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    Die europäische Retrokultur - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 20.06.05 15:00:25 von
    neuester Beitrag 21.06.05 00:20:19 von
    Beiträge: 16
    ID: 988.353
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      schrieb am 20.06.05 15:00:25
      Beitrag Nr. 1 ()
      Wie Deutschland und Europa mit ihrer Zukunft umgehen, ist schön am Beispiel einer jungen Forscherin dargestellt... nachzulesen im Feuilleton der heutigen FAZ auf Seite 35:

      Amerika liebt Stephanie
      Europa, Nanoröhrchen und Genies: Die Folgen des Chaos in Brüssel für eine junge Forscherin

      Die Krise Europas ist nicht nur in Brüssel zu besichtigen. Zwar war es kein Verzweiflungsgipfel, der im Magnus-Haus direkt gegenüber dem Berliner Pergamon-Museum stattfand, sondern eine hübsche, beschwingte Feierstunde. Es gab Wein und Häppchen, und man plauderte munter. Doch der Lebensweg der Gefeierten, der Nanophysikerin Stephanie Reich, versinnbildlicht, woran Europa krankt. Die junge Frau ist, zumindest legten das die ehrfürchtigen Lobreden und der Small talk nahe, ein Genie auf ihrem Feld. Von den Kohlenstoff-Nanoröhrchen, die sie erforscht, heißt es, sie seien die Grundbausteine der nächsten industriellen Revolution. Das frühere Wohngebäude des Physikers Gustav Magnus, zugleich das erste physikalische Institut in Deutschland, war deshalb der angemessene Ort, um die Wissenschaftlerin zu feiern. Siemens und Schering haben hier bei Magnus gebüffelt und anschließend die letzte industrielle Revolution entscheidend geprägt.

      Über die ein millionstel Millimeter dünnen Nanoröhrchen, mit denen Kleinstkosmen gebaut werden können, hat Reich in ihrer kurzen Karriere sechzig Publikationen veröffentlicht. Gemeinsam mit zwei Kollegen hat sie ein Buch geschrieben, das inzwischen als Standardwerk gilt und von Nachwuchsforschern auch in Asien und Amerika verschlungen wird. Sie hat ihre Laufbahn an der TU Berlin begonnen und im britischen Cambridge fortgeführt. Doch als sie sich bemühte, in Deutschland eine feste Anstellung zu bekommen, erwies sich dies als mühsam bis unmöglich. Zuwenig Stellen, verknöcherte Strukturen, Angst des akademischen Establishments vor der Exzellenz des Nachwuchses. So stellte sich die Lage dar. Bis nun der Anruf aus Amerika kam, vom Massachusetts Institute of Technology (MIT). Dort hatte sich Stephanie Reich nie beworben, doch man hatte von ihr gehört und wollte sofort in ihre weitere Entwicklung investieren. Die MIT-Strategen boten ihr eine Professur an, sie unterschrieb und erhielt binnen Minuten Dutzende Willkommensmails ihrer neuen Kollegen. Wieder ein Genie weniger auf dem alten Kontinent. Und so war die Verleihung des Nachwuchspreises der Physikalischen Gesellschaft zu Berlin zugleich eine Abschiedsfeier. Zu den Gästen zählte Vater Jens Reich, der Bioinformatiker.

      Bisher hatte es geheißen, die EU wolle der Abwanderung solcher jungen Talente entgegenwirken. Doch just als der Nanoforscherin zum Abschied aus Europa gratuliert wurde, fielen in Brüssel sämtliche Beschwörungsformeln der Verjüngung und der technologischen Erneuerung Interessen zum Opfer, die dem neunzehnten Jahrhundert entstammen. Nicht darum wurde gestritten, wer den größten Batzen an den Forschungsausgaben der EU erhält, sondern darum, wer seine Schafzüchter und Milchbauern am großzügigsten alimentieren kann.

      Um das Unsittengemälde dieser Retrokultur zu vervollständigen, fehlten eigentlich nur die historischen Accessoires - Chirac mit der Mistgabel, Schröder mit Holzpantoffeln. :laugh: So ausgerüstet könnte man sie in das Europa-Disneyland stellen, das die amerikanischen und asiatischen Fern- und Vergangenheitsreisenden in Zukunft aufsuchen dürfen. Soeben hat ein indischer Magnat vier Großraum-Airbusse gekauft. An Publikum wird es also nicht mangeln.

      Europa ist eine große Idee, nicht nur eine Geldverteilungsmaschine. Doch wofür das gemeinschaftliche Geld ausgegeben wird, wirkt zurück auf die Wahrnehmung der EU. Daß Forschung und Technologie, die man getrost unter "Zukunft" rubrizieren kann, den Regierungschefs der Staaten bisher 4,4 Prozent ihrer Ausgaben wert sind und eine Steigerung auf sechs Prozent nun für unmöglich gehalten wurde, weil Chirac und Schröder das Geld ihren Bauern versprochen haben, erscheint grotesk. Natürlich ist die EU-Krise größer als diese Frage, und natürlich hat das Scheitern in Brüssel zahlreiche Gründe. Doch eine Gemeinschaft, deren Strategen zwar wie von Naturgesetzen sprechen, wenn sie Indien und China als künftige Weltmächte bezeichnen, die aus diesen Ländern schwärmerisch zurückkommen ob der vielen jungen Hochqualifizierten, denen die Alterungsstatistiken Europas von ihren Stäben stets aktualisiert vorgelegt werden, die dann aber die Wettbewerbsfähigkeit der Milchbauern als Krisengrund akzeptieren, steht als Groteske da. Nichts anderes als eine Umkehr der Verhältnisse, also sechzig Prozent Ausgaben für Forschung, 4,4 Prozent für Agrarisches, würde beweisen, daß die erhöhte Umdrehungsgeschwindigkeit des Planeten und das, was sie für die Jungen in Europa bedeutet, verstanden ist.

      Es ist keineswegs sicher, daß eine junge Frau wie Stephanie Reich nicht nach Amerika ginge, wäre das deutsche oder das europäische Forschungsbudget höher. Doch daß die Interessen der jungen Generation, von Forscherinnen wie Reich, so gar keine Rolle spielen, wenn die älteren Herren sich zur Krise treffen, daß die "Lissabon-Strategie" und wie all die Innovationspläne heißen, schlicht vergessen wurden, dürfte ankommen. Wer so behandelt wird, mag sich ideell von Europa abwenden :rolleyes: - oder nach Cambridge/Massachusetts ziehen. CHRISTIAN SCHWÄGERL
      Avatar
      schrieb am 20.06.05 15:11:34
      Beitrag Nr. 2 ()
      "...Nicht darum wurde gestritten, wer den größten Batzen an den Forschungsausgaben der EU erhält, sondern darum, wer seine Schafzüchter und Milchbauern am großzügigsten alimentieren kann.
      ..."

      :eek:

      Sieht es innerhalb von D so viel anders als als in der EU-Politik ?

      :confused:

      In D streitet man sich über Rente mit 65 oder 67, über Hartz IV, Gesundheitsprämien oder über sonstwas.

      Bei den Ausgaben für Forschung, Bildung und Technologie fällt D dagegen immer weiter zurück, während Staaten wie Südkorea und USA genau in diesen Bereichen massiv investieren !

      Da kann sich jeder ausrechnen wohin es mit D in den nächsten Jahren gehen wird...
      Avatar
      schrieb am 20.06.05 15:27:34
      Beitrag Nr. 3 ()
      Unsere jungen hochqualifizierten Forscher, die auf unsere Kosten an unseren Universitäten auf Weltspitzen-Niveau ausgebildet wurden werden in die USA vertrieben

      wo sie den technischen und wissenschaftlichen Vorsprung der USA ausbauen und vergrößern

      und Rot-GRÜN bemüht sich intensiv um Zuwanderer aus Anatolien und Afrika.
      Avatar
      schrieb am 20.06.05 15:44:31
      Beitrag Nr. 4 ()
      Letzte Business Week (vom 20.6) enthielt die Top 100 High Tech Unternehmen. Der erste deutsche Laden kam so um Position 72 herum und nennt sich Deutsche Telekom oder so aehnlich :laugh: .

      Vorletzte Business Week (13.6.) enthielt eine sehr interessante Geschichte zu den product pipelines der Biotech Unternehmen. Immerhin wurde 1x Bayer erwaehnt, aber das war`s dann schon. Die Post geht auf dem Gebiet fast ausschliesslich bei US-Firmen oder den US-Niederlassungen Schweizer Firmen ab.
      Avatar
      schrieb am 20.06.05 15:48:10
      Beitrag Nr. 5 ()
      ...das hatte man sich so schön gedacht,.....ein Europa der
      kleinen Sonnenkönige zu installieren. Wo die Blätter voll
      sind mit grossen Gesten , gravitätischem Rumkucken und
      wichtigem Männchen-machen..... und unter Umgehung von
      "Denen-Da-Ganz-Unten" , .......................den Wählern....
      "Hallo Jaques, heute schon wieder deine Milchbauern mit unserem Geld gefüttert ?
      Ja prima, dafür sind unsere Kajuffen zu Hause auch da, machen wir doch gerne ...!"
      "da wollen doch welche, dass wir Geld für Nano verballern. Das kann man ja noch nich ma sehen...!"

      "nix da, die Devise heisst, was man nicht sieht kriegt auch nix.....Es reicht doch schon wenn die Bürokratie produziert was man nicht beäugen kann."
      ...hauptsache wir präsidieren wie die Weltmeister...!

      "...also wir zahlen, und ihr nehmt , ....und dieses Nano kommt uns nicht ins Haus..., wäre ja noch schöner, ich bin schon nano genug...."

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      schrieb am 20.06.05 15:48:21
      Beitrag Nr. 6 ()
      #3

      Demnächst dürfen die dann auch noch Studiengebühren ab dem 1. Semester dafür abdrücken, dass sie anschliesend aus dem technologiefeindlichen D vertrieben werden...

      :mad::cry:
      Avatar
      schrieb am 20.06.05 15:48:50
      Beitrag Nr. 7 ()
      #4

      wird wohl BAYER USA gewesen sein... ;)
      Avatar
      schrieb am 20.06.05 15:51:55
      Beitrag Nr. 8 ()
      [posting]16.936.749 von wassermann1978 am 20.06.05 15:00:25[/posting]Wie Deutschland und Europa mit ihrer Zukunft umgehen, ist schön am Beispiel einer jungen Forscherin dargestellt...

      Das kann ja nichts mit der Zukunft werden! Wenn alle jungen Frauen als Forscherinnen arbeiten.

      Wer bekommrt denn dann noch die Kinder?
      Avatar
      schrieb am 20.06.05 15:57:58
      Beitrag Nr. 9 ()
      [posting]16.937.351 von DresdnerBeobachter am 20.06.05 15:51:55[/posting]Na ja die Daheimgebliebenen, die mit Waschbrett und in Holzpantinen die Waesche mit Kernseife traktieren ... :laugh: :laugh: :laugh: :laugh:
      Avatar
      schrieb am 20.06.05 16:13:21
      Beitrag Nr. 10 ()
      Und hier (BW 13.6.) wird das Ende der Retrokultur (wahrscheinlich ein bisschen voreilig) angekuendigt ...

      DEATH OF THE FRENCH-GERMAN IMPERIUM
      From the EU`s beginnings shortly after World War II, France and Germany have called the shots. That was understandable. After all, if those two old enemies situated at the heart of Europe didn`t get the ball rolling, the EU and its predecessor organizations would have been stillborn. And for many years, France and Germany had the two biggest and strongest economies.

      No more. While the French and German economies are sputtering, leaders in new member countries such as Slovakia and Poland are growing at much faster rates and no longer see France and Germany as positive economic models. Countries that have enacted deep reforms to juice up their economies, such as Finland and Ireland, have been seething as France and Germany modified the rules on fiscal discipline that everyone pledged to support as a basis for European monetary union. The Franco-German team, still clinging to notions of national protectionism, has even scolded governments such as Poland and Ireland for luring investment with low-tax schemes that render "core Europe" and its high taxes increasingly unappealing. "The competitive countries are losing patience," says Ann Mettler, executive director of the Lisbon Council, a Brussels group that lobbies for the structural economic reforms that EU leaders embraced during a summit in 2000 but have largely failed to achieve. "You cannot allow the big countries to keep holding them back. If some countries choose to self-destruct -- well, let them."

      Exactly. The constitution was largely the handiwork of French and German elites. Now that it has hit the rocks, the influence of Germany and France in the councils of Europe could wane. So could the voice of Brussels, which many in Europe have seen as a branch of Franco-German policy. "The Franco-German engine exists more on paper than in reality," says Alexander Stubb, a member of the European Parliament from Finland. "The new member states, the Nordic states, and the U.K. will push for economic change." British Prime Minister Tony Blair, for example, plans to press ahead with an economic reform agenda when Britain takes over the EU presidency on July 1. The potential Franco-German setback plays into the next scenario:
      Avatar
      schrieb am 20.06.05 16:20:48
      Beitrag Nr. 11 ()
      #3,

      für die USA sind die vielen gut ausgebildeten Wissenschaftler aus dem westlichen Ausland doch ein Gottesgeschenk:

      Geburt, Schule, Studium, Hochqualifizierung bis zur Weltspitze sind alles hohe Kosten, die zB Deutschland trägt. Danach bringen diese Wissenschaftler nur noch Gewinn,

      und dann beginnt die Ernte und es kommen die Angebote aus den USA. Sie suchen sich nur die Besten aus und der Erfolg kann sich sehen lassen:

      Die Nobelpreise für technisch-wissenschaftliche Leistungen gehen hauptsächlich in die USA, die Meisten der Ausgezeichneten sind "Eingekaufte".
      Avatar
      schrieb am 20.06.05 16:46:08
      Beitrag Nr. 12 ()
      # 2 Blue Max:

      Genau so ist es. Man schaue sich nur mal an, wieviel Geld Deutschland jedes Jahr in Bildung und Forschung (=Zukunft) investiert und wieviel in Steinkohle, Rente und Pflege (=Vergangenheit) verkonsumiert wird... :mad:

      # 10 QCOM:

      Schöner Artikel aus der BW, QCOM! Nur befürchte ich auch, daß ein Ende der Retrokultur noch in weiter Ferne liegt. Ich glaube kaum, daß die EU zu wirklichen Reformen in Sachen Agrarpolitik (im Klartext: radikale Kürzung, am besten Streichung der Agrarsubventionen) gelangen wird. Schließlich würden und werden die neuen EU-Staaten, in denen ganze Regionen ausschließlich von der Landwirtschaft leben, davon auch profitieren, zumindest auf den ersten Blick.

      Die vorgebliche Bereitschaft der neuen EU-Staaten am Freitag, im Interesse einer Einigung über den Finanzrahmen auf einen Teil der Agrarzahlungen zu verzichten, war doch nur vorgeschoben. Das kauft ihnen niemand ab.

      Es grüßt Dich (und die anderen natürlich auch) herzlich...
      der wassermann1978 :)
      Avatar
      schrieb am 20.06.05 16:48:44
      Beitrag Nr. 13 ()
      #12

      Dazu kommen dann noch Windmühlen, Fahrradbeauftragte...

      :mad::cry:
      Avatar
      schrieb am 20.06.05 16:50:11
      Beitrag Nr. 14 ()
      # 5 wolaufensie:

      Köstlitsch! :laugh: :laugh: :laugh:
      Avatar
      schrieb am 20.06.05 17:17:28
      Beitrag Nr. 15 ()
      Dazu kommen noch die ganzen sinnlosen Auslandseinsätze der Bundeswehr. Milliarden über Milliarden...

      Immer weniger in Bildung und Wissenschaft. Wir werden bald ein Volk von Prollern! Proll-TV voraus!

      Morgens zum Sozialamt, mittags Vera am Mittag, nachmittags Demonstrieren für Besitzstände.

      Wir werden alle bald so dumm sein, das uns alles egal ist. Ich blicke optimistisch in die Zukunft. Ich hole schon mal meine Keule aus dem Keller...
      Avatar
      schrieb am 21.06.05 00:20:19
      Beitrag Nr. 16 ()
      Die Gelehrtenlady wollte auch nur einen steuerfinanzierten Arbeitsplatz.

      Wieso soll ich den finanzieren?

      Hoffentlich kommt sie nicht wieder,


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