der USA für multinationale Vereinbarungen, murren manche hinter vorgehaltener Hand, ermutige auch andere, das mühsam errichtete Regelwerk gering zu schätzen. Der Rausschmiss aus Nordkorea hat auf die Überwacher wie ein Schock gewirkt. Es war das erste Mal in 40 Jahren, dass die IAEA vor die Tür gesetzt wurde.

      „Wir sind blind dort, raus aus dem Land, und die Überwachungs-Geräte laufen nicht mehr“, klagt Graham Andrew, Special Assistant des Generaldirektors, ein Mann, der die diplomatische Sprache beherrscht. Und doch nicht verbergen kann, dass ihm der Lauf der Dinge nicht behagt. Auf den Zwang angesprochen, dem UN-Sicherheitsrat in Sachen Irak bis zum 27.Januar Ergebnisse liefern zu müssen, bremst Andrew: „Wir gehen da nicht mit dem Fallschirm runter und machen dramatische Entdeckungen binnen weniger Wochen.“ Aber verlangt George Bush nicht just dieses? „Wir müssen solide technische, forensische Arbeit liefern“, kontert Andrew, „das braucht Zeit, vielleicht zwölf Monate. Wir können keine Abkürzung nehmen, um politische Absichten zu befriedigen.“

      Da wird es lange Gesichter geben in New York, womöglich Streit. Für alle Fälle sollte der IAEA-Direktor ein weißes Tüchlein einstecken. Zum Schwenken.


      (c) DIE ZEIT 04/2003>
      Avatar
      schrieb am 16.01.03 17:24:05
      Beitrag Nr. 275 ()
      Ariel Scharon: »Die Araber mögen das Öl haben - wir haben die Zündhölzer.«

      Mit 200 bis 500 Kernwaffen und einem hochentwickelten Trägersystem hat Israel ohne Aufsehen Großbritannien vom Platz fünf der großen Atommächte der Welt verdrängt und kann jetzt mit Frankreich und China rivalisieren, was Art und Entwicklungsgrad des Kernwaffenbestandes betrifft. Obgleich ein Nuklearwinzling, verglichen mit den USA und Rußland, die beide mehr als 10 000 Kernwaffen besitzen, ist Israel eine große Nuklearmacht und sollte als solche in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden.

      Das israelische Kernwaffenprogramm begann Ende der 40er Jahre unter der Leitung von Ernst David Bergmann, dem »Vater der israelischen Bombe«, der 1952 die Israelische Atomenergiekommission gründete. Den Großteil der frühen Unterstützung für das israelische Nuklearprogramm lieferte Frankreich. Höhepunkt war die Errichtung von Dimona, einer Fabrik in der Nähe von Berscheba in der Negev-Wüste, mit einem Reaktor, der von schwerem Wasser gebremst und mit natürlichem Uran betrieben wurde, und einer Plutoniumgewinnungsanlage. Mit kritischen technischen Gutachten hatte Israel von Beginn an einen aktiven Anteil am französischen Kernwaffenprogramm. Das israelische Kernwaffenprogramm kann als ein Ausdruck dieser früheren Zusammenarbeit angesehen werden. Dimona ging 1964 in Betrieb, die Plutonium-Wiederaufbereitung begann kurz danach. Die Israelis behaupteten, Dimona sei eine Mangananlage oder eine Textilfabrik, die angewendeten extremen Sicherheitsmaßnahmen erzählten eine ganz andere Geschichte. 1967 schoß Israel eine eigene Mirage-Maschine ab, die Dimona zu nahe kam, und 1973 schoß es ein libysches Zivilflugzeug ab, das vom Kurs abgekommen war, und tötete so 104 Menschen.

      Es gibt glaubwürdige Annahmen, daß Israel Mitte der 60er Jahre eine oder vielleicht auch mehrere Kernwaffen in der Negev-Wüste nahe der israelisch-ägyptischen Grenze zündete und daß es sich aktiv an den französischen Atomtests in Algerien beteiligte. Während des »Jom-Kippur-Krieges« 1973 besaß Israel einen Bestand von wahrscheinlich mehreren Dutzend einsatzfähiger Atombomben und ging in volle atomare Alarmbereitschaft.

      Im Besitz einer fortgeschrittenen Nukleartechnologie und mit Atomwissenschaftlern der »Weltspitzenklasse« war Israel schon früh mit einem Hauptproblem konfrontiert: der Beschaffung des notwendigen Urans. Israels eigene Uranquelle waren die Phosphatlager in der Negev-Wüste, die aber dem sich rasch erweiternden Programm überhaupt nicht genügten. Die kurzfristige Antwort war, Kommandounternehmen in Frankreich und Großbritannien zu starten, die erfolgreich Urantransporte entführten und 1968 in Zusammenarbeit mit Westdeutschland 200 Tonnen Uranoxid (»Yellowcake«) umleiteten. Später wurde diese geheime Beschaffung des Urans für Dimona durch die verschiedenen beteiligten Länder vertuscht. Israel löste das Uranproblem durch die Entwicklung enger Beziehungen zu Südafrika mit einem Quid-pro-quo-Arrangement, wonach Israel mit Technologie und Gutachten die »Apartheid-Bombe« unterstützte, während Südafrika Uran lieferte.


      Helfershelfer Südafrika

      1977 wurden die USA von der Sowjetunion über Satellitenfotos informiert, die auf die Vorbereitung eines Atomwaffentests Südafrikas in der Kalahariwüste hinwiesen. Wegen des ausgeübten Drucks unterließ das Apartheidregime den Test. Im September 1979 entdeckte ein Satellit der USA den Test einer kleinen Atombombe in der Atmosphäre über dem Indischen Ozean vor der Küste Südafrikas. Wegen der offensichtlichen Beteiligung Israels wurde der Bericht rasch durch einen sorgfältig ausgewählten wissenschaftlichen Ausschuß »weißgewaschen«, der die wesentlichen Einzelheiten im dunkeln ließ. Später wurde aus israelischen Quellen bekannt, daß es dort tatsächlich drei sorgfältig abgesicherte Tests israelischer miniaturisierter atomarer Artilleriegranaten gegeben hatte.

      Die Kollaboration Israel-Südafrika wurde bis zum Sturz der Apartheid fortgesetzt, speziell mit der Entwicklung moderner Artillerie und von Raketen mittlerer Reichweite. Südafrika unterstützte Israel nicht nur mit Uranlieferungen und den Testmöglichkeiten, sondern auch mit großen Investitionen, während Israel dem Apartheidstaat den Zugang zu einem großen Markt bot, der das Umgehen internationaler Wirtschaftssanktionen ermöglichte.



      Die Vanunu-Enthüllungen

      Die USA waren mit der Bereitstellung von Nukleartechnologie wie etwa einem kleinen Forschungsreaktor (1955 im »Atome für den Frieden«-Programm) von Beginn an am israelischen Nuklearprogramm beteiligt. Israelische Wissenschaftler wurden weitgehend an US-Universitäten ausgebildet und hatten generell Zugang zu den Atomwaffenlabors. In den frühen 60er Jahren wurden die Bedienungselemente für den Dimona-Reaktor heimlich von einer Firma namens Tracer Lab bezogen, der Hauptlieferantin für die entsprechenden Instrumente in US-Militärreaktoren, gekauft über eine belgische Tochterfirma und offensichtlich mit Zustimmung der Nationalen Sicherheitsagentur (NSA) und der CIA. 1971 genehmigte die Nixon-Regierung den Verkauf Hunderter Krytonen (Hochgeschwindigkeitsschalter, die für die Entwicklung modernster Kernwaffen erforderlich sind) an Israel. Und 1979 wurden unter Carter ultrahochauflösende Fotos vom KH-11-Satelliten geliefert, die zwei Jahre später bei der Bombardierung des irakischen Osirak-Reaktors genutzt wurden. Der Transfer entwickelter Technologie nach Israel erfolgte unter Nixon und Carter, erfuhr eine dramatische Steigerung unter Reagan und wird bis heute unvermindert fortgesetzt.

      Bis Mitte der 80er Jahre schätzten die meisten Geheimdienste den israelischen Kernwaffenbestand auf eine Größenordnung von zwei Dutzend. Das änderte sich über Nacht mit den Enthüllungen von Mordechai Vanunu, einem Atomtechniker, der in der Dimona-Plutonium-Wiederaufbereitungsanlage arbeitete. Als linker Sympathisant Palästinas glaubte sich Vanunu gegenüber der Menschheit verpflichtet, Israels Kernwaffenprogramm vor der Welt zu enthüllen. Er schmuggelte Dutzende Fotos und wissenschaftliche Daten über die Grenzen Israels; 1986 wurde seine Geschichte in der Londoner »Sunday Times« veröffentlicht. Wissenschaftliche Untersuchungen der Daten Vanunus ließen erkennen, daß Israel etwa 200 hochentwickelte miniaturisierte thermonukleare Bomben besaß. Seine Informationen bewiesen, daß die Kapazität des Dimona-Reaktors auf ein Mehrfaches vergrößert worden war und daß Israel genug Plutonium produzierte, um zehn bis zwölf Bomben pro Jahr produzieren zu können. Kurz vor der Veröffentlichung seiner Informationen wurde Vanunu von einer »Mata Hari« des Mossad nach Rom gelockt, geschlagen, unter Drogen gesetzt, nach Israel entführt und nach einer Desinformations- und Verleumdungskampagne in der israelischen Presse von einem Sondergericht wegen Landesverrats zu 18 Jahren Gefängnis verurteilt. Er verbrachte elf Jahre in Einzelhaft in einer zwei mal drei Meter großen Zelle. Nach einem Jahr bedingter Freilassung (der Kontakt zu Arabern war ihm verboten) wurde Vanunu wieder in Einzelhaft genommen und hat drei weitere Haftjahre vor sich. Wie vorauszusehen war, wurden die Vanunu-Enthüllungen von der Weltpresse weitgehend ignoriert, besonders in den Vereinigten Staaten, und Israel hatte weiterhin relativ freie Hand in seiner Kernwaffenpolitik.

      Gegenwärtig schätzt man Israels Kernwaffenbestand auf mindestens 200 bis über 500. Und es gibt kaum einen Zweifel daran, daß Israels Atomwaffen, die vor allem für die Kriegführung im Nahen Osten vorgesehen sind, zu den am höchsten entwickelten der Welt gehören. Einen Teil des israelischen Kernwaffenbestandes bilden Neutronenbomben, miniaturisierte Atombomben, mit einem Maximum tödlicher Gammastrahlung bei einem Minimum an Sprengwirkung und langfristiger Strahlung - im wesentlichen dazu bestimmt, Menschen zu töten und ihren Besitz zu schonen. Zu den Waffen gehören auch ballistische Raketen und Bomber, die Moskau erreichen können, Flügelraketen (Cruise missiles), Landminen (in den 80ern verlegte Israel nukleare Landminen entlang der Golanhöhen) und Artilleriegeschosse mit einer Reichweite von 70 Kilometern. Im Juni 2000 traf eine von einem israelischen U-Boot abgeschossene Flügelrakete ein Ziel in 1500 Kilometer Entfernung, das war zuvor nur den USA und Rußland gelungen. Von diesen praktisch nicht zu besiegenden U-Booten wird Israel drei stationieren, jedes ist mit vier Flügelraketen ausgerüstet.

      Das Spektrum der Bomben reicht von »Städte-Knackern« (city-busters), größer als die Hiroshimabombe, bis zu taktischen Miniatomwaffen. Israels Bestand an Massenvernichtungswaffen läßt die tatsächlichen oder potentiellen Bestände aller anderen Nahoststaaten zusammengenommen recht mickrig erscheinen, und übersteigt bei weitem jegliches nachvollziehbare Bedürfnis nach »Abschreckung«.


      »Ethnobombe«

      Israel besitzt auch ein umfassendes Arsenal chemischer und biologischer Waffen. Nach Angaben der Sunday Times hat Israel chemische und biologische Waffenarten mit hochentwickelten Trägersystemen produziert. Mit den Worten eines hohen israelischen Geheimdienstlers: »Es gibt wohl keine einzige bekannte oder unbekannte Form chemischer oder biologischer Waffen, ... die im Biologische Institut Nes Tziyona nicht erzeugt würde.«
      Derselbe Bericht beschrieb F-16 Kampfjets, die speziell für chemische und biologische Ladungen bestimmt sind und deren Besatzungen dafür ausgebildet wurden, diese Waffen in Windeseile zu bestücken. Die Sunday Times berichtete, daß Israel unter Nutzung von Forschungsergebnissen aus Südafrika eine »Ethnobombe« entwickelte. »Bei der Entwicklung ihrer "Ethnobombe" versuchen die israelischen Wissenschaftler, Forschungsergebnisse der Medizin bei der Identifizierung eines besonderen Gens zu nutzen, das einige Araber haben, und dann genetisch modifizierte Bakterien oder Viren zu schaffen ... Die Wissenschaftler versuchen, tödliche Mikroorganismen herzustellen, die nur Menschen mit diesen Genen angreifen.« Dedi Zucker, ein linker Abgeordneter der Knesset, prangerte diese Forschung mit den Worten an: »Eine solche Waffe ist, wenn wir von unserer Geschichte, unserer Tradition und Erfahrung ausgehen, moralisch ungeheuerlich und muß geächtet werden.« (Sunday Times, 15. November 1998)

      Die israelische Bombe ist in der gängigen Vorstellung eine »Waffe der ultima ratio«, die also in letzter Minute eingesetzt wird, wenn die vollständige Vernichtung droht, und viele gutwillige, aber irregeführte Sympathisanten Israels glauben immer noch, daß dies der Fall ist. Mag sein, daß diese Vorstellung auch in den Köpfen der frühen israelischen Kernwaffenstrategen eine Rolle spielte - heute ist das israelische Kernwaffenpotential untrennbar in die allgemeine militärische und politische Strategie Israels integriert. Wie Seymour Hersch in klassischer Untertreibung sagte: »Die Samson-Option ist nicht länger die einzige Kernwaffenoption, über die Israel verfügt.« Israel hat zahllose verschleierte atomare Drohungen gegen die arabischen Völker und gegen die Sowjetunion (und nach dem Ende des Kalten Krieges gegen Rußland) geäußert. Ein erschreckendes Beispiel kommt von Ariel Scharon, dem gegenwärtigen Ministerpräsidenten. »Die Araber mögen das Öl haben - wir haben die Zündhölzer.« (1983 bot Scharon Indien an, gemeinsam mit Israel die pakistanischen Nuklearanlagen anzugreifen, in den späten 70ern schlug er vor, israelische Fallschirmjäger nach Teheran zu schicken, um den Schah zu unterstützen, und 1982 rief er dazu auf, Israels Sicherheitsbereich von »Mauretanien bis Afghanistan« auszudehnen.) In einem anderen Fall sagte der israelische Nuklearexperte Oded Brosh 1992: »... wir müssen uns nicht schämen, daß die Kernwaffenoption ein Hauptinstrument unserer Verteidigung als Abschreckung gegen alle ist, die uns angreifen.« In den Worten Israel Schahaks: »Nicht der Wunsch nach Frieden, wie so häufig angenommen, ist meines Erachtens Prinzip der israelischen Politik, sondern der Wunsch, die Herrschaft und den Einfluß Israels auszudehnen.« Und: »Israel bereitet sich auf einen Krieg vor, wenn es sein muß, auf einen Kernwaffenkrieg, um zu verhindern, daß es in einigen oder allen Staaten des Nahen Ostens zu inneren Veränderungen kommt, die ihm nicht passen ... Israel bereitet sich eindeutig darauf vor, die offene Hegemonie über den gesamten Nahen Osten zu erreichen ... und zögert nicht, zu diesem Zweck alle verfügbaren Mittel zu nutzen, einschließlich nuklearer.«

      Israel nutzt seinen Kernwaffenbestand nicht nur im Kontext der »Abschreckung« oder der direkten Kriegführung, sondern auch auf subtilere Weise. Zum Beispiel kann der Besitz von Massenvernichtungswaffen ein kräftiger Hebel zur Aufrechterhaltung des Status quo oder zur Beeinflussung von Ereignissen sein, bei denen ein deutlicher Vorteil für Israel durchzusetzen ist: etwa zum Schutz der sogenannten gemäßigten arabischen Staaten vor inneren Aufständen oder zum Eingreifen in einen Krieg zwischen arabischen Staaten. Im israelischen Strategiejargon wird dieses Konzept »nichtkonventioneller Druck« (»nonconventional compellence«) genannt. Ein Zitat von Schimon Peres belegt das: »Ein überlegenes Waffensystem zu beschaffen bedeutet die Möglichkeit, es für die Ausübung von Druck zu nutzen - das heißt, die andere Seite zu zwingen, Israels Forderungen zu akzeptieren, was wahrscheinlich die Forderung einschließt, daß der traditionelle Status quo akzeptiert und ein Friedensvertrag unterzeichnet wird.«

      Seine überwältigende Kernwaffenüberlegenheit erlaubt es Israel, sogar angesichts einer weltweiten Opposition straflos zu agieren. Als typischer Fall kann die Invasion in den Libanon und die Zerstörung Beiruts 1982 gelten, die von Ariel Scharon geführt wurde - zum Schluß mit 20000 Toten, die meisten davon Zivilisten. Trotz der Vernichtung eines arabischen Nachbarstaates konnte Israel den Krieg über Monate ausdehnen, nicht zuletzt auch aufgrund seiner atomaren Drohung.


      Mittel der Erpressung

      Ein anderer Hauptzweck der israelischen Bombe ist der Druck auf die USA, sogar dann zugunsten Israels zu agieren, wenn das gegen die eigenen strategischen Interessen gerichtet ist. Während des Krieges von 1973 nutzte Israel die nukleare Erpressung, um Kissinger und Nixon zu zwingen, gewaltige Mengen Kriegsmaterial über eine Luftbrücke nach Israel zu bringen. Ein Beispiel für diese Strategie lieferte Amos Rubin, der Wirtschaftsberater des Ministerpräsidenten Yitzhak Schamir, im Jahre 1987: »Wenn Israel alleingelassen wird, wird es keine andere Wahl haben, als auf eine riskante Verteidigung zurückzugreifen, die es selbst und die Welt stark gefährden wird ... Um Israel in die Lage zu versetzen, auf die Abhängigkeit von Atomwaffen zu verzichten, braucht es zwei bis drei Milliarden Dollar an US-Hilfe jährlich.« Seither hat sich Israels Kernwaffenbestand exponentiell vergrößert, sowohl quantitativ als auch qualitativ, und der Geldhahn der USA bleibt weit offen.

      Weltweit wurde kaum wahrgenommen, daß der Nahe Osten am 22. Februar 2001 vor dem Ausbruch eines Krieges stand. Nach Angaben der Londoner Sunday Times und von DEBKAfile gab Israel Raketenalarm, nachdem es von den USA Nachrichten über die Bewegung von sechs an der syrischen Grenze stationierten irakischen Panzerdivisionen und Startvorbereitungen von Boden-Boden-Raketen erhalten hatte. DEBKAfile, ein »Antiterrorismus«-Informationsdienst in Israel, behauptet, die irakischen Raketen seien vorsätzlich in die höchste Alarmstufe versetzt worden, um die Antwort der USA und Israels zu testen. Trotz eines unverzüglichen Angriffs von 42 Militärflugzeugen der USA und Großbritanniens erlitten die Iraker anscheinend nur geringen Schaden. Die Israelis warnten den Irak, sie seien bereit, in einem Präventivangriff gegen die irakischen Raketen Neutronenbomben einzusetzen.

      Die Existenz eines Arsenals von Massenvernichtungswaffen in einer solch instabilen Region hat schwerwiegende Konsequenzen. Seymour Hersch warnt: »Sollte erneut ein Krieg im Nahen Osten ausbrechen ... oder irgendeine arabische Nation Raketen auf Israel lenken, wie damals die Iraker, würde eine nukleare Eskalation, früher undenkbar außer als "ultima ratio", nun sehr wahrscheinlich.« Und Ezar Weissman, Israels gegenwärtiger Präsident, sagte: «Der Kernwaffeneinsatz gewinnt an Bedeutung (und der) nächste Krieg wird kein konventioneller sein.«


      Quelle: http://www.jungewelt.de/2002/04-09/009.php
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      schrieb am 17.01.03 00:43:00
      Beitrag Nr. 276 ()
      Lage spitzt sich zu



      D ie USA verlieren die Geduld mit Bagdad und drängen auf einen baldigen Abzug der Kontrolleure, möglicherweise schon nach dem 27. Januar.
      Die UN-Inspektoren fanden elf leere Sprengköpfe für Chemiewaffen und einen zwölften, der „einer näheren Untersuchung“ bedürfe, wie ein Sprecher der UN-Waffenkontrollkommission (Unmovic) am Donnerstag berichtete. Die Sprengköpfe seien in ausgezeichnetem Zustand und ähnelten den von Irak in den späten 80er-Jahren importierten.

      Die Inspektoren fanden die 122-Millimeter-Gefechtsköpfe beim Durchsuchen mehrerer Bunker auf dem Gelände des Munitionsdepots Ucheidar. Für eine vorläufige Untersuchung hätten sie tragbare Röntgengeräte benutzt und Proben für eine chemische Untersuchung entnommen. Die Existenz der Sprengköpfe sei zuvor nicht bekannt gewesen. Irak erklärte dagegen, es handle sich um alte Artillerie-Raketen, die in dem im Dezember vorgelegten Rüstungsbericht erwähnt seien.

      „Sehr gespannt und sehr gefährlich“

      UN-Chefwaffeninspektor Hans Blix nannte die aktuelle Lage „sehr gespannt und sehr gefährlich“. Bei Gesprächen in Brüssel wies er auf den Truppenaufmarsch rund um Irak hin und verlangte von Bagdad mehr Kooperation mit den Inspektoren.

      Blix sagte, die Ungeduld mit Bagdad wachse, zumal der Sicherheitsrat die jetzigen Inspektionen ausdrücklich als letzte Chance bezeichnet habe. „Jeder will eine überprüfbare und glaubhafte Entwaffnung sehen“, sagte Blix. Er erwartet aber vom Weltsicherheitsrat noch einen Auftrag zu einem weiteren Bericht über die Kontrollen in Irak. Mit dem für den 27. Januar fälligen Report werde die Sache nicht beendet sein, so Blix.

      Washington will keinen zweiten Bericht

      Die USA dringen unterdessen auf ein baldiges Mandatsende der Inspektoren, wie aus diplomatischen Kreisen im UN-Hauptquartier verlautete. Washington wolle sich bei den Konsultationen gegen einen zweiten Bericht von Blix und Mohammed el Baradei, dem Direktor der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO), Ende März aussprechen, hieß es in New York.

      Die Sicherheitsberaterin der US-Regierung, Condoleezza Rice, hat Blix nach Angaben der „Washington Post“ bei einem Treffen am Dienstag gedrängt, auf einen Bericht am 27. März zu verzichten. Der amerikanische UN-Botschafter John Negroponte unterstützte diese Position mit einem Appell an den Sicherheitsrat, Irak keinen weiteren Spielraum zu gewähren, da Bagdad aus Sicht seiner Regierung nicht genügend Bereitschaft zur vollen Kooperation mit den UN-Inspektoren demonstriert habe.

      Die UN-Abrüstungsresolution 1441 vom 8. November verpflicht Blix und el Baradei, dem Sicherheitsrat 60 Tage nach Wiederaufnahme der Inspektionen in Irak Bericht zu erstatten. Einen weiteren Termin nennt die Resolution nicht. Blix und el Baradei sehen sich jedoch durch die ältere Resolution 1284 vom Dezember 1999 verpflichtet, dem Sicherheitsrat wie bisher alle drei Monate über die Ergebnisse der Abrüstungsbemühungen in Irak zu berichten.

      16.01.03, 21:06 Uhr



      (focus.de)
      Avatar
      schrieb am 17.01.03 00:46:29
      Beitrag Nr. 277 ()
      Das macht Blix sicher beliebt bei Saddam ...

      <16.01.2003 17:09

      Irak-Konflikt


      USA stellt sich gegen Blix

      Zwischen den USA und UN-Waffeninspekteur Hans Blix ist ein offener Streit über den Zeitpunkt für das Ende der Kontrollen im Irak ausgebrochen.

      Von Stefan Kornelius und Christian Wernicke


      Beobachter sprechen davon, dass mit dem Schlagabtausch zwischen Blix und der US-Regierung die letzte Runde im diplomatischen Ringen um eine friedliche Lösung des Irak-Konflikts begonnen habe.

      Washington beharrt darauf, dass der für 27. Januar geplante Bericht der Waffeninspektoren an den UN-Sicherheitsrat Grundlage aller Entscheidungen sein müsse.

      Allerdings hat sowohl der Sprecher des Präsidenten als auch Außenminister Colin Powell in den vergangenen Tagen deutlich gemacht, dass Ende Januar noch nicht über einen Krieg entschieden werden müsse.

      Die Regierung von George W. Bush reagiert damit offenbar auf wachsenden Druck aus Europa, wo selbst Großbritannien als enger Verbündeter nach einer zweiten Resolution und einem flexiblen Zeitplan verlangt.

      Bush selbst, der eine zweite Resolution umgehen will, hält am 28. Januar seine jährliche Rede an die Nation. Einen Tag später wird der britische Premier Tony Blair in Washington erwartet.

      Scharfe Kritik aus Russland

      Die Spannungen zwischen Blix und Washington hatten auch nicht in einem Gespräch zwischen dem Inspekteur und Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice am Dienstag in New York beigelegt werden können.

      Blix beharrt auf der Interpretation, dass die Inspektoren auf Basis der UN-Resolution 1284 von 1999 arbeiten und mehr Zeit für die Untersuchungen brauchen.

      Diese Entschließung sieht einen Bericht der Inspektoren innerhalb von 60 Tagen vor. Blix argumentiert, dass seine Gruppe vom 27. Januar an auf der Grundlage arbeiten wird: „Niemand hat mir je gesagt, dass die Resolution 1284 überflüssig wäre“, sagte er in Brüssel.

      Der Zeitpunkt für einen neuen Bericht wäre demnach der 27. März – was einen Krieg verzögern oder wegen der Hitze im Irak gar unmöglich machen würde.

      Die USA argumentieren hingegen, dass die Resolution 1284 von der neuen Resolution 1441 abgelöst worden ist. 1441 verlangt nach einem Abschlussbericht am 27. Januar.

      Im Sicherheitsrat sind die Veto-Mitglieder offenbar gespalten über die Interpretation. China, Russland und Frankreich teilen Berichten zufolge Blix’ Meinung. Moskau warf den USA vor, unangemessenen Druck auf die Inspektoren auszuüben. Die harte Haltung der US-Regierung widerspreche der Resolution 1441, die den Kontrolleuren Unterstützung zusichere, sagte Außenminister Igor Iwanow.

      Nach einem Treffen mit Blix sagte Javier Solana, der Hohe Repräsentant für die EU-Außenpolitik, der 27. Januar sei „nicht das Ende des Prozesses“ der Untersuchungen, wohl aber „ein wichtiges Datum“. Solana fügte hinzu, ein Krieg gegen den Irak sei „vermeidbar“.

      Nach Auskunft von Brüsseler Diplomaten wurde die Interpretation von Blix auch bei einem Treffen mit 15 EU-Botschaftern nicht infrage gestellt. Gegenüber Journalisten sagte der UN-Diplomat, er werde am 27. Januar nur „eine Aktualisierung unserer Arbeit“ präsentieren: „Dies wird nicht Schlusspunkt unserer Aktivitäten sein.“ Zugleich forderte er Bagdad zu mehr „aktiver Zusammenarbeit“ auf.

      In Brüssel machte Blix klar, dass er erst in den letzten Tagen Zugang zu Erkenntnissen des US-Geheimdienstes über Waffenlager im Irak erhalten habe: „Wir beginnen, solche Informationen zu erhalten – und wir arbeiten daran.“ Falls Washington wisse, wo Bomben versteckt seien, „wäre es besser, wir schauen uns das an, bevor sie sie bombardieren“. Zudem stellte die Bush-Regierung den UN Aufklärungsflugzeuge zur Verfügung.

      Im Irak durchsuchten die Kontrolleure erstmals zwei Privathäuser in Bagdad. Nach Angaben von Nachbarn wohnt in einem ein Atomforscher. Zu einem möglichen Kriegseinsatz starteten am Donnerstag vom US-Stützpunkt Spangdahlem in der Eifel die ersten Kampfjets in den Mittleren Osten.>

      Sueddeutsche.de
      Avatar
      schrieb am 17.01.03 00:59:39
      !
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      Avatar
      schrieb am 17.01.03 10:12:52
      !
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      Avatar
      schrieb am 17.01.03 11:54:07
      Beitrag Nr. 280 ()
      und tschüß. Habe mir mindestens 1 Woche WO-Entzug auferlegt. :D Blix möge mir verzeihen.
      Avatar
      schrieb am 19.01.03 20:17:24
      Beitrag Nr. 281 ()
      Rückfällig geworden:

      <Inspektoren schlagen strengeren Ton an

      Eine Woche vor dem mit Spannung erwarteten Abschluss-Bericht im Weltsicherheitsrat drängen die Inspektoren der Vereinten Nationen den Irak zu Auskünften über offene Rüstungsfragen. Mit einer langen Liste ungeklärter Probleme trafen Chefinspekteur Hans Blix und Mohamed El Baradei, Direktor der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO), am Sonntag in Bagdad ein. Blix sagte, er wolle Bagdad auf den Ernst der Lage hinweisen und eine aktivere Zusammenarbeit fordern.
      Geheimpapiere entdeckt
      Für Aufregung sorgte am Wochenende die Entdeckung von Dokumenten, in denen es möglicherweise um die Urananreicherung zur Entwicklung von Atomwaffen geht. El Baradei kritisierte, dass die Unterlagen im Privathaus eines Wissenschaftlers aufbewahrt wurden. Damit stelle sich die Frage, ob es noch mehr solche Dokumente gebe, sagte er und fügte hinzu: "Ich hoffe, dass Irak die Initiative ergreift und damit herausrückt".

      Irakischer Physiker beschwichtigt
      Die Waffeninspektoren hatten laut Baradei am Donnerstag aus dem Haus des irakischen Physikers Faleh Hassan Hamsa el Basri in Bagdad rund 3.000 Seiten Dokumente mitgenommen. Der Wissenschaftler sagte dagegen vor der Presse in Bagdad, die gefundenen Dokumente enthielten keine geheimen Informationen. Sie stammten aus einem persönlichen Forschungsvorhaben und seien Arbeiten seiner Studenten. Er sei bereit, die Papiere mit El Baradei persönlich durchzusehen.

      Dokumente über Laser-Technologie
      In den Dokumenten aus den Achtzigerjahren gehe es offenbar um eine Laser-Technologie, die bei der "Anreicherung von Uran zur Herstellung einer Atombombe" verwendet werde, sagte El Baradei am Samstag. El Baradei kritisierte, dass Irak die Papiere nicht von sich aus an die Inspektoren übergeben habe. Am Freitag hatten die UN-Inspektoren zudem leere chemische Sprengköpfe gefunden.

      Britische Regierung: Überzeugende Beweise genügen
      Auch der britische Verteidigungsminister Geoff Hoon zeigte sich unterdessen fest davon überzeugt, dass der Irak Massenvernichtungswaffen besitzt. In einem Interview der konservativen Zeitung "Sunday Telegraph" sagte Hoon, zur Entscheidung für einen Militärschlag würden "überzeugende Beweise" durch die UN-Waffeninspekteure ausreichen. "Sie brauchen keinen "rauchenden Colt" zu finden", sagte Hoon der Zeitung. Nach seiner Ansicht würde es genügen, wenn Chefinspekteur Hans Blix und sein Team "Hinweise" auf verbotene Massenvernichtungswaffen oder entsprechende Dokumente entdecken würden.

      Powell: Auch ohne UN-Mandat losschlagen
      US-Außenminister Colin Powell hatte zuvor der "Süddeutschen Zeitung" erklärt: "Wir glauben, dass am Ende des Monats überzeugend bewiesen sein wird, dass der Irak nicht kooperiert." Falls sich der Irak weiter unkooperativ zeige, würden die USA auch ohne ein UN-Mandat losschlagen und den Irak entwaffnen, zitierte die Zeitung.>

      (T-online news von heute)
      Avatar
      schrieb am 19.01.03 20:19:27
      Beitrag Nr. 282 ()
      Wilma,

      das war ne kurze Woche! Bist schon ein bißchen süchtig?

      :laugh:
      Avatar
      schrieb am 20.01.03 04:50:02
      Beitrag Nr. 283 ()
      Liebäugeln mit der Folter
      aus Washington MICHAEL STRECK

      Der Krieg gegen den Terror ist den USA offenbar den Bruch mit den eigenen Gesetzen, universellen Grundwerten, Völkerrechtskonventionen und Menschenrechtsbestimmungen wert. US-Geheimdienste stehen im Verdacht, gefangene mutmaßliche Terroristen systematisch zu foltern, um aus ihnen wertvolle Informationen herauszupressen. Außerdem werden Häftlinge Drittländern zum Verhör überstellt, die im Ruf stehen, Foltermethoden anzuwenden.

      Als die Bilder von geknebelten Talibankämpfern um die Welt gingen, die auf dem US-Militärstützpunkt Guantánamo auf Kuba interniert wurden, sah sich Amerika Folteranschuldigungen ausgesetzt. Unabhängige Beobachter konnten diese jedoch entkräften. Die US-Regierung wurde fortan nicht müde, Folter offiziell zu verurteilen. Sie brandmarkte nicht nur Gegner wie Irak, sondern auch alliierte Länder wie Saudi-Arabien oder Jordanien. Außenminister Powell und Pentagonchef Rumsfeld erklärten wiederholt, die USA würden unter allen Umständen internationale Vereinbarungen zum Folterverbot respektieren.

      Die Wirklichkeit in Verhörcontainern des CIA vor Ort sieht jedoch anders aus. Ende Dezember veröffentlichte die Washington Post einen schockierenden Artikel, in dem Geheimdienstagenten, die an Vernehmungen von Al-Qaida-Gefangenen beteiligt sind, detailliert über ihre Praktiken berichten. Die Häftlinge würden demnach regelmäßig so genannten Stress- und Nötigungstechniken ausgesetzt. Ihnen werden Medikamente verweigert, sie dürfen nicht schlafen, müssen im Dunkeln und in ermüdenden Körperhaltungen verharren und werden geschlagen. "Wenn man ihre Menschenrechte nicht manchmal verletzt, können wir unsere Mission nicht erfüllen", wird ein Agent zitiert.

      Die Verhöre werden nach Angaben der Zeitung in abgeriegelten Zonen auf der Bagram-Luftwaffenbasis nahe Kabul und auf einem Militärstützpunkt der Insel Diego Garcia im Indischen Ozean durchgeführt, die Großbritannien den Amerikanern zur Nutzung überlassen hat. Gefangene würden zudem an die Geheimdienste von Staaten wie Jordanien, Marokko und Ägypten übergeben, die im Kampf gegen den Terror als US-Verbündete gelten, jedoch dafür bekannt sind, brutale Verhörmethoden anzuwenden. Manche Häftlinge würden sogar mit einer konkreten Frageliste überstellt, die US-Ermittler beantwortet haben wollen. Als offizielle Gründe für den Transfer werden kulturelle Nähe und eine bessere sprachliche Verständigung mit den Häftlingen genannt. Rund 100 Gefangene sollen auf diesem Weg überstellt worden sein. Insgesamt sollen rund 3.000 mutmaßliche Al-Qaida-Terroristen - davon 625 in Guantánamo - seit dem 11. September weltweit verhaftet worden sein. Genaue Zahlen, Namen und Aufenthaltsorte hält die US-Regierung geheim.

      Die Reaktionen auf die Enthüllungen waren in den USA erstaunlich verhalten. Es scheint, sie wurden von den Nachrichten über den Militäraufmarsch am Golf und einen möglichen Irakkrieg in den Schatten gedrängt. Die Bush-Regierung, Geheimdienste und Pentagon schweigen. Niemand im Kongress forderte bislang eine Untersuchung. Nur wenige Kommentatoren äußerten sich empört (der Begriff Folter wurde allerdings bei manchen durch "moderaten physischen Druck" ersetzt) und mahnten Aufklärung an. Allein Menschenrechtsgruppen verurteilten die berichteten Vorfälle scharf.

      Die Organisation Human Rights Watch hat Bush in einem Brief aufgefordert, unverzüglich Stellung zu dem Zeitungsbericht zu beziehen. "Das Weiße Haus feilt an einer Reaktion, da bin ich mir sicher", sagt Tom Malinowsky vom Washington-Büro der Organisation. "Sie müssen reagieren, denn in den Augen der Weltöffentlichkeit ist Amerika nun ein Folterstaat." Das lange Schweigen erklärt sich Malinowsky aus der Brisanz der Vorwürfe. Er erwartet einen öffentlichen Auftritt von höchster Regierungsebene, in dem Folter klar verurteilt und sich von den Vorwürfen distanziert wird. Es dürften keine Zweifel bleiben, dass die USA auch nur mit der Möglichkeit folterähnlicher Methoden liebäugelt. Sollten sich die Anschuldigungen jedoch nicht ausräumen lassen, müsse die US-Regierung unmissverständlich deutlich machen, dass sie in Zukunft alles unternehmen werde, Folter zu vermeiden.

      Da am Wahrheitsgehalt des umfangreichen Dossiers kaum gezweifelt wird, fragten sich Beobachter, warum jene Geheimdienstagenten und Regierungsbeamten, auf die sich die Informationen stützen, so auskunftsfreudig waren. Die britische Zeitschrift Economist spekuliert, dass diese Personen mittels der Presse bewusst eine Botschaft senden wollten: "Wir müssen diese Arbeit machen und wollen, dass die Öffentlichkeit es erfährt."

      Manche an den Verhören beteiligten Agenten scheinen aber ernsthaft zu hoffen, dass die US-Öffentlichkeit zum gegenwärtigen Zeitpunkt Verständnis für ihre Methoden aufbringt, die den Willen der Gefangenen brechen sollen. Sie sind überzeugt, dass folterähnliche Praktiken in bestimmten Fällen "gerecht und notwendig" sind, wenn es darum geht, Informationen zu erhalten, die zum Beispiel einen schweren Terroranschlag verhindern können. Ihr bislang geheimes und jetzt entlarvtes Credo: In Ausnahmesituationen ist die Anwendung physischer Gewalt an Gefangenen erlaubt.

      Die Bush-Regierung hat stets betont, im Kampf gegen den Terror die westlichen Grundwerte wie Menschenrechte zu achten. Doch bereits im Internierungslager in Guantánamo handelt sie gegen diese Grundsätze. Zwar wird dort niemand physischer Gewalt ausgesetzt, sie verweigert jedoch - trotz anders lautender Ankündigung nach internationalem Druck Anfang vergangenen Jahres - den Häftlingen eine Behandlung nach der Genfer Gefangenenkonvention. Wenn CIA und Pentagon nun mittels Folter oder folterähnlicher Methoden mutmaßliche Terroristen zu Aussagen zwingen will, wäre dies ein dramatischer Rückschritt. Das selbst ernannte Reich der Freiheit und Menschenrechte wäre vom Terror in die Knie gezwungen. Amerikas ohnehin ramponiertes Image in der Welt als arrogante Supermacht würde weiter leiden.

      Zusätzlich würde die USA die Zusammenarbeit mit ihren europäischen Partnern beim Kampf gegen den Terror aufs Spiel setzen. EU-Staaten liefern bereits jetzt gar nicht oder nur zögerlich verhaftete mutmaßliche Terroristen an die USA aus, da ihnen dort die Todesstrafe droht. Eine weitere Entfremdung zwischen alter und neuer Welt wäre die Folge. "Die USA sind zwar weit davon entfernt, zu den schlimmsten Menschenrechtsverletzern weltweit zu gehören. Aber sollte das mächtigste Land der Erde anerkannte und selbst mit durchgesetzte Standards missachten, gefährdet es die Situation der Menschenrechte weltweit", sagt Kenneth Roth, Direktor von Human Rights Watch.


      taz Nr. 6958 vom 20.1.2003, Seite 5, 237 Zeilen (TAZ-Bericht), MICHAEL STRECK
      Avatar
      schrieb am 24.01.03 01:46:59
      Beitrag Nr. 284 ()
      @ll

      Auf Wunsch zweier Herren und mit Rücksicht auf den bejammernswerten Bildungsstand eines verzweifelnden BoardMODs möchte ich alle Teilnehmer bitten, das Hauptaugenmerk beim Posten von Beiträgen AB JETZT auf die Sprachen Deutsch, Englisch sowie minimalistisches Französisch mit Untertiteln zu richten. Ein entsprechendes Aggreement ist nachzulesen im Thread "Umgangsformen im Politik-Forum II" ab etwa #187. Ich bedanke euch für mich bei euer allem Verständnis ... oder so. :)

      MfG
      Avatar
      schrieb am 24.01.03 09:14:30
      Beitrag Nr. 285 ()
      SPIEGEL ONLINE - 22. Januar 2003, 17:51
      URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,231854,00.html
      Britischer Öl-Experte

      "Die Falken sind kurzsichtig"

      Welche Rolle spielt das Öl bei einem Feldzug gegen Saddam Hussein? Der britische Energieexperte und Weltbank-Berater Mamdouh Salameh warnt im SPIEGEL-ONLINE-Interview vor den hohen Risiken einer amerikanisch-britischen Invasion im Irak.



      Öl-Experte Salameh: "Die wichtigsten Ölfelder liegen im Kurdengebiet und im Süden bei den Schiiten"


      SPIEGEL ONLINE: Dr. Salameh, wie sind die irakischen Ölreserven beschaffen und welche Bedeutung haben sie für die USA?

      Mamdouh Salameh: Die nachgewiesenen irakischen Ölreserven belaufen sich auf 150 Milliarden Barrel, das sind rund 15 Prozent der weltweit nachgewiesenen Reserven. Darüber hinaus verfügt der Irak noch über geschätzte Reserven von 215 Milliarden Barrel. Damit hat der Irak insgesamt rund 50 Prozent mehr Öl als Saudi-Arabien.

      SPIEGEL ONLINE: Gleichwohl sprechen Vertreter der US-Regierung, wenn es um die Irak-Krise geht, nicht über Öl.

      Salameh: Nein, sie sprechen natürlich viel lieber von Menschenrechtsverletzungen und Massenvernichtungswaffen, obwohl die irakischen Ölreserven ganz ohne Frage für die Strategie und die Sicherheit der USA eine sehr große Rolle spielen, und die derzeitige Irak-Krise ohne die Dimension des Öls gar nicht zu verstehen ist.

      SPIEGEL ONLINE: Das müssen Sie genauer erklären.

      Salameh: Die USA importieren nahezu 60 Prozent des Öls, das sie verbrauchen, ungefähr die Hälfte davon aus dem Nahen Osten. Aber die Importe werden steigen, und langfristig kann nur der Nahe Osten den gewaltigen Öldurst der Amerikaner stillen.


      SPIEGEL ONLINE: Sie gehen davon aus, dass die Abhängigkeit der US-Wirtschaft vom Öl ungebrochen bleibt?

      Salameh: Es wird inzwischen intensiv in Sachen erneuerbare Energien geforscht. Dennoch kam ich in einer Studie, die ich für die Weltbank gemacht habe, zu dem Ergebnis, dass - wenn es nicht zu einer schnellen und radikalen Wende in der Energiepolitik kommt, was sehr unwahrscheinlich ist - im Jahr 2050 nur zwölf Prozent des weltweiten Primärenergiebedarfs mit erneuerbaren Energiequellen gedeckt werden können, in den USA nur weniger als sechs Prozent.

      SPIEGEL ONLINE: Der Zugang zu großen Mengen bezahlbaren Öls ist demnach besonders für die USA eine Überlebensfrage.

      Salameh: In der Tat. Und das strategische Ziel der US-Regierung muss es aus diesem Grund sein, die Länder, die über entscheidende Ölreserven verfügen, zu kontrollieren. In Saudi-Arabien sind schon amerikanische Soldaten stationiert, aber die dortigen Reserven reichen nicht aus. Die Amerikaner brauchen Kuweit, die Vereinigten Arabischen Emirate - und den Irak.

      SPIEGEL ONLINE: Die Amerikaner können sich ja nicht einmal auf die Saudis verlassen.



      Verteilung der Ölreserven: "Der Irak hat 50 Prozent mehr Öl als Saudi-Arabien"


      Salameh: Saudi-Arabien ist ein stabiles Land, allerdings existiert eine tiefe Abneigung im Volk gegen die Stationierung von US-Truppen im Land, die wiederum einen fruchtbaren Boden für al-Qaida bereitet. Deshalb hat die Regierung in Riad auch erklärt, dass sie ihren Luftraum nicht für einen Angriff auf den Irak freigeben wird, und deshalb sind die Beziehungen zurzeit so angespannt.

      SPIEGEL ONLINE: Wird angesichts dieser Spannungen der Irak für die US-Regierung nicht noch wichtiger und die Einsetzung eines von Washington kontrollierten Regimes in Bagdad nicht noch verlockender?

      Salameh: Ja, statt eine friedliche Lösung mit dem Irak zu suchen, in deren Rahmen amerikanische Ölkonzerne neue Ölfelder erschließen könnten, wollen die Amerikaner sich das irakische Öl offenbar mit Gewalt unter den Nagel reißen.

      SPIEGEL ONLINE: Sehen Sie die Debatte über die Massenvernichtungswaffen des Irak nur als einen Vorwand für einen Öl-Krieg?

      Salameh: Schauen wir uns doch einfach mal die so genannten "Schurkenstaaten" und ihre Massenvernichtungswaffen an. Nordkorea hat eingeräumt, dass seine Nuklearwissenschaftler Atomwaffen entwickeln, dennoch redet George W. Bush nicht von einem Regimewechsel in Pjöngjang. Der Grund dafür ist natürlich, dass Nordkorea kein Öl hat, ebenso wie etwa die Atommächte Indien oder Pakistan keines haben. Und der Irak stellt im Gegensatz zu diesen Nuklearmächten eine Bedrohung für Israel dar, das bekanntermaßen seit den sechziger Jahren über die nukleare Trumpfkarte verfügt.


      SPIEGEL ONLINE: Israel mal ausgeklammert, welche Auswirkungen auf die Ölmärkte könnte eine Invasion des Irak haben?

      Salameh: Wenn die USA in Bagdad eine Marionettenregierung installieren, würde diese so schnell als möglich so viel Öl als möglich auf den Markt werfen, um die Opec zu unterminieren.

      SPIEGEL ONLINE: Indem der Ölpreise nach unten gebracht wird ...

      Salameh: ...und die Opec-Länder die Produktion steigern müssen, um zumindest ihre Einkünfte stabil zu halten.

      SPIEGEL ONLINE: Wie schnell könnten die Märkte mit irakischem Öl überschwemmt werden?



      Raffinerie im Irak: "Nur der Nahe Osten kann den Öldurst der Amerikaner stillen"


      Salameh: Die irakische Ölindustrie ist auf Grund von Ersatzteilmangel und unterlassenen Investitionen in einem ziemlich jämmerlichen Zustand. Sollten die Amerikaner den Irak erobern, dürfte es mindestens ein Jahr dauern und massiver Investitionen bedürfen, bis die Produktion wieder auf dem Stand von 1990, von vor dem Golfkrieg, angelangt ist. Für eine Verdopplung der Produktion innerhalb von zehn Jahren müssten die großen Ölkonzerne rund 30 Milliarden US-Dollar investieren.

      SPIEGEL ONLINE: Dieses Szenario setzt allerdings eine reibungslose Besetzung des Irak voraus.

      Salameh: Woran ich erhebliche Zweifel habe. Ich befürchte, dass die Amerikaner bei einer Invasion nicht alle denkbaren Konsequenzen kontrollieren können. Der Irak könnte aufgeteilt werden, auch wenn die Bush-Administration jetzt stets die Wahrung seiner territorialen Integrität beschwört. Man muss in diesem Zusammenhang wissen, dass die wichtigsten Ölfelder des Irak im Kurdengebiet im Norden liegen und vor allem in dem von Schiiten bewohnten Süden an der Grenze zum Iran.

      SPIEGEL ONLINE: Wie könnte sich ein Krieg im Irak auf die ölproduzierenden Nachbarstaaten auswirken?

      Salameh: Eine Invasion könnte die Königliche Familie und ihre Regierung in Saudi-Arabien in Gefahr bringen, Kuweit und mein Heimatland Jordanien destabilisieren. Und das würde dann den Ölnachschub für die ganze Welt gefährden.

      SPIEGEL ONLINE: Wird das in Washington nicht bedacht?

      Salameh: Die Falken in Washington, die unbedingt einen militärischen Erfolg gegen Saddam erzielen wollen, den sie ohne Zweifel erreichen würden, sind meiner Meinung nach kurzsichtig. Auch wenn sie dies nicht beabsichtigen, sie könnten mit einer Invasion den gesamten Nahen Osten in Instabilität stürzen und zu einem perfekten Rekrutierungsgebiet für al-Qaida und ähnliche Terrorgruppen machen.

      SPIEGEL ONLINE: Sie meinen, ein sicherer, langfristiger Ölnachschub ließe sich am besten mit friedlichen Mitteln erreichen?

      Salameh: Ja. Statt irakisches und amerikanisches Blut zu vergießen, sollte Präsident Bush eine friedliche Lösung mit dem Irak suchen. Davon würden alle profitieren, die Ölfirmen, die Menschen im Nahen Osten, die ganze Welt. Letztlich bedürfte es natürlich auch einer Lösung des Palästina-Problems und Friedensverträgen zwischen Israel und allen arabischen Ländern.
      Aber schon eine Entwicklung in diese Richtung würde der amerikanischen Wirtschaft und der Weltwirtschaft nützen.

      SPIEGEL ONLINE: Wie würden die Ölmärkte auf eine Invasion des Irak reagieren?

      Salameh: Wenn der Krieg nicht ganz schnell gewonnen wird, könnte der Ölpreis bis auf über 60 Dollar pro Barrel in die Höhe schießen. Das wäre fatal für die Weltwirtschaft und die US-Wirtschaft. Präsident Bush könnte, wie es schon seit Vater vorgemacht hat, einen Krieg gegen Saddam Hussein gewinnen, aber das Vertrauen seiner Landsleute und die nächsten Wahlen verlieren.

      Das Interview führte SPIEGEL-ONLINE-Korrespondent Michael Sontheimer in London







      Zum Thema:

      In SPIEGEL ONLINE: · Bush im Umfragetief: "Warum sollen wir den Irak angreifen?" (22.01.2003)
      http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,231777,00.html

      · Irak-Krieg: Schröder im Kreuzfeuer (22.01.2003)
      http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,231861,00.h…

      · Luftkampf: Irak meldet Abschuss einer US-Drohne (22.01.2003)
      http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,231871,00.html

      · Nato: Generalsekretär Robertson steigt aus (22.01.2003)
      http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,231768,00.html

      · Schröder und der Irak-Krieg: "Rechnet nicht damit" (22.01.2003)
      http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,231746,00.html

      · Kriegsangst: Bush treibt den Euro auf über 1,07 Dollar (22.01.2003)
      http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,231730,00.html

      · USA: Interview mit dem Politologen Charles Kupchan über die Allmachtsträume der Regierung Bush und den Aufstieg Europas zum Gegenspieler der Amerikaner (06.01.2003)
      http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,230169,00.html

      · Ex-CIA-Direktor James Woolsey: "Wir fangen mit dem Irak an" (18.01.2003)
      http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,231338,00.html

      · Scheich Jamani: "Folgen eines Irak-Krieges nicht durchdacht" (11.01.2003)
      http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/0,1518,230298,00.html

      · Titel: Scheich Jamani über die Folgen eines Irak-Krieges (13.01.2003)
      http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,230323,00.html





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      Avatar
      schrieb am 24.01.03 09:23:11
      Beitrag Nr. 286 ()
      DER SPIEGEL 2/2003 - 06. Januar 2003
      URL: http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,230169,00.html


      USA

      "Bis über den Kopf im Morast"


      Der Politologe Charles Kupchan über den drohenden Krieg gegen den Irak, das heraufziehende Ende der amerikanischen Vorherrschaft und den Aufstieg Europas zum einzigen Gegenspieler (Kupchan,44, lehrt Politische Wissenschaften an der Washingtoner Georgetown-Universität.)

      SPIEGEL: Die Vereinigten Staaten befinden sich in einer Phase unbestrittener globaler Dominanz. Wie lange kann die noch anhalten?




      Kupchan: Nach vorherrschender Meinung bis weit über die Mitte dieses Jahrhunderts. Viele Amerikaner glauben sogar auf ewig. Einige, darunter auch ich, entdecken allerdings erste Anzeichen eines Abstiegs.

      SPIEGEL: Welche denn?

      Kupchan: Die USA kommen schon jetzt nicht mehr mit so vielen Dingen durch, wie sie es gewohnt waren. Grund dafür sind die immer deutlicher aufbrechenden Differenzen mit der Europäischen Union.

      SPIEGEL: Ausgerechnet das militärisch schwache, politisch uneinige und wirtschaftlich angeschlagene Europa soll die USA herausfordern können?

      Kupchan: Gemessen am Wohlstand, an der hohen Bevölkerungszahl und am diplomatischen Einfluss gibt es nur eine Staatengruppe in der Welt, die gegenüber Amerika ihre Stellung behaupten kann - eben die EU. Und Europa ist immer häufiger dabei, genau das zu tun.

      SPIEGEL: Zumindest Ihr Verteidigungsminister Donald Rumsfeld scheint davon nicht viel zu halten. Für ihn ist Europa ein zu vernachlässigender Kontinent, dem jede gemeinsame Identität fehlt.

      Kupchan: Eine solche Haltung ist nicht nur falsch, sondern sogar gefährlich. Sie vertieft die transatlantische Kluft. In dem Maß, in dem die Vertreter dieser Position Europäer für ängstliche Bremser und Feiglinge halten, schüren sie anti-amerikanische Vorbehalte in der Alten Welt und fördern deren Zusammenschluss gegen die Weltmacht. So könnte paradoxerweise die Regierung von George W. Bush das Beste sein, was Europa derzeit widerfährt.

      SPIEGEL: Wird der jetzt drohende Krieg im Irak das Auseinanderdriften der transatlantischen Partner verstärken?

      Kupchan: Dafür spricht einiges. Dabei geht es weniger um die Frage, ob es zum Krieg kommt, als darum, wie diese Entscheidung getroffen wird. Die USA müssen die europäische Öffentlichkeit von der Notwendigkeit eines Waffengangs überzeugen. Legen sie dafür keine schlagenden Beweise vor, werden sie allein oder nur mit den Briten in die Wüste marschieren. Damit jedoch wäre das amerikanisch-europäische Verhältnis irreparabel beschädigt.

      SPIEGEL: Laufen die Europäer nicht Gefahr, wie begossene Pudel dazustehen, sollte es den USA gelingen, nach einem schnellen Sieg unter dem Jubel einer befreiten Bevölkerung in Bagdad einzuziehen?

      Kupchan: Kein Zweifel, den Krieg werden wir gewinnen, nicht aber den Besatzungsfrieden danach. Bush überschätzt maßlos, was militärische Macht erreichen kann. Wir können die politische Zukunft eines Landes nicht mit unseren Bajonetten formen. Schon möglich, dass Iraker in den Straßen tanzen - vielleicht 48 Stunden lang oder sogar 48 Tage, aber kaum sehr viel länger.

      SPIEGEL: Was dann?

      Kupchan: Einen Monat oder auch ein Jahr nach einem Sieg droht ein gefährlicher Rückschlag. Dann werden die Iraker nicht mehr Blumen werfen, sondern mit Kugeln auf amerikanische Soldaten zielen. Wenn die ersten GIs in Leichensäcken heimkehren, werden auch treue Republikaner revoltieren und auf Abzug drängen. Die meisten Bush-Wähler sind keine Interventionisten. Sie folgen der Außenpolitik ihres Präsidenten vor allem wegen des patriotischen Overdrives, den wir seit dem 11. September eingelegt haben.

      SPIEGEL: Wird dieses Risiko in Washington nicht gesehen?

      Kupchan: Dort herrscht noch immer die naive Vorstellung, wir besetzen den Irak, und umgehend entfalten sich im gesamten Nahen Osten die Blüten von Liberalismus und Demokratie - als ob sich dann die gefräßige Raupe des militanten Islam in einen bunten Schmetterling verwandeln würde, der nur noch friedliche Glaubensbotschaften in die Welt trägt. Die Bush-Administration glaubt in ihren Träumen ganz fest daran, gewissermaßen im Handstreich auch tief verwurzelte Langzeitprobleme lösen zu können. Wenn die Träumer aufwachen, werden sie feststellen, dass sie bis über den Kopf im Morast stecken.

      SPIEGEL: Ist Europas Diplomatie demgegenüber realistischer oder einfach nur zaudernder?

      Kupchan: Die Differenzen resultieren aus einem unterschiedlichen Verständnis der internationalen Ordnung. Washington sieht derzeit internationale Organisationen vor allem als eine Beeinträchtigung der amerikanischen Souveränität. Für die Europäer sind sie unverzichtbare Instrumente zur Gestaltung des internationalen Systems. Während es Europa also mehr um Regeln des globalen Miteinanders geht, ist die Regierung Bush vor allem an der Verteilung von Macht interessiert.
      Inzwischen hat sich der Präsident ganz der neokonservativen Vision verschrieben, dass aus einer Welt, die sich in Gut und Böse teilt - und in der wir natürlich die Guten sind -, das Böse mit aller Macht vertrieben werden muss.

      SPIEGEL: Militärisch, wirtschaftlich und in der Ausübung politischer Macht ist Amerika dem Rest der Welt weit enteilt. Wie kann Europa da dem großen Bruder noch in den Arm fallen?

      Kupchan: Niemand wird die USA überholen. Aber darum geht es auch gar nicht, sondern um die Frage, ob diese amerikanische Vorherrschaft konkurrenzlos bleibt. Und das bleibt sie auf Dauer eben nicht. Das Erstarken Europas bringt den alten Kontinent zwar nicht auf die Überholspur, verleiht ihm aber schon jetzt so viel zusätzliches Gewicht, dass er abweichende Meinungen gegen die USA durchsetzen kann. Denken Sie nur an die Irak-Resolution 1441. Die hat der Sicherheitsrat zwar einstimmig verabschiedet, aber erst nachdem die Europäer in einem achtwöchigen Ringen wesentliche Änderungen des amerikanischen Entwurfs erreicht hatten ...

      SPIEGEL: ... ohne damit letztlich Washington von einem Alleingang abhalten zu können, sollte sich Bush dazu entschließen. Lassen sich die USA überhaupt noch einbinden in das System internationaler Organisationen?

      Kupchan: Ich kann den Europäern nur raten, ihre gegenwärtige Position zu halten. Zurzeit ist die Welt durch die übermächtigen USA aus dem Gleichgewicht geraten. Auch innenpolitisch fehlt bei uns angesichts der Vorherrschaft der Neokonservativen in Regierung und Kongress und der schwächelnden Demokraten jedes Gegengewicht. Dazu kann derzeit weltweit nur die EU heranwachsen.

      SPIEGEL: Aber Europa ist noch weit davon entfernt, mit einer Stimme zu sprechen, und hat sich bei internationalen Krisen - etwa auf dem Balkan und in Afghanistan - nicht gerade mit Ruhm bekleckert.

      Kupchan: Auf dem Balkan und bei der Friedenstruppe in Afghanistan stellen die Europäer bereits weitaus mehr Soldaten als die USA. Schon möglich, dass der technologische Vorsprung der US-Streitkräfte uneinholbar bleibt. Dennoch kann ein gestärktes Europa dazu beitragen, dass sich die internationalen Beziehungen nicht weiter militarisieren, die Bedeutung bewaffneter Macht also abnimmt.

      SPIEGEL: Was raten Sie denn Ihrer Regierung, die die heraufziehende Konkurrenz aus Europa nicht gerade zu fürchten scheint?

      Kupchan: Jetzt hat sie noch die Chance, der ganzen Entwicklung eine freundschaftlich-friedliche Richtung zu geben. Steckt sie jedoch weiterhin den Kopf in den Sand, kann sich aus fruchtbarem Wettbewerb schnell ein feindliches Gegeneinander entwickeln.

      SPIEGEL: Hat es denn je eine Großmacht gegeben, die ihren Rang freiwillig geräumt hätte?

      Kupchan: Durchaus. Ende des 19. Jahrhunderts begannen die Briten sich aus ihren Weltmachtpositionen zu verabschieden. Sie haben diese den aufstrebenden Amerikanern überlassen, ohne dass darüber ein Schuss gefallen oder auch nur Feindschaft entstanden wäre. Damals haben wir gesagt: Mach Platz, Europa. Nun ist Europa wieder da, und es ist an uns, Raum zu geben.

      SPIEGEL: Haben Sie schon irgendwelche Anzeichen für eine solche Haltung bei der gegenwärtigen Regierung entdecken können?

      Kupchan: Die Regierung Bush scheint fest davon überzeugt, auf ewig die einzige Supermacht zu bleiben. Ihre Strategie zielt nur darauf, diesen Zustand zu erhalten und jeden potenziellen Aufsteiger mit aller zur Verfügung stehenden Macht unter dem Daumen zu halten.

      Wenn ich Recht habe damit, dass der Wandel gleichwohl bereits in vollem Gang ist, dann ist dies genau die falsche Strategie. Mein praktischer Rat an Präsident Bush würde daher lauten: Tue genau das Gegenteil von dem, was du heute tust - übe Zurückhaltung, und gehe auf keinen Fall auf eigene Faust vor. Denn wenn sich der Eindruck verstärkt, dass die USA kein freundlicher Riese, sondern ein räuberischer Gigant sind, wächst der Widerstand, und wir geraten in ein gefährliches Fahrwasser.

      INTERVIEW: SIEGESMUND VON ILSEMANN, ROMAIN LEICK
      Avatar
      schrieb am 24.01.03 11:26:07
      Beitrag Nr. 287 ()
      Lieber BoardMod,
      vielen Dank für den Hinweis in # 284.
      ;)

      Eine Ergänzung zu Posting # 283 aus den Literaturempfehlungen des 3sat-Kulturzeit-Magazins:

      Warum Terrorismus funktioniert

      Alan Dershowitz hat eine einfache Erklärung. Zu einfach?


      Die Attacke, die den Terror in die USA brachte, war schnell, präzise und tödlich. Doch Terror, frei nach Clausewitz die "Fortsetzung des Kriegs mit anderen Mitteln", erschüttert die Welt schon seit Jahrzehnten. Ein grausamer Höhepunkt sind die palästinensischen Selbstmord-Attentate des 21. Jahrhunderts. Sie fordern fast täglich neue Opfer. Der amerikanische Staranwalt Alan Dershowitz, der unter anderem O.J. Simpson verteidigt hat, bringt nun - rechtzeitig zum Jahrestag der Attacken auf New York und Washington - sein Buch "Why Terrorism Works" heraus. Die Antwort auf die Titelfrage ist für Dershowitz klar: "Terrorismus funktioniert, weil er erfolgreich ist und Länder wie Deutschland, Frankreich und Italien ihn unterstützen." Diese bestraften Terroristen nicht, sondern "dealten" mit ihnen, ließen sie frei und gäben ihren Forderungen letztlich nach. Selbst der diplomatische Status würde den Terroristen von diesen Ländern gewährt. Die Folge: Terrorismus lohnt sich wieder. Dieser Logik folgend, stellt Dershowitz fest, dass Deutschland, Frankreich und Italien mit ihren jahrelangen Reaktionen auf das Phänomen Terrorismus letztlich auch zum Anschlag am 11. September 2001 in New York beigetragen hätten.

      Europäische Doppelmoral
      Der Terrorismus moderner Prägung beginnt für Dershowitz mit der Entführung des israelischen Flugzeugs im Juni 1968. Vier Jahre später kam es während der olympischen Spiele in München zur Katastrophe. Im olympischen Dorf nahmen palästinensische Terroristen israelische Sportler als Geiseln. Nach einer völlig verkorksten Befreiungsaktion waren alle neun Geiseln tot. Gegen den damaligen Bundeskanzler Willy Brandt erhebt Dershowitz im Zusammenhang mit den verhafteten Tätern den brisanten Vorwurf, Brandt und die deutsche Regierung hätten die Entführung einer Lufthansamaschine im Oktober 1972 inszeniert. Daher seien sie auch direkt verantwortlich für die notwendigen Zugeständnisse mit der anschließenden Freilassung der Terroristen. "Willy Brandt ist ein pragmatischer Führer", so Dershowitz. "Er sah, dass die drei inhaftierten palästinensischen Terroristen auf jeden Fall freikommen würden - entweder durch eine wirkliche Flugzeugentführung oder durch eine inszenierte. Warum also keine inszenierte Flugzeugentführung, bei der für niemanden wirklich Gefahr besteht", fragt sich der Autor und Jurist. Nach der Entführung seien viele misstrauisch gewesen, weil das Flugzeug relativ leer war. Es waren keine Frauen und Kinder an Bord, sondern nur elf Männer. "Seither wurde der Verdacht einer Inszenierung von vier unabhängigen Quellen bestätigt", so Dershowitz weiter. Der einzig überlebende Terrorist, der heute in Afrika wohnt, habe ebenso explizit bestätigt, dass alles abgekartet gewesen sei, wie Ulrich K. Wegener, Ex-General und Gründer der deutschen Antiterror-Einheit GSG9, der israelische und seit kurzem auch der amerikanische Geheimdienst. Nur wenige Stunden nach der Entführung am 29. Oktober 1972 waren die Attentäter frei. Ihre Freilassung passe zum damals üblichen Verfahren mit Terroristen. Von über 200 gefassten Terroristen saßen Ende 1975 gerade einmal drei hinter Gittern. Erst Bundeskanzler Helmut Schmidt schlug wenig später im Kampf gegen die RAF eine härtere Gangart an. Im Fall des entführten Martin Schleyer zeigte er sich ebenso kompromisslos wie bei der Flugzeugentführung in Mogadischu. Für Dershowitz ein klassisches Beispiel für die europäische Doppelmoral. Zu Hause gebe es keine Kompromisse, doch für die Palästinenser habe 1974 sogar wie zur Belohnung den Uno-Beobachterstatus erlangt. Trotz weiteren Terrors habe der Westen PLO-Chef Arafat hofiert und ihn schließlich sogar mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet, meint Dershowitz.

      Ein bisschen Folter
      Dershowitz` Buch liest sich in weiten Teilen wie eine Anklageschrift gegen die Palästinenser. Der Terror des 11. Septembers fungiert dabei eher als Exkurs. Er unterscheidet sich sogar maßgeblich vom Terror der Palästinenser. Für Dershowitz sind die Palästinenser die "normalen" und El Kaida die "verrückten" Kriminelle. Die El Kaida mag an ein Ziel in einer anderen Welt glauben, doch wenn es kein bestimmtes Ziel gebe, so der Harvard Professor, könne man mit Terroristen nicht rational verhandeln. "Daher muss man ihre Strukturen vorbeugend zerstören, um so Terror-Akte unmöglich zu machen. Das ist wie bei einem verrückten Kriminellen. Da hilft keine Abschreckung, nur Einsperren." Nur "normale" Verbrecher könne man abschrecken. Scheinbar einfache Lösungen hat Dershowitz auch für die "rationalen" Attacken der Palästinenser. Um die Flut der Selbstmordattentate einzudämmen, die das gesamte gesellschaftliche Leben in Israel zu zerrütten drohen, gibt es für ihn nur eine erfolgversprechende Strategie: "Keine Belohnung für Terroristen, egal unter welchen Umständen. Das Ziel der Terroristen muss immer darunter leiden. Wenn die Palästinenser Terror-Attacken durchführen, muss sich die Gründung ihres Staates verzögern - nicht anders herum." Auch andere Terroristen sollte man so unter Druck setzen, dass sie letztlich auf Anschläge verzichten, um ihre Ziele nicht zu gefährden. Gegen den Terror in Israel hat Dershowitz zwei Vorschläge parat. Den Palästinensern solle man ihren Staat geben, ihnen aber für jedes Attentat wieder Land wegnehmen und Israel zusprechen. Und Israel sollte jeweils bekannt geben, welches Dorf einen Tag nach dem nächsten Attentat zerstört werden wird. Die Terroristen würden damit selber den Abzug drücken und von eigener Seite unter Druck gesetzt werden. Israel wäre mit diesem Automatismus mehr gedient als mit seinen oft planlosen Überreaktionen.

      Gewalt und Gegengewalt
      Um den unberechenbaren El-Kaida-Terror auf amerikanischem Boden einzudämmen, ist es für ihn unerlässlich, dass die Gesellschaft auf einige ausgewählte Freiheiten verzichtet. Zum Beispiel sollten Einwohner stärker kontrolliert, Touristen genauer überprüft und Illegale umgehend ausgewiesen werden. Sogar über das Tabu-Thema Folter macht sich Dershowitz Gedanken. Da sie sowieso eingesetzt werde, sei es besser, sie aus den Grauzonen der Geheimdienste zu lösen und klare Regeln zu definieren. Die Frage, ob die Legitimation der Folter nicht der Versuch sei, sie gerade dadurch erst hoffähig zu machen und gleichzeitig ein gutes Gewissen zu wahren, beantwortet Dershowitz nur mit der Gegenfrage: "Was, wenn der Terrorist nicht nachgibt? Bringt man ihn dann um? Und wenn das nicht funktioniert, bringt man stattdessen seine Verwandten um?" Es sei nun einmal unsicheres Gebiet, auf dem man sich bewege. In diesen Überreaktionen macht Dershowitz das grundsätzliche Problem von Demokratien aus, weil die Theorie des Terrorismus genau darauf setze: "Auch Arafat hat darauf gesetzt, als er die Camp David Abmachung abgelehnt hat." Arafat habe schließlich gesagt: "Spielt die Terrorismus-Karte wieder aus, denn eines ist sicher, Israel wird überreagieren, und dann sind mit einem Mal wieder die westeuropäischen Intellektuellen auf der Seite der Palästinenser und verdammen die Israelis." Alan Dershowitz lässt keinen Zweifel, wem seine Sympathien gelten. Was von den Analysen und den Vorschlägen Dershowitz` gegen den Terror zu halten ist, darüber spricht Kulturzeit mit dem Soziologen Detelev Claussen.

      Why terrorism works
      · von Alan M. DershowitzYale University Press 2002ISBN 0300097662? 27,19
      Avatar
      schrieb am 24.01.03 13:39:00
      Beitrag Nr. 288 ()
      Zum Thema Terrorismus habe ich gerade jemandem bei der Suche geholfen und damit ich mir selbst (und vielleicht auch anderen ) beim Wiederfinden etwas helfe, kopiere ich gerade eine übersicht mit tollen Internet-Links hier dazu:
      Es gibt da einige Links, an denen die Fachbereiche Politologie einiger deutsche Unis mitgearbeitet haben sowie die recht neutrale deutsche "Bundeszentrale für politische Bildung". Man muß aber auch hier einiges an Sucharbeit investieren.

      http://www.politik-digital.de/netzpolitik/extremismus/ny-lin…

      Dann gibt`s auch noch Internet-Publikationen staatlicher Informationsanbieter wie der "Bundeszentrale für politische Bildung" mit weiteren Links unten auf den Seiten, die man im Internet aufrufen kann:
      http://www.fluter.de/look/article.tpl?IdLanguage=5&IdPublica…

      Falls man sich aber so richtig wissenschaftlich ins Thema "reinknien" möchte oder international anerkannte Experten für ein TV-Interview kontaktieren möchte, kann man sich an diesen Universitätskomplex wenden, der im Moment die berühmtesten Terrorismus-Experten unter Vertrag hat, deren Namen ständig durch die TV-Kanäle in aller Welt schwirren:
      http://www.st-andrews.ac.uk/academic/intrel/research/cstpv/a…

      Hieran haben zwar offiziell keine Deutschen mitgearbeitet, aber "The New Scientist" ist prinzipiell eine anerkannt wissenschaftlich organisierte Zeitschrift:
      http://www.newscientist.com/hottopics/usterror/usterrorwebli…
      Avatar
      schrieb am 24.01.03 16:08:36
      Beitrag Nr. 289 ()
      Meine "leicht boshafte" Kurzdarstellung der gegenwärtigen NATO-Positionen in Ost-Europa aus einem anderen Thread, die ich etwas ergänzt in diesen hier hineinkopiere, damit ich`s ggf. schneller wiederfinde:
      Ich halte Donald Rumsfeld zwar für einen arroganten John-Wayne-Imitator, er liegt aber insoweit nicht völlig falsch, als sich zumindest die Regierungen der neuen NATO-Mitglieder Tschechien, Polen und Ungarn voll hinter die USA hängen.
      Das tschechische Parlament hat mehrheitlich am vergangenen Dienstag oder Montag die Entsendung weiterer ABC-Spezialeinheiten nach Kuwait beschlossen, die die deutschen Einheiten dort weitgehend ersetzen könnten. Die Gesamtstärke der tschechischen Spezialeinheiten betrüge dann in Kuwait ca. 300 bis 400 Soldaten. Tschechien hat im Rahmen der UN auch Kampftruppen in Afghanistan stationiert. (Tschechien hatte im Warschauer Pakt die am besten ausgebildeten ABC-Kampf-Einheiten nach der früheren Sowjetunion.)
      Polen sieht sich allein schon durch seine vielen polnischen Staatsbürger in der US-Armee als "51. Staat" der USA (Chicago ist übrigens die größte polnische Stadt der Welt!) und Polen sieht nur in den USA den dauerhaften Garanten für die Sicherheit seiner staatlichen Grenzen gegenüber Rußland und Deutschland auch in der Zukunft. (Da war doch mal irgendwas vor ca. 51 Jahren, das bei Polen ein Trauma hinterlassen haben könnte, oder?)
      Die polnische Regierung wird sehr wahrscheinlich jeder Bitte der USA ohne Zögern Folge leisten.
      Ungarn bedauert es schon ein bißchen, in der NATO zu sein, da schon im Kosovo-Krieg US-Jets von Stützpunkten in Ungarn aus serbische Stellungen angriffen. Zusätzlich werden gerade einige Hundert Exil-Iraker von US-Ausbildern für Sabotage-Zwecke in einem ehemaligen sowjetischen Stützpunkt in Süd-Ungarn ausgebildet, was den Ungarn leicht "unheimlich" ist, aber Ungarn waren ja auch immer die treuesten Verbündeten derer, die ihnen glaubwürdige Versprechungen machten, z.B. des Deutsche Reiches unter Herrn A.H.. Truppen würde Ungarn aber nur ungern nach Arabien senden.
      Rumänien unter Präsident Iliescu (genau dasselbe Grinsen wie bei Berlusconi) ist zwar noch nicht wirklich in der NATO, schleimt sich aber mit Begeisterung überall ein, wo man irgendwelche Vorteile erhoffen könnte und war weltweit das erste Land, das den USA vertraglich zusicherte, niemals US-Soldaten an einen Internationalen Gerichtshof auszuliefern. Iliescu würde auf Anfrage der USA seine gesamte rumänische Armee nach Kuwait schicken, wenn die USA die Transportkosten übernähmen. Bei Iliescu braucht man daran gar keinen Zweifel zu haben. Rumänische Spezialkommandos stehen auch in Afghanistan an der Seite der USA.
      Bulgarien (nicht in der NATO) hält sich grundsätzlich aus allem raus und versucht, gar nicht erst irgendeine Aufmerksamkeit zu erregen.
      Die restlichen Länder Osteuropas (große Ausnahme natürlich: Serbien) wie die Baltischen Staaten sind von der Bevölkerung her völlig unentschieden, von der Regierung her immer auf Seiten der USA, weil sie es toll finden, von den USA sogar noch gefragt zu werden, ob sie mitkämpfen wollen. Der hegemoniale Vorgänger, die frühere Sowjetunion gab normalerweise nur Befehle, bei deren Zuwiderhandlung das betreffende Land eben einfach okkupiert wurde.
      Die Ukraine hat Rußland bis heute nicht die Ermordung von 5 Millionen ukrainischer Kulaken durch Stalin in den 30er Jahren verziehen und ihre Häfen wie Odessa praktisch jederzeit für den Besuch von US-Kriegsschiffen geöffnet. Regelmäßige Manöver mit polnischen und US-Truppen sind vorgesehen.
      Die einzigen wirklichen Gegner der USA in Osteuropa sind aus verständlichen Gründen Serbien, Weißrußland (irrer Diktator Lukaschenko) und Rußland. Die größten Freunde aus ebenso verständlichen Gründen sind wegen ihrer "de-facto-Unabhängigkeit" Albaner und Kroaten. Der größte US-Luftwaffenstützpunkt in Osteuropa, der inzwischen wohl Ramstein ersetzen könnte, ist "Bondsteel" in den Bergen des Kosovo kurz vor der albanischen Grenze, für den eine ganze Bergspitze planiert wurde, so daß er wie eine Riesenfestung über dem Land thront, in der auch Langstreckenbomber landen könnten.
      "Pax Americana" wie die "Pax Romana" vor 2000 Jahren aufgrund traditioneller Selbstzerfleischung der europäischen "Ureinwohner" - Divide et impera!

      Die "Moral" von der `Geschicht`:
      Westeuropa wäre gerne der "Verbündete" der USA, aber diese US-Regierung hätte im Moment wohl etwas lieber "Vasallen". Osteuropäische Regierungen hingegen waren zu Zeiten der Sowjetunion mehrheitlich arme "Sklaven" und die Nachfolger-Regierungen sind nun sogar ein bißchen glücklich darüber, daß sie vom unbezahlten Sklaven- zum bezahlten Vasallentum aufsteigen und damit sogar vielleicht mit Hilfe der USA die wirtschaftliche (und vielleicht auch militärische) Übermacht Deutschlands und Frankreichs im Westen Europas relativieren können.
      Avatar
      schrieb am 24.01.03 16:25:21
      Beitrag Nr. 290 ()
      für Rumsfeld ist es definitiv ein Problem. Tschechien, Polen etc. sind nicht im Sicherheitsrat. Australien und Italien werden auch nicht über Krieg und Frieden entscheiden. ohne das alte Europa wird es schwierig für die Amerikaner :D
      aber die werden notfalls auch auf die Meinung aller sch.... und den Krieg beginnen.
      Avatar
      schrieb am 24.01.03 16:36:45
      Beitrag Nr. 291 ()
      @ Juvenile:
      Daß D und F ein "Problem" sind, sagt Rumsfeld ja auch selbst wortwörtlich. Die Sache mit dem "alt" hat aber außer ihm niemand so richtig verstanden, denn die Briten sind ja auch "alt" in Europa und die werden mit Sicherheit mitmischen. Oder sind die Briten "jung", weil sie fast dieselbe Sprache sprechen?
      ;)
      Avatar
      schrieb am 25.01.03 10:28:23
      Beitrag Nr. 292 ()
      @ Auryn,

      Du hast ein Buch empfohlen, in dem laut Rezension Folgendes steht:

      "Sogar über das Tabu-Thema Folter macht sich Dershowitz Gedanken. Da sie sowieso eingesetzt werde, sei es besser, sie aus den Grauzonen der Geheimdienste zu lösen und klare Regeln zu definieren. Die Frage, ob die Legitimation der Folter nicht der Versuch sei, sie gerade dadurch erst hoffähig zu machen und gleichzeitig ein gutes Gewissen zu wahren, beantwortet Dershowitz nur mit der Gegenfrage: "Was, wenn der Terrorist nicht nachgibt? Bringt man ihn dann um? Und wenn das nicht funktioniert, bringt man stattdessen seine Verwandten um?" Es sei nun einmal unsicheres Gebiet, auf dem man sich bewege. In diesen Überreaktionen macht Dershowitz das grundsätzliche Problem von Demokratien aus... "


      Ich bin dankbar, daß Du deiner Meinung so offen Öffentlichkeit gibtst;

      Du propagierst offensichtlich Folter als zu legitimieren?

      Offengestanden wundert es mich nicht, daß Du in Deinem kruden Geschichtsverständnis solche Sätze gut findest;

      Lieber Auryn, Menschenrechte (also die Ächtung von Folter) sind nicht eine "Überreaktion" und damit das Problem demokratischer Staaten, sie sind Grundlage(/b] von Demokratien mit Bürgerrechten.

      Ich finde, Du hast Dich entlarvt und aus der geschichte deiner heimat nix gelernt.

      verlasse doch das Problem-Deutschland und lebe in einem Deiner heißgeliebten Folterländer weiter. Am besten gleich in die USA, die suchen ja derzeit heftig nach Propagandisten. Dein intellektuelles und ethisches Niveau würde auch prima zu George Dabbeljuh und Donald Duck ähem... Rumms!Feld passen.

      Ich verstehe auch icht, was Du bei der Einstellung gegen den Irak hast. Der hat doch ein PRoblem weniger als wir: Es muss doch toll für Dich sein, daß dort nach Lust und LAune gefoltert wird und man sich nicht in Deinen Augen unnötige Probleme mit Bürgerrechten und Menschenrechten schafft.

      verbindlichen Dank - falls Du Stammtischhistoriker endlich dorthin gehst, wo deine wirren Gedanken in die Tat umgesetzt werden.

      Muss doch wahre Folter für Dich sein, in so einem Staat wie der Bundesrepublik Deutschland zu leben, der sich weigert, andere Völker in Angriffskriegen zu überfallen und auch noch Menschenrechte einhält sowie Bürgererchte hat.

      Hau´bloß ab.
      Avatar
      schrieb am 25.01.03 10:31:03
      Beitrag Nr. 293 ()
      Das nehme ich auch erst zurück, wenn Du Dich von Dershowitz distanzierst.

      Dann hätte ich Dein Posting (gottseidank) falsch interpretiert.

      Wäre mir offengestanden lieber.

      denn eine Billigung von dershowitz abartigen gedanken ist unerträglich.
      Avatar
      schrieb am 25.01.03 10:41:36
      Beitrag Nr. 294 ()
      Ich hatte auch den Eindruck, daß unser Auryn hier seine wahre Gedanken und Ziele enthüllen will.

      Stellt hier unkommentiert die Gedanken eines zionistischen Nazis hier rein. Auf solche Vorstellungen kann mein eigentlich nur mit Abscheu reagieren.

      Denn dieser Dershowitz will

      - ganze Dörfer ausradieren lassen
      - Wahrheitsdrogen einsetzen
      - Verdächtige foltern lassen.

      Ich erwarte eine deutliche Distanzierung von diesen faschistischen Vorstellungen! Sonst müßte ich annehmen, die stimmst mit ihm überein.

      Was ich allerdings auch nicht verstehe ist, wie sich eine derartige Buchbesprechung auf die Seiten von 3sat verirren konnte. Ich glaube, da sollte man sich beschweren.
      Avatar
      schrieb am 25.01.03 18:52:09
      Beitrag Nr. 295 ()
      .

      HEUTE Auf ARTE:

      Sa, 25.01.03, 23.15 Uhr

      Haben die Amerikaner zugesehen?
      Unter dem Oberkommando der Amerikaner verschwanden im November 2001 in der Nähe der afghanischen Stadt Masar-i-Scharif 3.000 von insgesamt 8.000 gefangenen Taliban. Die entwaffneten Gotteskrieger sollten von der Festung Kalai Dschangi in das Gefängnis der Stadt Scheberghan überführt werden, doch viele kamen niemals dort an. Jamie Doran hat Beweise dafür zusammengetragen, dass diese Männer ermordet wurden. Ihre Leichen - so zeigt er es in seinem Dokumentarfilm - liegen in einem Massengrab in der afghanischen Wüste bei Dasht Leili.


      Bei den Dreharbeiten wurde Doran sowohl von dem örtlichen Warlord General Dostum als auch von der amerikanischen Armee massiv behindert. Doch trotz der extremen Schwierigkeiten gelang es ihm, Zeugen zu finden, deren Aussagen den Weg der 3.000 Taliban in den Tod nachzeichnen. Demnach wurden die Gefangenen zu Hunderten bei 40 Grad Hitze in Containern zusammengepresst - Todesfallen ohne Luftlöcher. Ein von Doran befragter afghanischer Soldat sagt aus, dass er den Befehl erhielt, wahllos in die verschlossen Container zu schießen - angeblich um Luftlöcher zu schaffen, tatsächlich jedoch wurden bei dieser Aktion wahrscheinlich hunderte hilflose Männer getötet.

      Der anschließende stundenlange Transport durch die glühende Hitze forderte weitere zahlreiche Opfer. Ein Augenzeuge, der bei der Öffnung der Container in Shebergan anwesend war, berichtet vor Dorans Kamera, dass sich in den Todesfallen ineinander verschlungene, blutüberströmte Leichen türmten. Was dann - laut den in dem Film präsentierten Augenzeugen - unter tätiger Mithilfe von US-Soldaten geschah, wird folgendermaßen beschrieben: Die toten Taliban wurden gemeinsam mit noch lebenden, ohnmächtigen oder schwerverwundeten Gefangenen auf Lastwagen verladen und in die Wüste von Dasht Leili transportiert. Dies geschah unter Aufsicht amerikanischer Soldaten. Dort wurde ein Massengrab ausgehoben, an dessen Rand diejenigen, die noch lebten, erschossen wurden. Anschließend mussten alle Toten verscharrt werden. Auch bei den Erschießungen in der Wüste sollen - so sagen die Zeugen in Dorans Film - amerikanische Soldaten anwesend gewesen sein.

      Dorans Recherchen haben Staub gewirbelt - in Afghanistan und im Pentagon, wo Doran auf eine Mauer des Schweigens stieß. Vor einigen Wochen hat die UN nun aufgrund von Dorans Recherchen eine Untersuchung der Ereignisse angeordnet. Alle von Doran befragten Zeugen haben sich bereit erklärt, vor einem Ausschuss der UN auszusagen. Allerdings gibt es ein Problem: Die Sicherheit der Augenzeugen kann nicht gewährleistet werden. In den Wochen nach den Dreharbeiten wurden bereits zwei der Männer ermordet.

      Film von Jamie Doran (2002)
      Avatar
      schrieb am 25.01.03 19:52:46
      Beitrag Nr. 296 ()
      auryn,

      ich schätze sonst Deine fleißige und kenntnisreiche Arbeit auf dem Feld der Geschichte bei W:0.
      Aber ich verstehe nicht, wie Du ein solches Machwerk wie das Dershowitz-Buch hier vorstellst.
      Ich kann nur Abscheu bei solchen extremistischen und mitleidlosen Hardcore-Vorstellungen empfinden, die der Autor da schreibt.

      Auf die Passage zum Thema "Folter" wurde schon hingewiesen, und ich erinnere außerdem an den Absatz

      Gegen den damaligen Bundeskanzler Willy Brandt erhebt Dershowitz im Zusammenhang mit den verhafteten Tätern den brisanten Vorwurf, Brandt und die deutsche Regierung hätten die Entführung einer Lufthansamaschine im Oktober 1972 inszeniert. Daher seien sie auch direkt verantwortlich für die notwendigen Zugeständnisse mit der anschließenden Freilassung der Terroristen. "Willy Brandt ist ein pragmatischer Führer", so Dershowitz. "Er sah, dass die drei inhaftierten palästinensischen Terroristen auf jeden Fall freikommen würden - entweder durch eine wirkliche Flugzeugentführung oder durch eine inszenierte. Warum also keine inszenierte Flugzeugentführung, bei der für niemanden wirklich Gefahr besteht", fragt sich der Autor und Jurist. Nach der Entführung seien viele misstrauisch gewesen, weil das Flugzeug relativ leer war. Es waren keine Frauen und Kinder an Bord, sondern nur elf Männer. "Seither wurde der Verdacht einer Inszenierung von vier unabhängigen Quellen bestätigt", so Dershowitz weiter. Der einzig überlebende Terrorist, der heute in Afrika wohnt, habe ebenso explizit bestätigt, dass alles abgekartet gewesen sei, wie Ulrich K. Wegener, Ex-General und Gründer der deutschen Antiterror-Einheit GSG9, der israelische und seit kurzem auch der amerikanische Geheimdienst..

      Geht es noch absurder? Das soll jemand für voll nehmen? Willi Brandt soll also jemand sein, der dergleichen Methoden angewendet hat???

      Warum habe ich nur den unguten Eindruck, daß Dershowitz Brandt da Handlungsweisen unterstellt, die anzuwenden vor allem amerikanische (und israelische! ) Geheimdienste keine Skrupel hatten und haben?

      Projektion? Sieht mir ganz danach aus.

      Vier unabhängige Quellen?

      Bevor ich nicht in einer seriösen Zeitung ein Interview mit Wegener gelesen habe, in dem er genau dies sagt, was Dershowitz behauptet, gebe ich keinen Pfifferling auf diese Behauptung. Und den amerikanischen oder israelischen Geheimdienst überhaupt als (ernstzunehmende) Quellen zu bezeichnen - Kommentar überflüssig.

      "Terrorismus funktioniert, weil er erfolgreich ist und Länder wie Deutschland, Frankreich und Italien ihn unterstützen."

      Unterstützen???

      Gegen Verschwörungstheorien a la "Die Weisen von Zion" wird bei W:0 zu Recht angegangen, und nun lesen wir zur Abwechslung mal genauso hanebüchenes Zeug andersherum? Vielleicht sollte man mal das Etikett "Antieuropäismus" erfinden, angesichts des ideologischen Sondermülls derartiger Schreiberlinge. Übrigens gehört hierzulande auch ein Henryk M. Broder dazu. Genauso unversönlich und kein Detail vergessend, das noch "nachbearbeitet" werden muß.


      Doch Terror, frei nach Clausewitz die "Fortsetzung des Kriegs mit anderen Mitteln", erschüttert die Welt schon seit Jahrzehnten.

      Wer die Schriften von Clausewitz gelesen hat, erkennt die Unverschämtheit dieser mißbräuchlichen Adaptierung.


      Auryn, ich bin enttäuscht!


      Vicco
      Avatar
      schrieb am 25.01.03 20:04:33
      Beitrag Nr. 297 ()
      #284,

      wir sind ja so weltoffen und denken international ....

      nun ja. Die Welt hat primär deutsch zu sein, jawoll! :D
      Avatar
      schrieb am 25.01.03 21:37:09
      Beitrag Nr. 298 ()
      To whom it may concern ...

      Avatar
      schrieb am 25.01.03 21:38:52
      Beitrag Nr. 299 ()
      Plattdüütsch Nahrichten vom 24.1.2003

      De Nabers vun `n Irak sünd verlangen, dat Land schall mit de UN beter tosamenarbeiden
      Istanbul: Bagdad schall noch beter mit de Lüüd vun de UN tosamenarbeiden, de in den Irak na Wapens kieken doht. Dat sünd de Länner an `t Föddern, de Nabers sünd. De Butenminister vun de Törkei, vun Syrien, Saudi-Arabien, Jordanien, Ägypten un Iran sünd na `n gemeensam Sitten in Istanbul vun Saddam Hussein verlangen, he mutt dat in de Hand nehmen, dat allens op de Reeg kümt un dat Flach door liedsam warrt. Babento hebbt se alltosamen verklaart, mit `n Orloog kann `n den leegen Kraam nich ännern.
      Avatar
      schrieb am 25.01.03 21:45:38
      Beitrag Nr. 300 ()
      Avatar
      schrieb am 25.01.03 22:04:31
      Beitrag Nr. 301 ()
      Wilma,

      ganz unschuldig bist Du nicht daran.

      Und es war ja schließlich Auryn, der die Löschung der fremdsprachlichen Postings forderte, weil ihm der bißchen Humor zu viel war. Was jetzt passiert, war sozusagen der Kompromiß. Gegen den Du nun verstoßen hast! :D

      Alles nachzulesen im Thread Umgangsformen im Politikforum.
      Avatar
      schrieb am 25.01.03 22:10:54
      Beitrag Nr. 302 ()
      HUMOR? Naja, aber vielleicht geht Auryn das hier runter wie Öl:

      <Kriegseinsatz

      Die Mär vom Ölkrieg

      Falsche Argumente gegen einen gefahrvollen Waffengang

      Von Thomas Kleine-Brockhoff



      © Wieslaw Smetek für DIE ZEIT
      Eine immer junge These macht wieder Karriere: In Wahrheit sei das Öl der Treibstoff des drohenden Krieges. Eine Allianz aus Kapital und Kanonen, die „Achse des Öls“, mache sich auf, den Irak zur amerikanischen Tankstelle auszubauen, um den Sprit-Preis auf Dauer niedrig zu halten. Deshalb ruft von links Oskar Lafontaine ins Land: „Es geht um Öl.“ Von rechts geißelt Jürgen Todenhöfer die „rohstoffpolitische Kolonisierung“ des Irak. Auf dem Titelblatt des Spiegels wird eine Kreuzung aus Maschinengewehr und Zapfhahn zum Symbol Amerikas. Keine der Großdemonstrationen vom Wochenende kam ohne den Slogan „Blut für Öl“ aus.

      Der Charme der Ölkrieg-Theorie besteht darin, dass er so einleuchtend wirkt. Denn niemand will sich mit der Behauptung lächerlich machen, Öl sei bei einem Krieg inmitten von Ölfeldern bedeutungslos. Ein jeder ahnt, dass die Konzerne (nicht nur die amerikanischen) bereits um die Bohrrechte im neuen Öldorado buhlen. Wer im meinungsbunten Washington lange genug sucht, wird schon jemanden finden, der zitierfähig behauptet, die Neuverteilung der Lizenzen sei nicht Folge, sondern Motiv des heraufziehenden Krieges. Schließlich regierten im Weißen Haus die Öl-Männer Bush und Cheney. Alles klar?

      Vorbei: Schonzeit für die Saudis

      Das Problem ist bloß, dass diese verschwörerische Lesart die große Wende der amerikanischen Politik nach dem 11. September ignoriert. Zuvor hatte ein ebenso stiller wie dubioser Pakt das Verhältnis zum wichtigsten Lieferanten am Golf regiert: Die Saudis pumpen Öl zu moderaten Preisen, und die Amerikaner stützen dafür die korrupte Prinzengarde. Dieser Deal ist mit den Türmen des World Trade Center zusammengebrochen. Stattdessen wächst die Einsicht, dass die traditionelle Nahost-Politik in der Sackgasse steckt. Politiker aller Couleur glauben jetzt, dass Terror gebiert, wer im Nahen Osten doppelzüngig Demokratie predigt und Autokratie fördert. So ist das gewaltige Missionsprojekt der Demokratisierung Arabiens entstanden. Ein herkulisches Unternehmen, das dem Glauben entspringt, nur gute Demokraten seien gute Partner. Diese Vision sehen Arabiens Alleinherrscher zu Recht als Bedrohung. Sie stellt einen radikalen Bruch dar: Idealpolitik ersetzt Realpolitik. Es ist, als wäre Woodrow Wilson wieder auferstanden, der die Welt nach 1918 „safe for democracy“ machen wollte.

      Die Ent-Saddamisierung des Irak ist Teil dieses Projekts. Es wird aus der Angst geboren und nicht aus der Gier – aus der Asche der Wolkenkratzer, nicht aus Bauzeichnungen für Bohrtürme. Zum Gemeingut gehört in Washington die Befürchtung, beim nächsten Anschlag würde es nicht bei zwei Bürotürmen bleiben. Fast sicher wären dann Massenvernichtungswaffen im Spiel. Deshalb hat Amerika die Jagd auf Diktatoren mit solchen Waffen eröffnet. Deshalb wird der Abwehrkampf zu einer Präventionspolitik, der jedes Mittel recht zu sein scheint. Deshalb ist es George Bush auch letztlich egal, ob Saddam für den 11.September mitverantwortlich ist oder nicht.

      Diese Politik, die in ihrem Bekehrungsdrang bisweilen obsessiv wirkt, wirft viele quälende Fragen auf: Ist die Demokratisierung Arabiens von außen überhaupt möglich? Was sind die Grenzen eines Universalismus, der auf Panzerketten daherkommt? Ist Präventivkrieg auf Verdacht legitim? Es ist diese neue Außenpolitik, ihre Radikalität und ihr Hang zur Grenzverletzung, die nach Diskussion geradezu schreit. Doch Amerika zusätzlich sinistere Motive zu unterstellen, führt in die Irre. Die schrillsten Kritiker wollen Amerika zugleich Materialismus (Öl!) und Moralismus (Achse des Bösen!) vorwerfen. Beides geht aber schon logisch nicht zusammen.

      Seit einigen Wochen verleiht die Nordkorea-Krise dem Öl-Argument scheinbar neuen Auftrieb. Da gibt es neben dem Irak ein weiteres Land – diktatorisch geführt, feindlich gesinnt –, das Massenvernichtungswaffen baut. Nordkorea soll aber nicht mit Krieg überzogen werden? Weil dort kein Öl sprudelt!, schallt es zurück.

      Merkwürdig, wie Amerikas Konservative noch immer unterschätzt werden. Natürlich weiß auch George Bush, dass er mit unterschiedlicher Elle misst. Aber ihm ist klar, dass er zwei Kriege gleichzeitig nicht riskieren darf. Deshalb bietet er Gespräche mit den Nordkoreanern an. Sind sie erfolgreich, soll es gut sein. Sind sie es nicht, hat er Zeit gewonnen, um zuerst Saddam zu verjagen. Dann wird auch Nordkorea nicht mit Konzilianz rechnen dürfen. Denn es geht in beiden Fällen nicht um Öl, sondern um Massenvernichtungswaffen. Das Öl verleiht Saddam nur ein zusätzliches Erpressungspotenzial. Mit den Planungen für den Irak-Krieg wurde genau sechs Tage nach den Anschlägen von New York und Washington begonnen. Glaubt jemand ernsthaft, dass damals ein Rohstoff-Krieg in Aussicht genommen wurde?

      In Wahrheit würde der Irak-Krieg nicht wegen, sondern trotz des Öls geführt. Schon jetzt lastet auf dem Barrel-Preis eine beträchtliche „Angstprämie“. Ein Krieg, wäre er kurz, kostete konjunkturdämpfende 100 Milliarden Dollar. Zöge er sich hin, gäbe es im Irak nichts mehr zu verteilen, und eine globale Rezession wäre unausweichlich. Die ökonomischen Risiken des Krieges sind unabsehbar und auch die Meriten schwer kalkulierbar. Ginge es nur darum, den Ölpreis niedrig zu halten, wäre es risikoloser, das Ölembargo aufzuheben und Saddam zu rehabilitieren. Im auskömmlichen Umgang mit Diktatoren hat Amerika ja Erfahrung.

      „Antiwestliches Ressentiment“

      Leider ist der Öl-Vorwurf gegen Fakten weitgehend resistent. Er gehört zum Grundbestand transatlantischer Vorurteile. Mit dem Öl-Argument lässt sich sogar Europa diskreditieren, wie der Rechts-Intellektuelle Charles Krauthammer vorführt. Er schreibt, das Verhalten Frankreichs im UN-Sicherheitsrat werde von „Öl-Interessen“ geprägt. Vorsichtshalber fragt er nicht nach, ob Frankreich auch lautere Motive hat und die Legitimität eines Krieges sicherstellen will.

      In Deutschland lebt der Vorwurf des kalten Materialismus seit den Tagen der linken Rebellion unverwüstlich fort, freilich auf Amerika gemünzt. Er ist zum „zentralen Bestandteil antiwestlichen Ressentiments“ geworden, wie Dan Diner in seinem jüngsten Buch Feindbild Amerika schreibt. Im Protest gegen den Golfkrieg wurde 1990 „Blut für Öl“ zum Schlachtruf. Diesen Vorwurf vermochte nicht mal der Kriegsverlauf zu erschüttern: Die Amerikaner, angeblich des Öls wegen gekommen, haben Iraks Ölfelder gar nicht eingenommen.

      Trotzdem erlebt der Verdacht 1993 seine Wiedergeburt, als sich die Amerikaner anschicken, im öllosen Somalia gegen Hunger und Warlords anzugehen. Prompt findet sich im Stern das Gerücht, US-Ölkonzerne hätten dort die „reichsten Ölfelder des arabisch-afrikanischen Tales“ entdeckt. Leider ist aus der Erschließung trotz US-Truppen nichts geworden, sonst wäre Somalia heute reich. Und nun der Irak-Feldzug: Das Weiße Haus kann die Mär vom lupenreinen Ölkrieg tagtäglich zu widerlegen versuchen – vergebens.

      Nein, Bushs riskante Nahost-Politik hat eine schlagkräftigere Kritik verdient. Eine, die amerikanische Außenpolitik nicht auf zwei Buchstaben reduziert. Das Problem ist nicht der Regimewechsel, obwohl ein bisschen mehr Demokratie nicht nur Arabien, sondern der ganzen Welt gut täte. Das Problem ist der Krieg als Mittel. Einen Krieg zu beginnen ist einfacher, als den Frieden zu gewinnen.


      (c) DIE ZEIT 05/2003>
      Avatar
      schrieb am 25.01.03 23:29:08
      Beitrag Nr. 303 ()
      Ich kann nicht schlafen. Es quält mich. Ich habe verstoßen! Ich habe €päisch gedacht!

      Avatar
      schrieb am 25.01.03 23:40:40
      Beitrag Nr. 304 ()
      wilma,

      drei Vaterunser und fünf Ave Maria, und Du kommst an einer Totalsperre vorbei!

      :p
      Avatar
      schrieb am 27.01.03 14:06:56
      Beitrag Nr. 305 ()
      stirner, die kann ich nur auf Latein, und das darf ich ja nicht. :cry:
      Avatar
      schrieb am 29.01.03 19:40:08
      Beitrag Nr. 306 ()
      .


      Fernseh-Tip für heute und morgen!!!


      ZDF heute, Mittwoch, 22:15 bis 23:00 Peter Scholl-Latour:

      Kampf dem Terror - Kampf gegen den Islam? Teil 3



      Im Zentrum eines weltweiten Konflikts, der mehr und mehr zu einer Konfrontation mit dem revolutionären Islamismus auszuarten droht, befindet sich der Staat Israel. Die Hoffnung eines friedlichen Zusammenlebens zwischen Juden und Arabern im Heiligen Land sind längst zerstoben.

      [Cinergy] Am zionistischen Staat entzündet sich der religiöse Eifer der islamischen Massen. Aber dieser Kampf gegen das Böse ist als globale Konfrontation angelegt. Der mörderische Widerstreit um Kaschmir gewinnt angesichts der Milliardenbevölkerung des Indischen Subkontinents eine gigantische Dimension. Schon ist der Aufruf zum Heiligen Krieg bis nach Indonesien gedrungen, hat sich beim Attentat von Bali blutig manifestiert und reisst dort einen Graben auf, zwischen der muslimisch-malaiischen Inselwelt und dem benachbarten, ganz auf Amerika ausgerichteten Australien.

      Teil 4 am Donnerstag, 30.1.03 23:00 bis 23:45 im ZDF:

      Amerikas Ritt auf dem Drachen

      Eine Chronik von Peter Scholl-Latour
      In Zentralasien, in der Republik Usbekistan, die früher dem sowjetischen Staatsverband angehörte, hat Amerika seinen verlässlichsten Verbündeten dieser Region gefunden. Der usbekische Präsident Karimow, ein früherer Kommunist, geht mit äusserster Härte gegen jede Form von politischer Opposition vor, ob sie nun islamistisch oder im westlichen Sinne demokratisch ist. Den grausamen Welteroberer Tamerlan hat er zum Nationalhelden Usbekistans erkoren.Die russische Positionen in Zentralasien sind weitgehend abgebröckelt, und es bildet sich in dem unendlichen Raum zwischen Kaukasus und Ost-Sibirien eine strategische Schicksalsgemeinschaft zwischen Washington und Moskau gegen das islamische Aufbegehren und vor allem gegen die Wiedergeburt Chinas als Grossmacht.
      Avatar
      schrieb am 30.01.03 09:50:13
      Beitrag Nr. 307 ()
      .

      Hier mehr zur schlecht geschmierten Propaganda-Maschinerie der USA... :laugh:


      Donnerstag, 30. Januar 2003
      Irak: "Bush ist ein Lügner"
      UN-Inspekteur widerspricht den USA


      Nach der Rede zur Lage der Nation von US-Präsident George W. Bush hat der Irak zum verbalen Gegenschlag ausgeholt: "Man kann uns beschuldigen, so viel man will, aber man kann keinen einzigen Beweis vorlegen", sagte Bagdads UN-Botschafter Mohammed el Douri zu Bushs Ausführungen, wonach die USA Belege für die Existenz von Massenvernichtungswaffen im Irak hätten. Auch seitens der UN-Waffeninspekteure wurde Kritik an den USA laut. Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Mohammed El Baradei, widersprach Bush in einer Reihe von Punkten ungewöhnlich deutlich.

      Bushs Behauptung, Agenten des irakischen Geheimdienstes hätten sich als Wissenschaftler ausgegeben, konterte El Baradei laut der Nachrichtenagentur AP scharf: Er würde sich auch nicht wundern, wenn jemand in sein Inspektoren-Team eingeschleust worden sei - aber nicht unbedingt von den Irakern, wird El Baradei zitiert. Die irakischen Wissenschaftler seien den Inspektoren aus der Vergangenheit bekannt gewesen. Es wäre einfach gewesen, zu erkennen, ob "einer Wissenschaftler ist oder nicht", sagte El Baradei.

      Auch Bushs Darstellung, die Inspektoren hätten Material für ein Atomwaffenprogramm gefunden, wies der IAEA-Vorsitzende zurück. Die gefundenen Aluminiumrohre seien vielmehr für konventionelle Waffen bestimmt gewesen.

      Mehrheit für Fortsetzung der Kontrollen

      Der UN-Sicherheitsrat befasste sich hinter verschlossenen Türen abermals mit der Irak-Frage. Im Anschluss erklärte der Ratspräsident, Frankreichs UN-Botschafter Jean-Marc de la Sabliere, die Mehrheit der 15 Mitglieder habe sich für die Fortsetzung der Inspektionen ausgesprochen.


      UN-Chefinspekteur Hans Blix sagte einen für den 5. Februar in Deutschland geplanten Besuch ab. Als Grund wurde Bushs Ankündigung, die USA wollten an diesem Tag dem Sicherheitsrat Beweise für Verstöße gegen die UN-Abrüstungsauflagen vorlegen, genannt.

      "Geblendet durch das Öl"

      "Wir rufen die UN auf, sich der Verantwortung zu stellen, den Irak zu schützen", sagte Iraks UN-Botschafter El Douri. Die USA seien "geblendet durch das Öl" und wollten sein Land ohne Beweise für dessen angebliche Waffenprogramme angreifen. "Bush ist ein Lügner, dessen Erklärungen im Widerspruch zu den Schlussfolgerungen der UN-Inspekteure im Irak stehen", erklärte El Douri, der zugleich eine aktivere Kooperation des Iraks mit den Inspektoren versprach.

      Iraks Staatspräsident Saddam Hussein erklärte, sein Land sei bereit zum Kampf. Bagdad verfüge über "riesige Ressourcen", um einen amerikanischen Angriff gegebenenfalls abzuwenden, sagte er in einem vom Fernsehen übertragenen Treffen mit Offizieren.

      Powell will Berlin überzeugen

      US-Außenminister Colin Powell versicherte dagegen, er werde im UN-Sicherheitsrat Informationen präsentieren, die zeigten, wie der Irak die Waffeninspektoren hintergangen habe. Im Hinblick auf Deutschland räumte er im ZDF ein, es gebe "starke Meinungsverschiedenheiten".

      Gleichwohl hofften die USA, dass nach einer gemeinsamen Diskussion "die deutsche Öffentlichkeit und ihre Führer das Ganze in einem anderen Licht betrachten", sagte Powell. So unangenehm Krieg auch sei, hoffe er, dass die Deutschen dann verstünden, "dass es manchmal nicht möglich ist, Krieg zu vermeiden, wenn man dem Bösen gegenübersteht, wie es Saddam Hussein verkörpert".

      Saddam bot Powell an, ihm bei der Suche nach einem Exilland zu helfen, wenn er sein Land freiwillig verlassen sollte. "Das wäre sicherlich ein Weg, einen Krieg zu vermeiden", sagte der US-Außenminister. Zu der Frage, ob die USA Saddam und seinen Anhängern Straffreiheit gewähren würden, äußerte er sich nicht. Bislang hat der Irak Forderungen, Saddam solle ins Exil gehen, stets zurückgewiesen.
      Avatar
      schrieb am 30.01.03 09:51:12
      Beitrag Nr. 308 ()
      Hat Saddam den Rest der Massenvernichtungswaffen, die ihm die USA seinerzeit lieferten (und die also genau wissen, wieviel) und die er nicht aufgebraucht hat, vielleicht an die Palästinenser oder gar an El Kaida verschenkt/verkauft?
      Avatar
      schrieb am 30.01.03 10:41:49
      Beitrag Nr. 309 ()
      Aber Wilma,
      Du könntest doch inzwischen bemerkt haben, daß der allergöttlichste Deep Thought schon seit langem nur noch Fragen beantwortet, bei denen er sein höchst eigentümliches Schwarz-Weiß-Weltbild nicht in Frage stellen muß.
      ;)
      Avatar
      schrieb am 30.01.03 11:24:14
      Beitrag Nr. 310 ()
      @ Vicco B. (Posting # 296):
      Tja, es tut mir leid, falls Du von diesem Hinweis auf das Dershowitz-Buch enttäuscht bist, aber da es in der sonst eher "linksgerichteten" 3sat-Kulturzeit erwähnt und dort darüber diskutiert wurde, finde ich den Hinweis darauf durchaus angebracht, weil das Buch auch in den USA einiges Aufsehen erregt hatte.
      Im übrigen finde ich den allgemeinen Vorwurf der Kollaboration westeuropäischer Regierungen mit Terroristen durchaus angebracht und es gibt dafür auch viele Belege. So gab es doch noch vor wenigen Jahren die Möglichkeit vieler westeuropäischer Regierungen, den PKK-Führer Öcalan festzunehmen, der zweifellos politische Morde an türkischen Politikern und kurdischen "PKK-Abtrünnigen" in Auftrag gegeben hatte. Aber alle westeuropäischen Regierungen fürchteten, den türkischen Bürgerkrieg mit einer Festnahme dieses Stalinbewunderers und "kurdischen Freiheitskämpfers" in einer Person plötzlich auf den eigenen westlichen Straßen ausgetragen zu sehen und ließen Öcalan dann ausreisen oder verwiesen ihn des Landes - auch die Bundesrepublik Deutschland. Ich kann diese Haltung im Interesse der "Inneren Sicherheit" durchaus verstehen und nachvollziehen, aber diese Haltung ist ebenso mit doppelter Moral befrachtet wie ermutigend für Terroristen, die nur genügend Anhänger in den betreffenden Ländern mobilisieren können.
      Die Thesen von Dershowitz mögen selbst "extremistisch" sein, aber man sollte sie zur Kenntnis nehmen und darüber diskutieren können.
      Avatar
      schrieb am 01.02.03 12:49:20
      Beitrag Nr. 311 ()
      Vielleicht noch etwas zur grundsätzlichen Glaubwürdigkeit der USA - und ein Hinweis auf meine Frage:

      welche Kriegseintrittslüge werden die US-Propagandisten dieses Mal verbreiten?



      Die Brutkasten-Lüge

      Die Medien waren nicht nur bereit, die US-Regierung allgemein zu loben, sie verbreiteten auch praktisch alles, was die BusH-Regierung über die Golfkrise verkündete, ohne es nachzuprüfen. BUSH sprach öffentlich von der Vergewaltigung Kuwaits durch den Irak. In der US-Geschichte wurde Vergeltung für Vergewaltigung - besonders die Vergewaltigung von weißen Frauen durch farbige Männer - zur Legitimierung des US-Imperialismus benutzt. Dramen von weißen Frauen, von Indianern gefangengenommen und vergewaltigt, waren das Standardgenre der amerikanischen Kolonialliteratur, und während des amerikanisch-spanischen Krieges veröffentlichten die Hearst-Zeitungen die Geschichte über das Kidnapping einer noblen hellhäutigen kubanischen Frau durch Spanier als Vorwand für ein Eingreifen der USA. John GOTTLIEB erinnerte im The Progressive daran, daß BUSH die Vergewaltigung einer Frau eines amerikanischen Offiziers als Rechtfertigung für den Überfall auf Panama (1989) benutzte.

      Die aber wahrscheinlich groteskeste Lüge, die die Bush-Regierung schuf, war eine Geschichte über irakische Greueltaten im besetzten Kuwait. Im Oktober 1990 bezeugte eine weinende Teenagerin in dem House Human Rights Caucus, daß sie gesehen habe, wie irakische Soldaten fünfzehn Ba- bys aus ihren Brutkästen holten, um sie dann auf dem Boden des Kranken- hauses sterben zu lassen. Später stellte sich im New York Times (6. Januar 1992) heraus, daß das Mädchen die Tochter des kuwaitischen Botschafters in den USA war und ihre Geschichte frei erfunden hatte. Die Tochter des Botschafters war durch die Public Relations-Firma Hill and Knowiton geschult worden, die auch die Anhörung im Kongreß bewirkte. Was die ganze Angelegenheit noch verdächtiger macht, ist die Tatsache, daß Craig FÜLLER, BUSHS früherer Stabschef und ein BusH-Loyalist während BUSHS Vizepräsidentschaft, Hill and Knowiton leitete und in die PR-Kampagne ver- wickelt war. Daher ist es wahrscheinlich, daß die US-Regierung zusammen mit der kuwaitischen Regierung diese Propagandakampagne entwickelte, um die amerikanische Öffentlichkeit so zu manipulieren, daß sie den Golf- krieg dann akzeptiere und unterstütze.


      Diese Kampagne war eine der teuersten, die die Firma jemals unternahm, sie kostete zwischen dem 20. August und dem 10. November 1990 rund 5,6 Millionen Dollar, die Gesamtkosten werden jedoch auf 11 Millionen Dollar geschätzt. Außerordentlich half die Brutkastengeschichte bei der Mobili- sierung zur US-Militäraktion. Bush erwähnte die Geschichte sechsmal in einem Monat und achtmal in 44 Tagen, Vizepräsident Dan QUAYLE benutzte sie oft, genauso wie SCHWARZKOPF und andere Militärsprecher. Sieben Senatoren erwähnten ebenfalls diese Geschichte in ihren Reden, mit denen sie die Entschließung vom 12. Januar 1991 unterstützten, die den Golfkrieg genehmigte. Arn 17. Januar 1991 strahlte ABC seine >20/20< Sendung aus. Ein Arzt sagte aus, er habe vierzehn neugeborene Babys, die irakische Soldaten aus ihren Brutkästen genommen hätten, begraben. Dieser Arzt, in Wirklichkeit ein Zahnarzt, gab später zu, die Babys nie begraben zu haben. Auch Amnesty International berichtete über den angeblichen Vorfall, um ihn dann später zu widerrufen. Trotzdem berief sich BUSH weiterhin auf den Amnesty-Report976 bis John G. HEALEY, Exekutivdirektor von Amne- sty International USA, sich zu einer Richtigstellung entschloß. Doch wurde seine Pressemeldung in den Medien größtenteils übergangen. Er erwiderte, daß er »zutiefst bekümmert sei durch den selektiven Gebrauch« des [Am- nesty International] Reports, bei BUSHS opportunistischen Manipulationen der Internationalen Menschenrechtsbewegung.

      ABC berichtete auch, daß Hill and Knowiton eine sogenannte >focus Grup- pe< eingesetzt habe. Eine solche Gruppe bringt Menschen zusammen, um herauszufinden, was sie am meisten aufregt und ärgert. Die >focus Gruppe< reagierte stark auf die Baby-Greueltatgeschichte, und aus diesem Grunde benutzten Hill and Knowiton sie in ihrer Kampagne. Außerdem enthüllte Reporter Morgan STRONG, daß Hill and Knowiton auch die Frau eines kuwai- tischen Planungsministers benutzten, die eine bekannte TV-Persönlichkeit in Kuwait war. Diese Frau, Fatima FAHED, erschien gerade zu dem Zeit- punkt, als die UNO über die Anwendung von Gewalt debattierte, um die Iraker aus Kuwait zu bewegen. Sie beschrieb »schreckliche Einzelheiten über irakische Greueltaten in ihrem Land«. FAHED bezeugte, daß ihre Information aus erster Hand sei, und beteuerte: »Solche Geschichten. . . habe ich persönlich erlebt. « Aber STRONG bestätigte, daß die Frau bei ihrer UNO-Anhörung aussagte, über die von ihr beschriebenen Fälle kein Wissen aus erster Hand zu haben (1992). Als Hill and Knowiton sie dann trainierte, änderte sie ihre Geschichte. STRONG beschreibt auch eine von Hill and Knowiton herausgegebene Kas- sette aus Kuwait, »aufgenommen, um friedliche Demonstranten zu zeigen, auf die Soldaten der irakischen Besatzungstruppen schießen. « STRONG sprach aber mit einem kuwaitischen Flüchtling, der an der besagten Demonstration teilnahm, und dieser Flüchtling sagte, »daß keine Demonstranten verletzt wurden und daß die Schüsse, die auf der Kassette zu hören sind, von Irakern sind, die aber auf Widerstandskämpfer in der Nähe feuerten, welche aber zuerst auf die Iraker geschossen haben«. Also war das Video der Firma Hill and Knowiton, die, wie gesagt, mit der kuwaitischen Regierung, der US-Regierung und dem US-Kongreß zusammenarbeitete, manipuliert worden. Das Gebaren dieser Firma ging so weit, daß einige Mitglieder der Public Relations-lndustrie sich beschwerten, Hill and Knowiton würde die gesamte Industrie in Verruf bringen. Zur Zeit der Propagandakampagne von Hill and Knowiton war die öffentliche Meinung gegen einen Militär- einsatz am Golf, auch der Kongreß war gegen die militärische Option. Hill and Knowitons Kampagne riß die öffentliche Meinung aber herum, bis diese für ein militärisches Eingreifen oder gar einen Krieg. Die Werbefirma hatte also ganze Arbeit geleistet und die öffentliche Meinung derart manipuliert, daß der größte Teil der amerikanischen Bevölkerung nun bereit war, einen Golfkrieg zu befürworten.
      Avatar
      schrieb am 01.02.03 13:26:41
      Beitrag Nr. 312 ()
      Aber Auryn #309,
      du hast sie doch auch nicht beantwortet! Im übrigen handelt es sich sowieso eher um eine rhetorische Frage. Beantworten könnte sie wohl allenfalls ein gewisser Saddam Hussein. :D
      Avatar
      schrieb am 01.02.03 13:31:25
      Beitrag Nr. 313 ()
      Deep Thought #311,
      sage mir bitte, warum du sicher bist (bist du sicher?), daß der von dir eingestellte Bericht stimmt. (Ich mag es, verstehe das, nicht glauben.)
      Avatar
      schrieb am 01.02.03 13:34:34
      Beitrag Nr. 314 ()
      Auryn.

      vielleicht kannst Du einmal schildern, wieviele zentralasiatische Diktatoren derzeit engstens auf Öl-Baisi mit den USA zusammenarbeiten und von diesen Unterstützt werden?

      Scholl-Latour hat dasin seiner brilianten Doku-Reihe sehr schön aufgezeigt, daß man im sadam-Stil weitermachen will.

      Und noch eine Frage:

      Wurden die Kurden in der Türkei und dem Irak unterdrückt unterdrückt oder nicht?

      Haben sich die USA irgendwann einmal für die kurden eingesetzt?? :D

      Sicherlich hast Du auch dafür hanebüchene Aussagen auf selbstverständlich "Streng wissenschaftlicher Basis" :laugh:
      Avatar
      schrieb am 01.02.03 13:37:01
      Beitrag Nr. 315 ()
      vielleicht kannst Du einmal schildern, wieviele zentralasiatische Diktatoren derzeit engstens auf Öl-Basis mit den USA zusammenarbeiten und von diesen Unterstützt werden?
      Avatar
      schrieb am 01.02.03 15:17:52
      Beitrag Nr. 316 ()
      Deep Thought, entschuldige, wenn ich mich einmische. Aber ich frage dich: wie, wenn nicht auf wirtschaftlicher Basis, gibt es überhaupt eine Zusammenarbeit mit Diktatoren und somit immerhin einen latenten Einfluß in solchen Ländern (u. a. bezüglich der Menschenrechte usw.)?
      Avatar
      schrieb am 01.02.03 19:23:29
      Beitrag Nr. 317 ()
      Möchte ebenso wie MadHenry noch einmal auf einen wirklich beeindruckenden Film aufmerksam machen, den man nicht verpassen sollte....

      denn er ist genau mit dem pragmatischen Drive gemacht worden, den viele als die gute amerikanische Seite der USA kennen: Er hat einfach beharrlich nachgefragt.

      Bowling for Columbine
      ab 12, Dokumentarfilm
      Ausgehend von dem Columbine Highschool Massaker im April 1999 beschäftigt sich Amerikas führender, sozialkritischer Dokumentarfilmer Michael Moore mit der Frage: "Sind wir verrückt nach Waffen – oder sind wir nur verrückt?"

      Michael Moore porträtiert mit Komik seine Heimat, die USA, als eine Nation zwischen Waffenfetischismus und angstbesetzter Paranoia. Ein Volk mit dem Colt im Anschlag für die permanente Selbstverteidigung.

      USA, Kanada, BRD 2002
      122 Min.
      Avatar
      schrieb am 02.02.03 10:58:29
      Beitrag Nr. 318 ()
      Der moralische Niedergang Amerikas:


      1. Das Monument: World Trade Center
      2. Der Stolz: Raumfähre Columbia
      3. ?Die Macht: Die Truppe?
      Avatar
      schrieb am 02.02.03 15:21:35
      Beitrag Nr. 319 ()
      Die USA brauchen einen Erfolg. Wird es dieser?

      <US-Pläne für Irak-Angriff
      3000 Bomben und
      Raketen in 48 Stunden

      Ein Angriff der USA auf den Irak – die „New York Times“ hat am Sonntag Details berichtet, wie er ablaufen könnte. Die Amerikaner wollen das Land in den ersten 48 Stunden eines Krieges offensichtlich mit Bomben und Raketen ganz gezielt attackieren, erst dann mit Bodentruppen einrücken.
      Von 3000 Präzisionsbomben und -raketen ist die Rede. An den Luftangriffen auf den Irak sollen etwa 500 Kampfjetts und Versorgungs-Flugzeuge beteiligt sein, berichtet die „N. Y. Times“ und beruft sich auf Militärkreise. Die Flugzeuge seien überwiegend in der Golfregion stationiert – auch auf den Flugzeugträgern.

      Die Luftangriffe sollen nach dem Zeitungsbericht nach einer Woche beendet sein. Dann könnten Bodentruppen schnell vorrücken. Die US-Taktik: Vom Norden Kuwaits aus marschieren die 3. Infanteriedivision und Marineinfanteristen ein, von der Türkei aus die 4. Infanteriedivision in den Norden des Irak.

      Offensichtlich sollen sich die Angriffe insgesamt stärker auf Präzisionswaffen stützen, als noch im Golfkrieg 1991. Das bedeutet weniger Gefahr für Zivilisten. Die Attacken können so ganz gezielt auf Paläste, Ministerien und Behörden des Diktators Saddam Hussein gerichtet sein. Schon jetzt lagern in der Golfregion 6700 satellitengesteuerte und mehr als 3000 lasergesteuerte Raketen.

      Durch einen schnellen und gezielten Schlag wollen die USA die irakische Armee zermürben und zum frühen Aufgeben zwingen.

      Offensichtlich hat US-Präsident George W. Bush mit seiner Rede zur Lage der Nation einen Meinungsumschwung in seinem Land bewirkt. In einer am Samstag veröffentlichten Umfrage des Fernsehsenders ABC und der „Washington Post“ gab es erstmals eine Mehrheit für einen Irak-Angriff ohne UN-Mandat: 51 Prozent.

      Was wird nach einem Krieg aus dem Irak? Die USA wollen das Land nach einem Sieg zunächst unter Militär-Verwaltung stellen. Das sagte Bush-Beraterin Condoleezza Rice der ägyptischen Zeitung „El Ahram“.
      >


      Einen erheblichen Teil der Truppen eines Landes an einem Ort zusammenzuziehen, bedeutet nicht nur Entkleidung des Heimatlandes von ihrer Verteidigungsmöglichkeit, sondern auch die Gefahr zur Vernichtung dieses gebündelten Potentials durch Massenvernichtung, z. B. eine Atombombe.
      Avatar
      schrieb am 02.02.03 18:42:47
      Beitrag Nr. 320 ()
      http://www.guardian.co.uk/Archive/Article/0,4273,4396083,00.…


      Comment
      Don`t believe everything you read in the papers about Venezuela

      Contrary to the reports of a spoonfed western press, Hugo Chavez was not unpopular and did not resign, says Greg Palast

      Greg Palast
      Guardian Unlimited

      Wednesday April 17, 2002



      Here`s what we read this week: On Friday, Hugo Chavez, the unpopular, dictatorial potentate of Venezuela, resigned. When confronted over his ordering the shooting of antigovernment protestors, he turned over the presidency to progressive, democratic forces, namely, the military and the chief of Venezuela`s business council.

      Two things about the story caught my eye: First, every one of these factoids is dead wrong. And second, newspapers throughout the ruling hemisphere, from the New York Times to the Independent to (wince) the Guardian, used almost identical words - "dictatorial", "unpopular", "resignation" - in their reports.

      Let`s begin with the faux "resignation" that allowed the Bush and Blair governments to fall over their own feet rushing towards recognition of the coup leaders.
      I had seen no statement of this alleged resignation, nor heard it, nor received any reliable witness report of it. I was fascinated. In January, I had broadcast on US radio that Chavez would face a coup by the end of April. But resign? That was not the Chavez style.

      I demanded answers from the Venezuelan embassy in London, and from there, at 2am on Saturday morning, I reached Miguel Madriz Bustamante, a cabinet member who had spoken with Chavez by phone after the president`s kidnapping by armed rebels. Chavez, he said, went along with his "arrest" to avoid bloodshed, but added: "I am still president."

      The resignation myth was the capstone of a year-long disinformation campaign against the populist former paratrooper who took office with 60% of the vote. The Bush White House is quoted as stating that Chavez`s being elected by "a majority of voters" did not confer "legitimacy" on the Venezuelan government. The assertion was not unexpected from a US administration selected over the opposition of the majority of American voters. :laugh:

      What neither Bush nor the papers told you is that Chavez`s real crime was to pass two laws through Venezuela`s national assembly :D :D :D . The first ordered big plantation owners to turn over untilled land to the landless. The second nearly doubled, from roughly 16% to 30%, royalties paid for extracting Venezuela`s oil. Venezuela was once the largest exporter of oil to the USA, bigger than Saudi Arabia. This explains Chavez`s unpopularity - at least within that key constituency, the American petroleum industry.


      There remains the charge that, in the words of the New York Times, "Chavez ordered soldiers to fire on a crowd [of protesters]." This bloody smear, sans evidence, stained every Western paper, including Britain`s newest lefty, the Mirror. Yet I could easily reach eyewitnesses without ties to any faction who said the shooting began from a roadway overpass controlled by the anti-Chavez Metropolitan Police, and the first to fall were pro-Chavez demonstrators.

      I have obtained a cable from the CIA to its station chief in the Capitol: "Re: Coup. Activities to include propaganda, black operations, disinformation, or anything else your imagination can conjure... "

      Admittedly, this is old stuff: written just before the coup against Salvador Allende. Times have changed. Thirty years ago, when US corporations demanded the removal of a bothersome president, the CIA thought it most important to aim propaganda at the Latin locals. Now, it seems, in the drumbeat of disinformation buzzwords about Chavez - "dictatorial", "unpopular", "resigned" - the propagandists have learned to aim at that more gullible pack of pigeons, the American and European press.


      · Greg Palast is the author of The Best Democracy Money Can Buy, out this month from Pluto Press.

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      Profiles
      13.04.2002: Hugo Chavez

      Useful links
      Republic of Venezuela official website
      El Mundo newspaper
      El Razon newspaper
      El Nacional newspaper
      El Universal newspaper
      Avatar
      schrieb am 04.02.03 09:19:28
      Beitrag Nr. 321 ()
      Hier ein extrem guter Link zu den vielfältigen Medienmanipulationen der neuzeitlichen Kriege:

      http://www.dfg-vk.de/stiftung/medien04.htm

      DAs sollte man im Zusammenhang mit den Hollywoood-Inszenierungen der USA dringend gelesen haben!
      Avatar
      schrieb am 04.02.03 09:56:01
      Beitrag Nr. 322 ()
      @Deep Thought: Gib` Dir keine Mühe. Bei der Zustimmung zum Irak-Krieg hier in Deutschland spielen rassisitische und kleinkarierte innenpolitische Motive die Hauptrolle. Fakten interessieren keinen - übrigens wahrscheinlich auch nicht die antiamerikanische Fraktion. Die Leute glauben genau das, was sie wollen.
      Avatar
      schrieb am 04.02.03 11:24:02
      Beitrag Nr. 323 ()
      DeepThought,
      es war vermutlich nicht deine Absicht, aber man kann deinem Posting auch entnehmen, daß es angesichts der dargestellten Geschehnisse wohl nicht auf den Tod von sieben Astronauten ankommt. Oder daß es überhaupt, was immer geschieht, Schlimmeres gibt und gab. Menschen, die ein Ideal vertreten, verkennen oft die Wirkung ihrer Worte, die ganz Gegenteiliges dessen, was beabsichtigt war, auslösen können. Wir versuchen natürlich im Sinne desjenigen zu interpretieren, der sich da geäußert hat.
      Was soll aber der ewig sich wiederholende Aufruf zum Frieden? Er bewirkt nichts. Dem Frieden, menschenwürdiges Leben inbegriffen - und letzteres hervorgehoben, ist noch fast immer "Krieg" voraufgegangen. Unser Leben in dieser unserer Welt weist eine unangenehme Eigenschaft auf:
      ALLES DEM MENSCHEN DIENLICHE MUSS ERKÄMPFT WERDEN.

      Das ist eine Erkenntis, will man sie nun wahrhaben oder nicht. Der Wunsch nach Frieden ist ein guter, und zweifelsfrei ist ein Friedfertiger angenehmer als ein Streitsüchtiger. Aber um den Frieden durchzusetzen braucht man Kampfesbereitschaft. Allein "durchsetzen" ist schon ein kämpferisches Moment. Der Friede kann dort nicht bewahrt werden, wo niemand bereit ist, ihn nötigenfalls zu verteidigen. Das ist eine der Paradoxien menschlichen Daseins, ebenso wie eine Demokratie imstande ist, sich mit demokratischen Mitteln zu zerstören.
      Avatar
      schrieb am 04.02.03 11:31:53
      Beitrag Nr. 324 ()
      PS: Und redet nicht immer von der "Wahrheit", wenn ihr sie eigentlich gar nicht wissen wollt!
      Avatar
      schrieb am 04.02.03 11:43:30
      Beitrag Nr. 325 ()
      Wenn du Menschen dazu bringen kannst, ihre Nachbarn nicht mehr zu bekämpfen, weil sie dessen Haus haben wollen, weil er ein größeres Auto hat, weil .................. oder einfach aus Vergnügen an der Gewaltausübung, dann kannst du darüber nachdenken, ob in unserer Welt eine Zukunft ohne kriegerische Auseinandersetzungen möglich wäre.
      Avatar
      schrieb am 04.02.03 14:45:18
      Beitrag Nr. 326 ()
      Mediale Mobilmachung

      Mit Hilfe von PR-Strategen versucht die US-Regierung, ihre Bürger, die arabische Welt und westliche Journalisten für ihren zweiten Golfkrieg zu begeistern. Die Palette der Maßnahmen reicht von organisierten Truppenbesuchen bis zu gezielter Desinformation.


      Abdul-Raouf Hammuda hat eine libanesische Bäckerei sowie eine Frau und fünf Kinder, mit denen er täglich zu Allah betet. Er lebt in Toledo (Ohio). Bei einer Gedenkfeier zum 11.September hat Hammudas jüngste Tochter die amerikanische Nationalhymne gesungen. Und ihr Vater sagt: "Im Angesicht des Bösen steht die Nation zusammen."
      Die patriotische Botschaft ist im Internet zu lesen, auf einer Seite des amerikanischen Außenministeriums. Im indonesischen, malayischen und kuweitischen Fernsehen konnten die Menschen Hammudas Kampfgeist ebenfalls bewundern.
      Die kurzen Werbefilme, in denen amerikanische Muslime von der Toleranz ihrer US-Mitbürger schwärmen, sind Teil der 15 Millionen Dollar teuren Kampagne "Gemeinsame Werte", mit der sich die US-Regierung rechtzeitig zum Aufmarsch ihrer Soldaten am Golf weltweit beliebt machen will.

      In Amerika hat die mediale Mobilmachung begonnen. Und kaum jemand scheint sich dem Aufmarsch der PR-Vorhut entziehen zu können - weder der indonesische Fernsehzuschauer noch das eigene Volk, schon gar nicht die Journalisten. Selbst wenn einige kritische Zeitungsredaktionen noch nicht in den publizistischen Gleichschritt gefunden haben, ist das Quotenrennen im Fernsehen längst eröffnet.
      Beinahe stündlich schlagen die meisten Fernsehsender patriotischen "Nachrichtenalarm". Formate wie "Target Irak" (Fox) oder "Showdown" (CNN) sorgen für einen ständigen Fluss neuer Nichtigkeiten vom Aufmarsch am Golf. Wenn das nicht reicht, wird der Krieg auch mal zur Quizshow: "Wie viele Scud-Raketen feuerte der Irak 1991 auf Israel?", wollte ein MSNBC-Moderator von seinen Zuschauern wissen. Am Bildrand liefen derweil auf einer Uhr, die bis zum 27.Januar zählt, Saddams Stunden ab.

      "Wir verkaufen ein Produkt", rechtfertigte Außenminister Colin Powell die Reklamebemühungen - und vielleicht ist das gar nicht mal so dumm: Denn ähnlich wie anderen ur-amerikanische Waren von Big Macs bis Coca-Cola scheint es dem Produkt Demokratie im Moment nicht besonders gut zu gehen.
      Um das Image der Marke USA zu polieren, holte sich Powell vor gut einem Jahr professionelle Hilfe und engagierte Charlotte Beers, 67, eine der erfolgreichsten Frauen der US-Werbebranche. "Sie hat mich dazu gebracht, Uncle Ben´s-Reis zu kaufen", lobte Powell die Marketingspezialistin - und machte sie zur Staatssekretärin für "Public Diplomacy and Public Affairs".
      Für ihre "Dokumentationen" hat Beers die Darsteller großzügig entlohnt: Hammuda zum Beispiel durfe mit seiner Frau auf Regierungskosten in den Libanon reisen. Anders als ihre Uncle-Ben´s-Spots war Beers´ Anti-Irak-Kampagne allerdings bislang weit weniger erfolgreich. Die Regierung Ägyptens, Jordaniens und des Libanon haben eine Ausstrahlung ihren staatlichen Sendern untersagt.
      Auch die Hochglanzbroschüre "Irak: Von der Angst zur Freiheit" scheint Beers etwas zu durchsichtig geraten zu sein: Darin ist viel von Saddams Giftgasattacken in den achziger Jahren und seinen Massenvernichtungswaffen die Rede. Dass Saddam auch von den USA aufmunitioniert wurde, erfährt der Leser nicht.

      Während Beers für das sichtbare "weiße" Marketing verantwortlich ist, also relativ transparente Polit-Propaganda, heuerte die US-Regierung John Rendon für die "schwarzen" ( "New York Times" ) Kampagnen an, für die psychologische Kriegsführung - Desinformation eingeschlossen. Rendon nennt sich "Kommunikationsberater". Doch nichts scheut der Mann mehr, als über seine eigene Arbeit zu sprechen.
      Die Räume seiner Agentur in der Washingtoner Conneticut Avenue sind abgeschottet. Weder in der Lobby noch vor der Tür im zweiten Stock des Bürohauses weist ein Namensschild auf die Rendon Group hin. Manchmal huschen Mitarbeiter herein. Spricht man sie auf ihren Chef an, reagieren sie wie Autisten. Wie viele es sind, weiß keiner. "Etwa 35", glaubt Kevin McCauley, Redakteur beim Informationsdienst "O´Dwyer´s PR Daily".
      Als das Pentagon vor einem Jahr das "Office of Strategic Influence" (OSI) gründete - eine Art Märchenfabrik, die sich um Desinformationskampagnen in ausländischen Medien kümmern sollte -, wurde Rendon als Berater engagiert. Zwar musste Verteidigungsminister Donald Rumsfeld das OSI nach internationalen Protesten schließen. Ersetzt wurde es allerdings durch das "Office of Global Communications", das Journalisten nun etwa mit unappetitlichen Details aus Saddams Privatleben versorgen soll. Per Dekret unterstellte US-Präsident George W. Bush das Amt vergangene Woche offiziell dem Weißen Haus.

      Offenbar wird bereits erfolgreich gearbeitet: Immer wieder berichten derzeit die wichtigen US-Medien von "New York Times" bis CNN, dass Saddam die UN-Waffeninspektoren 1998 widerrechtlich aus dem Land geworfen und damit die Zusammenarbeit selbst beendet hatte.
      Die Geschichte ist schlicht falsch. Vielmehr zog der damalige Chefinspektor Richard Butler sein Team ab, weil er von einem anstehenden US-Bombardement wusste. Die Koordinaten dafür waren unter anderem von seinen eigenen Inspektoren entgegen der Uno-Vorschriften geliefert worden.
      Die Zusammenarbeit mit Rendon setzen die US-Strategen trotzdem fort. Kein Wunder, denn schießlich gehört der Mann längst zum Kriegsinventar der Amerikaner: Wo immer US-Truppen in den vergangenen 14 Jahren in den Krieg zogen, war Rendon an vorderster Front dabei. Manchmal war er sogar schon vor den Soldaten vor Ort, wie 1991 in Kuweit.
      Rendon streut dann Propaganda, kreiert Nachrichten und manipuliert Szenen. Er stattete die Kuweiter bei der Ankunft der Army flächendeckend mit US-Fahnen aus - die Bilder gingen um die Welt. "Wahrnehmungsmanager" oder "Informationskrieger" nennt sich Rendon selbst. Sein Arbeitsplatz sind die Krisenherde der Welt. Dort leistet er "reconstruction work", so Rendon einst in kleinem Kreis - stets an der Seite der Mächtigen und Reichen: in Kuweit für die königliche Familie, in Kolumbien für die Armee, in der Debatte um Gentechnik für den Agrarmulti Monsanto.
      Globale Geschäfte, so Rendon, ließen sich eben am besten "in einem Umfeld abwickeln, das von Regierungen, Politik und Medien bestimmt wird". "Für ´Politik´", sagt der Siegener Medienwissenschaftler Klaus Kreimeier, "kann man auch ´Krieg´ einsetzen".
      Nach dem 11.September entwickelte Rendon für die US-Regierung die PR zum Afghanistan-Feldzug. Er half, der Welt den Sinn von Flächenbombardements zu vermitteln und "das Bewusstsein von Multiplikatoren so zu steuern, dass mentale Kollateralschäden vermieden werden", so Kreimeier. Allein für diesen Einsatz soll Rendon von der Regierung 7,5 Millionen Dollar erhalten haben.
      Unterstützt werden seine Bemühungen von Pentagon und Geheimdienst CIA, die gezielt "Nachrichten" streuen. Mit bis heute nicht belegten Meldungen, etwa über den Kontakt zwischen dem Terrorpiloten Mohammed Atta und dem irakischen Geheimdienst, werde "die ständige emotionale Alarmbereitschaft aufrechterhalten", sagt der Medienkritiker Sheldon Rampton, Co-Autor zweier Bücher über die Manipulation durch Public Relations.

      Wie reibungslos diese "schwarzen" Kampagnen den Weg in die US-Medien finden, war jüngst im erzkonservativen Sender Fox des Medienzaren Rupert Murdoch zu beobachten: In "News Alert" wurde den Zuschauern mitgeteilt, dass der Versuch, irakische Generäle per E-Mail zu erreichen, zu klappen scheine. Beweise? Keine.
      Seit 1992 arbeitet John Rendon an der Anti-Saddam-Kampagne, seinem vermeintlich größten Coup. Beauftragt wurde er damals vom CIA. Rund 23 Millionen Dollar sollen die Geheimdienstler allein im ersten Jahr für die Kampagne ausgegeben haben. Rendon ließ Comics über Saddam drucken und organisierte eine Wanderausstellung über dessen Gräueltaten. Das Ziel: sich häufende Berichte über die humanitäre Katastrophe im Irak diskreditieren und "den Druck für Sanktionen stärken".
      Aber die Zahl von Rendons Kritikern wächst. William Arkin, Militärexperte und NBC-Kommentator, hält die gesamte Werbetätigkeit der Regierung für "Verschwendung von Steuergeld". Wenn vorher 80 Prozent der islamischen Welt die USA hassen und nun 100, frage er sich: "Wo ist der Effekt?"

      Neben "Wahrnehmungsmanagern" wie Rendon setzt die US-Regierung beim Verkauf des Krieges in erster Linie auf bewährte Fernsehsender. Damit die Deutungsmacht der Bilder gewährleistet ist, wird das US-Militär wieder einige hundert Plätze an loyale Medienpartner verteilen, allen voran eingespielte Golfkriegsproduzenten wie CNN und Fox. Wer die Regieanweisungen des Militärs unterläuft, dürfte seine Akkreditierung verlieren.
      Da der Informationsfluss jedoch inzwischen durch Satellitenübermittlung schwerer zu kontrollieren und das Schlachtfeld - wie Afghanistan zeigte - kaum abzuriegeln ist, könnte das Pentagon kurzfristig die Strategie ändern. Schon am Hindukusch luden die Militärs Journalisten ein, Einsätze wie die "Operation Tora Bora" aus der Nähe mitzuerleben.
      Zudem können Journalisten seit November in "Boot-Camps" auf US-Truppenübungsplätzen lernen, wann sie besser Gasmasken aufsetzen sollten. Oder aus welcher Richtung die Kugeln kommen, die über sie hinwegpfeifen.
      "Das Kalkül dahinter ist Korruption durch Nähe", sagt Danny Schechter, Chefredakteur von "Mediachannel", einer der bekanntesten medienkritischen Adressen im Internet. "Es herrscht eine Atmosphäre der patriotischen Correctness."

      Für Sender wie Fox ist der Krieg vor allem eine Frage der Optik, des Sounds und der Quote. Und da ist die Hilfe der Militärs unerlässlich. Zudem dient es einem nützlichen Zweck: Der Technokrieg mit Aufnahmen aus den Bomber-Cockpits und fernen Feuerwerkssequenzen gaukelt ein beherrschbares Risiko vor. Das Feldherrenpanorama der häuslichen Glotze sorgt für Ruhe an der Heimatfront.
      Seit dem Vietnam-Krieg fürchtet das Pentagon nichts mehr als beunruhigte Bürger und Kriegsreporter wie Harrison Salisbury, der 1966 für die "New York Times" die regierungsamtliche Legende vom "Präzisionsbombardement" in Hanoi entlarvte.

      So weit wollen es die Verantwortlichen nicht mehr kommen lassen. Denn schon die zahlreichen Vorberichte vom möglichen Schlag gegen den Irak zeigen, dass dies der "schönste" Krieg werden soll, den es je am Bildschirm zu sehen gab.
      Selbst die ARD stimmte in einer romantischen Reportage vom US-Flugzeugträger "Abraham Lincoln" kürzlich darauf ein: Man sah F18-Kampfflugzeuge vor der untergehenden Sonne am Persischen Golf starten und Soldaten hinter Sonnenbrillen, die im Gegenlicht den Daumen in die Luft reckten.
      Gezeigt wurden Männer wie der Bootsmann Mike, ein Patriot, "seit ich aus meiner Mutter herausgekrochen bin", oder seine beiden Kameraden, die sich auf "die größte Show der Welt" freuen.
      Pro Tag schleust die U.S. Navy mitunter fünf Journalisten-Teams über die "Lincoln". Zwar streute die Co-Produktion von NDR und BBC streckenweise ein wenig Distanz ein, doch letztlich schien der Autor vom Sog der Bilder überwältigt.
      "Kampfflugzeuge im Anschnitt", sagt der verantwortliche Redakteur Thomas Berbner, "haben eben eine gewisse Ästhetik."


      DER SPIEGEL - Nr.5/27.1.03 - S.156-158
      Avatar
      schrieb am 04.02.03 15:02:16
      Beitrag Nr. 327 ()
      Bekenntnis eines Terroristen

      Der britische Schriftsteller John le Carré über den Irak-Krieg, die Mehrheit der Amerikaner und die Selbstgerechtigkeit der "Bush-Junta"


      Amerika ist in eine seiner Phasen historischen Wahnsinns eingetreten, aber diese ist meiner Erinnerung nach die schlimmste: schlimmer als der McCarthyismus, schlimmer als die Schweinebucht-Invasion und langfristig potenziell verheerender als der Vietnam-Krieg.

      Die Reaktionen auf den 11.September übersteigen alles, was sich Osama bin Laden in seinen niederträchtigsten Träumen erhofft haben könnte. Ebenso wie zu Zeiten McCarthys werden die Rechte und Freiheiten im Inland systematisch untergraben. Wieder einmal werden in den USA ansässige Personen ohne US-Staatsangehörigkeit hastig verfolgt. Männliche "Einwohner ohne Daueraufenthaltserlaubnis", die aus Nordkorea oder dem Nahen Osten kommen, verschwinden nach geheimen Beschuldigungen auf der Grundlage geheimer Richtersprüche in geheimer Internierung. In den USA ansässige Palästinenser, die zuvor laut Verfügung staatenlos und daher nicht abschiebungsfähig waren, werden Israel zu Neubesiedlung im Gaza-Streifen und im Westjordanland übergeben - Orte, die sie vielleicht vorher nie betreten haben.


      Keine amerikanische Regierung hat sich je so wenig in die Karten gucken lassen. Falls die Nachrichtendienste nichts wissen, ist dies das bestgehütete Geheimnis von allen. Es sei daran erinnert, dass diese Organisationen dieselben sind, die uns das größte Versagen in der Geschichte der Nachrichtendienste eingebracht haben: den 11. September.

      Der drohende Krieg war Jahre vor Bin Ladens Angriff geplant, aber erst er hat ihn ermöglicht.

      Ohne ihn würde die Bush-Junta sich immer noch an Erklärungen für so knifflige Angelegenheiten wie die Frage versuchen, wie es überhaupt zum Wahlsieg kam; oder zur Enron-Pleite; zur schamlosen Begünstigung ohnehin steinreicher Leute; zur rücksichtslosen Missachtung der Armen der Welt, der Umwelt sowie zu einer Unmenge von einseitig ausser Kraft gesetzten internationaler Abkommen. Sie müsste uns eventuell auch erklären, warum sie Israel bei dessen fortgesetzter Nichtbeachtung von Uno-Resolutionen unterstützt.


      Osama hat all dies praktischerweise unter den Teppich gekehrt. Die "Bushies" haben Erfolg: Die Mehrheit der Amerikaner will den Krieg, so wird uns gesagt. Der Verteidigungsetat der USA wurde um weitere 50 Milliarden Dollar auf rund 360 Milliarden erhöht. Eine grossartige neue Generation von US-amerikanischen Nuklearwaffen ist in Vorbereitung, maßgeschneidert für die angemessene Reaktion auf nukleare, chemische und biologische Waffen in den Händen von "Schurkenstaaten". Wir können also alle aufatmen.

      Und Amerika entscheidet nicht nur einseitig, wer diese Waffen besitzen darf oder nicht besitzen darf. Es behält sich ferner das einseitige Recht vor, seine eigenen Nuklearwaffen immer dann und immer dort bedenkenlos einzusetzen, wenn beziehungsweise wo es seine Interessen, Freunde oder Verbündete für bedroht hält. Wer genau diese Freunde und Verbündeten in den nächsten Jahren sein werden, bleibt - wie stets in der Politik - ziemlich rätselhaft. Man findet nette Freunde und Verbündete, daher bewaffnet man sie bis an die Zähne. Eines Tages sind sie dann keine Freunde oder Verbündeten mehr, also zerstört man sie mit Nuklearwaffen.

      An diesem Punkt lohnt es sich, darüber nachzudenken, wie viele Stunden und wie eingehend das "Kriegskabinett" der USA die Möglichkeit erwogen hat, Afghanistan im Gefolge des 11. September mit Nuklearwaffen anzugreifen. Zu unser aller Glück, aber besonders zu dem der Afghanen, deren Beteiligung am 11. September viel geringer war als die Pakistans, entschied es, sich mit 26 000 "konventionellen" Bomben zu behelfen, die nach allem, was man hört, ohnehin so viel Zerstörungsgewalt besitzen wie eine kleine Nuklearwaffe. Doch nächstes Mal passiert es richtig.

      Welchen Krieg die Mehrzahl der Amerikaner eigentlich zu unterstützen glaubt, ist weit weniger eindeutig. Einen Krieg mit welcher Dauer, bitte? Wie viele Amerikaner wird er das Leben kosten? Welche Kosten entstehen für den amerikanischen Steuerzahler? Und - wo die Mehrzahl der Amerikaner doch anständige, humane Leute sind - wie viele Iraker werden ihn mit dem Leben bezahlen? Wahrscheinlich ist es jetzt ein Staatsgeheimnis, aber "Desert Storm" hat den Irak mindestens doppelt so viele Menschenleben gekostet, wie Amerika im gesamten Vietnam-Krieg verlor.

      Wie es Bush und seiner Junta gelang, den Zorn der Amerikaner von Osama bin Laden auf Saddam Hussein umzulenken, ist einer der grossartigsten, auf der wundersamen Wirkung von Public Relations beruhenden Kunstgriffe der Geschichte. Aber sie haben die Sache geschaukelt. Laut einer kürzlich durchgeführten Meinungsumfrage glaubt jetzt jeder zweite Amerikaner, dass Saddam für den Angriff auf das World Trade Center verantwortlich war.

      Die amerikanische Öffentlichkeit wird jedoch nicht nur getäuscht. Sie wird bedroht, tyrannisiert, eingeschüchtert und in einem Dauerzustand von Unkenntnis und Furcht belassen, der ihre Abhängigkeit von der politischen Führung steigert. Die sorgfältig inszenierte Neurose dürfte Bush und seine Mitverschwörer mit ein wenig Glück am Ende bis zum nächsten Wahlsieg tragen.

      Jene, die nicht für Mr. Bush sind, sind gegen ihn, schlimmer noch, sie sind - siehe seine Rede vom 3. Januar 2003 vor Soldaten in Texas - für den Feind. Dies ist eigenartig, denn ich bin total gegen Bush, aber ich sähe nichts lieber als Saddams Sturz - nur nicht zu Bushs Bedingungen und nicht mit seinen Methoden. Und nicht unter dem Banner dieser abscheulichen Heuchelei.

      Der amerikanische Kolonialismus alten Stils breitet seine eisernen Flügel über uns allen aus.
      Mehr noch als auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges versinkt die schweigende Mehrheit der Amerikaner in einer großen Gemeinde der Ahnungslosen.

      Die religiöse Frömmelei, mit der amerikanische Truppen in die Schlacht geschickt werden, ist vielleicht der ekelhafteste Aspekt dieses drohenden surrealen Krieges. Bush hat Gott im Schwitzkasten.

      Und Gott hat sehr konkrete politische Ansichten.
      Gott hat Amerika dazu bestimmt, die Welt in jeder Weise zu retten, die Amerika zusagt.
      Gott hat Israel dazu bestimmt, das Bindeglied für Amerikas Nahost-Politik zu sein, und jeder, der an diese Vorstellung rüttelt, ist

      a) antisemitisch,
      b) antiamerikanisch,
      c) für den Feind und
      d) ein Terrorist.


      [Anm: an welche User erinnert uns das??? :D :D :D]


      Auch pflegt Gott erschreckende Beziehungen. In Amerika, wo alle Menschen, wenn auch nicht voreinander, aber vor Ihm gleich sind, zählt zur Familie Bush: ein Ex-Gouverneur von Texas, heute Präsident, der Gouverneur von Florida sowie ein Ex-Präsident und Ex-Chef der CIA. Letzterer, Bush senior, kann einige vorteilhafte Kriege für sich verbuchen, sowie den wohlverdienten Ruf, ungehorsame Vasallen-staaten mit Amerikas Zorn heimgesucht zu haben. Ein begrenzter krieg, von ihm sorgsam inszeniert, richtete sich gegen seinen ehemaligen CIA-Kumpanen Manuel Noriega aus Panama, der ihm während des Kalten Krieges gute Dinste erwiesen hatte, aber, als dieser vorüber war, größenwahnsinnig wurde. Unverhohlener als damals hat sich Gewalt selten präsentiert, und die Amerikaner wissen das.

      Im Jahre 1993, als Ex-Präsident George Bush das ach so demokratische Königreich Kuweit besuchte, um dort den Dank für dessen Befreiung entgegenzunehmen, versuchte ihn jemand zu töten. Die CIA ist der Ansicht, dieser "jemand" sei Saddam Hussein gewesen. Daher heult Bush junior: "Dieser Mann hat versucht, meinen Daddy zu töten". Doch trotzdem ist dieser Krieg nicht persönlich zu nehmen. Er ist immer noch notwendig. Er ist immer noch Gottes Werk. Es geht immer noch darum, dem armen, unterdrückten irakischen Volk Frieden und Demokratie zu bringen.

      Um als Mitglied der Bush-Teams akzeptiert zu sein, muss man anscheinend auch an das absolut Gute und das absolut Böse glauben, und Bush, intensiv unterstützt von seinen Freunden, seiner Familie und Gott, ist dazu da, uns zu sagen, was gut und was böse ist. Meiner Ansicht nach dürfte ich böse sein, wenn ich dies hier schreibe, aber ich muss das überprüfen.

      Was Bush uns nicht sagt, ist die Wahrheit über die Gründe, warum wir in den Krieg ziehen. Zur Debatte steht keine Achse des Bösen - zur Debatte stehen Öl, Geld und Menschenleben. Saddams Pech besteht darin, dass er auf dem zweitgrößten Ölfeld der Welt sitzt. Iran, gleich nebenan, soll die größten Erdgaslager der Welt besitzen. Bush will beides, und wer ihm hilft, erhält ein Stück vom Kuchen. Und wer ihm nicht hilft, bekommt nichts.

      Wenn Saddam kein Öl hätte, könnte er seine Bürger nach Herzenslust foltern und ermorden. Andere Führer tun dies jeden Tag, aber sie sind unsere Freunde und Verbündeten.

      Tatsächlich stellt Bagdad keine offensichtliche und gegenwärtige Gefahr für seine Nachbarn dar und für Amerika oder Großbritannien erst recht keine. Saddams Massenvernichtungswaffen, falls er sie immer noch hat, sind "Peanuts" im Vergleich zu den Sachen, die Israel oder Amerika ihm in einer Frist von fünf Minuten entgegenschleudern könnten. Zur Debatte steht nicht eine bevorstehende militärische oder terroristische Drohung, sondern der ökonomische Imperativ amerikanischen Wachstums.

      Zur Debatte steht Amerikas Bedürfnis, uns allen seine Militärgewalt zu demonstrieren: Europa und Russland und China und dam armen, wahnsinnigen, kleinen Nordkorea ebenso wie dem Nahen Osten: es soll gezeigt werden, wer in Amerika im Inland herrscht und wer von Amerika im Ausland beherrscht wird.


      Interpretiert man Tony Blairs Rolle bei dieser ganzen Angelegenheit äußerst nachsichtig, so hat er geglaubt, er können "den Tiger reiten". Er kann es nicht. Stattdessen verschafft er ihm eine verlogene Legitimation und gab ihm eine sanfte Stimme. Ich fürchte, jetzt hat ihn gerade dieser Tiger in eine Ecke gedrängt, und er kann nicht mehr heraus. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass George W. selbst in gewisser Weise dasselbe empfinden dürfte.

      Der über Amerika schwebende Ruch religiöser Selbstgerechtigkeit erinnert an die ärgsten Auswüchse des Britischen Weltreichs. Lord Curzons Mantel ist für Washingtons modisch konservative Kolumnisten eine Nummer zu groß. Ich zucke noch mehr zusammen, wenn ich erfahre, dass mein Premierminister für dieses augenscheinlich kolonialistische Abenteuer die salbungsvollen Sophistereien seinen Oberbefehlshabers übernimmt.

      Wir Briten sind in diesem Krieg, so er stattfindet, eine Art Feigenblatt, um unsere "special relationship", die besondere Beziehung zu Amerika zu sichern, um unseren Anteil am Öltopf zu ergattern und weil Blair nach all dem öffentlichen Händchenhalten in Washington und Camp David schliesslich auch vor dem Altar erscheinen muss.

      "Aber werden wir gewinnen, Daddy?"
      "Natürlich, Kind. Es wird alles vorbei sein, wenn du aus dem Bett aufstehst."
      "Warum?"
      "Weil Mr. Bushs Wähler sonst schrecklich ungeduldig werden und vielleicht beschließen, dass sie ihn am Ende doch nicht wählen."
      "Aber werden Menschen getötet werden, Daddy?"
      "Niemand, den du kennst, mein Liebling. Nur Ausländer."
      "kann ich es im Fernsehen anschauen?"
      "Nur wenn Mr. Bush es erlaubt."
      "Und wird danach alles wieder normal sein? Wird keiner mehr Schreckliches tun?"
      "Still, Kind! Und geh schlafen!"

      Letzten Freitag fuhr einer meiner amerikanischen Freunde in Kalifornien zum örtlichen Supermarkt mit einem Aufkleber auf seinem Auto, auf dem stand: "Frieden ist auch patriotisch." Als er seinen Einkauf beendet hatte, war der Aufkleber weg.



      DER SPIEGEL - Nr. 4/20.1.03 - S.138-140
      Avatar
      schrieb am 04.02.03 15:08:25
      Beitrag Nr. 328 ()
      Zum Thema

      "Es geht nicht um Öl.... "

      hier die Stellungnahme des Ex-CIA-Direktors Woolsey im Spiegel-interview:

      http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,231338,00.html

      SPIEGEL: Also geht es auch diesmal um Öl ...

      Woolsey: ... aber nicht nur um Amerikas Abhängigkeit vom Öl, sondern um die der ganzen Welt. Auf kurze Sicht liegt unsere grundlegende Verwundbarkeit darin, dass die Saudis die Fördermenge schnell drosseln oder steigern können, weil sie über die Hälfte der weltweiten "swing capacity", insgesamt vier Millionen Barrel, verfügen. Damit haben die Saudis entscheidenden Einfluss auf den Ölpreis. Wir müssen dem Nahen Osten die Ölwaffe wegnehmen.
      Avatar
      schrieb am 04.02.03 15:43:42
      Beitrag Nr. 329 ()
      Schon wieder beim Bluffen erwischt:

      die USA geben zu, nichts konkretes in der Hand zu haben.

      Soviel zu den "Beweisen" ....


      SPIEGEL ONLINE - 04. Februar 2003, 6:43
      URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,233621,00.html
      Powell-Auftritt vor der Uno

      Fotos und Bänder, aber keine Smoking Gun

      Colin Powell will dem Weltsicherheitsrat morgen die Dokumente präsentieren, die irakische Verstöße gegen die Uno-Resolution belegen sollen. Der US-Außenminister räumt jedoch ein, es gebe darunter keine "Smoking Gun".


      Washington - Powell will bei seinem etwa einstündigen öffentlichen Vortrag Satellitenfotos :laugh: und möglicherweise Manuskripte von abgehörten Gesprächen :laugh: vorlegen. Unter den Beweisen sei keine "Smoking Gun", aber sie belegten dennoch :eek: :laugh: , dass hohe irakische Funktionäre Waffen und Beweise für Waffenprogramme vor den Uno-Inspekteuren versteckt gehalten haben, schrieb Powell in einem Kommentar für das "Wall Street Journal". Die USA würden insgesamt eine "aufrichtige, nüchterne und zwingende Demonstration" darüber liefern, dass Saddam Hussein Beweise für Massenvernichtungswaffen verbirgt:eek: und über diese Waffen weiter verfüge.

      [ Anm: Eine Behauptung wird durch eine zweite Behauptung oder eine Wiederholung der ersten Behauptung "belegt"... sehr beeindruckend.... ]

      US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld bereitete unterdessen seine Soldaten auf einen möglicherweise längeren Einsatz am Persischen Golf vor. In einer vom Pentagon im Internet veröffentlichten Botschaft an Soldaten und Militärangehörige betonte Rumsfeld, die Stationierung könne länger als erwartet dauern. Präsident George W. Bush werde auf militärische Mittel nur als letzte Möglichkeit zur Entwaffnung des Irak zurückgreifen. :laugh:

      Fischer leitet Uno-Sitzung

      Kurz vor der Sitzung des Weltsicherheitsrats erklärten mehrere europäische Regierungen ihre Unterstützung für eine neue schärfere Uno-Resolution. Großbritanniens Premierminister Tony Blair sagte im Unterhaus, wenn der irakische Präsident Saddam Hussein weiter gegen die Uno-Resolution 1441 verstoße, sollte der Sicherheitsrat eine zweite Resolution verabschieden, in der ein solcher "schwer wiegender Verstoß" bestätigt werde.

      Blair sagte, er wolle sich zusammen mit US-Präsident George W. Bush um "maximale Unterstützung" für eine neue Uno-Resolution bemühen. Voraussetzung dafür sei nach wie vor, dass diese Resolution ein Weg zur Lösung des Problems sein müsse. Er warnte vor einer Verzögerung des Verfahrens. Die "Schlussphase" der zwölfjährigen Bemühungen um eine Entwaffnung Saddams sei jetzt erreicht, sagte Blair vor den Abgeordneten in London.

      Der spanische Regierungschef José María Aznar nannte eine neue Uno- Resolution "wünschenswert und möglich". Seiner Regierung lägen Beweise dafür vor, dass der Irak chemische sowie biologische Waffen besitzt und Verbindungen zu terroristischen Gruppen unterhält. "Der Irak ist daher eine Bedrohung für die Sicherheit und den Frieden in der Welt und in Spanien", sagte Aznar nach Presseberichten vom Montag. Aznar ist im Irak-Konflikt zusammen mit Blair der wichtigste Verbündete der USA in Europa.

      Der russische Präsident Wladimir Putin sprach von einer neuen schärferen Resolution, die den Uno-Waffeninspekteuren den Rücken stärken solle. Die Chefinspekteure Hans Blix und Mohammed al-Baradei wollen am Samstag erneut zu Gesprächen nach Bagdad reisen.

      Bundesaußenminister Joschka Fischer wird am heutigen Dienstag zur Sitzung des Sicherheitsrates nach New York reisen. Fischer wird am Mittwoch erstmals als Präsident das wichtigste Gremium der Vereinten Nationen leiten.
      Avatar
      schrieb am 04.02.03 17:28:21
      Beitrag Nr. 330 ()
      DER SPIEGEL 6/2003 - 03. Februar 2003

      SPD

      "Das ist grober Unfug"

      Ex-Kanzler Helmut Schmidt über das angeblich zerrüttete Verhältnis zwischen den USA und der Bundesrepublik, die angemessene Rolle der Deutschen - und das "alte Europa", das sich nicht für Weltpolizei-Aufgaben instrumentalisieren lassen soll
      SPIEGEL: Herr Schmidt, in einer brandgefährlichen weltpolitischen Lage gilt die Bundesrepublik Deutschland, was die Haltung Berlins zum Irak-Konflikt anbelangt, den USA als "Problem". Eine Bewertung des amerikanischen Verteidigungsministers Donald Rumsfeld, die Sie nachvollziehen können, oder ein ungerechtes Urteil?
      Schmidt: Deutschland war 1914 ein Problem und 1918 und 1919 und 1923. Es war ein Riesenproblem ab 1930 und ein noch viel größeres ab 1933. Die Deutschen haben dicke Probleme mit ihrer eigenen Geschichte, auch auf Grund ihrer geopolitischen Situation und nicht zuletzt mit der nationalen Identität. Was Herr Rumsfeld darüber denkt, ist nicht so wichtig.
      Im Übrigen: Das Wort vom "alten" Europa hätten weder Colin Powell noch Condoleezza Rice so gesagt.
      SPIEGEL: Lassen Sie uns an die Wurzel dieses Streits zurückgehen: War der Kanzler gut beraten, als er das hoch komplexe Thema Irak ungeniert in den Bundestagswahlkampf einführte?
      Schmidt: Ich möchte mich nicht auf irgendwelche Fragen einlassen, die mich in die deutsche Innenpolitik zurückführen. Dazu bin ich zu alt.
      SPIEGEL: Versuchen wir`s mal so: Fühlen Sie sich, was das Krisenmanagement unter dem Stichwort Irak betrifft, von den verantwortlichen Politikern in Berlin gut regiert?
      Schmidt: Ich fühle mich nicht sonderlich wohl, was die Regierung angeht, und das gilt auch für die Opposition. Ich kann nicht erkennen - und konnte das auch während des Bundestagswahlkampfes nicht -, was der Regierungschef und der Kanzlerkandidat zum Beispiel an Absichten in Bezug auf die künftige Entwicklung der Europäischen Union verfolgen wollen. Die spielt aber im Zusammenhang mit den Beziehungen zu Amerika eine wichtige Rolle. Wenn vor allem die Kooperation zwischen der französischen und deutschen politischen Klasse so, wie wir es bei den Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag des Elysée-Vertrages erlebt haben, bereits in den letzten zwölf Monaten stattgefunden hätte, fiele mein Urteil anders aus.
      SPIEGEL: Dieses Zusammenspiel haben Sie schmerzlich vermisst?
      Schmidt: Ja.
      SPIEGEL: Der an den Kanzler und seinen Außenminister adressierte Hauptvorwurf lautet, sie hätten die Deutschen bei den Vereinten Nationen durch ihre vorzeitige Festlegung in Sachen Irak in die Isolation getrieben.
      Schmidt: Jedenfalls ist die Tatsache, dass so ein Eindruck weltweit verbreitet werden kann, nicht gerade günstig. Und dadurch, dass der Eindruck entsteht, wird er eine Tatsache.
      SPIEGEL: Immerhin acht europäische Staats- und Regierungschefs scheinen das genauso zu sehen. Wie bewerten Sie deren Aufruf zum Schulterschluss mit den USA, der ohne jede Einbeziehung Berlins formuliert wurde? Steht Europa in der Irak-Frage vor der Zerreißprobe?
      Schmidt: Der Aufruf ist augenscheinlich außerhalb des Außenminister-Rates der Europäischen Union betrieben worden, am versammelten 15-köpfigen Rat vorbei - nicht nur an Berlin vorbei. Man kann nicht ausschließen, dass aus diesem Vorgang - wer auch immer ihn in Gang gesetzt hat - ein Versuch zur außenpolitischen Aufspaltung der EU entsteht.
      SPIEGEL: Die Bundesregierung beschwichtigt. Eine angemessene oder zumindest verständliche Reaktion?
      Schmidt: Die weitere Entwicklung ist undurchsichtig. Deshalb erscheint mir die einstweilen in Paris und Berlin vorgeführte Gelassenheit als vernünftig.
      SPIEGEL: Schwere Zeiten für die zuletzt so hoch gelobte deutsch-französische Allianz. Ist das überhaupt eine?
      Schmidt: Ob das so ist, werden wir vielleicht im Laufe des Jahres 2003 beantworten können. Gegenwärtig handelt es sich um Absichtserklärungen, nicht um vollzogene Taten.
      SPIEGEL: Hat die Drohkulisse der Amerikaner nicht letztlich doch dazu geführt, dass zumindest der Einsatz von Uno-Waffeninspektoren im Irak möglich war?
      Schmidt: Den Eindruck muss man haben, ja.
      SPIEGEL: Was den Schluss zulässt, dass der deutsche Weg nicht zum selben Ziel geführt hätte - oder?
      Schmidt: Auf den "deutschen Weg" will ich hier nicht eingehen. Die gegenwärtige Situation krankt daran, dass die Amerikaner zwar behaupten, Saddam Hussein habe diese und jene militärischen Möglichkeiten - Massenvernichtungsmittel zum Beispiel -, aber bis heute keine Beweise dafür auf den Tisch legen. Möglicherweise besitzen sie welche, und möglicherweise gibt es auch gute Gründe, dass sie sie noch verschweigen. Vielleicht werden sie aber auch erst nach einem Krieg sichtbar.
      SPIEGEL: Und der von der Uno entsandte Chefkontrolleur Hans Blix tut sich ja auch immer noch schwer.
      Schmidt: Die Drohkulisse von Seiten des Sicherheitsrates ist sicherlich legitim - die darüber hinausgehende, die die USA aufgebaut haben, unter Umständen hochgefährlich. Was ist, wenn zum Beispiel ein Terrorist oder sonst wer ein Streichholz in diesen gewaltigen Aufmarsch von bald 200 000 Soldaten in der Golfregion wirft? Das kann, auch wenn es vielleicht der amerikanische Präsident nicht wollte - oder noch nicht wollte -, zu einer Explosion führen. Dass es einen Point of no Return gibt, lernt man aus der Geschichte.
      SPIEGEL: Sieht es nicht so aus, dass die Amerikaner es geradezu darauf anlegen, diesen Point of no Return zu erreichen?
      Schmidt: Ob das "die Amerikaner" sind, weiß ich nicht. Herr Rumsfeld macht diesen Eindruck, Paul Wolfowitz und andere auch, aber den Außenminister und viele andere Amerikaner darf man davon bisher noch ausnehmen.

      SPIEGEL: Für die Regierenden in Berlin steht in diesen Wochen in verschärfter Weise auf dem Programm, was sie immer wieder die Rolle Deutschlands in der Welt nennen - eine Art Selbstverpflichtung, die nach einem Schlüsselwort des Kanzlers von möglichst viel "Normalität" geprägt sein soll.
      Schmidt: Ich halte nicht viel von dem Geschwätz über "Deutschlands Rolle". Ich kann mich erinnern - damals hieß der Außenminister noch Klaus Kinkel -, dass es dieser Rolle angeblich angemessen sei, wenn die Bundesrepublik permanentes Mitglied des Sicherheitsrats würde. Jetzt sind wir vorübergehend Mitglied und stehen schon vor der Frage, wie wir uns da verhalten sollen. Es gibt hier zu Lande zu viele Leute, die möchten, dass wir eine bedeutende Rolle spielen - und das sind zum Teil dieselben, die im Hinblick auf eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union große Feiertagsreden halten. Beides verträgt sich nicht miteinander.
      SPIEGEL: Weil da zu viel Unbescheidenheit mitschwingt?
      Schmidt: Ich war nie ein bescheidener Mensch, aber ich habe in all den Jahren, in denen ich in der Außenpolitik involviert war, zu keiner Zeit danach gestrebt, dass mein Land "eine Rolle spielen" sollte. Ich habe seine Interessen zu vertreten gehabt.
      SPIEGEL: Aber spätestens bei den Kriegen der neunziger Jahre auf dem Balkan und schließlich auch in Afghanistan ist den Deutschen diese Rolle doch abverlangt worden.
      Schmidt: Ihnen ist abverlangt worden, sich an gemeinsamen Aktionen zu beteiligen. Das ist ein großer Unterschied.
      SPIEGEL: Mit welchen Empfindungen begleiten Sie die Debatte um das Schlagwort vom "alten Europa"? Hat Sie dieser Begriff Donald Rumsfelds ähnlich in Rage gebracht wie das Gros der Politiker und Intellektuellen in Frankreich und Deutschland?
      Schmidt: Nee. Ich habe das in ironischer Gelassenheit zur Kenntnis genommen. Da hat der Herr Rumsfeld ungewollt dem Kanzler Schröder einen großen Gefallen getan.
      SPIEGEL: Wie das?
      Schmidt: Indem er sich selber in eine Position manövriert hat, die sich so nicht im Ernst vertreten lässt. Dass Frankreich und Deutschland als ein historisches Relikt abqualifiziert werden, kann kein amerikanischer Minister dauerhaft durchhalten.

      SPIEGEL: Ein vermutlich von tiefer Verbitterung zeugender Ausbruch. Ist das deutsch-amerikanische Verhältnis Ihrer Auffassung nach tatsächlich so zerrüttet, wie es derzeit erscheint?
      Schmidt: Es wird durch einige deutsche Zeitungen als zerrüttet dargestellt. Das Verhältnis zwischen den Nationen ist von den gegenwärtigen Querelen viel weniger berührt als das Verhältnis zwischen den jeweiligen Regierenden in Washington, Berlin oder Paris. Gott sei Dank haben weder die französischen noch die deutschen Politiker in gleicher Tonart zurückgezahlt.
      SPIEGEL: Sie selbst hatten ja als Kanzler zum damaligen US-Präsidenten Jimmy Carter auch nicht immer ein ganz ungestörtes Verhältnis. Waren diese Spannungen von anderer Art als die heutigen zwischen Schröder und Bush?
      Schmidt: Meinungsverschiedenheiten zwischen Regierenden oder auch persönliche Auseinandersetzungen müssen nicht bedeuten, dass darunter gleichzeitig das Verhältnis zwischen den Völkern leidet - das ist grober Unfug. Dass das heute in Deutschland zum Teil anders gewertet wird, ist nachgebliebener Wahlkampf.
      SPIEGEL: Generell gefragt: Verstehen die Bundesbürger die nach dem Terrorangriff vom 11. September 2001 ja wohl immer noch unter Schock stehenden Amerikaner zu wenig - und gilt das auch für die politische Führung der Deutschen?
      Schmidt: Die Bundesregierung hat damals richtig reagiert, sogar überreagiert. Da gab es das Wort von der uneingeschränkten Solidarität - Solidarität wäre ausreichend gewesen, und die war auch ernst gemeint.
      SPIEGEL: Könnte es sein, dass das Pendel danach mit Schröders ablehnender Haltung zu einem möglichen Irak-Krieg umso stärker in die Gegenrichtung ausschlug?
      Schmidt: Eines ist ganz sicher: In Deutschland ist ein gutes halbes Jahrhundert nach dem Zweiten Weltkrieg, nach Auschwitz, Dresden und Stalingrad der Horror vor Kriegen noch ein bisschen größer als in anderen europäischen Staaten. Die amerikanische Nation hat dagegen nie im eigenen Lande einen Krieg erlebt.
      SPIEGEL: Und nun soll in einer gewaltigen Kraftanstrengung das in der Welt versammelte Böse ausgerottet werden.
      Schmidt: Es ist die extreme religiöse Rechte in Amerika, die so denkt. Das dürfen Sie nicht der ganzen Nation ankreiden.

      SPIEGEL: Aber Teilen der Regierung.
      Schmidt: Richtig.
      Ich will dennoch darauf aufmerksam machen, dass der gegenwärtige Unilateralismus der Amerikaner keine Erfindung der Herren Rumsfeld oder Wolfowitz ist. Das sind ja Personen, die erst nach dem Zweiten Weltkrieg erwachsen geworden sind. In der Außenpolitik der USA hat es immer drei Tendenzen gegeben: neben dem Isolationismus die internationalistische Tradition, die nach Kriegsende zum Marshall-Plan, der Gründung der Vereinten Nationen, der Weltbank und dem Weltwährungsfonds führte - und schließlich die imperialistische, mit der wir es zurzeit verstärkt zu tun haben ...
      SPIEGEL: ... und die Europa mächtig zu schaffen macht ...
      Schmidt: ... die die Europäer nicht ändern können, sondern in Würde ertragen sollten. Deswegen müssen wir uns jedoch nicht zu Instrumenten von Weltpolizei-Aufgaben machen lassen, wie es einige Amerikaner sich vorstellen.

      SPIEGEL: Um aber damit leben zu können, predigen Sie die Einigung Europas. Gibt es überhaupt noch Spielräume für eine aus Berlin gestaltete deutsche Außenpolitik?
      Schmidt: Der deutsche Spielraum ist am größten in Bezug auf die Ausgestaltung der Institutionen Europas. Was die vereinigten 15 Regierungen da in Nizza fertig gebracht haben, ist weiß Gott kein Meisterstück - nicht mal ein Gesellenstück. Sie haben keinerlei Vorbereitungen dafür getroffen, wie die Erweiterung der EU funktionieren soll.
      SPIEGEL: Weil sie sich nicht einigen konnten?
      Schmidt: Die bisher geltenden Texte gehen zum Beispiel davon aus, dass die Kommission in Brüssel in Zukunft aus bis zu 27 Mitgliedern bestehen soll. Stellen Sie sich mal eine Firma mit einem 27-köpfigen Vorstand vor! Und daran tragen die Deutschen von Kohl bis Schröder eine erhebliche Mitschuld, weil sie sich auf etwas eingelassen haben, was im Prinzip richtig und notwendig ist, nämlich die Erweiterung - aber sie hätten dafür alsbald auch institutionelle Vorsorge treffen müssen.
      SPIEGEL: Noch einmal zu den eben benannten kleinen Spielräumen deutscher Politik: Wenn nun unser Außenminister aufopferungsvoll um die Welt jettet - ist das alles vergebliche Liebesmüh?
      Schmidt: Das will ich nicht sagen, Reisediplomatie ist ja neuerdings üblich geworden.
      SPIEGEL: Das war schon bei Hans-Dietrich Genscher so.
      Schmidt: Die Außenminister Walter Scheel und Willy Brandt sind nicht so viel herumgereist. Die Umtriebigkeit heutiger Außenminister ist nicht zuletzt auch dazu bestimmt, dass das eigene Fernsehpublikum sehen soll, wie wichtig seine Politiker sind.
      SPIEGEL: Immerhin stellte sich Joschka Fischer bei seiner letzten Tour durch den Nahen Osten die schwierige Aufgabe, Möglichkeiten einer friedlichen Lösung des Irak-Konflikts auszuloten.
      Schmidt: Dazu will ich nichts sagen.
      SPIEGEL: Lassen Sie uns noch einmal auf Europa zurückkommen: Heißt Ihr Credo, dass da ohne Frankreich gar nichts geht?
      Schmidt: Ich würde das anders ausdrücken: Was immer die Deutschen an Europapolitik oder in der Welt außerhalb unseres Kontinents erstreben - wenn sie es nicht Seite an Seite mit Frankreich tun können, sind die Aussichten, dass daraus etwas wird, sehr gering. Dies ist meine seit Jahrzehnten feststehende Meinung, und ich habe mich darin nie geirrt.
      SPIEGEL: Wobei Sie Großbritannien ausklammern?
      Schmidt: Ich war vor 40 Jahren davon überzeugt, dass man die englische Welterfahrung brauchen würde und habe im Laufe der Zeit gelernt, dass man auf sie nicht warten darf. Ich sage manchmal im Spaß: Es kann eines Tages so weit kommen, dass die Engländer vor der Frage stehen, ob sie nicht besser der 51. Staat der USA werden ...
      SPIEGEL: ... was für Europa, wenn man über Kontinentaleuropa hinausdenkt, eine problematische Konstellation wäre.
      Schmidt: Sicher, aber die jetzige ist ebenso problematisch, wo die Engländer nicht wirklich mitspielen.

      SPIEGEL: Sieht es da im Hinblick auf die Franzosen wirklich sehr viel anders aus? Während sich der Bundeskanzler in der Bewältigung des Irak-Konflikts festgelegt hat, hält sich Jacques Chirac letztlich alles offen.
      Schmidt: Er hält sich eine ganze Menge offen - aber sicher nicht, am Ende selbst 80 000 französische Soldaten in die Golfregion zu schicken.

      "Die Europäer können die imperialistischen Tendenzen der USA nicht ändern, sie sollten sie mit Würde ertragen."
      SPIEGEL: Und dennoch: Könnte nicht schon in den zwischen Frankreich und Deutschland bestehenden Unterschieden wieder der Keim für Misstrauen stecken?
      Schmidt: Chirac und Schröder sind erst dabei, zu erkennen, dass beide Staaten, wenn sie die vitalen strategischen Interessen ihrer eigenen Nation im Auge haben, aufeinander angewiesen sind - dass beide Staaten zu ihrer Selbstbehauptung auf eine handlungsfähige Europäische Union oder möglicherweise auch nur auf einen handlungsfähigen Kern dieser Union angewiesen sind. Sie lernen das gerade, sie sind ja keine in der Wolle gefärbten "Europäer".
      SPIEGEL: Gesetzt den Fall, es käme im Irak zum Krieg: Wäre dies das Ende der Nato?
      Schmidt: Welche Rolle spielt die denn noch? Sie werden sich erinnern: Die Nato erklärte, ohne dass jemand sie darum ersucht hatte, nach dem 11. September den Bündnisfall - um sich so selbst zu zeigen, wie wichtig man war. Aber wichtig ist sie weder im Kampf gegen Osama Bin Laden noch im Kampf gegen Saddam Hussein. Nein, die wird im Gleitflug niedergehen, der allerdings Jahrzehnte dauern kann ...
      SPIEGEL: ... während an deren Stelle eine europäische Verteidigungsunion tritt?
      Schmidt: Reden Sie vom Jahr 2040 oder 2050? Den Franzosen möchte ich sehen, der heute seine Nuklearwaffen einem gemeinsamen Ratspräsidenten oder Kommissionspräsidenten unterstellt - und der ist von Hause aus Este oder Däne oder Deutscher oder sonst was.
      SPIEGEL: Herr Schmidt, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

      Das Gespräch führten Hans-Joachim Noack und Martin Doerry.
      Avatar
      schrieb am 04.02.03 23:03:37
      Beitrag Nr. 331 ()
      Wenn ich jetzt nichts dazu sage, heißt das nicht, daß ich es nicht gelesen hätte. :cool:
      Avatar
      schrieb am 04.02.03 23:12:58
      Beitrag Nr. 332 ()
      (www.state.gov)


      Op-Ed by Secretary of State Colin L. Powell

      Secretary Colin L. Powell
      Op-Ed
      Wall Street Journal
      February 3, 2003
      President Bush warned in his State of the Union address that "the gravest danger facing America and the world is outlaw regimes that seek and possess nuclear, chemical and biological weapons." Exhibit A is Saddam Hussein`s Iraq. As the president said, we need only look at how Saddam has terrorized, oppressed and murdered his own people to understand his methods. And, perhaps most critically, the president confirmed that Iraq has open channels and ties to terrorist organizations, including al Qaeda.

      Last November, the U.N. Security Council unanimously passed Resolution 1441, giving Iraq one last chance to disarm peacefully or "face serious consequences." However, instead of disarming, Iraq has responded to Resolution 1441 with empty claims, empty declarations and empty gestures. Just a week ago, U.N. chief weapons inspector Hans Blix told the Security Council that "Iraq appears not to have come to a genuine acceptance, not even today, of the disarmament that was demanded of it." Indeed, the Iraqi regime is going to great lengths to conceal its weapons of mass destruction. It has removed material from sites it knew were likely to be inspected. The regime also has an active program of coaching scientists before they talk to inspectors and only permits interviews when minders are present. On top of that, thousands of pages of sensitive weapons-related documents have been found in private homes.

      Resolution 1441 established two key tests: a full and accurate disclosure of Iraq`s weaponry and a requirement to cooperate immediately, unconditionally and actively with the inspectors. Iraq has failed both tests. Iraq`s declaration of its weapons holdings is incomplete and inaccurate and provides no substantive information on the disposition of its weapons of mass destruction. Not surprisingly, the U.N. inspectors have found it woefully deficient. In his report to the Security Council, Mr. Blix noted that Iraq has failed to account for its production of the deadly nerve agent VX, some 6,500 chemical bombs, and about 1,000 metric tons of chemical agent. Iraq also previously acquired the materials to make much more anthrax than it declared.

      In their inspections, Mr. Blix`s team discovered a number of chemical warheads not previously acknowledged by Iraq. Iraq also continues to acquire banned equipment, with proscribed imports arriving as recently as last month. The inspectors also reported that Iraqi activity is severely hampering their work. For example, Iraq has refused the inspectors` request to use a U-2 reconnaissance aircraft, a critical tool for inspections. Inspectors are accompanied everywhere by Iraqi minders, are slandered by Iraqi officials as spies, and face harassment and disturbing protests that would be unlikely to occur without the encouragement of the authorities.

      On Wednesday, I will present to the Security Council U.S. intelligence showing further evidence of Iraq`s pattern of deception. Our evidence will reinforce what the inspectors told the Security Council last week -- that they are not getting the cooperation they need, that their requests are being blocked, and that their questions are going unanswered. While there will be no "smoking gun," we will provide evidence concerning the weapons programs that Iraq is working so hard to hide. We will, in sum, offer a straightforward, sober and compelling demonstration that Saddam is concealing the evidence of his weapons of mass destruction, while preserving the weapons themselves. The world must now recognize that Iraq has not complied with the will of the international community as expressed in Resolution 1441. Iraq has failed the resolution`s two tests -- to disclose and to cooperate -- in a manner that constitutes a further material breach of the resolution.

      In response, the U.S. will begin a new round of full and open consultation with our allies about next steps. Much has been made of the friction between the U.S. and some of its traditional partners over how to proceed with Iraq. We will work to bridge our differences, building on the bedrock of our shared values and long history of acting together to meet common challenges. The fruits of our partnership are evident all around the globe, from Western Europe to Japan, Korea, Bosnia and Afghanistan.

      Together we must face the facts brought to us by the U.N. inspectors and reputable intelligence sources. Iraq continues to conceal deadly weapons and their components, and to use denial, deception and subterfuge in order to retain them. Iraq has ties to and has supported terrorist groups. Iraq has had no compunction about using weapons of mass destruction against its own people and against its neighbors.

      President Bush`s message has been clear from the beginning. The President eloquently and persuasively set forth the U.S. position at the U.N. on Sept. 12: A peaceful outcome to this situation is possible if Iraq cooperates with the U.N. and disarms. Unfortunately, Saddam seems to be leading his nation down another path. The U.S. seeks Iraq`s peaceful disarmament. But we will not shrink from war if that is the only way to rid Iraq of its weapons of mass destruction.



      [End]
      Avatar
      schrieb am 05.02.03 09:37:35
      Beitrag Nr. 333 ()
      Ich kann nur JEDEM empfehlen,die derzeitige PRINTausgabe des "Spiegel" zu kaufen.

      In einem langen Artikel werden ab seite 104 GENAUESTENS die Unterstützung sadam Husseins durch westliche Länder, vor allem eben den USA geschildert, die u.a. die Verlogenheit der US-Regierung entlarven.

      diese umfangreichen informationen sind ein absolutes Muss für eine Diskussion.

      Seit langer Zeit das beste Heft, was erschien - und eines, welches man aus geschichtlichen Gründen einmal beiseite legen sollte.

      Unter anderem wird auch berichtet, wie oft der US-Kongress die massive Unterstützung sadam Husseins durch die USA BEENDEN wollte und sowohl Ronny Reagan als auch George Bush SENIOR dies mit allen Mitteln verhinderten. Bush senior hat die Unterstützung sadam husseins sogar nach den Giftgaseinsätzen massiv ERHÖHT. Nie war die Unterstützung der USA höher als unmittelbar vor dem Überfall auf Kuweit!

      Quelle: Spiegel-Printausgabe
      Avatar
      schrieb am 05.02.03 10:53:25
      Beitrag Nr. 334 ()
      Abwarten.

      Avatar
      schrieb am 07.02.03 01:58:46
      Beitrag Nr. 335 ()
      Zum Thema Moral:

      UK planned to wipe out Germany with anthrax
      Allies World War Two shame

      By George Rosie



      AS THE world recoils at the horrific possibility of al-Qaeda terrorists waging anthrax war against United States citizens, the Sunday Herald can reveal that Britain manufactured five million anthrax cattle cakes during the second world war and planned to drop them on Germany in 1944.
      The aim of Operation Vegetarian was to wipe out the German beef and dairy herds and then see the bacterium spread to the human population. With people then having no access to antibiotics, this would have caused many thousands -- perhaps even millions -- of German men, women and children to suffer awful deaths.


      The anthrax cakes were tested on Gruinard Island, off Wester Ross, which was finally cleared of contamination in 1990. Operation Vegetarian was planned for the summer of 1944 but, in the event, it was abandoned as the Allies` Normandy invasion progressed successfully.

      Details of the wartime secret operation are contained in a series of War Office files (WO 188) at the Public Record Office in Kew. Some of the files are still classified . The man whose task was to carry out Operation Vegetarian was Dr Paul Fildes, director of the biology department at Porton Down near Salisbury in Wiltshire. Fildes had previously been in charge of the Medical Research Council`s bacterial chemistry unit at Middlesex Hospital.

      In early 1942, Fildes began searching Britain for suppliers and manufacturers of linseed-oil cattle cake to make five million small cakes. Large quantities of the bacillus itself had to be produced, while special containers to carry the cattle cakes had to be designed and made. Some RAF bombers had to be modified to deliver the anthrax-infected payload. And all of it had to be done as cheaply as possible.

      The raw material for the cake was provided by the Olympia Oil and Cake Company in Blackburn. The contract to cut the cattle cake into small pieces went to J & E Atkinson of Bond Street in London, perfumers and toilet-soap manufacturers and suppliers to the royal family. The Atkinsons calculated that they could produce 180,000 to 250,000 cakes, each 2.5cm in diameter and 10 grammes in weight, in a 44-hour week. The price was to be between 12 and 15 shillings per thousand . The firm pledged to deliver 5,273,400 cakes by April 1943. By the middle of July 1942, the Atkinsons informed Fildes that `we are now producing at the rate of 40,000 per day`.

      The anthrax was manufactured by the Ministry of Agriculture and Fisheries at its veterinary laboratory in Surrey. An Oxford academic named Dr E Schuster was set to work devising the pump to inject the bacilli into the cattle cakes. The Porton Down scientists settled on cube-shaped cardboard containers, 18cm square, to carry the infected foodstuff.

      Each held 400 cakes. They would be fitted with a steel handle `of a size which enables the operator to grasp the handle without difficulty when wearing thick leather or moleskin gloves ...` Thirteen women were then recruited from various soap-making firms, sworn to secrecy and given the job of injecting the cattle cakes with anthrax spores.

      At the same time, Fildes and his team were working on the best way to deliver the diseased cattle feed to the German herds.

      The RAF`s research unit came up with a simple solution -- easily made wooden trays that fitted on to aircraft flare chutes. Their Bomber Command Lancasters, Halifaxes and Stirlings were chosen for the job.

      By the beginning of 1944, Operation Vegetarian was ready to go. It was crucial to mount any attack in the summer months. Fildes said: `The cattle must be caught in the open grazing fields when lush spring grass is on the wane.` `Trials have shown that these tablets ... are found and consumed by the cattle in a very short time. `Cattle are concentrated in the northern half of Oldenburg and northwest Hanover. Aircraft flying to and from Berlin will fly over 60 miles of grazing land.`

      Fildes calculated that, at an average ground speed of 300mph, the distance would be covered in 18 minutes. `If one box of tablets is dispersed every two minutes, then each aircraft will be required to carry and disperse nine, or say 10, boxes.`

      One Lancaster bomber returning from a raid on Berlin would be able to scatter 4000 anthrax-infected cakes over a 60-mile swathe in less than 20 minutes. A dozen aircraft would have been enough to litter most of the north German countryside with anthrax spores. Operation Vegetarian was a seriously deadly project.

      But, by the time Fildes`s operation was ready to go in the summer of 1944, the Normandy invasion had taken place and Allied armies were crashing through northern France and up through Italy. The war against Nazi Germany was instead being won by conventional means. At the end of 1945, five million anthrax-infected cattle cakes were incinerated in one of Porton Down`s furnaces.
      Avatar
      schrieb am 07.02.03 14:00:09
      Beitrag Nr. 336 ()
      SPIEGEL ONLINE - 07. Februar 2003, 8:55
      URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,234042,00.html
      Britisches Irak-Dossier

      Blairs Mogelpackung

      Peinliche Panne für die britische Regierung: Ihr jüngstes, angeblich auf hochsensiblen Geheimdienst-Informationen basierendes Irak-Dossier wurde offenbar zu großen Teilen aus alten Forschungsartikeln zusammengestückelt. Prompt geriet Premierminister Tony Blair unter schweren Beschuss der heimischen Medien.


      London - Von einem "skandalösen" Plagiat war die Rede, nachdem der britische Fernsehsender Channel 4 enthüllt hatte, dass große Teile des Dossiers offenbar aus zum Teil mehrere Jahre alten wissenschaftlichen Artikeln bestehen. Ärgern dürfte sich darüber nicht nur die britische Öffentlichkeit, sondern auch die US-Regierung: Der amerikanische Außenminister Colin Powell stützte sich in seiner Beweis-Präsentation gegen den Irak im Uno-Sicherheitsrat ausgerechnet auf das britische Schummel-Dossier. "Ich würde gern die Aufmerksamkeit meiner Kollegen auf dieses feine Papier des Vereinigten Königreichs lenken, das die Täuschungen der Iraker in exquisiten Details beschreibt."

      Laut Channel 4 wurden vier der 19 Seiten des Berichts nahezu unverändert aus der Internet-Version eines Artikels des US-Forschers Ibrahim al-Marashi übernommen, der im vergangenen September in der Zeitschrift "Middle East Review of International Affairs" erschienen war. Selbst ein falsch gesetztes Komma sei kopiert worden. Der Inhalt von sechs weiteren Seiten stütze sich eindeutig auf Beiträge von Sean Boyne und Ken Gause, die 1997 und im vergangenen November im Fachblatt "Jane`s Intelligence Review" veröffentlicht worden seien. Die britische Regierung habe keine dieser Quellen genannt.




      Colin Powell bei seiner Irak-Rede im Uno-Sicherheitsrat: "Feines Papier" aus Großbritannien


      "Ich war überrascht, als ich erkannte, dass ich das meiste davon schon gelesen hatte", sagte Glen Rangwala, Politik-Dozent an der Cambridge University, gegenüber Channel 4 über das britische Dossier. "Das deutet darauf hin, dass Großbritannien nicht wirklich unabhängige Informationsquellen über interne politische Vorgänge im Irak besitzt. Das Papier stützt sich nur auf öffentlich zugängliches Material."

      Die Regierung in London reagierte trotzig auf die Vorwürfe:
      Wichtig sei allein, dass das Dokument der Wahrheit entspreche, sagten Beamte gegenüber britischen Medien. "Wir hatten gesagt, dass sich das Dokument auf eine Reihe von Quellen stützt, darunter Geheimdienstmaterial", sagte ein Sprecher Blairs. "Das spricht für sich selbst." Der Premierminister betonte unterdessen, dass er sogar seine Popularität opfern würde, um seine Wähler vor den Gefahren durch irakische Massenvernichtungswaffen zu warnen. "Ich kann mich irren", sagte er dem britischen Sender BBC, "aber ich glaube daran."
      Avatar
      schrieb am 08.02.03 13:05:46
      Beitrag Nr. 337 ()
      Hallo mal wieder und zum letzten Mal für einige Zeit,

      nach und während meiner Teilnahme an einer wissenschaftlichen Tagung muß ich leider die Ankündigung machen, daß ich mich für einige Zeit aus "Wallstreet: Online" verabschiede und nur noch sporadisch vorbeisehen werde, da ich möglicherweise doch ein Dissertationsstipendium aus einem Sonderfonds von einem osteuropäischen Außenministerium erhalte und dafür ein analysierendes Exposé für einen "dirigierenden Legationsrat" dieses Ministeriums schreiben muß, der mich für "förderungswürdig" erachtet. TÄTÄÄ-TÄTÄÄ-TÄTÄÄÄ !!! :)

      (Wäre ja wirklich witzig, wenn auch mein Exposé mal von einem Premierminister oder im UN-Sicherheitsrat zitiert würde!)
      Ich verabschiede mich ganz frei nach dem "braven Soldaten Schwejk": Dann `Auf Wiedersehen` bis am Freitag nach dem Krieg um 5 Uhr. Nein, sagen wir besser: bis um 6 Uhr, weil es könnt` sein, daß ich mich verspäten möcht`. ;)
      Ich kenne da doch jemanden, der jetzt viel zu tun haben wird, um meine Threads restlos zuzumüllen, weil in seinen eigenen sowieso niemand mehr mit ihm diskutieren will und er keinen anderen Lebensinhalt außer dem Antiamerikanismus mehr hat. Daher wünsche ich ihm alles Gute bei seinen weiteren Kopier-Orgien und daß er weiterhin so einflußlos bleibt wie bisher.
      :D
      Damit unser aller Lieblings-Antiamerikaner mit dem "Tiefer-Denken"-Pseudonym jetzt nicht sofort über meinen Weggang ins Frohlocken und Jauchzen ausbricht, weil er jetzt nicht mehr nur in seinen eigenen Threads widerspruchslos zur Mitgliedschaft in seiner Ersatzreligion des unaufgeklärten Antiamerikanismus` aufrufen kann, möchte ich doch noch auf zwei Dinge eingehen. Da war doch noch was in meiner Abwesenheit in einem früheren Posting...
      Avatar
      schrieb am 08.02.03 13:20:32
      Beitrag Nr. 338 ()
      @ auryn

      Bist schon ein toller typ....
      das letzte Posting zeigt: Es gibt eindeutig "Virtuelle Erektionen im Rahmen von Autoerotik"
      Avatar
      schrieb am 08.02.03 13:20:48
      Beitrag Nr. 339 ()
      Schummelpapier als Basis für Kriegserklärung

      Irakdossier der britischen Regierung zu weiten Teilen aus alten Quellen. Zitiertes Geheimdienstmaterial - Fehlanzeige

      DUBLIN taz Die britische Öffentlichkeit sollte mit einem Plagiat von der Notwendigkeit eines Krieges gegen den Irak überzeugt werden. Der unabhängige Fernsehsender "Channel 4" berichtete am Donnerstag, dass das Dossier "Irak und seine Infrastruktur der Hintergehung, Täuschung und Einschüchterung", das die britische Regierung am Montag vorgelegt hatte, zu weiten Teilen aus alten Quellen abgeschrieben worden ist.

      6 der 19 Seiten sind nahezu identisch mit zwei Artikeln von Seán Boyne und Ken Gause, die 1997 und im vergangenen November in Janes Intelligence Review abgedruckt waren. 4 Seiten des Berichts stammen von dem kalifornischen Studenten Ibrahim al-Marashi, sie waren im September auf der Internetseite des Middle East Review of International Affairs erschienen. Al-Marashi hatte seine Studie aber bereits im Vorfeld des Golfkriegs 1991 veröffentlicht.

      Die Regierungsbeamten machten sich nicht mal die Mühe, den Text zu redigieren, sie haben ihn in einer "Markieren und kopieren"-Aktion" direkt aus dem Internet geklaut - inklusive Kommafehler. Das peinliche Papier enthält keinen Quellennachweis, sondern beruft sich auf "eine Reihe von Quellen, darunter Geheimdienstmaterial".


      Der Pressesprecher von Premierministers Blair räumte gestern ein, man hätte zumindest al-Marashi nennen müssen, das Regierungsdokument sei aber dennoch "solide". Wichtig sei, dass es akkurat ist. Man wollte einen breiten Überblick geben, ohne die Geheimdienstquellen zu verraten.

      Die gibt es offenbar gar nicht. "Alles deutet darauf hin, dass das Vereinigte Königreich keine unabhängigen Informationsquellen über Iraks interne Politik hat", sagte Glen Rangwala, Politikdozent an der Cambridge-Universität. "Das Papier bezieht sich lediglich auf allgemein zugängliche Daten." Rangwala sagte, er sei verblüfft gewesen, dass ihm das Dossier so wohl bekannt vorgekommen war.

      Die US-Regierung dürfte ebenfalls wenig erfreut über die britischen Regierungsplagiatoren sein. Schließlich hatte sich US-Außenminister Colin Powell ausgerechnet auf "dieses feine Papier des Vereinigten Königreichs" berufen, als er am Mittwoch dem UN-Sicherheitsrat seine Beweise gegen den Irak darlegte. Das britische Papier beschreibe "die Täuschungen der Iraker in ausgezeichnetem Detail", sagte Powell. Dass sich seine Beweisführung auf ein Schummelpapier stützte, macht ihn in den Augen der US-amerikanischen Öffentlichkeit nicht besonders glaubwürdig.

      Plagiate sind in Wissenschaftskreisen und den Medien der USA verpönt. Bernard Jenkin, Verteidigungsminister im Tory-Schattenkabinett, sagte gestern: "Der Premierminister und Colin Powell haben dieses Dossier als Grundlage für einen möglichen Krieg bezeichnet. Wer ist für diese unglaubliche Fehleinschätzung verantwortlich?" Blair sagte der BBC, sein Ruf sei ihm egal, wenn er die Wähler rechtzeitig vor den Gefahren von Massenvernichtungswaffen warnen könne. "Vielleicht irre ich mich", sagte er, "aber ich glaube daran."


      RALF SOTSCHECK

      taz Nr. 6975 vom 8.2.2003, Seite 9, 102 Zeilen (TAZ-Bericht), RALF SOTSCHECK
      Avatar
      schrieb am 08.02.03 13:42:02
      Beitrag Nr. 340 ()
      Ja, da war in meiner Abwesenheit noch Posting Nr.

      #314 von Deep Thought [Userinfo] [Nachricht an User] 01.02.03 13:34:34 Beitrag Nr.: 8.482.163 8482163
      Dieses Posting: versenden | melden | drucken | Antwort schreiben

      Auryn.


      Wow, er sprach mich sogar mal wieder mit meinem Pseudonym und nicht als "Würstchen" an.
      "Deep Thought", Du machst ja doch gelegentlich Fortschritte. Weiter so! Vielleicht wird aus Dir ja doch noch mal einer, mit dem man diskutieren kann.


      vielleicht kannst Du einmal schildern, wieviele zentralasiatische Diktatoren derzeit engstens auf Öl-Baisi mit den USA zusammenarbeiten und von diesen Unterstützt werden?
      Scholl-Latour hat dasin seiner brilianten Doku-Reihe sehr schön aufgezeigt, daß man im sadam-Stil weitermachen will.


      Ja, mein lieber "Deep Thought", wenn Du die Sendung auch gesehen hast, dann wird Dir doch nicht entgangen sein, daß nach den Worten von Scholl-Latour die Diktatoren im "Hinterhof Rußlands" von Usbekistan, Tadschikistan, Kirgisistan und Kasachstan (naja, der in Astana ist noch vergleichsweise "nett" ) alle Absolventen der Moskauer Hochschulen und ebenfalls alle stramme Mitglieder der ehemaligen "KPdSU" waren. Komisch, daß sich Dein Vorwurf natürlich mal wieder sofort an die USA richtet, nicht?
      Deiner Vorstellung nach müßten die USA natürlich den russischen "Santa Putin" davon überzeugen, mit den USA gemeinsam diese ehemaligen Parteifreunde durch Krieg zu stürzen, die USA und Rußland müßten sofort gemeinsam zentralasiatische Demokratien aufbauen und dann müßten die USA natürlich mit der Hilfe Putins gemeinsam das zentralasiatische Öl fördern und dem russischen Freund 90prozentige Kommissionsgebühren für seine demokratische Hilfe zahlen, nicht?
      In welcher Welt lebst Du eigentlich, Deep Thought? Heißt die vielleicht Wolkenkuckucksheim?


      Und noch eine Frage:
      Wurden die Kurden in der Türkei und dem Irak unterdrückt unterdrückt oder nicht?


      Aber klar doch. Witzigerweise saßen aber auch immer "kollaborationsbereite `Kurden`" in den Ausschüssen zur Verfolgung "krimineller Umtriebe". Im Nordirak haben sich noch vor kurzem die Truppen von Öcalan, Barsani und dem dritten Kurden-Vorsitzenden gegenseitig bekämpft. Solange sich in einer solchen Region die Kurden nie einig werden konnten, waren sie auch immer die unterdrückten Spielbälle der größeren Mächte Türkei, Iran und Irak. Der Großvater von Barsani ist übrigens im Iran vom Vater des letzten Schah auf Betreiben der sowjetischen Truppen gehenkt worden, die damals die Ölfelder des Nord-Iran besetzt hatten. Aber davon weißt Du wie üblich nichts, weil die Großmachtpolitik der Sowjetunion oder des modernen Rußlands in Deinem Denken nicht vorkommen können, weil ja die USA der "böse Satan" sind, nicht wahr?

      Haben sich die USA irgendwann einmal für die kurden eingesetzt??

      Rate mal, Deep Thought, warum es im Nord-Irak eine Flugverbotszone gibt und die Kurden dort inzwischen eine eigene Armee und eine eigene autonome Verwaltung haben.
      Ich sage Dir zusätzlich voraus, daß die Kurden des Nord-Irak mit den Amerikanern zusammen nach Bagdad marschieren werden. Die USA haben sie 1991 bei ihrem Aufstand gegen Saddam Hussein zwar hängen lassen, aber danach ihre Ausrottung durch Saddams Präsidentengarde durch diese nördliche Flugverbotszone verhindert. Ich sage Dir weiter voraus, daß die Kurden diesen "Verrat" der USA eher vergessen werden als die Vergasung einiger Tausend ihrer Volkszugehörigen in Halabdscha und die jahrzehntelange Massakrierung ihrer Leute durch Saddam.


      Sicherlich hast Du auch dafür hanebüchene Aussagen auf selbstverständlich "Streng wissenschaftlicher Basis"

      Aber sicher, mein lieber "Deep Thought". Aber ich brauche dafür nur unseren geschätzten Peter Scholl-Latour zu zitieren. Der sagte nämlich in diversen Sendungen des ZDF in der vergangenen Woche (Morgenmagazin, Berlin Mitte, auslandsjournal etc.) folgendes: "Es ist durchaus möglich, daß Bagdad mit Hilfe der Kurden aus dem Nord-Irak in kürzester Zeit belagert wird und die Bevölkerung von Bagdad sich gegen Saddam Hussein erhebt und die US-Army als "Befreier" bejubelt. Das wäre 1991 nach meinen Informationen beinahe der Fall gewesen, wenn die USA nicht nach 100 Stunden den Waffenstillstand verkündet hätten. Aber wir wissen natürlich nicht, wie es diesmal sein wird."
      Tja, mein lieber Deep Thought. War Dir dies "hanebüchen" genug? Falls es so kommen sollte, wirst Du vermutlich schluchzend vor Deinem "Die Basis"-Altar liegen und über der Ungerechtigkeit und Vergeßlichkeit der Menschen verzweifeln.
      Dabei wünsche ich Dir viel Erfolg.
      Wie der "brave Schwejk" schon sagte:
      Dann bis Freitag nach dem Krieg...
      Avatar
      schrieb am 08.02.03 15:00:50
      Beitrag Nr. 341 ()
      Der Autoerotiker Auryn:


      "(Wäre ja wirklich witzig, wenn auch mein Exposé mal von einem Premierminister oder im UN-Sicherheitsrat zitiert würde!)"

      Mann, dieses Phänomen nennt man in der Psychoanalyse präzise "Größenphantasien"
      Avatar
      schrieb am 08.02.03 20:34:20
      Beitrag Nr. 342 ()
      Einsame Supermacht

      Umfrage zeigt: Weltweit sinkt die Zustimmung für einen Irakkrieg. Selbst in den USA gibt es keine Mehrheit


      BERLIN taz Die Mehrheit der Weltbevölkerung befürwortet einen Krieg gegen den Irak nicht. Das geht aus einer gestern in Berlin vorgestellten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Social Data hervor. In Zusammenarbeit mit Emnid und Gallup International wurden für die Studie 30.000 Menschen in 41 Ländern befragt.

      Demnach findet ein Militärschlag der USA gegen den Irak in nur fünf Ländern eine Mehrheit. In den USA, Australien, Kanada, Neuseeland und den Niederlanden befürworten jeweils etwas mehr als 50 Prozent der Befragten eine militärische Aktion gegen den Irak; allerdings nur mit einem gültigen UN-Mandat. In keinem Land, nicht einmal in den USA, findet der Umfrage zufolge ein Alleingang der USA und ihrer Verbündeten eine mehrheitliche Akzeptanz.


      Noch vor einem Jahr gab es bei einer ähnlichen Umfrage zu einem Krieg in Afghanistan nahezu gegensätzliche Unfragewerte. Damals gab es weltweit eine Zustimmung von rund 80 Prozent für einen Militärschlag gegen Afghanistan und die Taliban.

      Mittlerweile ist offenbar auch das Ansehen der US-amerikanischen Außenpolitik gesunken. Vor allem in Westeuropa ist die Kriegsrethorik der Regierung Bush nicht gut angekommen. In Frankreich sind 71 Prozent der Befragten der Meinung, dass die US-Außenpolitik insgesamt negative Außenwirkungen auf ihr Land hat. In Deutschland sehen das 67 Prozent genauso und in Spanien immerhin noch 57 Prozent der Befragten.

      Bei diesen Umfragewerten ist es nicht verwunderlich, dass in den meisten Ländern eine Mehrheit der Befragten eine Beteiligung der eigenen Regierung an einer militärischen Aktion gegen den Irak ablehnt. Nur in Australien findet sich mit 53 Prozent der Befragten dafür eine Mehrheit. In Westeuropa halten zwischen 50 und 80 Prozent eine Kriegsbeteiligung für nicht unterstützenswert. Selbst in Großbritannien sind lediglich 44 Prozent der Befragten für eine Beteiligung an einem Irakkrieg.

      Bis zu 80 Prozent der Befragten in Westeuropa und über 80 Prozent der befragten US-Bürger sind der Meinung, dass der Krieg in nächster Zeit unausweichlich sein wird. Nur in einigen afrikanischen und osteuropäischen Ländern, darunter Bulgarien und Bosnien, wird diese Erwartung nicht geteilt. "PHILIPP DUDEK

      taz Nr. 6971 vom 4.2.2003, Seite 11, 77 Zeilen (TAZ-Bericht), PHILIPP DUDEK
      Avatar
      schrieb am 09.02.03 09:41:34
      Beitrag Nr. 343 ()
      DT

      warum haben diese reaktionären Typen (es gibt ja davon eine Reihe, die auch von Zeit zu Zeit Deinen Thread beehren) alles solche Minderwertigkeitskomplexe?

      Der eine muß laufend über seine "wissenschaftlichen" Fortschritte informieren, die über das Bedienen eines Scanners hinausgehen.

      Der andere ist immer damit beschäftigt, in seine Postings einzuflechten, wieviel er doch verdiene und wie gut er mit Intelligenz ausgestattet sei. Letzeres allerdins ist meist ein Beweis für das Gegenteil.

      Ich frage mich ernstlich: Ist diese Board zu einem Ort verkommen, in dem reaktionäre Halbaffen ihre psychischen Probleme abarbeiten?
      Avatar
      schrieb am 09.02.03 20:57:29
      Beitrag Nr. 344 ()
      ziemlich gute Frage.... ;)
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 09:26:53
      Beitrag Nr. 345 ()
      Vielleicht hat unpromovierte, aber natürlich "Hochwissenschaftliche" Auryn ja keinen Friseur, dem er während des Haarschneidens die Welt erklären kann? ;)

      So gesehen - muss der Friseur-Beruf manchmal ziemlich hart sein.... :D
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 09:41:49
      Beitrag Nr. 346 ()
      DT

      ich will hier nicht zu sehr ins Detail gehen, es gibt ja noch eine Reihe ähnlicher User hier ....

      Was mir ganz einfach auffällt ist diese rechtskonservative bis reaktionäre Haltung dieser Leute und dem neurotischen Zwang, mit ihren Postings persönliche Defizite aufzuarbeiten. Dieser Wunsch, sich hier Geltung zu verschaffen, Bildungsbrocken zum besten zu geben, mit seiner wirtschaftlichen Situation zu prahlen, kleine private Erfolge mitzuteilen usw. Bei Auryn hat es ja fast schon infantilen Charakter.

      Bei Leuten mit anderen politischen Auffassungen sehe ich solche Bestrebungen eigentlich nie. Wahrscheinlich hängt es mit den Karriereplänen dieser Leute zusammen, die sie Tag und Nacht beschäftigt. Dazu brauchen sie eine möglichst stabile soziale Situation, weil sie sich entschlossen haben, innerhalb der bestehenden Strukturen aufzusteigen - koste es was wolle.

      Dies steht im Gegensatz zu unternehmerischen Handeln, das seinen Erfolg ja gerade in der Veränderung seines Umfeldes sieht.
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 11:50:29
      Beitrag Nr. 347 ()
      Na ihr beiden Süßen? :D
      Keine Argumente mehr und jetzt werden die politischen Gegner nur noch persönlich angegriffen?
      Arme Würste!
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 13:17:13
      Beitrag Nr. 348 ()
      @ puhvogel:
      Glaubst Du, man könnte das "Gleichnis" meines Professors am Ende dieses Postings vielleicht auch außerhalb der reinen Historie anwenden?
      ;)

      Hallo meine lieben Freunde!

      Ein bisschen Zeit habe ich heute doch noch für alle meine Freunde erübrigen können. Wenn man sich von Freunden verabschiedet, dann gibt man normalerweise einen Grund hierfür an und ebenso erzählt man den Freunden und Bekannten, wenn ein solcher Grund ein freudiges Ereignis ist, damit sich die Freunde mitfreuen können.
      Jedenfalls gibt es in der Bibel schon so eine Stelle, in der ein guter Hirte tagelang nach einem verirrten Schaf sucht und dann mit seinen Freunden ein Fest feiert, nachdem er das verirrte Schaf wiedergefunden hat. (Im Lukas-Evangelium, oder?)
      Unsere board-intern aktivsten politisch verirrten Schafe können solch ein Verhalten eines "Hirten" natürlich nicht nachvollziehen, da sie sich auf ihren mutmaßlich gewalttätigen Friedensdemos niemals irgendwelche wirklich menschlichen Freunde zuziehen konnten.
      Da solche Menschen zu freundschaftlichen Regungen gar nicht fähig sind, neigen sie im allgemeinen zu extremistischem Gedankengut, zur Streitsucht und zu Beleidigungen, um ihre Frustrationen abzureagieren und halten sich gewöhnlich von morgens bis abends im Internet auf, um ihre eigenen Minderwertigkeitskomplexe auf andere projizieren zu können, da sie selbst nie die Möglichkeit bekommen werden, in angesehenen Zeitschriften ihre abstruse Weltsicht kundzutun, z.B. "es gibt gar keinen Antisemitismus mehr nach 1945". Interessant ist in diesem Zusammenhang auch immer, dass in Diskussionen "wahre Linksextremisten" an solchen, den Antisemitismus fördernden rechtsradikalen Positionen nie etwas auszusetzen haben und ganz hervorragend mit Antisemiten zusammenwirken, wenn sie die Hoffnung haben, im Zusammenspiel mit den Extremisten des eigentlich gänzlich antagonistischen politischen Weltbilds ihre eigenen Kontrahenten verbal oder wie in den Straßenkämpfen der Weimarer Republik auch physisch zu vernichten. Die SPD der Weimarer Republik wurde so durch das Zusammenwirken von Rechts- und Linksextremisten bei Diffamierungen und Straßenkämpfen gleichermaßen von Kommunisten und Nazis ausgeschaltet, die sich nur zu diesem Zweck miteinander verbündet hatten.
      Wenn ich so gewisse Postings hier lese, dann erinnert mich dies doch immer sehr stark an jene "gute alte Zeit" des "1000jährigen Deutschen Reiches", zu deren mögliche Wiederholungsgefahr ich auch folgenden Text im Internet-Archiv von 3sat-Kulturzeit fand:

      Europäische Rechtsradikale suchen Kontakt zum Diktator

      Je stärker etwas geächtet, tabuisiert oder ausgegrenzt wird, desto interessanter wird es auch für Menschen, die sonst nicht viel haben, woran sie sich reiben können. Das Böse übt auf sie eine besondere Faszination aus. Ihre Helden sind beliebig austauschbar.
      Mal ist es Hitler, dann Bin Laden und seit neuestem Saddam Hussein. Für deutsche Neonazis und europäische Rechtsradikale ist der irakische Diktator ein Held und Bruder im Geiste. Eine Art David, der sich gegen Goliath behaupten will. Auffallend ist seit einiger Zeit, dass selbst irakische Politiker und Botschafter diese Avancen aus dem rechtsradikalen Lager begrüßen. Bei der Wahl seiner Freunde scheint der Irak nicht besonders wählerisch zu sein. Selbst kahlköpfige Jungs mit Springerstiefeln, die eher durch dumpfen Nationalismus als durch diplomatisches Geschick auffallen, durften kürzlich dem irakischen Botschafter ihre Ehrennadel anstecken.
      Der deutsche Verfassungsschutz hat sichere Erkenntnisse darüber, dass der "Kampfbund Deutscher Sozialisten" (KDS) intensive Kontakte zum Irak pflegt. Das Innenminsterium Nordhein-Westfalen beobachtet diese rechtsextremistische Vereinigung schon seit Jahren. Weder die Mitglieder des KDS noch offizielle Vertreter der irakischen Botschaft machen nunmehr ein Geheimnis aus ihrer unheiligen Allianz. So gibt auch Thomas Brehl, ein Mitglied des KDS, seine Leidenschaft für Hussein offen zu. Saddam Hussein sei für die Rechtsextremisten eben ein Mensch, der in einigem an ihren Führer Adolf Hitler erinnere. Auch seine Politik begrüßen sie: "Er hat den Irak zu einer orientalischen Variante des nationalistischen Volksstaates gemacht", sagt KDS-Mitglied Axel Reitz. Und er findet, "wenn man mit den Irakern unter seinesgleichen ist", sei es wie ein Kameradschaftsabend. Berührungsängste hätte man auf keiner Seite. Vor wenigen Wochen habe sich sogar der Geschäftsführer der irakischen Botschaft bei solch einem Treffen der Brüder im Geiste die Ehrennadel des KDS ans Revier stecken lassen, sagt Reitz.
      Propaganda bis hinauf in politische Ämter
      Über zuwenig solcher Freunde aus dem rechtsradikalen Lager kann sich der irakische Staatschef derzeit nicht beklagen. Der französische Rechtsausleger Le Pen scheut ebenso wenig die Nähe zu den Machthabern im Irak wie der österreichischer Rechtspopulist und Landeschef von Kärnten Jörg Haider. Der österreichische Landeshauptmann hat in diesem Jahr bereits zwei Mal den Irak besucht. Bei seiner ersten Visite im Februar erklärte sich Haider im Namen Österreichs mit Irak solidarisch und verlangte eine Aufhebung der UN-Sanktionen. Solche und andere abstruse Thesen können in der FPÖ-nahen Zeitung "Zur Zeit" nachgelesen werden. Sie macht derzeit Schlagzeilen mit Interviews von hochkarätigen, irakischen Politikern und islamistischen Terroristen. Diese Artikel von "Zur Zeit" bewertet der Extremismusforscher Patrick Moreau eindeutig als irakische Propaganda in Europa. Er sieht durch die Sympathieäußerungen führender Politiker zu Hussein die militärische Sicherheit Europas im Falle eines Krieges gefährdet.
      Und dann gibt es da auch noch die höchst interessante Zusammenarbeit von ehemaligen Linksextremisten wie Horst Mahler, der von der terroristischen "Roten Armee Fraktion" zur NPD wechselte, weil da antiamerikanischer Haß und antisemitischer Haß auf USA und Israel viel besser mit dem Führerprinzip verbunden werden konnte. Zwischenzeitlich fand man Horst Mahler auch auf den Veranstaltungen der inzwischen von Innenminister Schily verbotenen islamistischen "Hisb-ut-Tahrir" - Partei. Vielleicht kann man ja auch noch den Islamismus in den Kampf gegen das gemeinsame Feindbild einbinden, nicht?
      Das Gemeinsame der islamistischen Fanatiker sowie der Extremisten auf der extremen Linken wie der extremen Rechten ist das Feindbild: Die USA, Israel und der westlich-kapitalistische Lebensstil allgemein:

      http://www.taz.de/pt/2002/10/29/a0169.nf/text

      http://www.taz.de/pt/2003/01/16/a0025.nf/text

      Einer meiner Politologie-Professoren meinte übrigens neulich während einer Vorlesung in seinem persönlichen "Gleichnis", dass einerseits zwar das auf die Politik bezogene Wort von Truman stimme, dass man nicht Koch werden sollte, wenn es einem in der Küche zum Arbeiten zu heiß wäre. Andererseits sollte man als guter Koch aber auch nicht unbedingt versuchen, ein Schwein selbst zu schlachten, denn wenn man sich mit einem richtig großen Schwein anlege, würde man dabei als Koch nur dreckig, während das Schwein den ganzen Spaß für sich alleine hat, bis der professionelle Schlachter vorbeikommt. Der Koch aber könnte dann womöglich wegen unhygienischer Verhältnisse in der Küche seine Sterne im Guide Michelin verlieren.
      Ich glaube, mein Professor meinte damit von der Vorlesung her ursprünglich unseren Diktator Hitler und die Rolle der USA in der Geschichte des Zweiten Weltkriegs. Aber wer weiß? Vielleicht kann man dieses Gleichnis ja auch auf andere Zusammenhänge übertragen...
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 13:23:17
      Beitrag Nr. 349 ()
      Auryn

      Europäische Rechtsradikale suchen Kontakt zum Diktator

      sag´mal schnell, wo darf man in der welt ungestraft ein Hakenkreuz Tragen?

      Wo gibt es jede Menge Nazis?

      Wer hat sich bis 1990 ganz massiv an der seite der Diktatoren dieser welt befunden, solange man wirtschaftlich und hegemonial davon profitiert?

      und: Wer ist immer noch an der seite der vielen Diktatoren dieser welt, ausser von sadam Hussein?

      Auf alle Fragen gibt eine einfache Antwort:

      die USA.
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 13:25:26
      Beitrag Nr. 350 ()
      @ Auryn:

      Beim jahrekangen STREICHELN vonSchweinen kann man sich auch einen üblen Geruch zuziehen, der viele andere abstößt... besonders unter Menschen mit Tischmanieren...

      was meint dieses Gleichnis wohl?

      :D
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 13:37:17
      Beitrag Nr. 351 ()
      Das Problem ist doch, daß die heutigen Pazifisten als Rechtsradikale verleumdet werden, während die Kriegstreiber sich als Retter für Demokratie, Sicherheit und Menschenrechte feiern lassen.
      Vertauschte Rollen und die Mehrheit merkt es nicht mal.

      Euer Seuchenvogel
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 13:44:48
      Beitrag Nr. 352 ()
      Ach ja, mein göttlich-unfehlbarster Deep Thought,

      Du geruhst auch mal wieder mit Deinem untertänigsten Auryn zu diskutieren?

      Nun aber zu Deinen Fragen aus Deinem geschätzten Posting # 349, die ich mir kursiv zu setzen erlaube:
      Wo darf man in der Welt ungestraft ein Hakenkreuz tragen?
      Ein Hakenkreuz darf man u.a. ungestraft tragen in Island (traditionelles Firmenzeichen aufgrund germanischer Runen), in Indien, Pakistan und Bangla Desh (Sonnensymbol der Ahuryaveda).

      Wo gibt es jede Menge Nazis?
      Unter anderem in Rußland, Weißrußland, der Ukraine, Polen, Deutschland, Frankreich, Kanada und den USA.

      Wer hat sich bis 1990 ganz masiv an der Seite der Diktatoren dieser Welt befunden, solange man wirtschaftlich und hegemonial davon profitiert?

      Unter anderem bei den Diktatoren des Warschauer Pakts, bei Kuba, Angola, Mocambique, Äthiopien und Jemen (strategische Bodenschätze in Afrika und strategische Lage am "Horn von Afrika" bei Äthiopien und Somalia) war es die Sowjetunion. Bei Nordkorea und Albanien war es China.

      Wer ist noch immer an der Seite der vielen Diktatoren dieser Welt, außer von Saddam Hussein?
      In Nordkorea, wo Kim Il Sung und sein Sohn Kim Jong Il in den letzten 5 Jahren ca. 2 Millionen Menschen verhungern ließen, ist es China. In Tadschikistan, Usbekistan, Kirgisistan und Turkmenistan ist es in erster Linie immer noch Rußland, denn sofern diese Länder gemeinsame Grenzen mit dem Iran oder Afghanistan haben, stellt die Russische Armee immer noch die Grenztruppen zum Schutz ihrer lockeren "Gemeinschaft Unabhängiger Staaten".
      Komischerweise kann ich bei diesen Möglichkeiten, die Dir offensichtlich nicht bekannt sind, nirgendwo die USA finden.

      Aber mein lieber "Deep Thought", da fällt mir gerade noch ein, daß Du mir noch nicht zu mindestens zweien meiner früheren Postings geantwortet hattest. Das eine war das mit den Kurden und das andere war doch das mit Deinen "leichten Entgleisungen". Wolltest Du Dich dafür nicht bei Gelegenheit neulich entschuldigen?
      Wie lieblich lauteten doch zuletzt Deine "Argumente", mein lieber "Deep Thought"?:
      du bist einfach zwanghaft in Deiner bescheuerten anklagenden Art, ...
      ... solcher Typen wie Dir ...
      ... (als Du noch in Windeln geschissen hast, falls überhaupt geboren) ...
      ... Du bist derart beknackt, ...... ich kann dein virtuelles Geheule hier nicht mehr ertragen...
      ... Dein Spatzenhirn...
      ... Du Pfeife ...
      ... als Du noch flüssig warst ...
      ... Dir frechem, eingebildeten Nichts an Würstchen ...
      ... und Menschen, die aus Rumänien kommen, zu meinen Freunden zähle.
      ... solche verzogenen Kinder wie Dich, solche überheblichen Gewinnler gibt es unter diesen liebenswerten Menschen gottseidank nicht.
      ... US-ergebenen Dünnpfiff daher, sondern haben ihr Herz und Hirn NACH Erreichen ihres Zieles nicht wie Du aus- , sondern weiterhin angeschaltet. ...
      ... Es mag ja Menschen geben, die Du mit deinem pfauenhaften und machomäßigem Gehampele und Imponiergehabe beeindruckst, aber bei lebenserfahrenen und reifen Menschen dürfte das so gut wie ausgeschlossen sein.
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 13:51:26
      Beitrag Nr. 353 ()
      P.S.: Ich vermute, die freundlichen Worte von Deep Thought, die ich mir am Ende von # 352 zu zitieren erlaube und für die meine Wenigkeit niemals eine Entschuldigung erreichte, sind ein Ausdruck von "Deep Thoughts" Tischmanieren, nicht wahr?
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 13:56:40
      Beitrag Nr. 354 ()
      @ Seuchenvogel:
      Dürfen wir aus Deinem Posting womöglich schließen, daß Du "stirner"s Theorie über die "Nicht-Existenz von Antisemitismus seit 1945" befürworten könntest?
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 13:57:09
      Beitrag Nr. 355 ()
      Auryn, Du machst Dich erneut absolut lächerlich:


      "Nachdem die Bundesregierung mit ihrer Berliner Erklärung ( Berliner Erklärung gegen den Hass im Netz), die einen Mindestbestand an internationalen Strafbestimmungen festlegen und besonders die Strafverfolgung gegen Neonazis im Internet verbessern helfen sollte, bei den auf das Recht auf "Free Speech" pochenden Amerikanern abgeblitzt war, fuhr Schily in einem Gespräch mit Focus (37/2000) andere Geschütze auf: Damals sagte er, dass sein Haus die Umwandlung des Web in eine neonazistische Propagandaplattform "sehr bewegt". Weiter ließ er die Leser des Magazins wissen, dass er zunächst mit den Providern in den USA und Kanada "reden" wolle, "wo die meisten dieser Schmutzseiten eingespeist werden". Schon damals kündigte er aber an, dass er "noch weiter gehen" würde: "Wir sollten überlegen, solche Websites durch technische Maßnahmen auszuschalten. Sie sollten als Störung von Recht und Ordnung im Wege des Polizeirechts ausgeblendet werden."
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 14:03:11
      Beitrag Nr. 356 ()
      Mein göttlichster und unfehlbarster Deep Thought,

      darf ich aus Deiner nie erfolgten Entschuldigung für Deine Beleidigungen und Deinem Posting # 355 sowie Deinem Posting # 350 entnehmen, daß Du für Deine folgenden früheren Äußerungen mir gegenüber das Recht der freien Rede und Deiner freizügigen Tischmanieren in Anspruch nimmst?:

      du bist einfach zwanghaft in Deiner bescheuerten anklagenden Art, ...
      ... solcher Typen wie Dir ...
      ... (als Du noch in Windeln geschissen hast, falls überhaupt geboren) ...
      ... Du bist derart beknackt, ...... ich kann dein virtuelles Geheule hier nicht mehr ertragen...
      ... Dein Spatzenhirn...
      ... Du Pfeife ...
      ... als Du noch flüssig warst ...
      ... Dir frechem, eingebildeten Nichts an Würstchen ...
      ... und Menschen, die aus Rumänien kommen, zu meinen Freunden zähle.
      ... solche verzogenen Kinder wie Dich, solche überheblichen Gewinnler gibt es unter diesen liebenswerten Menschen gottseidank nicht.
      ... US-ergebenen Dünnpfiff daher, sondern haben ihr Herz und Hirn NACH Erreichen ihres Zieles nicht wie Du aus- , sondern weiterhin angeschaltet. ...
      ... Es mag ja Menschen geben, die Du mit deinem pfauenhaften und machomäßigem Gehampele und Imponiergehabe beeindruckst, aber bei lebenserfahrenen und reifen Menschen dürfte das so gut wie ausgeschlossen sein.
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 14:10:49
      Beitrag Nr. 357 ()
      Auryn in seiner Endlos-Schleife.... :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 14:15:55
      Beitrag Nr. 358 ()
      @Seuchenvogel:
      Dann heul doch; :laugh:

      Nee, nee nix mit Pazifisten:
      Oktopodius, eierdieb, genova ,DSR sind Pazifisten. Wenn ein stirner in jedem Friedmann zu finden ist, dann weht der Wind von rechts. Und ein braune Pazifist, so etwas gibt es nicht.
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 14:17:42
      Beitrag Nr. 359 ()
      @Auryn

      Nicht-Existenz von Antisemitismus seit 1945

      Also nach dem Krieg ?

      Was ist Antisemitismus ?
      1) Taten
      2) Worte
      3) Gedanken
      4) unterstellte Gedanken
      5) Sympatisanten zu Personen, denen solche Gedanken unterstellt werden
      6) Sympatisanten zu Sympatisanten siehe Punkt 5

      Bei uns ist die Antisemitismus-Hysterie-Skala schon bei Punkt Nr. 6 angelangt, obwohl man nur bei Punkt 1 (Taten) von Antisemitismus sprechen kann.
      Nimmt man Punkt 1 (Taten) als Grundlage für den Antisemitismus und vergleicht das mit anderen Ländern, dann liegt Deutschland (nach 1945) sehr weit hinten beim Antisemitismus.


      Euer Seuchenvogel
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 14:19:27
      Beitrag Nr. 360 ()
      Tja, Deep Thought,
      zu Deinem Posting # 357: komischerweise stamme ich aus einem Land, wo man wegen der vielen nationalen Minderheiten einen Umgangston pflegt, der sehr zurückhaltend und ehrerbietig ist.
      Alles übrige führt leicht zu internationalen Komplikationen.

      Wenn Du Dich nicht für offenkundige Beleidigungen entschuldigen kannst, dann darfst Du nicht damit rechnen, von irgendjemandem als ernsthafter Diskussionspartner betrachtet zu werden, weil es Dir an jedem Gefühl für Takt mangelt.
      Du erweckst dann den Eindruck, daß Du kein Selbstbewußtsein besitzt und Deinen Standpunkt selbst nur vertreten kannst, indem Du andere erniedrigst.
      Und wenn Du bei dieser Haltung bleibst, wirst Du Deine schönen Manieren immer wieder zu sehen bekommen. Ich kann mir extra dafür Zeit nehmen, wenn Du möchtest.
      Also:
      Na, was ist, Deep Thought?
      Kannst Du Dich nicht entscheiden, ob Du Dich endlich für Deine Beleidigungen entschuldigst, weil das ja Deine Unfehlbarkeit in Frage stellen könnte?
      Redet man so bei Dir zu Hause in einer Diskussion, ja?
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 14:27:15
      Beitrag Nr. 361 ()
      @ Seuchenvogel:
      Mir ging es bei "stirner" um seine "Exklusiv-Aussage", nicht um die Varianten.
      Komischerweise ist jede deutsche Bundesregierung und jede deutsche Kirchenführung seit 1945 der Ansicht, es gäbe "Antisemitismus" in verschiedenen Ausprägungen in Deutschland und es gelte, ihn zu bekämpfen. Im Verfassungsschutzbericht taucht dieser Begriff komischerweise auch jedes Jahr wieder auf, meist unter den Rubriken zum "Rechtsradikalismus" und "Rechtsextremismus".

      Nur unser "stirner" meinte im "Antisemitismus"-Thread, daß es in Deutschland seit 1945 "Antisemitismus" gar nicht mehr gibt.

      Ist eine interessante und noch nicht belegte Aussage, wie ich finde.

      Und Deep Thought setzt dazu meist nur irgendwelche von seinen vielen lustigen Smilies.
      Was darf man davon halten?
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 14:58:19
      Beitrag Nr. 362 ()
      @Auryn

      Deutschland ist das pro-jüdischste Land der Erde, noch vor den Amerikanern !
      Unsere Gesetze, unsere Medien, unsere Literatur, unsere Geschichtsschreibung und unsere Beziehung zu Israel beweist, daß Antisemitismus in Deutschland kaum vorhanden ist.

      Euer Seuchenvogel
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 15:04:49
      Beitrag Nr. 363 ()
      @ Seuchenvogel:
      Dürfen wir dann aus der Tatsache, daß in Deutschland etwa 10mal mehr Synagogen mit Brandsätzen beworfen werden als in Kanada (nämlich gar keine), schließen,

      a) daß die Brandsatz-Werfer eigentlich "nur" Moscheen oder Gotteshäuser anderer Glaubensgemeinschaften mit Moloow-Cocktails bewerfen wollten, aber gerade keine anderen als Synagogen in der Nähe waren?

      b) daß Kanada vielleicht noch etwas "judenfreundlicher" ist als Deutschland?
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 15:10:20
      Beitrag Nr. 364 ()
      Auryn,

      Deine Behauptung über die Nichtexistenz-Theorie des Antisemitismus war ja mal ganz lustig, inzwischen nur noch albern. Weil ich sie nicht behauptet habe. Lies einfach eines der letzten Postings in Deinem Israel-Thread.

      Antisemitsmus im Sinne der Nazi-Ideologie auf der Grundlage einer rassistischen Pseudotheorie existiert allerdings tatsächlich nicht mehr. Das wirst auch Du nicht abstreiten können.

      Aber was soll ich mit Dir diskutieren, Du bist ja sogar bereit Fakten abzustreiten, um Deine zionistische Propaganda verbreiten zu können.
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 15:21:17
      Beitrag Nr. 365 ()
      Auryn,

      wo warst Du eigentlich, als man in der Schule rechnen gelernt hat?

      Wenn in Kanada kein Brandsatz auf eine Synagoge geworfen wurde (also 0) und in Deutschland zehn, dann ist das keineswegs zehnmal soviel, sondern unendlich mal soviel.

      Ansonsten stimmt diese Zahl 10 nicht. Nach meiner Erinnerung gab es nur einen einzigen Anschlag, und der wurde von Arabern durchgeführt. Dieser Anschlag hatte einen politischen, anti-israelischen Hintergrund, kann also nicht als antisemtisch gewertet werden.
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 15:27:43
      Beitrag Nr. 366 ()
      @Auryn

      Unsere Gesetze, unsere Medien, unsere Literatur, unsere Geschichtsschreibung und unsere Beziehung zu Israel wiegen schwerer als ein paar Molotow-Cocktails. Da kann Kanada nicht mithalten.
      Die meisten antisemitischen Straftaten werden von den bei uns lebenden Ausländern begangen, aber dank unserer Medien wird meistens die Nationalität der Täter verschwiegen, um so den Eindruck zu erwecken..........
      Außerdem werden viele antisemitischen Straftaten inszeniert, zwecks Unterwanderung der NPD durch den Verfassungsschutz.

      Euer Seuchenvogel
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 15:41:25
      Beitrag Nr. 367 ()
      @ stirner:
      Du hast wieder einmal nicht den satirischen Charakter meines vorhergehenden Postings erkannt, das eine Frage beinhaltete und keine mathematische Feststellung.
      Aber mit Satiren über Neo-Nazis hast Du ja schon früher so Deine Schwierigkeiten gehabt.
      Zu Deinem interessanten "Antisemitismus"-Verständnis:

      Nur, damit mir nicht vorgeworfen wird, ich würde aus einem Zusammenhang herausreißen:
      Du behauptest in Deinem folgenden "kursiv" gesetzten Posting # 193 in "meinem" Antisemitismus-Thread folgendes, wobei ich mir die Passage, die im Gegensatz zur Meinung sämtlicher deutschen Bundesregierungen und Kirchenführungen stehen dürfte, "fett" hervorzuheben erlaube:

      # 193 von stirner [Userinfo] [Nachricht an User] 26.11.02 16:19:51 Beitrag Nr.: 7.946.210 7946210
      Dieses Posting: versenden | melden | drucken | Antwort schreiben
      Auryn,

      ich sehe, Du gibst zu, daß Du unrecht hast. Anders kann ich Deine Antwort nicht interpretieren.

      Ansonsten habe ich das Gefühl, daß Du Dich über meine Person täuschst. Ich habe bereits Dutzende von Büchern zu diesem Thema gelesen und das Niveau eines ZDF-Films längst hinter mir gelassen. Du tust mir auch unrecht zu behaupten, ich würde Antisemitismus ableugnen. Das tue ich zweifellos nicht und das geht auch aus meinen Postings nicht hervor. Ich bestreite weder den Holocaust noch behaupte ich, daß die Geschichtsschreibung über das 3. Reich falsch sei. Diese Periode der Geschichte ist eine der am besten dokumentierte der gesamten Weltgeschichte und es dürfte nur geringfüge Interpretationsunterschiede zwischen mir und Dir geben.

      Ich bestreite nur, daß viele der heutigen Antisemitismusvorwürfe gerechtfertigt sind und meine, daß der ganze Begriff höchst fragwürdig ist. Als Politologe mußt Du einen solchen Begriff kritisch hinterfragen und nicht naiv verbreiten.

      Es gibt ja auch in der Tat keine Antisemiten mehr, ich kenne jedenfalls keinen. Es gibt nur den Antisemitismus-Vorwurf der Anti-Antisemiten, die meistens Zionisten sind und die damit die Postion Israels rechtfertigen.
      Was mich interessieren würde, wäre die Geschichte der Entstehung des Antisemitismus vor dem 3. Reich. Dazu gibt es aber keine Forschung. Ich frage mich heute, wie man von jüdischer Seite sehenden Auges in diese Katastrophe hineinschlittern konnte.


      Ein anderes Thema, daß Du einmal dokumentieren könntest wäre eine Liste von sog. "antisemitischen Klischees". Eine solche wäre doch höchst nützlich und sollte von professionellen Antisemitismusexperten schon längst erstellt worden sein. Schließlich sind sie in der Lage, jederzeit ein solches Klische zu präsentieren, wenn es um die Beurteilung eines israelkritischen Textes geht.



      Wir dürfen doch aus diesem DEINEM Posting schließen, daß es
      erstens mal keine Antisemiten geben kann, weil der Begriff Deiner Meinung nach falsch verwendet wird und zweitens, daß die Juden an der Vernichtungspolitik der Nazis ihnen gegenüber in erheblichem Maße selbst schuld sein müssen, oder?
      Ich würde genau dieses Posting von Dir, stirner, als Beweis für Deinen eigenen - mindestens latenten, wenn nicht offenen - "Antisemitismus" betrachten!
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 15:52:45
      Beitrag Nr. 368 ()
      @ Auryn

      das "Exclusiv" bei den fragen, die ich korrekt gestellt und im gegensatz zu Dir geschichtsverdreher auch korrekt beantwortet habe, hat nur einer hinzugefügt:

      DU!

      Lass´Dich einmal auf deine Phantasien hin checken. Du unterstellst in deinem.. ähem ....... anderen stets angebliche Aussagen, die diese nie machten.

      sowas nennt man "Traumwelt" .

      Die Aussage unseres Bundesinnenmisinsters dürfte ja an Klarheit nichts mehr zu wünschen ünbrig lassen, oder?

      Bist Du nach deutschland gekommen, um hier alle deutschen als Antisemiten und Nazis zu beschimpfen?

      Das war in dem Land, wo Du herkommst einmal üblich. Aber ceauscescu ist tot. Du brauchst diese Ex-Staatsdoktrin nicht mehr als Mantra vor Dir herzubeten.

      Übrigens hat ein Deutscher Bundeskanzler einmal in Warschau niedergekniet und gegen den heftigen Widerstand der USA eine Politik der Verständigung zwischen Ost und West eingeleitet, die immer noch hält. Und ie ganz wesentliche Anteil an der Aussöhnung der europäisvchen Völker hat.

      und zum Schluß:

      Die EINWANDERUNGSZAHLEN jüdischer menschen nach Deutschland war noch nie so groß´wie jetzt - ebenso wie die Mitgliederzahlen der deutschen jüdischen gemeinden. In beiden Disziplinen haben wir 2002 rekordzahlen erreicht.


      Du bist nach meiner persönlichen Einschätzung ein echter haserfüllter Volksverhetzer und versuchst ständig, einen Keil zwischen Deutsche jüdischen und anderen Glaubens zu treiben.

      aber das wird Dir nicht gelingen.


      Und hier nimm bitte die REALITÄT zur Kenntnis:

      "Nachdem die Bundesregierung mit ihrer Berliner Erklärung ( Berliner Erklärung gegen den Hass im Netz), die einen Mindestbestand an internationalen Strafbestimmungen festlegen und besonders die Strafverfolgung gegen Neonazis im Internet verbessern helfen sollte, bei den auf das Recht auf "Free Speech" pochenden Amerikanern abgeblitzt war, fuhr Schily in einem Gespräch mit Focus (37/2000) andere Geschütze auf: Damals sagte er, dass sein Haus die Umwandlung des Web in eine neonazistische Propagandaplattform "sehr bewegt". Weiter ließ er die Leser des Magazins wissen, dass er zunächst mit den Providern in den USA und Kanada reden wolle, "wo die meisten dieser Schmutzseiten eingespeist werden". Schon damals kündigte er aber an, dass er "noch weiter gehen" würde: "Wir sollten überlegen, solche Websites durch technische Maßnahmen auszuschalten. Sie sollten als Störung von Recht und Ordnung im Wege des Polizeirechts ausgeblendet werden."
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 16:02:02
      Beitrag Nr. 369 ()
      Nein Auryn, das war keine Satire, sondern eine Behautpung. Du hast einfach ein bißchen geflunkert. Man könnte auch sagen, Du hast diese Zahlen frei erfunden.

      Was das von mir zitierte Psoting anbetrifft, so habe ich hier provoziert, das ist alles. Der entscheidende Punkt, den Du nicht begreifen willst ist aber folgender: Ist gibt niemanden, der sich als Antisemiten bezeichnet, von ein paar Ausnahmen bei Neonazis abgesehen. Es geht eigentlich immer um die Behauptung, irgendeine Handlung oder Äußerung sei antisemitisch.
      Ein Antisemitsmus ohne Antisemiten also. Dieser Sachverhalt wird von einem bekannten Antisemitismus-Forscher (Belz glaube ich heißt er) ebenfalls so dargestellt.

      In meinem Posting steht z.B. der folgende Satz:
      Du tust mir auch unrecht zu behaupten, ich würde Antisemitismus ableugnen.

      Ich frage mich ernsthaft, was Du mir vorwirfst. Ich bin voll auf der Linie der wissenschaftlichen Antisemitsmus-Forschung.

      Was die Behauptung betrifft, der Begriff würde meiner Meinung nach falsch verwendet: Da kann ich nur feststellen, daß es in der Tat nach 1945 einen Bedeutungswandel gegeben hat. Abgesehen sind die Definitionen, die veröffentlicht wurden äußerst schwammig und z.T. in sich, z.T. zu anderen widersprüchlich. Warum sollte man darüber nicht diskutieren?
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 16:03:07
      Beitrag Nr. 370 ()
      Aber mein göttlichster und unfehlbarster Deep Thought,

      so beruhige Dich doch! Du bist ja schon ganz aufgeplustert, rot im Gesicht und Du machst schon so unübersehbar undeutsche Orthographie-Fehler aus Aufregung über meinen "Anti-Antisemitismus".
      Kennst Du denn auch wie "stirner" gar keine "Antisemiten" merh in Deutschland?

      Natürlich sind mir die einschlägigen Seiten aus den USA bekannt, denn ich kenne ja auch die Antworten darauf von der "Jewish Anti-Defamation League", zu deren Arbeit es im schönen Deutschland aber kaum eine äquivalente deutsche Organisation gibt.
      Kennst Du übrigens auch Gary Lauck von der "NSDAP-AL" aus Nebraska? Der hatte in Dänemark fast so schöne Ansichten vertreten wie die nicht-existenten Antisemiten in meinen Threads und war dafür nach Deutschland ausgeliefert und jahrelang in deutschen Gefängnissen verpflegt worden. Ich bedaure selbst sehr, daß dies in den USA nicht möglich ist, weil da ja soviel Wert auf "Redefreiheit" gelegt wird.
      Übrigens genausoviel wie bei Dir, denn Du beleidigst, erniedrigst und beschimpfst meine Wenigkeit aufs Unflätigste und findest das völlig normal, nicht?

      Wie ist denn nun Deine Haltung dazu:
      darf ich aus Deiner nie erfolgten Entschuldigung für Deine Beleidigungen und Deinem Posting # 355 sowie Deinem Posting # 350 entnehmen, daß Du für Deine folgenden früheren Äußerungen mir gegenüber das Recht der freien Rede und Deiner freizügigen Tischmanieren in Anspruch nimmst?:

      du bist einfach zwanghaft in Deiner bescheuerten anklagenden Art, ...
      ... solcher Typen wie Dir ...
      ... (als Du noch in Windeln geschissen hast, falls überhaupt geboren) ...
      ... Du bist derart beknackt, ...... ich kann dein virtuelles Geheule hier nicht mehr ertragen...
      ... Dein Spatzenhirn...
      ... Du Pfeife ...
      ... als Du noch flüssig warst ...
      ... Dir frechem, eingebildeten Nichts an Würstchen ...
      ... und Menschen, die aus Rumänien kommen, zu meinen Freunden zähle.
      ... solche verzogenen Kinder wie Dich, solche überheblichen Gewinnler gibt es unter diesen liebenswerten Menschen gottseidank nicht.
      ... US-ergebenen Dünnpfiff daher, sondern haben ihr Herz und Hirn NACH Erreichen ihres Zieles nicht wie Du aus- , sondern weiterhin angeschaltet. ...
      ... Es mag ja Menschen geben, die Du mit deinem pfauenhaften und machomäßigem Gehampele und Imponiergehabe beeindruckst, aber bei lebenserfahrenen und reifen Menschen dürfte das so gut wie ausgeschlossen sein.
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 16:05:37
      Beitrag Nr. 371 ()
      @Auryn

      Rechtsradikale Provider in Kanada exportieren den Antisemitismus nach Deutschland.
      Also diese Kanadier sind ein ganz schlimmes Volk und du verteidigst diese Antisemiten ? Ich bin fassungslos.

      Euer Seuchenvogel
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 16:07:33
      Beitrag Nr. 372 ()
      mir schwant, wer Auryn ein "Promotionsstipendium" in Osteuropa geben möchte.....

      wes´ geld ich nehm, des´lied ich spiel?
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 16:08:24
      Beitrag Nr. 373 ()
      @ stirner (Posting 369):
      Ach, jetzt erfahren wir erst, daß Du damals "nur ein bißchen provozieren" wolltest und möglicherweise, vielleicht, ja, hmm, unter Umständen doch ein paar Neo-Nazis existieren könnten, die auch von sich selbst zu sagen bereit sind, daß sie selbst "ANTISEMITEN" sind.
      Tja, leider kommt diese Aufklärung ein bißchen spät, nicht?
      O.K., ich akzeptiere dies als späte Entschuldigung, aber an Deiner Stelle wäre ich im Hinblick auf die deutschen Kirchen, Regierungen und Verfassungsschutzberichte bei meinen Formulierungen etwas vorsichtiger.
      Bye,
      Auryn
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 16:14:36
      Beitrag Nr. 374 ()
      Oh mein unverständlicher Seuchenvogel,

      in welcher Zeile meiner Postings bist Du denn abgerutscht und aufgeschlagen?
      Nebraska liegt in den USA und nicht in Kanada und ich finde es sehr bedauerlich, daß ein Hitler-Fan wie - der übrigens deutschstämmige - Gary Lauck für seine Pamphlete erst in Europa hinter Schloß und Riegel kam, wo er schon in den USA längst hingehört hätte!


      Oh mein göttlichster, unfehlbar-ewig-pöbelnder-und-sich-dafür-nie-entschuldigender "Deep Thought",

      es ist nicht Österreich, das mich beglücken will und es ist auch keine Minderheit, sondern das Außenministerium einer anderen Mehrheits-REGIERUNG.
      :D
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 16:23:20
      Beitrag Nr. 375 ()
      Auryn,

      diese Aufklärung hätte sich von selbst ergeben, wenn Du auf mein Posting geantwortet hättest. Da stand ja noch einiges mehr drin.
      Abgesehen davon habe ich schon mehrmals so wie in #369 argumentiert, beispielsweise in einem der letzten Postings in Deinem Israel-Thread, als eine Antwort auf einen entsprechenden Vorwurf von sep.

      Wenn Du hier Zahlen frei erfinden, offensichtliche Tatsachen ableugnen kannst, dann werde ich auch mal ein bißchen übertreiben dürfen. Das hättest Du ohne weiteres erkennen können.
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 16:26:31
      Beitrag Nr. 376 ()
      http://www.konservative.de/seiten/Berliner/BerlinerB3KOMM.ht…

      OKTOBER 2000 / NR. 3

      Liebe Freunde der
      Deutschen Konservativen,

      angesichts des Brandanschlages auf die Düsseldorfer Synagoge wurde der Bundeskanzler von dem Gedanken aufgeschreckt, daß deutsche Rechtsextremisten das Leben der Juden in Deutschland gefährdeten, folgerichtig müsse man sich die Frage stellen, ob ein jüdisches Leben in Deutschland noch überhaupt sinnvoll sei.

      Gerhard Schröder begab sich persönlich zur Inspizierung des Tatortes nach Düsseldorf.

      Daß am selben Tag, an dem der Düsseldorfer Brandanschlag verübt wurde, in New York, Kopenhagen und in zahlreichen arabischen Ländern Anschläge gegen jüdische und amerikanische Einrichtungen und Institutionen verübt wurden, schien der Kanzler nicht zur Kenntnis genommen zu haben. Inzwischen hat die Terrorwelle - im Windschatten der neuen „Intifada“ und der Solidarität mit den Palästinensern - rund um den Erdball geschlagen. Von Australien bis Kanada, von Südafrika bis zur Synagoge in Versailles wurden Anschläge verübt.

      Kenner der Szene wissen sogar wer der Koordinator der weltweiten Aktion ist, die israelischen Nachrichtendienste (beileibe nicht die am schwächsten informierte!) haben ihn längst identifiziert. Er heißt Imad Magnijah, der verantwortliche Hesbollah-Mann für Auslandsaktionen. Der stellvertretende iranische Außenminister, Mohammed Sader, hat Anfang des Monats in einem Gespräch mit der libanesischen Zeitung Al Hayat erklärt, er schließe nicht mehr aus, daß der Iran bei der Koordinierung der Aktivitäten der vier militanten Organisationen der sogenannten Ablehnungsfront - Hesbollah, Hamas, Islamischer Dschihad und Ahmed Dschibrils Volksfront - aktiv mithelfe.

      Bei der Ausführung verschiedener Anschläge in Deutschland wird immer ein Hakenkreuz oder eine sonstige NS-Schmiererei hinzugefügt, um nach dem Beispiel östlicher Geheimdienste aus den Jahren des Kalten Krieges die deutsch-jüdischen, bzw. deutsch-israelischen Beziehungen nachhaltig zu stören.
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 16:29:13
      Beitrag Nr. 377 ()
      @ stirner:
      Leider liegen Deine "antisemitismusverdächtigen Übertreibungen" lustigerweise so weit zurück, daß sie rein zeitlich vor jeder hypothetischen Übertreibung meiner Wenigkeit liegen müssen. Oder findest Du eine "Übertreibung" meiner Wenigkeit vor Deiner "Übertreibung"?
      Im übrigen bist Du der erfolgreichste Leugner irgendwelcher Tatsachen, wenn ich mich recht erinnere, denn Du sagtest doch auch so gerne, daß die Zahl der jüdischen Nobelpreisträger überhaupt nichts mit ihrem Glauben zu tun hat.
      Ich vermute, Du wirst auch gleich sagen, daß der neue Nobelpreisträger für Literatur, Imre Kertesz, bei seiner Nobelpreisverleihung nichts mit dem Holocaust verbinden könnte, wenn er in seinem Lebenswerk auch für Bücher ausgezeichnet wurde, die das eigene Leiden und das seiner Familie in deutschen KZs zum Inhalt hat, oder?
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 16:30:40
      Beitrag Nr. 378 ()
      Nach der absurden Logik Auryns müssten - was, wie ich ausdrücklich betone, natürlich NICHT der Fall ist - sogar die Israelis Antisemiten sein:

      http://www.hagalil.com/archiv/2000/06/synagoge.htm

      PM Barak zum Brandanschlag auf die Synagoge in Ramoth:
      Unsere Seelen sind entsetzt

      Premierminister Ehud Ehud Barak verurteilte den Brandanschlag vom letzten Samstagabend auf die konservative J`ar Ramot Synagoge (Jerusalem). Barak sprach von einem "furchtbaren Akt, der die Seelen aller Juden entsetzen müsse". "In ganz besonderer Weise erschreckt uns diese Tat, da sie in Jerusalem verübt wurde, in der ewigen Hauptstadt des Staates Israel und des jüdischen Volkes", so Barak.
      Rabbiner Ehud Bendel, Sprecher der nicht-orthodoxen Mesorati-Bewegung, erwähnte in einem Gespräch mit der Tageszeitung haArez, dass die Synagoge bereits vor drei Wochen angegriffen worden sei.

      Der Knessetabgeordnete Roman Bronfman (Demokratische Wahl) sagte, dass Vorfälle wie dieser (und viele andere in den letzten Monaten) direktes Resultat der Atmosphäre von Ausgrenzung, Intoleranz, Unterdrückung und Diskrimination, welche das orthodox-religiöse Establishment in Bezug auf alle nicht-orthodoxen Strömungen innerhalb des Judentums erzeugt habe.

      Er rief alle orthodoxen Richtungen dazu auf diese Gewaltakte einstimmig und unmissverständlich zu verurteilen. Eine weitere Eskalation wird das jüdische Volk zerreißen und die Mehrheit des Volkes wird sich immer weiter abwenden.

      Der Minister für Gesellschaft und Disapora Angelegenheiten, haRaw Michael Melchior sagte es sei höchste Zeit die Verantwortlichen solch ruchloser Akte zur Rechenschaft zu ziehen.
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 16:36:01
      Beitrag Nr. 379 ()
      @ auryn

      es ist nicht Österreich, das mich beglücken will und es ist auch keine Minderheit, sondern das Außenministerium einer anderen Mehrheits-REGIERUNG

      mein ganz persönlicher Tip:

      Bleib´bitte, bitte dort.

      Wir sammeln auch hier. Für die Verlängerung deiner endlos-Promotion.
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 16:42:35
      Beitrag Nr. 380 ()
      Ach ja.... um die demagogische Art Auryns, Birnen mit Äpfeln zu vergleichen, zu benutzen, könnte ich jetzt schreiben:

      "Damit wurden nachweislich tausendmal mehr Brandanschläge auf synagogen inIsrael verübt als in Alaska"

      Aber das mache ich natürlich NICHT. ich bin ja nicht blöd.
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 16:44:34
      Beitrag Nr. 381 ()
      DT

      es gibt keinen jüdischen Antisemiten, das ist per Definition ausgeschlossen! Die korrekte Bezeichnung dafür ist: Jüdischer Selbsthass.

      Auryn,

      wo Du da hinziehts, gibt es da kein Internet? Muß ja ganz schön weit weg sein. Aber der Abschied fällt Dir wohl schwer. Wirst dort schon jemanden finden, der dich ab und zu prügelt. Wir hier verzichten gerne auf diesen Job.

      :D
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 16:46:47
      Beitrag Nr. 382 ()
      @ "Deep Thought" (Posting # 379):
      Na, das ist doch vielleicht endlich mal ein vernünftiges Angebot von Dir!
      Was hast Du denn so anzubieten, wenn ich Deine unflätigen Beleidigungen und Pöbeleien "vergesse"?
      Eine Entschuldigung vielleicht?
      Wäre ja vielleicht das Anständigste, aber wenn Du mir schon Geld anbieten möchtest: An welchen Betrag denkst Du denn so?
      Und nicht vergessen: "Anti-Antisemiten" können gierig sein, wie Dir "stirner" gerne bestätigen wird:
      :D
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 16:50:04
      Beitrag Nr. 383 ()
      @ stirner

      und wir vesrtecken das Rückreise-Ticket? ;)

      oder schmeißen uns vor den Zug, der ihn zurückbringen soll....."nur über unsere leiche!" :D
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 16:51:36
      Beitrag Nr. 384 ()
      @ Auryn
      manchen Staaten kann man am besten schaden, indem man ihnen Promovenden schickt... eine ganz perfide Art der sabotage.... :D
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 16:53:41
      Beitrag Nr. 385 ()
      @ stirner (Posting 382):
      Aber nicht doch! "Stirner", jetzt zeichnest Du ein Bild von Dir, dessen Du nicht gerecht wirst.
      Zwischen Posting # 340 und Posting # 346 in diesem Thread haben Du und "Deep Thought" doch ausgiebig bewiesen, daß ihr nicht darauf verzichten könnt, auf Leute anderer Meinung einzuprügeln und deren Threads mit Beleidigungen zuzumüllen, selbst wenn die Geprügelten gar nicht da sind.
      So etwas kann man doch immer am besten, wenn man gerne auf Leute einschlägt, die sich wegen Abwesenheit gar nicht wehren können, oder?
      :D
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 16:54:26
      Beitrag Nr. 386 ()
      auryn. du hast wirklich ein schweres päckchen zu tragen. und durch so viele threads.
      frag mal bei for4zim nach, der kennt sich mit fengschui oder wie das zeugs heißt aus, das soll helfen :laugh:
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 16:59:08
      Beitrag Nr. 387 ()
      @ antigone (Posting # 386):
      Danke für den Tipp! ;)
      Hast Du eigentlich schon mein Posting folgenden Inhalts gelesen? Mich würde nämlich auch interessieren, ob Du nach solchen freundlichen Worten nicht vielleicht im umgekehrten Fall zu den kursiv gestellten Formulierungen eine Entschuldigung von "Deep Thought" erwarten würdest:

      @ Deep Thought:
      Hast Du dies hier eigentlich schon irgendwo in einem Deiner Threads beantworten können?:
      Wenn Du Dich nicht für offenkundige Beleidigungen entschuldigen kannst, dann darfst Du nicht damit rechnen, von irgendjemandem als ernsthafter Diskussionspartner betrachtet zu werden, weil es Dir an jedem Gefühl für Takt mangelt.
      Du erweckst dann den Eindruck, daß Du selbst gar kein Selbstbewußtsein besitzt und Deinen Standpunkt selbst nur vertreten kannst, indem Du andere erniedrigst.
      Und wenn Du bei dieser Haltung bleibst, wirst Du Deine schönen Manieren immer wieder zu sehen bekommen. Ich kann mir extra dafür Zeit nehmen, wenn Du möchtest.
      Also:
      Na, was ist, Deep Thought?
      Kannst Du Dich nicht entscheiden, ob Du Dich endlich für Deine Beleidigungen entschuldigst, weil das ja Deine Unfehlbarkeit in Frage stellen könnte?
      Deep Thought, redet man so bei Dir zu Hause in einer Diskussion und man entschuldigt sich dafür bei Dir zu Hause NIEMALS, oder wie? :
      du bist einfach zwanghaft in Deiner bescheuerten anklagenden Art, ...
      ... solcher Typen wie Dir ...
      ... (als Du noch in Windeln geschissen hast, falls überhaupt geboren) ...
      ... Du bist derart beknackt, ...... ich kann dein virtuelles Geheule hier nicht mehr ertragen...
      ... Dein Spatzenhirn...
      ... Du Pfeife ...
      ... als Du noch flüssig warst ...
      ... Dir frechem, eingebildeten Nichts an Würstchen ...
      ... und Menschen, die aus Rumänien kommen, zu meinen Freunden zähle.
      ... solche verzogenen Kinder wie Dich, solche überheblichen Gewinnler gibt es unter diesen liebenswerten Menschen gottseidank nicht.
      ... US-ergebenen Dünnpfiff daher, sondern haben ihr Herz und Hirn NACH Erreichen ihres Zieles nicht wie Du aus- , sondern weiterhin angeschaltet. ...
      ... Es mag ja Menschen geben, die Du mit deinem pfauenhaften und machomäßigem Gehampele und Imponiergehabe beeindruckst, aber bei lebenserfahrenen und reifen Menschen dürfte das so gut wie ausgeschlossen sein.
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 17:03:54
      Beitrag Nr. 388 ()
      Haallooooo, Deeeep Thooooought!
      Haaaallooooooo!
      Deep Thought, bist noch da oder hast Du Dich wieder in Deine Versenkung zurückgezogen, weil Du eigene Verfehlungen nicht zugeben kannst?
      Wie wär`s denn mal mit einer Antwort auf meine Fragen zu Deinen Beleidigungen?
      Eine kleine Entschuldigung Deiner Wenigkeit an meine Wenigkeit könnte schon Wunder tun!
      Na, gib Dir einen gaaanz großen Ruck und die Sache ist erledigt!
      ;)
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 17:06:13
      Beitrag Nr. 389 ()
      @Auryn

      Kanada exportiert nachweislich dem Antisemitismus nach Deutschland.

      aus Posting 368

      Otto Schily
      Weiter ließ er die Leser des Magazins wissen, dass er zunächst mit den Providern in den USA und Kanada
      reden wolle, "wo die meisten dieser Schmutzseiten eingespeist werden".

      Auryn, die Kanadier sind um ein Vielfaches schlimmer als die Deutschen, das solltest du zur Kenntnis nehmen.


      Euer Seuchenvogel
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 17:10:18
      Beitrag Nr. 390 ()
      @ Seuchenvogel:
      Im Internet treffen sich halt auch spinnerte Leute, die sich aber wegen Strafverfolgung nicht trauen können, ihre kriminelle Energie in Molotow-Cocktails der Realität umzusetzen.
      Da soll`s ja auch Leute geben, die zu kriminellen Handlungen aufrufen, aber dann selbst nicht dorthin gehen. Wenn Du in einem Land 10 Millionen perverse Web-Seiten findest und in einem anderen Land gar keine, dann könnte das auch daran liegen, daß das andere Land nicht soviele Internet-Zugänge hat, oder?
      ;)
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 17:10:45
      Beitrag Nr. 391 ()
      @ antigone

      Hier die gefakte Antwort von User For....

      Das historische Jahrhundert-Tief und Supersturm "Auryn" hat Deutschland erreicht. Doch es zieht weiter:

      Deutschland macht trotz der Warnungen vor ihm einfach "business as usual"

      Nachdem sich das Tief ausgeweint ... ähem .... abgeregt ... ähem .... abgeregnet hat, wird die viel warme luft weiter nach Osten ziehen, wo es zu einer Art Überschwemmung führen wird. Ungeahnte TIEFSTÄNDE werden dann die regel sein.

      Danach wird mit dem Tief Auryn das passieren, was immer damit passiert: Es wird sich auflösen. Nur noch und endgültig feuchtwarme Luft - sein WAsser wird ins Grundwasser gelangen und ein schreckliches Schicksal wird seinen ewigen Lauf nehmen:

      Irgendeiner wird das von so weit hergekommene Wässerchen in Unkenntnis und tiefer Ignoranz seiner gigantisch Heilenden, die Welt gleichsam universal genesenden Kräfte ........




      .......






      einfach zum Spülvorgang benutzen.







      .




      Ende des Sturms.
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 17:17:39
      Beitrag Nr. 392 ()
      @ Deep Thought:
      #3478 von Auryn [Userinfo] [Nachricht an User] 10.02.03 17:15:36 Beitrag Nr.: 8.564.363 8564363
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      @ oktopodius:
      O.K., ich gebe zu, daß ich eigentlich kaum noch mit einer Entschuldigung von "Deep Thought" rechnen kann. Dann soll er mich aber bitteschön auch nicht in meiner Abwesenheit zusammen mit "stirner" in "meinem" Thread in meiner Abwesenheit fortgesetzt beleidigen.
      Wenn er nicht in der Lage ist, zu verstehen, daß dies auch für ihn negative Konsequenzen haben kann, dann setze ich meine Hinweise auf sein flegelhaftes Benehmen auch in der Zukunft fort - wenn nötig auch vom Mars aus.
      Zu einem groben Klotz gehört ein grober Keil, sonst pöbeln die groben Klötze eines Tages auch in der Realität jeden an!

      #3477 von oktopodius [Userinfo] [Nachricht an User] 10.02.03 17:07:41 Beitrag Nr.: 8.564.266 8564266
      Dieses Posting: versenden | melden | drucken | Antwort schreiben
      #75 Auryn,kann mir nicht vorstellen das deine wenigkeit und evtl. "seeligkeit" darunter sehr stark leidet.Nimm es mal als gegenseitiges anstinken,das wenn auch verschieden ausgedrückt sicherlich so nicht in Ordnung ist.Penetrante aufforderung zu einer entschuldigung kann schon sehr abwehrend wirken,aber unmöglich ,auf freiwilligkeit bassierend halte ich sie nicht,falls es der gegenseitigen befriedung dienen würde.Es ist nicht jedermann deine "Subtilität" gegeben.
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 17:20:43
      Beitrag Nr. 393 ()
      das ist aber eine wirklich hämische Ironie von okto... hätte ich ihm nie zugetraut, diese verarschung...

      aber gelungen ist sie schon... :D

      Q.E.D.
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 17:20:47
      Beitrag Nr. 394 ()
      Oh, da fällt mir gerade auf, daß ich gleich ein "hochwissenschaftliches Kolloquium" habe!
      Jahu, jetzt bin ich in genau der richtigen Stimmung dafür!
      :D
      Bis zum nächsten Mal!
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 17:25:47
      Beitrag Nr. 395 ()
      Auryn,

      aller Abschied fällt schwer, kann ich verstehen. Aber auf Deine Stelle gibt es bereits eine Reihe von Bewerbern ...

      Ich kann ja nichts dafür, daß wir nicht immer gleichzeitig online sind.

      Trotz unserer Differenzen will ich Dir für Dein Projekt alles Gute wünschen.

      Vielleicht kommst Du dann etwas geläutert zurück, Distanz verhilft ja oft zu einer anderen Sichtweise. Aber wahrscheinlich wirst Du in diesem "osteuropäischen" Land einen Computer finden und ab und zu hier reinschauen. Ich glaube nicht so recht an einen Abschied von WO.
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 17:33:12
      Beitrag Nr. 396 ()
      Endlich kann jetzt der arme Kommilitone,der geduldig all die Stunden hinter Auryn stand und wartete, daß der rechner in der Uni-Bibliothek endlich frei wird, an das Keyborad...
      Eine große Stunde für den von deutschen Steuerzahlern bezahlten rechner:

      Nach Stundes des Einsatzes, um die gastgeber als nazis und Antisemiten zu überführen, wird er - Trärä! wenigstens noch eine Stunde für das benutzt, wofür er vorgesehen ist:

      studienzwecke.
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 12:09:45
      Beitrag Nr. 397 ()
      @ stirner:
      Vielen Dank für die lieben Wünsche. Zum Glück konnte ich gerade heute noch ein paar Miuten Zeit für meinen Dank abzweigen.
      Sollte ich eher mit ;) oder mit :D Dank sagen?

      @ Deep Thought:
      Leider muß ich Dich wieder einmal enttäuschen, denn meine Uni ist inzwischen mit PC`s so überreichlich ausgestattet, daß seit ca. 1 Jahr niemand mehr hinter mir warten mußte.
      :D
      Leider konnte ich Deinen Programm-Hinweis gestern nicht wahrnehmen, denn ich hatte gestern abend um 20.45 Uhr den Sender "arte" eingeschaltet, wobei mir plötzlich klar wurde, daß dort an diesem denkwürdigen Abend eine nahezu wissenschaftliche Reihe genialer Filme eines britischen Produzenten namens "Monty Python" gestartet wurde.
      In dem Dokumentarfilm, der in der kommenden Woche, am Donnerstag, dem 20.02.2003 um 20.45 Uhr gesendet werden soll, geht es um das Leben eines - durch ein böses Imperium unterdrückten Früh-Hebräers - gewissen "Brian".
      In diesem um 33 n. Chr. in Palästina gedrehten Dokumentarfilm wird hochwissenschaftlich belegt, daß ein großer Teil der Dialoge in diesem Thread bereits in der Antike in zeitgemäß verkürzter und pointierter Form stattgefunden hatte:

      "-Und natürlich weisen wir sie, diese elenden Römer, darauf hin, daß die Römer selbst, nur sie, die volle Verantwortung tragen, wenn wir sie so zerschnippeln. Und daß wir uns niemals irgendeiner Erpressung beugen werden.
      -- Wir beugen uns keiner Erpressung!
      -Sie haben uns ausbluten lassen, diese Schweine. Sie haben uns alles genommen, was wir hatten. Und nicht nur von uns. Von unsern Vätern und von unserer Väter Väter.
      -Und von unserer Väter Väter Väter.
      -Ja.
      -Und von unserer Väter Väter Väter Väter.
      -Das reicht. Noch genauer brauchen wir es nicht! Was haben sie uns dafür als Gegenleistung erbracht, frage ich?
      -Den Aquädukt.
      -Was?
      -Den Aquädukt.
      -Oh. Jajaja. Den haben sie uns gegeben, das ist wahr.
      -Und die sanitären Einrichtungen.
      -Oh ja. Die sanitären Einrichtungen. Weißt Du noch, wie es früher in unserer Stadt stank?
      -Also gut ja, ich gebe zu, der Aquädukt und die sanitären Einrichtungen, das haben die Römer für uns getan.
      -Und die schönen Straßen.
      -Ach ja, selbstverständlich die Straßen. Das mit den Straßen versteht sich ja von selbst, oder? Abgesehen von den sanitären Einrichtungen, dem Aqädukt und den Straßen...
      -Medizinische Versorgung...
      -Schulwesen...
      -Naja gut. Das sollte man erwähnen.
      -Und der Wein...
      --- Ouh ja.
      -Ja. Das ist wirklich etwas, was wir vermissen würden, wenn die Römer weggingen.
      -Die öffentlichen Bäder und der wirtschaftliche Wohlstand ...
      -Und wir haben keine orientalischen Despoten mehr, die uns versklaven und unsere Frauen vergewaltigen. Jede Frau kann es wagen, nachts die Straße zu überqueren, Rech.
      -Jaha. Die können Ordnung schaffen, denn wie es hier vorher ausgesehen hat, davon wollen wir ja gar nicht reden.
      -Also gut. Mal abgesehen von sanitären Einrichtungen, der Medizin, dem Schulwesen, Wein, der öffentlichen Ordnung, der Bewässerung, Straßen, der Wasseraufbereitung, dem wirtschaftlichen Wohlstand und der allgemeinen Krankenkassen, was, frage ich euch, haben diese imperialistischen Römer JE für uns getan?
      -Den Frieden gebracht, Pax Romana und so...
      -Aach! Frieden! Halt die Klappe, du blöder Idiot!"


      Nun ja, schon beim ersten Kennenlernen der Leute, die diesen vorhergehenden Dialog führten, war klar, dass es mit ihnen ein Kreuz sein würde und ein böses Ende an demselben nehmen könnte:

      -Seid ihr von der Judäischen Volksfront?
      -Verzieh dich!
      -Was?
      -Judäische Volksfront. Quatsch! Wir sind die Volksfront von Judäa! Judäische Volksfront.
      -Schwächlinge.
      -Kann ich in euerm Verein mitmachen?
      -Nein. Verpiss dich.
      -Ich, ich wollte dieses Zeug nicht hier im Amphitheater verkaufen. Das ist nur `n Job. Ich hasse die Römer genauso wie ihr!
      -Psscht.
      -Sagst du das auch nicht nur so?
      -Oh nein. Todsicher. Ich hasse die Römer schon lange.
      -Hör zu: wenn du eintreten willst, in die VVJ, dann mußt die Römer wirklich ganz verdammt hassen.
      -Das tu ich ja.
      -Oh ja? Und wie sehr?
      -Wie ein Verrückter.
      -Du bist aufgenommen. Hör zu. Es gibt Typen, die wir noch mehr hassen als die Römer: diese verfluchten Judäischen Volksfrontmistkerle.
      ---Oh ja... ja. Spalter
      -Und diese Populäre Volksfront.
      ---Ja! Und wie... Spalter, Pisser.
      -Und die Volksfront von Judäa!
      -Genau.
      -Ja! Alles Spalter.
      -Was?
      -Die Volksfront von Judäa. Spalter.
      -Wir sind die Volksfront von Judäa.
      -Ou. Ich dachte, wir wären die Populäre Front.
      -Mann: Volksfront.
      -Tze!
      -Was ist eigentlich aus der Populären Front geworden?
      -Die sitzt da drüben.
      --- SPALTER !!!
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 12:14:20
      Beitrag Nr. 398 ()
      *ROTFL*
      :laugh: :laugh:
      Ich habe mich auch gestern über afrikanische Schwalben amüsiert.
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 12:17:00
      Beitrag Nr. 399 ()
      @ puhvogel:
      Waren es nun eigentlich europäische oder afrikanische Schwalben?

      AAAAaaaaaah! Wumm!
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 12:20:14
      Beitrag Nr. 400 ()
      Autsch! Leider muß ich jetzt doch nach Hause, um mich von den Folgen dieser Frage zu erholen.
      Alles Gute bis zum nächsten Mal!
      Bye,
      Auryn
      ;)
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 14:28:03
      Beitrag Nr. 401 ()
      schöner Kommentar:

      britische und us-regierung schüren terror-hysterie

      Der Kampf um die Köpfe ist verloren - jetzt folgt der Kampf um die Herzen

      Wenn man den Regierungen in Washington und London glauben darf, stehen die USA und Großbritannien kurz vor der Zerstörung durch einen Terrorangriff - vielleicht schon morgen, wenn das muslimische Opferfest zu Ende geht. Die CIA und das FBI warnen, die USA könnten mit chemischen und atomaren - tatsächlich: radioaktiv verunreinigten konventionellen - Waffen angegriffen werden. Kein Horror scheint unglaubwürdig genug: In London zogen Panzer vor dem Flughafen Heathrow auf, denn, behauptet eine "glaubwürdige einheimische Quelle", Al-Qaida habe eine tragbare Sam-7-Flugabwehrrakete nach Großbritannien geschmuggelt. John Reid, der Vorsitzende der Labour Party, sagte am Mittwoch, London stehe vor einem von den Größenordnungen her ähnlichen Anschlag wie dem, der "tausende von Menschen in New York getötet" habe. Gestern nahm er das zurück: Er wollte eigentlich nur verdeutlichen, dass es bei den immensen Sicherheitsvorkehrungen nicht um eine Propagandaübung gehe.

      Doch genau darum handelt es sich. In der Bevölkerung beider Länder hätte die ohnehin starke Abneigung gegen die Kriegspläne noch weiter zugenommen, wenn die Regierungen dem nicht entgegenwirkten. Weil ihnen die Beweise für einen Zusammenhang zwischen den Anschlägen vom 11. September und Saddams Regime im Irak fehlen, wollen sie diese Verbindung wenigstens unter Zuhilfenahme von Tricks in den Köpfen der Bevölkerung herstellen. Und das funktioniert: Inzwischen glaubt in den USA und Großbritannien fast die Hälfte der Befragten, dass mindestens einer, wenn nicht sogar alle Attentäter vom 11. September Irakis waren. Vielleicht schafft es die US-amerikanisch-britische Propagandamaschine noch, die Menschen glauben zu machen, das Ussama Bin Laden und Saddam Hussein identisch sind.


      Die kleine Panne mit dem britischen Regierungsdossier über Iraks Waffenarsenal, das von Colin Powell als "vorzüglicher Beweis" gepriesen wurde, sich aber als Plagiat veralteter Papiere entpuppte, ist ein Hinweis darauf, wie weit die beiden Regierungen zu gehen bereit sind. Dazu passt auch die Aufgeregtheit, weil Ussama Bin Laden in seiner Tonbandansprache alle Muslime zu Selbstmordattentaten in Großbritannien und den USA aufgefordert haben soll. Dabei hatte er nur die "Märtyrer" gelobt.

      Den Kampf um die Hirne der Bevölkerung können die Regierungen nicht gewinnen - dafür ist das Beweismaterial zu dünn. Also kämpfen sie um die Herzen der Menschen und bauen ein Schreckensszenario als Rechtfertigungsgrundlage für den Krieg auf. Schlimm genug, dass Attentate durchaus möglich sind. Jetzt aber hat es den Anschein, dass die Bevölkerung über die Angst vor einem Anschlag ihre Zweifel am Krieg vergessen soll. " RALF SOTSCHECK

      taz Nr. 6980 vom 14.2.2003, Seite 1, 74 Zeilen (Kommentar), RALF SOTSCHECK, Leitartikel
      Avatar
      schrieb am 19.02.03 17:53:00
      Beitrag Nr. 402 ()
      Frei nach Jacques Chirac (notre cher Président de la République Francaise):

      "Il y a toujours trop de gens qui ont manqué des bonnes occasions de se taire."


      (Übersetzung für diejenigen, die des "diplomatischen Französisch" nicht mächtig sein sollten: Es gibt immer zuviele Leute, die gute Gelegenheiten verfehlen, zu schweigen.")

      Übrigens gab es eine hübsche Antwort für Chirac von Adrian Nastase, Premierminister von Rumänien, in gebrochenem Englisch: "When I have a dispute with my wife, I always insult our children. We don`t have any problems with France..."
      ;)

      Und morgen der große DOKUMENTARFILM eines in Fachkreisen noch relativ ungeschätzten britischen Historikers namens "Monty Python":
      :)
      In dem Dokumentarfilm, der am morgigen Donnerstag, dem 20.02.2003 um 20.45 Uhr gesendet werden soll, geht es um das Leben eines gewissen "Brian" - eines durch ein böses Imperium unterdrückten "Früh-Hebräers".
      In diesem um 33 n. Chr. in Palästina gedrehten Dokumentarfilm wird hochwissenschaftlich belegt, daß ein großer Teil der Dialoge in diesem Thread bereits in der Antike in zeitgemäß verkürzter und pointierter Form stattgefunden hatte:


      "-Und natürlich weisen wir sie, diese elenden Römer, darauf hin, daß die Römer selbst, nur sie, die volle Verantwortung tragen, wenn wir sie so zerschnippeln. Und daß wir uns niemals irgendeiner Erpressung beugen werden.
      -- Wir beugen uns keiner Erpressung!
      -Sie haben uns ausbluten lassen, diese Schweine. Sie haben uns fast vollständig versklavt und uns fast alles genommen, was wir hatten. Und nicht nur von uns. Von unsern Vätern und von unserer Väter Väter.
      -Und von unserer Väter Väter Väter.
      -Ja.
      -Und von unserer Väter Väter Väter Väter.
      -Das reicht. Noch genauer brauchen wir es nicht! Was haben sie uns dafür als Gegenleistung erbracht, frage ich?
      -Den Aquädukt.
      -Was?
      -Den Aquädukt.
      -Oh. Jajaja. Den haben sie uns gegeben, das ist wahr.
      -Und die sanitären Einrichtungen.
      -Oh ja. Die sanitären Einrichtungen. Weißt Du noch, wie es früher in unserer Stadt stank?
      -Also gut ja, ich gebe zu, der Aquädukt und die sanitären Einrichtungen, das haben die Römer für uns getan.
      -Und die schönen Straßen.
      -Ach ja, selbstverständlich die Straßen. Das mit den Straßen versteht sich ja von selbst, oder? Abgesehen von den sanitären Einrichtungen, dem Aqädukt und den Straßen...
      -Medizinische Versorgung...
      -Schulwesen...
      -Naja gut. Das sollte man erwähnen.
      -Und der Wein...
      --- Ouh ja.
      -Ja. Das ist wirklich etwas, was wir vermissen würden, wenn die Römer weggingen.
      -Die öffentlichen Bäder und der wirtschaftliche Wohlstand ...
      -Und wir haben keine orientalischen Despoten mehr, die uns versklaven und unsere Frauen vergewaltigen. Jede Frau kann es wagen, nachts die Straße zu überqueren, Rech.
      -Jaha. Die können Ordnung schaffen, denn wie es hier vorher ausgesehen hat, davon wollen wir ja gar nicht reden.
      -Also gut. Mal abgesehen von sanitären Einrichtungen, der Medizin, dem Schulwesen, Wein, der öffentlichen Ordnung, der Bewässerung, Straßen, der Wasseraufbereitung, dem wirtschaftlichen Wohlstand und der allgemeinen Krankenkassen, was, frage ich euch, haben diese imperialistischen Römer JE für uns getan?
      -Den Frieden gebracht, Pax Romana und so...
      -Aach! Frieden! Halt die Klappe, du blöder Idiot!"


      Nun ja, schon beim ersten Kennenlernen der Leute, die diesen vorhergehenden Dialog führten, war klar, dass es mit ihnen ein Kreuz sein würde und ein böses Ende an demselben nehmen könnte:

      -Seid ihr von der Judäischen Volksfront?
      -Verzieh dich!
      -Was?
      -Judäische Volksfront. Quatsch! Wir sind die Volksfront von Judäa! Judäische Volksfront.
      -Schwächlinge.
      -Kann ich in euerm Verein mitmachen?
      -Nein. Verpiss dich.
      -Ich, ich wollte dieses Zeug nicht hier im Amphitheater verkaufen. Das ist nur `n Job. Ich hasse die Römer genauso wie ihr!
      -Psscht.
      -Sagst du das auch nicht nur so?
      -Oh nein. Todsicher. Ich hasse die Römer schon lange.
      -Hör zu: wenn du eintreten willst, in die VVJ, dann mußt die Römer wirklich ganz verdammt hassen.
      -Das tu ich ja.
      -Oh ja? Und wie sehr?
      -Wie ein Verrückter.
      -Du bist aufgenommen. Hör zu. Es gibt Typen, die wir noch mehr hassen als die Römer: diese verfluchten Judäischen Volksfrontmistkerle.
      ---Oh ja... ja. Spalter
      -Und diese Populäre Volksfront.
      ---Ja! Und wie... Spalter, Pisser.
      -Und die Volksfront von Judäa!
      -Genau.
      -Ja! Alles Spalter.
      -Was?
      -Die Volksfront von Judäa. Spalter.
      -Wir sind die Volksfront von Judäa.
      -Ou. Ich dachte, wir wären die Populäre Front.
      -Mann: Volksfront.
      -Tze!
      -Was ist eigentlich aus der Populären Front geworden?
      -Die sitzt da drüben.
      --- SPALTER !!!
      Avatar
      schrieb am 22.02.03 13:27:48
      Beitrag Nr. 403 ()
      Die USA sind bereits vom Intern. Gerichtshof wegen der völkerechtswidrigen VERMINUNG DER NICARAGUANISCHEN HÄFEN in den Achtziger JAhren (Nicaragua hatte damals zum ersten MAl seit JAhrzehnten NICht eine durch die USA installierte dikatorische SOMOZA-Regierung, sondern eine demokratisch gewählte Regierung!! Für die USA ein Grund, Krieg zu führen! ) rechtskräftig verurteilt worden!


      aber auch das kann noch erheblich gesteigert werden...


      die derzeitigen US-Pläne zur Unterwerfung des irakischen Volkes unter ein alleiniges "Reichsprotektoriat der USA" :

      Bush plant "rosige Zukunft" für Irak
      Vorhaben der USA für die Nachkriegszeit im Irak ähneln der Nachkriegsordnung in Deutschland: Militärverwaltung, "Entbaathisierung", Kriegsverbrecherprozesse. Exiliraker sollen keine Rolle spielen
      WASHINGTON taz Endlich ist die Katze aus dem Sack. Egal was der Uno-Sicherheitsrat entscheiden wird, die US-Regierung will den Irak nach dem Sturz Saddam Husseins vollständig kontrollieren. Bislang hatte das Weiße Haus beharrlich geschwiegen, ging es um Pläne für "den Tag danach". Dass die Planspiele im Weißen Haus weiter gereift sind als in der Öffentlichkeit angenommen, enthüllt nun die Washington Post in ihrer Freitagausgabe. Sie entsprechen in groben Zügen den bislang detailliertesten Szenarien, die James Fallows in der Zeitschrift Atlantic Monthly Ende letzten Jahres entworfen hat und sich wie eine Blaupause der Nachkriegsordnung in Deutschland lesen: humanitäre Hilfe, "Entbaathifizierung", US-Militärverwaltung, Kriegsverbrecherprozesse gegen Hussein und seinen engen Apparat und eine schrittweise Transformation zu einem demokratischen Staatswesen. Am Ende, so hofft US-Präsident George W. Bush, erwartet den Irak eine rosige Zukunft.

      Ein ziviler US-Verwalter soll die Regierung in Bagdad in der unmittelbaren Übergangszeit und vor allem die Verteilung von Hilfsgütern leiten. Im Gespräch ist der ehemalige General Jay M. Garner. Anschließend werde ein Hochkommissar eingesetzt, sobald das US-Militär das gesamte Land unter Kontrolle und die Massenvernichtungswaffen zerstört habe. Noch ist unklar, wer diesen Posten erhalten wird. Es soll ein US-Bürger "mit Format" sein, etwa ein ehemaliger Gouverneur oder ein Botschafter. Tommy Franks, der Oberbefehlshaber der US-Truppen im Nahen Osten und Afghanistan und ursprünglich für diese Aufgabe vorgesehen, werde jedoch die Militärverwaltung leiten, solange US-Soldaten im Irak seien.

      Exiliraker sollen nach den vorliegenden Plänen eher eine Randrolle übernehmen. Deutlich habe die USA Ideen von oppositionellen Exilirakern zur Bildung einer Übergangsregierung abgelehnt. Dem Chef des Irakischen Nationalkongresses (INC), Achmed Chalabi, sei sogar gedroht worden, dass jeder Schritt zur Bildung einer Übergangsregierung das Ende der Beziehungen zwischen den USA und dem INC zur Folge hätte.
      Dennoch soll eine Gruppe von 20 bis 25 Irakern die Amerikaner als Berater unterstützen. Irakische Oppositionsführer haben diese Szenarien bereits scharf kritisiert. Die britische Zeitung Guardian hatte wichtige irakische Oppositionelle zu den US-Plänen befragt. Dabei drohte Achmed Chalabi vom INC den USA sogar mit einem Aufstand gegen ihre Besatzungstruppen.

      Doch die gigantischen Kosten der Mammutaufgabe "Nation-Building" - die bei einem Alleingang der USA diesmal nicht wie 1991 überwiegend von Verbündeten geschultert würde - bereiten der Bush-Regierung erhebliches Kopfzerbrechen. Präsidentensprecher Ari Fleischer dämpfte diese Woche Erwartungen, die USA würden einen zweiten Marshallplan auflegen. Er empfahl, der Irak solle seinen Wiederaufbau am besten selbst finanzieren. "Irak ist ein reiches Land. Es hat Rohstoffe, die dem irakischen Volk gehören." Wenn die Wirtschaftssanktionen schließlich aufgehoben würden, könne der Irak wieder am Welthandel teilhaben. Die Botschaft hätte auch einfach lauten können: Okay, wir stürzen euren Diktator, aber den Rest müsst ihr irgendwie selbst regeln.

      Anatol Lieven vom Carnegie Center for International Peace in Washington warnt davor, die Situation im Irak mit der in Mitteleuropa nach 1945 zu vergleichen. "Es ist viel komplizierter und gefährlicher." Es gebe keine demokratische und rechtsstaatliche Tradition. Der Irak müsse sozusagen neu erfunden werden. Eine lange und starke Militärpräsenz sei zwingend notwendig, mit der sich die USA jedoch kaum Freunde in Nahost machen dürften. Lieven erwartet, dass Islamisten in Nachbarstaaten erstarken werden. Zwar hätten sie nicht die Kraft, in Ländern wie Jordanien oder Saudi-Arabien islamische Revolutionen auszulösen, könnten jedoch nur durch massive Repression der bestehenden Regierungen eingedämmt werden. Eine Demokratisierung des Nahen Ostens, wie von der Bush-Regierung proklamiert, sei somit unwahrscheinlich.

      Weit in die Zukunft blickt Eric Margolis, kanadischer Journalist für die Zeitung Toronto Sun und Nahost-Experte. Irak sei nur der Anfang einer völligen Neuordnung des Nahen Ostens. "Nicht Regime-, sondern Regionsveränderung ist das Ziel." Von Bagdad aus, das zur Freude von US-Rüstungsfirmen langfristig entweder direkt von einer US-Militärverwaltung oder einer Marionettenregierung geführt werde, solle der Druck vor allem auf die Nachbarstaaten Syrien und Iran erhöht werden. "Einst hatten hier europäische Großmächte ihre Einflusssphären abgesteckt. Jetzt will die neue Imperialmacht USA die regionale Landkarte zu ihren Gunsten neu zeichnen." "MICHAEL STRECK

      taz Nr. 6987 vom 22.2.2003, Seite 3, 135 Zeilen (TAZ-Bericht), MICHAEL STRECK
      Avatar
      schrieb am 22.02.03 13:33:03
      Beitrag Nr. 404 ()
      So ganz nebenbei könnte man sich gelegentlich mal Gedanken darüber machen, warum eigentlich alle Regierungen der osteuropäischen Staaten und ein viel größerer Teil der Bevölkerungen als in Westeuropa so beharrlich auf US-Unterstützungskurs liegen - unter Einschluß der Ukraine mit Ausschluß von Griechenland, Serbien, Weißrußland und natürlich Rußland. (Man könnte sich gelegentlich auch fragen, wieso in Nordkorea in den letzten 8 Jahren leise, still und heimlich nach Vermutungen der UNO bis zu 3 Millionen -in Worten: DREI MILLIONEN !- Menschen verhungert sind, die USA in den letzten 3 Jahren die Hälfte der UN-Lebensmittelhilfen für Nordkorea bezahlt haben und dennoch die nordkoreanische Regierung regelmäßig mit einem Atomkrieg droht.)
      Und da wäre es doch vielleicht von Interesse, sich mal eine kleine Rückblende auf die Geschichte des 20. Jahrhunderts zu Gemüte zu führen:


      Eine vergleichende Betrachtung zu den Verbrechen des "Amerikanismus" -
      die etwas anderen Verbrechen aus ehrbaren Motiven heraus
      oder: Historische Menschheits-Kriminalität im Gewande der Tugend von Gleichheit, Freiheit und Wissenschaftlichkeit: Die Verbrechen des "wissenschaftlich begründeten" und "real existierenden Kommunismus"

      »Die Geschichte ist die Wissenschaft vom Unglück des Menschen.«
      Diesen Satz Raymond Queneaus scheint unser von Gewalttätigkeit bestimmtes Jahrhundert eindrucksvoll zu bestätigen. Gewiß, auch in früheren Jahrhunderten gab es kaum ein Volk, kaum einen Staat, in dem es nicht zu Gewaltausbrüchen gegen bestimmte Gruppen gekommen wäre. Alle großen europäischen Mächte waren in den Sklavenhandel verwickelt. Frankreich hat einen Kolonialismus praktiziert, der zwar auch Positives leistete, aber bis zu seinem Ende von vielen widerwärtigen Episoden gekennzeichnet war. Die Vereinigten Staaten durchdringt nach wie vor eine Kultur der Gewaltausübung, die in zwei großen Verbrechen wurzelt: der Versklavung der Schwarzen und der Ausrottung der Indianer.

      Aber man kann es nicht anders sagen: Was Gewalttätigkeit angeht, scheint dieses 20. Jahrhundert seine Vorgänger übertroffen zu haben. Blickt man darauf zurück, drängt sich ein niederschmetterndes Resümee auf: Dies war das Jahrhundert der großen Menschheitskatastrophen - zwei Weltkriege und der Nationalsozialismus, einmal abgesehen von begrenzteren Tragödien in Armenien, Biafra, Ruanda und anderswo. Das Osmanische Reich hat sich zum Genozid an den Armeniern hinreißen lassen und Deutschland zu dem an Juden, Roma und Sinti. Das Italien Mussolinis massakrierte die Äthiopier. Den Tschechen fällt es schwer zuzugeben, daß ihr Verhalten gegenüber den Sudetendeutschen in den Jahren 1945/46 nicht über jeden Verdacht erhaben war. Und selbst die kleine Schweiz wird heute von ihrer Vergangenheit als Raubgoldverwalter eingeholt, auch wenn sich die Abscheulichkeit dieses Verhaltens nicht mit der des Völkermords vergleichen läßt.

      In diese Epoche der Tragödien gehört der Kommunismus, ja, er ist eines ihrer stärksten und bedeutendsten Momente. Als wesentliches Phänomen dieses kurzen 20. Jahrhunderts, das 1914 beginnt und 1991 in Moskau endet, steht er im Zentrum des Geschehens. Der Kommunismus bestand vor dem Faschismus und vor dem Nationalsozialismus, er hat sie überlebt und sich auf den vier großen Kontinenten manifestiert.

      Was genau verstehen wir eigentlich unter »Kommunismus«? Schon an dieser Stelle muß man zwischen Theorie und Praxis unterscheiden. Als politische Philosophie existiert der Kommunismus seit Jahrhunderten, um nicht zu sagen Jahrtausenden. War es nicht Platon, der in seinem »Staat« die Idee eines idealen Gemeinwesens begründete, in dem die Menschen
      nicht von Geld und Macht korrumpiert werden, in dem Weisheit, Vernunft und Gerechtigkeit herrschen? Und ein so bedeutender Denker und Staatsmann wie Thomas Morus, um 1530 Lordkanzler in England, der die berühmte Schrift »Utopia« verfaßte und auf Befehl Heinrichs VIII. enthauptet wurde - war er nicht ein weiterer Wegbereiter dieser Vorstellung vom idealen Gemeinwesen? Die Utopie scheint absolut legitim als Maßstab der Gesellschaftskritik. Sie gehört zur Diskussion der Ideen, dem Sauerstoff unserer Demokratien. Doch der Kommunismus, von dem hier zu reden ist, befindet sich nicht in der überirdischen Sphäre der Ideen. Es ist ein sehr realer Kommunismus, der in einer bestimmten Zeit in bestimmten Ländern bestand und von gefeierten Führern verkörpert wurde - Lenin, Stalin, Mao, Ho Chi Minh, Castro usw., sowie, der europäisch-französischen Geschichte näher, Maurice Thorez, Jacques Duclos, Georges Marchais.

      Wie groß auch immer der Einfluß der kommunistischen Lehre vor 1917 auf die Praxis des realen Kommunismus gewesen sein mag - wir kommen darauf zurück - es war dieser real existierende Kommunismus, der eine systematische Unterdrückung einführte bis hin zum Terror als Regierungsform. Ist die Ideologie deshalb unschuldig? Nostalgiker oder Spitzfindige werden immer behaupten können, daß der reale nichts mit dem idealen Kommunismus zu tun hatte. Und natürlich wäre es absurd, Theorien, die vor Christi Geburt, in der Renaissance oder selbst noch im 19. Jahrhundert aufgestellt wurden, für Ereignisse verantwortlich zu machen, die im 20. Jahrhundert geschehen sind. Dennoch erkennt man, wie Ignazio Silone schreibt, in Wirklichkeit die Revolutionen wie die Bäume an ihren Früchten. Und nicht von ungefähr beschlossen die als »Bolschewiken« bekannten russischen Sozialdemokraten im November 1917, sich »Kommunisten« zu nennen. Auch war es kein Zufall, daß sie an der Kremlmauer ein Denkmal für die errichteten, die sie für ihre Vorläufer hielten: Morus und Campanella.

      Über einzelne Verbrechen, punktuelle, situationsbedingte Massaker hinaus machten die kommunistischen Diktaturen zur Festigung ihrer Herrschaft das Massenverbrechen regelrecht zum Regierungssystern. Zwar ließ der Terror nach einer bestimmten Zeit - von einigen Jahren in Osteuropa bis zu mehreren Jahrzehnten in der Sowjetunion oder in China - allmählich nach, und die Regierungen stabilisierten sich in der Verwaltung der alltäglichen Unterdrückung mittels Zensur aller Kommunikationsmedien, Grenzkontrollen und Ausweisung von Dissidenten. Doch garantierte die Erinnerung an den Terror weiterhin die Glaubwürdigkeit und damit die Effektivität der Repressionsdrohung. Keine Spielart des Kommunismus, die einmal im Westen populär war, ist dieser Gesetzmäßigkeit entgangen - weder das China des »Großen Vorsitzenden« noch das Korea Kim Il-Sungs, nicht einmal das Vietnam des freundlichen »Onkels Ho« oder das Kuba des charismatischen Fidel, dem der unbeirrbare Che Guevara zur Seite stand, nicht zu vergessen das Äthiopien Mengistus, das Angola Netos und das Afghanistan Najibullahs.
      Aber eine legitime und normale Bewertung der Verbrechen des Kommunismus fand nicht statt, weder aus historischer noch aus moralischer Sicht. Wahrscheinlich ist das vorliegende Buch einer der ersten Versuche, sich mit dem Kommunismus unter dem Gesichtspunkt der verbrecherischen Dimension als einer zugleich zentralen und globalen Fragestellung zu beschäftigen. Man wird diesem Ansatz entgegenhalten, daß die meisten Verbrechen einer »Legalität« entsprachen, die wiederum von Institutionen ausgeübt wurde, die zu etablierten, international anerkannten Regierungen gehörten, deren Chefs von unseren eigenen politischen Führern mit großem Pomp empfangen wurden. Doch verhielt es sich mit dem Nationalsozialismus nicht genauso? Die hier dargestellten Verbrechen werden nicht nach der Gesetzgebung kommunistischer Diktaturen definiert, sondern nach den nicht schriftlich niedergelegten, natürlichen Rechten des Menschen.

      Die Geschichte der kommunistischen Regime und Parteien, ihrer Politik, ihrer Beziehungen zur Gesellschaft in den jeweiligen Ländern und zur Völkergemeinschaft erschöpft sich nicht in dieser Dimension des Verbrechens, auch nicht in einer Dimension des Terrors und der Unterdrückung. In der Sowjetunion und den »Volksdemokratien« schwächte sich der Terror nach Stalins, in China nach Maos Tod ab, die Gesellschaft gewann wieder Farbe, die »friedliche Koexistenz« wurde - selbst als »Fortsetzung des Klassenkampfs in anderer Form« - zu einer Konstante der internationalen Beziehungen. Dennoch belegen die Archive und unzählige Zeugenaussagen, daß der Terror von Anfang an ein Grundzug des modernen Kommunismus war. Verabschieden wir uns von der Vorstellung, diese oder jene Geiselerschießung, dieses Massaker an aufständischen Arbeitern oder jene Hungersnot, der man zahllose Bauern zum Opfer fallen ließ, sei lediglich dem zufälligen Zusammentreffen unglückseliger Umstände zuzurechnen, die sich nur in eben diesem Land oder zu jener Zeit ergeben konnten. Unser Ansatz geht über spezifische Themenkomplexe hinaus und untersucht die verbrecherische Dimension als eine, die für das gesamte kommunistische System charakteristisch war, solange es existierte.

      Von welchen Verbrechen sprechen wir also? Der Kommunismus hat unzählige begangen: vor allem Verbrechen wider den Geist, aber auch Verbrechen gegen die universale Kultur und die nationalen Kulturen. Stalin ließ in Moskau an die zehn Kirchen niederreißen. Ceaucescu zerstörte den historischen Stadtkern Bukarests, um Gebäude megalomanischen Ausmaßes zu errichten. Auf Geheiß Pol Pots wurden die Kathedrale von Phnom Penh Stein für Stein abgetragen und die Tempel von Angkor dem Dschungel überlassen. Während der maoistischen Kulturrevolution zerschlugen oder verbrannten die Roten Garden Kunstwerke von unschätzbarem Wert. Doch wie schwer diese Zerstörungen auf lange Sicht für die einzelnen Nationen und die ganze Menschheit auch wiegen, was sind sie gegen den Massenmord an Männern, Frauen, Kindern?

      Deshalb geht es hier nur um die Verbrechen gegen Personen, den Keim des terroristischen Phänomens. Sie haben eine gemeinsame Nomenklatur, auch wenn, je nach Regime, die eine oder andere Praxis stärker ausgeprägt ist: Hinrichtung mit verschiedenen Mitteln (Erschießen, Erhängen, Ertränken, Prügeln; in bestimmten Fällen Kampfgas, Gift, Verkehrsunfall), Vernichtung durch Hunger (Hungersnöte, die absichtlich hervorgerufen und/ oder nicht gelindert wurden), Deportation (wobei der Tod auf Fußmärschen oder im Viehwaggon eintreten konnte oder auch am Wohnort und/oder bei Zwangsarbeit durch Erschöpfung, Krankheit, Hunger, Kälte). Die Zeiten sogenannten Bürgerkriegs sind komplizierter zu beurteilen: Hier ist nicht leicht zu unterscheiden, was zum Kampf zwischen Staatsmacht und Rebellen gehört und was ein Massaker an der Zivilbevölkerung ist.

      Dennoch können wir eine erste Bilanz ziehen, deren Zahlen zwar nur eine Annäherung und noch zu präzisieren sind, die aber, gestützt auf persönliche Schätzungen, die Größenordnung aufzeigen und klarmachen, wie wichtig dieses Thema ist:

      Als eine grobe chronologische und weltweite Bilanz dieser Verbrechen kann folgende Aufstellung gelten:

      - Erschießung Zehntausender von Geiseln oder von ohne Urteil Eingekerkerten / Massaker an Hunderttausenden revoltierender Arbeiter und Bauern zwischen 1918 und 1922 (ca. 100.000 Tote)
      - Hungersnot von 1922, die den Tod von fünf Millionen Menschen verursachte
      - Liquidierung und Deportation der Donkosaken 1920 (ca. 1 Million Tote)
      - Ermordung Zehntausender in den neuen sowjetischen Konzentrationslagern zwischen 1918 und 1930
      - Liquidierung von annähernd 690.000 Menschen während der Großen Säuberung von 1937/38
      - Deportation von zwei Millionen Kulaken (bzw. Menschen, die als solche bezeichnet wurden) 1930 bis 1932
      - Vernichtung von sechs Millionen Ukrainern durch die absichtlich hervorgerufene und nicht gelinderte Hungersnot von 1932/33
      - Deportation Hunderttausender Polen, Ukrainer, Balten, Moldauer, Bessarabier 1939 bis 1941 und nochmals 1944/45 - Deportation der Wolgadeutschen 1941
      - Ermordung von 4400 polnischen Offizieren bei Katyn 1940 sowie die Ermordung weiterer ca. 10.000 polnischer Soldaten zur selben Zeit an anderen Orten
      - Verbannung der Krimtataren 1943
      - Verbannung der Tschetschenen 1944 - Verbannung der Inguschen 1944
      - Deportation/Liquidierung der städtischen Bevölkerung Kambodschas mit ca. 3 Millionen Toten
      - zwischen 1975 und 1978 - allmähliche Dezimierung der Tibeter und Vernichtung tibetischer Kulturgüter durch die Chinesen seit 1950 usw.
      - Bürgerkriege und Hungersnöte in China seit 1925 mit bis zu 60 Millionen Toten
      - Niederschlagung von Volkaufständen in Osteuropa durch die Sowjetunion: DDR 1953, Ungarn 1956 (3.000 tote Ungarn, 15.000 Verletzte, 200.000 Flüchtlinge in den Westen), weitere Aufstände in Polen 1956, 1970 und 1981, die jedes Mal mit Gewalt niedergeschlagen werden und in Rumänien, wo u.a. in Timisoara, Bukarest und Brasov ca. 1100 Menschen ums Leben kommen und weitere 10.000 verletzt werden. In Bukarest und Timisoara wird aus Hubschraubern mit Maschinengewehren auf die Demonstranten geschossen.
      - Nur geschätzt werden kann die Zahl der vielleicht Millionen Flüchtlinge, die bei der Flucht aus kommunistischen Staaten über das Meer ums Leben kommen, z.B. aus China nach Taiwan; aus Nord-Korea nach Süd-Korea, aus Vietnam und Kambodscha ("Boat People" ) nach Thailand oder zu den Philippinen, aus Kuba nach Florida usw., usf.
      Die Zahl der Verbrechen des Leninismus, Stalinismus und sonstiger kommunistischer Systeme ist schier unendlich. Häufig werden Anfangs-Verbrechen von den Diktaturen Mao Tse-Tungs, Kim Il-Sungs, Pol Pots und ähnlichen Kreaturen wie Mengistu Haile Mariam in Äthiopien in fast der gleichen Art fortgesetzt.
      Hinter diesem groben Raster verbergen sich große Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern. Relativ gesehen, gebührt der erste Platz zweifellos Kambodscha, wo es Pol Pot gelang, in dreieinhalb Jahren rund ein Viertel der Bevölkerung auf grausamste Weise umzubringen, mit allgemeinem Hunger und Folter. Beim Maoismus hingegen macht die immense Masse von Toten schaudern. Was das leninistische und stalinistische Rußland betrifft, so gefriert einem das Blut in den Adern, betrachtet man den einerseits experimentellen, andererseits jedoch absolut durchdachten, logischen und politischen Charakter der Maßnahmen.

      Dieser rein zahlenmäßige Ansatz beantwortet unsere Frage nicht erschöpfend. Um ihn zu vertiefen, muß man den »qualitativen« Aspekt betrachten, ausgehend von einer Definition des Verbrechens, die sich auf »objektive« juristische Kriterien stützt. Die Frage des von einem Staat begangenen Verbrechens wurde unter juristischen Gesichtspunkten erstmals 1945 vom Intemationalen Militärgerichtshof der Alliierten in Nürnberg behandelt, der


      Der Begriff des Verbrechens gegen die Menschlichkeit ist komplex und umfaßt Verbrechen, die ausdrücklich genannt werden. Eines der spezifischsten ist der Völkermord.
      Nach dem von den Nationalsozialisten verübten Genozid an den Juden und zur Präzisierung des Artikels 6 c) des Statuts des Internationalen Militärgerichtshofs von Nürnberg wurde der Begriff des Völkermords in einer Konvention der Vereinten Nationen vom 9. Dezember 1948 festgelegt: "Völkermord bedeutet eine der folgenden Handlungen, die in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören: a) Tötung von Mitgliedern der Gruppe; b) Verursachung von schwerem körperlichem oder seelischem Schaden an Mitgliedern der Gruppe, c) vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen; d) Verhängung von Maßnahmen, die auf die Geburtenverhinderung innerhalb der Gruppe gerichtet sind; e) gewaltsame Überführung von Kindern der Gruppe in eine andere Gruppe." Das neue französische Strafgesetzbuch faßt die Genozid-Definition noch weiter: "... in Ausführung eines abgestimmten Plans, der auf die völlige oder teilweise Vernichtung einer nationalen, ethnischen, rassischen oder religiösen Gruppe oder einer nach irgendeinem anderen willkürlichen Kriterium festgelegten Gruppe zielt<<. Diese juristische Definition widerspricht nicht dem eher philosophischen Ansatz André Frossards, für den ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorliegt, "wenn man jemanden unter dem Vorwand tötet, daß er geboren ist"`. Und in seiner großartigen Erzählung "Alles fließt ... " sagt Wassilij Grossman von dem aus den Lagern zurückgekehrten lwan Grigorjewitsch: "Er blieb nur immer der, der er von Geburt an war - ein Mensch."` Genau deshalb war er Opfer des Terrors geworden. Aufgrund der französischen Definition kann man sagen, daß der Genozid nicht immer von derselben Art ist - rassisch, wie im Fall der Juden - sondern daß er auch gesellschaftliche Gruppen betreffen kann. In einem 1924 in Berlin veröffentlichten Buch zitierte der russische Historiker und Sozialist Sergej Melgunow einen der ersten Chefs der Tscheka (der sowjetischen politischen Polizei), Lazis, der seinen Untergebenen am 1. November 1918 folgende Anweisung gab: "Wir führen nicht Krieg gegen bestimmte Personen. Wir löschen die Bourgeoisie als Klasse aus. Suchen Sie bei den Ermittlungen nicht nach Dokumenten oder Beweisen für das, was der Angeklagte in Worten oder Taten gegen die Sowjetmacht getan hat. Die erste Frage, die Sie ihm stellen müssen, lautet, welcher Klasse er angehört, was, seine Herkunft, sein Bildungsstand, seine Schulbildung, sein Beruf ist Von vornherein verstanden sich Lenin und seine Genossen als Führer eines gnadenlosen Klassenkampfs, in dem der politische oder ideologische Gegner, ja sogar widerspenstige Bevölkerungsteile als auszumerzende Feinde betrachtet und auch so behandelt wurden. Die Bolschewiken beschlossen, jegliche - auch passive - Opposition gegen ihre Vormachtstellung rechtlich, aber auch physisch zu eliminieren. Das richtete sich nicht nur gegen Gruppen politischer Oppositioneller, sondern auch gegen ganze gesellschaftliche Gruppierungen (Adel, Bürgertum, Intelligenz, Kirche usw.) sowie gegen Berufsstände (Offiziere, Polizisten usw.) und nahm zum Teil Züge eines Genozids an. Von 1920 an entspricht die Entkosakisierung im wesentlichen der Definition des Genozids: Die Gesamtheit einer auf streng umrissenem Raum angesiedelten Bevölkerung, die Kosaken, wurde als solche ausgelöscht. Die Männer wurden erschossen, Frauen, Kinder und Alte deportiert, die Dörfer dem Erdboden gleichgemacht oder neuen, nichtkosakischen Bewohnern übergeben. Lenin verglich die Kosaken mit den Bewohnem der Vendée während der Französischen Revolution und wollte ihnen die Behandlung zukommen lassen, die Gracchus Babeuf, der "Erfinder" des modernen Kommunismus, 1795 als "populicide" bezeichnet hatte.

      Die Entkulakisierung von 1930 bis 1932 war nichts als eine Wiederholung der Entkosakisierung in großem Stil, wobei die Operation von Stalin selbst gefordert wurde, unter der offiziellen, von der Regierungspropaganda verbreiteten Losung: "Die Kulaken als Klasse auslöschen." Kulaken, die sich der Kollektivierung widersetzten, wurden erschossen, andere zusammen mit Frauen, Kindern und Alten deportiert. Sicher sind nicht alle regelrecht ausgelöscht worden, aber die Zwangsarbeit in Sibirien und dem hohen Norden ließ ihnen kaum eine Überlebenschance. Hunderttausende kamen dort um, doch bleibt die genaue Zahl der Opfer unbekannt. Die große Hungersnot von 1932/33 in der Ukraine, die mit dem Widerstand der Landbevölkerung gegen die Zwangskollektivierung zusammenhing, forderte binnen weniger Monate sechs Millionen Todesopfer.

      Hier sind sich "Rassen-Genozid" und "Klassen-Genozid" sehr ähnlich: Der Tod eines ukrainischen Kulakenkindes, das das stalinistische Regime gezielt der Hungersnot auslieferte, wiegt genauso schwer wie der Tod eines jüdischen Kindes im Warschauer Ghetto, das dem vom NS-Regime herbeigeführten Hunger zum Opfer fiel. Dieser Vergleich stellt die Einzigartigkeit von Auschwitz nicht in Frage - die Aufbietung modernster technischer Ressourcen, das Ingangsetzen eines regelrechten industriellen Prozesses, die Vernichtungsmaschinerie der Vergasung und Leichenverbrennung. Die Feststellung unterstreicht aber eine Besonderheit vieler kommunistischer Diktaturen: den systematischen Einsatz des Hungers als Waffe. Das Regime kontrolliert in der Regel alle verfügbaren Nahrungsmittelvorräte, teilt sie aber, manchmal nach einem ausgeklügelten Rationierungssystem, nur nach "Verdienst" beziehungsweise "Verschulden" der jeweiligen Menschen aus. Dieses Verfahren kann so weit gehen, daß gigantische Hungersnöte entstehen. Es ist daran zu erinnern, daß es in der Zeit nach 1918 ausschließlich kommunistische Länder waren, in denen Hungersnöte auftraten, mehr als 100.000, ja sogar Millionen Todesopfer forderten. Noch im Jahrzehnt 1980 bis 1990 haben zwei afrikanische Länder, die sich offiziell "marxistisch-leninistisch" nannten - Äthiopien und Mocambique -, solche verheerenden Hungersnöte durchgemacht.
      In Nordkorea ging nach offiziellen nordkoreanischen Angaben zum Erhalt für UNO-Lebensmittelhilfe die Bevölkerung zwischen 1995 und 2003 um bis zu 6 Prozent zurück. Mit anderen Worten: Es sind in Nordkorea möglicherweise 3 Millionen Menschen in aller Stille verhungert.

      Ein erkenntnistheoretisches Problem bleibt bestehen: Darf ein Historiker in seiner Darstellung und Interpretation von Fakten die Begriffe "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" und "Genozid" gebrauchen, die, wie erläutert, aus dem juristischen Bereich stammen? Ist das Verständnis dieser Begriffe nicht allzu zeitgebunden - im Zusammenhang mit der Ächtung des Nationalsozialismus in Nürnberg -, als daß man sie in historischen Überlegungen für eine mittelfristige Analyse benutzen könnte? Sind außerdem diese Begriffe nicht überfrachtet mit Wertungen, die die Objektivität der historischen Analyse beeinträchtigen könnten?

      Zur ersten Frage: Die Geschichte dieses Jahrhunderts hat gezeigt, daß sich die Praxis der Massenvernichtung durch Staaten oder Staatsparteien nicht auf den Nationalsozialismus beschränkte. Was in Bosnien und Ruanda geschah, beweist, daß diese Praktiken fortgesetzt werden. Sie sind wahrscheinlich eines der wichtigsten Kennzeichen dieses Jahrhunderts.

      Zur zweiten Frage: Es geht nicht darum, in ein Geschichtsverständnis des 19. Jahrhunderts zurückzufallen, dem zufolge der Historiker eher zu "urteilen" denn zu "verstehen" suchte. Dennoch: Kann ein Historiker angesichts der ungeheuren Tragödien, die von bestimmten ideologischen und politischen Konzeptionen ausgelöst wurden, von jeglicher Bezugnahme auf den Humanismus absehen, der doch eng mit unserer jüdisch-christlichen Zivilisation und demokratischen Kultur verbunden ist -etwa dem Bezug auf die Würde des Menschen? Viele renommierte Historiker zögern nicht, die NS-Verbrechen mit dem Ausdruck "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" (französisch: "crime contre l`humanité" ) zu qualifizieren, so zum Beispiel Jean-Pierre Azema in einem Artikel über Auschwitz oder Pierre Vidal-Naquet anläßlich des Touvier-Prozesses. Daher kann es nicht unzulässig sein, diese Begriffe zur Charakterisierung bestimmter unter den kommunistischen Regimen begangener Verbrechen zu benutzen.

      Über die Frage der unmittelbaren Verantwortung der an der Macht befindlichen Kommunisten hinaus stellt sich die nach der Mitschuld. Nach Artikel 7 (3.77) des 1987 geänderten kanadischen Strafgesetzbuchs schließen Verbrechen gegen die Menschlichkeit den Versuch, die Mittäterschaft, die Beratung, die Hilfe, die Ermutigung oder die faktische Mitschuld ein`. Ebenso werden im Artikel 7 (3.76) "der Versuch, der Plan, die Komplizenschaft nach der Tat, die Beratung, die Hilfe oder die Ermutigung hinsichtlich dieser Tat" (Hervorhebungen vom Verf) dem Tatbestand des Verbrechens gegen die Menschlichkeit gleichgestellt. Doch von den zwanziger bis zu den fünfziger Jahren applaudierten die Kommunisten in aller Welt sowie viele andere begeistert der Politik Lenins und später Stalins. Hunderttausende engagierten sich in der kommunistischen Internationale und den örtlichen Sektionen der "Partei der Weltrevolution". Von den fünfziger bis zu den siebziger Jahren beweihräucherten weitere Hunderttausende in Westeuropa den "Großen Vorsitzenden" der chinesischen Revolution und besangen die Errungenschaften des Großen Sprungs oder der Kulturrevolution. Und unserer Zeit noch näher gab es viele, die sich über die Machtergreifung Pol Pots freuten". Viele werden sagen, daß sie "nicht wußten". Tatsächlich war es nicht immer einfach, Bescheid zu wissen, denn für die kommunistischen Diktaturen war die Geheimhaltung eine bevorzugte Abwehrstrategie. Aber häufig war dieses Nichtwissen lediglich auf Verblendung aufgrund des Glaubens an die Partei zurückzuführen. Seit den vierziger und fünfziger Jahren waren viele Fakten bekannt und unbestreitbar. Wenn auch inzwischen viele Anhänger ihre Idole von gestern im Stich gelassen haben, geschah dies doch klammheimlich. Aber was ist von einem solch abgrundtiefen Amoralismus zu halten, der ein öffentliches Engagement einfach in der Versenkung verschwinden läßt, ohne daraus eine Lehre zu ziehen?

      Komisch, daß man unter "w: o " immer nur in geschichtlichen Rückblicken von "Verbrechen der Amis" lesen muß, aber Verbrechen der Gegenseiten werden nicht erwähnt oder immer nur verharmlost, denn jedes "nicht-amerikanische" Verbrechen würde ja automatisch bedeuten, daß die "Verbrechen der USA" ein Pendant auf der Gegenseite hätten haben können, nicht wahr?
      Das würde ja auch heißen, daß die US-Verbrechen nicht einzigartig wären, nicht? Das könnte ja sogar bedeuten, daß die "US-Verbrechen" zumindest teilweise eine militärische Antwort auf vorhergehende Angriffe gewesen wären oder vielleicht falsche Theorien wie die US-"Domino-Theorie" in Vietnam, die auf der militärischen Okkupation Osteuropas durch die Sowjetunion aufbaute und annahm, daß nach Vietnam ganz Südostasien "kommunistisch" werden könnte, nicht wahr?
      Aber wer will schon solche Theorien überhaupt zur Kenntnis nehmen, wenn man doch den USA und dem CIA für alle Verbrechen dieser Welt die Schuld geben kann, nicht wahr?
      Avatar
      schrieb am 22.02.03 13:42:37
      Beitrag Nr. 405 ()
      WAs trug zur Entspannung und damit zur Wende in Osteuropa bei?

      Antwort:

      1) Die Ostverträge Brandts und Bahrs, damals von solchen Ewiggestrigen wie der CDU/CSU und den USA übelst bekämpft und von Schmutzkampagnen gegen Brandt ebenso begleitet wie jetzt ggen Schröder

      2) Ein solcher Ausnahmepolitiker wie Gorbatchov, der Glasnost und Perestroika einführte.

      3) Eine friedliche Bürgerbewegung, die soviel Druck ausübte, daß es zur Wende kam.
      Sie bewegten in wenigen JAhren mehr mehr als die waffenstarrenden USA in JAhrzehnten.

      Von solchen Politikern können die USA nach wie vor nur träumen.
      Avatar
      schrieb am 22.02.03 13:50:56
      Beitrag Nr. 406 ()
      Leider erklären diese gerade noch akzeptablen Beispiele nicht so richtig, warum bei solcher menschenfreundlicher Entspannung Ceausescu erschossen und ein beinahe geglückter Putschversuch gegen Gorbatschow unternommen wurde.
      Daß die Demonstranten von Leipzig im Jahre 1989 nicht genauso endeten wie die vom Platz des Himmlischen Friedens im selben Jahr ( wie es der selige Honecker plante), ist nur auf den einen Umstand zurückzuführen, daß Gorbatschow in Moskau regierte und das Tauwetter mit ihm dort Einzug gehalten hatte - er daher eine Gewaltlösung mit russischen Panzern wie in den 50er Jahren ablehnte. Nicht umsonst warf ihm Honecker "Verrat am Sozialismus vor! Daß aber Gorbatschow und kein anderer (z.B. noch Andropow) gerade dort regierte, ist eher der Zufall aufgrund der mangelnden Langlebigkeit der alten Kommunisten gewesen.
      Wir hatten alle ein unsägliches Glück mit Gorbatschow, mehr nicht!
      Avatar
      schrieb am 22.02.03 13:54:53
      Beitrag Nr. 407 ()
      Nachtrag zu # 403:
      Übrigens soll es bald mal wieder Wahlen in Nicaragua geben und dabei soll in den Wählerumfragen ein gewisser Eden Pastora ziemlich weit voren liegen, was ich doch recht witzig finde angesichts seines recht interessanten Lebenslaufs:
      Ortega und Pastora:
      Lebensweg zweier Revolutionäre

      Sie sind beide Nicaraguaner und lernen schon sehr früh Somozas Gefängnisse kennen. Pastora, der aus einer Familie des landbesitzenden Mittelstands kommt, ist gut 20 Jahre alt, als in Kuba die »barbudos« siegen. Ortega wurde 1945 in bescheidenen Verhältnissen geboren. Anfang der sechziger Jahre nimmt er am Kampf der gegen Somoza gerichteten Jugendorganisationen teil.

      Die 1961 von Carlos Fonseca Amador und Tomäs Borge geschaffene Sandinistische nationale Befreiungsfront vereint, so gut sie kann, verschiedene Richtungen. Schon die beiden Gründer haben unterschiedliche Vorlieben. Amador ist Castro?Anhänger, während Borge sich für Mao Zedong erklärt. Im Laufe der Jahre lassen sich in der FSLN drei Strömungen unterscheiden: Der »verlängerte Volkskrieg« maoistischer Orientierung bevorzugt den Kampf von den ländlichen Gebieten aus. Die marxistisch?leninistische oder »proletarische« Richtung Amadors und Jaime. Wheelocks stützt sich auf ein noch embryonales Proletariat. Die von marxistischen Dissidenten und Demokraten befürwortete »tercerista«? oder »aufständische« Strömung arbeitet am Aufbau einer Stadtguerilla. Pastora gehört dazu wie auch Ortega, der aber bald zu den Proletariern stoßen wird. Daniel Ortega kam zur Revolution aufgrund seines politischen Engagements. Pastora wurde Revolutionär, um seinen Vater zu rächen, einen demokratischen Oppositionellen, der von Somozas Garde ermordet worden war. Nach den Proteststreiks, die 1967 als Reaktion auf die gefälschten Präsidentschaftswahlen aufflammen, wird Pastora verhaftet. Nach Folterungen (man zwang ihn nach einem Aderlaß, sein eigenes Blut zu trinken) freigelassen, bereitet er eine Aktion vor, um seine Folterer zu bestrafen. Die beiden Guerilleros, die sich ihm anschließen, heißen Humberto und Daniel Ortega. Dann gerät Daniel Ortega in die Fänge der Somoza?Polizei. Eden seinerseits baut die Guerilla weiter aus. Bei Fidel Castro bekräftigt er seine Bindung an die parlamentarische Demokratie und knüpft Verbindungen zu mittelamerikanischen Demokraten wie Fugueres aus Costa Rica und Torrijos aus Panama. Ortega wird 1974 nach der Geiselnahme eines Würdenträgers des Somoza?Regimes freigelassen. Ohne zu zögern, nimmt er das erste Flugzeug nach Havanna. Pastora bleibt mit seinen Kämpfern zurück.

      Im Oktober 1977 wird in verschiedenen nicaraguanischen Städten eine Erhebung organisiert. Von der Nationalgarde gejagt und der Luftwaffe Somozas bombardiert, ziehen sich Pastora und Ortega in den Urwald zurück. Im Januar 1978 erhebt sich das ganze Land. Im August desselben Jahres stürmt Pastora das Abgeordnetenhaus. Unter anderem erreicht er die Freilassung sämtlicher politischer Gefangener, darunter auch Tomäs Borge. Daniel Ortega pendelt zwischen Havanna und der Front im Norden Nicaraguas. Bei einem Angriff auf Masaya findet Camillo Ortega, einer der Brüder Daniels, den Tod. Gut strukturiert und mit Unterstützung kubanischer Berater gewinnt der Aufstand an Boden. Schon dringen FSLN?Truppen, die sich nach Kuba zurückgezogen hatten, in Nicaragua ein. Südlich von Managua kämpfen Pastora und seine »muchachos« erbittert gegen die Eliteeinheiten der Garde.

      Nach dem Sieg der Sandmisten im Juli 1979 wird Pastora stellvertretender Innenminister, während Ortega erwartungsgemäß zum Staatspräsidenten gewählt wird. Ortega lehnt sich offen an Kuba an. Managua ist voll von kubanischen Militärberatern und »Internationalisten«. Pastora, immer stärker isoliert, bekräftigt seine Verbundenheit mit der parlamentarischen Demokratie. Enttäuscht tritt er im Juni 1981 zurück und organisiert mit Hilfe der CIA den bewaffneten Widerstand im Süden des Landes, den Pastora erst einstellt, als die Sandinisten wirklich freien und offenen demokratischen Wahlen zustimmen.
      Avatar
      schrieb am 22.02.03 14:03:31
      Beitrag Nr. 408 ()
      jedenfalls haben die Ostblockländer eben NICHT den USA, sondern den eigenen Bürgern (z.B. den tapferen Milzen, die Ceauscescu den garaus machten und den tapferen Polnischen Werftarbeitern unter lech Walensa, den tapferen Montagsdemonstranten und DDR-Bürgerrechtlern ) und einer klugen, langfristig auf Ausgleich und Vertrauensbildung ausgerichteten politik Deutschlands zu verdanken.

      Gerade das besipiel des gestürzten Extrem-Despoten Ceaucescu zeigt, wie wenig blutig ein intern ablaufender Umsturz sein kann - im Vergleich zum Massenbombardement der USA, wie es in Irak geplant wird und damals erfolgte!

      Wenn es eines "KArdinalbeispiels" für ein erfolgreiches Ansetzen von despoten bedurft hätte, so ist das ein geradezu glänzendes!

      Und zwar mit nur wenigen Opfern im Vergleich zum Plattmachen eines ganzen Volkes, wie im Irak vorgesehen.
      Avatar
      schrieb am 22.02.03 14:04:33
      Beitrag Nr. 409 ()
      P.S.: Die meisten Fragezeichen im vorangehenden Text sollen natürlich mal wieder Bindestriche sein.
      ->Altes Word-Programm! Gngngng! ;)
      Avatar
      schrieb am 22.02.03 14:09:27
      Beitrag Nr. 410 ()
      Oh, da war er ja wieder.
      Posting # 409 bezieht sich daher auf Posting # 407.

      Deep Thought, Du solltest Dir mal das Anfangsposting in meinem Thread " "Reich des Guten" vs. Irak" zu Gemüte führen. Dann würdest Du wissen, daß ich diesen Krieg bisher nicht befürworten kann. Andererseits gibt es da bei "Onkel Saddam" schon einige Parallelen mit den Reichen der Herren Adolf und Josef Wissarionowitsch. Und wie sind wir doch gleich wieder Herrn Adolf losgeworden?
      Avatar
      schrieb am 22.02.03 14:20:39
      Beitrag Nr. 411 ()
      Nachdem ich gerade diesen lustigen WORD-"W: O " Transkriptions-Fehler mit den "Sandmisten" gelesen habe, wiederhole ich das vielleicht doch besser und hoffentlich ohne Fehler ;) :
      Übrigens soll es bald mal wieder Wahlen in Nicaragua geben und dabei soll in den Wählerumfragen ein gewisser Eden Pastora ziemlich weit voren liegen, was ich doch recht witzig finde angesichts seines recht interessanten Lebenslaufs:

      Daniel Ortega und Eden Pastora:
      Lebensweg zweier Revolutionäre

      Sie sind beide Nicaraguaner und lernen schon sehr früh Somozas Gefängnisse kennen. Pastora, der aus einer Familie des landbesitzenden Mittelstands kommt, ist gut 20 Jahre alt, als in Kuba die »barbudos« siegen. Ortega wurde 1945 in bescheidenen Verhältnissen geboren. Anfang der sechziger Jahre nimmt er am Kampf der gegen Somoza gerichteten Jugendorganisationen teil.

      Die 1961 von Carlos Fonseca Amador und Tomàs Borge geschaffene Sandinistische nationale Befreiungsfront vereint, so gut sie kann, verschiedene Richtungen. Schon die beiden Gründer haben unterschiedliche Vorlieben. Amador ist Castro-Anhänger, während Borge sich für Mao Zedong erklärt. Im Laufe der Jahre lassen sich in der FSLN drei Strömungen unterscheiden: Der »verlängerte Volkskrieg« maoistischer Orientierung bevorzugt den Kampf von den ländlichen Gebieten aus. Die marxistisch-leninistische oder »proletarische« Richtung Amadors und Jaime Wheelocks stützt sich auf ein noch embryonales Proletariat. Die von marxistischen Dissidenten und Demokraten befürwortete »tercerista« oder »aufständische« Strömung arbeitet am Aufbau einer Stadtguerilla. Pastora gehört dazu wie auch Ortega, der aber bald zu den Proletariern stoßen wird. Daniel Ortega kam zur Revolution aufgrund seines politischen Engagements. Pastora wurde Revolutionär, um seinen Vater zu rächen, einen demokratischen Oppositionellen, der von Somozas Garde ermordet worden war. Nach den Proteststreiks, die 1967 als Reaktion auf die gefälschten Präsidentschaftswahlen aufflammen, wird Pastora verhaftet. Nach Folterungen (man zwang ihn nach einem Aderlaß, sein eigenes Blut zu trinken) freigelassen, bereitet er eine Aktion vor, um seine Folterer zu bestrafen. Die beiden Guerilleros, die sich ihm anschließen, heißen Humberto und Daniel Ortega. Dann gerät Daniel Ortega in die Fänge der Somoza-Polizei. Eden seinerseits baut die Guerilla weiter aus. Bei Fidel Castro bekräftigt er seine Bindung an die parlamentarische Demokratie und knüpft Verbindungen zu mittelamerikanischen Demokraten wie Fugueres aus Costa Rica und Torrijos aus Panama. Ortega wird 1974 nach der Geiselnahme eines Würdenträgers des Somoza-Regimes freigelassen. Ohne zu zögern, nimmt er das erste Flugzeug nach Havanna. Pastora bleibt mit seinen Kämpfern zurück.

      Im Oktober 1977 wird in verschiedenen nicaraguanischen Städten eine Erhebung organisiert. Von der Nationalgarde gejagt und der Luftwaffe Somozas bombardiert, ziehen sich Pastora und Ortega in den Urwald zurück. Im Januar 1978 erhebt sich das ganze Land. Im August desselben Jahres stürmt Pastora das Abgeordnetenhaus. Unter anderem erreicht er die Freilassung sämtlicher politischer Gefangener, darunter auch Tomàs Borge. Daniel Ortega pendelt zwischen Havanna und der Front im Norden Nicaraguas. Bei einem Angriff auf Masaya findet Camillo Ortega, einer der Brüder Daniels, den Tod. Gut strukturiert und mit Unterstützung kubanischer Berater gewinnt der Aufstand an Boden. Schon dringen FSLN-Truppen, die sich nach Kuba zurückgezogen hatten, in Nicaragua ein. Südlich von Managua kämpfen Pastora und seine »muchachos« erbittert gegen die Eliteeinheiten der Garde.

      Nach dem Sieg der Sandinisten im Juli 1979 wird Pastora stellvertretender Innenminister, während Ortega erwartungsgemäß zum Staatspräsidenten gewählt wird. Ortega lehnt sich offen an Kuba an. Managua ist voll von kubanischen Militärberatern und »Internationalisten«. Pastora, immer stärker isoliert, bekräftigt seine Verbundenheit mit der parlamentarischen Demokratie. Enttäuscht tritt er im Juni 1981 zurück und organisiert mit Hilfe der CIA den bewaffneten Widerstand im Süden des Landes, den Pastora erst einstellt, als die Sandinisten wirklich freien und offenen demokratischen Wahlen zustimmen.
      Avatar
      schrieb am 26.02.03 12:16:33
      Beitrag Nr. 412 ()
      Da habe ich gerade noch einen "lustigen" Artikel über die Verschiedenheit von "progressiv-liberalen Meinungen" in Ost und West gefunden, der die Austauschbarkeit von Positionen beschreibt:

      Dmitri Popov
      Die grüne Nostalgie


      KLÜGER, ENTTÄUSCHTER UND VERSTÄNDNISVOLLER
      Eine Erzählung über rechts und links, diesseits und jenseits der Mauer, einst und jetzt.

      Die europäischen Linken hassten wir ...

      (=> Anm. des "Plagiators" Auryn: gemeint sind mit "wir" die russischen "Linken", weil da "progressiv-links(-grün)" und "links-liberal" gegen die politsch gesehen "Rechte" kämpft, womit dort in Rußland aber die "konservative Rechte" der Kommunisten gemeint ist. Alles klar für Euch? ;))

      ... von ganzem Herzen. Mit ihren Anti-Pershing-Demos, ihren grünen Abgeordneten, den Friedensreisen in die Sowjetunion und dem Hass auf Margaret Thatcher oder Ronald Reagan kamen sie uns hoffnungslos dumm vor. Sie hätten nur mal für ein paar Monate mit uns tauschen müssen - diese Kommunisten, Sozialisten, Grünen, Trotzkisten oder wie sie sonst hinter der Berliner Mauer alle hießen. Sollten sie doch bitte mal nach Moskau kommen und sich anschauen, für was sie da in ihrem paradiesischen Westen eigentlich kämpften.

      Ich erinnere mich noch gut an den Auftritt eines grünen Aktivisten, der im sowjetischen Fernsehen über Weltfrieden und internationale Entspannung sprach. Auch Breschnew erzählte uns damals viel zu diesem Thema. Im Gegensatz zu Breschnew war der Grüne aber jung, hatte Pickel im Gesicht, trug eine Jeansjacke und eine Brille mit dünnem Metallgestell. Meine erste Jeans habe ich mit 17 bekommen. Mein Vater hat sie aus Paris mitgebracht, als er mit einer Wirtschaftsdelegation das einzige Mal in seinem Leben die Sowjetunion verlassen durfte. Jene wunderschöne Brille mit dem dünnen Metallgestell aber blieb für mich immer nur ein Traum; in Moskau war sie nicht zu kriegen. Übrigens trug der russische Fernsehjournalist, der mit dem Grünen sprach, genau so eine Brille. Er war Mitte 50, hatte gepflegte Haut und glatte zurückgekämmte Haare - von der Erscheinung her ein typischer KPdSU-Intellektueller. Oder auch ein CDU-Abgeordneter aus Hessen. Dem Journalisten - da war ich mir sicher - kam sein Interviewpartner genau so idiotisch vor wie mir. Doch TV-Beiträgen wie diesen verdankte er seine Karriere, die es ihm ermöglichte, in den Westen zu reisen, um sich dort schöne Brillen oder andere tolle Sachen zu besorgen.

      Anfang der Achtziger, als die Grünen zur Partei wurden und allmählich an die Macht kamen, studierte ich an der Moskauer Filmhochschule. Wir machten uns über den Alzheimer-Sozialismus lustig, die kommunistische Ursprungsidee an sich hielten wir für verbrecherisch. Wir verehrten Ronald Reagan und waren davon überzeugt, dass das Reich des Bösen, also die Sowjetunion, mit aller Gewalt zerstört werden müsse. Wir waren jung und romantisch, die Perspektive, unter ihren Ruinen begraben zu werden, schreckte uns nicht ab.

      Das ganze Land sang damals laut ein Propaganda-Lied mit dem Refrain: "Pershings in Europa - nein, nein, nein! Internationale Entspannung - ja, ja, ja!" Ein Kommilitone und guter Freund von mir murmelte dagegen leise mit bösem Lächeln: "Pershings in Europa - ja, ja, ja! Internationale Entspannung - nein, nein, nein!" Es gab eine einzige Partei, der er sofort beitreten würde; er hatte sie in einem sowjetischen Lexikon ausländischer Parteien gefunden, sie stand als erste da, weil sie "AAA" hieß - Antikommunistische Allianz Argentiniens. Von dieser Idee war auch ich begeistert, ich wollte ebenfalls sofort Mitglied der Antikommunistischen Allianz Argentiniens werden. Mein Freund studierte an der Filmhochschule Drehbuchschreiben, daher waren seine politischen Visionen immer sehr bildlich. "Mein lieber Popov, stellen Sie sich vor, es gebe ein Ost- und ein West-Moskau." - Er sprach alle seine Freunde mit Familiennamen und per Sie an, da er meinte, dass Duzen nur für Kommunisten gut sei. - "Also, stellen Sie sich vor, West-Moskau wäre zwar hinter einer Mauer versteckt und von Grenzschützern bewacht, doch hinter der Mauer gäbe es einen echten Kapitalismus und man würde dort russisch sprechen. Hätten Sie, lieber Popov, nicht alles getan, um dorthin zu gelangen? Hätten Sie nicht jede Nacht an einem Luftballon genäht? Oder etwa nicht drei Jahre lang einen Tunnel gegraben?"

      Unsere mangelnden Fremdsprachenkenntnisse schienen uns das einzige Problem eines möglichen Lebens im kapitalistischen Ausland zu sein. Ein echter Lese-Hit war deshalb zu der Zeit der in einem westlichen Exilverlag erschienene utopische Roman Die Insel Krim von Wassilij Aksjonow. Die Utopie bestand darin, dass Aksjonow in seiner Erzählung aus der Halbinsel Krim eine Insel machte, auf die sich nach der Oktoberrevolution die Reste der antikommunistischen Weißen Garde zurückgezogen hätten. Genussvoll und detailliert beschrieb das Buch den Alltag eines russischen Taiwans, das in dieser Form leider nie existierte. Doch so hätte es in ganz Russland sein können, wenn die bösen Kommunisten nicht an die Macht gekommen wären! Träume wie diese waren für uns von verführerischer Schönheit.

      Das Verhältnis meiner deutschen Bekannten, die nun Grünen wählen, zu ihrer Partei scheint mir ein anderes zu sein als bei den SPD- oder Unions-Anhängern. Es hat etwas mit der Sehnsucht nach der verlorenen Jugend zu tun, mit einer Art Unschulds-Nostalgie derjenigen, die heute zwischen 35 und 45 Jahre alt sind. Die Grünen sind eine Partei, deren Geburt ihre Wähler miterlebt haben und deren Ideale vor 20 Jahren auch für sie brennend wichtig waren. Deshalb ist die Bereitschaft so groß, der Partei die Peinlichkeiten ihrer Regierungszeit zu verzeihen - die ganzen Kompromisse, die ganzen politischen Manöver, die ganzen taktischen Entscheidungen, die im Grunde nichts mehr mit den Idealen von damals gemein haben. Meine grünen Freunde reden nun nicht mehr vom Tod der Partei - wie noch vor einem Jahr, nach der Afghanistan-Entscheidung der Regierung. Wie die grünen Politiker selbst sind inzwischen auch ihre Wähler 20 Jahre älter geworden. Jeder von ihnen musste in seinem Privatleben Kompromisse machen - also "Realo" werden, wie es in der Parteisprache heißt. Die grünen Wähler sind nun klüger, enttäuschter und verständnisvoller als vor 20 Jahren. Doch im abgemagerten, älter gewordenen Teddybär mit einem süßen, freundlichen und ein bisschen traurigen Lächeln, der auf den Wahlplakaten im Jahre 2002 die Wähler animieren möchte, erkennen sie immer noch den jungen Wilden in Turnschuhen aus dem Jahre 1985 oder den Straßenkämpfer aus Frankfurt von Mitte der Siebziger. Außen - Minister, innen - Nostalgie.

      Nichts könnte mir, siehe oben, fremder sein als eine Identifikation mit dieser Partei, mit ihren Anführern und der Generation ihrer Unterstützer. Vor 20 Jahren lebte ich noch auf der anderen Seite der Mauer und meine politische Erfahrung ist eine ganz andere. 1982, ein Jahr vor dem Einzug der Grünen in den Bundestag, habe ich ein Flugblatt in der Hand gehalten mit der Adresse des in Verbannung lebenden Menschenrechtlers Andrej Sacharow. Der Nobelpreisträger war eine Symbolfigur des Widerstandes und wurde von uns wie ein Heiliger verehrt. Das Flugblatt rief dazu auf, Andrej Sacharow schriftlich zum 71. Geburtstag zu gratulieren. Meine Freunde und ich überlegten lange, ob wir ihm ein Geburtstags-Telegramm schicken sollten. Doch wir hatten Angst, eine Angst, die heute nur noch schwer nachvollziehbar ist. Wir waren uns sicher, dass in Moskau an jedem Schalter jeder Post bereits ein KGB-Mitarbeiter auf uns warten würde. Letztendlich schickte ich kein Telegramm. Meine Freunde auch nicht. Dafür schäme ich mich nun seit über zwanzig Jahren.

      Trotz dieser unterschiedlichen historischen Erfahrungen spüre ich eine seltsame Zugehörigkeit zu den Ereignissen, die ich nicht miterleben konnte und die ich vor 20 Jahren sogar dumm und falsch fand. Es gibt nämlich etwas, was mich mit den linken Protestlern der achtziger Jahre verbindet. Das ist der politische Idealismus. Man muss nur plus und minus, also "links" und "rechts" vertauschen. In der Welt östlich der Mauer bedeutete rechts zu sein in etwa das Gleiche wie westlich der Mauer links. Genau wie die politischen Protest-Gruppen, die sich in der Partei der Grünen dann zusammenschlossen, hassten wir das real existierende System und idealisierten die Welt hinter der Mauer, ohne sie richtig zu kennen. Das politische Universum war so klar und eindeutig, wie es eben nur sein kann, wenn man jung und kompromisslos ist. Genau wie die gleichaltrigen europäischen Linken glaubten wir an einfache Lösungen. Die Welt bestand aus gemeinen Feinden und echten Freunden, dazwischen standen Barrikaden.

      Doch in Moskau haben wir viel geredet und konnten so gut wie nichts tun. Es gab keine Demonstrationen, keine öffentlichen Proteste, keine besetzten Häuser, ganz davon zu schweigen, dass es für uns unmöglich war, eine Partei zu gründen und für das sowjetische "Parlament" zu kandidieren. Für uns gab es nur böse Witze über das System, verbotene Bücher, Diskussionen in verrauchten Küchen und ein tief versteckter Hass gegenüber der allmächtigen KPdSU. Nicht nur um die tollen Brillen beneideten wir die westlichen Linken, sondern viel mehr um die Selbstverständlichkeit der Möglichkeit, ihren Protest öffentlich auszutragen.

      Seit ich 1991 nach Deutschland gekommen bin, schaue ich mir mit großem Vergnügen die Privatfotos meiner deutschen Freunde an. Besonders die aus den Zeiten vor meiner Ankunft - der Einblick in die fremden Vergangenheiten hilft, Brücken zu schlagen. Die grüne Vergangenheit ist die einzige politische Vergangenheit, mit der ich mich im Deutschland der achtziger Jahre mehr oder weniger identifizieren kann. Wenn ich die jungen Leute sehe, die sich bei den Wahlveranstaltungen der CDU oder der FDP versammeln, ob damals oder heute, so erkenne ich sofort die Karriere-Sucht der sowjetischen Komsomolzen wieder. Und Menschen dieser Sorte hasste ich noch mehr als die fernen europäischen Linken im sowjetischen Fernsehen. Die SPD-Anhänger sehen zwar sympathischer aus, doch sie gehören nicht zu meiner Generation. Die grüne Nostalgie von heute aber kann ich genau so nachvollziehen wie den grünen Idealismus von damals. Letztendlich haben wir in Russland auch erlebt, was es heißt, wenn die eigenen Ideale schließlich in politische Realität umgesetzt werden. Und älter, klüger, enttäuschter und verständnisvoller bin ich natürlich auch geworden.

      Kurzum, wäre ich auf der anderen Seite der Mauer geboren, so wäre ich Anfang der Achtziger bestimmt bei den Grünen gewesen. Ich hätte gegen Pershings demonstriert, nächtelang über marxistische Bücher diskutiert, die Straßenkämpfe mit der Polizei genossen und den Kapitalismus gehasst.

      Dafür wäre ich natürlich von einem in der Sowjetunion geborenen Joschka Fischer verachtet und für hoffnungslos dumm gehalten worden.

      Gefunden unter:
      http://www.freitag.de/2002/39/02391101.php
      Wobei ich mich von dieser "fragwürdigen Internet-Seite" natürlich sofort distanzieren möchte, weil dies in Deutschland unter "Linken" so Sitte geworden ist.
      ;)
      Avatar
      schrieb am 26.02.03 14:23:13
      Beitrag Nr. 413 ()
      Buchtipp:
      Bilanz des Terrors (aus "3sat-Kulturzeit" )

      Walter Laqueur über die Unverbesserbarkeit der Welt

      Ein Mann von bald 82 Jahren zieht mit wenig Illusion Bilanz. Da hat er nun, intensiv wie kaum ein anderer, über den Terror geforscht, über seine Ausformungen, seine Ursachen - und immer ist es noch schlimmer gekommen als es sich selbst er, der Gelehrte Walter Laqueur, hätte vorstellen können.
      Touristen in Mombasa, Theaterbesucher in Moskau - eine Musicalbühne wird binnen Minuten zum Krisenherd der Weltpolitik. Die Ziele der terroristischen Angriffe scheinen beliebig gewählt. Es kann jeden treffen. Jederzeit und überall. Es gibt keine probate Therapie. Am Ende seines düsteren Berichts vergleicht sich Walter Laqueur mit einem Arzt, der erkennen muss, dass er keine Chance gegen die Krankheit hat, deren Erforschung sein Lebenswerk galt. "Das Bedrohlichste ist", sagt er, "dass der Terrorismus, der sehr häufig zu rechtfertigen war als ultima ratio von Unterdrückten und Verfolgten, ausgeartet ist in eine wahlloses Töten und Vernichten von Menschen, die nichts damit zu tun haben. Es gibt keine Skrupel mehr."

      Eine reale Gefahr

      Die Akteure, die Laqueur sehr genau beschreibt, sind oft verzweifelte Kreaturen, denen einzig der Gürtel mit Sprengstoff die Hoffnung verleiht, einmal bedeutsam, einmal ein Held sein zu können. Warum so viele von ihnen irregeleitete Muslime sind, hat für den Autor bittere Logik: Es ist das Gefühl, unterlegen, nicht mehr mächtig zu sein.

      Laqueur moralisiert nicht, klagt nicht an. Er systematisiert nur mehr die Katastrophen und malt - in schlimmstmöglichen Farben - die Zukunft des Terrors auf, wenn Urlauber, Theaterfreunde oder Discotheken-Besucher nicht mehr durch Bomben bedroht werden, sondern durch Erreger der Pocken oder der Pest. "Ich sehe eine reale Gefahr dafür", sagt er.

      Krieg als letztes Mittel

      Auffallend freilich, dass jener Mann, der in diesen Wochen als Drahtzieher des globalen Terrors dasteht, in Laqueurs detailreicher Studie kaum Bedeutung hat. Der Index verzeichnet den Namen Saddam gerade dreimal. Laqueur, ein großer Freund Amerikas, ist klug genug um zu wissen, dass die Regierung Bush den Terror schon gar nicht erklären kann. Zwar gebe es gewisse Beziehungen zwischen Saddam Hussein und El Kaida, sagt Laqueur. "Aber im Grunde sind es zwei völlig verschiedene Sachen." Beides seien Gefahren, gegen beide müsse man etwas tun. "Aber die Art und Weise, wie das geschehen ist, ist, gelinde gesagt, ungeschickt."

      Fremd ist ihm nach dem 11. September auch seine einstige Wahlheimat Amerika geworden. Die Propaganda-Maschinerie der Bush-Regierung. Die Beweise, die nichts beweisen. Dabei wäre er, der unbequeme Denker, durchaus für einen Krieg gegen Saddam - als letztes Mittel. Viel Glauben an die Vernunft aber hat einer wie Laqueur nicht mehr. Nicht bei den Kriegern. Nicht bei den Pazifisten.

      Zum Fatalisten gereift

      Der Krieg wird kommen - oder nicht: Der Terror wird noch lange währen. Gegen Ende seines Forscherdaseins, sagt Walter Laqueur, sei er zum Fatalisten gereift. An die Verbesserbarkeit der Welt glaubt er nicht mehr. Und just dies macht sein tief pessimistisches Buch so spannend, weil es dann und wann eben doch zum Widerspruch animiert. Zur Lust am Überleben. Und das ist für ein Sachbuch viel.

      Krieg dem Westen

      * von Walter Laqueur
      Propyläen, 2003
      ISBN 3549071736
      ? 24,00
      Avatar
      schrieb am 26.02.03 14:43:52
      Beitrag Nr. 414 ()
      In der letzten "Report Mainz" - Sendung
      http://www.swr.de/report/aktuell/index.html
      gab`s einen Bericht, den ich auch richtig "witzig" fand, woraus ich einen Auszug kopiere:

      O-Ton, Eckhard Baade, Staatsanwaltschaft Bielefeld:

      »Es geht um ein schweres Verbrechen. Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bedeutet Verbrechen.«

      Wie gesagt, Frankfurt. Eine irakische Einladung beschert den deutschen Kaufleuten einen Flug nach Bagdad mit der königlich-jordanischen Fluglinie via Amman. Noch läuft alles reibungslos. Man wohnt im Al-Mansur, einem Fünf-Sterne-Hotel mitten in Bagdad. Zur Geschäftsanbahnung hat sich einer der beiden Geschäftsleute mit einer viel versprechenden Visitenkarte ausgestattet. Sie weist ihn aus als Fachmann für militärisch-zivile Sicherheitsprojekte. Schnell kommt der erste Termin mit den Irakern zustande. Man trifft sich am Rande der alljährlichen internationalen Industriemesse in Bagdad.

      Zunächst ergründen die Deutschen die Interessen der irakischen Geschäftspartner. Als das Gespräch auf Raketentechnologie kommt, beißen die Iraker an, wie ein Anwalt der Kaufleute gegenüber REPORT Mainz bestätigt.


      O-Ton, Holger Rostek, Rechtsanwalt:

      »Da ist von einem gebrauchten Krankenhaus, was verkauft werden sollte, was im Angebot war, dann war die Rede von argentinischem Fleisch, was tonnenweise angeliefert werden kann. Und da haben die Gesprächspartner alle erst mal mit dem Kopf geschüttelt. Und als man dann, wie man auf das Thema kam, weiß man auch nicht genau, plötzlich war eben von Raketen die Rede, und da waren die Gesprächspartner plötzlich interessiert.«

      Anm.: Klasse, nicht? Tolles deutsch-argentinisches Geschäfts-Gespräch in der Form: Wollt Ihr ein Krankenhaus? Nein? Oder argentinisches Corned Beef? Nein? Na gut, wie wär`s mit Raketenteilen? Mit irgendwas müssen wir Euch armen Irakis doch helfen können!

      Und die beiden Deutschen glauben sich im Geschäft. Kaufmann Klaus H. gibt sich als ehemaliger Marineoffizier aus. Sein deutsch-irakischer Kompagnon spielt den Dolmetscher. Und die Iraker werden konkret.

      O-Ton, Holger Rostek, Rechtsanwalt:

      »Da wird?s natürlich dann interessant. Man hat vor Ort in Bagdad kleine technische Teile vorgezeigt und hat gefragt, ob die vermessen werden können und ob diese in Deutschland herstellbar sind.«

      Um die Frage zu beantworten, wählt man den einfachsten aller Wege. Man schickt einige der entsprechenden Teile mit der Post nach Westfalen. An ihn ? den deutsch-irakische Kompagnon Khidir, hier links im Bild mit seinem Rechtsanwalt. Inzwischen hat er ein umfassendes Geständnis abgelegt. Weil weder Verdunkelungs- noch Fluchtgefahr besteht, wurde sein Haftbefehl außer Vollzug gesetzt.

      Raketentechnologie per Postbote? Solche Dreistigkeit ist selbst für Deutschlands obersten Zollfahnder alles andere als Alltag.

      O-Ton, Karl-Heinz Matthias, Präsident Zollkriminalamt:

      »Das habe ich auch noch nicht erlebt, dass hier Teile mit der Post hergeschickt worden sind, die dann vielleicht nachgebaut werden sollten. Und wenn man sich jetzt vorstellt, dass sie wieder mit der Post zurückgeschickt werden oder jedenfalls irgendwie auf postalischem Wege, dann erhöht das die Schwierigkeiten natürlich zusätzlich, das zu erkennen.«
      Avatar
      schrieb am 26.02.03 15:24:38
      Beitrag Nr. 415 ()
      Den Buchtipp aus 3sat-Kulturzeit muß ich auch noch kopieren, um ihn später wiederzufinden:

      Religiöser Zündstoff

      Die kritische Auseinandersetzung mit dem Koran und ihre Folgen
      Osamas Propagandisten motivieren ihre Selbstmordkommandos mit dem Koran. Doch für die Märtyrer gibt es schlechte Neuigkeiten: Im Paradies warten keine großäugigen Jungfrauen, sondern nur weiße Weintrauben - so die neueste Koraninterpretation des Islamforschers Christoph Luxenberg.

      Das Gespräch mit Navid Kermani

      "Gerade im Hinblick auf die im Kampf Gefallenen, die Märtyrer, heißt es immer wieder, sie werden bei ihrem Herren Gärten haben, durch deren Niederungen Flüsse fließen, aber niemals Paradiesjungfrauen", meint Luxenberg. Es sind gefährliche Erkenntnisse, die der Islamforscher gewonnen hat. Aus Angst vor Gewalt islamischer Fundamentalisten schreibt er deshalb unter Pseudonym. Sein Buch "Die Syro-Aramäische Lesart des Koran" sorgt für Zündstoff.

      Eine der darin veröffentlichten These ist, dass der Koran erheblich stärker vom Christentum beeinflusst ist als bisher angenommen wurde. Der Philologe und Koranexperte stellt fest, dass die Koransprache nicht mit der späteren arabischen Sprache identisch ist, was im Lauf der Geschichte zu Fehlinterpretationen geführt hat. Für viele muslimische Geistliche sind Luxenbergs Thesen ein Frevel. Ihnen gilt der Koran als direktes Wort Gottes - Allah persönlich habe gewissermaßen arabisch gesprochen. Historisch-kritische Interpretation verbieten sich für sie. Eine aufklärerische Kritik der Heiligen Schrift steckt in der Islamforschung daher noch in den Kinderschuhen.

      Forschung in einem religiösen Minenfeld

      Professor Karl-Heinz Ohlig von der Universität Saarbrücken
      [Foto] Eine der besten deutschen Adressen für Koran-Exegese ist die Universität Saarbrücken. Doch auch hier wird religiöse Forschung zum Minenfeld, wenn die "falschen" Fragen gestellt werden. "Einmal ist es ein sehr starkes Tabu, bestimmte Dinge historisch-kritisch zu befragen, zum Beispiel ob der Koran überhaupt auf Mohammed zurückgeht, oder ob nicht doch sehr viele christliche, jüdische Traditionen eingeflossen sind", erklärt Karl-Heinz Ohlig, Religionswissenschaftler an der Universität Saarbrücken. Doch gerade hier, bei den Wurzeln der Sprache des Koran, setzt Luxenberg an. Seine philologische Analyse hat ergeben, dass diverse Koranverse sprachlich einen aramäisch-syrischen Ursprung haben. Diese Erkenntnis entspricht einer Absage an Dogmatiker, die nicht-arabische Elemente am liebsten aus dem heiligen Buch der Muslime verbannen würden.

      Der Islamwissenschaftler Ralph Ghadban kennt Luxenbergs Studien genau und bestätigt, was bisher als Tabu galt: Der Koran hat erkennbare christliche Wurzeln. "Was hier totgeschwiegen wird, ist, dass der Islam im Grunde genommen eine jüdisch-christliche Sekte ist, deren Anliegen eine Übersetzung der Bibel ins Arabische ist, um den Monotheismus unter den Arabern zu verbreiten. Damit wird die ganze islamische Religion in Frage gestellt", erklärt Ghadban.
      Weltreligion zwischen Mystik und Moderne

      Der Theologe
      Abu Zaid
      [Foto] Luxenberg betreibt, wie er sagt, reine Sprachanalyse. Wenn diese Sprachanalyse ergebe, dass bestimmte Texte christlich zu verstehen sind, stehe nicht die Absicht dahinter, aus den Muslimen Christen zu machen, sondern sei Beleg für die ursprüngliche Nähe von Christen und Muslimen. Bereits im 9. Jahrhundert forderten Gelehrte eine textkritische Interpretation der Suren. Im Laufe der Jahrhunderte setzten sich dann aber die Hardliner durch und die Schrift wurde zum Dogma.

      Dagegen stellt sich heute der führende liberale Theologe Abu Zaid, der fordert, den Koran im Kontext seiner Entstehung zu analysieren. Denn es seien die Gläubigen, die dem Text Bedeutung verleihen. In seiner Heimat wurde Zaid für seine Äußerungen als Ketzer diffamiert, aus der muslimischen Gemeinde ausgeschlossen und zwangsgeschieden. Religion aber lebt von der zeitgemäßen Interpration ihrer Gläubigen und nicht vom Dogmatismus vordemokratischer Zeiten.

      Über die Chancen und Schwierigkeiten einer kritischen Auseinadnersetzung mit dem Koran spricht Kulturzeit mit dem Islamexperten Navid Kermani vom Wissenschaftskolleg Berlin.
      Die Syro-Aramäische Lesart des Koran. Ein Beitrag zur Entschlüsselung der Koransprache

      * von Christoph Luxenberg
      Schiler, 2000
      ISBN 3446202617
      29,70
      Avatar
      schrieb am 26.02.03 17:54:15
      Beitrag Nr. 416 ()
      was für ein schöner Satz:

      "Kurzum, wäre ich auf der anderen Seite der Mauer geboren, so wäre ich Anfang der Achtziger bestimmt bei den Grünen gewesen. Ich hätte gegen Pershings demonstriert, nächtelang über marxistische Bücher diskutiert, die Straßenkämpfe mit der Polizei genossen und den Kapitalismus gehasst.

      Dafür wäre ich natürlich von einem in der Sowjetunion geborenen Joschka Fischer verachtet und für hoffnungslos dumm gehalten worden."


      :kiss: :kiss: :kiss:
      Avatar
      schrieb am 26.02.03 18:33:20
      !
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      Avatar
      schrieb am 27.02.03 15:56:56
      Beitrag Nr. 418 ()
      Eigentlich sind`s ja gleich drei Sätze, aber ich fand den ganzen Artikel so wunderschön, daß ich nochmal darauf aufmerksam machen möchte, daß die betreffende Passage aus Posting # 412 stammt.
      ;)
      Avatar
      schrieb am 01.03.03 10:23:43
      Beitrag Nr. 419 ()
      Exklusiv: Was Saddams Schwiegersohn wusste: "Alle Waffen wurden zerstört"
      General Hussein Kamal war irakischer Rüstungsminister. Dann floh er nach Jordanien und informierte die UNO über das Ende der irakischen Waffenprogramme. Seine Aussagen wurden nie veröffentlicht


      GENF taz Versteckt Irak tatsächlich - wie von den USA und Großbritannien behauptet - Altbestände an verbotenen Massenvernichtungswaffen, Chemikalien und Raketen aus der Zeit vor dem Golfkrieg von 1991? Diese Frage, von der UNO bisher ungeklärt, erhält neues Gewicht durch bislang unveröffentlichte Aussagen von General Hussein Kamal, die der taz vorliegen.

      Kamal war der wichtigste Kronzeuge für das irakische Rüstungsprogramm der 80er-Jahre. Seit 1985 Industrieminister und Chef der staatlichen irakischen Rüstungsindustrie, lieferte er nach seiner Flucht im August 1995 zunächst den damaligen Chefinspektoren der Unscom und IAEO, danach auch den Geheimdiensten der USA und Großbritanniens, CIA und MI 6, umfangreiche Informationen über irakische Programme für Massenvernichtungswaffen und ballistische Raketen.

      Seitdem wird Kamal vor allem von Washington und London immer wieder als Kronzeuge zitiert - auch für die angeblich fortgesetzte Existenz derartiger Waffen im Irak. Bei seinen Verhören im Sommer 1995, deren Protokolle der taz vollständig vorliegen, hatte Kamal allerdings auch mehrfach erklärt, auf seine Anweisung hin seien bis spätestens 1991 sämtliche Rüstungsprogramme eingestellt und alle existierenden Waffen und Grundstoffe zerstört wurden.


      Die Regierung in Bagdad hat inzwischen angekündigt, sie werde, wie von UNO-Chefinspektor Hans Blix verlangt, heute mit der Zerstörung der rund 100 irakischen Kurzstreckenraketen vom Typ al-Samud 2 beginnen. Blix hatte diese Forderung damit begründet, dass die Rakete bei einigen Tests die dem Irak erlaubte Reichweite von 150 Kilometern überschritten hatte. Bagdad hatte gegen die Forderung zunächst eingewandt, zu der Reichweitenüberschreitung sei es nur gekommen, weil die Rakete bei den Tests ohne Sprengkopf und Leitsystem und nur mit einem zu einem Viertel gefüllten Treibstofftank geflogen ist.

      Die Bush-Administration tat das Einlenken als belanglos ab. :laugh: US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld sprach von einem "rein taktischen Schritt". Der französische Außenminister Dominique de Villepin nannte die Ankündigung der Raketenzerstörung hingegen eine "wichtige Etappe auf dem Weg zur friedlichen Entwaffnung Iraks".

      Die Entscheidung Bagdads zeige, dass die Inspektionen Ergebnisse brächten. Auch Bundesaußenminister Joschka Fischer erklärte, man sei "bei der Abrüstung Iraks bereits wichtige Schritte weitergekommen". Er begreife nicht, warum dieser Prozess jetzt - wie von Washington und London verlangt - abgeschlossen werden solle. "
      AZU

      brennpunkt SEITE 3
      ausland SEITEN 9/10
      meinung SEITE 11, medien SEITE 16
      taz Nr. 6993 vom 1.3.2003, Seite 1, 91 TAZ-Bericht AZU
      Avatar
      schrieb am 01.03.03 10:30:11
      Beitrag Nr. 420 ()
      Hintergrund - Kronzeuge Kamal

      Die Aussagen Kamals wurden in den letzten Monaten von der Bush-Administration und der britischen Regierung immer wieder als Beleg angeführt dafür, dass Irak seine verbotenen Waffen nicht abgerüstet habe und dass UNO-Inspektionen nicht geeignet seien, die Abrüstung herbeizuführen. Einige Beispiele:


      "1995, nach mehreren Jahren der Vertuschung durch das irakische Regime, floh der Chef der irakischen Militärindustrie ins Ausland. Erst dadurch wurde das Regime gewungen, die Produktion von über 30.000 Litern Anthrax und anderer tödlicher B-Waffen-Stoffe zuzugeben."


      US-Präsident George W. Bush in einer Rede am 7. Oktober 2002


      "Irak benötigte Jahre, um endlich die Produktion von vier Tonnen des tödlichen Nervengases VX zuzugeben. Das Eingeständnis erfolgte erst, nachdem die Inspektoren auf Grund der Aussagen des geflohenen Kamal Hussein bestimmte Dokumente in die Hände fielen."

      US-Außenminister Colin Powell vor dem UNO-Sicherheitsrat am 5. Februar 2003


      "Die Geschichte von Hussein Kamal sollte uns daran erinnern, dass wir häufig mehr durch Überläufer aus den Reihen des irakischen Regimes erfahren haben als durch das Inspektionsregime der UNO."

      US-Vizepräsident Richard Cheney in einer Rede am 26. August 2002

      taz Nr. 6993 vom 1.3.2003, Seite 3, 43 Zeilen (Dokumentation),
      Avatar
      schrieb am 01.03.03 10:40:18
      Beitrag Nr. 421 ()
      "Sämtliche Waffen wurden zerstört"
      Auszüge aus dem bislang unveröffentlichten Protokoll der Aussage von General Hussein Kamal gegenüber den Chefinspekteuren der Unscom und der IAEO. Kamal war zehn Jahre Industrieminister in Bagdad und Chef der irakischen Rüstungsindustrie
      Vorbemerkung: Hussein Kamal machte seine Aussage am Abend des 22. August 1995 in der jordanischen Hauptstadt Amman gegenüber Rolf Ekeus, dem Chef der UNO-Sonderkommission für Irak (Unscom) von 1991 bis 1997, Mauricio Zifferero, dem stellvertretenden Direktor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) und zwischen 1991 und 1998 Leiter des Inspektorenteams der IAEO im Irak, und Nikita Smidowitsch, dem Chef der für ballistische Raketen zuständigen Einheit der Unscom. Das Gespräch dauerte - inklusive Übersetzung der arabischen Aussagen Kamals ins Englische - rund drei Stunden. Das 15-seitige Protokoll wurde von Smidowitsch geführt.



      Auszüge:


      Seite 7: Biologische Waffen

      Ekeus präsentiert Kamal die Erkenntnisse der Unscom über das in den Achtzigerjahren begonnene B-Waffen-Programm, dessen Existenz bis dato von Bagdad immer bestritten wurde. Kamal bestätigt die Erkenntnisse und liefert weitere Details. Dann wörtlich:

      Kamal: Unser biologisches Waffenprogramm konzentrierte sich in erster Linie auf Anthrax. In dem Bereich haben wir zahlreiche Studien unternommen.

      Smidowitsch: Wurden die Waffen und die Grundstoffe zerstört?

      Kamal: Nichts ist mehr vorhanden.

      Smidowitsch: Geschah die Zerstörung vor oder nach dem Beginn der Inspektionen?

      Kamal: Nach den Besuchen der Inspektionsteams. Sie spielen eine wichtige Rolle im Irak. Sie sollten sich nicht selbst unterschätzen. Sie sind sehr effektiv im Irak.



      Seite 8: Raketen

      Smidowitsch fragt nach dem Verbleib der 819 Scud-Raketen und elf Raketenabschussrampen, die Irak von der Sowjetunion erhalten hatte.

      Kamal: Alle Raketen wurden zerstört. Nicht eine einzige Rakete ist noch vorhanden. Aber die Regierung behielt Blaupausen und Gussformen zurück.

      Smidowitsch: Was geschah mit den Abschussrampen?

      Kamal: Ich weiß, dass zwei russische Abschussrampen bei den Sondertruppen der Republikanischen Garden versteckt wurden, eine davon in zerlegtem Zustand.

      Smidowitsch: Wozu wurden Abschussrampen behalten, wenn doch alle Raketen zerstört wurden?

      Kamal: Die lassen sich für eine spätere eigene Raketenproduktion nutzen.



      Seite 12/13: Chemiewaffen/Atomwaffen

      Smidowitsch fragt nach dem irakischen Programm für das Nervengas VX.

      Kamal: VX wurde in den letzten Tagen des Krieges gegen Iran in Bomben abgefüllt. Doch diese Bomben wurde nicht eingesetzt und das VX-Programm wurde eingestellt. Während des Golfkrieges von 1991 gab es keine Absicht, Chemiewaffen einzusetzen. Denn wir wussten, dass die USA darauf mit dem Einsatz von Atomwaffen reagiert hätten.

      Ekeus: Wurde die VX-Produktion nach dem iranisch-irakischen Krieg wieder aufgenommen?

      Kamal: Wir haben die frühere Produktionsstätte in eine Fabrik für Pestizide umgewandelt. In einem Teil der Anlage wurde mit der Herstellung von Medikamenten begonnen.

      Smidowitsch: Sie sprechen von der Samarra-Medikamentenfabrik?

      Kamal: Ja, Samarra begann mit der Herstellung von Medikamenten. In Muthana [eine andere Anlage, in der in den 80er-Jahren C-Waffen hergestellt wurden; d. Red] wurde mit der Produktion von Pestiziden und Insektenbekämpfungsmitteln begonnen. (…) Wir haben Anweisung erteilt, keine C-Waffen mehr herzustellen. (…) Alle alten Chemiewaffen wurden zerstört. Ich habe die Vernichtung aller Chemiewaffen angeordnet. Sämtliche Waffen - biologische, chemische, Raketen und nukleare wurden zerstört."


      ÜBERSETZUNG: AZU

      taz Nr. 6993 vom 1.3.2003, Seite 3, 107 Dokumentation Hussein Kamal

      taz muss sein
      Avatar
      schrieb am 11.03.03 20:57:31
      Beitrag Nr. 422 ()
      "Da bin ich optimistisch"
      Der Medienkritiker Professor Joshua Meyrowitz sieht in der akuten "Glaubwürdigkeitskrise" der US-Medien auch eine Chance: "Entweder sie ändern sich, oder die Menschen kehren ihnen den Rücken"

      Interview MICHAEL STRECK
      taz: Herr Meyrowitz, die US-Medien konzentrieren sich auf die Kriegsvorbereitungen und berichten, als ob die Invasion im Irak beschlossene Sache sei. Wo ist der oft gepriesene kritische, investigative und unabhängige amerikanische Journalismus?

      Joshua Meyrowitz: Der ist so gut wie verschwunden. Wir sind an dem Punkt, wo jeder, der wirklich bohrende Fragen stellt, Gefahr läuft, als antiamerikanisch gebrandmarkt zu werden.
      Zudem kontrolliert nur noch eine Hand voll Unternehmen den Medienmarkt. Hauptziel ist Gewinnmaximierung. Leider verträgt sich dieses Ziel schlecht mit der Aufgabe, die Öffentlichkeit umfassend zu informieren. Die zunehmende Verschlankung von Redaktionen und Korrespondentenbüros führt dazu, dass sich Journalisten immer stärker auf offizielle Quellen wie Pentagon, Weißes Haus und Außenministerium verlassen. Jeder Journalist, der tiefer recherchiert, stößt auf Dokumente, die belegen, dass der Krieg gegen den Irak nichts mit dem 11. September zu tun hat, vielmehr mit dem Ausbau der Vormachtstellung Amerikas. Wer dies sagt, wird aber als parteiischer, nicht neutraler und objektiver Reporter abgestempelt, womöglich als Linker. Die Werte, die Amerika ausmachen - wie Redefreiheit und freier Diskurs - werden nun ironischerweise als antiamerikanisch verurteilt.

      Sehen Sie einen Unterschied zwischen Print- und elektronischen Medien? Immerhin finden sich in renommierten Zeitungen wie der New York Times oder der Washington Post durchaus kritische Stimmen?

      Auf das gesamte Medienangebot bezogen, sind dies Einzelstimmen. Die Hauptversorgung der US-Öffentlichkeit mit Nachrichten läuft über das Fernsehen, das lieber über spektakuläre Kriminalfälle berichtet und die Regierung nicht ernsthaft unter die Lupe nimmt. Immer mehr Amerikaner misstrauen jedoch der eigenen Presse. Sie informieren sich bei ausländischen Medien im Internet, vor allem bei britischen Zeitungen. Diese registrieren eine Zunahme von Lesern aus den USA um 60 Prozent!

      Die Berichte in den US-Medien über die Massenproteste Mitte Februar gegen den Krieg konzentrierten sich vornehmlich auf das Ausland und vergleichsweise wenig auf die heimischen Straßen.

      Ich war geschockt darüber. Und wenn dann doch berichtet wurde, ging es darum, welche Auswirkungen die Demonstrationen auf die Politik haben würden. Es gab keine Debatte, warum so viele Leute protestieren.


      US-Medien sind jedoch weder unfähig noch unwillig, die plurale Gesellschaft abzubilden. Komplexe politische Zusammenhänge, die eine Kriegssituation auszeichnen, werden jedoch ausgeblendet.

      Es gibt einen gewaltigen Unterschied zwischen der Berichterstattung über die Privatsphäre und politische oder militärische Aspekte. Kürzlich sagte Außenminister Colin Powell einer CNN-Reporterin, Amerika habe jedes Land, in dem es in den letzten hundert Jahren intervenierte, besser hinterlassen, als man es vorgefunden habe. Sie hat keine kritische Nachfrage gestellt, was denn mit Iran 1953, Guatemala 1954, Irak 1964, Chile, Kambodscha und Vietnam gewesen sei. Solche Fragen sind tabu. Man kann ausführlich über pädophile Priester berichten, über Michael Jackson und Sex mit kleinen Jungen, aber nicht über die Rolle der US-Außenpolitik.

      Woher kommt das?

      Amerikaner werden nicht dazu erzogen, ihr Land kritisch zu betrachten.
      Wir sind die größte und beste Nation. Wenn ich meine Studenten frage, wie viele von ihnen dazu erzogen wurden, kritisch zu sein, heben alle ihre Hände. Wenn ich frage, wie vielen gelehrt wurde, dass die USA das beste Land der Welt sind, heben auch alle ihre Arme. Es ist wie ein Glaubensbekenntnis. Nur wenige Leute reflektieren die Widersprüche. Neulich wurde im Fernsehen über eine Studentin berichtet, die bei einer Sportveranstaltung beim Treueschwur auf die Nation der US-Fahne aus Protest gegen einen Irakkrieg den Rücken kehrte. Daraufhin sollte sie aus der Mannschaft geworfen werden, da sie keinen Respekt der Fahne gegenüber zeige, die ihr die Freiheit erst geschenkt habe. Das heißt, sie hat nicht die Freiheit, sich so zu verhalten. Das ist absurd.

      Gibt es Selbstzensur?

      Ja. Es ist vergleichbar mit der Situation im Elternhaus, wo man am Essenstisch in Anwesenheit von Gästen Vater und Mutter nicht kritisieren darf.

      Kritische Töne finden sich zunehmend im Internet, und unabhängige Online-Publikationen erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Was bedeutet dieser Trend für die US-Medienlandschaft und -Gesellschaft insgesamt?

      Es gibt einen Riss in der Gesellschaft. Die Mehrheit verlässt sich nach wie vor auf Fernsehberichte, in denen die massive Einschränkung der Bürgerrechte, die neue Sicherheitsdoktrin des Präventivschlages und die Kriegsziele im Irak kaum hinterfragt werden. Doch immer mehr Leute verlassen sich nicht darauf, was ihnen das Fernsehen vorsetzt. Sie gehen online und suchen alternative Informationsquellen. Die Glaubwürdigkeit der traditionellen Medien steht auf dem Spiel. Entweder sie ändern sich, oder die Menschen kehren ihnen den Rücken. Für mich ist das eine Revolution wie die Erfindung des Buchdrucks in Europa, die das Informationsmonopol von Kirche und Krone brach. Daher bin ich optimistisch. Früher, zur Zeit des Vietnamkrieges, dauerte es viel länger, bis die Öffentlichkeit die Lügen der Regierung entlarvte. Heute sind viel mehr Amerikaner sensibilisiert, obwohl der Krieg noch gar nicht begonnen hat.


      taz Nr. 7001 vom 11.3.2003, Seite 18, 185 Zeilen (Interview), MICHAEL STRECK
      Avatar
      schrieb am 11.03.03 21:04:32
      Beitrag Nr. 423 ()
      Ein neues Ratespiel:

      :)

      Welche Artikel werden von wem, wie oft, gepostet ?

      ;)
      Avatar
      schrieb am 15.03.03 12:30:43
      Beitrag Nr. 424 ()
      Verslose Elegie für tote Helden Südosteuropas

      Ich weiß, dass das folgende eigentlich weder zu mir noch zu meinem geplanten Job passt, da die meisten Politologen, die ich kenne, eigentlich desillusionierte Idealisten mit sehr zynischem Einschlag sind.
      Eigentlich habe ich dafür auch gar keine Zeit und ich werde in den kommenden Tagen auch nichts weiteres mehr "posten", aber trotzdem ist mir heute das folgende ein persönliches Bedürfnis.

      Heute um 14.00 Uhr unserer Zeit wird in Belgrad Zoran Djindjic zu Grabe getragen (Live-Übertragung u.a. in EuroNews), ein ehrlicher Repräsentant der Vorstellungen von westlich geprägter Demokratie und des versuchten Aufbaus eines modernen Rechtsstaats in einem Land, das beides in moderner Form so bisher noch nicht kannte.
      Darüber hinaus nannte am vergangenen Mittwochabend der ehemalige Kanzleramtsminister und EU-Sonderbeauftragte für den Balkan, Bodo Hombach, in einem ARD-Tagesthemeninterview Zoran Djindjic "... einen Mann von ganz außergewöhnlichen Fähigkeiten mit genialer Rhetorik in seiner serbischen Muttersprache und großer Eloquenz in englischer und deutscher Sprache, mit sehr sympathischem Wesen - einen Mann von großer Überzeugungskraft und bemerkenswert ruhigem Wesen angesichts der Anfeindungen und Morddrohungen, denen er ausgesetzt war." Zoran Djindjic hätte als Wissenschaftler in Serbien oder auch im deutschen Exil weiter ein ruhiges Leben führen können, aber er zog es als Patriot vor, nach Serbien zurückzugehen und dort GEWALTLOS gegen Milosevic, Seselj und für eine wirklich demokratische Entwicklung seiner Heimat auf die Straße zu gehen und besonders jüngere Intellektuelle folgten ihm bei den Protesten zu Hunderttausenden. Seine Anhänger nannten ihn teilweise übertreibend den "Kennedy des Balkan". Wie Bodo Hombach am vergangenen Mittwoch weiter sagte: "Er war tatsächlich ein moderner Held." Sein Tod ist das wahrscheinlich schlimmste, das in Serbien im Moment geschehen konnte, denn niemand aus seiner Umgebung besitzt seine Fähigkeiten und soviel Vertrauen bei westlichen Regierungen.
      Es ist mehr als traurig und bestürzend, dass Zoran Djindjic wie Mahatma Gandhi, Martin Luther King und auch John F. Kennedy aus dem Hinterhalt ermordet wurde und so in der Erinnerung Serbiens tatsächlich der "Kennedy Serbiens" bleiben wird. (Nur die radikal-nationalistische Partei von Vojislav Seselji, der inzwischen auch "freiwillig" in Den Haag sitzt, weil er sonst von Djindjic ausgeliefert worden wäre, verweigert sich jeder Trauer über den Tod von Djindjic und drückt so ihre klammheimliche Freude über einen gelungenen Mord aus!) Zoran Djindjic ist auch - meines Wissens - der erste Regierungschef Europas, der seit dem Zweiten Weltkrieg so sterben muß, falls man die Hinrichtung des ungarischen Ministerpräsidenten Imre Nagy im Jahre 1956 durch ein Peloton der sowjetischen Okkupationsarmee nicht auch als Mord - wenn auch damals staatlich sanktioniert - betrachten will.
      Heute ist in Belgrad ein Tag der Trauer, aber nicht nur für Serbien, sondern für ganz Osteuropa, denn dieses Begräbnis wird die Erinnerung wieder wachrufen an all jene, die in einem Akt der Staatstrauer zu Grabe getragen wurden und an deren Begräbnis ihr Volk großen Anteil nahm.
      Heute werden wahrscheinlich auch aus der Region der rumänischen Stadt Timisoara einige Hundert rumänische Staatsbürger serbischer Nationalität zur Beisetzung von Djindjic nach Belgrad gefahren sein, denn er war auch einer ihrer Hoffnungsträger.
      Zuletzt und aus dem Grund dieser vermutlich riesigen Beisetzungsfeierlichkeiten möchte ich noch an jemanden erinnern, den in Deutschland niemand kennt und ein Beispiel für das mangelnde Interesse "verwestlichter Demokratien" für Menschen in Not war (und in der Geschichte ist): Corneliu Coposu (dt. gesprochen: Korneliu Kopoßu) war bei Kriegsende 1945 einer der stellvertretenden Vorsitzenden der rumänischen Bauernpartei, eines Vorläufers von sozial und christlich orientierten parteilich organisierten Demokraten in Rumänien.
      Bei der Machtübernahme der Kommunisten und der Vertreibung des Königs prangerte er die Wahlfälschungen der Kommunisten öffentlich an und wurde im Juli 1947 deshalb verhaftet, aber erst 1957 wegen "Hochverrats gegen die Arbeiterklasse und Verbrechen gegen sozialistische Reformen" zu lebenslanger Haft verurteilt. Den größten Teil seines Lebens verbrachte er in rumänischen Gefängnissen - 17 Jahre Einzelhaft, über 15 Jahre in abwechselndem Hausarrest oder überraschendem "normalem Strafvollzug". Er sagte zeit seines Lebens immer allen Richtern und allen, die ihm später begegneten, dass er sich seine Gedanken und seine politische Meinung nicht diktieren lassen wird: "Ich habe mir meine Meinung nicht von den Hitleristen und nicht von den rumänischen Faschisten diktieren lassen und ich werde sie mir auch nicht von Kommunisten diktieren lassen und dies ist mein einziges Verbrechen! Niemand wird mich jemals brechen!"
      Corneliu Coposu hatte noch das Glück, den Sturz der kommunistischen Diktatur in Rumänien zu erleben und den Aufstieg der Reste seiner Partei zur PNTCD, einer christdemokratischen Partei innerhalb einer Regierungskoalition. Natürlich hatten die Jahre der Haft ihre Spuren hinterlassen und er wirkte angesichts der oft unsinnigen politischen Streitigkeiten späterer Generationen sehr müde und zuletzt auch geistig etwas verwirrt.
      Doch als er 1995 starb, erlebte Rumänien bei seiner Beisetzung die größte freiwillige Menschenansammlung des ausgehenden 20. Jahrhunderts. Dabei war nur von der PNTCD öffentlich dazu aufgefordert worden, zu dieser Trauerfeier zu kommen, doch Bukarests Straßen waren schwarz von Menschen, die aus dem ganzen Land angereist waren, um Corneliu Coposu das letzte Geleit zu geben. Die Schätzungen über die Zahl der Trauernden reichten bis zu 500.000 Menschen - in Worten: fünfhunderttausend Menschen - bei einer Gesamtbevölkerung von ca. 22 Millionen !!! ("So trauert ein unterdrücktes, verachtetes, kleines Volk um seine wahren Helden", hörte man im rumänischen Rundfunk.)
      Auch Fernsehsender in Polen, Tschechien, Ungarn und Bulgarien berichteten über diese überraschende friedliche Massenversammlung, die so niemand erwartet hatte.
      Nur in Deutschland wie in den meisten anderen Ländern Westeuropas nahm man in den Bildmedien von dieser Beerdigung keine Notiz und man konnte nur in der FAZ, der Neuen Zürcher Zeitung und einigen anderen eher konservativen Blättern ungefähr auf Seite 3 bis 5 eine kleine Meldung über den Tod von Corneliu Coposu und den darauffolgenden, überraschenden Menschenauflauf finden.
      Es wäre ja auch zuviel erwartet gewesen, denn ungefähr zu jener Zeit kriselte es auch erstmals in der Ehe von Dieter Bohlen und Verona Feldbusch, was ja allemal eher eine Schlagzeile wert war.
      Was soll man auch anderes in einem Land erwarten, dessen Parlament in der Woche der Eroberung von Srebrenica durch General Mladic`s massenmordende Soldateska eine "hitzige" Bundestagssondersitzung über die Frage abhielt, ob im neuen Parlament in Berlin die Sitzreihen rund oder oval angeordnet sein sollen?

      Auch im Gedenken an Menschen wie Imre Nagy, Corneliu Coposu und viele, viele andere trauere ich heute mit dem serbischen Volk um einen ihrer Besten - um Zoran Djindjic.
      Avatar
      schrieb am 15.03.03 12:48:09
      Beitrag Nr. 425 ()
      @ principessa (Posting # 422):
      Kleine Hilfe für das vorgeschlagene neue Ratespiel: Den Artikel in Posting # 423 habe ich in verschiedenen Threads insgesamt mehr als viermal gepostet, aber jeweils nur einmal. Leider müssen mich meine geneigten Leser jetzt voraussichtlich wieder für mehrere Wochen entschuldigen...
      Avatar
      schrieb am 16.03.03 10:23:15
      Beitrag Nr. 426 ()
      Getreu Dieter Hildebrandt:

      Die Realität toppt jede Satire: Orwell pur!

      Die Verbreiter von Fälschungen und Lügen fühlen sich als "Opfer" und die Lügner sollte nur durch ihre eigenen Lügen "diskreditiert" werden.. :eek:
      Wenn das ein Zivilist von sich geben würde, wäre er postwendend wegen schwerster Paranoia in Psychiatrischer Behandlung....
      merkwürdigerweise gibt es immer noch keine "Untersuchung" der Brutkasten/Massenvergewaltigungslüge - ist ja auch die offizielle Lüge der US-Regierung, die NICHT ENTTARNT wurde... :mad:


      16. März 2003, 02:06, NZZ am Sonntag


      FBI prüft gefälschte Beweise gegen den Irak
      Die Herkunft der von den Briten vorlegten «Beweise» gegen den Irak, die sich als gefälscht herausgestellt haben, wird nun doch untersucht. Das FBI hat Ermittlungen angekündigt.



      Gerd Brüggemann, Washington

      Die Enthüllung von al-Baradei war eindrucksvoll. Dokumente, die beweisen sollten, dass der Irak in den letzten Jahren versucht habe, illegal Uran in Niger zu erwerben, so erklärte der Direktor der Internationalen Atomenergie- Behörde (IAEA) in der letzten Woche, hätten sich als plumpe Fälschungen erwiesen. Sie waren den Inspektoren nach der Prüfung durch US-Nachrichtendienste vom britischen Geheimdienst übergeben worden.

      Während diese Darlegungen die anglo-amerikanischen Behauptungen schwächen, der Irak versuche unvermindert, Atomwaffen zu entwickeln, und weltweit erhebliches Aufsehen erregten, fanden sie in den Vereinigten Staaten nur geringe Aufmerksamkeit. Die Medien berichteten zwar darüber, aber sie stellten die Meldung in den Kontext des Inspektorenregimes. Das «Wall Street Journal» schrieb, al-Baradei habe öffentlich einen unnötigen Wirbel über eine Sache von peripherem Wert veranstaltet. Dieses Verhalten zeige lediglich, dass er und Chef- Inspektor Blix mehr und mehr dazu neigten, der Intransigenz des Iraks mit Nachsicht zu begegnen. Es zeige sich, dass die Inspektionen nicht so sehr den Zweck zu haben scheinen, den Irak zu hinterfragen, sondern Amerika. :laugh:

      Dennoch wollen die USA die peinlichen Fälschungen nicht unter den Teppich kehren. Offenbar haben sie die Sorge, dass ohne den Versuch einer Aufklärung der Beweiswert anderer Dokumente gemindert werden könnte. Die amerikanische Bundespolizei FBI hat deswegen am vergangenen Mittwoch eine Untersuchung angekündigt. :laugh:
      Dabei handle es sich allerdings nicht bereits um eine formelle, sondern nur um eine vorläufige Prüfung, sagte ein FBI-Beamter, der seinen Namen nicht gedruckt sehen wollte, denn zum gegenwärtigen Zeitpunkt sei noch nicht klar, ob das FBI überhaupt zuständig sei. Das Büro hat Jurisdiktion über Gegenspionage-Operationen ausländischer Regierungen in den USA.

      Die Untersuchung soll in erster Linie Antworten auf zwei Fragen finden: Wer hat die gefälschten Papiere hergestellt, und was war seine Absicht. Zum ersten Punkt gibt es anscheinend noch keine Erkenntnisse. Die Dokumente sind über den britischen Geheimdienst an die Inspektoren gelangt. Sie hatten den Amerikanern jedoch vorher zur Einsicht vorgelegen. «Wir sind darauf hereingefallen» :eek: , wird ein Beamter in der Presse zitiert. Der Geheimdienst CIA hatte allerdings von Anfang an Zweifel an ihrer Qualität und hat sie nicht in seine Akte über irakische Beschaffungsmassnahmen aufgenommen. Zu der zweiten Frage scheint es gegenwärtig nur Spekulationen zu geben. So sagte der erwähnte Beamte, es werde geprüft, ob die Fälschungen den Zweck hatten, die amerikanische Politik zu beeinflussen, oder von einer ausländischen Regierung in Umlauf gebracht wurden in der Absicht, Desinformation zu verbreiten. :laugh: Daneben wird aber auch erörtert, ob die Fälscher beabsichtigt haben, dass ihre Fälschungen identifiziert werden, um die anglo-amerikanischen Geheimdienste und die von ihnen vorgelegten Dokumente zu diskreditieren. :laugh:

      Für diese Vermutung spricht, dass die Fälschungen sehr schlecht und deswegen, wie Baradei erklärte, leicht zu erkennen waren. Im Einzelnen handelte es sich um eine Reihe von Briefen zwischen Beamten des Iraks und des Nigers, in denen Bagdad Interesse am Erwerb von Uran und anderen Ausrüstungen zur Herstellung von Atomwaffen zeige. Dabei hätten die Fälscher Briefbögen einer Behörde verwendet, die inzwischen einen anderen Namen erhalten hatte. Überdies wären die verwendeten Daten nicht schlüssig gewesen. Mehr als Vermutungen scheint es zurzeit aber nicht zu geben.

      In den achtziger Jahren hatte der Irak aktiv an dem Aufbau eines Atomwaffenprogramms gearbeitet. Im Golfkrieg von 1991 war die nukleare Infrastruktur des Landes aber schwer beschädigt worden. Im Anschluss daran waren die aufgefundenen Rohstoffe und Ausrüstungen von den Inspektoren bis 1998 beseitigt oder vernichtet worden. Allerdings hat Bagdad den Inspektoren nie seine Planungsunterlagen übergeben und die beteiligten Wissenschafter weiter beschäftigt.
      Avatar
      schrieb am 16.03.03 12:06:34
      Beitrag Nr. 427 ()
      @ principessa (Posting # 422):
      Falls es bei dem von Dir vorgeschlagenem Rätsel um einen Wettbewerb um die meisten in verschiedenen Threads geposteten eigenen wiederholten Postings geht, liegt der göttliche, unfehlbare und unvergleichbare "Deep Thought" mit jetzt ca. 3.500 antiamerikanischen Postings bestimmt uneinholbar vorne, nicht? Allein das Posting # 425 habe ich gerade bei Zufallsauswahl verschiedener Threads 5mal gesehen.




      @ Deep Thought:
      Hast Du eigentlich schon bemerkt, daß es Threads gibt, in denen seit Monaten auf eine Antwort von Dir gewartet wird?
      Da war doch z.B. diese Frage hier:

      Hast Du dies hier eigentlich schon irgendwo in einem Deiner Threads beantworten können, oder brauchst Du Deine kostbare Zeit für die Beleidigung weiterer User?
      Hast Du Dich jemals oder - vielleicht in meiner Abwesenheit - in irgendeinem Deiner tollen Threads für eine Deiner Pöbeleien und Beleidigungen bei irgendjemandem entschuldigt?
      :
      Wenn Du Dich nicht für offenkundige Beleidigungen entschuldigen kannst, dann darfst Du nicht damit rechnen, von irgendjemandem als ernsthafter Diskussionspartner betrachtet zu werden, weil es Dir an jedem Gefühl für Takt mangelt.
      Du erweckst dann den Eindruck, daß Du selbst gar kein Selbstbewußtsein besitzt und Deinen Standpunkt selbst nur vertreten kannst, indem Du andere erniedrigst.
      Und wenn Du bei dieser Haltung bleibst, wirst Du Deine schönen Manieren immer wieder zu sehen bekommen. Ich kann mir extra dafür Zeit nehmen, wenn Du möchtest.
      Also:
      Na, was ist, Deep Thought?
      Kannst Du Dich nicht entscheiden, ob Du Dich endlich für Deine Beleidigungen entschuldigst, weil das ja Deine Unfehlbarkeit in Frage stellen könnte?
      Deep Thought, redet man so bei Dir zu Hause in einer Diskussion und bei Dir zu Hause entschuldigt man sich für so etwas NIEMALS, oder wie?
      DEINE Zitate, DEINE "wundervollen Argumente" in einer Diskussion mit mir lauteten wie folgt
      :
      du bist einfach zwanghaft in Deiner bescheuerten anklagenden Art, ...
      ... solcher Typen wie Dir ...
      ... (als Du noch in Windeln geschissen hast, falls überhaupt geboren) ...
      ... Du bist derart beknackt, ...... ich kann dein virtuelles Geheule hier nicht mehr ertragen...
      ... Dein Spatzenhirn...
      ... Du Pfeife ...
      ... als Du noch flüssig warst ...
      ... Dir frechem, eingebildeten Nichts an Würstchen ...
      ... und Menschen, die aus Rumänien kommen, zu meinen Freunden zähle.
      ... solche verzogenen Kinder wie Dich, solche überheblichen Gewinnler gibt es unter diesen liebenswerten Menschen gottseidank nicht.
      ... US-ergebenen Dünnpfiff daher, sondern haben ihr Herz und Hirn NACH Erreichen ihres Zieles nicht wie Du aus- , sondern weiterhin angeschaltet. ...
      ... Es mag ja Menschen geben, die Du mit deinem pfauenhaften und machomäßigem Gehampele und Imponiergehabe beeindruckst, aber bei lebenserfahrenen und reifen Menschen dürfte das so gut wie ausgeschlossen sein.
      Avatar
      schrieb am 18.03.03 15:29:04
      Beitrag Nr. 428 ()
      @ auryn

      " ... Zufallsauswahl verschiedener Threads ... "

      damit setzt Du also bei der Auswahl der Threads, die Du liest, die gleiche Methode ein, mit dfer Du "Argumente" in Diskussionen einbringst... interessant, aber keineswegs unerwartet.... :D :laugh:

      Im Uebrigen bin ich Dir erneut dankbar, dass Du immer wieder die allgemeine Aufmerksamkeit auf Deine Charaktereigenschaften lenkst....

      Jetzt muesstest Du nur noch an Aenderungen arbeiten.... :D
      Avatar
      schrieb am 19.03.03 11:25:59
      Beitrag Nr. 429 ()
      Außerdem fehlt mir immer noch die Antwort auf verschiedene Fragen, glaube ich:
      Leider hast es Du, lieber und göttlichster Deep Thought, des weiteren versäumt, auf meine Nachfragen zu Deinen folgenden Zitaten zu antworten:
      a)... Du bist verdammt eingebildet, mein Kleiner!... Da Du ja nichts für meine Bildung tust, muß ich mir eben etwas einbilden, nicht?
      b) Wann genau war ich denn Deiner Meinung nach "flüssig"? Ich bitte um eine temporäre Spezifizierung, denn weder während meines Schwimmunterrichts noch im pränatalen Stadium ist ein Mensch jemals flüssig. Eizellen und Spermatozoen selbst sind nicht flüssiger als der sich bildende Mensch. Sie bewegen sich auch lediglich in wässrigen Lösungen, nicht wahr?

      Meine Wenigkeit erlaubt sich in ihrem Staube liegend, kurz noch einmal den anderen (Un-)Gläubigen den allergöttlichsten Deep Thought vorzustellen, der sich herablässt, auch in der Abwesenheit von einem "Nichts an Würstchen" in dessen Thread seine Weisheiten zu verkünden:
      So lasset uns nun alle jauchzen und frohlocken, Ihr gläubigen Jünger des aufgeklärten Anti-Amerikanismus denn ER ist wieder hier:
      Der göttliche Deep Thought, der wie kein anderer die fehlende Moral durch Doppelmoral und monokausale Historienmalerei zu ersetzen versteht. Er, der geniale Interpret der historischen Schwarz-Weiß-Malerei, der er wie der doppelgesichtige Gott Janus ähnlich ist dem nahezu ebenso göttlichen Richard Perle, der dunkel-vordenkenden Eminenz der US-Regierung. Wir alle erinnern uns doch, dass Richard Perle unter US-Studenten der Politologie "Prince (oder auch "Lord" ) of the Darkness" genannt wird. Warum dies so ist? Nun, das Weltbild des Richard Perle entspricht genau im reziprok-umgekehrten Verhältnis dem des göttlichen Deep Thought:
      Richard Perle`s Weltbild: Die USA sind der strahlende weiße Ritter der Weltgeschichte, der in Gestalt seiner Armeen immer nur Gutes getan hat und deshalb können alle Gegner der USA nur Feinde sein! Gegenmeinungen zeugen nur von der Macht des Bösen, die wir bekämpfen müssen, bis der Jüngste Tag kommt.
      Deep Thought`s Weltbild: Die USA sind der ölig und schleimigschwarz-schillernde Ritter des Bösen in der Weltgeschichte, der niemals etwas Gutes getan hat und deshalb können alle Freunde der USA nur meine und die Feinde der Menschheit sein, da ich allein die Menschheit repräsentiere! Gegenmeinungen zeugen nur von der bösen Macht der bösen USA und müssen mit Beleidigungen mundtot gemacht werden, für die ich mich nie entschuldige, da das bei meiner Göttlichkeit natürlich eine Schwäche wäre, die meine Jünger von mir entfremden würde.
      Beide sind fanatisch-verschrobene Extrem-Denker. Sie besitzen einen ausgeprägten Tunnelblick und nehmen ihre coolen schwarzen Sonnenbrillen nie ab, da sie sonst die Realität sehen müssten und die Tatsachen erkennen könnten. Jeder Andersdenkende ist potentiell ein reaktionärer Feind und seine Denkmuster müssen schizophren sein; daher müssen sie bekämpft werden, auch wenn man dafür mit Extremisten anderer Gebiete, z.B. Neo-Nazis oder wahlweise Antisemiten gemeinsame Sache machen muß. Für intellektuelle Nachdenklichkeit ist da natürlich kein Raum, denn Menschen mit einer Meinung, die sich irgendwo zwischen der von Deep Thought einerseits und der von Richard Perle andererseits befindet, können nur "schizophren" sein, denn ihnen wurde die Erleuchtung in Form von Deep Thoughts Gedanken zuteil und sie wagten es doch tatsächlich TROTZDEM, immer noch kritische Nachfragen zu stellen, die das Licht des Deep Thought (oder Perle, je nachdem) verdüsterten.
      So ist es dann auch natürlich so, dass wir bei Perle nie etwas von My Lai lesen werden und bei unserem göttlichsten Deep Thought niemals auf den chinesisch-vietnamesischen Krieg 1978 oder die Massaker der Khmer Rouge in Kambodscha mit über 2,5 Mio. Toten NACH dem Abzug der USA aus Südostasien eingegangen werden wird, denn dies waren ja ebenso wie die Diktaturen in Osteuropa wohl nur - intrafamiliäre Auseinandersetzungen unter Bruderstaaten -, in die man sich eben nicht einmischt. Wenn allerdings mal zufällig jemand wie meine untertänigste Wenigkeit daran erinnern sollte, dann muß er sofort von Deep Thought aus dem betreffenden Thread hinausgeworfen oder beleidigt werden, nicht wahr?
      Andererseits ist dies aber auch kein Hinderungsgrund für den göttlichsten und unfehlbarsten aller "Deep Thoughts", ohne erkennbare Entschuldigung, Antwortbereitschaft oder auch nur Diskussionsbereitschaft in den Threads der Querdenker aufzutauchen, denn Deep Thought ist nun einmal der göttliche Unfehlbare, der es nicht nötig hat, auf Fragen des unterwürfig-höflichen Auryn nach Vietnam, totalitären Diktaturen oder sonstiges zu reagieren, das die Unfehlbarkeit des Deep Thought in Frage stellen könnte, nicht wahr?
      Hast Du, oh göttlichster und unfehlbarster Deep Thought, Dich eigentlich schon mal mit Deinen nun sicherlich über 2.500 anti-amerikanischen und anti-israelischen Postings schon mal beim Buch der Rekorde um den Titel "Größter Anti-Amerikaner unter einem einzelnen Internet-Pseudonym" beworben?
      In freudiger Erwartung Deiner sicherlich wieder mit Hilfe von Beleidigungen ausweichenden Antwort verbleibe ich Dein von Dir ewig verfolgter, weil ungläubiger Nicht-Anti-Amerikanischer Knecht
      Auryn
      P.S.: Du, oh göttlichster Deep Thought, darfst Dir diesmal für Deine Beleidigungen etwas mehr Zeit nehmen, denn ich werde für heute meine Tätigkeit in Form von ketzerischen Fragen an Dich, den göttlichen und unfehlbaren Deep Thought einstellen, da Du Dich bestimmt auf absehbare Zeit zum Brüten in Dein für Normalsterbliche undurchdringliches Logik-Wölkchen hinter Deine coole undurchsichtige Sonnenbrille zurückziehst, um Deine früheren Beleidigungen noch einmal zur eigenen moralischen Stärkung Revue passieren zu lassen.
      Avatar
      schrieb am 20.03.03 17:04:40
      Beitrag Nr. 430 ()
      Manche User sind die Inkarnation einer psychiatrischen Fundgrube, gell Auryn? ;)
      Avatar
      schrieb am 20.03.03 17:43:26
      !
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      Avatar
      schrieb am 22.03.03 17:08:31
      Beitrag Nr. 432 ()
      Auryn #426, so kommt`s, wenn die Rätsel zu einfach sind

      :laugh:
      Avatar
      schrieb am 22.03.03 17:12:28
      Beitrag Nr. 433 ()
      schont Eure Nerven und lasst es nicht wieder in eine Comedia dell`Arte, oh pardon, D.T. & A.
      göttliche Komödie,
      ausarten

      :look: :look:
      Avatar
      schrieb am 22.03.03 20:05:05
      Beitrag Nr. 434 ()
      Nicht alle Macht dem Volk
      Freie Wahlen im Irak sind den USA ein zu gefährliches Abenteuer - bisher gibt es für einen Einsatz der Amerikaner für die Demokratisierung der Region einfach keinen Beleg

      Amerika zieht in den Krieg, um dem Irak und dem Nahen Osten die Demokratie zu bringen - sagt George Bush. Einen konkreten Plan, wie das bewerkstelligt werden soll, hat er aber nicht. Das "Abenteuer Demokratisierung" ist dennoch die einzige Chance für die USA, ihrem rasanten Ansehensverfall, dem sie nach dem Anzetteln eines völkerrechtswidrigen Krieges anheim fallen, entgegenzuwirken.

      Für den Regimewechsel im Irak sind seit 1991 in US-Regierungskreisen zwei grundlegende Szenarien diskutiert worden. Das eine ist ein "peripherer" Umsturz Saddam Husseins durch die Kurden im Norden und die Schiiten im Süden. Die Variante basiert auf der Idee, dass Husseins Regime im Grunde die Diktatur einer Minderheit sunnitischer Muslime darstellt, die mit Hilfe der Ideologie des arabischen Nationalismus der Baath-Partei und durch Klientel- und Klanbeziehungen aufrechterhalten wird. Diese Analyse ist richtig - wer den Irak demokratisieren will, muss der Mehrheit der Bevölkerung, den überwiegend im Süden lebenden Schiiten, die Herrschaft überlassen und die Kurden beteiligen.

      Fänden faire Wahlen statt, sie würden durch die Schiiten entschieden. Unklar ist, welche Politik sie verfolgen würden, denn eine unabhängige Befragung dieser Bevölkerung war bislang nie möglich. Es ist keineswegs sicher, dass die Schiiten einen islamischen Staat mit starken Bindungen zu Iran befürworten würden. Immerhin haben auch sie im Krieg 1980-88 gegen den Nachbarn gekämpft. Doch natürlich gibt es starke politische Kräfte innerhalb dieser muslimischen Glaubensrichtung, die für eine Annäherung an Iran plädieren - dies wollen die USA unbedingt verhindern. Deshalb wird man einen Umsturz durch die Schiiten verhindern, Wahlen nach einer Invasion verzögern und nur Politiker zur Wahl zulassen, die sich Amerikas Sicht des Iran unterordnen.

      In einem "peripheren" Wechselszenario sind auch die Kurden ein Unsicherheitsfaktor für die USA. Sie drohen mit einem Zweifrontenkampf gegen Bagdad und die Türkei und könnten leicht in einen internen Bürgerkrieg verstrickt werden. Auch die politischen Absichten der Kurden sind unklar. Autonomie innerhalb des irakischen Mutterlandes? Oder doch ein separater kurdischer Staat? Diese Option war für die USA bislang undenkbar wegen des Widerstands des Verbündeten Türkei, der Unruhen der Kurden in seinem Land fürchtet. Ankara erleidet aber derzeit einen rapiden Bedeutungsverlust für die USA. Bald werden sie militärisch so massiv im Nahen Osten, in Saudi-Arabien, den Golfstaaten und Irak, und in Afghanistan und Zentralasien präsent sein, dass die strategische Bedeutung der Türkei für sie abnimmt. Es gibt also eine kleine Chance für einen kurdischen Staat - mehr nicht.

      Wesentlich wahrscheinlicher als das risikoreiche "periphere" ist ein "zentrales" Szenarium. Die USA würden hier im Apparat Saddam Husseins nach einer präsentablen Führungsmannschaft suchen, die das alte System kennt und sich - zumindest formal - auf einen Demokratisierungsprozess verpflichtet: alte Baathisten, mindestens aber Mitglieder der sunnitischen Minderheit. Wie repräsentativ diese Kräfte sein werden, wird nebensächlich sein.

      Bei der Suche nach einer amerikafreundlichen Führungsfigur sind die USA in der irakischen Opposition bislang nicht fündig geworden. Dass Achmed Chalabi, der Führer des Irakischen Nationalkongresses in Washington, es wird, ist unwahrscheinlich, denn er verfügt kaum über Rückhalt bei den Irakern und ist in Jordanien in Abwesenheit wegen Bankbetrugs verurteilt worden. Nach der geplanten amerikanischen Eroberung wird die Suche nach einer Führungsfigur wohl erst richtig losgehen. Und um das "Abenteuer Demokratisierung" kalkulierbarer zu machen, wird langfristig ein amerikanisches Militärprotektorat mit einem Gouverneur und General Franks an dessen Seite eingesetzt werden. Unwahrscheinlich ist, dass rasch Wahlen abgehalten werden. Am Ende mögen die Amerikaner sich gezwungen sehen, das irakische Militär an die Spitze des Landes zu setzen.

      Selbst wenn man von dem Idealfall ausgeht, dass alle politischen Parteien und Gruppen sich zur Integrität des Irak bekennen und freien Wahlen zustimmen würden, wäre fraglich, ob die USA einer unabhängigen irakischen Regierung freie Hand ließen. Eine solche Regierung würde nämlich als Erstes die Kontrolle über das irakische Erdöl zurückverlangen, mit dem die Amerikaner ihre Kriegsunkosten decken wollen. Die Konzessionen sind bereits verplant, sie wollen sie als strategisches Unterpfand einer Preiskontrolle der asiatischen Zukunftsmärkte China und Indien einsetzen.

      Historisch gibt es einfach keinen Beleg für einen konkreten Einsatz der Amerikaner für die Demokratisierung im Nahen Osten. Im Gegenteil. Als die demokratische Regierung Mossadegh in Iran das Erdöl verstaatlichte, wurde sie 1953 auf Betreiben der USA und der CIA gestürzt. Wie glaubhaft ist ein völliger prodemokratischer Paradigmenwechsel einer amerikanischen Regierung, die bislang ausnahmslos mit Diktatoren kooperiert hat - etwa in Saudi-Arabien, Ägypten, Jordanien? Eine Abkehr von der Macht- und Interessenpolitik gerade der Regierung Bush attestieren zu wollen, die das Völkerrecht ignoriert, ist so einleuchtend, wie es wäre, wenn man Ajatollah Chomeini posthum zum Papst erklären würde.

      Hätten die Amerikaner auch die besten Absichten zur Demokratisierung, sprächen dennoch kulturelle Faktoren gegen deren gewaltsame Durchsetzung. Sieht man von den Bewohnern Kuwaits und der Golfstaaten ab, so wird die amerikanische Präsenz in der Nahostregion nahezu durchgehend abgelehnt. Demokratische "Umerziehung" auf der Basis einer militärischen Zwangsherrschaft ist nach dem Zweiten Weltkrieg in Europa gelungen. Aber ein Vergleich mit dem Nahen Osten hinkt. Und zwar nicht weil Iraker und Araber kulturell nicht demokratiefähig wären, sondern weil die internationale Ausgangslage eine andere ist. Die Amerikaner kamen als Nachfahren der Europäer Europa in seiner schwärzesten Stunde zu Hilfe. Dieses Empfinden hat die arabische Welt nicht. Aus ihrer Sicht sind die Amerikaner Nachfahren der einstigen Kolonialmächte. Dieser Unterschied in der Ausgangslage wird den Antiamerikanismus in der Region weiter fördern, bis hin zu wachsender Terrorgefahr.

      Insgesamt sind Demokratisierung und Humanität als Motive des Krieges schlimmstenfalls eine ideologische Verblendung, bestenfalls ein naiver Selbstbetrug. Nicht nur der Weg zur Demokratie, der Krieg mit seinen Opfern, sondern auch das politische Ziel, eine durch Amerika bewerkstelligte Demokratisierung, ist als utopisch und unehrlich zu kritisieren. Der neue Kolonialismus der USA ist eben kein "humanitärer Imperialismus", wie der außenpolitische Berater von Tony Blair, Robert Cooper, sich das wünscht. Er ist ein von amerikanischen Interessen geleiteter Kolonialismus, der seinem Wesen nach undemokratisch bleiben wird. " KAI HAFEZ

      taz Nr. 7011 vom 22.3.2003, Seite 15, 241 Zeilen (Kommentar), KAI HAFEZ, taz
      Avatar
      schrieb am 27.03.03 12:33:12
      Beitrag Nr. 435 ()
      #19
      :D
      Avatar
      schrieb am 29.03.03 07:55:43
      Beitrag Nr. 436 ()
      "Blair ist ein Kriegsverbrecher"

      DUBLIN taz Tam Dalyell, der Alterspräsident des britischen Unterhauses, hat schwere Anschuldigungen gegen seinen Parteichef Tony Blair erhoben. Dalyells Ortsverband Linlithgow hat Blair empfohlen, seine Position als Parteichef zu überdenken. Er stimme dem zu, schreibt Dalyell im Guardian: "Da Blair den US-Angriff ohne UN-Mandat unterstützt, finde ich, dass er als Kriegsverbrecher gebrandmarkt und nach Den Haag geschickt werden sollte." Er sitze seit 41 Jahren im Unterhaus, sagt Dalyell, und er hätte nicht im Traum daran gedacht, so etwas über irgendeinen seiner früheren Parteichefs zu äußern, aber Blair verachte sowohl das Unterhaus als auch internationales Recht. "Das ist eine schwere Anschuldigung", so Dalyell. "Aber sie wiegt weit weniger schwer als das Resultat dieses Krieges, der westliches Christentum und Islam gegeneinander aufhetzt." "RaSo

      taz Nr. 7017 vom 29.3.2003, Seite 2, 30 Zeilen (TAZ-Bericht), RaSo
      Avatar
      schrieb am 30.03.03 16:02:32
      Beitrag Nr. 437 ()
      My Lai ist Überall -

      Der heutige PRESSECLUB war sehr interessant - u.a. war man (auch US-und Britische Journalisten) sich einig, dass dieser Krieg "alles andere als eine PR-Aktion für westliche Formen der Demokratie" sei.
      Zudem sei die chronisch-gnadenlos, arrogant-ignorante und überhebliche US-Attitüde an der fatalen Situation eines angezettelten Krieges schuld.

      Nachdem die angeblich intelligenten WAffen zur Neige gehen, werden die US-Kolonialisten nunmehr genau das gleiche machen, was sie in Vietnam machten:

      Flächenbombardements und massenweise "präventive" Erschiessungen von Zivilisten, weil ja jeder ein Guerrilla sein könnte.

      Dieser Krieg wird apolkalyptisch werden - George "Nero" Bush wird den gesamten Nahosten und Zentralasien in Schutt und Asche legen.

      Eine Schande, dass die UNO ihren Sitz in New York hat.




      US-Soldaten erschossen 12 Zivilisten

      US-Soldaten sollen nach einem Bericht eines Reporters der "Sunday Times" bei Nasirija mindestens 12 irakische Zivilisten erschossen haben, darunter Frauen und Kinder.


      London - Die Zivilisten waren nach seiner am Sonntag veröffentlichten Reportage nachts in mehreren Wagen über eine strategisch wichtige Brücke gefahren, die die amerikanischen Marineinfanteristen unter allen Umständen verteidigen sollten. Die US-Soldaten waren der Schilderung zufolge zuvor in mehrere Hinterhalte gelockt worden, bei denen auch gezielt Zivilisten oder Kämpfer in Zivilkleidung eingesetzt worden waren, um die US-Militärs in Sicherheit zu wiegen.
      Der Anblick der getöteten Zivilisten sei "entsetzlich" gewesen, schrieb der Reporter Mark Franchetti, der die US-Soldaten bei ihrem Vormarsch begleitet: "Etwa 15 Fahrzeuge blockierten die Straße. Sie waren durchsiebt mit Einschusslöchern. Einige (...) brannten noch. Inmitten der Wracks zählte ich 12 tote Zivilisten. Alle hatten versucht, diese südliche Stadt über Nacht zu verlassen, wahrscheinlich aus Angst, in US-Hubschrauber-Angriffen oder durch heftigen Artilleriebeschuss getötet zu werden. Ihr Fehler war es gewesen, über eine Brücke zu fliehen, die von entscheidender Bedeutung für die Versorgungslinien der Koalition ist - und in die Arme einer Gruppe zu Tode verängstigter junger amerikanischer Marineinfanteristen zu rennen, die Anweisung hatten, auf alles zu schießen, was sich bewegte."

      Franchetti beschreibt "ein kleines Mädchen, nicht älter als fünf, mit einem hübschen Kleid in Orange und Gold, in einem Graben, tot, neben der Leiche eines Mannes, der vielleicht sein Vater war. Sein halber Kopf fehlte." Die US-Soldaten empfänden zum Teil keine Reue über ihr Vorgehen: "Die Iraker sind kranke Leute, und wir sind die Chemotherapie", wurde ein namentlich genannter Unteroffizier zitiert. Er fange an, "dieses Land zu hassen."
      Avatar
      schrieb am 30.03.03 16:08:44
      Beitrag Nr. 438 ()
      Warum ist der Widerstand der Iraker so stark?
      WamS-Autor Peter Scholl-Latour beantwortet die brennendsten Fragen
      Die Rakete, die am Samstagmorgen ein Einkaufszentrum in Kuwait-Stadt getroffen hat, kam von der Halbinsel Fao oder aus Umm Kasr. Sind diese Gebiete des Irak nicht schon längst in britischer Hand?


      Es erstaunt mich sehr, dass dort noch immer Widerstand herrscht. Auf Fao gibt es nichts als zerschossene Palmenhaine und Minenfelder aus dem Krieg gegen den Iran. Umm Kasr ist klein und kann direkt vom Meer angegriffen werden. Anders als in Vietnam, wo der Vietcong im Dschungel und in Reisfeldern kämpfte, findet der Krieg im Irak auf dem flachem Land statt. Ich verstehe nicht, warum das Gebiet noch nicht vollständig erobert ist.


      Warum ist der Widerstand der Iraker so stark?


      Es ist sicher nicht die Liebe zu Saddam Hussein. Da kommt Verschiedenes zusammen. Offenbar sind es doch national-arabische Reaktionen auf die fremde Invasion. Die Abneigung gegen die „Ungläubigen", die im Islam Fuß fassen wollen. Man kann die Amerikaner nur warnen: Sie fangen an, vom Kerbala-Loch zu sprechen. Wenn man dort durchgestoßen sei, sei der Weg frei. Doch Kerbala und Nadschaf sind die heiligsten Stätten der Schiiten, heiliger als Mekka und Medina. Wenn man diese angreift, bringt man die Menschen noch mehr gegen sich auf.


      Ist die militärische Strategie der USA falsch?


      Die Amerikaner sind von falschen Voraussetzungen ausgegangen. Sie sind hunderte Kilometer vorgestoßen und dachten, sie würden in ein freundlich gestimmtes Land gelangen. Doch jetzt sind die Nachschubwege abgeschnitten. Partisanen greifen hinten an.


      Woher stammen die Partisanen?


      Partisanen brauchen generell den Rückhalt in der Bevölkerung. Deshalb können sie nur Mitglieder der Armee und örtlicher Milizen sein. Die Einwohner der umkämpften Städte decken und unterstützen sie nicht aus Angst, sondern aus Überzeugung. Die Schiiten erinnern sich noch sehr genau an 1991, als sie von den Amerikanern im Stich gelassen und von den Republikanergarden Saddam Husseins niedergemetzelt wurden.


      Werden die USA ihre Strategie ändern müssen und statt der „chirurgischen" Eingriffe mit wenigen zivilen Opfern Flächenbombardements durchführen?


      Die Amerikaner haben angekündigt, dass sie sich nicht in Häuserkämpfe verwickeln lassen wollen, sondern Bagdad einkreisen werden. Weil sie aber mit der Millionen-Stadt Basra nicht fertig werden, stelle ich mir das bei der Sechs-Millionen-Stadt Bagdad schwierig vor. Sie haben zu wenige Soldaten dafür. Wenn sie nicht in einen Häuserkampf verwickelt werden wollen, dann müssen sie die Stadt bombardieren. Und das hat einen fürchterlichen psychologischen Effekt. Es stärkt die Widerstandskraft der Iraker und bringt das Ausland noch mehr gegen die USA auf.


      Meteorologen sagen für die nächsten Tage Sandstürme und Hitze voraus. Wir wirkt sich das aus?


      Der vergangene Sandsturm Anfang der Woche war außerordentlich stark. Aber normalerweise können die Soldaten Hitze und Sandstürme aushalten. Ein Problem ist das nur für die Technologie.


      Die Fragen stellte Waltraud Kaserer


      Artikel erschienen am 30. Mär 2003
      http://www.wams.de/data/2003/03/30/60734.html
      Avatar
      schrieb am 01.04.03 11:48:16
      !
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      Avatar
      schrieb am 02.04.03 15:33:46
      Beitrag Nr. 440 ()
      Ein Jude an die zionistischen Kämpfer (1988)

      Was wollt ihr eigentlich?
      Wollt ihr wirklich die übertreffen
      die euch niedergetreten haben
      vor einem Menschenalter
      in euer eigenes Blut
      und in euren Kot?

      Wollt ihr die alten Foltern
      jetzt an andere weitergeben
      mit allen blutigen dreckigen Einzelheiten
      mit allem brutalen Genuß der Folterknechte
      wie eure Väter sie erlitten haben?

      Wollt jetzt wirklich ihr die neue Gestapo sein
      die neue Wehrmacht
      die neue SA und SS
      und aus den Palästinensern
      die neuen Juden machen?

      Aber dann will auch ich
      weil ich damals vor fünfzig Jahren
      selbst als ein Judenkind gepeinigt wurde
      von euren Peinigern
      ein neuer Jude sein mit diesen neuen Juden
      zu denen ihr die Palästinenser macht

      Und ich will sie zurückführen helfen

      als freie Menschen
      in ihr eigenes Land Palästina
      aus dem ihr sie vertrieben habt
      oder in dem ihr sie quält
      ihr Hakenkreuzlehrlinge
      ihr Narren und Wechselbälge der Weltgeschichte
      denen der Davidstern auf euren Fahnen
      sich immer schneller verwandelt
      in das verfluchte Zeichen mit den vier Füßen
      das ihr nur nicht sehen wollt
      aber dessen Weg ihr heute geht.

      Erich Fried (1921-1988), selbst Jude und gelitten unter den Nazis
      Avatar
      schrieb am 07.04.03 16:35:04
      Beitrag Nr. 441 ()
      Versorgungslage spitzt sich zu


      Die Lage in den irakischen Krankenhäusern in den umkämpften Gebieten ist nach Angaben eines Sprechers des Roten Kreuzes „kritisch“. Wegen der schweren Kämpfe am Wochenende sei die Situation in den Kliniken im Gebiet um Bagdad sogar „dramatisch“, sagte IKRK-Sprecher Mu`in Kassis am Montag.

      Vor allem die Versorgungslage in den Krankenhäusern der Städte Hilla, Kerbala und El Anbar gebe Anlass zur Besorgnis, was die Versorgung mit Medikamenten und Wasser betreffe. In Mahmudia könne das dortige Krankenhaus keine Verwundeten mehr aufnehmen, Verletzte aber auch nicht mehr nach Bagdad schicken, da dort selbst gekämpft werde.

      „Stündlich 100 Bombenopfer“


      Die Pressesprecherin des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Antonella Notari, hatte am Sonntag in Genf erklärt, das Krankenhauspersonal arbeite rund um die Uhr. Ein IKRK-Mitarbeiter berichtete dem Schweizer Rundfunk aus Bagdad, stündlich würden 100 Bombenopfer in die Krankenhäuser eingeliefert.

      Nach IKRK-Angaben ist in den vier großen Krankenhäusern der Stadt von mehreren hundert eingelieferten Bombenopfern die Rede. Es gebe Dutzende von Toten.
      Das IKRK liefere aus seinen Beständen vor Ort medizinisches und chirurgisches Material so viel es könne, sagte Notari. Da kaum Strom vorhanden sei und auch die Wasserversorgung stocke, müssten die Krankenhäuser auf Notversorgung umschalten. Zusätzliche Probleme entstünden dadurch, dass Krankenhauspersonal nicht zu seinem Arbeitsplatz gelangen könne.

      Notari ergänzte, dass durch den Stromausfall seit Donnerstag auch die Wasserversorgung mit Not-Generatoren arbeiten müsse. „Wir haben die (Generatoren) zwar schon vor dem Krieg alle in Stand gesetzt und gewartet, und wir liefern auch jetzt noch Ersatzteile, die wir in Bagdad gelagert haben“, sagte die Sprecherin. Aber dennoch reiche dies nicht aus, der Druck sei häufig zu gering oder die Geräte seien überlastet. Hinzu kämen Probleme bei der Abwasserbeseitigung.

      Hintergrund: Das IKRK ist die einzige internationale Hilfsorganisation, die mit Ausländern im Irak tätig ist. Sie konnten sich bisher frei bewegen. Wegen der Bombenangriffe habe das IKRK aber beschlossen, sich zur Zeit in Bagdad einzuschränken.

      06.04.03, 16:36 Uhr focus.de
      Avatar
      schrieb am 07.04.03 16:47:34
      Beitrag Nr. 442 ()
      Waehrend die Amis in kindlicher Naivitaet sadam-Palaeste besuchen und sadam-Bilder vor laufenden Kameras mit Panzern ueberrollen, zeigt sich, was eh schon klar ist:
      Die Iraker verteidigen nicht sadam Hussein, sie verteidigen ihre Heimat.

      Dieser voelkerrechtswidrige Kolonialkrieg wird kein Ende haben.


      „Es war eine brutale Schlacht“


      Das Autobahnkreuz an der großen Saddam-Brücke im Süden von Bagdad wirkt nach dem ersten Panzervorstoß der Amerikaner dorthin wie ein Schlachtfeld. Ausgebrannte irakische Militärfahrzeuge und Geschütze stehen zu Dutzenden links und rechts der Schnellstraße. Aber auch ein verkohlter amerikanischer Kampfpanzer, der ein faustgroßes Loch im Turm hat, steht am Sonntag mit abgesprengter Kette in dem kleeblattförmigen Straßenbauwerk. Nur noch die Aufschrift „Cojone EH“ auf der Kanone ist lesbar. Am Himmel donnern US-Kampfjets, die am Mittag neue Angriffe fliegen.


      „Sie kamen am frühen Morgen in einer Kolonne“, sagt ein etwa 30-jähriger irakischer Soldat. Er trägt eine hellgrüne Uniform und ein schwarzes Barett. Vor die Brust hat er mehrere Magazine für sein Kalaschnikow-Sturmgewehr geschnallt. „Wir kämpfen auf kurze Distanz. Manche Soldaten sind nur 100 Meter von den Panzern entfernt. Es war eine brutale Schlacht und wir haben auch viele Opfer gehabt“, sagt er. Dass dort ein zerstörter US-Panzer steht, erfüllt ihn sichtlich mit Stolz.

      Erstmals seit Tagen dürfen sich am Sonntag ausländische Journalisten frei und mit eigenen Fahrzeugen in dem Gebiet an der südlichen Front Bagdads bewegen. Dort haben sich irakische Soldaten, Spezialeinheiten und zivile Kampfgruppen neben den Straßen eingegraben. Panzerabwehrkanonen und Artillerie sind in Position. Die Kämpfer tragen Panzerfäuste auf den Schultern und liegen vor Maschinengewehren in Schützengräben.

      Und offensichtlich sind nach dem schweren Gefecht vom Vortag frische Kräfte zur Verstärkung angerückt. Roland Huguenin-Benjamin vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) in Bagdad sagte nach den Kämpfen, stündlich würden „bis zu 100 Kriegsverletzte“ in das Jarmuk-Hospital eingeliefert.

      Mit zwei gepanzerte Aufklärungseinheiten der 3. US-Infanteriedivision und des 7. US Kavallerieregiments waren die Angreifer am Samstag vorgerückt. Die Schnellstraße führt vom internationalen Flughafen im Westen in den Süden von Bagdad und von dort weiter in die etwa 100 Kilometer entfernte Stadt Hilla. Die viel befahrene Straße verläuft in einem Viertelkreis und kommt auf halber Strecke der Innenstadt schon sehr nah. Arabische Journalisten wollen auf Bildmaterial auch die Moschee Umm el Tubul erkannt haben, die unweit der Schnellstraße steht.

      Der amerikanische Vorstoß sollte offensichtlich eine Demonstration der eigenen Macht sein und zugleich die Schwäche der irakischen Verbände zeigen. Die Verluste der Iraker bei dem Schlagabtausch sind augenscheinlich sehr hoch gewesen. Der zerstörte US-Panzer zeigt aber, dass auch die irakischen Waffen Wirkung zeigen. Ein tiefer Krater neben dem schweren Kettenfahrzeug deutet außerdem darauf hin, dass hier mit einem gezielten Angriff der US-Luftwaffe das sowieso verlorene Kriegsgerät ganz zerstört worden sein könnte.

      Die Moral der irakischen Soldaten unweit der Großen Saddam-Brücke scheint vorerst ungebrochen, obwohl der Panzervorstoß eine Spur der Verwüstung an ihren Stellungen hinterlassen hat. „Ich kämpfe für meine Heimat. Wir sind hier geboren“, sagt der Soldat mit dem schwarzen Barett. „Das ist unser Land.“

      06.04.03, 16:55 Uhr focus.de
      Avatar
      schrieb am 13.05.03 11:56:19
      Beitrag Nr. 443 ()
      Warnung:
      Nach der Anschlagsserie der vergangenen Nacht auf Wohngebiete westlicher Ausländer in Riad müssen wir wieder verstärkt mit allgemeinen soziopathischen Niederschlägen von offen und verdeckt argumentierenden Fanatikern der Religion des unaufgeklärten Anti-Amerikanismus rechnen. Ein beliebtes Beispiel wird vermutlich wieder der Hinweis sein, daß man wegen der vielen Verbrechen der "Amis" kein Mitleid mit den Opfern solcher Anschläge zu haben brauche.
      Ein schönes Beispiel aus der Realität unter "Wallstreet-Online" bieten diese Auszüge aus einem der Threads (Vorsicht wg. überzähliger Fragezeichen aufgrund der Scan-Kopie!), die ich gerne wegen hinreißendem Fanatismus für das Buch der Rekorde vorschlagen würde:

      #332 von Deep Thought 25.01.02 13:46:06 Beitrag Nr.: 5.428.737 5428737
      Dieses Posting: versenden | melden | drucken | Antwort schreiben
      ...
      Ein Staat, der das Anti-BioWAffen Abkommen und Anti-Chemie-WAffen Abkommen torpediert und Kontrollen verhindert, will andere kontrollieren....
      Die USA kotzen mich nur noch an.
      ...
      ...


      #605 von Deep Thought 22.02.02 10:36:16 Beitrag Nr.: 5.648.520 5648520 Dieses Posting: versenden | melden | drucken | Antwort schreiben
      Hier ein Hinweis auf die heftigen Versuche der USA, mit ungewöhnlichem Mitgefühl Stimmung für die nächsten Kriege zu machen - kennen wir bereits von der Stimmungsmache 1990 in den USA, um die Bevölkerung auf den Kriegseintritt gegen den Irak einzustimmen. Ich frage mich, ob die USA wirklich glauben, zehntausende von afghanischen Zivilisten - darunter sicherlich auch viele werdende Väter und Mütter - als Kollateralschaden abtun zu können und dann die (sicherlich kommende)Tötung der nächsten zehntausend unschuldiger Zivilisten mit dem (sicherlich verachtenswerten) Mord an einem Korrespondenten zu rechtfertigen? Daß durch das unmenschliche Embargo gegen den Irak viele zehntausend Säuglinge schloicht krepierten, spielt für die keine Rolle... aber dann wundern die Amis sich, daß sie mittlerweile auch bei ehemaligen Verbündeten allmählich verhasst sind... Wo leben wir eigentlich? ---------------------------------------------------
      Traurige Gewissheit Der vor vier Wochen in Pakistan entführte US-Journalist Daniel Pearl ist von seinen militanten Kidnappern ermordet worden. US-Präsident George W. Bush, der sich zur Zeit in Peking aufhält, sprach am Freitag von einem barbarischen Akt und bekräftigte die amerikanische Entschlossenheit zur Ausrottung des Terrorismus. Auch das Washingtoner Außenministerium nannte den Mord eine ?Schandtat?. Die Verantwortlichen würden zur Rechenschaft gezogen. Nach Angaben der pakistanischen Behörden liegt ein Video vor, dass die ?Exekution? des angesehenen Reporters und seine Leiche zeigt. Danach bestehen keine Zweifel daran, dass es sich tatsächlich um Pearl und nicht um einen Trick seiner Kidnapper handelt. Der 38-Jährige arbeitete für das ?Wall Street Journal? an einem Artikel über Terrorismus, als er am 23. Januar in Karachi verschwand. Er sammelte Hintergrundinformationen über den Fall des so genannten Schuhbomben-Attentäters Richard Reid, der während eines Fluges von Paris nach Miami versucht hatte, Sprengsätze in seinen Turnschuhen zu zünden. Die Entführer verschickten unmittelbar nach dem Kidnapping noch Fotos von Pearl und forderten die Freilassung mutmaßlicher pakistanischer Terroristen, die in Afghanistan gefangen genommen und dann auf den kubanischen US-Militärstützpunkt Guantanamo Bay gebracht worden waren. Danach gab es kein Lebenszeichen mehr von Pearl. Der im Februar in Pakistan festgenommene Moslem-Extremist Scheich Omar, der auch Verbindung zur Terror-Organisation El Kaida von Osama bin Laden haben soll, gestand, an der Entführung beteiligt gewesen zu sein. Nachdem er zunächst erklärt hatte, Pearl sei noch am Leben, sagte er wenig später, er glaube, dass der Journalist tot sei. Danach waren die Hoffnungen auf eine Rettung des Mannes, dessen Ehefrau ein Baby erwartet, rapide gesunken. Bush sprach den Hinterbliebenen seine Anteilnahme aus und bekundete vor allem seine Trauer darüber, dass Pearls ungeborenes Kind ?seinen Vater nur aus den Erinnerungen anderer kennen wird?. Der Präsident bekräftigte, dass die USA weiterhin mit aller Härte gegen den Terrorismus vorgehen würden. Diejenigen, die den ?barbarischen Akt? begangen hätten, ?haben ihrer eigenen Sache geschadet und die USA in ihrer Entschlossenheit bestärkt, die Welt von den Vertretern des Terrors zu befreien?, sagte Bush. Das ?Wall Street Journal? verurteilte den Mord in einer Erklärung ebenfalls als barbarischen Akt und würdigte Pearl als brillanten Journalisten. In einer Erklärung der Pearl-Familie hieß es, man sei bis zum Eintreffen der traurigen Nachricht überzeugt davon gewesen, dass der Journalist heimkehren werde, ?denn wir glaubten, dass kein menschliches Wesen fähig sein würde, einer so sanften Seele so etwas anzutun?. 22.02.02, 8:09 Uhr

      #606 von for4zim 22.02.02 10:50:13 Beitrag Nr.: 5.648.641 5648641 Dieses Posting: versenden | melden | drucken | Antwort schreiben
      Deep Thought, ich habe es schon mehrfach geschrieben, anscheinend aber bisher wirkungslos: Im Irak ist kein einziges Kind wegen des UNO-Embargos gestorben. Der Irak hatte immer, immer genug Geld zur Verfügung, um die eigene Bevölkerung mit Nahrung und Medizin zu versorgen. Der Irak hat in der Zeit, als er angeblich die eigene Bevölkerung nicht mehr versorgen konnte, Nahrungsmittel und Medikamente exportiert und Waffen in mehreren Ländern gekauft. Außerdem wurden weitere "Paläste" für Herrn Hussein gebaut, d.h. Gebäude, in denen die Präsidentengarde untergebracht werden kann. Die durch das Embargo sterbenden Kinder sind eine reine Propagandafigur, und es ist erstaunlich, das gerade diejenigen, die sich auf ihr kritisches Denken so viel einbilden, ausgerechnet auf diese lächerliche Propaganda hereinfallen.

      #607 von Deep Thought 22.02.02 11:31:37 Beitrag Nr.: 5.649.009 5649009 Dieses Posting: versenden | melden | drucken | Antwort schreiben
      @ For4Zim Ach ja, und die UNO, UNICEF und diverse Hilfsorganisationen, die das von mir geschriebene in die Öffentlichkeit brachten und massiv kritisierten, sind natürlich nur Erfüllungsgehilfen von Sdam Hussein, wie? Wahrscheinlich müssen die sich von Dir jetzt auch noch den Gefallen der AlQuaida-Sympathie gefallen lassen, ja? Auf dem USA-Auge bist Du absolut blind. Wenn die Amis oder Israel irgendwo eine A-Bombe auf eine Stadt werfen würden - ich bin mir sicher, Du würdest sofort eine logische Erklärung für die "wirklich zwingende Notwendigkeit" an den Haaren herbeiziehen....

      #608 von Auryn 22.02.02 11:41:31 Beitrag Nr.: 5.649.296 5649296 Dieses Posting: versenden | melden | drucken | Antwort schreiben
      Anmerkung am Rande: Ich war gestern Zeuge einer "netten Diskussion" im realen Leben zwischen einem relativ kleinen US-Studenten und zwei ziemlich großen deutschen Studenten, die mich vom Wahrheitsgehalt eines Satzes gestern abend im "heute-journal" überzeugt hat. Zitat von Wolf von Lojewski: "Eine politische Diskussion ist die Kunst, die eigene Meinung anderen darzulegen und dabei niemand anderem zuzuhören als sich selbst." Mir tat der nicht so gut Deutsch sprechende Student aus den USA gestern richtig leid. Man warf ihm so ziemlich alle US-Missetaten von der Erfindung der Atombomben bis hin zum Indianermord vor und am Ende war die Diskussion an einem Punkt angelangt, wo ich eingriff und - wie inzwischen schon üblich - schockierte Ruhe auslöste mit meinen zynischen Worten: "Die US-Amerikaner sind für die Europäer doch grundsätzlich an allem Leid in der Welt schuld: Führen sie den Golfkrieg mit dem Mandat der Vereinten Nationen, so ist es für die pathologischen Anhänger des Anti-Amerikanismus ein Beweis dafür, wie die USA die UNO für ihre Ziele manipulieren. Führen Sie Krieg - nachdem eins ihrer Wahrzeichen mit ca. 3500 Toten dem Erdboden gleichgemacht wurde - ohne UNO-Mandat wie in Afghanistan, dann ist es ein Beweis für die Mißachtung der UNO durch die USA. Greifen Sie überhaupt nicht ein, wie in Ruanda, dann schauen diese US-Teufel einem Völkermord tatenlos zu. Greifen Sie ein wie in Somalia, sind sie die arroganten Weltpolizisten. Wir Europäer dagegen haben uns in Jugoslawien natürlich nur "mit Ruhm bekleckert" und ca. 250.000 Morde jahrelang tatenlos geschehen lassen. Ja, wir Europäer waren so richtig überzeugend, als wir anfangs Herrn Poos aus Luxemburg nach Jugoslawien fahren ließen, um den Slowenen, Kroaten und Bosniern zu erklären, daß so kleine Länder alleine nicht lebensfähig sind. Unsere weißgekleideten "Krisen-Beobachter" in Bosnien kündigte man in der Bevölkerung überall mit den freundlichen Worten an: Die "Eisverkäufer" sind wieder da! Wir Europäer waren auch ganz toll zum Frieden entschlossen gewesen bei der Verteidigung der UNO-Schutzzone von Srebrenica, wo der größte europäische Massenmord nach 1945 stattfand. Unsere europäisch-intellektuell wohlüberlegt-unentschlossene Haltung angesichts des Massenmords vor unseren eigenen Haustüren 4 Autostunden von München entfernt gibt vor allem uns Deutschen natürlich jedes moralische Recht, diese amerikanischen Hyänen bei ihrem Versuch zur Hegemonie zu kritisieren und zu verurteilen. Als aufrechter Deutscher schlage ich daher vor, Konzentrationslager für alle Amerikaner einzurichten, denn irgendeinen müssen wir Deutsche ja schließlich hassen dürfen. Wenn schon nicht die Juden, dann doch wenigstens die Amerikaner. Die werden ja sowieso von allen intellektuellen Linken gehaßt und besser dieselben Argumente von den Linksextremisten übernehmen als von den Rechtsextremisten, nicht wahr? Wenn schon Rassist, dann doch wenigstens ein anti-amerikanischer Rassist. Das sind wir unseren deutschen Vorfahren schuldig! Diesen Umgangston sind wir schließlich unseren ausländischen Gästen schon seit Adolf Hitler schuldig! Guten Tag, meine deutschen Herren." Der Amerikaner hatte sich offensichtlich über meinen Wortschwall sehr gefreut, die deutsch-extremistischen Studenten weniger, aber bevor sie wieder Luft holen konnten, war ich schon auf dem Weg in die Menschenmenge der Mensa. Ein richtig schöner Tag war das wieder gestern für mich und eine schöne gute Tat noch nebenbei getan!

      #609 von for4zim 22.02.02 11:46:21 Beitrag Nr.: 5.649.345 5649345 Dieses Posting: versenden | melden | drucken | Antwort schreiben
      Schöner Vortrag, Auryn. Deep Thought, ich weiß ja nicht, was Du Dir aus den Berichten etwa der UNO-Organisationen ableitest, aber erzähle mir doch mal, wie ein Land, das Medikamente nach z.B. Jordanien exportiert, behaupten kann, es hätte nicht genug Medikamente für die Versorgung der eigenen Zivilbevölkerung? Beantworte mir nur diese eine Frage.

      #610 von Deep Thought 22.02.02 11:54:02 Beitrag Nr.: 5.649.435 5649435 Dieses Posting: versenden | melden | drucken | Antwort schreiben
      "deutsch-extremistischen Studenten weniger, aber bevor sie wieder Luft holen konnten, war ich schon auf dem Weg in die Menschenmenge der Mensa. " Schön, daß Du die Entgegnung im Sinne von Lojewski ja schon im gleichen posting hattest: Zitat von Wolf von Lojewski: "Eine politische Diskussion ist die Kunst, die eigene Meinung anderen darzulegen und dabei niemand anderem zuzuhören als sich selbst." Bist schon ein toller Typ, denen haste es aber gezeigt.... Vielleicht hast Du eine mögliche andere antwort dadurch verpasst: fehler kann man nicht mit Fehlern anderer entschuldigen. Und gute taten in der Vergangenheit sind kein automatisches verbot, über spätere fehler nachzudenken - und - womöglich sogar zu sprechen.... Und vielleicht hätten die beiden deutschen Kommilitonen ja auch die EU und die UNO kritisiert, wenn Du Dich zu einer Diskussion und nicht zu einer grandiosen Wildwest-Vorstellung bemüht hättest.... Im Übrigen stößt die Aussenpolitik der USA im eigenen Land zunehmend auf Nachdenkliche Selbstkritik... jaja, das ist das extrem perfide: Selbst US-Amerikaner sind sogar nach deiner definition Antiamerikaner, bah, wie fies.... bemerkenswert übrigens, daß Du die kleinigkeiten Vietnamkrieg, hiroshima, Dresden, Südamerika, Unterstützung der taliban und sadam Husseins z.b.beim angriffskrieg gegen den Iran (3 mio Tote) zufällig vergessen hast..... Aber... bei so großspurig angelegtem tenor kommt es auf solche kleinigkeiten ja nicht an, nicht war.....

      #611 von Rainer6767 22.02.02 12:08:53 Beitrag Nr.: 5.649.611 5649611 Dieses Posting: versenden | melden | drucken | Antwort schreiben
      @D.T.: Das tut schon weh, mit Recht als Rassist bezeichnet zu werden, stimmt`s?

      #612 von Auryn 22.02.02 12:14:54 Beitrag Nr.: 5.649.652 5649652 Dieses Posting: versenden | melden | drucken | Antwort schreiben
      Na gut, Deep Thought, die deutschen Linksextremisten waren mir ein bißchen zu groß und zu dämlich, um mit ihnen zu diskutieren. Von einem wußte ich schon vorher, daß er Slawistik im zweiten Semester studiert und Rumänisch vor einem Monat bei einer Diskussion über das Fach noch für eine slawische Sprache hielt. Was hat der Mann wohl die vergangenen zwei Semester an der Uni gemacht? Ich nehme an, politische Diskussionen geführt. Aber wir können ja da weitermachen, wo ich gestern in die Uni gegangen bin. Also 1.: Was meinst Du mit: "...selbst US-Amerikaner sind Anti-Amerikaner...? Ich habe meine Tirade an die Deutschen gerichtet gehabt, nicht an den Amerikaner. 2. Vietnam: O.K. Jeder müßte sich im klaren darüber sein, daß dieser Vietnam-Krieg ein schwachsinniger Riesenfehler der Amerikaner und die Domino-Theorie einfach Scheiße (Verzeihung!) war. Aber welche Zeit war denn beim Tonking-Zwischenfall, hä? Hatte nicht noch kurze Zeit vorher ein Herr Chruschtschow den USA vorhergesagt, in 20 Jahren würde ein Kommunist den letzten US-Kapitalisten beerdigen? Mit Gewalt würde man die Kapitalisten auf den Müllhaufen der Geschichte werfen! Und bei der tollen "Kulturrevolution" Maos in China kamen zeitgleich mit dem Vietnam-Krieg vermutlich mehr Chinesen im "friedlichen" China als Vietnamesen im Vietnam-Krieg ums Leben - meinen chinesische Studenten, die jetzt z.T. an meiner Uni und in den China-Restaurants hier herumhängen, nachdem ihre Komillitonen 1989 auf dem Platz des Himmlischen Freidens ermordet wurden. Aber nach dem Rückzug der USA aus Südostasien ist dort natürlich der Frieden ausgebrochen und alles besser geworden, nicht? Die Roten KHmer haben ja nur dreimal soviele in ihrem eigenen Volk umgebracht wie die amerikanischen Rambos in Vietnam - nach offiziellen vietnamesischen Zahlen. Als die Khmer auch vietnamesische Dörfer angriffen, startete Vietnam Ende 1978 einen Krieg gegen Kambodscha und vernichtete die Khmer-Regierung. Sehr einige und friedliche Kommunisten, die sich da bekriegten, aber ich wäre diesmal auf Seiten Vietnams gewesen. Nur schade, daß China etwas dagegen hatte, daß Vietnam zu mächtig wird, weshalb es sich Anfang 1979 zu einem dreiwöchigen Grenzkrieg mit ca. 10.000 Toten gegen Vietnam entschloß - nur, um eine kleine Lektion zu erteilen. Ja, sicher, es ist alles besser ohne die Amerikaner in der Welt! Aber kommen wir noch im nächsten Posting zu Hiroshima.




      #614 von Auryn 22.02.02 12:34:29 Beitrag Nr.: 5.649.832 5649832 Dieses Posting: versenden | melden | drucken | Antwort schreiben
      Zum Thema Hiroshima: Ja, sicher, inzwischen behaupten sowohl Links- als auch Rechtsextremisten, das bedauernswerte Japan mußte die USA wegen seiner Übermacht 1941 angreifen und die US-Teufel haben den Krieg heimtückisch mit ihren Atombomben beendet und das friedliebende japanische Militär hätte ja auch sicher ohne Atombomben kapituliert, nicht? Schwachsinn! Die Amerikaner haben die Japaner 1937 nicht zum Überfall auf das bürgerkriegsgeschüttelte China gezwungen und sie haben die Japaner auch nicht zum berühmten Nanking-Massaker oder zu den Giftgas- und Milzbrand-Massakern in der Mandschurei durch die Einheit 731 gezwungen! Es gibt Filme von der Eroberung von Saipan (kurz nach Iwo Jima am 19.02.1945), wo das japanische Militär die gesamte Bevölkerung so indoktriniert hatte, daß alle Einwohner eher von den Stilklippen in die Brandung sprangen, als sich zu ergeben. Die Kamikaze-Flieger bis zum letzten Tag des Krieges sind auch nicht gerade ein Zeichen für eine schnelle Kapitulation. Und warum hat die Militärführung Japans nicht schon nach dem Abwurf auf Hiroshima kapituliert? Das war am 06.08.1945 ! Bis zur nächste Bombe auf Nagasaki vergingen drei Tage, in denen die USA weitere Bombenabwürfe ankündigten, falls keine Kapitulation folgt. Es kam keine Kapitulation. Das japanische Militär war nämlich nicht davon überzeugt, daß das nicht vielleicht nur ein einzelner Prototyp war, dem keine weiteren folgen würden. Erst die zweite Atombombe bewog den Kaiser Hirohito dazu, die fanatische japanische Militärführung abzulösen und die bedingungslose Kapitulation anzubieten! Und witzigerweise überlegte sich Stalin erst nach der ersten Atombombe, am 8.8.1945 noch schnell mal den Japanern den Krieg zu erklären und die Kurilen zu besetzen. Sehr tapfer, der Mann! Ja, natürlich, wir Deutsche können den Amerikanern vorwerfen, daß sie nicht nochmal Hunderttausende von Soldaten für den Sturm aufs japanische Festland opfern wollten. Diese Feiglinge aber auch!

      #615 von Auryn 22.02.02 12:42:22 Beitrag Nr.: 5.649.907 5649907 Dieses Posting: versenden | melden | drucken | Antwort schreiben
      Und noch zum Thema Dresden, weil Du das auch erwähnt hattest, Deep Thought, könnten wir uns vielleicht sogar teilweise einigen: Dresden war ein militärisch sinnloser Terrorangriff, der allerdings voll in das Konzept des britischen Luftwaffen-Generals "Bomber-Harris" und dessen Gefasel von der Demoralisierung der Deutschen durch Zerstörung ihrer Städte paßte. Ich möchte allerdings auch bezweifeln, daß Du diese Bombardierung am 13./14.02.1945 alleine den Amerikanern anhängen kannst, weil die Planung für diesen Angriff meines Wissens ausschließlich von den Briten kam, wenn auch die US-Bomber an einem der beiden Angiffs-Tage maßgeblich beteiligt waren.
      Avatar
      schrieb am 13.05.03 14:39:02
      Beitrag Nr. 444 ()
      Kann es sein, daß in diesem Thread auf rätselhafte Weise die Zugriffsmöglichkeiten zu den angegebenen Foto-Links auf rätselhafte Weise verschollen sind? Wenn ja, wieso? Kann mir da jemand eine mögliche Erklärung geben?
      Avatar
      schrieb am 22.05.03 19:15:06
      !
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      Avatar
      schrieb am 26.05.03 14:08:46
      Beitrag Nr. 446 ()
      Es wird Dich sicher freuen, Deep Thought, dass ich endlich mal die Zeit und Muße fand, auf Deinen Rat aus Thread: "Die GRÜNEN" : Skandal : Özdemir auf Hunzinger´s Schuldner-Liste , Posting # 800 einzugehen und mich untersuchen zu lassen.
      Alles weitere erläutert das folgende Gesprächsprotokoll:

      Sitzungsprotokolle der Kommission "Politik" der psychiatrischen Abteilung des Uni-Klinikums "Charité"
      Protokoll UB-40/Sitzung 1/Tagesordnungspunkt Römisch Eins:

      Private Sitzung von Herrn Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. mult. Rainer Menssana mit Herrn Auryn

      Thema: Geisteszustand des "Wallstreet-Online"-Users Auryn


      Details: Drei bislang unbewiesene Klagen über mentale Defekte des o.g. Users "Auryn",
      mehrfach geäußert durch den User "Deep Thought":
      a) Schizophrenie, in Thread: Der Anschlag auf das World-Trade-Center ... Versuch einer sachlichen Diskussion, dort mehrfach geäußert
      b) (mutmaßlich progressive) Psychose, in Thread: "Die GRÜNEN" : Skandal : Özdemir auf Hunzinger´s Schuldner-Liste, Posting # 800
      c) Humorlosigkeit, in Thread: Umgangsformen im Politikforum II, Posting # 209, was wohl den allerschlimmsten Vorwurf darstellt und aus dem Munde eines angeblich großen Humoristen der Majestätsbeleidigung gleichkommt.

      Anwesende: Prof. Dr. Menssana (auch der Protokollant) und Auryn
      Prof. Dr. Menssana beginnt das Therapiegespräch:
      - Lieber Herr Auryn,
      Sie sind zu mir gekommen, weil Sie Beschwerden haben?

      - Nein, es geht eigentlich nur um eine einzelne Beschwerde. Ich kann mich im Internet eigentlich ganz nett mit den meisten Menschen unterhalten, aber ein oder zwei Personen fallen doch immer wieder auf und bereiten mir gelegentlich eine kleine Migräne, wenn ich versuche, mich auf deren Niveau herunterzudenken.
      Dies wird noch zusätzlich durch Vorwürfe gesteigert, ich wäre geistig nicht mehr leistungsfähig, psychotisch, oder sogar schizophren.

      - Ah, gut, das ist eins meiner Lieblingsgebiete. Ich schlage Ihnen folgendes vor:
      Wir führen eine freie Assoziationstherapie nach Freudianischem Vorbild in Verbindung mit einer simulierten Persönlichkeitsspaltung durch.
      Sie wissen doch, dass nach Freud die Persönlichkeit des Menschen aus drei Teilpersönlichkeiten gebildet zu sein scheint, nicht wahr?

      - Ja, Es, Ich und Über-Ich.

      - Völlig richtig!
      Tun Sie nun einfach so, als ob sich diese drei Teilbereiche Ihrer Persönlichkeit mit Ihnen unabhängig und getrennt voneinander unterhalten: Nennen wir das nun Auryn 1 (das "Über-Ich" ), Auryn 2 (das "Ich" ) und Auryn 3 (das "Es" ). Wie wohl schon wissen, ist nach Freud das Es die unbewußte, primitive Basis der Persönlichkeit, beherrscht von primitiven Bedürfnissen. Das Ich hingegen ist der Führer durch die Realität. Es kann sich anpassen und verändern. Das Ich besitzt auch eine hemmende Funktion, sozusagen einen Abwehrmechanismus gegen die unbewußten Es-Impulse. Das Über-Ich hingegen repräsentiert die introjizierte elterliche Autorität. Es ist gewissermaßen der große Bruder, der Erbe des Ödipus-Komplexes, der ödipale Impulse verdrängt und unbewußt hilft, moralische Vorstellungen zu entwickeln, weil ganz anfänglich die Aggressionen gegen die Eltern nicht ohne Selbstzerstörung ausgelebt werden können und der Aggression darüber hinaus im Leben des einzelnen Menschen durch sein "Über-Ich" eine Absage erteilt werden kann.

      - Gute Idee! Ich fange mal damit an:
      Das Aurynsche Über-Ich bittet ums Wort:
      Über-Ich (im folgenden abgekürzt als "A1" ): Ich bitte mein "Ich" und mein "Es" um Wortmeldungen zu folgendem Sachverhalt:
      Wie Ihr vermutlich wißt, hatte ich die Beleidigungen von "Deep Thought" in Thread: wie man probleme amerikanisch "löst", Postings # 57 bis # 82 ff. und den anderenorts geäußerten Vorwurf der Schizophrenie bereits mit warnenden Worten an "Deep Thought" zurückgewiesen und schon früher auf mangelnde Logik in seinem Verhalten hingewiesen: Es ist schlicht und einfach unlogisch und zeugt von hoher sozialer und geistiger Inkompetenz, sich wie der User "Deep Thought" niemals für eigene zahlreiche Pöbeleien und Beleidigungen zu entschuldigen, jemanden als "Nichts von einem Würstchen" und "schizophren" zu bezeichnen, zum Ignorieren des "Würstchens" aufzurufen, dann aber in dessen Abwesenheit immer wieder gerne in dessen Thread: Internationale Politik, Moral und monokausale Historien-Malerei (Beispiel: Postings 430 bis 441) zu bringen, ohne zu bemerken, daß "das Würstchen" wochenlang abwesend und darüber hinaus absolut niemand bereit ist, auf diese Postings des Deep Thought zu reagieren, die in anderen Threads bereits mehrfach vorhanden sind.
      Ich hatte bereits darauf aufmerksam gemacht (s. Posting 3625 in Thread: Der Anschlag auf das World-Trade-Center ... Versuch einer sachlichen Diskussion), ich würde im Wiederholungsfall und bei Gelegenheit meine angebliche "Schizophrenie", Psychosen und "Neurosen" detailliert untersuchen, wozu hier erstmals Raum und Gelegenheit gegeben werden soll. Der Einfachheit halber schlage ich vor, das Pseudonym unseres geschätzten Kontrahenten mit D.T. abzukürzen.

      Das "Es" meldet sich. Ihm wird vom stirnrunzelnden "Über-Ich" das Wort erteilt mit dem Hinweis: "Halte Dich aber zurück, ja!? Ich weiß, was passiert, wenn Du ausrastest. Da war doch mal diese Sache mit dem Rundumschlag, nicht?"
      "Es" (im folgenden abgekürzt mit "A3" ):
      - Hä? Immer cool bleiben, Alter Ego!
      Sag` mal, "Über-Ich", das meinst Du doch nicht ernst, oder? Wer soll denn hier so lange Sätze wie in Deinen Anfangsstatement kapieren? Schon mal was von Deutschland in der PISA-Studie gehört? Die meisten Leser sind doch gar nicht mehr zu längerer Aufmerksamkeit fähig. Du mußt in den politischen Diskussionen hier im Internet Schlagworte bringen, die so wirken, als hätte der Leser mit einer anderen Meinung eins mit dem Vorschlaghammer in die Fresse bekommen!
      Nehmen wir doch das folgende ganz symptomatische Beispiel von D.T. aus Thread: Der Anschlag auf das World-Trade-Center ... Versuch einer sachlichen Diskussion:

      #1422 von wolaufensie 17.05.02 13:19:29 Beitrag Nr.: 6.431.837 6431837 Dieses Posting: versenden | melden | drucken | Antwort schreiben
      Wie kann man sich nur über einen Staat erheben,der den Rock n Roll erfunden hat und aus dem Elvis kommt. Das ist mir unbegreiflich Leute.

      #1423 von Deep Thought 17.05.02 14:31:40 Beitrag Nr.: 6.432.495 6432495 Dieses Posting: versenden | melden | drucken | Antwort schreiben
      ja... und wo jahrhundertelanges Töten und Unterdrücken und Versklavung zu so wunderschönen "Folklore-Musiken" wie dem Blues geführt haben..... du Depp....
      Der erste Satz war ein gutes Gegenargument von D.T., aber im Siegesrausch darüber, dass ihm einmal im Leben auf Anhieb ein gutes Gegenargument eingefallen ist, gibt er am Schluß noch eins mit der Beleidigungskeule obendrauf, um seinen Kontrahenten durch Erniedrigung fertigzumachen. Das ist toll! Das ist neandertalensische Gesprächskultur, das ist reine Vernichtungsfreude und D.T.?s Humor vom Allerfeinsten. Mein primitives Innerstes findet das einfach so geil wie die Interviews mit deutschen Geistesgrößen vom Typ Effenberg.
      "D.T." macht das in seinen Diskussionen doch immer genauso, wenn ihm eine Meinung über seine Meinung vom "US-Totalitarismus" nicht gefällt. Er sagt dann gerne schon mal in seinem freundlichsten Ton: "Du Depp!" (s.o.) ? oder auch gerne: "Du Nichts von einem Würstchen!" in Thread: wie man probleme amerikanisch "löst", Postings # 57 ff. bis # 82 usw.)
      Wenn man mal seine Fragen beantwortet und er das nicht erwartet hat, dann sagt er mal schon auf die Schnelle, dass er einem diese Fragen gar nicht ?persönlich? gestellt hat, sondern einem anderen. (Vgl. Thread: Der Anschlag auf das World-Trade-Center ... Versuch einer sachlichen Diskussion, Postings # 1553 bis # 1581, wo die meisten Thread-Teilnehmer dieses Verhalten ziemlich grotesk fanden). Will man danach immer noch D.T.s unfehlbare, weil ja göttliche Meinung durch Vergleiche hinterfragen, dann sagt er cool, daß man nicht "satisfaktionsfähig" ist. (Ebd., kurz danach). Sind doch super, solche Gags von ihm! Boah ey! Echte Brüller! Und dabei merkt man gar nicht mal, daß er diesen Ausdruck mal billig auf`m orientalischen Fremdwörter-Basar gekauft hat.
      "D.T." ist schon ein klasse Mann! Der weiß schon seit dem Fußballplatz, wie man jemanden richtig fertig macht, so mit Nachtreten und so, z.B. in andern Threads (Thread: Auryn`s "Blind-Date" with Improbability Posting # 8, wo er schon mal aufkreuzt, um weiter zu pöbeln und sonst ja nicht nachgeben oder auf Fragen antworten.

      A1: Danke, das reicht, "Es". Mehr brauchen wir nicht von Dir. Wie steht`s mit der Behauptung, Du wärst "schizophren"?

      A3: Also ich bin mit Sicherheit nicht schizophren! Erstens mal kann ich wahrscheinlich gar nicht alleine ohne Euch schizophren werden und ihr seid ja nicht schizophren. Zweitens habe ich letztes Jahr erst die Geranien bei meiner Omi gegossen und mit denen über diese Untersuchung gesprochen und ...äh..

      A1: Und was hat das mit Deiner möglichen Schizophrenie zu tun, "Es"?

      A3: Die Geranien sagten mir, ich hätte mich beim Gießen bisher immer nur mit ihnen unterhalten und nie mit mir! Also wenn das kein Beweis dafür ist, daß ich nicht schizophren sein kann...

      A1: Na, die Frage wäre ja hiermit geklärt! Wirklich sehr komisch, "es". Was soll man von Dir schon erwarten?
      Geht`s nicht etwas ernsthafter?

      A3: Aber ja doch. Mir ist gerade für den Neurosen-Brüller von "D.T." in Thread: "Die GRÜNEN" : Skandal : Özdemir auf Hunzinger´s Schuldner-Liste (Posting # 425) ein endgeiler Dichter namens Arnold Hau eingefallen, von dem angeblich der supercoole Spruch stammt: Die schärfsten Kritiker der Elche waren früher selber welche.

      Das "Ich" fällt dem "Es" ins Wort:
      "Ich" (im folgenden abgekürzt mit "A2" ): Ach, du bist unmöglich, "es"! Hieß dein Dichter nur "Hau" oder hatte er auch einen? Immerhin glaube ich zu verstehen, was Du meinst: Eine Neurose äußert sich u.a. in zwanghaft rituellem Verhalten und absonderlichen Symptomen des Charakters.
      Mir ist in Bezug auf "D.T. aufgefallen, daß er beim Kopieren seiner 4.000 (in Worten: viertausend!) antiamerikanischer Zitate-Postings öfters unkontrollierte Schreibanfälle mit einer Menge an orthographischen Fehlern haben kann, wenn er auf eine konträre Meinung stößt. Wenn es ihm einmal nicht gelungen ist, den Kontrahenten zu vertreiben, dann taucht er unvermittelt in dessen Threads auf und versucht ihn zu beleidigen. Wenn es ihm auch damit nicht gelingt, den Kontrahenten aus der Fassung zu bringen, dann bringt er eben dasselbe Posting in 5 bis 15 verschiedenen Threads. Zum Vergleich schlage ich vor, die Daten der Postings in Thread: Internationale Politik, Moral und monokausale Historien-Malerei mit seinen persönlichen Threads zu vergleichen. Ich verstehe nur eins nicht: Was bringt denn so etwas eigentlich für "D.T.", wenn ihm sowieso keiner da antworten will?

      A3: Ja, ist doch claro, Mann! Man merkt echt, daß ihr zwei nicht "brontal" genug für`s Internet seid! "D.T." sollte da doch viel eher Euer großes Vorbild sein. So kann man nämlich heutzutage Karriere machen. Sozusagen der Effenberg der Internet-Diskussionen werden: Er hat?s schon allen gezeigt und ist extrem erfolgreich dabei, Kontrahenten niederzumachen und loszuwerden. Und das geht so: ...
      Ähm, ja? "Über-Ich", Du willst was sagen

      A1: - Ich unterbreche ja nur ungern, aber ich möchte Dich warnen. Du regst Dich wie Deine deutsch-ungarisch-rumänischen Vorfahren so leicht auf, daß Du unkontrollierbar werden kannst. Klar, "Es"!?

      A3: - Aber klar doch, "Über-Ich". Aber heute muß ich es Euch beiden Samtpfötchen endlich gestehen: Irgendwie liebe ich nämlich diesen "D.T." wirklich. Ja, wirklich, ich liebe ihn!

      A2: - Hää? Das glaube ich jetzt einfach nicht, daß mein "Es" das gesagt hat.

      A1: - Ich wußte auch nicht, daß es schon so schlimm um uns steht, aber es war ja schon immer ein Problem, dein "Es" zu kontrollieren.

      A2: - Ich muß doch sehr bitten, "Über-Ich". Mein "Es" ist genauso Dein "Es"! Und überhaupt bist Du für die Kontrolle eher zuständig als ich.

      A1: - Grummelbrummel. Na gut. Könntest Du uns das mit deiner "Liebe" zu "D.T." mal erklären, "es"?

      A3: - Klar. Überlegt doch mal: Das "Es" sucht nach unmittelbarer Triebbefriedigung wie u.a. auch nach der Befriedigung des Aggressionstriebes und es sucht nach einfachen Erklärungen: Es gibt für ein Kleinkind kein Zwischending zwischen "Gut" und "Böse". Ein Tisch, an dem es sich gestoßen hat, ist einfach nur "böse"!
      Das Weltbild von D.T. ist wie beim "es" nicht "grau", sondern "schwarz" und "weiß". Es gibt auch kein Mittelding zwischen "Gut" und "Böse" bei ihm. Es gibt nur "das häßliche, schleimige, schwarze Böse" und das sind für "D.T." die USA, ihre Vasallen und alle, die jene auch nur einmal verteidigen wollen. Jede Nachricht aus diesem US-Reich des Bösen muß eine Lüge sein; es kann für "D.T." gar nicht anders sein und man muß einfach mit Freiheitskämpfern wie Fidel Castro, Kim Jong-Il oder Saddam Hussein gegen dieses US-Imperium des Bösen seine Solidarität beweisen.
      "D.T." verteidigt diese seine Weltanschauung mit jeder möglichen Aggression, jeder gerade noch erlaubten Beleidigung und mit jeder denkbaren Pöbelei in diesem Rahmen.
      In meinem tiefsten Inneren bewundere ich dieses herrlich brutale Macho-Benehmen und besonders dieses wunderbar sadistische Nachtreten von D.T., das in anderen Threads bei manchen seiner besser erzogenen Diskussionsgegner zur Aufgabe und zum Rückzug geführt hat. In "D.T." leuchtet noch das dogmatische Feuer der religiösen Inbrunst, das die Inquisitoren voller Überzeugung dazu brachte, Tausende von Ketzern auf die Scheiterhaufen zu schicken. Er ist der gnadenlose, rächende Apostel der US-Apokalypse, der Ignatius von Loyola des ungebremsten Anti-Amerikanismus.
      D.T. ist das heilsbringende DDT , das vernichten wird die imperialistischen US-Schmeißfliegen und ihre fehlgeleiteten Befürworter in den in die Irre laufenden Threads unter Wallstreet-Online!
      Er ist der bereits von Nietzsche verkündigte Germane, der Nachdenken über deutsche Geschichte und die Rolle der USA darin nicht nötig hat, denn in ihm schlägt die Unschuld des nach Thread-Beute und Sieg lüstern schweifenden germanischen Raubtiergewissens, über das Nietzsche so begeistert schrieb.
      Er ist gekommen, zu trennen die teuflischen US-Amerikaner von allen anderen Menschen in der Welt, die guten Willens sind und es wird Heulen und Zähneklappern sein bei allen, die sich ihm auf seiner Mission in den Weg stellen, denn er wird sie und ihresgleichen verfolgen in ihren Threads bis in alle Ewigkeit. Amen.

      A1 flüsternd zu A2: Meinst Du nicht auch, dass es unserem Es irgendwie nicht gut bekommen ist, dass wir im Religionsunterricht immer die Note 1 hatten?
      A2 zu A1: Doch, ich glaube auch, aber ich find?s noch lustig...

      A3: Was flüstert Ihr da? Macht Ihr Euch etwa wieder mal lustig über mich? Ihr werdet schon noch sehen, was passiert, wenn man nicht meiner Meinung ist! Man kann in unserer Welt nicht nur bei Dr. Jekyll und Mr. Hyde viel lernen, man kann auch bei Pöblern viel über Politik lernen. Du als Politologe solltest davon eigentlich auch begeistert sein, mein liebes "Ich".

      A2:- Ähm. Ich bevorzuge die Diplomatie und ziehe - anders als "D.T." - den Dialog seiner Pöbelei vor. Wozu habe ich denn mein "Über-Ich" gehabt?

      A1: Du wolltest uns doch eigentlich noch etwas über die Ziele von "D.T." sagen, nicht, "Es"?

      A3: Ach ja: Erstens will "D.T." mal die Grundgedanken seiner Religion unters Volk bringen: Die "Amis", wie er alle 281 Millionen von "denen" gerne kategorisierend nennt, sind für "D.T." offenkundig schon immer allesamt geistig zurückgebliebene Schwachköpfe, weiße Rassisten, ölgeile Imperialisten, Indianer-Schlächter und Neger-Ausbeuter gewesen. Condoleeza Rice, Colin Powell einerseits oder O.J. Simpson andererseits, wegen denen ich mal nachgefragt hatte, sind für ihn in seinem Thread korrumpierte "Vorzeige-Schwarze"!
      Ist doch klar, daß "D.T." den totalen Durchblick hat und sich seine Weltsicht in seinem Alter nicht mehr verändern kann.
      Grantige, einsame Senilitätsopfer wie Ronald Reagan und Erich Honecker waren ja auch so traurige Beispiele für Altersstarrsinn: Sich nur niemals für eigene Fehler entschuldigen! - Und überhaupt machen so coole Leute mit dem totalen Durchblick wie "D.T." keine Fehler. Die wissen schließlich mit absoluter Gewißheit, daß der wahre Feind der Freiheit schon immer die reichen "totalitären" USA waren und nicht etwa solche unterdrückten Selfmademen wie Stalin oder Saddam Hussein, die sich aus eigener Kraft nach oben durchgeschossen haben.
      Wenn dann noch jemand wie wir eine Familie aus einer echten, totalitären, früheren Diktatur wie Rumänien hat und eine Meinung gegen "D.T." hat, dann muß so jemand natürlich immer wieder von "D.T." fertiggemacht und beleidigt werden, damit er endlich kapiert, wie das mit der Meinungsbildung in einer westlichen Demokratie von "D.T.s" Gnaden auszusehen hat! Aber wir kennen das staunenerregende "D.T."-Diskussions-Schema schon aus dem Ceausescu-Rumänien vor 1989!
      Diese absolute Überzeugung von "D.T.", im Besitz der allein seligmachenden Offenbarung über "das Böse" zu sein wie der Papst oder der Führer der Kommunistischen Partei, das wünschen wir uns doch alle im tiefsten Inneren unseres Herzens.
      Das ist dieselbe Gewißheit, die ein Kleinkind über Gut und Böse hat, wenn die Mutter sagt: "Ooh, hast Du dich am "bösen Tisch" gestoßen?" Und wir wußten, daß wir recht hatten mit dem bösen Tisch. "D.T." besitzt immer noch dieselbe beneidenswerte absolute Gewißheit eines Kindes über das Böse in der Welt. Seien wir doch ehrlich: Wünschen wir uns nicht alle diese herrliche Sicherheit der Kindheit darüber, was das absolut "Böse" ist?
      Aus all diesen Gründen der Vertrautheit mit dem Gedankengut von "D.T." wird in der Kathedrale meines "Es"-Herzens immer eine Kerze für meinen geliebten "D.T." brennen.

      A2 - Also im umgekehrten Fall wird er für Dich bestimmt eher ein Autodafé draußen vor dem Kirchenportal für Dich abhalten und dann hast Du echte Probleme, "Es". Naja, Liebe kann halt manchmal gnadenlos sein.

      A1: Ich muß doch um etwas mehr Sachlichkeit bitten. Ihr seid beide manchmal wirklich kindisch!

      A3: Ja, ja. Also weiter: Auf die relativierenden Fragen zum Totalitarismus von uns einzugehen, lohnt sich für "D.T." nicht, denn "D.T." ist zweifellos nach seiner eigenen Meinung unfehlbar, göttlich und genial. In all den Jahren seines göttlichen Geschreibsels unter "Wallstreet-Online" ist mir nicht ein einziges seiner Postings bekannt geworden, in dem er auch nur ein einziges Mal seine Meinung über die Politik der USA relativiert oder auch nur in Ansätzen geändert hätte. Die USA waren, sind und bleiben für ihn der Hort alles Bösen. Sie haben niemals irgendetwas Gutes getan.
      Fragen zur Theorie des Totalitarismus bzw. des totalitären Kommunismus werden von ihm grundsätzlich nicht zur Kenntnis genommen. Diese Standhaftigkeit und absolute Unveränderlichkeit der Position ist einfach bewundernswert. Er ist ein wehrhafter antiamerikanischer Fels in der giftigen, gischtschäumenden und ölverschmierten Brandung des Proamerikanismus. Nichts könnte ihn jemals von einer einmal gefaßten Meinung über die Gefahren abbringen, die die Welt durch die bloße Existenz der USA bedrohen. Die Gefahr des Nachdenkens besteht für ihn bei solchen Dingen überhaupt nicht:
      Nachdenken über die Ursachen von Millionen Toten in den Zwangsarbeitslagern Osteuropas, von über 2 bis 3 Millionen Toten in Südostasien (Kambodscha, Krieg China gegen Vietnam 1979, "Boat People"-Flüchtlinge in Südostasien etc.) NACH dem Abzug der USA aus Vietnam, kommt für ihn gar nicht erst in Frage, denn solche sinnlosen Fragen sind für ihn ohne Bedeutung. Sein Anti-Amerikanismus ist gefestigt und durch nichts zu erschüttern, auch nicht durch vergleichenden Fragen über die Niederschlagung von Aufständen in allen Ländern Osteuropas, die in Westeuropa unter der teuflischen Unterdrückung durch die USA unverständlicherweise kein Äquivalent fand. Solche Lappalien mit Millionen von toten Osteuropäern und noch viel mehr Asiaten berühren "D.T." einfach nicht. "D.T.s" Anti-Amerikanismus ruht inzwischen in sich selbst und dauert ewiglich. Amen.
      Die Weltanschauung von D.T. hat in diesem Sinne etwas religöses und göttliches, das Kleingläubige wie uns unselig erschauern läßt.
      Man hat das Gefühl, der Trennung des Jüngsten Tages in Gut und Böse beizuwohnen, wobei die USA für "D.T." natürlich "das Böse" schlechthin und für die ewige Verdammnis bestimmt sind.
      Ähnlich vernunftfreie und absolute Überzeugung ihrer Selbstgerechtigkeit müssen auch die Führer des NKWD und des KGB besessen haben, als sie "das Böse" in Form von "Volksverrätern" millionenfach nach Sibirien schickten. Vielleicht haben ja sogar Osama bin Laden und George W. Bush mehr mit "D.T." gemeinsam, als er es selbst jemals zugeben könnte.
      Also ich finde "D.T." in seiner Art unter "Wallstreet-Online" einfach einzigartig und ein großes schauerliches Vorbild für uns alle. Bei abweichender Meinung wird man aus entsprechenden Threads "ausgebürgert" wie in Thread: wie man probleme amerikanisch "löst" oder beleidigt. Es lohnt sich wirklich, sich niederzuknien und echte Vorbilder wie "D.T." anzubeten, wenn man auch in Westeuropa mal endlich einen realen Abstecher in die Hölle des Archipel GULag machen will. Da gab es auch so tolle, stahlharte Typen wie den stählernen Stalin, die nicht diskutieren wollten und einen totgeprügelt, ausgebürgert oder sonstwie zum Schweigen gebracht haben, wenn man nicht mit ihnen einer Meinung war.
      Nicht umsonst führt "D.T." seine Threads nach dem Herrschaftsmuster des Gottkönigtums. Nur völlige Unterwerfung unter die Meinung des allergöttlichsten "D.T." sichert das unbehelligte Überleben in den eigenen Threads. Deshalb ist muß jeder Gegner des "D.T." bekämpft werden, denn sonst kann er ja keine "schöne, neue Welt" ohne USA bauen und...

      A2: Ja, danke, "es", das reicht mal wieder, "Es". Deine ekstatische Begeisterung für "D.T." ist bereits deutlich geworden. Aber so schlecht scheint der Hinweis auf die "neue Welt" gar nicht zu sein, denn der "weltenschaffende" Computer aus dem SF-Roman "Per Anhalter durch die Galaxis" hieß ja auch "D.T.". Allerdings hat er 7 Millionen Jahre rechnen müssen, um die Lösung "42" zu erhalten. Immerhin scheint der Name "D.T." auch unter "Wallstreet-Online" im wahrsten Sinne des Wortes "Programm" geworden zu sein, denn in all der Zeit seiner Schöpfungstätigkeit hat er beim Versuch der Schöpfung einer neuen - wenn auch virtuellen - Welt ohne die USA bisher keinen erkennbaren Erfolg gehabt. Ist doch eigentlich ein trauriges Leben, so als Internet-Junkie und neurotischer Antiamerikanismus-Fanatiker mit 4.000 antiamerikanischen Postings unter Wallstreet-Online zu enden...
      Damit wären wir doch eigentlich beim Vorwurf der Humorlosigkeit, denn offensichtlich ist "D.T." jede politische Satire unbekannt, da er sie im Gegensatz zu uns weder jemals genutzt noch kommentiert hat.

      A1: Das könnte ich Euch beiden dank meines überlegenen Wissens leicht erklären: Politische Satiren erfordern die mentale Fähigkeit, mindestens zwei verschiedene Standpunkte gleichzeitig zu überdenken und mindestens eins davon im eigenen Sinne in die Absurdität zu übersteigern.
      In Thread: Texte zu Geschichte, Aktualität und Folgen des Antisemitismus findet sich in Posting # 324 eigentlich ein fabelhaftes Beispiel dafür, daß man zwar durchaus gebildet und intelligent sein kann, aber wegen der radikalen Verengung der eigenen Weltanschauung nicht in der Lage ist, eine Satire als solche zu erkennen. "D.T." hat genau dasselbe Problem und deshalb versteht er sich auch so gut mit jenen, die ebenfalls Opfer derselben mentalen Beschränkung geworden sind. Leider ist die Wissenschaft der Ansicht, daß ab einem bestimmten Alter an diese Form der politisch-geistigen Fixierung irreversibel ist. Bei "D.T." deutet sein Verhalten in fremden Threads auf genau diese Form der freudianischen Regression; ein atavistisches Zurückfallen auf Ausdrucks- und Verhaltensweisen, die einer frühen Fehlsteuerung während der ödipalen Phase zu entspringen scheinen und sich in neurotischen Posting-Zwängen in vieltausendfacher Zahl zu manifestieren scheinen! Wir dürfen gespannt sein, ob "D.T." damit Eingang in die deutsche Ausgabe des "Buch der Rekorde" findet. Ich bin bereit, zum Zwecke der psychologischen Forschung jeden Antrag "D.T.s" auf Aufnahme in dieses Buch zu unterstützen.

      A3: Boah ey! Das war vielleicht ein cooler Absatz, "Über-Ich". Aber damit wirst du trotzdem nie an die "Heute-poste-ich 100-antiamerikanische-Postings-"Neurose von "D.T." herankommen. Er ist einfach der Allergrößte hier im Board. Niemand wird ihn bei seiner Neurose jemals übertreffen können, oder?

      A2: Ich schlage vor, wir überlassen das Urteil hierüber besser Herrn Prof. Dr. Menssana und ziehen uns für heute zurück. Ich glaube, wir haben erst mal ausreichend auf die Klagen über unsere Schizophrenie, Neurosen und Humorlosigkeit geantwortet.
      Wir wünschen schon mal FROHE Pfingsten
      und "D.T." wünschen wir einen schönen großen Haufen mit den vielen US-Flaggen in seinem Garten und der "Uncle-Sam"-Strohpuppe, die er am kommenden Grill-Wochenende zur allgemeinen Volksbelustigung sicherlich wieder in Brand setzen wird.

      A1 zu Herrn Prof. Dr. Menssana:
      Und wie war unser Selbstgespräch, Herr Professor?

      Prof. Dr. Menssana: Ähm, ich glaube, wir sollten dieses Gespräch bei Gelegenheit fortsetzen, aber jetzt muß ich erst mal ? ähm- zu meinem Psychiater...
      Schicken Sie mir doch vielleicht auch mal Herrn Deep Thought zu einem Gespräch vorbei, wenn ich wieder zurück bin...
      Avatar
      schrieb am 04.06.03 10:10:41
      Beitrag Nr. 447 ()
      Der endgueltige Offenbarungseid der Kriegstreiber:


      SPIEGEL ONLINE - 03. Juni 2003, 12:21
      URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,251365,00.html
      Streit um Kriegsgrund

      US-Kongress will Klärung

      In den Streit über die Existenz irakischer Massenvernichtungswaffen schaltet sich jetzt auch der amerikanische Kongress ein. Zwei Ausschüsse des Senats wollen klären, ob die US-Regierung die Gefahr, die von den Waffen Saddams Husseins ausging, übertrieben hat. Und auch Tony Blair erwartet in Großbritannien Ärger.



      Kriegsherren im Zwielicht: Bush (r.) und Blair


      Washington - Noch in diesem Monat würden gemeinsame Anhörungen beginnen, teilte der republikanische Senator John Warner mit. Besonders die Glaubwürdigkeit von Präsident George W. Bush, Außenminister Colin Powell, Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und CIA-Direktor George Tenet werde in Zweifel gezogen. Es sei wahrscheinlich, dass alle drei auch vor dem Ausschuss aussagen müssten, berichtet BBC.

      Der Geheimdienst CIA solle umgehend seine Dokumente zur Verfügung stellen, kündigte Warner an. Der demokratische US-Senator Bob Graham sagte im Fernsehsender CNN, sollten keine Massenvernichtungswaffen im Irak gefunden werden, stelle dies ein "schweres Scheitern" der Geheimdienste dar.

      Powell hatte sich bei seinem entscheidenden Auftritt vor dem Weltsicherheitsrat im Februar auf CIA-Material bezogen, dass die Gefahr irakischer Massenvernichtungswaffen verdeutlichen sollte. Doch frühere US-Geheimdienstexperten beschuldigen die US-Regierung, noch nie seien Geheimdienstinformationen auf solch systematische Art verdreht worden, um die Zustimmung des Kongresses für einen Krieg zu gewinnen. Rumsfeld habe das Geheimdienstmaterial über den Irak "in fast krankhafter Weise stark verzerrt", zitiert das US-Magazin "Time" einen Nachrichtenoffizier.

      CIA-Chef Tenet hat die Vorwürfe bestritten und die "Integrität" der Informationssammlung zu den irakischen Massenvernichtungswaffen verteidigt. Auch Powell verteidigte den Geheimdienst. Das für seinen Uno-Auftritt genutzte Material entstamme soliden Informationen, sagte der US-Außenminister auf seinem Flug ins ägyptische Scharm al-Scheich.

      Labour macht Druck

      Ärger erwartet auch Großbritanniens Premier Tony Blair. Auch er muss wegen der anhaltenden Zweifel am Kriegsgrund mit einer parlamentarischen Untersuchung rechnen. Der Labour-Abgeordnete Tony Wright sagte BBC, er halte eine offizielle Untersuchung für "nahezu unvermeidlich". Auch Blair wird vorgeworfen, er habe die Bedrohung durch irakische Massenvernichtungswaffen dramatisch übertrieben.

      "Ich glaube, die jüngste Entwicklung legt nahe, dass die Regierung nicht korrekt vorgegangen ist, was die Informationen betrifft", sagte Wright. In Großbritannien konzentriert sich die Kritik auf ein im September veröffentlichtes Regierungsdossier, in dem es hieß, Irak könne chemische und biologische Waffen binnen 45 Minuten einsetzen. Über 50 Labour-Abgeordnete haben einen Antrag unterzeichnet, der die Veröffentlichung von Belegen für das Dossier fordert. Dasselbe verlangt die konservative Opposition. Für eine förmliche Untersuchung der Vorwürfe gegen Blair gibt es allerdings noch keine sichere Mehrheit im Parlament. Nur die kleine Liberaldemokratische Partei hat sich klar dafür ausgesprochen.

      Blix: Wir hatten keine Beweise

      Ein irakischer Wissenschaftler sprang Washington und London unterdessen bei. Jederzeit hätten in für zivile wie militärische Zwecke gleichermaßen nutzbaren Industrieanlagen im Irak chemische und biologische Waffen produziert werden können. Die Aussagen des Irakers vom 7. Mai wurden der "Washington Post" von der US-Regierung zur Verfügung gestellt. Zwei im Nordirak gefundenen Lastwagen, die nach Angaben Washingtons als mobile Labors zur Herstellung von biologischen Kampfstoffen ausgestattet waren, seien Beweis für diese Strategie.

      Uno-Chefwaffeninspektor Hans Blix stellte unterdessen erneut klar, dass sein Team keine Beweise habe, dass Saddam Hussein im Besitz von Massenvernichtungswaffen war. Es habe aber zahlreiche Hinweise auf chemische und biologische Waffen gegeben, schrieb Blix in seinem am Montag vorgestellten Abschlussbericht für den Weltsicherheitsrat.

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      SPIEGEL ONLINE - 03. Juni 2003, 23:43
      URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,251429,00.html
      Kritik am Premier

      Unterhaus untersucht nachträglich Blairs Kriegslust

      Der Krieg ist längst gewonnen, doch die Heimatfront macht immer größere Probleme: Der Druck auf den britischen Premier Tony Blair nimmt zu. Jetzt untersucht ein Parlamentsausschuss die Umstände der britischen Kriegsteilnahme.




      Blair: Jubel am 29. Mai in Basra, Ärger zu Hause


      London - Der Außenpolitische Ausschuss des britischen Unterhauses wird die Umstände untersuchen, die zur Entscheidung der Blair-Regierung für den Irak-Krieg geführt haben. Das teilte der Ausschuss in London mit.

      Die Berichte des Ausschusses werden vermutlich wie üblich veröffentlicht. Blairs Büro hat Vorbehalte gegen eine öffentliche Untersuchung angemeldet. Die Regierung bevorzugt eine Untersuchung hinter verschlossenen Türen durch den Geheimdienst- und Sicherheitsausschuss. Kein Wunder, denn der erstattet dem Premierminister und nicht dem Parlament Bericht.

      Abgeordnete auch seiner eigenen Partei sprachen sich jedoch für eine offene Untersuchung aus. Vor dem Krieg hatte Blair große Schwierigkeiten gehabt, seinen Kriegskurs selbst in der eigenen Partei durchzusetzen - nach dem Krieg ist er wegen seiner Unterstützung für den Kurs von US-Präsident George W. Bush weiterhin in der Kritik. Der Vorwurf gegen Blair lautet, der Regierungschef habe die Bedrohung durch den Irak im Vorfeld des Krieges dramatisch übertrieben.

      Der Labour-Abgeordnete Tony Wright sagte dem Rundfunksender BBC: "Ich glaube, die jüngste Entwicklung legt nahe, dass die Regierung nicht korrekt vorgegangen ist, was die Informationen betrifft." Die Kritik an Blair bezieht sich vor allem auf ein im September veröffentlichtes Regierungsdossier, in dem es hieß, der Irak könne chemische und biologische Waffen binnen 45 Minuten einsetzen.

      Die Debatte um die Rechtfertigung des Kriegs war am Wochenende neu entfacht, nachdem der stellvertretende amerikanische Verteidigungsministers Paul Wolfowitz erklärt hatte, die Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen sei nur nach außen als zentraler Grund für den Krieg dargestellt worden. Die ehemalige britische Entwicklungshilfeministerin Clare Short warf Blair daraufhin vor, das Kabinett in der Frage des Kriegsgrunds systematisch hinters Licht geführt zu haben.

      Blairs ehemaliger Außenminister Robin Cook kritisierte, das britische Volk habe ein "Anrecht auf die Wahrheit", die Regierung dürfe ihre Fehler nicht "vertuschen". Der Labour-Politiker Lord Healey, ein ehemaliger Finanzminister, äußerte sich überzeugt, dass die USA und Großbritannien Beweismaterial der Geheimdienste "verzerrt" hätten, um die Öffentlichkeit von der Notwendigkeit eines Krieges zu überzeugen.

      Blair selbst hatte am Montag auf einer Pressekonferenz beim G-8-Gipfel in Evian gesagt, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe seien durchweg falsch. Am Dienstag lehnte er auch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss ab. Er kündigte jedoch an, an diesem Mittwoch im Unterhaus zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen.

      Doch die Zweifel an der Existenz irakischer Massenvernichtungswaffen erhielten am Montagabend durch den Abschlussbericht der Uno-Waffeninspektoren neue Nahrung. Nach Angaben von Chefinspektor Hans Blix gab es keine Beweise, dass Saddam Hussein im Besitz von Massenvernichtungswaffen war. Blix warf den USA und Großbritannien indirekt vor, dass sie die Arbeit der Inspektoren behindert hätten.
      Den Inspektoren habe die Zeit gefehlt, späte Hinweise der irakischen Regierung zu überprüfen. Die sieben wichtigsten Industriestaaten und Russland erklärten im Abschlusskommuniqué des Gipfels von Evian, sie teilten "die Überzeugung, dass die Zeit nunmehr gekommen ist, Frieden zu schaffen und Irak wieder aufzubauen". Es sei das gemeinsame Ziel, "Irak wieder zu einem uneingeschränkt souveränen, stabilen und demokratischen Staat zu machen". :laugh:

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      Zum Thema:

      In SPIEGEL ONLINE: · CIA-Bericht: Al-Qaida setzt auf nukleare Mini-Bombe (03.06.2003)
      http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,251454,00.html

      · Irak-Reporter Stephan Kloss: Glückskeks-
      Weisheiten aus dem Krisengebiet (03.06.2003)
      http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,251345,00.h…

      · Kriegsgrund-Debatte: Das Schweigen der Europäer (03.06.2003)
      http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,251291,00.html

      · Streit um Kriegsgrund: US-Kongress will Klärung (03.06.2003)
      http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,251365,00.html





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      Avatar
      schrieb am 04.06.03 15:00:29
      Beitrag Nr. 448 ()
      Was denn; keine Pöbelei mehr? Keine übliche Beschimpfung von Dir? Wo bleiben denn die gewohnten Erniedrigungen Deiner Gesprächspartner?
      Keine Stellungnahme zu der am Ende von Posting # 445 geplanten Schizophrenie-Sitzung von Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. mult. mit Herrn Deep Thought?
      Oder gab es für Dich schon genug Gelegenheit am Wochenende in Evian und Umgebung Deine Aggressionen über Deine Kriegstreiber abzubauen?
      Avatar
      schrieb am 06.06.03 15:50:23
      Beitrag Nr. 449 ()
      Der Artikel koennte genauso gut unsere unsere Kriegtreiber
      xylophon; flitztass, SFR, und wie sie nicht alle heissen, geschrieben sein:

      Auch hier entweder fliegender Wechsel der Argumente oder tapferes Totschweigen oder daemliches Beharren auf Luegen.... allesamt typische Methoden fuer unsere Kriegs-Maulhelden der Wallstreet-Online- Etappe...... :D :laugh:

      Man merke sich die definition von "Lernen" :

      "Verhaltensaenderung durch Einsicht"


      Ist von denen wohl zuviel verlangt.... :laugh:




      SPIEGEL ONLINE - 06. Juni 2003, 13:55
      URL: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,251695,00.h…


      Vorgeschobene Kriegsgründe

      US-Sympathisanten der Union in der Klemme


      Von Markus Becker

      Die Debatte um die wahren Gründe des Irak-Kriegs bringt die US-Sympathisanten in arge Erklärungsnöte. CDU-Chefin Angela Merkel schweigt, ihr Parteifreund Friedbert Pflüger fabuliert, Edmund Stoiber kopiert die Argumente der Alliierten. Und die Bundesregierung hält still - der transatlantischen Beziehung zu Liebe.



      Angela Merkel: "Die Bedrohung durch Saddam Hussein und seine Massenvernichtungswaffen ist real"


      Berlin - "Wir können diesen Raum gerne um fünf Grad runterkühlen", sagt der Mann am Pult und grinst. Unter den Gästen in der baden-württembergischen Landesvertretung kann niemand so recht über den Scherz lachen, am wenigsten Jeffrey Gedmin. Der hagere Amerikaner muss an diesem Abend mit Grünen-Chefin Angelika Beer und FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt über das deutsch-amerikanische Verhältnis diskutieren. Ihm steht ein heißer Abend bevor. :D

      Gedmin, Direktor der Berliner Außenstelle des konservativen amerikanischen Aspen-Instituts und glühender Kriegsbefürworter, schaltete sogleich von Verteidigung auf Angriff. Ja, er teile die Meinung des amerikanischen Ex-Botschafter John Kornblum, das deutsch-amerikanische Verhältnis werde "nie mehr so sein, wie es war". Und ja, die USA verfolgten wirtschaftliche Interessen im Irak. :D

      Aber was bitte sei daran so schlimm? "Deutschland hat mit der Beteiligung am Kosovo-Krieg auch das Völkerrecht gebrochen", sagt Gedmin. Ums Öl gehe es im Irak allenfalls den Franzosen und den Russen. "Wir hätten die irakischen Ölquellen schon 1991 besetzen können." Wie bitte? :eek: Die Uno hatte der Kriegsallianz seinerzeit nur ein Mandat für die Befreiung Kuweits verliehen, keines für die Besetzung irakischer Ölquellen.


      Jeffrey Gedmin: Ärger über die undankbaren Deutschen


      Er solle doch einfach etwas zum wahren Kriegsgrund sagen, bat Grünen-Chefin Angelika Beer listig. Gedmin schlug prompt zurück: Eine Frechheit sei es von den Deutschen gewesen, im Uno-Sicherheitsrat aktiv die Politik der USA zu hintertreiben. "Wie hätten die Deutschen reagiert, wenn die USA die Thatchers und Mitterrands unterstützt hätten, als es um die deutsche Wiedervereinigung ging?"

      Merkels Schweigegelübde

      Solche argumentative Scharmützel sind symptomatisch für die verbalen Rückzugsgefechte, denen sich die Kriegsbefürworter dieser Tage ausgesetzt sehen. :D :D :D :D :D



      Die Union etwa steckt seit dem Geständnis von US-Pentagon-Vize Paul Wolfowitz und der Aussage des britischen Außenministers Jack Straw, Massenvernichtungswaffen seien nie der zentrale Punkt in der Pro-Kriegs-Argumentation gewesen, in argen Erklärungsnöten. Genüsslich schmückt die "taz" ihre Titelseite mit Sätzen der CDU-Spitze aus den Vorkriegswochen. "Die Bedrohung durch Saddam Hussein und seine Massenvernichtungswaffen ist real", behauptete CDU-Chefin Angela Merkel am 8. Februar. :laugh: Friedbert Pflüger, außenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, hatte vier Tage vorher gesagt: "Ich bin bestürzt, weil ich weiß, dass die Bundesregierung über Informationen verfügt, dass es Massenvernichtungswaffen im Irak gibt."

      Vorbei die Zeiten, in denen Merkel mit schlagzeilenträchtigen USA-Reisen und Leitartikeln in US-Zeitungen der Position Washingtons huldigte. Was die Kriegsfrage betrifft, scheint sich Merkel ein Schweigegelübde auferlegt zu haben. Nichts, rein gar nichts war von ihr in letzter Zeit zu der brisanten Frage zu hören.

      Die Parteichefin tut gut daran. Was geschieht, wenn Unionspolitiker lieber reden als schweigen, ist am Beispiel von Friedbert Pflüger zu besichtigen. Als sich der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion am Dienstag in der Arbeitsgruppe Äußeres über "die Kritik der internationalen Presse" an Wolfowitz beschwerte und forderte, die Union müsse sich hinter den Vize-Verteidigungsminister stellen, erntete er den Spott seiner Kollegen.


      Friedbert Pflüger: Spott von den Kollegen


      Die internationale Meinung sei eben so, sagte CDU-Außenexperte Volker Rühe lapidar. Statt Wolfowitz zu verteidigen, so Rühe, solle Pflüger die Bundesregierung lieber fragen, wie sie zu den Äußerungen des US-Politikers stehe. Der CDU-Abgeordnete Ruprecht Polenz forderte Pflüger auf, auch den demokratischen Senatoren in den USA seine Aufwartung zu machen. "Pflüger stand da wie ein Waisenkind", sagte einer der Teilnehmer.

      Die Blamage hatte ihre Wirkung nicht verfehlt. Tags darauf stand der CDU-Mann im TV-Studio neben Sandra Maischberger und versuchte, sich von Wolfowitz zu distanzieren. Nur tappte er dabei erneut in den Fettnapf. "Ich hätte ihm nicht geraten, diese Worte in die Welt zu setzen", sagte Pflüger. An der Kriegslüge selbst aber hatte er offenbar nichts auszusetzen. :laugh:

      CSU-Chef Edmund Stoiber nahm sich am Mittwoch im ZDF den britischen Außenminister Straw zum Vorbild. "Es waren ja nicht nur die Gründe, dass hier Massenvernichtungswaffen produziert werden", sagte Stoiber auf die Frage nach den Kriegsgründen. "Es wurde natürlich auch gesagt, es müsse ein Regimewechsel her. Die Amerikaner haben mehrere Gründe angegeben." :eek:

      Während sich die Union vor allem auf Grund der Erkenntnis windet, zu den von den Alliierten Betrogenen zu gehören, ist die Bundesregierung darauf bedacht, Washington mit Triumphgeschrei nicht noch zusätzlich zu vergrätzen. Der Vorwurf von Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul, die USA hätten "die Welt getäuscht" und lediglich ihre Öl-Interessen verfolgt, war die erste und letzte Kritik aus Bundeskabinett und SPD-Spitze. Wer überhaupt etwas zu dem Thema sagt, der sagt, dass er nichts sagt. "Wir haben zur Kenntnis genommen, was sich da auf amerikanischem und englischem Boden abspielt", bekannte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Wilhelm Schmidt. "Aber für uns ist das kein Thema."
      Avatar
      schrieb am 06.06.03 15:54:19
      Beitrag Nr. 450 ()
      :laugh: :D

      Der folgende Thread ist offensichtlich aktueller denn je zuvor.... :D :laugh:


      Thread: wie ich zum opfer wurde.... unrechtsaufarbeitungsthread für auryn

      :laugh: :D
      Avatar
      schrieb am 09.06.03 14:44:32
      Beitrag Nr. 451 ()
      SPIEGEL ONLINE - 09. Juni 2003, 12:00
      URL: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,252118,00.h…

      Kriegslügen-Debatte

      Das Erwachen der US-Demokraten

      Lange Zeit war Kritik am Irak-Krieg für die Opposition aus Gründen des Patriotismus tabu. Nun haben die US-Demokraten die weltweite Kriegslügendebatte als Wahlkampfthema entdeckt. Manche stellen sogar den gesamten Krieg in Frage.



      Washington - Nachdem die Welt sich bereits eine Woche lang über die konstruierten Kriegsgründe der USA empört, haben nun auch die oppositionellen US-Demokraten das Thema für sich entdeckt. Gleich vier demokratische Präsidentschaftsanwärter äußerten sich am Sonntag und warfen der Regierung Bush vor, die Glaubwürdigkeit der US-Außenpolitik zu untergraben. Besonders der Umgang mit Geheimdiensterkenntnissen nähre das Misstrauen an der Redlichkeit der Kriegslegitimaton.


      Die vier Kandidaten hatten sich in der Heimatstadt des Gouverneurs von Iowa, Tom Vilsack zu dessen alljährlichen Familienpicknick getroffen. Hauptgesprächsthema: Der von den Medien und der Öffentlichkeit hartnäckig erhobene Verdacht, dass die Bush-Regierung Geheimdiensterkenntnisse über das Potential irakischer Massenvernichtungswaffen wissentlich fehlinterpretiert, wenn nicht sogar manipuliert habe.



      Senator Joseph Lieberman: "Amerikas Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel"


      Bislang wurden trotz intensiver Suche keine Massenvernichtungswaffen gefunden. Senator Joe Lieberman, der den Feldzug gegen den Irak unterstützt hatte, fragt nun öffentlich: Hatte der Geheimdienst falsche Informationen oder hat die Verwaltung die verfügbaren Erkenntnisse über die Existenz von Massenvernichtungswaffen grob übertrieben? Diese Fragen müssen beantwortet werden, Amerikas Glaubwürdigkeit stünde auf dem Spiel. Die anhängige Untersuchung im Kongress soll zügig und aggressiv vorgehen.

      Der ehemalige Gouverneur des Bundesstaates Vermont, Howard Dean, will wissen, ob Bush dem Kongress Informationen vorenthalten habe und lässt eine berühmte Schlüsselfrage des Watergate-Skandals wiederaufleben: "Was wusste der Präsident und wann wusste er es?" Allerdings warnt er davor, Bush zu hart anzugehen. "Wir müssen uns der Sache vorsichtig nähern. Es geht um die Frage der Glaubwürdigkeit, und mir wäre es lieb, wenn am Ende die eines republikanischen Präsidenten auf dem Spiel steht, nicht unsere."


      Dennis Kucinich, Abgeordneter aus Ohio, ist da unverblümter: Bushs Vorgehen sei betrügerisch. Er forderte eine lückenlose Aufklärung über die Berichte von Geheimdienstlern, wonach die von ihnen gelieferten Informationen von der Regierung missbräuchlich verwendet wurden. "Sie haben unser Land in einen Krieg geschickt, den wir nicht hätten führen müssen", sagte Kucinich, "einen Krieg, der unnötig war".

      Bob Graham, Senator aus Florida und ehemaliger Vorsitzender des Geheimdienstausschusses des Senats, war einer der ersten in dem Scharmützel um die fraglichen Geheimdienstinformationen. Er bezichtigt Bush, das amerikanische Volk mit einem Muster aus Betrug und Fälschung systematisch zu hintergehen.




      Die Rechtsprofessorin Carol Moseley Braun, die sich nächstes Jahr ebenfalls um die demokratische Präsidentschaftskandidatur bewirbt, kritisiert das US-Vorgehen im Irak grundsätzlich. Der Krieg binde Ressourcen und lenke die USA von der eigentlichen Aufgabe der Terrorbekämpfung ab. "Wenn Sie so wollen, haben wir uns mit dem Krieg im Irak gerade der Möglichkeit beraubt, Terrorismus zu bekämpfen", sagte die ehemalige Senatorin und Diplomatin. "Nun werden Milliarden von Dollar für den Wiederaufbau Bagdads ausgegeben, während unsere Städte zerfallen, unsere Schulen zusammenbrechen und das Volk von Terrorangst erfasst ist." Für sie ist der Krieg eher ein Ablenkungsmanöver, um darüber hinwegzutäuschen, dass "die Schuldigen vom 11. September immer noch nicht gefunden" sind.

      Dick Gephardt, Mitkonkurrent um die Präsidentschaftskandidatur, kritisiert solche Reden seiner Parteigenossen. Er hatte den Krieg unterstützt und bleibt auf der patriotischen Linie. "Man sollte die Politik da draußen lassen. Das habe ich von Anfang an so empfunden und empfinde es immer noch. Hier geht es schließlich um Leben und Tod. Es geht um die Sicherheit des Landes."
      Avatar
      schrieb am 11.06.03 16:29:01
      Beitrag Nr. 452 ()
      Das ist erst der Anfang.... :D


      SPIEGEL ONLINE - 11. Juni 2003, 15:02
      URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,252427,00.html
      Geheimdienst-Debatte

      Überraschungs-Angriff auf Blair

      Tony Blair steht in der Heimat unter Dauerfeuer: Der Geheimdienst-Ausschuss des britischen Unterhauses verpasste dem Premierminister eine schallende Ohrfeige wegen der Verzerrung von Geheimdienst-Informationen über den Irak. Zugleich warf der Ausschuss der Londoner Regierung Versagen im Anti-Terror-Kampf vor. :D




      Tony Blair: Attacke aus dem Ausschuss


      London - In seinem Jahrsbericht lässt der Geheimdienst-Ausschuss kein gutes Haar an der Arbeit Blairs und seines Kabinetts. Wie die Tageszeitung "The Independent" berichtet, übt der Report des "Intelligence and Security Committee" (ISC) verheerende Kritik: Die Regierung habe Geheimdienst-Erkenntnisse mit nicht überprüftem Material "aufgebessert". Minister seien schlecht informiert und im Kampf gegen Terror-Gruppen wie al-Qaida "nicht ausreichend engagiert". Blairs Kabinettsmitglieder sollen demnach sogar wichtiges Geheimdienst-Material nicht gelesen haben. "Entscheidende Informationen" für die Suche nach Massenvernichtungswaffen seien unbeachtet im Papierkorb gelandet.

      Die heftige Kritik des Geheimdienst-Ausschusses kam überraschend. Blair selbst hatte versucht, den innenpolitischen Druck zu mindern, indem er eine Untersuchung durch den Geheimdienst-Ausschuss ankündigte. Der Vorschlag war allerdings auf Skepsis gestoßen, da die Mitglieder dieses Komitees von Blair benannt werden und unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagen.


      Blair lehnt Aussage vor Ausschuss ab

      Das für Blair größere Gefahrenpotenzial wurde eher im Auswärtigen Ausschuss vermutet, der die Vorgänge um die Spionage-Manipulationen ebenfalls untersucht, im Gegensatz zum Geheimdienst-Ausschuss aber öffentlich tagt und auch mit Oppositionspolitikern besetzt ist. Nicht umsonst betonte Blair am Mittwoch, nicht bei der Anhörung des Auswärtigen Ausschusses aussagen zu wollen. Umso erstaunlicher ist, dass nun der Geheimdienst-Ausschuss Blair unter Beschuss nimmt - und die Kritik darüber hinaus an die Öffentlichkeit gelangt.

      Blair im Unterhaus: Dem Premier stehen hitzige Debatten bevor


      Einen Extra-Rüffel bekamen Blair und Co. laut "Independent" für ihr im Februar veröffentlichtes Irak-Dossier: Die Schreiber von Blairs Kommunikations-Chef Alastair Campbell hatten seitenweise aus dem frei erhältlichen Aufsatz eines Akademikers abgeschrieben, ohne dies kenntlich zu machen. Auch das erste Irak-Dossier vom 24. September vergangenen Jahres wurde für Blair zum Rohrkrepierer: Saddam Hussein, stand darin zu lesen, könne innerhalb von 45 Minuten Massenvernichtungswaffen gegen westliche Staaten in Stellung bringen. Adam Ingram, Staatsminister im britischen Verteidigungsministerium, musste später einräumen, dass die Behauptung von einer einzelnen Quelle aus den USA stamme, deren Informationen "nicht bestätigt" gewesen seien.

      Gremium spricht Blair und Ministern Kompetenz ab :laugh:

      Der Geheimdienst-Ausschuss ging über seine harsche Kritik am Februar-Dossier sogar noch hinaus: Nach Informationen des "Independent" fand der Ausschuss die Manipulationen des Geheimdienst-Materials durch Campbells Stab derart erschreckend, dass er sich von der Regierung zusichern ließ, ähnliches in Zukunft nicht noch einmal geschehen zu lassen. "Es ist zwingend notwendig, dass die Geheimdienste konsultiert werden, bevor irgendwelches Material veröffentlicht wird", zitiert das Blatt den Bericht. "Dieses Vorgehen wurde missachtet."

      Der Ausschuss sprach Blair und seinen wichtigsten Ministern, die gemeinsam das "Ministerial Committee on the Intelligence Services" (CSI) bilden, gar die Qualifikation zum Umgang mit Spionage-Material ab. "Wir glauben, dass die CSI-Minister nicht ausreichend mit der Festsetzung von Anforderungen und Prioritäten für Geheiminformationen vertraut sind", heißt es. :D :laugh:


      George W. Bush: Rückhalt im Volk


      Mit Neid dürfte Blair dieser Tage über den Atlantik blicken: US-Präsident George W. Bush bleibt von den Nachbeben des Irak-Kriegs weitgehend unbehelligt, das Volk hält den Irak-Krieg mehrheitlich für eine gerechte Sache und ist aktuellen Umfragen auch nicht der Meinung, von der Regierung über die Kriegsgründe getäuscht worden zu sein. :laugh:

      Allerdings glauben Beobachter, dass das Geheimdienst-Debakel die außenpolitische Handlungsfähigkeit der US-Regierung einschränken könnte. Dass die Welt künftig mit geballter Skepsis auf amerikanische Beschuldigungen gegenüber anderen Staaten reagieren dürfte, ist dabei noch das kleinere Problem. Schwerer wiegt die Tatsache, dass Blair als starker außenpolitischer Partner der USA bis auf weiteres ausfallen könnte: Eine erneute bedingungslose Unterstützung amerikanischer Kriegspläne würde den Premier mit hoher Wahrscheinlichkeit das Amt kosten.


      "Das hat nichts mit Washington zu tun", betonte Ivo Daalder, früherer Europa-Direktor im Weißen Haus, gegenüber der "Financial Times". "Aber es hat in jeder Hinsicht damit zu tun, was die USA künftig im Ausland tun können. Blair habe nur auf Grund seiner Persönlichkeit und seiner Glaubwürdigkeit in den Krieg ziehen können. "Aber das", sagte Daalder, "ist jetzt vorbei."

      Markus Becker


      ______________________________________________________


      Wie wuerde der regierende Oberpartyloewe von Berlin zu alledem sagen:

      "Und das ist gut so!" :D :laugh:
      Avatar
      schrieb am 11.06.03 19:02:00
      Beitrag Nr. 453 ()
      Deep Thought! Liebster!
      Wie ich sehe, überschwemmst Du Deine Threads und diesen meinen wieder mit Deinen liebwerten Postings, die bereits mehrfach überall zu sehen sind.
      Da Du es - wie es Deine geschätzte Art ist - nicht für notwendig erachtest, irgendwo mit irgendjemandem über Deine zahlreichen Mehrfach-Postings zu diskutieren, wird es Dich sicherlich freuen, von mir zu hören, daß ich Dich darauf hinweisen muß, Daß Du den Begriff "Totalitarismus" und den Namen "George Orwell" fälschlicherweise nur in Bezug auf die USA anwendest. Um Dich davon zu überzeugen, wie leider unrichtig diese fehlerhafte Anwendung ist, folgt eine informative Richtigstellung; zunächst in Form der großen Menschheitsverbrechen und danach Hinweise auf den idealtypischen Totalitarismus.
      Vielen Dank für Deine geschätzte Aufmerksamkeit!
      :D

      Eine vergleichende Betrachtung zu den Verbrechen des "Amerikanismus" - Verbrechen aus ehrbaren Motiven heraus
      oder: Historische Menschheits-Kriminalität im Gewande der Tugend von Gleichheit, Freiheit und Wissenschaftlichkeit: Die Verbrechen des wissenschaftlichen und real existierenden Kommunismus -

      »Die Geschichte ist die Wissenschaft vom Unglück des Menschen.« Diesen Satz Raymond Queneaus scheint unser von Gewalttätigkeit bestimmtes Jahrhundert eindrucksvoll zu bestätigen. Gewiß, auch in früheren Jahrhunderten gab es kaum ein Volk, kaum einen Staat, in dem es nicht zu Gewaltausbrüchen gegen bestimmte Gruppen gekommen wäre. Alle großen europäischen Mächte waren in den Sklavenhandel verwickelt. Frankreich hat einen Kolonialismus praktiziert, der zwar auch Positives leistete, aber bis zu seinem Ende von vielen widerwärtigen Episoden gekennzeichnet war. Die Vereinigten Staaten durchdringt nach wie vor eine Kultur der Gewaltausübung, die in zwei großen Verbrechen wurzelt: der Versklavung der Schwarzen und der Ausrottung der Indianer.

      Aber man kann es nicht anders sagen: Was Gewalttätigkeit angeht, scheint dieses 20. Jahrhundert seine Vorgänger übertroffen zu haben. Blickt man darauf zurück, drängt sich ein niederschmetterndes Resümee auf: Dies war das Jahrhundert der großen Menschheitskatastrophen - zwei Weltkriege und der Nationalsozialismus, einmal abgesehen von begrenzteren Tragödien in Armenien, Biafra, Ruanda und anderswo. Das Osmanische Reich hat sich zum Genozid an den Armeniern hinreißen lassen und Deutschland zu dem an Juden, Roma und Sinti. Das Italien Mussolinis massakrierte die Äthiopier. Den Tschechen fällt es schwer zuzugeben, daß ihr Verhalten gegenüber den Sudetendeutschen in den Jahren 1945/46 nicht über jeden Verdacht erhaben war. Und selbst die kleine Schweiz wird heute von ihrer Vergangenheit als Raubgoldverwalter eingeholt, auch wenn sich die Abscheulichkeit dieses Verhaltens nicht mit der des Völkermords vergleichen läßt.

      In diese Epoche der Tragödien gehört der Kommunismus, ja, er ist eines ihrer stärksten und bedeutendsten Momente. Als wesentliches Phänomen dieses kurzen 20. Jahrhunderts, das 1914 beginnt und 1991 in Moskau endet, steht er im Zentrum des Geschehens. Der Kommunismus bestand vor dem Faschismus und vor dem Nationalsozialismus, er hat sie überlebt und sich auf den vier großen Kontinenten manifestiert.

      Was genau verstehen wir eigentlich unter »Kommunismus«? Schon an dieser Stelle muß man zwischen Theorie und Praxis unterscheiden. Als politische Philosophie existiert der Kommunismus seit Jahrhunderten, um nicht zu sagen Jahrtausenden. War es nicht Platon, der in seinem »Staat« die Idee eines idealen Gemeinwesens begründete, in dem die Menschen
      nicht von Geld und Macht korrumpiert werden, in dem Weisheit, Vernunft und Gerechtigkeit herrschen? Und ein so bedeutender Denker und Staatsmann wie Thomas Morus, um 1530 Lordkanzler in England, der die berühmte Schrift »Utopia« verfaßte und auf Befehl Heinrichs VIII. enthauptet wurde - war er nicht ein weiterer Wegbereiter dieser Vorstellung vom idealen Gemeinwesen? Die Utopie scheint absolut legitim als Maßstab der Gesellschaftskritik. Sie gehört zur Diskussion der Ideen, dem Sauerstoff unserer Demokratien. Doch der Kommunismus, von dem hier zu reden ist, befindet sich nicht in der überirdischen Sphäre der Ideen. Es ist ein sehr realer Kommunismus, der in einer bestimmten Zeit in bestimmten Ländern bestand und von gefeierten Führern verkörpert wurde - Lenin, Stalin, Mao, Ho Chi Minh, Castro usw., sowie, der europäisch-französischen Geschichte näher, Maurice Thorez, Jacques Duclos, Georges Marchais.

      Wie groß auch immer der Einfluß der kommunistischen Lehre vor 1917 auf die Praxis des realen Kommunismus gewesen sein mag ? wir kommen darauf zurück ? es war dieser real existierende Kommunismus, der eine systematische Unterdrückung einführte bis hin zum Terror als Regierungsform. Ist die Ideologie deshalb unschuldig? Nostalgiker oder Spitzfindige werden immer behaupten können, daß der reale nichts mit dem idealen Kommunismus zu tun hatte. Und natürlich wäre es absurd, Theorien, die vor Christi Geburt, in der Renaissance oder selbst noch im 19. Jahrhundert aufgestellt wurden, für Ereignisse verantwortlich zu machen, die im 20. Jahrhundert geschehen sind. Dennoch erkennt man, wie Ignazio Silone schreibt, in Wirklichkeit die Revolutionen wie die Bäume an ihren Früchten. Und nicht von ungefähr beschlossen die als »Bolschewiken« bekannten russischen Sozialdemokraten im November 1917, sich »Kommunisten« zu nennen. Auch war es kein Zufall, daß sie an der Kremlmauer ein Denkmal für die errichteten, die sie für ihre Vorläufer hielten: Morus und Campanella.

      Über einzelne Verbrechen, punktuelle, situationsbedingte Massaker hinaus machten die kommunistischen Diktaturen zur Festigung ihrer Herrschaft das Massenverbrechen regelrecht zum Regierungssystern. Zwar ließ der Terror nach einer bestimmten Zeit ? von einigen Jahren in Osteuropa bis zu mehreren Jahrzehnten in der Sowjetunion oder in China ? allmählich nach, und die Regierungen stabilisierten sich in der Verwaltung der alltäglichen Unterdrückung mittels Zensur aller Kommunikationsmedien, Grenzkontrollen und Ausweisung von Dissidenten. Doch garantierte die Erinnerung an den Terror weiterhin die Glaubwürdigkeit und damit die Effektivität der Repressionsdrohung. Keine Spielart des Kommunismus, die einmal im Westen populär war, ist dieser Gesetzmäßigkeit entgangen ? weder das China des »Großen Vorsitzenden« noch das Korea Kim 11?sungs, nicht einmal das Vietnam des freundlichen »Onkels Ho« oder das Kuba des charismatischen Fidel, dem der unbeirrbare Che Guevara zur Seite stand, nicht zu vergessen das Äthiopien Mengistus, das Angola Netos und das Afghanistan Najibullahs.
      Aber eine legitime und normale Bewertung der Verbrechen des Kommunismus fand nicht statt, weder aus historischer noch aus moralischer Sicht. Wahrscheinlich ist das vorliegende Buch einer der ersten Versuche, sich mit dem Kommunismus unter dem Gesichtspunkt der verbrecherischen Dimension als einer zugleich zentralen und globalen Fragestellung zu beschäftigen. Man wird diesem Ansatz entgegenhalten, daß die meisten Verbrechen einer »Legalität« entsprachen, die wiederum von Institutionen ausgeübt wurde, die zu etablierten, international anerkannten Regierungen gehörten, deren Chefs von unseren eigenen politischen Führern mit großem Pomp empfangen wurden. Doch verhielt es sich mit dem Nationalsozialismus nicht genauso? Die hier dargestellten Verbrechen werden nicht nach der Gesetzgebung kommunistischer Diktaturen definiert, sondern nach den nicht schriftlich niedergelegten, natürlichen Rechten des Menschen.

      Die Geschichte der kommunistischen Regime und Parteien, ihrer Politik, ihrer Beziehungen zur Gesellschaft in den jeweiligen Ländern und zur Völkergemeinschaft erschöpft sich nicht in dieser Dimension des Verbrechens, auch nicht in einer Dimension des Terrors und der Unterdrückung. In der Sowjetunion und den »Volksdemokratien« schwächte sich der Terror nach Stalins, in China nach Maos Tod ab, die Gesellschaft gewann wieder Farbe, die »friedliche Koexistenz« wurde - selbst als »Fortsetzung des Klassenkampfs in anderer Form« - zu einer Konstante der internationalen Beziehungen. Dennoch belegen die Archive und unzählige Zeugenaussagen, daß der Terror von Anfang an ein Grundzug des modernen Kommunismus war. Verabschieden wir uns von der Vorstellung, diese oder jene Geiselerschießung, dieses Massaker an aufständischen Arbeitern oder jene Hungersnot, der man zahllose Bauern zum Opfer fallen ließ, sei lediglich dem zufälligen Zusammentreffen unglückseliger Umstände zuzurechnen, die sich nur in eben diesem Land oder zu jener Zeit ergeben konnten. Unser Ansatz geht über spezifische Themenkomplexe hinaus und untersucht die verbrecherische Dimension als eine, die für das gesamte kommunistische System charakteristisch war, solange es existierte.

      Von welchen Verbrechen sprechen wir also? Der Kommunismus hat unzählige begangen: vor allem Verbrechen wider den Geist, aber auch Verbrechen gegen die universale Kultur und die nationalen Kulturen. Stalin ließ in Moskau an die zehn Kirchen niederreißen. Ceaucescu zerstörte den historischen Stadtkern Bukarests, um Gebäude megalomanischen Ausmaßes zu errichten. Auf Geheiß Pol Pots wurden die Kathedrale von Phnom Penh Stein für Stein abgetragen und die Tempel von Angkor dem Dschungel überlassen. Während der maoistischen Kulturrevolution zerschlugen oder verbrannten die Roten Garden Kunstwerke von unschätzbarem Wert. Doch wie schwer diese Zerstörungen auf lange Sicht für die einzelnen Nationen und die ganze Menschheit auch wiegen, was sind sie gegen den Massenmord an Männern, Frauen, Kindern?

      Deshalb geht es hier nur um die Verbrechen gegen Personen, den Keim des terroristischen Phänomens. Sie haben eine gemeinsame Nomenklatur, auch wenn, je nach Regime, die eine oder andere Praxis stärker ausgeprägt ist: Hinrichtung mit verschiedenen Mitteln (Erschießen, Erhängen, Ertränken, Prügeln; in bestimmten Fällen Kampfgas, Gift, Verkehrsunfall), Vernichtung durch Hunger (Hungersnöte, die absichtlich hervorgerufen und/ oder nicht gelindert wurden), Deportation (wobei der Tod auf Fußmärschen oder im Viehwaggon eintreten konnte oder auch am Wohnort und/oder bei Zwangsarbeit durch Erschöpfung, Krankheit, Hunger, Kälte). Die Zeiten sogenannten Bürgerkriegs sind komplizierter zu beurteilen: Hier ist nicht leicht zu unterscheiden, was zum Kampf zwischen Staatsmacht und Rebellen gehört und was ein Massaker an der Zivilbevölkerung ist.

      Dennoch können wir eine erste Bilanz ziehen, deren Zahlen zwar nur eine Annäherung und noch zu präzisieren sind, die aber, gestützt auf persönliche Schätzungen, die Größenordnung aufzeigen und klarmachen, wie wichtig dieses Thema ist:

      Als eine erste weltweite Bilanz dieser Verbrechen kann folgende Aufstellung gelten:

      - Erschießung Zehntausender von Geiseln oder von ohne Urteil Eingekerkerten / Massaker an Hunderttausenden revoltierender Arbeiter und Bauern zwischen 1918 und 1922 (ca. 100.000 Tote)
      - Hungersnot von 1922, die den Tod von fünf Millionen Menschen verursachte
      - Liquidierung und Deportation der Donkosaken 1920 (ca. 1 Million Tote)
      - Ermordung Zehntausender in den neuen sowjetischen Konzentrationslagern zwischen 1918 und 1930
      - Liquidierung von annähernd 690.000 Menschen während der Großen Säuberung von 1937/38
      - Deportation von zwei Millionen Kulaken (bzw. Menschen, die als solche bezeichnet wurden) 1930 bis 1932
      - Vernichtung von sechs Millionen Ukrainern durch die absichtlich hervorgerufene und nicht gelinderte Hungersnot von 1932/33
      - Deportation Hunderttausender Polen, Ukrainer, Balten, Moldauer, Bessarabier 1939 bis 1941 und nochmals 1944/45 - Deportation der Wolgadeutschen 1941
      - Ermordung von 4400 polnischen Offizieren bei Katyn 1940 sowie die Ermordung weiterer ca. 10.000 polnischer Soldaten zur selben Zeit an anderen Orten
      - Verbannung der Krimtataren 1943
      - Verbannung der Tschetschenen 1944 - Verbannung der Inguschen 1944
      - Deportation/Liquidierung der städtischen Bevölkerung Kambodschas mit ca. 3 Millionen Toten
      - zwischen 1975 und 1978 - allmähliche Dezimierung der Tibeter und Vernichtung tibetischer Kulturgüter durch die Chinesen seit 1950 usw.

      - Niederschlagung von Volkaufständen in Osteuropa: DDR 1953, Ungarn 1956 (3.000 tote Ungarn, 15.000 Verletzte, 200.000 Flüchtlinge in den Westen), weitere Aufstände in Polen 1956, 1970 und 1981, die jedes Mal mit Gewalt niedergeschlagen werden und in Rumänien, wo u.a. in Timisoara, Bukarest und Brasov ca. 1100 Menschen ums Leben kommen und weitere 10.000 verletzt werden. In Bukarest und Timisoara wird aus Hubschraubern mit Maschinengewehren auf die Demonstranten geschossen.
      - Nur geschätzt werden kann die Zahl der vielleicht Millionen Flüchtlinge, die bei der Flucht aus kommunistischen Staaten über das Meer ums Leben kommen, z.B. aus China nach Taiwan; aus Nord-Korea nach Süd-Korea, aus Vietnam und Kambodscha ("Boat People" ) nach Thailand oder zu den Philippinen, aus Kuba nach Florida usw., usf.
      Die Zahl der Verbrechen des Leninismus, Stalinismus und sonstiger kommunistischer Systeme ist schier unendlich. Häufig werden Anfangs-Verbrechen von den Diktaturen Mao Tse-Tungs, Kim Il-Sungs, Pol Pots und ähnlichen Kreaturen wie Mengistu Haile Mariam in Äthiopien in fast der gleichen Art fortgesetzt.
      Hinter diesem groben Raster verbergen sich große Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern. Relativ gesehen, gebührt der erste Platz zweifellos Kambodscha, wo es Pol Pot gelang, in dreieinhalb Jahren rund ein Viertel der Bevölkerung auf grausamste Weise umzubringen, mit allgemeinem Hunger und Folter. Beim Maoismus hingegen macht die immense Masse von Toten schaudern. Was das leninistische und stalinistische Rußland betrifft, so gefriert einem das Blut in den Adern, betrachtet man den einerseits experimentellen, andererseits jedoch absolut durchdachten, logischen und politischen Charakter der Maßnahmen.

      Dieser rein zahlenmäßige Ansatz beantwortet unsere Frage nicht erschöpfend. Um ihn zu vertiefen, muß man den »qualitativen« Aspekt betrachten, ausgehend von einer Definition des Verbrechens, die sich auf »objektive« juristische Kriterien stützt. Die Frage des von einem Staat begangenen Verbrechens wurde unter juristischen Gesichtspunkten erstmals 1945 vom Intemationalen Militärgerichtshof der Alliierten in Nürnberg behandelt, der


      Der Begriff des Verbrechens gegen die Menschlichkeit ist komplex und umfaßt Verbrechen, die ausdrücklich genannt werden. Eines der spezifischsten ist der Völkermord.
      Nach dem von den Nationalsozialisten verübten Genozid an den Juden und zur Präzisierung des Artikels 6 c) des Statuts des Internationalen Militärgerichtshofs von Nürnberg wurde der Begriff des Völkermords in einer Konvention der Vereinten Nationen vom 9. Dezember 1948 festgelegt: "Völkermord bedeutet eine der folgenden Handlungen, die in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören: a) Tötung von Mitgliedern der Gruppe; b) Verursachung von schwerem körperlichem oder seelischem Schaden an Mitgliedern der Gruppe, c) vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen; d) Verhängung von Maßnahmen, die auf die Geburtenverhinderung innerhalb der Gruppe gerichtet sind; e) gewaltsame Überführung von Kindern der Gruppe in eine andere Gruppe." Das neue französische Strafgesetzbuch faßt die Genozid-Definition noch weiter: "... in Ausführung eines abgestimmten Plans, der auf die völlige oder teilweise Vernichtung einer nationalen, ethnischen, rassischen oder religiösen Gruppe oder einer nach irgendeinem anderen willkürlichen Kriterium festgelegten Gruppe zielt<<. Diese juristische Definition widerspricht nicht dem eher philosophischen Ansatz André Frossards, für den ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorliegt, "wenn man jemanden unter dem Vorwand tötet, daß er geboren ist"`. Und in seiner großartigen Erzählung "Alles fließt ... " sagt Wassilij Grossman von dem aus den Lagern zurückgekehrten lwan Grigorjewitsch: "Er blieb nur immer der, der er von Geburt an war - ein Mensch."` Genau deshalb war er Opfer des Terrors geworden. Aufgrund der französischen Definition kann man sagen, daß der Genozid nicht immer von derselben Art ist - rassisch, wie im Fall der Juden - sondern daß er auch gesellschaftliche Gruppen betreffen kann. In einem 1924 in Berlin veröffentlichten Buch zitierte der russische Historiker und Sozialist Sergej Melgunow einen der ersten Chefs der Tscheka (der sowjetischen politischen Polizei), Lazis, der seinen Untergebenen am 1. November 1918 folgende Anweisung gab: "Wir führen nicht Krieg gegen bestimmte Personen. Wir löschen die Bourgeoisie als Klasse aus. Suchen Sie bei den Ermittlungen nicht nach Dokumenten oder Beweisen für das, was der Angeklagte in Worten oder Taten gegen die Sowjetmacht getan hat. Die erste Frage, die Sie ihm stellen müssen, lautet, welcher Klasse er angehört, was, seine Herkunft, sein Bildungsstand, seine Schulbildung, sein Beruf ist Von vornherein verstanden sich Lenin und seine Genossen als Führer eines gnadenlosen Klassenkampfs, in dem der politische oder ideologische Gegner, ja sogar widerspenstige Bevölkerungsteile als auszumerzende Feinde betrachtet und auch so behandelt wurden. Die Bolschewiken beschlossen, jegliche - auch passive - Opposition gegen ihre Vormachtstellung rechtlich, aber auch physisch zu eliminieren. Das richtete sich nicht nur gegen Gruppen politischer Oppositioneller, sondern auch gegen ganze gesellschaftliche Gruppierungen (Adel, Bürgertum, Intelligenz, Kirche usw.) sowie gegen Berufsstände (Offiziere, Polizisten usw.) und nahm zum Teil Züge eines Genozids an. Von 1920 an entspricht die Entkosakisierung im wesentlichen der Definition des Genozids: Die Gesamtheit einer auf streng umrissenem Raum angesiedelten Bevölkerung, die Kosaken, wurde als solche ausgelöscht. Die Männer wurden erschossen, Frauen, Kinder und Alte deportiert, die Dörfer dem Erdboden gleichgemacht oder neuen, nichtkosakischen Bewohnern übergeben. Lenin verglich die Kosaken mit den Bewohnem der Vendée während der Französischen Revolution und wollte ihnen die Behandlung zukommen lassen, die Gracchus Babeuf, der "Erfinder" des modernen Kommunismus, 1795 als "populicide" bezeichnet hatte.

      Die Entkulakisierung von 1930 bis 1932 war nichts als eine Wiederholung der Entkosakisierung in großem Stil, wobei die Operation von Stalin selbst gefordert wurde, unter der offiziellen, von der Regierungspropaganda verbreiteten Losung: "Die Kulaken als Klasse auslöschen." Kulaken, die sich der Kollektivierung widersetzten, wurden erschossen, andere zusammen mit Frauen, Kindern und Alten deportiert. Sicher sind nicht alle regelrecht ausgelöscht worden, aber die Zwangsarbeit in Sibirien und dem hohen Norden ließ ihnen kaum eine Überlebenschance. Hunderttausende kamen dort um, doch bleibt die genaue Zahl der Opfer unbekannt. Die große Hungersnot von 1932/33 in der Ukraine, die mit dem Widerstand der Landbevölkerung gegen die Zwangskollektivierung zusammenhing, forderte binnen weniger Monate sechs Millionen Todesopfer.

      Hier sind sich "Rassen-Genozid" und "Klassen-Genozid" sehr ähnlich: Der Tod eines ukrainischen Kulakenkindes, das das stalinistische Regime gezielt der Hungersnot auslieferte, wiegt genauso schwer wie der Tod eines jüdischen Kindes im Warschauer Ghetto, das dem vom NS-Regime herbeigeführten Hunger zum Opfer fiel. Dieser Vergleich stellt die Einzigartigkeit von Auschwitz nicht in Frage - die Aufbietung modernster technischer Ressourcen, das Ingangsetzen eines regelrechten industriellen Prozesses, die Vernichtungsmaschinerie der Vergasung und Leichenverbrennung. Die Feststellung unterstreicht aber eine Besonderheit vieler kommunistischer Diktaturen: den systematischen Einsatz des Hungers als Waffe. Das Regime kontrolliert in der Regel alle verfügbaren Nahrungsmittelvorräte, teilt sie aber, manchmal nach einem ausgeklügelten Rationierungssystem, nur nach "Verdienst" beziehungsweise "Verschulden" der jeweiligen Menschen aus. Dieses Verfahren kann so weit gehen, daß gigantische Hungersnöte entstehen. Es ist daran zu erinnern, daß es in der Zeit nach 1918 ausschließlich kommunistische Länder waren, in denen Hungersnöte auftraten, mehr als 100.000, ja sogar Millionen Todesopfer forderten. Noch im Jahrzehnt 1980 bis 1990 haben zwei afrikanische Länder, die sich offiziell "marxistisch-leninistisch" nannten - Äthiopien und Mocambique -, solche verheerenden Hungersnöte durchgemacht.
      In Nordkorea ging nach offiziellen nordkoreanischen Angaben zum Erhalt für UNO-Lebensmittelhilfe die Bevölkerung zwischen 1995 und 2003 um bis zu 6 Prozent zurück. Mit anderen Worten: Es sind in Nordkorea möglicherweise 3 Millionen Menschen in aller Stille verhungert.

      Ein erkenntnistheoretisches Problem bleibt bestehen: Darf ein Historiker in seiner Darstellung und Interpretation von Fakten die Begriffe "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" und "Genozid" gebrauchen, die, wie erläutert, aus dem juristischen Bereich stammen? Ist das Verständnis dieser Begriffe nicht allzu zeitgebunden - im Zusammenhang mit der Ächtung des Nationalsozialismus in Nürnberg -, als daß man sie in historischen Überlegungen für eine mittelfristige Analyse benutzen könnte? Sind außerdem diese Begriffe nicht überfrachtet mit Wertungen, die die Objektivität der historischen Analyse beeinträchtigen könnten?

      Zur ersten Frage: Die Geschichte dieses Jahrhunderts hat gezeigt, daß sich die Praxis der Massenvernichtung durch Staaten oder Staatsparteien nicht auf den Nationalsozialismus beschränkte. Was in Bosnien und Ruanda geschah, beweist, daß diese Praktiken fortgesetzt werden. Sie sind wahrscheinlich eines der wichtigsten Kennzeichen dieses Jahrhunderts.

      Zur zweiten Frage: Es geht nicht darum, in ein Geschichtsverständnis des 19. Jahrhunderts zurückzufallen, dem zufolge der Historiker eher zu "urteilen" denn zu "verstehen" suchte. Dennoch: Kann ein Historiker angesichts der ungeheuren Tragödien, die von bestimmten ideologischen und politischen Konzeptionen ausgelöst wurden, von jeglicher Bezugnahme auf den Humanismus absehen, der doch eng mit unserer jüdisch-christlichen Zivilisation und demokratischen Kultur verbunden ist -etwa dem Bezug auf die Würde des Menschen? Viele renommierte Historiker zögern nicht, die NS-Verbrechen mit dem Ausdruck "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" (französisch: "crime contre l`humanité" ) zu qualifizieren, so zum Beispiel Jean-Pierre Azema in einem Artikel über Auschwitz oder Pierre Vidal-Naquet anläßlich des Touvier-Prozesses. Daher kann es nicht unzulässig sein, diese Begriffe zur Charakterisierung bestimmter unter den kommunistischen Regimen begangener Verbrechen zu benutzen.

      Über die Frage der unmittelbaren Verantwortung der an der Macht befindlichen Kommunisten hinaus stellt sich die nach der Mitschuld. Nach Artikel 7 (3.77) des 1987 geänderten kanadischen Strafgesetzbuchs schließen Verbrechen gegen die Menschlichkeit den Versuch, die Mittäterschaft, die Beratung, die Hilfe, die Ermutigung oder die faktische Mitschuld ein`. Ebenso werden im Artikel 7 (3.76) "der Versuch, der Plan, die Komplizenschaft nach der Tat, die Beratung, die Hilfe oder die Ermutigung hinsichtlich dieser Tat" (Hervorhebungen vom Verf) dem Tatbestand des Verbrechens gegen die Menschlichkeit gleichgestellt. Doch von den zwanziger bis zu den fünfziger Jahren applaudierten die Kommunisten in aller Welt sowie viele andere begeistert der Politik Lenins und später Stalins. Hunderttausende engagierten sich in der kommunistischen Internationale und den örtlichen Sektionen der "Partei der Weltrevolution". Von den fünfziger bis zu den siebziger Jahren beweihräucherten weitere Hunderttausende in Westeuropa den "Großen Vorsitzenden" der chinesischen Revolution und besangen die Errungenschaften des Großen Sprungs oder der Kulturrevolution. Und unserer Zeit noch näher gab es viele, die sich über die Machtergreifung Pol Pots freuten". Viele werden sagen, daß sie "nicht wußten". Tatsächlich war es nicht immer einfach, Bescheid zu wissen, denn für die kommunistischen Diktaturen war die Geheimhaltung eine bevorzugte Abwehrstrategie. Aber häufig war dieses Nichtwissen lediglich auf Verblendung aufgrund des Glaubens an die Partei zurückzuführen. Seit den vierziger und fünfziger Jahren waren viele Fakten bekannt und unbestreitbar. Wenn auch inzwischen viele Anhänger ihre Idole von gestern im Stich gelassen haben, geschah dies doch klammheimlich. Aber was ist von einem solch abgrundtiefen Amoralismus zu halten, der ein öffentliches Engagement einfach in der Versenkung verschwinden läßt, ohne daraus eine Lehre zu ziehen?

      Komisch, daß man unter "w: o " immer nur in geschichtlichen Rückblicken von "Verbrechen der Amis" lesen muß, aber Verbrechen der Gegenseiten werden nicht erwähnt oder immer nur verharmlost, denn jedes "nicht-amerikanische" Verbrechen würde ja automatisch bedeuten, daß die "Verbrechen der USA" ein Pendant auf der Gegenseite hätten haben können, nicht wahr?
      Das würde ja auch heißen, daß die US-Verbrechen nicht einzigartig wären, nicht? Das könnte ja sogar bedeuten, daß die "US-Verbrechen" zumindest teilweise eine militärische Antwort auf vorhergehende Angriffe gewesen wären oder vielleicht falsche Theorien wie die US-"Domino-Theorie" in Vietnam, die auf der militärischen Okkupation Osteuropas durch die Sowjetunion aufbaute und annahm, daß nach Vietnam ganz Südostasien "kommunistisch" werden könnte, nicht wahr?
      Aber wer will schon solche Theorien überhaupt zur Kenntnis nehmen, wenn man doch den USA und dem CIA für alle Verbrechen dieser Welt die Schuld geben kann, nicht wahr?
      Avatar
      schrieb am 11.06.03 19:33:56
      Beitrag Nr. 454 ()
      auryn


      Ich ueberschwemme meine threads im gegesatz zu einem bestimmten, offensichtlich ziemlich verwirrten user namens auryn nicht, sondern ich erlaube mir, darin - in meinen threads - zu posten.

      Jeder im Board kennst Deine Hasstiraden, deine pausenlosen Wiederholungen aus alten zeiten und liest Deine postings eh genuasowenig ueber die erste Zeile hinaus wie ich.

      dabei hat antigone sooooo einen wunderschoenen Thread aufgemacht, in welchem Du herzzerreissend ueber die vielen Menschen berichten koenntest, die Dich nicht verstehen.... :D

      Thread: wie ich zum opfer wurde.... unrechtsaufarbeitungsthread für auryn

      Schreib doch lieber dort, da hast Du vielleicht mehr gLueck als hier und anderswo... ;) z.B. im Real Life...


      Meine postings in deinem Thread

      Thread: Internationale Politik, Moral und monokausale Historien-Malerei

      namens

      "Internationale Politik, Moral und monokausale Historien-Malerei"

      sind themenbezogen, weil ich mit den zitaten der Presse, die ich dort poste, zeige, dass eben genau das, was der Titel (vermutlich)aussagen will, heute noch hohe Aktualitaet hat :D

      peinlich fuer Dich, dass die von Dir so hochgeschaetzten USA Luegner, Faelscher und jahrzehntelange Terrorsiten-Sponsoren sind und jetzt endgueltig von der gesamten Weltgemeinschaft als solche identifiziert wurden ... das tut weh , kann ich irgendwie nachvollziehen.... :D :laugh:

      Jedenfalls haben viele, die genauso toerichte politische positionenn vertraten wie Du inzwischen Rueckzieher gemacht, sich aus dem Staub gemacht oder kleinlaut ihre Fehler zugegeben.

      Es wundert mich nicht, dass Du das nicht machst, denn gemaess offizieller definition ist

      "LERNEN = VERHALTENSAENDERUNG DURCH VERNUENFTIGE EINSICHT"

      Insofern ist wahrlich "Lernverhalten" fuer Dich von Vorneherein ausgeschlossen.

      Herzliches Beileid

      .
      Avatar
      schrieb am 11.06.03 19:35:09
      Beitrag Nr. 455 ()
      Hier nun die angekündigte kleinere Ergänzung zu meinem Posting # 452, die man immer mal wieder lesen sollte
      (der Rest an Informationsmaterial zum Totalitarismus, der vermutlich ca. 25 Millionen Kilobyte umfassen wird, folgt bei Bedarf für meinen geliebten "Deep Thought" in den kommenden 14 Tagen in möglicherweise mehreren Tausend Postings :D ):

      DISKUSSIONSTHESEN
      zur Würdigung des Begriffs
      "Totalitarismus"
      A) Zu den Elementen der "Totalitarismus"-Konzeption
      1) Der Begriff "Totalitarismus" ist, wo er phänomenologische Gemeinsamkeiten zwischen faschistischen und kommunistischen Systemen bezeichnen will, primär auf die Herrschaftsorganisation und die Machttechnik bezogen.


      2) Der Begriff "Totalitarismus" wurde auf Phänomene politischer Herrschaft angewandt, welche die überkommenen Kategorien der klassischen Staatsformenlehre sprengten und auch durch besondere Qualifikationen der Monokratie (Tyrannis, Absolutismus, Autokratie etc.) nicht mehr zureichend charakterisiert werden konnten.
      Von anderen Formen autoritärer Herrschaft unterscheidet sich eine totalitäre Herrschaft durch die Ausdehnung seiner Herrschaftsorganisation über einen umgrenzten "staatlichen" oder "politischen" Bereich hinaus auf die gesamte Gesellschaft und durch seine Forderung an die "Massen", sein Herrschaftssystem nicht nur hinzunehmen, sondern aktiv zu unterstützen.
      Die Mobilisierung von "Massenaktivitäten" soll dem totalitären Regime eine ex-post-Legitimierung liefern. Durch den pseudo-demokratischen Charakter dieser manipulierten ex-post-Legitimierung erweist sich der moderne Totalitarismus als ein (abartiges) Phänomen des demokratischen Zeitalters.
      Die Organisations- und Propagandakraft entwickelter totalitärer Systeme profitierte insbesonders von dem modernen technischen Entwicklungsstand des Organisationswesens und zumal der Kommunikationssysteme.

      3) Das allgemeinste Kriterium totalitärer Herrschaftssysteme ist die für die eigene "Bewegung" erstrebte universelle Organisationskontrolle oder letztlich ein Organisationsmonopol.

      4) In Anlehnung an das von C.J. Friedrich entwickelte "Sechs-Punkte-Syndrom" können für ausgebildete totalitäre Herrschaftssysteme folgende (in ihrer Verbindung zu sehende) Charakteristika unterstellt werden:
      a) ein Monopol für eine führende Partei
      b) Eine offizielle, Allgemeingültigkeit beanspruchende Ideologie (damit verbunden die Tendenz zur Aufhebung der - abendländischen - Trennung von politischen und weltanschaulichen (ethischen) Instanzen.
      c) Angenähert totale Kontrolle des gesamten gesellschaftlichen Organisationswesens einschließlich der Verfügung über die Wirtschaft, insbesonders Kontrolle aller Medien der Massenkommunikation und aller militärischer und (geheim-)polizeilichen Gewaltinstrumente.

      Der Einsatz von Terrororganisationen steht in einem kumulativen oder substitutiven Verhältnis zur Wirksamkeit organisatorischer und propagandistischer "Erfassung" der Bevölkerung und zum Grade ihrer Gewöhnung an das totalitäre Herrschaftssystem..

      4) Die unter Ziffer 1-3 genannten Charakteristika einer totalitären Herrschaftsorganisation und Machttechnik waren sowohl im kommunistischen Herrschaftssystem (stalinistischer Ausprägung) wie im nationalsozialistischen Herrschaftssystem (jedoch weniger vollständig durch den italienischen Faschismus) ausgebildet.


      5) Dagegen zeigten sich zwischen den kommunistischen und den "faschistischen" Bewegungen und Herrschaftssystemen gravierende und z.T. auch fundamentale (hier nur am Kommunismus und Nationalsozialismus exemplifizierte) Unterschiede in Bezug auf die soziale Basis der Bewegungen (Proletariat und "Volkstum" ), auf die unterstellten Haupttriebkräfte der Geschichte (Ökonomismus und Biologismus), auf die Feindvorstellungen (internationaler Kapitalismus und internationales Judentum), auf die Endzielvorstellungen (klassenlose Gesellschaft und Rassenweltherrschaftsordnung), etc.

      6) Gemeinsam ist den Zielsetzungen indessen formal:
      die Vorstellung einer insgesamt planhaft zu gestaltenden und unitarisch zu organisierenden Gesellschaft.

      Den für den modernen "Totalitarismus" wegbereitenden Bewegungen des bolschewistischen Kommunismus und des Nationalsozialismus war außerdem formal gemeinsam daß sie eine Umwälzung anstrebten, die sie nicht als eine nur "politische" Revolution, sondern als eine Gesamtumwandlung der fundamentalen ökonomischen bzw. biologischen Lebensgefüge auffaßten, aus welcher (in Korrespondenz zur ökonomischen Basisrevolution resp. als Folge einer Rassenplanung) ein "neues Menschentum" hervorgehen sollte.
      8) Die Weltziele der primären totalitären Revolutionsbewegungen gingen so weit über evolutionäre Erwartungen und über einen mehrheitsfähigen Ziel- und Wertkonsens hinaus, daß sie nur durch eine totalitär verdichtete Propaganda, durch systematisch organisierte "Massenerfassung" und durch organisierten Massenterror erfolgreich angestrebt werden konnten. Die erstrebte Umwälzung erhielt einen umso künstlicheren, ideologisch und physisch zwangshaften Charakter, als sie von Ländern aus unternommen wurden, die nach dem eigenen Verständnis "Rückstandspositionen" einnahmen (Deutschland als "zurückgebliebenes" Land gegenüber den führenden imperialistischen Staaten; die russische Gesellschaft als eine nach marxistischen Maßstäben "unreife" für eine sozialistische Umwandlung).

      9) Bevor noch totalitäre Bewegungen resp. Herrschaftssysteme eine ex-post-Legitimation durch Massenmobilisierung demonstrieren können, beanspruchen sie eine ex-ante-Legitimation aus einem antizipierten "Gemeinwillen" oder einem geschichtlichen Auftrag aufgrund eines prätendierten (und verabsolutierten) Wissens um die ökonomischen Entwicklungs- oder die rassischen Lebensgesetze. Diese ex-ante-Legitimierung ist die für revolutionäre totalitäre Bewegungen eigentlich maßgebliche. Beide Legitimierungsarten lassen (im Divergenzfall) keinen Raum zur Anerkennung eines empirisch zu ermittelnden Mehrheitswillens.


      10) Die Legitimationen totalitärer Herrschaft konnten an ältere Traditionen einer unitarischen, von gelenkter "Aufklärung" bestimmten Auffassung des Gemeinwillens einer invers-absolutistischen Demokratie und andererseits an die Vorstellungen von einem integralen Volkstum anknüpfen (auch wenn den Urhebern solcher Ideen totalitäre Konsequenzen noch fern lagen). Für die Entwicklung der konkreteren Züge moderner totalitärer Bewegungen waren insbesonders die Ereignisperspektiven einer "Weltrevolution" (als Totalvorgang einer materiellen und geistigen Umwälzung) und der Weltkriege" (in Hinsicht auf die totale Mobilisierung aller physischen und psychischen Volkskräfte) inspirierend.

      11) In einer Reihe außereuropäischer Staaten lassen sich die Grundzüge eines auf dem Wege ideologischen Imports eingeführten Totalitarismus vollauf nachweisen. Diese Systeme verdienen indessen eine eigenständige Würdigung, wobei insbesondere auch auf die Anknüpfung an autochthone autoritäre Herrschaftsstrukturen (z.B. Wittfogels "Orientalische Despotie" ) zu achten ist.

      12) Fassungen der Totalitarismus-Konzeption, die - wie dies Hannah Arendt unternimmt von den (negativen) Extremausprägungen des Hitlerschen und Stalinschen Terrorsystems ausgehen, lassen bei einem Rückgang des Terrors und Nachlassen der expansiven Tendenzen den Begriff nicht mehr anwendbar erscheinen.

      13) Autochthon fundierte, voll ausgebildete totalitäre Herrschaftssysteme sind bislang von innen heraus noch nicht gestürzt worden. Sie haben sich als sehr schwer angreifbar durch Widerstandsbewegungen erwiesen. Effektiver Widerstand konnte wenn überhaupt - nur aus den Reihen der Machtapparate selbst geleistet werden. Abgesehen von der militärischen Niederwerfung haben sich tiefergehende Erschütterungen totalitärer Systeme bisher nur unter krisenhaften Umständen in Ländern gezeigt, wo sie von fremden Mächten oktroyiert erschienen.


      14) Es können indessen, wie zunächst in der Sowjetunion nach Stalins Tod (später auch in "Satellitensystemen" und in China), evolutionäre Veränderungen (und Rückbildungen) beobachtet werden (darunter eine Begrenzung des Machtgewichts der Geheimpolizei, ein Verzicht auf Massenterror Stalinscher Dimension - ohne auf Abschreckungsmaßnahmen zu verzichten, eine Wiederinkraftsetzung von Parteiregularien etc.). Wiewohl hier z.B. die Arendtsche Totalitarismus-Konzeption kaum mehr (voll anwendbar erscheint, kann doch noch nicht von einer Rückbildung zu einer (nur) autoritären Herrschaft gesprochen werden. Die von uns angeführten Merkmale des Totalitarismus sind überwiegend noch vorhanden. Auch könnte der Übergang von groben und massenhaften Formen des Terrors zu "subtileren" Formen der Intimidierung, resp. seine Nichtnotwendigkeit aufgrund der erreichten organisatorischen und edukativen Stabilisierung, als eine Art von Gewöhnung an (milder gewordene) totalitäre Herrschaftsstrukturen gedeutet werden. Es wäre hier vielleicht angebracht (analog zu Max Webers Deutung der Entwicklung "charismatischer" Herrschaft von einer Veralltäglichung totalitärer Herrschaft zu sprechen. Ob ein konkretes System näher beim "Idealtypus" einer revolutionären (+terroristischen), einer "veralltäglichten" (und weiter bürokratisierten) totalitären Herrschaft oder einer (nur) autoritären Herrschaft zu sehen ist, hängt auch von den jeweiligen Definitionselementen dieser Herrschaftsmodelle ab. In einer Phase der Ausbreitung totalitärer Systeme scheint neben der revolutionären Inauguration (China, Vietnam, Kambodscha) auch die Übernahme oder Ableitung veralltäglichter, bürokratisierter totalitärer Herrschaftssysteme in einem überwiegend technischen Sinne (d.h. mit weitgehend bürokratisiertem Zuschnitt) möglich.


      Viele Totalitarismuskonzeptionen sehen in einer Einmannspitze sogar das Kernelement totalitärer Herrschaftssysteme. In der Tat waren totalitäre Systeme gerade in ihrem Entstehen (sowohl in Europa wie in Ostasien) auf solche "Führerfiguren" bezogen und haben in ihnen eine effektive und/oder symbolische Krönung erfahren. Indessen scheint es (nach unserem Verständnis) möglich, daß totalitäre Systeme auch ohne zentrale Führerfiguren unter einer hierarchisch gestrafften Führung von Herrschaftseliten fortbestehen, soweit diese (selbst bei schroffen inneren Auseinandersetzungen) an den Prinzipien einer totalitären Gesellschaftsordnung festhalten.

      16) "Totalitäre Bewegungen" bildeten den dynamischen Kern totalitärer Herrschaftssysteme. Sie wiesen in der Regel schon in der Periode des Kampfes um die Macht selbst vorbildhafte "totalitäre" Organisationsansätze auf (z.B. Fraktionsverbot, "demokratischer Zentralismus", "Politbüro" - oder "Führer-Prinzip", terrorfähige Kampfbünde, Hilfsorganisationen zur Beeinflussung aller wichtigen Gesellschaftsbereiche). "Führerkult" und "Massenterror" kennzeichneten zumal die Phasen einer gewaltsamen Zieldurchsetzung in der Umwandlung prätotalitärer Lebensgefüge. Während die Entwicklung der größeren faschistischen Machtsysteme durch ihre militärische Niederwerfung "abgebrochen" wurde, läßt sich der Obergang zu einem veralltäglichten (eventuell auch: postrevolutionären) Totalitarismus nur bei kommunistischen Machtsystemen beobachten. Die Verflachung der totalitären "Bewegung" geht aber (zunächst noch) nicht mit einer Ablösung totalitärer Organisationsstrukturen einher. Motivationen für `Rationalisierungstendenzen` hatten sich ausdem Wunsch der Parteiführungsgruppen nach elementarer Sicherheit und vor allem aus dem Streben nach einer effektiveren ökonomischen Modernisierung ergeben. Auch nach der Reduzierung des Terrors bleiben ein terroristisches Drohpotential und umfassende gesellschaftliche Sanktionen als Abschreckungsmittel für Systemopponenten bestehen. Als positive Herrschaftssicherung fungiert weiterhin ein System absoluter Parteikontrolle machtrelevanter Ämter (Nomenklatursystem), allgemeiner Belohnung der Parteitreue, funktionaler Meritokratie und an Massenorganisationen gebundene Zuteilung sozialer Leistungen. Organisatorische und gesellschaftliche Reformen (die z.B. in China mit der weitgehenden Entkollektivierung der Landwirtschaft wesentlich weiter als in der Sowejtunion gehen) finden bis jetzt durchweg dort ihre Grenze, wo das Macht- und Organisationsmonopol sowie das Führungsprinzip der Einheitspartei in Frage stünde. Genausowenig soll das totalitäre Informationsmonopol angetastet werden. Der ideologische Anspruch, wenn auch verblaßt, wird weiterhin zur Herrschaftslegitimation benötigt und aufrechterhalten. Ebenso bleiben ideologische Kampfinstrumente ein wirksames Mittel internationaler Auseinandersetzungen, auch wenn die (internationalistische) Parteiräson in den Dienst der Machtstaatsräson gestellt wird.

      B) Fehldeutungen und ideologischer Mißbrauch der Totalitarismus-Konzeptionen

      17) Die Ausbildung wissenschaftlicher Totalitarismus-Konzeptionen war mit vielfältigen methodologischen Schwächen behaftet gewesen.


      18) Oft wurden Charakteristiken der totalitären Herrschaft, soweit sie faschistische und kommunistische Systeme umfassen sollten, überwiegend nur von einer Systemart abgeleitet und gleichwohl unkritisch verallgemeinert.


      19) Vielfach wurde die Reichweite der Totalitarismus-Konzeptionen und ihr besonderer Bezug zu Herrschaftsstrukturen und Herrschaftstechniken nicht genügend umgrenzt. Mitunter wurde der Begriff auch zur Unterschlagung der von ihm nicht erfaßten Realitätsbereiche oder von divergierenden Tendenzen verwendet. Verschiedentlich wurde er selbst als ein "Totalitätsbegriff" mißbraucht, d.h. als eine globalisierte Essentialität, aus der sich (etwa analog einem `marxistischen` Begriff von der kapitalistischen Gesellschaft) die Gesamtheit der Lebenserscheinungen ableiten soll. Dies kann eine Typologie totalitärer Herrschaftssysteme nicht leisten. Dagegen bleibt sie für ihren Konkretisierungsbereich (in Ermangelung gleichwertiger Strukturbegriffe) durchaus weiterhin verwendbar.


      20) Mitunter wurden mit der Bestimmung der Charakteristika totalitärer Herrschafts-
      systeme zugleich Aussagen über ihre Unveränderlichkeit oder notwendige Radikalisierung verbunden. Solche Tendenzen ergeben sich jedenfalls nicht schon aus strukturtypologischen Beschreibungen, sondern bedürfen eines spezifischen Nachweises.


      21) Sowohl die Faschismusforschung wie die Erforschung kommunistischer Systeme konnte sich teilweise durch vorschnelle übernahmen allgemeiner Totalitarismus-Konzeptionen behindert oder in ihrem Präzisionsstreben beeinträchtigt fühlen. überwiegend wird auch hier der arbeitsteiligen spezialisierten Forschung das Feld gehören müssen. Indessen muß sich auch diese mit der Frage befassen, wieso und in welcher Art es in beiden Systembereichen zu totalitären Herrschaftstechniken und Herrschaftsorganisationen kam.

      Der Totalitarismus-Begriff hat sich in einem außerordentlich hohen Maße als ideologisierbar erwiesen. Phasen von Konjunktur und Baisse der Entwicklung und Verbreitung von Totalitarismus-Konzeptionen in der wissenschaftlichen Kommunität und vor allem in der breiteren Öffentlichkeit folgten nur allzu deutlich den Veränderungen der internationalen politischen Konstellationen (Aufstieg faschistischer Systeme und des Nationalsozialismus, Ausbildung des Stalinismus, Hitler-Stalin-Pakt, die Anti-Hitler-Allianz zwischen den Westmächten und der UdSSR, der Kalte Krieg, die Ost-West-Entspannung, die Diskussion über den `Eurokommunismus`, die Entwicklung kommunistischer Staaten in der `Dritten Welt`, etc.). Die Ideologisierung der Totalitarismus-Diskussion zeigte sich indessen nach beiden Ausschlagseiten hin, sowohl in der Verabsolutierung des Totalitarismus-Konzepts in entsprechenden Konfrontationszeiten wie in seiner Verfemung oder seiner Substituierung durch ideologische Gegenbewegungen, die eine `Entlastung` kommunistischer Systeme anstrebten. Gerade bei einer so starken ideologischen Belastung und Deformierung der Diskussionen bleibt es eine vordringliche Aufgabe, eine Trennung der realistischen und wissenschaftlich tragfähigen Aussagen von den ideologischen Verzerrungen der Totalitarismus-Theorien wie auch ihrer Gegenkonzeptionen zu erstreben.

      So, und falls mein allerwertester "Deep Thought" weiterhin ohne Diskussion diesen Thread mit seinen liebreizenden Postings überschwemmt, dann befassen wir uns morgen oder übermorgen unter anderem ein wenig mit den idealtypischen Ausprägungen des Totalitarismus in den bekanntesten Utopien von George Orwell und Aldous Huxley.
      Avatar
      schrieb am 11.06.03 19:48:19
      Beitrag Nr. 456 ()
      Aber liebster Deep Thought,
      Deinem Posting # 453 entnehme ich, daß Du mich völlig mißverstehst.
      Ich gebe Dir lediglich Verständnishinweise für die Dinge, die Du in meinem Thread leider falsch angewandt hast, z.B. Dein falsches Verständnis des Begriffes "Totalitarismus" und Deine falsche Rezeption des Werkes von George Orwell in Deinem Posting # 425.
      Im übrigen sind daher meine Postings genauso berechtigt wie die Deinen, denn Du hast schon früher einmal in einem Dialog mit "for4zim" in Deinen epochemachenden Anti-Amerikanismus-Thread über das WTC-Attentat exakt den Standpunkt wiedergegeben, den ich jetzt ebenso einzunehmen gedenke, wie Du dies bereits seit langem tust:

      #1111 von for4zim [Userinfo] [Nachricht an User] 09.04.02 10:38:14 Beitrag Nr.: 6.054.838 6054838

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      Deep Thought, ist Dir das nicht peinlich, daß Du die gleiche Meldung zu Israel gleich in mindestens vier Threads postest, unter anderem auch solche, die thematisch anders gelagert sind. Wenn Du ernst genommen werden möchtest, beschränke Dich auf einen thematisch passenden Thread - dann kann man auch darüber eventuell diskutieren.


      #1112 von Deep Thought [Userinfo] [Nachricht an User] 09.04.02 11:45:55 Beitrag Nr.: 6.055.657 6055657
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      @ For4Zim
      Ich pflege Artikel nur in Threads zu kopieren, die m. E. damit in Verbindung stehen.
      Es sei Dir unbenommen, einen interdependenten Zusammenhang bzw. gegenseitige Beeinflussung der Konflikte in Afghanistan, Irak, Palästina zu leugnen bzw. zu ignorieren.
      Aber ich lasse mir nicht vorschreiben in welchem Thread ich was zu posten bzw. nicht zu posten habe...
      Ich sehe auch das Einstellen von Artikeln in Threads als positiv an, weil man so ein Presse-gerüst im Thraed hat, eine Presseschau hat noch nie geschadet und ist vielen angenehm, weil zeitsparend.

      Gruß
      D.T.

      #1113 von Deep Thought [Userinfo] [Nachricht an User] 09.04.02 11:46:57 Beitrag Nr.: 6.055.671 6055671
      Dieses Posting: versenden | melden | drucken | Antwort schreiben
      ... und peinlich ist mir das einstellen von guten Artikeln schon gar nicht... irgendwie eine absonderliche Einstellung.......




      Wenn Du, liebreizendster "Deep Thought", zahlreiche Postings mit demselben Inhalt für passsend zu einem Thema hältst, dann ist dies bei mir ebenso richtig, denn ich weise Dich nun lediglich auf die Fehler hin, die Du in Deinen Postings in fremden Threads unglücklicherweise gemacht hattest.
      Avatar
      schrieb am 11.06.03 22:34:49
      Beitrag Nr. 457 ()
      Ich bin ja "nur" eine Frau und werde infolgedessen eh nicht ganz ernst genommen. Dieser Tatsache verdanke ich aber eine gewisse Narrenfreiheit, und aufgrund dieser erteile ich Deep Thought und Auryn den Rat, vielleicht auch mal andere Threads als nur die eigenen zu lesen. Vielleicht werden dann gewisse nicht sachdienliche Dinge in die ihnen zukommende Nebensächlichkeit verbannt. Ansonsten ist eure Gockelei nachgerade köstlich. :)
      Avatar
      schrieb am 11.06.03 23:18:10
      Beitrag Nr. 458 ()
      Übrigens, Auryn, ich finde es hochinteressant, daß du mit Geranien sprichst. Habe ich als Kind auch getan. Aber nur mit roten! :)
      Avatar
      schrieb am 12.06.03 10:28:07
      Beitrag Nr. 459 ()
      Aber mein geschätztes Mirabellchen,
      hattest Du denn jemals den Eindruck, von mir nicht ganz ernst genommen zu werden?
      Wenn Dir jemals dieser Eindruck von mir vermittelt worden sein sollte, so bitte ich dies meiner hiermit vor Dir momentan kniefälligen Wenigkeit zu verzeihen.
      :kiss:
      Im übrigen spricht nicht meine gesamte Wenigkeit mit den Geranien, sondern nur der Persönlichkeits-Teilbereich meines "Es", wie Du vielleicht der entsprechenden Passage im betreffenden Posting nochmals entnehmen kannst. "Es" findet dies sehr beruhigend und hat einen sehr bedeutenden Gleichgesinnten in Großbritannien: Prinz Charles wurde einmal auf einer Pressekonferenz gefragt, ob eine Schlagzeile in "The Sun" (= "Bild" auf britisch; diese Anm. nur für etwaige andere uninformierte Leser) zutreffend sei, daß er auf seinen Landgütern mit seinen Karotten spreche, um sie zu effektiverem Wachstum zu bewegen. Antwort des (hoffentlich) ewigen Prinzen Charles: Meine Karotten sagten mir, ich solle über mein Verhältnis und meine Gefühle zu ihnen nicht in aller Öffentlichkeit plaudern!

      Aber wo wir gerade von Gefühlen sprechen:
      Wenn "Deep Thought" mich früher bei anderer Gelegenheit als "Nichts von einem Würstchen", schizophren und einiges andere mehr bezeichnet, zum Ignorieren meiner Wenigkeit aufruft und dann aber in diesem Thread immer wieder gerne auftaucht, um "seinem Würstchen" zu zeigen, wo der Hammer hängt und zusätzlich noch gerne die USA als Hort des Bösen und "totalitär" bezeichnet, dann löst dies in mir einiges an Widerwillen aus, weil ich da selbst einige bescheidene Kenntnisse des "Totalitarismus" aus Rumänien besitze, wo noch immer etwa ein Drittel meiner Familie lebt.
      Wie ich früher schon einmal sagte, liegen auf diesem Friedhof in Brasov (dt. Kronstadt) einige der Freunde meiner rumänischen und ungarischen Studienkollegen, die an Weihnachten 1989 erschossen wurden, weil sie in einer friedlichen Demonstration den Rücktritt eines kommunistisch-totalitären Diktators namens Ceausescu forderten. Aber so etwas kommt den Lesern in unserer Spaßgesellschaft ja nur störend vor und überhaupt, was weiß man denn darüber noch(?) :

      http://de.photos.yahoo.com/bc/y64_x_32/vwp?.dir=/Totalitaris…

      Und wenn ich dann mal die rhetorische Frage an "Deep Thought" richte, wo denn in seiner von den Amerikanern so schrecklich unterdrückten westeuropäischen Welt die Äquivalente an Massengräbern der von den "totalitären US-Kriminellen" ermordeten Westeuropäer sind, dann rastet er sofort aus, hält mich für einen schizophrenen Deppen und nennt mich - na - siehe oben.
      Und danach taucht er immer wieder gerne in diesem Thread auf und will mich oder andere davon überzeugen, daß er allein die Weisheit über den Totalitarismus kennt.
      Wenn ich dann mit Gegen-Postings reagiere, dann bin ich natürlich für ihn jemand, der "Haßtiraden" verbreitet.
      Das wird doch immer witziger, nicht?
      Ich finde es zunehmend interessant, daß ihm außer Beleidigungen nie eine sachliche Antwort auf meine Gegen-Postings eingefallen ist.
      Avatar
      schrieb am 12.06.03 11:07:47
      Beitrag Nr. 460 ()
      Auryn, solcherlei Unbill bringt das Chatten nun mal mit sich, und ich kann dir - richte dich endlich auf! Oder meinst du, ich will das zerkniete Parkett dauernd bohnern? :mad: - nur den Rat geben, dich zur Schonung deiner Nerven einfach darüber hinwegzusetzen. Was du gesehen, erlebt, erfühlt hast, kann sowieso kaum jemand nachempfinden - die meisten hatten das Glück, ohne solche Erlebnisse aufwachsen zu können und verstehen das alles mangels Einfühlungsvermögen bzw. "Phantasie" überhaupt nicht.
      DT wird sich bestimmt nicht entschuldigen - nun ja, habe die Größe, es nicht mehr zu verlangen ..................
      Das Schöne an so einem Chatboard ist ja, daß man es abschalten kann, der eine, um unliebsamen Fragen auszuweichen, der andere, weil er sie nicht stellen möchte.
      Mach mal einen neuen Thread auf.
      Wünscht sich
      das kluge Mirabellchen :)
      Avatar
      schrieb am 12.06.03 11:37:20
      Beitrag Nr. 461 ()
      Na gut, mein Mirabellchen,

      damit Du nicht soviel bohnern mußt, erhebe ich mich schweren Herzens wieder.
      (Ich schätze ja Dein Mitgefühl sehr, aber Du solltest die "Schwere" meiner Erfahrungen auch nicht überschätzen, worauf ich ehrlicherweise hinweisen sollte. Ich bin nämlich vom vielleicht schicksalhaften Zufall her das Gegenteil von einem guten Journalisten, weil ich oft auf die Stunde genau dort bin, wo gerade nichts passiert: Ich war schon mal kurz vor einem bedeutenden Erdbeben in einer berühmten Stadt und gerade wieder weg, als sich das Stadtbild wesentlich veränderte. Eine Woche, nachdem Djerba vergangenes Jahr so "berühmt" wurde, war ich zu einer lange vorher geplanten Reise genau dort und ich habe unseren Innenminister in meinem Hotel nur um einen Tag verpaßt. Und zu meinem großen Glück war ich 1989 auch schon lange nicht mehr in Rumänien, aber ich kannte einige Leute aus Brasov. Und ich hoffe und bete weiterhin [Ich muß nochmal ganz kurz auf die Knie! Verzeihung! ], daß ich auch weiterhin immer bei solchen Gelegenheiten zu früh abreise oder zu spät da bin, um alles live und in Farbe mitzuerleben.)
      ;)
      Es gibt aber inzwischen so viele Threads von mir, daß ich bei Bedarf wieder ein paar alte reaktivieren kann. Vielleicht finde ich gleich noch etwas zum Thema "Iran", der vielleicht doch noch auf irgendeiner US-Liste zum Abhaken zu finden ist.

      Davor möchte ich noch auf eine höchst interessante Intellektuellen-Zeitschrift in den USA verweisen:
      http://www.newyorker.com
      (Jaaah! Hurra! Es gibt noch Intellektuelle in den USA! ;) )
      "The New Yorker" ist eigentlich mehr eine Literatur-Zeitschrift, die aber auch hinreißende politsche Aufsätze von einer Länge und Bildung im Archiv (siehe dortigen Link "From The Archive" ) hat, die den normalen "USA Today" - Leser völlig überfordern.

      Beispiel:
      Saddam Hussein, who came to power in 1979 declaring his intention to combine the glory of Nebuchadnezzar with the methods of Josef Stalin, no longer rules Iraq, and not to feel relief at the prospect of a world without him is to be possessed of a grudging heart. In a region well stocked with tyrants and autocrats, Saddam was singular in his ambitions, though not in the way proposed by his cult of personality. His record of murder, torture, aggression, intimidation, and subjugation is inscribed in the documentary reports of Human Rights Watch and in the souls of the traumatized ex-subjects who have survived to hammer at his fallen monuments. And yet it would also require a constricted conscience to declare the Anglo-American invasion finished business while so much of the world remains alarmed or enraged at the level of its presumption - and while so many dead go uncounted. It is hard to put a name to what has happened (to what is happening still), not least because the Bush Administration`s intentions, both within Iraq and beyond it, are still a question of deepest concern.

      Historical analogy has been a crude instrument in the service of moral and political certainty. For a while, we did without history. We were at the end of history, our circumstance novel beyond compare. Modernity was triumphant, and it would bring democracy everywhere and a Dow without limit. But an attack on an iconic center of modernity on September 11, 2001, and then a war in an ancient place, along the Tigris and the Euphrates, brought history back in a tidal rush. And so this has been a period of incessant historical reference. To the most unequivocal hawks, Saddam was Hitler; 2003 was 1938; Kofi Annan, Jacques Chirac, and Colin Powell were the heirs of Neville Chamberlain. As the doves saw things, Bush and his Cabinet members were manipulating the facts the way Lyndon Johnson did at the Gulf of Tonkin, and were determined to invade and raze a foreign country in the pursuit of a new kind of domino theory. The invasion of Iraq, to its fiercest opponents, was sure to be the Athenians` vainglorious assault on Sicily as described in "The Peloponnesian War", the horror of 1914 depicted in "The Guns of August", the naïve folly of "The Quiet American." Where some saw the liberation of Paris, others envisioned a Mesopotamian Stalingrad.

      Even now, as Baghdad falls after three weeks of startling military advance, one can go on choosing among images and reference points. The "jubilant" crowd described in detail late last week by the Associated Press encourages one kind of analogy, the photograph of a hideously wounded child in Time quite another. Americans will not write this history on their terms alone, and the way in which it is written, absorbed, and understood by us, by the Europeans, by the Islamic world, and, most of all, by the Iraqis themselves will depend largely upon what comes next. What are the Administration`s true ambitions?

      There is little doubt that some of the most hawkish ideologues in and around the Bush Administration entertain dreams of a kind of endless war. James Woolsey, a former director of Central Intelligence who has been proposed as a Minister of Information in Iraq by Donald Rumsfeld, forecasts a Fourth World War (the third, of course, having been the Cold War), which will last -considerably longer- than either of the first two. One senior British official dryly told Newsweek before the invasion, "Everyone wants to go to Baghdad. Real men want to go to Tehran." And then, presumably, to Damascus, Beirut, Khartoum, Sanaa, Pyongyang. Richard Perle, one of the most influential advisers to the Pentagon, told an audience not long ago that, with a successful invasion of Iraq, "we could deliver a short message, a two-word message: "You`re next.""

      The Middle East is rife with regimes that support, each in its own way, dangerous and destabilizing terrorist groups, from Hezbollah to Al Qaeda. A stable, independent, and free Iraq - which will take years to achieve - might well exert a powerful influence. But if the invasion of Iraq emboldens American ideologues to the point of triumphalism and hybris, to the point where every world-transforming fantasy is to be proposed and indulged without brake, then those whose historical analogy of choice was 1914 could prove to be possessed not only of a tragic view of life but also of a terrifyingly convincing argument.

      The moral and political critics of a war in Iraq were surely correct to say that the worst consequence, beyond the thousands of lives lost, was the erosion of our relations with many of our allies and their publics. There is hypocrisy everywhere (Russia`s lectures on the exercise of American power seem hollow after the devastation of Chechnya), but it is long past the moment for debate, even with the French. The future is what counts. Some liberal internationalists, having seen the use of force come to a decent end in Kosovo and (finally) in Bosnia, supported this war. But among them, as among the opponents of the war, there has been a profound sense of anxiety that the Administration was recklessly indifferent to the imperfect but irreplaceable structures of international order built over sixty years.

      And now, in the language of Beltway strutting, are we really to "do" Syria or Iran? Recently, in the pages of Policy Review - a conservative journal that is enjoying the vogue and influence in right-leaning circles that Commentary did in the nineteen-eighties - Ken Jowitt, a political-science professor who divides his time between the Hoover Institution and the University of California at Berkeley, challenges a "magic bullet" scenario in which the toppling of Saddam will act as a regional democratic stimulus so powerful that the Iranians will suddenly rise up against the ayatollahs, the autocrats of Egypt and Jordan will liberalize, and the Syrian dictator Bashar al-Assad, - being an ophthalmologist, will see the regional writing on the wall. Jowitt is rightly dubious of an ongoing evangelical adventure. He writes, "The magic bullet scenario effectively transforms and elevates a local, dangerous-but-mundane effort to remove a pathological killer, Saddam Hussein, into a successful democratic crusade that transforms the `last` anti-modern, anti-democratic capitalist region of the world: the Muslim Middle East. One might at least consider the fate of earlier Western crusades."

      In a report from Damascus in the Times last week, Neil MacFarquhar quoted Sayyid Abu Murtadah al-Yasiri, an Iraqi exile and cleric who fled Najaf twenty-three years ago, after his own religious mentor, the grand ayatollah, was murdered by Saddam`s men. Al-Yasiri said, "We are happy to be rid of injustice, but we fear the Americans` intentions." The lifting of that fear, and of similar fears throughout the Middle East, must be a priority.

      America`s list of responsibilities in Iraq hardly ends with military conquest, and it leaves little room for adventuring. Tens of thousands of soldiers will need to remain in Iraq long enough to prevent civil unrest or even civil war, while being vigilant against snipers, terror attacks, and guerrilla reprisals like last Thursday`s suicide bombing in Baghdad. Food, water, electricity, medicine, and other resources will need to be rapidly distributed. The production and flow of oil, the source of Iraqi wealth, will need to be maintained in a way that does not imply an occupier`s exploitation. And then there is the question of helping to build a free state on the rubble of tyranny. To stage-manage a hasty election of surrogates and then beat a fast retreat would confirm suspicions of American inconstancy no less than the rapid elevation of Halliburton, Bechtel, and Exxon Mobil as the titans of Iraqi industry.

      Amid the celebrations and the darker scenes of death and looting, the indelible image and photo op of the fall of Baghdad was the toppling of Saddam`s statue on Firdos Square, an image that could not fail to echo the destruction of similarly forbidding icons in Moscow more than a decade ago. And yet that resonance should be deep and instructive: the initial fireworks blast of promise in Moscow soon settled down into years of painful transformation. In some of the states of the former Soviet Union, autocrats still reign. "When smashing monuments," the Polish Holocaust survivor and satirist Stanislaw Lec once remarked, "save the pedestals - they always come in handy." If the world is to escape such dark prophecies, the Bush Administration will have to demonstrate the political skills to master a project it famously disdained: nation-building. To help create a liberal state following a military invasion is an enormously radical, and delicate, project. Here the prize is not power but something more elusive: legitimacy. There are many ways for the United States to press the case for peace and political reform in the Middle East. A doctrine of permanent revolution, however, brings to mind no analogies in history to comfort us. The phrase is Trotsky`s, and the precedent is catastrophe.

      By David Remnick
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      schrieb am 12.06.03 15:20:28
      Beitrag Nr. 462 ()
      Ich meinte ja nicht einfach irgendeinen neuen Thread, sondern ein ganz neues Thema, damit man seinen Geist mal wieder frisch schärfen kann!!! ... Gehörst du, wenn du mitunter kurz vor üblen Geschehnissen an deren Geschehensort warst, nun grundsätzlich zum "verdächtigen Personenkreis"? :D
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 16:25:50
      Beitrag Nr. 463 ()
      Zu Deiner Frage Nr. 1:
      Was hieltest Du von einem Thread, der auf einem politologischen Hauptseminar beruht und das folgende Thema hätte: "Anti-Utopien des 20. Jahrhunderts mit ihren speziellen Totalitarismus-Theorien und deren möglichen Implikationen in den politischen Systemen der Realität"?
      Ja, ich weiß, ich muß das natürlich für die Thread-Überschrift kürzen...
      ;)
      Zu Deiner Frage Nr. 2:
      Ja, sicher, ich bin aufgrund meines Aussehens schon immer verdächtigt worden, ein sozialdemokratisch-progressiv-konservativer neoliberaler Intellektueller zu sein. Leute, die so aussehen, werden immer verdächtigt, irgendwelche Schandtaten vorzubereiten oder begangen zu haben!
      Deshalb wundert es mich ja auch, daß man mich auf dem Flughafen von Djerba überhaupt noch ausreisen ließ.
      ;)
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 16:28:19
      Beitrag Nr. 464 ()
      P.S.: Es würde sich bei den Anti-Utopien um Texte von und zu Zamjatin, Huxley und insbesondere Orwell handeln.
      Hm?
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 17:20:01
      Beitrag Nr. 465 ()
      Und schließlich möchte ich auch hier noch für heute abend eins der dritten Programme und darin (falls sich nicht das Programm aus aktuellen Anlässen geändert haben sollte) folgende Sendung empfehlen:
      Heute WDR, 22.35 Uhr, "Die Story". Darin hat sich angeblich ein arabisch-französischer Journalist in eine Al-Kaida-Zelle einschleusen lassen und berichtet darüber.
      Wenn das dem Journalisten tatsächlich gelungen sein sollte, dann hat in der Zwischenzeit bestimmt zumindest der Mossad etwas ähnliches versucht. Beim CIA und anderen westlichen Geheimdiensten wäre ich mir da nicht so sicher, weil einer von deren Chefs vor einiger Zeit gesagt hat:
      "Wo sollen wir in unserer westlich-materialistischen Kultur denn noch einen Geheimagenten finden, der bereit wäre, täglich mindestens 5mal in Gemeinschaft mit Spinnern zu beten, möglicherweise jahrelang zusammen mit religiösen Fanatikern in feuchten Höhlen zu leben, keine Frau auch nur anzusprechen und täglich sein Leben zu riskieren?
      Wo soll ich denn so jemanden in den USA oder in London oder sonstwo in Europa finden? Hm? Hä?"


      Und am Freitag, dem 20.06. kommt ebenfalls im WDR eine Sendung, die einen gewissen Herrn Mathias Bröckers geradezu aus dem Diwan reißen wird, falls er noch nicht zuviel "Hanf" konsumiert hat:
      Freitag, 23 Uhr, WDR: Aktenzeichen 11.09. ungelöst. Verschwörungstheorien über die WTC-Anschläge im Internet.
      Avatar
      schrieb am 17.06.03 06:49:51
      Beitrag Nr. 466 ()
      "Anti-Utopien des 20. Jahrhunderts mit ihren speziellen Totalitarismus-Theorien und deren möglichen Implikationen in den politischen Systemen der Realität"? empfände ich als durchaus dem hiesigen Leserkreis adäquates Thema. Ich seziere den Bandwurm mal:
      1. Anti-Utopien.
      Was ist das? Realitäten? Theorien des Machbaren?
      2. Implikationen in den politischen Systemen
      hm. Wenn wir 1. geklärt haben, können wir die Wirkungen auf politische Systeme feststellen oder negieren. Dazu brauchen wir aber konkrete Beispiele zum Nachweis
      3. politische Systeme der Realität
      bezieht sich recht eindeutig auf die "Anti-Utopien". Somit wäre der Begriff wohl von daher als das Gegenteil der Realität zu definieren. Welch schöner Zirkelschluß!

      :D
      Avatar
      schrieb am 17.06.03 07:05:34
      Beitrag Nr. 467 ()
      "Anti-Utopien des 20. Jahrhunderts mit ihren speziellen Totalitarismus-Theorien und deren möglichen Implikationen in den politischen Systemen der Realität"?

      Ersetzen wir nun aber den fraglichen Begriff "Anti-Utopien" durch das anscheinend als Synonym zu verstehende Wort "Realität", so erscheint:

      "Realitäten des 20. Jahrhunderts mit ihren speziellen Totalitarismus-Theorien und deren möglichen Implikationen in den politischen Systemen der Realität"

      Wir kürzen "Realität/en" raus:

      "Spezielle Totalitarismus-Theorien und deren mögliche Implikationen in den politischen Systemen"

      Wäre das nicht - bei gleich zu verstehender Aussage - handlicher? :D
      Avatar
      schrieb am 18.06.03 12:48:20
      Beitrag Nr. 468 ()
      Autsch! Ich sehe schon, daß ich für mein neugieriges Mirabellchen erst mal alles genau definieren muß.
      :cry:
      Zum einen kannst Du, liebes Mirabellchen, doch nicht auf einer Seite einer Gleichung nicht zweimal dasselbe herauskürzen und auf der anderen Seite gar nichts.

      Zum anderen (um das wichtigste vorwegzunehmen):
      Eine "Anti-Utopie" ist im literarischen Sprachgebrauch mitnichten das Gegenteil einer "Nicht-Realität" und damit die Darstellung einer Realität.
      Die "Utopie" ist im literarischen Sprachgebrauch die Bezeichnung einer literarischen Beschreibung einer fiktiven "vollkommenen, idealen Gesellschaft"!
      Die "Anti-Utopie" ist davon abgeleitet die literarische Beschreibung einer ebenfalls (noch) fiktiven "nicht-idealen, und meist erschreckenden Gesellschaft", vor deren Verwirklichung in der Realität der Autor der Anti-Utopie meist warnen möchte!


      Aber lassen wir doch die Experten selbst zu Wort kommen. Die genaueste Definition des üblichen Begriffs "Anti-Utopie" findest Du etwa in der Mitte der folgenden Text-Mixtur aus a) Lindken, Hans-Ulrich: Erläuterungen zu George Orwells 1984, Hollfeld 1979 (S. 31 bis zum Abschnitt mit der ersten Erwähnung von Thomas Morus)
      b) Erzgräber, Willi: Utopie und Anti-Utopie, München 1980, S. 13-18.

      Wichtige staatstheoretische und literaturtheoretische Begriffe zum Verständnis der Begriffe

      Anarchie/Anarchismus: politische Ideologie und Bewegung, die auf Beseitigung jeder Autorität und jeden Rechtszwanges, insbesondere des Staates, abzielt und größte Ausdehnung der persönlichen Freiheit im freien, jederzeit lösbaren Zusammenschluß der Individuen erreichen will.
      Der kollektivistisch-kommunistische oder föderalistische Anarchismus erstrebt eine staaten- und klassenlose Kollektivordnung; die Grenzen zum Sozialismus und Kommunismus können fließend sein.
      Kollektivismus: Weltanschauung, in der der Einzelmensch nur noch als unselbständiges Glied der Gesellschaft (Masse) betrachtet und letztlich verneint wird. Als Antithese auf den radikalen Liberalismus und Individualismus des 19. Jh. zu deuten. Das Personale wird verneint, der Einzelmensch nur noch als Akzidens einer anonymen Masse; gesellschaftl. Gliederungen werden nivelliert, Privateigentum, Selbständigkeit abgeschafft, persönliche Arbeit durch Gruppenarbeit ersetzt.
      Oligarchie: (griech. oligoi = wenige, archein = herrschen). Bezeichnung für die Herrschaft einer kleinen Gruppe, vor allem dann, wenn mit dieser Herrschaft Mißstände verbunden sind. In der griechischen Staatstheorie wurde unter Oligarchie eine Entartung der Aristokratie verstanden.
      Utopie: (griech. u = nicht, topos = Ort / Nirgendland) nach dem Titel von Thomas Morus Vernunftsstaatsfiktion "De optimo rei publicae statu deque nova insula Utopia" (1516) gebildete Bezeichnung für einen nur in gedanklicher Konstruktion erreichbaren, praktisch nicht zu verwirklichenden Idealzustand von Staat und Gesellschaft. Ihre Grundform bleibt daher der teils mehr kommunistische, teils mehr aristokratische oder freiheitliche Ziele verfolgende Staatsroman.

      Utopie und Gegenutopie (bzw. "Anti-Utopie" )
      Mit der Bezeichnung "Utopie", die 1516 von Thomas Morus geprägt wurde, wurden zunächst Romane und andere literarische Werke bezeichnet, die eine vollkommene Gemeinschaft schildern. Dichter und Propheten, Visionäre und Revolutionäre träumten von Gesellschaften oder Kulturen, in denen der Mensch restlos glücklich wäre.

      Im heutigen Sprachgebrauch haben die Wörter `Utopie` und `utopisch` jedoch oft eine negative Bedeutung. Mit der Wendung "Das ist doch die reinste Utopie!" kritisieren z. B. Politiker Reformpläne eines politischen Gegners, die ihrer Auffassung nach nicht verwirklicht werden können. Utopien in diesem Sinne sind `Träumereien`, `Hirngespinste`, phantastische Vorstellungen von zukünftigen Welten, die `nie` Wirklichkeit werden können. Ebenso hat auch das Adjektiv `utopisch` häufig die Bedeutung `phantastisch`, `unmöglich`, `unglaubwürdig`.
      Daneben ist in philosophischen, politologischen oder literaturwissenschaftlichen Abhandlungen auch eine positive Bedeutung von `Utopie` und `utopisch` anzutreffen. Utopie bezeichnet in solchen Texten häufig ein ideales Staatsgebilde, die bestmögliche Form eines Gemeinwesens, wie sie z. B. Plato in seinem "Staat" bereits zu entwerfen versuchte. Eine Utopie in diesem Sinne wird meist als eine für das politische und soziale Handeln notwendige oder empfehlenswerte regulative Idee betrachtet, und in vielen Fällen gehen die Verteidiger einer Utopie davon aus, daß ein derartiges Staatsgebilde zwar nie völlig verwirklicht werden könne, als Ziel aber ständig präsent sein müsse, andernfalls werde das politische Leben seine geistige Dynamik einbüßen und einer restaurativen Stagnation ausgeliefert sein. Wie bei allen vielgebrauchten Begriffen des politischen Lebens, aber auch der Literatur- und Geistesgeschichte empfiehlt es sich, auch bei dem Begriff Utopie nach seinem Ursprung zu fragen. Er wurde 1516 von Thomas Morus geprägt, der damit einen "ou-topos", einen Nicht-Ort, ein Nirgendwo bezeichnete, genauer: eine fiktive Insel, die angeblich von einem (fiktiven) Reisegefährten des Amerigo Vespucci entdeckt wurde, der dort ein ideales Staatswesen vorgefunden haben will. Dementsprechend kündigt Morus in dem Titel seines Werkes an, daß er "de optimo rei publicae statu" handeln werde, und das Oxford English Dictionary führt als erste Bedeutung unter dem Stichwort "Utopia" an: "An imaginary island, depicted by Sir Thomas More as enjoying a perfect social, legal and political system."
      In der eigenwilligen erzählerischen Darbietungsweise des Thomas Morus ist die Utopie zwischen Fiktion und Realität angesiedelt: Sie ist ein erfundenes Gebilde; zugleich wird ihr ein bestimmter Realitätsbezug zugesprochen: der fiktive Reisende Hythlodeus mißt an dieser Norm die politischen Verhältnisse in Europa. Ob die Utopie, die Beschreibung eines fiktiven Gemeinwesens mit seinen politischen und sozialen, ökonomischen, kulturellen und religiösen Einrichtungen, als die beste aller möglicher Welten zu verstehen ist (wie der Titel nahelegt) oder nur als eine zwar vorbildliche, aber heidnische Lebensordnung, die von den christlichen Völkern Europas noch übertroffen werden sollte, ist bis heute umstritten. Fest steht, daß Thomas Morus dieses Staatsgebilde in räumlicher Koexistenz zu den damaligen Staaten Europas sah und dieses Gemeinwesen mit einer humanistischen Freude am gelungenen, geistreichen Einfall ausmalte, ohne seine Schrift als ein Programm für die politischen Tageskämpfe in England zu verstehen. Im Hinblick auf spätere literarische Utopien empfiehlt es sich, bei der Charakterisierung der ersten Utopie den Begriff "Raum-Utopie" einzuführen oder auch von einem "Wunsch-Raum" zu sprechen.`
      Vergleicht man ein Buch wie William Morris` "News from Nowhere" mit Morus` Utopia, so wird deutlich, daß das Werk des 19. Jahrhunderts dadurch charakterisiert ist, daß das ideale Staatswesen in das 21. Jahrhundert datiert wird. Bereits Bacon hatte mit seiner New Atlantis (um 1624) eine Utopie entworfen, die "die ungeheuren Möglichkeiten des durch empirisch-wissenschaftliche Methoden erzielten Fortschritts" illustriert. Der erste Autor, der eine Zeit-Utopie (oder eine "Wunsch-Zeit" ) beschrieb, war der Franzose Louis Sébastien Mercier, der 1770 L`An 2440 veröffentlichte. Mit der französischen Revolution, die eine neue Lebensund Gesellschaftsordnung durch einen gewaltsamen Umsturz zu verwirklichen versuchte, und mit den Geschichtsphilosophien des 19. Jahrhunderts, die in zunehmendem Maße die Idee der Höherentwicklung, des zivilisatorischen Fortschritts in den Mittelpunkt rückten, gewann das utopische Denken und damit auch die literarische Form der Utopie ein neues Gepräge. Die Utopie wurde nicht mehr nur als eine aus einem fremden Raum geholte Norm verstanden, die der Kritik an zeitgenössischen Verhältnissen zugrunde gelegt werden konnte, sondern - ähnlich wie schon in James Harringtons Oceana aus dem Jahre 1656 - als ein konkretes Ziel, auf das alles politische Handeln auszurichten sei.
      Es ist verständlich, daß bei Morris die Utopie als der beste Weltzustand erscheint, der mit der Anstrengung einiger Generationen in absehbarer Zukunft erreicht werden könne. Mit dieser Vorstellung ist unweigerlich der Gedanke gekoppelt, daß die Utopie sich aufhebt, wenn sie von der historischen Entwicklung eingeholt wird.
      In der Geschichte des Utopie-Begriffes macht sich im 19. Jahrhundert insofern ein wesentlicher Wandel bemerkbar, als Friedrich Engels sich in seiner Schrift "Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft" (1882) in einer für spätere Marxisten paradigmatischen Weise von den herkömmlichen Utopien und Utopisten distanzierte. Sowohl die erzählerische Darstellung utopischer Zustände in Werken der Renaissance und der Aufklärung wie die theoretischen Abhandlungen der Frühsozialisten lassen - wie er darlegt - eine wissenschaftliche Analyse der Gegenwart und darauf gründende Anweisungen zum politischen Handeln in der unmittelbaren Gegenwart vermissen. Deshalb sind utopische Werke für Engels und seine Gesinnungsfreunde überholt. Die moderne negative Bedeutung Utopie = `Hirngespinst`, von der wir ausgingen, dürfte durch die Engels`sche Polemik gegen die traditionellen Utopien mitbeeinflußt sein. Es muß allerdings sogleich hinzugefügt werden, daß konservative Realpolitiker - freilich aus anderen Gründen - zum gleichen Urteil über die literarischen Utopien und die politischen Utopisten gelangen können.
      In der kritischen Auseinandersetzung mit dem Utopie-Begriff und der Tradition utopischen Denkens lassen sich in der Gegenwart dementsprechend verschiedene Schulen unterscheiden. So stellt Arnhelm Neusüss in seinem Buch Begriff und Phänomen des Utopischen (1968) den marxistischen Utopie-Kritikern eine liberalistische und eine konservative gegenutopische Kritik gegenüber. Er bemerkt dabei über die liberalistische gegenutopische Kritik: "So gibt es liberale Weisen des Kampfes gegen Utopie, die sich, den utopischen Versprechungen des Liberalismus eingedenk, durchaus als `progressiv` verstehen und in der Tat über der Kritik an der Utopie keineswegs vergessen, Kritisches auch gegen die gesellschaftliche Wirklichkeit vorzubringen. Und zur konservativen Utopiekritik führt er aus: "Die konservative Utopiekritik folgt entweder der Betonung des machtvoll Faktischen, das als das Normative selber ausgegeben wird, oder sie gehorcht der Furcht vor der sozialen und politischen Wirkmächtigkeit utopischer Impulse, je nachdem, welche Affektlage die Zeitumstände nahelegen, meist aber beidem zugleich."
      Die kritische Gegenbewegung gegen das utopische Denken, als dessen Exponent zu Beginn des 20. Jahrhunderts in weiten Kreisen H. G. Wells galt, und gegen die literarische Darstellung utopischer Gesellschaftszustände führte zur Entstehung der "Anti-Utopie", als deren bedeutendste Ausprägungen in der englischen Literatur des 20. Jahrhunderts Aldous Huxleys Brave New World und George Orwells Nineteen Eighty-Four anzusehen sind. Huxley kritisiert die Übersteigerung naturwissenschaftlichen Denkens und die (möglichen) Einflüsse dieses Denkens auf die Umgestaltung der sozialen und politischen Verhältnisse; Orwell dagegen ist stärker mit der politischen Entwicklung der Gegenwart befaßt: Seine Anti-Utopie zielt auf die Auswirkungen des technokratischen Denkens im Faschismus und Kommunismus (stalinistischer Prägung). In der Kritik an den in naher Zukunft möglichen Entwicklungen schwingt bei beiden Autoren die Furcht mit, daß im Streben nach einer Perfektionierung des Staates die humane Würde des Menschen ausgetilgt werde. Wenngleich Huxley und Orwell von unterschiedlichen geistigen und politischen Überzeugungen ausgehen - Huxley ist dem Liberalismus, Orwell dem englischen Sozialismus verpflichtet -, neigen beide zu einer Apologie des Bestehenden: Die Kritik an den Auswirkungen utopischen Denkens droht utopisches Denken überhaupt in Frage zu stellen. Dennoch ist bei beiden Autoren zu bemerken, daß sie einer solchen Aufhebung der utopischen Tradition nicht das Wort reden möchten; so hat Huxley allen geistigen und politischen Krisen zum Trotz sein Lebenswerk mit einer Utopie, dem Roman Island, abgeschlossen, und Orwell hat darauf hingewiesen, daß er durch das Schreckbild einer möglichen Zukunft die Kräfte stärken möchte, die ein menschenwürdiges Dasein für alle Völker erstreben. Wenn gegenwärtig nicht mehr in der unbekümmert-spielerischen Weise Utopien entworfen werden wie in der Renaissance, so ist die utopische Intention im politischen Denken der Menschen nicht verkümmert. Utopisches Denken hat es jedoch angesichts der politischen Entwicklungen im 20. Jahrhundert und der Auswirkungen zweier Weltkriege schwer, sich zu behaupten. "Realpolitik" scheint utopisches Denken ebenso Lügen zu strafen wie die bedrohlichen Auswirkungen der Naturwissenschaften. Dazu kommt, daß alle Versuche, eine literarische Utopie zu schreiben, mit jener Art des utopischen Denkens konkurriert, die sich im philosophischen Essay niederschlägt und im Bunde mit der Soziologie, der Politologie und Psychologie um wissenschaftliche Gegenwartsanalyse und Zukunftsprognose bemüht ist.
      Schließlich ist nicht zu verkennen, daß die Utopie, je stärker sie sich als literarische Gattung an den jeweils gegenwärtigen Moment und dessen spezifische politische Gegebenheiten bindet, Gefahr läuft, allzu schnell zu veralten. Sie ist überholt, sobald die besondere Situation überholt ist, auf die sie sich bezieht. Je größer der imaginative Spielraum ist, den sich die Utopie als literarische Gattung selbst schafft, um so größer ist die Möglichkeit, daß die utopischen Verhältnisse, die geschildert werden, als imaginative und nicht primär politologische Modelle über den einmaligen, konkreten historischen Anlaß hinaus wirken und in der Phantasie und Reflexion des Lesers auf Zusammenhänge angewandt werden können, die der Autor einer literarischen Utopie sich nicht vorstellen konnte, als er sein Werk konzipierte und niederschrieb.

      Die Analyse der literarischen Utopien und Anti-Utopien hat deshalb immer zweierlei zu leisten: die literarischen Techniken zu analysieren, deren sich ein Autor bedient, und die Intentionen zu ermitteln, die sich sowohl in den imaginativ gestalteten wie in den expositorisch-abstrakten Passagen eines Werkes enthalten sind. Dabei sind die Wechselbeziehungen zwischen den beiden Darstellungsweisen ständig zu berücksichtigen. Erzählerische Partien wirken auf die expositorischen, und umgekehrt wirkt die Reflexion zurück auf das dichterisch Gestaltete. Utopie bewegt sich immer im Grenzbereich zwischen Literatur und Philosophie, zwischen dichterischer Anschauung und politischer Reflexion.
      Fragt man, ob in der bisherigen Forschung bei der Analyse der literarischen Utopien bereits allgemeine Gattungsmerkmale herausgearbeitet wurden, so wird man zum einen auf die Arbeit von Hubertus Schulte-Herbrüggen, Utopie und Anti-Utopie: Von der Strukturanalyse zur Strukturtypologie (Bochum-Langendreer, 1960) und zum anderen auf das Buch von Raymond Ruyer, L`Utopie et les Utopies (Paris 1950) verwiesen. Schulte-Herbrüggen vertritt im Anschluß an seine Interpretation der Utopia des Thomas Morus die These, daß Isolation, Selektion und Idealität die charakteristischen Formprinzipien einer Utopie sind. Die Isolation zeigt sich bei Morus "in geographischer Hinsicht: die Insellage; in staatspolitischer: der souveräne Nationalstaat; außenpolitisch: die Bündnisfreiheit; wirtschaftlich: die Autarkie; im Außenhandel: der absolute Exportüberschuß; militärisch: die eigene Überlegenheit und Unangreifbarkeit; bevölkerungspolitisch: die Kolonisationsmöglichkeit je nach Bedarf." Die Selektion sieht Schulte-Herbrüggen in der vernunftgemäßen Integrität der Bewohner und in der kommunistischen Lebensform gegeben; die Idealität in der prästabilierten Harmonie der utopischen Welt.
      Die Kategorien, die Raymond Ruyer in seinem Buch L`Utopie et les Utopies (bereits zehn Jahre zuvor) herausarbeitete, überschneiden sich teilweise mit den Kategorien von Schulte-Herbrü`ggen oder sind in dessen Erläuterungen zu den drei Grundkategorien mit enthalten. Nach Raymond Ruyer weist eine Utopie folgende Hauptmerkmale auf: symétrie, uniformité, croyance en l`éducation, hostilité à la nature, dirigisme, collectivisme, les choses mises à l`envers (= verkehrte Welt), autarchie et isolement, ascétisme, eudémonisme collectif, humanisme, prosélytisme, prétention prophétique. Insgesamt fällt auf, daß Raymond Ruyer sich vor allem auf jene Begriffe konzentriert, die geeignet sind, die Utopie als Gattung thematisch festzulegen; besonders hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang: der Glaube an die Erziehbarkeit des Menschen, die humanistisch-eudämonistische Einstellung, der Kollektivismus und Dirigismus und schließlich der prophetisch-missionarische Anspruch, der der Utopie inhärent ist. Es empfiehlt sich, einen derartigen Kriterienkatalog nicht als eine dogmatische Norm, sondern als eine Hilfskonstruktion, als ein idealtypisches Modell zu begreifen und sowohl bei der Analyse einer einzelnen Utopie wie bei der kritischen Überprüfung neuerer und neuester Definition des Begriffes Utopie zu fragen, ob alle von Schulte-Herbrüggen und Raymond Ruyer genannten Kriterien zutreffen oder ob sie auf Grund der Beschaffenheit der vorliegenden literarischen Texte modifiziert werden müssen.
      Avatar
      schrieb am 18.06.03 12:51:18
      Beitrag Nr. 469 ()
      Auryn, das "Gleichheitszeichen" steht vor und deren!

      Bis dann! Muß weg.
      Avatar
      schrieb am 18.06.03 12:53:30
      Beitrag Nr. 470 ()
      Seufz! Sollten wir uns gleich doppelt mißverstanden haben?
      Na gut, dann eröffne ich den entsprechenden Intellektuellen-Thread eben ohne Deine Hilfe.
      :cry:
      Avatar
      schrieb am 18.06.03 18:23:40
      Beitrag Nr. 471 ()
      Avatar
      schrieb am 01.07.03 14:56:33
      Beitrag Nr. 472 ()
      Ich möchte doch meine geschätzten Diskussions-Kontrahenten aus allen Foren auch in deren eigenem Interesse bitten, Ihren persönlichen Haß auf meine politische Meinung oder meine Person nicht durch Verallgemeinerungen auf ganze Volksgruppen zu übertragen, da mir dies die Gelegenheit bietet, die grandiose Unkenntnis der Geschichte Osteuropas von meinen Kontrahenten bloßzustellen - zum einen durch Auszüge aus von den deutschen Kultusministerien empfohlenen Büchern, Zeitungsausschnitten und zum anderen durch persönlich-satirische Anmerkungen.
      Darüber hinaus sehe ich mich jetzt doch gezwungen, meine Familiengeschichte detaillierter auszubreiten. Für weitere - nicht zu private - Fragen bin ich gerne bereit.
      Aber worum geht es mir eigentlich?
      Nun, es geht insbesondere um dieses amüsante Posting hier mit seinen "überaus lustigen" Smilies und meinen leider erst heute folgenden Kommentar weiter unten:

      #115 in Thread: Anti-Utopien sowie deren Totalitarismus- und Realitätsbezug
      es ist schon ein kreuz mit den rumäniendeutschen und anderen berufsvertriebenen.
      ich kenne sie aus meiner eigenen familie.
      ... ja, dabei war der bub immer so talentiert....
      ein so kluger kopf...
      aber der kommunismus hat verhindert, dass was aus ihm geworden ist.... ;)
      das schrecklichste schicksal aber, das dem `volksdeutschen` menschen beschieden sein kann,
      ist es schliesslich unter die `reichsdeutschen` zu fallen und die missachtung zu erfahren, dass die jammertiraden über das durch den kommunismus verfehlte leben nicht loszuwerden sind und keiner mehr zuhören mag... seine und seiner familie vertane chancen - wie schrecklich, aber eben eine story unter anderen.....
      das wird dann gern zum krampf.
      amerika ist gross und weit und der `volksdeutsche` wie der osteuropäer vermutet dort sein glück. deshalb ist alle kritik an amerika sakrosankt und despektierlich. also neudeutsch antiamerikanisch. und alle anmutung an gedankengut, das irgendeine kritik am american way of life mit sich bringt, kann nur schlecht sein, ein sakrileg. wie immer die denker heissen, wenn nur der geruch des `linksdenkers` an ihm haftet, dann regt sich der natürliche widerstand des berufsgeknechteten. denken in kategorien, die über die eigene notlage hinausweisen, sind allemal verdächtig.
      grad so, wie der westerner sich auf den weg machte, um das `leere` indianerland zu seinem eigenen zu machen, sieht der naturalisierte `volksdeutsche` seine kritischen `reichsdeutschen` landsleute als hindernis, sich seinen so lang geträumten traum zu erfüllen. niemals sich selbst. er bekämpft schliesslich jeden gedanken, der hinweis auf besserung ermöglicht. masochismus ist gelernte unterwürfigkeit. das wissen zu können - wenigstens das - unterscheidet das alte vom neuen europa ;)

      Das obige Zitat fängt schon mal grundfalsch an, denn ich (Auryn) habe mich oder meine Familie niemals als "Heimatvertriebenen" bezeichnet. Auch habe ich mich nach meiner Erinnerung niemals über meine eigene persönliche Lebenssituation infolge meiner Familiengeschichte beklagt.
      Falls jemand eine gegenteilige Textstelle von mir dazu finden sollte, bitte ich doch sehr um die Angabe der betreffenden Textstelle.
      Darüber hinaus biete ich - Auryn - demjenigen 100 Euro Belohnung, der mir eine staatlich oder nichtstaatlich organisierte VERTREIBUNG von Rumäniendeutschen aus Rumänien heraus nachweisen kann.
      Eine solche Vertreibung hat es von Deutschen aus Polen, der Tschechoslowakei und aus Jugoslawien heraus gegeben, aber schon in Ungarn war die Lage ganz anders und IN RUMÄNIEN HAT ES NIEMALS EINE VERGLEICHBARE VERTREIBUNG GEGEBEN !!!
      Ich würde es sehr begrüßen, wenn meine hasserfüllten Kontrahenten nicht von ihrer eigenen Familiengeschichte verallgemeinernd auf die Geschichte meiner Familie schließen würden.
      Die Familien meiner Eltern wurden ebenfalls NIEMALS vertrieben, sondern nach dem Hitler-Stalin-Pakt in damals noch deutsch-sowjetischem Einvernehmen 1940 nach Schlesien umgesiedelt, dort von den sowjetischen Truppen 1945 inhaftiert und als rumänische Staatsbürger deutscher Nationalität nach Rumänien zurückdeportiert. Es kam dabei zwar zur Übergriffen der einfachen russischen Soldaten, doch die Familien meiner Eltern hatten das große Glück, wegen ihrer Herkunft aus der Bukowina auch gebrochen Russisch und Ungarisch zu sprechen, was ihnen bei den russischen Kommandanten sehr half und die Übergriffe beendete. Zurückgekehrt nach Rumänien betrachteten sich die Familien meiner Eltern als eine Art von Glückspilzen, denn sie kamen erst an, nachdem die arbeitsfähige deutsche Minderheit in Rumänien bereits komplett zur Zwangsarbeit in Sowjetunion deportiert worden war.
      Die Familien meiner Eltern wurden nach ihrer Rückkehr in die Bukowina von ihren Nachbarn keineswegs wie in anderen osteuropäischen Ländern diskriminiert, sondern sie überlebten überhaupt nur durch die Hilfe ihrer rumänischen Nachbarn die Hungerjahre nach 1945. Die rumänischen Nachbarn waren jedoch ein ebensolcher Teil von Übergriffen der sowjetischen Besatzungsarmee wie die zurückgekehrten deutschen Familien. Meine Mutter und meine Tanten können sich auch heute noch genau erinnern, dass im Dezember 1947 (-siebenundvierzig!) von abziehenden sowjetischen Truppen ein durchweg rumänisches Nachbardorf von Cimpolung Moldovenesc in der rumänischen Bukowina geplündert und verwüstet wurde. Offenkundig hatten die sowjetischen Truppen immer noch keinen Befehl erhalten, die rumänische Bevölkerung nicht mehr als "Feinde" zu betrachten.
      Andersherum bestand für die normale rumänische Bevölkerung nie ein Grund, die deutsche Minderheit als ihren Feind zu betrachten, da Rumänien mit dem Deutschen Reich bis zum August 1944 verbündet war und das Deutsche Reich im Krieg - anders als in Polen oder der Tschechoslowakei nie einen Anspruch auf rumänisches Territorium erhoben hatte.
      Die kommenden Diskriminierungen gingen niemals von der Bevölkerung aus, sondern von der kommunistischen Regierung, die von Anfang an das eigene Volk im Sinne Stalins umzugestalten suchte.
      Meine Eltern wurden jedoch niemals vertrieben; im Gegenteil, im Vergleich mit den anderen deutschen Opfern von Vertreibungen waren sie Glückspilze.

      Warum sie dann in den 60er Jahren nach Deutschland kamen und ein Drittel meiner Familie weiterhin in Rumänien lebt, werde ich vielleicht noch anhand weiterer Postings zu erklären versuchen.

      Zitat:
      Die nationalsozialistische Eroberungspolitik und Willkürherrschaft im übrigen Osteuropa mit ihren Verbrechen hatte dort einen Haß gesät, dessen bittere, blutige Früchte das deutsche Volk jetzt erntete. Die Verbrechen der einen Seite machen jene der anderen erklärlich; sie rechtfertigen sie indessen nicht.
      Als die sowjetischen Truppen in Osteuropa und dann in das Deutsche Reich einmarschierten, floh die deutsche Zivilbevölkerung in Massen nach Westen, um den Schrecken des Kriegsgeschehens auszuweichen. Meist evakuierten die Behörden zu spät,
      vielfach wurden Flüchtlingstrecks von den sowjetischen Truppen überrollt. ...

      Auch die höheren sowjetischen
      Truppenführer vermochten diesen zügellosen Ausschreitungen kaum Einhalt zu gebieten. Massenhaft kam es zu Vergewaltigungen deutscher Frauen, wobei offenbar noch jene ältere Vorstellung nachwirkte, Frauen seien eine dem Sieger zustehende Beute, besonders bei sowjetischen Soldaten asiatischer Herkunft. Die sowjetischen Soldaten verhielten sich damit völlig anders als die einmarschierenden britischen, amerikanischen und französischen Truppen. Im Westen gab es keine Massenvergewaltigungen, wenn man von einzelnen Exzessen der französischen Kolonialtruppen absieht, und kein massenhaftes Morden der Zivilbevölkerung.
      ...
      Wie die Nationalsozialisten sich bei ihrer Gewaltpolitik im Osten pauschal gegen die dortigen Völker gewendet hatten, so richteten sich jetzt die Übergriffe der Tschechen, Polen und Jugoslawen unterschiedslos gegen alle Deutschen, nur weil sie Deutsche waren. Doch während die nationalsozialistische Unterdrückungs- und Ausrottungspolitik von oben bürokratisch organisiert und von den zuständigen Stellen nach dem Prinzip von Befehl und Gehorsam ausgeführt worden war, entstanden die antideutschen Pogrome 1944/45 weitgehend spontan von unten, und weite Bevölkerungskreise engagierten sich dabei. In Polen, der Tschechoslowakei und Jugoslawien wurden zahlreiche deutsche Zivilisten in Lager gebracht, wobei man vielfach die KZs der NS-Zeit weiterbenutzte. Zigtausende von Deutschen kamen durch Hunger, Mißhandlung und Mord in diesen Lagern um. Die Jugoslawen griffen auch zu Massenerschießungen, um die Deutschen systematisch auszurotten.
      Ferner verschleppten die Russen über 500.000 Deutsche zu mehrjähriger Zwangsarbeit in die UdSSR, von denen dort ebenfalls viele umkamen.
      Mit dem Ende der deutschen Herrschaft begannen die Polen und Tschechen mit sowjetischer Zustimmung sofort, alle Deutschen östlich der Oder-Neiße-Linie und im Sudetengebiet in brutaler und ungeregelter Weise auszutreiben. Diese gewaltige Bevölkerungsverschiebung war schon während des Kriegs von der tschechischen und der polnischen Exilregierung gefordert und von den Alliierten akzeptiert worden. Ihr Sinn lag darin, Polen und die Tschechoslowakei in ihren neuen Grenzen zu volklich einheitlichen Staaten zu machen, frei von volklichen Minderheiten. Nach den Erfahrungen der Jahre vor dem Zweiten Weltkrieg glaubten sie, ihre Grenzen nur so gegen Revisionsansprüche sichern zu können. Auf der Potsdamer Konferenz bemühten sich die Westalliierten, die bereits angelaufenen wilden Austreibungen in geordnete und humane Bahnen zu lenken, was dann für die Jahre 1946 und 1947 immerhin einigermaßen erreicht wurde. Ende 1947 waren die Vertreibungen im wesentlichen abgeschlossen. 1950 befanden sich 11,73 Millionen deutsche Flüchtlinge und Vertriebene in der BRD, der DDR und Österreich. 2,11 Millionen deutsche Zivilisten waren bei Flucht und Vertreibung ums Leben gekommen, besonders die weniger Widerstandsfähigen, die Kinder, Alten und Frauen. Doch nicht nur Hunger, Strapazen und Seuchen sowie Kriegshandlungen forderten ihre Opfer, sondern der Tod von etwa 600.000 deutschen Zivilisten war auf Verbrechen der Russen, Polen, Tschechen und Jugoslawen zurück.
      ...
      In Osteuropa kam es allein in Ungarn und Rumänien NICHT zu brutalen Haßausbrüchen gegen die Deutschen. Für die in Ungarn lebenden Volksdeutschen wurde eine Umsiedlung erst von den Alliierten im Potsdamer Abkommen angeordnet. Sie vollzog sich ohne Ausschreitungen und wurde auch nur etwa zur Hälfte durchgeführt, während die übrigen Deutschen in Ungarn bleiben konnten. In Rumänien wurden überhaupt keine Vertreibungen durchgeführt. Die rund 380.000 Deutschen, die nach der von Hitler veranlaßten Umsiedlung, nach Evakuierung, Flucht und sowjetischen Deportationen noch im Land waren, durften bleiben. Doch auch sie wurden enteignet und in eine diskriminierte Stellung herabgedrückt.
      Zitiert aus dem von der Bundeszentrale für politische Bildung empfohlenen Geschichtswerk von Jürgen Mirow: Die Geschichte des deutschen Volkes, S. 959-961.

      Es konnten zwar in den ersten Tagen nach dem Einmarsch der Roten Armee in das rumänische Territorium einige tausend Deutsche vor allem mit Wehrmachtseinheiten fliehen. Eine weitgehende Evakuierung grenznaher Dörfer war jedoch nur im Banat möglich, wo etwa 70-80.000 Personen flüchteten. Im Zuge einer deutschen Gegenoffensive gelang es auch, die Einwohner von fünf mittelsiebenbürgischen Dörfern in großer Eile und unvollständig zu evakuieren.
      Eine geschlossene und rechtzeitig vorbereitete Evakuierung war nur in Nordsiebenbürger, das damals zu Ungarn gehörte, in der Zeit vom 10.-19. September 1944 möglich; die letzten Trecks erreichten im November bei Schneetreiben ihre Bestimmungsorte in Nieder- und Oberösterreich. Dem Evakuierungsbefehl leistete hingegen nur der kleinere Teil der Sathmarer Schwaben Folge. Abgesehen von den 215 000. Umgesiedelten und den etwa 60.000 in deutschen Einheiten dienenden Männern dürften im Herbst 1944 mindestens 100.000 Rumäniendeutsche aus dem derzeitigen Staatsgebiet geflüchtet sein, von denen allerdings ein guter Teil nach Kriegsende im Jahre 1945 von den Sowjets wieder zurückgeführt wurde.
      Darunter befanden sich auch die Familien meiner Eltern, die in Schlesien als rumänische Staatsbürger mit deutscher Nationalität zurück nach Rumänien deportiert wurden.
      Für die zurückgebliebenen Deutschen änderte sich zunächst auch nach Durchzug der sowjetischen Truppen nicht viel: Telefone und Rundfunkgeräte wurden zwar sehr bald beschlagnahmt, und die Deutschen erhielten Sonderausweise. Auch der Kreis der Internierten wurde immer stärker ausgeweitet. Die meisten konfessionellen Schulen mit deutscher Unterrichtssprache konnten aber nach einer gewissen Unterbrechung den Schulunterricht wieder aufnehmen.: Mit Beginn des Jahres 1945 änderte sich das grundlegend:
      In der Zeit vom 9.-15. Januar 1945 wurden schlagartig etwa 80.000 -,:17-45jährige Männer und 18-35jährige Frauen zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion deportiert. Ausgenommen waren nur Hochschwangere und Mütter mit Kindern unter einem Jahr. Wenn die Sollzahl nicht erreicht wurde, griffen sich die sowjetischen Soldaten willkürlich Ersatzpersonen unter der rumänischen oder ungarischen Bevölkerung. Die noch königstreuen rumänischen Verwaltungen versuchten vielerorts, die Deportationen zu verhindern, doch auch ihnen wurde bei Warnung der Deutschen oder Sabotage der sowjetischen Zwangsmaßnahmen mit der Deportation gedroht. - Viele Kinder blieben elternlos zurück. Manche wurden von rumänischen Nachbarn wie ihre eigenen Kinder aufgezogen bis die Eltern zurückkamen, was aber häufig nicht der Fall war. Soweit keine Großeltern oder Nachbarn vorhanden waren, schalteten sich die Kirchen ein, und es bewährte sich die Solidarität der Nachbarschaften und Dorfgemeinschaften; so daß keine Kinder in staatliche rumänische Waisenhäuser eingewiesen werden mußten. - Die ersten kranken Deportierten wurden von` den Sowjets nicht nach Rumänien; sondern nach Frankfurt/Oder verbracht, von wo, sich viele zu ihren vorher geflüchteten Ehemännern oder Bekannten im Westen absetzten. Die letzten- Deportierten kehrten nach zehn Jahren zurück; bei gescheiterten Fluchtversuchen auch später. Infolge von Hunger und Krankheiten war die Todesrate hoch.
      Insgesamt kamen wohl über zehn Prozent der deportierten Angehörigen der deutschen Minderheit in der Sowjetunion ums Leben.

      - Die Rumäniendeutschen verloren alle politischen Rechte, das Minderheitenstatut vom 7. Februar 1945 galt für sie nicht: Erst durch Gesetz vom 7. September 1950 wurde ihnen wieder das Wahlrecht zuerkannt.
      - Durch das zweite Agrarreformgesetz vom 23. März 1945 verloren alle Personen deutscher Nationalität mit Ausnahme der "wenigen, die aktiv als Soldaten gegen Hitlerdeutschland kämpften", entschädigungslos ihren gesamten landwirtschaftlichen Grundbesitz mit Hofstelle sowie lebendem und totem Inventar. In die Bauernhäuser zogen fremde Kolonisten ein, von deren Gutmütigkeit, es abhing, ob die bisherige Bauernfamilie noch ein Zimmer behalten durfte oder nicht.

      Im sozialistischen Rumänien
      Am 30. Dezember 1947 verzichtete König Michael unter Todesandrohung der Kommunistischen Partei auf den Thron, und es wurde die Volksrepublik Rumänien -ausgerufen. Die Sozialisierungsgesetze vom Sommer 1948 hatten zur Folge, daß außer der Industrie, den Banken, Versicherungen und Genossenschaften auch Hauseigentum und das deutsche konfessionelle Schulwesen verstaatlicht und die zahlreichen deutschen Vereine aufgelöst wurden. Die selbständigen Handwerker waren schon vorher durch Druck veranlaßt worden, Genossenschaften zu bilden und ihre Selbständigkeit aufzugeben. Im März 1949 begann auch die Sozialisierung der rumänischen Landwirtschaft nach sowjetischem Muster.
      Neben dieser Zerstörung der wirtschaftlichen Basis wirkten sich folgende Maßnahmen auf die Rumäniendeutschen besonders aus
      - die Deportation von Banatern, die, in der Nähe der jugoslawischen Grenze wohnten, zusammen mit nicht-vertrauenswürdigen Rumänen und Ungarn in die Baragansteppe;
      - die Zwangsumsiedlung nicht erwerbstätiger Städter auf Dörfer;
      - Schauprozesse wegen "nationalistischer Umtriebe" und
      - eine Vielzahl von Übergriffen und Benachteiligungen auf örtlicher Ebene. .
      Etwa zehn Jahre nach Kriegsende nahmen Staat und Partei allmählich eine liberalere Haltung gegenüber den Rumäniendeutschen ein. Im Jahre 1956 erhielten die ehemaligen Bauern, aber auch Nichtlandwirte, ihre Höfe und Familienhäuser auf Antrag zurück, allerdings ohne die dazugehörigen landwirtschaftlichen Grundstücke. Diese liberale Phase erreichte ihren Höhepunkt, als der neugewählte Generalsekretär Ceausescu im Jahre 1968 nach einem Gespräch mit rumäniendeutschen Intellektuellen offiziell Fehler in der Behandlung der. Rumäniendeutschen eingestand und der Gründung eines Rates der Werktätigen deutscher Nationalität zustimmte.
      Mit der weltweiten Ölkrise, also vorm Jahre 1974. an, setzte ein härterer innenpolitischer, Kurs ein. Seit 1982 verschlechterten sich die wirtschaftlichen Verhältnisse in Rumänien so stark stark, daß es zu einer schweren Ernährungs- und Energiekrise kam, die bis zum Sturz Ceausescus anhielt. Nicht zuletzt um davon abzulenken, wurden immer nationalistischere Töne angeschlagen; die nicht offiziell, aber in Wirklichkeit Minderheitenfeindlichkeit zur Folge , hatten und haben.
      (Zitiert aus dem Themenheft der Bundeszentrale für politische Bildung: Informationen zur politischen Bildung, Aussiedler, Heft 222, S. 41.)
      Avatar
      schrieb am 01.07.03 15:10:59
      Beitrag Nr. 473 ()
      Kommen wir nun als nächstes zur Frage, was denn meine Familie nur bewogen haben könnte, das Land dieses genialen Erfinders des "volksrepublikanischen Zepters" zu verlassen:
      http://de.photos.yahoo.com/bc/y64_x_32/vwp?.dir=/Totalitaris…
      Was könnte dies nur gewesen sein?
      Sehen wir uns zur Behandlung dieser Frage doch den Artikel aus der Zeitschrift "Der Spiegel" an, aus dem dieses Foto stammt.
      Avatar
      schrieb am 01.07.03 15:40:22
      Beitrag Nr. 474 ()
      Oh, der Artikel ist wohl doch so lang, daß ich ihn besser "splitte", sonst bricht die Verbindung zusammen:

      Teil 1 des Spiegel-Artikels
      Aus:
      Der Spiegel, 40. Jahrgang, Nr. 49 vom 1. Dezember 1986, S. 174 ff.

      "Du bist zu groß für ein so kleines Volk"
      SPIEGEL-Report über den rumänischen Staats- und Parteichef Nicolae Ceausescu und sein Land


      Mit der Aura eines roten Monarchen und dem Staatsterror eines Stalin beherrscht er seit über zwanzig Jahren das kommunistische Rumänien. Seine eigenwillige Außenpolitik schuf Abstand zur großen Sowjet-Union, seine Wirtschaftspolitik trieb das Land in, eine Dauerkrise. Doch der Despot Nicolae Ceausescu ist krank. Mit einem Erben aus dem eigenen Familienclan versucht er, sein altertümliches System zu zementieren.

      Die Schriftsteller des Landes preisen ihn als "Titan unter den Titanen", vergleichen sein Wirken mit dem von Julius Cäsar, Alexander dem Großen, Perikles, Napoleon oder Cromwell. Die Maler zeichnen ihn göttergleich vom Himmel herabsteigend, vor leuchtenden Horizonten, ein Messias.
      Zahllose Künstler haben ihm gehuldigt, haben die Zeugnisse ihrer Verehrung schwülstig auf Papier und Leinwand gebracht. Einer, der Poet Dumitru Bradescu, inzwischen zum Hofdichter aufgestiegen, reimte ein preisgekröntes Sonett: "Ich fühle mich hingerissen, ihn zu preisen und ihm die Schläfen zu küssen."
      Der solcherart massenhaft Verklärte ist kein Barockfürst oder osmanischer Potentat, sondern ein Kommunist: Nicolae Ceausescu, 68, seit nunmehr 21 Jahren Parteichef und inzwischen auch Staatspräsident der Sozialistischen Republik Rumänien, Oberbefehlshaber der Armee, Vorsitzender des Obersten Rates für wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung und Chef des Nationalrats der Werktätigen.
      Daß er der Größte, Klügste und Weitsichtigste ist, kann der "Conducator" (Führer), wie er sich gern nennen läßt, täglich in der von ihm streng überwachten Parteipresse lesen, die unter der Dauerdevise erscheint: "Den Weisungen des Genossen Nicolae Ceausescu, entsprechend denken, planen, handeln!"
      Der Personenkult um diesen Conducator ist weit bizarrer als der Götzendienst, der Hitler, Stalin oder Mao je entgegengebracht wurde, nur der Nordkoreaner Kim Il Sung bringt noch mehr Massen zum Jubeln. Der rote Cäsar Ceausescu hat einen Herrschaftsstil entwickelt, der sich kaum noch an den sozialistischen Säulenheiligen Marx und Lenin, dafür um so mehr am Hofzeremoniell ägyptischer Gottkönige orientiert. Das kleine Rumänien, an Fläche etwa so groß wie die Bundesrepublik, aber nur mit 22,6 Millionen Einwohnern, wurde der Exot des Weltkommunismus, regiert von einer Familiendynastie, wie sie keine andere KP je ertragen hat.
      König Nicolae fühlt sich daheim offenbar nicht so gut wie in der weiten Welt. Mehr als 51 Staaten der Erde hat der rote Monarch bisher besucht, viele davon mehrmals. Er saß mit den US-Präsidenten Nixon, Ford und Carter im Weißen Haus, ebenso wie in Maos Gemach neben dem ehemaligen Kaiserpalast von Peking, war beim Schah von Persien und bei Diktator Marcas auf den
      Philippinen zu Gast, machte Staatsvisite in London, Neu-Delhi, Paris und Bonn.
      Damit auch seine Untertanen etwas von dem aufwendigen Polit-Tourismus haben, wurde im Bukarester Nationalmuseum eine wandgroße Weltkarte aufgehängt, die mit bunten Markierungen die weltumspannenden Kontakte des Führers zeigt.
      Weil ihn auf einer seiner zahllosen Auslandsreisen der Kaiser von Japan einmal nicht empfangen wollte, legte sich der Conducator auch nach eine Seidenschärpe in den Landesfarben und ein selbstentworfenes Zepter mit Goldknauf zu.
      Seinen Geburtstag im Januar, später auch den seiner Frau Elens, erklärte die Nationalversammlung in Bukarest zu Staatsfeiertagen, an denen auf pompös organisierten Jubelfeiern auch das Bukarester Opernensemble singt. Textprobe:
      "Ceausescu - Gloria! Ewig wollen wir Dich rühmen, immer unter der ruhmreichen Trikolore schreiten, Du uns voran, als tapferer Kämpfer! Hoch lebe Ceausescu!"

      Doch der so hoch Verehrte herrscht über ein heruntergekommenes Land, das zu den ärmsten in Europa gehört, von seinen Bürgern die größten Opfer und Entbehrungen verlangt und seinen Arbeitern die niedrigsten Löhne zahlt seit vier Jahrzehnten mit dem hohlenVersprechen auf eine glanzvolle Zukunft im Sozialismus.
      Wie in den ersten Nachkriegsjahren sind in Rumänien sogar die Grundnahrungsmittel rationiert, vor den leeren Geschäften stehen lange Käuferschlangen. Schon zwei Winter hintereinander reichte auch die Energieversorgung nicht aus, die Fabriken standen wochenlang still die Bürger mußten in ihren Wohnungen bei den gesetzlich vorgeschriebenen Temperaturen von zwölf Grad Celsius hungern und frieren. Nichts spricht dafür, daß es im kommenden Winter anders wird.
      Reallöhne und Nationalprodukt sind in den letzten Jahren um zehn Prozent gesunken. Durch Fehlplanung in der Wirtschaft hat das Land seine Reserven aufgebraucht, ist im Westen mit rund sechs Milliarden Dollar verschuldet und kann nicht mal die fälligen Zinsen zahlen.
      Die Verantwortung für die Dauerkrise und den kümmerlichen Lebensstandard trägt Ceausescu, dieser "Revolutionär, der selbst der Sonne trotzt". Im Gegensatz zu allen anderen sozialistischen Blockstaaten hat in Rumänien nie eine Wirtschaftsreform stattgefunden, wurde die Wirtschaftslenkung nie auch nur geringfügig dezentralisiert. Der Conducator allein entscheidet, was Industrie und Landwirtschaft produzieren, welche Güter eingeführt oder exportiert werden dürfen. Die zuständigen Ressortminister, die Ceausescu älter auswechselt als sein privates Hauspersonal, sind nur die Sündenböcke für das Dauerdesaster.
      Parlament und ZK, in kommunistischen Ländern ohnehin nur demokratisches Alibi, haben in Rumänien nichts zu sagen. Hohe Funktionäre und Minister werden durch ein Rotationssystem ganz nach Ceausescus Gutdünken zum Rücktritt gezwungen: Vier Außenhandelsminister hat der Conducator allein in den vergangenen vier Jahren verbraucht.
      Aber: Als erster roter Herrscher ließ er am vorletzten Wochenende in einem Volksentscheid seine Untertanen über die Reduzierung des Militäretats abstimmen. Geheim war das Plebiszit freilich nicht. Jeder Wähler mußte seinen Namen und seine Adresse in die Abstimmungslisten eintragen. So war das Ergebnis, wie nicht anders zu erwarten: 99,9 Prozent der Befragten sprachen sich für die Abrüstung aus.
      Dieser seltsame rote Monarch hat dennoch etwas Unsägliches vollbracht: Er hat Moskau getrotzt - aber das moskowitische System der GULAG-Zeit in seinem Rumänien so unverfälscht erhalten wie kein anderer Kommunist, Nordkoreas exzentrischer KP-Chef wiederum ausgenommen.
      Ein schwerfälliger, autoritärer Partei- und Staatsapparat beherrscht das Land, eine allmächtige Geheimpolizei bespitzelt und verfolgt jeden Andersdenkenden, unterdrückt jede von der Parteilinie abweichende Idee. In Rumänien lebt der alte Stalin immer noch.
      Die Verflechtung von Partei- und Staatskadern ist enger als andernorts im Sozialismus: Die örtlichen Parteisekretäre sind zugleich Bürgermeister; die Gewerkschaftsfunktionäre und Vorsitzenden gesellschaftlicher Organisationen werden von der Partei ausgewählt.
      Dabei ist dieser Alleinherrscher keiner der von Moskau eingesetzten Satrapen, die nach dem Zweiten Weltkrieg unter dem Schutz der Raten Armee in Osteuropa den Willen der Sowjets vollzogen.
      Er gehört auch nicht zu jenen legendären Revolutionären, die sich, wie einst Tito, Mao Tse-tung, Fidel Castro oder Ho Tschi-minh den Weg zur Macht an der Spitze verwegener Partisanentrupps mit der Waffe freikämpfen mußten.
      Auch zur kommunistischen Theorie hat der Conducator wenig beigetragen. Seine gesammelten Werke: "Vom Aufbau der entwickelten Gesellschaft", in rotem Kunstleder herausgegeben, sind zwar inzwischen bis zum Band 28 angewachsen - Marx und Engels haben für ihr Gesamtwerk nur 36 Bände gebraucht. Aber die Sammlung enthält fast nur strohtrockene Reden ohne jede zündende Idee.
      Nicolae Ceausescu ist eher die Karikatur eines Volkstribuns. Er wirkt stets linkisch und verlegen, hält die Massen am liebsten auf Distanz, liest seine stundenlangen Reden mit stotternder Stimme vom Blatt ab und überläßt bei Staatsbesuchen anderen die Konversation.
      Die meisten Rumänen sind das archaische System und den Helden an der Spitze längst leid - zu offenem Protest aber ist es bisher nur selten gekommen. Ein spontaner Streik der Bergleute im Schiltal wurde von der Geheimpolizei durch Massenverhaftungen beendet, ein Hunger-Aufstand im Banat, wo Bauern im vorigen Jahr die staatlichen Getreidedepots zu stürmen versuchten, blutig niedergeschlagen. Drei Versuche im Offizierskorps, das Ceausescu-Regime per Militärputsch loszuwerden, wurden frühzeitig verraten.
      Bukarester Intellektuelle, die noch nicht restlos resigniert haben, versuchen das Phänomen der unangefochtenen Ceau§escu-Herrschaft mit dem Volkscharakter zu erklären. Ein rumänisches Sprichwort sagt: "Mais explodiert nicht." Gemeint ist damit, daß der Maisbrei, jahrhundertelang das Hauptnahrungsmittel des einfachen Volkes, gelehrt hat, sich eher anzupassen als zu revoltieren.
      Ein überstürzt vollzogenes Industrialisierungsprogramm aus der kommunistischen Gründerzeit hatte das Land wirtschaftlich unabhängig und politisch autark machen sollen. So, gingen Milliardenbeträge; meist aus westlichen Krediten, in den Bau von Fabriken und Kombinaten. Allein im Jahr 1969 legte sich das bisherige Agrarland 200 neue Industriezentren zu.
      In nur drei Jahren erhöhte Rumänien seine Stahlproduktion um eine Million Tonnen, eine Steigerung, für die das industrialisierte Schweden 69 Jahre benötigte. Für die Verarbeitung des heimischen Erdöls ließ Ceausescu einen petrochemischen Komplex mit einer Kapazität von jährlich :ih Millionen Tannen bauen -dreimal soviel wie die Rumänen fördern können.
      Um die nötigen Devisen für die Rückzahlung westlicher Kredite zu verdienen, befahl der Conducator dann noch, die Ausfuhr zu steigern - mit schlimmen Folgen für die Versorgung des eigenen Landes. Die ruinänischen Produkte waren im Ausland schwer abzusetzen, mit Ausnahme mancher Agrarerzeugnisse wie Gemüse und Fleisch.
      Doch die ökonomische Besinnung auf die Landwirtschaft kam zu spät: Den jahrelang vernachlässigten Staatsgütern und Genossenschaften fehlten die inzwischen von der Industrie abgeworbenen Arbeitskräfte, es fehlten moderne Ma-. schineu und das Geld für notwendige Investitionen.
      Ceausescu, der alles selbst entscheiden will, dem aber gerade für die Lösung ökonomischer Probleme der nötige Sachverstand und die - Geduld fehlen, hetzte sein Volk per Dekret von einer Massenkampagne m die andere.
      Strafbefangene, später Schulkinder und Studenten, schließlich auch die Industriearbeiter und Beamten mußten wochenlang auf die Felder in die Ernteschlacht ziehen - und fehlten an anderer Stelle. Nach einem Dekret vom vergangenen Jahr muß jeder über 18jährige Einwohner eine Woche im Jahr für die Wohngemeinde beim Straßen- oder Brückenbau unentgeltlich schuften.
      In der Energieversorgung setzte der Conducator erst auf das Öl. Als das versiegte, sollten Atomkraftwerke helfen. Deren Bau verzögerte sich, weil Devisen fehlten. Nun sollen Kohle und Wasserkraft die Versorgungskrise beenden, aber für den Ausbau der Kohlengruben und den Bau von Talsperren, milliardenteure Objekte, fehlt gleichfalls das Geld.
      Der konzeptionslose Zickzack-Kurs in der Wirtschaft und die Dauerkrise in der Versorgung hindern die Parteipresse nicht, ihren Spitzengenossen als "ersten Arbeiter des Landes" und "bäuerlichsten aller Bauern" zu loben. Der im Pariser Exil lebende Schriftsteller Paul Goma hat als weiteres Attribut den "bergmännischsten aller Bergleute" vorgeschlagen.
      Dieser vielfache Held mit der einmaligen Bilanz war ursprünglich nur der ergebene Gehilfe eines Größeren, der ihm Weg und Richtung wies - des Berufsrevolutionärs Georghe Gheorghiu-Dej.
      Der starb 1965 nach 20 Jahren Amtszeit im Alter von 63 Jahren an einer Lungenentzündung. Auch er herrschte autoritär über die Rumänen, in der Sache freilich kaltblütiger und konsequenter als der Conducator, im Stil mit weit weniger Aufsehen um die eigene Person.
      Wieso Gheorghiu, der sich den Namen des politischen Zuchthauses Dej als Untergrund-Namen zugelegt hatte, an dem 17 Jahre jüngeren Mitgefangenen Gefallen fand, läßt sich im Gestrüpp der nachgewachsenen Legenden nicht mehr mit Sicherheit ausmachen.
      Fest steht: Der ungebildete, zu jedem Auftrag bereite Jungkommunist Ceausescu wurde der Vertraute und Meldegänger des eingekerkerten KP-Führers, sein konspirativer Bote zu den illegalen Zirkeln der Partei.
      Mag sein, daß bei der Freundschaft der beiden eine Rolle gespielt hat, dass sowohl Gheorghiu-Dej wie auch der aus dem Flecken Scornicesti im Vorland der Karpaten stammende Ceausescu einst Schuster-Lehrlinge waren.
      Brutal ließ Gheorghiu-Dej nach 1945 alle Konkurrenten beseitigen: Der Untergrund-KP-Chef Stephan Foris wurde nach dem Einmarsch der sowjetischen Truppen wegen "Feigheit" ohne Gerichtsurteil erschossen. Nachfolger Lucretiu Patrascanu, 1948 verhaftet, starb 1954 als angeblicher "amerikanischer Spion" am Galgen. Die langjährige Außenministerin Ana Pauker, Favoritin des Kreml, verlor 1952 alle Ämter.
      Damit ging Gheorghiu-Dej vorsichtig, aber entschieden zur Moskauer Zentrale auf Distanz. Rechtzeitig durchkreuzte er
      Stalins Plan, Rumänien als Sowjetrepublik dem eigenen Reich einzuverleiben. 1958 brachte er die Sowjets dazu, ihre Besatzungstruppen aus Rumänien abzuziehen.
      Mit sicherer Witterung nutzte er den Konflikt zwischen Moskau und Peking und bot sich beiden Seiten als Vermittler an: Schließlich war es auch Gheorghiu-Dej, der Rumäniens Weichen wieder in Richtung Westen stellte. Er besuchte den Präsidenten Eisenhower in den USA, schickte seinen Premier Maurer zu Präsident de Gaulle nach Paris und lud beide zum Gegenbesuch in das sozialistische Rumänien ein.
      Nicolae Ceausescu war bei den geheimen Gesprächen und auf Reisen meistens in der Nähe seines Mentors, lernte und verstand es im Machtgerangel und bei plötzlichen Kurswechseln, im Kielwasser von Gheorghiu-Dej stets auf der Seite der Sieger zu stehen.
      Wegen seines Organisationstalents und seiner unzweifelhaften Loyalität, wohl auch, weil er dem Meister nie gefährlich werden konnte, bekam Ceausescu den Auftrag, die Zwangskollektivierung der Bauern zu vollziehen. 124 000 Landwirte, darunter viele Kleinbauern, ließ der tüchtige Erfüllungsgehilfe wegen "Widerstandes" verhaften.
      Dann setzte er als Vize-Minister der Streitkräfte und Leiter der Obersten Politischen Direktion die Parteilinie auch in der Armee durch und übernahm 1955 das wichtigste Amt im Politbüro: Er wurde zuständig für Organisation und Kader - für die in der roten Nomenklatura alles entscheidende Personalpolitik.
      Schon aus jener Zeit kennt der fleißige Bürokrat alle Kaderakten seiner Weggefährten und die entsprechenden Geheimdienstberichte. So mancher, der ihm heute zujubelt, vermutet, daß Ceausescu alles über ihn weiß.
      Dies mag der wichtigste Grund dafür gewesen sein, daß 1965 nach dem plötzlichen Tod von Gheorghiu-Dej sein Nachfolger als Parteichef Nicolae Ceausescu hieß. Dabei saßen damals im Politbüro Spitzengenossen mit älteren Rechten und Meriten, die zudem in der Bevölkerung, ja selbst beim Parteivolk, populärer waren als der Farblose Ceausescu Doch der war nun, mit 48 Jahren, der jüngste Parteichef im Ostblock und im Westen so gut wie unbekannt.
      Er behielt den Kurs seines Vorgängers weitgehend bei. Diesen Kurs, der trotz geringer Abweichungen auch nach heute gilt und für den für den der Conducator unberechtigt viel Lob aus dem Westen erhielt, hat der deutsche Politologe Jens Hacker als "Politik der abgestuften Auflehnung" umschrieben: Weitgehende nationale Selbständigkeit, aber korrektes Einhalten der Verträge mit der Sowjet-Union und den Bruderländern, freundschaftliche Beziehungen zum Sowjetfeind China, vorteilhafte Wirtschaftsbeziehungen zum Westen, lebhafte Kontakte mit aller Wett, ungeachtet unterschiedlicher Ideologien oder Gesellschaftsordnungen.
      Während sich in Rumänien innenpolitisch nichts bewegte, trieb der neue Mann die Politik der Selbständigkeit gegenüber Moskau zielstrebig weiter. Gegen den wütenden Protest Moskaus und aller Bruderländer nahm Rumänien als erster Ostblockstaat nach der Sowjetunion diplomatische Beziehungen zur Bundesrepublik Deutschtand auf und weigerte sich, seine diplomatischen Beziehungen zu Israel abzubrechen.
      Als im August 1968 Ostblock-Truppen den Prager Reformkurs niederwalzten, waren die Rumänen nicht dabei. Mehr noch: Ceausescu ließ das rumänische Parlament einberufen und stellte ex cathedra klar: Der Warschauer Vertrag, das ältliche Militärbündnis, dessen Mitglied auch Rumänien ist, sei "ausschließlich ein Instrument zur Verteidigung der sozialistischen Länder gegen eine Aggression von außen".
      Der Kreml, über den öffentlichen Widerspruch aufgebracht, ließ durchblicken, er könne notfalls auch in Rumänien die sozialistische Ordnung durch eine Militärintervention wiederherstellen. Jedoch - diese sozialistische Ordnung war in Rumänien nie bedroht.
      Und Nicolae Ceausescu zeigte gute Nerven. Auf einer ausnahmsweise wirklich spontanen Großkundgebung von über einer halben Million Menschen vor dem Bukarester Parteihaus rief er zur Gründung von "Patriotischen Garden" auf, einer bewaffneten Volksmiliz "zur Verteidigung unseres stolzen Vatertandes gegen jeden fremden Eindringling". Das Volk jubelte seinem Führer zu.
      Dieser Abend im August wurde zum Schlüsselerlebnis für den bis dahin ungeliebten Parteichef.
      Mit dem Instinkt des ehemaligen rumänischen Bauernjungen, der Fremdherrschaft als Ausbeutung und Demütigung selbst erlebt hatte, glaubte er zu spüren, was diesem Volk außer Brot, Arbeit und Heimstatt am meisten fehlte: Stolz auf eine eigene Rolle in der Geschichte, das Bewußtsein einer unverwechselbaren historischen Identität.
      Die zu schaffen, notfalls auch durch absurde Geschichtsklitterung, wurde Ceausescus fixe Idee. Rumänische Historiker, von Ceausescu ermuntert, entwickelten die von West-Kollegen als unseriös bewertete Theorie, die heutigen Rumänen seien die direkten Nachfahren der Daker, eines Heldenvolkes in grauer Frühzeit mit eigenem Staat und eigener Kultur, das von den Truppen des römischen Kaisers Trajan zwar besiegt, aber nie unterwarfen wurde. Ceausescu "Dies ist die klare Quelle des rumänischen Volkes."
      Längst vergessene, auch nahezu unbekannte "Helden des Volkes" beherrschten fortan die von Ceausescu redigierte Geschichtsschreibung, die weiten Einzug in die Schulbücher, sogar ins Parteiprogramm erhielt.
      Als Stammväter der rumänischen KP gelten Daker-Häuptlinge namens Burebista und Decebal, aber auch die Walachenfürsten Mircea der Alte, Stefan der Große und Michael der Tapfere, weil sie, wenn auch vergeblich, versucht hatten, ihren Besitz mit Hilfe einer europäischen Allianz von den Türken zu befreien.
      Selbst für den Diktator und Hitler-Freund Marschall Ion Antonescu, der im Zweiten Weltkrieg Rumänien an der Seite der faschistischen Allianz in den Krieg gegen die Sowjet-Union geführt hatte, fand die revidierte Geschichtsschreibung freundliche Worte: Antonescu hatte das verlorene Bessarabien und die Nord-Bukowina für Rumänien zurückgewonnen (und wieder verloren).
      Rumänien, dessen Grenzen im politischen Feilschen der Großmächte in knapp 50 Jahren fünfmal hin- und hergeschoben worden sind, stellt Gebietsansprüche an die Bruderländer Sowjet-Union, Ungarn und Bulgarien. Für die Historiker aus Moskau ist der Balkan-Staat nur ein "auf dem Papier ausgebrütetes Monstrum".
      Je länger die KP ihren hauseigenen Ahnenkult betrieb, je öfter sie Ceausescu als direkten Erben verblichener Größen feierte, um so mehr Gefallen fand der Bürokrat an der Spitze an diesem farbenprächtigen Rollenspiel.
      Irgendwann Ende der 60er Jahre, der genaue Zeitpunkt ist schwer auszumachen, glaubte Ceausescu selbst daran, die Inkarnation eines Decebal, Mircea des Alten und Stefan des Großen zu sein - von diesem Tag an "sitzt in Rumänien ein Größenwahnsinniger auf dem Thron", so der rumänische Schriftsteller Paul Goma.
      Die historische Kampagne hatte für die schon seit Jahrhunderten im Land lebenden Minderheiten, besonders die Ungarn und Deutschen, schlimme Folgen. In Siebenbürgen und im Banat wurden die schon von Königen verbrieften Minderheitsrechte aufgehoben, deutsche und ungarische Städte und Dörfer bekamen rumänische Namen, deutsche und ungarische Schulen wurden geschlossen, durch staatlichen Druck die Assimilierung mit dem rumänischen Heldenvolk angestrebt. Von den einst eine Million Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben leben heute nur noch knapp 200 000 im Land.
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      schrieb am 01.07.03 15:58:13
      Beitrag Nr. 475 ()
      Teil 2 des Spiegel-Artikels aus Posting # 473:


      Der Zwang zur Angleichung ging so gar so weit; daß Spitzensportler rumänische Namen annehmen mußten, so die mehrfache Olympia-Siegerin von Montreal, Nadia Comaneci, die als Kind ungarischer Eltern in Wirklichkeit Anna Kemenes heißt.
      Mit der wahnhaften Rumänisierung hat auch Ceausescus rigide Bevölkerungspolitik zu tun (SPIEGEL 43/1986). Befehl des Conducators: Jede rumänische Familie muß mindestens vier Kinder bekommen, damit das Volk bis zur Jahrtausendwende von 22,6 Millionen auf 30 Millionen Menschen anwächst.
      Die Idee zu dem Gebär-Befehl stammt laut Ion Mihai Pacepa, dem 1978 in den Westen geflüchteten ehemaligen Vizechef der Auslandsspionage, von Ehefrau Elena, die ihrem Nicolae auf einer Auslandsreise erklärte: "Ein Mann wie du wird nur alle 500 Jahre geboren. Du bist zu groß für ein so kleines Volk. Laß die Leute etwas dagegen tun."

      Ehefrau Elena hilft ihrem Supermann, wo es eben geht: im ZK - wie einst ihr Mann - zuständig für Kaderfragen; als Vizepremier und als Mitglied des höchsten Machtgremiums, des Exekutiv-Komitees. Kandidat für diese Befehlszentrale ist Ceausescus Sohn Nicu, Minister für Jugendfragen.
      Insgesamt halten mehr als ein Dutzend Personen aus dem engsten Ceausescu-Clan - soweit bekannt-Schlüsselstellungen in Partei, Staat und Wirtschaft besetzt. Ein Nepotismus ohne Beispiel zwingt Rumänien auf Familien-Kurs.
      Im ZK ist die Herrscherfamilie mit acht Mitgliedern präsent. Schwiegertochter Paliana führt die Kinderorganisation "Junge Pioniere", Ceausescus Schwager Gheorghe Petrescu trifft als Vizepremier alle Entscheidungen in der Elektronik- und Maschinenbau-Industrie. Bruder Nicolae Andruta kontrolliert als Generalleutnant und Vize des Innenministers die Polizei und den Geheimdienst, Bruder Ilie ist Vize-Verteidigungsminister, Bruder Ion Vize im Landwirtschaftsministerium.
      Ceausescus Schwager Ilie Verdet ist Bergbauminister, Schwager Vasilie Barbulescu mit wichtigen Ämtern auf dem Agrarsektor betraut, Bruder Florea sorgt dafür, daß die Parteizeitung "Scinteia" weiterhin dem Führer huldigt.
      Geschickt sind die meisten Verwandten in Stellvertreter-Positionen untergebracht und damit für Pannen in den Ressorts persönlich kaum verantwortlich zu machen. Von der obligaten Rotation sind die Mitglieder des Familien-Clans selbstredend ausgenommen.
      Außer seiner Sippe verfügt der Conducator noch über eine ihm treu ergebene Janitscharen-Truppe. Schon seit 20 Jahren sortiert das Ehepaar Ceausescu in den Waisenhäusern des Landes die tüchtigsten Kinder aus und läßt ihnen in einer Sonderschule im Prahova-Tal die beste Ausbildung zukommen. Ober 3000 Waisen, denen Nicolae und Elena Ceausescu Ersatz für Vater und Mutter sind, gingen bisher durch die Familien-Schule und wurden nach dem Abschluß auf wichtigen Posten untergebracht.
      Auch den ältesten Sohn Valentin, 49, haben die Ceausescus adoptiert. Das Kind einer Bauernfamilie aus Bessarabien wurde von den Eltern nach einer Mißernte zum Genossen Parteichef geschickt. Sein Stiefvater brachte ihn auf dem renommierten Londoner College für Wissenschaft und Technologie unter und ernannte den Heimkehrer dann zum Direktor des rumänischen Instituts für Nuklear-Physik.
      Das schwarze Schaf der Familie ist zum Leidwesen ihrer ehrgeizigen Mutter Elena Ceausescus einzige Tochter Elena - Zoe. Die promovierte Mathematikerin am Bukarester Nationalinstitut für Wissenschaft und Technik ist entschieden gegen den Personenkult.
      Überläufer Pacepa will sogar wissen, sie habe den Rummel um ihren Vater "abscheulich" genannt und ihre Mutter verhöhnt: "Sie träumt nur davon, Königin über 40 Millionen Idioten zu werden."
      Die Chancen dafür stehen nicht schlecht.
      Im Sommer vorigen Jahres wurde bekannt, daß Ceausescu an Krebs erkrankt sei. Seitdem gilt die vordringlichste Sorge des Conducators dem Versuch, einen Nachfolger zu finden, der die Ceausescu-Herrschaft in Rumänien auch in der Zukunft sichert.
      Gegenüber den Untertanen wird die Krankheit noch immer geheimgehalten,
      Jede Nachfrage aus dem westlichen Ausland wird in Bukarest dementiert. Im Fernsehen erscheint ein auf jung geschminkter Ceausescu, auf Photos und Plakaten ist er durch aufgehellte Lidschatten und nach oben gezogene Mundwinkel bis zur Unkenntlichkeit retuschiert.
      Seine erste Nachfolge-Wahl fiel auf Sohn Nicu, 36, der den Vater schon mehrmals auf Staatsvisiten ins Ausland begleitete und im vergangenen Jahr in Moskau und Ost-Berlin auch schon ohne den Conducator politische Gespräche führen durfte. Doch der "Dauphin", wie die Rumänen den Jugendminister spöttisch nennen, hält wenig von der harten Schule für Diktatoren. Statt dessen fällt er durch Affären auf. Prügeleien in Hotelbars, im Vollrausch verursachte schwere Verkehrsunfälle, verbotenes Glücksspiel und zahllose Liebesabenteuer haben ihn im sittenstrengen Ceausescu-Staat disqualifiziert.
      Vor zwei Jahren erschien Nicu auf der Hochzeitsfeier der mehrfachen Turn-Olympiasiegerin Nadia Comaneci, der er erfolglos den Hof gemacht hatte. Zwischen ihm und Nadias damaligem Bräutigam, der als Fußballer im Nationalteam und im Verein "Universitatea Craiova" spielte, kam es zum Streit. Bei der wüsten Schlägerei, die sich daraus entwickelte, mischten auch Nicus Leibwächter und die Kicker von Craiova tüchtig mit.
      Bei Nicus jüngstem Skandal geht es um einen selbstverliehenen Titel. Der Absolvent des Bukarester Polytechnischen Instituts pflegt seine gelegentlichen Aufsätze m Jugend-Zeitschriften mit "Dr. Nicu Ceausescu" zu zeichnen, doch nirgendwo liegt eine Urkunde oder eine Doktorarbeit von ihm vor.
      Trotzdem machte Vater Ceausescu im vorigen Herbst den Versuch, den mißratenen Sohn als Nachfolger durchzusetzen. Doch die zur Wahl bestellten Parteigrößen verweigerten die Zustimmung - selbst die aus der eigenen Verwandtschaft. Wütend ließ der kranke Conducator den Sitzungssaal räumen.
      Nächster Nachfolgekandidat war die Frau, die nach Meinung vieler Rumänen der "authentische Conducator" ist: Ceausescu-Gattin Elena, 70. Die Gastwirtstochter aus Petresti, diplomierte Chemikerin, stammt aus ähnlichem dörflichen Milieu wie ihr Mann und gilt als ebenso skrupellos und gerissen wie er.
      Sie schreibt alle Reden für ihren Mann, kontrolliert und redigiert die Texte von Staatsverträgen und Gesetzen. Auf Elena geht auch die Initiative zu einer bei den Chinesen abgeguckten Kulturrevolution zurück, die sich mangels kulturellem Esprit freilich in dem üblichen Chauvinismus erschöpfte.
      Schon zweimal, 1979 und 1984, versuchte Ceausescu, seine Frau zum Partei-Vize zu ernennen, scheiterte aber an der fehlenden Mehrheit. Auch der Kreml ließ Einwände erkennen.
      Bei einem Staatsbesuch in Belgrad Ende vergangenen Jahres trat sie erstmals gleichberechtigt neben ihrem kranken Mann auf und unterzeichnete -ohne Mandat - die Gesprächsprotokolle.
      Zu ihrem Geburtstag Anfang Januar, erschien ihr Bild ohne ihren Mann auf den Titelseiten. Ein Hofdichter mit Namen Mihai Beniuc durfte eine "Huldigung" auf sie veröffentlichen:
      "So schreitet sie den Weg, der in die Zukunft weist und den die Forschung nur erschließen kann, unter dem stolzen Banner der Partei und an der Seite des genialen Gatten, des größten Steuermanns, den wir je hatten. Traget denn, künftige Generationen, den Lichtstrahl durch die Äonen, von jener weisen Frauen Wissen, das sprühend Leben ließ zum Heile sprießen!"
      Seither wird die weise Frau in der Parteipresse nur noch mit der Standard-Formel "Genossin Akademiemitglied Doktor Ingenieur Elena Ceauescu" zitiert, und sie war es auch, die nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl die Leitung eines Krisenrates übernahm.
      Ob freilich die Rumänen bereit wären, die unbeliebte Frau ohne Widerspruch als dynastische Nachfolgerin des roten Königs hinzunehmen, ist fraglich.
      Am meisten sträubt sich das Militär. Die bereits mehrmals von Stalinisten und Sowjet-Freunden gesäuberten 190.000 Mann-Streitkräfte liegen nicht mehr verläßlïch auf Ceausescu-Kurs -sie fühlen sich vom Conducator mißbraucht.
      Es begann damit, daß Ceausescu Ende der 70er Jahre ohne Rücksprache mit dem Warschauer Pakt den Abbau des Militärbudgets um jährlich zehn Prozent befahl und das Geld in den Bau ehrgeiziger Mammutprojekte steckte. Das Offizierskorps hingegen meint, die Kampfkraft der rumänischen Armee werde durch das Sparprogramm entscheidend geschwächt.
      Zudem wird das rumänische Militär schlechter als in anderen Ostblockstaaten bezahlt, Mannschaften wie Offiziere. Immer öfter müssen die Soldaten als billige Arbeitskräfte mit Hacke und Spaten beim Bau von Großprojekten schuften oder als Staatskontrolleure in der vom Kollaps bedrohten Energieproduktion dienen - in Kohlengruben und Wasserkraftwerken.
      Als Ceausescu unlängst Truppen auf weitere Großbaustellen abkommandierte, darunter die Hafenerweiterung von Constanta und den Bukarester U-Bahn-Bau, zudem nach die Armee unter die schärfere Kontrolle durch die "Securitate", die rumänische Geheimpolizei, steilte, gab es auf einer Bukarester Offizierstagung offenen Protest
      Angeblich kursiert im rumänischen Offizierskorps bereits der Plan, bei einem Ausfall des Conducators eine Militärjunta an die Macht zu bringen.
      Westlichen Geheimdiensten zufolge wäre Moskau, um sich weitere Demütigungen durch den Ceausescu-Clan zu sparen, mit einer "polnischen Lösung" einverstanden. In einem solchen Fall sei die Sowjet-Union sogar bereit, Rumänien zu günstigen Konditionen aus der Dauerkrise zu helfen, die das Land ohnehin wieder mehr an die Seite des ungeliebten Nachbarn zwingt: Der Westen, bislang geduldiger Gläubiger, will keine neuen Kredite mehr geben.
      Gleichwohl kann sich Moskau auch eine andere Lösung vorstellen und hat für diesen Fall als Nachfolgekandidaten auch schon einen Favoriten:
      Ion Iliescu, 56, Sohn eines rumänischen Altkommunisten aus dem Untergrund. Bis 1971 war Iliescu Jugendminister und damit Vorgänger von Ceausescus Sohn Nicu. Dann wurde er Stufenreise degradiert: zuerst zum Parteisekretär in der Nordost-Provinz lasi, später zum Direktor eines technischen Buchverlags. Seit einigen Jahren ist er aus der Öffentlichkeit verschwunden.
      Dieser rumänische Niemand, dem Freunde aber technischen Sachverstand und pragmatisches Handeln nachsagen, hat Mitte der 50er Jahre am Moskauer Institut für Energetik studiert und als Sekretär der rumänischen Studenten eng mit einem gleichaltrigen Russen zusammengearbeitet, der ihn als "klugen Kopf" und "Organisationstalent rühmte.
      Dieser russische Student hat inzwischen Karriere gemacht und ist zum höchsten Amt in der Sowjet-Union aufgestiegen -Michail Gorbatschow, Generalsekretär der KPdSU.
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      schrieb am 01.07.03 16:25:21
      Beitrag Nr. 476 ()
      Oh, den Augenzeugenbericht nach dem Artikel im selben SPIEGEL-Heft hätte ich ja beinahe vergessen:

      "Man muß eben immer auf den Fügen sein"

      SPIEGEL-Reporter Olaf Ihlau über die Versorgungsmisere in Ceausescus Rumänien
      (Gesonderter Report in "Der Spiegel", 40. Jg., Nr. 49 vom 1. Dezember 1986, S. 194.)

      Das Gerücht, wunderbar und schwer glaubhaft, macht schon seit dem frühen Morgen die Runde durch Sibiu. Gute Nachbarn wecken einander, Verwandte und Freunde in den Vororten werden alarmiert. Die Nachricht klingt ungeheuerlich: "Im Magazinul Central soll es heute Salami geben."
      Das wäre die erste Lieferung von Wurstwaren seit drei Monaten für Sibiu, das einstige Hermannstadt und Kulturzentrum der Siebenbürger Sachsen am Fuße der rumänischen Karpaten.
      Die sensationelle Ankündigung ist die Mühe vorzeitigen Aufstehens und langen Anstehens wert. Wie aus Nibelheims Nacht huschen im mittelalterlichen Stadtkern aus Gassen - und Torbögen schemenhafte Gestalten, tapsen durch die Pfützen des Marktplatzes, den drei Funzeln fahl beleuchten.
      Vor dem Lebensmittelladen auf der Strada Balcescu reicht die Schlange der Wartenden gegen 6 Uhr bereits 40 Meter weit, in Dreier-Reihen. Nur die Salami ist noch nicht da.
      Als einziges Angebot auf den weißen Kachelbänken der Fleischabteilung türmen sich kunstvoll errichtete Säulen aus Dosen mit Ölsardinen oder vietnamesischem Garnelen-Gulasch, Marke "Song Lo". Damit die Auslage nicht so kümmerlich wirkt, hängen drumherum Illustriertenphotos, die saftige Schinken zeigen -ein Hohn für die Schlangen-Menschen draußen vor dem Schaufenster.
      Sie haben im Magazinul Central während der letzten Wochen allenfalls mal geräucherte Schweinepfoten ergattern können oder ein Gemengsel aus Schweinefett, Knorpel und Fleischfasern, das als "Gehacktes" firmierte.
      "Wir sind ein armes Land geworden, alles, was wir produzieren, muß in den Export", sagt eine Zuschneiderin der Lederwarenfabrik "13. November". Dort hat sie wie andere Kollegen die Frühschicht geschwänzt, um auf Wurstjagd zu gehen.
      Niemand, im Werk nimmt ihr das übel. Jeder im Armenreich des sozialistischen Königs Nicolae Ceausescu weiß, daß das Organisieren von Nahrungsmitteln mit Schlangestehen den Vorrang genießt vor der Erfüllung irgendwelcher Arbeitspflichten. Ohnehin ist es schwer genug, sich das Nötigste zu besorgen. Kartoffeln, Gemüse- und Obstkonserven gibt es zwar ausreichend, aber viele Grundnahrungsmittel sind rationiert.
      Die Lebensmittelkarte erlaubt kein Jonglieren. Das Limit sind der Kauf von lediglich 300 Gramm Brot pro Tag, von 600 Gramm Speiseöl sowie je einem Pfund Zucker, Weizen- und Maismehl im Monat. Von Geflügel, Fleisch, Käse, von Wurst, Butter, Kaffee oder Schokolade für die Kinder können die Rumänen meist nur träumen.
      Da wird dann die Fixierung aufs Essen zur Obsession. "Verhungern brauchst du nicht, aber du redest und phantasierst wirklich nur noch vom Essen", mokiert die Lederarbeiterin sich über die Banalität ihres Daseins. Seit drei Stunden wartet sie nun schon fröstelnd.
      Ihr Nachbar in der Schlange studiert die Zeitung "Scinteia". Das Parteiorgan ist wieder einmal vollgepflastert mit byzantinischen Ergebenheitsadressen der Provinzkomitees an des Landes obersten Zuchtmeister Nicolae Ceausescu.
      Dem "genialen Strategen des sozialistischen Aufbaus" wurde soeben der
      Titel "Held der Neuen Agrarrevolution" verliehen, einer Revolution indes, die ihren Kindern die schönsten Früchte vorenthält.
      Dabei wurden in diesem Jahr 28 Millionen Tonnen Getreide, eine Rekordernte, eingefahren. "Noch nie war die Weizenähre so prall, der Maiskolben so körnerreich", jubeln die Zeitungen.
      Das mag wohl sein. Doch die 22,6 Millionen Bewohner dieser Ecke des Balkans, die der verbannte römische Dichter Ovid vor fast 2000 Jahren schaudernd "das Ende der Welt" nannte, erhalten davon wenig.
      Denn auf Weisung Ceausescus bezahlt Rumänien seine Schulden im Westen, die Ölkäufe von den Sowjets mit Lebensmitteln. Die Folge ist eine Orgie irrwitziger Entsagung und forcierter Genügsamkeit.
      Dazu zählt auch der Verzicht auf Salami. Nach sechs Stunden Warten beginnt die Schlange vor dem Magazinul Central sich murrend aufzulösen. Am Bordstein parkt ein Polizeiwagen. Drüben, an der Ecke vor dem Hotel "Römischer Kaiser", haben sich zwei Uniformierte mit Sprechfunkgeräten postiert. Auch in der Schlange selbst stecken ein paar seltsame Lederjacken-Typen.
      Weniger zu interessieren scheint die Polizei dagegen eine Horde von Angetrunkenen, die bereits am späten Vormittag die Stadtturm-Kneipe am Marktplatz umlagert, gleich neben der barocken katholischen Kirche. Alkoholkonsum gilt im Reich des Despoten Ceausescu als Ventil zur Entgiftung der Seelen.
      Durch den Vorgarten kullern leere Bierflaschen des lokalen Gebräus "Sadu". Daneben ist nur noch Wodka zu haben, zu essen nichts außer Kartoffelbrei mit Tunke und hartem Weißbrot. Auffallend viele junge Leute lungern vor dieser überfüllten Schenke herum, stieren trübe auf den leeren Marktplatz.
      "Das Leben hier ist bloß noch Maloche, selbst in die `Bruderländer` -dürfen wir nicht mehr fahren, weil das zu teuer wäre", klagt ein Autospengler, 25. Er verdient 2200 Lei im Monat, 440 Mark.
      Viel läßt sich damit nicht anfangen. Schon ein einfacher Wollpullover kostet 467, ein Regencoat 830, ein Nappa-Mantel sogar 4500 Lei. Und wollte der Autospengler seinen Eltern, bei denen er noch wohnt, zum Sonntag vom Privatmarkt ein Huhn spendieren, würde dafür ein Wochenlohn draufgehen.
      Am meisten indes ärgert ihn, daß er sechs Jahre wie ein Asket gelebt hat, um sich einen gebrauchten Dacia-Wagen kaufen zu können. Der steht jetzt in eine Plane gehüllt nutzlos vor dem Haus, denn es gibt, wenn überhaupt, höchstens 26 Liter Benzin pro Monat.
      Sibiu gilt noch als relativ gut versorgte Stadt. In den umliegenden Dörfern Transsilvaniens, wo noch viele Siebenbürger Sachsen ausharren, sind die Regale der Alimentara-Lebensmittelläden nahezu leer.
      Oft werden selbst die Grundrationen knapp. "Hunger leiden wir nicht, aber man muß eben immer auf den Füßen sein", raunzt Rosie, eine 74jährige Einwohnerin von Stolzenburg, das heute Slimnic heißt. Die Frau hat sich gerade einen Brotfladen abgeholt. Der muß für vier Tage reichen. Die Lebensmittelkarte bekam Rosie auch nur, weil ihr Sohn Wilhelm - wie alle Feierabendbauern dem Staat pro Kopf der Familie im Jahr 50 Eier, einen Zentner Kartoffeln und ein Huhn abliefert.
      Kurz vor Weihnachten soll das Schwein geschlachtet werden, das im Garten neben dem Kaninchenstall gemästet wird. Mit Mais und Kartoffeln, was ziemlich teuer kommt. Deshalb geht auch die Hälfte des Schweins an Freunde, die dafür 4000 Lei geboten haben. Sich zudem ein Kalb oder eine Kuh zu halten, würde nicht lohnen. Schlachten zur privaten Nutzung ist verboten; Spitzel finden sich überall, selbst in den noch überwiegend deutschstämmigen Gemeinden. "Wenn du nicht tanzt, wie sie singen, bist du fertig", sagt Wilhelm bitter.
      Seine Familie hat genügend eingemacht und eingekellert, um einigermaßen durch den Winter zu kommen, Die Großstädter aber, vor allem jene in den Wohnzellen der Arbeitervororte Bukarests, haben solche Möglichkeiten der Selbstversorgung und Lagerung nicht.
      Sie müssen geduldig anstehen, taucht irgendwo unverhofft etwas auf: zum Beispiel Quark und schrumpelige Tomaten auf der Piata Amzei, wo ineinander verknäulte Menschenschlangen die Verkaufsstände umwinden.
      Oder einige Loren mit Hühner-Gekröse auf dem Großmarkt Bucur Ober. Das ist dann Stadtgespräch, denn viele Bukarester haben seit zwei Jahren kein Geflügel mehr im Angebot gesehen.
      "Erstaunlich, daß es immer noch schlechter werden kann", wundert sich ein westeuropäischer Botschafter. Selbst in den Diplomatenläden sind neuerdings halbe Schweinsköpfe oft., die einzige Fleisch-Offerte:
      Doch im Namen aller "Werktätigen der Hauptstadt" versicherte Bürgermeister Constantin Olteanu dem "illustren Führer" auf einer ZK-Sitzung untertänigst, daß "die gesamte Nation ihre Gedanken dankbar auf den Gestalter der neuen Geschicke des Vaterlandes richtet".
      Der läßt, Milliarden verpulvernd, die Utopien seiner sozialistischen Ordnungsträume mit dem Aufbau eines monumentalen "politisch-administrativen Zentrums" in erdrückende Tektonik meißeln. Auch ein Triumphbogen aus Maßgrün bemaltem Zement ist auf dem Gelände .der Bukarester Industriemesse für den Conducator bereits errichtet.
      Seine Inschrift feiert die 21 Jahre der Herrschaft Nicolae Ceausescus als das "goldene Zeitalter Rumäniens".
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      schrieb am 17.10.03 16:58:19
      Beitrag Nr. 477 ()
      Hochinformativer Artikel aus "Südosteuropa Mitteilungen", Heft 04-05/2003, 43. Jahrgang, S. 71-83:

      Caroline Fetscher:

      Srebrenica und die internationale Justiz


      Von Kronzeugen und flüchtigen Angeklagten

      Zur Vorgeschichte der Ereignisse in Srebrenica vom Sommer 1995 gehört die Geburtsstunde eines Ad-hoc-Tribunals der Vereinten Nationen. Am 22. Februar 1993 verabschiedete der Sicherheitsrat der UNO auf Vorschlag Frankreichs die Resolution 808 mit der Forderung, ein Internationales Tribunal für das zerfallende Jugoslawien ins Leben zu rufen. Mit einer weiteren Resolution 827 des Sicherheitsrates wurde dann das vom Generalsekretär der UN präsentierte Statut am 25. Mai 1993 einstimmig angenommen. Das ICTY - das International Criminal Tribunal for the Former Yugoslavia - setzte sich drei große Ziele: Es sollte erstens die Verantwortlichen für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im ehemaligen Jugoslawien vor Gericht bringen und zur Rechenschaft ziehen. Zweitens sollte es dazu beitragen, weiteren Verletzungen des internationalen Menschenrechts Einhalt zu gebieten. Drittens sollte es - nach den Worten des UN-Generalsekretärs in der Resolution 827 - "dazu beitragen, dass der Frieden auf Dauer wiederhergestellt" werde.
      Es kam anders. Noch jahrelang wurden weiterhin Verbrechen in den Kriegen zwischen den ehemaligen jugoslawischen Republiken begangen. Und das Tribunal, das anfangs nur aus ein paar Räumen in Den Haag bestand, kämpfte jahrelang um jeden Dollar für sein Budget. Dann stand schließlich eine UN-Blauhelmeinheit der UNPROFOR (United Nations Protection Force) hilflos und tatenlos daneben, als im Juli 1995 tausende bosnische Muslime von Serben ermordet wurden. Ohne das ausdrückliche Mandat zum Eingreifen nahmen manche der Männer in Blauhelmen sogar an der Aufteilung der bedrängten Menschenmassen in Männer sowie Frauen und Kinder auf der UN-Basis von Potocari teil. Oberst Thomas Karremans, Leiter des Dutchbat (des niederländischen Bataillons), stieß mit General Ratko Mladic an, als die bosnisch-serbische Armee und UNPROFOR, Stunden vor dem Massaker, um die "Schutzzone" verhandelten. Karremans gab später an, man habe ihm das Glas in die Hand gedrückt. Von der kompromittierenden Szene existieren Fotografien und sogar eine Videoaufnahme der Verhandlungsstunden, die am Haager Tribunal als Beweismaterial der Anklage vorgeführt wurden. Mehrere der - meist sehr jungen, unerfahrenen - UN-Soldaten aus Amsterdam, Rotterdam und anderen Orten der Niederlande, nahmen sich in den vergangenen Jahren das Leben. Eine genaue Anzahl dieser Nachkriegs-Suizide wurde noch nicht bekannt gegeben, doch es sollen, laut niederländischen Pressemeldungen, bereits etwa zehn gewesen sein, die ihre Mitschuld an den Ereignissen so wenig ertragen konnten, dass sie sich das Leben nahmen.

      "Die Tragödie von Srebrenica wird uns für immer verfolgen", das hatte der Generalsekretär der Vereinten Nationen in seinem Bericht zu den Ereignissen vom Sommer 1995 erklärt. Am 15. Juli 1999, vier Jahre nach dem Massaker in Bosnien, das als das größte in Europa seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges gilt, war dieser UN-Bericht der Öffentlichkeit vorgelegt worden. Wer den umfangreichen Text liest, erkennt darin seitenlange, unverhohlene Selbstanklage: "Mit tiefem Bedauern und Reue haben wir unsere Handlungsweise und unsere Entscheidungen angesichts des Angriffs auf Srebrenica einer Überprüfung unterzogen." Und weiter: "Durch Fehler, Fehleinschätzungen und die Unfähigkeit, die Tragweite des Bösen zu erkennen, mit dem wir uns konfrontiert sahen, haben wir es versäumt, unseren Beitrag zu leisten, um die Menschen von Srebrenica vor dem Massenmord durch die serbische Kampagne zu retten." - Wo Straftaten, Kriegsverbrechen von so ungeheuerlicher Dimension geschehen sind wie in jenem Sommer im Osten Bosniens, entsteht, wie Hannah Arendt einmal über die NS-Verbrechen schrieb, Schuld von einer Tragweite, der keine Sühne, kein Strafmaß jemals gerecht werden kann. Doch ohne systematische, konsequente und maximal transparente Strafverfolgung wird diese Schuld nicht getilgt, wird keine Lehre aus den Geschehnissen gezogen, und keine realistische Geschichtsschreibung möglich. Es geht um Gerechtigkeit - im Englischen wird, mehr noch als im Deutschen, deutlich, dass Gerechtigkeit und Justiz, "Justice`; ein Zwillingspaar sind und zusammengehören. Umfassende Gerechtigkeit kann es für die Opfer von Srebrenica niemals geben, jede juristische Aufarbeitung wird nur eine
      Annäherung an Gerechtigkeit bleiben. Doch diese wird inzwischen, das gilt es anzuerkennen, am Haager Tribunal für Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien gesucht.

      Die Aufgabe der Internationalen Justiz ist enorm, führt man sich vor Augen, dass an den Spuren der Verbrechen von Srebrenica, an den Traumata, den Verwerfungen der sozialen Landschaft, mehrere Generationen tragen werden. Die Morde von Srebrenica sind acht Jahre her: am 11. Juli 1995 begann die Einnahme der Stadt, am 12. Juli das systematische Morden. Aus der Perspektive der Historiker, sogar der Zeithistoriker, ist das eben erst geschehen, gestern. Als der Massenmord von Serben an Muslimen begangen wurde, war in Berlin der Reichstag verhüllt, ein spektakuläres Kunstereignis, an das sich auch Jugendliche, die damals Schulkinder waren, noch gut erinnern. Die Geschehnisse von Srebrenica sind noch keineswegs Geschichte: Sie finden sich vielmehr mitten in ihrer ersten Phase der Bewältigung und Bearbeitung.

      Nimmt man den Schnitt der Angaben bosnischer und internationaler Organisationen als Basis, gab es in Bosnien während der Zerfallskriege des ehemaligen Jugoslawien etwa 250.000 Tote, und - nach Angaben des UNHCR - über zwei Millionen Flüchtlinge. Seit Kriegsende haben Experten des ICTY und der bosnischen Kommission für Vermisste die sterblichen Überreste von mehr als 16.500 Personen aus über 280 Massengräbern in Bosnien exhumiert, darunter allein 6.000 Tote in 60 Gräbern in der Region von Srebrenica und Zvornik. 1.676 Menschen konnten anhand von DNAVergleichen identifiziert werden und knapp 28.000 Menschen gelten heute noch als vermisst. Die Mehrzahl der Exhumierten lagert noch namenlos und tiefgekühlt in Leichenhallen in Tuzla und Visoko. Jeden Tag treffen in Tuzla, nach den Angaben von Amor Masovic von der bosnischen Behörde für Vermisste Personen, zwei bis fünf DNS-Proben von Verwandten aus dem Ausland ein, die erfahren möchten, ob ihre Angehörigen unter den Exhumierten sind. 3 Manche Menschen, im Exil wie im eigenen Land, haben noch nicht einmal eine Vermisstenanzeige aufgegeben. Ihnen fehlen dazu Kraft und Mut. - Eine Million Flüchtlinge, dessen rühmt sich nicht ganz zu Unrecht das Office of the High Representative in Bosnien, sind inzwischen zurückgekehrt, auch da sie insoweit auf die internationalen Institutionen vertrauen, als diese für die "basics" einer rechtstaatlichen Ordnung sorgen. 35.000 bosnische Flüchtlinge nahm etwa die Stadt Berlin Anfang der 1990er Jahre auf - in einer Geste großer Gastfreundschaft. Die meisten von ihnen leben mittlerweile im "Post-Dayton-Bosnien". Heute halten sich in Berlin noch etwa 2.000 bis 3.000 der damals Geflüchteten auf, von denen die meisten als schwer traumatisiert gelten und bei Psychiatern, Therapeuten, Ärzten in Behandlung sind. Viele dieser letzten Flüchtlinge stammen aus
      Srebrenica, dem Ort, der laut UNHCR die geringste Rückkehrerquote von ganz Bosnien verzeichnet, trotz langsam wachsender Verbesserung. 4

      Anfang Juli 2003 fuhren von überall aus dem Exil, auch aus Deutschland
      (z.B. vom Berliner Zentralen Busbahnhof) acht voll ausgebuchte Sonderbusse nach Ostbosnien los. Viele Überlebende des Krieges reisen jeden Sommer zum Gedenktag des Massakers nach Srebrenica, es ist für sie ein Ritual geworden, das dicht mit dem Ort ihrer Herkunft verflochten ist. Hunderte von Angehörigen der Opfer, auch überall bei uns im Land, leben mit ihren - noch jungen - Erinnerungen. In ihren Köpfen existiert ein Archiv der Leiden und Verluste. Sie bewahren in sich Bilder aus der Kindheit, von Freunden und Vätern, Söhnen, Brüdern, Neffen und Onkeln, an deren Gesicht und Stimme sie sich noch erinnern, an die Erlebnisse mit ihnen, zuhause, auf dem Schulhof, auf dem Fußballplatz, bei der Arbeit. Und in jedem dieser persönlichen Archive gibt es daneben die Erinnerung an den Krieg, an die vehemente Störung und Verstörung ihrer Welt - Geräusche von Maschinengewehren und Artillerie, der Geruch von brennenden Häusern, Tage und Nächte in Todesangst. Die Reisenden auf dem Weg zum Gedenktag fahren Jahr für Jahr an einen Ort, der von Gräbern bestimmt ist. Im Sommer 2003 kamen 10.000 Bosniers, um an der Bestattung von 282 Opfern teilzunehmen, solchen Opfern, die aus der Namenlosigkeit befreit und mit Identifizierung versehen wurden. Die Gräber liegen in Potocari, eben dem Ort, wo acht Jahre zuvor die UN-Blauhelm-Basis eingerichtet war, auf deren Gelände sich Tausende von Einwohnern Srebrenicas in Hoffnung auf Schutz geflüchtet hatten. Die Toten liegen Seite an Seite mit 600 anderen, die im März beerdigt wurden. Am 31. März 2003, fast acht Jahre nach Dayton, waren zum ersten Mal offiziell identifizierte Opfer des Massakers in einer Trauerzeremonie bestattet worden. 2.000 bosnische Polizisten sowie speziell trainiertes Personal von EU und NATO mussten die Zeremonie vor den Übergriffen einiger noch immer feindseliger Serben schützen. Am 11. Juli 2003, als sich die Trauergemeinde aus aller Welt versammelt hatte, wurde die zweite große Bestattungszeremonie abgehalten.
      Bis heute werden alle paar Monate neue Gräber gefunden. Zuletzt entdeckte man Mitte März 2003 `in einer bergigen, waldreichen Gegend nahe der serbischen Grenze,
      in einem Ort namens Crni Vrh (Schwarzer Gipfel), ein Massengrab mit etwa 600 bis 700 Toten. "Wir nehmen an, dass das Grab mehrere hundert Ermordete des Massakers in Srebrenica von 1995 enthält, sowie Zivilisten aus der Gegend von Zvornik, die am Anfang des Krieges getötet wurden", erklärte Murat Hurtic, Mitglied der BosnischMuslimischen Kommission für Vermisste gegenüber der Agence France-Presse. "Es könnte sich um das größte Massengrab handeln, das je in Bosnien gefunden wurde." 5 Von einem anonymen Augenzeugen, der das Verscharren der Toten beobachtet hatte, erhielt das ICTY 2001 den Hinweis auf die Grabstätte in dem noch immer schwer verminten Gebiet, die aus Sicherheitsgründen so lange geheim gehalten wurde, bis die Exhumierungen beginnen konnten. 6 In vielen Fällen ist auch hier die Identifizierung der Überreste allein durch DNA-Tests möglich, da die zweimal gewaltsam, mit Bulldozern und schwerem Gerät verscharrten Toten nur selten als ganze Körper erhalten blieben. 7

      Für die Überlebenden gehört es ebenso zum Prozess der Gerechtigkeit, dass die Toten identifiziert werden, wie dass sie an den Gedenkstunden teilnehmen können, in denen für sie das Unfassbare eine Form erhält, indem sie in Würde Abschied von ihren Angehörigen nehmen können. Allerdings dürfen, etwa aus Deutschland, nicht alle anreisen. Vielen in Deutschland lebenden Bosniern und anderen Ex-Jugoslawen verweigern die Ausländerbehörden den Status der Aufenthaltsberechtigung, sie dürfen daher nicht reisen. Sie leben im sogenannten "Duldungsstatus`: Wer diesen erhalten hat, macht sich strafbar, wenn er den Wohnort verlässt. In Berlin leben manche der bosnischen Familien seit sieben, acht Jahren in diesem Zustand. Dabei ist es ihnen verboten zu arbeiten und untersagt zu studieren. Sie sitzen in Heimunterkünften oder bescheidenen Wohnungen und können nur warten und hoffen, dass ihnen die Ausländerbehörde, etwa aufgrund des Erlasses der Konferenz der Innenminister zum
      Bleiberecht für traumatisierte Bosnier, den "Aufenthaltsstatus" gewährt. 8 Zurück in das Land der Morde will eine Anzahl der Überlebenden, zumindest heute, noch nicht. Ausgeschlossen aus Bosnien leben sie nun eingeschlossen in ihren deutschen Wohnort, angewiesen auf ein Sozialhilfebudget, restriktive Chipkarten zum Einkaufen und ohne Anrecht auf medizinische Versorgung, die über "lebenserhaltende Maßnahmen" hinausgeht (etwa Zahnersatz). Gerechtigkeit haben diese Menschen weder in Bosnien erfahren, noch im Gastland. Wer mit Bosniern im Exil spricht, der hört, wie sie manchmal, zögerlich, die Prozesse in Den Haag als Hoffnungsschimmer oder Trost bezeichnen. Mit großem Aufwand - das Budget des ICTY beträgt etwa 100 Mio. US-$ pro Jahr - wird für die kleinen Leute, die als Exilanten und Überlebende ihr Dasein zu kitten suchen, an einem fernen Ort in den Niederlanden etwas getan. So abstrakt das den Betroffenen oft erscheint, gelegentlich nehmen sie es mit Genugtuung zur Kenntnis.

      Doch für viele bosnische Muslime ist das Verhältnis zum Internationalen Recht und zu den Vereinten Nationen tief gespalten. Die UNO hat sie in einer Schutzzone so lange im Stich gelassen, bis das Wort "Schutz" für sie wie ein Hohn klang. Später machte sich ein UNO-Tribunal daran, die Verbrechen, die in der UNO-Schutzzone geschahen, vor Gericht zu bringen - bittere Ironie. Dass die beiden Hauptverdächtigen und per internationalem Haftbefehl gesuchten Angeklagten, General Ratko Mladic und der Ex-Präsident der bosnischen Serben, Radovan Karadzic, acht Jahre nach der ersten ICTY-Anklageschrift gegen beide noch immer nicht gefasst sind, stimmt ebenfalls wenig hoffnungsvoll. Solange selbst der Machtapparat Internationaler Justiz diesen beiden Angeklagten nichts anhaben kann, wie soll sich da in der breiten, vom Krieg traumatisierten Bevölkerung, Vertrauen in die Internationale Justiz, in die UNO, entwickeln?

      Carla del Ponte, Chefanklägerin des UN-Tribunals für das ehemalige Jugoslawien (und bis Mitte 2003 auch für das UN-Tribunal zu den Kriegsverbrechen in Ruanda, mit Sitz in Arusha, Tansania), war im Juni 2003 in Deutschland zu Gesprächen im Auswärtigen Amt und im Kanzleramt und traf auch Medienvertreter. Von ihrer Warte aus, das machte sie uns klar, sieht del Ponte den Fall Karadzic und Mladic ebenfalls mit Ingrimm. Bei ihr paart sich der Unmut mit Entschlossenheit: sie kann und will handeln. Die Tür des Tribunals werde sich nicht eher schließen, als bis diese beiden Gesuchten in Haft sind, erklärte sie in Berlin. Von der aktuell regierenden Politikerelite in Belgrad ist del Ponte indes ebenso enttäuscht wie von der NATO und deren Arm in Bosnien. Ausführlich hat die Chefanklägerin das unlängst in der »New York Times« dargelegt. Auf den Tag genau zwei Jahre nachdem der Angeklagte Slobodan Milosevic von Belgrad an das Den Haager Tribunal überstellt wurde, schrieb de[ Ponte dort: 9
      "1 know, roughly, where the most wanted fugitives from the war in Bosnia are hiding. It is clear that NATO and the authorities in Serbia and Montenegro know even more about their whereabouts. Yet these fugitives, Radovan Karadzic and Gen. Ratko Mladic, are still at large. Almost eight years ago, the world`s war-crimes tribunal for Yugoslavia indicted Dr. Karadzic, the wartime Bosnian Serb leader, and his military chief, General Mladic, for leading the violent, nationalist-Serb siege of Sarajevo as a part of a campaign to partition Bosnia and Herzegovina and expel millions of Muslims. A few months later, this tribunal added charges against Dr. Karadzic and General Mladic stemming from the killings, in 1995, of more than 7,000 Muslims from Srebrenica, a town that was supposed to be under United Nations protection. Today, General Mladic is lurking in Serbia, right under the noses of the Belgrade authorities. Dr. Karadzic is shuffling about within a corridor of rugged terrain in eastern Bosnia, sometimes in disguise, always poised (ready) to dash across the border into Serbia and Montenegro, always protected by men who are themselves implicated in the Srebrenica massacre. NATO and the Serbian and Montenegrin authorities are duty bound to arrest and extradite these men, as well as 16 other, less notorious, indicted fugitives. Unfortunately, by announcing last week that Serbia and Montenegro have shown sufficient cooperation with this tribunal to warrant sending 50 million Dollars in American aid, the United States may well have dampened the chances that Dr. Karadzic and General Mladic will find themselves in custody any time soon."
      Bilanz des Tribunals, Mitte 2003

      Das Tribunal hat bisher 134 Personen angeklagt. Etwa 30 weitere sollen bis Ende 2004 dazukommen: Serben, Kroaten, Bosnier, Albaner. Bis dahin, so sagt del Ponte, will sie alle Hauptverfahren abgeschlossen haben - und dazu sollen und müssen auch die Fälle Mladic und Karadzic gehören, in deren Anklageschriften die Worte "Genozid" und "Srebrenica" hervorstechen. Bleiben diese beiden in Freiheit, hat das Tribunal einen Löwenanteil seiner Aufgabe nicht erfüllt. Gleichwohl auch ohne bisher dieser beiden Männer habhaft geworden zu sein, hat das Tribunal begonnen, die Verbrechen von Srebrenica in mehreren aufwendigen Verfahren und durch langwierige Ermittlungen aufzuarbeiten.

      Bahnbrechend war zunächst der Fall des Drazen Erdemovic, der sich freiwillig dem Tribunal gestellt und am 14. Januar 1998 schuldig bekannt hatte. Erdemovic hatte am 19. Juli 1995 als einfacher Soldat in der bosnisch-serbischen Armee an Erschießungen an einer der berüchtigten Stätten teilgenommen, dem sogenannten BranjevoGelände, einem Militärkomplex in der Umgebung der belagerten, eingekreisten Schutzzone. An diesem einen Tag, von dem Erdemovic vor Gericht berichtete, wurden dort etwa tausend Jungen und Männer in Zivilkleidung in Zehnerreihen aufgestellt und erschossen. Vorher hatte man sie mit Bedacht auf Transportfahrten, ohne Wasser und Nahrung zur völligen Erschöpfung gebracht, damit sie sich nicht würden wehren können. Drazen Erdemovic sagte unter Tränen aus, er habe morden müssen, man habe ihm angedroht, er werde sonst selbst erschossen. Er habe an seinen Sohn, einen
      Säugling gedacht, an seine eben gegründete Familie. Er brach vor Gericht zusammen unter dem Gewicht der eigenen Tat. Diesem Angeklagten verdankte die Staatsanwaltschaft die eindeutige Aussage von Täterseite, dass die Massenmorde systematisch geplant und kaltblütig durchgeführt wurden, nicht - wie in der "Republika Srpska", in Banja Luka, heute noch gern behauptet wird - das Resultat üblicher Scharmützel beim Kampf um die Kleinstadt waren.

      Drazen Erdemovic war, wenn der Ausdruck erlaubt ist, ein Glücksfall für die Staatsanwaltschaft. Im Fall Srebrenica ist er ein Kronzeuge, ein "krunski svedok", wie man am Tribunal schnell lernt, wo "the language BCS" - Bosnian, Croatian, Serbian - neben Englisch und Französisch Amtssprache ist. Drazen Erdemovic sagte später auch im bisher größten Srebrenica-Verfahren gegen den Ex-General Radislav Krstic aus. 10 Bei der Verurteilung von Erdemovic gab es unter den Richtern verschiedene Ansichten zum Strafmaß, denn trotz des Befehlsnotstandes während der Tat, trotz der Reue und der Kooperationsbereitschaft des Angeklagten, handelte es sich faktisch um einen Massenmörder. Das erste Urteil - zehn Jahre Haft - wurde schließlich revidiert, und bei einem zweiten Urteil - fünf Jahre Haft - die bereits abgeleistete Haftzeit angerechnet. Erdemovic, der unter das Zeugenschutzprogramm des ICTY kam, lebt heute mit seiner Familie in Freiheit unter einer anderen Identität in einem unbekannten Land. Er sagte inzwischen mehrfach wieder als Zeuge vor dem Haager Tribunal aus - zuletzt am 25. August 2003 im Prozess gegen Slobodan Milosevic. 11

      Es wird nicht leicht für die Anklage sein, dem Untersuchungshäftling Milosevic die Mitschuld an dem gravierendsten Kriegsverbrechen der jugoslawischen Zerfallskriege eindeutig zuzuschreiben. Solange Ratko Mladic und Radovan Karadzic sich weiter auf der Flucht befinden, bleibt der zentralste Srebrenica-Fall Radislav Krstic, der als Blueprint für alle weiteren und künftigen Srebrenica-Verfahren gelten kann. General Krstic war als Leiter des Drina-Corps unter Oberbefehlshaber Mladic in der "Operation Krivaja" - so der Name der offiziellen Militäroperation - eingesetzt, die später zum Synonym für die "ethnischen Säuberungen" in der Region Srebrenica wurde. Krstic war der bisher "größte Fisch im Netz" im Fall dieses Massakers. Die Anklage hatte Mühe, ihm seine entscheidende Position in der Befehlskette nachzuweisen, doch nicht nur zahlreiche Aussagen von Augenzeugen, die ihn vor Ort in Aktion erlebt hatten, sondern schließlich aufgespürte Dokumente, die seine Position beweisen, ließen die Richter im August 2001 zu ihrem Urteil von 46 Jahren Haft gelangen. - Ermittlungen der Internationalen Justiz in einem Fall wie Krstic/Srebrenica kann man sich gar nicht aufwändig genug vorstellen. Die Dimension der Verbrechen spiegelt sich in der Dimension der Ermittlungen. Im Fall Krstic wurde 98 Tage verhandelt, 77 Zeugen wurden gehört, es existieren über 10.200 Seiten Transkripte und viele weitere tausend Beweisdokumente lagern in den Regalen des Tribunals. Allein das schriftliche Urteil der Richter umfasst 255 Seiten und über 1.500 Fußnoten, es ist voluminös wie eine wissenschaftliche Abhandlung.

      Hält man sich vor Augen, wieviel Aufwand ein einziger Mordfall mit einem Opfer und einem Täter für die Justiz in einem demokratischen Rechtsstaat bedeutet, wie viel von Exekutive und Legislative geleistet werden muss zur Spurensicherung, beim Ermitteln der Motivlage, für die Überprüfung von Alibis, was an Indizienbeweisen, Zeugenaussagen, Dokumenten, DNA-Analysen, etc. ausgewertet werden muss, dann sollte man bedenken, dass man es bei dem Kriegsverbrechen von Srebrenica mit 7.000 bis 8.000 Ermordeten zu tun hat, und wahrscheinlich mit Hunderten von Tätern sowie einer Handvoll Drahtziehern. Zunächst gilt es die Opfer, die Toten überhaupt zu lokalisieren. Bisher haben die Ermittler des ICTY - internationale und interdisziplinäre Teams von Forensikern, Archäologen, Pathologen, Anthropologen, Kriminalpolizisten und anderen - an die 60 Massengräber exhumiert. Das Suchen nach den Toten von Srebrenica wurde noch dadurch erschwert, dass die meisten Gräber sogenannte Sekundärgräber waren - denn die Leichen wurden von den Tätern in Nacht- und Nebelaktionen Monate nach den Morden (im September, möglicherweise auch Oktober 1995) aus den meisten Primärgräbern wieder ausgegraben und an entlegeneren Orten erneut verscharrt.

      Hat man mithin einen jener seltenen Zeugen gefunden, der an einem Ort eine Massenerschießung miterlebt und überlebt hat, sind die Opfer der Tat in der Regel nicht mehr an dem Ort zu finden, an den sich der Zeuge erinnert. Anhand von Bodenproben und Satellitenaufnahmen - bereitgestellt durch US-amerikanische Behörden, die während des gesamten Konfliktes eine Satellitendokumentation anfertigen ließen - mussten die Ermittler Primärgräber lokalisieren und zu den Sekundärgräbern in Beziehung setzen. Beträchtlich sind dabei auch die psychischen und physische Strapazen der Forensiker, denen Leute wie der Chefermittler Jean Renee Ruez ausgesetzt sind. Ruez nahm sich, nach Jahren der akuten Arbeit mit den Gräbern und den Toten, drei ganze Jahre frei. Andere aus neuen Teams arbeiten weiter, bis heute, und ihre Aufgabe wird noch auf Jahre hinaus andauern.

      Herausgefunden werden muss auch die Vorgeschichte der Taten: welche Befehle ergingen an wen, wann, wo, mit welchem Zweck, in welcher direkten oder codierten Sprache? Wurde das Ziel der "Operation Krivaja" so konkret benannt, dass ein intendierter Bruch der Genfer Konvention bereits erkennbar war? Oder interpretierten es übereifrige Ausführende anders als beabsichtigt? Wie verlief die Befehlskette? Wer wusste was und ab wann? Ermittlerteams müssen eindeutige Dokumente - schriftliche Befehle, Amtsübergaben, Organigramme von Armee und Polizeieinheiten - ausfindig machen, um der Anklage zuzuarbeiten. Ausgewertet wurden die nachrichtendienstlichen Aufzeichnungen des Funkverkehrs beider Seiten, wobei Stimmen identifiziert werden müssen, anhand von Tonfärbungen, Dialekten, phonetischen Profilen. Decknamen und Kampfnamen müssen in sogenannte Klarnamen übersetzt und zugeordnet, technische Störgeräusche möglichst ausgeblendet werden.
      Gegen Ende 1995, als das Ausmaß der Taten bereits zu ahnen war, kannte man im Fall Srebrenica noch kaum konkrete Namen von Tätern. Lediglich die beiden heute flüchtigen Hauptverdächtigen wurden genannt: Mladic, Karadzic. Von General Krstic, dem Kommandeur des Drina-Corps, wusste beispielsweise der amerikanische Autor David Rohde noch nichts, als er 1995 sein preisgekröntes und ausgezeichnetes Buch "The Endgame" schrieb. 12 Heute sind zahlreiche Haupttäter bekannt, und außer den Verurteilten - General Krstic und Drazen Erdemovic - stehen einige bereits vor dem Tribunal Rede und Antwort. Angeklagt hat das ICTY inzwischen - legt man die öffentlichen, nicht die unter Verschluss gehaltenen Klageschriften zugrunde - mehr als ein Dutzend männliche Serben im Kontext mit den Verbrechen in Srebrenica. Acht von ihnen befinden sich noch auf der Flucht.

      Am 10. April 2003 nahm eine SFOR-Einheit erstmals einen bosnischen Muslim fest, was Aufsehen erregte: Naser Oric, der von vielen Muslimen aus Srebrenica als Held gefeiert wurde. Als serbische Truppen 1995 Srebrenica mehr und mehr von der Außenwelt abgeschnitten hatten und die Versorgungslage in der Enklave sich enorm verschlechterte, zog der damals 25-jährige Oric, Kommandeur einer bosnisch-muslimischen Militäreinheit, mit seinen Leuten in die umliegenden serbischen Ortschaften, wo er geplündert, gemordet und gebrandschatzt haben soll - angeblich auf Befehl des Obersten Armeekommandos in Sarajevo. Oric versorgte die Eingeschlossenen so gut wie möglich, soll sich jedoch gleichwohl der genannten Verbrechen schuldig gemacht haben. Bosnische Serben beschuldigen ihn, an der Ermordung von eintausend Serben, oft älterer Menschen, beteiligt gewesen zu sein. Das UN-Tribunal in Den Haag betont ausdrücklich, dass am ICTY Orics mutmaßliche Taten nicht im Zusammenhang mit den Massakern in Srebrenica im Juli 1995 gesehen werden, sondern dass die Anklage ihn für die Phase vor diesen Ereignissen zur Rechenschaft ziehen will. Trotz einiger lokaler Proteste nach der Verhaftung von Oric scheint die Bevölkerung in Bosnien die Überstellung des Angeklagten nach Den Haag am 11. April 2003 inzwischen hingenommen zu haben.
      Angeklagte, Zeugen
      Slobodan Milosevic, in dessen Klageschrift auch Srebrenica genannt wird, sitzt in Den Haag in Untersuchungshaft. Radovan Karadiic und Ratko Mladic befinden sich auf freiem Fuß. Ebenfalls noch nicht gefasst sind die fünf angeklagten leitenden
      Armeeangehörigen Ljubomir Beara, Vujadin Popovic, stellvertretender Sicherheitschef des maßgeblich beteiligten Drina-Corps, Drago Nikolic, Vinko Pandurevic und Ljubomir Borovcanin. Drei aus einem Quartett weiterer Angeklagter sind inzwischen nach Den Haag überstellt worden, von den vieren dieser Sammelanklage fehlt allein Dragan "Drago" Nikolic, ehemaliger Leutnant der Zvornik-Brigade und deren Sicherheits- und Geheimdienstchef in der Armee der bosnischen Serben.

      Von der Weltöffentlichkeit weitgehend unbemerkt (nur die Niederländische Nachrichtenagentur ANP berichtete viel darüber) gelang dem Tribunal in Den Haag erst im Mai 2003 ein großer Durchbruch, als zwei Angeklagte, Momir Nikolic und Dragan Obrenovic, ihre Mitschuld an "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" in Srebrenica bekannten, wofür im Gegenzug der Klagepunkt "Komplizenschaft mit Genozid" fallengelassen wurde. Solches "plea bargaining"- in unserem Rechtssystem weniger kommun - ist vielleicht aus dem Fall Biljana Plavsic bekannt, und es ist vergleichbar mit dem Fall Erdemovic. Obrenovic und Momir Nikolic erklärten sich bereit, gegen ihre beiden in der Klageschrift vom Mai 2002 Mitangeklagten Dragan Jokic, Major in der Zvornik-Brigade, und Vidoje Blagojevic auszusagen. Außerdem wollen sie bei künftigen oder anderen, laufenden Verfahren - vielleicht sogar im Fall Milosevic - als Zeugen kooperieren. Die Aussagen von Obrenovic und Momir Nikolic, insbesondere über Ex-General Krstic, der gegen sein Urteil in Berufung gegangen ist, erweisen sich als ausgesprochen wertvoll. Und schon jetzt haben sie in ihren umfangreichen Schuldbekenntnissen einige der Flüchtigen schwer belastet.

      Wie ein makabres Puzzle setzt das ICTY das Bild der Ereignisse von 1995 zusammen. Der logistische Aufwand für einen Massenmord, wenn man das so pragmatisch formulieren kann, ist gewaltig. Zum Transport der Gefangenen und Deportierten wurden Fahrzeuge beschafft und Treibstoff, Routen mussten gesichert, Gebäude ausfindig gemacht werden - Schulen, Lagerhäuser, Hallen, Hangare, in denen man die Todgeweihten so lange festhielt, bis sie erschöpft und wehrlos genug waren, um mit sich geschehen zu lassen, was die Täter vorhatten. Erschießungskommandos wurden rekrutiert, instruiert, verpflegt, über Funk vernetzt, an die Mordstätten gebracht, zum Töten angehalten. Schließlich mussten die Orte für Gräber lokalisiert und Gräber ausgehoben werden, mit Bulldozern und schwerem Gerät, und später außerdem die Vertuschungsaktion mittels der Sekundärgräber logistisch in die Wege geleitet werden. Für alle diese Vorgänge braucht das Tribunal in Den Haag konkrete, aussagekräftige Beweise und Zeugen. Vor Ort in Bosnien, wo bis heute viele hunderte, vielleicht tausende Mitwisser herumlaufen, die nicht gesprochen haben, fanden die Ermittler des ICTY ihre wichtigsten Zeugen: die Überlebenden von Erschießungen. Hat man sie ausfindig gemacht, sind sie sofort an Leib und Leben bedroht. Sie müssen auf jede erdenkliche Weise geschützt werden, und treten vor Gericht unter anonymisierten Kürzeln auf.
      Vor dem Mut dieser Zeugen kann man nicht genug Hochachtung haben. Kernstück der bisherigen Prozessdokumentation 13 ist z.B. die Aussage des "Zeugen O`: Seinerschütternder Bericht verweigert sich dem Kommentar und spricht für sich. Der Zeuge beschrieb den Richtern am 13. April 2000, was er während der Tage des Mordens erlebt hatte. Als er mit anderen Jungen und Männern in einem Lastwagen abtransportiert wurde, konnte er noch nicht ermessen, was passieren würde. Durch ein Loch in der Stoffplane des Wagens sah "Zeuge O" nach draußen: "Ich sah (...), dass da Leute waren, Kinder auf Fahrrädern und Frauen. (...) Ich sah einige Leute in der Drina baden, unter der Brücke. Leute liefen an dem Lastwagen vorbei, und von Zeit zu Zeit verfluchten manche unsere (...) Mütter. (...) Wir fuhren durch Zvornik und gelangten nach Karakaj. Ich wusste, dass es eine Straße nach Bijeljina und Tuzla gab, und ich nahm an, (...) dass man uns in ein Lager in Bijelnija oder Batkovic brachte. Denn wenn sie die Leute töten wollten, hätten sie sie ja nicht transportiert."

      Die Nacht vor der Ermordung verbrachte die Gruppe zusammengepfercht in einem Schulgebäude, ohne Wasser, Essen, sanitäre Einrichtungen. In der Morgendämmerung brachte man sie zum Exekutionsort, ein Feld bei einem Damm, dem Petkovci-Damm. Der Zeuge berichtete: "Wir waren sehr durstig. (...) Einige Leute riefen: Gebt uns Wasser, bevor ihr uns erschießt. Es tat mir sehr leid, dass ich durstig sterben würde, und ich versuchte, mich zwischen den anderen zu verstecken, solange ich konnte, wie alle anderen es taten. Ich wollte einfach noch eine oder zwei Sekunden leben. Als ich drankam, sprang ich heraus (aus dem Lastwagen), ich glaube, mit vier anderen. Ich fühlte Steine unter meinen Füßen. Es tat weh. (...) Ich sah Reihen von ermordeten Menschen. Es sah aus, als ob sie Reihe um Reihe hingelegt worden wären. (...)Jemand sagte: Legt euch hin. Und als die ersten hinfielen, begann das Schießen. Ich fiel und weiß nicht, was geschah. Ich dachte nichts. Ich hatte mir nicht vorgenommen, zuerst hinzufallen um zu überleben. Ich dachte nur, das ist das Ende."

      "Zeuge 0" sprach außerordentlich ruhig und gefasst. Er überlebte wie durch ein Wunder, indem er nachts unter den Toten hervorkroch, sich in einen Wald rettete und Hilfe fand. - Das Transkript der Aussage des "Zeugen O" umfasst 80 Seiten. Auf alle Fragen antwortet er im gleichen Duktus. Er räumt stets ein, wo er etwas nicht genau gesehen hat oder sich nicht erinnert, etwa an die Uniformen und die Rangabzeichen der Soldaten. An seiner Glaubwürdigkeit wollte, konnte niemand zweifeln, auch nicht die Anwälte des Angeklagten. Der aus Portugal stammende UN-Richter Almiro Rodrigues fragte den Zeugen am Ende seiner Aussage, ob er noch etwas hinzufügen wolle - eine in Den Haag nicht unumstrittene Vorgehensweise, die der psychologisch geschulte Rodrigues gleichwohl stets beibehielt. Für ihn hat die Internationale Justiz in Fällen wie diesem auch eine therapeutische Aufgabe an den Opfern zu leisten. Auf die Frage des Richters erklärte der junge Mann: "Nach allem, was ich hier gesagt habe und was ich gesehen habe, konnte ich zu dem Schluss kommen, dass es extrem gut organisiert war. Es war systematisches Morden. Und die das organisiert haben, verdienen nicht, in Freiheit zu leben. Und wenn ich das Recht und den Mut hätte, im Namen der Unschuldigen und der Opfer zu sprechen, würde ich den Tätern verzeihen, die die Exekutionen ausführten, denn sie waren in die Irre geleitet."

      Wenn ein Überlebender so große Sätze zu sagen in der Lage ist, beschämt er damit nicht nur die Täter. Er beschämt auch all jene, denen der politische Wille fehlt, den
      Tätern auf die Spur zu kommen. Denn der politische Wille - machen wir uns da nichts vor - ist ein Hauptakteur im Internationalen Recht. Ohne ihn geht gar nichts voran in der Internationalen Justiz. Carla del Ponte erklärte im Juni 2003 in der »Süddeutschen Zeitung«: "Dass es Feindseligkeiten gegenüber dem Gerichtshof gibt, dürfte niemanden überraschen. Von Zagreb bis Pristina, über Belgrad und Sarajevo - es finden sich selbst heute Nationalisten, die von der noch immer zu frischen Vergangenheit geblendet sind, und die weiter daran glauben, dass nur die Verbrecher der anderen Seite die wirklichen Verbrecher sind, die eigenen dagegen nationale Helden. Einig sind sich die Extremisten von allen Seiten nur darin, die Parteilichkeit` des ICTY zu verurteilen. Aber genau dies ermutigt uns, auf dem eingeschlagenen Weg völliger Unabhängigkeit der Justiz gegenüber jeder politischen Macht fortzuschreiten." 14

      Internationale Justiz muss ebenso "blind" sein wie jene allegorische Justizia, die vor nationalen Justizbauten gerne platziert wird. Es darf weder entscheidend sein, ob Kroaten oder Serben oder bosnische Muslime oder Albaner, ob Ex-Generäle oder Ex-Präsidenten angeklagt sind. Der politische Wille zur Gerechtigkeit, zur Wahrheitsfindung, das sei als Randbemerkung an dieser Stelle eingefügt, wird ebenso den Ausschlag dabei geben, ob in einem von den "allied forces" kontrollierten Irak das funktionieren wird, was Paddy Ashdown, der High Commissioner in BosnienHerzegowina, das Konzept "Jobs and Justice" nennt. Man habe in Bosnien, erklärt Ashdown seit einigen Monaten wiederholt, den Fehler gemacht, diese beiden Hauptziele zu spät und zu zögerlich ins Auge zu fassen.
      In anderen Kriegsgebieten der Welt dürfe dieser Fehler nicht wiederholt werden.
      Mindestens 300.000 Menschen gelten beispielsweise im Irak als vermisst, verschwunden während der Herrschaft Saddam Husseins und diese Zahl gilt als "konservative Schätzung`: Die meisten Vermissten sind höchstwahrscheinlich nicht mehr am Leben. Sie tauchen jetzt in den Massengräbern auf, die man in der irakischen Erde findet - wer die Bilder aus Srebrenica kennt, sieht sich schockiert erinnert. Die Toten sind Menschen, die Saddam Nusseins Gefängnissen und Folterkammern, Säuberungsaktionen und Willkürmorden zum Opfer fielen, und sie wurden - wie die Menschen von Srebrenica - von den Schergen anonym verscharrt. Der UN-Beauftragte im Irak, Sergio Vieira de Mello, der im August 2003 einem Bombenattentat im Hauptquartier der UN im Irak zum Opfer fiel, hatte wenige Wochen vor seinem Tod in Bagdad einen Workshop abgehalten, an dem Iraker, internationale Experten und Vertreter der US-InterimBehörde teilnahmen. Das Thema lautete: "Wie stellen wir Gerechtigkeit her?". Damals sagte de Mello über die in Massengräbern verscharrten Opfer des Regimes von Saddam Hussein: "Man hat diesen Opfern das fundamentalste Recht genommen: das Recht auf Leben. Die Gräber, die wir finden, sind bisher unsere aussagekräftigsten Zeugen`: 15 Wenn es für den Irak Gerechtigkeit geben soll, dann - zu dem Schluss wird de Mellos Nachfolger und werden auch dessen Mitarbeiter womöglich bald gelangen - führt der beste Weg dorthin nur über ein Ad-hoc-Tribunal der UN. Oder dieser Weg führt über den 2002 etablierten, von den USA zum Bedauern der ihn tragenden Staaten abgelehnten, Internationalen Strafgerichtshof. Auch der hat seinen Sitz in Den Haag, der Hauptstadt des internationalen Rechts.
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      schrieb am 13.01.04 11:32:13
      Beitrag Nr. 478 ()
      Wir sollten vielleicht auch mal die Frage behandeln, ob durch die schrecklich bösen, bösen Taten des "Reiches des Guten" gegen die "schrecklich bösen Bösen" dieser Welt nicht gelegentlich auch Gutes entstehen könnte.
      Man denke nur an diese ulkigen deutschen KZ`s, die es nicht mehr gibt, weil diese bösen, bösen Amerikaner so schrecklich "kriegsgeil" gegen Hitler waren. Oder wir könnten auch mal diesen Artikel lesen:

      Wenn die Schurken schüchtern werden

      Gegen Saddam Hussein führte Amerika einen Krieg auf Verdacht. Libyen, Iran und Nordkorea rüsten lieber freiwillig ab - aber nicht wegen der militärischen Drohung allein.

      Von Matthias Nass

      Es tut sich was auf der "Achse des Bösen". Seitdem amerikanische Soldaten Saddam Hussein aus seinem Erdloch zogen, scheint auch der letzte "Schurke" unter den Staatenlenkern begriffen zu haben: Wer sich Washington zum Feind macht, mit dem kann es ein böses Ende nehmen. Ist es ein Zufall, dass Libyens Revolutionschef Ghaddafi, Irans Präsident Chatami und Nordkoreas Geliebter Führer Kim Jong Il plötzlich vor Friedfertigkeit geradezu schnurren? Ist nicht vielmehr die Botschaft des Irak-Krieges bei jenen angekommen, denen sie neben Saddam selbst galt - nach dem Wort aus Washington: "Ziehen Sie schon einmal eine Nummer!"

      Dass die Neokonservativen in der Bush-Administration heute triumphieren, wer wollte es ihnen verdenken? Zur Hälfte haben sie ja sogar Recht. Der Präsident jedenfalls hatte nach dem 11. September 2001 der Öffentlichkeit eingehämmert, er werde nicht zusehen, wie "die gefährlichsten Regimes der Welt in den Besitz der gefährlichsten Waffen der Welt" gelangten.

      Fünf Tage vor Weihnachten erklärt Muammar al-Ghaddafi plötzlich, er wolle sein Atomwaffenprogramm aufgeben und den Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) seine Nuklearanlagen öffnen. Acht Wochen vorher schon hatten die Machthaber in Teheran zugesagt, sich künftig auch unangemeldeten Kontrollen der IAEA zu unterwerfen. Und nun verkündet auch noch Nordkorea, es wolle auf Produktion und Erprobung von Atomwaffen verzichten.

      Eine wahrhaft paradoxe Bilanz von Amerikas "Präemptiv-Krieg" im Irak. Dort wurden auch nach neun Monaten intensiver Suche keine Massenvernichtungswaffen gefunden; Iran, Libyen und Nordkorea aber, die allem Anschein nach tatsächlich an der Bombe basteln, hissen beim Anblick der Bomben auf Bagdad die weiße Flagge der Kapitulation. Nach dem Motto: Bush ist zu allem fähig.

      Offenbar aber auch zur Diplomatie. Als im Süden Irans am Zweiten Weihnachtstag die Erde bebt, ruft der stellvertretende US-Außenminister Armitage den in Teheran weilenden iranischen UN-Botschafter an und bietet Unterstützung an. Das Okay kommt nur eine Stunde später: Amerikas Hilfe sei willkommen.

      Als hätten die Regierungen in Teheran und Washington nur auf eine Gelegenheit gewartet, miteinander ins Gespräch zu kommen! Colin Powell spricht von "ermutigenden Zeichen" in der Politik der islamischen Republik; ein "Dialog" könne zu einem "angemessenen Zeitpunkt in der Zukunft" in Gang kommen.

      Ein Dialog! Über nichts haben sich die Hardliner in Washington so gern lustig gemacht wie über den Dialog der naiven Europäer mit den Mullahs in Teheran. Der schiitische Gottesstaat, glaubten sie, stünde längst am Rande der Revolution: "Und wir sollten diese Revolution unterstützen." Abrüstung durch Regimewechsel, ganz wie im Irak, galt ihnen auch für Teheran als das richtige Rezept.

      Doch dann reiste im Oktober das europäische Außenminister-Trio Fischer, Straw, de Villepin nach Teheran und brachte die Zusage mit, Iran werde das Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag unterschreiben und sich damit den uneingeschränkten Inspektionen der IAEA unterwerfen. Möglich wurde dieser diplomatische Erfolg, weil sich die Europäer unnachgiebig zeigten. Der Westen, wie schön, war sich endlich wieder einig.

      Nun will George W. Bush es mit den diplomatischen Freundlichkeiten nicht gleich übertreiben. Die iranische Regierung müsse "auf die Stimme derer hören, die nach Freiheit streben", mahnt er. Die Iraner ihrerseits finden, es sei noch zu früh, eine offizielle amerikanische Delegation zu empfangen. Aber die Erdbebendiplomatie offenbart auch ihr Interesse an besseren Beziehungen: Seit der Vertreibung der Taliban und dem Sturz Saddam Husseins sieht sich das Regime von Verbündeten Amerikas eingekreist; Grund genug, sich mit der Supermacht gut zu stellen. Washington wiederum setzt bei der Stabilisierung des Iraks auf die Schiiten, deren wichtigste Führer unter der Saddam-Diktatur im Teheraner Exil lebten; geordnete Verhältnisse im Irak sind im Interesse Amerikas wie Irans.

      Nicht Regimewechsel, sondern Politikwechsel heißt inzwischen das Ziel der amerikanischen Politik gegenüber Teheran. Und dies soll auf friedlichem Wege erreicht werden. Amerika hat ja gezeigt, dass es zum Krieg bereit ist. Auch zum Krieg auf Verdacht! Wer Stärke demonstriert, lautet das Kalkül der Regierung Bush, verschafft der Diplomatie die nötige Durchschlagskraft. Zumindest in einem entscheidenden Punkt ist dieses Kalkül bisher aufgegangen: Der befürchtete Aufrüstungsschub (nach dem Motto: "Wir müssen uns unangreifbar machen, bevor die Amerikaner auch gegen uns losschlagen!") ist ausgeblieben.

      Politikwechsel statt Regimewechsel: Das ist nicht nur im Mittleren, sondern auch im Fernen Osten die Devise. Noch im Oktober hatte die US-Regierung die Reise einer Kongress-Delegation nach Pjöngjang untersagt. Jetzt aber hat das Weiße Haus den Besuch von US-Experten in Nordkorea gestattet; fünf Tage lang sollen sie die Atomanlagen in Yongbyon inspizieren.

      Kim Jong Il, der Geliebte Führer, hatte sich während des Irak-Kriegs wochenlang in Bunkern verkrochen, aus Angst, der nächste Angriff könnte ihm gelten. Schon möglich, dass ihn die Demonstration amerikanischen Vernichtungspotenzials geneigter gemacht hat, der chinesischen Einladung zu Sechs-Parteien-Gesprächen über Nordkoreas Atomprogramm zu folgen.

      Nordkoreas Stalinisten zieren sich nicht weniger als Irans Islamisten: Aber wie diese strecken sie vorsichtig ihre Fühler aus - und lehren die Amerikaner nebenbei die Segnungen einer multilateralen Außenpolitik. Denn ohne die geschmeidige Diplomatie der Chinesen hätte es die Gespräche in Peking so wenig gegeben wie die Abrüstungsversprechen Irans ohne die beherzte Initiative der Europäer.

      Dies einzugestehen müsste dem amerikanischen Hegemon möglich sein, ohne dass ihm ein Zacken aus der Krone fällt. Wie umgekehrt die europäischen Kriegsskeptiker einräumen sollten, dass die Furcht vor libyschen, iranischen oder nordkoreanischen Atombomben heute tatsächlich geringer ist, weil George W. Bush sich nicht davon abbringen ließ, Saddam Hussein die Massenvernichtungswaffen aus der - in Wahrheit leeren - Hand zu schlagen.

      Die Doppelstrategie - Abschreckung plus Vertrauensbildung - muss nicht neu erfunden werden; sie hat schon "Schurken" ganz anderen Kalibers zum Abrüsten veranlasst. Man könnte sogar sagen: Der Westen hat mit ihr vor fünfzehn Jahren den Kalten Krieg gewonnen.


      (c) DIE ZEIT 08.01.2004 Nr.3

      Wir finden diesen bösen, bösen Artikel übrigens unter
      http://www.zeit.de/2004/03/Teheran
      Avatar
      schrieb am 13.01.04 11:38:59
      Beitrag Nr. 479 ()
      Wobei vielleicht noch zu Posting # 476 anzumerken wäre, daß chinesische Diplomaten gegenüber britischen und japanischen Diplomaten erklärt hatten, daß China keine weitere "unkontrollierbare Atommacht" an seinen Grenzen dulden werde (Nord-Korea) und in den letzten 5 Monaten seine Truppenstärke an der Grenze zu Nord-Korea um ein Drittel erhöht hat - offiziell natürlich um die Flüchtlinge aus Nord-Korea besser kontrollieren und abfangen zu können.
      Aber die Formulierung in der offiziellen chinesischen Verlautbarung war ähnlich derjenigen, die 1979 gegenüber Vietnam verwendet wurde, kurz bevor chinesische Truppen Vietnam eine dreimonatige Besetzung der vietnamesischen Nord-Provinzen lieferten - mit Zehntausenden von toten Soldaten auf beiden Seiten.
      Avatar
      schrieb am 13.01.04 12:37:38
      Beitrag Nr. 480 ()
      Ups! Mit dem Hinweis auf # 476 in Posting # 478 meinte ich eigentlich # 477.
      Sorry (Nr. 5 oder so..).
      ;)
      Avatar
      schrieb am 25.02.04 14:05:56
      Beitrag Nr. 481 ()
      Nachtrag zu Posting # 476 und anderen davor:

      http://www.ndrtv.de/kulturreport/knochenfrau.html

      Die Links auf der linken Seite dieses Internetangebots vom "Kulturreport" sind auch recht interessant.
      Avatar
      schrieb am 25.02.04 14:15:59
      Beitrag Nr. 482 ()
      Avatar
      schrieb am 24.03.04 17:35:58
      Beitrag Nr. 483 ()
      Avatar
      schrieb am 13.05.04 09:14:58
      Beitrag Nr. 484 ()
      Wo wir gerade beim Thema " Nachvollziehbarkeit einer Handlung" sind und die neuesten Reality-Horror-Videos noch nicht kennen (vielleicht auch besser so?!), ist es vielleicht doch interessant, diese dpa-Meldung zu lesen:

      «Toller Job» - Iraker-Misshandlungen in Wissenschaftssicht

      Hamburg (dpa) - Entsetzen, Abscheu, Empörung, Verurteilung - das war weltweit die Reaktion auf die Misshandlungen im Gefängnis Abu Ghoreib bei Bagdad. Wie das Verhalten der Täter zu erklären ist, versuchen ein Sozialwissenschaftler und zwei Psychologen im Gespräch mit der dpa zu erklären.

      Der Göttinger Soziologe Wolfgang Sofsky, Autor des Buchs «Traktat über die Gewalt», sieht einen wesentlichen Faktor im «freien Spielraum», den diese Täter hatten - in Abwesenheit unmittelbarer Vorgesetzter, aber mit Anweisungen der Art wie «Sorgt mal dafür, dass diese Häftlinge eine schlechte Nacht haben». Sofsky: «Sie quälten also diese Häftlinge nicht, weil sie das auf Befehl mussten, sondern weil sie es durften».

      Nach dem, was bisher bekannt geworden sei, unterschieden sich diese Taten von Fällen harter Folter aus der Geschichte, etwa in Südamerika oder bei den französischen Fallschirmjägern in Algerien. «Es hat in Abu Ghoreib relativ wenig wirkliche körperliche Verletzungen gegeben. Im Unterschied zur Folter hatten die dortigen Misshandlungen vor allem mit Demütigung, auch sexueller, Entehrung und Herbwürdigung zu tun. Dazu gehört auf den Bildern der Triumph derjenigen, die vor dem Opfer stehen, also dieses Pärchen Lynndie England und Charles Graner, als hätten sie einen großen Sieg errungen. Sie triumphieren und sie lachen. Das ist Schadenfreude.»

      Speziell zu den beteiligten Frauen sagte der Soziologe: «Sie sind sozusagen aus ihrer klassischen Opferrolle heraus. Sie sind in der Täterrolle. Und Männer sollen sich nun aneinander vergehen. Das ist eine Umkehrung dessen, was man sonst an sexueller Demütigung in Kriegssituationen kennt, in denen Männer vergewaltigen, über Frauen herfallen.»

      Der Soziologe hält die Rolle der Fotos für sehr wichtig für die Dynamik der Vorgänge. «Manche der Szenen scheinen so arrangiert, dass sie ein gutes Fotos abgeben. Der Fotoapparat ist mit ein Auslöser für eine neue Demütigung. Die Bilder sind Trophäen - zur Prahlerei und zur Erinnerung. Das war ein toller Job, ein toller Krieg für uns.» Es gebe in solchen Gruppen häufig so etwa wie eine Rivalität: Wem fällt das Quälendste, das Grausamste ein, wer ist der Tollste von allen! Das sei unabhängig von Befehlen, ergebe sich allein aus der Gruppe.

      Die Psychoanalytikerin Annette Streeck-Fischer (Göttingen), Herausgeberin des neuen Buchs «Adoleszenz-Bindung-Destruktivität», nimmt grundsätzlich an, dass «diese jungen Menschen überfordert und im Stich gelassen» sind. Die Soldaten seien mit der Vorstellung in den Irak gekommen, Heilsbringer zu sein und voller Ideale. Stattdessen würden sie dort nun angefeindet, verteufelt und bedroht, so dass sie mit einer völligen Desillusionierung und Entwertung ihrer Vorstellungen konfrontiert seien. «Außerdem befinden sie sich im Irak in einer Atmosphäre ständiger Bedrohung durch Krieg und Kleinkrieg, die sie überfordert und in ihnen Täterdynamiken in Gang setzt sowie Macht- und Unterwerfungshandlungen auslöst.»

      Nach Ansicht des Psychoanalytikers Alf Gerlach (Saarbrücken), Mitherausgeber des Buchs «Gewalt und Zivilisation», ist es nach dem Anschlag auf das Wold Trade Center in New York zu einer schleichenden Erosion der Verbindlichkeit von destruktionsbegrenzenden Normen gekommen. «Symbol dafür ist die offene Auffassung der US-Regierung, auf die Gefangenen in Guantanomo sei die Genfer Konvention nicht anwendbar. Das setzt sich im Bewusstsein der Armeeangehörigen, vor allem aber im Unbewussten fest, und erleichtert gewissermaßen dem Einzelnen das Ausleben destruktiv-sadistischer Attacken auch gegenüber Gefangenen in Bagdad», sagte Gerlach.

      Sicher werde es in jeder Armee auch Menschen mit einem festen, «schützenden» Gewissen geben, welche auch dann nicht sadistisch handeln, wenn es geduldet wird oder sie sogar dazu aufgefordert werden. Ebenso werde es aber in jeder Armee Menschen geben, welche eine Situation der aufgeweichten Normen nutzen werden, um den in jedem von uns wirkenden destruktiven Sadismus an anderen Menschen auszuleben.
      © dpa - Meldung vom 13.05.2004 08:24 Uhr
      Avatar
      schrieb am 13.05.04 09:33:55
      Beitrag Nr. 485 ()
      Manchmal frage ich mich ja sogar, welche Filme man zeigen kann oder darf oder sollte und welche nicht, weil manche Filme ganz automatisch Entsetzen, Aufregung und Wut auslösen.
      Beispielsweise ist mir aufgefallen, daß sich Selbstmordattentäter immerhäufiger und mit ziemlicher Begeisterung vor dem Attentat mit ihren persönlichen Ansichten filmen lassen und sich darauf freuen, "ins Paradies zu kommen" und ähnliches blabla.
      Die Attentate selbst hat aber bisher noch kein Komplize aus der Nähe gefilmt, obwohl das sicherlich möglich gewesen wäre.
      Es hält vielleicht doch die möglichen Nachahmer zu sehr von den Nachfolger-Aktionen ab, wenn man sieht, wie das Blut von Tätern und Opfern bis ins zweite Stockwerk spritzt oder sich deren Körperteile und Innereien über die Bäume und Äste bei gesprengten Bussen verteilen.
      Jedenfalls sieht es hinterher in Israel so aus, aber niemand kann es wagen, so etwas im Fernsehen zu zeigen. Nur einmal hat der ARD-Weltspiegel einen Bericht über einen Mann gebracht, der in Israel zu einer der religiösen "Aufsammel-Organisationen" gehört, die dafür sorgen, daß die Körperteile der jeweiligen Opfer möglichst zusammengehörig in ein Grab kommen und dabei wurde einer seiner "Arbeitsplätze" einen Tag danach gezeigt. Es sah immer noch grausig genug aus, wie da eine äußere Geschäftswand neben einem gesprengten Bus bis hinauf ins zweite Stockwerk so seltsame große braunrote Tupfer hatte und immer noch so komische rote Sachen in 6 Meter Höhe in den Bäumen hingen.
      Vielleicht sollte man so etwas mal in den Schulen von allen kriegführenden Nationen zeigen?
      Oder würde es dann vielleicht gleich wieder eine Menge Leute geben, die das genauso toll finden wie "Der Exorzist" in den 70er Jahren?
      Was meint Ihr?
      Avatar
      schrieb am 13.05.04 14:21:53
      !
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      Avatar
      schrieb am 09.06.04 13:03:52
      Beitrag Nr. 487 ()
      Wow, hier haben sich die Leute in meiner Abwesenheit ja geradezu überschlagen vor Antwortbereitschaft auf das Posting # 484. Naja , war vielleicht auch ein bißchen zu gruselig.

      Nebenbei bemerkt, ich sammle gerade eine nette kleine Kombination von militärischen Auseinandersetzungen und Kriegen seit 1989 und bin immer wieder beeindruckt, wieviele Tote es dabei gab und keinen Menschen interessieren - vermutlich, weil die USA daran nicht beteiligt waren. Allein auf dem ehemaligen Gebiet der nicht mehr existenten Sowjetunion gab es ca. 10 militärische Auseinandersetzungen mit jeweils ca. mindestens 1000 bis 150.000 Toten, die zum Teil rein ethnisch bedingt waren (z.B. Armenien vs. Aserbaidschan oder Moldawien gegen Gagausien mit russischem Kriegseintritt unter General Lebed auf Seiten Gagausiens, Georgien vs. Süd-Ossetien etc.) und heute außerhalb Osteuropas völlig vergessen sind. Und von den demolierten Großstädten in Tschetschenien oder dortigen Menschenrechtsverletzungen wollen wir ja gar nicht erst reden, weil wir so gute Freunde von Putin geworden sind und er uns ja die Furcht vor der mangelnden Demokratie in Rußland genommen hat, nicht wahr?

      Würde Euch eigentlich ein Thread mit einer lustigen Liste von unbekannten Kriegen der letzten 14 Jahre interessieren, obwohl diese Kriege bisher keine Schwein interessiert haben?
      Avatar
      schrieb am 09.06.04 13:51:15
      Beitrag Nr. 488 ()
      #484...:eek:

      #485, wäre nett, es mal im Zusammenhang zu sehen. Der schlimmste Krieg der letzten 20 Jahre soll ja der zwischen Iran und Irak gewesen sein mit geschätzt 1,5 Millionen Toten. Im Gegensatz zu dem Gegenschlag gegen den Irak nach dem Einmarsch in Kuweit sah sich aber damals niemand in Deutschland deswegen bemüßigt z.B. auf Karneval zu verzichten oder große Demos zu veranstalten...:rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 09.06.04 14:05:45
      Beitrag Nr. 489 ()
      @ for4zim:
      Tja, das mit dem Zusammenhang bei den vergessenen Kriegen der letzten 14 Jahre ist so eine Sache...
      Das Problem bei der Liste könnte allerdings sein, daß die jeweiligen vergessenen Kriege oft wirklich keinen Zusammenhang mit den anderen Kriegen hatten - oder sich so vieles lokal gesammelt hatte, daß kein Mensch dort nach kurzer Zeit mehr genau begriff, worum es überhaupt ging.
      Da gab es so um 1995 mal einen "hübsch blutrünstigen" (Bürger-?)Krieg in Tadschikistan, der angeblich von Taliban ausgelöst wurde, aber an dem auch große Räuberbanden im Stil von Ali Baba und den 40 Räubern beteiligt waren. Ich glaube, ich fange den neuen Thread vielleich mal bei Gelegenheit damit an, weil`s so "schön exotisch" war...
      Avatar
      schrieb am 09.06.04 14:49:19
      Beitrag Nr. 490 ()
      Zusammenhänge gibt es schon. Die meisten Kriege sind z.B. keine Blockkonfrontationen, sondern Auseinandersetzungen von Staaten außerhalb von Bündnissystemen oder eventuell innerhalb eines Bündnissystems. Das wird noch eklatanter, wenn man nach Zahl der Opfer gewichtet. Das hatte in Zeiten des Kalten Krieges immer überrascht, denn es bedeutet ja, daß die großen Bündnisblöcken eher stabilisierend wirkten, im Gegensatz zu den Neutralitätswünschen vieler.

      Außerdem häufen sich, so vermuet ich, die blutigsten Kriege in ganz wenigen Weltregionen. Auch das ist interessant zu sehen.

      Und dann ist da noch die Frage, welche Kriege erregen, bezogen auf die Opferzahl, die größere Aufmerksamkeit. Da ist dann die Frage, zu welchen Konfliktparteien wir eine emotionale Beziehung aufbauen können und welche Konflikte uns gefühlsmäßig fern liegen.
      Avatar
      schrieb am 19.06.04 10:13:02
      Beitrag Nr. 491 ()
      Naja, in Thread: Kriege, die die Welt kaum beweg(t)en trifft auf den Krieg in Posting # 2 so gut wie alles und auch wieder nichts von alldem zu. Der Krieg in Tadschikistan war eher ein Krieg des Typus`, der entsteht, wenn ein Imperium zerbricht und sich in Gebieten ohne ein parlamentarisches System alles wieder in Clans und bewaffnete Privatarmeen aufspaltet.
      So etwas gibt es seit dem Untergang des Alexanderreiches mit seinen Diadochenkämpfen, seit dem Untergang des Römischen Reiches und wenn ich mir so die immer noch existierende Privatarmee der serbischen "Transportunternehmer-Dynastie" Karadzic in Bosnien betrachte, dann hat sich die Menschheit auch da nicht so berauschend weiterentwickelt.
      Avatar
      schrieb am 05.08.04 10:13:52
      Beitrag Nr. 492 ()
      In Ergänzung meiner Totalitarismus-Fotosammlung (näheres unter den Postings ab # 82 ff in diesem Thread) finde ich diese Satelliten-Nachtaufnahme aus "National Geographic Deutschland", Juli-Ausgabe, recht "hübsch":

      http://de.f1.pg.photos.yahoo.com/ph/y64_x_32/detail?.dir=/1b…

      Sie belegt in recht eindrucksvoller Weise, daß Nord-Korea im Bemühen um Gleichheit von Stadt- und Landbevölkerung dem revolutionären Lumineszenz-Minimalismus frönt und fast überall nachts "das Licht ausgemacht" hat. Es könnte aber auch schon eine Einstimmung auf kommende Verdunkelungsbefehle sein, die seit 50 Jahren immer mal wieder auf den kommenden Angriff der USA und der südkoreanischen Erbfeinde einstimmen sollen.
      Wie im Stalinismus üblich, ist die Hauptstadt Pjöngjang gleicher als die gleichenden Städte Nord-Koreas und damit der einzige deutlich sichtbare leuchtende Punkt im Lande. Ein paar kleinere Städte an der Grenze zu China sind allerdings auch noch beleuchtet zu erkennen, vermutlich damit sich China keine Sorgen macht.
      Avatar
      schrieb am 14.08.04 12:02:13
      Beitrag Nr. 493 ()
      NOTIZEN AUS HAMBURG - Perspektiven

      "Heilige Krieger"

      «Der Jammer mit der Menschheit ist», schrieb einst der britische Nobelpreisträger Bertrand Russell, «dass die Narren so selbstsicher sind und die Gescheiten so voller Zweifel.»
      Ganz ohne jeden Zweifel sind die Fundamentalisten. Fanatisch, dogma­tisch, kompromisslos verfechten sie ihre jeweilige Sache. Und sind zum Schrecken des 21. Jahrhunderts geworden, ähnlich bedrohlich wie die großen Ismen des 20. Jahrhunderts, Faschismus und Kommunismus.
      Auch wenn der Islam heute als Brutstätte von Fundamentalismus gilt - mit seinem politisch-militärischen Werkzeug, dem Terrorismus -, ist diese Geisteshaltung doch keineswegs auf den Lebensraum der Anhänger des Propheten Mohammed beschränkt. Es gibt sie in fast allen Religionen, auf fast allen Kontinenten. Geprägt wurde der Begriff Fundamentalismus in den USA, wo es um 1910 zu einer Kontroverse zwischen konservativer und liberaler Theologie innerhalb der protestantischen Kirchen kam und "The Fundamentals" eine wortwörtliche Bibelauslegung propagierten.
      Natürlich ist unbedingte Glaubensgewissheit nicht per se verwerflich. Das Ruhen in den eigenen Überzeugungen macht das Leben nicht nur komfortabler, es ist durch Jahrtausende hinweg auch ein Bollwerk gewesen gegen Unterdrückung und Ausbeutung. Das Gefühl, dem Glauben treu bleiben zu müssen, sich dem Allmachtsanspruch anderer zu widersetzen, hat einige der schönsten Menschheitsmomente hervorgebracht - und einige der grausamsten zur Folge gehabt: von den mit Christenblut getränkten Arenen der römischen Imperatoren bis zu den Gulags und Konzentrationslagern der jüngeren Geschichte.
      Aber wenn sich Glaubensfestigkeit mit Intoleranz und missionarischem Eifer paart, ist Unheil nicht weit. Kommen dann noch politische Umstände hinzu wie in den arabisch-islamischen Ländern, wo sich viele Menschen als Folge von Kolonisierung, Globalisierung und der Ausbreitung westlicher Kultur einer eigenen Identität beraubt sehen, entwickelt sich früher oder später ein explosives Gemisch. (Einige dieser Aspekte thematisiert auch die Reportage über die Schiiten in der Juni-Ausgabe auf Seite 88).
      Lassen wir uns von den täglichen Schlagzeilen nicht täuschen. Der eigentliche "Kampf der Kulturen" ist nicht der zwischen Islam und Christentum, zwischen Orient und Okzident. Er findet statt zwischen uns und den Fundamentalisten, den "heiligen Kriegern", die die Welt in gut und böse aufteilen und sich selber für auserwählt halten - wo auch immer sie leben mögen.
      Aus:
      NATIONAL GEOGRAPHIC Deutschland - JUNI-Ausgabe 2004, S. 170
      Avatar
      schrieb am 18.08.04 08:48:02
      Beitrag Nr. 494 ()
      Es gibt nicht wenige Menschen, die einen Ehrgeiz ohne notwendige Qualifikationen befriedigen wollen (und auch nicht bereit sind, sich Qualifikationen zu erarbeiten) und deshalb auf teils skurille, teils kriminelle Ideen kommen. :eek:
      Avatar
      schrieb am 24.08.04 16:36:43
      Beitrag Nr. 495 ()
      @ WilmaFlintstone:
      Ich weiß nicht so recht, ob der Wunsch, als heiliger Krieger ins Paradies zu kommen, alleine auf Ehrgeiz ohne notwendigen Qualifikationen beruhen könnte.
      ;)
      Die Leute, vor denen auf dieser Internetseite gewarnt wird, sind eigentlich recht gut qualifiziert, um ins weltweite Fernsehen zu kommen und vielleicht schaffen sie es ja auch bald mal wieder:
      http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/7/0,1872,2003527_HOME,00.html
      Avatar
      schrieb am 20.10.04 12:03:32
      Beitrag Nr. 496 ()
      Langsam wird der Wahlkampf in den USA wieder amüsant.
      Witzigerweise gibt`s ja in den letzten 16 Jahren öfters dritte unabhängige Kandidaten, die allein durch ihre Antrittsankündigung ihrer politischen Richtung mehr schaden als nutzen.
      Man könnte auch sagen, daß Clinton einst durch den republikanischen Millionär Ross Perot zum Präsidenten wurde und Bush durch den demokratischen Zweitkandidaten Ralph Nader.
      Wie steht`s eigentlich diesmal?

      http://www.theunitycampaign.org/
      Avatar
      schrieb am 20.10.04 12:10:55
      Beitrag Nr. 497 ()
      Diese Seite ist übrigens auch hochinteressant. Darauf wird jede öffentliche Aussage eines US-Kandidaten auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft und diese Seite wurde im ARD-Weltspiegel empfohlen:
      http://www.factcheck.org/
      Avatar
      schrieb am 24.10.04 13:24:21
      Beitrag Nr. 498 ()
      Film-Tipp heute abend:
      "Ausnahmezustand" / "The Siege" in Vox so nach 22 Uhr.
      Dabei dürfen wir uns fragen, wieso die Wirklichkeit gelegentlich noch die Fiktion überholt und solche Filme ohne nennenswerte Wirkung bleiben.
      Und wieso solche Filme in Rußland grundsätzlich nie entstehen könnten.
      Avatar
      schrieb am 29.10.04 20:20:58
      Beitrag Nr. 499 ()
      Wir sollten bei der US-Wahl übrigens nie die Rechnung ohne die kleinen Sonderlinge machen. Ich erinnere mich noch voller Sehnsucht an Ross Perot, der Bill Clinton zum Präsidenten machte und ich fürchte, diesmal könnte es wieder wie beim letzten Mal politisch genau umgekehrt sein:

      http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/17/0,1872,2145617,00.html
      Avatar
      schrieb am 08.12.04 17:20:01
      Beitrag Nr. 500 ()
      Heute hörte ich vom Tode des langjährigen ARD-Korrespondenten in Südostasien, Winfried Scharlau, der im Alter von 70 Jahren gestorben ist.
      Er war einer der unparteiischsten und mutigsten Journalisten der deutschen Fernsehgeschichte. Unter anderem war er unter den letzten Journalisten, die im Vietamkrieg Saigon verlassen haben und auch noch sehr viel später war Winfried Scharlau einer der von mir am meisten bewunderten deutschen Journalisten. Er sprach ein wundervolles Deutsch und seine Kommentare sind mir noch wegen ihrer einzigartigen Deutlichkeit in Erinnerung geblieben.
      Damit alle hier noch einmal sehen können, was wir in den Zeiten des "Infotainment" und der "Big-Brother-Kultur" verloren haben, füge ich hier einen seiner Kommentare ein, die auch nach 10 Jahren noch immer aktuell und vorbildlich wirken.
      Winfried Scharlau sprach am 29. April 1994 zum Besuch des Dalai Lama in Bonn in den "Tagesthemen" den folgenden Kommentar, der an Klarheit der in Diktion sowie Überzeugungskraft seiner Argumente und erst recht hinsichtlich der Unerschrockenheit seiner Kritik an den politischen Würdenträgern nichts zu wünschen übrig ließ.
      Zitat:

      "Der Dalai Lama, geistliches Oberhaupt der Tibeter, Verkörperung der Gewaltlosigkeit und Anwalt des Überlebensrechts der tibetischen Kultur, der Friedensnobelpreisträger von 1989, besucht Bonn, und wie bei seiner Reise zuvor haben weder der Bundeskanzler noch der Außenminister einen Gesprächstermin mit dem Gast vereinbart. Erst gestern ist der Dalai Lama in Washington von Präsident Clinton und Vizepräsident Gore empfangen worden. Die Regierung in Peking hat dies eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten Chinas genannt und protestiert. Clinton und Gore haben den Protest ignoriert und zum zweiten Mal ein Gespräch mit dem Dalai Lama geführt, das als Zeichen der Sympathie für diese bedrängte Zivilisation verstanden werden kann. Weder der Bundeskanzler noch der Außenminister haben den Gast aus Tibet je empfangen. Und nur ein Grund kann dieses offensichtliche Desinteresse erklären: die Furcht vor chinesischem Mißvergnügen, vor Protesten Pekings, also ein beschämender Mangel an Selbstbewußtsein dieser Regierung, die sich durch beflissene Rücksichtnahme geradezu anbietet, erpreßt zu werden, und dafür von den Chinesen hoffentlich verachtet wird. Der Blick auf Clinton und Gore offenbart, was unserer politischen Führung in Bonn abgeht: Würde, Selbstbewußtsein und Mut, um Prinzipien hochzuhalten und dem feigen Opportunismus, der sich als Diplomatie ausgibt, zu widerstehen. Und Schande auch über die SPD und ihren Kanzlerkandidaten Scharping, die sich ebenfalls vor dem Gast aus Tibet drücken und die so verächtlich lavieren wie der Bundeskanzler und der Außenminister. Es ist an der Zeit, aus den peinlichen Fehlern der Ostpolitik zu lernen ..."

      Ich finde es wunderbar, daß es solche Kommentare einmal im deutschen Fernsehen gab und ich bedaure sehr, dass ich so etwas schon lange nicht mehr gehört habe.
      Deutschland ist um einen fabelhaften Journalisten von großartiger Integrität ärmer geworden.
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      Internationale Politik, Moral und monokausale Historien-Malerei