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    Warum ist Scholl-Latour eigentlich nicht Außenminister? - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 11.06.03 23:51:20 von
    neuester Beitrag 07.08.03 12:30:35 von
    Beiträge: 45
    ID: 741.942
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      schrieb am 11.06.03 23:51:20
      Beitrag Nr. 1 ()
      Selten hört man so intelligente Aussagen zur Weltlage im deutschen Fernsehen wie von Scholl-Latour. Der würde nicht voreilig deutsche Soldaten in den Tod schicken. Gehört Scholl-Latour eigentlich einer Partei an?
      Avatar
      schrieb am 11.06.03 23:58:53
      Beitrag Nr. 2 ()
      partei nein, der ist nur von sich selbst überzeugt.
      Avatar
      schrieb am 11.06.03 23:59:37
      Beitrag Nr. 3 ()
      Nnnunnderrrgetkeeeeennaapadeiiann.
      Isdnurrrreinschoornalist.
      Avatar
      schrieb am 12.06.03 00:29:27
      Beitrag Nr. 4 ()
      Scholl-Latour meckert doch nur rum, besonders gern an den Amis. Nicht nur, weil die tatsächlich jeden Fettnapf austreten, sondern weil es gut beim Publikum ankommt.

      Was wäre besser in Afghanistan, wenn man dort nicht interveniert hätte ?
      Was wäre besser (oder vielmehr schlechter) wenn man die Wahlen in Algerien vor ca. 10 Jahren nicht annulliert hätte, und dort heute ein Gottesstaat etabliert wäre ?

      Darauf bleibt der alte "Haudegen" stets die Antwort schuldig.

      Auch der menschenverachtend niedrige Status von Frauen in vielen islamischen Ländern ist ihm absolut schnurz.

      Und allzu kritisch darf er am Ende ohnehin nicht berichten, weil er sonst kein Visum mehr bekommt in vielen islamischen Ländern. Somit wirkt die Zensur dort bis hierher.
      Avatar
      schrieb am 12.06.03 00:31:00
      Beitrag Nr. 5 ()
      Denali
      so bedauerlich es ist, er lag mit einen Prognosen richtig!

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      Avatar
      schrieb am 12.06.03 00:32:50
      Beitrag Nr. 6 ()
      Mal sehn ob Er mit Iran richtig liegt.
      Avatar
      schrieb am 12.06.03 06:10:07
      Beitrag Nr. 7 ()
      Was den Irak anging, lag ermit seinen Prognosen
      voll daneben und seine Lagebeurteilung war
      absolut falsch. Er versprach den Amerikanern
      einen langen Irakkrieg, da die Amis nicht in der Lage wären die lange Strecke vom Hafen bis nach
      Bagdat zu kontrollieren...Nur weil ca 2 Tage lang
      mal aus dem Sandsturm ein paar Irakis angeschlichen
      kamen und geschossen haben. Nach ein paar Tagen war
      die Sache gegessen. Ich muss zugeben, dass auch ich
      gerne geneigt bin ihm zu glauben , weil er eine
      persönlich überzeugende Art hat,...doch was den Irak-
      sagen-wir-mal-Krieg anging lag er voll daneben...
      Auch die damalige Einschätzung von Afghanistan war
      nicht sein Ding...
      Avatar
      schrieb am 12.06.03 06:17:17
      Beitrag Nr. 8 ()
      @wolaufensie....Nein, Du liegst falsch. Er sprach von einem schnellen Großeinsatz mit einem darauffolgendem Partisanenkrieg wie in Afghanistan. Und damit hatte er vollkommen recht. Sowohl wie in Kabul muß man auch in Baghdad ständig mit Attentaten auf die Soldaten rechnen. Es gibt ja sogar Viertel, in denen sich die Alliierten gar nicht rein trauen.
      Also schreib bitte icht so einen Unsinn, wenn du dich nicht auskennst.
      Avatar
      schrieb am 12.06.03 07:21:09
      Beitrag Nr. 9 ()
      ...ich habe seine Statements noch auf Band Jerrod,
      auf denen er voll danebenlag. Anscheinend passt er doch
      recht geschmeidig seine Aussagen der jeweiligen
      Situation an... :D ...und genauso kenne ich ihn
      auch schon von früher her...
      ...und was ein eventueller Partisanenkrieg bringen
      wird, da wollen wir erstmal abwarten , ob der Eindruck
      einiger Stadtviertel Rückschlüsse auf die Zukunft
      eines renitenten besiegten Landes ziehen lässt.
      Insofern sind Deine Spekulationen auf die Zukunft
      auch nicht von Tiefsinn geprpägt Jerrod. :D
      Avatar
      schrieb am 12.06.03 10:22:29
      Beitrag Nr. 10 ()
      Der kritisiert halt gerne die Amis, weil er halt "etwas" frankophil ist (hat in der Fremdenlegion gedient und damit die französische Staatsbügerschaft erworben). Hat den Amis wohl nie gnaz verziehen, daß die indirekt die Franzosen aus Indochina rausgeworfen haben
      Avatar
      schrieb am 12.06.03 10:33:06
      Beitrag Nr. 11 ()
      Scholl-Latours Haupt-Fehleinschätzung im Irak war, dass Bagdad von den US-Amerikanern nur unter erheblichen Verlusten erobert werden könne. Er ist da noch ganz Mann der alten Schule, und ging von konventioneller Kriegsführung aus. Da hätte er auch recht gehabt. Er hat einfach nicht damit gerechnet, dass die USA dutzende von schwarzen Koffern mit Millionen vollpacken, und damit die militärischen Strukturen in Bagdad ausschalten. Hohe Regierungsmitglieder des Irak sind sogar direkt vom Bagdader Flughafen inklusive ihrer gepanzertern Mercedes-Limousinen mit Großraumflugzeugen ausgeflogen worden. Diese Art der Kriegsführung bzw. Nicht-Kriegsführung war relativ revolutionär, das hat Scholl-Latour gestern bei Friedman auch anerkannt.
      Avatar
      schrieb am 12.06.03 10:36:57
      Beitrag Nr. 12 ()
      Auch im Afghanistan-Feldzug 2001 haben CIA & Konsorten einfach ein paar "warlords" herausgekauft und schwups brach die Front der Taliban zusammen.
      Avatar
      schrieb am 12.06.03 10:57:33
      Beitrag Nr. 13 ()
      Von PSLs Äußerungen im Fernsehen erinnere ich, daß er einen zweiten Vietnam für die Amerikaner in Afghanistan prognoziert hat, und die Australier beschuldigt hat, ihre militärische Intervention in East Timor aus Interesse an dem Öl in der Region gemacht zu haben.
      Dabei haben sie ein UNO-Mandat gehabt, und die Fortführung eines Genozids verhindert.
      Avatar
      schrieb am 12.06.03 10:58:40
      Beitrag Nr. 14 ()
      Tja Abschätzungen von Kriegsverläufen ist wirklich nicht sein Ding, wobei ich überhaupt auch nicht mit dem erfolgreichen Wegkaufen der militärischen Führungschicht gerechnet habe, schon gar nicht nach dem Beginn des Kriegsverlaufs.

      In Afghanistan hat er den Amerikanern dasselbe Schicksal prophezeit wie den Russen. Dabei waren die Taliban und Al-Qaida doch mehr selber Invasoren denn Befreiungsarmee.
      Die Taliban haben sich jedenfalls völlig zur Guerillataktik zurückziehen müssen und kontrollieren kein Land mehr. Und ein Hekmatjar zerstört nicht mehr die Innenstadt von Kabul mit seinen Raketenwerfern, sondern schickt Selbstmordattentäter los.
      Aber man muß ihm zu Gute halten, dass PSL schon recht viel Mut hat und als Journalist dorthin geht, wo es dreckig ist und trotzdem bisher überlebt hat. So mancher Journalist berichtet aus einem vollklimatisierten Hotel in Kenia über die aktuelle Lage im Kongo und viele unerfahrene Jungspunde verlieren gerade aktuell in Bunia ihr Leben.
      Avatar
      schrieb am 12.06.03 11:06:00
      Beitrag Nr. 15 ()
      also bitte, der typ ist doch inzwischen senil.

      und der khan soundso, den ich übrigens persönlich sehr gut
      kenne,blablabla...und in hatturecht, wo ausser mir keiner
      hinkommt,blablabla,..

      für romane im stil von karl may wirds wohl reichen, aber
      zum aussenminister never!

      mfg,
      Cole_T
      Avatar
      schrieb am 12.06.03 11:06:31
      Beitrag Nr. 16 ()
      Wer das mal mitverfolgt hat seit dem Golfkrieg, wird bemerkt haben, daß seine Prognosen vor den Kriegen fast alle falsch waren. Im Golfkrieg sollten die Amis und ihre Verbündeten gewaltige Verluste erleiden.
      Der Afghanistankrieg war nicht zu gewinnen und müßte heute noch toben. Er hat nicht lange gedauert. Vor dem letzten Krieg war er allerdings mit seinen Vorhersagen vorsichtiger.
      Früher war er einer der besten Auslandsjournalisten, aber in den letzten Jahren hat er sich zuviel geirrt.
      wilbi
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 17:11:27
      Beitrag Nr. 17 ()
      HerrSony,

      mit knapp 80 Außenminister. Ja sind wir denn hier in Amerika? ;)
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 17:25:53
      Beitrag Nr. 18 ()
      Letzter Grip
      Strom Thurmond (100), Senator

      von Uwe Schmitt

      Der letzte Rekord - sein 100. Lebensjahr im Senat zu vollenden- war Strom Thurmond nicht vergönnt. Er schied Anfang Januar dieses Jahres aus, nicht ohne eine Geburtstagsfeier mit einer prächtigen Marilyn-Monroe-Imitatorin zu genießen. Dass der Festredner und republikanische Mehrheitsführer Trent Lott für launige rassistische Reminiszenzen zu Ehren des selig lächelnden Thurmond mit seinem Job büßte, war eine unfreiwillige Pointe. Und ein würdiger Abgang für den stockkonservativen Dixiecrat, der 1948 einmal mit einer Konföderierten-Agenda für die Präsidentschaft kandidiert hatte. An den übrigen Bestleistungen hatte der Senator aus South Carolina zäh gearbeitet. Er war seit 1948 im US-Oberhaus und bei seiner letzten Wahl 1996 der am längsten dienende Senator in der amerikanischen Geschichte. Es ist nicht despektierlich festzustellen, dass die politischen Einlassungen des Alterspräsidenten sich in den letzten Jahren auf ein "Lauter, bitte" beschränkten. Mit eiserner Konstitution gesegnet, Nichtraucher, Alkoholverächter und Jogger pflegte Thurmond noch im Rollstuhl seine Kräfte in einem schraubstockartigen Händedruck (The Grip) zu bündeln. So innig war der Senator zeitlebens den Frauen zugetan, dass er sich sogar eine Umarmung von seiner Lieblingsfeindin Hillary Clinton erbat. Von seiner zweiten Frau, einer ehemaligen Schönheitskönigin und 44 Jahre jünger, lebte er seit 1991 getrennt. Für seine vier Kinder tat er, was seine Macht noch hergab. Ruhm, wenn nicht Ehre, erwarb sich Thurmond 1957 mit dem 24-Stunden-Rekord im Dauerreden gegen die Aufhebung eines Schwarze diskriminierenden Gesetzes. Die Bürgerrechtsbewegung trieb ihn 1964 zum Übertritt zu den Republikanern. Bald darauf zählte Strom Thurmond zu den ersten Südstaaten-Senatoren, die Schwarze in ihren Kongressbüros beschäftigten. Sein Einfluss schwand mit seinem Aufstieg zur Legende.
      Strom Thurmond, US-Politiker, geboren in Edgefield (South Carolina) am 5. Januar 1902, starb ebenda am 26. Juni.
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 17:40:50
      Beitrag Nr. 19 ()
      Hab ich da was verpast oder was?Im Irak ist doch noch Krieg oder?Genauso wie in Afghanistan oder wo kommen die ganzen Toten Amis her?Wen Soldaten sterben(durch feuergefechte/Anschläge/Überfalle usw.) dann ist es doch Krieg oder?Uns wirds eben nur nicht als Krieg verkauft(der war ja am 1.Mai vorbei) sonder als Frieden schaffende Maßnahme!Wenn in Afghanistan Friede ist warum sind dann noch amerikanische Spezialeinheiten dort und kämfen?

      MFG
      Ben
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 17:41:45
      Beitrag Nr. 20 ()
      noch was!
      Nur weil man nichts aus Afghanistan hört heist das nicht das dort alles zu besten steht!

      Ben
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 17:56:06
      Beitrag Nr. 21 ()
      USA bereiten Offensive in Afghanistan vor
      Deutsche Experten warnen vor Ausweitung des Bundeswehrmandats über Kabul hinaus - CIA soll mit Taliban verhandeln

      von Sophie Mühlmann

      Singapur - Die Bedrohung durch Taliban- und Al-Qaida-Kämpfer im Osten Afghanistans nimmt zu. An der Grenze zu Pakistan haben die USA ihre Truppen verstärkt. Sie planen eine neue Offensive, um zu verhindern, dass noch mehr Guerillakämpfer in das afghanische Grenzland eindringen. Das gab der US-Militärsprecher Rodney Davis am Wochenende bekannt. Vor allem die Provinz Nangarhar sei schon seit einiger Zeit wieder eine Hochburg der Terroristen, so Davis. Diese haben großen Zulauf in der Bevölkerung.

      Jeden Tag und überall im Land greifen kleine Stoßtrupps der Taliban die amerikanischen Soldaten und ihre Verbündeten an. Der Widerstand gegen die "ausländischen Invasoren" - die USA - und deren "Marionettenregime" - damit ist die Zentralregierung um Präsident Hamid Karsai gemeint - ist in den letzten anderthalb Jahren, seit die Taliban gestürzt wurden, gewachsen. Inzwischen sind die Gegner der neuen Ordnung vier Mal so stark wie Afghanistans antisowjetische Bewegung im Jahre 1979, berichten Beobachter der Region.

      Der Grund dafür liegt in der allzu langsamen Entwicklung des "neuen" Afghanistan. Die Regierung in Kabul hat bisher darin versagt, den Menschen Wohlstand und bessere Lebensqualität zu bieten. So stoßen die Fundamentalisten und ihre anti-westliche Propaganda zunehmend wieder auf offene Ohren. Außerdem ist das ehemalige Taliban-Regime im November 2001 mitnichten zerschlagen worden, wie damals viel zu optimistisch verkündet wurde. Sie sind fast vollständig geflohen. Kaum einer der Anführer wurde festgenommen. Die meisten sind in die pakistanisch-afghanische Grenzregion geflüchtet. Dort haben sie sich neu formiert und schlagen nun gnadenlos zu. Sie finanzieren sich teilweise durch rund 110 Millionen Dollar, die sie vor ihrem Rückzug aus Kabul aus der Staatsbank geplündert haben, teilweise durch Gelder der Al Qaida.

      Vor allem die Grenzregionen sind inzwischen wieder so instabil geworden, dass das amerikanische FBI gemeinsam mit dem pakistanischen Geheimdienst gar ein Treffen mit den gemäßigten Führern der Taliban arrangiert haben soll. Bevor sie weiter die Zentralregierung torpedieren, so die Überlegung, und Afghanistan erneut in einen blutigen Bürgerkrieg stürzen, will man lieber eine politische Lösung finden. Indem man die Fundamentalisten und ihre Anhänger einbindet, soll Schlimmeres vermieden werden. Das berichtet die Zeitschrift "Asia Times" in ihrer Online-Ausgabe.

      Bevor allerdings die Taliban wieder irgendeine politische Rolle in Afghanistan spielen können, wurden angeblich einige Bedingungen gestellt: So darf der berüchtigte Mullah Omar auf keinen Fall länger als oberster Taliban-Führer fungieren. Alle pakistanischen, arabischen oder sonstige ausländischen Kämpfer, die zurzeit täglich die US-Truppen attackieren, müssen aus dem Land geworfen werden. Außerdem sollen die Taliban umgehend alle gefangenen US-Soldaten freilassen.

      Angesichts der riskanten Sicherheitslage scheint auch die Bundesregierung von ihren ursprünglichen Plänen abzurücken, den Einsatz von Bundeswehrsoldaten in Afghanistan auszuweiten. Die USA hatten Deutschland gedrängt, Truppen zum Schutz ziviler Wiederaufbauhelfer in die afghanische Provinz zu schicken. In der vergangenen Woche war ein Erkundungsteam von Bundeswehr und Auswärtigem Amt in der westafghanischen Stadt Herat eingetroffen, um die Möglichkeiten für einen solchen Einsatz zu prüfen. Doch der Einsatz außerhalb Kabuls ist nach internen Einschätzungen von Auswärtigem Amt und Verteidigungsministerium offenbar zu gefährlich. Am 7. Juni waren vier deutsche Soldaten in Kabul einem Anschlag zum Opfer gefallen. Die internationale Schutztruppe Isaf hat unterdessen ihre Sicherheitsvorkehrungen in Kabul erneut verschärft.

      Artikel erschienen am 23. Jun 2003


      2500 arme Schweine der Bundeswehr sitzen da in einem Kessel.
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 18:34:39
      Beitrag Nr. 22 ()
      Vielleicht lag er beim Kriegsverlauf falsch. Er ist ja auch Gott sei Dank kein Kriegsminister a la Rumsfeld.
      Nur lag er bei den Gründen dieses Krieges 100%ig richtig.
      Und darauf kommt es bei einem brillanten Journalisten seiner Zunft an.

      Würde mir diesen genialsten aller Journalisten auch als Außenminister wünschen.
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 20:21:38
      Beitrag Nr. 23 ()
      Rumsfeld - 76 - Kriegsminister
      Spricht 4 Sprachen
      Jeder kennt und liebt ihn


      BAGDAD / WASHINGTON, 29. Juni (dpa/ap/rtr). In vielen Fällen handele es sich bei den Angreifern um gewöhnliche Kriminelle, betonte US-Verteidigungsminister Rumsfeld am Freitagabend (Ortszeit) in Washington. Der Pentagonchef verwies auf eine Anordnung des inzwischen gestürzten irakischen Staatschefs Saddam Hussein, der kurz vor seiner Entmachtung im April rund 100 000 Häftlinge freigelassen habe.
      Rumsfeld machte zudem Anhänger des gestürzten Präsidenten und seiner Baath-Partei für die zahlreichen Sabotageakte gegen die Besatzungstruppen verantwortlich. Auf Nachfrage betonte der Verteidigungsminister aber, es handele sich nicht um einen Guerilla-Krieg in Irak. Seit US-Präsident George W. Bush am 1. Mai das Ende der Kampfhandlungen in Irak verkündet hatte, starben dort 63 US-Soldaten, davon wurden mindestens 22 bei Angriffen getötet. Insgesamt forderte der Irak-Feldzug bislang den Tod von 201 US-Soldaten.
      Am Sonntagvormittag wurde ein irakischer Zivilist bei einem Sprengstoffanschlag auf eine US-Fahrzeugkolonne in Bagdad getötet, zwei US-Militärpolizisten erlitten dabei Verletzungen. Glimpflich verlief hingegen ein Granatenangriff auf eine US-Patrouille am Samstag gut 60 Kilometer westlich von Bagdad. Nach US-Militärangaben traf ein Geschoss der Angreifer zwar einen Schützenpanzer, richtete aber keine größere Schäden an; auch Verletzte habe es dabei nicht gegeben.
      In der Nacht zum Samstag waren ein US-Armeeangehöriger bei einem Angriff auf seinen Militärkonvoi getötet und vier seiner Kameraden sowie ein irakischer Übersetzer verletzt worden. Am gleichen Tag entdeckten US-Einheiten die Leichen zweier US-Soldaten im Umland von Bagdad, die seit vergangenem Mittwoch als vermisst galten. Das Zentralkommando teilte mit, die beiden 27 und 37 Jahre alten Männer seien mit ihrem Geländefahrzeug nordwestlich der irakischen Hauptstadt unterwegs gewesen, als der Kontakt zu ihnen am Mittwoch abbrach. Nach Informationen des US-Fernsehsenders CNN kamen die beiden Militärs offenkundig nicht bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Sechs Iraker seien in Zusammenhang mit den Ermittlungen über den Tod der zwei Soldaten festgenommen worden.
      Bei den Sabotageakten gegen Staatseinrichtungen kristallisiert sich nach Ansicht eines US-Militärsprechers in Irak "ein gewisses Muster von Gewalt von Irakern an Irakern" heraus. Sie richte sich auch gegen jene Iraker, die an der Verbesserung von Infrastruktur und Sicherheit im Land arbeiteten, sagte er. Am Samstag gingen ein Lager der Elektrizitätskommission sowie ein Lager des Handelsministeriums in Bagdad in Flammen auf. In den Tagen zuvor hatte es mehrere Anschläge auf irakische Öl- und Gasleitungen gegeben. Allein in der vergangenen Wochen nahmen die Besatzungstruppen nach eigenen Angaben rund 900 Iraker in Zusammenhang mit Anschlägen und Sabotageakten fest.
      Zur Zielscheibe eines irakischen Angriffs soll auch der deutsche Diplomat Claude Robert Ellner in Bagdad geworden sein. Das Boulevardblatt Bild am Sonntag meldete, der deutsche Geschäftsträger sei vor einer Woche bei einem Anschlag unverletzt geblieben. Dem Bericht zufolge war Ellner in der irakischen Hauptstadt in einer ungepanzerten Limousine unterwegs, als ein Transporter seinen Wagen überholte und Unbekannte das Feuer auf den Deutschen eröffneten. Elitepolizisten der GSG 9 hätten aus einem Begleitfahrzeug heraus zurückgeschossen und die Angreifer in die Flucht geschlagen.



      Widerstand im Vakuum
      Attacken gegen Soldaten, Anschläge auf Ölpipelines - in Irak zeigen sich Versäumnisse der Nachkriegsplanung

      Von Rolf Paasch / FR, 26.06.2003

      Im schiitischen Süden Iraks werden sechs britische Soldaten ermordet, sieben weitere zum Teil schwer verletzt. Im "sunnitischen Dreieck" nördlich von Bagdad kommen patrouillierende GIs fast täglich unter Beschuss. 18 US-Soldaten sind bisher Opfer von Anschlägen geworden, nachdem Präsident George W. Bush am 1. Mai auf dem Flugzeugträger Abraham Lincoln das Ende der Kampfhandlungen verkündet hatte. Seit einer Woche wird im Westen Iraks fast täglich eine Ölleitung in die Luft gesprengt. Nach Demonstrationen gegen die Politik oder die Inkompetenz der Besatzer wissen sich US-Soldaten in Bagdad oft nicht anders zu helfen, als in die protestierende Menge zu schießen. "Wir machen einen Job, auf den wir nicht vorbereitet sind", sagt ein Offizier der provisorischen Wiederaufbaubehörde. "Schlechte Planung" überschreibt der einflussreiche Kommentator Tom Friedman seine Kolumne in der New York Times. Mit jedem toten Soldaten der Kriegskoalition wächst in Washington und London die Einsicht in bisher ungeahnte oder verdrängte Dimensionen der "nation building" in Irak.

      Bis Dienstag glaubte die Führung des britischen Kontingents, mit ihrer kolonialen Erfahrung und dem betont polizeilichen Auftreten der rund 10 000 Soldaten im Süden Iraks eine Alternative zum eher martialischen Ansatz der US-Truppen praktizieren zu können. Die schiitische Bevölkerung schien die Briten als vorübergehende Nachfolger des verhassten Regimes von Saddam Hussein zumindest zu tolerieren. Anschläge wie die von Sunniten auf US-Soldaten im Norden waren hier unbekannt. Es gab wie in Basra Streit über die Einsetzung lokaler Stammesführer in öffentliche Ämter. Aber es gab auch, wie am Unglücksort von Amara, eine funktionierende Arbeitsteilung mit schiitischen Gruppierungen und Milizen. Noch ist unklar, ob Schiiten die Attacken auf britische Militärpolizisten und Soldaten starteten, oder sunnitische Täter, die ihren Widerstand gegen die Besatzer auf der Suche nach "weichen Zielen" in Richtung Süden ausgedehnt haben. Aber schon die ersten Reaktionen aus Großbritannien deuten an, welche Folgen der Tod der Soldaten haben könnte.

      Zunächst werden die Kommandanten überprüfen, ob die britischen Fallschirmjäger ihre Tarnkluft und kastanienbraune Uniformmütze gegen Kampfuniform und Helm tauschen sollen. Und dann muss sich die Regierung Tony Blairs mit den politischen Forderungen nach zusätzlichen Truppen auseinander setzen. Weil Großbritannien diese Truppen aber nicht mehr stellen könne, betonte der ehemalige Generalstabschef, Luftmarschall Sir Tim Garden, sei es an der Zeit, "rasch die internationale Gemeinschaft mit einzubeziehen". Der linke Labour-Abgeordnete Tom Dalyell ging noch einen Schritt weiter und forderte ein direktes Anrufen der Vereinten Nationen. Beweise der Tod der Soldaten doch nur, dass nach den US-amerikanischen nun auch die britischen Truppen "nicht mehr als Befreier, sondern als Besatzungsarmee wahrgenommen werden".

      In jedem Fall werden die tragischen Vorfälle bei Amara die innenpolitischen Schwierigkeiten Blairs in der Debatte über seine umstrittene Begründung der Kriegsbeteiligung verstärken. Ob sie Helme tragen oder nicht, kommentierte der Londoner Guardian die schwierige Aufgabe der britischen Truppen im Süden Iraks, "ihre Position wird von einer chaotischen Verwaltung kompromittiert, die dem Land von den Gesandten Washingtons auferlegt wurde". Der wachsende Widerstand entfachte auch in Washington eine Diskussion über Fehler und Versäumnisse der Nachkriegspolitik. Senatoren fahren nach Bagdad und kritisieren Bush dafür, den US-Bürgern das Ausmaß des Engagements verschwiegen zu haben. "Der Präsident muss uns nun wirklich die Wahrheit sagen", sagte der Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses, der Republikaner Richard Lugar, am Sonntag in Bagdad. "Wir müssen das so schnell wie möglich internationalisieren", lautete die Lehre, die sein republikanischer Kollege Chuck Hagel mit nach Washington zurückbrachte.

      Gleichzeitig ändert sich die Interpretation der Vorfälle in Irak beinahe täglich. Zunächst hatte man versucht, die Anschläge auf US-Militärpersonal als "Werk von Terroristen" zu beschreiben. Dann folgte die Einschätzung von Geheimdienstlern und führenden US-Offizieren, eine kleine Gruppe von Anhängern der Baath-Partei und Mitgliedern der Fedajin-Miliz koordiniere die Angriffe auf US-Soldaten. Entlassene irakische Soldaten würden von den Anhängern Saddam Husseins für solche Attacken angeworben und bezahlt.

      Doch die sich in den vergangenen Tagen häufenden Anschläge führen zumindest bei unabhängigen Experten zu der Erkenntnis, dass die Unterschiede zwischen generellen Ressentiments in der Bevölkerung und organisierten Formen des Widerstands fließend sind. Und je länger bessere Lebensverhältnisse auf sich warten lassen, umso größer wird das Reservoir an Unzufriedenen für neue Proteste und Anschläge. Das Wettrennen zwischen Wiederaufbau und Widerstand hat begonnen.

      Längst ist auch in Washington das Triumphgefühl der Kriegsbefürworter der erstaunlichen Selbstkritik der Nachkriegs-Praktiker gewichen. "Nichts ist von den Erfahrungen der jüngsten Versuche zur Nationenbildung in Bosnien oder Kosovo haften geblieben", notierte der frühere US-Berater des irakischen Industrieministeriums, Tim Carney, in der Washington Post. Die Zeitung ließ ihren Reporter minutiös beschreiben, wie 30 Kilometer nördlich von Bagdad drei Dutzend überforderte US-Soldaten ohne jede Vorbereitung versuchen, die 1,4 Millionen Bewohner der Provinz Diyala mit dem Nötigsten zu versorgen. Im Krieg hatte sich die 2. Brigade der 4. US-Infanterie-Division glänzend geschlagen. Für den Frieden aber gibt es unter ihren 36 Militär-Verwaltern nur 16 Experten für den zivilen Wiederaufbau.

      Wo es den Besatzern an Personal und Qualifikation fehlt, nutzen ihre Gegner den Raum und besetzen das Vakuum. Weil es nicht genügend Soldaten gibt, können arabische Kämpfer und schiitische Aktivisten aus Syrien oder Iran ungehindert die Grenzen überschreiten. Ohne militärischen Schutz lassen sich Anschläge auf Ölpipelines nicht verhindern. Und in Abwesenheit funktionierender Institutionen etablierten sich in Krankenhäusern und Schulen längst schiitische Gruppierungen. An der Universität von Basra zwingen sie Studentinnen wieder unter das Kopftuch oder ermorden die Besitzer von Alkohol-Geschäften. Während Neo-Konservative wie William Kristol die "nächste, hoffentlich nicht militärische Schlacht" in Iran propagieren, hat für die Koalition der nächste Krieg begonnen - wieder in Irak.


      Pfui Deibel!
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 20:46:13
      Beitrag Nr. 24 ()
      Wenn Scholl-Latour Außenminister wird, werden erst mal ´n paar Atombomben angeschafft, sofern dafür nach dem Kauf von Kochs Flugzeugträger noch ´n bisschen Kohle über ist. Dann werden Rudi Radlos´ Fahrradkompanien endlich mal auf moderne Waffen umgeschult. Läuft natürlich alles als Fördermaßnahme übers Arbeitsamt.:laugh:

      John D.
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 21:11:59
      Beitrag Nr. 25 ()

      Nur weil man nichts aus Afghanistan hört heist das nicht das dort alles zu besten steht!

      Es heißt aber auch nicht, dass die Amis stark unter Druck stehen.
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 21:12:29
      Beitrag Nr. 26 ()
      Wer Region und Leute kennt, raucht halt gerne mal einen über den Durst. Irgendwie kommt dann halt was bei raus. Ist wie hierzulande Bier trinken.

      Hätte das Ruhdi auch getan, hätte er die Olle niemals gekriegt. :D
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 21:26:21
      Beitrag Nr. 27 ()
      #25 stimmt aber krieg is krieg!A bischen schwanger giebts auch nicht nur schwanger oder nicht schwanger!(dummer vergleich ich weis.Es ging ja darum das sich S.L. bezüglich seiner Prognose für Afghanistan geirrt haben soll!Aber die Amis kämpfen immer noch nix von schnellem Sieg!

      MFG
      Ben
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 22:58:06
      Beitrag Nr. 28 ()
      Johny R.

      Die Atombomben sind das billigtse das kann sich sogar noch Struck aus der Portokasse leisten.
      Weil plutoniumhaltigen Atom-Schmodder hamm wer sowieso schon mehr als genug.
      Nur in Hanauer Atomschmieden lagern so an die 1500 Tonnen hochgradig Neutronenstrahlendes alleine.
      Die erforderliche Wideraufarbeitungs- Anreicherungstechnik und Industrie ist in Deutschland voll auf modernstem Nuklearmachtniveau entwickelt.
      Nein sogar eher weit besser als bei den meisten anderen Atommächten.

      Der neue Forschungsreaktor in München ist fürn beabsichtigten A-Bombenbau auch nicht schädlich.

      Lt. einer IEAO-Studie noch aus den 80ern braucht Deutschland aufgrund seiner hochentwickelten Infrastuktur u. Know How in der Kernenergietechnologie maximal 4-6 Wochen um eine funktionierende Atombombe >= der Nagasakibombe zu bauen.
      Avatar
      schrieb am 01.07.03 10:48:37
      Beitrag Nr. 29 ()
      Rumsfeld - 76 - Kriegsminister
      Spricht 4 Sprachen
      Jeder kennt und liebt ihn

      Kann vielleicht in vier Sprachne sprechen, denken kann er scheinbar in keiner einzigen !
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      schrieb am 01.07.03 17:31:14
      Beitrag Nr. 30 ()
      Avatar
      schrieb am 01.07.03 18:09:24
      Beitrag Nr. 31 ()
      er ist schon ein bißchen stur u. eigensinnig, wenn es darum geht einzugestehen, dass seine prognosen bzgl. kriegsverlauf nicht richtig waren. Aber er ist ja schon 80 oder darüber. Entscheidender für mich, das er vor dem krieg die wahren kriegsgründe der amerikaner genannt hat, außer öl auch israels forderung nach beseitigung des Sadamregimes. Im gegensatz zu vielen anderen politikern u.journalisten, die im nachhinein darauf rumhacken, dass doch keine biologische msassenvernichtungswaffen gefunden wurden. Jetzt ist alles gegessen u. zu spät.
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      schrieb am 01.07.03 21:35:41
      Beitrag Nr. 32 ()
      Afghanistan steht vor dem Rückfall in die Anarchie
      Al Qaida errichtet im Land neue Trainingscamps

      von Sophie Mühlmann

      Singapur - Kaum ein Tag vergeht, an dem in Afghanistan nicht irgendwo eine Bombe explodiert oder auf ausländische Truppen und Hilfsorganisationen geschossen wird. Auch am Montag schlugen in Dschalalabad im Osten des Landes wieder drei Raketen in der Nähe eines UN-Büros ein. Diesmal ging es glimpflich aus: Niemand wurde verletzt, nur ein paar Fensterscheiben gingen zu Bruch. Hinter der Tat werden - wieder einmal - Angehörige der Taliban oder des Terrornetzwerks Al Qaida vermutet. Der Anschlag galt offenbar einem Büro des UN-Kinderhilfswerks (Unicef). Bereits im April hatten Unbekannte eine Handgranate auf das Gebäude geworfen. In jüngster Zeit sind Ausländer in weiten Teilen Afghanistans nicht mehr sicher.

      Die Bemühungen des Westens, Frieden und Stabilität am Hindukusch zu schaffen, fruchten nicht. Alle Anstrengungen von Militär und Geheimdiensten scheinen vergeblich: Noch immer ist es den USA und ihren Verbündeten nicht gelungen, die Taliban und Al Qaida in Afghanistan auszuschalten.

      Eine Gruppe von Experten hat diese Entwicklung kürzlich in einem 24-seitigen Bericht analysiert. Der Titel: "Afghanistan: Sind wir dabei, den Frieden zu verlieren?" Die Autoren mussten die Frage leider mit Ja beantworten: Washington, so stellen sie fest, muss dringend etwas unternehmen, um die Situation in den Griff zu bekommen. Gelingt dies nicht, so die Experten - unter ihnen ehemalige Südasien-Berater der Regierung -, wird das Land endgültig in die Anarchie zurückfallen.

      Tatsächlich ähnelt die Situation in Afghanistan auf erschreckende Weise jener Zeit vor acht Jahren, als die Taliban das erste Mal die Macht an sich gerissen haben: wachsende Gesetzlosigkeit, eigennützige Kriegsfürsten und eine schwache Zentralregierung. Die Widerstandsbewegung, übrigens fast die gleichen Personen wie damals, entwickelt sich heute ohne größere Hindernisse.

      Die pakistanische Tageszeitung "The News" erhielt kürzlich ein Päckchen mit einer Kassette. Darauf sprach der Taliban-Führer Mullah Omar - einer der meistgesuchten Männer der USA. Experten haben seine Botschaft als authentisch eingestuft. Mullah Omar rief darin alle Moslems zum Heiligen Krieg gegen die USA und ihre verbündeten "Okkupationskräfte" in Afghanistan auf. Die Zeitung zitiert einen Taliban-Sprecher namens Mohammed Mukhtar Mujahid. Dieser behauptet, Mullah Omar habe einen zehnköpfigen Führungsrat ernannt, der den Widerstand gegen die US-geführten Truppen organisieren soll.

      Diese zehn Männer sind frühere Militärkommandeure der Taliban - all ihre Namen erscheinen auf einer Liste der meistgesuchten Männer, die Präsident Karsai den pakistanischen Behörden im vergangenen April übergeben hat. "Mullah Omar", so wird der Sprecher der Gotteskrieger in "The News" zitiert, "hat die Taliban dazu aufgerufen, sich zu opfern, um die Amerikaner und ihre Alliierten zu verjagen und das Marionettenregime von Hamid Karsai zu bekämpfen."

      Die Zeitschrift "Asia Times" hat diese Aussagen überprüft und weitere Informationen gesammelt. Demnach lautet der neue Name der Widerstandsbewegung Saiful Muslameen, übersetzt "Schwert des Islam". Angeblich liegt ihr Hauptstützpunkt in Asadabad, nahe der pakistanischen Grenze. Außerdem soll es bereits - wie in alten Zeiten - wieder mehrere Trainingscamps geben. Diese seien mobil und könnten schnell verlagert werden. Das militärische Kommando soll bei Mullah Omar liegen. Außerdem, so die Recherchen, wurde Afghanistan in fünf operationelle Zonen unterteilt. Einer der Kommandeure einer solchen Zone sei Gulbuddin Hekmatyar - jener berüchtigte Kriegsfürst, der bereits mit mehreren blutigen Anschlägen in Verbindung gebracht wird. Hekmatyar ist vor einigen Monaten aus dem iranischen Exil nach Afghanistan zurückgekehrt und führt die Hezb-i-Islami an - eine der am besten organisierten und gefährlichsten Widerstandsgruppen des Landes.

      Anonyme Quellen innerhalb der Guerillabewegung berichten, dass die USA und ihre Verbündeten nun einer doppelten Gefahr gegenüberstehen. Zum einen die immer besser organisierte, gut ausgerüstete und trainierte Widerstandsbewegung, die ihre Attacken täglich verstärkt. Zum anderen aber gibt es angeblich innerhalb der afghanischen Nationalarmee und auch der Regierung eine Anzahl von Hezb-i-Islami-Sympathisanten - und diese könnten eines Tages die Seiten wechseln.

      Der amerikanische Geheimdienst hat offenbar keine Erkenntnisse darüber, was in den Taliban- und Al-Qaida-Camps vor sich geht - oder wo sie zu finden sind.

      7000 amerikanische Soldaten sind zurzeit in Afghanistan für die Jagd auf die Terroristen und Taliban stationiert. Die US-Experten, die den Friedensprozess untersucht haben, halten dies für viel zu wenig. Entweder, so ihre Analyse, müsse das Mandat der internationalen Friedenstruppe Isaf ausgeweitet werden. Bisher ist die Arbeit der 4800 Isaf-Soldaten auf Kabul beschränkt. Oder die afghanische Nationalarmee müsse schneller ausgebildet und eingesetzt werden. 9000 Soldaten wollen die Amerikaner bis zum kommenden Juni für die Nationalarmee trainiert haben. Doch nicht einmal ein Bruchteil dieser Zahl ist bislang erreicht worden. Auch das Entwaffnungsprogramm der Vereinten Nationen macht kaum Fortschritte. Wie also im kommenden Juni, wenn die Übergangszeit endet, eine dauerhafte Regierung die Macht in Afghanistan übernehmen soll, ist ungewiss. Wenn bis dahin keine durchgreifenden Maßnahmen ergriffen werden, ist der Frieden tatsächlich verloren.


      @puhvogel
      Funkstille?
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      schrieb am 04.07.03 15:54:25
      Beitrag Nr. 33 ()
      Besatzer in Nöten
      Von Rolf Paasch / FR

      Die Internationalisierung des Wiederaufbaus in Irak ist nur noch eine Frage der Zeit. Schon sind die Diplomaten der Regierung Bush auf der Suche nach billigen Legionären in aller Welt unterwegs. Spätestens auf der Geber-Konferenz im Oktober dürfte der Versuch der Kriegskoalition scheitern, zahlungskräftige Verbündete zu finden, die sich in Fragen der politischen und ökonomischen Kontrolle Iraks weiter unterordnen wollen. Den USA sollte dies aus ihrer Geschichte bekannt sein: "No taxation without representation". Wer Abgaben zahlt, will mitreden - auch in Irak.

      Vielleicht ist es ja voreilig, von der "Vietnamisierung" des Zweistromlandes zu sprechen. Aber die enormen Schwierigkeiten der Besatzer, sind nicht länger mit der abwiegelnden Rhetorik des Chefverwalters Paul Bremer zu erklären, dass die Angriffe auf US-Soldaten allein das Werk von "Terroristen" und Anhängern des alten Regimes sind. Die Summe aller Reportagen und Analysen aus Bagdad, Nadschaf oder Basra zeigt vielmehr, dass die Kriegskoalition innerhalb von zwei Monaten das Vertrauen der gesamten irakischen Gesellschaft verloren hat.

      Die Demokratisierung Iraks nach der saddamistischen Diktatur wäre im besten Fall eine Herkules-Aufgabe gewesen. Dass der Regierung Bush gleich ihre Anfänge zum Desaster gerieten, hat dagegen systematische Ursachen. Im Rückblick erweisen sich die neokonservativen Theoretiker einer Neuordnung des Nahen Ostens als naive Sandkasten-Strategen und die Planer des Pentagon als Versager im "nation building". Der Irak-Krieg war eben keine logische Konsequenz aus dem Anti-Terror-Krieg, sondern dessen konzeptioneller Kurzschluss. Es ist deswegen kein Zufall, wenn die Willkür bei der Begründung des Kriegs jetzt ihre Fortsetzung im Pandämonium der Besatzung findet.

      Wer den kampflosen Rückzug der irakischen Revolutionsgarden und Milizen voreilig als militärischen Sieg interpretiert, den muss jetzt der sunnitische Widerstand überraschen. Wer zur Instandsetzung der Strom- und Wasserversorgung länger braucht als Saddam Hussein nach den Bombardierungen des ersten GolfKriegs, der bringt die Bevölkerung in der Hitze des Sommers unnötig gegen sich auf. Und wer nach dem Sturz des Diktators den Islamisten schutzlos die Krankenhäuser und andere Institutionen überlässt, darf sich über deren Machtanmaßung nicht wundern.

      Das Schlimme an diesen Fehleinschätzungen ist, dass ihre Folgen kaum noch umkehrbar sind. Der soziale Raum, den die Islamisten im Vakuum der Nachkriegszeit besetzt haben, wird selbst in einem traditionell säkularen Staat wie Irak kaum noch zurückzugewinnen sein.

      Jenseits der Herstellung öffentlicher Sicherheit gibt es für Chef-Verwalter Bremer heute drei politische Herausforderungen. Er muss den Kurden, deren Geduld mit dem irakischen Staat nicht ewig währt, rasch eine politische Perspektive für ihre Autonomiewünsche geben. Er muss den (Verlust-)Ängsten der sunnitischen Minderheit begegnen. Und er muss einen Weg finden, die schiitische Mehrheit für sein Aufbauprojekt zu gewinnen. Wenn jetzt ausgerechnet der gemäßigte Ajatollah Sistani die Wahl eines verfassungsgebenden Rates statt der von Bremer vorgeschlagenen Ernennung fordert, dann verbirgt sich dahinter die bisher größte politische Herausforderung der Kriegskoalition durch die Schiiten.

      Damit steht die Regierung Bush in Irak vor einem doppelten Dilemma. Zum einen wird ein robustes Vorgehen gegen die Attentäter die Ressentiments der Bevölkerung gegen die Besatzer weiter verstärken. Zum anderen müssen die berechtigten Forderungen der Iraker nach Repräsentation und Autonomie mit Verweis auf Chaos und Kriminalität als unerfüllbar abgelehnt werden. Wenn aber alle demokratischen Ansprüche an der traurigen Realität der Besatzung scheitern, verliert diese jegliche Legitimität.

      Die Rekrutierung zusätzlicher Truppen - ob diese nun aus den USA, Polen oder Indien anrücken - kann den Mangel an Kompetenz und Legitimität nicht beheben. Noch versuchen sich Washington und London an kosmetischen Korrekturen ihrer Kriegskoalition. Aber die wachsende Unzufriedenheit in US-Armee und US-Kongress dürfte bald einen Kurswechsel erzwingen. Denn ohne die Erweiterung des Projekts hat der Wiederaufbau in Irak keine Chance.

      Statt zögernd und widerwillig auf die schleichende Internationalisierung des Problems zu reagieren, sollte Europa - ob nun alt oder neu - jetzt handeln. Statt die langsame Lernkurve in Washington mit Häme und abstrakter Besserwisserei zu verfolgen, gilt es der Regierung Bush für Irak ein konkretes Angebot zu machen: Mitmachen gegen Mitsprache unter der unverzichtbaren Bedingung eines neuen Mandats der Vereinten Nationen. Nicht, um die Besatzer in Nöten von ihrer Verantwortung zu befreien, sondern weil die Stabilisierung Iraks im ureigenen Interesse Europas liegt. An der Reaktion der Regierung Bush ließe sich dann ablesen, wie die Chancen auf eine Rückkehr zum Multilateralismus stehen.



      2500 Polen, ca. 1000 Japaner usw...., und so fort. Selbst das deutsche THW war im Gespräch.
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      schrieb am 04.07.03 17:59:19
      Beitrag Nr. 34 ()
      HAMBURG dpa Die Deutsche Post AG erfüllt Medienberichten zufolge für das US-Militär im Irak einen äußerst sensiblen Auftrag. Die weltweit operierende Post-Logistiksparte DHL transportiert für die US-Truppen einen Großteil der Soldatenpost. Zwischen 30 und 50 Tonnen Pakete, Päckchen und Briefe befördert das Unternehmen zu den US-Stützpunkten im Irak. Norden und Süden werden von einem großen DHL-Logistikzentrum im Emirat Bahrain per Lkw-Konvois versorgt. Nach Bagdad hat DHL mit Sondergenehmigung der US-Truppen einen täglichen Flugdienst eingerichtet. Bis zu drei Antonow-Transportflugzeuge landen täglich in Bagdad. Die Lieferungen sind Teil eines Rahmenvertrags bis 2005, den DHL mit dem US-Militär abgeschlossen hat. Die Post-Tochter übernahm ähnliche Dienstleistungen bereits während des Afghanistankriegs.



      Sollten in den Fliegern auch Speed-Piloten sitzen, geht aber die Post ab. :D
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      schrieb am 08.07.03 06:06:14
      Beitrag Nr. 35 ()
      Machtdemonstration der USA
      von JÜRGEN GOTTSCHLICH / taz

      Was im Vorfeld des Irakkrieges begann, hat jetzt seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht: die Krise in den türkisch-amerikanischen Beziehungen. Statt über diplomatische Kanäle einen Interessenkonflikt auszuräumen, hat die US-Armee einfach eine Einrichtung eines Nato-Partners hochgenommen und dabei 24 Leute festgesetzt. Dieses Vorgehen gegen Angehörige befreundeter Streitkräfte ist in der Nato-Geschichte wohl ohne Beispiel. Da die Aktion nicht das Ergebnis eines zufälligen Zusammenstoßes, sondern offenkundig sorgfältig geplant war, handelt es sich um eine klare Machtdemonstration. Die Botschaft an die türkische Regierung ist eindeutig: Zieht euch endlich aus dem Nordirak zurück.

      Seit das Parlament in Ankara sich im Vorfeld des Irakkrieges geweigert hatte, türkisches Territorium für einen US-Aufmarsch im Nordirak zur Verfügung zu stellen, sind die türkischen Aktien im Pentagon dramatisch gefallen. Erst vor ein paar Wochen hatte der amerikanische Chefideologe des Pentagons, Vizeverteidigungsminister Paul Wolfowitz, öffentlich deutlich gemacht, dass er und sein Chef Rumsfeld speziell vom türkischen Militär schwer enttäuscht sind. Die hätten das Parlament rechtzeitig zur Räson bringen müssen. Seitdem herrscht zwischen den Militärs beider Seiten Eiszeit. Eine US-Anfrage vor zwei Wochen, türkische Truppen zur Verstärkung der Besatzungstruppen in den Südirak zu schicken - die Rede ist von 1.500 Mann - ist von Ankara erkennbar zurückhaltend beantwortet worden. Damit war offenbar für das Pentagon das Maß voll.

      Dabei ist der Anlass für die Aktion zweitrangig. Es geht darum, den türkischen Einfluss im Nordirak zurückzudrängen. Das mag auf den ersten Blick sinnvoll und plausibel erscheinen. Was geht es die Türkei an, ob die Kurden sich für unabhängig erklären oder nicht. Doch ihre amerikanischen Beschützer haben in der Vergangenheit schon oft genug unter Beweis gestellt, dass auch für sie die Kurden lediglich eine politische Manövriermasse sind.

      Letztlich haben natürlich türkische Soldaten im Irak so wenig zu suchen wie amerikanische Truppen. Beide habe keine völkerrechtliche Legitimation für ihre Anwesenheit, bei beiden geht es darum, eigene politische Interessen zur Not mit Gewalt durchzusetzen. Die neue Qualität ist, dass das US-Militär - ob mit Rückendeckung über das Pentagon hinaus, weiß man noch nicht - dies nun auch gegen Verbündete gewaltsam durchsetzt. Das setzt vor allem innerhalb der Nato neue Maßstäbe.
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      schrieb am 13.07.03 07:29:56
      Beitrag Nr. 36 ()
      Abu Dhabi (dpa) - Der für seine skurrilen Frontberichte bekannte irakische Ex-Informationsminister Mohammed Said el Sahhaf glaubt, dass Saddam Hussein aus seinem Versteck wieder seine Fäden spinnt. "Ich weiß nicht, wo er sich jetzt genau aufhält, aber er ist auf jeden Fall im Irak." Sahhaf hatte den Irak in der Nacht zum Freitag verlassen und dem Vernehmen nach in Abu Dhabi eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung für die Vereinigten Arabischen Emirate erhalten. "Ich hätte nicht gedacht oder mir vorstellen können, dass Bagdad so einfach fallen würde", sagte der von der angelsächsischen Presse "Comical Ali" genannte Ex-Politiker. Er hatte bei seinen Pressekonferenzen täglich den baldigen Sieg der Iraker über die "Zwerge, Gauner, Feiglinge und Ungläubigen" aus den USA und Großbritannien versprochen. Sahhaf war von den Amerikanern im vergangenen Monat nach einem Verhör in Bagdad wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Im Irak hat es unterdessen erneut mehrere Angriffe auf Stützpunkte und Patrouillen der US-Armee gegeben.


      Neu Delhi (dpa) - Indien will der US-Bitte nach Entsendung von Truppen in den Irak nach einem indischen Zeitungsbericht nicht nachkommen, solange keine irakische Führung in Bagdad installiert ist. Erst dann könne nach Ansicht der indischen Regierung eine Entsendung erwogen werden, berichtete die „Hindustan Times“ unter Berufung auf nicht näher genannte hochrangige Quellen. Der Botschafter der USA in Neu Delhi, Robert Blackwill, sei über diese Position informiert worden.
      Die USA haben Indien um mindestens 17 000 Soldaten gebeten. Indien wäre damit nach den USA der größte Truppensteller im Irak. Die endgültige Entscheidung liegt bei Premierminister Atal Behari Vajpayee. Wann sie gefällt werden soll, ist unklar. Das indische Parlament hatte den Krieg gegen den Irak einstimmig verurteilt.
      Avatar
      schrieb am 14.07.03 07:58:20
      Beitrag Nr. 37 ()
      Der ferne Traum von Frieden und Freiheit
      Die Disziplin der deutschen Soldaten in Kabul ist ungebrochen. Doch die Gefahren für die internationale Schutztruppe wachsen


      von Peter Scholl-Latour


      Kabul - Das Lächeln der Afghanen ist erloschen. Auch die deutschen Patrouillen, die bei Tag und bei Nacht im Straßengewirr von Kabul ihre Runden ziehen, strahlen nicht mehr jene unbeschwerte Zuversicht aus, die sie noch im Herbst vergangenen Jahres zur Schau trugen. Ihre gepanzerten Fahrzeuge werden nicht länger vom gellenden "Thank you"-Geschrei der Kinder begleitet.

      Die Veränderung der Stimmung ist nicht etwa auf das Selbstmordattentat an der Straße zum Flugplatz zurückzuführen, das am 7. Juni 2003 vier deutsche Soldaten aus dem Leben riss. Noch wird von den meisten Einheimischen die Präsenz der ISAF, der Internationalen Stabilisierungs-Truppe, als nützlicher Ordnungsfaktor in der auf drei Millionen Menschen angeschwollenen Hauptstadt empfunden. Doch das droht sich zu ändern.

      Der Stimmungswechsel ist auch in dem Stützpunkt der Schutztruppe, einer öden Ansammlung von Containern und Baracken namens "Camp Warehouse" entlang der Straße nach Jalalabad, zu spüren. Hier verrichten die deutschen Bundeswehrsoldaten einen gefährlichen und entsagungsvollen Dienst. Wer zur Patrouille abkommandiert wird, kann sich trotz der damit verbundenen Risiken privilegiert fühlen, denn die Angehörigen des umfangreichen Logistik- und Versorgungsapparates im Lager selbst haben in ihrer sechsmonatigen Dienstzeit keine Chance, auch nur einen Blick auf das schäbige, aber exotische Treiben von Kabul zu werfen.

      Jedoch ist die Stimmung vorzüglich im Camp, wo in den dürftigen Entspannungsräumen "Wolfshöhle" oder "Treibsand" außer Bier kein Alkohol ausgeschenkt werden darf. Die Einsatzbereitschaft ist durch den Anschlag vom 7. Juni nicht beeinträchtigt worden. Unter dem Kommando des deutschen Generals Norbert van Heyst hat die Bundeswehr gemeinsam mit den Niederländern für eine begrenzte Zeit die Funktion der Führungsnation über ein militärisches Sammelsurium übernommen, das sich aus 29 Nationen zusammensetzt - von Kroatien bis Norwegen, von Litauen bis Albanien. Die Zusammenarbeit funktioniert indes reibungslos, und insbesondere das Verhältnis zwischen Deutschen und Holländern steht hier im Zeichen der Kameradschaft. Da die ISAF-Truppe bislang von den amerikanischen Streitkräften eindeutig getrennt operierte, ist in Afghanistan eine Vorahnung jener "Europa-Armee" sichtbar geworden, die eines Tages vielleicht doch noch zu Stande kommt.

      Unterdessen gehen böse Ahnungen um in den Stäben von Kabul. Das Land am Hindukusch bleibt weiterhin durch Warlords und Feudalherren beherrscht, auf deren dubiose und kostspielige Kooperation das geringe amerikanische Aufgebot von bestenfalls 10 000 Soldaten immer stärker angewiesen ist. Wäre nicht die Quasi-Allmacht der US-Luftwaffe, würde die Situation der versprengten amerikanischen Elemente des Heeres und der Spezialkräfte in den Südost-Provinzen zunehmend aussichtslos erscheinen. Die gegnerischen Kräfte formieren sich langsam, aber unerbittlich, auch wenn ihr Waffenarsenal - vor allem ihr Bestand an Boden-Luft-Raketen - zurzeit noch bescheiden ist.

      Patrouillen durchs nächtliche Kabul sind nicht ungefährlich. Die deutschen Soldaten schützen sich durch vermehrten Einsatz gepanzerter Fahrzeuge. Dennoch würde ein Beschuss mit Panzerfäusten vom Typ RPG-7, an denen kein Mangel besteht, fast unweigerlich zum Erfolg führen und der Täter könnte im stockdunklen Gassengewirr spurlos untertauchen. Ob nach zwei oder drei solchen Überfällen das bisherige Patrouillen-System überhaupt aufrechterhalten werden könnte, erscheint unwahrscheinlich, und die multinationale Truppe, ursprünglich zur Absicherung demokratischer Verhältnisse und zum Nationenaufbau in Kabul stationiert, wäre dann völlig isoliert in ihrem trostlosen "Warehouse"-Quartier.

      Immer deutlicher wird der Widerspruch zwischen dem ursprünglichen Befriedungsauftrag der UN für ISAF und dem Eindruck, dass sich die internationale Schutztruppe heimlich und zwangsläufig zum integrierten Bestandteil des amerikanischen Feldzuges "Enduring Freedom" wandelt. Die Autonomie der multinationalen Brigade Kabul, die als Teil von ISAF erst unter britischem, dann türkischem und jetzt deutschem Oberbefehl von General Werner Freers gewahrt blieb, nimmt demnächst ein Ende, wenn die Bundeswehr ihre Führungsfunktion abgeben und ihre Beteiligung am Gesamtbestand von ISAF (5100 Soldaten) von derzeit rund 2300 auf 1500 Soldaten reduzieren wird. Ab dem 11. August übernimmt die NATO das Kommando der ISAF. Ein aufgestocktes kanadisches Kontingent wird dann die deutsche Lücke füllen und die Führung der internationalen Brigade übernehmen. Im Rahmen der NATO-Strukturen könnte das gesamte Unternehmen in die Verfügungsgewalt des mächtigen amerikanischen Verbündeten geraten. Für einen normalen Afghanen wäre der Unterschied zwischen der Stabilisierungsmission von ISAF und der sporadischen Partisanenbekämpfung, die weiterhin unter dem amerikanischen Kommando von "Enduring Freedom" stattfindet, kaum mehr wahrnehmbar.

      Letztere sollte - ortsansässigen Spöttern zufolge - in "Enduring Fight" umbenannt werden.

      Dass viele Afghanen immer noch Aversionen gegen die Amerikaner hegen, bestätigt eine tägliche Erkundungstour mit deutschen Gebirgsjägern zu einer kahlen Hügelkette, wo ein lockeres System afghanischer Vorposten als äußerer Schutzschild für die Kabul-Brigade fungieren soll. Nach kurzem Suchen entdecken wir die einheimischen Verbündeten, die unter drei Tamarisken-Bäumen Schutz vor der Mittagsglut suchen. Es sind ziemlich wilde Gestalten, ehemalige Mudschaheddin. Als Anführer stellt sich ein kleiner, stämmiger Mann mit eindrucksvollem Bart und wettergegerbtem Gesicht vor. Abdurrahman, wie wir ihn nennen wollen, ist ein tadschikischer Veteran des Befreiungskrieges gegen die Sowjetunion. "Wir mögen die Amerikaner nicht", sagt er. "Die Amerikaner werden den Krieg in Afghanistan am Ende verlieren."

      Von Al Qaida hält Abdurrahman nicht viel, und die Taliban verfügen wohl auch nicht über eine zentrale Führung. Hingegen gewinne der frühere paschtunische Mudschahed, Gulbuddin Hekmatyar, Kommandeur der Hezb-e-Islami ständig am Boden.

      Auf dem Rückweg machen wir auf einem gelben Erdkegel Station, der eine vorzügliche Aussicht auf "Camp Warehouse" bietet. Wer die Höhen ringsum kontrollierte, könnte das weitflächige Ziel mit seinen Granatwerfern oder Raketen gar nicht verfehlen. Trotz aller Planung gibt es im Extremfall kein wirklich einleuchtendes "worst case scenario" für die Evakuierung der ISAF-Soldaten. Das versichern auch deutsche Heeresflieger am Flugplatz Kabul, deren Rollbahn einem Rundumbeschuss ziemlich schutzlos preisgegeben liegt.

      Die Disziplin ist gut bei den Deutschen am Hindukusch. Aber jeder intelligente Soldat stellt sich die Frage, was diese unbegrenzte Präsenz im Herzland Asiens für Deutschland, für Europa wohl bewirken soll. Die von den US-Stäben befürwortete Ausdehnung des deutschen Einsatzes auf die im iranischen Grenzgebiet gelegene Stadt Herat wird voraussichtlich an Problemen der Logistik scheitern. Stattdessen soll eine Hundertschaft der Bundeswehr symbolische Präsenz am Verkehrsknotenpunkt Scharikar beziehen.

      Selbst wenn die ISAF ihre Präsenz weiterhin auf "Kabulistan" beschränkte, könnte ihr Auftrag ins Zwielicht geraten. Sie würde dort zum Schutz von Staatspräsident Hamid Karsai ausharren, der ohne seine amerikanischen Bodyguards längst ermordet worden wäre. Unterdessen sickern lokale Widerstandskräfte diskret in die Hauptstadt ein, während die Terrorkommandos von Al Qaida wohl längst die Höhlen des Hindukusch gegen neue Schlupfwinkel in Pakistan, Jemen, Saudi-Arabien oder Sudan eingetauscht haben dürften. Vor allem der Irak bietet ihnen ein neues, verlockendes Betätigungsfeld.

      Zum Abschluss dann doch ein tröstliches Bild der Hoffnung: Auf der Heimfahrt zum Stützpunkt passieren wir ein Dorf, in dessen Straßen dutzende junger Mädchen in schwarzer Einheitstracht laufen. Im Gegensatz zu den immer noch tief verschleierten Frauen von Kabul tragen sie einen weißen Schleier, der das Gesicht frei lässt. Es sind die Schülerinnen einer neu gegründeten Schule, und da fällt mir ein, dass der wilde Kämpe Abdurrahman beim Gespräch unter der Tamariske zwar die Schaffung eines islamischen Gottesstaates in Afghanistan gefordert hatte, aber auch den Bau von Unterrichtsstätten für die Töchter des Landes.


      WamS.de
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      schrieb am 16.07.03 07:23:38
      Beitrag Nr. 38 ()
      Besonnenheit garantiert das eigene Überleben
      Die US-Soldaten, die in der irakischen Hauptstadt Bagdad für Ordnung und Sicherheit sorgen sollen, fühlen sich in der Rolle des Besatzers nicht gerade wohl. "Die Iraker machen uns für alles, was nicht läuft, verantwortlich", klagt ein US-Sergeant. Er und seine Leute fühlen sich bedroht

      KARIM EL-GAWHARY

      BAGDAD taz Die Einwohner Bagdads erinnern sich dieser Tage gerne an einen alten Witz. Danach stellt Saddam Hussein potenziellen Nachfolgern eine Aufgabe, die beweisen soll, dass sie fähig sind, den Irak zu regieren. Wer es schafft, zwölf lebende Frösche gleichzeitig in eine Reihe zu setzen, hat sich qualifiziert. Doch sosehr sich die Kandidaten abmühen, immer wieder springen gleich mehrere Frösche aus der Reihe. Schließlich verliert Saddam die Geduld und zeigt den Kandidaten einen einfachen Trick. Er nimmt die zwölf Frösche, steckt sie in einen Sack und schwingt ihn minutenlang über seinem Kopf im Kreis. Als er sie dann aus dem Sack nimmt, lassen sich die schwindligen Reptilien allesamt willenlos in der Reihe aufstellen. "So müsst ihr über die Iraker herrschen. Lasst sie stets schwindlig sein", rät Saddam, "damit sie nicht darüber nachdenken, wer sie regiert."

      Es scheint, als hätten die Interimsherrscher des Irak Saddams Lektion angenommen. Bagdad dreht sich zweieinhalb Monate nach Abdankung des Froschdompteurs in schwindelnden Kreisen. Alles dreht sich unter der US-Verwaltung um die immer gleichen Fragen wie Stromversorgung, Sicherheit und Jobs, sodass die irakischen Gleichgewichtsorgane keine festen Punkte finden, an denen sie über politische Angelegenheiten nachdenken können, und sich der Frage widmen, warum es immer noch keine Regierung gibt.

      Tagsüber schwitzen fünf Millionen Einwohner in der weiterhin nahezu stromlosen Stadt ohne Ventilator oder Klimaanlage in ihrer Sauna, aus der es bei 50 Grad Innen- und Außentemperaturen kein Entrinnen gibt. Nachts taucht die Stadt in eine Dunkelheit, nur gelegentlich unterbrochen von einem Autoscheinwerfer, bevor auch diese Lichtquelle mit Anbruch der von den Amerikanern verhängten Ausgangssperre eine Stunde vor Mitternacht versiegt. Die über 80 in den letzten Wochen aus dem Boden geschosssenen Zeitungen in Bagdad sind voll Geschichten der Verbrechen des alten Regimes. Aber es sind die Artikel über die gewöhnliche Kriminalität auf den unsicheren Straßen, die die Leute hier beschäftigen.

      Etwa die Geschichte von Warda Ali, die vor fünf Tagen vor ihrem Haus von einem Unbekannten mit gezogener Waffe entführt und später brutal vergewaltigt wurde. Warda ist neun Jahre alt und kein Einzelfall. Niemand führt im Irak Statistik, aber die Verschleppung von Schulmädchen ist Stadtgespräch. Viele Eltern haben Angst, ihre Töchter zur Schule zu schicken.

      In der Bagdader Polizeistation Adhamiyah fühlt sich der irakische Polzeioberst Walid Schuki, als seien ihm selbst Handschellen angelegt. "Die Amerikaner gaben uns Winteruniformen, Pistolen ohne Munition und keinerlei Autorität. Wie können wir da ernsthaft arbeiten?", fragt er bitter. Sergeant Brown aus Michigan hat nicht nur eine geladene Waffe, sondern auch die Autorität, die dem irakischen Polizeiobersten fehlt. Aber auch er stellt die eine oder andere Frage. Seine Einheit soll im Bagdader Bezirk Jadriya dafür sorgen, dass sich die Bürger sicherer fühlen. Derweil fühlt er selbst sich weder sicher noch wohl in seiner Haut. Heute hat er mit seinen Männern eine Straßensperre bei der Auffahrt zu einer der Tigrisbrücken errichtet. "Das ist kein Krieg mehr, und wir wissen nicht, wo genau der Feind sein soll", beschreibt er die Situation. Neulich wollte einer seiner Kollegen in einem irakischen Laden eine Musik-CD kaufen und wurde von einem Unbekannten niedergeschossen. Sergeant Brown kann aber irgendwie verstehen, dass die Iraker langsam die Geduld verlieren. "Wir haben ihnen die Freiheit versprochen, stattdessen setzen wir hier einen Ausnahmezustand durch", reflektiert er seine Besatzerrolle.

      Der 36-Jährige ist ein nachdenklicher Mensch, der 10 Jahre älter aussieht, als er wirklich ist, und mindestes 20 Jahre älter als die Grünschnäbel, die er befehligt. Anders als mancher Offizier seiner Einheit hat Sergeant Brown bisher nur wenige Iraker verhaften lassen, auch seine Waffe sitzt nicht locker. Neulich, erzählt er, habe er einen handgreiflichen Streit zwischen Irakern schlichten sollen. Sergeant Brown verstand nichts von dem wortreichen arabischen Streit. Rein instinktiv habe er in die Luft schießen wollen, es aber dann unterlassen, aus Angst, jemand zu verletzen. Stattdessen brüllte er sich einfach die Lunge aus dem Hals. Die Streithähne sahen ihn verwundert an und ließen von einander ab. Der 36-Jährige ist stolz auf die Besonnenheit seiner Männer. Eine andere Einheit hätte vielleicht vor lauter Nervosität das Feuer eröffnet.

      Als Sergeant Brown das alles erzählt, nähert sich ein aufgebrachter irakischer Mann und deutet mit dem Finger auf ihn. "Ihr habt mein Baby umgebracht!", schreit er wütend und erzählt die Geschichte, wie nur wenige Stunden vor dem Fall Bagdads eine amerikanische Panzergranate das Auto getroffen hat, in dem seine Tochter saß. "Ich habe deine Tochter nicht erschossen", erklärt Sergeant Brown, hält sein Gewehr fester und tritt sichtlich nervös ein paar Schritte zurück. "Der Mörder trug aber genau die gleiche Uniform wie du!", ruft der Iraker, bevor er von anderen Irakern abgedrängt und beruhigt wird.

      "Sie machen uns einfach für alles, was falsch läuft, verantwortlich", beklagt sich Sergeant Brown, als sich ein weiterer Iraker auf Krücken nähert. Er rollt sein Hosenbein hoch und deutet auf sein vernarbtes Bein: "Ein Geschenk der Amerikaner." Sergeant Brown beobachtet ihn aus sicherer Distanz. "Es tut mir Leid, was dem Baby und dem Mann passiert ist", sagt er hilflos. Der Mann mit der Krücke humpelt langsam davon. "Ich versuche, mir sein Gesicht zu merken", erklärt Sergeant Brown und fügt hinzu: "Wer weiß, vielleicht kommt er das nächste Mal mit einer Kalaschnikow.
      Avatar
      schrieb am 18.07.03 09:59:45
      Beitrag Nr. 39 ()
      Das lange Warten auf die Heimkehr
      In Fort Stewart meutern die Frauen der US-Soldaten, doch Washington braucht die Sieger von Bagdad als Besatzer

      Von Dietmar Ostermann (Fort Stewart)

      Das Wiedersehen hatte sich Patty Martirosian anders vorgestellt. Die junge Frau sitzt mit ihren fünf Kindern in einem fensterlosen Raum, der ein wenig an ein Fernsehstudio erinnert. Normalerweise konferieren hier die Offiziere vom Divisionsstab mit dem Pentagon. Vorn an der Wand hängen zwei Bildschirme. Der eine zeigt die Familie Martirosian, der andere einen leeren Stuhl am anderen Ende der Welt, auf dem Flughafen von Bagdad. Jetzt schiebt sich ein Mann in grauer Wüstenuniform ins unscharfe Bild, strahlt über beide Ohren und sagt: "Hey, ihr seht großartig aus."
      Zuletzt hat Patty Martirosian ihren Mann kurz vor Weihnachten gesehen. Seither kam mal ein Brief, mal ein Anruf, mal wochenlang kein Lebenszeichen. Jetzt gibt die Army ihnen zehn Minuten Zeit für ein kurzes Wiedersehen, per Videoschaltung, ausnahmsweise kostenlos. "Ich habe zum Geburtstag einen Hamster und ein Fahrrad bekommen", ruft von hinten aufgeregt Sohn Gregory. Das ist einen Monat her.

      Eigentlich sollte Samuel Martirosian längst wieder zurück sein in Fort Stewart, hier, auf dem Heimatstützpunkt in der feucht-heißen Atlantikprovinz Georgia, bei Patty und den Kindern. Beim Marsch auf Bagdad war die 3. Infanterie-Division der US-Army ganz vorn dabei. Die Truppe aus Fort Stewart galt als " Speerspitze" der Invasionsstreitmacht. Sie war in die wohl schwersten Kämpfe verwickelt, hatte auf US-Seite die höchsten Verluste, erreichte die irakische Hauptstadt als erste. Nach dem Fall von Bagdad wollten die Soldaten nur eins: nach Hause. Das war im April. Jetzt sind sie immer noch in Irak. Erst war die Heimkehr für Juni geplant. Dann stellte Donald Rumsfeld ein Wiedersehen im September in Aussicht. Am Dienstag dieser Woche wurde der Abmarsch zum zweiten Mal verschoben; Ende offen.

      Die zehn Minuten sind um. "Ich komme bald nach Hause", verspricht Samuel: "Hey, wenn ich komme, gehen wir auf eine Disney-Kreuzfahrt. Wir sind nie in den Urlaub gefahren. Das ist eine Schande." Patty nickt skeptisch, und als die Kinder schon aufstehen wollen, rutscht es ihr doch noch heraus. Daniel, der auf ihrem Schoß sitzt, war krank, eine schwere Mageninfektion. Er hatte Fieber, hat Blut verloren. Er hat keine Schmerzen mehr, sagt sie schnell. Zu spät. Samuels erschrockener Blick verrät, dass er sich Sorgen machen wird.

      Die Übertragung ist zu Ende. Daniel weint, er hält sich die Hand vor den Mund, rennt zum Klo. Er ist so aufgeregt, sagt sein großer Bruder. Draußen auf dem Flur wartet die nächste Soldatenfrau, den drei Monate alten Aaron im Arm. Gleich wird ihn der ferne Vater zum ersten Mal sehen.

      Ein paar Baracken entfernt lässt sich Oberst John Kidd schwer in den weichen Ledersessel fallen. "Ich werde das nicht beschönigen", sagt er und wischt mit der Hand über den Tisch, "es ist eine schwierige Situation, für alle Beteiligten." Amerikas Soldaten hatten sich auf einen gefährlichen, aber kurzen Krieg eingestellt. Nun verausgabt sich vor allem das in den 90er Jahren stark geschrumpfte US-Heer bei der Besatzung eines oft feindseligen Landstrichs von der Größe Kaliforniens. Jeder dritte Heeressoldat ist heute im Auslandseinsatz, allein rund 135 000 in Irak. 16 von 33 Kampfbrigaden der Army sind im Zweistromland auf ungewisse Zeit gebunden - zu viele, um auch nur eine normale Rotation zu organisieren.

      Gerade eine von zehn Heeres-Divisionen hält die Supermacht noch im texanischen Fort Hood als "strategische Reserve" bereit, für künftige Konflikte. Von neuen Präventivkriegen in Iran oder sonstwo redet in Washington niemand mehr. Stattdessen fragen sich immer mehr Generale, ob die größte Militärmaschine der Welt nicht längst "überdehnt" sei.

      Oberst Kidd sieht ein wenig so aus wie der kleine Bruder von Bruce Willis. Kahlrasierter Schädel, kräftige Oberarme, ein freundliches, manchmal leicht spöttisches Lächeln. Zu lachen freilich gibt es derzeit nicht viel. Kidd ist Standortkommandant in Fort Stewart, der größten Militärgarnison in den USA östlich des Mississippi. Im Moment aber gleicht das Fort einer Geisterstadt. Rund 15 000 Soldaten, fast die gesamte Heeres-Division, sind in Irak. Kidd muss sich mit ihren Familien herumschlagen: Frustrierten Frauen, die seit Monaten den Haushalt allein schmeißen, die ungeduldig werden - und ungehalten. Weil sie ihren Kindern immer wieder erklären müssen, warum der Papa noch immer nicht kommen kann. Und weil sie Angst haben, dass irgendein verfluchter Heckenschütze ihren Mann noch erwischt beim "Peacekeeping", das sich alle anders vorgestellt haben. 36 Bäume haben sie hinten am Footballfeld schon gepflanzt für die Gefallenen dieses Krieges. Am Montag wurde wieder ein Soldat der dritten Infanterie-Division erschossen, auf Patrouille in Bagdad. "Die Moral ist intakt", behauptet John Kidd, "wir können jeden Auftrag erfüllen." Mag sein.

      Aber auf einer Versammlung hat er sich von aufgebrachten Soldatenfrauen anbrüllen lassen müssen; ein Vorgang, der in Amerikas militärischer Subkultur, wo man nicht klagt und jammert und jedes Opfer ohne Wenn und Aber bringt, fast schon an Meuterei grenzt. "Die Soldaten sind bereit heimzukehren", sagt Kidd, "sie sind erschöpft. Und ihre Angehörigen sind es auch."

      Was der Krieg den Soldatenfamilien abverlangt, weiß Karlyn Sieg nur allzu gut. Vier Kinder hat sie zu versorgen, seit Ehemann Jerry im Januar an den Persischen Golf verlegt wurde. Der älteste Sohn ist in der Schule plötzlich eingebrochen, wäre fast sitzen geblieben. "Viele Jungs in seinem Alter haben ähnliche Probleme, die kommen damit nicht klar", erzählt die Mutter. Irgendwann im Krieg hat sie ihren Kindern verboten, das Livespektakel im Fernsehen zu verfolgen. In der Einheit von Ehemann Jerry, der als Militärpfarrer gleich hinter der Front war, reiste ein "eingebetteter Reporter" mit. "Das war zu viel", sagt Karlyn Sieg, "bei jedem Schuss denkst du: Erwischt es jetzt deinen Mann?"

      In der chaotischen Schlacht um den Flughafen von Bagdad wurde Jerrys Militärjeep durchlöchert. Am Straßengraben, mitten im Gefecht, hat er sterbenden Soldaten den letzten Segen gegeben. Karlyn Sieg hat derweil an der Heimatfront gekämpft. Die tief religiöse Methodistin fungiert als eine Art Vertrauensfrau für die Angehörigen von Jerrys Einheit, und sie hat gesehen, dass es auch im Hinterland Verluste gibt. "Auch die Familien sind ein Opfer des Krieges", sagt sie bitter. Schon nach vier Tagen ging die erste Scheidungsklage ein. "Die Frau hat gesagt, sie hält das nicht aus", erzählt Karlyn Sieg, "wir haben gebettelt: Warte wenigstens einen Monat, er ist doch jetzt im Krieg."
      Wo es Probleme in der Ehe gibt, werden sie durch Trennung und Kampfeinsatz verschärft, weiß die Pastorenfrau. Und sie kennt die traurige Statistik: In Kriegen, vor allem aber danach steigt nicht nur die Scheidungsrate.
      Auch Fälle häuslicher Gewalt, in den Militärhaushalten ein Dauerproblem, über das niemand gern spricht, nehmen dann um fünfzig Prozent zu. So war es nach dem Golf-Krieg 1991. Nach der Rückkehr aus Afghanistan haben im nahen Fort Bragg vier Soldaten ihre Frauen ermordet. Jeder hier kennt die Geschichte. Und viele haben Angst, dass der Krieg auch diesmal die Krieger verändert haben wird.

      "Was einen guten Soldaten ausmacht, macht nicht unbedingt auch einen guten Ehemann und Vater aus", sagt die Sozialpsychologin Rose Mullice, die in Fort Stewart Heimkehrer bei der Wiedereingliederung ins "normale" Leben betreut. Jeder Kriegsrückkehrer muss einen Fragebogen ausfüllen: Ob es Probleme in der Ehe gibt, ob er schlecht schläft, Suizidgedanken hat, depressiv oder schnell reizbar ist, ob er im Krieg getötet hat oder Menschen hat sterben sehen - aufgeschlüsselt nach Kameraden, feindlichen Soldaten und Zivilisten. Sowohl die Soldaten als auch ihre Angehörigen werden in speziellen Kursen auf das Wiedersehen vorbereitet, hinterher über Monate betreut.

      "Nach dem Golf-Krieg hat die Armee verstanden, dass die Familien Multiplikatoren der Kampfkraft sind, dass man sich um sie kümmern muss", erklärt Susan Wilder, die in Fort Stewart ein Programm zur Familienbetreuung leitet. Gelernt hat die Army auch, dass man die Soldaten nach der Schlacht nicht sich selbst überlassen darf. Denn selbst, wenn sie irgendwann heimkehren, ist der Krieg in den Köpfen noch lange nicht vorbei.

      Auch die Reflexe bleiben wach: Wenn es irgendwo knallt, kann es passieren, dass sich ein Soldat mitten im Supermarkt auf den Boden wirft. "Eben waren sie eine Tötungsmaschine, und jetzt sagen wir ihnen, du sitzt im Flugzeug nach Hause und bist wieder der wundervollste Vater der Welt", sagt Susan Wilder, "das funktioniert nicht auf Knopfdruck." Und auch die Welt daheim habe sich verändert: Kinder sind älter geworden, Frauen unabhängiger: "Man muss sich zusammenraufen und wieder lernen, miteinander zu leben." Es ist noch nicht lange her, da waren Militärstandorte in den Vereinigten Staaten patriotische Hochburgen schlechthin. Je näher man einer Kaserne kam, um so mehr Fähnchen wehten an den Autos. An Restaurants, Supermärkten und Kirchen hingen Spruchbänder aus: "Support our Troops". Und es waren Veteranen und Angehörige der Soldaten, die im Frühjahr mit dem gleichen Ruf nach unbedingter Unterstützung für die Jungs, die in der irakischen Wüste ihr Leben riskieren würden, auf die Straße gingen - für den Krieg und gegen die Friedensdemonstranten in den großen Metropolen.

      Die Spruchbänder gibt es immer noch. Die Unterstützung für die Truppen ist in Fort Stewart ungebrochen. Selbst an der Mission will so recht niemand rütteln, auch wenn die sich gewandelt hat, von der "Befreiung" Iraks zum weit unübersichtlicheren Versuch, das Chaos im eroberten Land zu bändigen.

      Wer doch Zweifel haben sollte, wie Vanessa Choat, die deutsche Soldatenfrau aus Schweinfurt, deren Mann Aaron tagtäglich als lebende Zielscheibe in der Schützenluke eines Bradley-Panzers durchs unruhige Fallujah patrouilliert, der spricht nicht allzu laut darüber. Aber dass es ja nicht immer der eigene Mann sein muss, der da am anderen Ende der Welt fürs Vaterland den Kopf hinhält, da nimmt kaum mehr jemand in Fort Stewart ein Blatt vor den Mund. "Auf Dauer", sagt Karlyn Sieg, "ist das für viele kein Leben."


      © Frankfurter Rundschau 2003
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      schrieb am 18.07.03 13:48:41
      Beitrag Nr. 40 ()
      Zum Irak sagte SL, dass der Krieg A: schnell verlaufen wuerde, B: Saddam Hussein ihn nicht ueberleben wuerde und C: danach ein verlustreicher Partisanenkrieg folgen wuerde.

      A: Er lag richtig
      B: Er lag wohl falsch
      C: Er liegt bisher richtig

      Weiss auch nicht, woher einige hier die Weisheit haben, SL haette einen langen, blutigen und verlustreichen Krieg vorhergesagt ... und wenn sie tatsaechlich seine Aussagen alle "auf Band" haben, dann sollten sie besser nochmal reinhoeren :D
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      schrieb am 22.07.03 21:25:03
      Beitrag Nr. 41 ()
      Aus der FTD vom 22.7.2003
      USA erwägen Vergrößerung ihrer Armee
      Die unerwarteten Probleme in Irak haben der Debatte über die Reform der US-Armee eine überraschende Wende gegeben: Statt wie bisher über eine Verkleinerung der Streitkräfte und vor allem des Heeres wird in Washington nun über eine Vergrößerung nachgedacht.

      Von Hubert Wetzel, Washington

      Wie die "New York Times" am Montag berichtete, traf sich Verteidigungsminister Donald Rumsfeld am Wochenende mit hochrangigen Militärs, um einen Ausweg aus der Truppenkrise zu finden. Ausgelöst wurde der Kurswechsel vor allem durch die Einsicht im Pentagon, dass in Irak auf absehbare Zeit mindestens 100.000 US-Soldaten stationiert bleiben müssen. Dies hat Folgen für die gesamten Streitkräfte: Die Irak-Truppen stehen nicht für andere Kriseneinsätze zur Verfügung. Zudem müssen Einheiten für ihre Ablösung bereitgehalten werden, die dadurch ebenfalls gebunden sind.
      Das Problem betrifft vor allem das Heer. Ihm gehen derzeit die Truppen aus. Von den zehn aktiven Divisionen mit jeweils 15.000 bis 18.000 Mann plus Unterstützungseinheiten sind zurzeit vier komplett oder zum größten Teil in Irak im Einsatz. Die meisten dieser Soldaten sind seit Anfang des Jahres am Golf, und ihre Einheiten müssen in den kommenden Monaten ausgetauscht werden. Die Einsatzzeit wurde bereits von sechs auf zwölf Monate verlängert.
      Doch das Heer hat große Probleme, für einen Austausch genügend Truppen zusammenzubekommen. Für den Anti-Terror-Krieg hat das Pentagon Einheiten in Divisionsstärke nach Afghanistan verlegt. Eine Division schützt Südkorea, eine weitere Division wird in Hawaii für Krisen im Pazifikraum bereitgehalten. Weitere Einheiten tun auf dem Balkan Dienst.

      Bedarf widerspricht Rumsfelds Pläne
      Übrig bleiben nur knapp drei Divisionen. Allerdings sind die meisten ihrer Einheiten bereits für die Ablösung anderer Truppen vorgesehen, erholen sich von Einsätzen oder werden für Krisen in Reserve gehalten. Laut "New York Times" hat das Pentagon derzeit nur eine sehr geringe Zahl wirklich freier Truppen: drei Brigaden, etwa 15.000 Mann. Aus Reihen der Militärs kam daher vor kurzem eine Forderung auf, die Rumsfelds bisherigen Reformplänen direkt widersprach: die Aufstockung um zwei zusätzliche Divisionen. Anders seien die Aufgaben nicht zu schultern, deutete ein General an.
      Rumsfeld wird eine Abneigung gegen das schwerfällige Heer nachgesagt. Noch vor wenigen Wochen hatten Militärexperten damit gerechnet, dass der Minister seinen Plan wiederbelebt, zwei Divisionen zu streichen. Begründet wurde das mit dem schnellen Sieg in Irak, der mit wenigen Bodentruppen errungen wurde. Dieser Erfolg zeige, dass die Zeit großer Truppenmassen abgelaufen sei. Der schnelle Irak-Krieg gebe dem Minister politischen Rückenwind, um die Verkleinerung der Armee durchzudrücken. Davon ist heute keine Rede mehr.
      Die Truppenknappheit ist auch einer der Gründe, warum die US-Regierung andere Staaten drängt, eigene Soldaten nach Irak zu schicken, und gleichzeitig versucht, in Irak mit Einheimischen eine Sicherheitsmiliz aufzubauen. Dadurch soll nicht nur der schädliche Eindruck einer rein amerikanischen Besatzung gemildert, sondern auch die Last für das US-Militär verringert werden. Die Absage Indiens, ohne Uno-Mandat würden die von den USA gewünschten 17.000 Soldaten nicht bereitgestellt, war daher ein herber Rückschlag für das Weiße Haus.

      Probleme durch Teilzeitsoldaten
      Zugleich wächst der Druck in Washington: Viele der Soldaten in Irak sind nur Teilzeitsoldaten. Es handelt sich um Reservisten und Nationalgardisten, die in Friedenszeiten zivilen Jobs nachgehen. Vor allem die in der Nachkriegszeit so wichtigen "Civil Affairs"-Einheiten, also Militärpolizei, Wiederaufbau- und Verwaltungsexperten, bestehen zum Großteil aus Reservisten. Für sie, ihre Familien und ihre zivilen Arbeitgeber ist der lange Einsatz in Irak besonders problematisch. Bereits Anfang Juni hat Rumsfeld daher den Auftrag erteilt, wichtige Nischenaufgaben von Reserveeinheiten an das aktive Heer zu übergeben.
      "Nach dem 11. September sind die Rekrutierungszahlen bei der Reserve und der Nationalgarde nach oben geschnellt", sagt ein Militärexperte im Kongress. "Man wird sehen, ob das so weitergeht. Die Leute haben sich für Wochenendkriegsdienst in den USA gemeldet, nicht für monatelange Einsätze in einem Gebiet, wo täglich auf sie geschossen wird."
      Bislang hat Rumsfeld noch nicht offiziell um eine Vergrößerung des Heeres gebeten. "Im Moment glauben wir noch nicht, dass das notwendig ist", sagte er jüngst im Kongress. Um mehr freie Truppen zu bekommen, will der Minister zunächst Soldaten mit Schreibtischjobs durch Zivilangestellte ersetzen und die Soldaten Kampfeinheiten zuteilen. Bis zu 300.000 Mann könnten so umverteilt werden. Zudem wird darüber nachgedacht, die Marineinfanterie zu Einsätzen wie in Irak und auf dem Balkan heranzuziehen. Die "Marines" werden bisher fast nur als Kampftruppen genutzt oder stehen für Krisenaktionen bereit.
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      schrieb am 23.07.03 17:23:00
      Beitrag Nr. 42 ()
      "Wir hassen die Amerikaner"
      Der Kampf um den Frieden im Nach-Krieg: Eine politische Reise durch einen zerrissenen Irak

      von Lutz C. Kleveman

      Eines ist anders als in Teheran 1979: auf Ayatollah Hakim lassen sich besser Slogans skandieren als auf Khomeini. Und so brüllen die Männer, als sie an diesem Morgen durch die staubigen Straßen Kerbelas ziehen, aus vollen Kehlen: "Hakim! Hakim! Unsere Seele, unser Blut geben wir dir!" Hunderte sind es, bald Tausende, ein Meer von weißen Dishdasha-Gewändern und gescheckten Kopftüchern. Unter der sengenden Sonne schwenken die Menschen Banner mit Koran-Versen, Fahnen und Bilder des Ayatollahs. Sie strömen auf den Vorhof der Moschee des Imam Hussein, eines prächtigen, blau gekachelten und von goldenen Kuppeln überragten Baus im Kern der Stadt. In einem prunkvollen Schrein ruht der Enkel des Propheten Mohammed. Einige junge Männer beginnen, sich selbst geißelnd rhythmisch auf die Brust zu schlagen: "Hakim! Hakim!"


      Die Schiiten
      Zum ersten Mal nach seiner Rückkehr aus dem iranischen Exil, wo er 23 Jahre verbrachte, kommt der Schiitenführer Mohammed Bakr el Hakim nach Kerbala, in die heilige Stadt der Schiiten südlich von Bagdad. Seit Wochen baut er im Irak, wo die Schiiten die größte Volksgruppe sind, seine politische Macht aus. Washington sieht in Hakim einen gefährlichen Agenten Teherans. Sie wollen seine 10 000 Mann starke Badr-Miliz entwaffnen, um einen möglichen, von Schiiten dominierten irakischen Gottesstaat zu verhindern.

      Ernsten Gesichts und mit langem Bart erscheint Hakim in einem braunen Klerikergewand und einem schwarzen Turban. Mit hoher Stimme hebt der Ayatollah ein langes Wehklagen an, über den Märtyrertod von Imam Hussein in der Schlacht von Kerbela im Jahre 682 und über das Leiden der Schiiten unter Saddam Hussein. Schließlich wendet sich Hakim der politischen Gegenwart zu: "Meine Gegner sagen, dass ich im Irak einen islamischen Staat wie im Iran schaffen will. Das ist nicht wahr. Ich bin kein Mann aus dem Mittelalter. Ich weiß, was die jungen Menschen wollen, gerade Frauen, und sie sollen ihre Rechte bekommen."
      "Schluss mit der Besatzung!", röhrt die Masse mehrmals. Niemand jedoch ruft bislang die Slogans "Tod den USA!" oder "Nieder mit Amerika!", wie sie im Iran oder in Pakistan zu hören sind.


      Städte des Todes
      Da jeder Schiit möglichst nahe am Schrein des Prophetenschwiegersohns Ali in Nadschaf begraben werden will, umgeben den Ort wahre Städte des Todes, riesige Friedhöfe mit Millionen von Gräbern. Am Mausoleum des Ayatollahs Mohammed Sadr, den Saddam Hussein wegen regimekritischer Predigten 1999 auf offener Straße erschießen ließ, haben sich einige Männer zum Gebet eingefunden. "Wir sind den Amerikanern dafür dankbar, dass sie uns von Saddam befreit haben", sagt einer von ihnen. "Aber nun müssen sie den Irak wieder verlassen, denn wir Iraker können uns selbst regieren." Plötzlich schiebt sich ein Junge von etwa zwölf Jahren nach vorne, zieht sein Hemd hoch und zeigt eine tellergroße, frisch verheilte Wunde an seinem Bauch. "Ein Granatensplitter traf mich, als unser Dorf von amerikanischen Kampfhubschraubern angegriffen wurde", erzählt der Junge, der furchtbar geblutet haben muss. "Doch dann fanden mich Soldaten, und ich wurde auf ein Hospizschiff der US Navy auf dem Meer geflogen. Die Ärzte dort haben mich gerettet." Schaukatt, ein Ingenieur und eher weltlicher Schiit aus Bagdad, meint dazu: "Wenn die Amerikaner doch nur den Irak wieder so gesund machen würden wie den Jungen, dann können sie von mir aus noch Jahre bleiben."


      Massengräber
      In der Nähe der Stadt Hilla, dem antiken Babylon, liegt ein Massengrab mit bis zu 10 000 Leichen - Schiiten, die das Saddam-Hussein-Regime nach dem Aufstand 1991 erschießen ließ. Männer und Frauen graben mit bloßen Händen nach den Gebeinen ihrer vermissten Geschwister, Eheleute und Kinder. Ein übler, faulig-süßlicher Gestank liegt in der Luft. Manchmal kann ein Toter anhand eines Ausweises oder markanten Kleidungsstücks identifiziert werden. Die trauernden Angehörigen legen dann sein Skelett in den Kofferraum ihres Wagens und fahren davon, um die Überreste in Nadschaf anständig zu beerdigen.

      Ahmed sucht seit neun Tagen nach seinem Bruder, der 1991 als Deserteur verhaftet wurde und spurlos verschwand. "Ich hoffe, ihn an seiner Kniescheibe zu erkennen. Er hatte mal einen Motorradunfall, und die Ärzte haben ihm da eine Schraube reingesetzt." Seit neun Tagen dreht der hagere Mann also jede Kniescheibe um, die er im Boden finden kann. Hunderte, vielleicht schon 1000 Kniescheiben sind durch seine Finger gegangen. "Mein Bruder hinterließ damals vier Kinder, die bis heute nach ihm fragen und auf ihn warten. Ich will ihnen endlich mit Gewissheit sagen können, dass ihr Vater nicht mehr wiederkommt."


      Bagdad
      Die Coalition Provisional Authority (CPA), die alliierte Übergangsverwaltung des Irak, hat sich, mit Sinn für Ironie, in Saddam Husseins prächtigem Palastkomplex in Bagdad direkt am Tigris-Ufer verschanzt und ist nahezu unantastbar. Viele Iraker fühlen sich von den Besatzern allein gelassen, es wächst die Wut über das anhaltende Chaos in der Stadt, in der Banditen bei Nacht trotz verstärkter US-Militärpatrouillen weiter plündern und sich Schießereien liefern. Noch immer fährt kaum ein Mensch morgens zur Arbeit, aus Angst, abends sein Haus ausgeraubt wieder zu finden.

      Niemand habe mit einem derart kompletten Zusammenbruch des irakischen Staats gerechnet, räumt eine Britin ein, die dem CPA-Führungsstab zuarbeitet. "Man hat in Washington wohl auch nicht genug geplant, was nach dem Krieg zu tun ist. Das zeigt sich jetzt." Nur etwa ein Dutzend CPA-Experten sprechen Arabisch. Mehr noch lähmt die Arbeit der CPA der interne Machtkampf, den sich das Pentagon und das Außenministerium seit Wochen über Personal und Strategien leisten.


      Die Kurden
      Suleimanija ist die kleine Hauptstadt des östlichen der beiden kurdischen Semistaaten, die seit 1991 unter dem Schutzschirm alliierter Kampfflugzeuge im Nordirak bestehen. An diesem sonnigen Nachmittag landet der von den Amerikanern eingesetzte Zivilverwalter Paul Bremer auf Suleimanijas kargem Flugfeld. Von der Gangway lächelt der streng gescheitelte, in einen Nadelstreifenanzug mit weißem Seidentuch in der Brusttasche gewandete Diplomat Schulkindern zu. "Welcome to Kurdistan!", begrüßt ihn Dschalal Talabani, neben Massud Barsani der mächtigste Kurdenführer im Irak. "Thank you for liberating us, America!" und "We love President Bush!", steht auf Schildern, die Hunderte Menschen am Straßenrand schwenken. Einige sind aus den Bergdörfern gekommen, auch aus Halabdscha, wo Saddams Offiziere 1988 Tausende Zivilisten vergasten.

      Die Kurden hoffen, mit US-Hilfe ihre weit gehende Autonomie in einem neuen, föderalen irakischen Staat auszubauen. Ihre mächtigsten Gegner sind die Nachbarstaaten des Irak, Syrien, der Iran und die Türkei, die fürchten, dass eine föderale Erfolgsgeschichte im Irak den eigenen kurdischen Minderheiten Appetit auf mehr Unabhängigkeit machen könnte. Die Region wimmelt von türkischen Agenten.
      "Wir hatten einen offenen, unverblümten Meinungsaustausch", sagt Barham Salih, Talabanis geschmeidiger Premier. "Dies ist nicht der Augenblick für diplomatische Nettigkeiten. Der Irak als zentralistischer Staat ist gescheitert. Er ist schon jetzt zerstückelt, und wir Kurden werden uns niemals wieder der Tyrannei Bagdads unterwerfen."


      Das Öl
      Wer erlangt die Kontrolle über die 115 Milliarden nachgewiesene Barrel Öl des Irak, die weltweit zweitgrößten Reserven? Private Ölkonzerne werden vom Krieg profitieren, meint Thamir Gadhban, der von den Amerikanern eingesetzte neue Chef des Ölministeriums: "Nur die bereits existierende Produktion bleibt in Staatshand. Alle zusätzlichen Reserven werden privatisiert und ausländischen Firmen überlassen. Verhandlungen darüber werden bald beginnen." Die Ölproduktion soll von jetzt knapp zwei Millionen Barrel pro Tag in zehn Jahren auf acht Millionen Barrel gesteigert werden, etwa ein Zehntel des weltweiten Verbrauchs. Seit Kriegsende arbeiten das US Army Corps of Engineers und Fachkräfte des US-Konzerns Kellogg, Brown & Root daran, die Förderanlagen auf den Ölfeldern von Kirkuk wieder in Gang zu bringen. "Die Kooperation mit den Amerikanern klappt gut", sagt Adil Abd Al Chassas, langjähriger Vizegeneraldirektor der staatlichen Northern Oil Company (NOC), und fügt ohne Ironie hinzu: "Sie sagen uns, was wir tun sollen, und wir machen die Arbeit." Fast alle der 9500 NOC-Angestellten sind inzwischen zur Arbeit zurückgekehrt. "Gut 600 000 Barrel fördern wir heute schon wieder", sagt Chassas zufrieden, "fast so viel wie vor dem Krieg."

      Diese Zufriedenheit kann Kamal Karkuki, Kurdenführer im neu gewählten Stadtrat von Kirkuk, nicht teilen: "Fast alle NOC-Ölarbeiter sind Turkmenen oder Araber, die Saddam hier angesiedelt hat, während Kurden aus ihren Jobs und Häusern vertrieben wurden. Die Araber müssen jetzt verschwinden." Auf 300 000 schätzt der langjährige Peschmerga-Kommandeur ihre Zahl. Oft nehmen es Kurden selbst in die Hand, die arabischen Bewohner ihrer alten Häuser zu vertreiben. Karkuki, der im Stadtrat der offizielle Beauftragte für interethnische Beziehungen ist, meint. "Wenn sie noch länger bleiben, gibt es hier einen Bürgerkrieg. Es kann keinen Frieden mit Arabern geben."


      Die Sunniten
      Größere Sorge als die ethnischen Spannungen im Norden bereitet den US-Truppen die Lage in der von sunnitischen Araberstämmen besiedelten Region westlich von Bagdad. Hier war der Sunnit Saddam Hussein sehr beliebt, und viele Anhänger des alten Regimes sind in der Schmugglerstadt Falludscha untergetaucht. Die US-Truppen werden jede Nacht und inzwischen auch tagsüber von Partisanen angegriffen, die über Minen und Granatwerfer verfügen und zunehmend besser organisiert sind. Wenn auch der Krieg selbst kein zweites Vietnam war, wird es dieser Frieden bald sein?

      Als Antwort hat der US-Generalstab jüngst die 4000 Mann starke Sparta-Brigade der 3. Infanteriedivision nach Falludscha verlegt. Die jungen Soldaten sind nicht für polizeiliche Aufgaben ausgebildet, sondern fürs Töten. Seit sechs Monaten sind sie ununterbrochen im Kampfeinsatz, erst in Kuwaits Wüste, dann als Speerspitze im Vorstoß auf Bagdad. Seit langem warten sie auf Ablösung, sind müde und aggressiv.
      Falludscha ist längst wieder Kriegsgebiet. Über den geduckten Häusern kreisen Black-Hawk-Kampfhubschrauber, schwere Panzer und Bradleys rollen knirschend auf der Hauptstraße. Ein Konvoi aus fünf Truppentransportern hält direkt vor einer Moschee, die Klappen öffnen sich, und aus dem Inneren springen etwa 20 behelmte Soldaten. Mit M-16-Gewehren, kurzen Shotguns und Revolvern bewaffnet, rennen sie geduckt über die Fahrbahn und verteilen sich entlang der Mauer um die Moschee. Schnell verschließt der Imam das Tor. "Reine Routinepatrouille", erläutert der befehlshabende Feldwebel, der wie fast alle seiner Kameraden eine verspiegelte Sonnenbrille trägt. "Stoßen wir auf Bedrohungen, werden wir sie neutralisieren." Neutralisieren? "Na, erschießen!"
      "Wir hassen die Amerikaner", schreit ein Ladenbesitzer. Er verschwindet kurz in seinem Laden und kommt, zum Gejohle des Mobs, mit Bildern von Saddam Hussein und dessen Sohn Udai wieder. Ein struppiger Typ, der sich als Fedajin-Kämpfer bezeichnet, schwenkt drohend ein AK-47-Schnellfeuergewehr. "Saddam, du wirst wiederkommen", singen sie, "und die Armee Mohammeds anführen."
      Avatar
      schrieb am 27.07.03 08:59:34
      Beitrag Nr. 43 ()
      Direktor Ali und die Stromräuber
      Ali Taleb Ali leitet ein Elektrizitätswerk nahe Bagdad. Plünderer verwüsteten die Einrichtungen gleich nach dem Kriegsende, Wiederaufbauhilfe und US-Militärschutz sind knapp. Und wenn Strom produziert wird, klaut garantiert jemand die Kabel

      aus Bagdad KARIM EL-GAWHARY

      Der Mann hat einen Job, den man dieser Tage nicht geschenkt haben möchte. Ali Taleb Ali ist der Chef des Elektrizitätswerkes al-Quds nördlich der irakischen Hauptstadt Bagdad. Wo andere verzweifeln würden, beginnt für ihn und seine Ingenieure das weite Feld der Improvisation. "Wie produziert man mit fast nichts Strom", lautet ihre tägliche Aufgabe. Im Moment schaffen sie es zusammen mit drei anderen E-Werken, Bagdad 2 Stunden am Tag mit Elektrizität zu versorgen. Die anderen 22 Stunden schwitzt die Fünfmillionenstadt bei bis zu 50 Grad Außentemperaturen vor sich hin, während in abgeschalteten Kühlschränken nur Trockennahrung aufbewahrt wird. "Wir versuchen unser Bestes", sagt Taleb Ali, "mit dem, was wir zur Verfügung haben." Und das ist nicht viel.

      Es mangelt an allem. Das E-Werk fährt nur auf der Hälfte seiner Kapazität, weil in einem der ölreichsten Länder der Welt ständig die Lieferungen für den Treibstoff ausbleiben, der für den Antrieb der Turbinen gebraucht wird. Sämtliche Ersatzteile und Werkzeuge wurden in der Woche nach dem Krieg von Plünderern gestohlen. Außerdem geht Taleb Alis Budget gegen null. Seit fünf Monaten bezahlt im regierungslosen Bagdad niemand Stromrechnungen.

      Während er all das erzählt, sitzt der Herr über Bagdads Stromversorgung in seinem Büro. Da, wo früher die Steckdosen für die Computer installiert waren, ragen heute nur noch ein paar Drähte aus der Wand. Die Plünderer hatten alles mitgenommen. Selbst in den Safe hatten sie ein Loch gesprengt. "Als wir eine Woche nach dem Krieg zurück zu unserem Arbeitsplatz kamen, war nichts mehr da. Die Verwaltungsbeamten und Ingenieure mussten auf dem Boden sitzen", erinnert er sich.

      Inzwischen hat er 1.200 Dollar von den staatlichen Strombetrieben erhalten, um wenigstens das Nötigste wieder einzukaufen. Seitdem gibt es wieder Türen und Fenster, Plastikstühle und Lampen. Die Schreibtische sind das Geschenk einer Moschee.

      Alle 280 Mitarbeiter sind wieder zurück, mit Ausnahme der 30 Frauen. Die Fahrt zum Werk durch unbewohntes Gebiet ist ihnen zu gefährlich. Immer wieder sind in den letzten Wochen junge Frauen auf offener Straße von Unbekannten entführt worden. Außerdem gibt es immer noch keine Toiletten im Werk. Wer muss, geht aufs freie Feld - für die Frauen ein inakzeptabler Zustand. "Wenn es sicherer wird, werden sie wiederkommen", hofft Taleb Ali.

      Eigentlich sind die US-Besatzer für Iraks staatliche Dienstleistungen verantwortlich. Sie haben auch technische Beratung angeboten. "Ich habe genug gut ausgebildete Fachleute", antwortete Taleb Ali. "Was wir brauchen, ist Sicherheit, Geld, Werkzeuge und Ersatzteile." Immerhin haben US-Soldaten im ersten Monat nach dem Krieg das eine halbe Autostunde von Bagdad auf freiem Feld befindliche Werk bewacht. Doch dann zogen sie überraschend ab, und seitdem hat vor allem die Nachtschicht Angst vor Überfällen. "Ich habe sechs Wächter, aber nur eine Waffe", beschreibt Taleb Ali die Lage. Die US-Amerikaner hätten Waffen versprochen und haben auch Fotos von den Wächtern gemacht, angeblich um ihnen eine Waffenlizenz zu erteilen. Seitdem ist nichts mehr passiert.

      Sämtliche Maschinen im Werk sind amerikanischer Bauart, aus einer Zeit, in der die USA mit Saddam Hussein noch blühende Geschäfte machten. Alle Maschinenteile werden statt in Zentimetern in Inches gemessen. Taleb Alis Problem: Auf dem hiesigen Markt gibt es keine Werkzeuge für diese Maßeinheit. "Ich habe die US-Soldaten gefragt, ob sie mir wenigstens die Inch-Werkzeuge aus ihren Militärfahrzeugen leihen könnten - nichts", sagt der 41-Jährige.

      Und wenn es seine Ingenieure unter diesen widrigen Umständen doch schaffen, etwas zu reparieren, wird es am nächsten Tag gestohlen. Das größte Problem ist nicht das Werk selbst, sondern die Verteilung des erzeugten Stromes. Immer wieder werden die Kabel von den Strommasten von Dieben heruntergeholt. Das wertvolle Kupfer und Aluminium in den Drähten wird eingeschmolzen und durch die kurdischen Gebiete in den Iran geschmuggelt. Immer wieder haben Taleb Ali und die Seinen die US-Amerikaner aufgefordert, die Hauptleitungen durch Hubschrauber abfliegen zu lassen - bisher umsonst.

      Für die Menschen in Bagdad sind das alles technische Details. Sie sind einfach wütend, dass sie fast drei Monaten nach Kriegsende immer noch keinen Strom haben, und ihre Wut richtet sich nicht nur gegen die Amerikaner. "Immer wieder hören wir von Freunden und Verwandten Vorwürfe, wir würden in unserem E-Werk nichts tun", erzählt der Direktor. So erzählen er und seine Mitarbeiter Unbekannten nicht, wo sie arbeiten - aus Angst.

      Der engagierte Taleb Ali leitet das Werk erst seit zwei Monaten. Der ehemalige Direktor, ein Mitglied von Saddam Husseins Baath-Partei, wurde auf einer Mitarbeiterversammlung abgesetzt. "Das ist unsere neue Freiheit, wir haben keinen Strom und wir können nicht arbeiten, aber wir können unseren Direktor selber wählen", witzelt Taleb und meint: Vielleicht ist die ganze gegenwärtige Hoffnungslosigkeit eine Art "Freiheitssteuer".
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      schrieb am 03.08.03 13:35:55
      Beitrag Nr. 44 ()
      Saddams Söhne besehen sich die Kartoffeln von unten. So heißt und steht es geschrieben.



      Ein fragwürdiger Erfolg
      Von Karl Grobe

      Die Bagdader Freudenkundgebungen sind verständlich. Die Nachricht, Saddam Husseins Söhne seien in Mosul ums Leben gekommen, zur Strecke gebracht von der Task Force 20 der USA, befreit einen überwältigend großen Teil der Iraker von einem Albtraum, von der Angst, der Diktator, seine Vollstrecker und das ganze Regime könnten eines Tages zurückkommen und sich blutig an denen rächen, die seinen Sturz gefeiert haben. Das Umkippen der Denkmäler vor übrigens herzlich wenig Augenzeugen und die Eroberung der Paläste des Diktators waren Symbole. Das physische Ende der intimsten Diktaturgehilfen ist handfest und final.

      An diesem Befund waren jedoch gewisse Zweifel aufgekommen. Dass Kusai und Udai sich am selben Ort verstecken, entspricht nicht gerade den Regeln der Konspiration und passt auch nicht recht zu ihrer nachgewiesenen Rivalität in den vergangenen Jahren. Zu viele sichere Tipps der einschlägigen Dienste über den Aufenthalt der Gesuchten haben sich seit Kriegsbeginn als falsch erwiesen, mit tödlichen Folgen für Unbeteiligte. Das bewies nichts gegen die Mosuler Erfolgsnachricht vom Dienstag, aber es sollte nicht ganz vergessen werden.

      Die Toten hat der frühere Privatsekretär Saddam Husseins identifiziert, der erst vor wenigen Wochen festgenommene Hamid Mahmud al-Tikriti. Die Anwesenheit des früheren Saddam-Sekretärs in Mosul ist eine allzu glückliche Fügung, um ohne Nachfrage durchzugehen. Zudem hat er, einer der im Mai Meistgesuchten, Grund genug, sich bei den Siegern um deren Sache verdient zu machen. Und das Kopfgeld von rund 30 Millionen Euro hat sich der Tippgeber, ein angeblich naher Verwandter der Hussein-Familie, sicher nicht ungern verdient. Zahnanalysen sollen nun am Mittwoch die Zweifel an der Identifizierung beseitigt haben.

      Angenommen also, der "Enthauptungsschlag" ist diesmal gelungen, anders als bei den Raketen- und Bombenangriffen auf Villen, Bunker und Märkte in Bagdad zu Kriegsbeginn - hat sich an der politischen Lage in Irak dann wirklich Grundsätzliches geändert? Die Besatzungsbehörden scheinen davon auszugehen. Sie halten den fortdauernden Widerstand erstens für eine Serie von Anschlägen unter dem direkten oder indirekten Kommando des alten Regimes und zweitens für eine auf das "sunnitische Dreieck" begrenzbare Erscheinung. Das ist zu kurz gedacht.

      Die Opposition reicht tiefer. Sie wird durch das Versagen täglich neu erzeugt, die Bevölkerung mit Wasser, Elektrizität und Arbeitsplätzen zu versorgen. Der von den Besatzungsbehörden eingesetzte Regierungsrat ohne greifbare Regierungsverantwortung hat nicht das Vertrauen der Mehrheit. Und die Anschläge auf die Besatzungstruppen und ihre Vertrauenspersonen werden augenscheinlich auch von Personen verübt, die eine Wiederkehr Saddams und seines Regimes eher zu fürchten als zu erhoffen haben.

      Der Krieg ist nicht an dem Tage beendet worden, an dem Präsident George W. Bush bei seiner spektakulären Flugzeuglandung auf einem Flugzeugträger vor der Westküste der USA den Sieg ausrief. Er ist nur in eine andere Gestalt geschlüpft, und die beginnt allmählich einem vietnamesischen Wiedergänger zu ähneln. Noch gibt es Unterschiede. Es gibt nicht die organisierte Kraft im Untergrund und hinter einer Grenze, die mit einem revolutionären Befreiungsprogramm zielbewusst und geschlossen für den Umsturz wirbt. In Vietnam war sie bis zum bitteren Beweis des Gegenteils als Befreiungskraft glaubwürdig, weil sie sich auf ein einheitliches Nationalbewusstsein stützte und soziale Reformen verhieß. Ihr Programm wirkte als positive Handlungsanleitung. Ihre politische Glaubwürdigkeit verlor sie wesentlich später als die US-Regierungen.

      Doch über welche Glaubwürdigkeit kann in irakischen Augen eine Besatzungsmacht verfügen, die nach dem Nachweis ihrer unendlichen militärischen Überlegenheit nun den zweiten Nachweis täglich liefert, dass es ihr an einem Friedensprogramm bitter mangelt? Kann sie glaubwürdig im Frieden auftreten, nachdem sie ihre Kriegsgründe so oft änderte wie der Mond seine Phasen und zum Überfluss noch dem belegbaren Vorwurf der Unwahrhaftigkeit ausgesetzt ist?

      Über den Stolz und die Würde der Iraker haben sich die ersten Vortrupps der siegreichen Truppen erheblich gewundert. Sie waren darauf nicht vorbereitet und sind es auch jetzt noch nicht. Sie handeln von oben herab, verletzend, weil sie vom kulturellen Hintergrund der Iraker nicht viel wissen. Diese Beobachtung betrifft nicht nur die unter ungewohntem Klima und ohne sichere Hoffnung auf baldige Heimkehr Dienst schiebenden Soldaten. Sie betrifft auch die Staatsführungen der Siegermächte, die der USA mehr als die Großbritanniens. Die Besatzung als zivilisatorische Mission zu verstehen ist Missachtung einer bestehenden Zivilisation, so sehr sie unter der Saddam-Diktatur auch geknechtet und vergewaltigt worden ist.

      Fällt nun die Angst weg, Saddam und seine Söhne könnten wiederkehren, so fallen auch die Hemmungen, sich den Besatzern zu widersetzen. Die Möglichkeiten einer unbelasteten Opposition wachsen. Es entspräche der zweiten Phase in Vietnam.

      © Frankfurter Rundschau 2003, 24.07.2003




      Latif Yahia über Udai:
      Viele Informationen über Udai Hussein stammen von Latif Yahia, der von 1987 bis 1991 dessen Double war, dann nach Europa floh und 1994 sein Buch "Ich war Saddams Sohn" erstmals veröffentlichte.

      Über Vater und Sohn:
      "Machte Udai als Kind etwas falsch, wurde er von seinem Vater mit einem Eisenrohr geschlagen. Zeigte er sich ängstlich, zwang Saddam ihn, Videos über Hinrichtungen und Folterungen anzusehen."

      Über Udai und Frauen:
      "Udai verschwindet mit zwei Frauen in seinem Zimmer. Er lässt die Tür offen, und so können alle zusehen, wie er die Frauen fesselt, wie er mit einem Elektrokabel auf sie einschlägt und zwischendurch immer wieder auf den Fernseher schaut. Er hatte nämlich zuvor eine Pornokassette in den Recorder geschoben, so dass jetzt sadistische Pornoszenen zu sehen sind. […] Udai liebt diese Videokassetten, er hat hunderte davon."

      Latif Yahia, Karl Wendl: "Ich war Saddams Sohn", 304 S., Goldmann Verlag 2003



      Latif Yahia wurde u.a. der Kiefer gebrochen, damit die Zähne genau so abstehen wie bei Udai.
      Nach dem Attentat welches Udai zum Krüppel machte, flüchtete er.



      Was der Tod der Söhne den Amerikanern im Irak bringt, sieht man täglich.
      Was er Bush in Amerika bringt, wird man sehen.
      Was bringt er dem Irak selbst? Speziell den ca. 100.000 Mann, die die beiden ehemals befehligten?
      Avatar
      schrieb am 07.08.03 12:30:35
      Beitrag Nr. 45 ()
      Bagdad (dpa) - Vor der jordanischen Botschaft in Bagdad ist eine Autobombe explodiert. Nach Angaben von Augenzeugen sind mindestens zehn Menschen ums Leben gekommen. Fünf von ihnen sollen irakische Polizisten sein, die die Botschaft bewachten. Die Fassade des Gebäudes wurde zerstört. Wer hinter dem Anschlag steckt, ist noch nicht bekannt. Anhänger des alten Regimes hatten Ägypten und Jordanien nach dem Krieg des Verrats bezichtigt. Es war der schwerste Anschlag in Bagdad seit dem Sturz des Regimes von Saddam Hussein.


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