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    Brauchen wir eine katholische Partei? - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 07.02.05 09:38:49 von
    neuester Beitrag 08.02.05 10:43:26 von
    Beiträge: 13
    ID: 951.428
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      schrieb am 07.02.05 09:38:49
      Beitrag Nr. 1 ()
      Die folgende Glosse des Kölner Kabarettisten Jürgen Becker (,,Stunksitzung") spricht einige Kernprobleme der Deutschen Misere an:

      -----------------------------------------------------------

      Glosse

      Tusch statt Dax

      Die Gesellschaft braucht keine neue linke Partei, sondern eine katholische. Denn eindeutig katholisch ist das rheinische Motto: Wenig Arbeit, viele Feste - dat is immer noch dat beste.


      Von Jürgen Becker

      Nun gründen enttäuschte Gewerkschafter und Sozialdemokraten tatsächlich eine Partei links von der SPD. Sind inzwischen nicht alle Parteien links von der SPD? Wer in Talkrunden noch echte linke Agitation hören will, wartet auf Heiner Geissler. War der nicht eher ein Rechter? Rechts und links taugen heute als Pole auf dem politischen Kompass so viel wie Weihnachten und Biergarten. Drum schlage ich einen begrifflichen Austausch vor: katholisch und protestantisch! Mit diesen beiden Wörtern kann man viel besser beschreiben, um was es in der Wirtschaft, in der Gesellschaft und in der Politik zur Zeit geht: um Glaubensfragen im Kapitalismus.
      Der Unterschied ist offenkundig. Die Katholiken leben nach dem Motto: "Jetzt gehn wir erstmal in den Puff, da haben wir das schon mal aus dem Kopf!" Das heißt: Sünde ist gut, man kann es ja hinterher beichten. So ist auch der Karneval in vorwiegend katholischen Gegenden zuhause. Heinrich Böll definierte das so: "Wir müssen unterscheiden zwischen Karneval und Fasching. Fasching können sie, wenn sie wollen, ignorieren. Den Karneval, zum Beispiel in Köln, können sie nicht ignorieren. Sie können sich allenfalls aus der Ansteckungszone entfernen."
      Nun entfernen wir alle uns immer mehr aus der Ansteckungszone des katholischen Karnevalismus. Grund ist der protestantisch asketisch-puritanisch geprägte amerikanische Kapitalismus, der uns nun durch die Globalisierung die ausschweifende Prunksitzung verhagelt. Das muss man sich mal klar machen: Wir machen im Jahr etwa sechs Wochen Urlaub - und zusätzlich gehen an den fünf tollen Tagen zigtausende Werktätige nicht zur Arbeit, sondern zum Zoch oder zum Saufen. Der Amerikaner macht insgesamt nur eine Woche Urlaub. Nicht im Monat, im Jahr! Das ist pure Askese. Die fünf tollen Tage sind dem Ami sein kompletter Jahresurlaub.
      Hinzu kommt, dass der Protestant die Beichte abgeschafft hat. Die Sünde ist nicht mehr so leicht zu löschen, sie soll erst gar nicht geschehen. Nehmen wir doch mal die schönste Sünde im Kapitalismus überhaupt, die wir kennen: das Krankfeiern. Was für ein Wort! Man ist krank, aber man feiert diese Widrigkeit des Lebens, weil sie einen doch vorrübergehend von der Last der Arbeit befreit. So etwas kennt der Amerikaner gar nicht. Wenn sie dem sagen: Illparty oder Sick-Festival, da kann der nichts mit anfangen. Das gibt es nur bei uns. Und ist aus dem Karneval entstanden. Wer bis morgens um fünf gefeiert hat, kann schwerlich um sechs auf der Arbeit sein. Dann feiert man lieber weiter. Krank.
      Höhepunkt des lebensfeindlichen, protestantisch-amerikanischen Kapitalismus ist die Börse. Dort geht schon beim bloßen Verdacht einer Sünde der Finger nach unten, der Kurs sinkt Richtung Hölle, wenn die Heilsmaschine der Anleger nicht so läuft, wie die strenge Liturgie des Parketthandels das verlangt. Es regiert Calvin, der in Genf forderte: Nutze jede Stunde! Deshalb ist die Schweiz heute das Zentrum der Uhrenindustrie. Dieser inhumane Schwachsinn gehört auf den Scheiterhaufen des Karnevals. Gegen die Börse ist jede Vorortsitzung eine nie versiegende Quelle der Aufklärung. Schunkeln statt Shareholder Value! Dann fällt endlich auch der Fingerzeig weg auf das angebliche Hauptübel, dem Klotz am Bein unserer Volkswirtschaft: die fünf faulen Länder! Nichts ist unzutreffender: Wer hat denn vor mehr als 40 Jahren in nur wenigen Stunden eine halbe Stadt zugemauert? Die protestantischen Preußen in Berlin. Im Katholischen Köln etwa hat man für eine einzige Kirche gut 600 Jahre gebraucht, für den Dom. In Köln hätte man die Mauer niemals abgerissen, die wär noch gar nicht fertig.
      Wat lernt uns dat janze? Wir brauchen keine neue linke Partei, sondern eine katholische! In Köln übersetzt man SPD bereits heute mit Suffe Poppe Danze. Am Reichstag wurde ein Satz von Albert Einstein enthüllt: "Der Staat ist für die Menschen, nicht die Menschen für den Staat." In der Wirtschaft ist man von der Weisheit abgerückt. Die Menschen sind für die Gewinne da, aber die Gewinne immer seltener für die Menschen. Also stürmt die Frankfurter Börse! Nutzt das revolutionäre Potenzial der Gonzbach Lerchen! Hoch lebe der Karneval nach dem katholischen Motto: Wenig Arbeit, viele Feste - dat is doch immer noch dat Beste!

      Buchtipp: Jürgen Becker: Da wissen Sie mehr als ich. Das Mysterium des Rheinischen Kapitalismus, Kiepenheuer & Witsch, Köln 2004, 7,90 Euro.


      Quelle: Frankfurter Rundschau (Nr. 29), Seite: 25 (online nur als e-paper erhältlich)
      Avatar
      schrieb am 07.02.05 10:44:10
      Beitrag Nr. 2 ()
      Die Konversation des frustrierten SPD-Politikers während der "Stunksitzung" mit den Wählern, in diesem Fall mit den Narren, fand ich ebenfalls sehr unterhaltend.:D
      Avatar
      schrieb am 07.02.05 11:12:05
      Beitrag Nr. 3 ()
      Ich glaube nicht nur D sondern das ganze Old Europe könnte eine Agnostisch-Ökumenische Partei ganz gut gebrauchen.

      Und als passende alt tradierte Volksweisheiten fände ich:
      Von nix kommt nix!
      Vor dem Ernten hat die Schöpfung das Bestellen der Felder gesetzt.
      Wenn Arbeiten kann kann auch Feiern, und umgekehrt.
      Avatar
      schrieb am 07.02.05 11:20:49
      Beitrag Nr. 4 ()
      Brauchen wir eine katholische Partei?

      Wir haben doch die CDU.:eek:
      Avatar
      schrieb am 07.02.05 11:30:32
      Beitrag Nr. 5 ()
      Warum überhaupt parteien???

      Die mehrheit der wähler gilt als politisch dumm.

      Wenn die parteien die mehrheit dieses dummen stimmviehs erreichen wollen, müssen sie die mehrheit der dummen für sich gewinnen.

      Wie so etwas gemacht wird kann man jeden tag und besonders am inhalt der staatskasse erleben.

      Warum wird nun von der besagten volksmehrheit mit diesen üblen erfahrungen immer und immer wieder nach neuen parteien gerufen???

      Man könnte aus deutschland eine firma in form einer ag machen und diese mit fähigen managern, auch aus dem ausland, effizient verschlanken und konkurenzfähig und damit erfolgreich zum wohle aller machen.

      Und als passende alt tradierte Volksweisheit fände ich nur eine akzeptabel:

      Wer nicht arbeitet, kriegt auch nix zu fressen...

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      Avatar
      schrieb am 07.02.05 11:37:58
      Beitrag Nr. 6 ()
      @ Nannsen zitiert Stalin :rolleyes:

      Wer nicht arbeitet, kriegt auch nix zu fressen...
      Avatar
      schrieb am 07.02.05 11:42:32
      Beitrag Nr. 7 ()
      @ rv: #1 wurde vor einiger zeit im WDR Fernsehen gezeigt. Jürgen Becker ist einfach genial :). Einer meiner Lieblingssprüche von ihm ist folgender:

      Was ist der Unterschied zwischen Kapitalismus und Kommunismus? Im Kapitalismus beutet der Mensch den Menschen aus, im Kommunismus ist es genau umgekehrt :D;)
      Avatar
      schrieb am 07.02.05 11:45:59
      Beitrag Nr. 8 ()
      Nannsen(5),
      Da Kollege gezwirbelt offensichtlich gerade durch eine Betriebsversammlung gebunden ist und nicht in der Lage ist mit einem angemessenen jungewelt.de Artikel zu antworten liefere ich den längst fälligen Hinweise auf den üblen Sozialdarwinismus der neoliberalen NeoCons.
      :D

      Aber im Ernst, die ersten Technokratenregierungen gibt es ja bereits, man blicke nur in die Slowakei. Die tun der Wirtschaft und somit der leistungswilligen Bevölkerung recht gut, allerdings haben die alle dasselbe Problem:
      a) die Mehrheit der Bevölkerung braucht einen Glauben (glauben kann man alles ohne Anstrengung, Wissen und eigene Meinung muss man sich erarbeiten, deshalb ist Glauben für die denkfaulen Menschen der Mehrheit so attraktiv)
      b) Technokraten neigen in ihrem Eifer dazu, auf die wirklich Erwerbsunfähigen (damit meine ich nicht Gewerkschafter (=unwilligen), sondern zB schwer behinderte Menschen) zu vergessen. Das kommt idR auch nicht gut an.
      c) die Technokratenregierungen die ich bislang gesehen habe sind allesamt leider nicht sehr gut in der Disziplin Tu Gutes und sprich darüber. Womit es wahrscheinlich ist dass sie wieder durch Populisten abgewählt werden die dann das Geld wieder verprassen welches die Technokraten aufgebaut haben...

      Was immer sich der Herrgott beim Menschen gedacht hat, bei den anderen Lebewesen auf dem Planeten hat er sich mehr Mühe gegeben...
      Avatar
      schrieb am 07.02.05 11:52:40
      Beitrag Nr. 9 ()
      Die Linken können sich von der katholischen Soziallehrehttp://www.nrw-online.de/kmw/kab/htm/f_kath_sozial.htm ausser der guten Laune, sowieso eine dicke Scheibe abschneiden, vor allem von einem seiner Kerngedanken, dem Subsidiaritätsprinzip.

      "Subsidiarität, subsidiär = unterstützend, ist ein Prinzip, das dem Einzelnen in Selbstverantwortung den Vorrang vor dem Kollektiv einräumt Jeder Lebenskreis soll alle Aufgaben in eigener Vollmacht und Initiative leisten, die er seinem Wesen nach zu erfüllen hat. Was Angelegenheit der Familie ist, soll Sache der Familien bleiben und nicht von anderen Institutionen übernommen werden. Andererseits sollen die übergeordneten Gemeinwesen den unteren helfen, daß sie ihren Aufgaben nachkommen können. Auch der Staat hat nur subsidiären Charakter in Gesellschaft und Wirtschaft, dh er soll sich auf die ihm eigenen Aufgaben beschränken und nicht die Rechte des einzelnen und die der natürlichen Lebensgemeinschaften und Wirtschaftsformen verletzen. Das gleiche gilt für den föderativ gegliederten Staat selbst."
      Avatar
      schrieb am 07.02.05 12:23:56
      Beitrag Nr. 10 ()
      prinz

      Wenn nach dieser logik dann die von mehrheitlich idioten gewählten populistischen volksvertreter regieren, darf man da bereits von einer idiotenherrschaft sprechen????

      Oder wäre es korrekt zu sagen, die regierenden reflektieren die sie wählenden????

      Wenn dies so wäre, dann müste man mit begeiterung m.e. sofort als minimal maßnahme zum preußischen 3 ständewahlrecht zurückkommen.

      Warum hat man dies eigentlich mal abgeschafft. War das zu erfolgreich oder war es der fuutterneid von ( siehe oben) politikern die mit aller macht an die futtertröge drängten???


      Fragen über fragen??
      Hatten die alten römer recht???

      Die schweine wechseln, aber die tröge bleiben..
      Avatar
      schrieb am 07.02.05 12:27:56
      Beitrag Nr. 11 ()
      Ratzinger soll das Land retten. Jetzt ist alle zu spät. Lest mal (im Internet erhältlich) die Ergüsse von Kardinal Lehmann zum Sozialstaat

      http://www.kath.de/bistum/mainz/bischof/Lehmann/leh_silveste…

      http://www.bistummainz.de/bm/opencms/sites/bistum/bistum/kar…

      Die Pfaffen-Variante von Hartz IV. Außerdem ist es ja sowieso besser, wenn es den Leuten nicht so gut geht, dann sind die Kirchen voller.
      Avatar
      schrieb am 07.02.05 12:36:51
      Beitrag Nr. 12 ()
      Nannsen,

      Wenn nach dieser logik dann die von mehrheitlich idioten gewählten populistischen volksvertreter regieren, darf man da bereits von einer idiotenherrschaft sprechen????

      Nun, Idiotenherrschaft ist ein wenig wertend (ohne dass ich dieses Urteil persönlich in Frage stellen möchte), aber ist sie zumindest nicht demografisch repräsentativ? Sprich, sind die Politiker nicht einfach nur Abbild der Gesellschaft von der sie gewählt werden? (man blicke sich zB um im Forum um diese Vermutung bestätigt zu wissen)

      Eine `Lösung` könnte ja zB darin bestehen, dass man die mehrheitlich Bescheuerten nach Glaubensrichtung geografisch trennt und je Gruppe die jeweilige Politik in abgegrenzten Räumen selbst ausbaden lässt. Das hat man in D ja schon mal mit BRD und DDR probiert. Allerdings hatte das Konstrukt ein paar kleine Fehler:
      a) der Westen konnten nicht so einfach jene in den Osten schicken die wo die BRD kaputt machen wollten
      b) aus dem Osten dürften jene nicht so einfach raus, die eigentlich lieber den Westen kaputt machen wollten
      Am Schluß hat dann die BRD geglaubt sie hätte die DDR übernommen und wir sehen heute immer mehr, dass eigentlich die DDR die BRD übernommen hat. Und sich dabei übernommen.

      Ansonsten theoretische Lösungsansätze sind ja schon viele diskutiert worden. Von der Wahlmündigkeit (die man nur gegen Nachweis einer bestandenen Prüfung in Wirtschafts-, Sozial- und Staatskunde erhält) statt dem Wahlrecht, oder auf der anderen Seite die Beendigung des Umstands dass der Politikerberuf der einzige (und interessanterweise trotzdem völlig überdotierte) Beruf ist, der nicht den mindesten Befähigungsnachweis erfordert. Zur Bewegung eines kleinen Lagerstaplers braucht es einen Staplerführerschein, zur Verwaltung der Finanzen von >80 Mio Bürgern reicht es, wenn man bei Partei, Gewerkschaft ist und idealerweise vorher Lehrer war.

      Der praktische Lösungsansatz ist immer der dass sich die Nettozahler eines Systems dann Länder mit Regierungen suchen, die weniger bescheuert sind als jene wo sie geboren sind.
      Avatar
      schrieb am 08.02.05 10:43:26
      Beitrag Nr. 13 ()
      Nannsen,

      auch man diesen Thread eher karnevalistisch wertet:

      Mit Idiotenherrschaft, dem Betrauern des Klassenwahlrechts und dem Stalinzitat hast du dich endgültig demaskiert. Plutokrat und Stalinist - schöne Mischung.
      ------------------------------------


      RomulanischesAle:

      Ein Nachtrag zu dem ,,Lieblingsspruch" aus #7: Der stammt nicht von Jürgen Becker, sondern wurde schon in den 70er Jahren als Witz über die DDR erzählt.
      Die Lehrerin in Ostberlin erklärt den Kindern den Kapitalismus:
      ,,Im Kapitalismus beutet der Mensch den Menschen aus. Und wie ist das im Kommunismus?" Fritzchen: ,,Da ist es genau umgekehrt."


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