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    Warum die Indizes fallen werden. - 500 Beiträge pro Seite (Seite 7)

    eröffnet am 12.03.02 01:46:04 von
    neuester Beitrag 07.08.05 13:04:25 von
    Beiträge: 4.083
    ID: 564.203
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      schrieb am 06.06.03 15:28:22
      Beitrag Nr. 3.001 ()
      Avatar
      schrieb am 06.06.03 15:38:29
      Beitrag Nr. 3.002 ()
      Der 3000er ist ein dickes Dankeschön an bluemoons!:yawn:
      Avatar
      schrieb am 06.06.03 17:07:14
      Beitrag Nr. 3.003 ()
      Die EZB wird mutiger – aber sie hat noch einen gewaltigen Lernprozess vor sich
      (06.06.2003)

      Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihren Hauptrefinanzierungssatz, auch Leitzins genannt, am 5. Juni um 50 Basispunkte auf das Rekordtief von 2 Prozent gesenkt. Das ist die Nachricht.

      Doch was steht hinter dieser Nachricht? Die EZB hat sich den Realitäten gebeugt. Diese Realitäten sind eine immer weiter verfallende Konjunktur, zunehmende Deflationsgefahren besonders in Deutschland, die anhaltende Reformunwilligkeit der Realpolitik und die Aufwertung des Euro.

      Wim Duisenberg, der Präsident der EZB, scheint unter dem Druck der Realitäten mutiger geworden zu sein. Jedenfalls hat er bei der Erläuterung der Zinssenkung eingeräumt, er könne nicht sagen, dass dies der letzte Schritt gewesen sei. Im Klartext: Der Leitzins wird weiter zurückgenommen.

      Die EZB räumt inzwischen selbst ein, dass die Inflation im Euroraum 2004 wahrscheinlich "erheblich" sinkt. Hinter dieser Erwartung steht auch die konjunkturelle Schwäche, aber vor allem die starke inflationsdämpfende oder, klarer gesagt, deflationsträchtige Aufwertung des Euro (siehe Japan).

      Würden die Verantwortlichen in der EZB denken wie ihre Kollegen in der amerikanischen Notenbank (Fed), so müssten sie angesichts der für 2004 vorgezeichneten Perspektiven rasch handeln, um die Attraktivität des Euro zu mindern. Der einfachste und billigste Weg zu diesem Ziel würde über noch niedrigere Zinsen führen, und zwar weit im Vorfeld des Punktes, von dem an es wirklich gefährlich wird.

      Ob das in der gegenwärtigen Situation noch funktionieren würde, kann niemand sagen. Aber es wäre einen Versuch wert. Wenn es nicht klappen sollte, könnten ja immer noch "unkonventionelle" Wege gewählt werden, über die die Fed bereits seit Ende vergangenen Jahres laut nachdenkt.


      Arnd Hildebrandt

      Herausgeber


      ------------------------------------------

      Wussten Sie schon, dass...?
      (06.06.2003)

      Eine Abwertung des amerikanischen Dollar um 10 Prozent würde zwölf Monate später nur 0,2 Prozentpunkte zum Wachstum des Bruttoinlandsprodukts in den USA beitragen.


      (Quelle: Merrill Lynch)

      taurosweb.de
      Avatar
      schrieb am 06.06.03 17:17:48
      Beitrag Nr. 3.004 ()
      Wie man Kleinanleger (r)ausquetscht

      Wolf-Dieter Roth 06.06.2003
      Ein neues Gesetz macht es leicht, störende Aktienbesitzer loszuwerden


      Firmen brauchen Aktienkäufer als nützlichen Idio..., pardon Geldgeber. Doch wenn sich die Firma und der Kurs gut entwickeln, wollen die Großanleger all die Omis wieder loswerden, die in der Hauptversammlung immer so blöde Fragen stellen. Nichts leichter als das!



      Im Internet-Hype wurden alle möglichen und unmöglichen Aktien angeboten. Den Geist von 1999 und 2000 optimal getroffen hatte die Seite Heyidiot.com, in der ein virtuelles Team ein virtuelles Produkt mit ebenso virtuellen Maschinen herstellte und daher auch virtuelle Aktien anbot, die man sich dann selbst downloaden und ausdrucken konnte. Obwohl so rein virtuell und effektiv konstruiert, ging Heyidiot.com dann im Jahr 2000 doch reell offline.





      Manche Dinge funktionieren allerdings durchaus online, beispielsweise die Führung von Girokonten und - nicht virtuellen - Aktiendepots. Das inzwischen in Ehren ergraute Btx wurde ja allen Unkenrufen zum Trotz nicht wegen der überteuerten Sexchats, sondern wegen der Möglichkeit der Kontoführung von zuhause doch noch erfolgreich. Dies ist übrigens auch der einzige Teil, der von Btx heute noch übrig ist und läuft. Anbieter wie die Noris- bzw. Quelle-Bank boten andererseits schon 1990 die telefonische Führung von flexiblen Anlagekonten, die dem klassischen Sparbuch überlegen waren. Für diese war es deshalb nur eine logische Erweiterung, beim Erfolg von Consors & Co. ebenfalls Aktiendepots und Internet-Zugriff mit ins Sortiment aufzunehmen, sich in Entrium umzubenennen und an die Börse zu gehen.

      Im Gegensatz zur hypegesteuerten Consors lief das Geschäft bei Entrium bis heute solide - bis auf die Sache mit den Aktien. Diese hatten im Hype auch kurz die 70-Euro-Grenze überschritten, doch danach ging es wieder in Richtung Ausgabewert (16,50 Euro) zurück und schließlich darunter. Kein Grund zur Sorge allerdings, denn schließlich lag ein solides Geschäft zugrunde.


      Wer als Inhaber eines Entrium-Kontos auch Entrium-Aktien gezeichnet hatte, konnte eigentlich zufrieden sein. Deshalb war auch die italienische Bank Bipop-Carire daran interessiert, die Entrium-Aktien zu übernehmen. Von der Schickedanz-Gruppe und -Familie erhielt man 68% der Aktien, und die restlichen Aktionäre bekamen das Angebot, Entrium-Aktien zu einem damals durchaus attraktiven Kurs in Bipop-Aktien tauschen zu können. Die meisten nahmen dieses Angebot daher auch an. Nur ein Prozent der Entrium-Aktien war nun noch im Besitz von Kleinaktionären, der Rest gehörte Bipop-Carire und alle waren zufrieden.

      Zwischendurch wechselte der Name der italienischen Bank zu Fineco Group S.p.A. Italienische Banken sind jedoch nicht unbedingt stabiler, als es die Lira einst war: Der Kurs stürzte ab und die ehemaligen Entrium-Aktionäre ärgerten sich nun, dass sie ihre Aktien umgetauscht hatten.

      Als die italienische Bank immer knapper bei Kasse wurde, musste sie Anlagen abstoßen. Das einzige, was verkaufbar war, waren nun ausgerechnet die Entrium-Aktien. Entrium wird deshalb nun an den Konkurrenten Diba gehen. Doch störte beim Verkauf ähnlich einer nicht "entmieteten" Immobilie nun das eine Prozent Aktien, das die verbleibenden "Sturköppe" von Kleinaktionären in der Hoffnung auf bessere Zeiten weiter hielten. Diese sollten nämlich auf gar keinen Fall nun mit zur Diba wechseln und so möglicherweise doch noch den Kursverlust umgehen können.


      Da half ein erst im Januar 2002 neu eingeführtes Gesetz weiter: Ein sogenannter Squeeze-Out ermöglicht es ab 95% Aktienbesitz, die Halter der verbliebenen Restaktien nach Beschluss in einer Hauptversammlung einfach auszuzahlen. Der Preis wird hierbei von Sachverständigen bestimmt, doch ist es schwierig, einen Marktwert anhand des Kurses zu bestimmen, wenn nur noch wenige Prozent der Aktien tatsächlich im Markt sind.

      Bei Entrium wurden die verbliebenen Aktionäre dann auch prompt deutlich übervorteilt: In der Hauptversammlung am 15. April 2003 wurden als Abfindung gerade 9,30 Euro pro Aktie festgelegt, obwohl die Aktie zu diesem Zeitpunkt bereits bei 9,70 Euro stand und das Angebot somit ganz offensichtlich unvorteilhaft war. Das gab natürlich Stunk. Gegenanträge verlangten 28 Euro.

      Einzige Folge bisher: Die Zwangsauszahlung derer, die nicht schon vor der bewussten Hauptversammlung verkauft haben, ist noch nicht geschehen, und die Aktie ist sogar wieder auf 11 Euro gestiegen. Dass die verbliebenen Aktionäre mit einem blauen Auge aus der Sache herauskommen, ist allerdings nicht zu erwarten: Ihnen wird der Kursverlust mit hoher Wahrscheinlichkeit trotzdem aufgebrummt.

      Das Gerede von den "Volksaktien" ist somit Makulatur: Wenn in Aktienwerten wirklich etwas steckt, dann werden die Großanleger die Kleinanleger hinauswerfen. Die Taktik der Vergangenheit, die Sache einfach auszusitzen und auf wieder steigende Kurse zu warten, ist nicht mehr möglich. Dass dies nicht nur dem einzelnen Anleger, sondern auch dem Aktiengeschäft insgesamt schaden wird, ist offensichtlich.

      heise.de
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      schrieb am 06.06.03 17:23:56
      Beitrag Nr. 3.005 ()

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      Avatar
      schrieb am 06.06.03 17:33:49
      Beitrag Nr. 3.006 ()
      Aktueller Marktkommentar (04.06.2003):

      „Der neue Bullenmarkt ist da!“

      Der DAX hat es nun über seine 200-Tage-Linie geschafft, der Nasdaq Composite gar seinen Abwärtstrend gebrochen: die Charttechniker sind begeistert und verkünden den neuen Bullenmarkt. Es werden in den USA bereits wieder Aktien wegen ihres Momentums gekauft, ohne den Hintergrund wirklich zu kennen. Internet- und Biotechnologiewerte sind wieder „in“ und steigen „wie in alten Zeiten“. Immer mehr Bären kippen in ihrer Meinung, denn zu offensichtlich ist die Stärke dieses Bullen. Doch es gibt verschiedene Aspekte, die weiterhin skeptisch stimmen sollten.

      So ist es zum Beispiel die Art der Anstiege, die zu denken geben sollte, denn sie lässt nur einen Schluss zu: hier findet in hohem Maße Distribution statt, das heißt, hier werden Aktienbestände an Kleinanleger und Trendfolger „abgeladen“. Eben darauf hatte ich in meiner letzten Kolumne hingewiesen: „Vielleicht sehen wir sogar noch leichte Kursgewisse durch die Trendfolger, doch die Rallye befindet sich definitiv in ihrem Endstadium.“ Doch woran lässt sich Distribution erkennen? Die Anstiege in den USA verlaufen fast täglich nach dem gleichen Schema: die Märkte werden erst über die leicht zu beeinflussenden Future-Märkte nach oben gezogen, dann gibt es nach Börsenbeginn eine schnelle Rallye und anschließend verharrt der Markt auf diesem Niveau bis zum Handelsende. Wie sonst könnte man Anleger überzeugen, in den Markt zu gehen, wenn nicht durch steigende Kurse? Sind Sie nicht auch schon nervös und glauben, den Einstieg am Boden verpasst zu haben?

      Die aktuelle Entwicklung ähnelt in fataler Weise dem Muster von April 1930, als der Markt 50% der Verluste von Ende 1929 wieder gutgemacht hatte. Von da an sollte der Markt zum eigentlichen Kursverfall ansetzen. Natürlich bin ich selbstkritisch genug, um meine bearishe Haltung regelmäßig zu überprüfen, doch das Ergebnis bleibt gleich: der Bärenmarkt ist noch nicht vorbei! Nachfolgend einige Aspekte, die mich an dieser Überzeugung festhalten lassen: die KGVs der US-Märkte sind weiterhin überzogen hoch (S&P 500: 31,4), die USA (Staat, Haushalte und Unternehmen) sind maßlos überschuldet, der Immobilienboom ist zu Ende, die Insider verkaufen massiv Aktien, der US-Dollar ist in einen langwierigen Abwärtstrend übergegangen, Kapazitäten können weiterhin nicht ausgelastet werden, die Q-Ratio von Tobin zeigt noch immer eine Überbewertung der Börsen an, das Sentiment ist extrem bullish, der Ölpreis steigt wieder, ab 2004 sollen an Mitarbeiter ausgegebene Aktienoptionen zwingend als Aufwand verbucht werden,...

      Aktuell wird viel über Deflation gesprochen. Diese Thematik wurde an dieser Stelle erstmals im November 2001 behandelt und seit dem einige Male aufgegriffen. Die USA arbeiten ganz offensichtlich auf eine Inflation hin, doch dass dies so einfach nicht ist, zeigt Japan seit nun mehr einem Jahrzehnt. Ich halte es allerdings für möglich, dass wir beide Phänomene zeitgleich aber in verschiedenen Sektoren sehen werden: dort wo die Nachfrage keinen oder nur wenig Einfluss auf den Preis hat wird es eher steigende Preise geben, so zum Beispiel bei Strom, Versicherungsbeiträgen, Steuern oder Mieten. In anderen Bereichen wie Kfz, Elektronik, Lebensmittel, Kleidung, etc. dürften hingegen die Preise fallen. In der Summe wird sich daher womöglich kein echter Trend in den Indikatoren zeigen, doch das bedeutet nicht, dass eine Deflation damit abgewendet wurde. Ich vermute, dass der demografische Wandel gepaart mit einer Übersättigung der „westlichen Märkte“ eine Deflation vor allem auch bei Vermögenswerten unvermeidbar macht, so zum Beispiel an den Aktienmärkten. Wenn der Anteil der Alten in der Bevölkerung und damit die Belastung der Rentenzahler immer größer, die Rente hingegen jedoch immer kleiner wird, dann werden folglich die Alten eher Aktien verkaufen als kaufen und den Jungen wird das Geld für Aktien und/oder für Konsum fehlen. Ähnlich sieht es bei Immobilien aus, denn hier wird mit der Zeit ein großes Angebot auf den Markt kommen oder zumindest keine größere Nachfrage folgen. Auch daraus leitet sich die simple Botschaft ab: der Bärenmarkt der „westlichen Märkte“ wird noch sehr lange Bestand haben.

      Wenn wir uns das große Chartbild ansehen, so lässt sich eine SKS im Dow Jones erkennen, deren rechte Schulter gerade gebildet wird. Demnach könnte der Dow sogar noch bis auf 9.300 Punkte zulegen. Sollte dies passieren, würde unser DAX vermutlich sogar bis zu 3.300 Punkte erreichen, doch was danach kommen dürfte, sollte risikoscheue Investoren bereits jetzt von einem Investment abhalten. Ich nehme an, dass wir im Sommer ein sehr markantes Topp innerhalb des Bärenmarktes sehen werden.

      Marco Feiten
      04.06.2003
      http://www.new-sense.net/start.htm
      Avatar
      schrieb am 06.06.03 17:39:13
      Beitrag Nr. 3.007 ()
      Lügennebel

      von Charley Reese, USA

      Ich liebe die Fähigkeit dieser Administration, in Nebelschwaden von Unwahrheiten eingehüllt zu bleiben. Wenn man ihnen zuhört, läuft alles glänzend. Der Altgeneral Jay Garner und einige seiner Mitarbeiter sind ihrer Aufgaben im Irak enthoben worden, aber natürlich haben sie wunderbare Arbeit geleistet. Es herrscht immer noch Chaos, Mangel an sauberem Wasser und Elektrizität, es wird geplündert, aber der Wiederaufbau kommt mit grossen Schritten voran. Amerika ernährt die Iraker schlechter als Saddam Hussein, aber alle sind so glücklich, dass der Tyrann gegangen ist - doch, wohin er gegangen ist, wissen wir nicht. Vielleicht ist er bei Usama bin Ladin und Mullah Omar. Wir müssen uns keine Sorgen machen, das Paradies ist unterwegs.

      Und was al-Kaida anbelangt, das Netzwerk wurde dezimiert, verstümmelt und kampfunfähig gemacht - ausgenommen natürlich diejenigen Mitglieder, die in Saudi-Arabien gleichzeitig drei ausländische Siedlungen und ein Geschäftshaus in die Luft gejagt haben.

      In Afghanistan ist alles erste Sahne - ausser natürlich, dass es in auffallender Weise genau so unstabil und unterentwickelt aussieht wie vor einem Jahr. Präsident Bush hat sich auch zu seinem Fahrplan zum Frieden verpflichtet, es macht ja nichts, dass der israelische Premierminister Ariel Sharon es ablehnt, denselben anzuerkennen und Aussenminister Colin Powell wieder in Verlegenheit bringt, indem er schon zum Schlag gegen die Palästinenser ausholt, bevor der Minister den Staub Palästinas von seinen Schuhen abgeschüttelt hat.

      Und es gibt natürlich auch überhaupt keine Probleme bei der amerikanischen Wirtschaft, ausser dass eine weitere Runde Steuersenkungen noch fehlt. Die Fähigkeit dieser Administration, in einer Traumwelt zu leben, abgetrennt von der Realität, ist erstaunlich. Was habt ihr denn? Der sinkende Wert des Dollars ist gut für die amerikanischen Exporte. Und die Anwort auf die längste Reihe von Rekordhandelsdefiziten der Geschichte ist, mehr Freihandelsabkommen zu treffen; macht ja nichts, dass sie der eigentliche Grund für die Handelsdefizite sind.

      Manchmal denke ich, unser ganzes Land ist im Drogenrausch. Wie nett, dass Polen einen Drittel des Irak verwalten wird, vorausgesetzt natürlich, dass wir die Rechnung für das ganze Unternehmen bezahlen. Aber man muss doch treue Alliierte zu schätzen wissen, auch wenn sie völlig pleite sind und wir uns für ihre Unterstützung dumm und dämlich zahlen. Ich bin sicher, die Polen mit ihrer riesigen Erfahrung im Nahen Osten werden tolle Verwalter sein. Eine rein beratende Rolle für die Vereinten Nationen ohne ein Gramm Autorität ist natürlich «eine entscheidende Rolle». Zwar waren wir mit den UN-Waffeninspektoren ungeduldig, aber jetzt, da wir diese bisher noch mythischen Tonnen Massenvernichtungswaffen suchen, müssen die Menschen Geduld haben und begreifen, dass es vielleicht sogar Jahre dauern wird. Aber sogar wenn wir sie nicht finden, macht es ja nichts, dass alles, was wir sagten, um den Leuten den Krieg zu verkaufen, eine Lüge war. Immerhin sind wir einen Tyrannen losgeworden, obwohl wir ihn natürlich nur für eine bestimmte Zeit vertrieben haben. Wir werden natürlich kein Kind vernachlässigen. Die Kürzungen des Bundes im Erziehungswesen wegen eines aufgeblähten Bundesdefizits machen nichts, und mehr Kürzungen des Staates im Erziehungswesen wegen des Staatsdefizits machen auch nichts. Wir müssen nur etwas sagen, und dann ist es so. Wir sagen, wir werden die Ausbildung der Menschen verbessern und, Bingo, sie ist verbessert. Schliesslich wird eine Nation funktionaler Analphabeten den Unterschied nicht bemerken. Und schauen Sie nur einmal, wie wir die tolle «North-Atlantic-Treaty-Organization» ausgedehnt haben, genau bis an die Grenzen Russlands. Natürlich sind die neuen Mitglieder zu pleite, um Waffen zu kaufen, also müssen wir die Rechnung bezahlen, und dann gibt`s da noch das Problem des fehlenden Feindes. Macht nichts. Wir werden für die Nato etwas zu tun finden. Die Nato, wie jede andere Regierungsbürokratie, wird ewig leben, obwohl der Grund ihrer Existenz vor langer Zeit verschwunden ist.

      Wenn ich die Nachrichten verfolge, glaube ich manchmal Halluzinationen zu haben. Aber ich weiss, dass ich keine habe, denn ich bin so nüchtern wie ein Baptistenprediger des Südens am Sonntag morgen. Vielleicht gibt es - «Matrix»-Stil - ein doppeltes Universum. Die Bush-Administration lebt im einen und ich in einem anderen. Das wäre mir egal, ausser dass das Bush-Universum wahrscheinlich gravierendere Auswirkungen auf das Universum haben wird, in dem ich lebe, als ich - wie Millionen arbeitsloser Amerikaner jetzt herausfinden. Ah, wenn es doch Zauberworte gäbe. Dann könnten wir alle unsere Probleme lösen, indem wir einfach sagen, sie sind gelöst ...


      --------------------------------------------------------------------------------
      Todbringende Propaganda
      Wie kann man sie unschädlich machen?


      von Renate Hänsel, München
      Viele Menschen wissen oder ahnen heute, dass sie in bezug auf die grossen Fragen der Politik - Krieg, Sozialabbau, Einschränkung der Bürgerrechte - von Politikern und Medien manipuliert, ja belogen werden - mit gravierenden Folgen. Es bleibt aber nebelhaft, warum wir auf diese Propaganda eigentlich hereinfallen, denn die Unwahrheit gewisser Behauptungen liegt doch auf der Hand. Warum werden sie trotzdem akzeptiert?

      Wir empfinden irgendwie, dass sich die Art der sprachlichen Manipulation, mit der wir zum Beispiel von der Bush-Administration, aber auch von unseren eigenen Regierungen täglich eingedeckt werden, von der unterscheidet, die wir als Schüler und Studenten noch zu analysieren gelernt haben, zum Beispiel die der Sprache des «Stürmers» in Hitler-Deutschland oder die der berühmten Antonius-Rede am Grab des ermordeten Kaisers Julius Caesar, trotz gewisser Ähnlichkeiten.

      Um das Beispiel der Antonius-Rede aufzugreifen: Als Shakespeares Antonius an Caesars Grab immer wieder sagt: «Doch Brutus ist ein ehrenwerter Mann», meinte er natürlich das Gegenteil. Er will aber auch, dass seine Zuhörer merken, dass er an diesen Satz selber nicht glaubt. Deshalb wiederholt er ihn immer wieder in Zusammenhängen, die deutlich machen, dass Brutus ein Schurke ist. Die Zuhörer sollen stutzen und anfangen, daran zu zweifeln, dass es sich bei Brutus wirklich um einen Ehrenmann handelt. Auch heute sagen Politiker Dinge, die sie nicht wirklich meinen. Wo liegt also der Unterschied? Antonius verwendet zwar einen rhetorischen Kniff, aber einen, der nicht das Ziel hat, den Zuhörern das Gegenteil von dem als Realittät aufzubinden, was die Wahrheit ist. Eine Manipulation zwar, mit dem Ziel, das Denken der Menschen in eine bestimmte Richtung zu lenken, aber keine vollendete Täuschung, die darin besteht, dass die Menschen das Gegenteil von dem, was wahr ist - und zwar auch die allerdickste Lüge - glauben.

      Was macht die besondere Qualität der heutigen Propaganda aus?
      Charles Reese bringt in seinem Artikel «Lügennebel» einige Beispiele, die hervorragend geeignet sind, einen wichtigen Mechanismus der heutigen Propaganda zu verstehen: Die Bush-Administration behauptet: Im Irak läuft alles bestens; Amerika hat keine Wirtschaftsprobleme; alle amerikanischen Kinder bekommen eine gute Schulbildung ... Wir alle wissen, dass das Gegenteil wahr ist: Im Irak wird geplündert, in Bagdad werden Drogen gedealt, die Bevölkerung verzweifelt an Nahrungsmangel, verseuchtem Wasser, fehlender medizinischer Versorgung und Kriminalität, die Hälfte aller US-Amerikaner sind zumindest funktionelle Analphabeten. Wir kennen diese Art des Lügens auch aus Deutschland: Bei der Agenda 2010 handelt es sich angeblich um eine Sozial»reform» (Schröder) - in Wirklichkeit natürlich um einen Sozialabbau -, es unterliegt ihr eine «neue Form der sozialen Gerechtigkeit» (Renate Schmidt) - in Wirklichkeit schreiende Ungerechtigkeit, usw.

      Lügner setzen Regeln des demokratischen Diskurses ausser Kraft!
      Das besonders Infame dieser Propaganda ist, dass Aussagen nicht mehr begründet oder bewiesen werden. Der Präsident der USA oder einer seiner Vertreter behauptet irgend etwas, und es ist schon dadurch wahr, dass er es sagt - wie im Märchen «Abakadabra, du bist ein Prinz anstatt ein Frosch». Begründungen sind nicht nötig! Propagandalügen werden heute absichtlich und grundsätzlich nicht begründet. Würde der Lügner sie begründen müssen, käme er in grösste Schwierigkeiten; denn alle Fakten sprechen gegen das, was er behauptet.

      Was Deutschlehrer mit ihren Schülern mühsam erlernen und einüben als Beitrag zur Erziehung der Jugend zur Demokratiefähigkeit - zum Beispiel im Erörterungsaufsatz nie eine Behauptung aufzustellen, ohne stichhaltige Argumente dafür zu liefern, und nie ein Argument zu verwenden, wofür wir keine Belege haben -, tun Politiker, die Propaganda betreiben, gerade nicht. Sie setzen die Regeln des demokratischen Diskurses, ja der Logik, ausser Kraft.

      Bruch mit der Tradition vernünftigen Argumentierens ist gravierend!
      Werden sie nach einer Begründung für ihre offensichtlich haltlose Behauptung gefragt, z.B. von Journalisten, oder hält man ihnen vielleicht sogar ein Faktum entgegen, das ihre Behauptung ganz offensichtlich als falsch entlarvt, geben die Lügner dem Fragenden eins auf den Hut, qualifizieren ihn ab, machen ihn lächerlich, wechseln die Ebene und verweigern so die Begründung für ihre Aussage. Besteht er auf seiner Frage oder seinem Widerspruch, wird er kaltgestellt. Und dieses freche Bubenstück funktioniert! Je dicker die Lüge, je frecher die Verweigerung einer Begründung, je dreister ein Zweifler oder Fragesteller abserviert wird, desto eher glaubt der Zuhörer oder Zuschauer die Lüge. Wir gehen davon aus, dass die PR-Berater unsere Regierungsoberhäupter diese Taktik gelehrt haben. Was können wir dagegen tun?

      Lügen müssen aufgedeckt werden, bevor sie Tatsachen schaffen!
      Heute wurde einer beim Lügen ertappt: Der stellvertretende Verteidigungsminister Wolfowitz sagte in einem Interview, dass man sich bei der Begründung des Irak-Krieges «aus bürokratischen Gründen» auf die Massenvernichtungswaffen als Kriegsgrund «konzentriert» habe, dass der wesentliche Kriegsgrund aber ein anderer gewesen sei. Viele Zeitungen empörten sich, Rumsfeld und Blair dementieren; die Frage aber ist, ob sonst noch etwas geschieht? Oder ob die Menschen diese Rechtfertigung des nun offenbar gewordenen Lügens auch noch schlucken. Als ob er diesen Skandal vorausgeahnt hätte, schreibt Reese: «Es macht ja nichts, dass alles, was wir sagten, um den Leuten den Krieg zu verkaufen, eine Lüge war. Immerhin sind wir einen Tyrannen losgeworden ... ».

      Das bedeutet aber, dass das Aufdecken der Lüge im nachhinein nichts mehr nützt: Tausende irakische Zivilisten, Zehntausende Soldaten mussten ihr Leben lassen, ein Land und seine Einrichtungen wurden zerstört. Die Lüge hat Tatsachen geschaffen, Konsequenzen nach sich gezogen, weil die Bürger sich haben belügen lassen und nicht «nein» gesagt haben: «Nein, wir glauben euch nicht, dass Saddam Hussein mit dem 11. September etwas zu tun hat, nein, wir glauben es nicht, dass wir akut bedroht sind, denn unsere Inspektoren haben keine Massenvernichtungswaffen gefunden. Nein, wir halten einen solchen Krieg nicht für richtig, wir sind dagegen, wir machen nicht mit.» Zu wenige haben so reagiert, zu viele haben die Lügen geglaubt. Wir müssen es also schaffen, die Lügen rechtzeitig zu entlarven und ihren Mechanismus allen verständlich zu machen. (wird fortgesetzt)



      Artikel 4: Zeit-Fragen Nr.20 vom 2. 6. 2003, letzte Änderung am 3. 6. 2003
      Zum Artikel-Anfang: auf den roten Balken klicken!
      Avatar
      schrieb am 06.06.03 17:41:54
      !
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      Avatar
      schrieb am 06.06.03 17:45:41
      Beitrag Nr. 3.009 ()
      Berlin

      Spiel mit dem Fallbeil

      Ein Finanzexperte entwickelt offenbar einen Plan zur Entschuldung des Landes durch eine Art Insolvenz.




      Finanzexperten prüfen derzeit, ob Berlin durch eine Insolvenz gerettet werden könnte — ähnlich, wie es der IWF zur Entschuldung zahlungsunfähiger Staaten machen will. Dies berichtet der Spiegel vorab.

      Dazu müssten im Berliner Fall nach vorausgegangenen Gesetzesänderungen die Gläubiger - allen voran Banken - auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten.

      Den Plan entwickele ein leitender Bediensteter der Berliner Finanzverwaltung. In einer Studie über "Berlin und seine Schulden" rege der Autor Hans Willi Weinzen diese Radikalkur an, zu der auch die Zwangsfusion von "Pleiteländern" mit reicheren Nachbarn gehöre.

      (sueddeutsche.de)
      Avatar
      schrieb am 06.06.03 17:50:48
      Beitrag Nr. 3.010 ()
      #3005 Der Teil mit der Propaganda
      War alles schon im Buch "Psychologie der Massen" von LeBon 1897 beschrieben.
      Und die Menschen haben sich in der historisch gesehen kurzen Zeit anscheinend noch nicht weiterentwickelt.
      An der Wahrheit kann keiner verdienen, daher ist sie unpopulär.
      Time will tell ;)
      Avatar
      schrieb am 06.06.03 18:33:41
      Beitrag Nr. 3.011 ()
      Verkehrte Welt

      von Jochen Steffens

      Gold steigt, der Euro steigt, die Kurse steigen. Alle Gesetze scheinen für kurze Zeit aufgehoben. Naja, nur für kurze Zeit. Gerade fällt der Euro wieder, und auch Gold hat wieder etwas abgegeben. Aber die Märkte steigen weiter.

      Natürlich muss man sich um den US-Arbeitsmarkt keine Sorgen machen. Nur weil die Arbeitslosenrate im Mai von 6,0 auf 6,1 % angestiegen ist. Sie lag doch im Rahmen der Erwartungen. Gut, der höchste Stand seit 1994. Ignorieren. Zumal: Die Zahl der Beschäftigten ist schließlich um 17.000 zurückgegangen. Hier wurde ein Rückgang um 30.000 bis 50.000 erwartet.

      Gerüchte, Spekulationen, und Dementis. Auch typisch für eine Top-Phase. So wurde heute wieder einmal das Gerücht gestreut, die Hypovereinsbank will die Commerzbank jetzt übernehmen (ich weiß nicht das wievielte Mal dieses Gerücht bereits gestreut wurde). Diesmal muss es doch stimmen! Die Anleger lernen es wohl nie. Natürlich dementiert sowohl Commerzbank wie auch die Hypovereinsbank sofort. Warum sollte die Hypovereinsbank auch gerade jetzt die Commerzbank übernehmen? Aber beide Kurse steigen deutlich und Irgendwer wird zu guten Kursen rausgekommen sein. Das alte Spiel.

      Intel ist heute dafür verantwortlich, dass die Technologieaktien anziehen. Intel erwartet einen Umsatz im zweiten Quartal zwischen 6,6 Mrd. bis 6,8 Mrd. Dollar. Damit läge dieser Umsatz in den Analystenerwartungen. Auch die anderen Prognosen blieben in den Erwartungen. Natürlich ein gefundenes Fressen für die Bullen. Die Prognosen werden erfüllt, auch wenn die Nachfrage nach Kommunikationschips schwach bleibt.

      Apropos Fressen. Das große Fressen beginnt. Die Großen Fressen die Kleinen, die sich gerade an anderen noch Kleineren vollgefressen haben. Eine gute Zeit für Übernahmen. Das hatte sich wohl Peoplesoft gedacht und unlängst die Übernahme des US-Unternehmens JD Edwards angekündigt. Doch jetzt soll das gefräßige Unternehmen selber gefressen werden: Der weltweit zweitgrößte Softwarekonzern Oracle hat gerade ein Kaufangebot für Peoplesoft über 5,1 Mrd. Dollar angekündigt. 16 Dollar je Aktie will Oracle bezahlen. Lustig ist, dass SAP heute aufgrund dieser Nachricht zulegen kann. Aber das ist ein häufig beobachteter Prozess. Sobald eine Branche "positiv" ins Blickfeld rutscht, wird alles gekauft was nicht niet- und nagelfest ist. Okay für SAP entsteht ein neuer wirklich ernstzunehmender Konkurrent, aber ist es nicht positiv zu bewerten, dass sich die Branche nun "vereinfacht". Und natürlich wird Oracle durch die Übernahme erst mal ziemlich Integrationsschwierigkeiten bekommen, die sich kurzfristig positiv für SAP auswirken könnten. Da muss man doch kaufen, oder?

      Die Märkte laufen weiter. Der Dax auf den Weg zum nächsten Widerstand bei 3160 Punkten. Erneut werden heute wohl wieder nicht die Umkehrsignale bestätigt. Sie werden, wie die anderen bereits, schlichtweg überrannt. Diesmal soll wohl auch wirklich das letzte Schäfchen auf die Bullenkoppel getrieben werden. Dabei ist sie eigentlich schon voll.

      Ich weiß, eigentlich sollte ich es besser wissen. Aber mich verblüfft es immer wieder. Mich hat es Anfang 2000 verblüfft (obwohl damals war ich dabei), mich hat es im Oktober 2001 verblüfft (die Rallye nach dem 11. September). Mich hat es im Winter 2002 gewundert, als der Dax seine Seitwärtsbewegung nach oben verließ (vielleicht erinnern sich einige von Ihnen noch daran). Und es verblüfft mich auch jetzt wieder. Sie fragen sich, was mich verblüfft? Na, die Bullen, die voller Gier und Euphorie auch noch in solchen Situationen Aktien kaufen, als gäbe es nie wieder welche. Die, die es wieder nicht gelernt haben – die Letzten, die zu Höchstkursen mit Freude anderen die Aktien aus den Händen reißen und sich wundern, wenn sie dann leise hören: Hey, mach das Licht aus!

      Aber ich hatte 2000 Recht damit, dass es übertrieben war, auch 2001 habe ich davor gewarnt, im August habe ich die Oktober-Rallye vorhergesagt und auch davor gewarnt, dass sie im Winter völlig übertrieben war. Auch diesmal habe ich, die Rallye gesehen. Aber auch diesmal sitze ich hier und bin wieder verwundert.

      Aber dieses eine Mal habe ich sicher Unrecht? Darf ich ehrlich sein? Ich weiß es nicht! Aber ich weiß, dass es kein günstiger Zeitpunkt ist, um Aktien zu kaufen. Selbst wenn diese Rallye weiter gehen sollte. Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie derjenige sind, der als Letzter das Licht ausmacht, ist einfach zu groß. Ich würde zumindest auf eine Konsolidierung warten. Aber ich wiederhole mich. Oh, ich sehe gerade, der S&P auf über 1000 Punkte. Beachtlich.

      Wie bezeichnend, dass ausgerechnet jetzt die Produktion des Symbols der Wirtschaftswunder eingestellt werden soll. An einem Zeitpunkt, wo wir vielleicht die letzte große Rallye für die nächsten 15 Jahre sehen. Passt doch? Im Juli soll der letzte VW-Käfer vom Band rollen. Über 21,5 Millionen VW-Käfer wurden gebaut. Eine Erfolgsstory geht zu Ende.
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      Allianz fliegt aus dem Global Titans 50

      von Jochen Steffens

      Die Allianz fliegt aus dem Index der 50 weltweit größten Werte. Aber auch AT&T , Sony, Credit Suisse, Axa und Tyco International sollen den Index verlassen. Aufsteigen sollen Dell , Abbot Laboratories, Wyeth, ENI , Eli Lilly und HBOS. Nun sind von den deutschen Aktien nur noch Siemens und DaimlerChrysler in diesem Index vertreten. Allianz lag nach Marktkapitalisierung im Moment nur noch auf Platz 88. Die Grenze liegt bei 70. Mit anderen Worten wer unter den ersten 70 liegt, fliegt auf jeden Fall aus dem Index.

      Easyjet mit kräftigem Passagierzuwachs

      Der britische Billigflieger Easyjet konnte seine Passagierzahlen im Mai mal eben verdoppeln. So stieg die Zahl der Passagiere um 95,9 % auf 1,8 Mio. Der Sitzladefaktor, eine Kennzahl die die Kapazitätsauslastung anzeigt, ist von 82,1 % im Vorjahr auf nun 83,5 % gestiegen. So gut die Zahlen auf dem ersten Blick auch aussehen, ein großer Teil dieses Anstiegs hängt mit Übernahmen zusammen.

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      Ebay erhöht Gebühren

      von Jochen Steffens

      Das Internet-Auktionshaus ebay wird seine Gebührenordnung ändern. Grund ist ein neues EU-Gesetz, dass von Internet-Firmen fordert, für alle verkauften Produkten und Dienste Mehrwertsteuer zu erheben. Es geht um das Ungleichgewicht zwischen Firmen, die in Europa ansässig sind und Steuern zahlen und außerhalb von Europa ansässigen Unternehmen.

      Doch Ebay will nicht nur die Gebühren erhöhen sondern auch die Verkaufsprovision erhöhen. Kritiker weisen darauf hin, dass durch die neue Gebühren die Steuereinbußen deutlich übersteigen. Analysten erwarten einen Rückgang bei den Verkäufen über Ebay. Eine schwierige Situation. Noch kann sich Ebay als unangefochtener Marktführer eine Erhöhung leisten. Aber mit jeder neuen Erhöhung steigt die Gefahr, dass unbemerkt einer der kostenlosen Anbieter für Internetauktionen zu stark wird.

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      Probleme mit dem Dollar ...

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      "Greenspan sagt, dass die US-Wirtschaft für einen Aufschwung bereit ist", so eine Bloomberg-Schlagzeile.

      Auch anderswo haben die Nachrichten wieder einen positiven Klang. Der Dow Jones steht wieder über der Marke von 9.000 Punkten. Damit hat er fast 40 % seiner Verluste (gemessen seit dem Top) wieder wettgemacht. Die Aktien des S&P 500 haben jetzt ein durchschnittliches KGV von 31. Wenn Ihnen diese Zahl zu hoch erscheint, dann deshalb, weil ein so hohes Niveau niemals vor 1998 erreicht wurde. Und nachdem diese Nachwehe der Spekulationsblase vorüber ist, wird es vielleicht nie wieder erreicht werden.

      In diesem Jahr sollen 5,59 Millionen bestehende Häuser verkauft werden (Schätzung der National Association of Realtors) – das wäre ein neuer Rekord. Die Leute beleihen ihre Häuser auch rekordverdächtig. Das macht alles Spaß. Und warum sollte man sich Sorgen machen? Mr. Greenspan sagt uns, dass wir nichts außer der Furcht selbst zu fürchten haben. Welcher Idiot würde Angst haben, dass eine Deflation oder eine Inflation droht?

      Und voilà, liebe(r) Leser(in), hier ist dieser Idiot. Ich meine mich damit. Aber ich habe weniger Angst, als dass ich puzzle, weil ich versuche, die Teile zusammenzufügen ... und mich frage, wie das alles enden wird.

      Denn während die amerikanischen Investoren auf dem Deck des Schiffes "USA" tanzen, haben die Jungs im Maschinenraum Probleme. Der Schiffsrumpf hat ein Leck, und die Dollar-Ballen – der hochwertige Kraftstoff, der das Schiff vorwärts treibt – werden etwas nass.

      Die Financial Times berichtet, dass der Dollar bereits jetzt ein Drittel seines Wertes gegenüber dem Euro verloren hat. Gegenüber dem Gold hat der Dollar ca. 40 % an Wert verloren. Ist das bereits das Ende der Fahnenstange? Hat der Dollar bereits seinen Boden erreicht – ohne dass es jemand bemerkt hätte?

      Das amerikanische Handelsbilanzdefizit ist immer noch da ... und es befinden sich immer noch Billionen Dollar in den Händen von nervösen Ausländern. Und die US-Schulden und Defizite verschlechtern sich noch.

      "Wir sind auf dem besten Weg in eine Währungskrise, diesen Sommer" so ein Analyst zur Financial Times. Zwischen 1985 und 1987 verlor der Dollar 57 % seines Wertes gegenüber der Deutschen Mark. Zumindest vergleichbare Verluste würde ich vom aktuellen Zyklus erwarten. Aber ich kann mir nicht helfen, mich zu fragen: Ist dieser Dollar-Abschwung zyklisch ... oder endgültig?

      Diese Frage kam mir nicht das erste Mal in den Sinn, und dazu passend habe ich einen Kommentar von Alex Wallenwein gelesen: "Jetzt, wo der Euro a) existiert und b) die internationalen Finanzmärkte und die Zentralbankreserven bereits markant penetriert hat, und c) nicht signifikant an Wert verloren hat, sondern alle `Verluste` wieder aufgeholt hat, ist die Bühne frei für einen kompletten Übergang vom Dollar zum Euro als DER internationalen Reservewährung der Welt."

      "Dieser Prozess wird nicht plötzlich stattfinden, denn ein kompletter und schneller `Crash` der US-Wirtschaft würde zu viele Länder treffen, die von ihren Exporten in den US-Markt abhängig sind. Deshalb müssen sich zuerst die Exportrouten ändern. Deshalb wird die US-Wirtschaft eher langsam leiden, in eine graduelle Rezession gleiten, mit graduellem deflationären Druck, der sich zuerst à là Japan ausüben wird (was gerade passiert), was die Fed mit einer Mammut-Inflation bekämpfen will – was aber eventuell zu einer Hyperinflation führen wird."

      Natürlich sind das nur Vermutungen von Mr. Wallenwein, er rät nur – wie der Rest von uns. Aber seine Vermutungen sind genauso gut wie die von Mr. Greenspan. Vielleicht besser.
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      Jetzt offiziell: Der Bärenmarkt ist vorbei

      von unserem Korrespondenten Eric Fry in New York

      Die US-Aktien mögen teuer sein, aber machen Sie sich nicht die Mühe, das den amerikanischen Kleinanlegern zu sagen. Die lieben es nämlich, teure Aktien zu kaufen – und noch höhere Kurse stimulieren nur ihren Kaufimpuls.

      Deshalb ist es jetzt offiziell – der Bärenmarkt ist vorbei ... genau rechtzeitig, um einen neuen Bärenmarkt zu starten! Der Bärenmark ist vorbei, technisch gesprochen, dank der Tatsache, dass die größeren Indizes sich um mindestens 20 % (gemessen an den letzten Tiefs) erholt haben.

      "Ding Dong, der Bärenmarkt ist tot", so verkündete eine Schlagzeile des Toronto Globe and Mail. "Die Investoren fassen sich an den Händen ( ...) und zelebrieren das Ende des böse alten Bärenmarktes."

      Der Nasdaq hat seinen Tiefs letzten Oktober fast 45 % zugelegt, der Dow hat 20 % gewonnen, der marktbreitere S&P 500 25 %.

      "Das trifft die technische Definition eines Bullenmarktes, einen Anstieg von 20 %", so der Toronto Globe and Mail. "Aber schafft dieser Anstieg den Riechtest?"

      Gute Frage, aber die Antwort hängt davon ab, wer "riecht". Für die Bullen hat die aktuelle Rally das angenehme Aroma einer wirtschaftlichen Erholung. Aber für die Bären riecht der derzeitige Anstieg nach Überbewertung und einem Bärenmarkt déjà vu ... haben wir nicht schon mehrere Bärenmarktrallys in den letzten drei Jahren gesehen – und bei jeder tanzten die Bullen – nur, um danach zu sehen, wie alle Gewinne wieder abgegeben wurden?

      "Die großen Indizes schossen nach den ersten Einbrüchen des 11. September 2001 wieder nach oben", so der Toronto Globe and Mail. "Der Dow legte zwischen September und Januar 2002 25 % zu, der S&P 500 stieg 20 % und der Nasdaq 45 %. War das der Beginn eines neuen Bullenmarktes? Kaum. Im Frühjahr 2001 stiegen diese Indizes innerhalb eines Monats um fast 20 %, der Nasdaq sogar um 35 %. War das die Geburt eines neuen Bullenmarktes? Weit gefehlt."

      "Es gibt wenig objektive Beweise dafür, dass sich die Lage der US-Wirtschaft – oder sogar der Weltwirtschaft – dramatisch verbessert. Neben dem Kriegsende und einigen hilfreichen Ereignissen wie dem Kursverfall des Dollar gibt es wenig, dass die derzeitige Situation 30 % bis 40 % besser macht, als sie es im Oktober war ... das dritte Jahr in Folge hat der Aktienmarkt jetzt in der ersten Jahreshälfte einen Anstieg der Kurse gesehen, weil mit einer Wirtschaftserholung im zweiten Halbjahr gerechnet wurde – und wir wissen, wie dieser Film die ersten zwei Male geendet hat. Wird es beim dritten Mal ein Happy End geben? Wird sich die US-Wirtschaft nicht nur erholen, sondern mit einer gesunden Geschwindigkeit durchstarten? Sie sollte das besser – denn die Investoren bezahlen dafür bereits."

      Sie zahlen tatsächlich dafür. Denn basierend auf allgemein anerkannten Buchungsprinzipien hat der S&P 500 ein KGV von 31,4 – Ende März lag dieser Wert noch bei 27,5. Vor 1998 lag das durchschnittliche KGV NIEMALS über 30. Warum sollte das diesmal so sein? "Es ist beunruhigend zu sehen, wie überzogen die Bewertungen in einigen Bereichen geworden sind", so CNN/Money. "Rich Bernstein von Merrill Lynch betont, dass die besten Sektoren mit der besten Performance im S&P die Technologiewerte und die zyklischen Konsumaktien waren. Aber gerade diese beiden Gruppen kämpfen immer noch mit den Exzessen, die in den späten 1990ern aufgebaut wurden, und sie arbeiten weit unter ihren potenziellen Kapazitäten. Gleichzeitig erhalten die Sektoren, die näher an der vollen Kapazitätsauslastung dran sind – wie Versorger und Energieunternehmen – wenig Aufmerksamkeit durch die Investoren."

      "Die Leute zahlen die Preise von Luxusautos für Standardautos", so Bernstein. "Wie zu Zeiten der großen Spekulationsblase ignorieren die Leute die Fundamentals."
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      Aktienmarktprognosen sind nicht unmöglich

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      *** Mein alter Freund Mark Hulbert hat ermutigende Nachrichten für die, die versuchen, die Richtung der Aktienkurse vorherzusagen: Das ist nicht unmöglich!

      "Überraschende Neuigkeiten übers Timing ... eine neue akademische Studie hat herausgefunden, dass eine nicht insignifikante Zahl von Börsenbriefen dazu fähig ist, die Entwicklungen am Aktienmarkt erfolgreich zu timen. Das ist überraschend ( ...), denn jahrzehntelang war es im Elfenbeinturm (an den Universitäten) als Fakt angesehen, dass erfolgreiches Markt-Timing unmöglich sei. Kein Doktorand, der seinen Doktortitel erhalten wollten, hätte jemals etwas anderes gedacht – denn das wäre eine Art Sakrileg gewesen. Auch wenn sich diese Orthodoxie in den letzten Jahren etwas gelockert hat, so glaubt an den Universitäten weiterhin nur eine Minderheit an die Möglichkeit, die Märkte zu timen."

      "Dennoch wollten Alok Kumar und Vicente Pons, zwei Doktoranden in Volkswirtschaft an den Unis Cornell und Yale, diese immer noch vorhandene Skepsis besiegen. Sie basierten ihre Untersuchungen auf die Börsenbriefe, die in der Datenbank von Hulbert Financial Digest für den Zeitraum vom 30. Juni 1980 bis zum 30. November 2001 gespeichert sind – eine Periode, die einen Zeitraum von mehr als 21 Jahren abdeckt. Die Studie ist noch nicht veröffentlicht, aber in akademischen Zirkeln kursiert sie bereits als Arbeitspapier: "Verhalten und Performance der Analysten von Börsenbriefen."

      *** "Die beste Investmententscheidung, die ich je gemacht habe, war es, in US-Staatsanleihen zu investieren", schrieb mir Martin Spring. "Ich begann, vor 6 Jahren diese Anleihen zu kaufen, zu einem Zeitpunkt, als die Analysten alles andere als Anleihen empfohlen. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Bullenmarkt bei Aktien in seinen letzten Jahren. Die Anleihen standen nicht im Mittelpunkt des Interesses von Analysten und Anlegern. Als ich die Anleihen kaufen wollte, wurde mir vorgeschlagen, dass ich doch lieber Unternehmens-Anleihen kaufen sollte. Später sagte man mir, ich sollte Aktien kaufen, denn langfristige wären sie Anleihen überlegen, und/oder die Anleihen seien zu teuer."

      "All diese Ratschläge waren komplett falsch. Glücklicherweise achtete ich nicht auf sie."

      *** Hat sich Amerika verändert? Ein Bekannter schrieb mir Folgendes: "Wir sind gerade in die USA zurückgekehrt, von einem Urlaub nach Spanien und den Niederlanden. Es war unsere erste Zeit in Spanien. Wir waren in Madrid, Valencia, Granada und Sevilla. Das Wetter war atemberaubend, die Leute freundliche und hilfsbereit, und die Preise vernünftig – trotz des starken Euro. Während wir durch Spanien reisten, konnte ich mir nicht helfen; ich verglich die Atmosphäre in diesem Land, das einmal eine Diktatur war (bis weit nach dem 2. Weltkrieg herrschte dort General Franco), mit den USA – einem Land, das einst als die freieste Gesellschaft überhaupt angesehen wurde. Man sollte mich nicht falsch verstehen – ich mag die USA immer noch und plane, noch eine lange Zeit dorrt zu leben. Aber mir viel die Transformation der letzten 2 Jahre auf."

      "Ich war 1982 in der UdSSR. Und ich erinnere mich an meine Rückkehr in die USA. Sobald wir wieder auf US-Boden waren, küssten viele der Leute in meiner Reisegruppe den Boden. Sie hatten guten Grund dazu. In der Sowjetunion waren wir ständig von Sicherheitsbeamten umgeben. An den Flughäfen warteten wir Stunden, bis unser Gepäck untersucht worden war. So durften z.B. Rubel nicht aus dem Land ausgeführt werden, außer es war offiziell sanktioniert worden. In den großen Städten wurden wir von den Apparatschiks beobachtet. Jede Bewegung, die wir machten, wurde von jemandem protokolliert. Niemand lächelte, jeder hatte Angst und passte auf, was er sagte. Ein schlechtes Wort gegen den Staat wurde nur in den dunkelsten Ecken ausgesprochen. Niemals in einem Hotelzimmer – denn dort war alles vom KGB mit Abhörgeräten ausgestattet."

      "An jeder Ecke standen Verteidiger des Vaterlands. Jeder, der die Freiheit zu irgendetwas wahrnehmen wollte, wurde schnell abgeführt. Es gab viele Brot-LKWs in Moskau – aber es gab merkwürdigerweise nicht viel Brot. Unsere Reisen von Stadt zu Stadt wurden durch spezielle Visen reguliert."

      "Wir wurden vom nationalen Fernsehen über ein Buch, das vier von uns geschrieben hatten, interviewt – dieses Interview kam am nächsten Abend im Fernsehen. Voll zensiert, natürlich."

      "Zurück nach Spanien. Ich habe niemals soviel Freiheit wie dort gefühlt. Am Tag nachdem ich Valencia verlassen hatte, explodierte eine Bombe, die die baskischen Separatisten gelegt hatten. Und dennoch wurde mein Gepäck nicht durchsucht, an der Grenze wurden keine alten Großmütter oder ängstliche 4jährige Kinder durch übermäßige Kontrollen verunsichert. Dennoch war ich etwas ängstlich, als sich in der "Non-Smoking"-Sektion ein Mann eine Zigarette anzündete. Aber es war nur der Mann, der am Kundenschalter arbeitete und eine Pause machte. Wann war es das letzte Mal, dass ich eine Person hinter einem Schalter gesehen hatte, die mit einem Lächeln arbeitete?"

      "Übrigens, in Spanien ist Rauchen legal – außer in Flugzeugen. Oh, habe ich erwähnt, dass die Tür zum Cockpit während des gesamten Flugs zwischen Madrid und Valencia offen war. Wir hatten Sevilla wenige Stunden vor dem Stierkampf auf dem Plaza de Toros verlassen. Wie unzivilisiert von uns. Unsere Flug nach Madrid sollte um 15 Uhr starten. Wir sollten um 14 Uhr am Flughafen sein. Alles ging glatt. Nach einem kurzen Stopp in Madrid ging es dann weiter nach Amsterdam, wo wir den Flug zurück in die USA nehmen wollten. Oh Amsterdam! Was gibt`s Neues in der Stadt des Schmutzes und der Freiheit. Nun, rot ist immer noch die Lieblingsfarbe von Amsterdam. Wir waren nicht lange dort und flogen bald weiter."

      "Ihren Pass, bitte. Danke. Dann fühlten wir uns wie zu Hause. Denn bevor wir das Flugzeug besteigen konnten, war es Zeit für 20 Fragen und eine intensive Gepäckuntersuchung. Die Fragen waren wirklich komplex. `Haben Sie Sprengstoff in Ihrem Gepäck? Sind Sie Mitglied einer subversiven Gruppe? Ist Ihr Wahlrecht wichtig für Sie? Schreibt man Al-Qaeda mit einem u?` Diese letzte Frage war wirklich knifflig. Es gibt kein u."

      "Nach dem 8stündigen Flug kamen wir an. Vom Ausstieg bis zum Einstieg ins nächste Flugzeug hatten wir 4 Sicherheitskontrollen zu passieren. Wir waren zu Hause."

      "Verdammte Terroristen – sie haben Erfolg gehabt!"

      Oh là là!

      Was ist mit dem Land unserer Vorväter passiert ?
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      Schlägt die Zeit das Risiko?

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Hinweis in eigener Sache: Dieser Artikel ist ein Klassiker von Bill Bonner, der bereits am 15. August 1999 geschrieben wurde – und heute noch aktuell ist.

      Die Investmentwelt ist voll von leeren Versprechungen. Eine von denen ist das Versprechen von "langfristigen Anlagen". Es wird allgemein angenommen, dass man langfristig mit Aktien auf jeden Fall Geld verdienen wird. "Die Zeit schlägt das Risiko", mit anderen Worten.

      Aber für John Maynard Keynes – der bereits starb, bevor ich geboren wurde – besiegte die Zeit nicht das Risiko. Er starb. Und das werden wir alle früher oder später. Wenn nicht, dann müsste die Hoffnung auf den Himmel dramatisch überdacht werden. Kein Tod, kein Himmel. Kein Himmel, keine Hölle. Keine Hölle ...?

      Dann könnte Blaise Pascal aufhören, sich Sorgen zu machen. An den Börsen wäre es so, dass die Investoren sich vergnügen könnten – wenn die Zeit das Risiko besiegen würde –, sie wären zuversichtlich und müssten nur lange genug leben, um ihre Gewinne einzuheimsen.

      Die menschliche Lebensspanne bringt ein bestimmtes Zeitlimit in die Entscheidungen über Investments. Man sagt uns, dass wir im Alter klug investieren sollen – in Anleihen und andere Anlagen, die ein regelmäßiges Einkommen generieren. Aber wenn man jung ist, soll man riskanter investieren. Die Zeit wird das Risiko schlagen, wiederholen die Analysten. Ein junger Mann hat noch Zeit, sich von seinen Fehlern zu erholen. Ein alter Mann hat diese Zeit nicht.

      Die Lebensspanne eines Investmentlebens sollte wahrscheinlich 30 bis 40 Jahre dauern. Das ist die Zeit, in der die durchschnittliche Person Investmententscheidungen macht. Die Zeit vom ersten Anhäufen investierbarer Ressourcen bis hin zur Beerdigung.

      Diese Spanne hat Robert Lovett ganz gut beschrieben (zitiert von James Grant in seinem Buch "The Problem with Prosperity"): "Wenn ein Investor am 31. Dezember 1901 von den 20 beliebtesten Aktien, die eine Dividende zahlten, jeweils 100 Stück gekauft hätte, und sie bis 1936 gehalten hätte – und alle Dividenden und erhaltenen Bezugsrechte reinvestiert hätte – dann wäre der Gesamtwert seiner Anlegen bis zum 31. Dezember 1936 um 39 % geschrumpft."

      Wenn man auch in Anleihen investiert hätte, dann wäre der Verlust in dieser Investment-Lebensspanne z.B. auf 25 % reduziert worden, aber er wäre immer noch groß gewesen – denn viele Anleihen wurden wegen der Pleite der Emittenten nicht zurückgezahlt.

      Mit anderen Worten: In diesen 36 Jahren besiegten weder Aktien noch Anleihen das Risiko. Und in jedem vergleichbaren Zeitraum könnte es wieder so sein. Offensichtlich ist die durchschnittliche Investment-Lebensspanne nicht lang genug, um finanziellen Erfolg zu garantieren.

      Vielleicht sollten wir noch langfristiger denken. Vielleicht hätte ein Investment vom Ausbruch der Weltwirtschaftskrise –1929 – bis heute das finanzielle Risiko wirklich beseitigt – auch wenn das Sterberisiko triumphiert hätte.

      Aber wenn man sich schon Investments ansieht, die die menschliche Lebenserwartung übersteigen, warum soll man dann bei 7 Jahrzehnten aufhören? Warum nicht 10 Dekaden ... oder 100? Wenn sich langfristiges Investieren wirklich bezahlt machen soll – wo sind dann all die langfristigen Investments, die sich so superb perfekt entwickelt haben?

      Die Zeit besiegt die Risiken nicht ... sondern sie multipliziert sie. Ich dachte daran, als ich von Notre Dame de Plaisance zurückfuhr (ich lebe und arbeite seit ein paar Jahren in Frankreich). Als ich an einem befestigten Haus aus dem 14. Jahrhundert vorbeikam, fiel es mir auf, dass zumindest ein oder zwei alte "Chateaux" in der Region noch immer in den Händen der Familien waren, die sie bereits vor fast 1.000 Jahren besessen hatten. Zum Beispiel das Chateau de Bourg Archambault. Es ist aus Stein ... und seine Besitzer haben die Pest, Bärenmärkte, Inflation, Abwertungen, Kriege, Revolutionen, MTV und Rapmusik überdauert. Dieses Chateau ist ein großer weißer Elefant. Er ist teuer zu unterhalten, kalt und unkomfortabel. Dieses Chateau ist heute wahrscheinlich weniger wert, als zu der Zeit, als es gebaut wurde. Soviel zum Thema "die Zeit schlägt das Risiko."

      investorverlag.de
      Avatar
      schrieb am 06.06.03 18:47:20
      Beitrag Nr. 3.012 ()
      2020 gibt es mehr Rentner als Erwerbsfähige

      Statistiker warnen vor "kritischer Beschleunigung" der Alterung - Grüne wollen Rentenalter auf 67 Jahre anheben


      Berlin - Die Alterung der Deutschen und der Bevölkerungsschwund schreiten unaufhaltsam voran. In knapp 50 Jahren wird die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland 48 Jahre oder älter sein, jeder Dritte wird mindestens 60 Jahre alt sein, die Zahl der über 80-Jährigen wird sich bis 2050 mehr als verdoppelt haben (jeder Zehnte). Das sind die zentralen Ergebnisse der zehnten "Bevölkerungsvorausberechung" des Statistischen Bundesamtes, die in Berlin vorgestellt wurden.


      "Diese Entwicklungen sind programmiert und sie werden sich kaum noch ändern lassen", sagte der Präsident des Amtes, Johann Hahlen. Auf der anderen Seite wird es nach den Berechnungen der Statistiker immer weniger junge Menschen geben. Die Zahl der unter 20-Jährigen wird von heute 17 Millionen (21 Prozent der Bevölkerung) auf zwölf Millionen Menschen im Jahr 2050 (16 Prozent) sinken. Gleichzeitig wird trotz eines unterstellten Zuzuges von Ausländern die Bevölkerung deutlich schrumpfen. Leben heute noch 82,5 Millionen Menschen in Deutschland, werden es im Jahr 2050 nur noch rund 75 Millionen Einwohner sein. Damit wäre die Bevölkerung wieder auf das Niveau von 1963 geschrumpft, der Rückgang entspricht der Bevölkerung der Großstädte Berlin, Hamburg, Köln und München zusammengenommen.


      Zu der Entwicklung tragen drei Faktoren bei: Erstens das niedrige Geburtenniveau. Eine Frau in Deutschland bringt im Durchschnitt nur noch 1,38 Kinder zur Welt. Die Geburtenziffer liegt damit am unteren Ende im internationalen Vergleich. In Frankreich (1,88), den Niederlanden (1,72) oder etwa in Dänemark (1,77) liegen die Vergleichswerte deutlich höher. Zum so genannten Bestandserhalt, wie es die Statistiker ausdrücken, ist jedoch eine wesentlich höhere Geburtenziffer von 2,1 Kindern pro Frau erforderlich. Ursache zwei für die Überalterung der Gesellschaft ist die steigende Lebenserwartung. So stieg die durchschnittliche Lebenserwartung seit 1900 von 45 Jahren für Männer (Frauen: 48 Jahre) auf heute 75 Jahre (Frauen: 81 Jahre). Für das Jahr 2050 rechnen die Statistiker mit einer maximalen Lebenserwartung von knapp 83 Jahren für Männer und 88 Jahren für Frauen. Der Rückgang der Bevölkerung werde zwar durch Zuwanderung gedämpft, betonte Hahlen, aber nicht signifikant gebremst. "Die Alterung der deutschen Gesellschaft wird nicht erst in 50 Jahren zu Problemen führen", betonte der Präsident des Statistischen Bundesamtes, "sondern bereits in den nächsten beiden Jahrzehnten". Das zeige besonders der so genannte Altenquotient, der vor allem zwischen 2010 und 2030 sprunghaft ansteigt. Die Kennzahl beziffert das Verhältnis der Rentner über 60 zu den Erwerbsfähigen im Alter zwischen 20 und 59 Jahren. Gegenwärtig liegt der Altenquotient bei 44, das heißt 100 Menschen im erwerbsfähigen Alter stehen 44 Rentner gegenüber. Bis 2010 wird der Altenquotient zwar nur auf 46 ansteigen, im Jahr 2020 wird er schon bei 54,8 liegen und bis 2030 auf 70,9 steigen. Zur Begründung sagte Hahlen, dass in der Dekade zwischen 2020 und 2030 die geburtenstarken 1960er-Jahrgänge ins Rentenalter vorrückten.


      Die "kritische Beschleunigung" der Alterung zieht massive Probleme für die Alterssicherungssysteme nach sich. Bernd Raffelhüschen, Mitglied der Rürup-Kommission, sagte dieser Zeitung, dass die neuesten Daten aus Wiesbaden jedoch bereits in die Vorschläge der Kommission eingearbeitet worden seien. Die Grünen-Rentenexpertin Birgit Bender sagte der WELT, die Bundesregierung sei mit der Einführung des so genannten Nachhaltigkeitsfaktors für die Rentenformel langfristig auf dem richtigen Weg. Auch einer Anhebung des Renteneintrittsalters auf mindestens 67 Jahre führe kein Weg mehr vorbei, betonte die Grünen-Abgeordnete. Sie unterstrich, dass die Grünen weiter auf eine Nullrunde für Rentner 2004 dringen werden. Nach Berechnungen Raffelhüschens steigt der Beitrag zur Rentenversicherung ohne Reform bis 2004 von 19,5 auf 20,2 Prozent. ph ph




      Artikel erschienen am 7. Jun 2003
      welt.de
      Avatar
      schrieb am 06.06.03 18:49:26
      Beitrag Nr. 3.013 ()
      Unsichere Opec bringt Unsicherheit auf dem Ölmarkt

      Starker Euro hat Spritpreise im Zaum gehalten - Experten erwarten nun aber langsamen Anstieg


      von Stefanie Schneider und Karin Kneissl

      Berlin/Wien - Auf dem Benzinmarkt sind die Preise vor Pfingsten wieder in Bewegung geraten. Wer in der vergangenen Woche bei Dea und Aral tankte musste bis zu drei Cent mehr für den Liter Sprit zahlen. 104 Cent kostete zurzeit durchschnittlich ein Liter Normalbenzin. Die Tendenz ist leicht steigend.


      Tatsächlich hatte der Höhenflug des Euro die Autofahrer im ersten Halbjahr 2003 vor Schlimmerem bewahrt. Läge der Euro jetzt auf dem Kurs vom Mai 2002, würde der Liter voraussichtlich 114,5 Cent kosten - fast zehn Cent mehr als der derzeit gültige Durchschnittspreis. Weil Rohöl in Dollar abgerechnet wird, war das Zwölf-Jahres-Preishoch im Weltmarkt - über 35 Dollar vor dem Irak-Krieg - im deutschen Markt noch erträglich.


      Die Stärke des Euro Stärke wirkt bis heute nach. Selbst die Gerüchte der vergangenen Tage; nach denen die Opec auf ihrem Treffen am kommenden Mittwoch in Katar die Fördermengen von 24,5 Millionen Barrel (159 Liter) pro Tag wieder einmal senken wolle, federte der Euro sanft ab. Tatsächlich war Rohöl der Marke Brent zwischenzeitlich von 26, 50 auf 27 Dollar pro Barrel gestiegen, doch deutsche Autofahrer kamen glimpflich davon.


      Fraglich ist allerdings, ob es nun dabei bleibt. Zum einen hat sich der Anstieg des Euro verlangsamt - er steigt gegenüber dem Dollar nur noch im Promillebereich. Zum anderen besteht nach wie vor große Unsicherheit auf dem Rohölmarkt über das weitere Verhalten des Erdöl-Kartells Opec. Die Minister der Opec-Länder werden in Doha wieder einmal über die Förderquote beraten. Im Kern geht es darum, wie sich die Förderländer zur baldigen Wiederaufnahme der Produktion im Irak stellen. Wie sehr das irakische Öl demnächst den Markt in Unordnung bringen könnte und wie sich voraussichtlich die Nachfrage entwickelt - darüber gehen die Meinungen in der Opec freilich weit auseinander. Saudi Arabiens Ölminister Al al Naimi fürchtet jedenfalls kein Überangebot nach einer Wiederaufnahme der irakischen Produktion, die maximal 350 000 Fass vorerst betragen dürfte. Opec-Generalsekretär Alvaro Silva Calderon ließ allerdings aufhorchen, als er eine weitere Verringerung der offiziellen Fördermenge nicht ausschloss, um innerhalb des Preisbands von 22 bis 28 US-Dollar pro Fass zu bleiben. Eine Drosselung um zwei oder drei Millionen Fass wurde gerüchteweise kolportiert. Die Experten vom Middle East Economic Survey Mees rechnen derweil nicht mit einer Reduktion.


      Die Unsicherheit spiegelt sich auch im Verhalten der Opec selbst wieder. Ein außerordentliches Opec-Ministertreffen jagt seit Monaten das nächste. Das Kartell, das nur mehr ein Drittel des Ölmarkts kontrolliert, tut sich schwer.


      Die Internationalen Energie Agentur kritisiert deshalb auch, die Opec antizipiere nicht ausreichend die Bedürfnisse des Markts.


      Selbst wenn die Opec zunächst die Angst vom Markt nähme, besteht die latente Gefahr, dass Europa in punkto Ölpreis bald "nachsitzen" muss. Denn der Ölpreis steigt wieder, lag am Freitagmittag bei 27,66 Cent. "Es riecht nicht nach billigen Preisen", resümiert deshalb auch Rainer Wieck vom Energie-Informationsdienst.


      Zermürbt vom jahrzehntelangen Preisvergleich - allein in den 52 Wochen des vorigen Jahres erlebten die Deutschen 73 Preisänderungen - sparen sich die Verbraucher längst, solche Zusammenhänge zu hinterfragen. Die Mineralölkonzerne weisen ohnehin jeden Verdacht der Preistreiberei von sich: "Von den 107 Cent für den Liter Super bleiben nach Abzug Einkauf, von Mehrwert- und Mineralölsteuer ohnehin nur 8,5 Cent, von denen noch Bevorratungskosten und Pächterprovisionen zu zahlen sind.", heißt es beim Mineralölwirtschaftsverband.


      Artikel erschienen am 7. Jun 2003
      welt.de
      Avatar
      schrieb am 06.06.03 18:58:55
      Beitrag Nr. 3.014 ()
      Dr. Georg Thilenius

      Tiefstand seit 1990

      Nein, der Tiefstand seit 1990 bezieht sich nicht auf eine neue Horrormeldung aus der Welt des neuen Marktes oder anderer Technologieaktien. Er bezieht sich vielmehr auf ein Segment, das in überschaubarer Zukunft ebenso riskant sein dürfte wie es Technologiewerte einmal waren. Es geht hier um das Zinsniveau am Rentenmarkt. Anleihemärkte haben auf den festen Euro, der Importe verbilligt und damit den Preisdruck verstärkt, sehr heftig reagiert. Außerdem wird allgemein darauf spekuliert, dass die europäische Zentralbank zur Erweckung des Wirtschaftswachstums und zur Abwehr der Deflation ihre Leitzinsen weiter senken könnte. Nicht zuletzt die Tatsache, dass kurzfristiges Geld hier wesentlich höher als im Dollarraum verzinst wird, hat viel Geld in Bundesanleihen gelockt. Dadurch steigen die Kurse quer durch die Laufzeiten und die Renditen sind quer durch die Laufzeiten gefallen. 10 jährige Bundesanleihen bringen jetzt nur noch 3,7%. 3 jährige bringen sogar nur noch 2,15% , das ist nur knapp über dem derzeitigen Leitzins von 2,0%.

      Der Zinsrückgang könnte durchaus noch weitergehen. Denn in Amerika ist das Zinsniveau noch geringfügig niedriger als bei uns, in Japan beträgt das Niveau für 10jährige Staatsanleihen nur noch 0,6%. Internationale bewegliche Anleger können hier doppelt verdienen: Zum einen können sie Anlagen beispielsweise aus Yen und Dollar zu höheren Zinsen in den Euroraum legen. Außerdem gibt es noch Aufwertungsgewinne dazu. Das Risiko besteht jedoch darin, je tiefer die Zinsen fallen, desto grösser wird das Risiko eines kräftigen Rückschlags. In diesem Fall würden die Anleihekurse dann stark fallen. Zunächst gilt das für die Kurse lang laufender Anleihen, für die Papiere, die in den nächsten ein bis zwei Jahren fällig wird in viel geringerem Masse.

      Der sicherheitsbewusste Anleger am Rentenmarkt sollte deshalb daran denken die Laufzeiten seines Portfolios zu durchforsten und langlaufende Anleihen zu verkaufen. Beim Verkauf dieser Papiere kann er einen ordentlichen Kursgewinn einstreichen, da sie auf dem absoluten Höchststand der letzten 10 Jahre sind. Nun umzuschichten lohnt sich dann in relativ kurzlaufende Papiere die noch eine Restlaufzeit von 2- 3 Jahren, längstens 5 Jahren haben. Hier fallen die Kursrückgänge durch ein wieder steigendes Zinsniveau nicht so sehr ins Gewicht. Dass die Zinsen gelegentlich wieder steigen ist klar. Die Frage ist nur wann. Darauf zu spekulieren und zu versuchen, den richtigen Moment zum Ausstieg zu finden hat in der Vergangenheit schon viele Leute viel Geld gekostet. Anleger die in langlaufenden Anleihen engagiert sind sollten jetzt ans Umschichten denken in kürzere Laufzeiten.

      Dr. Georg Thilenius
      boerse.de
      Avatar
      schrieb am 06.06.03 19:06:04
      Beitrag Nr. 3.015 ()
      4.6.03 Horrorszenario

      ... Gemessen an diesen Dimensionen könnte der Euro noch bis 1,65 Dollar klettern. Willkommen im Horrorszenario: Die Zahlen muten tatsächlich gruselig an. Ein solches Euro-Niveau würde Deutschland rund drei Prozentpunkte Wachstum kosten. Bei dem aktuellen Nullwachstum wäre dies der sichere Abstieg in eine tiefe Rezession. Die Exportmargen und damit die Unternehmensgewinne kämen kräftig unter Druck und der deutsche Markt käme ins Trudeln. Dem Dax drohte nach Ergebniseinbußen von rund 30 Prozent ein Einbruch bis auf 2000 Punkte. Mit einiger Verzögerung würden sich die Effekte auch am Arbeitsmarkt niederschlagen. Nach der Faustformel, dass zehn Prozent Euro-Aufwertung rund 100 000 Jobs kosten, wäre selbst die Fünf-Millionen-Marke bei den Arbeitslosen überschritten. Auch eine Deflation, also eine Spirale aus fallenden Preisen und sinkender Nachfrage, wäre bei diesem Niveau kaum mehr zu verhindern. hz
      (Welt, 4.6.03)

      Kommentar: Der Dollar ist heute massiv überbewertet. In den letzten Jahren wurde er künstlich nach oben getrieben, um den scheinbaren "Aufschwung" in den USA mit Schulden zu finanzieren. Zwangsläufig muß diese Fehlentwicklung ebenso massiv korrigieren. Vor allem Deutschland gerät dann mit seinem hohen Exportanteil in die Klemme und in eine schwere Wirtschaftskrise.

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      Krankenkassen erneut mit hohem Defizit


      Fehlbetrag von 630 Millionen im ersten Quartal - CDU: Schmidts Sparpaket "totaler Fehlschlag"
      Berlin - Die Krankenkassen sind trotz gestiegener Beiträge und der Sparmaßnahmen von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) noch tiefer in die roten Zahlen gerutscht. Im ersten Quartal des laufenden Jahres betrug das Defizit der gesetzlichen Krankenversicherung 630 Millionen Euro. Damit rückt die vom Kanzler angekündigte Beitragssatzsenkung von 14,4 auf 13 Prozent in weite Ferne. Die Opposition rechnet mit einem Anstieg des Beitragssatzes auf über 15 Prozent.
      ... Hauptkostentreiber waren neben den Arzneimitteln erneut die Krankenhausausgaben und die Verwaltungskosten der Kassen. Deutlich mehr bezahlten sie auch für Heilmittel und Fahrtkosten. Während die Ausgaben gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 1,6 Prozent zulegten, gingen auf Grund der Konjunkturschwäche die Einnahmen um ,2 Prozent zurück. Vor allem bei den Allgemeinen Ortkrankenkassen (AOK) und den Angestellten-Krankenkassen brachen die Einnahmen weg.
      ... (Welt, 4.6.03)
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      Empörung über Forderung nach Operations-Höchstgrenze

      Ärzte, Kassen und Krankenhäuser protestieren
      Berlin - Der Vorschlag verschiedener Universitätsprofessoren, eine Altersbegrenzung von 75 Jahren für kostspielige Operationen einzuführen, ist im Gesundheitswesen und bei Politikern auf Empörung und einhellige Ablehnung gestoßen. Eine Reihe von Wissenschaftlern hatte angeregt, das "Höchstalter 75" für Dialysebehandlungen sowie Herz- oder Krebsoperationen einzuführen.
      ... Die Chefs der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, und des Krankenhausärzteverbandes Marburger Bund, Frank Ulrich Montgomery, sind der Meinung, dass die aktuelle Gesundheitsspardiskussion in Deutschland die Debatte erst ermöglicht habe: "Das zeigt, in welcher ethischen Schieflage wir uns bereits befinden", so Hoppe. Für Montgomery ist die, wie er sagte, "entsetzliche Forderung" das Ergebnis einer "populistischen Rationierungsdebatte der politischen Entscheidungsträger". AvG (Welt, 4.6.03) Kommentar: Die Krankenkassen sind durch die steigende Erwerbslosenzahl in der Klemme, weil die Einnahmen sinken. zusätzlich werden die Krankenkosten durch unsinnige Behandlungen und vor allem durch die Kapitalkosten für die teuere Apparatemedizin nach oben getrieben. Wenn nun sogar schon diskutiert wird, die Behandlung auf unter 75 jährige zu beschränken, dann zeigt dies, wie dramatisch die Lage schon ist. Dabei ist zu beachten, daß in der Regel alle Maßnahmen, welche einmal diskutiert werden, dann auch irgendwann durchgefüht werden. Dabei kann dann die Altersgrenze bis zu der behandelt wird beliebig nach unten gesetzt werden.
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      Montags keine Pakete mehr von der Post


      Pilotversuch in Nürnberg - Subunternehmer sollen ausliefern -
      Gewerkschaft kündigt Widerstand an
      von Birger Nicolai

      Hamburg/Bonn - Die Deutsche Post will den Paketversand massiv verändern und an Fremdfirmen vergeben. Statt an sechs sollen zudem nur noch an fünf Wochentagen Pakete zugestellt werden, montags müssten Postkunden auf Paketsendungen verzichten. Zum Testmarkt hat die Post für diesen Sommer Nürnberg erkoren. ... (Welt, 4.6.03)

      Kommentar: Die Deutsche Post zeigt, wie die Lasten der schnell steigenden Kapitalkosten auf dem Rücken der Kunden ausgetragen werden. Geschützt durch ein Monopol kann man hier beliebig die Leistungen herunter- und die Gebühren hochfahren. So wurden bspw. Sendungen ins Ausland sang- und klanglos um fast 50 Prozent angehoben, während gleichzeitig Briefkästen entfernt, die Leerungszeiten verschlechtert und nun sogar noch der Paketdienst eingeschränkt werden soll.

      Kommentare v. Günter Hannich
      Geldcrash.de
      Avatar
      schrieb am 08.06.03 19:28:39
      Beitrag Nr. 3.016 ()
      Quergedacht: Was viele denken aber wenige auszusprechen wagen
      Anstößige Texte zum Runterladen und Weiterverbreiten
      spatzseite.de

      Wie und von wem die Welt beschissen wird: 08.06.2003

      DIESE WOCHE
      Wie die Wirtschaft die Bücher fälsch, so betrügt uns auch die Politik. Das ist nichts Neues, hat in den USA aber möglicherweise System. Diese Woche untersucht der Spart die sogenannten "Straussianer", und ihren Einfluß auf die US-Politik und die Welt. Ich höre schon das Wort "Verschwörungstheorie", doch das sagen nur die, nicht selber denken können oder wollen!



      Cooking The Books


      Glaubt man dem Wall Street Journal vom 4. Juni, dann verkaufen immer mehr Unternehmensvorstände die Aktien ihrer Firmen. Allein im Mai sollen sie Aktien im Wert von 3,1 Mrd. Dollar abgestoßen haben. Tun sie das, weil sie die Lage ihrer Unternehmen entsprechend einschätzen, oder fürchten sie die Verfolgungen durch die Aufsichtsbehörde? Erst am 4.6. verhaftete das FBI den früheren Handelschef der Firma Enron, John Forney, weil er in den Jahren 1999 bis 2001 durch künstlich arrangierte Verknappungen den Energiepreis in Kalifornien zu offensichtlich manipuliert hatte. Martha Stewart von der Biotechnologie Firma ImClone Systems wurde zusammen mit ihrem Aktienhändler in 9 Fällen wegen Wertpapierbetrugs und Verschwörung zum Wertpapierbetrug verurteilt.

      Solche Fälle mehren sich regen aber die Öffentlichkeit kaum mehr auf, weil das inzwischen ganz andere Betrugsfälle tun. Vizeverteidigungsminister Paul Wolfowitz hat mit seinem Eingeständnis in der Zeitschrift Vanity Fair, die Regierung habe mögliche Massenvernichtungswaffen nur als Vorwand benutzt, um die Bürokratie für den Krieg zu gewinnen, in den Medien einen Sturm ausgelöst, den leitende Beamte des Pentagon wie Dough Feith und William Luti nicht mehr mäßigen konnten.

      Warum macht das "Superhirn" Wolfowitz so etwas, kann es sich nur Zahlen merken aber nicht denken, oder hatten die Interviewer den Vize so in die Enge getrieben, daß er keinen anderen Ausweg fand und hoffte die Angelegenheit durch spätere Dementis wieder aus der Welt zu schaffen? In dem Trubel geht unter, daß seine Darstellung eine ganz anderen Stoßrichtung verfolgte. Er wollte den Vorwurf der "Straussian Connection" als "Produkt eines geistigen Fieberwahns" abtun, dabei fiel die Lappalie mit dem "bürokratischen Vorwand" nicht so ins Gewicht.

      Nun bringt diese Lappalie die britische- und die US-Nation in Wallung. Im britischen Unterhaus zogen Laborabgeordnete und zwei frühere Minister aus dem Kabinett Blair, Short und Cook, den Schluß den der Führer der Opposition, Jan Duncan Smith auf die griffige Formel brachte: "Die Wahrheit ist, daß niemand mehr dem Premierminister ein Wort glaubt". Das ist nun freilich eine schlechte Regierungsgrundlage. Schon schließt man in London Wetten ab, wie lange sich Blair halten kann. Insider meinen, es sei noch nicht so weit, aber Blair sei "ernsthaft angeschlagen".

      Anders in den USA. Hier ist vor allem das "Office of Special Plan", das Büro für Sonderplanung im Pentagon unter Beschuß geraten. Es habe um seiner politischen Ziele willen Geheimdienstberichte umgeschrieben, und das heißt, gefälscht. Im Wall Street Journal vom 6.6. äußert sich ein namentlich nicht genannter führender Nachrichtenanalytiker "Der Prozeß wurde irgendwie umgekehrt, nicht die Nachrichtendienste informierten die Politik, sondern Politiker gingen zu den Diensten und bestellten Berichte , um ihre vorgefaßte Politik zu rechtfertigen". Zu diesem Zweck hätten Cheney, Wolfowitz, ein Lewis Libby und beim CIA des öfteren Druck gemacht, wußte die Washington Post vom 6.6.

      Damit nicht genug, zitierte die Zeitschrift The Forward am 6.6. den ehemaligen CIA Beamten Larry Johnson mit der Aussage, das Büro für Sonderplanung unterhalte einen eigenen Geheimdienst und habe private Unternehmen unter Vertrag genommen, um durch verdeckte Operationen im Iran einen Regimewechsel zu erzielen, darunter auch Gruppen, die in den USA offiziell als "terroristisch" eingeschätzt werden. Terrorbanden im Dienst der US-Regierung? Andreas von Bülow und andere hatten schon lange Bücherweise Hinweise für solchen Verdacht geliefert. Nun scheint sich das zu bestätigen. Wie verträgt sich so etwas mit dem "Krieg gegen den Terrorismus"? Wie üblich wird alles abgestritten, aber so wenig überzeugend, daß es den Verdacht noch bestärkt.

      Nicht nur wurden "die Bücher zurechtgekocht", wie es heißt, das Justizministerium legt mit dem Bericht des Generalinspektors nach. In ihm werden die Internierungen, die Generalstaatsanwalt John Ashcroft als innenpolitische Maßnahme "Krieg gegen den Terrorismus" durchführen ließ, scharf angegriffen und gesetzwidriges Vorgehen angeprangert. Ashcroft mußte sich vor dem Rechtsausschuß des Kongreß am 4.6. verteidigen. Sein Hinweis auf die alles rechtfertigende Bedrohungen durch Anschläge wie die immer noch ungeklärten vom 11.9.2001, und die Forderungen nach noch schärferen gesetzlichen Regelungen, höheren Strafen und der weiterreichenden Handhabung der Todesstrafe zog nicht mehr. Er mußte sich von bekannten Scharfmachern der eigenen Partei, wie dem Ausschußvorsitzenden, James Sensenbrenner, sagen lassen: "Ich glaube, Justizministerium und Kongreß müssen sehr wachsam sein, damit nicht kurzfristige Gewinne letztendlich dem Geist der Freiheit und Gleichheit, der den amerikanischen Charakter bestimmt, Schaden zufügen" und mehr dergleichen.

      Was wird gespielt? Vor wenigen Wochen verlangte der radikale Republikaner Newt Gingrich recht dreist die Absetzung Colin Powells, weil er dem neuen Kurs der Regierung im Wege stünde. Nun nimmt der Präsident die Nahost-Politik Rumsfeld aus der Hand, um sie eben diesem Außenminister zurückzugeben. Der droht Sharon unverhohlen an: Wenn Du unseren Friedensplan (road map) störst, bekommst Du von uns keine Waffen mehr - da konnte Sharon nur noch nachgeben, jedenfalls vorerst.

      Handelt es sich um einen Umschwung oder nur eine Atempause? Hier hilft uns Wolfowitzs Sorge wegen der "Straussian Connection" weiter. Er hätte allerdings als er zur Ablenkung den "bürokratischen Vorwand" fallen ließ wissen sollen, daß in allen Skandalen der USA, wie im Falle Monika Lewinksy, schließlich immer die "Vertuschung" schwerer wog als die Sache des Skandals.

      Was hat es mit der "Straussian Connection" auf sich? Der Name geht auf einen Einwanderer der 30er Jahre, den deutschen Juden Leo Strauss, zurück. Der gründete nach einer Gastrolle bei der New School of Social Research in den USA (hier als Frankfurter Schule bekannt) von seinem Lehrstuhl in Chicago aus eine scheinbar konservative, aber eigentlich nihilistische Schule von "Philosophen". Ihre Grundlage bildete der Glauben, daß 1. das menschliches Denken nur eine biologische Funktion im Kampf ums Dasein ist, 2. alle auf einen Existenz-Sinn gerichteten Fragen fehlgeleitete und damit unzulässige Verselbständigungen des Denkens sind und 3. die fiktiven Antworten auf Sinnfragen sogenannten "Philosophen" nützliche Machtinstrumente in die Hand geben, um durch entsprechende Mythen das Verhalten der einfachen und beschränkten Menschen in gewünschte Bahnen zu lenken. Seine Schüler der 2. und 3. Generation konnten sich in führende Regierungspositionen hocharbeiten und als "Straussian Connection" nach dem als Wahl getarnten Staatstreich George W. Bushs die Politik der USA gestalten.

      Das alleine wäre für das US-Establishment sicher kein Grund zur Unruhe. Dabei ist zu bedenken, daß dieses Establishment aus zwei Fraktionen besteht: 1. den Liberalimperialisten, die eine Weltherrschaft mit den etwas liberaler abgewandelten Strukturen des ehemaligen britischen Imperiums anstreben und sich dazu unter vielem anderem auch des Umweltschutzes als eines verhaltensprägenden Mythos bedienen, und 2. den zynischen Imperialisten, deren verhaltensprägender Mythos die unwiderstehliche militärische Überlegenheit der USA ist. Diese hatten den Irakkrieg zur Einschüchterung der übrigen Welt inszeniert zum Teil, um vom drohenden Zusammenbruch des "Wirtschafts- und Finanzsystems" abzulenken, und um die übrige Welt in der Krise zum Wohlverhalten im Sinne der US-Interessen zu nötigen.

      Nur hatte der Irakkrieg andere Auswirkungen. Rußland, Indien, China und Iran wurden zu engerer wirtschaftlicher und sicherheitspolitischer Zusammenarbeit angeregt, und haben diese bereits in zahlreichen Treffen und Abkommen ausgebaut. Etwas Ähnliches geschieht weniger auffällig in Lateinamerika. Il Globo und Gazeta Mercantile zitierten zum Beispiel am 3. bzw. 4. Juni den brasilianischen Präsidenten Lula da Silva mit den Worten "Wir werden unsere Beziehungen mit China, Indien und Rußland erst recht ausbauen". Beim ersten Ministertreffen zwischen Indien, Brasilien und Süd Afrika "kamen sich die Ansichten rasch näher". Ähnlich, die neue Zusammenarbeit zwischen Europa und Rußland in der Raumfahrt, die eine Sojus-Rakete mit der ersten europäische Marssonde an Bord und der beschlossene Bau einer Startrampe für Sojus-Raketen im europäischen Raumfahrtzentrum Kourou bestätigten. Vertreter Rußlands und Frankreichs nannten diese Zusammenarbeit (nach Spacedaily und afp) "strategisch gerechtfertigt und politisch bedeutsam". Ähnliches wurde beim Besuchs des Chinesischen Präsidenten Hu in Moskau beschlossen.

      Schließlich zeigt sich im Irak, wie schwach das Waffengerassels der Straussianer ist. Sie konnten dort noch immer keine geordneten Verhältnisse herstellen. Den zahlreichen Beobachtern vor Ort zeigt sich nicht nur Chaos und Anarchie als mögliche Umerziehungsstrategie der Amerikaner, sondern auch die Tatsache, daß die US-Truppen mehr und mehr zur Selbstverteidigung gezwungen sind und sich gegen die "Befreiten" kaum noch durchsetzen können. Und dann ist da noch die Wirtschaft. Die Bestellungen ab Fabrik sind im März gegenüber dem Vormonat weiter um 2,9% zurückgegangen, das war der größte Rückgang in einem Monat, und die Neuzugänge zur Arbeitslosenunterstützung liegen nun schon 14 Wochen hintereinander jeweils um über 400.000, in er letzten Mai-Woche waren es 442.000.

      Doch Entspannung ist nicht in Sicht. US-Vizeaußenminister John Bolton verteidigte am 4.6. vor dem außenpolitischen Ausschuß des Kongresses die Proliferation Security Initiative (PSI) der Bush-Regierung und sprach in diesem Zusammenhang wieder von der "Achse des Bösen", der er neben den bekannten drei Ländern noch Lybien, Syrien, Kuba, Sudan und dann im weiteren Sinne ausdrücklich auch China und Rußland zurechnete. Er betonte, daß man sich gegen die "Herstellung und Verbreitung von Massenvernichtungswaffen" jede Option, also auch den Erstschlag mit den neuen, bunkerbrechenden Miniatombomben, offen halte. Aber die zynischen Imperialisten haben den Bogen überspannt und statt der Einschüchterung den Wunsch nach mehr Unabhängigkeit verstärkt. Dazu wächst die Gefahr, die Amerikaner könnten bei der nächsten Wahl nach einer glaubhaften Alternative zu den beiden Fraktionen des Establishments Ausschau halten. Dagegen möchte das Establishment noch schnell ein neues Gesetz durchbringen, das für die weitergehende Konzentration im Medienbereich sorgt.

      Ob es dieses Gesetz noch durchsetzen kann, ist so fraglich, wie der Versuch der Europäer, sich aus der wirtschaftlichen Klammer "des Systems" zu einer produktiven statt abkassierenden Lösung der Wirtschafts- und Staatskrise durchzuringen. Von einer solchen hinge allerdings unser aller Zukunft ab.
      Avatar
      schrieb am 08.06.03 21:13:45
      Beitrag Nr. 3.017 ()
      Avatar
      schrieb am 08.06.03 21:45:32
      Beitrag Nr. 3.018 ()
      New Yorks Bürgermeister

      Die US-Bundesstaaten stehen vor dem Ruin. New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg muss jetzt angesichts der Finanzmisere sogar die Steuern erhöhen


      Die Welt-Metropole steht vor dem finanziellen Kollaps. Im gerade debattierten 40-Milliarden-Dollar-Haushalt für das kommende Jahr klafft eine gigantische Lücke von 3,8 Milliarden Dollar. Die Gründe für die prekäre Lage der Stadt sind offenkundig: Die Kosten für Verwaltung, Terrorsicherung und die Gesundheitsversorgung "Medicaid" - zurzeit 3,5 Milliarden Dollar im Jahr - scheinen nicht unter Kontrolle zu bringen sein. Die öffentlichen Schulen stehen bereits vor dem Bankrott.
      .....
      Der Staat New York steckt mitten im Abwärtsstrudel der 50 Bundesstaaten, die im kommenden Jahr ein Haushaltsdefizit von 80 bis 85 Milliarden Dollar zu schließen haben. Spitzenreiter ist Kalifornien mit einem Haushaltsfehlbetrag von 38,2 Milliarden Dollar. Gefolgt von New York. Der republikanische Gouverneur George Pataki grübelt in seinem Amtssitz in Albany in Upstate New York gerade darüber nach, wie er in seinem 92-Milliarden-Dollar-Haushalt eine Lücke von 11,5 Milliarden Dollar schließen kann. Denn Kalifornien wie auch New York sind wie die anderen Bundesstaten - Ausnahme ist nur Vermont in New England - per Gesetz dazu verpflichtet, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen.
      .....
      Zwei Vorschläge hat der 61-Jährige in den vergangenen Wochen dafür vorgestellt. Den "schmerzhaften Haushalt" und den "Weltuntergangs-Haushalt", wie er sie selbst sarkastisch bezeichnet. Das bessere Szenario sieht zum Beispiel die Entlassung von 4500 Verwaltungsbeamten und die Kürzung verschiedener Dienstleistungen vor. Beim "Doomsday-Budget" schlägt Bloomberg dagegen kräftig zu: 14 500 Beschäftigte will "Major Mike" auf die Straße setzen, 40 Feuerwehr- und zahlreiche Polizeistationen sollen geschlossen werden. Für 300 Streifenpolizisten gilt dabei schon heute, dass sie ihr Gehalt mitfinanzieren müssen: Mindestens 1,7 Millionen Dollar, so die Vorgabe, müssen sie über Park-Tickets zusätzlich einnehmen, sonst drohen Stellenstreichungen.

      Doch selbst dramatische Einschnitte reichen nicht mehr aus. Was bleibt, sind Steuererhöhungen. Dabei scheinen der Phantasie der Bloomberg-Regierung kaum Grenzen gesetzt zu sein. Neben einer Anhebung der Gewerbe- und Eigentumsteuer soll selbst auf Autoreifen eine Zusatzsteuer erhoben werden.
      .....
      http://www.wams.de/data/2003/06/08/113631.html?search=new+yo…
      -----------------------------------------------


      Das Gesamtdefizit der kommunalen Haushalte – die Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben – belief sich 2002 trotz fortgesetzter Sparpolitik auf minus 6,65 Milliarden Euro. Für 2003 wird ein Rekorddefizit von 9,9 Milliarden Euro erwartet. Selbst ein Defizit in zweistelliger Milliardenhöhe kann nicht ausgeschlossen werden. Diese Gesamtdefizite zeichnen allerdings noch ein geschöntes Bild von der kommunalen Finanzlage: Denn die Kommunen sind verpflichtet, ausgeglichene Haushalte vorzulegen und erreichen dies – soweit das überhaupt noch möglich ist - seit Jahren nur durch ein starkes Zurückfahren der Investitionen und durch Verkauf von „Tafelsilber“, also Vermögen.

      http://www.staedtetag.de/10/presseecke/pressedienst/artikel/…
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      US-FINANZKRISE

      Amerikas Gouverneure greifen zur Axt


      Von Marc Pitzke, New York

      In den Haushalten der US-Bundesstaaten klaffen Milliardenlöcher in Rekordgröße, nun beginnt eine Orgie hektischen Streichens, Kürzens und Sparens, das deutschen Regierungen, Parlamentariern und Verwaltungen wie wohlfahrtspolitisches Höllenwerk erscheinen muss. Von den Einschnitten sind vor allem Minderheiten und Mittellose betroffen.

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      New York - Selbst im Knast wird gespart. Zum Beispiel im Gefängnis von Newton im US-Bundesstaat Iowa: Da kriegen die Häftlinge nur noch einen Nachtisch am Tag statt zwei; anstelle echten Orangensafts gibt es ein Kaltgetränk mit Kunstgeschmack. Kulinarische Abstriche drohen den Rechtsbrechern auch in Minnesota, das Frühstück und Mittagessen wird zum Billig-Brunch kombiniert. "Mörder", sagt Marty Seifert, Republikaner im Regionalparlament, "müssen die gleichen Opfer bringen wie wir."

      AP

      Staatskapitol in Idaho: Sackhüpfen gegen die Zeit, in nahezu allen Bundesstaaten


      Stullen statt Steak, Nachschlag verboten: Die historische Finanzkrise, die von Anchorage in Alaska bis Augusta in Maine alle 50 US-Bundesstaaten erfasst hat, ist so eskaliert, dass sie inzwischen gar jene erreicht, die gar keine Steuern zahlen - diejenigen hinter Gittern. Nicht immer geht der Geiz zu Lasten der Knackis: Um Geld zu sparen, lassen Staaten wie Michigan und Montana viele Kriminelle vorzeitig frei.

      "Kritischste Herausforderung seit Jahrzehnten"

      Dabei sind dies nicht mal die kuriosesten Maßnahmen im Katalog der Kürzungen, den die US-Staatsregierungen fürs neue Etatjahr avisieren, das am 1. Juli beginnt. Die Hektik ist groß in den Landeshauptstädten: In wenigen Wochen sind die Gesetzgeber gezwungen, regionale Haushaltslöcher von insgesamt 100 Milliarden Dollar zu stopfen. Bis dahin, klagt William Pound, Direktor der National Conference of State Legislatures (NCSL), stehen die Staaten vor "der kritischsten Herausforderung seit Jahrzehnten".


      AP

      Rentnerproteste in Oregon: "Es gibt keine schmerzlosen Optionen"



      Es ist ein Sackhüpfen gegen die Zeit. Die Staatsdefizite - akkumuliert durch Rezession, Steuerverluste und Zusatzkosten für Terrorschutz - sind über fünfmal so groß wie im Vorjahr. Bildung, Gesundheitswesen, Verkehr: Nicht ist mehr heilig. "Es gibt keine schmerzlosen Optionen mehr", sagt NCSL-Präsidentin Angela Monson, die selbst als Senatorin in Oklahoma unpopuläre Entscheidungen treffen musste - so die Streichung der staatlichen Krankenversicherung für 79.000 Arme, Rentner und Behinderte. "Dies wird sich im Alltag vieler schwer bemerkbar machen."

      41 Staaten kürzen die Krankenversorgung

      Zum Beispiel auch in Massachusetts. Hier hat der Staat 50.000 Arbeitslosen die kostenlose Krankenversorgung über das staatliche Hilfsprogramm Medicaid entzogen. "Wir annullieren die Errungenschaften der Vergangenheit", protestiert Rob Restuccia, Exekutivdirektor der Interessenvereinigung Health Care for All.

      Massachusetts ist kein Einzelfall. 44 Millionen Amerikaner sind auf Medicaid angewiesen, 41 Bundesstaaten wollen sie nun drastisch kürzen. Ganze Bevölkerungsgruppen werden dann von der Gratis-Krankenkasse ausgesperrt; Arme müssen sich privat versichern, teure Medikamente werden nicht mehr gedeckt, Krankenhäuser verlieren ihre Zuschüsse.

      Illinois behilft sich mit einer fixen Idee: Chronisch depressive Patienten müssen das Medikament Zoloft fortan in 100-Milligramm-Doppeldosen kaufen (Tagesdosis ist 50 Milligramm), die Pillen zerbrechen und auf zwei Tage verteilen. Da die großen Tabletten genauso viel kosten wie die kleinen, soll das drei Millionen Medicaid-Dollar sparen.


      Leiden muss auch das Bildungswesen. Die Hälfte aller Staaten nehmen High Schools, Colleges und Universitäten unters Messer. Oregon, South Dakota und Louisiana haben die Schulwoche von fünf auf vier Tage gekürzt. Überall steigen die Studiengebühren. Beispielsweise an der City University in New York, die einen Aufschlag von 25 Prozent erwägt. "Uns droht eine Bildungskrise", sagt Travis Reindl von der American Association of State Colleges and Universities. "Wir bestrafen die, die Bildung am meisten brauchen: Minderheiten-Studenten mit niedrigem Einkommen."

      Jeb Bush, Präsidentenbruder und Gouverneur von Florida, will 5,4 Millionen Dollar sparen, indem er die State Library schließen und das Staatsarchiv "umstrukturieren" lässt. Auf dem Müll landen dann 900.000 Archivstücke - darunter die legendären Lochkarten aus dem Wahldebakel der Präsidentschaftswahl 2000. "Solche Schritte", sagt Bush-Gegner Jim Schnur, ein Historiker am Eckerd College in St. Petersburg, Florida, "bedrohen unsere Kultur."

      Symbolisches Salär von einem Dollar

      In New Jersey hat die Kultur wenig Chancen. Gouverneur James McGreevey, der in ein Fünf-Milliarden-Dollar-Budgetloch starrt, will alle Subventionen für Geschichte und Kunst ersatzlos streichen und die staatliche Historical Commission auflösen.

      Die Axt fällt auch im öffentlichen Nahverkehr. Die staatlichen Betriebe haben landesweit allein sechs Milliarden Dollar in den Terrorschutz für Busse, Züge und U-Bahnen stecken müssen, ohne diese mit Zuschüssen decken zu können. Und so sind auf 90 Prozent aller Strecken jetzt die Fahrpreise angestiegen, ganze Verbindungen verschwunden, wichtige Renovierungen entfallen.

      Das klappt nicht immer. Die mit täglich sieben Millionen Passagieren größte US-Verkehrsgesellschaft, die New Yorker MTA, versuchte die Kosten für einen Fahrschein jetzt von 1,50 auf 2 Dollar anzuheben. Eine Bürgerinitiative zog dagegen vor Gericht, welches die MTA vorerst zurückpfiff.

      Steuern erhöhen nur wenige Staaten

      Nur wenige Staaten wagen sich dagegen ans politische Angstthema: Steuern. Sechs Regierungen haben die Tabaksteuer erhöht (in New York kostet ein Päckchen Zigaretten über sieben Dollar), zwei die Biersteuer, andere die Einzelhandelsteuer. Wieder andere haben bereits in Kraft getretene Steuerkürzungen wieder auf Eis gelegt oder neue Telefonsteuern erfunden.

      Die originellsten Spareinfälle kommen entweder von höchster Stelle - oder von der untersten. Mitt Romney, der Gouverneur von Massachusetts, will seinen Wählern die nächsten vier Jahre umsonst dienen und sein Jahresgehalt (135.000 Dollar) dem Staat schenken. New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg, vierfacher Milliardär, arbeitet bereits für ein symbolisches Salär von einem Dollar. Der Bürgermeister von York in Pennsylvania hat seine Untertanen gebeten, je 3,32 Dollar in die Stadtkasse zu spenden. (Im letzten Monat kamen dadurch 85.000 Dollar zusammen.)

      Kreative Buchführung: "Wie bei Enron"

      Im Schussfeld der Dollarzähler finden sich unvermutet auch die Vize-Gouverneure, die sonst meist zeremonielle Aufgaben haben oder sich einfach nur bereithalten, falls der Chef dienstunfähig wird. In Kentucky wollen die Republikaner dem demokratischen Vize-Gouverneur Steve Henry Dienstvilla, Bodyguards, Büro, Limousine und Koch streichen. Einstweilen musste Henry sogar in den Keller des Kapitolsgebäudes umziehen. Wisconsin debattiert, das Amt ganz abzuschaffen. "Niemand weiß so richtig, womit der sein Geld verdient", sagt der Demokrat Sheldon Wasserman.

      Andere Staaten greifen zu kreativer Buchhaltung: Sie verzögern Steuerrückzahlungen, beschleunigen das Eintreiben von Strafgebühren, verkaufen Immobilien und mieten sie neu an. New Jerseys McGreevey hat eine Schulsubvention von 300 Millionen Dollar vom Juni auf Juli verschoben, also ins nächste Haushaltsjahr. Damit dafür dann Geld in der Kasse ist, wurde die Juni-Zahlung 2004 ebenfalls in die Bilanz für 2005 gehievt. "Das ist wie bei Enron", sagt der Finanzprofessor Michael Granof von der Texas University in Anspielung auf den Buchhaltungsskandal bei dem Energieunternehmen. "Keiner dieser Tricks ist illegal."

      Außerdem beschleunigen sie die Schuldenspirale nur, ohne das Problem zu lösen. In einem Bericht kam die NCSL jetzt zur ernüchternden Einsicht, dass kein Ende der Misere in Sicht ist. "Es wird nur noch schlimmer", sagt NCSL-Finanzanalyst Arturo Perez.

      Auswege aus dem Dilemma wollen über 1200 Landesabgeordnete, Gewerkschaftler und Interessengruppen im Juli auf ihrem fünftägigen Jahreskongress in San Fransisco suchen. Die Konferenzgebühr für Teilnehmer liegt, je nach Provenienz, zwischen 410 und 760 Dollar, plus 215 Dollar Mindestauslage für Unterkunft. Zahlbar, so das Anmeldungsformular, "mit American Express, Visa, Mastercard oder Diner`s Club". Wohl kaum ein Beitrag zur Lösung der Finanzkrise.





      IN SPIEGEL ONLINE

      · Deutsche Staatsverschuldung: "Schwerste Finanzkrise der Geschichte" (05.06.2003)





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      http://www.miprox.de/News.html
      Avatar
      schrieb am 08.06.03 21:54:12
      Beitrag Nr. 3.019 ()
      Avatar
      schrieb am 08.06.03 21:57:23
      Beitrag Nr. 3.020 ()
      Die Baisse dauert an!

      Die Aktienmärkte zeigten sich "noch" von ihrer positiven Seite. Der Dow stieß am Mittwoch/Donnerstag an seinen Kardinalwiderstand bei ~9050. Viele Marktteilnehmer und Analysten gehen davon aus, daß ein neuer Bullenmarkt begonnen hat. Das ist ein großer Irrtum. Wir sind nach wie vor in einer Bärenmarkt-Rally. KGV im SPX um 30 ist teuer. Bullmärkte beginnen, wenn das KGV um 10 und darunter liegt. Davon sind wir noch weit entfernt. Bei jeder vorausgegangenen Rally hatten wir die gleichen Ermunterungen: "Wir sind in einem neuen Bullmarkt". Jedesmal schlug der Bär wieder zurück. Das ist diesmal nicht anders. Jedes Jahr um diese Zeit hören wir von den Experten, daß im 2. Halbjahr die Konjunktur anspringen wird. Aufgrund der miserablen fundamentalen Daten bleibt dies auch dieses Jahr wieder ein Wunschdenken. Die Schönredner sterben nie aus. 6,1 % Arbeitslosenrate in USA, hohe Staats- und Privatverschuldung, schwindendes Verbrauchervertrauen bei steigender Arbeitslosigkeit. Unternehmen investieren kaum und Überkapazitäten bestehen weiter. Man sollte sich mal fragen, weshalb das "Insider-Selling" gerade jetzt heftig zunimmt. Das "Lumpeninvestoriat" (Ausdruck von Bill Bonner) hat davon natürlich wenig Ahnung.

      Am Montag 9. Juni 2003 ist Fibodatum, 89 Tage seit dem 12. März 2003. In USA ist kein Feiertag. Rally A war 25,65 %, Rally B - 24,3 % (12. März - dato). INTRADAY-REVERSAL!

      Die Märkte stehen wieder einmal an einem kritischen Punkt. Die überwiegende Mehrheit der Marktschreiber ist "bullish" und der VIX in der "20er" Region. Hier fanden in der Vergangenheit immer die Wenden statt, wenn der Markt in voller Zufriedenheit den Bullen gallopieren lässt. Der nationale Einkaufsmanagerindex konnte die Marke 50 nicht überschreiten. Es ist höchste Aufmerksamkeit angesagt, denn ein Kollaps kann sehr sehr schnell stattfinden. Die Navigation läuft nach Elliott in eine große Welle 3. Dreier Wellen sind verheerend in einem Bärenmarkt. In einem Bullenmarkt generieren sie gute Gewinne. Dreier Wellen sind meist ausgedehnt. Nicht zu vergessen ist die Zeit um Ende Juli/Anfang August, ein signifikantes 21 Jahres-Tief. Eine neue "Blase" hat sich gebildet. Überkauft und resistent.

      Das Fibodatum hierzu wäre der 3./4. August 2003 (144 Tage seit demTief 12.3.2003) Montag 4. August 2003



      evotrade.de
      Avatar
      schrieb am 08.06.03 22:03:27
      Beitrag Nr. 3.021 ()
      Bundesregierung bastelt an neuem Sparpaket

      DGB kritisiert Kürzungspläne bei Entfernungspauschale / Industrieverband will Subventionen im Osten schonen




      BERLIN/FRANKFURT A. M. (rb/dpa). Die Bundesregierung plant nach Informationen aus Koalitionskreisen ein Haushaltssanierungsgesetz, das die einzelnen Sparbeschlüsse im Rahmen der Etatberatungen 2004 zusammenfasst. Besonders umstritten ist dabei vor allem die Kürzung der Entfernungspauschale für Pendler und der Eigenheimzulage.

      Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich jetzt in den Bund-Länder-Streit über den Abbau steuerlicher Subventionen eingeschaltet. "Die Zeit der Blockade ist vorbei", sagt der stellvertretende Fraktions-Vorsitzende Joachim Poß. Die Union müsse ihre Mitverantwortung wahrnehmen. Poß reagiert damit auf die am Vortag von den Finanzministern der Unionsländer erklärte Absicht, den Abbau von Steuersubventionen nur zuzulassen, wenn zugleich die Steuersätze weiter gesenkt werden. Das lehnt die Bundesregierung jedoch ab.

      Es werde nicht nur das im Bundesrat vereinbarte kleine Anschlusspaket zum Abbau von Steuervergünstigungen geben, betont Poß. Darin soll unter anderem die Mindestbesteuerung für Konzerne geregelt werden. "Aber auch bei anderen Punkten wird die Union bislang bekämpfte Vorschläge wiederfinden", kündigt Poß an. Als Beispiele nannte er neben Kürzungen der Eigenheimzulage, die Entfernungspauschale für Berufspendler, aber auch die Stromsubventionen bei der Ökosteuer.

      Die von den Finanzministern aus Hessen und Nordrhein-Westfalen sowie bei den Grünen angestellten Überlegungen, die Entfernungspauschale zu kürzen oder gar abzuschaffen, würde vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) als Kampfansage angesehen. Dies erklärt DGB-Vorstandsmitglied Heinz Putzhammer. Wenn die Pauschale künftig erst von 50 Entfernungskilometer an gelte, würde dies für fast alle Pendler Einkommensminderungen in erheblichem Umfang mit sich bringen: "Fahrtkosten sind Werbungskosten", sagte Putzhammer. "Es wäre ein sozialer Skandal, wenn nicht sogar verfassungswidrig, wenn ausgerechnet den Arbeitnehmern deren Anerkennung verweigert werden würde, während etwa Freiberufler ihre Fahrtkosten weiterhin als Betriebsausgabe von der Steuer absetzen könnten."
      Nach Ansicht von BDI-Chef Michael Rogowski sollte Ostdeutschland von pauschalen Subventionskürzungen ausgenommen werden. An der Höhe des Solidarpakts dürfe nicht gerüttelt werden, sagt der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie. Zum Aufbau selbsttragender Wirtschaftsstrukturen sei weitere Förderung nötig, die Mittel sollten jedoch auf Infrastruktur, Investitionen und Innovationen konzentriert werden. Für alle anderen Beihilfen sollte mit dem "Rasenmäher" vorgegangen werden, damit alle Empfänger von Subventionen gleichermaßen benachteiligt seien. Beim Streichen müssten auch die Mittel der Bundesanstalt für Arbeit (BA) einbezogen werden, fordert er.

      Der Bund muss der Nürnberger Bundesanstalt nach Einschätzung der Grünen auch im nächsten Jahr bis zu fünf Milliarden Euro Zuschuss zahlen. Finanzminister Hans Eichel (SPD) müsse angesichts der hohen Arbeitslosigkeit von einem "realistischen Ansatz" ausgehen, sagt die finanzpolitische Sprecherin der Grünen, Christine Scheel. Im laufenden Jahr rechnen Experten der Koalition mit einem Zuschuss zwischen acht und zehn Milliarden. Ende Mai betrug das Defizit der BA bereits vier Milliarden Euro.

      Durch Kürzungen der direkten Subventionen des Bundes könnten 2004 allenfalls etwa eine Milliarde Euro gespart werden, sagt Scheel. Die Eigenheimzulage gehöre deshalb als steuerliche Vergünstigung auf den Prüfstand. Sie fordert neben Kürzungen für kinderlose Paare auch, die Einkommensgrenzen für die Zulage zu senken.



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      Dokument erstellt am 06.06.2003 um 16:16:19 Uhr
      Erscheinungsdatum 07.06.2003
      Avatar
      schrieb am 08.06.03 22:09:05
      Beitrag Nr. 3.022 ()
      "Das Kapital kennt weder Vaterland noch Gefühle"

      Unternehmen lassen sich mit öffentlicher Förderung in strukturschwachen Regionen der EU nieder und gehen, wenn anderswo höhere Subventionen winken



      "Wie Beduinen, die zu neuen Weideplätzen ziehen, packen sie zusammen, weil anderswo die Arbeit noch billiger ist." Manuel Carvalho da Silva ist empört. Der Chef des portugiesischen Gewerkschaftsverbandes CGTP weist darauf hin, dass innerhalb von nur drei Wochen drei ausländische Unternehmen ihre Zelte in Portugal abgebrochen haben: die deutschen Modefirmen Gerry Weber aus dem westfälischen Halle und Püttmann aus Paderborn sowie der britische Schuhkonzern Clarks.

      Wie der Gewerkschafter Carvalho da Silva warnen in Portugal auch Wirtschaftswissenschaftler und Lokalpolitiker vor transnationalen Unternehmen, die als Investoren in strukturschwachen Regionen der Europäischen Union (EU) üppige Subventionen kassieren, sich aber davonmachen, sobald ihnen anderenorts neue - und möglicherweise höhere - öffentliche Hilfen winken.

      Als das portugiesische Personal von Gerry Weber nach einem zweiwöchigen Zwangsurlaub an seine Arbeitsplätze zurückkehren wollte, erfuhr die Belegschaft per Notiz an der Stechuhr, die Fabrik sei wegen wirtschaftlicher und finanzieller Schwierigkeiten geschlossen. Dabei hatten sich die Ost-Westfalen 1991 in Figueiró dos Vinhos, im Norden Portugals, angeblich mit der Zusage nieder gelassen, mindestens bis 2007 zu bleiben.

      "Diese Unternehmen erhielten finanzielle Unterstützung, damit sie sich hier ansiedelten. Jetzt machen sie dicht und versuchen, bei den EU-Anwärtern neue Subventionen zu kassieren", klagt Bürgermeister Fernando Manata. Auch die Stadtverwaltung hat sich um den Investor aus Deutschland bemüht und mit der Aussicht auf neue Arbeitsplätze Gemeindeflächen als preiswertes Bauland angeboten sowie auf eigene Kosten Zufahrtsstraßen gebaut.

      Unternehmenssprecher Hans-Dieter Kley begründet den Rückzug von Gerry Weber mit den hohen Produktionskosten in Portugal. Immerhin habe die Firma dort zwölf Jahre lang fertigen lassen. Er bestätigt, für die Ansiedlung EU-Zuschüsse erhalten zu haben. Die vorgeschriebene Ansiedlungsdauer sei jedoch bereits 1998 abgelaufen.

      Kley zufolge wurden die Arbeitsplätze in Figueiró dos Vinhos allmählich abgebaut. "Den Mitarbeitern wurden Höchstabfindungen in Aussicht gestellt, sofern sie mit dem Unternehmen Auflösungsverträge abschließen." Von diesem Angebot - der Lohnfortzahlung bis zum Ende des folgenden Monats und einer Entschädigung von 1,5 Monatslöhnen pro Jahr der Betriebszugehörigkeit - hätten denn auch alle Gebrauch gemacht.

      Noch dramatischer sind die Folgen, die Clarks mit der Schließung der Fabrik in Castelo do Palva, einer der ärmsten Städte Portugals, verursachen. Dort sorgten die Briten für ein Viertel der vorhandenen Arbeitsplätze. "Der soziale Schaden, den diese Multis anrichten, ist gewaltig", klagt Bürgermeister Paulo Teixeira.

      Er hat das Problem Ende Januar beim Treffen des EU-Regionalausschusses in Brüssel vorgebracht und gemeinsam mit anderen Bürgermeistern aus Portugal, Spanien und Griechenland von der Europäischen Union verlangt, mit geänderten Vorschriften zu verhindern, dass Unternehmen, die Subventionen für ihre Ansiedlung in strukturschwachen Gebieten kassierten, einfach weiterziehen, wenn es anderswo höhere EU-Hilfen gibt.

      "Dank der vielstimmig vorgetragenen Klagen lässt es sich vielleicht vermeiden, dass solche Unternehmen erneut zum Zuge kommen, wenn Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, die tschechische Republik, die Slowakei, Slowenien, Ungarn und Zypern in die Europäische Union aufgenommen werden", hofft Gewerkschaftssprecher Manuel Graça,

      Für den Wirtschaftsanalysten Carlos Romero, der die Fabrikschließung untersuchte, steht außer Frage, dass für Investoren wie Clarks "Portugals Arbeitskraft nichts weiter ist als eine billige Ware. Es wird aber immer leichter, Standorte zu finden, wo Arbeiter bereit sind, für weit weniger Geld noch mehr zu arbeiten."
      Im Fall des deutschen Unternehmens Püttmann, dessen Tochterfirma Bawo seine Zelte in Portugal abbricht, um sich in Ägypten anzusiedeln, verhinderten aufgebrachte Arbeiter zunächst den geplanten Abbau der Produktionsanlagen. Aus Protest schlugen sie vor den Fabriktoren ein Zeltlager auf und klagten in der Regionalhauptstadt Oliveira de Azeméis vor Gericht erfolgreich auf Unterlassung der Demontage.

      Jetzt muss die Regierung prüfen, ob die Fabrikschließung rechtens ist und wie es um die fälligen Abfindungen für die Beschäftigten steht.

      Püttmann lehnte eine Stellungnahme zu den Vorwürfen ab und verwies auf die österreichische Tochterfirma Creation Stummer, die sie aber auch nicht kommentieren wollte.

      Und so sieht die Rechtslage aus: Unternehmen, die sich in wirtschaftlich rückständigen Regionen ansiedeln, bekommen ihr Engagement durch Zuschüsse versüßt, die wiederum paritätisch aus nationalen und Brüsseler Töpfen kommen. Die Investoren gehen dabei die Verpflichtung ein, mindestens fünf Jahre über jenen Zeitpunkt hinaus vor Ort zu bleiben, an dem sie zuletzt Strukturfonds-Gelder kassiert haben. Während dieser Frist dürfen sie auch keine Arbeitsplätze abbauen, die nachweislich mit Hilfe europäischer Fördermittel geschaffen worden sind.




      Sollte ein Investor also letztmalig Anfang 1998 Regionalhilfen erhalten haben und jetzt die Zelte abbrechen, "dann ist das für uns formal sauber", räumt ein Sprecher des für Regionalpolitik zuständigen EU-Kommissars Michel Barnier ein: "Stilfragen" könne man leider nicht berücksichtigen.
      In der Europäischen Kommission, die über die millionenschweren EU-Fördermittel zu wachen hat, werden Vorgänge wie die in Portugal mit einer Mischung aus Bedauern und Hilflosigkeit kommentiert. "Wir werden regelmäßig mit solchen Problemen konfrontiert", heißt es in der Umgebung Barniers. Und sie kämen durchaus auch aus anderen Ländern.

      Zu Beginn des Jahres etwa habe sich die Belegschaft des Lütticher Stahlwerks Cockerill darüber beschwert, dass der französische Mutterkonzern Arcelor über Nacht den Abbau mehrerer hundert Jobs angeordnet habe. "Wenn die Fristen eingehalten werden, können wir wenig ausrichten", betont der Barnier-Sprecher.

      Die plötzliche Abwanderung von Investoren könne möglicherweise mit dem Arbeitsrecht angefochten werden: nämlich dann, wenn die Betriebsleitung es versäumt haben sollte, die Arbeitnehmervertreter frühzeitig über wichtige Unternehmensbelange zu informieren.

      Im Westen der Iberischen Halbinsel sind es jedoch nicht allein ausländische Investoren, die Portugal verlassen, um sich nach profitableren Produktionsstandorten umzusehen. Auch einheimische Unternehmen wandern aus. Von der durch die Globalisierung wachsenden Konkurrenz bedrängt haben zahlreiche Firmen beschlossen, sich in Brasilien anzusiedeln.

      Andere, die nicht nur in Portugal, sondern EU weit im Geschäft sind, kehren hohen Steuern und schwerfälliger Bürokratie den Rücken und lassen ihre Firma etwa in Amsterdam registrieren. Das geht wesentlich schneller und einfacher als zu Hause in Lissabon und bringt dank des besonders effizienten und gut organisierten holländischen Steuersystems noch weitere Vorteile.

      Die Schließung so genannter Beduinen-Fabriken könne angesichts der herrschenden Marktregeln niemanden überraschen, betont der Wirtschaftswissenschaftler Alvaro de Sousa. "Das Kapital kennt weder Vaterland noch Gefühle. Es bricht alle Versprechen und geht immer dorthin, wo es die besten Konditionen findet." (ips / mbe)


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      Dokument erstellt am 06.06.2003 um 16:16:44 Uhr
      Erscheinungsdatum 07.06.2003

      Hurra, es lebe die Globalisierung!
      Avatar
      schrieb am 08.06.03 22:45:53
      Beitrag Nr. 3.023 ()
      Denk-Zettel

      Die Krise der Staatsfinanzen – Kommt jetzt eine Deflation?



      1. Die Krise des weltweiten Staatsfinanzsystems ist offenkundig. Der Staatsbankrott ist unabwendbar, da die Zuwachsrate der Staatsverschuldung über der des BIP liegt, die Zinsen aus der Staatsverschuldung jedoch nur aus Abforderung aus dem BIP beglichen werden können. (Lüftl-Formel)


      2. Historische Staatsbankrotte. Wichtig: Immer nur in etwas möglich gewesen, was der jeweilige Staat selbst herzustellen bzw. zu verschlechtern nicht in der Lage war. Rom (Gallienus), Frankreich 1788 (Silber-Livre), Dollar bzw. Gold in den 30er Jahren. Argentinien aktuell.


      3. Novum und Grundthese: Ist ein Staat in eigener Währung verschuldet und muss er über den Kapitalmarkt, kommt es zur deflationären Depression (Notenbank kauft dem Publikum die Anleihen ab, führt zum Nullzins und zur Liquiditätsfalle). Kann er direkt auf die Notenbank ziehen, kommt es zur Hyperinflation, da der Staat an die Notenbank keinen Zins bezahlen muss bzw. kann, so dass zum Schluss gleich unverzinsliche Titel an die Notenbank gegeben werden.


      4. In beiden Fällen (Bankrott durch Entzug der Besteuerungsbasis) bzw. Bankrott durch Repudiation = Zurückweisung des Staatsgeldes) ist der Schuldenstand des Staates am Tag des Bankrotts am Höchsten. Eine „Entschuldung“ des Staates durch Inflation ist per se unmöglich. Siehe Reichsbank-Ausweis 1923.


      5. Aktuelle Lage in der BRD: Im 1. Quartal 2003 mehr Schulden (plus kassiertem Bundesbank-„Gewinn“) als an Lohn- und vor allem an Umsatzsteuer eingekommen ist („Finanzierungssaldo“).


      6. Der Staat bilanziert nicht. Würde er bilanzieren, wäre seine Insolvenz unschwer erkennbar. Seine Verpflichtungen aus Schulden plus Pensions- und Rentenverpflichtungen (abgezinst) liegen bereits beim ca. Zehnfachen des jährlichen Steueraufkommens. Indem sich der Staat verschuldet, diskontiert er immer künftige Steuereinnahmen.


      7. Die Schuldenaufnahmeregelung des GG (Art. 115) ist Augenwischerei, da der Staat mit seiner kameralistischen Buchführung nicht die Abschreibungen der Folgejahre über thesaurierte Steuereinnahmen berücksichtigt. So werden zum Schluss immer dieselben Investitionen (Straßen, Gebäude) getätigt und nicht etwa zusätzliche. Der Verfall der gesamten Infrastruktur ist die logische Folge.


      8. Verrentungseffekt der Staatsverschuldung. Da diese arbeitslose Einkommen schaffen (weder der Staat leistet, da er hoch bucht, noch die Bürger, nachdem sie aus Teilen des von ihnen erbrachten BIP zur Besteuerung herangezogen werden) wird nicht gearbeitet und muss auch nicht gearbeitet werden. Das Einkommen aus Staatstiteln verhindert automatisch Einkommen aus Markt-Leistung. Dies ist der eigentliche „Crowding-out“-Effekt der Staatsverschuldung: Je höher diese (und damit die daraus ans Publikum fließenden Einzahlungen), desto sklerotischer wird der Rest der Wirtschaft. Deutlichstes Merkmal: Zunehmende Arbeitslosigkeit zu den von den Arbeitslosen geforderten Löhnen.


      9. Das Grundproblem des Staates: Steuern müssen bereits eingehen, bevor Einkommen im Nichtstaatssektor entstehen können (Garantie des Eigentums, Rechtssicherheit, Vollstreckbarkeit, Sanktionen, usw. vgl. „Myth of Ownership“).

      10. In der Geschichte finden wir als erstes Abgaben und damit Surplus-Erzwingung (tributär-restributiv), danach Abgaben zu Thesaurierungs-Zwecken und schließlich den ersten „Kreislauf“: Mit Metall wurden Söldner bezahlt (siehe Persien, Kroisos, usw.). Klartext: Der Staat schafft überhaupt erst das Wirtschaften, das über den reinen Subsistenzbedarf hinausgeht.


      11. Die vom Staat zu Abgaben Verpflichteten holen zur Gegenbewegung aus: Sie beschaffen sich die Abgabenmittel durch Handel (Fernhandel zuerst!) bzw. das Abgabengut (Bergbau mit Gegenbewegung Bergregalien) bzw. erzwingen vom Staat (Unter-)Eigentumstitel oder sonstige Monopole (Charter, auch für Kapitalgesellschaften mit Haftungsbeschränkung, usw.) oder versuchen an das stets knappe Abgabengut durch Produktivitätssteigerung bei den Waren oder Leistungen zu kommen, mit deren Hilfe das Abgabengut eingetauscht werden kann. Daraus ergibt sich ein prinzipiell inflationärer Trend: Das Abgabengut („Geld“ = „Schuld“) wird entwertet.


      12. Dagegen wehrt sich der Staat durch Abgabenerhöhung bzw. durch eine an ein Nominal gebundene Ausgabenpolitik, wobei der Staat also mit etwas bezahlt, was am Material und über den Markt gemessen für wertvoller erklärt wird als es tatsächlich ist (Münzverschlechterung).


      13. Den Anstoß zum produktiveren und arbeitsteiligen Wirtschaften lässt der Staat durch einen entscheidenden historischen Fehler ins Leere laufen: Er geht von der Personen- bzw. Objektsteuer (pro Kopf oder pro Einheit Eigentum) zur ertragsabhängigen Besteuerung über (Entstehung von Umsatz- und vor allem progressiver Einkommensteuer). Damit liefert er sich dem wirtschaftlichen Ablauf komplett aus.


      14. Der sog. „Zins“, der zunächst „Census“ (= Abgabe ist, siehe Wortstamm) wird zum „Wucher“ (usura, fenus), sobald erwartete Einzahlungen diskontiert werden. Dazu bedarf es eines sanktionsbewehrten Termins, weshalb der „Kalender“ von Bedeutung wird. Bei den Privaten muss der Termin eingehalten werden, wobei es sich zunächst um Abgabentermine handelt und ein entsprechendes Abgabenmittelbeschaffungs-Publikum auftritt („Juden“). Erfüllen Private ihre Verpflichtung nicht, erfolgt Schuldhaft, Schuldknechtschaft usw., erfüllt der Staat nicht, laufen seine Titel auf Null aus (Venedig).


      15. In der privaten Wirtschaft gilt der Grundsatz des Debitismus: Die Vorfinanzierung eines zeitlich früheren Schuldner muss immer durch zusätzliche Nettoneuverschuldung eines zeitlich späteren Schuldners hereingeholt werden. Dies wiederspricht dem Say’schen Theorem und sämtlichen „Gleichgewichtsmodellen“ des Mainstreams, erklärt aber durch den auf dem System lastenden Druck, die Schuldendeckungsmittel zu beschaffen (wiederum „Geld“), die kapitalistische „Dynamik“: Der Kapitalismus ist ein Kettenbriefsystem – open end (vgl. Dissertation Stelter, St. Gallen 1991).


      16. Durch den Abgang vom Warengeld-Standard (mit Gold waren sowohl der Staat als auch die Notenbank endgültig zu befriedigen) mutierten die Notenbanken vom Lender of last ressort zu Institutionen, die das Steuerzahlungsmittel (= „gesetzliches Zahlungsmittel“, „legal tender“) als Monopolanstalt ausgeben. Das Steuerzahlungsmittel muss immer materiell sein, das Material selbst spielt keine Rolle mehr. Voraussetzung: fälschungssicher. Das System des heutigen GZ bedeutet: Beschaffungszwang bei der Notenbank.


      17. Die Notenbank verleiht das GZ gegen eine Steuer („Leitzins“) unter Hinterlegung von Pfändern (inzwischen fast nur noch Staatstitel). Wir haben also eine Steuer auf dem Steuerzahlungsmittel. Notenbanken vergeben niemals Kredit!


      18. Die Notenbank ist auch niemals zu befriedigen, sofern deren „Zins“ (Steuer) über Null liegt. Bei unter Null wäre es eine Steuersubvention für die Geschäftspartner der Notenbank (MFIs bzw. Geschäftsbanken). Auch dies wäre eine Möglichkeit, wenn auch mit einer Verteilungs-„Schlagseite“, zu inflationieren.


      19. Das GZ dient heute zur Abdeckung von Verbindlichkeiten, sobald deren Termin und damit die Umwandlungspflicht in tägliche Fälligkeit gekommen ist – zunächst gegenüber dem Staat als ursprünglichem Terminsetzer, dann derivativ gegenüber dem gesamten Nichtstaatssektor. Wichtig: Mit GZ wird niemals „gekauft“, sondern es werden immer nur fällige Verbindlichkeiten abgelöst (die durchaus auch aus Kaufkontrakten bzw. Geschäften „Zug um Zug“ stammen können).


      20. Gekauft wird immer auf Kredit, wann immer der fällig ist oder wird. Der Kredit ist dabei (siehe oben) immer die Diskontierung von späteren Einzahlungen durch einen am ursprünglichen Kontrakt nicht Beteiligten Dritten (Titelzession). Hat jemand keine Einzahlungen in Zukunft zu erwarten, kann er diese auch nicht diskontieren und niemals „Kredit“ in monetärer, also täglich fälliger Form erhalten. Zusätzlich werden die Kredite besichert (Pfand), wobei die Notenbank künftige Steuerzahlungen als Pfand nimmt, d.h. Staatspapiere. Das „Geld“ (GZ), das die Notenbank herausgibt, ist also letztlich nichts anderes als eine simulierte künftige Steuerzahlung.


      21. Bei den Preisen muss zwischen Angebots- und am Markt realisierten Preisen unterschieden werden. Letztere lassen sich nur realisieren, wenn Kaufkontrakte geschlossen werden, immer lautend auf Kredit – wann immer dieser abgelöst wird.
      22. Eine Zusammenhang zwischen Preisen und „Geld“ (bzw. „Geldmengen“ gab es nie und gibt es nicht. Es existiert nur ein Zusammenhang zwischen Preisen und Krediten, die beim Kauf vereinbart wurden, wobei es keine Rolle spielt, wann der Kredit abgelöst wird.


      23. Werden Kredite nicht mit Hilfe von vermarktetem BIP und den entsprechenden Zahlungen daraus abgelöst (typisch. „staatliche Ankurbelungsprogramme“, denen keine Steuerabforderungen folgen) kommt es zu Preissteigerungen, was typisch für die 70er Jahre war, als nach dem endgültigen Abgang vom Goldstandard das freie Diskontieren künftiger Steuereinnahmen ermöglicht wurde.


      24. Wird diese Form der „Nachfrage“ nicht fortgesetzt (da zusätzliche Verschuldung in relativ immer weiter ansteigenden Zinszahlungen und deren „Hochbuchung“ sich erschöpfen muss), ergibt sich die typische Disinflation, die immer in einer Finanztitel-Manie enden muss.


      25. Nach dem Ende dieser Manie („irrational exuberance“) setzt über kurz oder lang eine Deflation im realwirtschaftlichen Sektor ein (keine bisher bekannte historische Ausnahme!). Diese hat ihre Ursache im wegfallenden „wealth effect“ (Aktien- und Immobilien-Bubbles platzen), der wiederum die Besicherungsbasis für „new credits“ zusammenschnurren lässt. Alle Welt fühlt sich „ärmer“ und verschuldet sich weniger bzw. kann sich aufgrund gefallener Werte, Preise, Kurse der Besicherungs-Pfänder nicht mehr im früheren Umfang verschulden. Bilderbuchartig schon ab 1990/92 beim Kollaps der japanischen Aktien- und Immobilienspekulation zu beobachten. Dazu kommt on top ein fallendes „Vertrauen“ (Klartext: auf künftige Einzahlungen) bei Verbrauchern und Geschäftsleuten.


      26. Nach Kreditexzessen müssen die Preise immer wieder dorthin zurückfallen, wo sie hergekommen sind, was sich ebenfalls aus wiederholter historischer Erfahrung beweist.


      27. Kredite werden notleidend, die mit höheren Kursen, Preisen, Werten besichert waren. Sie werden jedoch nicht ausgebucht, um das „Bankensystem“ nicht ebenfalls in den Kollaps zu zwingen (Unterschied USA 1930 ff. gegenüber Japan, usw. heute). Die Folge ist jedoch, dass die Kreditvergabe- bzw. Refinanzierungsbasis der Banken die benötigten „new credits“ (Greenspan) nicht mehr stemmen kann.


      28. Sobald sich die Staatsnachfrage im Hochbuchen erschöpft, versuchen die Notenbanken mit Hilfe von „Geldmengen“-Effekten zu arbeiten. Sie können zusätzliche Liquidität jedoch nur ins System pumpen, indem sie Staatstitel kaufen und deren Kurse weiter in die Höhe treiben bzw. dort halten. So schlägt die daraus entstehende Null-Rendite, die nicht mehr weiter zu senken ist, in das Null-Zins-Phänomen um.


      29. Liquidität (tägliche Fälligkeiten bzw. GZ) dient nur noch dazu, Fälligkeiten abzulösen bzw. dazu, gehortet zu werden, da man sich mit der Liquidität keinerlei höhere Einzahlungen in Zukunft mehr versprechen bzw. diese kaufen kann. Fallible oder bereits wackelnde Schuldner können gegen keine Titel, welche auch immer, an diese Liquidität mehr kommen. Die Liquiditätsfalle schnappt zu.


      30. Wird mit fallenden Preisen gerechnet, verstärkt sich das Problem, da sich durch das Hinauszögern von Auszahlungen ein „Realzins“ ergibt (Morgen ist alles billiger als heute). Die klassische Deflation beginnt und verstärkt sich automatisch aus sich selbst heraus.

      Diskussion von „Ausweg“-Vorschlägen (Krugman, Friedman, Bernanke, Koenig, Goodfriend, EZB usw.) und warum sie nichts fruchten werden.


      Zürich, 3. Juni 2003 Dr. Paul C. Martin


      http://f17.parsimony.net/forum30434/messages/196538.htm
      Avatar
      schrieb am 08.06.03 22:55:00
      Beitrag Nr. 3.024 ()
      COMMERZBANK

      Top-Management fällt vom Glauben ab

      Spitzenmanager der krisengeschüttelten Commerzbank haben offenbar wenig Vertrauen in die Zukunft ihres Unternehmens. Zu Beginn des Jahres haben die Führungskräfte sicherheitshalber ihre eigenen Pensionsansprüche gegen eine Insolvenz abgesichert.



      Normalerweise sind im Falle eines Firmenzusammenbruchs Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung bis zu einer Höhe von monatlich 7140 Euro über den Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) abgedeckt, Zusagen darüber hinaus verfallen. Nun werden die Ansprüche von Mitarbeitern der Commerzbank und einiger Tochterunternehmen, welche die PSV-Grenze überschreiten, über eine "doppelte Treuhand" abgesichert.
      Nutznießer sind Vorstände und Topmanagement, insgesamt rund 160 Führungskräfte in Deutschland. Zu diesem Zweck wurde bereits im Januar in Frankfurt der "Commerzbank Pension-Trust e. V." gegründet. Ziel des Vereins ist die "Übernahme und Verwaltung von Vermögensgegenständen", die der Sicherung von Ansprüchen aus der betrieblichen Altersversorgung dienen. Insgesamt geht es um Ansprüche von rund 100 Millionen Euro.

      Die Bank hat insgesamt 1,5 Milliarden Euro Pensionsrückstellungen in der Bilanz stehen. Laut Geschäftsbericht ist "die Dotierung des Treuhandvermögens im Verlauf des Geschäftsjahres 2003 vorgesehen". Dieses Treuhandvermögen, und damit die Pensionen, sind im Ernstfall vor dem Zugriff des Insolvenzverwalters geschützt.









      © DER SPIEGEL 24/2003
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      Avatar
      schrieb am 08.06.03 23:04:29
      Beitrag Nr. 3.025 ()
      Die World Trade Conspiracy

      Autor: Mathias Bröckers am 23.03.2002

      Wissen Sie was die Weltbank tut? Oder der Internationale Währungsfond? Beide Institute behaupten, dass sie die Öko- nomie und Währungen von Entwicklungsländern durch lang- fristige Kredite stützen und die Armut in der Dritten Welt be- kämpfen. Doch das tun sie natürlich nicht. Stattdessen nut- zen sie ihre Finanzinstrumente, um die Wirtschaft dieser Län- dern unter Kontrolle zu bekommen - und unterstützen dabei jede Regierung, die das gewährleistet, wie korrupt, diktato- risch oder unfähig sie sein mag.

      Soweit ist die Kritik an diesen "ehrenwerten" Institutionen bekannt und so pauschal auch wenig fruchtbar. Doch Greg Palast, einer der wenigen investigativen Top-Journalisten, die sich nach dem 11.9. nicht in den Dienst der Propagandama- schine gestellt haben, kann anhand von Dokumenten derlei Pauschalvorwürfe nicht nur konkret belegen, sondern am Beispiel des aktuellen Argentinien-Desasters auch nachwei- sen, mit welchen kriminellen Methoden IWF und Weltbank dabei operieren. Da die Arbeitsmöglichkeiten für unabhängi- ge Journalisten in USA eher bescheiden sind, arbeitet Palast derzeit zwar vor allem für die BBC und britische Zeitungen. Doch was brisante US-Dokumente betrifft scheint er nach wie vor über gute Heimatkontakte zu verfügen. So wurde ihm die Verordnung "W199I" zugespielt, mit der die Bush-Regierung im letzten Sommer die FBI-Fahndung nach "Al-Qaida" unter- band - worauf der Top-Terroristen-Fahnder John O`Neill re- signiert seinen Job hinwarf (siehe: In Memoriam John O`Neill - der kaltgestellte Jäger Bin Ladins starb im WTC).

      Das von Greg Palast publik gemachte Dokument wird auch in dem Gerichtsverfahren eine Rolle spielen, das ein noch ano- nymer FBI-Beamter mit Unterstützung des Anti-Korruptions- Büros Judical Watch jetzt gegen die US-Regierung anstrengt: wegen Behinderung der Fahndung nach Bin Ladin.

      Liest man das Interview mit Palast über seine Recherchen und Dokumente in Sachen IWF/Weltbank, dann dürften auch diese Unterlagen noch größere Wellen schlagen. Der Welt- bank-Chef Wolfensohn weigerte sich jedenfalls vorerst, einer Einladung von CNN zu folgen und den Fall mit Palast im Stu- dio zu diskutieren - nachdem die zuerst offiziell bestrittene Echtheit der "eyes only" Dokumente außer Frage stand. Es handelt sich dabei laut Palast um Kopien von geheimen Ver- einbarungen, deren Unterzeichnung von Ländern wie Argen- tinien verlangt wurde, bevor sie in den Genuss von IWF/Welt- bank-Krediten kommen können.

      Voraussetzung ist der "Privatisierung" genannte Verkauf öf- fentlicher Einrichtungen (Wasser- und Elektrizitäts-Versor- gung, Verkehrssysteme, Telefonnetze, Ölpipelines) an inter- nationale Unternehmen - und die "Bearbeitung" der verant- wortlichen Politiker, die Palast am Beispiel eines argentini- schen Senators schildert:

      "Vor zwei Wochen sprach ich mit einem Senator aus Argen- tinien. Ich hatte ihn vor der Kamera. Er sagte, dass er Ende 1988 einen Anruf von George W. Bush, unserem heutigen Präsidenten, erhielt, der ihm sagte, er solle die Pipeline (zwi- schen Argentinien und Chile) an Enro geben.

      Was er dann herausfand, sagte er, war ziemlich unheimlich: Enron wollte nur ein Fünftel des weltmarktüblichen Preises bezahlen und er fragte, wie man nur ein solches Angebot machen könne. Und es wurde ihm gesagt - nicht von George W., sondern von einem Partner in diesem Deal: Auch wenn wir nur ein Fünftel bezahlen, bleibt davon ein ziemliches Stück für dich und geht auf dein Schweizer Konto. So läuft es."

      Der Chefökonome der Weltbank und Wirtschafts-Nobelpreis- träger, Joe Stiglitz, wurde gefeuert, als er nach Dienstreisen in die betroffenen Länder die Details dieser Praktiken durch- schaute und begann, kritische Fragen zu stellen. Palast hat mit ihm ausführlich gesprochen - und schildert die Methoden, mit denen Staatsunternehmen der Bevölkerung geraubt und unter IWF/Weltbank-Kontrolle gebracht werden:

      “Er berichtete mir, dass er in Ländern gewesen sei, in denen über Privatisierung und den Verkauf dieser Unternehmen ge- sprochen wurde. Und grundsätzlich wussten sie, sie wussten es ausdrücklich und schauten weg, als klar wurde, dass die Führer dieser Ländern und die verantwortlichen Minister Hun- derte von Millionen Dollar einsackten.(..)

      Sie übergeben dann (die Unternehmen) üblicherweise an die Spezis, wie die Citibank, die sich die Hälfte der argentini- schen Banken schnappte. Oder British Petroleum, die sich die Pipeline in Ecuador schnappten. Dass sich Enron überall die Wassersysteme unter den Nagel reißt, hatte ich schon erwähnt. Und das Problem ist, dass sie diese Systeme auch zerstören. Mittlerweile kannst Du in Buenos Aires kein Trink- wasser mehr bekommen. Ich meine, dass ist nicht mehr eine Frage von Diebstahl. Du kannst den Hahn nicht mehr aufdre- hen. Das ist mehr als nur reich werden auf öffentliche Kos- ten.(..)

      IWF und Weltbank sind zu 51% im Besitz des US-Schatzamts. So fragt es sich, was wir für das Geld bekommen, das wir hier hineinstecken. Und es sieht aus, als bekämen wir in verschie- denen Ländern nur Chaos. In Indonesien brennt es. Der Welt- bank-Chefökonom Stiglitz sagte mir, dass er begonnen hatte, Fragen zu stellen: In jedem Land, in das wir gehen und uns einmischen, zerstören wir die Ökonomie und setzen alles in Flammen. Und er meinte, dass er wegen dieser Fragen gefeu- ert wurde.

      Darüber hinaus sagte er noch, dass sie sogar Aufstände ein- planen. Sie wissen, wenn sie ein Land ausquetschen und sei- ne Ökonomie zerstören, dann Aufstände in den Strassen die Folge sind. Und sie sagen, tja, das ist der IWF-Aufstand. In an- deren Worten, wenn du diese Aufstände hast, hast du verlo- ren. Alles Kapital flüchtet aus deinem Land und das gibt dem IWF die Möglichkeit, dann noch weitere Bedingungen zu stel- len. (..)

      Nach den Anschlägen vom 11. September rannte Bush her- um und sagte, wir müssen 50-100 Milliarden Dollar ausgeben, um die Wirtschaft in Gang zu halten. Wir kürzen nicht den Haushalt, wir versuchen die Wirtschaft zu retten. Doch diesen Ländern erzählen sie nur eins: ihr müsst kürzen, kürzen, kür- zen. Und warum? Nach diesen internen Dokumenten vor al- lem deshalb, damit sie ihre Zahlungen an die ausländischen Banken leisten können - und diese Banken verlangen Zinsen zwischen 21% und 70%. Das sind Wucherzinsen. Tatsächlich war es so schlimm, dass sie von Argentinien verlangten, sei- ne Gesetze gegen Kredithaie abzuschaffen, weil sonst alle Banken als Kredithaie dagestanden wären."

      Hier haben wir, wie in einer Nussschale, die Grundzüge des großen Spiels.

      Schritt 1: Knüpfe die Kreditvergabe durch IWF/Weltbank an maximale "Privatisierung" öffentlichen Besitzes, besteche die Verantwortlichen und bringe die Schlüsselindustrie unter Kontrolle.

      Schritt 2: Verordne zum Zwecke der Konsolidierung Haus- haltskürzungen, Sparmaßnahmen, Abbau des Sozialsystems etc., um die Bedienung der Kredite aufrechtzuerhalten. Nimm dabei den starken Niedergang der Inlandsproduktion, Bevöl- kerungsaufstände und Kapitalflucht in Kauf.

      Schritt 3: Ist die Wirtschaft weitgehend zerstört und das Land zu einer Eigenversorgung nicht mehr in der Lage, öffne die Zollgrenzen für fremde Produkte und nimm für Lebensnot- wendiges (wie Medikamente) horrende Preise und Zinsen.

      Schritt 4: Installiere eine militarisierte Firmen-Regierung, die fortan die Geschäfte der "Kolonie" wieder gewinnbringend betreibt und mögliche Sklavenaufstände im Keim erstickt.

      Die Überschrift "Conspiracy" für diese globalisierte Form des Welthandels scheint unangemessen; sie geschieht, abgese- hen von konspirativen "agreements of understanding", wie sie Greg Palast in die Hände kamen, weitgehend offen und unter aller Augen. Mit Mullah Omar und seiner Taliban-Regie- rung wurde bis August 2001 über die Pipeline durch Afgha- nistan verhandelt. Ihr o.k. zu den amerikanischen Konditio- nen hätte ihnen einen "Teppich voller Gold" (sprich: neue IWF/Weltbank-Kredite) eingebracht, ihr Nein - und ihr offenba- res Desinteresse an einem Zubrot auf einem diskreten Konto - brachte ihnen dann den vom US-Verhandlungsführer ange- drohten "Teppich von Bomben".

      Und mittlerweile, mit einem ehemaligen Unocal-Berater als Präsidenten Afghanistans, auch ein "corporate government" bzw., um mit dem Titel von Palasts letzte Woche erschiene- nem Buch zu sprechen: "Best democracy money can buy".

      Wer mit Geld für diese "Demokratie" nicht zu haben ist, muss sich mit Bomben nachdrücklich überzeugen lassen. Dank des 11.9. und des neuen "war on terror" braucht es dafür nicht einmal mehr eine Entschuldigung. Insofern war der Usama-Fake, der ihn möglich machte, vielleicht die letzte groß-konspirative Aktion des bushistischen Imperiums, das die Krallen seiner Macht nunmehr gänzlich ungeniert spielen lassen kann.

      Wer im Ausland Post aus dem einstigen "Land of the Free" bekommt, kann den neuen imperialen Anspruch und die alte Tradition - von Cäser über Hitler zu Bush - schon deutlich erkennen, auf den Briefmarken.

      http://f7.parsimony.net/forum9673/messages/28570.htm
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      schrieb am 08.06.03 23:11:59
      Beitrag Nr. 3.026 ()
      GATS - ein unmoralisches Abkommen


      Das Allgemeine Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen GATS (General Agreement on Trade in Services) aus Sicht der katholischen Soziallehre und einer indischen Bürgerrechtlerin


      Das Allgemeine Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen GATS (General Agreement on Trade in Services) wird zurzeit im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) verhandelt und soll im September im mexikanischen Cancún verabschiedet werden. Zurzeit feilschen die Regierungen darüber, welche Bereiche dem weltweiten Wettbewerb ausgesetzt werden sollen. Die Entwicklungsländer befürchten, einer Öffnung nicht gewachsen zu sein, während die Industrieländer diese forcieren wollen. Der GATS-Katalog umfasst rund 150 Dienstleistungsbranchen, von der Energie- und Wasserversorgung über Krankenhäuser, Versicherungen und Bildung bis zur Altenpflege und Jugendhilfe.
      Im Folgenden dokumentieren wir zwei Texte, die sich aus unterschiedlicher Perspektive mit GATS auseinandersetzen. Den ersten Text hat uns dankenswerterweise Alois Reisenbichler aus Wien zugesandt - es ist eine Kritik aus der Feder eines katholischen Theologen, Franz Sieder. Im Anschluss ein Interview mit der bekannten indischen Bürgerrechtlerin und Ökologin Vandana Shiva.


      GATS - ein unmoralisches Abkommen

      Kaplan Franz Sieder

      Wenn ich meine Aufgabe in erster Linie darin sehe, eine ethische Bewertung zum geplanten GATS-Abkommen zu geben, dann möchte ich zuerst versuchen, aufzuzeigen, in welchem wirtschaftli-chen und gesellschaftlichen Umfeld GATS entsteht.

      Die Situation der Weltwirtschaft hat sich verändert. Man nimmt immer mehr Abschied von der sozialen Marktwirtschaft und die so genannte neoliberale Wirtschaft beherrscht die Welt. Bei der sozialen Marktwirtschaft haben die Regierungen der jeweiligen Staaten noch versucht, den Marktmechanismus durch eine gute Sozialgesetzgebung sozial zu steuern. Diese Sozialgesetze waren so etwas wie ein Damm, der errichtet wurde, damit das Hochwasser der nur profitorientierten und nicht menschengerechten Wirtschaft nicht alles überschwemmt. Ich möchte Papst Johannes Paul II. zitieren, in seiner letzten Sozialenzyklika: "Es besteht die Gefahr, dass sich eine radikale, kapitalistische Ideologie breit macht, die die Lösung nur einem blinden Glauben der freien Entfaltung der Marktkräfte überlässt." Weltweit setzt sich immer mehr der "Markt total" durch - ja es kommt sogar zu einer Vergötzung des Marktes. Der Markt dient nicht mehr dem Menschen, sondern der Mensch dient dem Markt. Der freien Entfaltung der Marktkräfte darf nichts entgegenstehen. Das ist das Credo der Wirtschaft. Einer der Väter dieser neoliberalen Wirtschaft war der Wirtschaftsnobelpreisträger August Friedrich von Hayek. Der Markt wird von Hayek heilig gesprochen. Alle haben sich diesem Markt unterzuordnen. Soziale Gerechtigkeit ist nach Hayeks Denken "religiöser Aberglaube". Er sagt wörtlich: "Die soziale Marktwirtschaft gehört nicht in die Kategorie des Irrtums, sondern in die Kategorie des Irrsinns und sie ist schädlich." Hayek versteigt sich sogar soweit, dass er sagt: "Die Naturgesetze des Marktes sind wie die Naturgesetze der Biologie. Es ist ein evolutionärer Prozess, wo sich einfach der Stärkere durchsetzt und wo nur die Stärksten überleben werden."

      Die klare Veränderung besteht also darin, dass die bisher bewusst sozial gesteuerte Marktwirtschaft in den totalen Markt umfunktioniert wird. Die Steuerung durch Sozialgesetze und Gewerkschaft will man auch immer mehr ausschalten. Milton Friedman, auch einer der Väter des Neoliberalismus, hat die wirtschaftstreibenden Personen einmal "Marionetten der Gesetze des Marktes" genannt. Marionetten sind eigentlich nur gesteuerte Puppen. Sie sind gesteuert von den Marktmechanismen und übernehmen deshalb auch keine ethische Verantwortung. Die Verantwortung wird dem Markt übertragen. So wird der Markt zu einem System der Verantwortungslosigkeit. Wer in diesem Markt nichts einzubringen hat, der ist uninteressant und bleibt draußen. So ist es den Verantwortlichen des Marktes völlig egal, wenn in Afrika und auch in vielen anderen armen Ländern der Welt Millionen Menschen verhungern und in den Slums dahinvegetieren.

      Auch mit GATS wird jetzt ein aktiver Kampf gegen eine Wirtschaftsordnung geführt, die noch Gerechtigkeit als Leitbild hat. Man will die Zukunft der Gesellschaft nur den Mechanismen des Marktes überlassen. Jene PolitikerInnen, die nur vom schlanken Staat und von der Totalprivatisierung sprechen, arbeiten eigentlich als willige Vasallen dieser neuen Wirtschaftsordnung eines "Marktes total" zu. Man will alle Kräfte schwächen, die sich dem "Markt total" entgegenstellen. Man will eine Deregulierung des Arbeitsmarktes, um dadurch eine Senkung der Löhne zu erreichen. Man will eine Privatisierung der Sozialversicherung, um die Lohnnebenkosten zu sen-ken. Die Wirtschaft dient längst nicht mehr dem Menschen, sondern der Mensch hat der Wirtschaft zu dienen. Sehr augenscheinliche Auswirkungen dieser Politik und Wirtschaft sind, dass die Schere zwischen Arm und Reich ungeheuer auseinander geht und Inseln von ungeheurem Reichtum entstehen. Millionen von Menschen kommen bei diesem Mechanismus einfach unter die Räder. Der schonende Umgang mit der Natur wird zu den Akten gelegt. Präsident Bush hat sich geweigert, das Kyoto-Abkommen zu ratifizieren und er hat die Verweigerung begründet mit dem Satz: "Ich werde nie etwas tun, das der Wirtschaft schadet." Es kommt zu einer Verflechtung der Multis. Kleinere Betriebe, die nicht mitkönnen, werden brutal eliminiert. Der sogenannte Casino-Kapitalismus nimmt zu. Große Betriebe machen mehr Gewinne durch ihre Geldtransaktionen als durch die Produktion. Es entsteht auch eine Gefährdung der Demokratie. Das globale Regime der Wirtschaft gewinnt immer mehr an Macht und der Spielraum der Regierung wird immer geringer. Sie können nur mehr reagieren und nicht mehr agieren.

      Vor diesem Hintergrund der neoliberalen Wirtschaft müssen wir das GATS-Abkommen sehen. GATS ist die weltweite Privatisierung und Liberalisierung von Dienstleistungen. GATS ist fast die Vollendung des "Marktes total". Es ist auch ein Wahnsinn, dass es nach einem solchem Abkommen kein Zurück mehr gibt und zwar deshalb, weil über der Bundesverfassung das EU-Gemeinschaftsrecht steht. Und das WTO-Abkommen und das Schiedsgericht stehen über dem EU-Gemeinschaftsrecht. Die WTO beherrscht schon jetzt alles. Zwei Drittel des weltweiten Handels sind Dienstleistungen. Die Dienstleistungen sind ein globaler Markt und die Liberalisierung auf diesem Sektor erschließt den Reichen auch riesige Finanzmärkte. Die großen Bereiche der Dienstleistung sind das Transportwesen, das Gesundheitswesen, Bildung, Strom, Gas, Wasser und noch vieles mehr. Das alles sind Bereiche, die Dienst am gesamten Volk sind und es ist meine These, dass alles, was Dienst am gesamten Volk ist, nicht in die Hände von profitgierigen PrivatunternehmerInnen gehört. Sie dürfen also nicht privatisiert werden. Die meisten dieser Bereiche haben auch ein Recht auf ein Defizit und müssen mit Steuergeldern subventioniert werden, weil diese Dienstleistungen für die ärmeren Schichten der Bevölkerung erschwinglich sein müssen. In Großbritannien sind die Wasserpreise nach der Privatisierung und Liberalisierung um 50 Prozent gestiegen. In England ist durch eine Privatisierung die Bahn so teuer geworden, dass einfache Arbeiterinnen und Arbeiter kaum mehr mit der Bahn fahren können. Ich war Auslandsseelsorger für die ÖsterreicherInnen, die in England leben. Ein alter Österreicher, der in London lebt, sagte mir, dass sich die nicht begüterten Menschen in London nach ihrem Tod nur mehr verbrennen lassen können, weil durch die Privatisierung der Friedhöfe die Gräber so teuer geworden sind, dass sich ein Normalpensionist oder eine Normalpensionistin das Grab nicht mehr leisten kann. Eine gute medizinische Versorgung hat man nur bei Privatärztinnen und Privatärzten sowie in Privatspitälern. Die allgemeine medizinische Versorgung ist eine Versorgung zweiter Klasse. Die Leute müssen Monate, oft sogar Jahre auf Operationen warten. Eine 80jährige Frau musste, obwohl sie allein lebt, einen Tag nach ihrer Bruchoperation vom Spital wieder nach Hause gehen. Bei der Privatisierung des Bildungswesens muss man annehmen, dass der Zugang zu den Universitäten wieder nur Kindern aus begüterten Familien vorbehalten ist.

      Warum das GATS-Abkommen ein unmoralisches Abkommen ist: weil es hier nur um das Geschäftemachen geht. Weil das, was eigentlich Dienst am Menschen sein sollte, letztlich zum Dienst an den Reichen wird. Weil durch eine solche Liberalisierung tatsächlich Millionen von Menschen ausgegrenzt werden. Das GATS-Abkommen ist unmoralisch und gegen den Geist des Evangeliums, weil es in seiner Grundintention verwerflich und nur auf Gewinn aus ist. In der Bibel steht der Satz: "Wenn du alles, was du besitzt, den Armen austeilst, hättest aber die Liebe nicht, dann ist alles umsonst." Das "hättest du die Liebe nicht" heißt übersetzt: Geht es dir in deiner innersten Absicht nicht wirklich um den Menschen, dann ist dein Handeln wertlos und letztlich unmoralisch. Die Dienstleistung soll ehrlicher Dienst am Menschen sein und mit dieser Dienstleistung soll man sich nicht bereichern und Geschäfte machen. Das GATS-Abkommen ist auch gegen das Subsidiaritätsprinzip der Katholischen Soziallehre. Dieses Subsidiaritätsprinzip sagt, dass das, was im kleineren Bereich geregelt werden kann, nicht auf höhere Instanzen abgeschoben werden soll. Die Länder sollen die Möglichkeit haben, ihre Sozialgesetze zu machen und ihre Wirtschaft sozial zu steuern. Wenn das durch übergeordnete Gesetze - noch dazu durch Gesetze, denen es gar nicht um den Menschen geht - wenn es durch solche Gesetze unmöglich gemacht wird, dann ist das eine Entmündigung und widerspricht eindeutig den Grundsätzen der kirchlichen Soziallehre. Ein GATS-Abkommen verschärft auch die weltweite Ungerechtigkeit, weil dadurch Ressourcen in den Entwicklungsländern noch mehr ausgebeutet werden und weil die Kluft zwischen Arm und Reich noch größer wird. Für einen Christen und eine Christin kann es nur einen Weg geben: dem geplanten GATS-Abkommen den Kampf anzusagen und zu versuchen, es mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln zu verhindern. Es muss uns als Christinnen und Christen bewusst sein, dass sich die Reichen nicht alles unter den Nagel reißen dürfen und dass wir ihre Habgier stoppen müssen. Der heilige Ambrosius, einer der großen Kirchenväter, sagte schon im 4. Jahrhundert einen Satz, der auch heute noch gültig ist: "Es ist nicht dein Gut, mit dem du dich den Armen großzügig erweist. Du gibst ihnen nur zurück, was ihnen gehört. Du hast dir nur herausgenommen, was zur gemeinsamen Nutzung ge-geben ist. Die Erde ist für alle da, nicht nur für die Reichen."


      Ausverkauf existenzieller Güter
      Die indische Ökologin Vandana Shiva zu den Folgen des geplanten Dienstleistungsabkommens GATS

      Die Physikerin und Agrarwissenschaftlerin Dr. Vandana Shiva ist eine der bekanntesten indischen Bürgerrechtlerinnen. Sie streitet seit Jahren gegen die großen Agrar- und Parmakonzerne für die Rechte der Kleinbauern und für den Erhalt der Artenvielfalt. Vor fünf Jahren gründete sie »Navdanya«, eines der ersten indischen Schulungszentren für ökologischen Landbau.

      Neues Deutschland: Sie haben am Wochenende während des IPPNW-Kongresses in Berlin die Forderung nach einer »Deglobalisierung« erhoben. Was meinen Sie damit?

      Shiva: Dazu muss ich kurz erläutern, was Globalisierung für mich heißt: dass die von der Welthandelsorganisation WTO aufgestellten Handelsregeln wie das zurzeit verhandelte GATS-Abkommen eine Vereinnahmung der lebenswichtigen Ressourcen durch Konzerne vorsehen, und dass sie dabei von der Politik unterstützt werden. Angestrebt sind die Privatisierung des Wassers und der Artenvielfalt, Ausbeutung von traditionellem Wissen und vieles mehr. Aber ohne diese Grundlagen gibt es kein Überleben für einen Waldbewohner, einen Fischer oder einen Ureinwohner.
      »Deglobalisierung«, wie ich sie verstehe, soll grundlegend sichern, dass die existenziell notwendigen Ressourcen unter der Kontrolle der lokalen Gemeinschaften bleiben. Sie werden nicht zu Waren reduziert, sondern als Grundgüter anerkannt und unter Schutz gestellt, um das Überleben der Menschheit zu sichern.

      Inwieweit hat die indische Regierung den »Krieg gegen den Terrorismus« benutzt, um das Land weiter für den globalen Markt zu öffnen?

      In Indien ist der Widerstand gegen die kapitalistische Globalisierung seitens der Gewerkschaften, der Bauern und selbst im Parlament sehr stark. Deshalb war es uns lange gelungen, auf demokratischem Weg einige der Schlüsselinstrumente der WTO zu blockieren, wie die Besitzrechte auf intellektuelles Eigentum, den Handel mit Wasser oder die Zerstörung der Ernährungssicherheit. Die Regierung hat dann aber im vergangenen Jahr viele Regelungen innerhalb sehr kurzer Zeit, vor allem während der blutigen Auseinandersetzungen zwischen Hindus und Muslimen im Unionsstaat Gujarat, durchgeboxt. Der »Krieg gegen den Terrorismus« diente als Rechtfertigung und Schutz für all diejenigen, die die Muslime verfolgt haben. Die Auseinandersetzungen erzeugten eine Rauchwolke, hinter der die Privatisierung von Wasser, der Handel mit genetisch veränderten Organismen, der Ausverkauf der öffentlichen Dienstleistungen und Patente auf Leben erlaubt wurden. Das bedeutet, das Aufkommen von Fundamentalismus und Kommunalismus bereitete der konzerngeleiteten Globalisierung den Weg.

      Besonders umstritten ist die von der WTO eingeleitete Privatisierung des Wassers. Wie ist die Lage derzeit in Indien?

      Es gibt drei große Projekte, gegen die wir zurzeit kämpfen. Coca-Cola hat im südlichen Unionsstaat Kerala begonnen, 1,5 Millionen Liter Wasser pro Tag auszubeuten. Die indigenen Frauen baten mich um Hilfe dabei, ein Jahr des Protestes zu starten, weil im Umkreis von über drei Kilometern um die Coca-Cola-Fabrik alle Brunnen und Seen ausgetrocknet sind und die Frauen kein Trinkwasser haben. Der zweite Fall ist der weltweit größte Multi Suez, der den Ganges privatisieren und in Delhi täglich über 6,35 Millionen Liter davon verkaufen will. In den Dörfern im Hochhimalaya, wo das Wasser mit Hilfe eines Dammes aufgestaut worden ist, gibt es kein Trinkwasser mehr. Die Frauen dort haben mir erzählt, dass schon einhundert von ihnen Selbstmord begangen haben, weil sie so weit zum Wasser laufen mussten, dass das nicht mehr zu bewältigen war. Das gesamte Kanalsystem des Ganges wurde trockengelegt und selbst an der zentralen heiligen Stätte, zu der wir die Asche der Verstorbenen bringen, ist der Fluss trocken.
      Der allergrößte Kampf ist aber jener gegen den Wahnsinnsplan, alle großen Flüsse Indiens zu verbinden und riesige Dämme und Kanäle zu bauen – ein 200-Milliarden-Dollar-Projekt, das den Tod all unserer Flüsse und das Ende unserer lokalen Wasserrechte bedeuten würde. Wir machen eine riesige Kampagne, um dies zu verhindern.

      Wie ist generell der Widerstand in Indien gegen die kapitalistische Globalisierung organisiert?

      Der Protest in Indien richtet sich gegen die gesamte Wirtschaftspolitik, die die Grundbedürfnisse der Menschen nicht berücksichtigt. Am wichtigsten ist dabei die Bürgerkampagne gegen die WTO, eine breite Plattform mit 200 Vertretern aus allen Gewerkschaften, Bauernorganisationen, Frauengruppen und neuen sozialen Bewegungen sowie progressiven Ökonomen und kritischen Akademikern des Landes. Wir bereiten uns mit einer sehr umfassenden Kampagne auf den WTO-Gipfel von Cancún vor. Von jetzt an bis zum September werden wir große Demonstrationen und öffentliche Bildungskampagnen machen. Die Allianzen gegen die Privatisierung des Wassers haben schon im Januar ein ganzes Aktionsjahr gestartet.

      Sie werden in Köln am internationalen Frauenkongress gegen das geplante GATS teilnehmen. Welche Ergebnisse erhoffen Sie sich von diesem Kongress?

      Ich habe auf dem Kongress zwei Ziele. Erstens will ich herausarbeiten, dass die unternehmensgeleitete Globalisierung und die wirtschaftliche Einverleibung aller Ressourcen und Dienstleistungen grundsätzlich ein patriarchales Projekt sind. Denn dies geschieht auf Kosten der Frauen, denen sowohl die von ihnen kontrollierten Ressourcen geraubt als auch die Lasten der weiteren Lebenssicherung aufgeladen werden – ohne Zugang zu Gesundheitsversorgung, Wasser und Nahrung. Zweitens hoffe ich im Zusammenhang mit den GATS-Verhandlungen, dass ein globales Programm der Bürger- und Frauenbewegungen aufgelegt wird, dass bestimmte Dinge nicht vermarktbar sind. Gesundheit, Bildung und die soziale Grundversorgung. Das sind grundlegende Dienste, die für die Allgemeinheit gedacht sind, und nicht, um davon zu profitieren.

      Fragen: Andreas Schug

      Aus: Neues Deutschland, 8. Mai 2003
      http://f7.parsimony.net/forum9673/messages/28571.htm
      Avatar
      schrieb am 09.06.03 12:40:26
      Beitrag Nr. 3.027 ()
      Zukunft des Sozialstaats

      Was das Land zusammenhält

      Reformen haben nur eine Chance, wenn die Menschen sie als gerecht empfinden.


      von Nikolaus Piper



      (SZ vom 07.06.2003) — Die Agenda 2010 wühlt die SPD auf. Beim Sonderparteitag am vergangenen Sonntag bekam Gerhard Schröder zwar eine breite Mehrheit für sein Reformprogramm, aber es war eine Zustimmung nur mit dem Kopf.

      Mit dem Herzen verzweifeln viele Sozialdemokraten an der Agenda und fragen sich, ob das alles noch der Idee einer „gerechten Gesellschaft“ entspricht, „die persönliche Freiheit mit Solidarität verbindet“, wie es im Mitgliederbegehren der SPD-Rebellen heißt.

      Sozialdemokraten und Gewerkschaften sind mit ihren Zweifeln nicht allein. Viele Menschen empfinden die Kürzung des Arbeitslosengeldes, die Auslagerung des Krankengeldes und andere Grausamkeiten als ungerecht.

      Auch wer von der Notwendigkeit der Reformen überzeugt ist, muss die Frage nach der Gerechtigkeit ernst nehmen. Seit Plato gilt die Gerechtigkeit in der abendländischen Tradition als eine der vier Kardinaltugenden, als Grundqualität jedes guten Herrschers.

      Um so mehr muss eine demokratisch gewählte Regierung diesem Anspruch genügen. Reformen lassen sich nur durchsetzen, wenn eine deutliche Mehrheit der Bürger sie als gerecht oder wenigstens nicht als krass ungerecht empfinden. Sonst scheitern die Reformer an den Wahlurnen und/oder spalten die Gesellschaft. Gerechtigkeit hält den Staat zusammen.

      Die Debatte über soziale Gerechtigkeit wird in Deutschland oft entlang des scheinbar Offensichtlichen geführt. Es gilt als ungerecht, wenn jemandem, der ein Leben lang hart gearbeitet hat, die Rente eingefroren wird. Aber ist es gerecht, wenn junge Leute heute viel mehr Vermögen bilden müssen, um im Alter über die Runden zu kommen als ihre Elterngeneration? Und wäre es da nicht gerecht, wenn diese ihren Kindern ein wenig beim Rentenbeitrag entgegenkäme?



      Was ist das überhaupt: Gerechtigkeit?

      Ist überhaupt der ganze Generationenvertrag noch gerecht, auf dem das deutsche Rentensystem basiert? Es handelt sich dabei um einen impliziten Vertrag, den niemand unterzeichnet hat und den daher auch niemand kündigen kann, es sei denn, er verließe das Land auf immer. Wäre es vielleicht gerecht, einen Teil der Risiken, die dieser Vertrag mit sich bringt, zu privatisieren?

      Und weiter gefragt: Ist es gerecht, wenn im östlichen Teil Deutschlands für weniger Geld länger gearbeitet werden muss als im westlichen? Ist es andererseits gerecht, wenn das Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ um den Preis durchgesetzt wird, dass Tausende von Arbeitsplätzen wegfallen? Ist es gerecht, wenn die Arbeitslosen weniger Geld bekommen, die Aktionäre ärmer werden, die Unternehmenschefs aber mehr verdienen? Und soll man dieser Ungerechtigkeit dadurch begegnen, dass man höhere Löhne erstreikt?

      Und was ist das überhaupt: Gerechtigkeit? Der Philosoph Karl Popper hat darauf hingewiesen, dass hinter Platos Gerechtigkeitsideal ein reaktionäres und antidemokratisches Bild der Gesellschaft stand.

      Unstrittig ist sicher die Maxime der Tauschgerechtigkeit: Geben und Nehmen müssen sich bei jedem Vertrag, bei jedem Tausch entsprechen. Der Kern aller Probleme ist die Forderung nach Verteilungsgerechtigkeit. Unklar ist zum Beispiel, an wen sich diese Forderung überhaupt richtet.

      Habe ich einen Anspruch darauf, dass mein Nachbar höchstens x Prozent mehr verdient als ich? Sollte der Staat diesen Anspruch durchsetzen und wenn ja, mit welchen Mitteln? Vielleicht gilt auch der Satz des liberalen Ökonomen Friedrich August von Hayek: „Die Regeln der distributiven Gerechtigkeit können nicht Verhaltensregeln gegenüber Gleichen sein, sondern müssen Verhaltensregeln von Herrschenden gegenüber Subalternen sein.“



      Unbedingter Unterstützungsanspruch
      Niemand soll in dieser Gesellschaft in Not geraten, und zwar ganz unabhängig vom eigenen Verschulden. Aus diesem von keinem Politiker bestrittenen Prinzip ergibt sich ein unbedingter Unterstützungsanspruch für jeden, der hier lebt.

      Aber auf welche Höhe der Unterstützung erstreckt sich dieser Anspruch? Und welche Ansprüche haben die Unterstützer an den Unterstützten? Eine brisante Frage, wenn es warum geht, welche Arbeit für einen Arbeitslosen zumutbar ist.

      Selbst mit dem liberalen Grundsatz der Chancengleichheit bekommt man in der Praxis Schwierigkeiten, sobald der Staat zugunsten von Kindern in das Recht der Eltern, zum Beispiel auf freie Ausübung ihrer Religion, eingreifen will.

      Viele der hier angerissenen Fragen sind jahrelang nicht gestellt worden. Genauer: Man glaubte sie durch das Wachstum des Sozialstaats lösen zu können.

      Nun stellen sie sich durch eben dieses Wachstum umso drängender. Auf die meisten gibt es keine einfachen Antworten, sie müssen im Disput, unter Umständen auch im Streit gefunden werden. Die Meinungen gehen weit auseinander – auch in der Redaktion der Süddeutschen Zeitung. Die Serie, die in den kommenden Wochen an dieser Stelle veröffentlicht wird, soll eine Plattform bieten für möglichst fruchtbaren Meinungsstreit: Wo bleibt die Gerechtigkeit?


      suedeutsche.de


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      Avatar
      schrieb am 09.06.03 16:49:05
      Beitrag Nr. 3.028 ()
      09.06. 16:02
      US: Großhandelsumsätze brechen ein
      (©GodmodeTrader - http://www.godmode-trader.de)



      Der Großhandelsumsatz, eine Richtgröße, die bei der Ermittlung der Lagerbestände im Geschäftssektor verwendet wird, fiel im April um 2% und damit so stark wie nie zuvor seit der Ersterhebung der Daten. Dies meldet das Commerce Department. Im März waren die Umsätze noch um 1% gestiegen. In den letzten 12 Monaten stiegen die Umsätze um 3.8%. Die Umsätze mit Benzin auf der Großhandelsebene fielen im April um 24%, womit der Umsatz der nicht-langlebigen Güter um 3.6% verringert wurde – ebenfalls ein Rekordwert. Die Lagerbestände auf der Großhandelsebene sanken um 0.1% nach einem Anstieg um 0.4% im März.
      Avatar
      schrieb am 09.06.03 20:46:38
      Beitrag Nr. 3.029 ()
      Clement: Kreditklemme bedroht Mittelstand

      Banken kritisiert - KfW-Chef Reich widerspricht


      lz Frankfurt - Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement hat die Debatte um eine mögliche Kreditklemme der deutschen Wirtschaft wieder aufleben lassen. Nachdem zuletzt Bundesbankvorstand Edgar Meister "keine Anzeichen für eine Kreditklemme in Deutschland" sah, veranschlagt Clement den Prozentsatz der Unternehmen, die Schwierigkeiten bei der Kreditfinanzierung haben, inzwischen auf 30 bis 40 %. Die deutsche Kreditwirtschaft müsse alles tun, um den mittelständischen Unternehmen wieder ausreichend Kapital zur Verfügung zu stellen. "Das muss bereinigt werden", forderte er.
      Begonnen hatte die Debatte mit einer Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung, in der die zögerliche Kreditvergabe mitverantwortlich gemacht worden war für die Konjunkturkrise (vgl. BZ vom 28. Mai). Viele profitable Investitionsprojekte seien dadurch gestoppt worden. Das Verhalten der Banken hätte zu einer regelrechten "Kreditklemme" geführt.

      Als Kreditklemme bezeichnet man eine Situation, in der das Kreditangebot der Banken niedriger ist, als aufgrund der herrschenden Zinssätze und der Wirtschaftlichkeit der Investitionsprojekte zu erwarten wäre. Sie hat beachtliche makroökonomische Folgen: Zum einen verliert die Geldpolitik einen Teil ihrer Wirksamkeit, zum anderen führt der eingeschränkte Zugang zu Kapital zu einer Investitionszurückhaltung.

      Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums versuchte die Äußerungen Clements unterdessen zu relativieren und betonte, der Minister habe sich nicht auf die umfassende Definition der Kreditklemme im Sinne der Finanzmärkte bezogen.

      Der Vorstandschef der Kreditanstalt für Wiederaufbau, Hans Reich, widersprach dem Minister in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. Eine allgemeine Kreditknappheit, bei der auch werthaltige Unternehmen keine Kredite bekommen könnten, gebe es nicht, konstatierte er. Eine Kreditklemme bestehe nur für Unternehmen mit schwachen Schuldenratings. Nur Firmen mit einer Schuldenbewertung von BB - oder Junkstatus hätten derzeit ernsthafte Probleme, Kredite zu erhalten.


      Börsen-Zeitung, 7.6.2003
      Avatar
      schrieb am 09.06.03 21:09:29
      Beitrag Nr. 3.030 ()
      Avatar
      schrieb am 09.06.03 22:13:08
      Beitrag Nr. 3.031 ()
      @ #3028 von bluemoons

      Edmund Schönenberger sollte nach Alaska, in die Sahara oder nach Sibirien auswandern. Dort kann er ganz allein selbstbestimmt und selbstdemokratisch leben und es klappt dann auch wieder mit dem Psychiater....:D:laugh::laugh:


      ......


      @#3027

      "Clement: Kreditklemme bedroht Mittelstand"

      Wieso, ich dachte Kredite und das dazugehörige Zinssystem sind Teufelswerk und gehören ausgetrieben ???
      Sollen sie doch der Mittelstand froh sein, dass er sein "Dope" nicht bekommt und endlich auf "Endzug" machen kann, oder ??? :D:laugh:laugh:


      @#3024

      Außgrechnet ein katholischer Pfaffe muss ich hier entblöden, was zu GAT zu sagen !

      -Erstens, sind Pfaffen zwar Bibel- aber bestimmt nicht Volkswirtschaft- oder BWL-fest, haben also von ökönomischen Dingen nicht den geringsten Schimmer, was sie oftmals mit ihren lächerlich-naiv-verblödeten Statements von der Kanzel und an Kirchentagen immer wieder beweisen.

      -Zweitens, hat die katholische Kirche ein Milliardenvermögen, dass das Pharisäerpack im Gegensatz zur ihrer eigenen Nächstenliebe- und Gutmenschen- und Ensagungsideologie nicht etwa "gerecht" an die Ärmsten der Armen verteilt, sondern hochprofitabel den Vermögensverwaltern der internationalen Investmentbanken überläßt.

      -Drittens, verdienen Pfaffen und katholische "Soziallehrer" in Deutschland soviel(im Monat ca. 4000-12000 Euro), dass es nicht nur einem Menschen in der dritten Welt fast schon assozial vorkommt(.......wobei ich mal gerne wissen würde, wieviel diese moralischen Oberlehrer denn von ihrem Geld/Gehalt für soziale Projekte im In- und Ausland zu Verfügung stellen. Vermutlich keinen Cent(Pfennig)) ,

      -und zu guter Letzt, hat die "katholische Soziallehre" nicht nur das GAT, sondern ua. auch Frauen, die in ihrer Not abtreiben, Schwule/Lesben/katholische Pfarrer, die sich zu ihrer Sexualität bekennen und Hexen als "unmoralisch" empfunden.



      Wahrlich, bluemoons, da hast du keine gute Referenz gefunden, um deine Weltanschauung/Meinung zu untermauern.


      ..................
      Avatar
      schrieb am 09.06.03 22:13:25
      Beitrag Nr. 3.032 ()
      Rallye am Aktienmarkt wird vielen unheimlich
      Dax legt zum Wochenauftakt Verschnaufpause ein - Strategen sehen wachsende Gefahr von Rückschlägen

      von Thomas Exner


      Ein Händler am Parketthandel der Deutschen Börse blickt abwartend auf die DAX-Anzeigetafel
      Foto: ddp
      Berlin - Die Korrektur im Dax zum Wochenauftakt war für viele Aktienstrategen eine willkommene Atempause. Denn nicht wenigen von ihnen wird angesichts der Rallye der vergangenen zwei Wochen allmählich mulmig. Nach einem Dax-Plus von fast 10,5 Prozent fragen sie sich immer häufiger, wie weit es noch gehen kann. Kaum jemand rechnet zwar unmittelbar mit einem heftigen Rückschlag. Denn die Überwindung wichtiger charttechnischer Marken gibt den Aktienmärkten eine gewisse Stärke. Zudem hat die Europäische Zentralbank mit ihrer Absenkung des Leitzinses auf den niedrigsten Stand seit 1950 die Liquiditätsschleusen weit geöffnet. Und die Deutschen haben zig Mrd. Euro in Geldmarktfonds geparkt - Mittel, die auf bessere Anlagemöglichkeiten warten. Doch die Luft nach oben scheint vielen an der Börse dünn zu werden.


      Wir haben derzeit zwar noch eine "intakte Aufwärts-Bewegungsdynamik", konstatiert Holger Galuschke, Analyst bei der SEB-Bank. Doch fundamental wachse angesichts der schwachen Konjunktur die Gefahr von Rückschlägen, erklärt Richard Zellmann von Helaba Trust. Er sieht erste Anzeichen für eine Überhitzung. Zellmann: "Beim Dax sind 3200 Punkte wohl das Maximum."


      Die Strategen von Goldman Sachs sind zwar trotz der seit Mitte März deutlich gestiegenen Kurse überzeugt, dass europäische Aktien noch etwa zehn Prozent unterbewertet sind. Gerade die besonders kräftige Rallye in Deutschland "erscheine aber nicht nachhaltig", stellen sie in ihrem jüngsten Strategiepapier fest. Denn die deutschen Unternehmen litten am schwersten unter dem starken Euro und wiesen zugleich das schwächste Gewinnwachstum auf. Immerhin dürfen die Investoren in Europa nach Einschätzung der Ökonomen von Merrill Lynch noch auf ein letztes Feuerwerk hoffen. Ihre Prognose: "Zum Finale der der aktuellen Bärenmarkt-Rallye sollte es in den nächsten Wochen zu einer Outperformance der Zykliker aus dem Bereich der Old Economy kommen."


      Um den Börsenaufschwung auf festere Beine zu stellen, da sind sich alle Experten einig, bräuchte es dauerhaft bessere Nachrichten von den Unternehmen und zum Zustand der Konjunktur. Doch nach dem Ende der Berichtssaison dürfte es in den nächsten Tagen aus den Firmen kaum marktbewegende Neuigkeiten geben. Deutsche Bank, Beiersdorf und Buderus laden in dieser Woche zwar zu Aktionärstreffen, doch Überraschungen erwarten Beobachter hier nicht. Allein der Handy-Hersteller Nokia, der am heutigen Dienstag einen Zwischenbericht zum Geschäftsverlauf im zweiten Quartal vorlegen will, könnte dem Aktienmarkt Impulse geben.


      Richtungsweisender dürfte jedoch das Opec-Treffen am Mittwoch sein, bei dem über eine mögliche Drosselung der Erdölförderung beraten werden soll. Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen aber eindeutig die makroökonomischen Daten. So könnte der Konjunkturbericht der US-Notenbank (Beige Book), der am Mittwoch veröffentlich wird, weitere Hinweise auf die künftige Zinspolitik von Greenspan & Co. liefern. Und auch der vorläufige Index der Universität Michigan zum US-Verbrauchervertrauen im Juni (Freitag), wird mit einiger Spannung erwartet. Nachdem der jüngste US-Einkaufsmanagerindex überraschend stark gestiegen ist, rechnen nicht wenige Experten nun auch mit einem Plus beim Verbrauchervertrauen.


      Artikel erschienen am 10. Jun 2003
      welt.de
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      schrieb am 09.06.03 22:16:40
      Beitrag Nr. 3.033 ()
      SEC stellt ihre Rolle im Ratinggeschäft zur Disposition
      von Bloomberg

      New York - Die US-Börsenaufsicht SEC überlegt, ob sie über die Zulassung neuer Ratingagenturen weiterhin entscheiden soll oder nicht. Nach dem Kollaps von Enron und Worldcom, die Verbindlichkeiten von zusammen 41,8 Mrd. Dollar nicht bedienen konnten, forderten Kritiker der SEC mehr Wettbewerb im Ratinggeschäft. Die drei etablierten Ratingagenturen - Standard & Poor`s, Moody`s und Fitch - hatten Enron bis vier Tage vor dem Konkursantrag als Kreditnehmer auf Investment-Stufe bewertet. Der Aufruf zur Diskussion, der in Washington als so genannte Konzept-Erklärung veröffentlicht wurde, bezieht sich auch auf Alternativen wie beispielsweise die Frage, ob die SEC die Regulierung der Ratingagenturen verschärfen sollte.


      Die Themen, die auf der Agenda stehen, sind "wichtig für das Ratinggeschäft und die Kapitalmärkte", erklärte Vickie Tillman, S&P-Vize-Präsidentin: "Wir freuen uns auf eine enge Zusammenarbeit mit der SEC und anderen, so wie das seit Jahren der Fall ist, um sicherzustellen, dass der Kapitalmarkt weiterhin von unabhängigen, glaubwürdigen Bonitätseinstufungen und Analysen profitieren", fügte Tillman hinzu.


      Derzeit ist nur die SEC dazu ermächtigt, einer Ratingagentur den Status "Nationally Recognized Statistical Rating Organisation" (NRSRO) zu verleihen. Viele Fondsmanager müssen für Investment-Entscheidungen NRSRO-Ratings berücksichtigen. Mit Dominion Bond Rating Service, einer kanadischen Ratingagentur, bekamen die drei etablierten Agenturen im Februar erstmals seit über zehn Jahren Konkurrenz.


      Richard Baker, Vorsitzender des für den Kapitalmarkt zuständigen Unterausschusses im US-Kongress, hat die Ratingagenturen ins Visier genommen. Ihm geht es vor allem um den mangelnden Wettbewerb unter und die Interessenkonflikte in den Ratingagenturen. Sie werden von den Unternehmen dafür bezahlt, dass sie ihre Kreditwürdigkeit ermitteln.


      Artikel erschienen am 10. Jun 2003
      welt.de
      Avatar
      schrieb am 09.06.03 22:21:38
      Beitrag Nr. 3.034 ()
      Mit jedem Euro zwei Euro sparen

      Trotz zahlreicher Schuldner gibt es nur wenige Verbraucherkonkurse / Berater machen mobil gegen gewerbliche Konkurrenz


      Von Hermannus Pfeiffer



      Drei Millionen private Haushalte sind in Deutschland hoffnungslos überschuldet, in jedem zweiten davon leben Kinder. Und trotzdem nutzen nur ganz wenige die Chance, durch einen Verbraucherkonkurs die Miesen loszuwerden. Lediglich 19 857 private Anträge auf Insolvenzverfahren wurden im vergangenen Jahr bei Gerichten gestellt. Sehr zum Ärger der Schuldnerberater, die darauf mit einer "Langen Nacht" in Berlin reagierten.

      Eigentlich sollte alles anders werden, als 1999 eine neue Insolvenzordnung erstmals auch hier zu Lande Menschen die Möglichkeit für einen schuldenfreien Neubeginn eröffnete. Bis dahin konnten sich - im Unterschied zur USA - nur Unternehmen von ihren lästigen Verbindlichkeiten per Pleite befreien. In einem so genannten Verbraucherkonkurs sollten fortan private Schuldner ein Übereinkommen mit ihren hartnäckigen Gläubigern treffen, notfalls mit Hilfe eines Gerichts. Nach ein paar Jahren, in denen der Pleitier seine Miesen so gut es geht zurückzahlt, wird dann ein Schlussstrich gezogen und die verbliebenen Restschulden werden erlassen. So weit die Theorie.

      In der Praxis blieb die Resonanz auf den neuen Verbraucherkonkurs unter den Millionen Schuldnern überraschend schwach, keine zehntausend Anträge wurden im ersten Jahr gestellt. Als Crux erwiesen sich unter anderem die hohen Kosten. Darauf beschloss die rot-grüne Bundesregierung eine Reform der Reform, die im Dezember 2001 in Kraft trat. Nun sollte auch gänzlich mittellosen Bürgern der Zugang zum Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet werden, indem der Staat auf Antrag die Kosten dafür stundet. Erst nach einer erfolgreichen Insolvenz muss der sanierte Privathaushalt dann den Verfahrensvorschuss zurückzahlen. Zudem wurde die so genannte Wohlverhaltensperiode, während der das gesamte Einkommen, soweit es nicht als lebensnotwendig gilt, in die Tilgung fließt, von sieben auf sechs Jahre verkürzt. Durch diese novellierte Reform verdoppelte sich zwar die Zahl der Anträge, aber sie blieb doch auf einem relativ niedrigen Niveau.

      Dieser Flop verblüfft Marius Stark nicht. "Das Angebot und die personelle Ausstattung von Schuldnerberatungsstellen sind seit Jahren völlig unzureichend", erklärt der Sprecher der bundesweiten Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV). Die Folgen für die Betroffenen sind unendliche Wartezeiten und monatelanges Ausharren, bis wenigstens ein erstes umfassendes Beratungsgespräch möglich wird. So stellte auch der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung enttäuscht fest, dass bei der derzeitigen Ausstattung und Kapazität der Schuldnerberatung nur zehn bis 15 Prozent der überschuldeten Haushalte überhaupt beraten werden können. Aber selbst wenn der Schuldner endlich auf einen Berater trifft, wartet unter Umständen mit den ebenfalls überlasteten Gerichten schon die nächste Hürde auf ihn.

      In ihrer Not suchen viele verarmte Verbraucher Rat bei dubiosen Stellen. Gewerbliche Schuldenregulierer und Kreditvermittler versprechen vollmundig schnelle und unbürokratische Hilfe. Diese Firmen und Vereine werben nach den Erfahrungen von Verbraucherschützern mit Slogans wie "Schulden - Kredit abgelehnt?", "Restschuldbefreiung durch das Insolvenzgesetz" oder "Ohne Wartezeiten" in Kleinanzeigen von Tageszeitungen oder benutzen widerrechtlich erworbene Informationen aus den offiziellen Schuldnerregistern, um ganz gezielt Kunden zu werben. Diese gewerblichen "Hilfs-Angebote" sind nicht nur den seriösen Schuldnerberatern ein Dorn im Auge, sondern auch der Justiz. So soll eine Firma in Marburg 2000 Kontakte zu Überschuldeten aus ganz Deutschland unterhalten haben. Die Hälfte davon hatte bereits bis zu 500 Euro bezahlt, als die örtliche Kripo den Betrieb auffliegen ließ. Eine Gegenleistung hatten die Opfer nämlich nie erhalten.

      Die Aktionswoche der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung fand in rund 100 Städten und Gemeinden statt. Ein Höhepunkt war die "Lange Nacht" in Berlin, während der Beratungsstellen bis 24 Uhr offen blieben. Die Initiatoren sind "sehr zufrieden" mit der Resonanz, und sie wollen Signale von Bundesfamilienministerin Renate Schmidt empfangen haben, die seriösen Helfer auch finanziell zu stärken. Dies könnte sich durchaus lohnen, denn als Faustformel gilt, dass jeder Euro für die Schuldnerberatung hilft, zwei Euro bei den Sozialausgaben zu sparen.

      • Die Adresse der nächsten anerkannten Schuldnerberatungsstelle erfahren Sie bei Ihrer Stadt- oder Kreisverwaltung, dem Insolvenzgericht und im Internet unter www.forum-schuldnerberatung.de sowie unter der Rufnummer des Bundesfamilienministeriums (Tel. 0180 / 5 329 329 - 12 Cent pro Anruf).


      fr-aktuell.de

      [ document info ]
      Copyright © Frankfurter Rundschau 2003
      Dokument erstellt am 09.06.2003 um 18:16:43 Uhr
      Erscheinungsdatum 10.06.2003
      Avatar
      schrieb am 09.06.03 22:41:48
      Beitrag Nr. 3.035 ()
      Avatar
      schrieb am 09.06.03 23:08:41
      Beitrag Nr. 3.036 ()
      Der langfristige Dax





      Der oben abgebildete Dax-Verlauf ab dem Jahr 1995 wurde am 6. Juni 2003 aktualisiert.
      Drei Pfeile mit fetten Spitzen markieren jeweils das wahrscheinliche Ende einer 5., 6. und 7. Welle seit dem großen Tief des Jahres 1974. Die erste dieser Wellen war nahezu acht Jahre lang und die folgenden wurden immer kürzer. Aus Gründen der Fibonacci-Systematik ist nach der 8. Welle (am Beginn einer 9.) mit einer ausgeprägten Erholung zu rechnen, und am Ende einer 13. Welle dürfte das Ende der Baisse erreicht sein.
      Die kleineren Pfeile weisen auf je 5 Unterwellen hin. Die fünfte Unterwelle der 5. Welle (Fibonacci-Zahlen) führte zum Langzeitkursgifel der Dax-Advance-Decline-Linie, die seitdem fällt. Beim Dax ergab sich der Kursgipfel erst in der 6. Welle (keine Fibonacci-Zahl), weil in langfristiger Hinsicht die vorauslaufende Advance-Decline-Linie maßgebend war.

      Am 30. April 2003 neu überarbeitet :
      Am 12. März 2003 bildete sich in der zur Zeit laufenden 7. Welle ein Zwischentief aus. Damit endete wahrscheinlich eine 4. und begann zugleich eine 5. Unterwelle, die möglicherweise, wie mit einem fetten Pfeil angedeutet, zusammen mit der 7. Welle bei rund 1700 enden kann. In unserem Börsenbrief beschreiben wir nähere Einzelheiten.

      © 2002 Wolfgang Bogen GmbH, 14163 Berlin,
      alle Rechte vorbehalten.
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      Avatar
      schrieb am 09.06.03 23:44:23
      Beitrag Nr. 3.037 ()
      Harry _Schotter

      Man sollte sich nicht auf die Personen konzentrieren, sondern auf das Gesagte. Damit lässt sich die Polemik reduzieren.
      Als Beispiel ein "Schwachkopf" sagt: 1+1=2
      Ist dadurch das Ergebnis falsch?
      Bei dir muss es wohl so sein! Das Ergebis war ja von einem Schwachkopf!


      ²Wieso, ich dachte Kredite und das dazugehörige Zinssystem sind Teufelswerk und gehören ausgetrieben ???"

      Kredite = Teufelswerk?
      Wo steht es geschrieben?
      Zinssytem und Kredit sind zwei verschiedene paar Schuhe.


      :O :O
      so jetzt kannst du weiterlachen!
      Avatar
      schrieb am 10.06.03 01:14:05
      Beitrag Nr. 3.038 ()
      Avatar
      schrieb am 10.06.03 13:55:10
      Beitrag Nr. 3.039 ()
      Avatar
      schrieb am 10.06.03 14:09:59
      Beitrag Nr. 3.040 ()
      Droht der Rentenversicherung der Bankrott?

      Das Thema Rente bleibt weiterhin eines der größten Sorgenkinder in Deutschland: Regierungsvertreter diskutieren über höhere Beitragssätze, die Kassenbeiträge der Rentner werden möglicherweise angehoben und ohne eine vorgezogene Finanzspritze des Bundes können ab Herbst die Renten schon gar nicht mehr ausgezahlt werden.
      Ist ab Oktober die Rente gefährdet? Diskutieren Sie mit!
      Hintergrund Ist die Rente sicher?

      Bundeszuschüsse müssen beansprucht werden
      "Ende Oktober 2003 stehen nur noch 3,4 Milliarden Euro an liquiden Mitteln bzw. 22 Prozent einer Monatsausgabe zur Verfügung", sagte Franz Ruland, Präsident des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR). Entwickelt sich die Wirtschaft schlechter als erwartet, könne es notwendig werden, im Herbst Teile der monatlichen Vorschüsse auf den Bundeszuschuss vorzeitig in Anspruch zu nehmen, fügte er hinzu. Nur so könne die Zahlungsfähigkeit gewährleistet werden.

      "Beitragssätze steigen im kommenden Jahr"
      Ruland geht zudem von einem baldigen Anstieg der Rentenversicherungsbeiträge aus: "Wir rechnen im Moment damit, dass der Beitragssatz zum 1. Januar 2004 um 0,3 Prozentpunkte auf 19,8 Prozent erhöht werden muss. Dies gilt allerdings nur, wenn die Entwicklung der Beschäftigung und der Löhne so verläuft, wie die Bundesregierung erwartet."

      SPD-Haushaltsexperte fordert höhere Beitragszahlungen der Rentner
      Unterdessen sprach sich der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider für eine Erhöhung der Krankenkassen-Beiträge der Rentner aus. Schneider forderte, die Kassenbeiträge innerhalb von fünf Jahren so zu erhöhen, dass die Rentner den vollen Beitrag allein bezahlen müssen.

      "Ab 2008 sollen Rentner Kassenbeiträge komplett selbst zahlen"
      Zudem schlug er vor, den Beitragsanteil ab dem Jahr 2004 jährlich um jeweils zehn Prozent zu erhöhen. Ab 2008 sollen die Rentner dann den vollen Krankenkassenbeitrag allein bezahlen. Der Bezieher einer Rente von rund 1100 Euro im Monat muss nach Berechnungen der "Bild"-Zeitung dann monatlich etwa 80 Euro mehr Kassenbeitrag zahlen als jetzt.

      Sozialministerin Schmidt gegen Beitragserhöhung
      Bisher finanziert der Bund die Hälfte des Beitrages. Dieser Bund sei aber nicht deren Arbeitgeber, erklärte Schneider. Deshalb gebe es keinen Grund, dass der Bund für die Rentner die Hälfte zahle. Dagegen hatte Bundessozialministerin Ulla Schmidt (SPD) erst am Wochenende erklärt, sie habe nicht vor, den Anteil der Rentner an den Kassenbeiträgen zu erhöhen.

      http://t-news.t-online.de/zone/news/inla/sozi/ar/CP/ar-rente…
      Avatar
      schrieb am 10.06.03 14:14:35
      Beitrag Nr. 3.041 ()
      US: Einzelhandelsumsatz fällt deutlich (©GodmodeTrader - http://www.godmode-trader.de)



      Der Einzelhandelsumsatz von BTM-UBS Warburg fiel in der vergangenen Woche zum 7. Juni um 0.3%, nachdem er in der Vorwoche stagnierte. Im Vergleich zum Vorjahr liegt der Umsatz mit einem Prozent im Plus – im Vorjahr war hier ein Wachstum von 4.6% gemeldet worden. Die Einzelhandelsdaten Bank of Tokyo-Mitsubishi und UBS Warburg gehören zu den aktuellsten Datenerhebungen in diesem Bereich.
      -----------------------------------------------
      Avatar
      schrieb am 10.06.03 15:08:00
      Beitrag Nr. 3.042 ()
      @bluemoons

      Hast du schon man einen "Schwachkopf" gesehen, der 1+1 zusammenzählen konnte ???
      Ich nicht! Is ja auch logisch, denn sonst wäre er ja auch kein Schwachkopf.


      "Zinssytem und Kredit sind zwei verschiedene paar Schuhe."

      Ach ja, ich Dummerchen, ich hab natürlich vergessen, in einer besseren, idealen Welt(Paradies) gibt es natürlich nur Kredite ohne Zinsen. Versteht sich ja von selbst.



      H_S( Der bei soviel Unvernunft nicht lachen, sondern eher heulen möchte. :( :cry: )
      Avatar
      schrieb am 10.06.03 15:46:47
      Beitrag Nr. 3.043 ()
      ftd.de, Di, 10.6.2003, 9:10
      Börsenaufsicht prüft offenbar US-Baufinanzierer Freddie Mac

      Die US-Börsenaufsicht SEC wird nach einem Zeitungsbericht die Bilanzen des US-Baufinanzierers Freddie Mac untersuchen. Der entließ seine Führungsspitze wegen unzureichender Zusammenarbeit bei der Bilanzprüfung.


      Die SEC werde prüfen, ob das Unternehmen gegen Börsengesetze verstoßen habe, berichtete das "Wall Street Journal" am Dienstag unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Kreise. Dabei gehe es im Besonderem um die Frage, ob der zweitgrößte US-Baufinanzierer Einnahmen verschoben hat, um künftige Ergebnisse zu glätten. Zudem solle geprüft werden, ob der Präsident und der Finanzchefs des Unternehmens falsche Finanzberichte zertifiziert haben.

      Der Konzern hatte am Montag nach einem Bilanzskandal seine gesamte Führungsspitze ausgewechselt. Der bisher für das operative Geschäft zuständige Präsident David Glenn sei wegen "ernsthafter Zweifel an der Pünktlichkeit und Vollständigkeit seiner Kooperation und Aufrichtigkeit" entlassen worden, teilte Freddie Mac am Montagabend mit. Auch Firmenchef Leland Brendsel und Finanzchef Vaughn Clarke mussten gehen. Die Aktie brach um 16 Prozent auf 50,26 $ ein.


      Unregelmäßigkeiten in den Bilanzen 2000 bis 2002


      Freddie Mac und sein größeres Schwesterunternehmen Fannie Mae haben den staatlichen Auftrag, die Finanzierung von Immobilien zu erleichtern. Freddie Mac und Fannie Mae verwalten Hypothekenkredite über 3,3 Billionen $ und kontrollieren damit etwa 40 Prozent dieses Marktes in den USA. Die Nachricht löste Sorge über die Lage des Unternehmens aus und belastete die Märkte in den USA und Asien.



      Der Austausch des Top-Managements folgte den bereits bekannt gegebenen Unregelmäßigkeiten in den Bilanzen der Jahre 2000 bis 2002. Dabei sollen die Gewinne geringer ausgewiesen worden sein, als sie tatsächlich waren. Auch die Kapitalreserven sollen in Wirklichkeit höher als berichtet gewesen sein. Die neu aufgestellten Bilanzen dürften wohl erst im dritten Quartal vorgelegt werden, hieß es nun.



      © 2003 Financial Times Deutschland
      ftd.de
      Avatar
      schrieb am 10.06.03 16:25:27
      Beitrag Nr. 3.044 ()
      Dax 1500?
      Von Michael Mross
      Wie geht es weiter an den Märkten? Sell in May and go away? Oder jetzt voll einsteigen? Wir blicken zwar auf eine schöne Rallye zurück, ich bezweifele aber, dass diese Aufwärtsbewegung den Sommer übersteht. Schon werden euphorische Kursziele von 4000 Punkten im Dax genannt. Doch der Kaufrausch einiger Wochen bedeutet leider noch nicht das Ende der Baisse. Diese könnte sogar noch bevorstehen.
      Ein Gespenst am Horizont, bis jetzt nur schemenhaft wahrgenommen und immer wieder negiert, leichtfertig abgetan, nimmt langsam Konturen an: Deflation. Und das heißt nichts Gutes für den Aktienmarkt.

      Notenbänker aller Länder bemühen sich zwar, Menschen und Märkte zu beruhigen. Doch wer aufmerksam durch die Welt geht, hat es schon längst bemerkt. Die Preise sinken. Auch wenn dies statistisch noch nicht voll durchgeschlagen ist, man spürt es aller Orten. Bei den Dingen des täglichen Einkaufs, beim Benzin, bei den Mieten. Selbst die Liegen am Strand von Ibiza sind dieses Jahr billiger geworden. Statt 6 Euro nur noch 5 Euro. Das ist einmalig in der Geschichte der Balearen, wo sonst mit schöner Regelmäßigkeit jedes Jahr alles teurer wurde.
      Leider beschränkt sich dieses Phänomen nicht nur auf Europa. Bei meinen Reisen nach Asien und Amerika in diesem Jahr war die gleiche Tendenz spürbar. Und in Japan gehört sie schon zum Alltag, die Deflation. Allerorten ist eine nachlassende Wirtschaftsaktivität spürbar. Ich befürchte, dass sich deshalb der Effekt der wirtschaftlichen Kontraktion mit einhergehender Deflation noch verstärkt. Daran ändern auch plötzlich „besser als erwartet“ ausgefallene Daten aus den USA nichts. Niemals hätte Alan Greenspan die Zinsen so tief, niemals hätte die EZB die Zinsen in Euroland gleich um 50 Basispunkte gesenkt, wenn die globalen Geldhüter nicht befürchteten, „dass die Hütte schon brennt“.

      Mein Szenario sieht also wie folgt aus: Wir laufen in Europa in die Rezession und Deflation. Wir werden weitere Zinssenkungen bekommen. Die kurzen Zinsen werden japanische Größenordnungen annehmen – in Euroland und in den USA. Die Rendite für zehnjährige Anleihen sinkt in Euroland auf rund 2 Prozent. Das wird jedoch die weltweite Rezession nicht aufhalten. Das Tief haben wir noch nicht gesehen. Weder in der realen Wirtschaft noch an den Börsen. Was heißt das für den Anleger? Langfristig geht es natürlich wieder aufwärts. Bis jetzt konnten sich Wirtschaft und Börse immer wieder aus den ausweglosesten Lagen befreien und sind nach oben gelaufen. Allerdings könnte es in den nächsten Jahren noch einmal „bitter kalt“ werden. Panik und Ausverkauf hatten wir noch nicht. Wir werden sie aber bekommen, wenn der Dax unter 2000 fällt. Ich würde also Indexstände von mehr als 3000 Punkten im Dax durchaus für Gewinnmitnahmen nutzen und in der Nähe von 2000 Punkten wieder einsammeln. So wie ich dies im März vorgeschlagen hatte.

      Jetzt also lieber ein bisschen Pulver trocken halten. Statt Aktien derzeit lieber Anleihen kaufen, für die ich immer noch großes Potenzial sehe. Allerdings KEINE Unternehmensanleihen, sonder klassische Bundesanleihen. Bei Aktien allenfalls Sondersituationen „spielen“, wie ich sie auf meiner Hotline darstelle. Am ehemaligen Neuen Markt gibt es etwa ein Dutzend interessante Aktien, die vor einem erheblichen Turnaround stehen – so wie das beispielsweise Mobilcom gezeigt hat, ein Unternehmen, dem ich nach wie vor großes Potenzial einräume. Wenn die Zeiten schlechter werden, dann trennt sich die Spreu noch schneller vom Weizen.


      Welche Werte ich favorisiere und wie ich einzelne Werte im Dax einschätze, das erfahren Sie auf meiner Hotline: 0190 / 78 78 78 (1,24 € / Min). Unter www.mross.de können Sie zudem meinen kostenlosen Newsletter abonnieren.

      [ Dienstag, 10.06.2003, 15:52 ]
      instock.de
      Avatar
      schrieb am 10.06.03 16:26:23
      Beitrag Nr. 3.045 ()
      Bundesbank erwartet Stagnation

      (Instock) Für das laufende Jahr geht die Deutsche Bundesbank nach Informationen der „Financial Times Deutschland“ von einer wirtschaftlichen Stagnation aus. Realistisch sei ein Wachstum von 0,1 bis 0,2 Prozent, schreibt das Blatt unter Berufung auf Finanzkreise. Zuvor hatten die Banker ein Anstieg des Bruttoinlandsproduktes (BIP) um 0,5 Prozent erwartet.

      [ Dienstag, 10.06.2003, 07:41 ]
      instock.de
      Avatar
      schrieb am 10.06.03 17:34:53
      Beitrag Nr. 3.046 ()
      Noch nie so viele Zwangsversteigerungen

      Ein Fünftel mehr Gerichtstermine in MV / Käufer fehlen
      Schwerin/Düsseldorf Die Wirtschaftsflaute treibt die Zahl der Immobilien-Zwangsversteigerungen in Deutschland so hoch wie nie zuvor. In MV setzten die Amtsgerichte für das erste Halbjahr 2100 Termine an - ein Anstieg um mehr als ein Fünftel. Das Problem: Käufer werden knapp.

      Von Frank Ruhkieck


      "Wo kein Geld ist, kann man auch keins ausgeben", bringt Schwerins Amtsgerichtsdirektor Joachim Krajewski die Situation plakativ auf den Nenner. Fälle, in denen Eigenheime, Grundstücke oder Gewerbe-Immobilien erst beim vierten Versteigerungstermin unter den Hammer kämen, seien durchaus keine Seltenheit, sagt Krajewski.

      In ganz Ostdeutschland nähert sich der Immobilienmarkt bedrohlich einem Kollaps, beoachtet die Verlagsagentur Argetra, die in Ratingen bei Düsseldorf einen bundesweiten Versteigerungskalender herausgibt.

      Allein in den am stärksten betroffenen Ländern Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt beraumten die Gerichte von Januar bis Juni 2003 insgesamt 4233 Zwangsveräußerungstermine an - 770 oder 22 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum, berichtet Argetra-Sprecher Winfried Aufterbeck. "Das sind mehr als je zuvor."

      Zugleich rutschte der durchschnittliche Verkehrswert der versteigerten Immobilien überschuldeter Häuslebauer oder insolventer Unternehmer um fast ein Viertel auf 177 400 Euro ab.

      Für immer mehr Objekte findet sich jedoch auch trotz mehrfacher Anläufe und drastisch heruntergeschraubter Preise kein Käufer. "Die liegen wie Blei, besonders wenn es renovierungsbedürftige Gebäude sind", sagt Aufterbeck. Als Ursachen sah er die allgemeine Wirtschaftsschwäche, den gerade im Osten durch den Nachwende-Bauboom übersättigten Markt aber auch die starke Abwanderung.

      So liegt die Zahl der Versteigerungen mit 94 pro 100 000 Einwohner im Nordosten denn auch fast doppelt so hoch wie in Nordrhein-Westfalen.

      Für ganz Deutschland prognostiziert die Argetra auf Basis von Hochrechnungen zwar ebenfalls einen weiteren Anstieg der Gerichtstermine im ersten Halbjahr auf ein Allzeithoch - allerdings nur um etwa fünf Prozent. In Bayern und Baden-Württemberg sinken die Zahlen bereits.

      http://www.svz.de/newsdw/DWWirtschaft/10.06.03/noch/noch.htm…
      Avatar
      schrieb am 10.06.03 17:57:31
      Beitrag Nr. 3.047 ()
      Wenn Chefs Aktien verkaufen


      Von Gregory Zuckerman


      Insider-Geschäfte sind ein Indikator für die Gewinnaussichten der Unternehmen.



      Die jüngste Aufwärtsbewegung an den amerikanischen Aktienmärkten hat Ihre Jagdlust wieder geweckt? Hier kommt die kalte Dusche: US-Manager können die Aktien ihrer Unternehmen scheinbar gar nicht schnell genug loswerden. Im Mai allein haben die so genannten Insider von US-Unternehmen Belegschaftspapiere über 3,1 Mrd. Dollar verkauft. Das waren so viele wie seit 24 Monaten nicht mehr. In den fünf vorhergehenden Monaten lag der Wert nie über 1,4 Mrd. Dollar pro Monat. Und im Januar hatte das Verkaufsvolumen gerade einmal 630 Mill. Dollar betragen, berichtet die Research-Gruppe Thomson Financial. Das gibt Anlass zur Sorge. Denn die Insider wissen ja meist am allerbesten Bescheid über die Aussichten ihrer Unternehmen. Und ihr Verhalten war auch immer ein guter Indikator für die Marktentwicklung. So haben viele Manager Anfang 2000, kurz vor Beginn des Bärenmarkts, ihre Aktien verkauft. Einige nehmen nach der jüngsten Rallye aber auch nur Gewinne mit – vor allem in den Bereichen Gesundheitswesen, Technologie und Finanzen. Die Ansichten der Analysten über die Verkaufswut der Führungskräfte gehen auseinander. Die einen sagen: Nur keine Panik! Denn schließlich sind Top-Manager auch nur Menschen und haben sich vom Bärenmarkt genauso beeindrucken lassen wie jeder andere Investor auch. Vielleicht fürchten sie eher, die Erholung an den Märkten werde nicht lange dauern. Vielleicht geht es ja gar nicht darum, dass sie schlechte Unternehmensnachrichten vorwegnehmen. Wenn allerdings Eingeweihte wie Steven Ballmer, Chief Executive von Microsoft, und Michael Dell von Dell Computer nicht warten können, sich von den Aktien ihres eigenen Unternehmens zu trennen, dann könnte das ein schlechtes Omen für die zu erwartenden Gewinne sein. Denn die Gesetze für die Offenlegung der Bilanzen bei US-Unternehmen haben sich geändert. Deshalb könnten die Aktienverkäufe der „Insider" als Marktindikator mehr und mehr an Bedeutung gewinnen. Denn US-Manager dürfen seit dem letzten Jahr kaum noch Vorab-Informationen mit Analysten austauschen, wie sich die Quartals- oder Jahresergebnisse entwickeln werden. Michael Dell zum Beispiel, der mit fast neun Mrd. Dollar größter Anteilseigner der Computerfirma ist, hat Ende Mai Dell-Aktien über rund 300 Mill. Dollar verkauft, im ganzen letzten Jahr waren es lediglich Titel von etwas über 120 Mill. Dollar. Das legt den Gedanken nahe, dass die jüngste Aufwärtsbewegung der Dell-Aktien nicht gerechtfertigt gewesen ist, denn auch andere hochrangige Führungskräfte des Unternehmens haben ihre Belegschaftsaktien abgestoßen.

      Microsoft-Chef Ballmer hat den jüngsten Verkauf von Aktien seines Unternehmens über fast eine Mrd. Dollar schriftlich begründet: „Ich bin immer noch überzeugt von dem Potenzial, mit dem unsere Technologie das Leben der Menschen verändern kann. Mein Engagement für Microsoft ist ungebrochen.“ Ballmer hält allerdings noch immer Microsoft-Aktien im Wert von rund 10 Mrd. Dollar.

      Einige Analysten beharren darauf, dass Insider-Bewegungen als Indikator immer wichtiger werden. „Das Verhältnis zwischen Vorständen, die kaufen, und denen, die verkaufen, ist ein hervorragender Indikator für die Gewinnaussichten der Unternehmen“, sagt Bijal Shah, Aktienstratege bei Societe Generale. So betrachtet könnte die derzeitige Verkaufswelle durch Insider nichts Gutes verheißen. Insgesamt 14 Mal waren bisher so umfangreiche Verkäufe im Verhältnis zu den Käufen verzeichnet worden wie im vergangenen Monat. Und jedesmal sei der S&P-500-Index in den darauffolgenden sechs Monaten um durchschnittlich sechs Prozent gefallen und habe im Folgejahr weitere neun Prozent abgegeben, sagt Lon Gerber, Director für den Bereich Insider-Research bei Thomson Financial. Bisher hat das Marktbarometer in diesem Jahr etwa zehn Prozent zugelegt.


      HANDELSBLATT, Dienstag, 10. Juni 2003, 06:02 Uhr
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      schrieb am 10.06.03 19:56:45
      Beitrag Nr. 3.048 ()
      Der Weg des Schmerzes

      von Jochen Steffens

      Erst einmal zu Gold: Ich mache mir etwas Sorge um Gold. Gerüchten zufolge wollen institutionelle Adressen den Goldpreis drücken. So war nun zu lesen, dass der Bedarf an Gold den aktuellen Goldpreis nicht widerspiegelt. Mit anderen Worten: Es gäbe zu viel Gold bei zu wenig Abnehmern. Ich kann diese These und deren Auswirkung im Moment nicht wirklich einschätzen, weiß jedoch, dass dieser Faktor nur zum Teil für die Höhe des Goldpreises verantwortlich ist. Doch für einige Rohstoffhändler hat es ausgereicht: Der Goldpreis sinkt heute deutlich. Es wird letztlich darauf ankommen, wie sich die aktuelle Rallye weiter entwickelt. Da jedoch der Goldpreis unter diesen Gerüchten leidet, kann ich Ihnen nur raten, sichern Sie Ihre Gewinne durch Stopps, die immer noch deutlich im Gewinn liegen. Charttechnisch wäre mittlerweile ein Bruch der 350 Dollar als kritisch anzusehen. Sollte jedoch die aktuelle Rallye an den internationalen Aktienindizes wegbrechen, dann wird Gold (was auch immer jemand da erzählen mag) wieder weiter steigen. Die Charts der Aktien-Indizes, die Indikatoren, schreien geradezu nach einer längeren Konsolidierung. Aber noch denken die Amerikaner nicht daran, Gewinne mitzunehmen. Sie sind derart überzeugt von weiter steigenden Kursen, dass auch in den letzen beiden Tagen, trotz dieser mehr als deutlichen Verkaufssignale, nur mäßiger Verkaufsdruck aufkam.

      Natürlich, noch sind die charttechnischen Marken, an denen der eingefleischte Bulle nervös werden wird, weit genug entfernt. Noch schwitzt keiner der Bullen und viele zählen ihr (noch nicht realisiertes) Geld und haben Dollarzeichen in den Augen. Okay, es ist etwas eng auf der Bullenkoppel und die Eintrittspreise liegen mittlerweile im Bereich des Wuchers, aber egal. Da wird schon einmal in Anbetracht der (nicht realisierten) Gewinne alles möglich angeschafft und eingekauft. Ein gefährliches Unterfangen. Sie kennen meine Ansicht: Der Markt geht den Weg, der für die meisten Marktteilnehmer der Weg des größten Schmerz sein wird.

      Aktuell sind es die antizyklisch denkenden Bären, die leiden. Sie sind in den vorigen beiden Handelstagen in den Markt eingestiegen, weil sie wussten, dass die Märkte extrem überkauft sind. Weil Sie die Umkehrsignale erkannt haben und weil ihnen klar war, dass es nun ein guter Zeitpunkt ist, auf fallende Kurse zu setzen. Es gibt immer wieder diesen gefährlichen Antrieb, genau das Hoch oder das Tief zu erwischen. Aber was macht der Dax? Na, er quält die Bären noch ein bisschen und treibt noch ein paar Bullen in den Markt. Nein, so schnell stirbt eine solche Rallye nicht.

      Denn stellen Sie sich vor, Sie sind bereits einige Prozente im Gewinn. Alles um sie herum redet von weiter steigenden Kursen ... Sie sind sich sicher, die Jahrhundert-Baisse (die schlimmste aber auch erste in diesem Jahrhundert) ist endlich vorbei. Wann würden SIE Ihre Hoffnung, Ihren Optimismus zu Grabe tragen? Dann, wenn es anfängt, weh zu tun? Wenn entweder aus den großen Gewinnen kleine geworden sind, oder Sie bereits im Minus gelandet sind? Aber vielleicht würden Sie dann auch erst recht nachkaufen? Es wird also etwas dauern, das Vertrauen der amerikanischen Anleger zu erschüttern. Bis dahin sind die Bären willkommene Opfer. Es ist im Moment noch einfacher, den Markt nach oben als nach unten zu treiben.

      Das konnten Sie heute morgen deutlich im Dax erkennen. Da wurde der Dax über den Future gezogen. Die vorbörslichen Kurse zeigten zunächst Kursgewinne an. Doch offenbar waren viele Anleger ganz anderer Ansicht. Der Dax startete zunächst bei 3067 Punkte deutlich im Minus. Danach wurde er wieder um mehr als 80 Punkte auf 3149 nach oben gezogen. Doch auch die amerikanischen Anleger enttäuschten, so dass er wieder deutlich wegbrach. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

      Aber das "miese" Spiel geht auch an anderer Stelle weiter. Letztens war es das bekannte Hypovereinsbank/Commerzbankgerücht, dass Aktien trieb. Aktuell ist es die Allianz, die sich endlich ihrer Sorgentochter Dresdner Bank entledigen können soll. Gerüchten zufolge soll die Banc of America Interesse an der Dresdner Bank haben. Natürlich kommentierte die Allianz diese Gerüchte nicht. Natürlich kann auch etwas dran sein. Aber ich sagte Ihnen ja, solche Gerüchte bewegen den Markt gerne in Topbildungsphasen oder wenn jemand aus anderen Gründen noch gut aus einer Aktie herauskommen will.

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      Nokia senkt Prognosen

      von Jochen Steffens

      Der finnische Mobilfunkhersteller Nokia (ISIN 0009000681) erwartet für das zweite Quartal ein Umsatzwachstum bei Handys am unteren Ende einer Spanne zwischen 4 bis 12 %. Vielleicht sogar darunter. Begründet wurde diese schlechtere Prognose mit dem schwachen Dollar und den Folgen von SARS. Kein Unternehmen vermeldet Schlechtes ohne auch auf etwas Positives hinzuweisen: So soll Nokia zumindest seinen Marktanteil steigern. Mit anderen Worten: Der Konkurrenz geht es noch schlechter.

      Auch für die sowieso schwächelnde Netzwerksparte rechnet Nokia bestenfalls mit einer Stagnation. Aber auch ein negativer Wert bis zu 5 % sei denkbar. Das wird – wie in den letzten beiden Jahren schon – mit der Zurückhaltung der Telekommunikationsunternehmen auf diesem Gebiet begründet.

      Beim Pro-Forma-Gewinn je Aktie geht Nokia nach wie vor von 0,13 bis 0,16 Euro aus. Nokia scheiterte nun bereits zwei Mal an der 16 Euro Marke. Sollte die Aktie diese Marke nachhaltig brechen können, ist mit Kursen bis 20 Euro zu rechnen. Im Moment hält sich Nokia jedoch in einer klaren Seitwärtsbewegung auf, deren untere Begrenzung schwer auszumachen ist. Sollte allerdings die 13 Euro nach unten brechen, könnte Nokia wieder auf das Jahrestief bei 10,56 Euro und tiefer fallen. Aktuell kein Kauf.


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      Motorola leidet unter SARS

      von Jochen Steffens

      Bereits gestern hatte Nokia-Konkurrent Motorola seine Prognosen für das laufende Geschäftsjahr gesenkt. Der unerwartet niedrige Handyabsatz wurde auch hier mit Auswirkungen von SARS begründet.

      So erwartet Motorola mittlerweile nur noch einen Netto-Gewinn von rund 2 Cent je Aktie nach zuvor 3 bis 5 Cent. Beim Umsatz rechnet Motorola nun mit 6,0 bis 6,2 Mrd. Dollar. Zuvor war das Unternehmen noch von 6,4 bis 6,6 Mrd. Dollar ausgegangen. Analysten gingen im Schnitt von einem Netto-Gewinn von 4 Cent und einem Umsatz von 6,44 Mrd. Dollar aus. Motorola befürchtet darüber hinaus, dass auch die Zahlen im dritten und sogar vierten Quartal beeinträchtig werden.

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      Die Bullen austoben lassen ...

      von Martin Weiss

      In der Woche vor dem langen Pfingstwochenende ging es an den Weltbörsen erneut aufwärts. Selbst die japanische Börse wurde von der Aufwärtstendenz der Weltleitbörse erfasst und konnte deutliche Kursgewinne verbuchen.

      In Deutschland schaffte der Dax nun endgültig den nachhaltigen Sprung über die 200-Tage-Linie. Im Land der scheinbar "unbegrenzten Kursanstiege" erklomm der Dow Jones die 9000-er Marke, der breite S&P 500 scheiterte am Freitag nur knapp an der 1000-Punkte-Hürde. Von allen Experten ist in diesen Tagen zu hören, daß die jetzige Aufwärtsbewegung nunmehr das endgültige Ende der Jahrhundertbaisse bedeute. Jetzt sei endlich auch bei allen großen US-Indizes rein technisch betrachtet der große Bärenmarkt überstanden, zumal sich die maßgeblichen Börsenbarometer um mehr als 20 Prozent von den Tiefständen aus lösen und nach oben bewegen konnten. Daher verwundert es nicht, daß die Stimmung unter den Investoren äußerst "bullish" ist, einige Stimmungsindikatoren deuten auf bisweilen gar übermütigen Optimismus hin.

      Einige Marktstrategen großer Wall-Street-Häuser geben bereits deutlich angehobene Kursziele aus. Es scheint so, als gebe es keinerlei Grenzen mehr, zumal erste Analysten schon ein neues All Time High beim Dow Jones Index herbeireden. Wie auch immer, das Beispiel Japan sollte allen klar machen, wie gefährlich es sein kann, in solche "Fallen" zu tappen. Denn dort wurde in den letzten 13 Jahren oftmals das Ende der großen Baisse ausgerufen. Ist die japanische Malaise aber seither beendet? Auch trotz des jüngsten Rallye mit Sicherheit nicht. Und, es gab viele Aufwärtsbewegungen in Nippon in den letzten 13 Jahren, die kurzfristig mit Anstiegen von mehr als 20 Prozent Euphorie auslösten.

      Strukturell hat sich aber damals wie heute an den japanischen Problemen nichts geändert. Das Bank- und Finanzsystem leidet immer noch an den Folgen der Überspekulation, der Staat ist ebenfalls hoffnungslos hoch verschuldet, hinzu kommt, daß auch bei der Demographie Japan nicht wirklich gut aufgestellt ist.

      Genauso wenig wie im Fernen Osten sind die strukturellen Probleme dies- und jenseits des Atlantiks verschwunden. Sei es die exorbitant hohe Verschuldung der Verbraucher in den USA, die hohe Staatsverschuldung, ausufernde Haushalts- und Leistungsbilanzdefizite, das Fundament dieses angeblich "neuen" Bullenmarkts ist wahrlich nicht stark. Vom Arbeitsmarkt mit einer Arbeitslosenquote auf Neun-Jahres-Hoch ganz zu schweigen. Zudem verwundert es schon, daß erneut gerüchteweise von einer weiteren Zinssenkung durch die Fed gesprochen wird. Aber, offen gefragt: würde die Notenbank die Zinsen wirklich senken, wenn sich die Wirtschaft in einer nachhaltigen Erholung befände? Anscheinend registriert Greenspan auch, daß die Auftragseingänge für das verarbeitende Gewerbe auf ein 18-Monats-Tief zurückgegangen sind und dort insgesamt 53000 Arbeitsplätze im Mai abgebaut wurden. Oder, in anderen Worten, daß der wahre Zustand der Wirtschaft mit deflationären Tendenzen alles andere als glänzend ist. Auch die EZB mußte ja am Donnerstag handeln, um dem schwer kranken Patienten Deutschland, welches mehr und mehr zum Japan innerhalb Europas wird, etwas helfen zu können.

      Nichtsdestotrotz, die Aktienmärkte scherten sich in den letzten Wochen darum nicht. Ganz im Gegenteil, sie ignorierten selbst groteske Überbewertungen. Fast fühlt man sich wieder wie in den ersten Monaten des Jahres 2000. Die Blase wird eben nochmals "aufgeblasen". Zwar muß dann anschließend wieder gehörig Luft abgelassen werden, aber dies scheint noch niemanden zu kümmern. Also, lassen wir die Bullen noch etwas "zappeln". Und, lassen vor allem Sie sich nicht in die Irre führen und in diese überteuerten Märkte hetzen.

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      Eine Studie im Auftrag des ehemaligen US-Finanzminsters Paul O`Neill

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Jagadeesh Gokhale und Kent Smetters haben eine neue Definition: Nach ihrer Berechnung beträgt das "fiskalische Ungleichgewicht" der US-Bundesregierung rund 44,2 Billionen (ja, Sie haben richtig gelesen: Billionen!) Dollar. Und diese beiden Männer sind keine Nobodys. Zumindest noch nicht. Gokhale ist Senior-Berater der Federal Reserve Bank von Cleveland, und Smetters ist Professor an der University of Pennsylvania. Sie beide haben zusammen einen Bericht im Auftrag des ehemaligen US-Finanzministers Paul O`Neill verfasst – als dieser noch im Amt war und offiziell eine Politik des "starken Dollar" verfolgte.

      Gokhale und Smetters definieren "fiskalisches Ungleichgewicht" so: Das ist das, was man erhält, wenn man "die aktuellen Bundesschulden nimmt, die von der Öffentlichkeit gehalten werden, und den Gegenwartswert der zukünftigen Bundesausgaben (ohne Zinsen) addiert, minus dem Gegenwartswert der zukünftigen Bundeseinnahmen." Dann erhält man diese hässliche Große Zahl, die größer ist, als die aktuelle Administration der Ausgabenfreudigen glauben möchte. "Große Zahlen wie 44,2 Billionen Dollar bedeuten den Leuten ohne Vergleich nicht viel", so Porter Stansberry. Aber er hilft uns, diese Zahl in die Perspektive zu setzen – "Bedenken Sie: Dieses `fiskalische Ungleichgewicht` ist 10 Mal so groß wie die aktuellen US-Bundesschulden." "Um die zukünftigen Ausgaben auf die Höhe der zukünftigen Einnahmen zu begrenzen, müsste die Regierung die Steuern sofort um 68,5 % erhöhen, mit heutigem Beginn. Alternativ könnte die Regierung die Sozial- und Gesundheitsausgaben um 54,8 % kürzen – sofort und für immer."

      "Es ist unwahrscheinlich, dass wir entweder so große Steuererhöhungen oder so große Sozialkürzungen in den USA sehen werden. Am wahrscheinlichsten wird gar nichts passieren. Und deshalb wird das fiskalische Ungleichgewicht der Regierung weiter wachsen. Bis 2008 wird es bei 54 Billionen Dollar liegen. Um dann noch auf ein Gleichgewicht zu kommen, müsste man die Steuern um 73,7 % erhöhen."
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      Der Markt tut, was er will

      von unserem Korrespondenten Eric Fry in New York

      "Die Lektion der letzten paar Wochen", so Michael Santoli vom Barron`s Magazin, "ist die, dass der Markt das tut, was er will – auch ohne Alan Greenspan zu konsultieren. Und zuletzt wollte der Markt auf fast geradem Weg einfach steigen." Letzten Freitag Morgen zum Beispiel steigen die Kurse an den US-Börsen unmittelbar nach den neuesten Zahlen zum Arbeitsmarkt. Die Aktienkäufer schienen sich nicht darum zu kümmern, dass die US-Wirtschaft weiterhin fleißig Arbeitsplätze abbaut.

      Paradoxerweise begrüßten die Investoren die eher schlechten Zahlen vom US-Arbeitsmarkt mit einer neuen Welle von Aktienkäufen. Der Dow Jones schoss im frühen Handel um über 170 Punkte nach oben – alleine deshalb, weil die US-Arbeitsmarktzahlen "ja noch schlimmer hätten sein können". Allerdings hätten sie auch besser sein können – weshalb die Kurse auch im späteren Handelsverlauf wieder etwas zurückkamen. Allerdings war die Performance auf Wochensicht beachtlich. Der Dow Jones überstieg zum ersten Mal seit Juli die Marke von 9.000 Punkten, auf Wochensicht gewann er 2,4 % auf 9.062 Zähler. Der Nasdaq Composite legte 2 % auf 1.627 Punkte zu.

      Währenddessen gingen die Bullenmärkte beim Rohöl und beim Gold ohne große Fanfaren weiter – der Ölpreis stieg auf 31,28 Dollar. Ein Ölpreis über 30 Dollar ist nach meiner Einschätzung nicht gerade hilfreich für eine Wirtschaftserholung. Aber – wenn man sich die Zahlen vom Arbeitsmarkt ansieht – sieht es derzeit sowieso nicht nach einer "Wirtschaftserholung" aus. Die US-Arbeitslosenrate ist im Mai von 6,0 auf 6,1 % gestiegen. Die Revisionen des Beschäftigungsniveaus könnten einen zyklischen Marktbeobachter zu der Frage führen, wie sehr man den Zahlen vom Arbeitsmarkt eigentlich vertrauen kann. Aber egal wie hoch die Revisionen ausgefallen sind und ausfallen mögen, eine Botschaft ist klar – in den USA werden weiterhin Jobs abgebaut ... darunter auch Jobs im Hightech-Sektor. "Der moderate Rückgang bei den Beschäftigtenzahlen passt nicht zusammen mit den Erstanträgen auf Arbeitslosenhilfe, die hartnäckig über der Marke von 400.000 (pro Woche!) bleiben, und zuletzt mit 442.000 ein neues 5-Wochen-Hoch erreicht haben", so Alan Abelson vom Barron`s Magazin. "Die Zahl der wöchentlichen Arbeitsstunden und die Stundenlöhne haben mehr oder weniger stagniert, während die Arbeitslosenquote leicht auf 6,1 % gestiegen ist.

      Was wir besonders interessant fanden, war, dass im Sektor `Elektronik und Computer` rund 16.000 Jobs abgebaut wurden – hier geht ein negativer Trend ununterbrochen weiter, der im Januar 2001 begann. Wir schätzen, dass Technologiegesellschaften keine Leute entlassen würden, wenn sich das Geschäftsfeld wieder verbessern würde. Also warum kaufen die Leute die Aktien von Technologieunternehmen? Wir haben zuerst gefragt. Sie sollen uns das beantworten."

      Im Moment machen sich viele Investoren nicht die Mühe, sich mit solchen Fragen zu befassen. Sie kümmern sich darum, dass die Aktien weiter steigen ... und nur darum kümmern sie sich. Die derzeitige Rally an der Wall Street ist von der Realität irgendwie abgehoben. Die Wirtschaft erholt sich nicht, der Technologiesektor legt keine fundamentale Erholung hin, die Beschäftigung wächst nicht, der Dollar ist nicht stark und dennoch ... steigen die Aktienkurse ... fast jeden Tag. Wo wir gerade von abgehobener Realität sprechen ... die New York Times hatte letztens folgende Schlagzeile: "Greenspan ist zuversichtlich für die Wirtschaft und er schürt Hoffnungen auf weitere Zinssenkungen." Wenn er so zuversichtlich wäre – warum sollte er dann die Zinsen weiter senken? Und warum sollte der Aktienmarkt dann weitere Zinssenkungen begrüßen? "Um die heutigen Aktienkurse attraktiv zu finden, muss ein Investor entweder glauben, dass die Aktien mehr wert sind als derzeit – mit einem KGV `03 von 19 –, oder dass die Ergebnisschätzungen zu niedrig sind ..." so das Barron`s Magazin. "Man kann es nicht bestreiten, dass sich die Investoren derzeit wie die Größten vorkommen. Bei ihrem Bemühen, die Wirtschaft zu reflationieren, helfen die geldpolitischen Autoritäten auch mit, das Marktäquivalent der `Biermuskeln` zu reflationieren." Ich könnte mir vorstellen, dass die Biermuskeln bald Angstmuskeln weichen werden – wenn ein plötzlich wieder fallender Aktienmarkt den "Verkaufs"-Reflex stimulieren wird.

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      Eine radikale Idee

      von unserem Korrespondenten Addison Wiggin in Paris

      *** Nicht jeder meint, dass der Bericht von Gokhale und Smetters (siehe den ersten Beitrag meines Kollegen Bill Bonner) wirklich so katastrophal ist und das "Ende der Welt, wie wir sie kennen", bedeutet. "Die neue Methode des Berichts, die Verbindlichkeiten der sozialen Sicherungssysteme zu berechnen, ist nicht ganz so neu", so Donald Luskin in seinem Online-Tagebuch "The Conspiracy to Keep You Poor and Stupid." Und weiter: "Die Verantwortlichen der Sozialversicherungssysteme haben diese Methode bereits früher in diesem Jahr angewendet (und selbst Smetters sagt, dass in seinem Bericht die Zahlen weniger alarmierend sind als die Zahlen der Verantwortlichen der Sozialversicherungssysteme)!" "Seit wann hat die Regierung je bei Geld nach den Regeln gespielt?" so fragt Dan Denning. "Die Schätzung von 44 Billionen Dollar Verpflichtungen impliziert, dass die Regierung diese zahlen wird. Aber was ist, wenn die Regierung denjenigen, die Rentenzahlungen brauchen, nur Steuergutscheine geben wird? Es gibt eine Menge, was die Regierung tun kann, um ihr Wort zu brechen. Am unwahrscheinlichsten ist es, dass sie all das tut, was sie sagt." "Die ganze Debatte über Steuern und Ausgaben geht von falschen Wahlmöglichkeiten aus. Es wird davon gesprochen, wie stark die Steuern erhöht werden müssen, um die Verpflichtungen erfüllen zu können ... als ob wir nicht einfach die Ausgaben senken könnten. Als ob die Leute nicht einfach sagen könnten `Hier ist eine Idee ... hört einfach auf, große Versprechungen zu machen, von denen ihr wisst, dass ihr sie nicht halten könnt. Kürzt die Ausgaben. Nicht nur die Wachstumsrate der Ausgaben, sondern auch absolut.` Eine radikale Idee, oder?"

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      Inflation – ein nicht ganz ernst gemeinter Beitrag

      vom "Mogambo Guru"

      Für den heutigen Artikel danke ich Philip Spicer, einem netten Mann, der offensichtlich mehr Geld hat, als er braucht – denn er hat mir ein kostenloses Exemplar seines Buches "Fiat Money Inflation in France" geschickt, das mich zu diesem Artikel inspiriert hat. Weil sein Buch keine Bilder oder Grafiken hatte, dachte er vielleicht, ich würde es ungelesen einfach auf den Haufen mit den anderen Büchern werfen, die auch keine Bilder haben.

      Aber da hatte er Unrecht. Ich habe dieses Buch gelesen, und ich bin froh, dass ich das getan habe – denn ich war verzweifelt auf der Suche nach einem Thema, über das ich schreiben konnte. Also, ich werde jetzt mal meine kurze Inhaltsangabe dieses 120seitigen Büchleins abgeben. Hier ist sie: Die Franzosen stürmten am 14. Juli 1789 die Bastille, und dann begannen sie, immer mehr Geld auszugeben, und bis 1797 war das Geld nahezu wertlos geworden, weil die Preise dank des Überangebots an Geld so hoch geklettert waren, dass das Land immer tiefer in ein großes Loch fiel. Bis Napoleon an die Macht kam und Europa in ein Leichenfeld verwandelte, und die Franzosen gegenüber Leuten, die Englisch sprachen, sehr unangenehm wurden – was sie eigentlich bis heute beibehalten haben.

      Inflation kommt – heute wie damals – von der Idee, dass die Vermehrung der Geldmenge eine gute Idee ist, und dass man dadurch Reichtum erreichen kann. Heute hört man weniger "Inflation ist gut", sondern vielmehr "das Verhindern einer Deflation ist gut".

      Das breite Muster von allen Inflationen, modernen wie historischen, ist dasselbe. Das erste Ergebnis einer Erhöhung der Geldmenge ist normalerweise die "Erholung", die die Inflationisten wie die anderen anstreben. Später zeigen sich dann aber die weniger angestrebten und giftigen Effekte. Und was sind diese giftigen Effekte? Ich dachte schon, Sie fragen nie! Inflation ermutigt letztlich Fehlinvestitionen, Spendierfreudigkeit, Spekulation und Zockerei – auf Kosten der Produktion.

      Da die Fed seit Dekaden die Geldmenge drastisch erhöht, will ich mal sehen, ob wir ein paar Anzeichen dieser "giftigen Effekte" finden können. Haben wir ... hm ... lassen Sie mich die Liste ansehen ... Fehlinvestitionen? Ja, jede Menge! Es gibt überall Überkapazitäten, und eine große Regierung, die auch eine große Fehlinvestition ist! Haben wir Spendierfreudigkeit? Ja! Die Sparrate ist effektiv bei fast Null. Haben wir Spekulation? Ja! Die Leute kaufen auch in dieser Minute Aktien mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis, das man sonst nur in den wildesten Träumen der Broker und bei Neuemissionen zu absoluten Boomzeiten sieht!

      Wie sieht`s mit "Zockerei" aus? Haben wir Zockerei? Ja, und man kann kaum eine Straße langgehen, ohne an einem Kasino vorbeizukommen, aus dem gerade jemand mit leeren Taschen herauskommt.

      Es ist einfach, die Geldmenge zu vergrößern; aber wie schwer ist es, ein Überangebot zu verhindern? Nun, ich meine, es ist nicht schwierig, das Geldangebot zu managen – sondern es scheint unmöglich zu sein! Aber man kann doch immer noch einwenden, dass eine Inflation auch den vorhandenen Reichtum zerstört und dann alle Leute wieder unter gleichen Vorrausetzungen starten können, oder? Heben Sie Ihre Hand, wenn Sie derzeit amerikanische Aktien mit einem KGV von 35 kaufen. Heben Sie Ihre Hand, wenn sie derzeit überteuerte Häuser in den USA kaufen, in der Hoffnung, dass die Preise weiter steigen werden.

      Jetzt sehen Sie ihre Hand an. Wenn Sie eine Süßigkeit halten, dann sind Sie dick. Wenn Sie die Hand von jemand anderem halten, dann sind Sie verliebt. Wenn Sie Ihre Hand in der Höhe halten, dann sind Sie ein(e) Spekulant(in) – also eine Person, die laut dem Universitätsprofessor White die schlimmste Person der Welt ist. Hahaha! Nun, weiter. Inflation stimuliert zuerst Überproduktion, lässt dann aber die Industrien brachliegen. Nun sehen Sie sich um!

      In den USA hatten wir nicht nur Überproduktion, sondern auch Überkonsum. Kennen Sie einen Amerikaner, der einen Speicher hat, der nicht mit allem möglichen Krimskrams überquillt? Tja, und was ist mit der Zukunft? Um auf das Buch zurückzukommen – eine Inflation löste letztlich die französischen Wirtschaftsprobleme nicht. Die Arbeiter hungerten. Man konnte ihren Hunger nur beseitigen, indem man sie zum Militär einzog und dann in andere Länder schickte, wo sie im Krieg getötet wurden. Die inflationäre Periode der Franzosen endete mit Napoleon. Die inflationäre Epoche der Deutschen – im Jahr 1923 – endete schließlich bei Hitler. Kommt da nicht die Frage auf, wo die USA enden werden, wenn sie wirklich die erstrebte Inflation bekommen
      (Da, wo die anderen geendet haben :rolleyes: )
      investorverlag.de
      Avatar
      schrieb am 10.06.03 20:39:40
      Beitrag Nr. 3.049 ()
      Kommentar

      Druck von der Quelle

      Noch kontrollieren die Autohersteller über ihre Vertragshändler den Verkauf ihrer Produkte. Das könnte sich mit dem Start des Internet-Handels bei Quelle ändern. Dabei nutzt das Fürther Versandhaus geltendes EU Recht.

      von Karl-Heinz Büschemann



      (SZ vom 11.06.2003) — Ist es der pfiffige Werbegag eines Versandhauses, oder steht der Autohandel vor einer Wende? Seit Dienstag bietet die Quelle AG Personenwagen an und das mit Preisabschlägen von bis zu 22 Prozent gegenüber dem Listenpreis.

      Dabei fällt auf, dass die elf Autos aus dem Quelle-Katalog von Konzernen wie VW oder Ford stammen, die größten Wert darauf legen, dass ihre Fahrzeuge über eigene Händler vertrieben und nicht im Einzelhandel verschleudert werden. Im Katalog findet sich selbst ein Smart aus dem vornehmen Reich von Mercedes-Benz, wo man erst recht Wert auf exklusive Kundenbeziehungen legt.

      Die betroffenen Autohersteller sind über den Vorstoß des Versenders, der sich die Autos in ganz Europa zusammenkauft, alles andere als glücklich. Sie erklären, dieser Vertriebsweg entspreche nicht ihrer Firmenstrategie, in der die Vertragshändler eine zentrale Rolle spielen.

      Doch Ford, VW & Co können nicht vollständig verhindern, dass Quelle sich über einen Partner die Autos günstig im Ausland zusammenkauft. Die Äußerungen der Pkw-Bauer, die Aktion sei nichts als ein billiger PR-Trick, wirken eher hilflos.



      Gravierende Änderungen im Handel
      Im Autohandel gehen gravierende Veränderungen vor sich. Die europäischen Grenzen sind gefallen, dadurch wird es für die Autobauer schwerer, in verschiedenen Ländern unterschiedlich hohe Preise zu verlangen. Die EU hat viele ärgerliche Einschränkungen des Wettbewerbs im Autohandel abgeschafft.

      Das Internet sorgt für hohe Transparenz der Preise. Und obendrein leidet die Branche unter Absatznöten. Der Druck auf die Preise ist in dieser Industrie ungewohnt brutal.

      Trotzdem ist nicht zu erwarten, dass schon bald alle Autohändler pleite gehen, weil die Pkw-Käufer ihre Fahrzeuge nur noch per Mausklick, bei Aldi oder anderen Einzelhandelsketten kaufen. Viele Kunden werden weiterhin über genügend Geld verfügen, eine Luxuslimousine mit zahllosen Extras beim Vertragshändler zu bestellen und dafür ihren Preis zu zahlen.



      Massiver Preisdruck
      Aber die Welt ändert sich, auch weil die Menschen ihr Geld heute weniger leicht verdienen als noch vor ein paar Jahren. In Zukunft werden mehr Käufer die Gelegenheit nutzen, sich ein gängiges Standardauto zu einem möglichst günstigen Preis von der Stange zu kaufen. Dabei kommt es nicht darauf an, wie viele tausend Fahrzeuge Quelle und andere pro Jahr absetzen und dem Handel wegschnappen. Entscheidend ist, dass die neuen Konkurrenten den gesamten Autohandel unter massiven Preisdruck setzen werden

      sueddeutsche.de
      Avatar
      schrieb am 10.06.03 20:41:12
      Beitrag Nr. 3.050 ()
      Autohandel im Netz

      Quelle ärgert Ford und VW


      Deutschland-Premiere in Fürth: Das Versandhaus bietet elf PkW-Modelle im Internet an. Beim Kauf per Mausklick können sich die Nutzer Preisvorteile von bis zu 22 Prozent zum Listenpreis sichern. Genau das passt den betroffenen Herstellern gar nicht.

      von Karl-Heinz Büschemann




      Smart: Nun auch via Internet zu haben.
      Quelle: AP


      (SZ vom 11.06.2003) — Die Autobauer Ford, Volkswagen und Smart prüfen, ob der Verkauf von Pkw ihrer Marken durch das Versandhaus Quelle statthaft ist. Das erklärten Sprecher der Unternehmen der Süddeutschen Zeitung. Die Hersteller reagieren damit auf die Entscheidung des Versenders, elf Automodelle bis zu 22 Prozent unter Listenpreis zu verkaufen.



      Im Angebot: EU-Importe und Tageszulassungen
      Bei den Fahrzeugen der Marken Ford, Volkswagen, Nissan und Smart, die über die Bayreuther Autohandelsgesellschaft Carplus verkauft werden, handelt es sich um Importautos aus anderen EU-Ländern oder um so genannte Tageszulassungen.

      Das sind Fahrzeuge, die von Händlern für einen Tag angemeldet werden und deshalb als Gebrauchtwagen billiger verkauft werden dürfen. Die Autos gibt es nur in den Farben silber, schwarz und blau. Die Kunden können die Fahrzeuge telefonisch oder per Internet bestellen und vor die Haustür liefern lassen. Über die geplanten Verkaufszahlen schweigen Quelle wie Carplus.



      Langfristiges Projekt für Quelle
      Bei Quelle heißt es, es stünde im Moment "eine vierstellige Stückzahl" zur Verfügung. "Wenn das Geschäft einschlägt, machen wir weiter", erklärt eine Sprecherin von Quelle. Carplus-Geschäftsführer Rainer Saalfrank sagte der SZ: "Das ist ein langfristiges Projekt." Zuvor hatten sich schon Lebensmittelketten wie Edeka oder Plus zeitweilig am Autohandel versucht.


      sueddeutsche.de
      Avatar
      schrieb am 10.06.03 21:50:49
      Beitrag Nr. 3.051 ()
      Hypotheken-Skandal erschüttert US-Finanzmarkt

      Baufinanzierer Freddie Mac in der Krise - Experten befürchten einen Domino-Effekt

      von Martin Halusa

      New York - Den USA droht ein weiterer Bilanzskandal, und die Auswirkungen könnten den gerade beginnenden Aufschwung gefährden. An der Oberfläche geht es zunächst um den Rauswurf des Topmanagements bei einem der führenden amerikanischen Baufinanzierer, Freddie Mac. Doch darunter schlummert die Frage, ob das Unternehmen - und mit ihm auch seine Schwester Fannie Mae - unterfinanziert ist. Seit Monaten kursieren an der Wall Street Gerüchte über eine mögliche Schieflage.


      Finanzexperten befürchten nun, dass die Probleme bei Freddie Mac zu einem Dominoeffekt im Bankensystem führen könnten. Die Hypothekenzinsen, die sich derzeit mit 4,5 Prozent auf einem historischen Tief befinden, dürften bald steigen. "Die Immobilienblase könnte dann platzen", warnt Martha Kaufman von Prudential Securities. Dies dürfte erhebliche Folgen für die Konjunktur haben: Bislang gilt die Immobilienbranche als letzte stabile Bastion der US-Wirtschaft.


      Anfang Januar hatte Federal-Reserve-Chef Alan Greenspan davor gewarnt, dass die beiden Finanzfirmen nicht über das nötige Kapital verfügen. Außerdem räumte Greenspan mit dem Irrglauben der Investoren auf, dass die Regierung die Baufinanzierer im Notfall stützen würde.


      In den vergangenen Tagen musste das gesamte Topmanagement Freddie Macs zurücktreten. Hintergrund sind mögliche Verletzungen des Aktiengesetzes. Das Unternehmen ist derzeit dabei, die Bilanzen der vergangenen drei Jahre neu zu berechnen. Zuvor war die Firma vom Enron-Prüfer Arthur Anderson bilanziert worden, nun beschäftigt sich Pricewaterhouse-Coopers mit dem Zahlenwerk.


      Möglicherweise hat die Firma ihre Gewinne der vergangenen Jahre zu niedrig dargestellt. Die Veröffentlichung der Ergebnisse für das zweite Quartal ist suspendiert. Das Management soll nicht voll mit den Prüfern zusammengearbeitet haben. Von Betrug könne allerdings nicht die Rede sein, sagte der neue Chief Executive Officer Gregory Parseghian.


      Beobachter erwarten, dass die Börsenaufsicht SEC in Kürze ihre Ermittlungen aufnimmt. Die Aktien von Freddie Mac und Fannie Mae gaben bereits um fast 20 Prozent nach und zogen den Gesamtmarkt mit nach unten.


      Freddie Mac (die Nummer zwei) und Fannie Mae (Nummer eins) der Baufinanzierer in den USA beherrschen zusammen fast 50 Prozent des Hypothekenmarktes. Die Unternehmen wurden vom Kongress ins Leben gerufen und sind börsennotiert. Zusammen mit der dritten, kleineren Schwester Ginnie Mae treten sie als Vermittler zwischen Hypothekenbanken und Käufern von Immobilien auf. Die Firmen kaufen Hypotheken, bündeln sie als Wertpapier und verkaufen sie an Investoren - vor allem an asiatische und japanische Anleger.


      In den USA tragen sie wesentlich zur Förderung des privaten Hausbesitzes bei. Derzeit haben ihre Hypothekenkredite ein Gesamtvolumen von 3,3 Billionen Dollar. Doch sowohl Wall Street als auch der Notenbank sind die Baufinanzierer seit langem ein Dorn im Auge, weil sie als regierungsnahe Institutionen nicht den strengen Bilanzregeln der Börse unterliegen. Anders als andere Unternehmen können Freddie Mac & Co direkt von der Notenbank Federal Reserve leihen. Erst im vergangenen Jahr haben die Firmen damit begonnen, testierte Bilanzen und Quartalsberichte vorzulegen.


      Artikel erschienen am 11. Jun 2003

      http://www.welt.de/data/2003/06/11/115335.html
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      schrieb am 10.06.03 21:58:05
      Beitrag Nr. 3.052 ()
      SEC-Chairman stellt Manager-Bezüge an den Pranger

      US-Vorstandschefs verdienen im Schnitt 4,4 Millionen Dollar - Buffett schlägt in die gleiche Kerbe

      von Bloomberg

      New York - Die "Verbindungslosigkeit" der Höhe der Vergütung von Topmanagern und der Performance ihrer Unternehmen prangert William Donaldson, Chairman der US-Börsenaufsichtsbehörde SEC, an. "Meiner Ansicht nach ist die tatsächliche Performance nach wie vor nicht an die Vergütung gebunden", erklärt Donaldson: "Es ist nichts gegen Gehälter und Prämien zu sagen, solange auch die Performance stimmt."


      Donaldson steht mit seiner Ansicht, dass die Managerbezüge genauer unter die Lupe genommen werden sollten, nicht alleine da. Im März hatte der Milliardär und legendäre Investor Warren Buffett betont, dass es den US-Unternehmen nicht gelingen werde, das Vertrauen der Investoren zurückzugewinnen, solange die Vergütung der Topmanager weiter ansteigt, während sich die Aktien gleichzeitig auf Talfahrt befinden.


      Im vergangenen Jahr haben die Vorstandsvorsitzenden der Unternehmen des Standard & Poor`s-Index durchschnittlich 4,4 Mio. Dollar verdient, gab Aon Consulting Inc. an. Um das Schicksal der Topmanager stärker an das der Aktionäre zu binden, haben Unternehmen wie Kraft Foods Inc. neue Regeln für den Aktienbesitz eingeführt. So müssen die Vorstände des Unternehmens Kraft-Aktien im Volumen des Sechsfachen ihres Grundgehalts halten. Sie haben fünf Jahre Zeit, um dieses Aktienvolumen aufzubauen. Donaldson führte aus, dass die Unternehmen außer einem konstant steigenden Gewinn andere Möglichkeiten finden müssten, die Performance zu bewerten. Denn dies würde nur einen Aspekt widerspiegeln, wie es einem Unternehmen geht.


      "Es muss viel mehr Gewicht darauf gelegt werden, wie die tatsächliche Performance aussieht und wie sie gemessen werden kann", forderte der SEC-Vorsitzende. Zu den Faktoren dieser "tatsächlichen Performance" gehöre die Produktqualität, die Kundenzufriedenheit und die Fähigkeit, in "Boom-Zeiten" nicht zu sehr zu expandieren.


      Artikel erschienen am 11. Jun 2003
      http://www.welt.de/data/2003/06/11/115495.html
      Avatar
      schrieb am 10.06.03 22:56:16
      Beitrag Nr. 3.053 ()
      Avatar
      schrieb am 10.06.03 23:16:14
      Beitrag Nr. 3.054 ()
      Nichts als Neid

      Gedanken zur Diskussion um die Vermögenssteuer

      von Egon W. Kreutzer
      (22. Oktober 2002)

      Die Diskussion um die Besteuerung von Vermögen erlebt eine neue Blüte.
      Doch die aus der Not geborene Idee, dort wieder vermehrt abschöpfen zu wollen, wo sichtbarer Reichtum zum fiskalischen Zugriff geradezu einlädt, wird völlig unangemessen behandelt.
      Die Populisten "Pro" führen einen moralischen Feldzug für mehr Gerechtigkeit und die Populisten "Contra" übertreffen sich in Zynismus und Besserwisserei, wenn es darum geht, ihre grotesken Befürchtungen als schreckliches Menetekel an die Wand zu malen.



      Dabei ist die Besteuerung von Vermögen eine uralte, womöglich die älteste Form einer Besteuerung, deren Höhe sich nach "objektiv meßbaren" Kriterien an der Leistungsfähigkeit des Staatsbürgers orientiert.

      Mit Athens Demokratie, in der die Staatsaufgaben und damit unvermeidlich auch die Staatsausgaben ausgeweitet wurden, entstand ein fiskalisches System, das wiederkehrende Ausgaben, wie z.B. der Besoldung der Beamten, in einem Haushaltsplan erfasste, auf dessen Einnahmeseite über Pachteinnahmen, Zölle und Gebühren der Ausgleich gesucht wurde. Standen große Gemeinschaftsaufgaben an, wurden die wohlhabenden Bürger zur Deckung der Ausgaben herangezogen und kam es zu außerordentlichen Finanzierungsbedarfen, dann wurde von den 1.200 reichsten Bürgern eine Vermögenssteuer erhoben, deren Höhe vom jeweiligen Anlaß bestimmt war, durchschnittlich aber etwa 12% des Vermögens ausmachte. Wurde die Finanzsituation aufgrund außergewöhnlicher Notfälle noch prekärer, konnte sogar auf die Kassen der Tempel zugegriffen werden.

      Heute ist die Besteuerung von Vermögen verpönt und ihre Erhebung wegen Ungereimtheiten in der Systematik, nicht wegen des Gegenstandes der Besteuerung, vom Verfassungsgericht praktisch verboten. Sie gilt als leistungsfeindlich und wachstumsschädlich und wer sich ernsthaft für die Besteuerung großer Vermögen einsetzt, muß sich Naivität vorhalten lassen, weil die Vermögenden doch immer Wege fänden, die Besteuerung zu umgehen.

      Als probates Mittel, den Finanzbedarf des Staates einzuheben, werden heutzutage primär Einkommen und Verbrauch, Arbeit und Konsum besteuert. Das hat uns tatsächlich so weit gebracht, daß die nackte Existenz eines Menschen dem Fiskus schon die Gewähr für eine Steuermindesteinnahme bietet, weil kein Konsum, auch nicht derjenige, der als überlebensnotwendig angesehen werden muß, möglich ist, ohne damit Staatseinkünfte aus der Mehrwertsteuer zu generieren. Im Klartext: Jeder Bürger, der das Existenzminimum verbraucht, nur um am Leben zu bleiben, entrichtet mindestens pro Jahr 250 Euro an Mehrwertsteuer (wenn man durchgehend den verminderten Satz von 7% ansetzt). Ca. 80 Millionen Bürger garantieren dem Finanzminister also, durch nichts als die allermindesten Aufwendungen für ihr Überleben, ein jährliches Steueraufkommen in Höhe von 20 Milliarden Euro.

      Wer die Hürde des nackten Überlebens genommen hat und ein Einkommen erzielt, das knapp oberhalb des Existenzminimums liegt, entwächst über kurz oder lang den schützenden Freibeträgen der Lohn- bzw. Einkommensteuer und wird, mit steigenden Einkünften auch immer mehr an der Finanzierung der Staatsaufgaben beteiligt. Ein sogenannter "Abhängig-Beschäftigter" kann sich der Lohnsteuer, die sein Arbeitgeber einbehalten muß, nicht entziehen und hat nur geringe Möglichkeiten im Rahmen des sog. Lohnsteuer-Jahresausgleichs oder durch die nachträgliche Einkommensteuererklärung steuermindernde Sachverhalte geltend zu machen.

      Außerdem steigt, mit wachsendem Einkommen, nicht nur die Last der direkten Steuern progressiv an, auch die Last der indirekten Steuern steigt erheblich, weil der Fiskus von jedem ausgegeben Euro 13,8 Cent (16% Mehrwertsteuer) für sich beansprucht und bei Zigaretten, Benzin, Schaumwein, Alkohol usw. durch die darauf lastenden Sondersteuern sogar ein Vielfaches davon für sich abzweigt.

      Mit diesem System und seiner Systematik haben wir - von der Eigenheimzulage bis zur Ökosteuer, von der Tabaksteuer bis zur Grunderwerbsteuer - vielfältige Möglichkeiten, staatlicherseits die Antriebskräfte allergrößter Teile der Bevölkerung mit fiskalisch-pekuniären Schmerz- und Glücksempfindungen zu manipulieren, ohne vorher Verständnis und Zustimmung für die zugrundeliegenden moralischen, sachlich- fachlichen oder auch nur weltanschaulichen Werte und Zwänge vermitteln zu müssen.

      Im schmalen Budget der Familie des Angestellten, Beamten oder Arbeiters wird die Erhöhung der Steuer auf Benzin über kurz oder lang zu einer Reduzierung des Kraftstoffverbrauches führen. Ein staatlicher Zuschuß, vor allem wenn er zeitlich befristet ist, wird zu Investitionen bewegen, die sonst unterblieben. Das wichtigste an diesem System liegt aber darin, daß der Druck der staatlichen Lasten - solange das Gros der Staatseinnahmen aus der Besteuerung der niedrigen und mittleren Einkommen fließt - über den Transmissionsriemen der Tarifautonomie an Wirtschaft und Kapital herangetragen wird. Dieser Druck von unten wird in vielen, vielen Einzelverhandlungen, solange es die Ertragskraft der Wirtschaft erlaubt, genau den Mittelabfluß aus den Unternehmensgewinnen in die Lohntüten auslösen, der einerseits der Wirtschaft zuträglich ist und es andererseits der Gemeinschaft der besteuerten Bürger ermöglicht - ohne auf Besitzstände verzichten zu müssen - die Beträge aufzubringen, die der Staat benötigt.

      Dies funktioniert nicht nur in Zeiten guter Konjunktur und prosperierenden Wachstums. Es funktioniert ebenso, wenn der Verteilungsspielraum, der in der Wirtschaft entsteht, kleiner wird. Denn dann wird über das geringere Wachstum von Löhnen und Gehältern auch der Widerstand der Bevölkerung gegen ein weiteres Anwachsen der staatlichen Forderungen steigen und damit dem Anspruch des Staates auf Steuereinnahmen eine Grenze setzen, die vom Staat in Form von Ausgabenkürzungen oder durch die Ausweitung der Verschuldung ausgeglichen werden muß.

      Dieser überaus sinnvolle und wirksame Mechanismus müßte bei einer Verschiebung der steuerlichen Schwerpunkte, weg von Löhnen, Einkommen und Konsum, hin zu Vermögen und Kapitalerträgen seine Wirkung einbüßen - ein adäquater Ersatz ist nirgends in Sicht.

      Zudem stellt sich auch bei der Besteuerung von Vermögen und Kapitalerträgen eine Gerechtigkeitsfrage. Immer unterstellt, ein Vermögen ist durch das Ansammeln ordnungsgemäß versteuerter Einkünfte entstanden, dann unterlag doch bereits der Erwerb des Vermögens einer Besteuerung, ein nochmalige Besteuerung angesammelter Einkünfte sei schon aus Gründen der Steuersystematik nicht hinnehmbar.
      Und darüberhinaus hören wir immer wieder folgenden Argumente:

      1. Strafsteuer für Sparsame

      Es kann doch nicht gewollt sein, daß der Sparsame durch eine Steuer auf sein Vermögen bestraft wird, während Bruder Leichtfuß, der im Alter sowieso wieder der Allgemeinheit zur Last fällt, jegliche Einnahme sofort in sinnlosem Konsum verschleudert

      2. Das Häuschen der Oma

      Der Großvater hat geschuftet und sich Stein für Stein vom Munde abgespart, der Vater hat noch viele Jahre die Hypotheken abgetragen, das Dach repariert und die Garage angebaut und jetzt muß der Enkel verkaufen, um die Erbschaftssteuer bezahlen zu können.

      3. Kapitalflucht

      Die Besteuerung von Vermögen, so wird gewarnt, führt einerseits zur Verschleierung der wahren Vermögensverhältnisse womit die Aufwendungen für deren Aufklärung und für die Bewertung des Vermögens soviele Beamte beschäftigen würde, daß der Nutzen daraus kleiner sein würde, als der Aufwand und, ganz abgesehen davon, hätten die Vermögenden noch immer Wege gefunden, ihr Kapital außer Landes zu schaffen, was der inländischen Wirtschaft schadet und dem Finanzminister nicht hilft.

      4. Neid

      Jeder hat die Chance, sich ein Vermögen aufzubauen, wenn er nur sparsam ist, klug handelt, auch unternehmerische Risiken eingeht und überhaupt ein ehrenwertes Mitglied der Gesellschaft ist. Wer solche Vermögen durch Steuern praktisch enteignen wolle, sei nur neidisch und Neid sei nun eben mal kein guter Ratgeber, weder in steuerlichen, noch in anderen Angelegenheiten.

      Alle dies Argumente haben einen verführerischen Charme, doch sie machen blind für den herausragendsten Makel aller großen Vermögen:

      Vermögen, die einen bestimmten Wert übersteigen, können nur dadurch entstanden sein, daß es dem Eigentümer gelungen ist, über lange Zeit und/oder in vielen Fällen und/oder in ganz spektakulärem Ausmaß nach Steuern soviel Gewinn behalten zu dürfen, daß dies, stellte man die - bei uns á priori gegebene - Legitimität beliebig hoher Gewinne aus wirtschaftlichen Transaktionen einmal in Frage, zumindest als Wucher, wenn nicht gar als Betrug oder Diebstahl angesehen werden müßte.

      Dabei geht es nicht alleine um die Frage, ob ein vom Kunden geforderter Preis (z.B. für Strom, z.B. für Brot) noch akzeptabel sei. Es geht nicht allein um die Frage, mit welchen perfiden psychologischen Tricks die Werbung in Kinderköpfe gehämmert wird, um die Kinder als willfährige Erpresser ihrer Eltern dazu einsetzen zu können, den gewinnbringenden Absatz völlig wertloser und beliebig unsinniger Produkte anzukurbeln.

      Es geht auch um die Frage, wie es gelungen sein kann, den Weg von der Urerzeugung über vielfältige Bearbeitungs- und Transportschritte bis zum Abgabepreis des Zulieferers so zu gestalten, daß der große Teil des Mehrwerts nicht dort entsteht und verbleibt, wo auch der größte Aufwand menschlicher Arbeit lag, sondern da, wo nur noch in kühler, spekulativer Abwägung, in der Entscheidung eines kleinen Viertelstündchens, alleine mit der Auswahl des am rentabelsten erscheinenden Projektes, der Gewinn abgezogen wird.

      Es geht genauso um die Frage, unter welchen im Kostenoptimum hergestellten Arbeitsbedingungen die Mitarbeiter verpflichtet sind, ihre Arbeit gegen einen knappen Lohn zu tauschen. Um die Frage, wie daraus die Lebensbedingungen und Entwicklungschancen von Familien, von ganzen Stadtviertel und sogar von Städten, die sich aus einseitiger Abhängigkeit nicht lösen können, beeinträchtigt wurden.
      Es geht um die Frage, wie der aufgehäufte Reichtum hier mit dem vielfachen Mangel anderswo korrespondiert und wer darauf ernsthaft antworten will, die Armut sei Zeichen von Faulheit und Dummheit und Reichtum sei Zeichen von Arbeit, Fleiß und Leistung, der lügt.

      Reichtum, Vermögen, Kapital, wie auch immer man es nennen will, wenn sich die Verfügungsgewalt über Grund und Boden über Produktionsmittel und über die Luxusgüter dieser Welt allzu kräftig in einer Hand konzentriert, bleibt - wenn auch legal erworben - so doch moralisch immer in der Hauptsache das Resultat der unangemessenen Aus-Nutzung vorteilhafter Positionen und damit einer unzureichenden, freiwilligen Wahrnehmung sozialer und gesellschaftlicher Verantwortung.

      Wer dies verurteilt, ist kein Neider.


      Wer das legal erworbene Super-Vermögen als das Resultat von Fehlfunktionen unseres Wirtschaftssystems begreift, darin den offensichtlichen und unbestreitbaren Beweis für das Fehlen, die Unschärfe oder die unzureichende Kontrolle von Gesetzen und Verordnungen erkennt und in einer Steuer auf Vermögen die ultima ratio des Gerechtigkeitsaspektes in der Steuersystematik sieht, denkt so falsch nicht.

      Auch die oben erwähnten populären Argumente gegen die Versteuerung von Vermögen prallen, wie ich hier kurz ausführen möchte, wirkungslos an dieser Erkenntnis ab.

      Erstens "Bestrafung des Sparsamen"

      Wirklich großes Vermögen kann nicht durch Sparsamkeit alleine entstehen.
      Beweis:
      Meine Mutter und Millionen anderer sparsamer Hausfrauen.

      Außerdem ist es der Konsument, der den Fiskus mit Verbrauchssteuern füttert. Wer Geld zum Sparen erübrigen kann, ist ohne jeden Zweifel gegenüber dem, der es ausgegeben hat, steuerlich bereits erheblich entlastet.


      Zweitens "Der Griff nach Omas Häuschen"

      Um ein nennenswertes Aufkommen aus der Besteuerung von Vermögen zu erzielen, muß niemand an das Häuschen der Oma denken.
      Das ist doch kein Vermögen! Schon gar kein Vermögen, das durch unzureichende Wahrnehmung sozialer und gesellschaftlicher Verantwortung entstanden ist. Stellen wir die Diskussion vom Kopf auf die Füße und fragen uns:

      Gibt es irgendeinen Grund, ist irgendein tieferer Sinn darin zu erkennen, daß ein Mensch/eine Familie ein Vermögen von mehr als 1 Milliarde Euro sein eigen nennen soll?

      Es gibt keinen einzigen vernünftigen Grund dafür.

      Außer dem vielleicht, daß er mit diesem Geld durch Spenden, gemeinnützige Stiftungen, soziale und kulturelle Einrichtungen usw., usw. der Allgemeinheit dienen würde. Daran wird ihn niemand hindern. Das kann er gerne auch steuermindernd gegenrechnen, bis zur Steuerlast "null". Gar kein Problem.

      Würde man den Teil jedes Vermögens, das diese gigantische Summe von 1 Milliarde Euro übersteigt, mit jenem Steuersatz von 12 %, wie er im alten Athen den 1.200 Reichsten abverlangt wurde, besteuern, dann könnte kein Reicher dadurch wirklich arm werden, bei einem Freibetrag von 1 Milliarde Euro.

      Aber in der Bundesrepublik Deutschland stünde ein zusätzliches Steueraufkommen in Höhe von etwa 17,5 Milliarden Euro pro Jahr zur Verfügung.

      Anders herum: In Deutschland gibt es ungefähr 75 Euro-Milliardäre mit einem Gesamtvermögen von über 220 Milliarden Euro. Wer muß da noch das Häuschen der Oma besteuern, wenn jeder dieser Superreichen über ein Vermögen verfügt, das sich Otto Normalbürger nichteinmal vorstellen kann, wenn man ihm sagt, daß er zwanzig Jahre lang, Woche für Woche drei Millionen Euro im Lotto gewinnen müßte, um jene drei Milliarden aufhäufen zu können, die als das durchschnittliche Vermögen jener 75 Superreichen ermittelt wurden.



      Drittens "Kapitalflucht"

      Die Unmöglichkeit der Durchsetzung der Besteuerung ist die lächerlichste Ausflucht derjenigen, die alleine schon die gedankliche Auseinandersetzung mit der Thematik scheuen.
      Lassen wir die viel zu hoch gegriffene Annahme gelten, die neulich durch die Medien geisterte, daß nämlich für die Erhebung der Vermögen und die Eintreibung der daraus folgenden Steuer ein Heer von 300.000 Finanzbeamten benötigt würde.

      Die Personalkosten wären mit durchschnittlich 50.000 Euro pro Kopf sicherlich gut geschätzt, in Summe wäre also mit einem zusätzlichen Personalaufwand von etwa 15 Milliarden Euro zu rechnen, um insgesamt 17,5 Milliarden Steuern einzutreiben. Der Netto-Effekt wäre mit 2,5 Milliarden Euro vielleicht nicht besonders groß, aber deswegen muß niemand an höhere Sätze, niedrigere Freibeträge oder gar an die völlige Aufgabe des Vorhabens denken. 300.000 zusätzliche Steuerbeamte mehr, das sind gleichzeitig 300.000 Arbeitslose weniger, das spart 5,5 Milliarden Arbeitslosengeld. Es gibt 300.000 Steuer- und Beitragszahler mehr, was Lohn- und Einkommensteuer von rund 4 Milliarden und Sozialversicherungsbeiträge von weiteren 3 Milliarden einbringt. Vom Mehrertrag bei der Mehrwert-, Öko-, Mineralöl- und Schaumweinsteuer ganz zu schweigen und völlig außer Acht gelassen, daß 300.000 zusätzliche Finanzbeamte auch viele neue Arbeitsplätze in Industrie, Handel und Dienstleistungsberufen nach sich ziehen würden.

      Sage also niemand, es lohnte sich nicht!

      Dabei bin ich der Meinung, daß zur Erfassung und Bewertung der Vermögen von 75 Familien ein Beamtenheer von 10.000 Menschen völlig ausreichen würde, über 300.000 müßten wir allenfalls sprechen, wenn es wirklich um die Vielzahl kleiner Vermögen, von 500.000 Euro aufwärts, ginge - was völliger Unsinn wäre.

      Außerdem, was heißt hier Kapitalflucht?

      Wer mit dem Kofferraum voller Geldscheine in die Schweiz fährt, um sein Schwarzgeld dort zu deponieren, der entzieht sich der Besteuerung. Was soll`s?
      Das Geld war auch vorher nur im Safe oder unter dem Bett gebunkert. Der Wirtschaft also entzogen.

      Daß jemand, wegen der Vermögenssteuer, seine Fabriken in Deutschland verschrotten und in Luxemburg neu aufbauen würde, daß jemand seinen Grundbesitz in Bayern veräußern und dafür Land in Argentinien kaufen würde, ist nicht zu erwarten. Das funktioniert nicht. Wer lieber im Ausland investiert, als im Inland, der tut das unabhängig von einer Steuer auf Vermögen.

      Die Frage ist einzig, ob derjenige, der keine Lust hat, als deutscher Staatsbürger für sein weltweit verstreutes Vermögen in Deutschland Steuern zu zahlen, ernsthaft daran denken würde, die deutsche Staatsbürgerschaft aufzugeben und nach Brasilien, Montevideo oder Singapur auszuwandern. Solange er das nicht tut (und auch mit der Vermögenssteuer wird die deutsche Staatsbürgerschaft eine der attraktivsten der Welt bleiben) sollte ihm der deutsche Fiskus nachspüren und die Steuern vom Vermögen einfordern. Bei Spitzensportlern und deren Einkommensteuer geht das ja auch.

      Und, Kapitalflucht hin, Kapitalflucht her, wir sollten immer daran denken, daß im Zweifelsfall weniger als 100 Vermögen betroffen wären. Alle anderen - und die meisten Reichen werden die Milliarde Euro Vermögen nie erreichen - können fröhlich weitermachen, wie bisher. Und genau das werden sie tun. Sie werden vielleicht sogar froh sein, wenn die übergroßen Hechte aus dem Teich verschwinden, weil sich dann endlich eine neue Vielfalt entwickeln kann!

      Viertens "Nichts als Neid"

      Wir haben gesehen, daß es nicht Arbeit, Leistung, Sparsamkeit ist, sondern ein mit Gesetzen nicht zu behebendes Defizit in der Wahrnehmung sozialer und gesellschaftlicher Verantwortung, was zur Aufhäufung von Supervermögen führt. Wir können daraus schließen, daß es gute Gründe gibt, die für die Wiedereinführung der Vermögenssteuer sprechen. Doch selbst wenn das Motiv für die Einführung der Vermögenssteuer nichts als der blanke Neid wäre: Das Motiv ändert nichts am Ergebnis. So wie bei der Verhaltensmanipulation im Rahmen der Besteuerung kleiner Einkommen auch.


      http://home.knuut.de/EWKberater/Meinung/12770%20Verm%F6genss…
      zurück
      Avatar
      schrieb am 10.06.03 23:25:19
      Beitrag Nr. 3.055 ()
      Auch wenn eines Tages die letzte Unternehmens- und Kapitalertragssteuer abgeschafft sein wird und wenn jeder Deutsche, der nicht reich genug ist, um von den Zinsen seines Kapitals leben zu können, seine Arbeitskraft jedem Arbeitgeber, der danach verlangt, unentgeltlich und unbegrenzt zur Verfügung stellen muß, weil ihm sonst die staatlich garantierte Lebensmittel- und Trinkwasserration gestrichen wird, werden sich die Kassen von Bund, Ländern und Gemeinden nicht füllen und die Herren Hundt und Rogowski werden nicht aufhören, öffentlich über die desaströse und wirtschaftsfeindliche Verfassung des Standortes Deutschland zu klagen.

      Egon W. Kreutzer
      http://home.knuut.de/EWKberater/Meinung/12781_10_Fragen.html
      Avatar
      schrieb am 10.06.03 23:30:38
      Beitrag Nr. 3.056 ()
      Herrschaftszeiten!

      Aufruf zur Besinnung
      von Egon W. Kreutzer, 14. Mai 2003



      Herrschaftszeiten!


      So wettert der Bayer, wenn er am Ende seiner Geduld mit der Faust auf den Tisch schlägt, dass die Maßkrüge nur so scheppern.


      Herrschaftszeiten!

      Das heißt: Schluss jetzt! Kommt endlich zur Vernunft! Hört auf mit unsinnigen Streitereien.

      Herrschaftszeiten!

      Seid ihr denn von allen guten Geistern verlassen, dass ihr gar nicht mehr merkt, dass wir alle gleichermaßen getroffen werden, dass wir uns endlich wehren müssen?



      Nicht nur in Bayern, in ganz Deutschland, ja sogar im ganzen vereinigten Europa geht das Streben der Global Player dahin, neue Herrschafts-Zeiten einzuläuten.

      In Österreich, wo sonst nie gestreikt wird, und in Frankreich hat es erste Generalstreiks gegeben.

      Bei uns herrscht dagegen Friedhofsruhe, weil der Michel nicht mehr durchblickt, weil der Michel keine Alternative mehr sieht, weil Grüne und Rote und Schwarze und Gelbblaue miteinander und heillos durcheinander nach den gleichen Veränderungen rufen, die sie allesamt Reformen nennen, überfällige, versäumte, nicht weit genug gehende, dringend notwendige, unvermeidliche Reformen.

      Bei uns herrscht Ruhe, weil die Einigkeit in der Analyse, die Einigkeit im Ziel und die Einigkeit in den Argumenten wie dicker zäher Kleister die Augen der Zeitungsleser und die Ohren der Fernseher und Radiohörer verklebt. Und wie um das Maß voll zu machen, tritt nun auch noch ein sich so nennender "BürgerKonvent" auf die außerparlamentarische Bühne und zeigt mit ganzseitigen Zeitungsanzeigen, welche finanzielle Potenz dahinter stecken muß. Dort mogelt Meinhard Miegel sich jetzt in die Rolle des rettenden Ritters auf dem weißen Pferd hinein, um unter dem Mäntelchen des Aufbegehrens gegen einen angeblich handlungsunfähigen Staat nur noch mehr und noch schnelleren Sozialabbau zu fordern.

      Ein Feuerwerk von Plänen wird uns vorgeführt, hier der Kündigungsschutz gelockert, dort die Rente neu berechnet, hier die Tabaksteuer erhöht und dort die Mehrwertsteuererhöhung gefordert, erwogen und wieder dementiert, Hartz ist vergessen, aber die Bundesanstalt wird umgebaut, nicht 1:1, eher schlimmer, aber weil es nicht mehr Hartz heißt, und weil es wohl auch keine Umbenennung geben wird, wird das Thema der Demontage der Arbeitslosenversicherung in der Öffentlichkeit so behandelt, als fände sie überhaupt nicht statt.



      Herrschaftszeiten!

      Wenn überall im Lande unter den "Großkopferten", wie der Bayer sagt, so große Einigkeit herrscht, dann hat der kleine Mann verloren, dann darf er sich wieder auf die guten, alten Herrschafts-Zeiten einrichten. So wie in den neuen Ländern, wo man fast wie Don Quichote um die 35-Stunden-Woche im Flächentarifvertrag kämpft, obwohl 70, 80% der Arbeitgeber dort schon längst wieder nach Gutsherrenart, außerhalb tarifvertraglicher Regelungen und weitgehend gewerkschafts- und betriebsratsfrei heuern und feuern, wie es ihnen passt und Löhne zahlen, wie und falls es ihnen passt.

      So wie in diesen schönen neuen Ländern soll es bald wieder in ganz Germany aussehen, weil es sich die Neo-Liberalo-Aristo- und Amigokraten so wünschen und weil sie die Lufthoheit in den Medien und über den Stammtischen nun endgültig errungen haben.


      Herrschaftszeiten!

      Mit welchem Gelaber lassen wir uns ins Bockshorn jagen!

      Wir hätten große strukturelle Probleme, heißt es.

      Und wenn man wissen will, was das ist, ein strukturelles Problem, dann erfährt man, dass die großen strukturellen Probleme unseres Landes Oma und Opa heißen, die Rentner, die nicht sterben wollen, und dass sie Aaron und Lisa heißen, die wachstumsverheißenden Babys, die nicht geboren werden wollen.

      Dass unser Sozialprodukt schon vor vielen Jahren, als es noch nicht zur jetzigen gigantischen Größe gewachsen war, ausreichte um eine damals noch größere Bevölkerung gut zu versorgen, wird dabei nicht erwähnt. Warum denn auch? Wäre ziemlich schwer zu erklären, wo die Überschüsse geblieben sind.

      Außerdem sei die Arbeitslosigkeit in sich ein strukturelles Problem, es gäbe andererseits aber auch eine strukturelle Arbeitslosigkeit, also zu viele Langzeitsarbeitslose zu wenig leicht Vermittelbare und zu viele schlecht Qualifizierte und zu wenig gut Qualifizierte und zu wenig Mobile und zu viele Unflexible

      Dass es keine Jobs gibt, wird gelegentlich, wenn es gar nicht mehr anders geht, zugestanden.

      Das liegt dann aber niemals am gewaltigen Produktivitätszuwachs, der uns mit immer weniger Beschäftigten immer mehr Güter und Leistungen herstellen lässt, der uns auf den Weltmärkten zum erfolgreichsten Exporteur aller Zeiten gemacht hat, mit Lohnstückkosten, die keinen internationalen Vergleich zu scheuen brauchen, nein, das liegt - so erklärt man uns - an den Lohnnebenkosten und an der Steuerlast und an der Überregulierung, unter der die deutschen Unternehmen leiden. Diese Unternehmen, die inzwischen so wenig Steuern zahlen, dass der Bundeshaushalt schon wieder einen Nachtragshaushalt erfordert, die locker zweistellige Kapitalrenditen erwirtschaften und ausschütten, und die trotzdem immer noch gerne ein bisschen mehr hätten vom Kuchen. Sonst - so warnt man uns - gehen die ins Ausland und dann wird es noch schlimmer. Strukturell.



      Die Krankenversicherung sei strukturell unfinanzierbar, weil die Menschen immer älter und immer kränker würden und immer bessere und teurere Therapien verlangten. Diesen Luxus könnten die Arbeitgeber strukturell nicht mehr hälftig mittragen, wo es doch anderswo auf dieser Welt möglich sei, sich einfach einen gesunden Arbeitslosen einzustellen, wenn ein Mitarbeiter glaubt, sich krank melden zu müssen.

      Dass es in diesem unseren Lande einen riesigen Selbstbedienungsmarkt für die Anbieter medizinischer Versorgung gibt, die Preise und Qualität diktieren und nach Belieben verändern und die es noch immer geschafft haben, sich die dicksten Stücke des Kuchens zu sichern, bevor die erste Pille verordnet, das erste Skalpell gewetzt wird, wird nicht diskutiert. Da zeigt man uns lieber unseren - bis an die Grenze des physischen Leistungsvermögens ausgelaugten - Kollegen Assistenarzt als Beispiel und wir lassen uns davon und von den Hungerlöhnen der Krankenschwestern beeindrucken, so dass wir gar nicht mehr nach jenen Fragen, die den wirklichen Reibach im Gesundheitswesen machen, gar nicht zu reden von denen, die als Pflegedienstleister die für die Ruhigstellung von unbrauchbar gewordenen Human Ressources erforderlichen Einrichtungen geschaffen haben und sich daran dumm und dämlich verdienen.


      Wir stünden unvermittelt gewaltigen Veränderungsprozessen auf den Weltmärkten gegenüber, nichts sei mehr wie früher, und wer dies nicht bemerke, der sei ein Narr, und reformunfähig.

      Klar ist nichts mehr wie früher. Aber wer hat das zugelassen, wer tut heute nichts dagegen? Wer unterschreibt fröhlich eine Vereinbarung nach der anderen zur weiteren Deregulierung des Welthandels, zur Erweiterung der EU?

      Dass wir weite Teile der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Landes auf den Exportmärkten verramschen, nur um den Anteilseignern der Großkonzerne ihre regelmäßige Dividendengutschrift und hohe Kursgewinnen an den Börsen zu sichern, das wird nicht erklärt.

      Wir haben es eigentlich nicht nötig, mit Ländern wie Vietnam, Korea und Nigeria auf den Weltmärkten zu konkurrieren. Dass wir es können, und dass wir es auch tun, hängt damit zusammen, dass Produktivitätszuwachs und niedrige Lohnstückkosten es ermöglichen, mit guten Gewinnen immer noch billiger anzubieten, als die Entwicklungs- und Schwellenländer.

      Statt bei uns Steuern, Löhne und Sozialabgaben zu zahlen und dem Staat und seinen Bürgern einen ihrer Leistungsfähigkeit entsprechenden Wohlstand zu sichern, werden auf den Weltmärkten, in brutaler Konkurrenz gegen ärmere Staaten mit schlechteren sozialen Bedingungen, Preiskämpfe zu Lasten unserer Bevölkerung ausgetragen. Denn die Gewinne stimmen nach wie vor - und damit das so bleibt, sollen jetzt die Renten gekürzt und das Krankengeld aus der kollektiven Vorsorge heraus genommen werden.

      Es wird nicht darüber gesprochen, dass Mutter Teresa glaubte: "Niemand hat ein Recht auf ein Übermaß an Wohlstand" und es wird nicht davon gesprochen, dass riesige Vermögen im Grunde nur entstehen können, wenn die Grenzen der Legalität unter Verzicht auf jegliche freiwillige Übernahme sozialer und gesellschaftlicher Verantwortung ausgeschöpft werden, es wird nicht davon gesprochen, dass alleine die Besteuerung der Riesenvermögen, selbst bei einem gigantischen Steuerfreibetrag in Höhe von 1 Milliarde Euro immer noch ausreichen würde, um einige Milliardenlöcher im Staatshaushalt dauerhaft zu stopfen.


      Herrschaftszeiten!

      Die Staatsfinanzen seien strukturell in Unordnung. Die gewaltige Zinslast zwinge zum Sparen, um nicht zukünftige Generationen zu belasten.

      Welch ein Geistesblitz!

      In einer Wirtschaftsordnung, in der Geld nur und ausschließlich dadurch entsteht, dass Schulden gemacht werden und in der, um die Zinsen zu erwirtschaften, zusätzliche Schulden gemacht werden müssen, kann sich der Staat nicht per Sparsamkeit und Tilgungseifer aus der Geldversorgung herausdividieren!

      Im Gegenteil. Jeder vernünftige Mensch müsste, nach ausreichendem Nachdenken zu dem Schluss kommen, dass der Staat geradezu verpflichtet ist, sich zu verschulden, wenn es am Geld fehlt, dass es aber noch besser wäre, der Staat könnte zusätzliches Geld, frei von jeder Zins- und Tilgungsverpflichtung in den Markt geben, wenn es zu einer Geldknappheit kommt, wie wir sie gerade erleben.

      Das Geld ist doch nicht knapp, weil es ausgegeben wurde - da müsste es ja irgendwo geblieben sein und könnte wieder ausgegeben werden. Das Geld ist knapp, weil es gehortet wird und weil die zwangsläufig steigenden Zinslasten eine ausreichende Geldversorgung kaum noch zulassen.



      Herrschaftszeiten!





      --------------------------------------------------------------------------------


      Natürlich bleiben am Ende eines solchen Artikels immer noch Fragen offen, man kann nicht alles gleichzeitig und zum gleichen Anlaß behandeln, aber es gibt auf dieser Site vieles, was weiterführt:

      Sehr viel Hochinteressantes und dabei immer noch gut Verständliches über das Geld, z.B.,

      über die Frage, ob es möglich ist, Wachstum herbeizusparen
      ob es Sinn macht, über eine Vermögenssteuer nachzudenken,
      und wie die Welt am 1. Mai 2009 aussieht, nach sechs erfolgreichen Reformjahren,

      usw., usw.

      home Seitenanfang

      http://home.knuut.de/EWKberater/Meinung/12783Herrschaftszeit…
      Avatar
      schrieb am 11.06.03 00:04:02
      Beitrag Nr. 3.057 ()
      Wachstum herbeisparen!

      Paradox, oder paranoid?

      Nachdenkliches von Egon W. Kreutzer
      02.12.2002


      Asterix: "Die spinnen, die Römer...."


      Es scheint, daß Regierung und Opposition, Medien und Wissenschaft, Klerus und Geldadel - bei aller verbissenen Zerstrittenheit in Bagatellfragen, wie schon im alten Rom -, im Grunde darüber einig sind, wo die Probleme liegen und wie sie zu lösen wären.


      Im klassischen kaufmännischen Dreisatz läßt sich dieser übergreifende Konsens so ausdrücken:

      Wohlstand und soziale Sicherheit sind nur durch zusätzliche Arbeitsplätze zu erhalten.

      Zusätzliche Arbeitsplätze entstehen nur, wenn ein ausreichendes Wirtschaftswachstum erzielt wird und
      Wirtschaftswachstum ist nur möglich, wenn Löhne und Nebenkosten auf ein am Weltmarkt konkurrenzfähiges Niveau gesenkt werden, wenn also auf Wohlstand und soziale Sicherheit verzichtet wird.



      Es ist an der Zeit, diese Einigkeit zu hinterfragen, ihre Grundthesen zu verifizieren und die tatsächlich zu erwartenden Ergebnisse im Zusammenhang abzuschätzen.

      Beim allerersten Nachdenken drängt sich nämlich der Eindruck auf, es habe sich eine Hyperkoalition der Unvernunft gebildet, deren Weltbild eher wirr und widersprüchlich, als logisch und nachvollziehbar ist und deren Argumentation ein Feuerwerk von amüsanten und erhellenden Pointen bietet, die vor dem Dunkel der Krise leuchtend hell aufblitzen um Augenblicke später als schwefeliger Pulverdampf durch die Nacht zu wabern, bevor am nächsten grauen Morgen klar wird, daß alles trist ist, wie eh und je.

      Doch dies ist nur ein erster Eindruck, ein intuitives Ahnen, das völlig unbewiesen ist. Wir wissen noch, daß "purer Zweifel an der einen Wahrheit" und "eine neue, gute Lösung" ganz verschiedene Dinge sind, wiewohl sich heutzutage kaum noch öffentlicher Unmut zeigt, wenn Kritiker und Zweifler sich ohne jede eigene Idee mit Pomp und Glanz als Helden und Erlöser inszenieren, als sei die große Tat bereits von dem vollbracht, der laut und popelig erklärt, daß jemand etwas ändern müsse, wenn es denn besser werden soll.

      Wir wollen diesen Vorwurf nicht auf uns beziehen müssen und daher ein Gesamtbild zeichnen, ein Panorama, das, in sich rund, Ursache und Wirkung solange aneinanderreiht, bis ein stabiler Schwingungszustand zu erkennen ist. Ein Modell, das in Höhe, Länge, Breite die Endlichkeit des eignen Landes und der Welt erkennen läßt und das bewußt macht, daß die Zeit nichts anderes bewirken kann, als eine stete Umverteilung des Vorhandenen.

      Weil Anfang und Ende im Rund des Panoramas sinnlose Begriffe sind, ist ein Einstieg an jeder Stelle möglich und eine Begründung, warum wir unsere heutige Betrachtung am Stichwort "Lebensarbeitszeit" beginnen wollen, erübrigt sich.



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      Lebensarbeitszeit in Deutschland

      Nur die Hälfte aller deutschen Unternehmen beschäftigt Mitarbeiter, die älter sind als 50 Jahre. Im statistischen Durchschnitt wird im Alter von 60,2 Jahren aus dem berufstätigen Deutschen ein Deutscher im Rentenbezug. Das Statistische Bundesamt http://www.destatis.de gibt an, daß es im Jahre 2001 36,816 Millionen Erberbstätige gab. Gleichzeitig waren im Jahresdurchschnitt 3,7 Millionen Menschen arbeitslos, was Beweis genug dafür ist, daß die 36,816 Millionen Erberbstätigen vollständig ausreichten, um das im Vorjahr kräftig gewachsene Bruttosozialprodukt erneut zu übertreffen.

      Überschläglich gerechnet verbringen die Erwerbspersonen in Deutschland nach Schule und Ausbildung durchschnittlich 42 Jahre im Beruf. Läßt man die demografische Schichtung außer Acht, hat also jeder Geburtsjahrgang der Berufstätigen eine durchschnittliche Größe von etwa 877.000 Menschen.

      Nun haben wir in Deutschland lautstarke Forderungen nach einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit, in der sich die Regierungsparteien, der Arbeitgeberverband, die Rentenversicherer, der Mittelstand, Professor Rürup und seine Kommission im Grunde völlig einig sind, lediglich zur Frage, in welchem Maße und wie schnell die Verlängerung der Lebensarbeitszeit kommen soll, gibt es publikumswirksame Schaugefechte.

      Wegen einer ungünstigen demografischen Entwicklung, so wird argumentiert, und wegen der stetig steigenden Lebenserwartung stiegen die Zahlungsverpflichtungen der Rentenversicherungen stetig steil an, während die Zahl der Beitragszahler stetig abnähme, so daß entweder die Beiträge zur Rentenversicherung stark erhöht oder die Rentenzahlungen stark gekürzt werden müßten. Beides sei unmöglich. Vor allem eine weitere Steigerung der Beiträge belaste den Faktor Arbeit ganz unerträglich und führe damit zu einer weiteren Demontage des Standorts Deutschland und zu massiven Arbeitsplatzverlusten.

      Wenn aber die beiden Stellschrauben "Rentenhöhe" und "Beitragssatz" am Ende ihres zulässigen Einstellbereichs angelangt seien, dann müsse eben die dritte Möglichkeit genutzt werden und das sei die Verlängerung der Lebensarbeitszeit, weil jede Verlängerung der Lebensarbeitszeit sofort zu geringeren Rentenzahlungen und erhöhten Beitragseinnahmen führt, wodurch die Beitragssätze stabil gehalten werden könnten, ohne Kürzungen an den Renten vornehmen zu müssen. Wäre es im besten Falle möglich, die Lebensarbeitszeit deutlich zu erhöhen, könnten sogar niedrigere Beitragssätze zu einer Senkung der Lohnnebenkosten führen, was - wenn auch die übrigen Rahmenbedingungen stimmten - direkt zu Wachstum, Vollbeschäftigung und Wohlstand für alle führen würde.

      Kurzfristig soll nun durchgesetzt werden, daß das bisherige gesetzliche Rentenalter von 65 Jahren auch zum tatsächlichen Renteneintrittsalter wird, mittelfristig soll die Lebensarbeitszeit weiter verlängert werden, ein Renteneintritt erst mit 67 oder 68 Jahren möglich werden. Um dies zu erreichen, wird gefordert, daß die Bedingungen so gestaltet werden, daß ein früherer Renteneintritt unattraktiv wird und daß die Rentenkürzungen um so höher ausfallen, je früher der Renteneintritt liegt.
      Statt durchschnittlich 42 Jahre soll also durchschnittlich 50 Jahre lang gearbeitet werden.

      Dies heute beschlossen und umgesetzt und ab 1.1.2003 durchgesetzt hätte zur Folge, daß die Angehörigen der Geburtsjahrgänge 1984 bis 1992 niemals in das Berufsleben eintreten könnten, weil es erst 2011 wieder möglich wäre, einen freiwerdenden Arbeitsplatz von einem frisch gebackenen Rentner zu übernehmen. 2011 kommt aber der Geburtsjahrgang 1993 aus der Ausbildung und weil die noch nicht an das Nichtstun gewöhnt sind, werden sie bevorzugt eingestellt werden.

      Weil acht Jahrgänge von "Spätrentnern" mit durchschnittlich 877.000 länger arbeitenden Erwerbstätigen bei ansonsten gleichbleibender Beschäftigungssituation eine Bugwelle von 7 Millionen jungen Menschen vor sich herschieben, die zwar ohne Beschäftigung, aber mangels irgendeiner früheren Erwerbstätigkeit "nicht arbeitslos" im Sinne der Definitionen sind, würden staatliche Zuschüsse zur Rentenversicherung, bis auf einen Bodensatz von Sozialhilfeempfängern, vollständig in Unterhaltsverpflichtungen der Eltern arbeitsloser Jugendlicher umgewandelt.

      Im Lichte dieser Betrachtung wird der von interessierter Seite immer wieder hetzend in die Diskussion geworfene Vorwurf, die Alten beuteten die Jungen über die Rentenversicherung aus, vollends zur Farce, denn die Verlängerung der Lebensarbeitszeit um 8 Jahre käme der Totalausbeutung von 7 Millionen jungen Menschen gleich, die niemals eine Chance bekämen, sich und ihre Fähigkeiten zum Wohle der Gemeinschaft und zur Erarbeitung des eigenen Lebensunterhaltes in den Wirtschaftsprozess einzubringen.

      Ob man diese Menschen eines Tages die "Generation Rürup" nennen wird?



      Der Weg der Verlängerung der Lebensarbeitszeit erweist sich also auch auf den zweiten Blick als Sackgasse, aber wie ist das mit der weiterführenden Aussage:

      Wenn die Lohnnebenkosten (und die Arbeitskosten überhaupt) sinken, zieht die Wirtschaft wieder an, dann kommt das Wachstum, dann gibt es wieder Arbeitsplätze, dann sind wir durch das Tal der Tränen durch und Deutschland ist wieder ganz vorne, die Lokomotive, in Europa und in der Welt?



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      Wachstum durch niedrige Arbeitskosten

      Klar, wenn der Bäckergeselle weniger Lohn erhält, dann sinken die Kosten der Bäckerei und die Brötchen können preiswerter hergestellt werden. Dann kaufen mehr Leute Brötchen und dann kann ein zusätzlicher Bäckergeselle eingestellt werden, um die wachsende Nachfrage zu befriedigen. Mit der wachsenden Nachfrage ergibt sich eine höhere Auslastung, die Abschreibungen für den Ofen und die Ladentheke können auf größere Mengen von Brot und Brötchen verteilt werden, der Preis kann wieder gesenkt werden, noch mehr Menschen kaufen ihr Brot preiswert in unserer Bäckerei ein und schon wieder gibt es ein Umsatzwachstum und die Arbeitsplätze sind sicher.

      Das ist Betriebswirtschaft. Naive Betriebswirtschaft in der Fassung für Bäckergesellen vor der Lohnverhandlung.

      Deutschland ist keine "Betriebswirtschaft".
      Deutschland ist ein weitgehend gesättigter Markt, das heißt, es gibt keine überschüssige Kaufkraft, die in das erwünschte Wachstum kanalisiert werden könnte. In Deutschland werden - bei schrumpfender Bevölkerung - insgesamt Jahr für Jahr weniger Brötchen verkauft. Ganz egal, wie sich der Brötchenumsatz auf die einzelnen Bäckereien verteilt.

      In Deutschland gibt es inzwischen auch mehr Handys als Festnetzanschlüsse und alle zwei Jahre gibt es im Rahmen der Vertragsverlängerung ein neues umsonst. Der Trend geht zum Zweit- und Dritthandy, aber auch hier ist der große Wachstumsboom vorbei.

      Noch ein Beispiel: Auch wenn die Ansprüche an die Wohnqualität dazu führen, daß immer kleinere Haushalte immer größere Wohnflächen beanspruchen und dadurch die Bauindustrie ihre Kapazitäten noch halbwegs auslasten kann, läßt sich dieser Trend nicht uferlos ausweiten. Alleine, weil die Fläche der Bundesrepublik Deutschland endlich ist.
      (Bei einem jährlichen Wachstum der Bauindustrie um 3% gäbe es in Deutschland schon im Jahre 2090 nur noch Siedlungs- und Verkehrsflächen, kein Feld, kein Wald, kein Acker würde die Megastadt Germany mehr stören, und die Idee, daß man eben nur schneller und mehr wieder abreißen müßte, hilft gegen stetiges Wachstum nur vorübergehend, kann den Kollaps nur verzögern. ).


      Selbst wenn es aber gelingen sollte, neue Wachstumsfelder aufzutun, bleibt ein schaler Nachgedanke bohrend hängen:

      Wenn die Belastung der Wirtschaft durch Löhne und Lohnnebenkosten sinken muß, dann bleibt der Bevölkerung weniger Geld für den Konsum. Auch wenn nicht alles, was an Lohn und Gehalt bezahlt wird, in den Konsum geht, wird weniger Geld in der Lohntüte nicht dazu animieren können, mehr auszugeben.

      Wie also, um alles in der Gedankenwelt der deutschen Wirtschaftsgelehrten, soll das Wachstum zustande kommen?

      Nun, da müssen wir nicht lange nachdenken, schließlich sind wir Exportweltmeister. Das was wir herstellen, ist doch nur zu drei Vierteln für den Eigenbedarf. Der Rest geht in alle Welt und nur wenn wir dort, auf den Weltmärkten konkurrenzfähig bleiben, können wir das notwendige Wirtschaftwachstum für unsere Vollbeschäftigung durch Exportwachstum erreichen.

      Es klingt wahnsinnig, aber es ist immer noch logisch:

      Wir müssen bis 68 arbeiten und unsere arbeitslosen Kinder zu Hause durchfüttern, nur damit wir Jahr für Jahr mehr von den Exportgütern, die wir uns mangels Kaufkraft nicht leisten können, immer billiger herstellen, um auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig zu bleiben, denn sonst bräche der Export weg und damit wären auf einen Schlag 9 Millionen Deutsche arbeitslos und das könnten wir uns nun überhaupt nicht leisten.

      Aber es gäbe natürlich noch einen anderen Ausweg, nämlich die radikale Zurückdrängung des Molochs Staat, der mit seiner Steuerlast und seinen unsäglichen Gesetzen und Regelmentierungen auch ganz erheblich dazu beiträgt, unsere Produkte auf dem Weltmarkt teurer zu machen.

      Gehen wir dem Gedanken nach:


      Der Staat muß sparen

      Alljährlich im Herbst kommen der Bund der Steuerzahler und der Bundesrechnungshof aus ihren Höhlen und listen die Verschwendungen des Staates auf. Wer nur auf diese Anklagen hört und es versäumt, einen Blick in die Haushaltspläne von Bund, Ländern und Gemeinden zu werfen, wer nie darüber nachdenkt, wofür die Steuermilliarden ausgegeben werden, der kann Sparsamkeit möglicherweise nur als Gegensatz zur Verschwendung wahrnehmen und begründete seine Forderung nach Sparsamkeit somit leicht und ohne jeden Sachverstand.

      Wer beim Katalog staatlicher Aufgaben nur sieht, daß im Vergleich dazu die Privatisierung hier und da zu preiswerterer Leistungserstellung führen könnte, wer in Gesetzen nur die dadurch verursachten Kosten sieht und wer ein Parlament, eine Regierung, ein Kabinett nur an der Summe von Diäten, Aufwandsentschädigungen und Versorgungsansprüchen mißt, wer also eine "Umsonst-Regierung" für den optimalen Weg der Staatsführung hält, wird mit seiner Vorstellung von Sparsamkeit höchst utilitaristisch nach dem direkten Nutzen staatlichen Aufwands schielen, und wenn er den für sich und seinesgleichen nicht erkennen kann, lauthals und im Wohlgefühl des besten Wollens nach Einsparungen rufen.

      Gut, der Staat spart.

      Er nimmt das Geld nicht mehr in die Hand. Er baut weniger Straßen, kauft weniger Militärflugzeuge, baut weniger Kindergärten und beschäftigt weniger Kindergärtnerinnen, er subventioniert die Theater nicht mehr und die Freibäder, er läßt Grünflächen und Parkanlagen ungepflegt, er investiert nicht in Krankenhäuser, er zahlt den Polizisten niedrigere Gehälter und er läßt die Grundbuchämter privatisieren.

      Ist damit die Manövriermasse geschaffen, die es uns ermöglicht, Binnenkaufkraft zu generieren und gleichzeitig unser Angebot auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig zu halten?

      Wohl kaum. Geld, das der Staat nicht ausgibt, wird, ohne daß sich dabei Wesentliches ändert, in Teilen von anderen ausgegeben werden müssen, ist also nie völlig einzusparen. Lassen wir das außer Acht, bleibt ein Einsparungspotential übrig, das tatsächlich dazu verwendet werden könnte, die Einkommen der Bürger zu erhöhen und die Kalkulationen der Unternehmen zu entlasten.

      Gleichzeitig fehlen aber die Staatsaufträge in den Auftragsbüchern der Wirtschaft und gleichzeitig fehlen die Einkommensbestandteile, die der Staat durch Kürzungen bei eigenen Angestellten und Beamten gespart hat.

      Dabei wird schlagartig auffällig, daß der Staat das "Großunternehmen" im Lande ist, das in hervorragend lobenswerter Weise den Geldkreislauf in Schwung hält. Da werden keine "Staatsgewinne" abgeschöpft und auf die Nummernkonten von Aktionären überwiesen, da werden nicht Milliardenbeträge gebunkert und in Auslandsaktien angelegt, nein, jeden Euro, den der Staat einnimmt, bringt er sofort wieder in den Kreislauf, jeder Steuer-Euro steht sofort wieder als Kaufkraft (weitaus überwiegend als Binnenkaufkraft) zur Verfügung. Im Gegenteil: Dadurch daß sich der Staat unter dem Strich Jahr für Jahr ein bißchen mehr verschuldet, bringt er sogar zusätzliches Geld in den Wirtschaftskreislauf.

      Es sei an dieser Stelle beiläufig erwähnt, daß alle Beiträge zur Rentenversicherung unmittelbar wieder an die Rentner ausgeschüttet werden, die damit Kaufkraft auf den Markt bringen, daß alle Beiträge zur Krankenversicherung sofort wieder in die Kassen der Ärzte und Apotheker, der Krankenhäuser und der Pharmaindustrie, der Therapeuten und Medinzintechniker fließen, daß alle Einnahmen aus der Arbeitslosenversicherung sofort wieder als konsumptive Kaufkraft an diejenigen fließen, die sich Sparen kaum noch leisten können und es sei lobend erwähnt, daß der Staat die Sozialsysteme durch eigene Dienstleistungen und durch erhebliche Subventionen unterstützt und auch über diesen Weg der Volkswirtschaft mehr Geld zur Verfügung stellt, als die Summe der Bürger in reiner Eigenverantwortung dafür aufzubringen bereit wäre.

      Wenn der Staat also spart, hat die Bevölkerung nur wenig davon. Es müssen Heere arbeitsloser ehemaliger Staatsdiener versorgt werden, die Gemeinschaftsaufgaben werden spürbar vernachlässigt, das Land wird in jeder Beziehung "häßlicher" werden und die gesparten Steuern vom Einkommen werden, soweit nach den (wegen des staatlichen Sparens unumgänglichen) Beitragsanpassungen für die Sozialversicherung noch etwas übrig bleibt, von der Wirtschaft relativ schnell mit den nächstfälligen Lohnerhöhungen verrechnet werden, weil es die Wirtschaft ist, die das Geld braucht, um uns auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig zu erhalten. Natürlich sind die steuerlichen Entlastungen, die den Unternehmen gewährt wurden und noch gewährt werden, ausschließlich dafür vorgesehen, Deutschland - den Standort - in der Welt der Global Player konkurrenzfähig zu halten.

      Und alle, alle schreien: "Ja, das wollen wir,

      in Deutschland sparen, die Arbeitskosten senken, die Lebensarbeitszeit verlängern, um am Weltmarkt konkurrenzfähig zu sein, mit Produkten, die wir nicht brauchen, weil wir sonst, hätten wir nicht den Export, eine noch viel größere Arbeitslosigkeit zu beklagen hätten."

      Wer das wirklich will, hat nicht begriffen, was es heißt, Schaden vom deutschen Volke abzuwenden und seinen Nutzen zu mehren.

      Was hat das deutsche Volk davon, wenn es schuften darf, bis zum Umfallen, um Amerikaner und Franzosen, Australier und Eskimos, Kanadier und Russen möglichst preiswert mit Erzeugnissen "made in germany" zu beliefern?

      Geht denn niemandem die Erkenntnis auf, daß wir es mühelos schaffen, mit drei Vierteln unserer wirtschaftlichen Leistungskraft den eigenen Bedarf zu decken? Daß wir es dabei auch schaffen, Rentner, Arbeitslose, Kinder, Soldaten, Beamte nicht berufstätige Ehefrauen und Hausmänner gut zu versorgen?
      (wie das funktioniert, steht hier)

      Geht denn niemandem die Erkenntnis auf, daß die Niedrigpreiskonkurrenz auf dem Weltmarkt völlig überflüssig und verwerflich ist, weil sie nichts weiter ist, als die vorsätzliche Verschleuderung von "Volksvermögen" zum Zwecke der Erzielung einer zusätzlichen Umsatzrendite, eines persönlichen Nutzens?

      Was hindert uns daran, die Lebensarbeitszeit von tatsächlichen 60,2 Jahren auf
      tatsächliche 55 Jahre zu verkürzen, ohne die Kaufkraft der Rentner anzutasten?


      Das Grundproblem ist nicht ganz unbekannt, aber weitgehend tabuisiert.

      Wir vergessen, wenn wir gedanklich auch nur in die Nähe kommen, in einer Art kollektiver Wahrnehmungsstörung die einfachsten Gesetze der Logik und die korrekte Anwendung der Grundrechenarten, weil die Erkenntnis, die wir sonst zu gewärtigen hätten, so ungeheuerlich ist, daß sich ihr niemand freiwillig stellen mag.



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      Um das Problem erkennbar zu machen, ist es zweckmäßig, ein vereinfachtes Bild unseres marktwirtschaftlichen Systems zu zeichnen:

      Stellen wir uns vor, es gibt nur einen Weltunternehmer, in dessen Fabriken und Büros, Krankenhäusern und Fahrradwerkstätten alle Güter und Leistungen produziert werden. In seinen Häusern wohnen die Menschen und auf seinen Friedhöfen werden sie beerdigt. Wer Arbeit hat, ist Angestellter des Monopolisten. Der Weltunternehmer ist aus dem Staat ausgetreten und zahlt keine Steuern.

      Der Weltunternehmer begnügt sich mit einem geringen Gewinn von nur 3% des Umsatzes und entnimmt die Güter und Leistungen für seinen relativ bescheidenen persönlichen Bedarf direkt aus dem Unternehmen. Weil er genügend Eigentum an Grund und Boden und auch die Banken besitzt, sind alle Kosten, die ihm entstehen, Personalkosten. Von jedem Euro, den dieser Weltunternehmer einnimmt, gibt er also 97 Cent als Lohn sofort wieder an die Beschäftigten ab. (Ein Traum! In der deutschen Realität sind es bei vergleichbarer Rechnung nur rund 52 Cent, brutto!)

      Trotzdem wird es früher oder später zu einem Problem kommen, weil die Bevölkerung, wenn erst einmal alle Sparguthaben und Privatvermögen verbraucht sind, festellen wird, daß nirgends mehr genug Geld da ist, um die erzeugten Produkte und Leistungen einzukaufen.

      Das führt dazu, daß der Weltunternehmer Entlassungen vornehmen muß, was wiederum dazu führt, daß die Zahl der Menschen mit gesichertem Arbeitseinkommen sinkt, was erneut zu Entlassungen führt.

      Die sozialen Sicherungssystem der Bevölkerung beginnen zu knirschen, weil diejenigen, die Arbeit haben, sich weigern, immer größere Teile ihres Einkommens an diejenigen abzugeben, die keine Arbeit haben. Die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung und zur Rentenversicherung werden zum Streitpunkt, die Gesundheitsversorgung läßt sich kaum mehr aufrechthalten.

      Der Weltunternehmer sieht das Elend und erklärt sich bereit, zu helfen. Er verleiht das bei ihm aus den 3 % Gewinn angesammelte Geld gegen einen Zins von 5 % an die notleidende Bevölkerung. Die angesammelten Gewinne aus vielen Jahren bringen einen ungeheuren Kaufkraft- und Wachstumsschub, die Wirtschaft blüht, es können sogar die Löhne erhöht werden, weil die Fabriken so gut ausgelastet sind, aber schneller als vorher wird das Geld wieder knapp und weil der Weltunternehmer erkennen muß, daß das Volk immer weniger in der Lage sein wird, die Schulden zu tilgen, wird er auch in der Vergabe von Krediten immer vorsichtiger und zurückhaltender.

      Das Volk spart. Die Regierung spart. Die Fabriken sind weniger ausgelastet, die Preise steigen, das Volk spart noch mehr. Wer Arbeit hat, arbeitet immer länger für immer weniger Lohn, nur um die Arbeit nicht zu verlieren und wer keine Arbeit hat, bettelt sich den Unterhalt zusammen, weil die Polizeidienste, die der Weltunternehmer dem Staat verkauft, ganz hervorragend dafür sorgen, daß Kriminalität keine Chance hat.

      Doch lange kann der Staat sich diesen Luxus nicht mehr leisten. Polizisten werden ebenso entlassen, wie Krankenschwestern und Lehrer. Dem Staat fehlt schlicht das Geld, um diese Leistungen zu finanzieren, auch entgegenkommende Preissenkungen des Weltunternehmers führen nicht weiter.

      Am Ende bricht die Wirtschaft zusammen. Anarchie macht sich breit. Plündernde Banden ziehen durch die Städte, Hungernde und Verhungernde bewegen sich in endlosen Zügen auf der Suche nach Nahrung durch das Land.



      Der Weltunternehmer ist zufrieden.

      Er hat alles, was er braucht. Für ein Stückchen Brot, für einen Schluck sauberes Wasser bekommt er alles, was sein Herz begehrt. Weil die letzten 30.000 Diener, die er beschäftigt, nur zu genau wissen, wie leicht sie zu ersetzen sind.



      Wie lange, meinen Sie, wird es noch dauern, bis aus der Gilde der Global Player in fortschreitenden Konzentrationsprozessen der Weltunternehmer als Sieger hervorgegangen sein wird? Oder sehen Sie die Parallelen zur realen Welt, und haben festgestellt, daß der Zustand im Prinzip schon eingetreten ist, nur eben mit einer größeren Zahl von Unternehmern, die sich in Summe aber genauso verhalten, wie der für das Beispiel erfundene Mega-Monopolist?

      Die Spirale, die jetzt mit Lohnkürzungen und Sozialabbau, mit Hartz und Rürup mit aller Macht in Gang gebracht wird, ist ein Versuch, den drohenden Zusammenbruch hinauszuschieben. Aber, wenn das letzte Eigenheim zwangsversteigert, der letzte Ehering versetzt ist, werden wir erkennen, daß das global vorherrschende Wirtschaftssystem wieder einmal vollständig zusammengebrochen ist.



      Sagte ich, Wirtschaftssystem?



      Der Kapitalismus ist kein System, er ist ein Irrtum.





      Der Duden, Band 5, Fremdwörterbuch, 1990

      Paranoia, Torheit, Wahnsinn, aus inneren Ursachen erfolgende, schleichende Entwicklung eines dauernden Systems von Wahnvorstellungen




      Das wäre ein schöner Schluß gewesen.
      Eine Pointe, Applaus, Vorhang und dann: Weiter so, Deutschland.



      Doch wenn die Paranoia überwunden werden soll, muß der Kranke zurückfinden in das normale Leben, in die Realität, müssen Wege aufgezeigt werden, wohin die Reise gehen soll und wo und mit welchen Schritten sie beginnen könnte.



      Geld und Schulden

      Wenn wir die bittere Erkenntnis gewonnen haben, daß sich Wachstum nicht herbeisparen läßt, dann öffnet das doch bereits das Denken.

      Wenn wir darüberhinaus erkennen können, daß Schulden nur ein Strohfeuer sind, das in der realen Welt gerade mit dem beißenden Rauch von Basel II erlischt, dann wird es Zeit für den großen gedanklichen Schritt, für die Auseinandersetzung mit dem Geld und seinen Funktionen.

      Unternehmensgewinne und Zinsen führen zwangsläufig zu Akkumulationen von Geld zu Geldvermögen. Wenn das zur Aufrechthaltung des Handels und der Wirtschaftskreisläufe notwendige "Schmiermittel" aus der realen Wirtschaft herausgezogen wird, ist das Einschießen frischen Geldes unabdingbar. Doch bereits hier kommt uns das alte Problem entgegen:

      Geld erscheint im real existierenden Geldsystem nur und erst dann als Guthaben auf einem Bankkonto, wenn vorher eine Geschäftsbank einen entsprechenden Kredit vergeben hat. Es kommt kein Geld in den Kreislauf, dem nicht ein Kredit zugrunde liegt. Wer dies bezweifelt, mag vor dem Weiterlesen entweder diesem Link folgen, versuchen herauszufinden, wie es kommt, daß es den Zentralbanken auch mit größten Mühen nicht gelingt, das Wachstum der Geldmenge gezielt und zuverlässig zu beeinflussen. Weil es Geld nur gegen Kredit gibt - auch das Bargeld wird von den Notenbanken nur verliehen - ist alles Geld zu jeder Zeit mit Zinsen belastet. Zinsen, zu deren Bezahlung unweigerlich neues Geld, also neuer Kredit in die Welt gesetzt werden muß. Es gibt in unserem Finanzsystem keine Geldguthaben, denen nicht Schulden in gleicher Höhe gegenüberstünden, auch für das Bargeld, das wir in unseren Taschen mit uns herumtragen, werden laufend Zinsen fällig. Es sind diese Zinsen, und nichts sonst, was uns zwingt, ein ständiges, längst unsinniges und überflüssiges Wachstum anzustreben und damit immer mehr und immer schneller die wertvollen Rohstoffreserven in Konsum-Müll zu verwandeln.
      Mit den Verträgen von Maastricht haben sich die Mitgliedstaaten der EU verpflichtet, die Staatsverschuldung zu reduzieren. Es gab in den öffentlichen Haushalten zunächst überraschend gute Ergebnisse, doch langsam aber sicher wird nun ein unerwarteter Mechanismus erkennbar:

      Wenn die Schulden verschwinden, verschwindet automatisch und zwangsläufig auch das Geld und im Extremfall bleibt am Ende nicht mehr übrig, als jene 1,9 Milliarden Mark "Kopfgeld", die im Juni und August 1948 als Initialzündung für das Wirtschaftswunder im Nachkriegsdeutschland ausgegeben worden waren.
      Zinssenkungen, nach denen, trotz bereits sehr niedriger Zinsen, immer noch laut gerufen wird, helfen weder in Japan noch in den USA noch in Europa. Niedrige Zinsen sind zwar ein Anreiz, sich zu verschulden, aber sie sind deshalb noch lange kein ausreichender Anreiz, die nachgefragten Kredite auch zu vergeben. Das kostet nämlich Geld und zwar mindestens a) den Verwaltungsaufwand und b) die Verluste aus dem Kreditausfallrisiko. Von daher ist es nur folgerichtig, wenn heute zu beobachten ist, wie die Banken versuchen, sich im Personalabbau gegenseitig zu übertreffen und eine nie gekannte Risikoscheu zelebrieren. Doch ohne neuen Kredit schwindet das Geld schnell dahin. Weil die Banken mit der Kreditvergabe Geld aus dem Nichts schöpfen und es nur durch Soll und Habenbuchungen auf den Konten darstellen, löst sich das Geld durch die gegenläufige Buchung bei der Tilgung auch wieder in Nichts auf. Es geht nicht anders!
      Die Spekulationsblase, die wir in den letzten Jahren wachsen und platzen gesehen haben, war kaum mehr, als die verzweifelte Reaktion eines mit hohen Zinskosten belasteten "reifen" Systems auf einen Geldbedarf, der, wegen der zwangsläufigen Verlangsamung des Wachstums der realen Wirtschaft, aus deren Gewinnen alleine nicht mehr befriedigt werden konnte. Der Zusammenbruch des internationalen Finanzsystems kündigt sich an. Wir sind mitten in der Bankenkrise, stehen vor dem Zusammenbruch von zigtausenden von Unternehmen und vor vier Millionen Arbeitslosen in Deutschland und wollen nicht erkennen, daß die Weltwirtschaftskrise schon begonnen hat.
      Wenn es einen Ausweg gibt, dann heißt der: Frisches Geld. Unverzinstes Geld. Geld, das nicht als Darlehen, sondern als Geschenk, als verlorener Zuschuß in den Markt gegeben wird. Geld das zinsfrei im Umlauf ist und zinsfrei im Umlauf bleibt, weil ihm keine Schuld, kein Kredit gegenübersteht. Warum sollen nicht die Eltern jedes Neugeborenen von der EZB ein Geschenk in Höhe von 10.000 Euro bekommen? Warum sollten nicht wichtige Projekte der Ökologie und der sozialen Gerechtigkeit, für die einfach nur das Geld fehlt, mit verlorenen Zuschüssen aus EZB-Geldschöpfung gefördert werden?
      Wetten, daß die Krise schnell überwunden wäre, daß die Schulden rapide abnähmen, daß die Arbeitslosigkeit sich wieder in sinnvolle Vollbeschäftigung wandeln würde? Dieser Vorschlag hat nur einen Haken: Bestehende Geldvermögen würden geringfügig an Wert verlieren und auf Dauer wäre es wohl nahezu unmöglich, durch seriösen Geldverleih noch Zinserträge zu erzielen. Daher steht zu befürchten, daß sich niemand finden wird, der den Mut hat, eine solche Lösung ernsthaft anzustreben. Lieber läßt man das System zusammenbrechen, um es danach nach dem gleichen Muster neu aufzubauen und wieder sechzig- siebzig Jahre lang laufen zu lassen, bis zum nächsten Zusammenbruch.
      Schließlich funktioniert es immer wieder. Die Transaktionen zur Veränderung der Eigentumsverhältnisse an Grund und Boden und anderen, langfristig werthaltigen Sachen wurden mit Hilfe des Geldes ausgeführt und die neuen Eigentumsverhältnisse haben Bestand, völlig unabhängig vom Geldsystem, dem sie ihr Entstehen verdanken.

      EU und Globalisierung

      Eine ganz andere Überlegung führt zu der Frage, ob weltweiter Freihandel, Globalisierung, die EU und ihre Erweiterung, nach den Erfahrungen mit der deutschen Wiedervereinigung nicht erneut auf den Prüfstand gehören.

      Der Stärkere kann unter den Bedingungen des Kapitalismus gar nicht anders, als den Schwächeren auszunutzen. Schließlich ist klar, daß am Ende Geld fehlen wird und diesen Zustand kann der Stärkere weitaus besser vermeiden, als der Schwächere.

      Sind die nichtblühenden Landschaften in den neuen Bundesländern und die schlechte Verfassung der alten Länder nicht Anlaß genug, über den grundsätzlichen Fehler in der Vereinigungspolitik, auch unter globalen Aspekten neu nachzudenken?
      Ist nicht offensichtlich genug, daß das staatlich verordnete Lohndumping in den neuen Ländern nur zur zunehmenden Aushöhlung des Tarifvertragsrechts und der Arbeitnehmerschutzgesetze geführt hat?

      Kann nicht jedermann erkennen, daß außer den großen Konzernen und vor allem den Geldgebern hinter den großen Konzernen, niemand profitiert hat?



      Was veranlaßt wohl Herrn Bush, bei jedem Hüsteln seiner Stahlindustrie, Schutzzölle zu erheben und wie finden wir es, daß ihm unser Protest ziemlich egal ist?

      Deutschland, seit 1945 erfolglos auf der Suche nach der eigenen Identität und heute durch die Wiedervereinigung wirtschaftlich geschwächt, ist zur Spielwiese der Global Player verkommen und hat nicht die notwendige Reife, um als Volkswirtschaft im internationalen Wettbewerb zu bestehen.

      Erst wenn wir unsere eigene Rolle in Europa über alle Parteigrenzen hinweg gefunden und akzeptiert haben, werden wir auch auf dem Feld der Wirtschaftspolitik als Staat eine eigene Strategie entwickeln und uns gegen die unverschämten Zugriffe der in- und ausländischen Global Player und ihrer Shareholder wehren können.

      Konkret heißt das, wir sollten in Bezug auf Europa zurückrudern, die Rolle des Musterknaben endgültig aufgeben, Maastricht kündigen, keine Strafe zahlen, wenn sie verhängt werden sollte, es darauf ankommen lassen, aus der Rest-EU augeschlossen zu werden und uns lieber wieder auf unsere nationalen Stärken besinnen, statt willfährig den Beschlüssen einer demokratisch nur schwach legitimierten Kommission und den ebenso schwach legitimierten Sprüchen eines Europäsischen Gerichtshofes zu folgen. Hat uns England nicht vorgemacht, wie man sich von der EU bitten läßt, anstatt sich verklagen und verpflichten zu lassen?

      Arbeitszeit, Sozialsysteme und Vermögensbesteuerung

      Im Inneren sollten wir der absurden Forderung nach Verlängerung der Lebensarbeitszeit die weitaus effektivere Forderung nach einer radikalen Verkürzung der Wochenarbeitszeit entgegenstellen.

      Wenn statt 36 Stunden nur noch 27 Stunden pro Woche zur Verfügung stünden, könnten - mit sanftem politischen Druck und entsprechenden Rahmenbedingungen- doch auch die folgenden Effekte erreicht werden:

      - Die Arbeitslosigkeit strebt gegen Null, weil alleine zur Befriedigung der immer noch extrem hochpreisigen und damit gewinnträchtigen Inlandsnachfrage auch noch der letzte Arbeitslose beschäftigt werden muß,

      - Die Löhne steigen, weil Arbeit wieder zum knappen Gut geworden ist und sich niemand mehr unter Wert verkaufen muß.

      - Die positive Lohnentwicklung stärkt die Einnahmen des Fiskus und der Sozialkassen, Renten werden wieder sicher, auf den Unfug der Kapitaldeckung, durch den die bisher zinslos zwischen den Generationen transferierten Gelder durch Zwischenschaltung von Kreditinstituten und Versicherungen unnötig verteuert werden, kann wieder verzichtet werden.

      - Der unsinnige Export von Produkten, bei denen nicht Qualität und know how teuer
      verkauft werden, sondern aus dem Verramschen billiger Allerweltsgüter außer einer Umsatzrendite für den Unternehmer für die Volkswirtschaft nur Nachteile entstehen, hört allmählich auf und das Wirtschaftsvolumen paßt sich den Notwendigkeiten des Binnenmarktes an, vor allem, wenn gleichzeitig der Import von Arbeitskräften nach Kräften unterbunden wird.

      - Der Rückgang der Bevölkerung ist dann kein drohendes Menetekel mehr, sondern ein positives Signal, weil dadurch sowohl die Vollbeschäftigung gesichert, als auch die Rückführung der extremen Bevölkerungs- und Bewirtschaftungsdichte Deutschlands auf ein erträglicheres Maß erhofft werden kann.

      Die Probleme mit der Krankenversicherung könnten mit dem Modell, das ich an anderer Stelle ausführlich beschrieben habe, auch ohne jegliche sonstige Systemveränderung gelöst werden. (Link zur Startseite Gesundheitswesen)

      Natürlich ist die Wiedereinführung der Vermögenssteuer ein wichtiger und richtiger Schritt, um da, wo trotz aller Bemühung um Gerechtigkeit irgendwo unerträglich hohe Supervermögen entstanden sind, einen pauschalen Ausgleich für den offenkundigen Mangel an sozialer und gesellschaftlicher Verantwortung des Eigentümers zu korrigieren. (Link zum Aufsatz "Nichts als Neid, Gedanken zur Einführung der Vermögenssteuer)



      Was fehlt, ist der Mut, das Problem beim Namen zu nennen und es mit angemessenen Mitteln zu lösen.

      Das Problem ist der Kapitalismus und die von ihm perfektionierte Erpressung durch Geldhortung und Geldzurückhaltung.

      Es gibt unendlich viel sinnvolle Arbeit auf der Welt, die zum Nutzen aller Menschen getan werden sollte.

      Es gibt viele Millionen von klugen, tüchtigen und arbeitswilligen Menschen, die diese Arbeit tun könnten, die aber arbeitslos oder unterbeschäftigt sind.

      Es gibt Nahrung genug auf der Welt, um alle 6 Milliarden Menschen satt zu bekommen und trotzdem verhungern täglich mehr als zwanzigtausend, die meisten vor gutgefüllten Läden.

      Um Arbeit und Arbeitswillige, Nahrungsmittel und Hungernde zusammenzubringen fehlt es in den meisten Fällen nur an den bunt bedruckten Papierfetzen, die wir Geld nennen und deren Herstellung sich selbst bezahlt. Vielleicht fehlt es auch an der Phantasie, geeignete Wege zur Inverkehrbringung dieses Geldes auszudenken und durchzusetzen, die ein möglichst langes, zinsfreies Verweilen im Geldkreislauf sichern.

      Doch mit etwas Mut, ist alles leicht ins Werk gesetzt.

      Daran stirbt der Kapitalismus.



      Langsam zwar, aber sicher, und in fünfzig oder hundert Jahren wird man Mühe haben, den Schülern zu vermitteln, daß es tatsächlich einmal Menschen gab, die glaubten, Geld könne sich aus sich heraus vermehren.

      .http://home.knuut.de/EWKberater/Meinung/12772%20Wachstum%20h…

      Mehr über die Zusammenhänge des (globalen) Wirtschaftens erfahren Sie in
      >>Wolf`s wahnwitzige Wirtschaftslehre Band II<<
      von Egon W. Kreutzer.............unbedingt lesenswert!

      Eigendruck, Selbstverlag
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      Die UN unterhält die UNCTAD (United Nations Conference on Trade and Development) Chef Volkswirt der UNCTAD ist Dr. Heiner Flassbeck. Dessen Meinung zu Wachstum und Sparsamkeit finden Sie, wenn Sie diesem Link folgen
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      schrieb am 11.06.03 15:16:33
      Beitrag Nr. 3.058 ()
      Big Google is watching you!
      von Emanuel Remper, Berlin
      Wer sich im Internet bewegt, hinterlässt unweigerlich seine Spuren. Jeder Klick kann auf der anderen Seite nachvollzogen werden. Sogar der eigene Browser (das Programm, mit dem man die Internet-Seiten aufruft) ist sehr auskunftsfreudig. Er teilt zum Beispiel jeder Internetseite, die man aufsucht - im sogenannten Referer - mit, welche Seite man zuvor besucht hat. Auf diese Weise erfahren die Betreiber einer Homepage, mit welchen Suchbegriffen die Seite bei der Suchmaschine gefunden wurde.

      Diese Information ist, solange sie nicht mit einem bestimmten Computer und damit mit einer bestimmten Person verbunden ist, harmlos.

      Doch nicht nur die sehr populäre Suchmaschine Google erlaubt sich, auf unserem Computer ein sogenanntes Cookie zu hinterlassen, mit dessen Hilfe die Suchmaschine den Suchenden wiedererkennt. Sie ist auch in der Lage, alle von einem Computer jemals gesuchten Begriffe zu speichern. Das besondere an den Cookies, die Google verteilt, ist, dass sie unsterblich sind. Ein Cookie wird normalerweise nur für eine Sitzung oder höchstens für ein paar Wochen gespeichert, danach verfällt er. Doch Google erlaubt sich, auf unserem Computern Cookies zu hinterlassen, die erst im Jahre 2038 verfallen. Warum?

      Es gibt keinen Grund für eine Suchmaschine, einen so langlebigen Cookie zu speichern. Die einzige vernünftige Erklärung für ein solches Vorgehen ist, dass hier beabsichtigt wird, sogenannnte Profile von allen Besuchern anzulegen, in denen festgehalten wird, wofür sich derjenige interessiert. Es fällt nicht schwer sich vorzustellen, dass gewisse Geheimdienste grosses, um nicht zu sagen sehr grosses Interesse an diesen Daten haben. Dies gilt ganz besonders, seit sich amerikanische Dienste die «total information awareness» auf die Fahnen geschrieben haben, was nicht weniger bedeutet, als dass man alle verfügbaren Informationen speichern möchte.

      Doch Google geht noch einen Schritt weiter, der wirklich dreist ist. Die Rede ist von der sogenannten Google-Toolbar, die sich jeder User auf seinem Browser installieren kann und die das Suchen bei Google erleichern soll. Es handelt sich um ein aktives Programm, das direkt auf dem heimischen Rechner installiert wird und sogar ohne Kontrolle des Nutzers von Google ausgetauscht werden kann. Neben der «Hilfe» beim Suchen und dem Anzeigen des sogenannten PageRank fungiert die Toolbar als «Informeller Mitarbeiter» von Google. Bei jedem Klick, den der User von Stund an tätigt, wird ein kleines Datenpaket auf die Reise zu den 15000 Red-hat-Linux-Computern von Google geschickt, das dort nicht nur mitteilt, welche Adresse angeklickt wurde, sondern auch gleich das dazugehörige Cookie, also die Identifizierung des Computers, meldet. So entsteht in kurzer Zeit geradezu ein Persönlichkeitsprofil des Users.

      Warum macht Google das? Normalerweise stehen bei der Vergabe von Cookies kommerzielle Interessen im Vordergrund. Man möchte möglichst viel über den Nutzer erfahren, um ihm noch weitere Produkte anbieten zu können. Doch bei Google geht diese Vermutung fehl, denn Google lebt nicht von Werbung. Die Seite ist weiss wie Schnee. Daniel Brandt, der Inhaber einer googlekritischen Seite (www.Google-Watch.org), sagt zur Frage, warum Google diese Daten erhebt: «Die Versuchung für Google, den Geheimdiensten gegen Bezahlung den Echtzeit-Zugriff auf 150 Millionen Fragen aus aller Welt zu gewähren, ist sicher sehr gross und technologisch leicht zu bewerkstelligen.»

      Google finanziert sich angeblich aus den sogenannten gesponserten Links. Das sind Links, für die Firmen Geld bezahlen, damit ihre Internetseiten bei der Suche nach bestimmten Stichwörtern rechts neben den normalen Suchergebnissen erscheinen. Daneben verkauft Google seine Suchdienste an Firmen, die mit Hilfe von Google ihre eigene Site durchsuchen. Zahlen hat das Unternehmen aber noch nicht veröffentlicht. Interessant ist auch, dass Google nicht an der Börse notiert ist. Was wohl damit zu erklären ist, dass dann die Finanzen offengelegt werden müssten.

      Verbindungen zur Bush-Administration
      Durch Daniel Brandt von Google-Watch erfahren wir, dass die beiden wichtigsten Kapitalgeber von Google, Kleiner Perkins und Sequoia Capital, Verbindungen zur Bush-Administration haben. Partner von Kleiner Perkins ist Floyd Kvamme, der dem «High Tech Advisory Committee» von George W. Bush angehört. Der Sohn von Floyd Kvamme, Mark Kvamme, ist Partner des anderen Geldgebers von Google Squoia Capital. Er hat persönliche Kontakte zu Donald Rumsfeld.

      Ausserdem weist Brandt darauf hin, dass mindestens ein Angestellter von Google, Matt Cutts, im Verdacht steht, für die NSA (National Security Agency) gearbeitet zu haben.

      Ein Blick in die Stellenanzeigen von Google zeigt, dass regelmässig Computerfachleute gesucht werden, die eine «Government Top Security Clearance (TS/SCI)» haben (Quelle: google.thelink.net/jobs/eng.html). Also eine Sicherheitsüberprüfung durch die Regierung der höchsten Stufe. TS/SCI steht für «Top Secret/Sensitive compartmented Information».

      Was kann man gegen die Überwachung durch Google tun?
      Das eingangs erwähnte Problem der Weitergabe der zuletzt besuchten Internetseite kann umgangen werden, indem man einen Browser verwendet, der keinen oder einen falschen Referer versendet. Zur Zeit gibt es zwei Browser, die dazu in der Lage sind: der Mozilla-Browser Beonex, den man kostenlos unter www.beonex.com beziehen kann, und der Opera-Browser, der entweder für 39$ unter www.opera.com erstanden werden kann oder kostenlos, aber mit Werbeeinblendungen, unter der gleichen Adresse erhältlich ist.

      Für die Suche bei Google sollte man folgendes beachten: Auf keinen Fall die Google-Toolbar installieren! Ausserdem sollte man das Speichern von Cookies untersagen. Die meisten Browser lassen sich unter «Einstellungen» - «Sicherheit» - «Cookies» so einstellen, dass überhaupt keine Cookies mehr angenommen werden oder dass der Browser immer, wenn ein Cookie gespeichert werden soll, den Benutzer fragt, ob er damit einverstanden ist. Diese Frage sollte man dann beim Besuch von Suchmaschinen grundsätzlich verneinen. An dieser Stelle kann man auch bereits gespeicherte Cookies löschen.

      Ausserdem kann man natürlich überlegen, ob man auf eine andere Suchmaschine ausweicht, zum Beispiel AlltheWeb.com oder Altavista.com. Allerdings werden auch diese Suchmaschinen versuchen, einen Cookie zu hinterlegen, der zwar nicht ganz so unsterblich ist wie der von Google, aber auch einige Jahre auf dem Computer bleibt.

      Die bereits erwähnte Google-Watch-Seite bietet eine anonymisierte Suche via Google und AltheWeb an, bei der die Anfrage von den Suchmaschinen nicht zum Nutzer zurückverfolgt werden kann (www.google-watch.org/cgi-bin/proxy.htm).

      Ganz allgemein sollte man der Frage des Datenschutzes und der Überwachung mehr Aufmerksamkeit schenken, denn die Gefahren lauern nicht nur im Internet. Telefone werden abgehört, Kundendaten mit Hilfe von Profit- oder Payback-Karten gesammelt. Mit Hilfe von Handys werden Bewegungsprofile erstellt. Der deutsche Datenschutzbeauftrage spricht bereits von einer «Überwachunsgkultur» und davon, dass das «Schutzschild der Persönlichkeitsrechte immer dünner wird». Das sind alles keine Lapalien, aber die Regierungen und ihre privaten Helfer werden weiter und weiter auf diesem Weg gehen, bis die Bürger sich derartige Übergriffe nicht mehr gefallen lassen.

      Quellen: www.google.com, www.google-watch.org, google.thelink.net/jobs/eng.html, www.beonex.com, www.opera.com und heute.zdf.de/ZDFheute/artikel-drucken/0,1381,2042827,00.html



      Artikel 4: Zeit-Fragen Nr.21 vom 10. 6. 2003, letzte Änderung am 10. 6. 2003
      Avatar
      schrieb am 11.06.03 15:21:27
      Beitrag Nr. 3.059 ()
      Washington zwingt Irak unter Knute des IWF

      von F. William Engdahl*
      Mitten im anhaltenden Chaos des Nachkrieg-Irak wurde einer höchst bedenklichen Berufung durch die Regierung in Washington viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Während viele die möglichen grossen Wiederaufbauverträge für US-Unternehmen wie Halliburton oder Bechtel im Auge haben, spielt sich ein weit wichtigeres Drama ab, in dem es um die gesamte Richtung geht, die die irakische Wirtschaft unter der US-Besetzung nehmen soll.

      Washington hat Peter McPherson zum finanziellen Koordinator des Büros für Wiederaufbau und humanitäre Unterstützung (OHRA) ernannt. Das OHRA ist das Büro, dem der ehemalige General Jay Garner vorstand, bis er letzten Monat unerwartet wegen seines rambo-artigen Herangehens an den Wiederaufbau entlassen wurde. Das OHRA wird jetzt vom gemässigteren Paul Bremer geleitet, dem ehemaligen Chef der Kissinger-Gesellschaft und einem engen Freund führender Neokonservativer &endash; wenn auch vielleicht weniger offensichtlich als der aggressive Garner.

      Das Hauptaugenmerk Washingtons ist zurzeit darauf gerichtet, die ökonomische Kontrolle über den Nachkriegs-Irak herzustellen, um die Kriegsgewinne zu sichern.

      McPherson wird eine entscheidende Rolle bei der Durchsetzung eines abgestuften ökonomischen Nachkriegsplans mit dem Titel «Die Entwicklung der irakischen Wirtschaft von der Wiederbelebung zum nachhaltigen Wachstum» spielen. Vor kurzem war dieser Plan durch einen Artikel im Wall Street Journal durchgesickert. Der Plan wurde vom US-Finanzministerium zusammen mit der Agentur für internationale Entwicklung des Innenministeriums (USAID) entwickelt. Es ist kein Zufall, dass McPherson, der Mann, der von Washington ausgewählt wurde beim «Umbau des (irakischen) Finanzministeriums, der irakischen Zentralbank und des Bankensystems» zu helfen, selbst ehemaliger Chef der USAID unter Ronald Reagan ist.

      Der Konsens zwischen IWF und Washington
      Was bedeutet es, dass ein Mann von USAID das lebenswichtige Bankwesen, den zentralen Bankverkehr und sämtliche Finanzfunktionen des wiederauferstehenden Irak beaufsichtigt? Die Rolle von USAID ist, jenes Standardrezept anzuwenden, das den Irak zwingen wird, sich dem IWF-System, dem Kernstück des nach 1982 entwickelten Dollarsystems, anzuschliessen. Wenig verstanden wird die zentrale Rolle, die der IWF in den letzten zwei Jahrzehnten für die Unterstützung des globalen Dollarsystems &endash; die finanzielle Seite der Pax Americana &endash; spielte: für den Dollar als der Stütze der amerikanischen Macht und ihrer Rolle in der Welt. Auf diesen neuen Prozess wird häufig ein wenig ungenau als «Globalisierung» bezug genommen. Er hatte seine Wurzeln in den während der achtziger Jahre hervortretenden Schuldenkrisen verschiedener Märkte. Hier wurde der IWF durch Washington unter Zustimmung anderer führender Industrienationen einschliesslich Frankreichs, Deutschlands und Japans eingesetzt, um Schuldnerstaaten wie Brasilien, die Türkei oder Algerien zu zwingen, sich den rauen IWF-Bedingungen zu unterwerfen, indem man diesen Ländern drohte, dass sie nie einen Penny der Auslandsanleihen erhalten würden, es sei denn, sie zeigten eine «verantwortliche Regierungspolitik» zur Rückerstattung ausländischer (Dollar) Schulden.

      Die Richtlinien, unter denen Washington diesen Prozess mit dem IWF und seiner Schwester, der Weltbank, betreibt, werden der «Washingtoner Konsens» genannt. Er besteht aus einer Folge von Schritten, die der IWF den Opferländern auferlegt, um sie zu zwingen, ihre Währung radikal abzuwerten. Das macht umgekehrt deren Exporte in der industriellen Welt spottbillig und zwingt das Land, verzweifelt immer mehr zu exportieren, um seinem Schuldendienst bei den ausländischen Gläubigern nachkommen zu können. Weil die Schulden sich in Dollar belaufen, muss das Land seine gesamte Wirtschaft auf den Dollarexportmarkt hin umorientieren. Dies wiederum verursacht eine globale Nachfrage nach Dollars, was den Vereinigten Staaten ermöglicht, ihre eigenen fast dauerhaften Handelsdefizite, die grösser sind als das BIP der meisten Länder, zu verwalten. Nur das US-Finanzministerium und die Federal Reserve Bank haben als einzige in der ganzen Welt die Fähigkeit, neue Dollar zu drucken. So lange, wie immer mehr Wirtschaftssysteme in den IWF-Washington-Konsens hineingezwungen werden, ist dem Dollar eine zunehmende Unterstützung sicher.

      Der Irak hat ganz spezielle Ressourcen, die er in diesen IWF-Prozess einbringen kann. Wenn wir von einer dauerhaften US-Besetzung ausgehen, hat der Irak das Potential, innerhalb der kommenden vier bis sieben Jahre einer der Hauptproduzenten der Welt auf dem Ölsektor zu werden und innerhalb eines Jahrzehnts sogar mehr zu produzieren als Saudi-Arabien. Dies bedeutet eine potentielle Summe von 10 Milliarden jährlich aus Ölexporteinkommen für die irakische Zentralbank und das Finanzministerium. Kein Wunder, dass die beiden Bereiche, über die Washington sofort die Kontrolle übernahm, das Ölministerium und die Zentralbank waren. Diese Kombination gibt Washington die Kontrolle über alle Schlüsselbereiche der irakischen Wirtschaft. Der IWF wird zusammen mit der Weltbank dazu benutzt, dem Irak den «Wirtschaftsaufschwung» à la McPherson aufzuzwingen.

      Wie wird der Wiederaufbau aussehen?
      Der durchgesickerte Plan des US-Finanzministeriums umreisst die Vorhaben für das kommende Jahr im Irak, die die Privatisierung staatseigener Betriebe, einschliesslich der Ölindustrie, umfassen, die Einrichtung einer «Weltklasse-Börse» (sic) und die Einführung einer Mehrwertsteuer auf Verbrauchsgüter sowie eine neue irakische Währung vorsehen.

      Es überrascht nicht, dass es sich dabei um genau jenes Programm handelt, das die USA und die Weltbank/IWF gerade in Kasachstan eingeführt haben, wo man grosse Hoffnungen in bezug auf riesige neue Ölreserven hegt und US-Ölfirmen, von Chevron/Texaco angeführt, in grossem Stil investieren. Es ist auch das Wirtschaftsprogramm, das in Kroatien, in Kosovo, in Polen, in Ungarn, in Mazedonien und anderswo implementiert wird, wo von Washington und seinen Verbündeten die «freie Marktwirtschaft» ausgerufen worden ist. Das Schema beginnt damit, dass die Weltbank und der IWF von dem jeweiligen Land verlangen, ein sogenanntes «strukturelles Anpassungsprogramm» zu schaffen. Das bedeutet unweigerlich die Privatisierung von staatlichen Industriebetrieben, die häufig an Ausländer übergehen und notwendige allgemeine Dienstleistungen in private, profitorientierte Firmen verwandeln.

      Die neue irakische Währung wird fest an den Dollar gebunden sein. Eines der Probleme mit Saddam Hussein war nach Ansicht Washingtons, dass er versuchte, sich gegen das Dollarsystem zu sträuben, indem er das irakische Öl für Nahrungsmittel-Programm nicht in Dollar, sondern in Euro, abrechnete, etwas, was die anderen Ölländer wie der Iran und Indonesien mit wachsendem Interesse beobachteten, weil der Dollar im Wert fiel (vgl. Zeit Fragen, Nr. 20 vom 2. Juni).

      Die Weltbank arbeitet mit dem Londoner Adam-Smith-Institut zusammen, einem Think tank aus der Thatcher-Ära, der sich radikal der freien Marktwirtschaft verschrieben und vorgeschlagen hat, das irakische Öl sowie die staatliche irakische Pension durch private Kapitalfonds zu ersetzen, ein System, in dem vermutlich eine «Weltklasse-Börse» eine Schlüsselrolle spielen soll.

      Der durchgesickerte Plan des US-Finanzministeriums fordert, dass die Privatisierungsoffensive im Juli beginnen und die kommenden drei Jahre fortdauern soll, begleitet von einer Propagandakampagne, die die Iraker überzeugen soll, dass dies in ihrem besten Interesse sei. Es wird immer klarer, was Washington meint, wenn es davon spricht, den Irak zum «Modell» einer demokratischen Marktwirtschaft für andere Wirtschaftssysteme des Nahen Ostens zu machen. Diejenigen, die dazu Fragen haben, sollten einmal das Strafregister des IWF bei der Zerstörung von Industrien und Wirtschaftssystemen vieler exkommunistischer Staaten in den neunziger Jahren zurückverfolgen.

      In weiteren Artikeln werden wir im Detail der Frage nachgehen, wie der IWF dazu dient, den Kurs des Dollarsystems und der Pax Americana in den letzten Jahrzehnten zu kontrollieren. Der Schlüssel zu all dem ist die Schaffung von milliardenschweren unzahlbaren Dollarschulden.

      F. William Engdahl hat in den USA Politische Wissenschaften und Wirtschaftswissenschaften studiert. International bekannt wurde er durch sein Buch «Mit der Ölwaffe zur Weltmacht» (2. Auflage 2002), in dem er die politökonomischen Hintergründe der Machtpolitik im 20. Jahrhundert darstellt (vgl. die Buchrezension in Zeit-Fragen Nr. 19 vom 25. Mai).




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      «Washington-Konsens»
      Der «Washington-Konsens» ist im wesentlichen ein Einsparungsprogramm, das der IWF den überschuldeten Ländern vorschreibt. Die dadurch erzwungene «Strukturanpassung» zielt vor allem darauf ab, sicherzustellen, dass das Schuldnerland seine Schulden abzahlen kann, indem die Ausfuhren erhöht werden. Die geforderten Massnahmen umfassen unter anderem:

      Verminderung der öffentlichen Schulden, zum Beispiel durch Subventionsabbau und Kürzung der Staatsausgaben, etwa durch Entlassungen
      Zinserhöhungen, um ausländisches Kapital anzulocken und Kapitalflucht zu vermindern
      Liberalisierung des Aussenhandels und Abbau von Handels- und Investitionshindernissen
      Abwertung der einheimischen Währung
      Privatisierung staatlicher Unternehmen und Einrichtungen
      Deregulierung der Wirtschaft, also weniger staatliche Kontrolle und Massnahmen zum Schutz einheimischer Unternehmen
      deutliche Senkung der Inflationsrate.
      Quelle: Uwe Hoering. IWF und Weltbank, 1999, Lamuv-Verlag, Göttingen, ISBN 3-88977-547-0



      Artikel 1: Zeit-Fragen Nr.21 vom 10. 6. 2003, letzte Änderung am 10. 6. 2003
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      Avatar
      schrieb am 11.06.03 15:22:09
      Beitrag Nr. 3.060 ()
      "Alles wieder ganz normal" - Über Wahrnehmungsprobleme an den Finanzmärkten
      (11.06.2003)

      An den Finanzmärkten ist relative Ruhe eingetreten, die auch auf die Rohstoffmärkte ausstrahlt. Es ist eine relative Ruhe, die auch eine Art Normalität entstehen ließ. Die Kurse und Preise bewegen sich wieder in Richtungen, die, aus welchen Gründen auch immer, als "normal" wahrgenommen werden.

      Es ist nicht schwer auszumachen, was diesen Zustand von "Normalität" bewirkt hat: Der amerikanische Dollar, der Dreh- und Angelpunkt aller in der jüngsten Vergangenheit beobachteten Bewegungen, macht nicht mehr von sich reden. Er ist dicht unter seinem Rekordtief gegenüber dem Euro zu einer Stabilisierung oder Konsolidierung übergegangen.

      Wenn etwas zu Recht als Normalität gelten kann, ist es diese Stabilisierung des Greenback. Doch jeder, der sich mit Märkten befasst, weiß nur zu gut, dass eine Stabilisierung eine Unterform einer Korrektur ist. Dies bedeutet in der Regel nur, dass eine Pause eingetreten ist, die zugrunde liegende Tendenz aber fortbesteht.

      Joseph (Joe) Granville, einer der Nestoren der moderneren Technischen Analyse, hat einmal dieses Bild gewählt, um allgemeinverständlich zu beschreiben, was vor sich geht: Märkte können nicht immer nur steigen oder fallen. Sie müssen innehalten, um sich zu regenerieren. Auch ein Mensch kann nicht immer einatmen; er muss gelegentlich auch ausatmen.

      Auf den ersten Blick mag dieses Bild sehr konstruiert erscheinen. Bedenkt man jedoch, dass die Märkte von Menschen "gemacht" werden, so erscheint der Gedanke, dass es sich bei ihnen um Organismen handelt, gar nicht so abwegig. Ganz im Gegenteil, die Technische Analyse arbeitet nach dieser Prämisse.

      Doch zurück zur jetzt vermuteten "Normalität", deren Nukleus allem Anschein nach der US-Dollar ist. Alle Beteiligten, selbst Spekulanten, sind heilfroh, dass die Abwertung des Greenback bisher sehr geordnet verlaufen ist. Es spricht alles dafür, dass dies geschehen konnte, weil der Finanzwelt ein Unfall im Dollar-Bereich bislang erspart blieb. Von großer Bedeutung ist auch, dass die Europäische Zentralbank (EZB) als Hauptbetroffene nicht dem Beispiel der japanischen Notenbank gefolgt ist und sich nicht in Interventionen zu Gunsten des Dollar versucht hat.

      Doch das ist noch nicht das letzte Wort. Da der Dollar noch immer beträchtlich überbewertet erscheint und seine Abwertung die stark defizitäre Leistungsbilanz der USA noch nicht durchgreifend bessert, steht noch einiges bevor. Der Fall des Dollar könnte in der nächsten Phase holpriger verlaufen als bisher. Und wenn die EZB erst einmal zu intervenieren beginnt, weil die Aufwertung des Dollar bedrohliche Folgen zunächst für die Exportwirtschaft in ihrem Verantwortungsbereich zeitigt, kann es sogar stürmisch werden.

      Die Erfahrung zeigt nämlich, dass Interventionen von Zentralbanken die Spekulationslust erst richtig entfachen. Einige Zentralbanken haben über die Jahre hinweg peinvoll erfahren müssen, dass sie vom Markt zum Rückzug und damit zu einer teuren Kapitulation gezwungen wurden.


      Arnd Hildebrandt

      Herausgeber
      taurosweb.de
      Avatar
      schrieb am 11.06.03 15:26:20
      Beitrag Nr. 3.061 ()
      9.3.03 Rallye am Aktienmarkt wird vielen unheimlich

      Dax legt zum Wochenauftakt Verschnaufpause ein - Strategen sehen wachsende Gefahr von Rückschlägen

      von Thomas Exner

      ... Um den Börsenaufschwung auf festere Beine zu stellen, da sind sich alle Experten einig, bräuchte es dauerhaft bessere Nachrichten von den Unternehmen und zum Zustand der Konjunktur. Doch nach dem Ende der Berichtssaison dürfte es in den nächsten Tagen aus den Firmen kaum marktbewegende Neuigkeiten geben. ... (Welt, 10.6.03)

      Kommentar: Die explodierenden Aktienkurse stellen ein reines Strohfeuer dar, um gutgläubige Anleger wieder auf die Börse zu locken. Wenn die Gewinne der Unternehmen zusammenschmelzen und die kaufkraft sinkt, müssen die Aktienmärkte letztlich weiter nach unten gehen.

      -----------------------------------------
      Großbritannien bekräftigt Nein zum Euro

      Finanzminister Brown: Kriterien für Beitritt nur teilweise erfüllt - Volk stimmt frühestens 2004 ab

      von Peter Herkenhoff

      London - Die britische Regierung hält am Pfund Sterling fest. Am Montag gab der zuständige Finanzminister Gordon Brown wie erwartet bekannt, dass das Vereinte Königreich der europäischen Währungsunion wegen fehlender wirtschaftlicher Annäherung zwischen Großbritannien und dem Kontinent weiter fernbleiben wird. Brown versicherte zwar im Unterhaus, dass die regierende Labourpartei weiter an einem Beitritt zum Euro arbeiten und das Land davon auf Dauer profitieren werde. Doch weil die von ihm vor sechs Jahren aufgestellten fünf Wirtschaftskriterien nur teilweise erfüllt worden seien, schloss er einen Beitritt zum jetzigen Zeitpunkt aus.
      Gegenwärtig würde nur die Finanzwirtschaft von einer Euro-Mitgliedschaft profitieren. Bei den übrigen Kriterien - Angleichung der Wirtschaftszyklen, Flexibilität, Investitionen und Wirtschaftswachstum - hat es nach Ansicht von Brown zwar große Fortschritte gegeben, doch die strukturellen Unterschiede seien weiterhin zu groß. Eine Volksabstimmung über den Euro ist frühestens in einem Jahr möglich, wenn die Kriterien noch einmal auf den Prüfstand kommen. ... (Welt, 10.6.03)

      Kommentar: Es ist interessant, wie ein Euro-Beitritt von Großbritannien mit ökonomischen Argumenten abgelehnt wird, während Staaten wie Portugal oder Griechenland sofort ohne zu zögern dem Euro-Abenteuer beitraten. Dabei sind diese Länder weitaus unterschiedlicher zu den Kernländern wie Deutschland und Frankreich, als es England wäre.

      Kommentare v. Günter Hannich
      Geldcrash.de
      Avatar
      schrieb am 11.06.03 16:24:48
      Beitrag Nr. 3.062 ()
      Die Visionen des Kanzlers Wang An-schi

      Ein Kommentar von Egon W. Kreutzer
      zu den bevorstehenden Reformen in Deutschland

      12.03.2003



      Wie aber soll eine neue Welt entstehen, wenn jeder an der alten festhält?
      Wenn die Beamten sabotieren, die Kaufleute die Gesetze brechen, die Großgrundbesitzer und Finanzmächte nur den Zielen ihres Eigennutzes dienen und die Hunderttausende der kleinen Bauern, der Kulis und Handwerker jedem Schlagwort, jeder Verdächtigung, jeder Hetzparole glauben?

      Kanzler Wang An-schi, chinesischer Reformer zu Zeiten der Sung Dynastie
      (Otto Zierer, Weltgeschichte)





      Der Kanzler, die Opposition, die Wirtschaft, insbesondere der Mittelstand, die Gewerkschaften, Herr Clement, Frau Schmidt, Herr Rürup und ehedem Herr Hartz, alle versuchen mit großem demagogischen Aufwand dem darniederliegenden Lande wieder auf die Beine zu helfen.

      Da wird vorgeschlagen und angeordnet, ersonnen und umgesetzt, gefordert und abgelehnt, dass es nur so kracht, aber die Argumente, die inzwischen fast ausnahmslos von allen gebraucht werden, sind so verrückt, dass man ernsthaft glauben muss, in diesem unseren Lande sei die Logik nun endgültig zu Grabe getragen worden.

      Für alle Leidensgenossen, die hinter diesem Possenspiel ebenfalls eine große Koalition der Narretei vermuten, die mit aller Macht versucht, genau das Gegenteil dessen zu tun, was zur Erreichung der vorgeblichen Ziele erforderlich wäre, habe ich versucht den Knoten aufzudröseln und die Verwickler ausfindig zu machen.

      Bevor auch noch die letzten Vernünftigen angesichts der Übermacht falscher Propheten beginnen, am eigenen Verstand zu zweifeln, sollten wir uns besinnen und das Gestrüpp des dummen Geschwafels beiseite räumen, um wieder einen freien, ungetrübten Blick auf den Boden der Tatsachen und auf den Horizont der Ziele und Visionen zu gewinnen.

      Der Boden der Tatsachen ist schnell erreicht und wenn man sich darauf einigen kann, die offiziellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes als "einigermaßen glaubhaft" einzustufen, muss auch der übelste Volksverdummer klipp und klar zugeben, dass in Deutschland eine der leistungsfähigsten Volkswirtschaften dieser Welt existiert. Dies gilt sowohl für die absoluten Zahlen, als auch in der Relation zu der Zahl der Menschen, aus deren Mitte diese Leistung hervorgebracht wird.

      Die nachstehende Tabelle zeigt die Länder mit den höchsten absoluten Brutto-Inlands-Produkten auf der Welt.

      Rang Volkswirtschaft BIP pro Einwohner in US Dollar Einwohner
      in Tausend BIP gesamt
      in Milliarden US Dollar
      1
      USA 31.910 278.230 8.878,3
      2
      Japan 32.030 126.570 4.054,0
      3
      Deutschland 25.620 82.100 2.103,4
      4
      Frankreich 24.170 58.620 1.416,8
      5
      Großbritannien 23.590 59.501 1.403,6
      6
      Italien 20.170 57.646 1.162,7
      7
      China 780 1.260.750 983,4
      8
      Brasilien 4.350 167.967 730,7
      9
      Kanada 20.140 30.491 614,1
      10
      Indien 440 997.515 438,9



      Die Zahlen (entnommen aus dem Fischer Weltalmanach 2002) zeigen Deutschland unangefochten auf Platz 3 der Weltrangliste der Wirtschaftsleistung. Wir sind also in einem Maße produktiv, wie es sich andere Volkswirtschaften nur erträumen können und unser Export alleine übertrifft mit 680 Mrd € die gesamte Wirtschaftsleistung von rund einer Milliarde Indern bei weitem.

      Es könnte uns natürlich noch ein bisschen besser gehen. Wir müssten nur, wie die Amerikaner, die Rüstungsindustrie ankurbeln und uns zur Finanzierung von Raketen und Granaten ein schönes Defizit im Staatshaushalt erlauben.

      Es könnte uns auch ein bisschen besser gehen, wenn wir, wie die Japaner, durch maßlose Überbewertung jeglicher Aktiva - von Grundstücken bis zu Firmenanteilen - die Beleihungsgrundlage für Kredite schaffen würden, die notwendig sind, um den Wirtschaftskreislauf auf Touren zu bringen.

      Aber muss es uns wirklich noch besser gehen?

      Im Vergleich mit Italien, Frankreich oder Großbritannien geht es uns gut und jeder Vergleich mit irgendeinem anderen Land der Welt wäre allenfalls noch dazu angetan, die maßlose Überlegenheit Deutschlands zu demonstrieren, eine Attitüde, die wir inzwischen glücklicherweise abgelegt haben.



      So viel zum Boden der Tatsachen.


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      >>Wolf`s wahnwitzige Wirtschaftslehre Band II<<
      von Egon W. Kreutzer.............unbedingt lesenswert!

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      Die Visionen

      Richten wir unseren Blick in die Ferne, auf den Horizont der Ziele und Visionen, dann müssen wir feststellen, dass es ganz erhebliche Unterschiede gibt, je nachdem, in welche Himmelsrichtung man den Blick schweifen lässt.

      Es gibt eine Vision, die ein vergreisendes, arbeitsunwilliges Volk in den Ruinen ehemaligen Wohlstands zwischen geschlossenen Freibädern und aufgelassenen Museen herumirren lässt.
      Während der Staat versucht, seinen drohenden Bankrott mit äußerster Sparsamkeit zu verhindern, oder doch zumindest hinauszuzögern, versuchen die Unternehmer die Personalkosten so gering wie möglich zu halten und stattdessen lieber Maschinen einzusetzen, die es ermöglichen, mit immer weniger Beschäftigten immer mehr zu produzieren, weil sie nur so in der Lage sind, gegen die Billig-Konkurrenz aus Entwicklungs- und Schwellenländern auf dem Weltmarkt zu bestehen.


      Es ist diese Vision, die uns in diesen Tagen auf Schritt und Tritt begleitet, die als flammendes Menetekel auf den Fernsehbildschirmen zur radikalen Reform gemahnt, die uns von den Titelseiten der Tageszeitungen anspringt und sich dem kollektiven Bewusstsein einbrennt.
      Und es ist diese Vision, die inzwischen vom allergrößten Teil der politisch Verantwortlichen in diesem unseren Lande (wider besseres Wissen?) als reale Bedrohung der Zukunft unseres Landes angesehen wird.

      Edmund Stoiber, Friedrich Merz und Angela Merkel übertreffen sich gegenseitig darin, immer wüstere Vorschläge zur Bestrafung der arbeitsunwilligen Bevölkerung zu ersinnen und deren Umsetzung dreist von der Regierung einzufordern, während sie gleichzeitig nicht müde werden, dem risikoscheuen Unternehmertum immer neue Anreize durch Subventionen, zusätzliche Gewinne und steuerliche Entlastungen zu versprechen, damit diese zarten, ängstlich verschreckten Himmelswesen dem Lande doch endlich wieder die Gnade zuteil werden lassen, Arbeit zu schaffen, weil man von Seite der Politik doch alles Denkbare tut, damit sich die geschaffene Arbeit für den Arbeitgeber auch richtig rentiert.

      Wolfgang Clement, Peter Hartz und Bert Rürup, Gerhard Schröder und seine grünen Koalitionäre stimmen lauthals in den Ruf nach der großen Struktur-Reform ein und tun was sie können, um ihre Patent-Rezepte im Schnellschuss umzusetzen, möglichst noch bevor die eigene Partei Wind davon bekommt.

      Die Sozialkassen sollen frech geplündert, aber nicht mehr im bisherigen Maße aufgefüllt werden. Die Arbeitslosenversicherung wird bald nur noch maximal 12 Monate lang zahlen, der Kündigungsschutz wird Stück für Stück fallen. Sozialhilfe wird nur noch erhalten, wer die Almosen Cent für Cent abarbeitet, womit eine neue Welle der Billig-Konkurrenz aus dem dritten Arbeitsmarkt über die Arbeitsverhältnisse im so genannten ersten Arbeitsmarkt hereinbrechen wird. Lohnbestandteile, die bisher nicht tarifvertraglich, sondern nur(!) gesetzlich vereinbart waren (hälftige Beteiligung der Arbeitgeber an den Beiträgen zur Sozialversicherung) werden mit einem Federstrich zu Makulatur, ohne daß es dazu eine nennenswerte parlamentarische Auseinandersetzung gibt und gleichzeitig sollen das Tarifvertragsrecht und das Betriebsverfassungsgesetz in Grund und Boden gestampft werden.

      Mit der unverschämte Forderung nach der Entmachtung der Gewerkschaften, die nach der de facto Abschaffung von Arbeits- und Sozialministerium die allerletzte Bastion der Arbeitnehmerrechte sind, wird dem Sozialstaat das Totenglöcklein geläutet und dem "Patienten Sozialstaat", dem von den bekannten Polit-Hooligans die Zähne ausgeschlagen wurden, wird der medizinisch notwendige Zahnersatz verweigert, wie überhaupt jeder Gedanke an eine sinnvolle Therapie verworfen wird, weil die über der Szenerie kreisenden Geier nichts sehnlicher erwarten, als dass endlich der Exitus eintreten möge.

      Die grünsoziale Regierungsriege hat keine Chance und das Häuflein der demokratischen Linken um Andrea Nahles wird die Geschicke nicht mehr wenden können. Die Regierung ist den Machenschaften der Global-Player, die das Land durch Kapitalentzug beliebig erpressen können, hilflos ausgeliefert und spielt das grausame Spiel mit immer weniger Skrupeln mit, ganz nach dem Motto: "Ist der Ruf erst ruiniert, regiert sich`s völlig ungeniert".

      War es erst nur das unsägliche Hartz-Konzept, mit seinen durchsichtigen Vorschlägen zur Senkung der Ausgaben der Bundesanstalt für Arbeit und zur statistisch wirksamen Neudefinition der Arbeitslosigkeit, flankiert von der Einführung von Zwangs-Leiharbeit und der lächerlichen Ich-AG, jedoch ohne jede ernsthafte Chance, neue Arbeitsplätze zu schaffen, so kommt nun mit weiteren Kommissionen selbst noch der medizinisch notwendige Zahnersatz unter die Abrißbirne, die den Sozialstaat zerschlägt, um einer anderen Vision zum Durchbruch zu verhelfen.



      Diese andere Vision sieht so aus:

      Ein graues Land, der Himmel von rauchenden Schornsteinen verdunkelt, und eine Bevölkerung, die ihr Leben von frühester Kindheit bis zum Tod in harter Arbeit, ohne Pausen, ohne Wochenenden, ohne Urlaub verbringt. Eine Gesellschaft, die Jahr um Jahr mehr von den Dingen herstellt, die - kaum dass sie fertig gestellt sind - schon als verdorben, defekt, unmodern oder technisch veraltet gelten und auf die Müllkippen wandern, während das Volk unter stetig wachsendem Leistungsdruck bei weiter verlängerter Lebensarbeitszeit stumpf damit beschäftigt ist, den Schrott zu ersetzen und wieder zu ersetzen und nochmals zu ersetzen. Das alles ohne jeden Rentenanspruch, ohne staatliche Krankenversicherung, aber mit der Einrichtung von Zwangs-Leiharbeitsverhältnissen zumindest vor der Arbeitslosigkeit geschützt.

      Ganz am Rande dieser düsteren Vision, weit weg vom Geschehen, wird sichtbar, dass es nur ganz wenige auserwählte Lenker geben wird, die in diesem Szenario überhaupt noch wissen, was es heißt, ein gutes Leben zu leben, aber weit hinter dem Horizont, von Grauland aus unsichtbar, werden diejenigen sitzen, die den ungeheuren Ertrag der Arbeit abschöpfen und ihren Reichtum und Überfluss ständig vermehren.


      Nach allem, was mit den Reformen in die Wege geleitet wird, ist genau diese Vision das Ziel und die Opposition rühmt sich in diesem Zusammenhang, die Regierung vor sich her zu treiben.



      Was bewegt die gewählten Volksvertreter zu solcher volksverachtenden Politik?

      Was sind das plötzlich für veränderte wirtschaftliche Rahmenbedingungen, denen der drittreichste Staat der Welt im Handstreich alle sozialen Errungenschaften opfern muss?

      Es ist die Narretei der Globalisierung, in der - völlig ungeachtet aller kulturellen Errungenschaften und Unterschiede - die ärmsten der Armen schamlos benutzt werden, um Schritt für Schritt den mühsam errungenen Wohlstand der Bürger in den entwickelteren Staaten wieder abzubauen.


      Eine Welt voller Sklaven!

      Das ist der Endpunkt des Weges, den wir gehen. Die konservativen, von jeher dem Kapital nahe stehenden Kräfte, marschieren im Eilschritt mit schrillem Fanfarenklang und können es gar nicht erwarten, endlich dort anzukommen. Die anderen, die in die Enge getriebenen ehemals progressiven Kräfte von Links, gehen nicht ganz so forsch voran, aber unter den derzeit proklamierten "Reformvorschlägen" ist nichts, das nicht am Ende auf die immer weitergehende Ausbeutung der Bevölkerung unseres Landes hinausläuft.

      Und diesem ganzen Grauen steht kein anderer Nutzen gegenüber, als Erhalt und Wachstum der Profite aus Exportgeschäften.



      Fast vergessen ist die Vision,

      die viele wohlhabende Bürger in reichen Städten und Gemeinden zeigt, Menschen, die ihr Leben in körperlicher und geistiger Gesundheit der Fortentwicklung von Kultur und Wissenschaft widmen. Die Vision von einer Gesellschaft, die nur noch einen ganz geringen Teil ihrer Zeit aufwenden muß, um im "Erwerbsleben" die Produkte und Leistungen für den Bedarf der Volkswirtschaft herzustellen und ansonsten frei ist, für jegliche Form der persönlichen und gesellschaftlichen Weiterentwicklung.

      Als der Himmel über der Ruhr wieder blau werden und mehr Demokratie gewagt werden sollte, war es diese Vision, die uns allen erreichbar schien. Aus der Vollbeschäftigung des Nachkriegs-Wirtschaftswunders heraus führte der Weg in die Arbeitszeitverkürzung und Urlaubsverlängerung, aus der Vollbeschäftigung heraus stiegen die Einkommen, entwickelte sich die Sozialgesetzgebung und wuchs der allgemeine Wohlstand. Die Wirtschaftskraft des Landes ist seitdem immer weiter gestiegen, trotzdem wird das Jammern über die unhaltbaren Zustände seit Jahren immer lauter. Was ist passiert?

      Die Weichen wurden falsch gestellt, als der Produktivitätszuwachs in gesättigten Märkten auf immer geringere Nachfrage stieß und sich auf den Exportmärkten Konkurrenten etablierten, die dem "Made in Germany" Marktanteile streitig machten. Anstatt die entwickelte Volkswirtschaft zu schützen und mit weiterer Arbeitszeitverkürzung auf die Produktivitätsentwicklung zu reagieren, wurde begonnen, immer größere Teile der Leistung der Volkswirtschaft für den Gewinn einiger weniger Unternehmen auf den Weltmärkten zu verramschen.


      Hätten wir die anfänglich Linie einer Politik des breiten Wohlstandsaufbaus in der Gesamtbevölkerung nicht verlassen, könnten wir heute in schönster Vollbeschäftigung bei der 27-Stunden Woche angekommen sein und mit 55 Jahren eine stattliche Rente erwarten, die bis ins hohe Alter sicher wäre.

      Arbeitslosigkeit wäre ein weithin unbekannter Begriff, von dem allenfalls Angehörige tragischer Randgruppen betroffen wären, denn schon alleine zur Befriedigung der Inlandsnachfrage würde jede angebotene Arbeitskraft dringend gebraucht. Natürlich hätten wir ein höheres Lohnniveau und damit einen höheren Anteil der Bevölkerung an der volkswirtschaftlichen Wertschöpfung. Die Einnahmen des Fiskus würden von direkten und indirekten Steuern gleichermaßen sprudelnd gespeist und in der Rentenkasse wäre zu jedem Zeitpunkt das erforderliche Geld für den zinsfreien Transfer zwischen den Generationen vorhanden, genauso wie die Versorgung mit medizinischen und Pflege-Leistungen nicht länger mehr nur vom Geld her zu diskutieren wäre, sondern vom Sinn oder Unsinn so mancher diagnostischen und therapeutischen Maßnahme her betrachtet werden könnte, ohne dass man sich damit unmittelbar dem Verdacht der gezielten Leistungsverschlechterung aussetzen würde.

      In einem solchen Szenario wäre auch der Rückgang der Bevölkerung eine eher erfreuliche Entwicklung. Deutschland ist schließlich eines der am dichtesten besiedelten Länder der Welt! Bei uns leben 230 Menschen auf dem Quadratkilometer, in Frankreich sind es nur 108, in den USA nur 28, in Kanada ganze 3! Weiterer Produktivitätsfortschritt wird die Versorgung ermöglichen, auch wenn die Bevölkerung von 80 auf 50 Millionen Menschen zurückgehen sollte.

      Leider steht dieser optimistischen Vision ein gewaltiges Hindernis im Wege. Es handelt sich dabei um die immense Zinslast, die unsere Volkswirtschaft zu Gunsten einiger weniger Superreicher erwirtschaften muss. Unser Geldsystem ist so konstruiert, dass die Schulden - und daran gekoppelt die Zinsen - unablässig wachsen müssen. Die Zinsen kommen aber nicht einmal annähernd gleichmäßig dem ganzen Volk zugute, im Gegenteil, die Konzentration des Kapitals und damit der Zinserträge in wenigen Händen schreitet stetig fort. Der Notwendigkeit, sich durch den Kauf zinsbelasteter Produkte an der Zinszahlung zu beteiligen, kann niemand ausweichen. Zu den Gewinnern des Zinssystems gehören heute nur noch diejenigen, die mehr als 200.000 Euro gut verzinslich angelegt haben. Wer unter diesem Wert bleibt, zahlt unter dem Strich mehr Zinsen, als er erhält.

      Es ist der Zins, der die Wirtschaft in die Knie zwingt.

      Die Summe der von der deutschen Volkswirtschaft, einschließlich der Konsumenten jährlich aufzubringenden Kreditzinsen sowie der Zinsen aus Grundbesitz (Gewinne aus Vermietung/Verpachtung) wird auf jährlich rund 800 Milliarden Euro geschätzt.

      Es wäre allerdings grober Unfug, daraus zu schließen, die Verschuldung müsse zurückgeführt werden. Denn die Existenz von Geld ist in unserem System an die Existenz von Schulden gebunden, Schulden, deren Zinsen nur bezahlt werden können, wenn zusätzliches Geld mit Hilfe zusätzlicher Verschuldung geschaffen wird.

      Das ist das Problem und vor diesem Problem verschließt die ganze Welt die Augen - solange, bis die unbeherrschbare Sprengkraft einer auf immerwährendem exponentiellen Wachstum aufgebauten Milchmädchenrechnung das System vollständig zusammenbrechen läßt und erneut unendliches Unglück und Not in unsere Welt bringt, der es eigentlich an nichts zu fehlen bräuchte.

      Es gibt - wie auf der ganzen Welt - auch in Deutschland unzählige sinnvolle und nützliche Aufgaben, die aus Kostengründen nicht angepackt werden und mit der Sparpolitik der öffentlichen Hand wächst die Zahl dieser unerledigten Aufgaben ständig. Gleichzeitig zählen wir zwischen 4 und 7 Millionen kluge, tüchtige und arbeitswillige Menschen, die aber arbeitslos oder unterbeschäftigt sind. Es gibt in breiten Schichten der Bevölkerung einen riesigen, unbefriedigten Bedarf an Konsumgütern während der Einzelhandel gleichzeitig über schlechte und rückläufige Geschäfte klagt.



      Um Arbeit, Arbeitswillige und die Bedarfsgüter zusammen zu bringen fehlt es nur am Geld.


      Eigentlich sollte der Staat in der Lage sein, die Geldversorgung der Volkswirtschaft besser zu organisieren.



      Doch offenbar ist die Welt nicht zu verbessern, denn schon vor tausend Jahren klagte der chinesiche Reform-Kanzler Wang An-schi:

      "Wie aber soll eine neue Welt entstehen, wenn jeder an der alten festhält?
      Wenn die Beamten sabotieren, die Kaufleute die Gesetze brechen, die Großgrundbesitzer und Finanzmächte nur den Zielen ihres Eigennutzes dienen und die Hunderttausende der kleinen Bauern, der Kulis und Handwerker jedem Schlagwort, jeder Verdächtigung, jeder Hetzparole glauben?"


      http://home.knuut.de/EWKberater/Meinung/12779%20VisionenWang…
      Avatar
      schrieb am 11.06.03 16:32:13
      Beitrag Nr. 3.063 ()
      1. Mai 2009

      Zum Tag der Arbeit
      ein Rückblick auf die Reformjahre


      von Egon W. Kreutzer (01.05.2003)



      1. Mai 2009

      Es herrscht Freude und Jubel unter der Arbeiterschaft. Sechs Jahre nach der Durchsetzung rigoroser Reformen zur Rettung der Wirtschaftskraft der Republik ist endgültig klar: Die starke Einheit von Regierung, Wirtschaft und der neuen Reformgewerkschaft hat reiche Früchte getragen. Not, Armut und Arbeitslosigkeit sind nach vielen Jahren wirtschaftlichen Niedergangs, nach drohender Rezession und dem befürchteten Zusammenbruch der Sozialsysteme endgültig aus den Statistiken verschwunden.

      Nur zur Erinnerung:

      Noch im Jahr 2003, also erst vor sechs Jahren, stand die Republik vor dem Abgrund, die Regierungspartei vor der Zerreißprobe. Die vorausschauenden Denker erkannten damals die "völlig veränderten Bedingungen" und forderten frühzeitig, man müsse sich schnellstmöglich und brutalstmöglich auf die neuen Verhältnisse der Weltwirtschaft einstellen. Dazu, so forderten sie, müßte der Sozialstaat bis auf das knöcherne Gerippe demontiert werden, weil er nur bei völliger Stilllegung aller vitalen Funktionen überlebensfähig sei. Wer etwas anderes fordere, so war zu hören, der hätte nicht begriffen, dass er sich an Strohhalme klammere, die längst untergegangen seien.

      Viele von uns werden sich noch gut erinnern: Es gab auch Gegenstimmen, doch die waren glücklicherweise in der Minderheit und konnten vom Chor der führenden Politiker aus Regierung und Opposition, von den verantwortungsbewussten Eliten aus Wirtschaft und Hochfinanz, von den klugen Sprechern der Spitzenverbände der deutschen Industrie, der Arbeitgeber und der Standesvereinigungen der Ärzte, Zahnärzte, Rechtsanwälte und von den Vorreitern der pharmakologischen Forschung überstimmt werden.

      Wie wir heute rückblickend erkennen können, waren diese Entscheidungen vor sechs Jahren und ihre rigorose Durchsetzung genau der richtige Schritt auf dem richtigen Weg in die richtige Richtung und die von manchen geäußerten Befürchtungen, dieser Schritt führe am Ende nicht weit genug, konnten schnell widerlegt werden, weil jedem ersten Schritt bei Bedarf ein zweiter folgen kann, und so geschah es denn auch.

      Im Sommer 2003 wurden dann mit den Stimmen von Regierung und Opposition alle jene wichtigen Gesetze verabschiedet, die in ihrer Bedeutung allenfalls noch mit dem Grundgesetz verglichen werden können. Das gesamte Reformpaket wurde sofort - viele Einzelgesetze sogar rückwirkend - in Kraft gesetzt.

      Die üblichen Bedenkenträger hatten mit wütenden Protesten, mit Chaos, Aufstand, Bürgerkrieg und Generalstreik gerechnet, doch die Deutschen fügten sich wie erwartet auch diesmal in das Unvermeidliche, unterwarfen sich den Forderungen der Vernunft und spielten genau die Rolle, die ihnen zugedacht worden war.

      Die Chronik der Ereignisse werden wir alle für immer in unseren Herzen bewahren, wo auch immer auf diesem Globus wir heute an die Heimat denken, an dieses strahlende Deutschland, das es geschafft hat, die Arbeitslosigkeit endgültig zu besiegen, die Sozialsysteme zu retten, die schädlichen Auswirkungen der demographischen Entwicklung zu überwinden und einen ungeahnten wirtschaftlichen Aufschwung zu nehmen.

      Lassen wir die wichtigsten Ereignisse noch einmal Revue passieren:



      30. September 2003

      Florian Gerster verkündet stolz den ersten großen Erfolg. Die Zahl der zu zählenden Arbeitslosen ist durch die ersten Sofort-Maßnahmen - wie prognostiziert - halbiert worden. Statt ca. 4.700.000 Menschen ohne Arbeit wurden am 30. September 2003 nur noch 2.350.000 Arbeitslose gezählt. Florian Gerster kündigt an, durch diese überaus positive Entwicklung würde er nun doch keinen Bundeszuschuß benötigen, im Gegenteil, die Bundesanstalt für Arbeit sei in der Lage, aus dem Beitragsaufkommen schon in diesem Jahr 15 Milliarden Euro zur Konsolidierung des Bundeshaushaltes zur Verfügung zu stellen.



      15. Oktober 2003

      Die rückwirkende Verlängerung der Lebensarbeitszeit auf 70 Jahre zeigt einen erstaunlichen Nebeneffekt. Obwohl die Höhe der Rentenabschläge für jedes Jahr des vorzeitigen Rentenbeginns nicht verändert werden konnte, schließlich handelt es sich um Versicherungsleistungen, die einen gewissen Vertrauensschutz genießen, erklären die Rentenversicherungsträger, dass in den letzten beiden Wochen Rückforderungsbescheide über nahezu 950 Milliarden Euro an alle Rentner der Nation verschickt werden konnten.

      Um die Forderungsausfälle möglichst gering zu halten war auf jegliche Härtefallregelung und jegliche Einspruchsmöglichkeit verzichtet worden. Das war der erste Einsatz jener neuen Form von absoluter Gleichbehandlung, aus der die Bevölkerung das notwendige Vertrauen in die Gerechtigkeit der Maßnahmen schöpfen konnte.



      31. Dezember 2003

      Das statistische Bundesamt gibt an, das Verhältnis von Rentnern zu Nichtrentnern habe sich bereits im ersten Halbjahr seit Umsetzung der Reformen deutlich verbessert und es sei absehbar, dass der Anteil der Rentner an der Gesamtbevölkerung bald wieder auf weniger als 10 Prozent zurückgehen werde. Dies sei einerseits auf den späteren Renteneintritt zurückzuführen, andererseits könne aber wegen der gleichzeitig angelaufenen Reformen im Gesundheitswesen auch bald wieder auf eine höhere Sterblichkeit der älteren Mitbürger gehofft werden.



      19. Februar 2004

      Die Statistiken weisen zwar nur noch 1.876.000 Arbeitslose und immer weniger Rentenempfänger aus, doch die Bevölkerung hält in Teilen hartnäckig an ihren vermeintlichen Rechten fest. Die ungünstige Entwicklung, dass seit Reformbeginn täglich mehr Menschen versuchen, sich an der Sozialhilfe zu bereichern, muss gestoppt werden. An jenem denkwürdigen 19. Februar des Jahres 2004 ist die Situation unerträglich geworden. Überall im Land sind die Straßen im weiten Umkreis der Sozialämter schwarz vor Menschen. Die hygienischen Verhältnisse in den mehrere Hektar großen Wartebereichen sind unerträglich. Nur die Stärksten schafften es überhaupt noch, die inzwischen auf rund drei Wochen angewachsene Wartezeit in der Schlange zu überstehen.

      Die Innenministerkonferenz entschliesst sich daher schweren Herzens, die teils vermummten Menschenmassen mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zurückzudrängen. Durch den massiven Einsatz von Wasserwerfern, bei Temperaturen von durchschnittlich minus 17 Grad Celsius werden die Wartenden schnell ruhig gestellt. Danach konnten sie in einer geordneten Prozedur entfernt werden.

      Dies war sicherlich der härteste Schritt im Reformkampf, aber eine Maßnahme, von der durchaus auch die gewünschte Signalwirkung ausging, was dazu führte, dass die Nähe der Sozialämter seitdem gemieden wurde. In der Folge gelang es innerhalb von nur drei Monaten das Personal der Sozialämter auf Null zu reduzieren, was eine erhebliche Kostenentlastung für die Gemeinden brachte.



      1. April 2004

      Das Gesetz zur Förderung der Wachstumsförderer wird verabschiedet. Die von der Arbeitslosen- und Rentenversicherung dem Bundeshaushalt zur Verfügung gestellten Mittel werden unter die Leistungsträger des Landes verteilt. Alle Mitbürger, deren unversteuertes Jahreseinkommen über
      1 Million Euro liegt bzw. deren Vermögen die 25 Millionen Euro Grenze überschreitet, erhalten eine als Steuerrückerstattung deklarierte Zahlung in Höhe von 5 Millionen Euro zur freien Verfügung.

      Das Kalkül war, dass dieses Geld ohne jegliche Regulierung von selbst die bestmögliche Anlage finden und damit Wachstum erzeugen würde. Dieser mutige Schritt wurde von der Opposition und von den Interessenvertretern der Wirtschaft und des Kapitals als ein neuerlicher Schritt in die richtige Richtung gelobt, er sei allerdings noch nicht weit gehend genug. Nun, wir wissen, einem zweiten Schritt kann ein dritter folgen und so geschah es dann auch.



      1. Mai 2004

      Zum ersten Tag der Arbeit nach Beginn der Reformen wird stolz verkündet, dass die Zahl der gezählten Arbeitslosen mit 1.345.001 einen neuen Tiefststand erreicht hat und dass entgegen allen früheren Befürchtungen die Zahl der Sozialhilfeempfänger weiterhin bei Null liege. In großen Feiern und mit nächtlichen Fackelzügen feiert das Volk begeistert die Erfolge der Reformpolitik.



      23. Juni 2004

      Der deutsche Sparkassenverband schlägt Alarm. Der Tag an dem das letzte Sparbuch zur Auflösung komme, sei abzusehen. Der Sparkassenpräsident fragt sich verzweifelt, wie die Binnennachfrage aufrecht erhalten werden kann, wenn die letzten Rücklagen der Bevölkerung aufgezehrt seien.

      Diese Meldung erschien damals vielen als eine ernsthafte Krise in den Reformbemühungen. Nach einem Jahr Reformpolitik war deutlich geworden, dass sich nicht nur die Zahl der Arbeitslosen halbiert hatte, sondern dass auch die Gesamtsumme der in der Republik gezahlten Löhne und Gehälter dramatisch geschrumpft war. Dies bedeutete einen gravierendenden Kaufkraftverlust, eine Entwicklung, die damals von vielen noch als bedenklich angesehen wurde. Die unbeirrbaren Reformkräfte sahen darin allerdings eine positive Reaktion des Arbeitsmarktes auf ihre Anstrengungen. Schließlich hatten die Reformen der Regierung auch forcierte Reformen in den Unternehmen ermöglicht, die sich nun - frei von jeglichen Kündigungsschutzbestimmungen - sehr schnell von allen überflüssigen Human-Ressources getrennt hatten und deren Wettbewerbsfähigkeit gleichzeitig von einer Entwicklung schnell sinkender Löhne und Gehälter profitierte.

      Alleine dadurch, dass die bisher von Gewerkschaften behüteten Drückeberger plötzlich dem Druck einer arbeitswilligen Konkurrenz von vielen Millionen bisheriger Sozialschmarotzer ausgesetzt waren, war es gelungen, das Lohnniveau in Deutschland in ganz kurzer Zeit wieder auf ein international konkurrenzfähiges Maß zurückzuführen.



      27. Juni 2004

      Das Programm Brot für Boden wird ins Leben gerufen. Weil die Warnungen des Sparkassenpräsidenten ernst genommen werden und tatsächlich abzusehen ist, dass die Spargroschen der Bevölkerung nur noch wenige Wochen ausreichen können, um die Binnenkonjunktur zu erhalten, beschließt die Regierung in enger Abstimmung mit dem Bundesverband der Immobilienwirtschaft und den großen Liegenschaftsbesitzern eine Maßnahme, die als das Programm "Brot für Boden" bekannt geworden ist.

      Alle Eigentümer von Grund und Boden erhalten die Gelegenheit, ihre Häuser, Grundstücke und Eigentumswohnungen provisionsfrei gegen Einkaufsgutscheine der großen Handelsketten einzutauschen.

      Die Pauschalvergütungen wurden gesetzlich festgeschrieben. Sie beliefen sich auf 2 Euro pro Quadratmeter unbebauter Grundstücke und auf 10 Euro pro Quadratmeter Wohn- bzw. Nutzfläche bei bebauten Grundstücken. Das Programm wurde zuerst nur zögerlich angenommen, erreichte dann aber bald eine so große Akzeptanz, dass der Sparkassenpräsident gegen Ende des Jahres das Ende des forcierten Abbaus der Sparguthaben vermelden und Entwarnung geben konnte.



      1. Oktober 2004

      Das Bundesministerium für Umwelt gibt bekannt, dass die Schadstoffbelastung der Luft und des Wassers im Bereich dieser unserer Republik in ganz erstaunlichem Maße zurückgegangen sind. Die Belastungen des Bodens sind zwar nach wie vor hoch, doch sind die Werte des neuen Schadstoffeintrages sehr gering, so dass auch hier bald mit erheblichen Verbesserungen der Meßwerte gerechnet werden kann.

      Das Ministerium führt diese Entwicklung auf den Rückgang der Bevölkerung zurück. Von etwas mehr als 80 Millionen im Jahr 2003 entwickelte sich die Bevölkerung innerhalb eines Jahres auf weniger als 56 Millionen zurück, als Hauptursache wird das Phänomen der so genannten illegalen Auswanderung angesehen. Es gibt Monat für Monat Hunderttausende, zuletzt schon Millionen von Menschen, die von Urlaubs- und Dienstreisen ins Ausland einfach nicht mehr zurückkehren.

      Gelegentlich war in diesem Zusammenhang bereits das unangemessene Wort von der Republikflucht zu hören, doch die Regierung wollte erst den Fortgang der Konsolidierung abwarten, anstatt vorschnell zu Gegenmaßnahmen zu greifen.



      1. Januar 2005

      Nachdem in den vergangenen eineinhalb Jahren die Situation der Arbeitslosen- und Rentenversicherung nachhaltig verbessert werden konnte, treten zum Jahresbeginn neue Gesetze zur Wachstumsförderung in Kraft. Die wichtigsten sind:

      a) Die Arbeitgeberbeiträge zu den Sozialversicherungen werden vollständig und unwiderruflich gestrichen, wodurch die Lohnnebenkosten, das bisherige Hauptwachstumshindernis, endgültig vom Tisch sind.

      b) Die gesetzliche Krankenversicherung wird vollständig abgeschafft. Wie mit der Privatisierung der Krankengeldversicherung bewiesen wurde, lässt sich Krankheit am Besten dadurch eindämmen, dass der Kranke das Kostenrisiko vollständig selbst trägt.

      Anstatt der bisherigen Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung wird für die bisher Pflichtversicherten Mitbürger jetzt eine Abgabe zur Erhaltung der Großunternehmen des Gesundheitswesens gefordert - der so genannte Pharma-Pfennig - der zunächst mit 20 Euro pro Arbeitstag und pro abhängig Beschäftigtem festgelegt wird. Das hat bei der Steinkohleverstromung funktioniert, das funktioniert auch im Gesundheitswesen.

      c) Zur Eindämmung der Abwanderung junger, arbeitsfähiger Mitbürger werden in jeder Gemeinde neue Gewerbegebiete ausgewiesen und ausbruchssicher eingezäunt. Dorthin wird die besonders gefährdete Personengruppe der fünfzehn bis fünfzigjährigen Mitbürger gebracht und so vor schädlichen Einflüsterungen verwahrt. Die Republikflucht wird nachhaltig gebremst. Investoren aller Art erhalten die Erlaubnis, innerhalb dieser Arbeitsbereiche ihre Fabriken, Büros und sonstigen Anlagen zu errichten und sich die benötigten Arbeitskräfte aus dem dort vorhandenen Potenzial zu rekrutieren. Allerdings müssen sie damit auch die schwerwiegende Verpflichtung übernehmen, diese Menschen in ausreichendem Maße mit Wasser und Grundnahrungsmitteln zu versorgen. Hat sich ein Mitbürger in einem solchen Arbeitsbereich durch gute Arbeit bewährt und wird ihm das von seinem Arbeitgeber bestätigt, wird er nach zehn Jahren frei und darf seinen Aufenthalt wieder frei wählen.



      1. Februar 2005

      Die Einführung der gesicherten Arbeitsbereiche war ein voller Erfolg. Es gibt keinen einzigen gezählten Arbeitslosen mehr. Die Bundesanstalt für Arbeit und die Arbeitsämter werden aufgelöst. Die dort Beschäftigten werden entweder direkt in die Arbeitslager überstellt oder bleiben sich selbst überlassen. Ein solches Maß an Freiheit gab es nie vorher in der Geschichte der Republik.



      1. Juli 2005

      Zwischenbilanz nach zwei Jahren Reformarbeit

      Die Probleme mit den Sozialsystemen sind vom Tisch. Die Lohnnebenkosten sind weg. Die Gesundheit der Bevölkerung ist gut wie nie. Neben den typischen Verletzungen durch Arbeitsunfälle treten praktisch nur noch schnell tödlich verlaufende Krankheiten auf. Allergien, Erkältungen, Magenschleimhautentzündungen und nervöse Schlafstörungen sind ebenso ausgerottet, wie Kreuz- und Gelenkschmerzen, Diabetes und Adipositas.

      Die Wirtschaftsleistung des Landes ist hoch. Die Produktion geht inzwischen zu weit mehr als 60 Prozent in den Export, auf den Weltmärkten ist Deutschland mit jedem Entwicklungsland konkurrenzfähig, es gilt als gesichert, dass die neue Arbeitslosigkeit in Korea, Vietnam und Nigeria ausschließlich eine Folge der Verdrängungswirkung der deutschen Reformpolitik ist.

      Der Kritik von Opposition, Wirtschaftsführern und Kapital, die bisherigen Reformen gingen zwar in die richtige Richtung, seien aber bei weitem noch nicht ausreichend, folgt die Ankündigung der Regierung, der nächste Schritt der erfolgreichen Reformarbeit werde auch noch die letzten Missstände ausräumen.


      20. November 2005

      Die Aufstände in mehreren Arbeitslagern deutscher Großstädte, die nur durch den Einsatz bewaffneter Kräfte des Grenzschutzes und der Bundeswehr niedergeschlagen werden konnten, führen zur Einsetzung einer Reform-Kommission. Die Insassen der Arbeitslager hatten gefordert, statt nach zehn, schon nach sieben Jahren aus den Lagern entlassen zu werden und das nicht nur bei bestätigter guter Arbeit, sondern auch schon, wenn die Leistungen nur befriedigend gewesen seien.

      Die Kommission, die am 20. 11. 2005 ihren Bericht vorlegt, kommt zu einem anderen Schluss. Die Zahl der Lagerinsassen sei schon heute zu gering, um den Arbeitskräftebedarf der Investoren zu decken. Die wieder zunehmende Abwanderung der nicht internierten Bevölkerung spräche außerdem eher dafür, den Umfang der vorsorglichen Verwahrung der Mitbürger auszuweiten. Die Pflicht zur Zwangsarbeit wird daher von 10 auf 20 Jahre erhöht.

      Der Kommissionsvorschlag erhielt rückwirkend zum 1. November 2005 Gesetzeskraft. Für den Ausweis neuer Lagergelände wurden ganz erhebliche Grundstücksflächen von den Liegenschaftsbesitzern angekauft, die dazu nur in der Lage waren, weil sie ihre Bestände durch das Programm Brot für Boden vorher hatten auffüllen können. Die Entschädigung für die Abtretung eines Quadratmeters unbebauten Grundstücks wurde auf 200 Euro festgelegt, der Staat erhob zur Deckung dieses Finanzbedarfes einen Solidaritätszuschlag in Höhe von 1.000 Euro von allen Mitbürgern deren jährliches Einkommen 10.000 Euro nicht überstieg oder die über ein Sparguthaben von nicht mehr als 2.000 Euro verfügten.



      15. August 2006

      Volkszählung.

      Weil die zunehmende Republikflucht unkontrollierbar geworden war und auch über die Zahl der Insassen der Arbeitslager Unklarheit herrschte, weil es keine Arbeitslosenstatistik mehr gab, weil keine Sozialhilfeempfänger gezählt werden konnten und weil es auch keinen zählbaren Krankenstand mehr gab, entschloß sich die Regierung zu einer Volkszählung.

      Das Ergebnis wird am 15. August 2006 verkündet. Demnach leben in Deutschland zu diesem Zeitpunkt noch 40.567.822 Menschen.

      Davon sind

      Rentner 205.345

      Kinder und Frauen im Erziehungsurlaub 5.866.256

      Rest 34.496.221




      34,5 Millionen berufstätiger Männer und Frauen. Vollbeschäftigung!

      Exportüberschuss: 2,2 Billionen Euro,

      BIP 140 Milliarden Euro

      Endlich geht es dem Land wieder gut.



      1. Mai 2009


      Wir begehen heute die dritte Maifeier der neuen Art. Am 1. Mai des Jahres 2007 begann die Tradition erhebender Maifeiern, wie wir Sie seither kennen. Regierung, Opposition und die Vertreter von Wirtschaft und Kapital, die seit 2003 zur Einheitsgewerkschaft der Reformer zusammengeschlossen sind und alle früheren Gewerkschaften verdrängt haben, werden sich heute um 10.00 Uhr im Reichstag versammeln. In vielen großen Reden wird man sich gegenseitig beglückwünschen und danach bei Kaviar und Champagner zu den Klängen der Nationalhymne über die zurückliegende Reformzeit nachsinnen.

      Die Feierstunde wird von 10.00 bis 11.00 Uhr per Lautsprecher in alle Arbeitslager übertragen. Im Anschluss an die Übertragung werden die Leistungsnormen für das nächste Planjahr bekannt gegeben.

      Liebe Freunde der globalen Wirtschaft, egal wo wir uns heute befinden, lassen Sie uns gemeinsam voller Befriedigung auf ein Land blicken, das durch mutige Reformen nun wieder den Zustand der Vollbeschäftigung und ungebremsten Wachstums erreicht hat und lassen Sie uns gemeinsam den Reformern zurufen:

      Lasst Euch nicht beirren, wagt den nächsten Schritt in die richtige Richtung, der Standort Deutschland wird es Euch danken.
      http://home.knuut.de/EWKberater/Meinung/12782%20Mai2009.html
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      schrieb am 11.06.03 17:47:40
      Beitrag Nr. 3.064 ()
      Geldvernichtung
      Gutes hinter schlechtem Geld bei Auslandsanleihen


      SR| 10.06.2003 | 21.55
      Autorin: Karin Lambert-Butenschön


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      Wer eine argentinische Schuldverschreibung in der Hoffnung auf hohe Zinserträge gezeichnet hatte, musste feststellen, das lateinamerikanische Land ist nicht zahlungsfähig, die Papiere sind nichts mehr wert. Um ihre Forderungen durchsetzen, wenden sich Anleger an Helfer, bei denen sie gutes hinter schlechtem Geld investieren.

      Das Angebot war einfach zu schön, um wahr zu sein: Zinsen bis zu zwölf Prozent, fast ohne Risiko. Tausende von privaten Anlegern folgten dem Tipp ihrer Hausbank und griffen ohne Bedenken zu argentinischen Staatsanleihen. Doch ein Großteil der vermeintlich gut investierten Ersparnisse sind weg - der lateinamerikanische Staat drückt sich seit fast zwei Jahren vor der Rückzahlung.

      Argentinien steht allein in Deutschland mit acht Milliarden Euro bei Privatanlegern in der Kreide. Voraussichtlich im August starten "Umschuldungsverhandlungen". Voraussichtlich werden auch die Anleger mit am Verhandlungstisch sitzen - vertreten durch Bankprofis. Doch bevor sie nur einen Euro sehen, machen erst einmal die Helfer Geschäfte mit den Anleihen.

      Ein Fallbeispiel

      Roland Koch, verheiratet, Vater von fünf Kindern, wusste, worauf er sich einließ: hohe Zinsen, hohes Risiko. Aber dass sich Argentinien durch den Hinweis auf Immunität vor der Rückzahlung der Anleihen aus der Affäre ziehen wollte - das ging dem Privatanleger Koch aus Darmstadt doch gegen den Strich:
      "Es gibt keine Anwälte, die sich da ran trauen. Es gibt einige wenige in Deutschland, die sich damit auskennen, die bereit sind, sich einzuarbeiten. Die wollen aber Stundensätze von 300, von 500 Euro haben. Und das ist natürlich ein enormes Kostenrisiko."

      Zu einem Treffen deutscher und argentinischer Anwälte kürzlich in Frankfurt hat man ihn eingeladen, weil er als Privatanleger den Staat Argentinien verklagt hat - und vor Gericht sogar Recht bekommen hat.

      Zwar kann man sich auf das Urteil des Landgerichtes Frankfurt (AZ: 2-21 O 294/02) berufen, doch die Entscheidung der Richter ist noch nicht rechtskräftig. Und die Aussichten, das Geld noch mal zu sehen, sind nach wie vor gleich Null, das weiß auch Roland Koch:
      "Was nützt der schönste Titel, wenn ich (ihn) nicht zu Geld machen kann? Und das geht nur über die Vollstreckung."

      Doch Vollstreckung von was? Argentinien besitzt keine größeren Vermögenswerte in Deutschland. Kein Geld, kein Kommentar - heißt es bei der argentinischen Botschaft in Berlin. Ein Sprecher bestätigt lediglich, dass die Konten der Botschaft gesperrt sind. Rund 150 Milliarden Euro schuldet der lateinamerikanische Staat internationalen Gläubigern.

      Kein Grund, die Hände in den Schoß zu legen, meint Prof. Dr. Burghard Piltz:
      "Selbst unterstellt, dass die Gerichte den Anlegern Recht sprechen - was ich schon annehme - aber unterstellt, dass es in weitem Umfang sein wird: die argentinischen Kassen sind weitgehend leer. Die Verfahren, die wir haben in Argentinien einleiten können: in diesem Fall haben wir das über eine einmalige Gebühr, die sowohl Gerichtskosten als auch Anwaltshonorare abdeckt, von einem Prozent des Nominalwertes regeln können. Im Erfolgsfall, dann, wenn Gelder positiv aus der Initiative fließen, dann noch mal ein erfolgsabhängiges Gebührenteil. In Argentinien sind das derzeit neun Prozent."

      Da verfolgt Privatanleger Roland Koch doch lieber seine eigene Strategie:
      "Wenn die Argentinier auf einer Börse, zum Beispiel auf der Internationalen Tourismus-Börse in Berlin, ausstellen, könnte ich die Prospekte pfänden. Das würde mir zwar kein Geld bringen, aber Argentinien könnte auch keine Reklame für sein Land machen und vielleicht einigen sie sich dann mit mir und zahlen freiwillig."

      Die Umschuldung der Anleihe über Banken

      Verhandlungen zwischen der argentinischen Regierung und Gläubigern sollen im August starten und bis zum Frühjahr 2004 abgeschlossen sein.

      Die Hypovereinsbank und die Deutsche Schutzververeinigung für Wertpapierbesitz bieten privaten Investoren an, sie am Verhandlungstisch zu vertreten. 19 weitere Banken sind mit im Boot. Dieses Angebot ist für die Anleger kostenlos - zunächst.

      Das Brisante daran: bevor Anleger nur einen Euro sehen, machen erst einmal die Helfer Geschäfte mit den notleidenden Papieren. Die Argentinien-Anleihe wird zur Geldmaschine: Eine Gesellschaft in Irland, die "Argentine Bond Restructuring Agency", kurz ABRA, die ihrerseits wieder eine Gesellschaft auf Jersey mit den Umschuldungsverhandlungen beauftragt, regelt Provisionen, Wertpapierleihgeschäfte, Verhandlungserlöse und Serviceleistungen zwischen Anlegern, Banken und Schutzvereinigung. Doch bevor die ABRA am Verhandlungstisch Platz nimmt, braucht sie von den geplagten Anlegern die Vertretungsvollmacht über mindestens zwei Milliarden Euro.

      Wer die ABRA beauftragt, muss seine Papiere in Zertifikate umtauschen, die nach den Verhandlungen wieder in neue argentinische Staatsanleihen zurückgetauscht werden. Und das ist wohl klar - zu wesentlich schlechteren Bedingungen. An der Sammelaktion beteiligt sich die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, kurz DSW. Die kassiert Gebühren für ihren Service - schon lange vor den Verhandlungen: Thomas Hechtfischer, DSW:
      "Wenn man sich dieser neuen Initiative anschließen will, die die DSW zusammen mit der Hypovereinsbank auf den Weg gebracht hat, ist das ein überschaubarer Betrag von in der Regel 1,3 Prozent des Nominalbetrages."
      "Es ist möglich, dass die Verhandlungen länger dauern als der 1.3.2004. Dann würde hinzukommen eine so genannte quarterly fee von 0.07 Prozent pro Quartal, aber auch nur das zweite Jahr."

      Und die Banken? Sie verlangen auch Gebühren, wenn Anleger genervt aus dem Umschuldungsprogramm aussteigen wollen: ein Prozent vom Nominalbetrag der Anleihe. Die Hypovereinsbank stellt Technik und Personal bei den Transaktionen.

      Bei Verbraucherschützern nachgefragt

      Auf die Frage nach dem Risiko, gutes Geld dem schlechtem hinter her zu werfen, ist Karin Baur von Finanztest zurückhaltend:
      "Da muss man halt erst mal eine Bestandsaufnahme machen und gucken, ob dann vielleicht irgendwelche Gläubiger auf Teile ihrer Forderungen verzichten, so dass die Privatanleger ihr Geld zurückbekommen. Aber das weiß man nicht. Die Hoffnungen, dass die Leute wirklich alles wieder bekommen, die sind eigentlich eher gering."




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      Dieser Text gibt den Inhalt des Beitrags der Sendung [plusminus vom 10.06.2003 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.

      Saarländischer Rundfunk
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      schrieb am 11.06.03 17:52:46
      Beitrag Nr. 3.065 ()
      Eurosammler
      Von wegen bare Münze


      SR| 10.06.2003 | 21.55
      Autor: Wolfgang Wirtz-Nentwig



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      Das Geschäft hat viel mit Nepp zu tun. Statt sich ein Schnäppchen zu verschaffen, machen die Sammler der Euromünzen eine bittere Erfahrung: Der Euro ist in der Plastiktüte wahrlich ein "Teuro".

      2 Euro, 1 Euro, 50 Cent, 20 Cent, 10 Cent, 5 Cent, 2 Cent und 1 Cent - das sind die Münzen in unserem Geldbeutel und das ist ein Kursmünzensatz. Ihr Wert: "nach Adam Riese" genau 3 Euro 88 Cent. Aber solche Sätze werden - in wechselnder Verpackung - für zum Teil sehr hohe Preise verkauft. Nicht zuletzt in zahlreichen Verkaufsshows im Privatfernsehen.

      Das aktuelle Zahlungsmittel als Kapitalanlage - ein faires Angebot? Das wollten wir genauer wissen - in einer [plusminus-Stichprobe. Ergebnis: Allzu oft gibt es "Neppchen statt Schnäppchen."

      Euro goes TV
      Die geniale Idee der Finanzminister, die Euro-Münzen der einzelnen Länder gleich und doch verschieden zu machen, hat zu einem Sammel-Boom geführt. Fachleute schätzen, dass allein in Deutschland bis zu drei Millionen Menschen mehr oder weniger gezielt Euro-Münzen sammeln. Ob das Geld neuerdings vielleicht deswegen so knapp ist? Jedenfalls ist ein Markt, an dem die Verkaufsshows der Privatsender nicht vorbeikommen. So können sie billig die Sendezeit füllen - bei RTL, n-tv und QVC zum Beispiel. Erster Eindruck: Die Fernseh-Angebote sind alles andere als Raritäten, sondern meistens Standardprodukte. Und damit sind auch die Preise vergleichbar.

      In jeder größeren Stadt kann man exakt die gleichen Produkte beim Händler bekommen. Rund 220 Münz-Läden gibt es in Deutschland. Dazu noch zahlreiche Versandhändler. In der Szene herrscht Verwunderung über die Fernseh-Preise. Wer sich auskennt, ruft dort sicher nicht an. Günter Hoffmann, Münzenhändler aus Saarbrücken, meint:
      "Ich kann nur das sagen, was mir wiedergegeben wird: Das sind Menschen, die nachts nicht schlafen können und sich dann diese Sendungen anschauen und dementsprechend auch bestellen, weil große Versprechungen gemacht werden."

      Preisvergleiche
      Wir vergleichen konkrete Beispiele aus TV und Internet mit den Preisen im Laden.


      Das Euro Starter-Kit aus Frankreich:
      bei QVC zum Sonderpreis von 63 Euro plus 4,95 Versand
      im Laden: 33 Euro
      Kursmünzensatz Monaco 2002
      für 1.676,- Euro plus Versand bei QVC
      im Laden: 795 Euro
      Kursmünzensatz BRD 2002
      für 348,25 plus Versand bei QVC
      im Laden ist er für 210 Euro zu haben.
      Und schließlich der komplette Münzensatz der 12 Euro-Länder
      bei RTL/n-tv für 349,95 Euro
      bei QVC kostet ein ähnliches Set sogar 598 Euro plus Versand
      im Laden genau 200 Euro, also exakt ein Drittel
      Expertenmeinung
      Wir fahren nach Ammelshain bei Leipzig. Helmut Kahnt ist einer der angesehensten Experten der Szene. Gerade erst hat er für die größte Fachzeitschrift ein Sonderheft zum Euro aus Sammler-Sicht geschrieben. Einerseits freut er sich, dass die Menschen auch per Fernsehen zum Münzensammeln animiert werden. Ein wunderbares Hobby. Doch es sollte um die Freude an der Sache selbst gehen, findet er, nicht um Gewinnstreben.
      "Mit Münzensammeln wird man nicht reich, man wird eher arm - weil man sein Geld für Münzen ausgibt. Und man kann das Geld, was man da hineingesteckt hat, nur mittelfristig oder langfristig wieder herauslösen. Und wenn man Glück hat, macht man vielleicht einen kleinen Gewinn oder holt das wieder heraus, was man hineingesteckt hat als Sammler."

      Aber wirklich nur mit Glück. Denn der private Verkauf ist schwierig. Und Händler zahlen beim Ankauf nur rund 50 Prozent des aktuellen Kurses. Von irgendwas müssen ja auch sie leben.

      Expertentipp

      Euros sammeln - ein schönes Hobby, als Geldanlage aber sehr kritisch zu bewerten. Dazu nochmal Helmut Kahnt, Euromünzen-Experte: "Dass man das pauschalisieren kann und sagen kann, man kann mit Euros gewaltige Summen verdienen, das ist einfach nicht möglich. Da gibt es einfach zu viele davon. Und weil das so ist, gilt hier erst recht: Vor jeder Investition gründlich informieren - in Fachzeitschriften - in Läden und bei Münzvereinen."

      Und noch zwei weitere Tipps

      Offizielle Verpackungen können den Wert einer Sammlung tatsächlich steigern. Eine beliebige Verschweißung bringt aber gar nichts. Günter Hoffmann, Münzenhändler aus Saarbrücken, meint:
      "Das ist vollkommener Quatsch. Sie können dann einfach bei uns eine Verpackung kaufen. Die kostet ein Euro, da könen Sie die Münzen hineinmachen - und dann haben Sie den gleichen Effekt, wie mit dieser privaten Verpackung."

      Das Ausweichen auf DM-Münzen sollte man sich ebenfalls genau überlegen. Die alte Fünf-Mark-Münze ist in diesem Zustand höchstens fünf Euro wert. Und die vergoldete neue fassen Fachleute noch nicht mal mit der Kneifzange an. Helmut Kahnt, Euromünzen-Experte, meint dazu:
      "Numismatisch gesehen ist sie völlig wertlos. Eine private Vergoldung macht aus jeder Münze Münzschrott. Auch wenn die Vergoldung 24-karätig ist. Das ändert nichts daran. Es ist eigentlich schade drum. Jede Münze wird damit verdorben."




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      Dieser Text gibt den Inhalt des Beitrags der Sendung [plusminus vom 10.06.2003 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.

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      schrieb am 11.06.03 17:57:10
      Beitrag Nr. 3.066 ()
      Gerechtigkeitslücke
      Auf dem Weg zum sozialen Abstieg


      SR| 10.06.2003 | 21.55
      Autorin: Armgard Müller-Adams




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      Die Bundesregierung hat viele Probleme. Zwei davon heißen: Arbeitslosigkeit und Konsumflaute. Beide hängen voneinander ab und bedingen sich gegenseitig. Die Agenda 2010 und die Steuerreform 2004 sollten beide Probleme lösen. Aber: Reichen die Steuerentlastungen aus? Oder verunsichern die Ankündigungen der Reformen die Menschen so sehr, dass ihnen die Kauflust erst recht vergeht?

      Rainer Neu ist 53. Und arbeitslos. Vor einem Jahr verlor er seinen Job als Einkaufsleiter bei einem Unternehmen für Transporttechnik. Seitdem versucht er alles, um einen neuen Job zu finden. Aber meist wird er noch nicht mal zum Vorstellungsgespräch eingeladen:
      "Man bewirbt sich ja nicht nur schriftlich, sondern man versucht auch durch Telefonate Vakanzen in den Unternehmen abzufragen, und wenn man dann sein Alter erwähnt, dann wird schon abgewunken, nach dem Motto: was will dieser Dinosaurier bei uns, der ist doch viel zu alt."

      37 Jahre lang hat Rainer Neu in die Sozialkassen eingezahlt. Seit er arbeitslos ist, bezieht er Arbeitslosengeld, das sind 60 Prozent seines früheren Nettoeinkommens. Wenn er bis nächstes Jahr keinen Job findet, bekommt der alleinstehende Witwer dann noch circa 1200 Euro Arbeitslosenhilfe. Wenn die künftig mit der Sozialhilfe zusammenlegt wird, hätte er nur noch Anspruch auf rund 300 Euro im Monat für den Lebensunterhalt plus Wohnzuschuss. Für Rainer Neu ein Horrorszenario: "Das ist eine einzige Katastrophe, was in der Agenda 2010 steht. Vor allen Dingen muss man auch dazu sagen, dass, wenn man in der Vergangenheit vielleicht etwas angespart hat, zum Beispiel für die Altersvorsorge, vielleicht ist auch ein Häuschen oder Versicherungen, Bausparverträge und das würde alles angegriffen und wäre alles weg."

      Rainer Neu ist alles andere als ein Einzelfall. Laut Bundesanstalt für Arbeit sind mehr als eine Million Menschen über 50 arbeitslos. Ein Großteil von ihnen kehrt nie wieder auf den Arbeitsmarkt zurück, weiß auch der Direktor des Arbeitsamtes Saarlouis, Hans-Hartwig Felsch:
      "Viele dieser Arbeitslosen sind langzeitarbeitslos. Sie können kaum noch Fuß fassen, weil viele Betriebe eine Einstellungsgrenze bei 40 Jahren gesetzt haben. Das ist umso bedauerlicher, als dass diese älteren Arbeitslosen oft sehr motiviert sind und einen großen Erfahrungsschatz mitbringen."

      Trotzdem: die Kürzung der Arbeitslosenhilfe sei notwendig, da sind sich Bundesregierung und Opposition einig. Auch als Anreiz für die Arbeitslosen, sich energischer um einen Job zu bemühen.

      Das Deutsche Institut für Wirtschaftforschung in Berlin spielt solche Szenarien regelmäßig durch, kommt aber zu ernüchternden Resultaten, berichtet Professor Viktor Steiner:
      "Ich gehe davon aus, dass sich der Beschäftigungseffekt der Maßnahme, sollte sie so ausgestaltet sein, sich im Bereich von 100.000 Arbeitsplätzen bewegen wird für Gesamtdeutschland."

      Das Problem der Bundesregierung ist aber nicht nur die Arbeitslosigkeit selbst, sondern vor allem die gestiegene Angst der Menschen davor. Die Kürzung des Kündigungsschutzes steigert diese Angst noch. Wer um seine Anstellung fürchtet, gibt kein Geld aus, sondern spart für härtere Zeiten. Die Folge: Konsumflaute. Und noch weniger Arbeitsplätze, meint Professor Peter Weinberg vom Institut für Konsum- und Verhaltensforschung:
      "Dadurch, dass eben die Menschen wenig konsumieren, haben eben auch weniger Menschen Arbeitsplätze. Das ist ein circulus vitiosus, ein Teufelskreis. Es wird immer weniger Geld da sein und dadurch wird immer mehr gespart und folglich sinkt unsere Inlandsnachfrage weiter und es gibt immer weniger Arbeitsplätze."

      Die Steurreform - was bringt sie?
      Die Steuerreform 2004 soll den Teufelskreis durchbrechen, indem die Menschen wieder mehr Geld in die Taschen bekommen. Aber wer profitiert tatsächlich davon?
      [plusminus lässt vom Steuerberaterverband die Zahlen für 2004 ausrechnen.

      Rechenbeispiele

      Eine Verkäuferin mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 24.000 Euro. Ihr bleiben nach der nächsten Stufe der Steuerreform ab Januar 2004 gerade mal 119 Euro mehr in der Tasche - pro Jahr.
      Eine paar Gehaltsklassen darüber - eine leitende Angestellte mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 60.000 Euro. Sie zahlt 2004 rund 271 Euro weniger in die Staatskasse.
      Deutlich am meisten profitieren jedoch die Spitzenverdiener. Ein Top-Manager etwa, mit einem zu versteuernden Einkommen von 300.000 Euro im Jahr. Bei ihm bleiben 4.075 Euro mehr auf dem Konto.
      Von der nächsten Stufe der Steuerreform ab 2005 profitieren die oberen Einkommensschichten noch erheblich mehr. Denn dann soll der Spitzensteuersatz um weitere fünf Prozent gesenkt werden.
      Der Binnenkonjunktur wird das kaum helfen, glauben Experten, denn, so Professor Viktor Steiner vom DIW: "Die Konsumquote sinkt mit steigendem Einkommen, d.h. höhere Einkommensbezieher sparen mehr aus ihren Einkommen. Der Zusammenhang zwischen Einkommen und Konjunkturentwicklung ist bei den höheren Einkommensschichten nicht so eng, d.h. die höheren Einkommen geben nicht gleich das zusätzliche Einkommen für zusätzlichen Konsum aus."

      Steuerreform versus Agenda 2010?
      Weiteres Problem: Gerade bei den Menschen, die einen Großteil ihres Einkommens für ihren Lebensunterhalt ausgeben müssen - werden die kleinen Steuererleichterungen durch andere Maßnahmen in der Agenda 2010 fast komplett wieder aufgefressen, beispielsweise durch die Finanzierung des Krankengeldes allein durch die Arbeitnehmer.

      Das Gute: die Lohnnebenkosten sinken, Arbeit wird billiger. Das könnte Impuls sein für Arbeitgeber, neue Arbeitsplätze zu schaffen.

      Das Schlechte: Die Nettolöhne sinken ebenfalls. Solche Hiobsbotschaften drücken wiederum auf die Kauflust. Die Wirtschaft stagniert. Und vor allem durch die Kürzungen bei den sozialen Hilfsleistungen geht die Schere zwischen unteren und oberen Einkommensschichten noch weiter auseinander.




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      Dieser Text gibt den Inhalt des Beitrags der Sendung [plusminus vom 10.06.2003 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.

      Saarländischer Rundfunk
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      schrieb am 11.06.03 19:38:13
      Beitrag Nr. 3.067 ()



      Konjunktur
      Wirtschaftswachstum in Deutschland nicht in Sicht


      11. Juni 2003 Die Konjunktursorgen in Deutschland werden nicht geringer. Die Industrieproduktion ist im April unerwartet stark gesunken. Vor allem der Rückgang der Investitionsgüterproduktion stimmt Volkswirte bedenklich. Die Deutsche Bundesbank hat ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum nach unten gesetzt. Die Europäische Zentralbank (EZB) dämpft erneut aufbrechende Zinssenkungsspekulationen.

      Bundesbankpräsident Ernst Welteke sagte in Potsdam, das Wachstum werde in diesem Jahr wohl kaum „wesentlich besser als 2002“ ausfallen. Im vergangenen Jahr war die deutsche Wirtschaft um 0,2 Prozent gewachsen und hatte damit faktisch stagniert. Bislang hatte die Bundesbank mit einem Wachstum von 0,5 Prozent gerechnet.

      Arbeitgeber sehen Deutschland in “schwerer Rezession“

      Der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Dieter Hundt, sieht Deutschland gar „in einer massiven Rezession“ mit Rekordzahlen bei Arbeitslosigkeit und Unternehmensinsolvenzen. „Wir werden 2003 das dritte Jahr in Folge haben, das mit einem Wirtschaftswachstum nur unwesentlich über der Nulllinie abschließt“, sagte Hundt in Berlin.

      Bundesbank sieht keine Rezessionsgefahr

      Welteke sagte, nach dem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts im ersten Quartal 2003 um 0,2 Prozent dürfte das Wachstum im zweiten Quartal „bei null oder etwas darüber liegen“. Er betonte aber, daß die Bundesbank keine aktuelle Rezessionsgefahr sehe. Jedoch fehlten bisher die „deutlichen Anzeichen“ für einen Aufschwung.

      Industrieproduktion bricht ein

      Darauf deutet auch die deutsche Industrieproduktion hin, die im April überraschend stark gefallen ist. Von März auf April hat die Erzeugung im Produzierenden Gewerbe saisonbereinigt um 1,0 Prozent abgenommen. Das teilte das Bundeswirtschaftsministerium in Berlin mit. Analysten hatten nur mit einem Minus von 0,4 Prozent gerechnet. Im März war die Industrieproduktion um 0,1 Prozent geschrumpft. Die industrielle Erzeugung fiel im April um 1,1 Prozent gegenüber Vormonat, die Leistung im Bauhauptgewerbe um 0,6 Prozent.

      Analysten beobachten die Entwicklung mit Sorge. Zwar waren die Daten zur Industrieproduktion in den vergangenen Monaten extrem revisionsanfällig, das Bild könnte sich also noch bessern. Auch läßt sich das überraschend starke Minus im April teilweise mit der späten Lage des Osterfests begründen. Damit könnte es im Mai zu einer Gegenbewegung nach oben kommen, sagte Commerzbank-Volkswirt Ralph Solveen. Doch sei angesichts aktueller Umfragen in den kommenden Monaten insgesamt eher mit Stagnation oder einem leichten Rückgang der Produktion zu rechnen, mahnte Solveen. Das gelte zumal, weil die Auftragseingänge in der Industrie sich seit Mitte des vergangenen Jahres seitwärts bewegten.

      Jüngste Umfragen in der Industrie haben keine Wende hin zum Optimismus angezeigt. Der Ifo-Geschäftsklimaindex war zwar im Mai gestiegen, allerdings beruhte der Anstieg lediglich auf der etwas größeren Zuversicht der Unternehmen. Die gegenwärtige Lage hatten die Befragten sogar als verschlechtert bewertet. Auch die jüngsten Reuters-Einkaufmanagerindizes hatten mit einem erneuten Rückgang die Schwäche der Industrie belegt.

      Investitionsgüterproduzenten tief im Minus

      Andere Volkswirte stimmte vor allem der deutliche Rückgang der Investitionsgüterproduktion bedenklich. Die Hersteller von Investitionsgütern wiesen im April im Vergleich zum Vormonat ein Minus von 2,8 Prozent aus, nach einem Minus von 3,1 Prozent im März. „Besonders ungünstig ist der Rückgang bei den Investitionsgütern, wenn man diese als Frühindikator für die Investitionsfreude der Unternehmen ansehen will", sagte Bernd Weidensteiner von der DZ Bank. Auch Stefan Mütze von der Helaba sprach von einer schwachen Investitionstätigkeit, zum Beispiel im Maschinenbau, der erst später im Konjunkturzyklus anspringen dürfte.

      Die Ökonomen von Deutsche Bank Global Markets sahen als kleinen Lichtschimmer immerhin, daß die Produktion von Konsumgütern sich offensichtlich auf niedrigem Niveau stabilisiere. Die Hersteller von Konsumgütern produzierten im April 1,2 Prozent mehr als im Vormonat.

      Im weniger schwankungsanfälligen Zweimonatsvergleich März/April zu Januar/Februar ergab sich bei der deutschen Produktion den BMWA-Angaben zufolge ein Rückgang der Erzeugung um 0,4 Prozent. In Westdeutschland produzierte der Sektor im April 1,1 Prozent weniger als im März, das ostdeutsche Produzierende Gewerbe stellte 0,7 Prozent weniger her.

      Prognose: Frankreich im Minus, Italien im Plus

      Die Schwäche der deutschen Wirtschaft schlägt auch auf den Euro-Raum durch. Für Frankreich erwarten Volkswirte für April gleichfalls einen Rückgang der Industrieproduktion um 0,2 Prozent gegenüber März, nachdem diese drei Monate in Folge gestiegen war. Zuwächse werden dagegen bei der italienischen Industrieproduktion erwartet, weil die dortigen Unternehmen kriegsbedingte Auftragsrückstände abarbeiten würden. Die Daten für Frankreich und Italien werden am Donnerstag und Freitag veröffentlicht.

      EZB dämpft Zinssenkungsspekulation

      Für den Euro-Raum insgesamt dürfte sich eher ein Minus ergeben, was die Wachstumsaussichten belasten und die Erwartungen an die EZB zu Zinssenkungen wiederbeleben dürfte. Welteke sagte, von der jüngsten Zinssenkung der EZB sei wie bereits bei vorangegangenen Zinsschritten “keine durchgreifende Veränderung der Wirtschaftslage in Deutschland“ zu erwarten. Die EZB hatte ihren Leitzins vergangene Woche um kräftige 0,5 Prozentpunkte auf den Nachkriegsrekord von 2 Prozent gesenkt.

      Eine Spekulation über weitere EZB-Zinsschritte bewertete Welteke als “müßig“. EZB-Präsident Wim Duisenberg sagte in einem Bloomberg-Interview, es sei zu früh, um über weitere Schritte zu diskutieren.

      Text: @pwe
      Bildmaterial: FAZ.NET
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      schrieb am 11.06.03 20:43:06
      Beitrag Nr. 3.068 ()
      Wirtschaftswachstum fällt dieses Jahr ins Wasser

      Experten prognostizieren Leistung entlang der Null-Linie / Konsequenzen für Haushaltsberatungen



      Blick in die Röhre
      (dpa)



      rb FRANKFURT A. M. Die Prognosen für das Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr in Deutschland nähern sich immer mehr der Null-Linie. Zwar hat dies zunächst keine Konsequenzen für die gerade begonnenen Verhandlungen über den Bundeshaushalt 2004, denn hier geht Finanzminister Hans Eichel noch mit einer erwarteten Rate von zwei Prozent des realen Bruttoinlandsproduktes (BIP) ins Rennen. Wenn er allerdings die Wachstumsvorhersage für 2003 von bislang 0,75 Prozent senken muss, dürfte auch die anschließende Steigerung geringer ausfallen. Jeder Zehntel-Prozentpunkt weniger BIP vergrößert aber die Finanzlücke.

      Schon jetzt kalkuliert der CDU-Haushälter Dietrich Austermann die nächstes Jahr fällige Neuverschuldung des Bundes auf 50 Milliarden Euro und die zusätzlichen Kosten der Arbeitslosigkeit auf knapp 19 Milliarden. Ziel der Koalition ist es, mit dem Defizit unter der Messlatte der Investitionsausgaben von 25 bis 26 Milliarden zu bleiben. Denn diese Marke darf laut Grundgesetz nur bei einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts überschritten werden.

      Dass dieses zumindest im laufenden Jahr erheblich gestört ist, steht mittlerweile außer Frage. Die Ausnahmeformel muss Eichel spätestens nach der Sommerpause in Anspruch nehmen, wenn er außer dem Etatentwurf 2004 auch noch einen beträchtlichen Nachtragshaushalt 2003 präsentieren wird.

      Als Konsequenz aus dem schwachen Konjunkturverlauf im ersten Quartal mit einer Wachstumsrate von 0,5 (arbeitstagebereinigt: 0,2) Prozent haben die Auguren ihre Prognosen weiter reduziert. Als erste im Expertenkreis schätzten die Forscher des Kieler Instituts für Weltwirtschaft vor kurzem, dass die deutsche Wirtschaftsleistung dieses Jahr genau auf dem Stand von 2002 verharren wird. Da die Produktivität je Arbeitnehmer um anderthalb Prozent wächst, kann der unveränderte Output mit entsprechend weniger Leuten produziert werden. Die Folge ist ein Anstieg der Arbeitslosigkeit um eine halbe Million auf 4,5 Millionen im Durchschnitt des laufenden Jahres und knapp 4,7 Millionen 2004.

      In den Chor der Stagnationspropheten stimmen jetzt auch die Bundesbank sowie die Chef-Volkswirte der Geschäftsbanken ein. Bundesbank-Präsident Ernst Welteke wird heute verkünden, was er für 2003 an die Europäische Zentralbank gemeldet hat: Eine Mini-Wachstumsrate von 0,1 bis 0,2 Prozent. Dagegen erwartet die Bankenvereinigung der EU (FBE) in der Eurozone in diesem Jahr ein Wachstum von 0,8 Prozent. Im kommenden Jahr rechnen die europäischen Kreditinstitute dann wieder mit einem Anstieg der Wirtschaftsleistung um 1,9 Prozent.

      Gründe für das relativ niedrige Wachstum 2003 seien die Situation der Weltmärkte sowie eine geringe Binnennachfrage. Aber auch die Lage in Deutschland, hier erwarten die Bank-Ökonomen Stagnation, wirke sich negativ auf die gesamte Eurozone aus.



      Die Seite 3: Regieren mit Widerspruch
      Deutschland: Experten erwarten fast kein Wirtschaftswachstum mehr


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      Dokument erstellt am 10.06.2003 um 19:04:01 Uhr
      Erscheinungsdatum 11.06.2003
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      schrieb am 11.06.03 20:45:07
      Beitrag Nr. 3.069 ()
      kommentar
      Regieren mit Widerspruch

      Von Markus Sievers



      Wie sich mit Widersprüchen leben lässt, demonstriert diese Bundesregierung eindrucksvoll. In der Wirtschaftspolitik sammelt sie täglich neue Erfahrung in dieser Übung. Wenn es um soziale Einschnitte geht, ist die rot-grüne Welt voller Verzweiflung, Elend und Perspektivlosigkeit. Dann gehört alles auf den Prüfstand, weil die Bundesrepublik sonst in der grausam globalisierten Welt weiter zurückfällt.

      Kommt die Sprache auf die Konjunktur, erlebt die Öffentlichkeit eine andere Regierung. In solchen Momenten räumt der Wirtschaftsminister pflichtbewusst den Ernst der Lage ein, um anschließend in aller Ausführlichkeit den Muntermacher zu geben. Plötzlich entdeckt er, wo eben Verzweiflung und Tristesse herrschten, Dynamik und Wachstum. Seht her, lautet die Botschaft, so schlecht ist es um Deutschland nicht bestellt.

      Ist es doch. Mit dem dramatischen, dem schonungslosen Teil der Zustandsbeschreibung trifft die Bundesregierung den Kern. Die Märchenstunde als Ergänzung sollte sie sich sparen. Deutschland steckt strukturell wie konjunkturell in einer Krise von beängstigender Hartnäckigkeit. Dies belegt auch die Stagnationsprognose, die sich nach Informationen aus Frankfurt am Main inzwischen die Bundesbank zu eigen gemacht hat.

      Die Koalition muss die Widersprüche in ihrer Analyse aufheben, wenn sie zu einer Strategie aus einem Guss finden möchte. Wer dagegen den Patienten heute auf die Intensivstation schiebt und ihn morgen mit der Diagnose harmloser Schnupfen entlässt, verheddert sich zwangsläufig in der Therapie. Überdeutlich offenbart dies das Chaos der Steuerdebatte, die nur so strotzt von sich gegenseitig ausschließenden Bekenntnissen und Vorschlägen.

      Höchste Zeit für eine ehrliche und konsistente Bestandsaufnahme. Dann würde sich zeigen, dass weder Arbeitnehmer noch Unternehmen zusätzliche Belastungen schultern können. Im Gegenteil brauchen sie einen belebenden Impuls, der sie aus ihrer Lethargie befreit. Den brächte ein Vorziehen der für 2005 geplanten Steuerentlastung auf 2004. Ein solches Projekt gilt in Regierungskreisen nicht länger als tabu. Doch es braucht Mut. Es würde tiefe Löcher in den Etat reißen - und trotzdem dem Finanzminister wohl zum letzten Mal die Chance eröffnen, Gestaltungsfähigkeit zu zeigen. Mit diesem Widerspruch muss Hans Eichel fertig werden - zum eigenen Wohl und zu dem des Landes.



      Wirtschaft: Wirtschaftswachstum fällt dieses Jahr ins Wasser
      Deutschland: Experten erwarten fast kein Wirtschaftswachstum mehr



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      Dokument erstellt am 10.06.2003 um 19:06:24 Uhr
      Erscheinungsdatum 11.06.2003
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      schrieb am 11.06.03 20:47:39
      Beitrag Nr. 3.070 ()
      Sars ist längst noch nicht ausgestanden

      China und Hongkong leiden weiter unter den wirtschaftlichen Folgen der Lungenkrankheit


      Von Janis Vougioukas



      Die Lungenkrankheit Sars scheint überwunden, die Volkswirtschaften in Hongkong und China leiden weiter. In der schwer betroffenen Hauptstadt Peking fiel das Wachstum im Mai auf 4,8 Prozent. Nach Angaben des Amtes für Statistik lag es jedoch in den ersten fünf Monate noch bei 10,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

      Übers Jahr gerechnet, wird das Reich der Mitte beim Wirtschaftswachstum Abstriche machen müssen - bis zu einem Prozentpunkt prognostiziert Andy Xie von der Investmentbank Morgan Stanley. Noch viel größer sind die Sars-Schäden in Hongkong. Die Experten der Bank korrigierten ihre Vorhersage für die ehemalige britische Kronkolonie von plus 2,7 auf minus ein Prozent. Das Virus hat in der Region schätzungsweise 25 bis 30 Milliarden Dollar vernichtet, schätzt Xie.

      Zwar sind die Gesichtsmasken weitgehend aus dem Straßenbild der chinesischen Großstädte verschwunden, Experten rechnen jedoch damit, dass die Folgen des Virus mindestens bis zum Jahresende spürbar bleiben.

      Die ersten Ausländer, die die Region während der Krise verlassen haben, kehren zurück. Aber Geschäftsreisen nach China und Kundenbesuche werden wenn möglich noch immer vermieden. Einer Studie des Deutschen Industrie- und Handelskammertages von Ende Mai zufolge gaben 84 Prozent der befragten deutschen Firmen an, ihre Besuche in Asien verringert oder eingestellt zu haben.

      Die Zahl der Reisen werde im Juli etwas steigen, sich letztendlich aber erst nach dem Sommer normalisieren, sagt Bernd Reitmeier von der deutschen Handelskammer in Schanghai: "Man kann nur auf die letzten vier Monate des Jahres hoffen, wenn die Buchungen erfahrungsgemäß am stärksten sind."

      Dennoch hat China das Potenzial zur schnellen Erholung, denn das Rückgrat der Wirtschaft bildet die industrielle Produktion. Und da gab es wegen des Lungenvirus kaum Ausfälle. Zudem profitiert das Land von der Bindung des Yuan an den Dollar, dessen niedriger Kurs die Ausfuhr ankurbelt. Die Bank of China meldet eine Steigerung der Mai-Ausfuhren im Vergleich zum Vorjahresmonat um 37,3 Prozent. Für das ganze Jahr rechnet sie mit einem Exportwachstum von 17,6 Prozent.

      Nicht messbar sind allerdings die langfristigen Folgen des Vertrauensverlustes, weil die Chinesen anfangs versuchten, die Sars-Krise zu verschleiern.

      Das ohnehin wirtschaftlich angeschlagene Hongkong wird es schwerer haben, da industrielle Exporte im Vergleich zur Tourismus- und Dienstleistungsbranche nur eine untergeordnete Rolle spielen. "Die Motivation, in die Tasche zu greifen und eine teure Golduhr zu kaufen, ist im Moment gering", sagt Gerhard Hinterhäuser, Nordasiendirektor der Hypo-Vereinsbank in Hongkong. Zwar pumpt die Regierung eine Milliarde Hongkong-Dollar in eine internationale Imagekampagne und verschafft kleinen Firmen Steuervergünstigungen. "Aber es wird noch lange dauern, bis die Menschen mit Hongkong etwas anderes assoziieren als Masken und Krankenhäuser", sagt John Rutherford, Generaldirektor der Regierungsagentur Invest Hongkong.

      Regierungschef Tung Chee-Hwa hofft inzwischen auf Touristen vom chinesischen Festland, denen die Einreise erleichtert werden soll, um die noch immer fast leeren Hotels zu füllen. Geplant sind außerdem Handelserleichterungen und Zollsenkungen, mit denen China der Finanzmetropole unter die Arme greifen will.

      Es gibt auch Gewinner der Sars-Krise, wie etwa VW. Die Wolfsburger kontrollieren fast die Hälfte des chinesischen Automobilmarktes, und ihr Absatz schnellte in den vergangenen Monaten von der Seuche unbeeinträchtigt auf Rekordhöhe. "Im Auto fährt man allein", erklärt ein hochrangiger deutscher VW-Manager die Sars-Immunität, "dabei kann man sich nicht anstecken, vielleicht ist das der Grund."

      Dossier: Die Lungenkrankheit Sars



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      Copyright © Frankfurter Rundschau 2003
      Dokument erstellt am 10.06.2003 um 19:04:15 Uhr
      Erscheinungsdatum 11.06.2003
      Avatar
      schrieb am 11.06.03 20:55:53
      Beitrag Nr. 3.071 ()
      Sechs Angriffe gegen das Gesundheitssystem

      In den USA hat jeder Siebte keine Krankenversicherung / Jährlich sterben 18 000 Menschen, weil sie zu spät behandelt werden


      Von Rita Neubauer



      Immer weniger Rundumversorgung
      (ap)



      Noch vor einem Jahr führten Sheila und Bob Wessenberg ein komfortables Leben. Bob verdiente als Programmierer 100 000 Dollar im Jahr und das Paar lebte relativ sorgenfrei in einem rund 200 Quadratmeter großen Haus nahe Dallas in Texas. Heute wissen die beiden nicht, wie sie 2800 Dollar für Krankenhausrechnungen bezahlen sollen; sie mussten bereits Familienmitglieder anpumpen und fürchten, ihr Haus zu verlieren, wenn sie die Hypotheken nicht mehr tilgen können.

      Die Wende in ihrem Leben trat Ende 2001 ein, als Bob erwerbslos wurde. Er hat inzwischen zwar einen anderen, schlechter bezahlten, Arbeitsplatz, an der prekären finanziellen Situation der Wessenbergs hat dies aber wenig geändert. Denn Sheila hat Brustkrebs - und ist nicht krankenversichert. Sie verlor ihren Schutz, als Bob seinen Job verlor. Eine eigene Versicherungspolice für 837 Dollar im Monat war unerschwinglich, und so stoppte Sheila inzwischen sogar die Chemotherapie, nachdem ihr Erspartes aufgebraucht war.

      Die Wessenbergs sind weder ein Extrem - noch ein Einzelfall, wie Julie Winokur in ihrem Buch über das 41-Millionen-Heer der Nichtversicherten in den USA ("Denied: The Crisis of America`s Uninsured") dokumentiert. Die Fakten: Einer von sieben US-Bürgern hat keine Krankenversicherung. Die meisten Nichtversicherten leben in Texas und Kalifornien. 39 Prozent der Menschen ohne Police sind zwischen 19 und 34 Jahre alt. 23 Prozent sind Kinder und Teenager.

      Viele der Ungeschützten sind arm oder illegale Einwanderer. Aber die am schnellsten wachsende Gruppe von Menschen ohne Schutz bei Krankheit gehört zur Mittelschicht und lebt in Haushalten mit einem Jahreseinkommen von 50 000 Dollar. Es sei es ein Mythos, dass diese Bürger aus freien Stücken keine Police abschließen. Sie müssen sich, betont Winokur, zwischen Essen, der Hypothekenzahlung und einer Krankenversicherung entscheiden. Kurz: Sie können sich einen Versicherungsvertrag nicht leisten.

      Einige Arbeitgeber bieten erst gar keine Krankenpolice an. Und manche Assekuranzen nehmen gesundheitlich vorbelastete Menschen nur gegen enorm hohe Zahlungen auf. In den USA werden Beiträge nicht nach Einkommen, sondern nach Alter und Geschlecht errechnet. 2002 stiegen die Sätze im Schnitt um 13 Prozent.

      Als Folge bleiben viele Krankheiten so lange unbehandelt, bis es sich um einen Notfall handelt. Wie bei Nancy Gorman, deren Gehirntumor erst entfernt wurde, als sie ihr Augenlicht verlor. Dies wiederum ist Ursache, dass nach Angaben des Institute of Medicine im Schnitt jährlich 18 000 Menschen sterben, nur weil sie ohne Krankenversicherung unbehandelt blieben. Ein Skandal, findet Winokur. "Diese Zahl ist vergleichbar mit jährlich sechs Terroranschlägen, wie wir sie am 11.September sahen", rechnet die Autorin vor.

      Hinzu kommt, dass die meisten Krankenhäuser den Nichtversicherten wesentlich höhere Rechnungen präsentieren als Patienten, deren mächtige Versicherer einen niedrigen Satz mit dem Hospital ausgehandelt haben. Das musste Rebekah Nix nach einer Blinddarmoperation schmerzlich erfahren. Die Studentin erhielt eine Rechnung über 14 000 Dollar für eine Operation, die normalerweise 2500 Dollar kostet. Sie schätzt, dass es Jahre dauern wird, bis sie diese Summe zurückzahlen kann - wenn überhaupt. Denn die Statistik besagt: Enorme Arztkosten, die nicht von einer Versicherung aufgefangen werden, sind inzwischen einer der zwei Hauptgründe für Bankrotterklärungen privater Haushalte in den USA.

      Alarmierende Zeichen für ein aus den Fugen geratenes Gesundheitssystem. "Die Frage ist nicht, ob das System zusammenbricht. Die Frage ist, wann es zusammenbricht", glaubt Sandra Hernandez von der gemeinnützigen San Francisco Foundation. Und es wird nicht besser. Viele Bundesstaaten setzen den Rotstift bei Medicaid an, der staatlichen Krankenversicherung für Sozialschwache, um ihre Haushalte zu sanieren. In Kalifornien, das ein Defizit von 35 Milliarden Dollar beklagt, stehen Kürzungen um zehn Prozent an.


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      Dokument erstellt am 10.06.2003 um 19:04:43 Uhr
      Erscheinungsdatum 11.06.2003

      Das sind die Visionen, von manchen Leuten in diesem Land !
      Als Vorbild wird nicht immer, aber immer öfters die USA angepriesen!


      :rolleyes: :( :confused: :rolleyes: :( :confused:
      Avatar
      schrieb am 11.06.03 21:01:04
      Beitrag Nr. 3.072 ()
      Aufsicht beruhigt Kunden von Lebensversicherungen

      Lage der Firmen gilt als problematisch, aber nicht existenzbedrohend / Banken bestehen simulierte Härtetests




      Keine existenzbedrohenden Schieflagen
      (ddp)



      BONN (dpa/rtr/ap). Kein deutscher Lebensversicherer steht nach Ansicht der Bundesaufsicht am Rande des Abgrunds oder der Zahlungsunfähigkeit. Es gebe keinen Anlass daran zu zweifeln, dass die Assekuranzen die Verpflichtungen gegenüber ihren Kunden einhalten könnten, sagt der Direktor der Versicherungsaufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (Bafin), Thomas Steffen.

      Die Versicherer steckten zur Zeit aber auf Grund der weiterhin schwachen Kapitalmärkte in einer sehr problematischen Lage, so Steffen. "Einzelne Unternehmen" müssten darauf achten, dass sie ihre vertraglichen Verpflichtungen auch erfüllen könnten. Namen könne er wegen der gesetzlichen Geheimhaltung nicht nennen.

      Derzeit gilt vor allem die Mannheimer auf Grund großer Probleme in ihrer Lebensversicherungssparte als akut gefährdet. Das Unternehmen hat bereits einen Sanierungsplan bei der Bafin eingereicht, der aktuell geprüft wird. Das Amt habe dazu "kritische Fragen" gestellt. Nun müsse die Versicherung weitere Vorschläge auf den Tisch legen. Es gebe aber keine generelle Krise der Versicherungswirtschaft, betont Steffen. Ausdrücklich warnt er indes vor zu hohen Renditeversprechungen, mit denen weiter Kunden geködert werden sollten, die aber meist auch mit hohen Risiken verbunden seien.

      Der Einbruch auf den Kapitalmärkten habe die Versicherer unvorbereitet getroffen "und hatte für den einen oder anderen die Wucht eines Keulenschlages", sagt Bafin-Präsident Jochen Sanio. Es gebe jetzt viele "gebrannte Kinder". Dies sei aber nicht auf ein Versagen der Aufsicht zurück zu führen. "Die Bafin war und ist entschlossen, bei Problemfällen - möglichst im Zusammenwirken mit der Versicherungswirtschaft - Lösungen zu finden, mit denen die Belange der Versicherten bestmöglich gewahrt werden." Die Aufsichtsbehörde werde Versicherungsunternehmen weiter so genannten Stresstests unterziehen, kündigt Steffen an. So könne man frühzeitig gegensteuern. Die Unternehmen wie auch die Aufsicht müssten sich auf längere Sicht auf schwierige Bedingungen einstellen.

      Dazu gehöre, dass sich die Anbieter von Policen so früh wie möglich auf sinkende Erträge und damit korrespondierende, langfristig sichere Überschussbeteiligungen einstellten. Außerdem dürften die Assekuranzen den notwendigen Abschreibungsbedarf nicht auf unbestimmte Zeit verschieben. Die von der Branche geschaffene Protektor-Gesellschaft biete zusätzliche Sicherheit für die Kunden. Sie solle aber möglichst das bleiben, als was sie gedacht sei: eine theoretische Auffanglösung für Lebensversicherer.

      Die deutschen Banken haben nach Einschätzung des Bafin die jüngsten "Stresstests" durch Kontrolleure des Internationalen Währungsfonds (IWF) mit Bravour überstanden. Dieser habe bei der Überprüfung der Finanzkraft der Institute auch in Krisenzeiten unter anderem einen Absturz der globalen Aktienkurse um weitere 30 Prozent und höhere Ausfallwahrscheinlichkeiten von Krediten um 60 Prozent simuliert.

      Die Bundesbehörde übt unterdessen nicht nur eine Aufsichtsfunktion aus, sie ist auch Ansprechpartner für Verbraucher. Allein im Vorjahr gingen bei der Bundesanstalt rund 23 000 Beschwerden von Konsumenten ein. Als besonderen Service bietet die Bafin Versicherungskunden die Möglichkeit, die von den Lebensversicherern ermittelte Ablaufleistung einer Police von neutraler Seite überprüfen zu lassen.

      • Die Internetadresse der Aufsicht lautet: www.bafin.de

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      Bleibt zu hoffen , dass es auch so ist.
      Auf solche Produkte kann man getrost verzichten.

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      Dokument erstellt am 10.06.2003 um 19:04:25 Uhr
      Erscheinungsdatum 11.06.2003
      Avatar
      schrieb am 11.06.03 21:32:27
      Beitrag Nr. 3.073 ()

      Freddies Fress- und Trunksucht


      Die Baisse ist tot – es lebe die Baisse! Am Aktienmarkt scheint jetzt ja wirklich das Schlimmste ausgestanden zu sein. Doch bevor der typische Baissezyklus absolviert ist, müsste nun auch noch der Immobilienmarkt eine deutliche Korrektur zeigen. Bei uns hierzulande sind wir seit Jahren mittendrin in dieser Korrektur – mit Ausnahme vielleicht von einigen speziellen Boomregionen wie München.

      Sehr gefährlich ist die Lage hingegen in Großbritannien und den USA, wo die Immobilienpreise in den vergangenen Jahren exorbitant gestiegen sind. Einen regelrechten Schock hat es daher auch ausgelöst, dass nach Zeitungsberichten vom Wochenanfang der US-Hypothekenriese Freddie Mac seine gesamte Führungsspitze entlassen hat und zudem Schwierigkeiten mit der Bilanzprüfung aufweist. Freddie Mac und Fannie Mae sind regierungsnahe Unternehmen, die sich hauptsächlich mit der Verbriefung von Immobilienkrediten beschäftigen. Einzelkredite werden von ihnen gebündelt und als Anleihe auf den Markt gebracht. Hierfür gibt es zwar keine definitive Staatsgarantie, die Nähe zum Staat lässt jedoch viele Anleihekäufer an so etwas glauben.

      Zusammen verwalten Freddie Mac und Fannie Mae Hypothekenkredite in Höhe von rund 3,3 Billionen US-Dollar und kontrollieren damit etwa 40 Prozent dieses Marktes in den USA. Gäbe es hier eine größere Krise, dann könnte sie das ganze immobiliengesicherte Kreditwesen in den USA ins Wanken bringen. Wer jetzt also kein Haus hat, sollte sich also auch lange keins kaufen.


      Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.

      [ Mittwoch, 11.06.2003, 13:24 ]
      instock.de
      Avatar
      schrieb am 11.06.03 21:46:44
      Beitrag Nr. 3.074 ()
      Texas Instruments, Motorola, Nokia schieben es auf SARS – zu Unrecht?

      von Jochen Steffens

      Zuerst patzen Motorola und Nokia – nun hat auch Texas Instruments seine Prognosen gesenkt. Der Buhmann und Prügelknabe ist auch schnell gefunden: SARS. SARS hat nach Aussagen des Konzerns die Gewinne und den Umsatz im Asiengeschäft belastet. Natürlich kann man sich fragen, ob die Chipnachfrage nicht auch ohne SARS zumindest teilweise gesunken wäre. Doch diese Fragen werden natürlich geschickt umgangen. Eine Senkung der Prognosen ist immer gefährlich für den Aktienkurs. Da ist eine Lungenerkrankung, die ihre Gefährlichkeit bereits verloren hat, eine willkommene Erklärung.

      Seltsam nur, dass sich die Prognosen für den Handyabsatz im asiatischen Sektor nicht wirklich verbessern. Das durch SARS entstandene "Vakuum" müsste doch irgendwann ausgeglichen werden? Sollten da nicht die Prognosen für die nächsten Quartale positiver aussehen? Aber vielleicht ist auch ein ganz anderer Faktor für die schlechten Zahlen verantwortlich. Es gibt Vermutungen, dass nicht SARS das eigentlich Problem ist, sondern die örtlichen Anbieter in China, die zu Billigpreisen produzieren was sie nur können. Wie immer ist es schwierig, dazu verlässliche Informationen zu erhalten. Aber diese Vermutung erscheint mir logisch, insbesondere wenn ich mir die Aussagen von Micron (siehe unten) anschaue. Doch was, wenn China erst einmal anfängt richtig zu produzieren und auf den Weltmarkt drängt? Bis dahin wird wohl noch eine Weile vergehen – bis dahin werden die Firmen die Schuld auf "unvorhersehbare Faktoren" schieben.

      Nokia, Motorola, Texas Instruments senken die Prognosen. Die Arbeitsmarktdaten sind letzte Woche deutlich schlechter gewesen. Das US-Haushaltsdefizit wird in diesem Jahr Rekordniveau erreichen. Hier ist der Afghanistan- und der Irakkrieg vorgeschobener Grund, dass das Defizit um 400 Mrd. Dollar ausgebaut werden wird. Die laufenden Kosten für die ausufernde Überwachungs- und Sicherheitsmaßnahmen werden natürlich verschwiegen. Ein Krieg ist eine einmalige Sache, das hört sich gut an. Laufende Kosten ...! Gut, vor 3 Jahren gab es noch einen Überschuss von 236 Mrd. Dollar. Das ist doch nur ein Unterschied von 636 Mrd. Dollar (!), was solls. Die amerikanische Wirtschaft ist doch intakt, auch wenn sie im ersten Quartal lediglich um 1,9 % gewachsen ist – sie wächst. Ein guter Zeitpunkt um Aktien zu kaufen, oder?

      Ich weiß, an den Börsen wird die Zukunft gehandelt. Und schließlich verbreitet US-Wirtschaftsminister John Snow Optimismus. Auch Alan Greenspan übt sich darin. Laut Snow soll es im 2. Halbjahr zu einem aufs Jahr hochgerechneten Wachstum von 3,5 % kommen. Herr Snow, Sie sollten hoffen und beten, dass die Märkte nicht wegbrechen! Denn sonst könnte es sein, dass ihre Prognosen ebenso schnell revidiert werden müssen. Ich höre gerade (unbestätigt), dass die amerikanische Bullenquote auf 16 Jahreshoch liegen soll ... 1987 das Crashjahr ...

      Wie sagte es unser Altmeister Kostolany so schön: Nicht die Nachrichten machen die Märkte, sondern die Märkte die Nachrichten. Das Beige Book sollte also gut ausfallen heute Abend, oder?

      Aber vielleicht hilft ja ein niedriger Ölpreis der amerikanischen Wirtschaft. Eigentlich ein Faktor, mit dem schon seit dem Irak-Krieg unbedingt gerechnet wurde. Der Ölpreis stieg in der letzen Zeit wieder an, weil allgemein davon ausgegangen wurde, dass die Opec ihre Fördermenge reduzieren werde, um damit auf die kommende "Ölschwemme" aus dem Irak zu reagieren. Stattdessen ließ die Opec ihre Fördermenge unverändert. Aber es wurde Ende Juli eine weiter Sitzung anberaumt, um dann gegebenenfalls reagieren zu können. Der Irak plant bis Mitte Juni die Ölförderung auf 1,5 Mio. Barrel zu erhöhen. Das ist ungefähr die Hälfte, der vor dem Krieg geförderte Menge. Offensichtlich will also die Opec erst einmal abwarten, wie sich die irakische Erdölförderung auf den Ölpreis auswirken wird. Klar ist, dass die Opec versuchen wird, den Ölpreis in einer Spanne zwischen 22 und 28 $ je Barrel zu halten. Die Gründe hatte ich vor kurzem ausführlich beschrieben.

      Und noch einmal kurz zu Wim Duisenberg. Bisher standen die Signale auf eine schnelle weitere Zinssenkung. Wim Duisenberg hatte angedeutet, dass auch noch Platz für weitere Zinssenkung sei. Das war Wasser auf die Mühlen der bullishen Anleger. Vielleicht zu viel Wasser. Der Dax zeigte sich, wie beschrieben, in den letzten Tagen erstaunlich stark. Wim Duisenberg hat nun die Zinssenkungsphantasie im Euroland gedämpft. Es sei viel zu früh, über weiter Zinsschritte zu diskutieren, so der EZB Chef. Der Euro reagiert prompt und erholte sich wieder auf 1,176 Dollar. Ich hatte auch schon etwas Sorge, zu früh aus meinem Put gegangen zu sein.

      Aber die Märkte ... Gestern zeigten sich die amerikanischen Indizes erwartungesgemäß schwach. Dann in der letzten halben Stunde zogen die Indizes nachhaltig an, es startete eine kleine Intradayrallye. Einer meiner Traderkollegen erinnerte sich, dass das eine typische Entwicklung nach deutlichen Verkaufssignalen bei den Amis am Ende einer Rallye sei. Das habe er schon häufiger bemerkt. Nahezu immer folgte danach ein starker Abverkauf. Man lernt nie aus, ich bin gespannt!
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      Deutsche Produktion sinkt auch ohne SARS

      von Jochen Steffens

      Die deutsche Produktion ist im April überraschend stark gesunken. Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums nahm die Produktion im Produzierenden Gewerbe um 1,0 % ab. Analysten hatten mit einem Rückgang von nur 0.3 % gerechnet. Besonders bedenklich ist hierbei der deutliche Rückgang der Investitionsgüterproduktion.

      Zu einem Wegbrechen der Produktion soll es aber nach Angaben von Analysten nicht kommen. Ein kleiner positiver Effekt: Der Rückgang der Bau-Produktion verlangsamt sich.

      Im Zweimonatsvergleich, der aufgrund der Schwankungsfreudigkeit dieses Wertes verlässlichere Daten liefert, ist es zu einem Rückgang der Produktion von 0,4 % gekommen.

      Eine Konjunkturbelebung im zweiten Halbjahr wird immer unwahrscheinlicher.

      -------------------------------------------

      Streik in Paris

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      In Paris wurde gestern wieder gestreikt (wie Sie wissen, lebe und arbeite ich seit ein paar Jahren in Frankreich). Ich sah ein paar Busse und ein paar U-Bahnen, die fuhren ... aber zwei große Gewerkschaften streiken, und die Lehrer streiken auch – das 11. Mal in diesem Jahr.

      Ich erwähne diese Streiks, weil ich denke, dass sie nicht nur komisch sind – sondern auch historisch.

      Den Streikenden geht es darum, dass sie die Rentenreform der Regierung verhindern wollen. Politiker werden wegen ihrer Versprechen gewählt. Und – wie in allen entwickelten Demokratien – haben die französischen Politiker Versprechen gegeben, die sie nicht halten können. Solange das Rentensystem nicht reformiert wird, wird der französische Staatshaushalt unter dem Gewicht der jetzt in Rente gehenden Generation zusammenbrechen.

      Die Situation ist etwas anders als in den USA, wie mein Kollege Eric Fry in seinem Artikel (der nächste) erläutern wird.

      Jeder weiß, dass man für nichts auch nichts bekommt: Von nix kommt nix! Aber das hindert Regierungen nicht daran, Rentenzahlungen zu versprechen, die sie nicht erbringen kann ... und das hindert die Aktienmärkte nicht daran, dauerhaft hohe Renditen zu versprechen – die auf Dauer überhaupt nicht möglich sind.

      Die große Frage ist: Wie wird es enden? Kann sich eine intelligente Demokratie reformieren, bevor es zu spät ist? Oder endet jeder Boom mit einem Abschwung?

      Ich weiß es nicht. Populäre Demokratien sind bis jetzt alle degeneriert und kollabiert. Vielleicht wird es diesmal anders sein ...

      ---------------------------------------------


      US-Hypothekenbank Freddie Mac unter Druck

      von unserem Korrespondenten Eric Fry an der Wall Street

      Gestern haben die US-Börsen im späten Handel doch wieder schön angezogen ... wenn die Aktien nur jeden Tag steigen würden, dann wäre das Investieren so leicht und JEDER Amerikaner wäre reich. Aber leider ist das Leben nicht so einförmig. Die Aktien fallen manchmal, und die Aktienmarktgewinne verflüchtigen sich manchmal – wie so viele der Genüsse des Lebens. Wie die Euphorie einer jungen Liebe tendieren die Kapitalgewinne einer Bärenmarktrally dazu, so schnell dahinzuschmelzen, wie sie gekommen sind.

      Die US-Hypothekenbank hat die Investoren geschockt: Eventuell stimmen die Zahlen nicht – das war ein Warnsignal, das den Kurs einbrechen ließ.

      Die Gesellschaft hat ihren Vorstandsvorsitzenden Leland Brendsel zum Rücktritt gezwungen, und auch den Finanzvorstand und einen weiteren Vorstand. Es sieht so aus, als ob mindestens einer dieser Männer die Gewinne schön gerechnet hat. Um das zu tun, nutzen Unternehmen zahlreiche halblegale Buchungspraktiken, um Gewinne in guten Zeiten "anzuhäufen", die sie dann in Quartalen mit schlechten Ergebnissen wieder "heben" können. Damit kann die Gewinnsituation in schlechten Quartalen besser ausgewiesen werden, als sie es eigentlich ist. Das Ziel ist es, stetig wachsende Ergebnisse vorweisen zu können, nach denen die Analysten der Wall Street lechzen.

      Dieses "Anhäufen" und "Heben" von Gewinnen ist das Äquivalent von Bluttransfusionen: In guten Zeiten wird Blut abgenommen, in schlechten Zeiten wird es wieder injiziert, was einem stetigen Wachstum führt ... und die Wall Street liebt das!

      In der realen Welt sind aber natürlich Gewinne, die kontinuierlich Jahr für Jahr wachsen, so selten wie ein armer republikanischer Abgeordneter des US-Repräsentantenhauses. Das ist auch der Grund, warum einige Investoren für Unternehmen, die so eine finanzielle Rarität produzieren, bereitwillig hohe Bewertungen akzeptieren. Coca Cola und Starbucks sind Beispiele für solche Unternehmen. Die US-Hypothekenbank Freddie Mac ist es offensichtlich nicht. Das ist auch der Grund, warum die Investoren an nur einem Tag 17 % der Marktkapitalisierung dieses Unternehmens vernichtet haben – sobald Zweifel über die Qualität der Zahlen des Unternehmens aufkamen.

      Das Tricksen mit Bilanzen ist eines der zahlreichen "offenen Geheimnisse" der Wall Street (Leute, die Put-Optionsscheine kaufen, kennen diese Praxis seit Jahren). Viele wohlbekannte Unternehmen tricksen in gewissem Umfang. Aber die Grenze zwischen "Buchungs-Kreativität" und Kriminalität ist nicht so leicht zu ziehen – es gibt auch hier keine klare Abgrenzung zwischen Schwarz und Weiß.

      Allerdings scheint es Freddie Mac übertrieben zu haben. Die Gesellschaft hat versprochen, ihre letzten Quartalszahlen noch einmal zu überarbeiten, um die korrekten Informationen vermitteln zu können. Ich frage mich, welche "korrekte Information" jetzt präsentiert werden wird?

      Währenddessen haben in der realen Welt – weit, weit entfernt von der Wall Street – immer mehr Amerikaner Probleme mit ihren Kreditkarten (bzw. mit deren übermäßigen Gebrauch). Die Zahl der Kreditkartenzahlungen, die seit mindestens 30 Tagen überfällig sind, ist laut Moody`s Investors Services im April auf einen Indexstand von 5,25 % gestiegen – vor einem Jahr waren es 5,04 %, im März allerdings noch 5,44 %. Aber warten Sie mit dem Applaus ... denn im April sind die Abschreibungen der Kreditkarten-Herausgeber – also die Beträge, die sie als uneintreibbar aufgegeben haben – gegenüber dem Vorjahr um satte 47 % gestiegen.

      Wir hatten hier im Investors Daily vor wenigen Tagen auf die neue Studie, die noch im Auftrag des ehemaligen US-Finanzministers O`Neill erstellt worden war, hingewiesen. Demnach beträgt das "fiskalische Ungleichgewicht" der US-Regierung (aktuelle Schulden plus Gegenwartswert der Lücke zwischen zukünftigen Ausgaben und Einnahmen, inklusive Sozialversicherungen) heftige 43 Billionen (!) Dollar, und nicht die 3,8 Billionen Dollar, die derzeit als aktueller Schuldenstand angegeben werden.

      Als Kent Smetters, einer der Verfasser dieser Studie, sie vorstellte, stellte er Folgendes fest: "Die Regierung berichtet, dass die nationalen Schulden im laufenden Jahr 3,8 Billionen Dollar betragen werden. Das sind Schulden, die die Öffentlichkeit hält. Aber diese Zahl ignoriert die massiven Ungleichgewichte der Sozialversicherungen und der anderen Regierungsprogramme. Wenn man die Verpflichtungen dieser Programme berücksichtigt, dann kommt man auf eine Lücke von /in Gegenwartswerten gerechnet) insgesamt 43,4 Billionen Dollar. Eine Zahl, die in den Standard-Budget-Dokumenten nirgends gefunden werden kann."

      Hm ... es könnte etwas schwierig werden, diesen Elefanten unter dem Teppich zu verstecken.

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      Hypothekenzinsen günstig wie seit Jahrzehnten nicht mehr

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner in Paris

      *** "Wow ... sehen Sie sich das an ... wie günstig die Hypotheken geworden sind. Wir haben unsere Hypothek wahrscheinlich zu früh erhöht."

      Jeder in Amerika scheint seine Hypotheken mindestens zweimal erhöht zu haben, um sich davon einen Geländewagen zu kaufen – man nennt das "Refinanzierung". Das war zumindest mein Eindruck während meines letzten Amerikabesuchs, als ich Gast auf einer Hochzeit im Südwesten von Virginia war.

      Das Zitat gerade hörte ich während eines Sonntagsfrühstücks. Das Ehepaar am Tisch neben mir las die Zeitung mit den neuen Hypothekenzinsen. Später an diesem Tag sagte mir fast jeder, mit dem ich sprach, dass er vor kurzem "refinanziert" hatte (also bestehende Hypotheken erhöht hatte), oder das erste Mal eine Hypothek aufgenommen hatte.

      "Es macht keinen Sinn, keine Hypothek zu haben", sagte ein Freund. "Du kriegst das Geld so billig, für 15 Jahre fest. Man sollte sich diesen Vorteil nicht entgehen lassen."

      *** Wenn sich die Wirtschaftslage wieder verbessern wird und die Inflationsrate steigen wird, dann werden die Leute, die große Kredite mit festem Zinssatz aufgenommen haben, wie Genies aussehen. Sie werden ihre Kredite mit billigerem Geld zurückzahlen können.

      Und fast jede lebende und atmende Seele in Amerika setzt darauf – auf höhere Inflationsraten.

      "Wenn ich mit Investoren überall auf der Welt spreche", so kommentiert Stephen Roach, "dann finde ich wenige, die am Wiederauferstehen der Inflation zweifeln. Schließlich habe die moderne globale Wirtschaft noch nie ein so gewaltiges Paket an Stimulationen erhalten, so die Argumentation meiner Gesprächspartner. Die Zinsen sind auf historische Tiefs gesenkt worden – Null im Fall von Japan –, und die Haushaltsdefizite sind hoch, und sie steigen in allen größeren Volkswirtschaften der Welt. Die meisten glauben, dass es nur eine Frage des `Wann` und nicht es `Ob` ist, wenn es um die Erhöhung der aggregierten Nachfrage durch diese Maßnahmen geht. Die globalen Aktienmärkte legen derzeit eine Rally in, in Antizipation auf ein solches Ergebnis in den nächsten 6–12 Monaten. Und die globalen Anleihenmärkte nehmen die Möglichkeit voraus, dass die Zentralbanken alles in ihrer Macht stehende tun werden, um dieses Ergebnis zu unterstützen."

      "Und dennoch hat sich der inflationäre Boom, der eigentlich nach dem Sieg über den Irak erwartet wurde, niemals gezeigt. Ein Artikel in der Financial Times sagt uns, dass die Volkswirte der US-Zentralbank `keine Hinweise auf eine Beschleunigung der Aufwärtsbewegung sehen.`"

      Alan Greenspan könnte im besten Fall sagen, dass sich die Situation "stabilisiert" hat.

      Vielleicht aber verbessert sich die Wirtschaftslage nicht – und stabilisiert sich nicht. Denn zum Beispiel scheint sich die Zahl der Arbeitsplatzverluste noch zu beschleunigen. In den letzten 3 Monaten wurden 168.000 Jobs abgebaut. Im gleichen Vorjahreszeitraum waren es 99.000.

      Aber vielleicht will der Markt das so? Ich meine, vielleicht will er so viele Leute wie möglich enttäuschen ... vielleicht will er mit den Schuldnern anfangen und diesen richtig Ärger machen, indem er es in den USA zu einer Deflation à là Japan kommen lässt? Sie müssten dann ihre Schulden zurückzahlen, die Deflation fürchten ... und Anleihen kaufen. Alternativ dazu könnte der Markt auch die amerikanische Währung zerstören.

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      Schlangen und Diebe

      von unserem Korrespondenten Addison Wiggin

      "Sie sind eine Bande von Schlangen und Dieben. Ich will sie ausrotten, und bei Gott, ich werde sie ausrotten."

      US-Präsident Andrew Jackson, in Bezug auf die Banker

      Die US-Zentralbank ist schuldig ...

      Sie ist schuldig der "Verschwörung mit ihren ausländischen Gegenstücken und anderen, um die US-Regierung zu betrügen ..."

      ... schuldig, "die US-Regierung und das amerikanische Volk ihrer Goldreserven beraubt zu haben ..."

      ... und schuldig dafür, "dass die USA von einer erstklassigen Weltmacht zu einer abhängigen Macht reduziert wurden ... und dass die USA von einer reichen und machtvollen Nation zu einer international armen Nation gemacht wurden; und ..."

      Das sind nur ein paar der Anklagen, die vom ehrenwerten Louis T. McFadden 1933 im US-Kongress gegen die US-Zentralbank (Fed) erhoben wurden. Die Anklagen bleiben offen (nach dieser langen Zeit).

      Aus dem Internet habe ich eine kleine Verschwörungstheorie. Aus dem Internet Informationen zu erhalten, ist oft sehr fraglich, wenn man nicht die genaue Quelle kennt. Eine gesunde Skepsis ist immer angebracht, wenn man Theorien oder Meinungen im Internet liest. Jedenfalls hat mich das, was ich über McFadden und eine mögliche Verschwörungstheorie gelesen habe, sehr beeindruckt.

      Die Story beginnt in den Tagen, als die Neokonservativen in den USA noch Angst vor einer sozialistischen Revolution in Amerika hatten. Das war während der Weltwirtschaftskrise und der Politik des "New Deal" von Roosevelt. Die Arbeitslosenrate stieg damals Richtung 25 % – so hoch war sie in der Geschichte der USA noch nie gewesen. Hunger und Wohnungsnot – normalerweise Ehren, die den Armen vorbehalten bleiben – weiteten sich bei den Leuten aus, die sich zuvor als "Mittelklasse" bezeichnet hatten. Der Wirtschaftshistoriker Edward Flaherty erklärt: "Am 10. Juni 1932 debattierte der Kongress über eine Gesetzesvorlage, die es der Fed erlaubt hätte, mit mehr Wertpapieren (Staatsanleihen) zu handeln, um ihre Geldpolitik durchzuführen. McFadden nutzte diese Gelegenheit, um eine 25minütige Tirade gegen die Fed loszulassen, und deshalb wurde er ein Favorit der Verschwörungstheoretiker. Er begann so ..."

      "Herr Vorsitzender, wir haben, in diesem Land, eine der korruptesten Institutionen, die die Welt je gesehen hat. Ich meine damit die Fed. Die Fed hat die Regierung so betrogen, dass diese nicht genug Geld hat, um die nationalen Schulden zu bedienen. Die Aufwendungen für die Fed haben unser Land soviel gekostet, dass man damit alle Schulden hätte bezahlen können. Diese bösartige Institution hat das amerikanische Volk verarmen lassen und ruiniert; sie hat sich selbst in den Bankrott getrieben, und praktisch auch unsere Regierung. Und sie hat das unter dem Gesetz getan, und unter der korrupten Praxis der Kreaturen, die sie kontrollieren."

      Der Wirtschaftshistoriker Flaherty zeigt dann, dass die US-Zentralbank in den Jahren 1914 bis 1931 kollektive Gewinne von insgesamt 607 Millionen Dollar erzielte. Davon flossen den Mitgliedern in Form von Dividenden 102 Millionen Dollar zu, und 147 Millionen flossen in die Staatskasse, als sogenannte "franchise tax".

      Die verbleibenden 359 Millionen Dollar behielt die Fed.

      "1932 lagen die nationalen Schulden bei 19,5 Mrd. Dollar", schreibt Flaherty. "Also auch wenn die Fed ihre gesamte Gewinne an die Regierung weitergegeben hätte, dann hätte man damit nur 3 % der Staatsschulden bezahlen können – und nicht die gesamten Schulden, wie McFadden meinte. Hinzu kommt, dass selbst die Umsätze der US-Zentralbank in diesem Zeitraum nur bei 971 Millionen Dollar lagen, so dass selbst die Umsätze nur einen Bruchteil der Staatsschulden hätten tilgen können."

      Flaherty betont, dass McFadden durch seine Rede dennoch der Held des Buches "The Creature from Jekyll Island" wurde, das von G. Edward Griffin geschrieben wurde.

      Zwei Tage nach dem Tod von McFadden kommentierte "Pelley`s Weekly" am 14. Oktober 1936: "Jetzt, wo dieser amerikanische Patriot von uns gegangen ist, können wir offenbaren, dass nicht lange nach seiner Kongressrede gegen die Fed zwei Attentate auf ihn verübt wurden. Es wurden zwei Revolverschüsse auf ihn abgegeben, als er aus dem Taxi vor einem Hotel ausstieg. Glücklicherweise verfehlten ihn beide Kugeln, die im Taxi einschlugen."

      "Dann wurde er plötzlich krank, nachdem er bei einem politischen Bankett in Washington etwas gegessen hatte. Er wurde vor einer Vergiftung nur durch die Anwesenheit eines Freundes, der Arzt war, gerettet, der sofort den Magen von McFadden auspumpen ließ."

      Letzlich fiel McFadden einem "plötzlichen Herzinfarkt" zum Opfer, am 3. Oktober 1936 – so Pelley`s Weekly.

      Die Verschwörungstheorie steht auf wackligen Beinen. Laut Flaherty sprach nach der 25minütigen Kongress-Tirade von McFadden der Senator Benjamin Strong aus Kansas:

      "Es gibt eine Krankheit, die die Menschen befällt, die das Wahrnehmungsvermögen beeinträchtigt. Der Blick wird eingeengt; durch diese Krankheit sehen manche Männer rot. ( ...) Und ich kenne keinen Mann, der diese Krankheit in so brutaler Form hat wie dieser Gentleman aus Pennsylvania, Mr. McFadden."

      "Ich habe nicht die Zeit, um mich mit den vielen Anklagen zu befassen, die er gegen die Fed gerichtet hat, aber ich erinnere daran, dass er 12 Jahre lang der Vorsitzende des Bank- und Währungs-Komitees dieses Hauses gewesen ist, und dass er in dieser Zeit die Probleme, über die er sich jetzt beschwert, nicht lösen konnte. Ich finde es unangebracht, erst zu warten, bis man nicht mehr Vorsitzender dieses Komitees ist, und dann die Institutionen anzugreifen, die der Kontrolle dieses Komitees unterliegen."

      "Dieses Statement von Strong meinte, dass die Tirade von McFadden rein politisch motiviert war", so Flaherty.

      Flaherty weiter: "Wenn McFadden wirklich der Anti-Fed-Kreuzzügler war, den einige Leute heute aus ihm machen wollen – warum hat er dann nicht etwas gegen die Fed unternommen, als er die Chance dazu hatte? Wahrscheinlicher ist es, dass er politische Punkte machen wollte, als er einen Sündenbock für die Weltwirtschaftskrise suchte. Dies mag noch akzeptabel sein – aber er ging zu weit, wenn er der Fed vorwarf, die Wirtschaft bewusst ruinieren zu wollen."

      Dennoch brachte McFadden am 23. Mai 1933 – weniger als ein Jahr nach seiner Tirade – eine förmliche Anklage gegen die Vorsitzenden der US-Zentralbank auf den Weg, wegen "zahlreicher krimineller Akte, darunter VERSCHWÖRUNG, BETRUG, VERRAT."

      Im Internet stand dazu: "Diese Klage ist zum zuständigen richtenden Komitee weitergeleitet worden, und noch ist dazu nichts entschieden worden. Also sollte man diese Klage ausdrucken und weiterverbreiten."

      Politisch motiviert? Zweifellos. Kann man das rechtfertigen? Vielleicht. Wenn die Klage noch läuft, vielleicht hat man dann Zeit ... zu der Liste der Angeklagten noch ein paar Namen hinzuzufügen.

      investorverlag.de
      Avatar
      schrieb am 12.06.03 19:09:59
      Beitrag Nr. 3.075 ()
      Eine deftige Kurskorrektur droht!

      Noch ist der dritte Aufschwung seit dem Platzen der Blase im Frühjahr 2000 im Gang, und die Aktieneuphorie wächst täglich, wobei das Bemerkenswerteste seit drei Monaten der gleichzeitige Anstieg der Aktien und Anleihenkurse ist. Die Aktienkurse steigen, weil die Anleger glauben, die Unternehmensgewinne sind im Begriff zu steigen, und die Anleihenkurse steigen, das heisst die Renditen fallen, weil die Anleger befürchten, eine Rezession steht vor der Tür, ja sogar eine Deflation wird befürchtet. Beide Lager können nicht recht haben. Entweder kommt der von vielen Optimisten vorhergesagten Wirtschaftsaufschwung, dann steigen die langfristigen Zinsen, auch wenn Alan Greenspan angekündigt hat, er kaufe Staatsanleihen, um die langfristigen Zinsen niedrig zu halten, und es gibt Turbulenzen auf den Anleihemärkten. « Wenn Sie berechnen, dass der faire Wert (fair value) für Anleihen zwischen 5 und 5,5% liegt, dann ist der Bondmarkt reif für Gewinnmitnahmen. », erklärt Mike Lenhoff, Chefstratege bei Brewin Dolphin Securities in der Financial Times. Wenn aber die Wirtschaftserholung nicht kommt, dann ist die Gefahr einer Deflation real, und ein Anstieg der Unternehmensgewinne reines Wunschdenken. Dann kommt es zu einem Mini-Crash am Aktienmarkt. « Die amerikanische Notenbank versucht die Blase wieder aufzupumpen », erklärt James Montier, Chefstratege bei Dresdner Kleinwort Wasserstein. Meine Schlussfolgerung ist klar und eindeutig : In Deutschland und einigen anderen europäischen Ländern (Schweiz, Portugal etc.) sind wir bereits in einer Wirtschaftsrezession, da beisst die Maus keinen Faden ab. Gleichzeitig geht die Rezession in Japan weiter, und die USA riskieren grössere Probleme mit der Finanzierung ihres Leistungsbilanzdefizits (inzwischen 6% des BSP).Das heisst, wegen der Furcht vor einem fallenden Dollar gehen auch die Kapitalströme nach Amerika zurück. Da gleichzeitig der US-Staatshaushalt auf ein Rekorddefizit von 400 Milliarden Dollar (rund 4% des BSP) in diesem Jahr zusteuert (nach Schätzungen des Congressional Budget Office), wird es für die USA langsam gefährlich, da Staat, Unternehmen und Haushalte zusammen eine Rekordverschuldung von über 30 Billionen Dollar aufgetürmt haben. Vergessen wir nicht, noch vor drei Jahren wies der amerikanische Staatsetat einen Überschuss von 236 Milliarden Dollar auf. Die Geschwindigkeit, mit der sich heute solch fundamentale Grössen verändern, ist wirklich atemberaubend, und lässt nichts Gutes ahnen.

      Wenn es auch schwer fällt, nehmen Sie Ihre Gewinne mit, die Sie in amerikanischen und europäischen Aktien seit dem März dieses Jahres erzielt haben, und die stattlich sein können. (Die « jungen Aktien » aus der Kapitalerhöhung der Allianz haben sich in weniger als 2 Monaten verdoppelt !). Wir sind noch für einige Jahre in einer Seitwärtsbewegung, und da herrschen andere Spielregeln. Also geben Sie Ihrem Herz einen Stoss und verkaufen zumindest Teilpositionen Ihrer Allianz, Münchener Rück, Siemens etc., die hier an dieser Stelle zu erheblich tieferen Kursen empfohlen wurden. Die amerikanische Aktienbewertung ist nach wie vor schwindelerregend hoch (Standard & Poors 500 P/E = 35), und in Europa kann ich mir keine steigenden Börsen vorstellen, wenn wir in Amerika eine starke Kurskorrektur haben. Der Dax hat seit seinem Tiefstpunkt im März dieses Jahres nun fast 45% zugelegt. Er liegt inzwischen über dem Durchschnitt der 200 Tage (3.000), der noch leicht im Fallen begriffen ist. Optimisten bemerken zu Recht, wenn der Dax noch bis Mitte Juli steigt, dann wird aus der fallenden 200-Tageslinie eine steigende, und dies würde ein Kaufsignal auslösen, da die Trendwende « statistisch gesichert » ist .

      Vergessen Sie nicht, dass auch in den letzten 30 bzw. 20 Jahren Rentensparpläne eine höhere Rendite abwarfen als Aktiensparpläne. Wie oft haben wir in Werbespots etc. anhören müssen, dass Aktien langfristig besser seien als Anleihen. Das stimmt aber nur, wenn die Betonung auf langfristig liegt, und das bedeutet, wie ich hier öfters dargelegt habe, rund 100 Jahre. Jetzt haben Sie es amtlich : Nach der vor kurzem veröffentlichten Statistik des Bundesverbandes Asset Management (BVI) wird auch der kühnste Aktienoptimist kleinlaut. Der BVI errechnete, dass ein Sparplan in europäischen Aktien auf 30 Jahre eine jährliche Rendite von 6,3% abwarf, während eine in EU-weiten Rentenfonds gesparte Anlage 6,8% jährlich brachte. Noch dramatischer wird es bei einer Periode von 20 Jahren : Da hätte ein Sparplan in europäischen Aktien 4,2% erbracht, der Anleihe-Sparer hätte aber 6,1% p.a. verdient. « Wer zum Ende seines Berufslebens eine reale Minusrendite erwirtschaftet, den tröstet es wenig, dass die Theorie auf lange Frist Recht behält. », meint die FAZ zu dieser Tatsache. Auf jeden Fall sind wir langfristig alle tot, wie der grösste Ökonom des vergangenen Jahrhunderts, Keynes, dazu trocken bemerkte. (Wohlgemerkt sind alle Angaben nominal und nicht real, das heisst nach Abzug der Inflationsraten.)

      Vergessen Sie nicht, einen Teil Ihres Wertpapier-Portefeuilles (je nach Temperament 5 bis 10%) in Gold anzulegen. Wie Sie wissen, hat die chinesische Regierung angekündigt, ihre Goldreserven kräftig aufzustocken, ausserdem darf seit Beginn dieses Jahres der chinesische Staatsbürger zum ersten Male seit der kommunistischen Revolution wieder physisches Gold besitzen. China wird in rund 10 Jahren eine Wirtschaftsgrossmacht und wird mit einer eigenen Währung Machtpolitik treiben wollen…

      In ein bis zwei Jahren werden wir uns wieder mit der Inflation beschäftigen, sie allein kann das Problem der insolventen Rentensysteme und der hohen Verschuldung « politisch lösen ».

      Roland Leuschel

      12.06.2003

      http://nachrichten.boerse.de/anzeige.php3?id=62914d64
      Avatar
      schrieb am 12.06.03 19:18:02
      Beitrag Nr. 3.076 ()
      Avatar
      schrieb am 12.06.03 19:23:24
      Beitrag Nr. 3.077 ()
      US-Staatshaushalt steuert auf Rekorddefizit zu
      Washington (rpo). Der Staatshaushalt der USA steuert auf ein neues Rekorddefizit zu. Der Fehlbetrag könnte in diesem Jahr die neue Marke von 400 Milliarden Dollar erreichen. Noch vor drei Jahren haben die USA einen Überschuss erzielt.

      Im vergangenen Monat sei das Defizit bereits auf 291 Milliarden Dollar gestiegen, berichtete am Dienstag der Rechnungshof des Kongresses in Washington. Dies war nach Informationen der Wirtschaftsagentur Bloomberg schon höher als das bisherige Rekord-Minus von 290 Milliarden Dollar im Fiskaljahr 1992.

      Vor drei Jahren wies der Staatsetat noch einen Überschuss von 236 Milliarden Dollar auf. Stark erhöhte Ausgaben, unter anderem wegen des Kampfes gegen den Terrorismus sowie die Kriege in Afghanistan und Irak, haben verbunden mit Steuersenkungen den Trend ins Gegenteil verkehrt.
      http://www.rp-online.de/public/article.tng.hbs/wirtschaft/10…

      1.) Wenn die "offiziellen" Zahlen so grausig sind, wie sieht`s dann erst in Wirklichkeit aus.
      2.) Es immer wieder erstaunlich das ständig von ehemaligen Überschüssen geredet wird. Und das meine ich mit "offiziellen" Zahlen. Es gab keine US-Haushaltüberschüsse.
      ------------------------------------------------

      Inflation (so lief das bis jetzt ab):





      Durchschnittliche Reallöhne in der US-Wirtschaft, 1947-1997










      http://www.miprox.de/News.html
      Avatar
      schrieb am 12.06.03 19:33:08
      Beitrag Nr. 3.078 ()
      ftd.de, Do, 12.6.2003, 13:50
      Zahl der Langzeitarbeitslosen drastisch gestiegen

      In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der Langzeitarbeitslosen in Deutschland einer Studie zufolge drastisch gestiegen. Arbeitslose in Ostdeutschland sind demnach stärker auf Arbeitslosenhilfe angewiesen als Jobsuchende im Westen.


      Nach einer am Donnerstag veröffentlichten Studie des Statistischen Bundesamtes war 2002 jeder zweite Erwerbslose länger als ein Jahr auf Jobsuche, 1991 war es noch jeder dritte. Die Zahl der Arbeitslosen, die sich länger als zwei Jahre um eine Stelle bemühten, stieg im selben Zeitraum von 18 auf 30 Prozent.

      Die Arbeitsämter sind bei der Jobsuche weiterhin die erste Adresse. 96 Prozent der Erwerbslosen nahmen der Studie zufolge die Dienste der Behörden in Anspruch, nur 17 Prozent wandten sich an private Vermittler. Ein großer Teil der Arbeitslosen setzt aber auch auf Eigeninitiative: 44 Prozent bewarben sich auf Stellenanzeigen, 27 Prozent nutzten persönliche Kontakte und jeweils elf Prozent verschickten so genannte Blindbewerbungen und gaben eigene Inserate auf.


      Arbeitslose in Ostdeutschland sind der Studie zufolge in weitaus stärkerem Maße auf Arbeitslosengeld oder -hilfe angewiesen als Westdeutsche. In den neuen Ländern war 2002 für 84 Prozent die "Stütze" die Hauptquelle für den Lebensunterhalt, im alten Bundesgebiet dagegen nur für 67 Prozent. Unterstützung von Angehörigen erhielten 20 Prozent der westdeutschen, aber nur neun Prozent der ostdeutschen Arbeitslosen. Für den so genannten Mikrozensus des Statistischen Bundesamts wurden im April 2002 rund 830.000 Menschen in 390.000 Haushalten befragt. Damit handelt es sich um die größte jährliche Umfrage in Europa.



      © AP
      -----------------------------------------
      Wieso ist die Arbeitslosigkeit im Osten höher als im Westen?
      Die Löhne im Osten sind niedriger als im Westen und trotzdem ist die Arbeitslosigkeit nicht gesunken.
      Manche Herren im Land haben ja eine Formel die so aussieht
      Niedrige Löhne = Mehr Arbeitsplätze
      Höhere Löhne = Weniger Arbeitsplätze
      Diese Formel taugt anscheinend doch nicht.
      Avatar
      schrieb am 12.06.03 19:53:45
      Beitrag Nr. 3.079 ()
      arbeit

      Wissen ohne Wert

      Ingenieure, Lehrer, Altenpfleger: Trotz Krise suchen Unternehmen und Staat dringend Mitarbeiter


      Von Marc Brost, Ulrike Meyer-Timpe und Frank Schulte

      Die Aussagen waren pessimistisch, die Gesichter besorgt. Zweimal im Jahr treffen sich 100 Unternehmer, Funktionäre und Wissenschaftler in Berlin, um über die Zukunft der deutschen Industrie zu beraten. Und was die einladenden Forscher des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) im Mai notieren mussten, waren meist Sorgen, Nöte, Ängste. „Von Aufschwung kann man nicht reden“, sagt Jörg-Peter Weiß, der beim DIW die kurzfristigen Branchenprognosen erstellt. Gemeinsam mit seinen Kollegen füttert er die Aussagen der Branchenvertreter in einen Computer, und der wandelt die Sätze mit anderen Daten in Prognosezahlen um. In dieser Woche werden sie veröffentlicht.

      Depression überall: Bundesweit sind mehr als 4,3 Millionen Menschen arbeitslos, jedes Jahr verlassen 100000 Deutsche das Land, um woanders Arbeit zu finden. Wer noch welche hat, hat Angst, sie zu verlieren. Jeder fünfte Deutsche, berichten die Marktforscher von INRA, hält seinen Job für gefährdet.

      Doch es gibt andere Zahlen. Das Land Niedersachsen sucht Lehrer, genau 4114, und gern auch Quereinsteiger aus anderen Berufen. Weil es kaum Referendare gibt und obendrein eine Pensionierungswelle ansteht, werden selbst Bewerber genommen, die seit dem Ende des Studiums nur Taxi gefahren sind. BMW braucht in Leipzig 5500 Mitarbeiter, vor allem Kfz-Mechaniker und Elektriker, Karosseriespengler und Schlosser. VW hat für sein Auto-5000-Projekt soeben 3500 Leute eingestellt, weitere 1500 folgen im kommenden Jahr. Und zwei Prozent der Unternehmen aus der Metall- und Elektroindustrie mussten im April 2003 sogar Produktionsausfälle hinnehmen, weil ihnen die Fachkräfte fehlten, so das Münchner ifo Institut.

      Der Technologieentwickler Rücker aus Wiesbaden braucht 400 Konstrukteure und Ingenieure.

      Der Reifenhersteller Michelin in Karlsruhe sucht 40 Maschinenbauer und Verfahrenstechniker.

      Der Ingenieurdienstleister euro engineering in Ulm benötigt bundesweit 150 Angestellte, zum Beispiel Softwareentwickler und Projektleiter.

      In Hessen gehen den Steuerberatern die Mitarbeiter aus.

      Und in Düsseldorf eröffnete der Klinikbetreiber AHG vergangene Woche ein Rehazentrum mit 70 Jobs für Ärzte, Pfleger und Verwaltungskräfte.

      Genau 393452 offene Stellen waren am 31. Mai, dem Stichtag der Statistiker, bei den Arbeitsämtern gemeldet. Weil aber nicht alle Arbeitgeber mit den Behörden kooperieren, lag die tatsächliche Zahl schätzungsweise dreimal so hoch – bei mehr als 1,1 Millionen. Mitarbeitermangel, obwohl in den Arbeitsämtern die Menschen Schlange stehen?

      „Mismatch“ heißt das Phänomen, wenn das Angebot an Arbeitskräften nicht zur Nachfrage passt. Tatsächlich wird es nie möglich sein, für jede freie Stelle sofort den passenden Bewerber zu finden. Das hat mit der regionalen Verteilung von Arbeit zu tun, und mehr noch mit der Qualifikation der Bewerber. Vor allem aber ist es ein Zeichen dafür, wie schnell sich die Arbeitswelt heute verändert.

      So bemüht sich das Landesarbeitsamt Baden-Württemberg mit speziellen Anwerbe-Aktionen um Köche aus Sachsen: Wer im Elbsandsteingebirge keine Arbeit am Herd findet, ist im Schwarzwald hochwillkommen. Ganz ähnlich die Situation in den Backstuben der Republik – im Westen fehlen Lehrlinge, im Osten gibt es mehr Bewerber als Stellen. Um einen Job zu bekommen, sind zwischen 1991 und 2001 insgesamt 630000 Menschen von Ost nach West gezogen, hat das Leipziger Institut für Marktforschung gezählt.

      Allerdings schrumpft der regionale Mismatch; selbst die reichen Bundesländer klagen kaum noch über grundsätzlichen Arbeitskräftemangel. In Baden-Württemberg etwa liegt die Arbeitslosenquote jetzt bei 6,1 Prozent – gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung um fast 18 Prozent. Dass es dennoch „nach wie vor nicht einfach ist, Stellen für qualifizierte Fachkräfte zu besetzen“, wie Margit Haupt-Koopmann sagt, die Vizepräsidentin des Landesarbeitsamtes in Stuttgart, hängt mit einem viel bedeutsameren Mismatch zusammen: Es fehlt an Bewerbern mit dem passenden Profil.

      Nur nicht aufs Arbeitsamt hören

      Besonders deutlich wird das bei Deutschlands Ingenieuren. Von 20000 offenen Stellen spricht ihr Verband VDI, gleichzeitig aber sind 65000 Ingenieure ohne Job. Denn Ingenieur ist nicht gleich Ingenieur: Arbeitslos sind einerseits so genannte Betriebsingenieure, die sich jahrelang um die Wartung des Maschinenparks kümmerten. „So etwas“, sagt VDI-Präsident Hubertus Christ, „übernimmt heute ein Facharbeiter.“ Andererseits werden nun Spezialisten für Bereiche gesucht, die es vor einigen Jahren gar nicht gab. „Viele Betriebe haben versäumt, ihre Mitarbeiter weiterzubilden“, kritisiert Christ. Doch wem eine wichtige Qualifikation fehlt, der fliegt in der Krise als Erster raus. Und findet dann auch keinen neuen Job.

      Wieso aber fehlen selbst die Hochschulabsolventen für freie Ingenieurstellen? Und warum sind IT-Spezialisten arbeitslos, während Lehrer verzweifelt gesucht werden? „Weil die Leute bei der Berufswahl das gleiche Herdenverhalten zeigen wie an den Aktienmärkten“, sagt Thomas Bauer vom Bonner Institut Zukunft der Arbeit.

      Wenn Kleinanleger beobachten, dass ein Papier im Wert steigt, kaufen sie die Aktie – oft viel zu spät. Sie erleben dann nur noch den Absturz. Genauso ergeht es den angehenden Studenten. Sie wissen von arbeitslosen Lehrern, hören von Traumgehältern für IT-Experten. Und entscheiden sich fürs falsche Studium: Bis sie das Diplom haben, hat sich die Marktlage umgekehrt. Denn viele hatten die gleiche Idee.

      Beispiel Elektrotechnik: 1995 gab es noch mehr als 14000 Diplomanden, doch die Branche kriselte Die Zahl der Studenten sank. Im Boomjahr 2000 waren es nur 7800 Absolventen – viel zu wenig für die Zahl der offenen Stellen. Für das Jahr 2003 heißt das: Wenn jetzt alle die Lehrerlücke füllen wollen und Pädagogik studieren, ist die nächste Schwemme programmiert. „Am besten, man studiert genau das, was das Arbeitsamt gerade nicht massenhaft empfiehlt“, sagt Arbeitsforscher Bauer.

      Ohnehin ist es nahezu unmöglich, den Arbeitskräftebedarf in den einzelnen Berufen genau vorherzusehen. Dazu lassen sich nicht einmal die Unternehmen verleiten. „Schwer zu sagen, welche Bereiche gut laufen werden“, sagt Oliver Heikaus, Referatsleiter Arbeitsmarktpolitik beim Deutschen Industrie- und Handelstag (DIHT). „Was ich heute empfehle, kann morgen überholt sein.“

      Das Land verändert sich und damit auch das Anforderungsprofil für Bewerber. Mehr als 27 Millionen Deutsche arbeiten heute im Dienstleistungssektor, vier Millionen mehr als noch vor zehn Jahren. Sieben von zehn Erwerbstätigen haben mit Dienstleistungen zu tun – klassische Industrieberufe dagegen sterben aus. Dazu kommt die rasante Geschwindigkeit des Wandels: Immer schneller drehen sich die Märkte, immer kürzer werden die Innovationszyklen. Wurde früher zehn Jahre oder mehr mit einer bestimmten Technik produziert, kann dieses Know-how heute schon nach ein paar Jahren veraltet sein. Dann fehlen plötzlich Arbeitskräfte mit Qualifikationen, von denen vorher niemand etwas ahnte.

      Deshalb wäre es sogar ein schlechtes Zeichen, wenn für jeden Job gleich der perfekte Bewerber parat stünde – „ein Indiz für technologischen Stillstand“, nennt das Horst Entorf, Professor für Volkswirtschaft an der TU Darmstadt. Der Mismatch als Beleg für die Innovationskraft des Landes.

      Tatsächlich werden in der Hochtechnologie heute Jobs für Spezialisten ausgeschrieben, die wohl nur diesen Spezialisten etwas sagen. So wie bei Jenoptik: 2000 Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen in der optischen Technologie. Jenoptik liefert unter anderem Komponenten für die Chipherstellung und sucht zum Beispiel mittelfristig Experten für Mikrolithografie und binäre Optiken. Seit acht Wochen freilich wird in Jena kurzgearbeitet – auch das ist moderner Alltag. So rasant sich die Märkte heute verändern, so schnell folgt auf einen Aufschwung die Krise. Und umgekehrt. Schon 2004, schätzen Experten, könnte die Chipbranche wieder boomen.

      Nanotechnologie, Medizintechnik und immer noch Informatik sind die Wachstumsbranchen der Zukunft. Zwar stehen Informatiker derzeit reihenweise auf der Straße; gesucht werden nur Systemprogrammierer, die in den Unternehmen die IT-Strukturen optimieren – noch ein Beleg für die Krise. Aber schon ist abzusehen, dass Informatiker wieder Mangelware werden. „Der Bereich war aufgebläht und gelangt jetzt in gesunde Bahnen“, sagt Arbeitsforscher Bauer. „Langfristig wird ein massiver Bedarf entstehen.“ Selbst im Flautenjahr 2003 wurden in den ersten vier Monaten noch 770 Green Cards für ausländische Computerspezialisten ausgestellt.

      Auch klassische Technikbranchen, in denen deutsche Firmen weltweit Erfolg haben, dürften künftig wieder um qualifizierte Mitarbeiter ringen. Etwa in der Umwelttechnik, meint Wissenschaftler Entorf, oder im Fahrzeug- und Maschinenbau.

      Ob er immer noch vergeblich nach Facharbeitern suche? „Ja sicher“, sagt Bernd Lindecke, der als Zulieferer für Daimler und Porsche sogar für Japaner wie Sony arbeitet. In seinem mittelständischen Betrieb fertigt er Gussformen, mit denen die Kunden dann Lautsprecherabdeckungen herstellen. Lindeckes Mitarbeiter müssen die computergesteuerten Maschinen nicht nur anschalten, sondern auch programmieren können. „Wenn ich Ärger mit einem Fräser habe, findet der am selben Tag einen neuen Job“, sagt der Unternehmer. 38 Leute beschäftigt er jetzt – und würde sofort fünf weitere nehmen.

      Wer will Ingenieure über 50?

      Allein in Baden-Württemberg werden aktuell mehr als 1000 Ingenieure für den Maschinenbau gesucht. Arbeitslose Ingenieure gibt es genug, doch bundesweit ist jeder zweite Ingenieur ohne Job älter als 50 Jahre. Und „kaum ein Unternehmen ist bereit, in die Fortbildung eines Angestellten zu investieren, der womöglich schon in wenigen Jahren in Vorruhestand geht“, sagt Rolf Zondler, Projektmanager bei der Stuttgarter Initiative QWAI (Qualifizierung und Wiedereingliederung älterer Arbeitssuchender Ingenieure). QWAI geht einen anderen Weg: Die Mitarbeiter des Projekts von IG Metall und Arbeitgebern stellen einem Betrieb mehrere Bewerber über 45 Jahre vor, das Unternehmen wählt den geeignetsten aus. Fehlt eine Qualifikation, wird über das Arbeitsamt eine individuelle Fortbildung organisiert. So lässt sich der Mismatch vernünftig reduzieren.

      Trotzdem bleibt die Zahl der Arbeitssuchenden erdrückend. Beim Auto-5000-Projekt von Volkswagen, das sich speziell an Arbeitslose richtet, gingen für die ersten 3500 Stellen mehr als 49000 Bewerbungen ein.

      Nur eine Berufsgruppe ist schon heute krisenresistent: Pfleger für Alte und Kranke. 40000 Arbeitskräfte fehlen bundesweit, und wegen der demografischen Entwicklung wird der Bedarf steigen. Doch obwohl Pfleger so rar sind, möchten nur wenige diesen Beruf ergreifen. Wer wünscht schon einen harten Job mit Wochenendarbeit bei schlechter Bezahlung? Auch das ist ein Mismatch in Deutschland.


      (c) DIE ZEIT 12.06.2003 Nr.25
      http://www.zeit.de/2003/25/Neue_Jobs
      ZUM ARTIKELANFANG
      Avatar
      schrieb am 12.06.03 21:24:36
      Beitrag Nr. 3.080 ()
      Rentenreform
      Zur Sicherung eines stabilen Rentenbeitrags wird alles überprüft


      12. Juni 2003 Die Bundesregierung will eine Steigerung des Rentenbeitragssatzes von heute 19,5 Prozent auf mehr als 20 Prozent des Bruttoeinkommens unbedingt verhindern. Deshalb prüft Bundessozialministerin Ulla Schmidt (SPD) derzeit neben einer Verschiebung oder Aussetzung der Rentenanpassung 2004 ein Bündel weiterer Maßnahmen, welche die Rentenkassen um Milliardenbeträge entlasten könnten.

      Zu den Erwägungen zählt auch, die Beiträge zur Pflegeversicherung der Rentner, die bislang der Bund zur Hälfte trägt, künftig allein den Rentnern aufzubürden. Die Haushälter in der Regierung haben auch die Pläne, die Krankenversicherungsbeiträge der Rentner aufzustocken, noch nicht aufgegeben, die Ministerin Schmidt aber ausdrücklich ablehnt.

      Noch keine Entscheidungen

      Durch eine Erhöhung des Krankenversicherungsanteils der Rentner von 50 auf 75 Prozent sparte Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) am Bundeszuschuß rund 7 Milliarden Euro. Der junge SPD-Abgeordnete Carsten Schneider hat sogar angeregt, Rentner sollten ihre Krankenversicherung ganz allein finanzieren. Zahlten die Rentner den vollen Pflegeversicherungsbeitrag von 1,7 Prozent, könnte der Bund 1,6 Milliarden Euro sparen. Der Sprecher des Sozialministeriums, Klaus Vater, sagte am Donnerstag in Berlin, es sei notwendig, alle rechtlichen Instrumente sorgfältig zu überdenken. "Entscheidungen sind nicht gefallen, werden auch nicht unter Zeitdruck gefällt werden." Die Bemerkung von Bundespräsident Johannes Rau, die Rechtsansprüche der heutigen Rentner nicht zu vergessen, habe Ministerin Schmidt als "sehr hilfreich empfunden".

      Nach Einschätzung der Rentenversicherer ist unter der Annahme, daß die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr um 0,75 Prozent wächst, für 2004 mit einem Anstieg des Beitragssatzes auf 19,8 Prozent zu rechnen. Immer mehr Forschungsinstitute haben indes inzwischen ebenso wie die Bundesbank ihre Wachstumsprognose auf "wenig über Null" nach unten korrigiert. Jeder Zehntelpunkt im Beitragssatz treibt den Bundeszuschuß des Finanzministers um 200 Millionen Euro in die Höhe.

      Rentenabschlag bei vorzeitigem Ruhestand

      Schon Ende vergangenen Jahres hatte die Bundesregierung, um einen Anstieg auf 19,9 Prozent zu vermeiden, in einer Notoperation die Beitragsbemessungsgrenze für die gesetzliche Rente erhöht und die Schwankungsreserve, die das Finanzpolster der Rentenversicherer bildet, von 80 Prozent einer Monatsausgabe auf einen Korridor zwischen 50 und 70 Prozent gesenkt. Derzeit prüft das Sozialministerium eine abermalige Senkung oder gar Abschaffung der Reserve, die den Beitragssatz um einige Zehntelprozentpunkte erleichterte. Die Rentenversicherer und die Opposition warnen vor einer solchen Maßnahme, weil diese Gefahr einer "Rente nach Kassenlage" erhöhen würde. In einigen einnahmeschwachen Monaten des Jahres wären die Rentenversicherer auf einen vorgezogenen Bundeszuschuß angewiesen. Im April hatte die Reserve mit 47 Prozent die gesetzliche Grenze schon unterschritten; im Oktober erwarten die Rentenversicherer eine Schrumpfung bis auf 22 Prozent. Über das gesamte Jahr soll die 50-Prozent-Grenze aber gehalten werden können.

      Um nicht nur Belastungen für Rentner über 65 Jahre in Betracht zu ziehen, prüft das Sozialministerium auf Drängen der Haushälter auch eine Erhöhung der Abschläge von der Rente bei einem vorzeitigen Ruhestand. Derzeit wird die Rente um 0,3 Prozentpunkte je Monat gekürzt. Die Arbeitgeber fordern eine Erhöhung der Abschläge auf 0,5 Prozentpunkte. Um den Bundeszuschuß zur Rente, der sich mittlerweile auf 77,2 Milliarden Euro im Jahr summiert, nicht noch weiter zu steigern, werden in Berlin überdies Änderungen bei der Anrechnung der Kindererziehungszeiten sowie den ergänzenden Beitragszahlungen des Bundes bei Teilzeitarbeit und Arbeitslosigkeit geprüft.

      Text: enn. / Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.06.2003, Nr. 135 / Seite 11
      Bildmaterial: dpa/dpaweb
      Avatar
      schrieb am 12.06.03 22:15:53
      Beitrag Nr. 3.081 ()
      Eine Wachstumsstütze weniger


      Deutscher Exportmotor stottert



      Der Außenhandel wird in diesem Jahr wohl nicht mehr wie in den vergangenen Jahren zum deutschen Wirtschaftswachstum beitragen. Erstmals seit Mitte 2002 sanken die Exporte im April im Vergleich zum Vorjahr.




      Mehr zum Thema: Konjunktur

      Duisenberg mahnt Reformen an (14:45)


      EZB rudert mit Volldampf zurück (11:45)




      Reuters BERLIN. Die deutsche Wirtschaft habe 3,4 % weniger als im April 2002 exportiert, teilte das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden mit. Die deutsche Wirtschaftsleistung wird im zweiten Quartal nach Einschätzung des deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) erneut leicht abnehmen. Damit befände sich Deutschland endgültig nach gängiger Definition in einer leichten Rezession, da das Bruttoinlandsprodukt (BIP) bereits zu Jahresanfang überraschend geschrumpft war.

      Während einige Volkswirte für Gesamtdeutschland auch im Gesamtjahr einen Rückgang des BIP nicht ausschließen, wird die ostdeutsche Wirtschaft nach Einschätzung des Instituts für Wirtschaftsforschung in Halle (IWH) zumindest um ein halbes Prozent wachsen.

      „Im Gegensatz zu den vergangenen beiden Jahren wird der Außenhandel dieses Jahr wohl keinen Wachstumsbeitrag leisten“, sagte Lothar Hessler von HSBC Trinkaus & Burkhardt. Stefan Bielmeier von der Deutschen Bank sieht die Aussichten für den Außenhandel ebenfalls pessimistisch: „Wir gehen davon aus, dass die Nettoexporte sogar ein halben Prozentpunkt vom Wachstum abhobeln werden.“ Entscheidend für den Wachstumsbeitrag ist die Entwicklung der Differenz aus Ein- und Ausfuhren. Bereits im ersten Vierteljahr waren die Importe deutlich stärker gestiegen als die Exporte, weswegen der Außenbeitrag das Wachstum dämpfte.

      Importe gingen ebenfalls deutlich zurück

      Im Vergleich zum März setzten die deutschen Exporteure nach Angaben des Statistikamtes saisonbereinigt 2,2 % weniger ab. Da der Irak-Krieg erst Anfang April zu Ende gegangen war, dürfte sich der Konflikt im April noch auf den Handel ausgewirkt haben, sagten die Analysten. Auch die Importe gingen deutlich zurück. Sie lagen 3,6 % unter Vorjahresniveau und 4,8 % unter dem Stand vom März.

      Der jüngste Anstieg des Euro spiegelt sich noch nicht in der Handelsstatistik wieder - der Euro etablierte sich erst im Mai deutlich über der Marke von 1,10 Dollar. „Der starke Euro wird sich im Laufe des Jahres noch bemerkbar machen“, prognostizierte Hessler. In den beiden vergangenen Jahren bewahrte allein der starke Export die deutsche Wirtschaft vor dem Schrumpfen.

      In den ersten vier Monaten dieses Jahres exportierte und importierte Deutschland insgesamt allerdings mehr als vor einem Jahr. In der Handelsbilanz verbuchte Deutschland im April den Angaben zufolge einen Überschuss von 9,2 Mrd. €. Die Leistungsbilanz schloss mit einem Überschuss von 3,1 Mrd. € ab.

      DIW sieht Rezession

      Die deutsche Wirtschaft steckt nach Ansicht der Konjunkturforscher vom DIW derzeit in einer Rezession. „Erste Ergebnisse des DIW Berlin für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung im zweiten Quartal dieses Jahres weisen einen weiteren Rückgang des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,1 % aus“, teilte das Institut mit. Sowohl Produktionsindizes als auch Umsatzindizes im Handel deuteten nicht auf eine Festigung der konjunkturellen Entwicklung hin. „Auch vor dem Hintergrund des anhaltenden Beschäftigungsabbaus wird die rückläufige Tendenz von den Dienstleistungsbereichen kaum kompensiert werden können.“

      Nach Einschätzung der IWH-Forscher wird die Wirtschaft in Ostdeutschland in diesem Jahr etwas schneller wachsen als in Westdeutschland. „Das Bruttoinlandsprodukt wird in diesem Jahr um 0,5 % und damit vorübergehend etwas stärker als in den alten Ländern steigen“, hieß es in einer IWH-Studie. Die ostdeutsche Arbeitslosigkeit werde jedoch bis weit in das kommende Jahr hinein zunehmen, da die Firmen ihre Produktion durch Rückgriff auf Reserven steigern könnten.


      HANDELSBLATT, Donnerstag, 12. Juni 2003, 15:02 Uhr
      _____________________________________

      Wer den Inlandsmarkt vernachlässigt und sich mehr(nur) auf Export konzentriert muss halt die Konzequenzen tragen.
      Wenn die Devise lautet: Konkurriere um jeden Preis mit den Fernostländern um am meisten zu exportieren, ist das Ergebnis, dass man vom Ausland abhängig wird.
      Um mehr zu exportieren, sparen sie an (Arbeits-)Kosten damit man noch konkurrenzfähig bleibt steigern sie die Produktivität, was zur Folge hat , dass man Arbeitskräfte entlässt. Ob das dem Inlandsmarkt gefällt?
      Die Kosten des Einen sind die Einnahmen des anderen.
      Avatar
      schrieb am 12.06.03 22:20:25
      Beitrag Nr. 3.082 ()
      Leichtes Geld
      ++ Überraschung ++

      Von Claus Vogt
      Die unlängst zum G7-Treffen versammelten Finanzminister übten sich laut Financial Times in Optimismus. Natürlich wissen wir um den eher bescheidenen ökonomischen Sachverstand dieser erlauchten Gruppe. Besticht sie doch seit Jahren parteienübergreifend hauptsächlich dadurch, beständig neues Schuldenmachen als Sparen zu bezeichnen. Und jedes Jahr aufs neue zeigt sie sich völlig überrascht, weil das den immer weniger werdenden produktiven Bürgern abgepreßte Steuergeld nicht ausreicht für die üppigen Zahlungen an umworbene Wählergruppen. Früher, in grauer Vorzeit, als Tyrannen noch das Volk auszubeuten pflegten, soll die Steuerquote etwa den berühmten zehnten Teil der Einkünfte betragen haben. Wahrhaft schlimme Zeiten müssen das gewesen sein, oder?

      Am Tiefpunkt eines langfristigen Abwärtstrends angekommen und gewöhnlich noch darüber hinaus, gilt aber selbst in politischen Kreisen unbegründeter Optimismus als unangebracht, dann jedoch fälschlicherweise auch gutbegründete Zuversicht. Als ein Beispiel mögen japanische Politiker dienen. Im Laufe des 1990 begonnenen langfristigen Abschwunges dieser in den 1980er Jahren scheinbar unaufhaltsam die Welt erobernden Nation wurden die Politiker zusehends vorsichtiger und verhaltener in der Ankündigung des nächsten Aufschwunges.

      ++ Sündenböcke ++

      Die etwas reiferen unter unseren Lesern werden sich vielleicht noch an ein anderes Beispiel erinnern. Mit großer Selbstverständlichkeit wurden Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre ausgewachsene Krisenszenarien auch in politischen Zirkeln öffentlich diskutiert. Wußte damals nicht jedermann um den scheinbar schon besiegelten Niedergang der USA, in dessen Sog auch Europa in schwere See geraten würde? War ein Rohölpreis von 100 US-Dollar nicht unvermeidlich und Gold das Investment der Wahl? Im Unterschied zur heutigen Situation war es damals allerdings einfacher, einen dauerhaft glaubwürdigen Sündenbock zu präsentieren: Inflation. Und an dieser wiederum, so wurde uns unglaubhaft versichert, sei nicht etwa die Geldpresse der Notenbanken und die unseriöse Fiskalpolitik schuld, sondern von Neid geplagte, bösartige Ölscheichs und in deren Schlepptau verantwortungslos agierende Spekulanten und Kapitalisten.

      Für die aktuelle Misere haben wir übrigens etwas Besseres als einen Sündenbock zu bieten, nämlich die Ursache: Alan Greenspan und seine Politik des leichten Geldes. Wir werden auch weiterhin nicht davon ablassen, diesen Zusammenhang immer wieder klar und deutlich auszusprechen. Wir erleiden hier ausdrücklich kein Marktversagen, es ist nicht der von Marxisten dem Kapitalismus unterstellte Krisenmechanismus am Werk. Was wir zur Zeit erleben, sind die Konsequenzen einer Politik, die von einer monopolistischen staatlichen Einrichtung, der Notenbank, zentral geplant und umgesetzt wird.


      Claus Vogt leitet das Research der Berliner Effektenbank.

      instock.de
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      schrieb am 12.06.03 22:32:20
      Beitrag Nr. 3.083 ()
      Deutschland in der Rezession

      von Jochen Steffens

      Ich weiß, Sie werden mich bald steinigen. Die Rallye geht weiter und weiter und ich sage immer noch, es sei nicht mehr als eine Bärmarkt-Rallye. Der soll doch endlich mal zugeben, dass er falsch liegt, höre ich Sie schon fast sagen. Nein, ich liege nicht falsch.

      Diese Woche wieder 430.000 Erstanträge auf US-Arbeitslosenhilfe. Der Wert von letzter Woche wurde auf 447.000 revidiert von zunächst 442.000. Ich glaube, das ist nun die 17. Woche über der kritischen Marke von 400.000. Diese Woche gibt der Wert zwar etwas nach mit 430.000, aber eine Erholung ist nicht in Sicht. Denn der Wert der letzten Woche war extrem schlecht.

      Aber die US-Einzelhandelsumsätze sind gestiegen. Um satte 0,1 %. Dass diese Erholung aber am unteren Ende der Erwartungen liegt brauche ich kaum zu erwähnen. Einzig positiv ist, dass die US-Lagerbestände nur um 0,1 % angewachsen sind. Erwartet wurde ein Anstieg um 0,2 %. Aber die Lagerbestände sollten sinken. Nein, diese Konjunkturdaten weisen (noch) nicht auf eine baldige Erholung der amerikanischen Wirtschaft hin.

      Von Deutschland gar nicht zu reden. Wie ich sagte, Deutschland mit einem Fuß in der Rezession. Sorry, ich hatte mich etwas vertan. Die deutsche Wirtschaft ist nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung bereits in der Rezession. Auch für das zweite Quartal ermittelte DIW einen Rückgang des BIP von 0,1 %.

      Definition: Von einer Rezession spricht man, wenn die Wirtschaftsleistung in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen negativ ist.

      Dazu kommt, dass sich nun doch der starke Euro negativ auswirkt. So sind im Vergleich zum April 2002 die Ausfuhren um 3,4 % gesunken. Zum März dieses Jahres ist im April ein Rückgang von 2,2 % zu verzeichnen. Natürlich wird sich auch dieser Effekt schwächend auf die deutsche Wirtschaft auswirken.

      Aber an den Märkten werden Zinssenkungsphantasien gehandelt. Ein bisschen wie im Fieberwahn. Ich frage mich, was es denn bringen soll in Amerika noch mehr Liquidität zu Verfügung zu stellen, noch einen Zinsschritt? Es wird kurzfristig die Aktienkurse stützen, dann wird der Effekt verpuffen. Immer mehr ähnelt die amerikanische Entwicklung der Entwicklung in Japan. So sehr auch gegen Wim Duisenberg gewettert wurde, ich finde immer noch, er macht gute Arbeit. Er sollte mit den Zinsschritten weiterhin sehr sorgsam umgehen. Die Geldpolitik kann allein nicht den rezessiven Tendenzen im Euroraum entgegentreten, so Wim Duisenberg. Sollte wenigstens hier in Europa jemand aus den japanischen Erfahrungen gelernt haben?

      Aber trotz allem, ich hatte letzte Woche angedeutet, dass ich, wenn der 9050/9100er Punkte Widerstandsbereich im DOW nachhaltig nach oben bricht, eine kleine (!) Long-Position aufbauen werde. Mehr für die Psyche. Das werde ich auch tun, aber erst, wenn die bisherigen Hochs im Dow und Nasdaq100 gebrochen sind. Das heißt. frühestens Anfang der nächsten Woche. Sofern die amerikanischen Indizes weiter steigen. Unter die Position kommt ein dichter Stopp und dann hoffe ich, dass ich nicht auf Hoch gekauft habe. Ein gutes Gefühl habe ich dabei nicht. Mein Bärenfell sträubt sich doch heftig dagegen die Bullenkappe aufzuziehen und es juckt ganz schön. Aber die wichtigste Grundregel beim Traden ist: Weder du hast Recht, noch der Markt unrecht. Der Markt hat immer Recht und was du denkst ist dem Markt geflissentlich egal. Oder kurz: Stelle dich nie gegen den Markt.

      Auch aus dem Daytraden habe ich mich im Moment etwas zurückgezogen. Zu viele Fehlsignale. Ein deutliches Zeichen dafür, dass die Märkte nicht "frei" laufen. Normalerweise ein Effekt, der in den umsatzschwachen Sommermonaten vorkommt. In solchen Phasen schaue ich lieber zu. Sie wissen, besser kein Geld verdienen, als Geld zu verlieren.

      Eine seltsame Phase ist das, im Moment. Auch viele meiner Traderkollegen sind verwirrt. Aber offenbar schlottern auch einigen Institutionellen die Knie. Ein Trader erzählte mir gestern, dass einige ihm bekannte Fondsmanager mittlerweile auch Angst haben, dass sie eine große Rallye verpassen und sich nicht richtig positioniert haben. Es geht schließlich um die Performance und die ist ein wichtiger Werbefaktor. Selbst auf dem Frankfurter Parkett soll nach Aussagen von N-TV eine leichte Katerstimmung vorherrschen. Ja, was macht er denn auch, der Dax ... einfach so unmotiviert zu steigen? Aber ich hatte Sie gewarnt: So schnell geben die Bullen nicht auf.

      Doch selbst wenn der letzte Bär stirbt, die letzte Aktie gekauft, der letzte Cent in Wertpapieren steckt, werden die Anleger nicht merken, dass eine Rallye nicht ewig weiter laufen kann.

      Schauen Sie sich, wenn Sie mal Zeit finden, die Charts der großen Bullenmärkte an. Die großen Bullenmärkte fangen langsam an. Sie neigen nicht dazu, direkt am Anfang so steil zu steigen ... Langsam verbessern sich die Fundamentals, langsam die Aktienkurse, bis sich beides gegenseitig befruchten kann. Aktuell wird in Amerika wieder die gesamte Phantasie mit dieser Rallye vorweggenommen: Ein nachhaltiger Aufschwung der Wirtschaft, niedrigere Schulden, sinkende Arbeitslosigkeit etc. dürften also mittlerweile eingepreist sein. Doch selbst wenn sich alle das auch genauso entwickeln sollte, wird das nicht "schnell" gehen, sondern langsam. Und irgendwann werden selbst die amerikanischen Anleger genau das begreifen und lieber ihre Gewinne mitnehmen ... Ein Stein beginnt zu rollen ... eine Lawine folgt. Das Verrückte dabei, ich glaube nicht einmal, dass es zu einer nachhaltigen Konjunkturerholung in Amerika kommen wird, eher das Gegenteil.

      Eine Bearmarktrallye mehr nicht.

      Aber zur Politik:

      Die amerikanische Regierung ist von einem wirtschaftlichen Aufschwung überzeugt. Ja, was soll sie auch anderes sagen. Wir haben versagt?

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      Eine Prognose und eine Empfehlung

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Gestern ging der Streik in Paris weiter. Um ungefähr 13 Uhr hörte ich von meinem Büro aus Pfeifen und Trommeln ... und dann eine Megaphon-Stimme. Die Demonstranten – die gegen die Rentenreformpläne der Regierung sind – marschierten die rue de Tivoli entlang, hin zum Place de la Concorde. "Rettet unseren Ruhestand", sagten einige Plakate, "Haltet Eure Versprechen", sagten andere. (Eine andere Gruppe von Demonstranten schrie "Keinen Krieg mehr", aber ich konnte nicht herausfinden, was das mit dieser Demo zu tun hatte.)

      "In Wirklichkeit geht es um die Macht der Gewerkschaften", erklärte mir ein Freund im Büro. "Die Veränderungen, die die Regierung vorschlägt, sind eigentlich sehr moderat. Die großen Gewerkschaften haben mit der Regierung verhandelt und diese Pläne bereits akzeptiert. Die Demonstranten hier sind die Hardliner." Hardliner oder nicht, es brauchte 3 Stunden, bis alle Demonstranten an meinem Fenster vorbeigezogen waren. Aber ich will heute nicht über Politik schreiben, sondern über Anleihen ... ich habe eine Empfehlung und eine Prognose für Sie.

      Jeder große Betrug beginnt mit Wunschdenken. Demokratie, Papiergeld, Bullenmärkte – alles begann sehr gut. Die Leute sind zu Beginn noch etwas zurückhaltend, sei es wegen Gewohnheiten, Erinnerungen oder Verfassungen. Aber nach einer Zeit sind diese vergessen wie Eltern, und der Spaß kann beginnen.

      Sicher hat es der Fed Spaß gemacht, Billionen von Dollar zu drucken ... Geld, das sie "aus dem Nichts" geschaffen hat; dadurch wurde Alan Greenspan der populärste Zentralbanker seit John Law (der vor über 200 Jahren die sogenannte Mississippi-Spekulationsblase begründete). Und fast jede westliche Demokratie schien einen Kick dadurch zu erhalten, dass sie Versprechen machte, die sie nicht halten konnte.

      Jetzt muss die französische Regierung die Erwartungen wieder runterschrauben; die Rechnungen für die früheren Versprechen sind fällig, und die Franzosen wissen, dass sie die nicht bezahlen können.

      Auf der anderen Seite des Atlantiks hat eine aktuelle Studie (siehe Investors Daily in den letzten beiden Tagen) herausgefunden, dass der Gegenwartswert der ungedeckten Verpflichtungen der US-Regierung bei 44 Billionen Dollar (!) liegt. Dennoch werden die Versprechen immer größer, Tag für Tag. Jetzt will die Bush-Administration die ganze Welt für die Demokratie sicher machen ... und gleichzeitig die Steuern senken!

      Das ist übrigens dieselbe Regierung, deren Anleihen derzeit an der Wall Street sehr gefragt sind. Sowohl die Profis als auch die Kleinanleger lieben diese Anleihen. Sie glauben, dass es sicher sei, diese Anleihen zu kaufen. Viele glauben, dass sie "garantiert" seien. Eine Prognose: Früher oder später werden sie etwas anderes herausfinden.

      Meine Empfehlung werde ich Ihnen morgen mitteilen.

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      Mehr als 830 Handelstage seit dem Allzeithoch verstrichen

      von unserem Korrespondenten Eric Fry an der Wall Street

      Die "Heile Welt"-Phase geht an der Wall Street weiter ... der Aktienmarkt kann nicht falsch liegen, so die Meinung der meisten Investoren. Aber was ist das? Auch die Anleihen können nicht falsch liegen? Was ist das ... wie können die Investoren GLEICHZEITIG Aktien und Anleihen lieben? ... Das ist einfach nicht natürlich!

      Gateway Computer war einer der besten Performer der letzten Tage. Alleine am Dienstag ging es 10 % nach oben. Die News, dass Nokia nicht so viele Mobilfunkgeräte wie gewünscht verkaufen kann, konnte den Anstieg von Gateway Computer und des gesamten Technologiesektors nicht verhindern. Warnungen über lausige Umsätze sind im Technologiesektor schließlich so normal wie steigende Aktienkurse.

      Gateway Computer – eine Aktie, die ich vor einigen Monaten sogar gekauft hätte – hat in den letzten Monaten 64 % zugelegt. Aber eigentlich hat sich die operative Lage der Gesellschaft in den letzten beiden Monaten kaum verändert, während sich der Aktienkurs so stark verbessert hat!

      Welche Hoffnungen und Erwartungen haben die aktuelle Rally am Aktienmarkt inspiriert? Eine operative Verbesserung kann es offensichtlich nicht gewesen sein. Und was könnte die Aktienkurse noch weiter steigen lassen? Noch mehr Hoffnungen und Erwartungen?

      "Die Spekulanten handeln wieder verstärkt online, wie die hohen Handelsvolumina, die über Online-Broker zustande kamen, in den letzten Wochen gezeigt haben", so das Barron`s Magazin. "Bei den Online-Brokern ist die Handelsaktivität im Mai gegenüber dem April um 25–30 % gestiegen, und bereits im April war es gegenüber dem Tief vom März deutlich aufwärts gegangen. Auch beim gesamten Nasdaq-Composite ist das Handelsvolumen – nicht zufällig – um mehr als 20 % gestiegen."

      Währenddessen steigen die Anleihenkurse weiter – und zwar so stark, dass damit eigentlich eine 10jährige Schlafpause der Wirtschaftslage impliziert wird. Die Rendite der 10jährigen US-Anleihen ist auf 3,19 % gefallen.

      Einer der beiden Märkte – entweder der Aktienmarkt oder der Anleihenmarkt – muss offensichtlich falsch liegen. Wenn die US-Wirtschaft tatsächlich vor einer Erholung steht, dann müssten die Zinssätze nicht steigen, sondern fallen. Auf der anderen Seite: Wenn wir wirklich vor einer deflationären Rezession stehen würden, dann sollten die Aktienkurse fallen, und nicht steigen. Irgendetwas kann da also nicht stimmen, wenn die Kurse sowohl am Aktienmarkt als auch am Anleihenmarkt steigen.

      Die simultane Aktien/Anleihen-Rally ist eine finanzielle Besonderheit. Auch aus anderen Gründen – denn die Energiepreise bleiben hartnäckig hoch ... und steigen. Dieser Trend ist eine de facto "Energiesteuer" für die amerikanischen Unternehmen, was zu zurückgehenden Gewinnmargen führt. Mit anderen Worten: Steigende Energiepreise sind für die Unternehmensgewinne nicht gut ... und sie sind auch kein Geschenk des Himmels für den Anleihenmarkt. Steigende Energiepreise erhöhen – wenn sonst alles gleich bleibt – die Konsumentenpreise, was zu DEUTLICH niedrigeren Anleihenkursen führen würde – wenn sonst alles gleich bleibt.

      Aber die Bullen an der Wall Street haben nur selten solche ärgerlichen Gedanken. Sie amüsieren sich stattdessen mit glücklichen Gedanken über ewig steigende Aktien- und Anleihenkurse. Sie machen sich keine Sorgen darüber, dass die Unternehmensumsätze nicht steigen, und dass die Energiepreise steigen, und dass der Dollar fällt und dass die Wirtschaft nur von dem Boom am Immobilienmarkt aufrechterhalten wird.

      Die Bullen versichern uns, dass der Aktienmarkt bereits eine wirtschaftliche Erholung antizipiert, und zwar mit dem üblichen Antizipationszeitraum von 6–9 Monaten. Das sind ermutigende News, denn die Wirtschaft im Hier und Jetzt zeigt keine Anzeichen einer solchen Erholung. Ich bin sicher glücklich darüber, dass unsere wirtschaftlichen Probleme fast gelöst sind, denn das bedeutet ja, dass der Bärenmarkt bei den Aktien absolut vorbei ist ... und dass ein neuer Bullenmarkt begonnen hat. Aber selbst mit einem neuen Bullenmarkt könnte es noch eine Weile dauern, bis der Nasdaq-Composite wieder bei 5.000 Punkten steht ..."Seit dem Allzeithoch am Aktienmarkt sind jetzt schon über 830 Handelstage vergangen", hat Dr. James W. Paulsen von Wells Capital Management beobachtet. "Es sieht so aus, als ob das Warten auf einen neuen Bullenmarkt nie länger gedauert hat – aber in Wirklichkeit ist das nur das 7.längste Warten seit 1900."

      Setzen Sie sich ... es könnte noch eine Weile dauern.

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      Kein Respekt

      von John Myers

      Die Öl- und Gasreserven der USA werden immer kleiner. Aber Kanada hat genug von diesem Zeug. Also warum werden die kanadischen Öl- und Gasaktien weitgehend ignoriert?

      Warum haben sie im Allgemeinen niedrigere Bewertungen als ihre US-amerikanischen Gegenstücke? Vielleicht ist das nur eine schlechte Angewohnheit. Aber ich denke, dass das eine Angewohnheit ist, die man nicht fortführen sollte – denn die amerikanischen Öl- und Gasunternehmen werden einen immer größeren Anteil der amerikanischen Energiebedürfnisse bedienen.

      Ein rapide expandierendes Pipeline-Netzwerk wird es ermöglichen, Öl und Erdgas von den kanadischen Feldern in die energiedurstigen USA zu leiten. Dieses Pipeline-Netzwerk ist nur ein Teil des Grundes, warum ich erwarte, dass sich das Bewertungsniveau der US-amerikanischen und der kanadischen Energieaktien in den nächsten paar Jahren angleichen wird. Zunächst einmal ein paar wichtige Fakten:

      · Die USA importieren mehr Rohöl und Benzin aus Kanada als aus jedem anderen Land.

      · Kanada hat nachgewiesene Ölreserven von 4,9 Mrd. Barrel (Stand: Januar 2002). Die Ölproduktion betrug im letzten Jahr durchschnittlich 2,9 Millionen Barrel pro Tag (bbl/d).

      · Und hier ist der Teil der kanadischen Öl-Story, der besonders sexy ist – Kanada hat zwischen 1,7 und 2,5 Billionen Barrel Ölsand! Im Gegensatz zu konventionellem Rohöl enthält Ölsand eine Mischung aus Bitumen, Sand, Wasser. Bitumen umgibt den Sand und das Wasser. · Wenn man den Bitumen vom Sand und vom Wasser trennt, dann kann man ihn in ein hochwertiges Öl verwandeln, in Synthetik-Öl. Im nördlichen Alberta befindet sich eins der zwei weltweit größten Vorkommen an Ölsand (das andere ist am Orinoco in Venezuela). Es gibt in Kanada weitere Ölsand-Vorkommen, aber diese sind nicht so groß wie die Vorkommen im nördlichen Alberta.

      Der aktuelle Output an Synthetik-Öl beträgt derzeit schätzungsweise 600.000 bbl/d. Ein neues Ölsand-Projekt – das von Shell Canada, Western Oil Sands und Chevron Canada betrieben wird – soll bald zusätzliche 155.000 bbl/d. produzieren. Ein weiteres kleineres Ölsand-Projekt von Petro-Canada soll auf 30.000 bbl/d. kommen. Laut der kanadischen Regierung soll die Produktion von synthetischem Öl bis 2010 auf 1,2 Millionen bbl/d steigen.

      Und das ist erst der Beginn der aufregenden kanadischen Öl-Story. Fantasie kommt auch schon deshalb auf, weil das expandiere Pipeline-Netz einen ganz eigenen Boom auslöst. Dieses wachsende kanadische Pipeline-Netzwerk ist für die Öl- und Gasproduktion genauso wichtig wie für die kanadischen Energieaktien – die es auf das gleiche Bewertungsniveau wie die US-amerikanischen Energieaktien hieven könnte.

      Fast das gesamte kanadische Öl wird im westlichen Kanada gefördert (hauptsächlich Alberta), während das Öl hauptsächlich in Ost- und Zentralkanada verbraucht wird. Als Ergebnis davon exportiert der Westen Kanadas in die USA Erdöl, während im Osten Kanadas aus den USA Erdöl importiert wird. Das erklärt, warum Kanada brutto 1,89 Millionen bbl/d. in die USA exportiert, die Nettoexporte aber etwas niedriger sind (1,78 Millionen bbl/d.).

      Ein extensives Pipeline-System transportiert Öl aus Westkanada nach Ostkanada und in die USA. Es gibt zwei große Pipeline-Netzwerke. Das erste ist 8.700 Meilen lang (von Enbridge Pipelines Inc.) und liefert Öl von Edmonton, Alberta, nach Montreal, Quebec und Ostkanada sowie ins US-amerikanische Gebiet der großen Seen.

      Das ist eines der größten Rohöl- und Benzin-Pipeline-Systeme in der westlichen Hemisphäre. Das zweite größere Pipeline-System ist das Trans Montain Pipe Line (TMPL)-System, das von Albertag in die Terminals von Vancouver und in die Gegend von Washington State liefert.

      Die massiven Ölsandvorkommen in Alberta haben neue Pipelines notwendig gemacht. Vor kurzem haben sich die kanadischen Pipeline-Gesellschaften darauf konzentriert, den Ölsand nach Süden zur Verarbeitung in der Gegend von Edmonton zu transportieren. Das ist die Hauptaufgabe des Pipeline-Netzes von Enbridge.

      In den letzten Jahren gab es auch bemerkenswerte Fortschritte im Bau von Pipelines für Erdgas zwischen Kanada und den USA. Nehmen wir nur die 2,5 Mrd. Dollar schwere Alliance-Pipeline, die 1.875 Meilen lang ist – die längste Pipeline, die je in Nordamerika gebaut wurde. Diese Pipeline ist dafür konstruiert worden, jeden Tag 1,3 Mrd. Bcf/d (Kubik-Fuß pro Tag) Erdgas von Westkanada in die Gegend von Chicago zu transportieren. Am 1. Dezember 2000 wurde diese Pipeline in wirtschaftlichen Betrieb genommen.

      Dann gibt es da noch die Maritimes and Northeast Pipeline (M&NE), die im Januar 2000 in Betrieb ging. M&NE liefert Erdgas von der kanadischen Gegend um Sable Island nach New England. Diese Pipeline wird derzeit erweitert Richtung Massachusetts, wo sie mit dem US-amerikanischen Algonquin Pipeline-System zusammengeschlossen werden soll.

      In jedem Bereich – von der Erforschung von Ölsandvorkommen bis hin zur Entwicklung von Pipeline-Erweiterungen – ist Kanada ein Wachstumsmarkt, mit einem riesigen Käufer – den USA. Das gilt besonders für die Ölsandprojekte und für die Erweiterung der Pipeline-Systeme, die in die USA führen.

      Kanada wird sicherlich in den nächsten Jahren einer der wichtigsten Energielieferanten werden – wenn es das nicht schon ist.

      investorverlag.de
      Avatar
      schrieb am 12.06.03 22:40:24
      Beitrag Nr. 3.084 ()
      Martin Weiss




      Kommentar vom 12.06.2002

      Das Verlustrisiko nimmt zu[

      Es ist schon erstaunlich wie locker der Handel seit einigen Wochen, vor allem aber in den letzten Tagen, schlechte Nachrichten wegsteckt. Die Umsatz- und Gewinnwarnung von Motorola, der maue Geschäftsausblick bei Nokia und Texas Instruments. Und als wäre das nicht genug, rücken nun auch die Bilanzpraktiken von Freddie Mac, der zweitgrößten US-Hypothekenbank, in den Mittelpunkt.

      Alles in allem kein gutes Börsenumfeld, trotzdem steigen die Indizes weiter. Der Markt weist in gewisser Weise Symptome einer Überhitzung auf. Jeder Rückschlag wird zum Kaufen genutzt und die Anleger schwärmen aus auf der Suche nach Werten aus der zweiten, dritten oder sogar vierten Reihe. Alles taugt für den schnellen Zock, Hauptsache es besitzt Nachholpotenzial.

      Das alles muss nicht zwangsläufig zu einer Korrektur führen. Der Trend, aufwärtsgerichtet wie er ist, könnte sich genauso gut fortsetzen. Das Wesentliche aber ist, dass die Wahrscheinlichkeit einer Korrektur zunimmt.

      Die Probleme häufen sich

      Wir befinden uns in einer schwierigen Phase, in der der Markt offenbar nach oben will, sich die Probleme aber häufen. Nur ein Dummkopf würde glauben, dass den Warnungen der drei oben genannten Firmen nicht weitere folgen werden. Zur Monatsmitte beginnt die Gewinnwarnsaison. Viele Investoren haben diese Tatsache verdrängt, ebenso wie den Umstand, dass lediglich die Hersteller von Eiscreme ihre höchsten Umsätze im Sommer erzielen.

      Wir wollen nicht übermäßig schwarz malen und halten uns vorerst an den Trend. Wie sich der in den nächsten Tagen entwickelt, wird nicht zuletzt von den Quartalszahlen bei Oracle abhängen. Der Softwarekonzern hat es mit der Veröffentlichung sehr eilig, zog deshalb den Termin für die Bekanntgabe auf diesen Donnerstag vor. Ein gutes Omen?

      Ihr Martin Weiss

      © 12.06.2002 www.stock-world.de
      Avatar
      schrieb am 12.06.03 22:45:59
      Beitrag Nr. 3.085 ()
      100 Jahre Ford

      Der Erfolg kam nach der Lohnerhöhung

      Mit dem Fließband revolutionierte der US-Autobauer die gesamte Industrie – heute ist er ein Sanierungsfall.


      von Karl-Heinz Büschemann






      Der legendäre Firmengründer: Henry Ford
      Quelle: AP


      (SZ vom 13.06.2003) - Wäre nicht im Jahr 1878 der junge Henry mit 15 von der Schule geflogen, wer weiß, wie die Welt heute aussähe? Vielleicht hätte der Bursche keine Mechanikerlehre gemacht und es wäre nie zur Serienfertigung von Autos gekommen. Möglicherweise hätte sich die kapitalistische Wirtschaft anders entwickelt. Amerika wäre heute womöglich nicht die Auto- und Industrienation Nummer eins in der Welt. Und es gäbe wohl auch keinen Ford-Konzern, der jetzt 100 Jahre alt wird.

      Seit Donnerstag wird am Firmensitz in Dearborn bei Detroit gefeiert. Pop-Gruppen wie Earth Wind and Fire treten auf, das Detroiter Symphonieorchester spielt, und natürlich werden alle historischen Ford-Modelle gezeigt. Bei Ford ist die Geschichte glanzvoller als die Gegenwart.

      Der zweitgrößte Autobauer der Welt, der in einer umfunktionierten Waggonhalle anfing, der heute rund 135 Milliarden Dollar Umsatz macht, 350 000 Mitarbeiter hat, pro Jahr sieben Millionen Autos baut, und dessen Fahrzeuge in praktisch jedem Land der Welt unterwegs sind – dieses traditionsreiche Unternehmen also ist heute ein Sanierungsfall.

      Der große Henry Ford

      Gründer Ford ist eine der größten Persönlichkeiten der Wirtschaftsgeschichte, in einer Reihe mit Unternehmern wie John D. Rockefeller, Alfred K. Krupp oder – in der heutigen Zeit – Bill Gates, die das Gesicht ihrer Industrien veränderten.

      Trotzdem sah am Anfang alles nach einem Scheitern aus. Henry, 1863 in Dearborn geboren, war in seiner Jugend eher unstet, ein misstrauischer Einzelgänger. Er tüftelte mit Dampfmaschinen, gründete ein Sägewerk, verkaufte Landmaschinen und versuchte es mit der Massenfertigung von Uhren.

      Die 1886 in Deutschland von Gottlieb Daimler und Carl Benz erfundenen Automobile faszinierten ihn; also wurde er auch Rennfahrer. Am 16. Juni 1903 wurde die Ford Motor Company gegründet, da war Firmenchef Ford bereits 40 Jahre alt.





      Das erste Erfolgsmodell aus dem Hause Ford: Das T-Modell, Baujahr 1914
      Quelle: AP


      Mit elf bunt zusammengewürfelten Partnern (je ein Kohlenhändler, Buchhalter, Bankkaufmann, Tischler, Büroangestellter, Kurzwarenhändler, Hersteller von Luftgewehren, ferner zwei Anwälte und zwei Brüdern, die eine Halle besaßen) und einem Kapital von 28.000 Dollar startete der Autobau.

      Der Erfolg begann mit dem T-Modell

      Der erste Erfolg des Existenzgründers war eine Motorkutsche, T-Modell genannt; reichlich unansehnlich, aber billig zu bauen und noch einfacher zu reparieren. 1908 kam dieses Vehikel auf den Markt, das mit 27 Millionen Stück der Rekordhalter der Industrie sein sollte, bis vier Jahrzehnte später der VW-Käfer diese Marke brach. Fords Erfolg gelang aber nur, weil er den Autobau revolutionierte.

      Mag das Fließband ein anderer erfunden haben, Henry Ford brachte die fließende Auto-Produktion, die am Arbeiter vorbeiläuft, zur ersten Blüte. Damit hat sich nicht nur das Bild der Industrie verändert: Die Produktion mutierte zum Massengeschäft, die Autos wurden billiger. Im Jahr 1912 kostete ein T-Modell noch 600 Dollar.

      Als vier Jahres später fast 600.000 dieser rollenden Kisten vom Band liefen, war der Preis bei 360 Dollar angelangt. Fords Billigautos änderten auch das gesellschaftliche Leben. Die Menschen wurden mobil, sie begannen aus den Städten hinaus in die Vorgartensiedlungen zu drängen und die Straßen zu verstopfen.

      Lohnerhöhungen um 100 Prozent

      Henry Ford vertrat Standpunkte, die heute märchenhaft erscheinen und die im heutigen Deutschland von Gewerkschaften vertreten werden: „Man muss Herstellungsverfahren erfinden, die hohe Löhne gewährleisten“, war sein Motto. „Lohnkürzungen führen zur Verkleinerung des Kundenstammes.“ Mit guten Löhnen sollten seine Arbeiter auch Kunden werden. Also erhöhte Ford im Jahr 1914 die Löhne um kurzerhand 100 Prozent auf fünf Dollar am Tag. Zu Fords besten Zeiten kam jedes zweite Auto der Welt aus Henrys Werken.

      Irgendwann holten auch den Pionier die Regeln des Kapitalismus ein, die grenzenloses Wachstum verheißen, aber am Ende doch nicht zulassen. Ford baute die „Blechliesel“ 19 Jahre lang fast unverändert. Innovationen hielt er für unwichtig. Doch plötzlich war die Konkurrenz besser. Die Wettbewerber, die sich in der Gegend von Detroit inzwischen drängten, lieferten technisch bessere und schönere Autos.





      Das Traumauto des Jahres 1955: Der Thunderbird in schickem Türkiston
      Quelle: AP


      Ford musste 1927 seine Fabrik ein halbes Jahr lang komplett schließen, um ein neues Modell zu entwickeln. Es kam der erste Achtzylinder, ferner Fabriken im Ausland, zum Beispiel in Deutschland, wo das Unternehmen seit 1925 Autos produziert. Im zweiten Weltkrieg wurden die Fabriken auf Panzer, Flugzeuge und Flugzeugmotoren umgestellt. Bis es nach 1945 mit Blechkutschen weiter ging.

      Traumautos Mustang oder Thunderbird

      Aber erst einmal stand Ford vor gewaltigen Absatzproblemen. Die Verluste türmten sich. Henry Ford II, ein Enkel des Gründers, musste erst sanieren und neue Modelle entwerfen. Mit Erfolg.

      In den USA wurden die Zweisitzer Mustang und Thunderbird zu den Traumautos der ersten Friedensjahre. In Deutschland hatten die Wiederaufbau-Autos Namen wie Taunus oder Capri.

      Bemerkenswert an dem Konzern ist seine Familienbindung. Der alte Henry Ford, der 1947 starb, war mit einer kleinen Unterbrechung Konzernchef bis 1945.





      Der neue Chef bei Ford: Bill Ford junior, Urenkel des legendären Henry
      Quelle: AP


      Dann übernahm sein Enkel, der den Konzern bis 1980 beherrschte. Erstmals kamen familienfremde Manager an die Konzernspitze. Bis vor zwei Jahren William („Bill“) Clay Ford Jr., Henrys Urenkel, das Ruder in der Firma übernahm, die noch immer zu 40 Prozent in den Händen der Gründerfamilie liegt.

      Ruinöse Rabattschlacht

      Zu dieser Zeit steckte der Konzern mal wieder in einer Management- und Absatzkrise. Er hatte sich in den neunziger Jahren extrem viel zugetraut und durch Zukäufe von Automarken auf neue Märkte gesetzt. Ford übernahm die Führung des japanischen Autobauers Mazda, kaufte Land Rover, Volvo, Aston Martin und Jaguar und versuchte sich im Luxus-Segment, wo mehr Geld zu verdienen war als mit den Massenautos.

      Doch mit dem Ende des alten Jahrtausends war der Traum vom Überfliegerkonzern zu Ende. Erst geriet das Europa-Geschäft in eine Krise. Dann knickte die Nachfrage auf dem wichtigen US-Markt ein. Während die europäischen und japanischen Autos in den USA Rekorde schafften, waren die PKW und Pickups aus US-Fertigung nur noch mit hohen Rabatten zu verkaufen.

      Die Profite gerieten unter Druck. Erst wurde Chrysler zum Sanierungsfall, jetzt kämpft Ford mit den Folgen der Rabattschlacht. Im vergangenen Jahr betrug der Verlust eine Milliarde Dollar, nach katastrophalen 5,5 Milliarden Dollar im Jahr 2001. Einzig der Marktführer General Motors kommt mit den heutigen Kampfpreisen noch über die Runden.

      Daher ist bei Ford die Feier-Stimmung gedämpft. Bill Ford hält die Ausgelassenheit im Rahmen. Die Verluste und der Zwang, in den nächsten Jahren fünf Fabriken zu schließen und 35.000 Mitarbeiter zu feuern, passen nicht gut zu einem Jubiläumsjahr. Gefeiert wird dennoch, aber nur gegen Eintrittsgebühr. Die Einnahmen, heißt es in der Konzernzentrale bescheiden, dienten der Abdeckung der Kosten.


      sueddeutsche.de
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 11:02:58
      Beitrag Nr. 3.086 ()
      Hallo Leute

      Besonderen Dank an bluemoons.



      Der Staatsbankrott der BRD




      Einige glauben immer noch, dass uns nach diesem Börsencrash eine langweilige Seitwärtsbewegung wie in den 60er und 70er erwarten wird. Meiner Meinung nach ist so ein Seitwärtsgeschiebe nicht mehr möglich!
      Die BRD läuft mit Riesen-Schritten in ihre Pleite, und die Wirtschaft hinterher.
      Dazu braucht man sich nur die beiden Grafiken anzusehen.




      Die Schulden wuchsen in jedem Jahr. In einer log. Skalierung wäre der Zuwachs in den 60ern noch besser zu erkennen. Die goldenen 60er wurden auch als die Zeit des Wirtschaftswunder bezeichnet. Gutes Wachstum, geringe Verschuldung, Rentenzahlungen und fast keine Arbeitslosen. Dennoch ist es niemals gelungen auch nur einen ausgeglichenen Haushalt hinzubekommen. Heute redet man davon gar nicht mehr, es wird versucht die Neuverschuldung unter die festgelegten 3% zu drücken.
      Um Schulden zurück zuzahlen bedarf es aber eines Überschusses! Unsere Politiker glauben immer noch die BRD-Schulden irgendwann tilgen zu können. Dabei wurden die fällig werdenden Verbindlichkeiten immer nur durch Kredite von Dritten „umgeschuldet“.


      Diese Grafik vergleicht das Wachstum der Wertschöpfung mit den der Schulden.






      Das Bruttoinlandsprodukt ist ab 1968 auf das 7-Fache gestiegen, die Gesamtverschuldung aber auf das 19-Fache! Die Schulden wachsen heute deutlich schneller (3,5% in 2002 gegen 0,2% BIP) als früher. In 2003 geht das BIP sogar schon zurück, während die Neuverschuldung deutlich über 3% vom BIP liegen wird.


      Zinsen aus der Staatsverschuldung können aber nur aus den Abforderung des BIP´s beglichen werden.

      Die Besteuerung des BIP´s ist die einzige Einnahmequelle des Staates. Die Erlöse aus dem Verkauf von Staatseigentum (Grundstücke, Immobilien, Privatisierung) sind im Vergleich zum gesamten Steueraufkommen verschwindend gering. (ausgenommen: Man findet regelmäßig eine Handvoll Idioten, die 50 Mrd. für UMTS-Lizenzen auf den Tisch blättern) :D

      Ein Staat kann mit den Schuldenmachen nur solange weitermachen, wie das Steueraufkommen höher als die Zinsen sind, also die Zinsen nicht über Neuverschuldung finanziert werden müssen.

      Das schaft der Hans zur Zeit noch mit Links und 40 Fieber.

      ---------------------------------------------------

      Aber, mal angenommen:

      1. BIP-Wachstum = Neuverschuldung: :yawn:

      Bravo, gelingt das weiterhin geht der Staat nicht mal in Dausend Jahren pleite.

      2. BIP-Wachstum = 0,5 der Neuverschuldung: :look:

      Geht gerade so noch. Denn der Hans kann etwa 8% (grob geaschätzt, können auch 7 oder 9 sein) aus dem BIP für seine Schatztruhe absaugen. Zinscoupon für Bundesanleihen derzeit unter 4%. D.h. Mit dem zusätzlichem BIP kann man noch die Zinsen auf die neuen Schulden bezahlen. Trotzdem werden die Füße mit der Zeit ganz schön nass.

      3. kein BIP-Wachstum mehr :(


      Bleibt das über einen längeren Zeitraum, dann ist es ganz schnell vorbei. Vor allem wenn die bestehende Staatsschuld in ihrer Summe das BIP allmählig erreicht.

      4. BIP schrumpft :mad:

      Noch viel schneller vorbei.

      ---------------------------------------------------

      Die Punkte 1-4 beziehen sich nur auf die Zinsen der neuen Schulden. Zurückzahlen ist völlig unmöglich. Selbst bei der optimistischen Annahme, BIP-Wachstum = Neuverschuldung, müßte ja das neue BIP zu 100% besteuert werden.
      Wenn doch: Willkommen im perfektem Kommunismus. :cry:


      Fazit:

      Die Wirtschaft geht den Bach runter, aber nicht so sehr, das alles zusammenbricht. Stichwort Kuh, die man nicht schlachtet, aber immer mehr bedrängt.
      Resultat: Langfristige Stagnation der Gesellschaft auf herabgesetztem Niveau.

      Problem: Wir befinden uns schon heute in der Einstiegsphase dieser Stagnation, es wird aber noch schlimmer kommen.
      Natürlich Scheibchenweise, damit wir uns besser dran gewöhnen können. :rolleyes:


      Die Krise des weltweiten Staatsfinanzsystems ist also offenkundig. Der Staatsbankrott ist unabwendbar, da die Zuwachsrate der Staatsverschuldung deutlich über der des BIP´s liegt.
      Die Tatsache, dass die Schulden schneller wachsen als das woraus sie bedient werden können, ist in allen Staaten weltweit längst eingetreten! Demnach ist auch die Gesamtheit aller Staaten insolvent! Der klassische Konkurstatbestand!



      Zurzeit versuchen die aus dem Rot-Grünen Gruselkabinett das unvermeidliche noch hinauszuzögern.
      Dass Politiker lieber Schulden machen, um das ganze am laufen zu halten, ist doch klar.:cool:

      Aber bald werden wir in eine DEFLATION abrutschen!

      und dann?

      In der Deflation ist`s eben nix mehr mit noch mehr Schulden machen damit die Chose weiter läuft. Japan hat in der Deflation jetzt gerade (JETZT!!) seine Staatsverschuldung verdreifacht (14 "Ankurbelungsprogramme"!). Resultat: Deflation zieht ganz, ganz ruhig weiter. Und eines Tages wird`s eh kein Schuldenmachen des Staats mehr geben, weil diesem kein Mensch mehr Geld, alias Ersparnisse gibt.
      Und dann ist eben STAATSBANKROTT! Und der kommt so sicher wie das Amen in der Kirche.




      Gruß Trevenion
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 13:30:32
      Beitrag Nr. 3.087 ()
      Quergedacht: Was viele denken aber wenige auszusprechen wagen
      Anstößige Texte zum Runterladen und Weiterverbreiten
      spatzseite.de

      So sicher, wie das Amen in der Kirche: 15.06.2003
      DIESE WOCHE
      Ausgehend vom Beispiel des an Sharons Mordanschlägen gescheiterten Friedensprozesses im nahen Osten demonstriert dieser Spatz auf eindrucksvolle Art und Weise den Zusammenhang zwischen Krieg, Spekulation und Wirtschaft. Er zeigt, wie man durch Produktion realer Güter zu einer besseren Zukunft kommen könnte, aber auch, weshalb das eigentlich keiner will. Ein Lehrstück in Wirtschaft!


      Die Straßenkarte zum Frieden

      "Wir machen keine Konzessionen an den Terror. Das haben wir allen im Weißen Hauses und den Palästinensern noch vor dem Aqaba Treffen klargemacht" sagte Sharon seinem Kabinett kurz nach dem Befehl der Raketenangriffe auf den Hamasführer Rantissi. Bei dem Treffen in Aqaba zwischen Sharon, Bush und Abu Mazen hatte es noch ganz anders geklungen, auch in Sharm al Sheik, wo Bush die arabischen Führer traf, um seine Entschlossenheit zu zeigen, die Roadmap to Peace auch wirklich zu beschreiten.

      In Aqaba hatte er Sharon aufgefordert, den Palästinensern ihr Geld aus den ihnen zustehenden Einnahmen zu überweisen. "It is their money and you give it to them!" Das war eindeutig, denn von money versteht Bush etwas. Auch war man übereingekommen, daß Abu Mazen Zeit und Mittel braucht, um den Terrorismus einzudämmen, nachdem Israel die gesamte Infrastruktur der Palästinenserbehörde zerstört hatte. Kaum zuhause, befahl Sharon die Raketenangriffe auf den Hamas-Führer und brachte damit wie in den letzten Jahrzehnten so oft, die Terrorwelle im Nahen Osten wieder in Gang. "Wie schon oft?". Wer an Gedächtnisschwund leidet, wie die meisten Freie-Welt-Fundamentalisten, bekam dazu am 12.6. in der sonst so untertänigen FAZ eine Aufstellung geliefert. Immer wenn an der Terrorfront für mehrere Wochen Ruhe einkehrte, sorgte Gideon Sharon für neuen Zoff. Der auffälligste Beitrag war seine Provokation vor der Al Aksa Moschee auf dem Tempelberg, mit das Olso-Abkommen "Land gegen Frieden", endgültig im See Genezareth versenkt wurde. "A Real Brake", der Plan, nach dem das geschah, trug übrigens die Unterschrift der Irak-Kriegstreiber in Washington. Sein Ergebnis begeisterte die deeply religious and reborn people im Land der Freiheit.

      Der Angriff in Ramallah sollte dieses Mal nicht nur einen Führer des politischen Flügel der Hamas treffen. Den promovierten Arzt, der wie jeder Fachmann im Westen weiß, nichts mit dem "militärischen Flügel" der Gruppe, den sogenannten Terroristen zu tun hatte, verfehlte die Rakete, sie riß nur unbeteiligte Menschen in den Tod. Da das aber keine US-Amerikaner oder Israelis waren, schert das auch niemanden weiter - außer die Angehörigen. Schmerzhaft ist dagegen die klatschende Ohrfeige, die sie dem US-Präsidenten verpaßte, der sich vor der Welt und den Arabern dafür verbürgt hatte, daß auch Sharon der Roadmap folgen werde.

      Der Präsident rieb sich die Backe, maulte beim Staatsbesuch in Uganda "Ich mache mir Sorgen, daß der israelische Hubschrauberangriff es der palästinensischen Führung noch schwerer macht, den Terrorismus niederzuringen" und bekam gleich noch eins auf die andere Backe, als die Israelis wenige Stunden, später empört über eine solche Zurechtweisung weitere Angriffe flogen, bei denen sie die für die Mordanschläge vorgesehen Opfer zum Teil trafen aber in jedem Fall auch eine Reihe unbeteiligter Opfer. Eine Vorgehensweise, die zu kritisieren immerhin einem Möllemann in Deutschland das Leben gekostet hat, was wiederum seinem Gegenspieler... ach lassen wir das. Die Vorgänge sind so schon schlimm genug.

      Denn jetzt schaut die Welt gespannt nach Washington. Sie will von Bush selbst hören, ob er sich und seine Aussagen ernstgemeint hat, oder ob das wieder nur eine Verarschung der Palästinenser und Araber war, wie fast alle die Abkommen, UNO Resolutionen und das Friede-Freiheit-Demokratiegefasel seit 1948. Jetzt kann Bush zeigen, ob er ein Mannsbild ist oder ein Waschlappen. Wie? Wartens wir ab. Noch hat Bush Sharon nicht persönlich die Meinung gegeigt, sondern Condi Rice und andere Beamte vorgeschickt.

      Aber Bush ist US-Präsident, daher wird er nun auch erkennen lassen, was die USA eigentlich will: Überwindung des Terrors oder seine Eskalation. Also Jobs bei der Kultivierung des Landes, der Wasserbeschaffung durch Entsalzungsanlagen, bei der Israelis und Palästinenser gemeinsam an einer sich deutlich verbessernde Zukunft arbeiten oder weiterhin Landraub, Zerstörung der Infrastruktur, Demütigungen und Not, die Eltern zwingt zusehen zu müssen wie ihre Kinder Hunger leiden und dabei verkommen, bis sie genug haben, sich Sprengstoff beschaffen, ihn um den Bauch binden um wenigstens einige der vermeintlich Schuldigen mit vor Allahs Richterstuhl zu nehmen. Die eigentlich Schuldigen machen ein Geschäft dabei.

      Zusammenarbeit? Unmöglich! Als die Kumpels im Ruhrgebiet in den fünfziger Jahren eine bessere Zukunft aufbauten gab es hier kein Ausländerproblem. Man frotzelte sich an aber schätzte sich anhand der abgelieferten Arbeit, wie das unter Arbeitern üblich ist oder war. Als die Spekulation die Arbeitsplätze vernichtete und man plötzlich nicht mehr wußte "wohin das alles noch führen soll" keimte Fremdenhaß. Noch muß hier niemand ernsthaft hungern. Doch schafft erst einmal Lebensbedingungen wie in den Palästinenserghettos und ihr habt den Terrorismus vor der Tür! Das war es, was der große Islamexperte Scholl-Latour dem Kotzbrocken Friedmann am 12.6. im Hessenfernsehen nicht gesagt hat und wodurch er alles andere zum BlaBla gemachte.

      Was Bush sagen könnte? Ganz einfach: Ohne Roadmap kein money mehr und keine Waffen. Die Mitbürger würde ihm das danken, die jewish lobby natürlich nicht. Aber von der bekommt Bush bereits "präemptiv" heftigste Angriffe, weil er gewagt hat, das gelobte Land, das heißt dessen demokratisch gewählten Gangsterboß anzugreifen. Und so wird sich nun auch die US-Bevölkerung zwischen einem unglaubwürdig gewordenen Sharon und der offenen zur Schaustellung ihrer eigenen Unglaubwürdigkeit entscheiden müssen - eine interessante Wahl, der nicht so viele fern bleiben werden, wie den blödsinnigen Wahlen, in denen man sich zwischen zwei nichtsagenden Visagen als teuer aufgepeppten Medienprodukten entscheiden soll.

      Die Entscheidung trifft Bush auf dem linken Fuß. Denn schon ziehen gewichtigere Sorgen auf, die ironischer Weise mit ganz ähnlichen Fragen zu tun haben. Denn Sharon und seine deeply religious Verehrerschar verteidigen das Vorgehen nämlich wieder mit Geheimdienstpapieren, die "eindeutig" belegen, daß der angegriffene Rantissi und all die anderen Vergeltungsgeschädigten, die als bloße Palästinenser nicht zählen, gerade einen Anschlag auf Israelis geplant hatten. Als plagten Bush nicht schon genug Geheimdienstpapiere, nämlich diejenigen, mit denen er, das heißt seine Leute, den Angriff auf den Irak gerechtfertigt hatten und die sich schon lange doch jetzt vor der Öffentlichkeit als plumpe Fälschung entpuppt haben. Eigentlich sollten sie auch Schäuble, Merkl und Pfister plagen, die eine ähnliche Gewißheit vortäuschten, aber wo kein Kläger... Die gibt es allerdings in den USA.

      Ein früherer Berater Nixons mit einschlägigen Erfahrungen, ein John W. Dean, hält Bush diese gezinkten Geheimdienstberichte öffentlich entgegen: Die Manipulation der Geheimdienstberichte über angebliche Massenvernichtungswaffen des Irak "dürften sich als ein schlimmerer Skandal erweisen als Watergate; um es ganz klar zu sagen: Wenn Bush den Kongreß und die Nation mit gefälschten Information in den Krieg getrieben hat, dann ist er der Gekochte (und nicht die Bücher)!" Es fehlt dort nicht an Juraprofessoren, die diesen Standpunkt teilen und aus der Verfassungsgeschichte der USA belegen.

      Auch der Abgeordnete Waxman hat seinen Fragenkatalog weiter ausgearbeitet und mit Beweisen unterlegt. Er legte ihn dem Hohen Haus mit den Worten vor: "Was ich wissen will, ist die Antwort auf eine ganz einfache Frage. Warum bezog sich der Präsident in seiner Rede zur Lage der Nation auf gefälschte Beweise". Dabei erweist sich erschwerend, daß der Präsident in letzter Zeit seine Wortwahl in dieser Frage geändert hat. Statt von Massenvernichtungswaffen spricht er nun von "jenen Waffensystemen". Bush "is impeaching himself", meint der erwähnte Dean. "Prozeßgegner, die mitten im Verfahren ihre Aussagen ändern, sind Angeklagte, von denen man als Richter in einem Kriminalfall nur träumen kann". Mit solchen Manövern begibt sich Bush der Möglichkeit, die ganze Angelegenheit seinen Beratern oder Kabinettskollegen in die Schuhe zu schieben. Wenn er gehen muß bleibt der Hauptverantwortliche, Cheney? Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist das denkbar. Hinter Cheney steht Berge von money.

      Schließlich plagt Bush noch ein Prozeß, nicht ihn persönlich, aber sein Volk, das in dieser Sache, weil es um ihr money geht, nur gar keinen Spaß versteht. Am 7. Juni hatte das US-Bundesamt für die Wohnungswirtschaft (OFHEO) und die Kommission für Wertpapierhandel (SEC) die Büros der Firma Freddie Mac durchstöbert. Wie schon üblich: Verdacht auf Falschbuchung. Die Firmen handeln mit Hypotheken. Sie übernehmen von Banken gegen Bares deren Hypothekenkredite, bündeln sie und verkaufen darauf bezogene Wertpapiere, Mortage Backed Securities (meist an Rentenkassen und Versicherungen und dgl.). Das war einmal ein guter Trick, um den Wohnungsbau zu fördern. Die Firmen mauserten sich inzwischen zu riesige Finanzhäusern. Fanne Mae verfügt über ein Vermögen von 822 Mrd. US$ und ist damit nach Citigroup das zweitgrößte Finanzhaus der USA, Freddie Mac besitzt eines von 708 Mrd. US$ und ist damit das Viertgrößte.

      Mit Hypotheken allein ließ sich das nicht zusammenraffen. Daher liegen die Steine des Anstoßes im riesige Derivategeschäft, das mit 657 Mrd. US$ im Falle von Fannie Mae und über einer Billion US$ im Fall von Freddie Mac 2002 "offiziellen" in den Büchern stand. Aber, Sie erinnern sich, nicht alle Derivatgeschäfte müssen in den Büchern erscheinen. Dazu wurde ihr Hauptgeschäft um 1995 umfunktioniert. Sie dienten nun weniger dem Wohnungsbau sondern der Umschuldung von Hausbesitzern. Die Banken werteten die Häuser auf, wenn sie den Besitzern mehr Hypothekenkredit anschreiben wollten. Die Einrichtungen gaben gegen eine geringe Zinsdifferenz neues Geld für neue Kredite. Bei dem wunderbaren Spiel der Geldvermehrung machte es nichts aus, daß die verbleibenden Zinsen nur gering waren. Die Masse macht`s. Die Kreditnehmer lebten vom Kredite, weil die schon aufgelaufenen Zinsbelastungen oder die Arbeitslosigkeit ihr "Konsumentenvertrauen" so geschmälert hatte, daß es ohne neue Kredite nicht mehr für den Lebensunterhalt ausreichte.

      Im Jahr 1994 hatte ein Zinsanstieg von einem halben Prozentpunkt die hundertjährige Firma Kidder Peabody mit ihren 4 Töchtern, die ähnliche Geschäften betrieben, ruiniert. Heute liegt die 8-fache Summe im Spiel. Tauchen Schwierigkeiten auf, könnte sich der Krieg gegen den Terrorismus rasch ins eigene Land verlagern. Der ebenfalls deeply religious Generalstaatsanwalt Ashcroft hat sich und das Land mit entsprechenden Antiterrorgesetzen auf diesen Fall schon vorbereitet. Komisch, das keiner auf die Idee kommt, daß man Wohlstandsgüter auch herstellen kann, statt durch Spekulation und Pseudoumweltschutz die Voraussetzungen dazu (wie in Palästina auf eine direktere Weise) kaputt zu machen. Aber wenn der Preis das wichtigste an einer Ware ist, kommt es eben vor allem auf die Verknappung an. Nur sie hält ihn hoch. Dazu singen und sagen alle Experten "Amen!" Sie auch? - ich meine wirklich, nicht nur im Geschwätz.
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 13:37:23
      Beitrag Nr. 3.088 ()
      Hallo Trevenion

      So weit ich weiß, haben die Bundesbürger in iher Gesamtheit ein Vermögen von 3-4 Billionen Euro.
      Der Staat(also wir Bundesbürger) hat Schulden
      in Höhe von 1,2 Billionen Euro. Dann kommen noch unsere privaten Kreditverpflichtungen dazu. Wenn man auch noch die Zinsen dazurechnet, bis wir die Schulden alle abgezahlt haben, dann bleibt im Grunde genommen nichts mehr von unserem Vermögen übrig und wir sind alle pleite.

      Die Sache ist aber natürlich verzwickter, weil wir als Volk sogleich Keditgeber als auch -nehmer sind.

      Jetzt kann man natürlich sagen, hier gibt es eine Umverteilung von den Armen, die Steuern zahlen und keine Anleihen besitzen zu den Reichen, die dieses Anleihen und verzinsten Guthaben auf`m Konto haben. Das ist aber nur zum Teil richtig, weil gerade die Reichen mit ihren hohen
      Steuersätzen absurderweise im Prinzip an sich selbst die Zinsen zahlen.
      Nein, die eigentliche Umverteilung findet zwischen den Generationen statt, die in Jahrzehnten das mit Zins und Tilgung zurückzahlen müssen, was wir heute und Gestern "verfrühstückt" haben.
      Denn Schulden sind immer ein Verkonsumieren des zukünftigen Wohlstandes!!!

      Vorallem aber dann, wenn kein Wirtschaftswachstum mehr stattfindet und man die Zins- und Tingungsleistungen von/aus der Vermögenssubstanz nehmen muss, wird`s haarig. Dann tritt eine katastrophale Abwärtsspirale in Gang, die letztendlich eine vollständige Entwertung der aller Schuldverschreibungen zu Folge hat, die ja im Grunde genommen keinen realen, sondern nur einer fiktiven Wert besitzen, weil sie Anteile an dem ZUKÜNFTIGEN ERWIRTSCHAFTEN WERTEN sind. Werden aber diese Werte in der Zukunft nicht erwirtschaftet werden, dann droht nach einer gewissen Zeit der Kollaps !!!

      Und an diesen Kollaps glaube ich auch. Leider !!!
      Deutschland wird sich argentinisieren. So wird`s wohl kommen.........:(



      ..............................


      "Die Punkte 1-4 beziehen sich nur auf die Zinsen der neuen Schulden. Zurückzahlen ist völlig unmöglich. Selbst bei der optimistischen Annahme, BIP-Wachstum = Neuverschuldung, müßte ja das neue BIP zu 100% besteuert werden.
      Wenn doch: Willkommen im perfektem Kommunismus"



      Ich glaube hier hast du dch verrechnet.:):):)

      Angenommen wir haben ein jährliches BIP von 1 Billion Euro.
      Die Staatsqoute beträgt in Deutschland ungefähr 50 Prozent. Das machen dann 500 Milliarden Euro. Eine 3 prozentige Neuverschuldung auf die 500 Milliarden Staatseinnahmen(Steuereinnahmen) wären dann 15 Miliarden Euro neuer Kredit.

      Ein 3 Prozentiges Wirtschaftswachstum auf einem Vorjahres BIP von 1 Billion Euro(1000 Milliarden Euro)wären dann 30 Milliarden Euro.

      Jetzt kommt`s aber !!!

      Due musst von den 30 Milliarden Euro Wirtschaftswachstum ja keine 15 Milliarden Euro abzwacken, sondern nur 750 Millionen Euro !!!!!

      Warum ?????
      Weil du auf die 15 Milliarden Neuverschuldung ja nur "x" Prozent Zinsen zahlst !!!!!

      Und bei dem Beispiel habe ich den Zinssatz auf 5 Prozent gesetzt.
      Also schon recht hoch.
      Und diese 5 Prozent Zinsen auf die 15 Milliarden Euro Neuverschuldung machen halt die 750 Millionen Euro Zinsen aus........., ok ?????:):):):):)


      ................................


      H_S
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 13:38:13
      Beitrag Nr. 3.089 ()
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 13:44:27
      Beitrag Nr. 3.090 ()
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 13:46:30
      Beitrag Nr. 3.091 ()
      Sars-Kriege

      John Horvath 16.06.2003
      Haben die USA die Zahl der Sars-Fälle im eigenen Land beschönigt?


      Während Kanada weiterhin gegen Sars kämpft und um die 5.000 Menschen noch in Quarantäne leben, werden Fragen laut, ob die USA möglicherweise das Ausmaß der Epidemie im eigenen Land heruntergespielt haben könnten. Umgekehrt wurden kürzlich Beschuldigungen wegen eines angeblich an Sars erkrankten Mannes geäußert, der von Toronto nach North Carolina geflogen ist. In Kanada hat dies zu Ängsten vor einer erneuten Reisewarnung vor Toronto geführt.







      Von Beginn an hatten sich viele gewundert, warum Sars in Nordamerika sich auf Toronto konzentriert hatte ( bislang 31 Tote). Das war verwunderlich, weil das kanadische Gesundheitssysten dem amerikanischen weit überlegen ist. Während die Kanadier die Vorzüge einer allgemeinen Krankenversicherung genießen, haben viele Amerikaner überhaupt keine. Das hat manche zu dem Glauben geführt, dass die Zahl der Sars-Fälle in den USA viel größer sein könnte, als offiziell berichtet wird. Überdies könnten Menschen, die infiziert sind, sich nicht behandeln lassen, da das US-System Arme und Einwanderer benachteiligt. Letztere könnten wegen ihres illegalen Status Angst haben, ins Krankenhaus zu gehen, weil sie dann ausgewiesen werden könnten.





      Da Toronto Kanadas größter Reiseumschlagplatz ist, ist es wenig erstaunlich, dass sich Sars in dem riesigen Land gerade in dieser Stadt konzentriert hatte. Allerdings nutzen viele Reisende das Land nur als Zwischenstopp, um in die USA weiter zu reisen. Toronto ist besonders für asiatische Migranten ein bekanntes Tor nach Nordamerika. Viele reisen, wenn sie einmal in Toronto sind, auf unterschiedlichen Wegen nach New York weiter, wo sie leicht in der kosmopolitischen Menge untertauchen können. Von New York aus können gelangen einige mit organisierten ethnischen Netzwerken in andere Teile des Landes bis nach Los Angeles an der Westküste.


      Aus diesem Grund hat es manche Amerikaner nicht gestört, als im April über Kanadas größte Stadt eine Reisewarnung verhängt wurde, da sie sich der möglichen gesundheitlichen Gefährdung durch den Migrationskanal von Toronto nach New York wohl bewusst waren. Trotz der anfänglichen Maßnahmen, so die Sorge, könnten einige Infizierte durch gekommen sein. Wegen ihres illegalen Status und ihrer Angst vor der Abschiebung könnten infizierte Einwanderer die Krankheit weiter verbreitet haben, als die offiziellen Statistiken angeben.

      Möglicherweise tragen die Behörden auch zu den geringen Zahlen bei (WHO vom 13. Juni: 70 Erkrankungen, keine Toten), indem sie Verdachtsfällen nicht entschieden nachgehen. Während des ersten Ausbruchs in Kanada verringerte selbst Kanada die Zahlen, indem die Gesundheitsbehörde den eigenen Standard zur Bestimmung der an Sars-Infizierten benutzte. Mittlerweile hat man eingeräumt, dass dieses Vorgehen zur zweiten Epidemie beigetragen haben könnte, mit der Kanada nun zu tun hat.


      Es gibt zu all dem auch einen politischen Aspekt, der die Zweifel stärkt. Wenn eine Sars-Epidemie, die der in Toronto gleicht, in den USA ausbrechen sollte, so dürfte dies zweifellos ein harter Schlag für die US-Regierung sein. Das amerikanische Gesundheitssystem ist nicht nur völlig unfähig, mit einer solchen Katastrophe umzugehen, sondern das würde auch die Aufmerksamkeit der Menschen auf innenpolitische Probleme richten, besonders auf die Themen der Krankenversicherung und der verschreibungspflichtigen Medikamente. Für George W. Bush wäre dies kurz vor einem Wahljahr ein Rückschlag.

      Bislang haben die Republikaner innenpolitische Themen vermeiden und sogar manche ihrer Versprechungen zurückziehen können, indem sie die allgemeine Aufmerksamkeit fest auf den Krieg gegen den Terrorismus, die angeblichen Massenvernichtungswaffen im Irak und den Friedensprozess im Nahen Osten gelenkt haben. Eine Sars-Epidemie würde das verändern und den Blick auf innenpolitische Themen umlenken. Vor dem September 2001 waren die Republikaner durch Misserfolge gezeichnet, als die Bush-Regierung von einer Krise in die nächste schlidderte. Viele hatten ihr Vertrauen in den amerikanischen Kapitalismus zusammen mit ihrem Kapital verloren. Die Anschläge in New York und Washington waren so ein Gottesgeschenk, da sie dem Weißen Haus sofort die benötigte Entlastung gewährten. Kurze Zeit darauf konnten die Republikaner während der Wahlen im Jahr 2002 noch mehr Macht gewinnen.

      Doch jetzt sieht es so aus, als würde die Zeit knapp werden. Vielleicht wäre gegenwärtig die einzige Hoffnung für George W. Bush und seine Republikaner ein weiterer Terroranschlag in den USA.


      heise.de
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 13:52:29
      Beitrag Nr. 3.092 ()
      EZB-Chefvolkswirt Issing:"Wir wissen, was wir im Fall einer deflationären Entwicklung zu tun hätten"

      Die Europäische Zentralbank (EZB) ist im Fall einer deflationären Entwicklung "mit den gleichen Instrumenten ausgestattet wie jede andere Notenbank auch". Im Gegensatz zur amerikanischen Notenbank Fed veröffentliche die EZB "keine Studien, was wir tun würden, wenn", sagte Otmar Issing, Chefvolkswirt der EZB, in einem Gespräch mit dem Nachrichtenmagazin DERSPIEGEL. Aber, so Issing:"Wir wissen, was wir zu tun hätten." Äußerungen, die EZB sei von ihrem Mandat oder von ihrem Statut her gehindert, etwa Wertpapiere anzukaufen, bezeichnete das Direktoriumsmitglied der Notenbank als blanken Unsinn. "Wir dürfen nicht direkt den Regierungen Kredit geben, aber wir können - falls dies geldpolitisch geboten erscheint - am Sekundärmarkt quasi unbegrenzt aktiv werden, das Volumen ginge in die Billionen", sagte Issing. Für die Gefahr einer Deflationsspirale im Euro-Raum sehe er allerdings nicht die geringsten Anzeichen. Ein Vergleich mit den dreißiger Jahren sei genauso abwegig wie mit Japan. Issing:"Wir nehmen Risiken ernst, wenn wir sie ausmachen. Aber Notenbanken handeln nicht auf Verdacht hin."
      Spiegel.de

      Natürlich ist diesmal alles anders. In meinen Augen gibt es nur zwei Möglichkeiten in den nächsten Jahren. Entweder wir gehen den "natürlichen" Weg der Schuldenausbuchung mit all ihren Konsequenzen.

      Beispiel Grundstückspreise Japan:



      oder aber, und das wäre die Konsequenz von obiger Issing-Aussage, es wird so etwas folgen:



      Wie heißt es doch so "schön": Wir haben die "Wahl" zwischen Pest und Cholera.
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      Krise? Welche Krise? - Zum Beispiel diese ... !
      von The Economist am 15. Juni 2003 17:05:36:

      Krise? Welche Krise? – Zum Beispiel diese ....!
      Über die US-Wirtschaft schreibt der Economist vom 14. Juni 2003: „Die US-Wirtschaft steckt bis zum Hals in unausgelasteten Kapazitäten. (...) Bei den massenhaften Überkapazitäten ist ein andauernder Investitionsboom unwahrscheinlich. Noch beunruhigender ist die Frage, wie lange die amerikanischen Verbraucher die Nachfrage noch halten können. Die Verschuldung über Konsumentenkredite steigt dramatisch.“ (Seite 45f.)
      Unter der Überschrift „Aussterben der Auto-Riesen“ beschreibt dieselbe Ausgabe des Economist eine sterbenskranke US-Autoindustrie:
      „Der amerikanische Automarkt boomt mit mehr als 16 Millionen Neuzulassungen im Jahr. ... Aber alle Anzeichen künden von ziemlicher bitteren Zeiten für Detroit. Wenn es so weitergeht, geht die gesamte Autobranche den Bach runter – vorne weg Ford, der von den Autoriesen am tiefsten im Treibsand steckt. (...)
      Zugegeben, schon einmal hatte man diese amerikanische Kernbranche für tot erklärt, aber sie war wieder ins Leben zurückgekehrt.
      Chrysler erreichte die 80er Jahre nur dank einer Bundesbürgschaft. Auch Ford schrammte zu Beginn der 80er nur knapp am Bankrott vorbei. Ihm kam die US-Regierung mit Importbeschränkungen gegen japanische Konkurrenten zu Hilfe.
      Chrysler war zu Beginn der 90er Jahre in einer ähnlich schlechten Lage, bevor es an Daimler-Benz verkauft wurde.
      1991 hatten die drei US-Konzerne Schulden von zusammen 7 Milliarden Dollar.
      Von General Motors erzählt man, dass es im Jahr 1992 nur um Minuten vom Bankrott entfernt war. Damals starrten die Bosse von GM auf ihr Faxgerät und warteten auf die eine Herabstufung ihrer Kreditrankings, wodurch die Firma in die Zahlungsunfähigkeit gestürzt wäre. Die Herabstufung kam nicht und General Motors erholte sich wieder. (...)
      In den 90er Jahren profitierte die amerikanische Autoindustrie von einer boomenden Aktienbörse, die ihre wachsende Ausgaben- und Schuldenlast für Betriebsrenten reduzierte, während sie Personal abbauten, um ihre Produktivität zu steigern.
      In der heutigen Zeit ist kein Rettungsanker mehr in Sicht. (...)

      Der Chef von General Motors, Rick Wagoner, hatte nach dem 11. September mit Preisabschlägen und zinsfreien Krediten reagiert, um die Autoverkäufe in einer Zeit der schwächelnde Wirtschaftslage am Rollen zu halten. Nach inzwischen zwei Jahren sind die Preisabschläge immer noch in Kraft und es ist keine wirtschaftliche Wende zum Besseren in Sicht. (...)
      Ford musste seine Preisabschläge und sonstigen Verkaufsanreize in diesem Frühjahr um die Hälfte steigern – mit der Wirkung, dass Ford für jeden verkauften Personenwagen 3.208 Dollar zuzahlt. (...) Seit Mitte der 90er Jahre sind die Listenpreise für Neuwagen jedes Jahr real um 1% gefallen. (...)
      Auch der europäische Automarkt ist übersättigt und man rechnet mit einem Verkaufsrückgang von 10% im laufenden Jahr. (Seite 66)

      Die amerikanische Autoindustrie steckt tief in der Klemme. Sie hat 20% mehr Produktionskapazität als nötig.
      Die drei großen japanischen Autobauer (Toyota, Nissan und Honda) produzieren und verkaufen in den USA die ganze Bandbreite ihrer Modelle ohne große Preisabschläge.
      Die normale Reaktion der Industrie angesichts solcher Überkapazitäten wäre ein Schrumpfungsprozess mit Verlagerung des Schwerpunkts auf den Profit statt auf den Umsatz. Aber in Detroit ist nichts normal. (...)
      General Motors hat ungedeckte Verpflichtungen von 19 Milliarden Dollar für Betriebsrenten – das entspricht seinem gesamten gegenwärtigen Marktwert. (...)
      General Motors, mit 2,5 Betriebsrentnern pro Beschäftigten, muss für jedes produzierte Auto mit 1000 Dollar zusätzlichen Kosten für Renten und Krankenkosten der Ehemaligen rechnen. (...)

      In den letzten beiden Jahren half die US-Regierung den notleidenden Landwirten, den Stahlwerken und der privaten Luftfahrt mit Subventionen und Importbeschränkungen. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis auch ein Autokonzern erwägt, die flexiblen US-Regeln bei Zahlungsunfähigkeit zu nutzen, um seine Verpflichtungen für Betriebsrenten loszuwerden, wie es schon verschiedene Stahlfirmen und Luftfahrtgesellschaften getan haben. (...)
      Die Zeichen stehen auf Sturm.
      Kann Detroit dem Tod ein drittes Mal von der Schippe springen? Die Aussichten stehen schlecht. (...)
      Das Ende der amerikanischen Autokonzerne ist nicht länger nur eine Schreckensvision, es wird von Tag zu Tag mehr eine reale Möglichkeit.“

      Aus: „The Economist, 14.06.03: 11 und 65ff.
      Übersetzung: Wal Buchenberg, 15.06.2003.

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      Stichwort: Bürgerversicherung

      Berlin (dpa) - Die Umwandlung der Sozialversicherungen in eine Bürgerversicherung verfolgen die Grünen seit langem. Derzeit werden die Beiträge zu Renten-, gesetzlicher Kranken- und Pflegeversicherung vor allem von abhängig Beschäftigten und ihren Arbeitgebern je zur Hälfte getragen.
      In der Bürgerversicherung sollen grundsätzlich alle Einkunftsarten und alle Bevölkerungskreise in die solidarische Finanzierung eingebunden werden. Langfristig sollen auch alle Beamten und Selbstständigen Mitglied der gesetzlichen Versicherungen werden. Die Bemessungsgrenze als Obergrenze für Beiträge könnte fallen oder höher festgesetzt werden als heute. Die Abgaben auf den Faktor Arbeit könnten durch die Heranziehung zusätzlicher Finanzquellen deutlich gesenkt werden, meinen die Grünen. Den Privatkrankenkassen würden in diesem System im wesentlichen nur noch die Zusatzversicherungen bleiben.
      Für ähnliche Modelle haben sich seit langem auch Teile der SPD und Gewerkschaften ausgesprochen. Ein Befürworter ist auch der Berater von Sozialministerin Ulla Schmidt (SPD) und Mitglied der Rürup- Kommission zur Reform der Sozialsysteme, Karl Lauterbach.

      CSU-"Sozialexperte" Seehofer will die gesetzliche Krankenkase für alle, unabhängig vom Einkommen.

      Der "Bild am Sonntag" sagte er, Forderungen nach Privatisierung stellen die Sozialversicherungen im Kern in Frage. Anstelle dessen müsse eine "Bürgerversicherung" eingeführt werden. Besserverdienende dürfen sich nicht der "Solidargemeinschaft" entziehen. Man müsse auch darüber nachdenken, Kapitaleinkünfte beitragspflichtig zu machen. ARD-Teletext, Seite 128

      Es lebe der kommende Vollsozialismus. Individuelle Wahlmöglichkeiten ? Hä, wozu denn dieses ? Ich weiß beim besten Willen nicht, was an irgendwelchen ZWANGSmaßnahmen noch solidarisch ist ???&/%$§"!!! ""!!!!=???$§§§$/))???

      http://www.miprox.de/News.html
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 13:59:12
      Beitrag Nr. 3.093 ()
      14.6.03 Offenes Rennen zwischen Aktien und Renten

      Niedrige Zinsen beflügeln - Gewinnerwartungen bei den Unternehmen steigen - Dax-Stand von 3500 Punkten erwartet

      von Anja Struve

      ... Beinahe täglich übertrumpfen sich Aktienmärkte und Anleihebörsen mit immer neuen Rekordständen. Während am Donnerstag der Dax mit über 3250 Punkten auf ein neues Jahreshoch stieg, erreichte am Freitag der europäische Rentenmarkt das niedrigste Renditeniveau seit 1973.
      Die Zukunftsvisionen, auf die beide Seiten spekulieren, sind allerdings grundverschieden: Während die Rentenanleger damit rechnen, dass alles noch viel schlimmer kommen könnte und sich Rezessions- oder sogar Deflationsszenarien ausmalen, glauben die Investoren am Aktienmarkt daran, dass alles wieder gut wird: Unternehmen wie Verbraucher könnten demnach ihre tiefe Vertrauenskrise überwinden und die lange erhoffte Konjunkturerholung endlich einsetzen.
      Doch wer hat Recht? Und wie tragfähig ist die Kursrallye, die der Aktienmarkt erstmals seit längerem wieder erlebt? ... (Welt, 14.6.03)

      Kommentar: Wenn Aktien- und Anleihenmärkte beide ständig steigen, so kann das nicht gut gehen – egal wie die weitere Entwicklung weiterläuft. Würde es zu einem Aufschwung kommen (unwahrscheinlich) – dann müssten die Zinsen steigen und die Anleihen einbrechen. Kommt es zu weiter fallenden Unternehmensumsätzen (wahrscheinlich) dann müssen die Aktien einbrechen. Das überhaupt nicht beachtete Szenario ist folgendes: Es gibt eine Aktiencrash, die Kurse purzeln auf neue Tiefstsstände, wenig später steigen die Zinsen, wegen höherer Risikozuschläge zum Zins und die Anleihenkurse verfallen ebenso – ein kombinierter Aktien- und Anleihencrash!
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      13.6.03 Hoffnung auf Erholung der Konjunktur hilft den Aktien


      Die deutschen Aktien werden nach Einschätzung von Analysten in der kommenden Woche weiter steigen und damit die anhaltende Zuversicht der Anleger auf eine mittelfristige Konjunkturerholung widerspiegeln.
      ... In der Regel zeigen die Aktienmärkte eine Konjunkturerholung sechs Monate im Voraus an“, sagte Kastens. Der Deutsche Aktienindex Dax hat in den vergangenen drei Monaten mehr als 1 000 Punkte oder gut 50 Prozent zugelegt. Vorlaufende Indikatoren zeigten Kastens zufolge ein Ende der konjunkturellen Talfahrt an. „Stimmungsindikatoren wie der Ifo- oder der ZEW-Index haben bereits den Boden gefunden und deuten auf eine moderate Aufhellung.“
      ... (Handelsblatt.com, 13.6.03)

      Kommentar: An dieser Meldung sieht man wieder, wie unrealistisch die Entwicklung an den Börsen betrachtet wird. Während in der realen Wirtschaft die Gewinne und Umsätze einbrechen, die Kaufkraft der Leute schwindet und immer weniger Geld investiert wird, träumt ma an der Börse von einem Aufschwung. Woher der kommen soll weiß zwar niemand, aber man ist sich sicher, dass es so kommen werde. Der nächste, noch massivere Crash ist vorprogrammiert.
      -------------------------------------------

      12.6.03 Bundesbank: Keine akute Deflationsgefahr

      Wirtschaft wird auch 2003 kaum wachsen - Welteke fordert klares Bekenntnis zum Stabilitätspakt

      von Anja Struve

      Potsdam - Trotz schwacher wirtschaftlicher Entwicklung und fallender Preise sieht die Deutsche Bundesbank keine Anzeichen für eine Rezession oder Deflation in Deutschland. "Es gibt keine akute Rezessionsgefahr und keine akuten Anzeichen einer Deflation", sagte Bundesbank-Präsident Ernst Welteke nach einer Vorstandssitzung der Bundesbank in Potsdam.
      Zwar rechne die Notenbank damit, dass die Teuerungsrate in Deutschland im Jahresdurchschnitt unter ein Prozent fallen werde. "Ein Rückgang des Preisniveaus ist aber keine Deflation", sagte Welteke. Es gebe Abwärtsrisiken, die die Aussichten für die weitere Wirtschaftsentwicklung erheblich belasteten. Das Etikett Deflation sei dafür jedoch eine "irreführende Bezeichnung". Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes war die jährliche Inflationsrate im Mai mit ,7 Prozent auf den niedrigsten Stand seit Oktober 1999 gefallen (s. unten).
      ... (Welt, 12.6.03)

      Kommentar: Es ist völlig falsch, nur die reine Inflationsrate zu betrachten, wen man klären will, ob eine Deflation droht oder nicht. Die Inflationsrate wird heute künstlich nach oben gedrückt, durch Steuererhöhungen, höhere Zuzahlungen usw - also alles Größen, welche mit einer Inflation, einer Geldmengenausweitung nichts zu tun haben. Viel deutlicher ist hier das schnell absinkende reale Lohnniveau - und sinkende Löhne führen zu einer verminderten Kaufkraft, zu rückläufigen Umsätzen und letztlich sinkenden Preisen.

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      11.6.03 "Die Lage ist unsicher"

      Finanzaufsicht gibt noch keine generelle Entwarnung für die Kreditbranche


      Bonn - Nach den Problemen des vorigen Jahres will der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) Jochen Sanio für das deutsche Finanzsystem noch keine generelle Entwarnung geben. "Es ist noch zu früh, um nach den horrenden Wertberichtigungen im Kreditgeschäft der Banken die Trendwende für diesen Bereich auszurufen", sagte er auf der ersten Jahrespressekonferenz seiner Behörde. "Die Lage ist unsicher." 2002 hatte eine große Zahl fauler Kredite zu hohen Abschreibungen geführt.
      Über die weitere Entwicklung werde vor allem die Entwicklung an den Börsen entscheiden. "Der Kapitalmarkt ist der Schlüssel." Für die Finanzdienstleister wäre es daher gut, wenn sich der Dax von rund 3000 auf 4000 Punkte erholte.
      Trotz der schwierigen Lage will die BAFin nicht von einer Krise im deutschen Finanzsystem sprechen. So hätten zum Beispiel die hiesigen Kreditinstitute die jüngsten Prüfungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) gut bestanden. "Der IWF hat eine ganze Reihe von Szenarien durchgespielt", sagte der oberste Bankenaufseher Helmut Bauer. "Die deutschen Banken haben sich auch unter solchen Bedingungen als erstaunlich belastbar erwiesen."
      ... Von einer generellen Krise der deutschen Versicherungswirtschaft wollte auch Thomas Steffen nicht reden. Es gebe aber einzelne Unternehmen, die in einer schwierigen Lage seien, räumte der oberste Aufseher der Branche ein. Wie den Banken macht den deutschen Lebensversicherern der Abschwung der Aktienmärkte enorm zu schaffen. Hohe Abschreibungen auf die Kapitalanlagen hinterließen tiefe Spuren in den Zahlen. Als Konsequenz erwartet Steffen, dass der Garantiezins für Lebensversicherungen noch zu Anfang 2004 von 3,25 auf 2,75 Prozent gesenkt wird. Sollte ein Unternehmen seine gesamte Ausschüttung dann wegen finanzieller Probleme auf den Garantiezins reduzieren, bekämen die Kunden am Ende ihrer Vertragslaufzeit deutlich weniger Geld als sie erwarteten. ... (Welt, 11.6.03)

      Kommentar: Die Banken und Versicherungen werden in Zukunft weiter in Bedrängnis kommen, weil die Anzahl fauler Kredite zwangsläufig mit der fortschreitenden Überschuldung und den explodierenden Kapitalkosten zunehmen werden. Am Ende drohen sogar argentinische Verhältnisse.

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      14.6.03 Schily für verstärkte Videoüberwachung


      Kofferschleusen auf Bahnhöfen abgelehnt
      Berlin - Als Reaktion auf den Fund einer Kofferbombe auf dem Dresdner Hauptbahnhof hat Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) angekündigt, die Videoüberwachung an Bahnanlagen zu verschärfen. "Wir werden die Videoüberwachung der Bahnanlagen erheblich intensivieren", sagte Schily der "Bild"-Zeitung.
      ... Deutschland sei ein Angriffsziel der Terroristen, und es sei "dringend erforderlich, dass die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden". Dazu gehöre, dass "Überwachungsprotokolle geführt werden". Koschyk verwies darauf, dass im Bedarfsfall, zum Beispiel bei Einsätzen bei Großveranstaltungen wie Fußballspielen, der Bundesgrenzschutz die Videoüberwachung mit der erforderlichen Datenspeicherung vornehme. AP (Welt, 14.6.03)

      Kommentar: Auf irgendwelche nicht aufgeklärte Anschläge reagieren die Verantwortlichen immer sofort mit dem Ausbau des Überwachungsnetzes. Manchmal hat man fast den Eindruck, dass solche „Koffer“ ungeduldig erwartete oder hochgespielte Ereignisse sind, um wieder mehr die Freiheit beschränken zu können. Dabei hilft dies überhaupt nicht, Anschläge zu verhindern, da ein potnetieller Attentäter immer Mittel und Wege finden wird, um Terror zu machen.


      Kommentare v.Günter Hannich
      Geldcrash.de
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 14:00:07
      Beitrag Nr. 3.094 ()
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 14:02:22
      Beitrag Nr. 3.095 ()
      Die Baisse dauert an!

      Am 11. Juni wurde der Investors Intelligence Survey herausgegeben. Dieser zeigt Rekord Zahlen: Die Differenz zwischen Bullen und Bären stieg auf 42%, das höchste Differential seit August 1987. Diese extreme Bullenpsychologie bestand damals bevor der Markt im Oktober zusammenkrachte. (Black Monday) Übernacht wurden 22% des Dow ausradiert. Jetzt handelt der SPX bei einem KGV von 35, welches höher liegt als in den Spitzen 1929, 1987 und 2000. Mit diesen Zahlen hat in der Geschichte noch nie ein Bullenmarkt begonnen. Es muß also mit bevorstehenden Überraschungen gerechnet werden. Siehe letzte Vola-Charts unter Analysen

      Der Verbrauchervertrauens-Index der Uni Michigan war heute überraschend von 92,1 auf 87,2 gefallen. Daraufhin knickte der Markt ein. Wir haben schon mehrfach darauf hingewiesen, daß die fundamentalen Daten der US-Wirtschaft denkbar negativ sind.

      Die Märkte stehen wieder einmal an einem kritischen Punkt. Die überwiegende Mehrheit der Marktschreiber ist "bullish" und der VIX in der "20er" Region. Hier fanden in der Vergangenheit immer die Wenden statt, wenn der Markt in voller Zufriedenheit den Bullen gallopieren lässt. Der nationale Einkaufsmanagerindex konnte die Marke 50 nicht überschreiten. Es ist höchste Aufmerksamkeit angesagt, denn ein Kollaps kann sehr sehr schnell stattfinden. Die Navigation läuft nach Elliott in eine große Welle 3. Dreier Wellen sind verheerend in einem Bärenmarkt. In einem Bullenmarkt generieren sie gute Gewinne. Dreier Wellen sind meist ausgedehnt. Nicht zu vergessen ist die Zeit um Ende Juli/Anfang August, ein signifikantes 21 Jahres-Tief. Eine neue "Blase" hat sich gebildet. Überkauft und resistent.

      Das Fibodatum hierzu wäre der 3./4. August 2003 (144 Tage seit demTief 12.3.2003) Montag 4. August 2003
      evotrade.de
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 14:15:23
      Beitrag Nr. 3.096 ()
      Hinter dem steigenden Rohölpreis steht etwas höchst Beunruhigendes
      (16.06.2003)

      Das Rohöl und sein Preis werden ein herausragendes Thema an den Finanz- und an den Rohstoffmärkten spielen. Dies hat einen, über den Tagesereignissen häufig vergessenen Grund: Die Vorräte in den OECD-Ländern sind extrem gering, und es wird von Tag zu Tag unwahrscheinlicher, dass sie bis zum Spätsommer auf ein ausreichend hohes Niveau gebracht werden, um der Versorgung im nächsten Winter gelassen entgegensehen zu können. Geradezu fatal wäre es vor diesem Hintergrund, wenn der Bedarf wegen einer möglichen Erholung der Weltwirtschaft steigen sollte.

      Doch nun scheint sich ein weiterer Aspekt abzuzeichnen, der die Situation am Ölmarkt krass zuspitzen könnte. Es wird seit Tagen über nächtliche Unruhen in Iran berichtet. Studenten und andere Kreise fordern mehr Freiheiten zu Lasten des Einflusses der Kleriker.

      Es ist nicht lange her, da wurde in Washington laut darüber nachgedacht, ob man nicht einen Aufstand in Iran provozieren solle, um auch gegen dieses Land eine Militäraktion zu starten. Wir erinnern uns: Präsident Bush hatte Iran als Teil einer "Achse des Bösen", also als einen Schurkenstaat, bezeichnet. So, wie er gegen den Irak vorgehen ließ, würde es wohl kaum noch jemanden wundern, wenn er tatsächlich die früher von den Sowjets praktizierte Methode wählte und sich von iranischen Aufständischen zur Hilfe rufen ließe. Wobei wir daraus ausdrücklich keinen Vergleich zwischen den Sowjets und der amerikanischen Regierung herzuleiten beabsichtigen, sondern nur auf die Methodik hinweisen wollen.

      Die Amerikaner sind mit Mannen und Gerät nun schon einmal "da unten". Und sie haben neben allen anderen Überlegungen auch ein Interesse daran, die Grenze zwischen Afghanistan und Iran unter Kontrolle zu bekommen. In dieser Region gibt es inzwischen nämlich ernste Probleme, die den Erfolg des militärischen Eingreifens in Afghanistan zunehmend in Frage stellen.

      Falls die Amerikaner militärisch nun auch gegen Iran aktiv werden sollten, fiele wenigstens vorübergehend ein bedeutender Öllieferant aus. Und das in einer Zeit, in der es auch in Venezuela wieder rumoren beginnt.

      Die Situation am Ölmarkt ist aus all diesen Gründen ernster, als es derzeit noch in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen wird.


      Arnd Hildebrandt

      Herausgeber

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      Wussten Sie schon, dass...?
      (16.06.2003)

      Die europäischen Aktienbörsen erzielten im vergangenen Jahr Einnahmen von 4,9 Milliarden US-Dollar, die nordamerikanischen hingegen nur 4,5 Milliarden Dollar.


      (Quelle: Economist)

      taurosweb.de
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 14:22:39
      Beitrag Nr. 3.097 ()
      Wen darf man mit wem vergleichen?
      von Hannsheinz Bauer

      Manche meinen, zum Thema Irakkrieg sei genug gesagt. Nun sei mehr Zurückhaltung als Überspitzung ratsam. Nein. Die derzeitige US-Führung hat ein solches Ausmaß an Unwahrhaftigkeit, Heuchelei und Brutalität an den Tag gelegt, daß diplomatische Befürchtungen - etwa daß wir uns durch Kritik oder gar schon durch Nichtbeteiligung an Feldzügen wie gegen den Irak isolieren würden - fehl am Platze sind. Aber dürfen wir den Vorsteher des Weißen Hauses in Washington mit dem Nazi-Diktator vergleichen?

      Warum nicht? Falsch wäre es, beide umstandslos gleichzusetzen. Vergleichen und gleichsetzen ist zweierlei.

      Wenn wir Deutsche, vor allem wir Alten, mit dem Finger auf die USA zeigen, setzen wir uns sofort dem Verdacht aus, von unserer eigenen geschichtlichen Verantwortung ablenken zu wollen. Doch gerade nach den deutschen Verbrechen der Nazizeit sind die allgemein gültigen Kriterien der Menschenrechte und des Völkerrechts formuliert worden, die in der UN-Charta stehen. An diesen Kriterien ist das Handeln heutiger Regierungen zu messen. Deswegen wehre ich mich dagegen, daß manche Zeitgenossen, auch Amtspersonen, jeden Vergleich als Majestätsbeleidigung und Staatsvergehen zurückweisen - wie im Fall der Justizministerin Herta Däubler-Gmelin, die kurzerhand aus dem Amt gejagt wurde. Mich kann keiner daran hindern, den gegenwärtigen US- und den einstigen NS-Führer zu vergleichen.

      Wer sich an die UN-Charta, an die Leitlinien des Völkerrechts, der Allgemeinen Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit auch im demokratischen Innenleben der Staaten gebunden fühlt, kann auf die Handlungen des Präsidenten Bush nicht anders reagieren, als sie als Verstöße gegen elementare Normen anzuprangern und vor allem junge Menschen darauf hinzuweisen, wie solches autoritäres Ge baren den Weg in die Diktatur ebnen kann. Es gibt nicht nur Affinitäten, sondern Analogien zur Praxis Hitlers.

      Der "Präventivkrieg" gegen den Staat des Saddam Hussein begann mit der Propagandalüge, dieser stelle eine latente Dauerbedrohung der USA und anderer Staaten dar, da der irakische Diktator Massenvernichtungsmittel bereithalte. Der Kriegsverlauf sowie vorher die Untersuchungen der von den Vereinten Nationen beauftragten Blix-Kommission ergaben keinerlei Beweise für diese primäre Kriegsbegründung der USA und Großbritanniens. Außerdem war von vornherein klar, daß Saddam Hussein solche Waffen, wenn er sie gehabt hätte, gar nicht anwenden konnte, weil er mangels erforderlicher Logistik (Flotte oder moderne Luftwaffe) gar nicht in der Lage gewesen wäre, sie ins Ziel zu bringen. Die Dreistigkeit der US-Regierung steigerte sich noch, als sie nun - unter Desavouierung der Blix-Gruppe und deren Auftraggebers UN - die Entsendung eines eigenen Untersuchungsteams mit CIA- und FBI-Agenten ankündigte. Die Lügenhaftigkeit der Kriegsbegründung erinnert an Hitlers "Ab 5.45 Uhr wird zurückgeschossen" zu Beginn des Zweiten Weltkriegs mit dem Überfall auf Polen.

      Gewiß sind die beiden von Herkunft und Typus her sehr unterschiedlich, aber die Unterschiede werden überdeckt durch das gewollt forsch-militärische Gehabe bei ihren öffentlichen Auftritten. Vergleichbar ist die Selbstverständlichkeit, mit der einst Hitler und jetzt Bush in ihrem Reden und Handeln von der Überlegenheit arisch-deutschen Wesens oder US-amerikanischer Lebensart ausgehen. Ähnlich erscheint mir das Sendungsbewußtsein der beiden, mit dem sie einen geradezu natürlichen Anspruch auf militärische und wirtschaftliche Dominanz erheben. Beide glühende Nationalisten mit hegemonialen Gelüsten, wobei sich Bush religiös-sektiererisch auf Gott beruft wie einst Hitler auf "die Vorsehung". Auch die an Fanatismus grenzende Besessenheit beider in Wortwahl und Tonfall darf nicht übersehen werden.

      "Wir werden weitermarschieren, bis alles in Scherben fällt; heute gehört uns Deutschland, morgen die ganze Welt!", grölte Hitlers Soldateska. Ähnlich großmäulig sagt nun Bush: "America first" und "Wer nicht für uns ist, ist gegen uns" oder, auf Syrien angesprochen: "Eines nach dem anderen - alles zu seiner Zeit."

      Hitler trat bald nach seiner "Machtergreifung" aus dem Völkerbund aus. Bush mißachtet die UN und deren Beschlüsse und die Normen des Völkerrechts. Damit entwertet er die UN, die einst von den USA mitgegründet und gefördert wurden. Er unterbindet den Beitritt der USA zum Internationalen Strafgerichtshof, um sich den Rücken freizuhalten für künftige Aktionen wie im Irak.

      Vergleichbar ist auch die Art der Kriegsführung. Zeitzeugen des Zweiten Weltkriegs erinnern sich zeitlebens der durch Mark und Bein gehenden Heultöne, wenn deutsche Sturzkampfbomber-Geschwader ("Stukas") zwecks "Aufbereitung des Geländes" Städte wie Rotterdam, Warschau und Belgrad bombardierten. Heutige Bombardierungen durch die US-Luftwaffe sind noch wirkungsvoller, zum Beispiel wenn Streubomben oder mit Uran angereicherte Geschosse verwendet werden. Heute wie damals läßt es die Strategen kalt, welche Schäden dabei entstehen, nicht nur an militärischen Zielen, nicht nur an Verkehrswegen und Brücken, sondern auch an Verwaltungsgebäuden, Betrieben, Schulen und Krankenhäusern ("Kollateralschäden"). Zu den vielen Parallelen in der Kriegsführung gehört auch die Drohung mit der Superwaffe; die USA haben den Einsatz von Atomwaffen ausdrücklich nicht ausgeschlossen.

      Nicht zuletzt die Art, wie die Supermacht USA durch mehr oder minder starken Druck sogenannte "Partner" in ihre strategischen Ziele einspannt und unterordnet - ohne daß die Trabanten wegen mangelnder vorheriger Konsultation aufbegehren und Widerstand leisten -, erinnert mich an den einstigen deutschen Umgang mit "Verbündeten". NATO-Mitglieder lassen sich zu "Willigen", Willfährigen herabstufen, wobei Tony Blair als Steigbügelhalter möglicherweise davon träumt, noch einmal einen Hauch vom Glanz des früherem Empire spüren zu können. Wie bei den willkürlichen Grenzziehungen im Nahen Osten nach dem Ersten Weltkrieg mag London nach dem Irak-Krieg wieder mithelfen wollen, eine neue Landkarte der Region zu zeichnen, Blair mag sich dabei wirtschaftliche Vorteile erhoffen. Jedenfalls müssen Gefolgschaftsunwillige in Gefüge des Bündnisses damit rechnen, in die Kategorie der nach Belieben definierten "Bösen" eingeordnet und in der Folge mit Nachteilen bedacht zu werden.- Die NATO hat nach Auflösung der Sowjetunion und des Warschauer Pakts als Bollwerk gegen den "Bolschewismus" ausgedient. Die USA sind jedoch als ihr Befehlshaber und Nutznießer daran interessiert, ihren Machtbereich auszudehnen und durch die "Osterweiterung" der NATO sich im Osten neue Märkte zu erobern (auch Absatzmärkte für ihre Rüstungsindustrie) und neue "Partner" unter ihre Botmäßigkeit zu bekommen. Dies ist eine ihrer Methoden, ihre Stellung als Weltmacht zu festigen. So könnte man Bush und Rumsfeld für den Chorgesang empfehlen: "Wir werden weiter zerbomben, bis alles in Scherben fällt; heut` untersteht uns der Westen, morgen die ganze Welt!" Oder werden sich - über Europa hinaus - Völker und Staaten doch noch rechtzeitig zusammenfinden, um den Vormarsch der USA noch zu bremsen?

      Ich habe nur auf einige Parallelen hingewiesen, etliche andere - zum Beispiel bei der Behandlung von Gefangenen - ließen sich hinzufügen. Das alles berechtigt nicht zur Gleichsetzung. Solche Verbrechen wie die fabrikmäßige Menschenvernichtung in Auschwitz sind einmalig und dürfen niemals vergessen werden. Unsinnig ist aber das häufig zu hörende Argument, daß wir Bushs Politik unterstützen müßten, weil einst die USA mitgeholfen haben, das Nazi-Regime niederzukämpfen. Vielmehr sind wir es den Opfern des Kampfes gegen Hitler-Deutschland schuldig, auf die Rechtsnormen zu achten, die damals erkämpft worden sind und die jetzt von Bush rücksichtslos niedergetrampelt werden. Verantwortlich in die Zukunft denkende Politiker sollten daher überlegen, ob nicht nach derart gravierenden Völkerrechtsverletzungen wie auf den Kriegsschauplätzen Balkan, Afghanistan und Irak ein internationales Tribunal in Aktion treten sollte.

      Hannsheinz Bauer (SPD), Ossietzky-Lesern schon durch frühere Beiträge bekannt, ist das einzige noch lebende Mitglied des Parlamentarischen Rates, der 1948/49 das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland auf den Weg gebracht hat.

      http://www.sopos.org/aufsaetze/3ee9f8c72d31a/1.phtml
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 14:31:54
      Beitrag Nr. 3.098 ()
      -------------------------

      Schuldnerstaat USA
      von Werner Biermann

      Angesichts ihrer gewaltigen militärischen Machtentfaltung und globalen Militärpräsenz erscheint es absurd, die Vereinigten Staaten von Amerika als ein vom Zusammenbruch bedrohtes Imperium zu bezeichnen. Eine Weltmacht, die für militärische Zwecke mehr aufwendet als alle anderen Regional- und Mittelmächte zusammengenommen, scheint in Kraft zu stehen. Ein Staat, der seine Interessen offenbar weltweit durchsetzen kann, ohne Rücksicht auf andere Staaten, ist, sollte man meinen, nicht schwach, sondern äußerst stark.

      Aber die Politik der kriegerischen Selbstherrlichkeit kann wirtschaftliche Abhängigkeiten nicht aushebeln. Die USA sind hochgradig überschuldet; sie benötigen in steigendem Maße ausländisches Kapital, um ihre eigene wirtschaftliche Lage zu festigen.

      Die folgende Tabelle vermittelt einen Überblick über die Entwicklung. Die Gesamthöhe der Schulden in den USA entspricht mittlerweile dem Dreifachen des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Streng genommen sind die Vereinigten Staaten reif für den Konkursrichter:

      Jahr Gesamt Staat Private Haushalte Unternehmen Finanzsektor
      1964 1.028 356 290 285 53
      2000 26.497 4.664 6.497 6.529 8.457
      2002 29.968 4.806 7.245 6.953 9.617

      US-Verschuldung, Angaben in Milliarden Dollar, berechnet nach Angaben der US Federal Reserve

      Die Verschuldung wächst im Jahresdurchschnitt um zehn Prozent, während die volkswirtschaftliche Wachstumsrate lediglich drei bis fünf Prozent beträgt. Das heißt, daß die Chance, Zinsen und Tilgungsraten aus eigener Kraft zu zahlen, sinkt und sinkt. Die Vereinigten Staaten müssen also weitere Schulden machen, um die fälligen Verbindlichkeiten zu decken.

      Allein der Schuldenstand des Finanzsektors (Banken, Versicherungen, Fonds) entspricht mit mehr als neun Billionen Dollar fast dem gesamten BIP. Ein wesentlicher Grund hierfür liegt in dem gewaltigen Finanzbedarf für Firmenaufkäufe, die weitgehend fremdfinanziert wurden. Allein im Jahr 1999 verschlang die Monopolbildung 3,3 Billionen Dollar. Eine weitere Ursache ist die rasant gestiegene Verschuldung privater Haushalte. Die geborgten Mittel dienten zum großen Teil dem Kauf von Aktien und anderen Wertpapieren, zunächst um am Spekulationsboom zu verdienen, jetzt aber um auf diese riskante Weise die Existenz zu sichern. Die US-Wirtschaft außerhalb des Finanzsektors weist ebenfalls einen extrem hohen Schuldenstand auf. Offenbar kann die für weiteres wirtschaftliches Wachstum notwendige Vorfinanzierung kaum noch aus eigenen Mitteln bereitgestellt werden: Die Sparquote (Ersparnisse von privaten Haushalten, Unternehmen und Staat nach Abschreibungen), eine wesentliche Grundlage für Kapitalschöpfung, liegt gegenwärtig bei 1,6 Prozent des BIP. Das ist ein Sechstel des Niveaus der 1960er und 70er Jahre. Eine dermaßen niedrige Quote beeinträchtigt die Kapitalakkumulation. In den Jahren der Clinton-Präsidentschaft war die Entschuldung des Staates ein zentrales Anliegen gewesen: Indem der Staat keine zusätzlichen Finanzmittel benötigte und sogar eine vergleichsweise hohe Sparquote aufwies (2,3 Prozent im Jahr 2000), verbesserten sich die Möglichkeiten der Privatwirtschaft zur Geldbeschaffung. Dies wiederum wurde regte das Wirtschaftswachstum an. Unter der derzeitigen Regierung aber ist nicht mehr Entschuldung, sondern wieder Staatsverschuldung angesagt, vordergründig mit der Notwendigkeit begründet, im Kampf gegen den internationalen Terrorismus massiv aufzurüsten. Aus einem Überschuß wurde ein Staatsdefizit, das gegenwärtig zwei Prozent des BIP beträgt bei steigender Tendenz.

      Die weltwirtschaftliche Position der Vereinigten Staaten ist ebenfalls bedroht. In den vergangenen 15 Jahren stiegen Warenimporte in die USA um jährlich 15 Prozent; sie sind heute um mehr als 40 Prozent größer als Warenexporte von US-Unternehmen. Die eigene Industrie ist bei weitem nicht mehr in der Lage, die Binnennachfrage zu befriedigen, was als Indiz wirtschaftlicher Strukturschwäche zu werten ist.

      Die negativen Handelssalden müssen ausgeglichen werden. Früher geschah das über Profit- und Kapitalrückflüsse von Konzerntöchtern im Ausland an die Zentralen in den USA. Seit den neunziger Jahren reicht das nicht mehr aus. Der gegenwärtige jährliche Kapitalbedarf entspricht fünf Prozent des BIP, etwa 500 Milliarden Dollar. Deshalb wurde es notwendig, ausländisches Kapital anzuziehen. Zeitweilig flossen mehr als drei Viertel der in der Weltwirtschaft jährlich erwirtschafteten Überschüsse in die Vereinigten Staaten. Eine solche Art der kurzfristigen Kapitalanlage hat ihren Sinn, wenn die Konditionen günstig sind. Diese Voraussetzung war gegeben, solange die USA mit im internationalen Vergleich hohen Zinsen, niedriger Besteuerung, laxer staatlicher Kontrolle - besonders attraktiv bei Geldwäsche - und boomenden Börsen lockten. Allein aus privaten Quellen war bis 2000 - dem Jahr des Börsenkrachs - eine Billion Dollar solcher ausländischer Gelder in den USA angelegt. Dann aber setzte ein dramatischer Rückgang ein; gegenwärtig ist die kurzfristige Kapitalanlage auf etwa 500 Milliarden geschrumpft - was im Zusammenhang mit der weltweiten Wirtschaftskrise zu sehen ist.

      Im Jahre 2000 ging der von der US-Wirtschaft initiierte Spekulationsboom zu Ende; seitdem sind allein auf dem US-Markt Aktiendepots im Wert von sieben Billionen Dollar vernichtet worden, weltweit wird der Wertverlust mit zwölf Billionen beziffert. Die Krise im Finanzmarkt hat unmittelbare Auswirkungen auf die Realökonomie, in der die Produktion global zurückgeht und gegenwärtig nur noch 65 Prozent des Ausstoßes im Jahr 2000 beträgt. Besonders betroffen von der Depression sind Japan und die Bundesrepublik, die wichtigsten Produktionsstätten der Weltwirtschaft. Die Börsennotierung der Industrieunternehmen (Standard and Poor`s Composite Index) spiegelt die Depression wieder: Lag der Index auf dem Höhepunkt des Booms bei 1500 Punkten, so erreicht er heute nicht mal mehr 900 Punkte. Die drastisch gesunkenen Gewinnchancen veranlassen das Industriekapital, seine Profitlücke über hochriskante Finanzaktionen zu schließen. Nach Angaben der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich nahm die Nachfrage nach Finanztiteln spekulativer Art in den letzten Jahren um 15 Prozent zu; die Währungsspekulation verzeichnete einen noch höheren Zuwachs. Zugleich verfiel der Dollarkurs, im Jahre 2002 um mehr als zwölf Prozent gegenüber den anderen wichtigen Währungen.

      Hinzu kommen spezifisch US-amerikanische Krisenmerkmale: Sinkende Einkommen, schrumpfender Privatkonsum und eine galoppierende Verschuldung der Privathaushalte und Unternehmen bilden wichtige Indikatoren. Die offiziell ermittelte Arbeitslosigkeit beträgt 6,2 Prozent und mag im Vergleich zu anderen Ländern niedrig erscheinen. Aber ihr liegt lediglich die Haushaltsbefragung des Arbeitsministeriums zugrunde; eine halbwegs exakte Erfassung durch Arbeitsämter gibt es nicht. Es gehört außerdem zu den Eigenarten des US-amerikanischen Systems, Arbeitnehmer, die von betriebsbedingter Kündigung betroffen sind, nicht als Arbeitslose zu erfassen. Nach realistischen Schätzungen sind gegenwärtig in den USA mehr als elf Millionen Menschen arbeitslos - ohne irgendeine soziale Absicherung.

      Als ein weiteres Merkmal der aktuellen Krise in den USA muß der Gangsterkapitalismus erwähnt werden: Die Financial Times veröffentlichte am 31. Juli 2002 einen Untersuchungsbericht über die 25 größten Konkurse von US-Unternehmen seit Januar 2001. Die 81 Vorstände und 27 Direktoren der Pleiteunternehmen häuften ein Privatvermögen von 3,5 Milliarden Dollar an, während die von ihnen geleiteten Unternehmen untergingen. Dieses Vermögen entstand im wesentlichen durch Aktienspekulationen; die Spitzenmanager fälschten Bilanzen und wiesen Gewinne aus, die es tatsächlich nicht gab. Während so getäuschte Anleger bereits wertlos gewordene Aktien kauften, liquidierten die als "Barons of Bankruptcy" bezeichneten Industriekapitäne ihre eigenen Aktiendepots. Betrug im großen Stil führte zur Vernichtung von mehr als 1,5 Millionen Arbeitsplätzen und zu einer in die Milliarden gehenden Geldvernichtung an den Börsen.

      Selbstverständlich gilt für die betrügerischen wie für die der Form nach seriösen Operationen im Kapitalmarkt: Es gibt allemal Verlierer und Gewinner. Auch aus der Verschuldung (der einen) läßt sich Profit (der anderen) machen. Die Interessen einer "Volks"-Wirtschaft sind nicht identisch mit denen der einzelnen Unternehmen. Und auchan der Krise läßt sich gut verdienen.

      Eine volkswirtschaftliche Bilanz erfordert die Gegenüberstellung von Schulden gegenüber dem Ausland und eigenen Vermögenswerten. Man könnte annehmen, daß angesichts der vorgeblichen Bedeutung US-amerikanischer Konzerne in der Weltwirtschaft diese Bilanz zugunsten der USA ausfiele. Das Gegenteil ist der Fall: Die Kapital- und Kreditverpflichtungen der USA übertreffen die eigenen Wertbestände um 2,5 Billionen Dollar. Im Klartext bedeutet dies, daß bei einem Kassensturz die Vereinigten Staaten nicht in der Lage wären, ihren internationalen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen, auch wegen der binnenwirtschaftlichen Schuldenstände.

      Vor diesem Hintergrund erklärt sich die aggressive Globalpolitik der US-Regierung: Mit militärischer Gewalt will sie die Weltwirtschaft in Haftung nehmen, um das eigene Überleben zu sichern.


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      Kommentare:


      Erschienen in Ossietzky 10/2003

      http://www.sopos.org/aufsaetze/3ee9f8d0bfadb/1.phtml
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 14:39:52
      Beitrag Nr. 3.099 ()
      @ #3084 von Trevenion

      Ich möchte da noch was ergänzen.......


      Was sind denn Zinsen eigentlich ???

      Wenn man`s genau nimmt, sind Zinsen der Gewinnanteil, die der Kreditgeber an dem Zugewinn erhält, die der Kreditnehmer mit dem vom Kreditgeber gewährten Geld erwirtschaftet.

      Wenn der Keditnehmer mit dem Kredit einen Gewinn im Jahr von 20 Prozent erwirtschaftet und er 7 Prozent Zins zahlen muss, hat er 13 Prozent Gewinn gemacht.

      Wenn der Keditnehmer mit dem Kredit einen Gewinn im Jahr von 7 Prozent erwirtschaftet und er 7 Prozent Zins zahlen muss, hat er keinen Gewinn, aber auch keinen Verlust gemacht.

      Wenn der Keditnehmer mit dem Kredit einen Gewinn im Jahr von 2 Prozent erwirtschaftet und er 7 Prozent Zins zahlen muss, hat er 5 Prozent Verlust gemacht macht.


      Logisch, gell.......
      Klar, wenn man einen Investitionskredit nimmt !


      Wenn man aber einen Verbraucherkredit aufnimmt und man sich damit eine dicke Stereoanlage kauft, macht man
      damit Null Prozent Gewinn und somit bei 7 Prozent Zinssatz, 7 Prozent Verlust auf sein Einkommen/Vermögen.

      Wie ist das denn dann bei unserem Staat ???
      Nimmt er mit dem Geld einen Investitions- oder einen Verbraucherkredit auf ???

      Teils teils.

      Er verwendet das Geld sowohl in Investitionen, als auch in den Konsum(Sozialleistungen). So genau kann man dass eigentlich nicht ausmachen, weil ja alles in einem großen Topf kommt. Auch wenn in der Verfassung steht, dass der öffentliche Hand nicht mehr Kredite aufnehmen darf, als sie zusatzlich investiert, kann sie ja natürlich die Einzelhaushalte so biegen und schieben, dass es dann am Ende verfassungsgemäß passt. Na ja.......

      Auf jeden Fall habe ich meine starken Zweifel, dass der Bund und die Länder es schaffen, mit den zusätzlich aufgenommenen Geldern mehr Steuern einzunehmen, als nach der zusätzlichen Keditaufnahmen ein mehr an Zinsen gezahlt werden müssen.

      Der Staat verkonsumiert also nicht nur frühzeitig den zukünftigen Wohlstand kommender Generationen, NEIN !!!!!, er macht vermutlich auch noch mit den aufgenommenen Krediten durch die Zinszahlungen dicke Verluste !!!!!!!


      H_S
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 15:04:34
      Beitrag Nr. 3.100 ()
      #3086 Harry, was glaubst du, bekommen wir vor der "Argentinisierung" noch eine Deflation in D?
      Kann es sein, dass in USA Inflation herrscht, während bei uns Deflation kommt?
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 15:49:02
      Beitrag Nr. 3.101 ()
      Harry_Schotter,

      Du schreibst: Ich glaube hier hast du dch verrechnet.



      Angenommen wir haben ein jährliches BIP von 1 Billion Euro.

      In der BRD sind es ziemlich genau 2 Billionen

      Die Staatsqoute beträgt in Deutschland ungefähr 50 Prozent.

      Richtig.

      Das machen dann 500 Milliarden Euro. Eine 3 prozentige Neuverschuldung auf die 500 Milliarden Staatseinnahmen(Steuereinnahmen) wären dann 15 Miliarden Euro neuer Kredit.

      Die Staatsquote, das ist das Verhältnis der Staatsausgaben zur gesamten Wirtschaftsleistung ( oder BIP, der Wert aller hergestellten Güter und erbrachten Dienstleistungen), spielt bei der Berechnung des Staatsdefizit keine Rolle. Das wäre ja noch schöner. Würde ja bedeuten, dass die VW mit der höchsten SQ auch den besten Verschuldungsquotienten hat.

      2.000 Mrd. BIP in 2002 zu 75 Mrd. Neuverschuldung. Die 75 Mrd. sind das gesamtstaatliche Defizit. Also mit Bund, Länder un Kommunen. Wenn Hans für 2003 von 18 Mrd. Defizit für den Bund spricht, dann klingt das nicht weiter tragisch. Der Bund aber ist nur einer von den drei defizitären Sparten.


      Ein 3 Prozentiges Wirtschaftswachstum auf einem Vorjahres BIP von 1 Billion Euro(1000 Milliarden Euro)wären dann 30 Milliarden Euro.

      Richtig, aber eine 3 prozentige Neuverschuldung beinhaltet auch 30 Mrd. und nicht nur 15 Mrd.


      Due musst von den 30 Milliarden Euro Wirtschaftswachstum ja keine 15 Milliarden Euro abzwacken, sondern nur 750 Millionen Euro !!!!!

      Nicht 750 Mio. sondern 1500 Mio Zinsen für die 30 Mrd. neuen Schulden.


      Ich habe geschrieben:


      2. BIP-Wachstum = 0,5 der Neuverschuldung:

      Geht gerade so noch. Denn der Hans kann etwa 8% (grob geaschätzt, können auch 7 oder 9 sein) aus dem BIP für seine Schatztruhe absaugen. Zinscoupon für Bundesanleihen derzeit unter 4%. D.h. Mit dem zusätzlichem BIP kann man noch die Zinsen auf die neuen Schulden bezahlen. Trotzdem werden die Füße mit der Zeit ganz schön nass.


      Und jetzt noch die Gleichung dazu:

      neues BIP= 50€
      neue Schulden= 100€, also das doppelte

      Zinsen bei 4%= 4€

      8% des neuen BIP´s in des Hansis Truhe= 4€

      4=4

      Dieses Jahr konnte gerade nochmal gerettet weden.
      :D


      Gruß Trevenion
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 16:10:38
      Beitrag Nr. 3.102 ()
      Hi Stormwatch :)

      Mit "Argentinisierung" meine ich, dass der Staat und die privaten Haushalte nicht in der Lage sind ihre Verpflichtungen zurückzuzahlen.

      Ich denke, Deutschland und Europa wird über kurz oder lang wegen dem anhaltendem Bevölkerungsschwund in die Deflation steuern, Amerika wahrscheinlich nicht, weil in den USA die Bevölkerung noch wächst.




      H_S
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 16:13:52
      Beitrag Nr. 3.103 ()
      @#3099 von Trevenion

      Einigen wir uns darauf, das jeder auf seine Art Recht hat.




      H_S :D
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 16:21:49
      Beitrag Nr. 3.104 ()
      Harry_Schotter in 3097,

      Du schreibst:

      Wenn man`s genau nimmt, sind Zinsen der Gewinnanteil, die der Kreditgeber an dem Zugewinn erhält, die der Kreditnehmer mit dem vom Kreditgeber gewährten Geld erwirtschaftet.


      Um Himmels willen. Und wenn der Kreditnehmer keinen Gewinn macht sondern Verluste. Muß dann der Kreditgeber noch was nachschießen, einen negativen Zins zahlen?

      Ohne Zinsen verleiht niemand sein Geld. Bekommt man für sein verliehenes Geld keinen Zins gibt man es auch nicht her. Sebst bei 100% Rückzahlungsgarantie verleiht es niemand (außer an Freunde). Davon abgesehen gibt jeder Gläubiger ein Versprechen auf Rückzahlung. Bei Null Zins kann man nichts gewinnen - nur verlieren. Der Zins ist ein Anreiz sein Geld zu verleihen.

      Der Zins ist mit der natürlichste Vorgang auf dieser Welt.



      Wenn der Keditnehmer mit dem Kredit einen Gewinn im Jahr von 20 Prozent erwirtschaftet und er 7 Prozent Zins zahlen muss, hat er 13 Prozent Gewinn gemacht.


      Gratuliere! Aber das ist nur die Ausnahme. Wenn das die Regel wäre, dann verleiht der Kreditgeber nicht mehr, sondern er investiert selber. Oder er verlangt 15% dann bleiben ja noch 5 übrig




      Wenn der Keditnehmer mit dem Kredit einen Gewinn im Jahr von 7 Prozent erwirtschaftet und er 7 Prozent Zins zahlen muss, hat er keinen Gewinn, aber auch keinen Verlust gemacht.


      Das würde vielen schon reichen.


      Wenn der Keditnehmer mit dem Kredit einen Gewinn im Jahr von 2 Prozent erwirtschaftet und er 7 Prozent Zins zahlen muss, hat er 5 Prozent Verlust gemacht macht.


      Das ist leider die Regel geworden

      Wenn man aber einen Verbraucherkredit aufnimmt und man sich damit eine dicke Stereoanlage kauft, macht man damit Null Prozent Gewinn und somit bei 7 Prozent Zinssatz, 7 Prozent Verlust auf sein Einkommen/Vermögen

      Richtig. Der Zins bei einem Verbraucherkredit ist auch eine Strafe/Gebühr dafür, dass man die dicke Stereoanlage jetzt schon hat und nicht erst im nächsten Jahr.

      Gruß Trevenion
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 17:44:57
      Beitrag Nr. 3.105 ()
      @trevenion

      besuche bitte mal die Seiten


      www.systemfehler.de

      www.geldreform.de/gesell/nwo/

      www.volksgeld.de


      www.userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/walker/gdg.htm
      http://www.inwo.de
      (die vom mir zu diesem Thema geposteten Infos in diesem Forum hast du anscheinend noch nicht gelesen)
      und dann können wir darüber reden ,ob Zins das natürlichste Vorgang auf der Welt ist.
      Das Zinssytem ist das naturwidrigste System auf dieser Welt.
      Ein Tumor wächst genauso, und das Ende kennen wir ja.
      Geld ist ein Tauschmittel und sollte kein Machtmittel sein
      Wenn die Hortung von Geld was kosten würde, hätte man schnell ein Anreiz das Geld ohne Zins zur Verfügung zu stellen, damit das Geld nicht weniger wird, Die Werterhaltung wär das Ziel und nicht die Wertsteigerung.
      Leistungsloses Einkommen wird auf Lasten der einfachen Bürger generiert. Und außerdem müssen von Jahr zu Jahr die Zinsen erarbeitet werden.Da es aber ein exponentielles Sytem ist, kann es am Ende nicht funktionieren.
      Da helfen dann weder die Rationalisierung noch die Arbeitsverteilung oder -verlängerung oder Arbeitskosten senken etc..
      In diesem System muss der Faktor Arbeit mit dem Kapital konkurrieren, da aber das Kaptital mit dem Zins ausgesttattet ist, genießt es einen Vorteil.
      z.B. in diesem System lohnt es sich nicht , wenn ein Unternehmen weniger Rendite als der Kapitalmarkt erwirtschaftet. Das Geld wandert dahin , wo die meiste Rendite zu erzielen ist.Investitionen(Produktion) werden auf Eis gelegt.
      Und um diese Rendite zu erwirtschaften versuchen die Unternehmer durch Rationalisierung die Kosten zu senken.
      Arbeitsabbau, Lohndumping, Subventionierung, usw.....
      sind die Folge, Ein Teufelskreis hat sich gebildet.
      Die Faktoren Arbeit , Produktionsmittel und Kapital müssen zusammen harmonieren und nicht konkurrieren und das erzeugt man, in dem man dem Geld sein Mehrwert (ZINS) nimmt.
      Der Wirtschaftskreislauf kann nur dann reibunslos funktionieren.
      Das Geld ohne Bedarf ist nur da vorhanden, wo ein Überfluss herrscht,(das Geld wird adipös,was gar nicht gesund ist.:rolleyes: :rolleyes: ) wovon das meiste durch Zins erworben wurde und diese gilt es zu beseitigen.
      Das Geld muss dahin wandern , wo der Bedarf zur Nachfrage nach Gütern und DL werden kann. Investitionen sollen sich auch bei einer Rendite z. B von 2% lohnen. Ein Staudamm für Geld darf es nicht geben.
      Bei zu geringer Rendite, zieht sich das Geld aus dem Wirtschaftskreislauf zurück und wartet bis es die Chance bekommt ein höheren Zins zu bekommen. Oder die Ursache (für ein höhren Zins)dafür, wird herbeigeführt.
      Ja,ja Geld regiert die Welt ,dank dem Mehrwert die Geld bsitzt. Ein Machtmittel. Eine Zweckentfremdung. Ein Missbrauch!
      das reicht fürs erste.

      Kann es unbegrenzten Wachstum geben?



      Unterschiedliche Wachstumsabläufe, Schemabeispiel
      Ein Wachstumsvorgang kann im Prinzip mit abnehmender (a), gleichbleibender (b) oder zunehmender Geschwindigkeit (c) ablaufen. Der Ablauf (a) entspricht den meisten Abläufen in der Natur. Beim Ablauf (b) bleiben die jeweiligen Zuwachsgrößen konstant, beim Ablauf (c) beginnen sie mit geringen Größen, die sich anschließend in gleichen Zeitabständen verdoppeln.

      Dieses Verdopplungswachstum erscheint in der Natur meist bei krankhaften Wachstumsprozessen, z.B. Tumoren. Es dürfte klar sein, dass diese Art von Wachstum in einer begrenzten Welt nicht lange Platz haben kann. Selbst ein lineares Wachstum ist in begrenzten Räumen auf Dauer niemals möglich. Beachtet man, dass bei uns die Geldvermögen und Schulden nach dem exponentiellen Wachstumsprinzip ablaufen und die Politiker zur Lösung der daraus resultierenden Probleme ein ständiges Wirtschaftswachstum fordern, wird die Irrealität unseres heutigen Verhaltens deutlich.:(
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 17:53:26
      Beitrag Nr. 3.106 ()
      Wenn der Staat pleite ist, wird ann nicht wahrscheinlicher inflationiert!?
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 17:55:53
      Beitrag Nr. 3.107 ()
      Hi Trevenion !

      "Wenn man`s genau nimmt, sind Zinsen der Gewinnanteil, die der Kreditgeber an dem Zugewinn erhält, die der Kreditnehmer mit dem vom Kreditgeber gewährten Geld erwirtschaftet."

      Du musst die Ausage im Allgemeinen und den Begriff "Gewinnanteil" nicht wortwörtlich, sondern als abstrakte Erklärung nehmen. Und dann ist die Aussage 150% richtig !!!!!:)

      Denn natürlich muss ein Unternehme ja Gewinn erwirtschaften, um aus den dann zu Verfügung stehenden Überschuß die Schuld nebst Zinsen zu tilgen und beim Arbeitnehmer besteht der "Gewinn" abstakt genommen aus seinem Arbeitseinkommen minus Lebenshaltungskosten. Könnte er grad mal nur die Lebenshaltungskosten bezahlen, wär auch kein Geld für die Kreditabbezahlung da.

      Und der Gläubiger möchte halt als Belohnung für das Risiko, dass er eingeht, ein festgesetzen "Anteil" des "Gewinns" erhalten, dass der Schuldner erwirtschaftet.

      Natürlich sieht der Kreditgeber den Zins nicht als echten Gewinnanteil. Wäre es trotzdem so, dann wäre es ja kein Zins, sondern eine Dividende. Und die wär dann vom Erfolg der unternehmerischen Tätigkeit des Betriebes abhängig.
      Aber der "Gewinnanteil" heißt und ist ja deswegen ein Zins, weil er über die Laufzeit feststeht und nicht abhängig vom Profit des Schuldners auf und ab schwankt.



      Und das mit den 20 Prozent ist doch nur ein Beispiel. Ich hätte auch 38, 72, 100, 5000, oder 1000000000000000000000% Gewinnertrag nehmen können. :)



      H_S
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 18:06:15
      Beitrag Nr. 3.108 ()
      Ja,ja Geld regiert die Welt ,dank dem Mehrwert die Geld bsitzt. Ein Machtmittel. Eine Zweckentfremdung. Ein Missbrauch

      Fehler korrigieren sollte heißen:Ja,ja Geld regiert die Welt ,dank dem Mehrwert, die die großen Geldbesitzer zu schätzen wissen.Ein Machtmittel. Eine Zweckentfremdung. Ein Missbrauch
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 18:10:37
      Beitrag Nr. 3.109 ()

      Wie weiter Herr Altvater?

      Linke Ökonomen und Marxisten machen es sich bei der Fehlersuche zu einfach.
      Aus einem Vorwort der "Zeitschrift für Sozialökonomie" von Werner Onken:


      … noch vor wenigen Jahren machten sich Gerhard Schröder und Tony Blair Gedanken über einen "Dritten Weg" in Wirtschaft und Politik. Sie erstrebten eine Synthese von wirtschaftlicher Freiheit und sozialer Verantwortung, bedachten aber dabei nicht, dass diese Synthese unerreichbar bleibt, solange die strukturelle Macht des Geldes zwischen beiden steht, soziale Ungleichheit erzeugt und dabei die vielbeschworene "neue Mitte" paralysiert. Inzwischen wurde die Suche nach einem "Dritten Weg" geräuschlos abgebrochen, was im Dschungel der Interessenpolitik ebenso wenig aufgefallen ist wie der allmähliche Abschied vom Ordoliberalismus während des ´deutschen Wirtschaftswunders´. Der Bedarf an Leitbildern für Wirtschaft und Politik scheint in Zeiten der Ich-AGs gering zu sein.
      Selbst kritische Köpfe wie der bekannte Politologe Professor Elmar Altvater wehren eine Beschäftigung mit dem tabuisierten Problem des Geldes ab. Auf einer Tagung referierte er Bedenkenswertes über die "Entbettung" der kapitalistischen Weltökonomie aus dem Naturzusammenhang. Allerdings stehe der Kapitalismus "seit 1989 ohne überzeugende Alternative in der Welt" da. Auf die Frage eines Teilnehmers, ob sich die sich selbst beschleunigende Dynamik des Geldvermögens- und Schuldenwachstums durch eine Reform der Geldordnung bremsen ließe, antwortete Altvater brüsk: "Die Idee ist alt und nicht totzukriegen, obwohl sie wenig Sinn macht." Es sei "absurd", den Zins mit einem kanonischen oder islamischen Zinsverbot "abzuschaffen und das Geld auf diese Weise wieder "in die gesellschaftlichen Zeit-Räume einbetten" zu wollen. (Schriftenreihe "Erwägen, Wissen, Ethik" Nr. 3/2002, S. 290 und 343) Macht es sich Altvater nicht zu einfach, wenn er den Verfechtern einer Reform der Geldordnung Ansichten unterstellt, die sie gar nicht vertreten, und sich dann eine ernsthafte Auseinandersetzung mit ihren tatsächlichen Zielen erspart? Ist es nicht vielmehr "absurd", die rasante Dynamik der internationalen Finanzmärkte weiterhin sich selbst zu überlassen bzw. ihr nur mit unzureichenden Steuerungsmechanismen zu begegnen?
      (…)

      Fernziel eines Paradigmenwechsels sollte sein, das Geld vom Herrscher über die Märkte zu ihrem Diener zu transformieren und die Marktwirtschaft vom Kapitalismus zu befreien, statt nur nach einem Mittelweg zwischen rheinischem und angelsächsischem Kapitalismus zu suchen. Obgleich die gegenwärtige Situation Japans hierfür Anknüpfungspunkte bietet, zeigen die Diskussionen über dieses Fernziel, dass der Weg dorthin noch durch große ´Mühen der Ebenen´ führen dürfte. Müssen soziale Abkühlung und Umweltzerstörung erst noch größere Ausmaße annehmen, bevor mehr Menschen eine Alternative zur kapitalistischen Marktwirtschaft suchen, die besser ist als die vielen Varianten des alten Staatsinterventionismus oder gar des Totalitarismus?
      Ihr Werner Onken

      Zeitschrift für Sozialökonomie Nr.136; aus dem Vorwort
      Siehe auch www.sozialoekonomie.info




      05.05.2003 inwo
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 18:15:46
      Beitrag Nr. 3.110 ()
      Tokio ist die teuerste Stadt der Welt
      (©GodmodeTrader - http://www.godmode-trader.de)



      Externe Quelle :

      Originalmeldung der Nachrichtenagentur AP

      Tokio ist die teuerste Stadt der Welt

      London (AP) Nirgends auf der Welt ist das Leben so teuer wie in Tokio. Die japanische Hauptstadt führt die diesjährige Liste der Städte mit den höchsten Lebenshaltungskosten an, die die Unternehmensberatung Mercer am Montag veröffentlichte. Auf den Plätzen zwei und drei folgen Moskau und Osaka. Der letztjährige Spitzenreiter Hongkong fiel auf Platz vier zurück, gefolgt von Peking und Genf, das damit sogar noch vor London rangiert. Unter den 50 teuersten Metropolen ist keine deutsche Stadt zu finden.

      Die teuerste nordamerikanische Stadt ist New York, das Rang zehn belegt und damit hinter Zürich liegt. Generell fielen die US-Metropolen in der Liste im Vergleich zum Vorjahr deutlich zurück, was auf die anhaltende Schwäche des Dollars zurückzuführen ist. Dagegen machte der starke Euro das Leben in Europa teurer: Mailand, das im vergangenen Jahr noch auf Platz 63 zu finden war, liegt nun an 17. Stelle, Dublin stieg vom 73. auf den 21. Rang und Paris von Platz 74 auf 23. Wien belegt Rang 34 (77 im Vorjahr) und Rom Rang 41 (99).

      Für die Studie wurden die Lebenshaltungskosten in 144 Ballungszentren weltweit untersucht. Am günstigsten lebt es sich demnach in Asuncion, der Hauptstadt von Paraguay. Auf dem zweit- und drittletzten Platz liegen Harare (Simbabwe) und Bogota (Kolumbien).

      Die 20 teuersten Städte (Vorjahresplatz in Klammern):

      1. Tokio, Japan (3)

      2. Moskau, Russland (2)

      3. Osaka, Japan (6)

      4. Hongkong, China (1)

      5. Peking, China (4)

      6. Genf, Schweiz (28)

      7. London, Großbritannien (10)

      8. Seoul, Südkorea (9)

      9. Zürich, Schweiz (32)

      10. New York, USA (7)

      11. Schanghai, China (5)

      12. St. Petersburg, Russland (8)

      13. Oslo, Norwegen (40)

      14. Hanoi, Vietnam (11)

      15. Kopenhagen, Dänemark (62)

      16. Ho-Chi-Minh-Stadt, Vietnam (14)

      17. Mailand, Italien (63)

      18. Shenzen, China (13)

      18. Guangzhou, China (11)

      20. White Plains, USA (16)

      http://www.mercerhr.com
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 18:18:31
      Beitrag Nr. 3.111 ()
      Mr. Champion

      Gleichklänge!

      Neuer Name, neues Glück?


      TecDax und Nemax 50 klingen zwar vollkommen unterschiedlich, sind sich aber fast völlig gleich. Denn von den 30 TecDax-Werten stammten nicht weniger als 26 „seriöse“ aus dem Vorläufer-Index (über die restlichen 24 denken wir besser nicht nach). Damit hat der Markt ein neues Kleid erhalten, das auf den ersten Blick - wie immer - recht hübsch erscheint. Doch bei jedem neuen Glück sieht zunächst alles rosarot aus.

      Entscheidend ist, wie es nach den ersten Problemen in diesem Neuen Markt, der ganz anders heisst, weitergehen wird. Theoretisch ist der TecDax völlig unbefleckt, denn die deutsche Börse hat sogar das obligatorische Trennungsjahr verkürzt und in diesen Tagen den Neuen Markt vorzeitig geschlossen (während der Nemax 50 kurioserweise noch bis Ende 2004 weiterberechnet wird). Der neue Name wird aber keine Skandale verhindern und letztlich kommt es darauf an, wie Anleger mit dem neuen Exotenmarkt umgehen.

      Auch der Neue Markt, der so hiess, hatte zwar phantastische Gewinn-Möglichkeiten eröffnet, aber am Ende doch nur wenige Anleger glücklich gemacht. Zunächst war es für viele Anleger Liebe auf den ersten Blick, doch nach den anfänglich grandiosen Kursgewinnen, gab es ein grausiges Erwachen, also die Schminke ab war. Auf einmal wurden die Schuldigen in den vielen offensichtlich inkompetenten und/oder gierigen Firmenleitern gesucht und gefunden. Doch für Aktionäre gibt es keine Entschuldigungen, solange die Aktienmärkte offen sind, denn es wird niemand gezwungen, seine Aktienposition weiterzuhalten. Wer die Notbremse bei einer negativen Entwicklung nicht ziehen mag oder kann, der hat in solch spekulativen Märkten nichts verloren. Also:

      Ein neuer Name eröffnet eine neue Chance, doch die ehernen Gesetzen der Anlage bleiben die gleichen. Sicher ist: Nach einigen turbulenten Jahren sollten alle Aktionäre dem neuen Marktsegment TecDax die Daumen drücken. Denn wenn es klappt profitiert letztlich jeder, ob mittelbar oder unmittelbar. Deutschland hat nichts zu verlieren, aber viel zu gewinnen...

      Mr. Champion ist Kolumnist im boerse.de-Aktienbrief.

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      Avatar
      schrieb am 16.06.03 18:26:46
      Beitrag Nr. 3.112 ()
      SPARMASSNAHME

      Commerzbank plant Filialen ohne Mitarbeiter


      Die angeschlagene Commerzbank sucht vor allem im Privatkundengeschäft fieberhaft nach weiteren Einsparpotenzialen. Um die Kosten zu drücken, will das Institut demnächst voll automatisierte Filialen einrichten.

      Frankfurt am Main - Das Geschäft mit wenig vermögenden Privatkunden gilt bei allen deutschen Großbanken als höchst unprofitabel, weil einem hohen Personalaufwand vergleichsweise kleine Erträge gegenüber stehen. Tätigkeiten, die nicht unmittelbar zur Kundenberatung gehören, sollen bei der Commerzbank in Zukunft "verlagert, automatisiert oder ganz abgeschafft werden", teilte das Unternehmen am Montag mit. Die Selbstbedienungszone in den Filialen solle erweitert und 24 Stunden am Tag geöffnet werden. Neben den üblichen Geldautomaten und Kontoauszugsdruckern gebe es auch einen Automat zum Einzahlen von Geld.
      In einem Pilotprojekt wird die Bank ab Mitte Juni mit dem neuen Filialtyp zunächst an sieben bereits bestehenden Standorten in Deutschland starten. "Wir werden genau verfolgen, ob unsere Kunden die neuen Beraterfilialen akzeptieren. Verläuft die Pilotphase erfolgreich, werden wir in den Umbau weiterer kleiner Filialen investieren", sagte der Leiter des Privatkundengeschäfts, Martin Zielke.

      Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,253131,00.html, Spiegel Online, 16.06.2003

      :(
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 19:08:04
      Beitrag Nr. 3.113 ()
      @#3102 von Trevenion

      "Ohne Zinsen verleiht niemand sein Geld. Bekommt man für sein verliehenes Geld keinen Zins gibt man es auch nicht her. Sebst bei 100% Rückzahlungsgarantie verleiht es niemand (außer an Freunde). Davon abgesehen gibt jeder Gläubiger ein Versprechen auf Rückzahlung. Bei Null Zins kann man nichts gewinnen - nur verlieren. Der Zins ist ein Anreiz sein Geld zu verleihen.
      Der Zins ist mit der natürlichste Vorgang auf dieser Welt. "



      Da gebe ich dir absolut recht !!!!


      Aber bei den Menschen, die gut sein wollen, so wie, äh, manche blaue Monde zum Beispiel, bei solchen wirst du mit derartigen Aussagen, die du da postest, nur auf entrüstetes Unverständnis stoßen.

      Als guter christlicher, aufrecht moralisch denkender und handelnder Mensch sollst du selbstverständlich dein Geld ohne Zinsen verleihen !!!

      Denn alle Menschen auf der Welt sind deine Freude und wollen nur Gutes !!! :laugh:

      Klar, bei null Zinsen kann man natürlich nichts gewinnen, aber das sollst du natürlich auch nicht, weil die Befriedigung von eigenen (egoistischen)Bedürfnissen ganz furchtbar unmoralisch ist und du nur in völliger Hingabe und Nächstenliebe, ganz so wie Jesus Christus, nur an den Nächsten und niemals an dich selber denken sollst.

      So hatten sich auch gute Kommunisten die Wirtschaft und die Gesellschaft in der DDR vorgestellt und da hat das natürlich auch alles ganz prima geklappt, wie wir ja alle wissen. :D

      Ich verstehe nur nicht, warum die moralische Attitüde immer nur für die "Reichen" und niemals für die "Armen" gelten soll. Die dürfen ruhig egoistisch sein und sind deshalb noch lange keine menschenfeindliche Ekelpakete.

      Merkwürdig !?!?!?! :confused:

      Na ja, wenn wenn die "Reichen" geben und die "Armen" nicht nehmen würden, würde auch das ganze wohlmeinende System irgendwie überhaupt nicht funktionieren.






      Ich sach mal so, wir werden erst ein "Paradies" auf Erden haben, denn die Verfechter von Ideologien und Weltanschauungen gezwungen werden, dass selbst zu leben was sie gegenüber ihren Mitmenschen propagieren und ihnen ggv. aufzwingen.
      Auf ander Leute Kosten kann man bekanntlich immer eine schöne Welt bauen.
      Und das mein ich unabhängig von einer politischen, religiösen, oder anderen weltanschaulichen Richtung.


      H_S
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 20:41:32
      Beitrag Nr. 3.114 ()
      @Harry schotter

      Freiwirtschaft hat mit Kommunismus soviel zu tun, wie du von Freiwirtschaft eine Ahnung hast.
      Das Kapital oder Unternehmertum wird nicht verteufelt wie beim Kommunismus, sondern das Geld das seine Funktion nicht als Tauschmittel hat sondern Hortung =Machtmittel!
      und so sogar das Unternehmertum behindert. Die ganze Wirtschaft ins Verderben bringt, eben wie der Kommunismus.
      Leistunsloses Einkommen das sich von Jahr zu Jahr auf Kosten von anderen vermehrt, ist unsozial.


      Denn alle Menschen auf der Welt sind deine Freude und wollen nur Gutes !!!
      Ob man arm ist und egoistisch ist genauso schlecht, als wenn man reich und egoistisch ist.
      Die Menschen, die von diesem System profitieren,wollen für dich und die Menschheit nur das Beste.:D :D Deswegen gefällt Ihnen so ein tumorartiges System.Wenn man ein Tumor ist, ist es bis zum Ende schön!und mit der natürlichste Vorgang auf dieser Welt. gelle!
      10 nehmen und 1 geben damit auch alles sozial aussieht unter dem Namen Spenden.
      Oder bist auch ein Profiteur dieses Sytems?




      Als einzelner kann man wenig anrichten, das Zinssytem
      als ganzes muss geändert werden.
      Aber sofern es solche Leute wie du gibt, wird sich in naher Zukunft nicht ändern.
      Dann hast du bis zu deinem Lebensende Freude am Raubtierkapitalismus und den schönen Krisen, von denen die
      Nutznießer dieses Zinssytem Ihren Nutzen ziehen.
      Was soll`s; du bekommst ja Zinsen für dein Guthaben auf der Bank. Ein schönes Gefühl muss man dabei haben.
      Du hast ja keine Schulden, was kümmert mich dann der Zins!
      Wenn du keine Schulden hast, hat der Unternehmer oder der Staat Schulden.
      Der Staat oder der Unternehmer muss die Zinsen bezahlen.
      Der Staat muss es durch höhere Steuern und Abgaben beim Bürger holen, der Unternehmer beim Arbeiter.
      Und da fragen sich die Leute , wieso für wichtige Sachen kein Geld da ist.
      Das Geld ist wohl da, nur ist es in die Taschen von ein paar Milliardären gewandert Und die geben das Geld nur gegen Zinsen wieder heraus.
      Ein Art Monopoly Spiel.



      :rolleyes: :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 20:59:03
      Beitrag Nr. 3.115 ()
      Eine spannende Woche

      von Jochen Steffens

      Am Freitag dieser Woche ist mal wieder "dreifacher Hexensabbat". Ein Tag, an dem die Futures und Optionen verfallen. Im Vorfeld wird es wieder zu interessanten Kursmanipulationen kommen. Ich bin gespannt, ob sie den Dax noch weiter nach oben ziehen oder genau das Gegenteil eintritt. Unter den Daytradern gilt die Devise, am Tag vor dem großen Hexensabbat und an dem Tag selbst gelassen aus dem Markt zu bleiben. Zu leicht gerät man zwischen die Mühlräder der Institutionellen. Ich selbst nutze diese Tage, auch aufgrund des Feiertags, um für ein langes Wochenende nach Paris zu fahren. Dort findet am Wochenende das Fête de la Musique statt. Aber auch an diesen beiden Tagen werden wir Sie nicht alleine lassen: Mein Kollege Michael Vaupel, Chefredakteur vom Optionsschein-Profits, wird mich vertreten.

      Heute morgen zeigt sich der Dax wieder einmal überraschend stark. Seit Tagen führe ich Telefonate und versuche immer wieder Trader von ihrer bullishen Haltung abzubringen. Zum Teil erfolglos. Klar, die Europäer haben aktuell noch viel nachzuholen zum Thema "zu bullish" und immer mehr der Bären mutieren zu Bullen. Anders ist der starke Dax auch kaum zu erklären.

      Aufgrund der bisher eher bearishen Stimmung gibt es auch noch genug Käufer, die unbedingt aufspringen wollen. Der europäische Markt ist bei weitem noch nicht so überkauft wie der amerikanische. Sie glauben nicht, wie gut es tat, heute morgen mit einem Kollegen zu telefonieren, der ebenso bearish eingestellt ist. Es war ein hoch interessanter und tiefgreifender Gedankenaustausch, der einige meiner Zweifel beseitigte.

      Zur Börse: Aber was das eben sollte? Mit Schmunzeln und Kopfschütteln musste ich zusehen, dass die Bullen angesichts fehlender anderer positiver Nachrichten auf einen wirklich kaum beachteten Indikator zurückgegriffen haben, um sich bestätigt zu fühlen. Den US-Empire State-Index für Juni. Dieser war zwar gravierend besser ausgefallen, ist aber ein nur regional begrenzter Index. Trotzdem folgte nach Veröffentlichung ein deutlicher Kursanstieg. Ich bleibe da lieber bei den wirklich wichtigen Indikatoren.

      Und die wirklich wichtigen US-Konjunkturdaten werden erst morgen erwartet. Zeit genug für die Börsen mal wieder ein paar Bullen in den Markt zu treiben? Zu nennen ist als erstes die US-Kapazitätsauslastung und die US-Industrieproduktion. Sollte es hier zu Rückgängen kommen, dann dürfte klar sein, dass das Verbrauchervertrauen kein Ausrutscher war und die konjunkturelle Erholung bereits wieder Schwäche zeigt. Zumal schlechtere Werte sich auch direkt wieder negativ auf den Arbeitsmarkt durchschlagen werden.

      Aber auch die Verbraucherpreise können erste Hinweise zum Thema Inflation und Deflation geben. Dann werden am Dienstag auch Daten zum US-Immobilienmarkt veröffentlicht. Hier ist zwar nicht mit Besonderheiten zu rechnen, sollte es aber entgegen der Prognosen zu einem Rückgang kommen, wäre auch das sehr bearish zu bewerten. Der morgige Tag wird also mehr als interessant.

      Aber auch die gesamte Woche wird spannend. Donnerstag folgen die neuen US-Arbeitsmarktdaten der Philadelphia Fed Index und die US-Frühindikatoren Mai. Freitag, wie gesagt der Hexensabbat. Eine spannende Woche. Eine sehr entscheidende Woche für den weiteren Verlauf der internationalen Indizes.

      Zur Politik:

      Überaus interessant fand ich einen Interview, dass Hillary Clinton mit der Zeitschrift "Der Spiegel" führte. Auf eine Frage nach den Steuersenkungen der Bush-Regierung sagte Hillary Clinton: "Es geht in Wahrheit auch gar nicht um Steuersenkungen. Diese Regierung versucht doch, das zu erreichen, woran die vorherigen republikanischen Regierungen in den achtziger Jahren gescheitert sind: Sie will erreichen, dass die Regierung in Washington wegen ihrer Überschuldung keine anderen Aufgaben mehr erfüllen kann als die Landesverteidigung. Wer in einem Meer von Haushaltsdefiziten versinkt, kann sich eben nicht um solche sozialen Probleme kümmern, die unser Land weniger fair, weniger gleich und weniger wohlhabend machen, soweit es die Allgemeinheit betrifft. Für die Reichen unter uns sieht das natürlich ganz anders aus. Weiter sagte Hillary Clinton auf die Frage, wie lange denn diese Politik fortgesetzt werden könne: "Trotz aller rhetorischen Bemäntelungsversuche durch das Weiße Haus werden die negativen Auswirkungen dieser Politik allmählich sichtbar. In den vergangenen beiden Jahren sind im Privatsektor mehr als zwei Millionen Arbeitsplätze verloren gegangen. Auf die Dauer wird sich die Realität gegen alle rhetorischen Verschleierungsversuche durchsetzen."

      Sicherlich auch bereits Aussagen, die durchaus im Themenkreis "Wahlkampf" anzusiedeln sind. Aber interessant sind sie doch. Natürlich sucht man im Wahlkampf zunächst die offensichtlichsten Schwächen seines politischen Gegners und einer dieser Schwächen ist in diesen beiden Absätzen doch sehr deutlich aufgelistet: "Meer von Haushaltsdefiziten" und "rhetorische Verschleierungsversuche". Und eine andere Aussage fand ich bemerkenswert. Wie Sie wissen, könnte ich mir durchaus vorstellen, dass Amerika weitere Kriegspläne hegt. Gerüchte darüber kursieren bereits. Hillary Clinton hat es indirekter ausgedrückt. Fakt bleibt aber, dass von innenpolitischen Probleme schon immer gerne durch außenpolitische Maßnahmen abgelenkt wurde: "wegen ihrer Überschuldung keine anderen Aufgaben mehr erfüllen kann als die Landesverteidigung". Droht uns also, falls die amerikanische Wirtschaft nicht wieder so schnell auf die Beine kommt, ein weiterer Krieg? Diesmal gegen den Iran oder Korea?

      Ich weiß es nicht, aber ich weiß, dass falls die aktuelle Rallye wegbrechen wird und sich die Wirtschaft nicht erholt, die Regierung Bush große Schwierigkeiten bekommen wird, die nächste Wahl zu gewinnen.

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      Schlechte Prognosen für UMTS und Chipausrüster

      von Jochen Steffens

      UMTS bleibt das Sorgenkind. Nun hat der finnische Handy-Hersteller Nokia vor übertriebenen Hoffnung im Zusammenhang mit dem UMTS Start gewarnt. So soll es erst in der zweiten Jahreshälfte 2004 zu guten Verkaufszahlen für UMTS kommen. Dabei gibt es immer noch viele Startschwierigkeiten und kritische Stimmen. So brechen die Verbindungen gerne unvermittelt ab, aber auch die Geräte werden als zu groß und unförmig bezeichnet. Nokia selbst sieht das nächste Jahr als Übergangsjahr an. Ich bezweifle im Moment, dass sich UMTS angesichts der anhaltend schwierigen konjunkturellen Lage etablieren kann.

      Auch weniger optimistisch zeigen sich die Umsätze der Chipausrüster in USA, Japan und Südkorea. So sind die weltweiten Erlöse zum Vormonat um rund 37 % auf 1,5 Mrd. Dollar zurückgegangen! Zum Vorjahr verbleibt immerhin noch ein Rückgang um 11,7 %. Nur auf dem europäischen Markt zeigten sich Zuwächse. Währendessen gingen sie in den USA um gut 30 % zurück. Dieser Umstand ist eine Folge der Investitionszurückhaltung der großen Chip-Konzerne. Ein weiteres kleines Indiz dafür, dass zumindest die Chipkonzerne nicht von einer nachhaltigen Konjunkturerholung ausgehen.

      -------------------------------------------

      Das Vertrauen fehlt ...

      von Martin Weiss

      In der letzten Woche erreichte der deutsche Leitindex mit einem Punktstand von 3250 den höchsten Stand in diesem Jahr. Nur Gewinnmitnahmen am Freitag waren dafür verantwortlich, dass nicht auch die 3300-Punkte-Marke in Angriff genommen wurde. Erinnern Sie sich? Vor einigen Wochen hatte ich hinsichtlich der aktuellen Aufwärtsbewegung im nach wie vor vollkommen intakten Bärenmarkt von einem Anstieg des Dax bis in den Bereich von 3300 gesprochen.

      Richtig, beim S+P 500 ging ich davon aus, dass schon bei 960 das Ende der Fahnenstange erreicht sein wird. Nunmehr kämpft der Index um das Überschreiten der 1000 Punkte-Schwelle. Ähnlich verhält es sich mit dem Dow Jones, der ein wenig weiter als nur bis auf 9000 voran kam.

      Nicht zu vergessen, der japanische Nikkei, der in jüngster Vergangenheit ein erstaunliches "comeback" feierte und ebenfalls bei knapp 9000 steht. Aber, es sollte nicht außer acht gelassen werden, dass es sich dabei um die japanische Sondersituation handelt. Nippon exerziert nach 13-Jahren deflationärer Wirtschaftskrise vor, was auch in den USA bzw. Deutschland bevorstehen könnte.

      Genau, die Bank of Japan will bspw. aktiv auf der Käuferseite stabilisierend in den Aktienmarkt eingreifen. Andererseits wird bereits laut über die Einführung einer Steuer auf "cash-Bestände" nachgedacht. Dies wäre dann wahrlich nichts anderes als pure Verzweiflung, oder der Offenbarungseid, wie man`s eben nimmt.

      Inzwischen vernimmt man auch aus der EZB, dass für den Fall einer Deflation in Europa, speziell in Deutschland, Instrumente zur Bekämpfung einer unheilsamen Geldaufwertung zur Verfügung stehen würden. Angemerkt sei aber, dass laut EZB-Chefvolkwirt Issing momentan noch keine Anzeichen einer Deflationsspirale gegeben sind. Auch wenn bis zum heutigen Tage diese real existierende Gefahr verharmlost und beschönigt wird, so gehe ich davon aus, dass speziell Deutschland extrem anfällig für deflationäre Tendenzen ist. Und zwar nicht nur aufgrund der Demographie bzw. der gigantischen Probleme des Sozialsystems, sondern auch verstärkt durch die Öffnung der EU in den Osten. Denn durch die Erweiterung wird der Druck auf die Löhne, Preise und die Sozialsysteme der jetzigen EU-Staaten noch stärker. Und besonders Deutschland, geographisch im Herzen Europas gelegen, wird insofern umso mehr in die deflationäre Zange genommen.

      Auch in den USA, die selben Nöte. Um 0,3 Prozent gingen die Erzeugerpreise im Mai zurück. Dies ist umso beachtlicher, zumal ja der für den April extrem hohe Rückgang von 1,9 Prozent auch in revidierter Rechnung bestätigt wurde. Es verwundert daher keinesfalls, dass von einigen Marktbeobachtern der Fed weitere Zinssenkungen anheim gelegt werden. Angesichts eines sehr, sehr schwachen Arbeitsmarktes bei einer Arbeitslosenrate von 6,1 Prozent und einem 20-Jahres-Hoch, was die Zahl der Empfänger von Arbeitslosen-unterstützung angeht, ist es schon als "Erfolg" zu sehen, dass die durchschnittlichen Einzelhandelsumsätze nur um 0,2 Prozent im April und Mai diesen Jahres rückläufig waren. In diesem Kontext war es alles andere als eine negative Überraschung, dass das Verbrauchervertrauen so stark eingebrochen ist. Viele Verbraucher haben einfach kein Vertrauen in diese sogenannte wirtschaftliche Erholung, da sie am eigenen Leibe eben erfahren, wie schwierig die Lage am Arbeitsmarkt und in den Betrieben wirklich ist. Dennoch war es schon verblüffend, wie die Aktienmärkte – völlig losgelöst von den Fundamentaldaten – eine Irak-Nachkriegsrallye erlebten. Als ob alle Probleme gelöst seien, wurden die Indizes nach oben gezogen.

      Angesichts dieser wahrlich schlechten Rahmenbedingungen gibt es kaum einen Grund, dass Aktien von dieser Basis aus noch höher katapultiert werden. Es sei denn, es wird bewusst wiederum Luft in die Blase gepumpt, was mittel- und langfristig gesehen äußerst ungesund wäre.

      --------------------------------------------------

      Unverdiente Gewinne

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Seit seinem Tief am 11. März hat der Dow Jones über 20 % zugelegt ... der S&P 500 bringt es für den gleichen Zeitraum auf 23 % Plus, der Nasdaq-Composite auf rund 28 % Zuwachs.

      Normalerweise werden 20 % als ausreichend angesehen, um einen Markttrend zu wechseln – in diesem Fall vom Bärenmarkt hin zum Bullenmarkt. Aber zumindest ich stelle die Frage: Haben wir wirklich einen neuen Bullenmarkt?

      Ich habe damit meine Pflicht getan und diese Frage gestellt. Leser(innen) des Invesor`s Daily mit wenig Zeit erspare ich den weiteren Spannungsaufbau und komme direkt zu meiner Antwort: Nein.

      "Das wirkliche Problem mit unserer Welt ist nicht, dass sie vollkommen unvernünftig wäre", das schrieb einmal der berühmte Historiker G.K. Chesterton, "oder vollkommen vernünftig. Am meisten Ärger gibt es deswegen, weil sie fast vernünftig ist – aber nicht ganz. Das Leben ist nicht unlogisch; aber für Logiker ist es eine Falle. ( ...) Die Exaktheit ist offensichtlich, aber die Unexaktheit ist verborgen ..."

      Mit anderen Worten: Die Welt sieht oft so aus, als ob sie mit mathematischer Präzision funktionieren würde, aber die "Realität" sieht oft anders aus als kalkuliert. Meine Meinung zu diesem Thema habe ich Ihnen an dieser Stelle schon oft aufgedrängt: Angesichts des Mangels an Sicherheit in der Welt können wir Dinge nur durch Analogien erkennen.

      Eine konkrete Analogie wäre Japan – die beste mögliche Erklärung für die Entwicklung der heutigen Aktienmärkte. Nachdem der japanische Aktienmarkt 1989 kollabiert war, legte der Nikkei in den folgenden Jahren 5 separate Rallys mit jeweils mehr als 25 % Kursplus hin. Trotzdem machte er letztlich seinen Todesmarsch weiter. Trotz der Rallys haben die japanischen Aktien in diesem 14-Jahres-Zeitraum rund 80 % ihres Wertes verloren.

      Österreichische Volkswirte haben eine Erklärung für solche kurzfristigen Aufwärtsbewegungen in einem sonst abwärts gerichteten Markt gefunden:

      "Die plötzliche Politik des knappen Geldes, die die Fed im Juni 1999 einführte, hat wahrscheinlich den aktuellen Bärenmarkt begründet", erklärt Frank Shostak. Die Leitzinsen erreichten im Mai 2000 6,5 %, aber der AMS-Indikator fiel scharf (dieser Indikator ist ein österreichisches Maß für das Angebot an Geld)."

      "Jetzt hat der AMS-Indikator seit Jahresanfang einen scharfen Rebound hingelegt", so Shostak weiter. "Die jährliche Wachstumsrate ist von 1 % im Januar auf 5,5 % im Mai gestiegen ... (was) für die Aktienkurse von diversen unproduktiven Aktivitäten eine starke Unterstützung sein sollte – auf Kosten von vermögensgenerierenden Aktivitäten."

      Mit anderen Worten: Wegen der neuen Leidenschaft der Fed, Geld zu drucken, könnte zu dramatisch steigenden Aktienkursen führen – aber die Gewinne blieben ... nun, unverdient.

      Tatsache ist, dass die jüngste Erholung am Aktienmarkt das durchschnittliche KGV der S&P 500-Titel (auf Basis bereits gemeldeter Gewinne) auf 34 im Mai erhöht hat ... nach 33 im April. Das bedeutet, dass das KGV nicht zum historischen KGV (Shostakt nennt einen Wert von 18) hinpendelt ... sondern in die entgegengesetzte Richtung.

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      Bullenmarkt beim Erdgas

      von unserem Korrespondenten Eric Fry in New York

      Alan Greenspan ist doch nicht allwissend! Nur zwei Tage nachdem er die Nation davor gewarnt hatte, dass steigende Erdgaspreise ein Risiko für die Volkswirtschaft sein könnten, ist der Preis für Erdgas deutlich zurückgekommen. Der Preis für den Juni-Kontrakt ist um fast 10 % gefallen, auf 5,62 Dollar pro Einheit. Das war eine technische Reaktion ... der Preis für Erdgas kann schließlich nicht jeden Tag steigen. Nur Aktien können das.

      Während die Aktien weiter steigen, fielen die News von der volkswirtschaftlichen Front auch letzte Woche nicht gerade berauschend gut aus. Die wöchentliche Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe kam zwar etwas zurück, blieb mit 430.000 aber immer noch deutlich über der von Volkswirten als wichtig bezeichneten Marke von 400.000. Die Einzelhandelsumsätze stiegen im Mai um magere 0,1 %. Die Lagerbestände stiegen im April um 0,1 %. Mit anderen Worten – draußen in der realen Welt passiert nicht allzu viel, was die hartnäckig hohen Energiepreise nur noch bedenkenswerter macht. Abgesehen von der technischen Korrektur beim Ergaspreis könnte Alan Greenspan Recht haben, wenn er sich wegen steigender Ergas- und Erdölpreise Sorgen macht.

      Der Preis für Erdgas hat sich in den letzten paar Jahren mehr als verdoppelt, und auch dieses Jahr ist er weiter gestiegen. Anlass für den aktuellen Rückgang war die Nachricht, dass die US-Lagerbestände an Erdgas vor 2 Wochen um 10 % gestiegen sind.

      Dennoch bleiben die Erdgas-Lagerbestände 35 % unter dem vor einem Jahr erreichten Wert, und 25 % unter dem 5-Jahres-Durchschnitt. Deshalb könnte es voreilig sein, den Bullenmarkt beim Erdgas zu verabschieden ... was auch bedeutet, dass es etwas voreilig sein könnte, die gewagte Prognose von T. Boone Pickens ad acta zu legen (ich hatte hier im Investor`s Daily darüber berichtet: "Der Preis für Erdgas wird niemals in meinem Leben mehr unter 4,50 Dollar pro Einheit fallen." Die Prognose des Mannes, der sein Leben lang in der Erdölbranche verbracht hat, wäre ein bisschen kühner, wenn er 26 und nicht 76 Jahre alt wäre.

      Dennoch, der Punkt ist klar: Der Bullenmarkt im Erdgas ist gerechtfertigt und eine Realität. Der erste Grund für die Prognose von Pickens ist eine bekannte Tatsache – die Nachfrage übertrifft das Angebot.

      John Myers stimmt da begeistert zu. "Der Bullenmarkt beim Erdgas ist echt", so Myers, "und die kanadischen Öl- und Erdgasgesellschaften werden die größten Profiteure der steigenden Erdgaspreise sein. Kanada hat jede Menge Erdgas, und die USA brauchen Erdgas. Obwohl Kanada nur ca. 1/6 des US-Verbrauchs liefert", erklärt Myers, "hat Kanada ca. die Hälfte des NEUEN Erdgasbedarfs der USA der letzten Dekade beigesteuert."

      Mit anderen Worten: Wenn der Bedarf an Erdgas in den USA steigt, dann wird dieses zusätzliche Erdgas meist aus Kanada importiert – was der Grund dafür ist, dass Myers seine Analysen auf ausgewählte kanadische Gesellschaften konzentriert. Im letzten Jahr sind die amerikanischen Erdgasreserven auf den niedrigsten Stand seit fast 30 Jahren gefallen. "(Aber) es gibt fast nichts, das man tun kann, um das Angebot an Erdgas zu erhöhen", so ein Industrieexperte letzte Woche. "Das ist ein jahrelanger Prozess (neue Quellen zu erschließen oder neue Pipelines zu bauen, um mehr Erdgas importieren zu können), und große Projekte brauchen lange Zeit."

      "Einige Marktbeobachter nennen das Angebot-Nachfrage-Ungleichgewicht beim Erdgas eine `Krise`, wenn auch eine ruhige Krise", so Pittsburgh Tribune-Review, "weil es nur wenige außerhalb dieses Marktes bemerkt haben." Es stimmt, es werden keine Massenproteste gegen steigende Erdgaspreise organisiert. Und dennoch fragen sich in den USA viele Leute, warum ihre Heizkosten im letzten Winter so gestiegen sind. Auch viele Unternehmen spüren die Nadelstiche der steigenden Öl- und Erdgaspreise.

      "Wenn Krise bedeutet, dass man bald keine Energie (Erdgas) mehr hat, oder dass man im Winter frieren und im Sommer schmelzen muss, dann braucht man sich keine Sorgen machen", so Richard Levitan, Präsident der Unternehmensberatung Levitan & Associates in Boston. "Wenn Krise bedeutet, dass es wirtschaftliche Schocks gibt – dann machen Sie sich bereit dafür."

      Wir sind bereit. Aber was ist mit den Besitzern von US-Staatsanleihen (die 10jährigen Staatsanleihen bringen 3,16 %), oder den Besitzern von Aktien mit einem KGV von 30? ... Sind auch die bereit?

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      Der Fall Martha Stewart

      von unserem Korrespondenten Addison Wiggin in Paris

      *** Ist Martha Stewart ... eine politische Gefangene?

      Sie war ein Unternehmensinsider bei Imclone, und sie verkaufte 4.000 Imclone-Aktien. Soweit, so gut. Wenig später brach der Kurs von Imclone ein, da etwas mit den Bilanzen des US-Unternehmens nicht stimmte. Martha Stewart sagt, dass sie ihre Verkaufsorder abgegeben hat, bevor ihr Freund Sam Waksal – ehemals Wissenschaftler und Vorstandsvorsitzender von Imclone, jetzt verurteilt im Gefängnis sitzend – ihr irgendetwas über die Bilanzen der Imclone erzählt hätte.

      Zumindest sind das die Details, die man in den USA derzeit in der Finanzpresse lesen kann. Was interessant ist: Die US-Börsenaufsicht SEC hat Stewart nicht wegen "Insidertrading" angeklagt, sondern wegen "Behinderung der Justiz ..." wieso? Ich weiß es nicht.

      "Man kann die Rolle der Politik hier nicht leugnen", schreibt William Anderson, Professor am Mises Institute. "Die Regierung will sie zu einer politischen Gefangenen machen. Es ist Politik, und nicht das Verfolgen von Gerechtigkeit, die diese Anklage motivieren ... ihr Reichtum und ihre Persönlichkeit machen sie zu einem bequemen Ziel des sehr politischen US-Justizministeriums ..."

      "Am Ende werden wir eine bekannte Persönlichkeit haben, die zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wird, oder – im besten Fall – eine Bewährungsstrafe erhält", so Anderson weiter, "und eine einstmals blühende Gesellschaft, die jetzt in Trümmern liegt. Oh, und wir werden einige Staatsanwälte sehen, die so stolz sein werden, als ob sie gerade den Fall des Jahrhunderts gelöst hätten. Das sind wirklich schwarze Zeiten für das Verfolgen von Gerechtigkeit in den Vereinigten Staaten von Amerika."

      Schwarze Zeiten, wirklich ... schwarze Zeiten.
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      Schock und Ehrfurcht

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Mein Mund stand offen.

      In was für einer verrückten Welt leben wir eigentlich?

      Ich schreibe heute über Anleihen. US-Staatsanleihen, um genau zu sein. Man sagt, dass sie sichere Investments sind. Sind sie das wirklich?

      Ich bin alt genug, um mich noch an den US-Präsidenten Eisenhower erinnern zu können. Das bedeutet, dass ich alt genug sein sollte, um zu wissen, dass die Investmentwelt voll von Überraschungen ist. Ehrlich gesagt – ich genieße sie. Dass die Leute mit den populärsten und "angesagtesten" Investments Geld verlieren sollten, erscheint mir nicht nur natürlich, sondern auch passend. Und dass sie mit den ungeliebtesten Investments Geld machen, scheint mir hingegen richtig zu sein. Es ist so, als ob die Märkte ein bisschen von Gottes Reich auf die Erde bringen würden – wo die Letzten die Ersten sein werden.

      Dennoch schaudert es mich, wenn ich an den derzeitigen Status des populärsten und modischsten Investments heute denke – die US-Staatsanleihen.

      Ich habe das US-Regierungsmitglied Peter G. Peterson – ich möchte nicht vom Thema ablenken, nur darauf hinarbeiten – noch nie persönlich getroffen. Aber er hat den Ruf, ehrlich, smart und ernsthaft zu sein. Wie Kurt Volker, ehemaliger Vorsitzender der US-Fed, sieht sich Peterson die Zahlen an, sagt das, was er meint und tut das, was er für notwendig hält, um das System solvent zu halten. Wenn mehr Leute wie Peterson in den USA in der Regierung säßen, dann könnten die Leute der Regierung vielleicht vertrauen.

      Glücklicherweise gibt es da ja auch noch Leute wie George W. Bush und Alan Greenspan.

      Mir ist vorgeworfen worden, dass ich etwas gegen Bush und Greenspan hätte. Ich verwehre mich gegen diesen Vorwurf. Ich liebe sie beide, und zwar auf ungefähr die gleiche Weise, wie ich die Darsteller der Hit-Show "Jackass" liebe. Nach so vielen Jahren der Mittelmäßigkeit ist es eine wirkliche Erleichterung, so außergewöhnlich unterdurchschnittliche Entscheidungsträger an den höchsten Stellen zu sehen. Und während fähige Männer wie Peterson oder Volker den Dollar vielleicht mit einer vernünftigen Geld- und Haushaltspolitik unterstützt hätten – was die Illusion von Papiergeld für mindestens eine weitere Generation aufrecht erhalten hätte –, scheint dieses dynamische Duo bereit zu sein, den Dollar vor unseren Augen zu zerstören. Und auch den Anleihenmarkt. Es sollte Spaß machen, zuzusehen.

      "Zu den ehernen Prinzipien, für die die Republikanische Partei seit ihren Wurzeln in den 1850ern steht, gehört die Idee, dass die Regierung in Reichtum investieren sollte, und dass sie die zukünftigen Generationen vor unhaltbaren finanziellen Verpflichtungen beschützen sollte", so Peterson in der New York Times. "Das ist eine Priorität, die mich an dieser Partei immer schon angezogen hat. Zu besonderen Zeiten unserer Geschichte (besonders nach Kriegen) haben republikanische Führer dieses Prinzip geehrt, indem sie für schmerzvolle Anpassungen beim Bundeshaushalt waren, inklusive Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen."

      "Allerdings hat diese große alte Partei im letzten Vierteljahrhundert diese Überzeugung aufgegeben. ( ...) Die Führung der Partei begrüßt jetzt die Idee, dass das sogenannte `deficit spending` eine Art fiskalischer Wunderdroge sei. Man sollte diese Droge nach ihrer Ansicht regelmäßig nehmen, nur um gesund zu bleiben und man sollte diese Droge besonders intensiv nehmen, wenn man sich daneben fühlt."

      Peterson erklärt, dass zu dem Zeitpunkt als George W. Bush sein Amt antrat, die Prognose für das Haushaltsdefizit der nächsten 10 Jahre bei 5,6 Billionen Dollar lag. Aber mittlerweile liegt sie bei 10 Billionen Dollar.

      Das sind nur die öffentlichen Schulden. Auch die privaten Schulden sind gestiegen. Insgesamt ist der Anteil der privaten (private Haushalte plus Unternehmen) und öffentlichen Schulden von 140 % des BIP zur Zeit Eisenhowers auf fast 200 % des BIPs heute gestiegen.

      Aber als vor kurzem (wir berichteten im Investor`s Daily darüber) eine Studie veröffentlicht wurde, die im Auftrag des ehemaligen US-Finanzministers Paul O`Neill hergestellt worden war (während seiner Amtszeit), zeigte diese Folgendes: Wenn man die Verpflichtungen der Sozialversicherungen mitberücksichtigt, dann liegt der Gegenwartswert des Betrages, um den die zukünftigen Verpflichtungen die zukünftigen Einnahmen übersteigen, bei über 400 % des BIPs ... bei 44 Billionen Dollar.

      Noch überraschender als die Diagnose ist die dilettantische Behandlung des Kranken – also des kollektiven wirtschaftlichen Organismus. Obwohl das Problem ganz klar zu viele Schulden sind, zu viele Ausgaben, zu viele Defizite (Haushalt und Außenhandelsbilanz) ... nehmen Bush und Greenspan eine riesige Spritze zur Hand und injizieren dem wirtschaftlichen Organismus noch mehr davon.

      Leichte Kredite haben in den letzten 50 Jahren glückliche Gesichter gebracht. Aber man kann nicht glauben, dass die nächste Zukunft wie die letzte Vergangenheit sein wird.

      Wenn Bush und Greenspan über den Pazifik sehen würden, nach Japan, dann würden sie sehen, dass es schwieriger ist, eine Inflation mit stabilen und moderaten Preissteigerungen zu produzieren, als es aussieht. Oder sie könnten an den Rio Plata sehen, nach Argentinien. Oder in die USA der 1930er Jahre.

      Natürlich weiß ich ihre Antwort genau so gut, wie Sie sie kennen: Das war/ist etwas anderes. Wahr; das ist es. Aber obwohl sich die Umstände unterscheiden, könnte das Ergebnis doch das Gleiche sein.
      investorverlag.de
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 21:02:59
      Beitrag Nr. 3.116 ()




      Gemeindefinanzen
      Die Angst der Bürgermeister vor ihren Bürgern

      Von Rainer Hank

      16. Juni 2003 Der baden-württembergische Ministerpräsident Erwin Teufel will es. Der Grünen-Politiker Oswald Metzger, die FDP und Industriepräsident Michael Rogowski wollen es auch: die Gewerbesteuer abschaffen und dafür eine von allen Bürgern finanzierte Kommunalsteuer einführen. Das bunte Häuflein hat beste Argumente. All jene, Wirtschaft und Bürger, welche die Dienstleistungen ihrer Gemeinde nutzen wollen, sollen Schwimmbäder, Musikschulen und Begegnungshallen auch direkt finanzieren, sagen sie. An der steuerlichen Gesamtbelastung für die einzelnen Gruppen würde das nichts ändern. Das wäre fair, souverän und demokratisch zugleich. Aber gute Argumente reichen in der Politik nicht aus. Der Vorschlag wird aller Voraussicht nach scheitern.

      Direkt beteiligen sich heute nur die Unternehmen an der Finanzierung der Kommunen. Indirekt erhalten die Gemeinden aber 15 Prozent der Einkommensteuer zugeteilt. Wäre es nicht besser, sagen die Anhänger der Kommunalsteuer, die allgemeine Einkommensteuer um 15 Prozent zu senken - und den Kommunen eine Gemeindesteuer zuzubilligen, die alle Steuerbürger (Wirtschaft, Arbeitnehmer, Selbständige) erfaßt? Deren Höhe könnten die Kommunen - in gewissen Schwankungen - selbst bestimmen (Hebesatzrecht). Bürgermeister müßten gegenüber ihren Bürgern die Ausgaben verantworten. Schröpfen sie ihre Gemeinde zu stark, könnten die Bürger sie abwählen oder in Nachbargemeinden auswandern.

      Angst vor direkter Demokratie

      Kein Wunder, daß den Kommunalpolitikern so viel Demokratie suspekt ist. Sie hätten andere Sorgen, als sich um etwas mehr direkte Demokratie in Deutschland zu kümmern, sagen Städte und Gemeinden. Ihnen fehlt das Geld. Ein Rekorddefizit von fast 10 Milliarden Euro bejammern sie. Mit 12 Milliarden Euro sind die Kommunen heute verschuldet, zehnmal mehr als im Jahr 1992. Der Übeltäter ist schnell gefunden: Es sind die Unternehmen. Von denen soll deshalb jetzt auch das Geld kommen. Und zwar in Form einer neuen, vor allem üppiger ausgestatteten Gewerbesteuer. Im vergangenen Jahr brachen die Einnahmen aus der Gewerbesteuer um 7,9 Prozent ein, nachdem sie schon im Vorjahr um 11,4 Prozent zurückgegangen sind. Jetzt prognostizieren die Steuerschätzer für 2003 abermals 7,5 Prozent weniger Einnahmen. Gerade noch 16,4 Milliarden Euro werden aus der Gewerbesteuer in diesem Jahr aufgebracht.

      „Modifizierte Gewerbesteuer muß her“

      "Eine modifizierte Gewerbesteuer muß her", sagt die Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth, die zugleich Vorsitzende des Deutschen Städtetages ist. Petra Roth ist leidenschaftliche Gegnerin einer Kommunalsteuer. Statt dessen soll die Gewerbesteuer erhalten und erhöht werden. Nicht nur die Gewinne sollen besteuert werden: es geht auch an die Substanz.

      Die Industrie schreit auf: "Die Bürgermeister halten sich gerne bei den Unternehmen schadlos", sagt Klaus Bräunig vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Und die Bürger sollen keine disziplinierende Macht über die Einnahmen der Kommunen haben. Direkte Demokratie wäre lästig. Da im kommenden Jahr in acht Bundesländern Kommunalwahlen stattfinden, haben Politiker der großen Parteien wenig Anreiz, sich mit den Städten und Gemeinden anzulegen.

      Kommunen fürchten den Wettbewerb

      Und damit das Alternativmodell der Kommunalsteuer auch gar nicht mehr in Betracht gezogen wird, polemisieren die Kommunen munter drauflos. Ihr schwerstes Geschütz: Eine Kommunalsteuer entlaste die Wirtschaft und belaste die Arbeitnehmer. Das kommt der Stimmung an den Stammtischen gerade recht: Während die Unternehmen sich vor den Steuern drücken, sollen die Arbeitnehmer zahlen. Der Geschäftsführer des Städtetages, Stefan Articus, sagt es vornehmer: "Das Band zwischen Wirtschaft und Kommunen darf nicht zerstört werden." Und schiebt eine weitere Drohung nach: Weil die großen Städte höhere Einnahmen bräuchten, würden die Bürger in das Umland abwandern - eine Verödung der Städte wäre die Folge.

      Die Kommunen fürchten den Wettbewerb. Aber ihre Propaganda macht Eindruck. "Ich mache keine Gemeindefinanzreform gegen die Kommunen", sagt Finanzminister Hans Eichel. Und Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber hält sich außerordentlich bedeckt. Schließlich hat auch er demnächst Wahlen. Die Unter- und Oberbürgermeister betrachten es mit zufriedener Freude.

      Text: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 15.06.2003, Nr. 24 / Seite 33
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 21:05:56
      Beitrag Nr. 3.117 ()
      Amerika
      Freddie Mac, die Fed und der Eigenheimsektor

      Von Michael Wallace, S&P-Analyst

      16. Juni 2003 Das Management und die Regulierung der amerikanischen Hypothekenfinanzierungsagenturen Freddie Mac (Federal Home Loan Mortgage Association) und Fannie Mae (Federal National Mortgage Association) sind in dieser Woche schlagartig wieder in den Mittelpunkt des Geschehens gerückt. Die Nachricht vom Austausch der Führungsspitze auf Grund einer laufenden Untersuchung hinsichtlich der Bilanzierung von Derivatgeschäften bei Freddie Mac führte zu einer Volatilität der Credit Spreads des Baufinanzierers und verstärkte den panischen Verkauf von amerikanischen Staatsanleihen.

      Viele Experten sind optimistisch, daß die Wogen bei der Baufinanzierungsagentur lediglich eine Frage des Managementstils hinsichtlich des Portfolios darstellten. Jegliche Anzeichen für Verschleierungstaktiken, Unregelmäßigkeiten oder Betrug könnten dennoch dem schwachen Aufschwung der amerikanischen Wirtschaft Schaden zufügen - und werden mit Sicherheit die gesamte Aufmerksamkeit der amerikanischen Notenbank (Fed) auf sich ziehen.

      Eigenheimsektor als wichtige Stütze der amerikanischen Wirtschaft

      Eine stützende Säule für die amerikanische Wirtschaft ist die Stärke des Eigenheimsektors, die auf extrem niedrigen Hypothekenzinsraten und mehreren aufeinanderfolgenden Refinanzierungswellen basiert. Diese haben den Besitz von Eigenheimen zu wahren Goldgruben gemacht und die Bilanzen der Haushalte erheblich verbessert. Die Hypothekenfinanzierungsagenturen haben eine integrative und stillschweigende Rolle hinsichtlich der Unterstützung der amerikanischen Wirtschaft gespielt, da sie mehr als 40 Prozent des zwei Billionen Dollar umfassenden Hypothekenvolumens der letzten Jahren gesichert und somit auch den Konjunkturmotor geölt haben.

      Kritiker meinen jedoch, daß diese von der Regierung gesponserten Agenturen (GSE) ihre vergleichsweise niedrigen Kreditlinien der Regierung auf eine unfaire Art und Weise einsetzten, um fast risikofrei Geld zu leihen, obwohl die zugrundeliegende Deckung durch den Staat minimal sei. Dies erlaube ihnen angeblich, dem Markt die Bedingungen zu diktieren und die Konkurrenz in die Knie zu zwingen - Handlungsmöglichkeiten, die über ihren eigentlichen öffentlichen Auftrag hinausgingen.

      Forderungen nach einer schärferen Kontrolle

      Zu einem gewissen Grad könnten die Agenturen Opfer ihres eigenen Erfolges geworden sein. Denn ihre beeindruckende Größe und ihre Dominanz rechtfertigen eine schärfere Kontrolle und höhere Anforderungen hinsichtlich der Offenlegungspflichten. Die drastische Maßnahme des Freddie-Mac-Aufsichtsrates, das eigene Spitzenmanagement zu entlassen, zeigt Mut und Entschlossenheit. Zudem wird erwartet, daß die Nachbesserung der Bilanz die Gewinne und den Kapitalüberschuß für die letzten drei Jahre „wesentlich steigern“ wird. Dies wird zu Lasten einer höheren Volatilität bei den Gewinnen und potenziell niedriger ausfallenden zukünftigen Gewinnen geschehen.

      Rein technisch betrachtet scheint die Institution auf einem soliden Grund zu stehen. S&P hat zudem die Ratings bezüglich der Verschuldung bestätigt, obwohl das Unternehmen seiner Glaubwürdigkeit deutlich hinterherhinkt. Auch die unterfinanzierte Aufsichtsbehörde OFHEO (Office of Federal Housing Enterprise Oversight) erklärte, daß die Besorgnis über „das Management, die Praktiken und die Kontrolle" bei Freddie Mac bestehen bleibe, obwohl die „Qualität der Assets und die Kapitalpositionen stark bleiben."

      Fed demonstriert Gelassenheit

      Fed-Gouverneurin Bies hat sich kürzlich ebenfalls über den Fall Freddie Mac geäußert und die Ansicht vertreten, daß obwohl die Fed keine direkte Regulierungsautorität gegenüber den Agenturen habe, sie in diesem Fall aktiv mit Aufsichtsbehörden und der Staatsanwaltschaft zusammenarbeite. In der Tat hat sich der Fed-Vorsitzende Alan Greenspan über die staatlichen Subventionen für die GSE kritisch geäußert und wäre nicht sehr erfreut darüber, wenn die Fed dafür verantwortlich gemacht würde, falls der unwahrscheinliche Fall einträte, daß eine dieser Institutionen zusammenbricht.

      Bies sagte des weiteren, daß sie derzeit „keinen unmittelbaren Einfluss der Unruhen bei Freddie Mac auf die Wirtschaft“ erkennen könne und, daß „der Eigenheimsektor nach wie vor sehr stark ist.“ Die Fed habe es immer noch mit einer „schwachen Wirtschaft“ zu tun und kämpfe gegen Deflationsrisiken an. Daher nehme der Eigenheimsektor immer höchste Priorität ein.

      Risiko der Schuldendeckung durch die Regierung

      Der Fall Freddie Mac hat aber auch über die Grenzen von Amerika hinaus Bedeutung, da sich die Anleihen der Agenturen auch bei ausländischen Investoren höchster Beliebtheit erfreuen. Um im Handel die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, haben Japan und China hohe Dollarreserven angehäuft, mit dem Ziel, eine Aufwertung ihrer eigenen Währungen zu verhindern. Dies hat sich unterstützend auf die Verlangsamung einer breiteren Dollarabwertung ausgewirkt und zudem dazu beigetragen, daß die Zinsraten ein Rekordtief erreicht haben.

      Die Custody-Daten der Fed zeigen eine Steigerung bei den ausländischen Zentralbankbeständen in Höhe von 933 Milliarden Dollar. Davon sind in den letzten Quartalen etwa 40 Prozent zu Schulden der Agentur recycelt worden. Jeder Abfluß dieser Bestände könnte den Dollar stark nach unten drücken und die Marktrenditen in die Höhe schnellen lassen. Außerdem würden die Verpflichtungen der Regierung, die Schulden der Agentur zu decken, auf den Prüfstand gestellt werden. Wie auch bei einer Deflation ist es sehr viel einfacher, dies von Beginn an zu verhindern, als hinterher die Scherben aufzusammeln.
      faznet.de
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 21:12:22
      Beitrag Nr. 3.118 ()
      #3103 von bluemoons und #3111 von Harry_Schotter

      Hmm, ich wußte gar nicht, dass bluemoons ein Freigeld-Fetischist ist. :rolleyes:

      Freigeld-Fetischisten sind für mich eine andere Art von Kommunisten, deren beforzugte Wirtschaftsform eben genau der ist. (Das ist nicht böse gemeint)

      Warum der Kommunismus nicht funktioniert, dazu später mehr.


      Warum brauchen wir den Zins


      Eine Wirtschaftsform, in der Kredit (und der dazugehörige Zins) nicht funktioniert, bleibt in jeder Beziehung zurück, da die fortschrittliche Ideeen, die zunächst eine Investition erfordern, in den meisten Fällen nicht realisiert werden können.

      Denn selten hat der Erfinder das erforderliche Kaital, er ist ja in der Regel ein Wissenschaftler und kein Geschäftsmann.
      Der nötige Kredit für seine Erfindung zieht immer einen Zins nach sich, so dass zusätzlich der bekannte Erfüllungsdruck entsteht, der das System vorwärts peitscht, da Kredit und Zins immer zu einem fest definierten Zeitpunkt fällig werden.

      Bis zu diesem Tage gilt: friß oder stirb. :rolleyes:

      Dieses Modell hat im Kapitalismus bestens funktioniert und ihn groß gemacht, ich erinnere an Watt (Erfinder)und Boulton (Finanzier), an Langen/Pfeifer (raffinierter Zucker), usw. Schon Gutenberg hatte seinen Finanzier, nämlich den Herrn Fust.

      Der größte Fortschritt ist der Menschheit erst mit dem Kapitalismus, oder besser geagt der freihen Marktwirtschaft gelungen.
      Ich meine freihen Marktwirtschaft, so wie es hier steht, so wie in den USA. Auf keinen Fall mit der sozioalen Marktwirtschaft verwechseln. Die sozioalen Marktwirtschaft
      bezeichne ich immer als abgeschwächte Form des Sozialismus, so wie in Deutschland, Frankreich und Italien.
      Die Wirtschaftsleistung der Amerikaner ist nicht umsonst um 3/5 größer als bei uns.


      Ein Kredit ohne Zins ist eigentlich kein Kredit, weil ihm ja der Zins fehlt. Hat er aber eine Fälligkeit, so kommt es darauf an: Was passiert wenn der Termin verstreicht?

      Verstreicht der Termin und es passiert weiter nichts, wird er immer weiter verstreichen und der Kredit wird: -ohlala- zu einem Geschenk.

      Wird der versäumte Termin bestraft (Vollstreckung, Pfändung), ist genau diese Strafe der Zins. Und genau so ist der privatwirtschaftliche Zins auch entstanden. Er war zunächst der Unterschied zwischen Zahlung zum Termin und Nichtzahlung zum Termin.


      Gruß Trevenion
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 21:17:03
      Beitrag Nr. 3.119 ()
      Venezolanische Regierung hält Daumen auf dem Dollar

      Wirtschaft in desolatem Zustand / Experten rechnen in diesem Jahr mit Rückgang der Leistung um 14 Prozent


      Von Knut Henkel



      Miss-Wahlen sind in Venezuela ein öffentliches Spektakel, bei dem nahezu die ganze Nation vor der Mattscheibe sitzt. Gleiches gilt für den Wettbewerb um die Miss Universe. Die Veranstaltung ist Pflicht für die Schönen des südamerikanischen Landes. Nur in diesem Jahr hätte das Ereignis in Panama beinahe ohne Mariangel Ruíz stattgefunden, weil die staatlichen Stellen die nötigen Dollar für die Reise der Miss Venezuela nicht rausrückten. Erst in letzter Minute machte Fernsehzar Gustavo Cisneros, Besitzer des Venevision-Kanals, der das Wettbewerbsspektakel überträgt, die nötigen 70 000 Dollar für die Delegation locker.

      Devisen und damit vor allem Dollar werden in Caracas seit dem 22. Januar nicht mehr frei gehandelt. Auf dem Schwarzmarkt versorgen sich diejenigen, die es sich leisten können, mit fremden Währungen - darunter auch viele Unternehmen des Landes. Verantwortlich für die Devisenzuteilung ist eine neue staatliche Behörde, die Cadivi. Die hält den Daumen auf den Devisen, seitdem die Reserven der Zentralbank während des Generalstreiks im Dezember und im Januar geschmolzen sind, und die nationale Währung, der Bolívar, kontinuierlich an Wert verlor.

      Die Regierung von Hugo Chávez zog die Notbremse. Sie setzte den Wechselkurs bei 1600 Bolívar pro Dollar fest und führte Devisenkontrollen ein. "Ein notwendiger Schritt", urteilt Bolko Schwanecke, Venezuela-Experte der Dresdner Bank Lateinamerika. "Die Regierung in Caracas hatte damals kaum andere Optionen. Allerdings ist die Devisenbewirtschaftung auf Dauer negativ für die Wirtschaft des Landes."
      Das Bruttoinlandsprodukt wird im Laufe dieses Jahres um etwa 14 Prozent schrumpfen, prognostiziert die Bank. Allein im ersten Quartal ging es im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 29 Prozent zurück. Dies ist zwar zum Großteil auf den Generalstreik zurückzuführen, der das Land mindestens 7,5 Milliarden Dollar gekostet haben soll - aber eben auch auf den Mangel an Kapital

      Die Cadivi hat in den ersten Monaten ihres Bestehens den Privatunternehmern des Landes kaum einen Dollar bewilligt. Gerade mal 300 Millionen Dollar sollen es in den ersten drei Monaten des Jahres gewesen sein, und der bürokratische Aufwand für die Unternehmer ist immens. Sie müssen beispielsweise belegen, dass sie Steuern und Sozialabgaben abgeführt haben, wenn sie ihren Antrag stellen. Viele Firmen weichen auf den Schwarzmarkt aus. Andere zapfen ihre Auslandskonten an. Firmen, die diese Möglichkeit nicht haben, droht die Pleite.

      Viele Unternehmer mutmaßen, dass sich die Regierung Chávez auf diesem Wege an ihnen rächen will. Das ist die Quittung für den Generalstreik, den wir mit initiiert haben, ist hinter vorgehaltener Hand auf den Chefetagen zu hören.

      Besonders betroffen ist die Lebensmittelbranche. Importeure und Verarbeiter von Nahrungsmitteln sitzen auf dem Trocknen, weil ihnen die Mittel ausgehen, um ihrem Geschäft nachzugehen.

      In die Lücke ist das Militär gesprungen. In den so genannten Mercal-Supermärkten werden Bohnen, Zucker, Mehl und andere Grundnahrungsmittel von Armee-Angehörigen abgepackt und verkauft. Die Preise in diesen Läden liegen unter jenen der Supermarkt-Ketten, und davon profitieren vor allem die Bedürftigen. Offizielles Ziel ist es, die wachsende Zahl der Armen zu ernähren. Anleihen an das kubanische Versorgungssystem sind nicht zu übersehen, und Berater von der Insel gehen in den Ministerien ein und aus.

      Aus Sicht der verarmten Bevölkerungsmehrheit mag das Vorgehen der Regierung richtig sein, volkswirtschaftlich gesehen hat es einen Haken. Es dämpft die Konjunktur und treibt die Arbeitslosenquote nach oben. Diese ist in den vergangenen Monaten um fünf Punkte auf 21 Prozent gestiegen. Trotz wieder kräftig sprudelnder Erdölquellen sinken die Erwartungen auf eine wirtschaftliche Erholung.

      Ihre Hoffnungen auf das mit dem Miss-Universe-Titel verbundene Apartment in New York und einen monatlichen Scheck musste Mariangel Ruíz begraben. Miss Venezuela landete auf Platz zwei - hinter der Schönen aus der Dominikanischen Republik, die nun das Apartment am Hudson beziehen wird.



      fr-aktuell.de

      [ document info ]
      Copyright © Frankfurter Rundschau 2003
      Dokument erstellt am 15.06.2003 um 18:36:05 Uhr
      Erscheinungsdatum 16.06.2003
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 21:19:48
      Beitrag Nr. 3.120 ()
      #3112 von bluemoons,

      habe gerade erst Deinen Kommentar gelesen:

      Freiwirtschaft hat mit Kommunismus soviel zu tun, wie du von Freiwirtschaft eine Ahnung hast.

      Sonst hätt ich mir meine ersten Zeilen vielleicht verkniffen. :D
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 21:48:40
      Beitrag Nr. 3.121 ()
      Die Ausbeutung, ihre Ursachen und ihre Bekämpfung

      Ein Vergleich Kommunismus und Freiwirtschaft - was ist der richtige Weg zur Lösung der sozialen Frage? Mit einem Hauch von Dialektik analysiert Gesell die falschen Annahmen, die dem "wissenschaftlichen" Sozialismus zugrunde liegen.



      Thema:Freiwirtschaftliches


      Diese Arbeit Silvio Gesells erschien im Jahre 1922
      Lange bevor die goldenen Strahlen der Morgensonne den schlummernden Kapitalisten zu necken beginnen, hat sich sein Mayordomus vom harten Lager erhoben und brütet über dem Plan, wie er heute wieder für seinen Herrn die süßen Freuden des Daseins zu einem Fest und Hochgenuß gestalten kann.

      Der Kapitalist lebt ganz in der Gegenwart. Seine Zukunftspläne reichen nie über den Abend hinaus. Zukunft ist für ihn nichts als verkürzte, verbrauchte Gegenwart. Er braucht keine Hoffnung. Diesen billigen Gegenwartsersatz überläßt er dem Proletarier. Der Proletarier braucht Hoffnung. Ganz bestimmt würde der Proletarier für sich und für den Kapitalisten das Ende mit Schrecken dem Schrecken ohne Ende vorziehen, wenn er die Hoffnung verlöre.

      Worauf aber könnte sich die Hoffnung des Proletariers heute noch gründen? Hat nicht Kautsky selber dem Proletariat den Rat gegeben, sich wieder still unter das Joch des Kapitalismus zu beugen? Und geduldig zu warten, bis daß er an der Schwindsucht stirbt, will sagen, bis daß er "reif" sei für die marxistisch-kommunistische Wirtschaftsordnung! Denn vergessen wir es nicht: Der Reifeprozeß des Proletariats heißt doch praktisch nichts anderes, als in der dritten Generation aussterben. Der Reifeprozeß, dem sich nach Kautskys Rat (gewiß gab er ihn blutenden Herzens) das Proletariat nun wieder unterwerfen soll, hat ungezählte Völker, gewaltige Staaten und Weltreiche verschlungen, oft spurlos vertilgt. Das alte Römerreich, das Reich der Babylonier und Ägypter gingen an diesem Reifeprozeß zugrunde. Denn dieser kapitalistische Reifeprozeß ist im Grunde nichts anderes als ein Fäulnisprozeß. Sollen wir nun in Erwartung der "Reife" ebenfalls untergehen, wie die Römer, Griechen und Babylonier untergingen? Ist das die letzte Hoffnung des Proletariats und darüber hinaus des ganzen Volkes?

      Noch hoffen die Proletarier. Zweifeln sie etwa daran, daß Kautsky aus Marx` Theorie des Kapitals die richtigen Schlüsse gezogen? Die Experimente und Erfahrungen sprechen doch eine sehr überzeugende Sprache! Oder hofft das Proletariat etwa, daß in der Lehre von Marx sich ein Fehler eingeschlichen, daß sich trotz Kautsky doch noch irgendwo ein Ausweg aus der kapitalistischen Rattenfalle entdecken läßt? Einerlei, noch hofft das Proletariat, noch stehen die Arbeiterorganisationen. Das Vertrauen zu diesen Organisationen ist zwar stark erschüttert, jedoch sie stehen noch. Sie werden erhalten durch die Hoffnung, daß sie trotz allem und noch rechtzeitig zur rettenden Aktion durch ihre Führer eingesetzt werden. Gewehr bei Fuß wartet das Proletariat auf das Kommando. Erfolgt dieses Kommando nicht bald, dann wird der letzte Rest der Hoffnung verfliegen, die Fahnenflucht wird einsetzen und nichts mehr wird die Auflösung der Arbeiterorganisationen aufhalten können, derselben Organiationen, deren Aufbau so viele mühevolle und treue Arbeit gekostet hat.

      Auf der marxistischen Darstellung des Kapitals können die Hoffnungen des Proletariats vernünftigerweise nicht mehr gründen. Diese Darstellung führt zwangsläufig zur Forderung des kommunistischen Wirtschaftsbetriebes. Entweder Kapitalismus oder Kommunismus, das ist die Forderung, die jeder aus der Marxschen Kapitaltheorie ziehen muß. Da nun, wie Figura zeigt, die kommunistische Wirtschaftsordnung an der Natur des Menschen, also schon an ihrer Grundlage scheitert, und dieser Adam, wenn überhaupt, dann nur sehr langsam Wandlungen durchmacht, so muß eigentlich jeder Marxist dem Proletariat zurufen: Wir kämpfen für eine hoffnungslose Sache. Der Zukunftsstaat ist und bleibt aus bestimmten, unabänderlichen Gründen ein unerreichbares Ideal. Unsere Eingriffe ins kapitalistische Getriebe stören, hemmen und vermindern zum Schaden aller, auch der Arbeiter, das Arbeitsprodukt. Dort, wo, wie in Amerika, der kapitalistische Betrieb am wenigsten durch gesetzliche Eingriffe gestört wird, dort ist der Lohn am höchsten. Wir müssen die Ausbeutung ertragen, wie wir die Plagen der Natur, die Erdbeben, ertragen. Der Zukunftsstaat ist und bleibt ein Traum. Laßt uns von ihm träumen, aber suchen wir nicht, ihn hier auf Erden zu verwirklichen.

      Marxisten dieser Art, die solche Folgen aus ihrer Lehre ziehen müßten, gibt es heute wohl kaum noch. Auch bei den Führern hat die Kritik das Vertrauen in die Richtigkeit der Marxschen Darstellung vom Kapital erschüttert. Darum reden sie nicht oder nicht im obigen Sinne zum Proletariat. Auch sie haben noch eine Hoffnung, eine letzte Hoffnung, nämlich die, daß sich in die Marxsche Lehre vom Kapital an einer entscheidenden Stelle ein Fehler eingeschlichen haben mag. Und diese Hoffnung gründet auf den zahllosen Widersprüchen, die zwischen Marx "Kapital" Band III und Marx Band I, bestehen.

      So hoffen also mit dem Proletariat, daß der erfahrene Marx, Marx III., den jüngeren Marx, Marx I., erschlagen wird. Daß Marx III., der selbständige Forscher, Marx I., den Schüler der Vulgärökonomie, erledigen, daß Marx, der Wissenschaftler, Marx, den Politiker, den Verfasser des Kommunistischen Manifestes, den Knockout geben wird. Dann wird Marx III. der Forschung und dem Befreiungskampf des Proletariats neue Bahnen brechen.

      Mögen die folgenden Blätter solchen wissenschaftlichen und proletarischen Hoffnungen neue Nahrung geben.

      Silvio Gesell



      "Genau genommen ist nicht der Sozialismus unser Endziel sondem dies besteht in der Aufhebung jeder Art der Ausbeutung und Unterdrückung, richte sie sich gegen eine Klasse, ein Geschlecht, eine Partei, eine Rasse. Die sozialistische Produktionsweise setzen wir uns in diesem Kampfe nur deshalb zum Ziel, weil sie bei den heute gegebenen technischen und ökonomischen Bedingungen als das einzige Mittel erscheint, unser Ziel zu erreichen. Würde uns nachgewiesen, daß wir darin irren, daß etwa die Befreiung des Proletariats und der Menschheit überhaupt auf der Grundlage des Privateigentums an Produktionsmittein allein oder am zweckmäßigsten zu erreichen sei, dann müßten wir den Sozialismus über Bord werfen, ohne unser Endziel im geringsten aufzugeben. Ja, wir müßten es gerade tun im Interesse dieses Endziels."
      Kautsky

      Der Sozialismus zieht seine Triebkräfte in erster Linie aus dem Wunsche der Ausgebeuteten, sich der ausbeutenden Mächte zu erwehren. Dieser Satz gestattet die Verallgemeinerung, daß als Sozialist jeder zu betrachten ist, der sich am Kampfe wider die Ausbeutung beteiligt. Umgekehrt kann man niemand als Sozialist bezeichnen, der sich der Ausbeutung gegenüber gleichgültig verhält.

      Ich will nicht behaupten, daß sich der Sozialismus im Kampfe gegen die Ausbeutung erschöpft. Aber dieser Kampf ist doch, besonders im heutigen Stadium des Sozialismus, das eigentliche Kennzeichen der sozialistischen Geistesrichtung.

      Auch bei den Kommunisten wüßten manche nicht mehr, warum sie sich Kommunisten nennen, wenn es keine Ausbeutung mehr gäbe. Wenn sich die Ausgebeuteten darüber einig wären, wie die Ausbeutung am sichersten und schnellsten zu beseitigen ist, so hätte es niemals Spaltungen in den sozialistischen Kreisen gegeben. Die Einheitsfront aller Sozialisten wäre von vornherein dagewesen, fest und unerschütterlich. Sie kommt nur darum nicht zustande, weil man sich noch kein klares Bild von der Natur der Ausbeutung macht. Bei den meisten Sozialisten handelt es sich nicht um Wissen, sondern um Glaubenssätze und wir wissen aus der Geschichte, daß der Streit zumeist dort beginnt, wo das Wissen in das Gebiet der Glaubensartikel übergeht. Glauben und Streiten ist ein und dasselbe.

      Die Ausbeutung des Menschen geht auf die verschiedenste Weise vor sich. Man kann sie einteilen in

      Ausbeutung auf dem Wege persönlicher Übermacht,

      Ausbeutung mittels wirtschaftlicher Übermacht.

      Der persönlichen Übermacht bedient sich der Räuber, der Pirat, der Sklavenjäger. Diebe und Kuppler gehören auch noch in diese Kategorie.

      Den Kampf wider die Ausbeutung durch Räuber, Piraten, Kuppler, haben die Ausgebeuteten dem Staate übertragen. Es ist ein ewiger Kampf, der seiner Natur nach niemals ganz beendet werden wird. Immerhin kann man sagen, daß, verglichen mit früheren Zuständen, dieser Kampf sein Ziel erreicht hat. Die Mittel, die hier angewandt worden sind, waren entschieden wirksam. Die Burgen der Raubritter sind niedergelegt, die Schiffe der Piraten sind gekapert, die Sklavenjäger sind hinter Schloß und Riegel gebracht worden. In letzter Zeit geht man auch bereits scharf und international gegen den Handel mit weißen Sklavinnen vor. Die Ausbeutung auf dem Wege persönlicher Übermacht hat so gut wie aufgehört.

      Nicht so ist es mit der Ausbeutung mit Hilfe wirtschaftlicher Waffen. Zwar auch auf diesem Gebiete hat man gekämpft und sich der verschiedensten Waffen bedient, aber irgend ein Erfolg ist bis heute nicht wahrzunehmen. Im Gegenteil. Die Zahl der Ausgebeuteten wächst, ebenso die Masse der Beute, die täglich gewaltigeren Umfang annimmt. Vor dem Kriege betrug diese Beute in Deutschland reichlich 20 Milliaden Goldmark. Jedes Land in der Zinswirtschaft, mit allem, was darin steckt und darauf steht und gebaut wurde, Häuser, Äcker, Bergwerke, Warenlager, Läden, Banken mit ihrem Inhalt, Eisenbahnen, Viehherden, Wälder, Handelsflotten usw., mussen die Ausgebeuteten alle zwanzig Jahre in Gestalt von Grundrenten und Zinsen an die Ausbeutenden abliefern.

      Der Kaufpreis irgend eines Kapitalgegenstandes wird im Handel ganz allgemein mit dem zwanzigfachen seiner jährlichen Ausbeute, d.h. also des Zinses oder der Rente eingeschätzt. Als Helfferich das in Deutschland angelegte Vermögen, von ihm Volksvermögen genannt, mit 350 Milliarden einschätzte, da hat er die Zinsen und Grundrenten, die im Jahre über die Zahltische der Rentner gingen, mit 20 oder 25 multipliziert, kapitalisiert. So kam die genannte Summe zustande.

      Wie geht nun diese Ausbeute vor sich? Man sollte meinen, daß man sich über eine Erscheinung von so gewaltigem Umfange längst klar sein müßte, zumal es sich hier um einen Vorgang handelt, der sich vor unseren Augen vollzieht, einen rein menschlichen Vorgang, den wir leicht in allen Einzelheiten verfolgen können. Und dennoch streiten wir noch über das Wie, Wann und Wo der Ausbeutung. Wir bezahlen alle Jahre 20 Milliarden Goldmark an unsere Ausbeuter und wissen noch nicht, wie das geschieht! Und wei1 wir in dieser Beziehung uneinig sind, streiten wir über den Weg, der einzuschlagen ist zur Bekämpfung der Ausbeutung. Unglaublich erscheint es, aber es ist wahr: Die Einheitsfront kommt nicht zustande, weil wir nicht wissen, ob der Kapitalist uns das Geld aus der linken oder aus der rechten Tasche nimmt.

      Zwei Theorien streiten heute um Anerkennung in den Kreisen der Ausgebeuteten:

      die Theorie, wonach im Privatbesitz an den Produktionsmitteln schlechthin der Grund der Ausbeutung zu suchen ist, und

      die Theorie, wonach die Ausbeutung eine Folge unseres fehlerhaften Geld- und Bodenrechtes ist.

      Nach der einen Theorie erfolgt die Ausbeutung direkt und ausschließlich bei der Arbeit, in der Fabrik, auf dem Felde. Nach der anderen erfolgt sie bei der Benutzung des Bodens und beim Tausche der Arbeitsprodukte mittels des Geldes, sowie bei allen Darlehen, wobei auch das Verhältnis des Arbeitnehmers zum Arbeitgeber als Dariehensverhältnis behandelt wird, ebenso wie das des Mieters und Vermieters.

      Die zuerst genannte Theorie fordert in folgerichtiger Anwendung die Abschaffung des Privateigentums, und damit auch die der Privatwirtschaft, der Selbstverantwortung. Die Verteilung der Produkte erfolgt durch den Staat, der die Produktion leitet. Die Grundsätze, nach denen die Verteilung erfolgen soll, werden gesetzlich geregelt.

      Nach der anderen Theorie braucht es solcher Eingriffe nicht. Es genügt, wenn der Boden und das Geld "sozialisiert" werden. Das Obrige besorgt dann zwangsläufig, automatisch, die nun wirklich freie, zu ihrer Ordnung gelangte, den eigenen Gesetzen folgende Wirtschaft. Die Ausbeutung ist nach dieser Theorie ein Produkt gewaltsamer Eingriffe in die natürliche, von selbst sich ergebende Ordnung der Wirtschaft. Mit der Beseitigung dieser Eingriffe muß auch die Ausbeutung fallen.

      Auf der einen Seite also Staat, Gesetz, auch Zwang, auf der anderen das gerade Gegenteil: Freiheit, in Neuland, in noch nicht erlebte vollkommen neue Verhältnisse.

      Dort führt der Weg rechts in den Kommunismus hinein, also zurück, dorthin, woher wir gekommen sind, hier umgekehrt führt der Weg links ab, aus dem Hohlweg des Kapitalismus in die Freiheit, nicht Ausbau des Staates, sondern Abbau.

      Aber beide Systeme beanspruchen für sich die Kraft, das Hauptziel des Sozialismus, die Beseitigung der Ausbeutung, restlos zu verwirklichen.

      Daß mit dem Kommunismus, mit der Abschaffung des Privateigentums die Ausbeutung gründlich erledigt ist, haben wir in Rußland jetzt auf breiter Grundlage erfahren können. Die Ausbeuter sind tatsächlich alle verhungert und ausgestorben. Das Hauptziel des Sozialismus hat Lenin tatsächlich erreicht. Aber, aber: die Russen scheinen das Erreichte teuer gekauft zu haben, so teuer, daß manche die glücklichen Zeiten der kapitalistischen Ausbeuter wieder zurückverlangen.

      Mit der freien Wirtschaft, die ich hier dem Kommunismus gegenüberstelle, wird die Ausbeutung nicht durch höhere Gewalt beseitigt, abgeschafft. Daß sie verschwinden wird, dafür muß allein die Logik der der freiwirtschaftlichen Theorie zugrunde gelegten Tatsachen einstehen.

      Was uns nun interessiert, das ist die Frage, welche von beiden hier zur Erörterung gestellten Ausbeutungstheorien falsch ist. Wohlverstanden, es handelt sich nicht darum, welche der beiden Theorien wir wählen sollen, um ein uns gestecktes, als erstrebenswert erscheinendes Ziel wissenschaftlich zu schmecken, sondern unabhängig von allen persönlichen Wünschen und Neigungen, das an sich Richtige festzustellen. Uber die wahre Ursache der Ausbeutung wollen wir uns klar werden und unsere Kenntnisse in einem Lehrsatz formulieren. Ob diese Erkenntnis uns zunächst süß oder bitter schmecken wird, steht hier nicht in Frage. Die Wahrheit soll ans Licht gezogen werden. Mehr nicht. Was mit der erkannten Wahrheit dann gemacht werden kann oder soll, darüber werde ich weiterhin reden.

      Marx als Hauptvertreter der Lehre, wonach die Ausbeutung auf das Privateigentum zurückzuführen sei, geht von einer sehr wichtigen, von ihm aber nur ganz oberflächlich untersuchten Voraussetzung aus, nämlich, daß das Geld kein selbständiges Kapital sei. Das Geld ist ein vollkommenes Aquivalent der im Tausch erhaltenen Waren, sagt Marx.1) Für die von ihm selbst geprägte allgemeine Formel des Tausches - G - W - G` - also Geld, Ware, Mehrgeld, findet er in den Eigenschaften des Geldes keine Erklärung.

      Wenn diese Formel nicht durch eine ganz regelmäßig und ungestraft vor sich gehende "Prellerei", also nicht durch Machtfaktoren erklärt werden soll, dann, sagt Marx, gehört zu dieser Erklärung eine lange Kette von Mittelgliedern.2)

      Diese Mitteiglieder sucht nun Marx im Produktionsprozeß. Er erklärt dann die hier vor sich gehende Ausbeutung wie folgt: Die Arbeitskraft ist eine Ware. Der Wert der Waren richtet sich nach den Produktionskosten. Der Unternehmer zahlt ohne Prellerei, also kraft seiner Übermacht, den vollen Wert der Arbeitskraft, wenn er ihre Produktionskosten bezahlt. Die Ware Arbeitskraft hat die Eigentümlichkeit, daß ihr Gebrauchswert größer ist als ihr Tauschwert, d.h. daß der Verbrauch der Arbeitskraft in der Fabrik mehr liefert als das, was sie gekostet hat, also mehr als die Produktionskosten der Arbeitskraft. Der Unterschied der beiden Größen gehört selbstverständlich dem Eigentümer, dem Käufer der Arbeitskraft. Der Mehrwert ist so erklärt.

      Auf diesen Sätzen ist das große Werk "Das Kapital" aufgebaut. Wenigstens die ersten zwei Bände sind auf diesen Sätzen aufgebaut. (Daß der dritte Band von Widersprüchen wimmelt, interessiert uns nicht, da dieser Band in der sozialistischen Politik keine Rolle spielt.) Mit ihnen ist die Forderung der Abschaffung des Privateigentums wissenschaftlich begründet. Wer Marx verstehen will, muß diese Sätze in sich aufnehmen. Wer ihn kritisieren will, muß hier beginnen. Mehr sagt auch Marx nicht zur Begründung seiner Forderung des Kommunismus.

      Hier werde ich nun auf einige Widersprüche aufmerksam machen, die die Voraussetzungen dieser Marxschen Lehre als unhaltbar erweisen, womit dann auch der von Marx geführte Beweis erschüttert wird, daß zur Beseitung der Ausbeutung das Privateigentum abzuschaffen sei. Den positiven Beweis, daß eine ausbeutungsfreie Wirtschaft vollkommen vereinbar ist mit dem Privateigentum und der Privatwirtschaft, werde ich dann weiterhin geben.

      Der Ausgangspunkt in der Marxschen Darstellung ist der Satz: "Die Arbeitskraft ist eine Ware." Marx behauptet das. Er hat den Satz aus der volkswirtschaftlichen Literatur seiner Zeit übernommen.3)

      Er begründet die Behauptung nicht. lhe Richtigkeit mochte ihm ohne weiteres einleuchten. Vielleicht stammt der Satz von einem Manne, der seiner Empörung darüber Ausdruck geben wollte, wie sehr der Kapitalismus den Menschen herabwürdigt. Als Ausdruck solcher Empörung kann man ihn auch gelten lassen. Dort aber, wo er, wie bei Marx zum Träger einer schwerwiegenden Theorie herhalten muß, da ist es nötig, seine Richtigkeit genauer zu untersuchen.

      Was wäre die Arbeitskraft ohne den Arbeitswillen? Was nützt dem Unternehmer die Arbeitskraft, wenn der Arbeiter sie nicht gebraucht? Und was nützt dem Unternehmer wieder der Arbeitswille, wenn die Arbeitskraft fehlt? Wille und Kraft vereint liefern das Produkt, und auf das Produkt kommt es deni Unternehmer an. Der Unternehmer kauft also nicht die Arbeitskraft, sondern das Arbeitsprodukt. Bei der Anstellung des Arbeiters richtet sich das Angebot des Unternehmers ganz nach den Produkten, die er vom Arbeiter erwartet. Und auch der Arbeiter richtete seine Forderungen nach seinem Arbeitsprodukt.

      Der Lohnvertrag ist demnach nichts anderes als ein Kaufvertrag über die Waren, die der Arbeiter herstellt und dem Unternehmer verkauft. Beim Stücklohn tritt dieses Verhältnis ganz klar zu Tage. Daß die Maschinen, die der Arbeiter benutzt, dem Unternehmer gehören, ändert an diesem Verhältnis nichts. In dieser Beziehung kann man das Verhältnis Unternehmer zum Arbeiter mit dem eines Pfandleihers vergleichen. Der Unternehmer leiht dem Arbeiter gegen eine Vergütung das Werkzeug und den Rohstoff. Die Höhe dieser Vergütung setzt der allgemeine Wettbewerb der Regel nach auf den Zins des Geldes herab, das der Unternehmer zur Anschaffung seiner Produktionsmittel verausgaben muß. Mehr kann er nicht herausschlagen, weil der Wettbewerb es ihm nicht gestattet. Und dafür, daß es nicht weniger wird, sorgt auch wieder der allgemeine Wettbewerb, daß niemand Geld in einem Unternehmen anlegen wird, das weniger als den Zins des Anlagekapitals verspricht.

      Es verhält sich hier wie bei der Verpachtung eines Ackers an einen Bauern, nur mit dem Unterschied, daß der Grundbesitzer dem Bauer die Sorge für den Verkauf der auf seinem Acker erzeugten Waren überläßt. Keinem Grundherrn wird es in den Sinn kommen zu sagen, daß er die Arbeitskraft des Bauern gekauft habe.

      Der Unternehmer ist ein Kaufmann. Er handelt mit den Rohstoffen, die seine Arbeiter verbrauchen und mit den Erzeugnissen, die die Arbeiter abliefern, besser gesagt, die sie ihm verkaufen.

      Die Maschinen sind als Darlehen zu betrachten, die der Unternehmer den Arbeitern gibt, deren Zins er im Lohn und Stücklohn abzieht oder verrechnet und die ihm gleichzeitig als Pfand dienen. Wären die Arbeiter allgemein kreditwürdig, so würden die Arbeiter das Geschäft, das der Unternehmer macht, selber machen können. Vorausgesetzt, daß sie auch die dazu nötigen Kenntnisse besäßen - ähnlich wie das die Pachtbauern tun.

      Ziehen wir die Folgerungen aus dem eben Gesagten: soviel wie Marx auf dem Satze, daß die Arbeitskraft eine Ware sei, gebaut hat, soviel muß auch mit diesem Satze wieder stürzen.

      Marx sagt: Der Wert der Ware Arbeitskraft richtet sich nach ihren Produktionskosten. Diese Folgerung liefert Marx die allgemeine Lohntheorie. Er braucht keine andere, da sie sich aus dem Satze, daß die Arbeitskraft eine Ware sei, vollkommen logisch ergibt. Treten Widersprüche auf mit den Tatsachen, so muß die Erklärung anderswo gesucht werden, da der Satz, die Arbeitskraft sei eine Ware, als Axiom außerhalb der Kritik steht, und da die Folgerung, daß der Wert sich nach den Produktionskosten richtet, unerschütterlich feststeht. Im dritten Band müht sich Marx auch redlich mit der Klärung der Widersprüche ab.

      Aus der Lohntheorie, die Marx aus seinem Axiom, daß die Arbeitskraft eine Ware sei, zieht, ergibt sich wiederum mit vollkommener Logik die allgemeine Kapitaltheorie, die Erklärung für die allgemein anerkannte Ausbeutung. Er sagt: Der Unternehmer kauft die Ware Arbeitskraft zu ihrem vollen Wert, also ohne Prellerei. Er kauft sie aber nicht wegen ihres Tauschwertes, also nicht als Kaufmann. Er kauft sie als Konsument, um sie zu verbrauchen. Die Ware Arbeitskraft hat aber die Eigentümlichkeit, daß ihr Gebrauchswert größer ist als ihr Tauschwert, d.h., daß der Verbrauch der Ware Arbeitskraft ein Produkt ist, das größer ist als die Produktionskosten dieser Kraft, größer also als der Lohn. Der Unterschied ist der Mehrwert. Die Kapitaltheorie ist fertig.

      Als Käufer für die Ware Arbeitskraft kommt natürlich nur ein Konsument dieser Ware in Betracht, und konsumieren läßt sich diese eigentümliche Ware nur mit Hilfe der Produktonsmittel. Der Besitz der Produktionsmittel gibt dem Unternehmer die Möglichkeit, den Unterschied, der zwischen dem Gebrauchswert und dem Tauschwert der Ware Arbeitskraft liegt, für sich zu beanspruchen. So ist auch der Beweis erbracht, daß die Ausbeutung des Menschen allgemein zurückzuführen ist auf das Privateigentum an den Produktionsmitteln. Der Sozialist, der die Ausbeutung beseitigt wissen will, hat keine andere Möglichkeit, als ja und Amen zu der Forderung zu sagen, wonach die Produktionsmittel verstaatlicht werden müssen.

      So folgt aus dem Satze, daß die Arbeitskraft eine Ware sei, zwangsläufig die Forderung nach dem Kommunismus. Mit dem Nachweis, daß nicht die Arbeitskraft, sondern das Arbeitsprodukt Gegenstand des Lohnvertrages ist, ergibt sich für den Sozialisten die Notwendigkeit, sich nach allen Richtungen hin neu zu orientieren. Theoretisch, wirtschaftlich und politisch. Er steht vor der Notwendigkeit, eine neue Lohntheorie, eine neue Kapitaltheorie, eine neue sozialpolitische Bewertung des Privateigentums an den Produktionsmitteln herbeizuschaffen. Denn alles, was er in diesen Beziehungen bisher gesagt und geglaubt hat, ist nicht mehr theoretisch begründet. Der wissenschaftliche Sozialismus steht und fällt mit der Behauptung, daß die Arbeitskraft eine Ware sei.

      Die Freigeldlehre geht ebenfalls bei ihren Untersuchungen über die Natur des Kapitals von der Marxschen Formel des Tausches aus. G-W-G`, d. h. Geld-Ware-Mehrgeld. Sie setzt aber nicht, wie Marx es tut, kritiklos voraus, daß das Geld ein vollkommenes Aquivalent der Waren sei, sondern findet in der von Marx selbst formulierten allgemeinen Gestaltung des Tausches den Beweis, daß das Geld mehr ist als ein Äquivalent. Die Marxsche Formel G-W-G` ist für sie unmittelbarer Beweis, daß das Geld ein selbständiges Kapital ist, daß das G` nicht Produkt einer ewig wiederholten Prellerei ist, sondern Ergebnis einer Überlegenheit des Geldbesitzers über den Warenbesitzer, also Produkt eines wirtschaftlichen Machtfaktors.

      Die Freigeldlehre hat sich aber nicht damit begnügt, das G` als Beweis für die Kapitalnatur des Geldes hinzustellen, sondern hat auch die Frage beantwortet, warum das Geld den Waren als Kapital gegenüber treten kann.

      Sie gibt darüber folgende Erklärung: Die Ware ist ihrem Verfertiger oder ihrem Besitzer direkt nutzlos. Um Nutzen aus ihr zu ziehen, muß die Ware getauscht werden. Dazu müssen sich die Warenbesitzer, durch die Lage der Dinge gezwungen, des Geldes als Tauschmittel bedienen. Der Preis, den der Warenbesitzer erhält, wird souverän durch Nachfrage und Angebot bestimmt. Unter Nachfrage ist das angebotene Geld und unter Angebot die angebotene Ware zu verstehen. Der Preis ist als Bruch anzusehen, wo der Zähler durch das Geld, der Nenner durch die Ware dargestellt ist. Geld dividiert durch Ware = Preis.

      Wird der Zähler (Geld) verkleinert, so fallen die Preise. Wird der Zähler vergrößert, so steigen die Preise. Und umgekehrt verhält es sich beim Nenner.

      Hier ist nun zu beachten, daß das Angebot des Geldes, sofern wir hier nur an die eigentlichen Geldleute denken, an die Bankiers, an die Rentner, an die Spekulanten, wie auch an die Sparer, eine vollkommen willkürliche Sache ist. Wer über seine unmittelbaren Warenbedürfnisse hinaus noch Geld übrig hat, der kann damit vollkommen frei schalten. Er kann es hamstern. Er kann es auf die Bank bringen und es dort unberührt liegen lassen. Zwar verliert er dann den Zins. Das sind bei einem regulären Depotzins von 4% für den Monat etwa 30 Pf. auf 100 Mark. Betrachten wir diesen Verlust als einen Druck, dem der Geldbesitzer unterliegt, so können wir diesen Druck mit der eben angegebenen Zahl messen, also einen Druck von etwa einem Pfennig im Tage für je 100 Mark. Wohlgemerkt: der Geldbesitzer hat keinen Substanzvertust an seinem Geldvorrat zu verzeichnen, sondern beklagt nur einen ihm entgangenen Gewinn. Wer einen Geldschatz unter einem Apfelbaum vergräbt, der findet seinen Schatz nach Jahr und Tag unversehrt wieder. Bedenken wir hier noch, daß alles Geld, auch das Lohngeld des Unternehmers, in der Regel aus den Banken und Sparkassen kommt, so können wir sagen, daß das in Umlauf befindliche Geld durchweg unter einem Druck von einem Pfennig für je 100 Mark und Tag steht.

      Vergleichen wir nun hiermit den Nenner des Bruches, das Warenangebot. Betrachten wir die Waren, Artikel für Artikel. Betreten wir einen Markt, einen Laden, ein Kaufhaus, einen Hafenplatz, einen Eisenbahnschuppen, einen Güterzug. Alle diese Waren haben ihre bestimmten Eigentümer. Und alle diese Eigentümer haben Sorgen, Sorgen um ihre Waren. Ob sie nicht gestohlen werden, ob es nicht regnet, ob es nicht frieren wird, ob die Sonne nicht darauf brennt. Vielleicht werden sie von Motten angegriffen. Wie leicht kann so ein Schuppen auch abbrennen. Der Hagel kann die Fensterscheiben zerschlagen, und dann sind die Seidenstoffe dem Regen ausgesetzt. Der Staub schadet auch manchen Waren. Der Wechsel der Mode spielt eine Rolle. Das Vieh ist Seuchen ausgesetzt. Auf der Jagd nach der Maus wirft die Katze das Porzellan um: Scherben. Schließen wir Geld in einen Schrank ein, so ist das Geld nach Jahr und Tag noch vollzählig da. Der Besitzer des Geldes hat einen Gewinnverlust von 1 Pfennig für den Tag und 100 Mark. So hatten wir es eben ausgerechnet. Schließt ein Bankier sein Geschäft, so ist sein Gewinnverlust ebenso zu bemessen.

      Aber wie geht es dem Besitzer eines Waenhauses, der etwa auf den tollen Gedanken käme, es ebenso wie der Bankier zu machen und sein Warenhaus eines Angestelltenstreiks wegen für 1 Jahr verschlösse? Wieviel müßte er wohl auf Konto der Diebe, des Rostes, der Motten, der Fäulnis, des Bruches, des Modenwechsels usw. von seinem Kapital abschreiben? Wenn er dazu noch die Miete des Geschäftshauses, die Feuerversicherung rechnet? Wieviel beträgt das Lagergeld auf der Bahn? Was geschieht mit den Zeitungen, mit den Kartoffeln, die vergessen wurden?

      Es gibt Leute, die hamstern jetzt schon Geld für den nächsten Krieg. Wie viele gibt es, die für denselben Zweck heute Eier, Butter, Schuhe und Salat hamstern? Also wieviel muß der Besitzer des Kaufhauses von seinem Kapital abschreiben, wenn er es nur um ein Jahr verschließen wollte? Sind etwa 50% zuviel, so sind sicherlich 20% zuwenig. Doch rechnen wir hier nur mit 15 oder gar mit nur 10%, und dann vergleichen wir die Lage der beiden Personen, des Geldhamsterers und des Warenhamsterers! Jener hat einen Gewinnveriust von 5%, dieser hat den gleichen Gewinnverlust und dazu noch den Substanzverlust. Den Gewinnverlust des Geldbesitzers berechneten wir mit einem Druck von 1 Pfennig pro Tag und 100 Mark. Den Substanzverlust beim Warenbesitzer aber müssen wir mit einem Druck von 3 Pf. pro Tag und 100 Mark berechnen.

      Das heißt also: die Nachfrage auf dem Markt sucht durch den Tausch einem Druck von einem Pfennig auszuweichen. Das Angebot sucht einem Druck von dreifacher Stärke zu entgehen. Wenn der Handel nicht zustande kommt, so muß der Warenbesitzer mit dem dreifachen Schaden rechnen, den der Geldbesitzer erleidet. Wer ist unter solchen Verhältnissen der Gefügigere? Wer ist zu Ermäßigungen bei seinen Forderungen am geneigtesten?

      Es ist also ganz klar, daß es sich hier nicht um volle Aquivalente handelt, daß der Geldbesitzer aller Regel nach vom Warenbesitzer eine besondere Vergütung dafür fordern kann, daß er darauf verzichtet, dem Besitzer der Ware durch Verschleppung des Handels einen direkten Substanzverlust zu verursachen.

      Wieviel diese Vergütung in jedem Einzelfall beträgt, kann natürlich nicht festgestellt werden. Die Vergütung geht stillschweigend mit in den Preis über. Die Erfahrung zeigt aber, daß die Kaufleute das im Geschäft angelegte Geld aller Regel nach mit 5% im Jahr verzinsen können. Diese 5% sind die Summe der während eines Jahres beim Einkauf der Waren auf Grund der kaufmännischen Überlegenheit des Geldes gemachten Abstriche. Wenn das Geld kein Kapital an sich wäre, dann wäre es auch den Kaufleuten unmöglich gemacht, das Anlagekapital zu verzinsen. Von wem würden sie dann den Zins erheben können? Im Tauschhandel gibt es einen Zins. Wenn beim Tausch beide mit Zins rechnen, dann würden sich ja die Zinsrechnungen gegenseitig aufheben.

      Das Rätsel, das in der Marxschen Formel des Handels steckt, G-W-G`, das Marx nicht lösen konnte und das ihn dann zwang, den verzweifelten Versuch zu machen, das G` fern vom Markte im Produktionsprozeß zu suchen, dieses Rätsel wäre also gelöst. Das Geld ist als selbständiges Kapital entlarvt. Es ist kein vollkommenes Aquivalent. Es ist mehr. Und dieses Mehr schafft den Mehrwert.

      Mit dieser Lösung des Rätsels finden nun alle Erscheinungen in der kapitalistischen Wirtschaft eine außerordentlich einfache und einleuchtende Lösung. Wir brauchen jetzt keine drei dicken Bände mehr, um diese Erscheinungen zu erklären.

      Mit der Entdeckung der Kapitalnatur des Geldes findet ein allgemeiner Rollenwechsel statt. Der Zins des Handelskapitals richtet sich nun nicht mehr nach dem Zins des Produktionskapitals. Umgekehrt: der Zins aller Kapitalien richtet sich nach dem Zins des Geldkapitals. Hier braucht dann nichts mehr vergewaltigt zu werden. Die Überlegenheit des Geldes ist eine feste Größe. So ist also auch der Ertrag dieser Überlegenheit eine feste Größe. Die auffallende Erscheinung, die bis dahin niemand zu erklären vermochte, nämlich, daß der Zins seit Jahrtausenden immer auf demselben Stand geblieben war, ist erklärt.

      Wenn das Geld ein Kapital an sich ist, dann versteht es sich auch von selbst, daß niemand sein Geld in Häuser und lndustrieanlagen festlegen wird, wenn er von diesen Anlagen nicht denselben Zins erwarten kann, den das Geld im Handel abwirft. So schafft der Zins des Geldes die uralte, bis dahin völlig rätselhafte Rentabilitätsgrenze, die seit Bestehen der Geldwirtschaft noch niemals von einen Unternehmer unterschritten wurde. Was den Zins des Geldes nicht einträgt, bleibt ungeboren. Kann der Bauunternehmer der Hypothekenbank nicht nachweisen, daß sein geplantes Mietshaus die 5% Zins abwerfen wird, so schlägt ihm der Bankier die Tür des Geldschrankes vor der Nase zu. Kein Zins, kein Geld, heißt es hier. Geht der Mietzins der Häuser als Folge einer regeren Bautätigkeit unter das "Normale", d. h. unter 5% herunter, so heißt es: Stopp! Wir haben zuviel gebaut! Wir müssen warten, bis der Zins der Häuser wieder die "normale" Höhe erreicht. Dann kann wieder gebaut werden. Und so mit allen Kapitalanlagen: Mit den Schiffen, Eisenbahnen, Bodenverbesserungen, Gartenanlagen, Theatern. Das Geld sperrt alle Arbeiter aus, die ihm die 5% nicht bewilligen wollen. Das Geld streikt. Und niemals seit der Einführung unseres herkömmlichen Geldes hat das Geld solchen Streik verloren. Wer sein Geld in ein kapitalistisches Unternehmen anlegt, erhält sozusagen einen Garantieschein vom Geld ausgestellt, daß niemand ihm unter 5% Konkurrenz machen wird. Seit 6000 Jahren ist das so gewesen, so daß es als eine Selbstverständlichkeit gilt und niemand mehr danach fragte, warum das so ist.

      Mit der Entdeckung der Kapitalnatur des Geldes und mit der Erklärung der Natur dieses Kapitals tritt für den Sozialisten, der die Ausbeutung bekämpfen will, die Frage auf, ob es nicht möglich ist, ein Geld zu schaffen, das den Waren nicht übelegen ist und das sich diesen gegenüber darum auch nicht als Kapital erweisen kann.

      Mit dieser Frage betreten wir das Forschungsgebiet des französischen Sozialisten P. J. Proudhon. Proudhon ist der erste gewesen, der die Kapitalnatur des Geldes feststellte, wenn er auch die Natur dieses Kapitals nicht durchschaut hat. Letzteres geht klar aus seinen Vorschlägen zur Bekämpfung des Geldkapitals hervor, die in der Forderung gipfeln, die Ware auf die Rangstufe des Geldes zu erheben.

      Wenn er die Natur, den Grund der Überlegenheit des Geldes erkannt hätte, dann hätte er unmöglich eine solche Forderung stellen können. Immerhin zeigen seine Aussprüche ganz klar, daß es für ihn keinen Zweifel darüber gab, das Geld sei ein Kapital. Er suchte den Schlüssel zur Erklärung der Marxschen Formel des allgemeinen Warentausches Geld-Ware-Mehrgeld darum auch im Tausch der Waren gegen Geld. Dort und nicht anderswo mußte der Schlüssel zu dem Rätsel gefunden werden. Die Marxsche Theorie des Kapitals hat er darum glatt, als außerhalb jeder Diskussion stehend, abgelehnt. Die von seinem Standpunkt angestellten Betrachtungen über die Natur des Realkapitals, also der Fabriken, der Produktionsmittel, der Mietwohnungen usw., mußten bei ihm die Überzeugung bis zur Evidenz steigern, daß die Wurzeln des Kapitalismus im Gelde stecken. Hier durschaute er die Dinge mit absoluter Klarheit.

      Es war für ihn außer Zweifel, daß, wenn vom Geld her keine Hemmungen einträten, daß dann die Akkumulation der Produktionsmittel bis zum Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Kapitalmarkt, also bis zur völligen Unterdrückung des Kapitalzinses, vor sich gehen müßte. Der Kapitalismus war ihm eine Nebenerscheinung des herkömmlichen Geldwesens. Die Natur der Dinge, die Natur des Menschen und seiner Technik, die Natur der Wirtschaftsordnung war direkt gegen den Kapitalismus gerichtet. Wenn sie sich nicht in dieser Richtung voll auswirken konnte, so lag das an den Mängeln, an organischen Fehlern des Geldes, desselben Geldes, das wir ungeprüft und unverändert von den Römern, den Griechen, von Hammurabi übernommen haben. Ungeprüft.

      70 - 80 Jahre sind es her, daß Proudhon dem Kapital auf die Spur gekommen war. Von der vollkommenen Lösung des uralten Problems trennte ihn nur noch ein Schritt. Er brauchte nur vor die Frage gestellt zu werden, warum denn das Geld den Waren überlegen ist. Dann hätte die Antwort darauf auch gleich die weitere sozialistische Frage beantwortet, wie man dem Geld den Giftzahn ausbrechen kann. Und die Antwort darauf wäre dann einfach die Sache der Techniker gewesen, die für solche Probleme die Lösung finden. Proudhon hat keinen solchen Fragsteller, keinen äquivalenten Mitarbeiter gefunden. Er war auf sich selbst angewiesen. Marx war in die eigene Formulierung des Kapitals verliebt. Er konnte sich in die Gedankengänge Proudhons nicht hineinfinden. Er bekämpfte ihn.

      Durch die Tagespolitik wurde Proudhon von der wissenschaftlichen Ausarbeitung seiner Erkenntnisse abgelenkt. Er nahm diese Erkenntnisse mit ins Grab. Die Bücher, die er hinterließ, waren bei den Kapitalisten verpönt und bei den Sozialisten durch Marx diskreditiert worden. Nur die Anarchisten hatten ihn nicht vergessen. Sie interessierten sich aber für andere Gedankengänge Proudhons. So blieb die Proudhonsche Lehre vom Kapital so gut wie unbeachtet, trotz den Bemühungen Gustav Landauers. Marx beherrschte das Feld.

      Die Fragen, die Proudhon offen ließ, die hat die Freigeldlehre beantwortet. Das Geld ist Kapital, weil sein Angebot nicht dem gleichen Drucke ausgesetzt ist, wie das Angebot von Waren. Bei der Preisbildung kann dieser Umstand von den Geldbesitzern ausgebeutet werden, nach der allgemeinen Handelsformel Geld, Ware, Mehrgeld.

      Wenn wir darum das Geld so gestalten, daß der Druck, unter dem das Warenangebot steht, auch auf das Geldangebot übertragen wird, so fällt die Übermacht des Geldes dahin. Dann ist der Tatbestand da, den Marx bei seiner Untersuchung bereits als gegeben voraussetzte. Wenn das Geld im Besitze des Kaufmannes, des Bankiers, des Sparers, der Spekulanten ebenso schnell verdirbt wie die Ware verdirbt, wenn der Besitz des Geldes mit denselben Unkosten verknüpft ist wie der Besitz von Waren, wenn der Geldbesitzer mit einem Substanzverlust zu rechnen hat, der proportional der Zeit wächst, die das Geld in seinem Besitz verbleibt, dann sind Geld und Ware äquivalent und dann wird es undenkbar, daß der Besitzer des Geldes dem Besitzer der Waren einen besonderen Abzug dafür machen kann, daß er darauf verzichtet, den Handel auf die lange Bank zu ziehen. Denn dann würde ja der Schaden, der den Warenbesitzer für eine Preisermäßigung mürbe machen soll, in gleicher Stärke den Geldbesitzer treffen.

      Diesen Gedanken setzt das Freigeld in die Tat um. Wenn Proudhon lebte, so würde er sagen: Ihr habt meinen Gedanken umgekehrt. Ich wollte die Ware auf die Rangstufe des baren Geldes erheben.

      Ware und Geld sollten vollkommene Äquivalente dadurch werden, daß ich den Waren all die guten Eigenschaften verlieh, die das Gold besitzt. Das gelang mir nicht und konnte mir auch nicht gelingen, denn wie könnte man dem Stroh, den Lumpen, dem Petroleum, Eigenschaften verleihen, die es bedingen würden, daß der Sparer sagt: es ist mir einerlei, ob ich Gold besitze oder Lumpen, Petroleum, Rindshäute, Kartoffeln usw. Durch die Hände der Sparergeht aber alles Geld. Im Laufe eines Jahres würde alles Geld des Landes in den Kassen verschwinden, wenn sie es nicht wieder vom Zins angelockt, den ich ja beseitigt sehen will, dem Verkehr zurückgäben. An die Verwendung des baren Geldes als Sparmittel hatte ich nicht gedacht. Es ist klar, daß, wenn ich meinen Gedanken zur Ausführung bringen will, das Geld auch als Sparmittel den Waren gleichgestellt werden muß. Das heißt, das Geld muß körperlich vom Sparmittel getrennt werden.

      Dies ist nun mit eurem Freigeld geschehen. Ihr habt die Ware nicht auf die Rangstufe des Geldes gehoben, sondern umgekehrt habt ihr das Geld auf die Rangstufe der Ware herabgesetzt. Das war ein glücklicher Gedanke. Er ist praktisch durchführbar. Das Geld kann man nach Wunsch gestalten. Das Ziel meiner Bestrebungen ist erreicht. Das Freigeld ist so schlecht wie die Ware. Nun erst sind Ware und Geld wirklich äquivalent.

      So würde sich Proudhon ausgedruckt haben. Mit dem Freigeld sind alle Vorzüge des Geldes, die Überlegenheit des Geldes über die Ware beseitigt. Damit muß natürlich alles fallen, was mit dieser Überlegenheit zusammenhing. Und das ist nichts mehr oder weniger als der Kapitalismus, soweit dieser nicht mit dem Privateigentum an Boden verknüpft ist.

      Aus der Ware kann der Geldbesitzer keinen Zins mehr schlagen, denn, wenn Äquivalente getauscht werden, wer soll dann den Zins zahlen? Ebensogut könnte man erwarten, daß die Ware das Geld mit Zins besteuert. Das Freigeld ist also kein Kapital an sich mehr.

      So gibt es also auch keine Rentabilitätsgrenze mehr für die Kapitalakkumulation. Diese Grenze war gegeben durch den jährlichen Ertrag, den das Geld in seiner Funktion als Tauschmittel abwarf. Sie stand da seit 6000 Jahren, und niemals war sie durchbrochen worden. Jetzt ist durch das Freigeld zum ersten Male seit Hamurabi eine Bresche in diese Rentabilitätsgrenze gelegt.

      Das Freigeld kennt keine untere Rentabilitätsgrenze. Es ist ja kein selbständiges Kapital mehr. Wenn die Rentabilität der Kapitalanlagen sinkt, etwa infolge besonders angestrengter Arbeit, da kann das Geld nicht mehr sagen: ihr Unternehmer und Arbeiter habt durch eure ungezügelte Arbeitswut das reale Kapital, die Produktionsmittel, die Wohnungen usw. derart vermehrt, daß ihr Zinsertrag unter die "normale" Grenze, die Rentabilitätsgrenze, gesunken ist. Ich streike. Schluß mit dieser Baupest. Nein, solches kann das Freigeld nicht sagen. Es kann nicht streiken. Es steht ja unter Druck. Es trägt den Streikbrecher in sich. Damit es nicht streiken kann, darum wurde dieser Druck erfunden. Und der Druck erfüllt seinen Zweck.

      Das Freigeld mahnt unausgesetzt seine Besitzer daran, daß das Geld als Tauschmittel geschaffen wurde. Es stellt seine Besitzer vor die Wahl, entweder sich mit einem geringeren Zins zu begnügen, oder aber mit einem Verlust an der Substanz des Geldes vorlieb zu nehmen. Wenn also etwa ein Unternehmer an den Hypothekenbankier herantritt mit den Worten: Wir haben in den letzten Jahren sehr viel gebaut. Der Mietzins geht abwärts. Statt 5% netto bringen die Wohnungen jetzt nur mehr 4% ein. Ich habe hier einen neuen Plan für eine Mietskaserne und wünsche von Ihnen, daß Sie aus Rücksicht auf den erwähnten Rückgang der Mieten mir den Hypothekenzins entsprechend herabsetzen - dann wird der Freigeldbankier dem Unternehmer, wie es heute in solchen Fällen geschieht, die Tür des Geldschrankes nicht mehr vor der Nase zuschlagen und sagen: Ich werde mit meinem Geld warten, bis daß der Zins der Wohnungen wieder auf den normalen Stand, bis an die alte Rentabilitätsgrenze gestiegen ist! Nein, er wird sich hüten, solches zu sagen. Ist er nicht zu sehr zugeknöpft, dann wird er etwa folgendes antworten: "Lieber Herr, die Zeiten sind vorbei, wo wir von einer ehernen Rentabilitätsgrenze reden konnten. Was soll ich mit diesem Geld anfangen, wenn Sie es mir nicht abnehmen? Ich stehe unter Druck, ich muß jetzt das Geld unter allen Umständen und zu jedem Zinsfuß abgeben. Können Sie keine 5% mehr aus den Mietskasernen herauswirtschaften, weil zuviel gebaut wurde, nun, dann in Gottes Namen, so liefere ich es Ihnen zu 4%. Ich sehe aber schon die Zeit kommen, wo Sie mir sagen werden: `Ich kann auch keine 4% zahlen. Wir haben jetzt ununterbrochen gearbeitet, und der Wohnzins geht ebenso ununterbrochen herab. Sie müssen mir schon das Geld zu 3% geben.` Und dann werde ich Ihnen antworten: Ich gebe Ihnen das Geld sogarzu 2,5%, wenn Sie größere Summen abnehmen können. Denn schauen Sie: in demselben Verhältnis, wie die Mieten als Folge der unausgesetzten Tätigkeit heruntergehen, kann das Publikum jetzt mehr Geld sparen, und dieses Geld bringen sie mir. Meine Kasseneingänge sind im gleichen Vehältnis zum Rückgang des Zinses und der Mieten gestiegen. Ich stehe unter dem Drucke des Freigeldes und der wachsenden Kassenbestände und muß für Absatz sorgen. Darum wiederhole ich das eben gemachte Angebot zu 2,5% (bzw. zu 2,1%)."

      Was hier vom Häuserkapital gesagt wurde, gilt selbstverständlich für alle Kapitalgegenstände, für den Kapitalismus in seiner ganzen Breite und Tiefe. Mit alleiniger Ausnahme des Bodens und der unterirdischen Schätze ist alles, was der Arbeiter zum Leben und zur Arbeit gebraucht, unter den zinsdrückenden Einfluß des Freigeldes gestellt worden. Nichts kann sich diesem Einfluß entziehen. Keine Macht, kein Kapitalist kann sich der Folgen der jetzt entfesselten freien Arbeit erwehren. Die freie Arbeit schafft dem Kapitalisten immer neue Konkurrenten. Das Meer von Kapital überflutet die alte Rentabilitätsgrenze. Der Zins wird in einern Meer von neuem Kapital ersäuft.

      Die Rentabilitätsforderung des Kapitals hieß 5%. Jenseits dieser 5% erstreckte sich das weite Gebiet der Krise, das Manöverfeld der Arbeitslosenbataillone, die Wüste, in der ungezählte Millionen von arbeitswilligen Menschen verhungerten und verdursteten. Und zwar war es keine gewöhnliche Wüste, wo den Verdurstenden am weiten Horizont in Fatamorgana-spiegelung Alpen, Seen und Ströme vorgetäuscht werden! Nein: Eine Tantaluswüsie war es, wo in handgreiflicher Nähe vor den hungernden Massen die Lebensmittel in appetitlichster Aufmachung ausgebreitet waren. Sie konnten sie nicht erreichen, weil es sich um Überproduktion handelte. In dieser Wüste, unter Tantalusqualen, nahmen die revolutionären Geister den Rachegeist auf, den Geist, der die Ausbeuter und Ausgebeuteten zusammen in den Abgrund reißt.

      Die Beseitigung der Ausbeutung durch den Mehrwert ist das eigentliche Ziel des Sozialismus. Dieses Ziel erreichen wir selbstverständlich, wenn wir die Ursachen des Kapitalismus beseitigen. Wir haben gesehen, daß wir diese Ursache darin suchen müssen, daß das herkömmliche Geld, weil es ein Kapital an sich ist, der Produktion und Akkumulation von Kapital eine Grenze zieht, die Rentabilitätsgrenze. Und wir haben gesehen, wie das Freigeld, das kein Kapital an sich ist, diese Grenze durchstößt und schleift.

      Aber die Wünsche der Sozialisten gehen weiter. Sie wollen auch noch von der Plage der Krisen und der sie begleitenden Arbeitslosigkeit befreit werden. Für den, den es trifft, ist die Arbeitslosigkeit unmittelbar sogar noch schlimmer als die Ausbeutung durch das Kapital. Mancher Arbeiter, ja alle ohne Ausnahme wären bereit, den Kapitalisten den verlangten Mehrwert in der vollen Höhe der Rentabilitätsgrenze weiter zu zahlen, wenn sie sich vor der Arbeitslosigkeit schützen könnten.

      Die Wirtschaftskrisen sind auf zwei Ursachen zurückzuführen, die beide vom Geld ausgehen. Die eine ist der Rückgang der Preise, die andere der Rückgang des Kapitalertrages unter die Rentabilitätsgrenze.

      Wie der Rückgang der Warenpreise die Krise erzeugt, das können die, die den Zusammenhang von Preisrückgang und Krise noch nicht kannten, jetzt im größten Maßstab beobachten. Überall, wo heute auf Preisabbau hingearbeitet wird, in England und in Amerika, herrscht die Krise und zwar in einer noch nie erlebten Stärke. (geschrieben 1922!)

      In Deutschland, wo die Wirtschaft stärker als irgendwo anders durch den Krieg getroffen wurde, und wo es darum für krisenhafte Zustände so viele Erklärungen geben würde, da hat es noch nie so wenig Arbeitslose gegeben wie heute. Nur eine kurze Zeitspanne von wenigen Monaten gab es im Jahre 1920, wo man einen Preisrückgang und Preisabbau "erhoffte", und wo es auch hier zu einer bedenklichen Stockung kam. Sie verschwand aber gleich, als die Arbeitslosenunterstützungen eine stärkere Anspannung der Notenpresse veranlaßte und es allen Kaufleuten klar wurde, daß für deutsche Verhältnisse der Preisabbau ein utopischer Gedanke war.

      Diese Erfahrungen haben dem Volk eine Erkenntnis gebracht. Heute lacht man in Deutschland nicht mehr, wenn jemand den Grund der Arbeitslosigkeit und der Krise in den Manipulationen der Notenbanken, und den Unzulänglichkeiten der Goldwährung sucht.

      Vor dem Kriege war es anders. Wie oft sind die Vertreter der Freigeldlehre von Marxisten ausgelacht worden, wenn sie sagten: ihr erfreut euch jetzt der Wohltaten der Hochkonjunktur, die Arbeitslosenabataillone lösen sich auf, weil die afrikanischen Goldfunde die Preise hochgetrieben haben. Oder: ihr habt keine Arbeit, weil die Preise fallen. Sie hätten ja alle so gerne die Besserung ihrer proletarischen Lebenslage der Politik ihrer Gewerkschaft zugeschrieben und die Verschlechterung als eine notwendige Folge des Privateigentums an den Produktonsmitteln ausgegeben. Daß die Währung, die Entwicklung des Warenpreisindex solche Folge haben könnte, das kann ja auch der, der das Gold (oder das ihm nachgeäffte Papiergeld) für nichts anderes als ein einfaches Aquivalent der Waren, mit Einschluß der Arbeitskraft betrachtet, niemals zugeben. Noch viel weniger kann er die Krise in Zusammenhang mit dem Gelde bringen, wenn er mit Marx behaupet: "Daß nun, obschon Gold und Silber nicht von Natur aus Geld, Geld aber von Natur Gold und Silber ist, beweist die Kongruenz seiner Natureigenschaften mit denen seiner Funktionen als Tasuchmittel." Wer könnte auch diesen Marxschen Satz beanstanden, ohne dann auch gleich zugeben zu müssen, daß an der Marxschen Kapitaltheorie nicht alles in Ordnung sein kann; denn dieser Satz, eine Apothese der Goldwährung, steht ja auf allen Vieren in Übereinstimmung mit grundlegenden Voraussetzungen der Marxschen Kapitaltheorie.

      Die Ereignisse der letzten Jahre auf dem Goldmarkt haben viele Sozialisten bereits stutzig gemacht. Man beginnt einzusehen, daß die vollkommene Vernachlässigung der Währungsfrage in der sozialistischen Literatur ein schwerer Mangel war, der sich jetzt, wo alle Welt von Währung, Valuta, Wechselkursen etwas verstehen möchte, bitter rächt. In den Konferenzen, die in Brüssel, in Genua abgehalten wurden, und wo die Währungsfrage als die wichtigste Frage bezeichnet wurde, da ist die sozialistische Richtung ohne Vertretung geblieben. In der ganzen gewaltigen Millionenpartei ist nicht ein Mensch anzutreffen, der in der Währungsfrage beschlagen ist. (Geschrieben 1922.) Das hat dazu geführt, daß die Sozialisten die wichtigsten, wirklich entscheidenden Posten in der Regierung an die anderen Parteien abtreten mußten, und sie sich nur mit Posten begnügen mußten, die auf das, worauf es in erster Linie ankommt, nur sehr mittelbar von Einfluß sind.

      Nun, vielleicht wird es jetzt in dieser Beziehung besser werden. Aber man vergesse nicht, daß die Erkenntnis, die sich die Sozialisten auf diesem Gebiet aneignen werden, an der Marxschen Kapitaltheorie nagen wird. Und weiter, daß mit dem völligen Sturz dieser Theorie dann gerechnet werden muß. Das bedeutet dann, daß es notwendig wird, die sozialistische Aktionspolitik vollkommen neu zu orientieren. Wenn im Parteitag die Frage gestellt wird, ob die Marxsche Annahme, daß das Geld kein selbständiges Kapital sei, richtig oder falsch ist, und diese Frage verneint wird, dann schwenkt die Sozialdemokratie entweder links ein in die freiwirtschaftliche Bewegung, oder sie zerfällt in Atome, eine Beute der Wölfe und Demagogen. Denn dann ist die Forderung wissenschaftlich nicht mehr begründet, daß das Privateigentum abzuschaffen sei, um die Ausbeutung beseitigen zu können.

      Die Erfahrungen der letzten Zeit haben vielen Sozialisten etwas offenbart, was in ihrer Literatur nirgends berührt wird. Sie haben im Geld ungeahnte Kräfte entdeckt, urgewaltige Kräfte, die je nachdem Unheil oder Heil stiften können. Nicht nur haben sie erkannt, daß mit Hilfe der Notenpresse, durch die Inflationspolitik alle durch Streik oder sonstwie erlangten Lohnaufbesserungen immer wieder, so von hinten herum, zunichte gemacht werden können. Sie haben aber auch gesehen, daß mit Hilfe derselben Notenpresse dem Proletariat die Notgroschen, die es auf die Sparkasse gebracht hatte (es waren vor dem Kriege etwa 18 Milliarden Goldmark), bis auf den schäbigen Rest von kaum 2% von der Notenpresse ohne Gewaltanwendung bolschewikiert worden sind. Sie haben ferner gesehen, daß mit Hilfe der Notenpresse den deutschen Gläubigern, den Besitzern der Hypothekenbriefe, der Staatspapiere, der Obligationen usw. ein Vermögen von mehr als 150 Milliarden Goldmark expropiiert wurde. Kein Marxist hatte eine Ahnung von solcher Expropriationskraft des Geldes, der Notenpresse. Denn sonst wäre doch schon einmal der Vorschlag gemacht worden, durch Eroberung der Notenpresse die Expropiation der Expropiateure etwas zu beschleunigen.

      Weiter haben sie erkannt, daß man mit Hilfe der Notenpresse nach Belieben alle Arbeiterreservebataillone auflösen, wie daß man mit dem Notenverbrennungsofen zum Zwecke des Lohndruckes Aussperrungen automatisch herbeiführen kann, wie z. B. jetzt in Amerika, wo 5.000.000 Mann seit Jahr und Tag arbeitslos herumlungern, ohne daß die Unternehmer das Odium der gewöhnlichen Aussperrung auf sich zu nehmen brauchen. Man hat dort die Unwissenheit der Sozialisten heimtückisch dazu benutzt, sich selbst in die lächerliche Lage des Arbeiters zu versetzen, der im Interesse der Unternehmer alles das tut, was dazu führen muß, den eigenen Lohn herabzudrücken, nämlich die Unterstützung der Preisabbaupolitik, die wohl noch heute in vielen Ländern auf dem Programm der marxistisch orientierten Parteien steht. In Amerika, in England, in der Schweiz, in Japan.

      Die sich in den eben erwähnten Erscheinugnen offenbarenden Kräfte des Geldes lassen sich unmöglich mit der Marxschen Theorie des Geldes vereinen. Infolgedessen auch nicht mit seiner Theorie des Lohnes, des Kapitals, der Krise, überhaupt mit keiner marxistischen Theorie der Güterverteilung, denn wie wir gesehen haben, stehen und fallen diese Theorien sämtlich mit dem Setze, daß das Geld ein vollkommenes Äquivalent der Ware sei.

      Die jetzt endlich im Gelde wahrgenommenen Kräfte möchte man nun sozialpolitischen Zielen dienstbar machen. Jetzt wirken sie sich noch wild und unkontrolliert im Intresse einzelner Kapitalistengruppen aus, die sich ihrer mit gewaltigem Erfolg für die Börsenspekulationen großen Stils bedienen. Die märchenhaften Vermögen der amerikanischen Börsenfürsten sind alle unter entscheidender Mitwirkung der Geldkräfte gemacht worden.

      Diese Kräfte dienen heute, wie die Wildbäche, der Zerstörung. Wie sie zerstören, so könnten sie aber auch aufbauen. Um sie jedoch in den Dienst der Menschheit zu spannen, muß man sie zuerst kennen. Die Marxsche Theorie gibt uns nicht die geringsten Anhaltspunkte, wie wir die Geldkräfte gegen die Geldmächte ins Feld führen könnten. Marx hat mit seiner Theorie das Geld getötet, einen Leichnam aus ihm gemacht. Dieser Leichnam läßt sich menschlichen Interessen nicht dienstbar machen, weder dem Staate noch sogar, wie der Marxist unbedingt von seiner Theorie ableiten muß, den Zwecken der Börsenspekulation! Das Gold ist ja, nach Marx, von Natur Gold, und was könnte man mit diesem leblosen Stoff anders anfangen, als es als vollkommenes Äquivalent hinzugeben, etwa so, wie Professor Liefmann, der das Geld nur als nominelles Zahlungsmittel kennt, oder wie Bendixen, der es mit einer Garderobenmarke vergleicht, oder wie Seumes Indianer, der ohne schlaue Rednerkünste, so wie man ihm bot, sein Geld hingab. Die Hemmung des Geldumlaufes, die Förderung seiner Umlaufgeschwindigkeit durch die Börsenmanöver, alles muß nach Marx ohne Einfluß auf das Geld bleiben.

      Bisher wurde bei der öffentlichen Verwaltung des Geldes überhaupt noch keiner theoretischen Erkenntnis gefragt. Die einzige Theorie, die noch neben der Marxschen Leichnamstheorie erwähnt wird und ein kümmerliches Dasein führt, die Quantitätstheorie, konnte mit den Tatsachen nur unter Duldung unzähliger Widersprüche in Einklang erhalten werden. Die sogenannte bereinigte Quantitätstheorie suchte diese Widersprüche unter Dach zu bringen. Sie war die Theorie eines Chaos.

      Dieses Chaos verwandelt sich mit dern Freigeld in einen Kosmos. Dadurch, daß das Freigeld unter Druck steht, fallen alle Wenn und Aber aus der Quantitätstheorie weg. Sie, um die so viel gestritten wurde in allen Sprachen der Welt, die die eigentliche Ursache war dafür, daß so viele die Währungsfrage als unlösbar bei Seite warfen, sie wird durch das Freigeld von allen Widersprüchen befreit. Sie wird absolute Wahrheit, absolut in des Wortes verwegenster Bedeutung. Die Voraussetzungen für die Quantitätstheorie fehlten. Sie werden durch das Freigeld geschaffen. Die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes, heute ein ganz irrationaler Begriff und Hauptfaktor der Preisbildung, der alle Bemühungen für eine wissenschaftliche Erklärung der Preisbildurig zu Schanden machte, wird mit dem Freigeld in eine Konstante verwandelt und braucht, weil sie eine Konstante geworden ist, überhaupt nicht mehr in Rechnung gezogen zu werden.

      Die Quantitätstheorie, die als die bereinigte Quantitätstheorie bezeichnet wurde, gab von der Preisbildung die mathematische Formulierung:

      Geldmenge x Umlaufgeschwindigkeit = Preis

      --------------------------------------------------------------------------------

      Warenproduktion - Kredit

      Praktisch war damit nicht viel anzufangen, weil Umlaufgeschwindigkeit und Kredit unkontrollierbare, willkürliche Größen waren und außerdem die Geldmenge durch die Deckungsvorschriften an ein Gut gebunden war, das Gold, dessen Beschaffung vom Zufall abhängig war.

      Mit dem Freigeld wird die mathematische Formel der Preisbildung zurückgeführt auf die Formel, die der ursprünglichen, der sogenannten rohen oder naiven Quantitätstheorie (und zu Unrecht) zugrunde gelegt wurde, nämlich: Geldmenge geteilt durch die Warenproduktion gibt den Preis.

      Wenn das Sprichwort: Die Einfachheit ist das Merkmal der Wahrheit, gut ist, dann haben wir hier einen neuen Beweis für die Richtigkeit dieser Formel des Preises. Einfacher kann die Formel des Preises nicht mehr ausgedruckt werden. Die genannte Formel: Geldmenge geteilt durch die Warenproduktion, die für das Metallgeld voller Widersprüche war, deckt mit dem Freigeld restlos alle Erscheinungen des Markts. Beim Metallgeld konnte man immer fragen, was denn die in Gleichung gebrachten Massen, Geld und Waren, in Bewegung setzen wird, um den Preis zustande zu bringen. Geld und Waren konnten ja ewig nebeneinander liegen bleiben. Es fehlte jede motorische Kraft, wenigstens was das Geld anbetrifft. Dynamisch konnte der Preis mit jener Formel nicht erfaßt werden. Von der Ware, ja, da wußte man, daß sie zum Markte drängte. Sie stand unter Druck. In ihr steckte natürlich motorische Kraft. Aber beim Geld? Was trieb das Geld zum Markt. Die Ware blieb niemals in den Händen der Sparer hängen. Gerade die Sparer stießen die Waren ab, während dieselben Sparer das Geld anzogen und festhielten, bis man ihnen als Lösegeld etwas anbot, was besser war als Ware. Das war der Zins und der Zinseszins. Die bewegende Kraft der Ware war in der Ware selbst; die bewegende Kraft des Geldes steckt nicht im Geld, sie wurde von außen hineingetragen.

      Das machte den Preis abhängig von der Psyche des Menschen und nahm der Quantitätstheorie das Hauptmerkmal einer richtigen Theorie, nämlich für alle Vorkommnisse volle Deckung zu liefern. Sie deckte nur einzelne Erscheinungen.

      Mit dem Freigeld verliert die kritische Frage nach dem Motor der beiden zu vergleichenden Größen ohne weiteres jeden Sinn. Der Motor, der die Ware und das Geld zur Preisbildung treibt, steckt jetzt in beiden Dingen und braucht von außen nicht mehr hineingetragen zu werden. Die Psyche des Geldbesitzers bleibt ohne Einfluß. Ware und Geld stehen unter Druck, und zwar unter dem gleichen Druck. Der Preis kann jetzt vollkommen dynamisch als Wirkung einer der Ware und dem Gelde eigenen Kraft begriffen werden.

      Ware und Geld ziehen sich Jetzt gleichmäßig an, während sie sich bis dahin abstießen und nur durch eine von außen auf sie einwirkende Kraft vereinigt werden konnten. Diese Kraft war der Zins. Wenn diese Kraft versagte, konnte der Tausch nicht mehr zustande kommen. Zinsverbote legten das Geld lahm, der Rückgang des Zinses ebenfalls. Dann vesagte die Quantitätstheorie. Dann wurde es nötig, eine neue Formel für die Quantitätstheorie zu schaffen, und so in unzähligen anderen Fällen.

      Mit der Möglichkeit, die Preisbildung theoretisch zu erfassen, eröffnete sich uns auch die Möglichkeit, in die Preisbildung zielstrebig einzugreifen. Und diese Möglichkeit stellt uns vor die Frage, was wir mit dieser Möglichkeit anfangen sollen.

      Mit dieser Frage betreten wir ein neues Gebiet, das weite Gebiet der Währungsfrage, das für die sozialistische Literatur als schwarzer Kontinent gilt: ein vollkommen vernachlässigtes Gebiet.

      Die Freigeldlehre beantwortet die Frage, was nun mit der Möglichkeit, in die Preisbildung willkürlich eingreifen zu können, anzufangen sei, dahin, daß sie sagt: Das Geld ist Tauschmittel. Es soll den Tausch sichern und verbilligen. Es soll die Schwierigkeiten, auf die der direkte Tauschhandel stößt, beseitigen. Diese Sicherung und Verbilligung des Tausches fordert, daß die Warenpreise möglichst vor Schwankungen geschätzt werden. Da das Geld Tauschmittel aller Waren ist und die Preise der einzelnen Waren ihnen eigenen Gesetzen unterworfen sind, die es bedingen, daß oft zu derselben Zeit einzelne Waren im Preise steigen, während andere durch besondere Verhältnisse herabgedrückt werden, so kann auf den einzelnen Preis nicht Rücksicht genornrnen werden. Der Einfluß, den wir mit dem Freigeld auf die Preisgestaltung gewinnen, kann sich nur auf den Durchschnitt der Preise beziehen. Dieser Durchschnitt aller Preise wird durch den heute so oft genannten Index ermittelt. Und diesen Index gilt es festzuhalten.

      Wie das zu geschehen hat, ist nach den vorangegangenen Erklärungen nicht schwer zu erkennen. Die Geldmenge dividiert durch die Warenproduktion gibt ohne wenn und aber den Preis, hier also den Index. Geben wir also unserer Notenbank den Auftrag, den Index zum Kompaß der Notenpolitik zu nehmen und sich stramm an die Quantitätstheorie zu halten. Sagen wir ihr, daß sie Noten einzuziehen hat, sobald der Index eine allgemeine Preissteigerung anzeigt und daß sie umgekehrt Noten ausgeben soll, sobald der Index einen allgemeinen Preisrückgang anzeigt. Dann wird der Index zwar nicht absolut im mathematischen Sinne des Wortes fest bleiben, aber doch im Sinne.des täglichen Gebrauches des Wortes. Ähnlich wie wir von einem Schiff auch sagen, daß es den Kurs hält, obgleich es durch den Steuermann unausgesetzt in den Kurs zurückgebracht werden muß. Die Summe der Abweichungen nach Back- und Steuerbord gibt doch eine gerade Linie.

      Kann die Notenbank solche Politik betreiben, hat sie die Mittel dazu? Warum nicht, was hält sie davon ab, soviel Geld auszugeben, wie ihre Aufgabe es verlangt? Papier ist alles, was sie braucht. Mit der Goldwährung wäre auch schon aus dem Grunde, daß das Gold für eine solche Währungspolitik ja erst gefunden werden müßte, abgesehen also von der Unmöglichkeit, die Umlaufgeschwindigkeit des Goldgeldes zielstrebig zu beeinflussen, eine solche aktive Währungspolitik absolut unmöglich gewesen.

      Mit dem Papiergeld sind alle Voraussetzungen für eine solche Anpassung des Geldumlaufes an die täglichen Bedürfnisse des Verkehrs restlos erfüllt. Geben wir also der Notenbank den Auftrag, gerade soviel Geld drucken zu lassen und in den Verkehr zu bringen, wie die Aufrechterhaltung des Indexes es erfordert, so muß sie diese Aufgabe erfüllen, weil sie die Mittel dazu zur Hand hat. Es gibt keinen verriünftigen Grund, warum wir der Notenbank solche Aufgabe nicht stellen und warum die Notenbank sich solcher Aufgabe nicht gewachsen erklären könnte.

      Man hat gegen diesen Vorschlag allerhand eingewendet. Aber alle Einwendungen scheitern an der Tatsache, daß mit dem Freigeld die Quantitätstheorie unbedingte Gültigkeit hat. Wer an der Möglichkeit zweifelt, die eben skizzierte aktive Währungspolitik zu betreiben, muß zuerst den Nachweis liefern, daß mit dem Freigeld die Quantitätstheorie, die ursprüngliche, rohe, naive Quantitätstheorie, doch noch Mucken haben könnte.

      Man hat gegen die beschriebene Währungspolitik den Einwand erhoben, daß die Preise nicht sofort auf die Notenausgabe reagieren und hat sich für diesen Einwand auf die statistischen Arbeiten Nicholsons gestützt, aus denen hervorgehen daß die Preise erst nach etwa drei Monaten die der Quantität der Noten entsprechende Höhe erreichen, daß der Preisbazillus also sozusagen eine Inkubationszeit von drei Monaten braucht. Dieser Einwand, der übrigens nur bedingte Gültigkeit hat und z.B. in einer Zeit allgemeiner Preissteigerung, wie wir sie zur Zeit in Deutschland haben, vielleicht umgekehrt zu verstehen ist, daß nämlich die Preise der Notenausgabe vorauslaufen, weil die Furcht vor einer neuen, durch die Notenausgabe veranlaßen Preiswelle die Umlaufgeschwindigkeit verstärkt, dieser Einwand ist für das Freigeld völlig hlnfällig.

      Da das Freigeld nur für den unmittelbaren Warenkauf gesucht wird, so ist es auch selbstverständlich, daß die Notenbank das von ihr auszugebende Geld nur unter Personen unterbringen kann, die unmittelbaren Bedarf an Waren haben, die also das erhaltene Geld unmittelbar auf den Markt bringen. So ist es vollkommen sicher, daß, wenn die Notenbank am Morgen Geld ausgibt, um die Preise zu heben, dieser Einfluß sich bereits am Abend fühlbar gemacht haben wird. Das neue Geld wird eine zusätzliche Nachfrage erzeugt haben, die nicht dagewesen wäre, wenn das Noteninstitut nicht eingegriffen hätte. So kann man tatsächlich das Freigeld als verkörperte Nachfrage bezeichnen. Jede Änderung im Warenangebot kann darum in ihrer Wirkung auf den Preis sofort durch einen Gegenzug der Notenbank neutralisiert werden.

      Ein anderer Einwand, der gegen die hier besprochene Währungspolitik erhoben wird, geht von der Meinung aus, daß der Index nicht mit der gebotenen Schnelligkeit ermittelt werden kann. Einige meinen, man brauche hierzu Wochen und Monate und in der Zwischenzeit wisse die Notenbank nicht, wie sie sich zu verhalten hat. Dieser Einwand wird gewöhnlich von den Verteidigern der Goldwährung gemacht, ausgerechnet von Personen, die überhaupt keine Rücksicht auf die Warenpreise bei der Notenausgabe nehmen und gel
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 22:25:51
      Beitrag Nr. 3.122 ()
      @trevenion

      Der größte Fortschritt ist der Menschheit erst mit dem Kapitalismus, oder besser geagt der freihen Marktwirtschaft gelungen.
      Ich meine freihen Marktwirtschaft, so wie es hier steht, so wie in den USA.

      freie Marktwirtschaft=USA?
      freie Marktwitschaft?
      Subventionen gibt es in der USA,Abschottung bei bestimmten Märkten, wie z.B der Stahlindustrie und wenn es nicht in den Kram passt verbietet man einem Unternehmer seine Waren in die USA zu importieren (verkaufen) unter dem Deckmantel des Terrorismusbekämpfung. Wie geschehen bei einem chinesischen Nahrungsmittelherstellers.
      In der USA herscht eher Raubtierkapitalismus.

      -----------

      Kredit und Zinsen sind 2 verschiedene paar Schuh.
      In diesem Zinssytem gehören sie vieleicht dazu.
      das wäre genau so , als würde man sagen, der Tumor gehört zum Menschen.

      Wird der versäumte Termin bestraft (Vollstreckung, Pfändung), ist genau diese Strafe der Zins.
      Die Strafe ist einmalig, wobei der Zins sich durch den Zinseszins exponentiell erhöht. Die Wirkung ist tödlich.
      Das Zinssytem ist das übelste , was der Menschheit widerfahren konnte.
      Die Erfindungen oder Fortschritte(wobei man streiten kann , was Fortschritt ist) wären ohne den Zins genauso gekommen, aber ohne die Nachtteile des Zinssystems.
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      ein Auszug aus geldcrash.de

      Genauso wenig wird beachtet, daß es in unserer Geschichte bereits längere Perioden eines zinsfreien Systems gab, in denen die heutigen Probleme unbekannt waren.
      So war das Finanzsystem im Mittelalter zum Beispiel wesentlich gerechter und fortschrittlicher als unseres heute. Wenig bekannt ist auch, daß die Umweltzerstörung vom Zinssystem erzwungen wird. Heute wird angenommen, daß alle vermuteten fossilen Lagerstätten etwa 1000 Jahre beim heutigen Verbrauch reichen. Bei einem Wirtschaftswachstum von nur 5% wären diese schon nach 81 Jahren erschöpft und die Umwelt entsprechend zerstört. Genausowenig wissen die meisten Menschen, daß Arbeitslosigkeit von unserem System erzwungen wird, weil die Unternehmen dazu gezwungen sind zu rationalisieren, um die steigenen Zinslasten bedienen zu können. Beachten sie auch, daß die heutige Tendenz zur Abschaffung von Bargeld und vermehrtem Einsatz von Kartengeld in eine sehr unsichere Zukunft führt und leicht im Überwachungsstaat enden kann.

      Mit diesem explosiven Zinssystem stehen uns mit Sicherheit turbulente Zeiten bevor. In immer schnelleren Zeitabständen werden sich die Ereignisse überschlagen, werden die Verantwortlichen die Kontrolle verlieren. Nur wer diese Hintergründe kennt und versteht, kann sich selbst vor Schaden bewahren und zu einer besseren Ordnung beitragen.
      Avatar
      schrieb am 16.06.03 22:34:29
      Beitrag Nr. 3.123 ()
      Fortsetung von #3119

      Man muß sich schon sehr wehrlos fühlen, um solchen Einwand zu erheben. Tatsächlich liegt nicht der geringste Grund vor, warum die Statistik hier versagen sollte. Schon jetzt bringen die Handelszeitungen die telegraphischen Berichte der Börsen der ganzen Welt. Für den Index brauchen wir aber nur die Preise der inländischen Märkte. Es ist eine Arbeit, die auf der Addiermaschine nur Minuten braucht, sobald die Unterlagen eingelaufen sind, so daß es nicht im geringsten Schwierigkeiten bieten würde, den Index, wenn gewünscht, täglich mehrere Male zu ermitteln. Es dürfte aber vollauf genügen, wenn der Index im Noteninstitut wöchentlich einmal angezeigt wird.

      Ist es also technisch möglich, den Index beliebig oft zu ermitteln, ist es auch technisch ebenso möglich, die Geldmenge den Bewegungen des Indexes mit der nötigen Schnelligkeit entgegenwirken zu lassen, so ist das Problem gelöst, wie man den Index mittels aktiver Währungspolltik auf einen Punkt festnageln kann, und zwar unter allen denkbaren Umständen, auch im Krieg.

      Der Sozialist marxistischer Richtung ist gewöhnt, alle üblen Erscheinungen unserer Wirtschaftsordnung auf den Kapitalismus, d.h. also auf das Privateigentum an den Produktionsmitteln zurückzuführen, auch alles, was auf Konto der Mängel unserer Währungsverhältnisse mit Einschluß aller offiziellen Währungspfuschereien zurückzuführen ist. Er muß es tun, hat ihm doch Marx gesagt, daß das Geld ein vollkommenes Aquivalent der Waren sei, daß also von hier aus keine Störungen des Tauschprozesses kommen können. Die Ursache für das Gelingen so vieler Börsenspekulationen muß der Marxist überall anderswo, nur nicht im Geld suchen. Die Ursache dafür, daß die Warenpreise zuweilen Jahrzehnte lang abwärts gingen und den verschuldeten Unternehmern, namentlich den Bauern und Hausbesitzern, die Möglichkeit nahmen, die Zinsen der Hypotheken zu zahlen, was zur Expropriation der Proprietäre führt, und die Latifundienbildung schafft, die muß der Marxist auch wieder weit, weit ab vom Geldwesen suchen. Kurz: Krise, Arbeitslosigkeit, Überproduktion, Hochkonjunktur, Baisse, Börsenspekulation, die Bildung der Riesenvermögen der Milliardäre, der Dollarmilliardäre, auch der gewaltig hohe allgemeine Handelsprofitsatz, alle die Schönheitsfehler unserer Wirtschaftsordnung, sie werden vom Marxisten auf das Konto des Privateigentums an den Produktionsmitteln gesetzt und so wird der Masse des Volkes diese Wirtschaftsordnung verekelt. Alle Mängel, die wir auf Schritt und Tritt beobachten können, werden als Attribute des Privateigentums an den Produktionsmitteln bezeichnet, die darum nur unter der Bedingung verschwinden können, daß das Privateigentum an den Produktionsmitteln radikal beseitigt werde. So wird man dann Kommunist!

      Mit der eben beschriebenen aktiven Währungspolltik, die uns vor allen Preisschwankungen allgemeiner Natur befreien wird, fallen alle die genannten Mängel unserer Wirtschaftsordnung fort.

      Die Krise bricht heute aus, wenn die Preise sinken. Mit der beschriebenen aktiven Währungspolitik werden die Preise nicht mehr sinken, also wird es aus diesem Grunde keine allgemeine Krise mehr geben, also auch keine Arbeitslosigkeit. Die Krise brach aber auch dann aus, wenn der Kapitalzins unter die Rentabilitätsgrenze sank. Mit dem Freigeld gibt es für die Kapitalakkumulation überhaupt keine Grenze, keine Rentabilitätsgrenze mehr. Folglich kann aus diesem Grunde auch keine Krise mehr entstehen. Die Reservearbeiterbataillone, die für die Lohnpolitik der Gewerkschaften immer ein so großes Hindernis waren, verschwinden. Die Preisschwankungen allgemeiner Natur, die das ausmachen, was man die Konjunktur nennt, liefern den Stein, über den so viele Kaufleute stolpern und stürzen. Der Kaufmann, der die Entwicklung der Konjunktur richtig vorausgesehen hatte, oft eine reine Stimmungssache, und seine Dispositionen danach getroffen hatte, der konnte sich freuen. Die anderen, die in dieser Sache weniger Glück hatten, die trugen den Schaden.

      Zahlungseinstellungen, Bankrott, Zwangsverkäufe waren die Folge. Unzählige kleine, selbständige Gewerbetreibende wurden dadurch ihrer Produktionsmittel beraubt und zum Proletariat geworfen. Dann sagte der Marxist: Seht, wie sich das System des Privateigentums an den Produktionsmitteln auswirkt. Weg mit einem solchen System!

      In der heutigen Wirtschaft ist es so, daß alle Berufe, die zu ihrer Ausübung besonderer Eigenschaften bedürfen, einen gehobenen Lohn einbringen. Der Handel ist heute ein solcher Beruf. Und wenn heute der Handelsprofit etwa 40% des Arbeitsproduktes des Volkes verschlingt, so liegt das daran, daß für diesen Beruf der Wettbewerb relativ gering ist. Wenn wir durch eine aktive Währungspolitik den Handel vor Konjunkturschwankungen schützen, wenn der Index festgelegt wird, dann wird der Handel tief in den Wettbewerb der Massen gezogen werden, und dann wird der Lohn des Kaufmanns den allgemeinen Gesetzen des Wettbewerbs entsprechend auf den Lohn der Massen gesenkt werden. Darin wird der Handelsprofit nicht mehr die schier lächerliche Höhe von 40%, sondern vielleicht 20, vielleicht nur 10% betragen. Das entspräche dann einer Mehreinnahme des gesamten Volkes von 20 bis 30%.

      Deutschland verteilte vor dem Krieg an Lohn, Grundrenten und Zinsen ein Gesamteinkommen von etwa 40 Milliarden Goldmark. Wenn hiervon an Handelsprofiten 40% in Abzug kamen, so waren das 16 Milliarden Goldmark. Also allein mit dem, was wir durch Stabilisierung der Währung an Handelsprofiten sparen würden, könnte man die Reparation von 132 Milliarden Goldmark in 8 Jahren zahlen. Es verhält sich hier genauso, wie wenn wir die Produktivkraft des ganzen deutschen Volkes durch eine Erfindung um 30% gehoben hätten.

      In der sozialistischen Kritik der heutigen Wirtschaftsordnung spielt dieser Profit der Kaufleute, die gewaltige Zahl von Kauf leuten, der Luxus der Ladeneinrichtungen, die Zahl der Geschäftsreisenden, die Reklame, die Geschäftsstockungen, die häufigen Zahlungseinstellungen, die gewaltige Anzahl und der Umfang der Bankbetriebe usw. eine sehr große Rolle. Man sagt, daß mit der sozialistischen Betriebsweise alle diese toten Kosten, womit das Privateigentum an den Produktionsmitteln die Volkswirtschaft belastet, so gut wie wegfallen würden. Der ganze Handel würde mit einfachen Bezugsscheinen, mit Brot- und Zuckermarken, reibungs- und also auch fast kostenlos abgewickelt werden. Ähnliches sagten auch die Vertreter der Konsumgenossenschaften von ihren Bestrebungen. Und die Vertreter der freien Wirtschaft hatten gegenüber solcher Kritik einen schweren Stand. Denn 40% Handelsprofit waren ein schwerer Defizitposten bei der Aufrechnung der Vorzüge der freien Wirtschaft. Es genügte oft nicht, daß man sagte: mit der Geldwirtschaft werden alle die unvermeidlichen Klagen über die Beschaffenheit der Waren unmittelar zwischen den Interessenten, also zwischen Käufer und Verkäufer abgewickelt und erledigt. Es kommt niemals vor, daß jemand das Gericht mit diesen Angelegenheiten beschäftigt. Es sind rein private Angelegenheiten. Die Geldwirtschaft errichtet einen Puffer zwischen den Gerichten und dem Volk. Bei der sozialistischen Verteilung der Produkte, da fehlt dieser Puffer. Jeder, der Grund zur Klage zu haben glaubt, der etwa verdorbene Butter, kalte Brötchen, faule Eier erhält, der wendet sich an den Staat. Der Bürger erhält in den staatlichen Depots mit dem geforderten Gut zugleich ein Beschwerdebuch ausgehändigt und dann würde die Erledigung dieser sich täglich millionenfach wiederholenden Beschwerden einen so gewaltigen Apparat erfordern, daß auch hierfür wieder ein großer Teil der Arbeitsprodukte als tote Last zu buchen sein würde. Aber nur wenige verstanden die Schwere dieses Einwandes. Da standen die 40% allgemeine Handelsprofitrate! 40%!

      Mit dem Freigeld und der damit möglich gewordenen festen Währung fallen die Handelsprofitsätze auf einen Stand, den auch optimistische Vertreter der sozialistischen Güterverteilung als außerordentlich gering bezeichnen werden, so daß auch in dieser Beziehung die freie Wirtschaft den Wettbewerb bestehen wird, und es nicht nötig wird, um an den Handelsspesen zu sparen, die Beseitigung des Privateigentums an den Produktionsmitteln zu fordern. Wie in der Technik, so wird auch im Handel die Privatwirtschaft, die Privatverantwortung, der Egoismus der Menschen, der private Tatendrang das Höchstmaß von dem leisten, was wir vom Menschen Oberhaupt erwarten können. Und das wirkt sich dann aus in einem hohen Arbeitsertrag für alle.

      Oft wird der Privatwirtschaft auch Anarchie im falschen Sinne des Wortes vorgeworfen in bezug auf ihren Plan. Man denkt sich dann eine Wirtschaft, die vollkommen planmäßig geleitet wird, mit Hilfe der Statistik. Es ist ein etwas naiver Gedanke. Man vergißt, daß die Produktion der Hauptverbrauchsgüter, die der Landwirtschaft, nur sehr ungefähr im voraus zu bestimmen ist, daß der beste Plan, die sorgfältigste Statistik durch einen Spätfrost über den Haufen geworfen werden kann. Die Ernteereträgnisse Deutschlands schwanken oft zwischen 20 und 50 Millionen Tonnen Kartoffeln. Es genügt aber, daß ein Mehr oder Weniger von 10 Millionen Tonnen Kartoffeln eintritt, um auch den allgemeinen Produktionsplan über den Haufen zu werfen.

      Ein Mehr an Kartoffeln bedeutet einen Minderverbrauch an allen übrigen Lebensmitteln. Um den Verbrauch dann auf der Höhe der Produktion zu halten, wird die Planwirtschaft der Landwirtschaft Arbeiter entziehen und der Industrie zuführen. Die Planwirtschaft wird also das tun, was auch die Freiwirtschaft tut. Sie richtet sich nach der Lage des Marktes, nach der Erfahrung. Die freie Wirtschaft sammelt diese Erfahrung an der Hand der Preisbewegung, also an der Quelle. Sie braucht keine Statistik über den Verbrauch und die Produktion abzuwarten. Der Preis ist für den Fabrikanten und den Bauer zugleich ein Produktions- und Bedarfs-Index, nach dem er sich richtet. Jeder Mangel an Waren setzt sich um in eine Preiserhöhung. Diese reizt zur Produktionsvermehrung. Die Preiserhöhung wirkt unmittelbar wie eine Produktionsprämie. Und so ist es auch gekommen, daß in all den Jahrzehnten vor dem Krieg die Privatwirtschaft die Weltmärkte so mit Gütern versorgte, daß es kaum an Waren mangelte, wohl aber ein Überschuß zu verzeichnen war: Überschüsse, die daher karnen, daß Mängel des Geldes den Absatz störten. Ich glaube nicht, daß irgend ein Planmacher es hätte besser machen können.

      Wenn die Privatwirtschaft nun noch mittels des Freigeldes und der festen Währung von den Konjunkturschwankungen befreit wird, dann wird die großartige Einfachheit des Produktionsplanes der freien Wirtschaft sich est recht bewähren. Planlos war bezeichnenderweise in der heutigen Wirtschaft nur allein der Teil, der seiner Natur nach vom Staate geleitet werden muß: das Geld. Hier herrschte Anarchie. Richtet sich nun der Staat bei der Verwaltung des Geldwesens nach demselben Plan, der der Privatwirtschaft zugrunde liegt, nämlich nach den Preisen, dann fallen alle die Mängel, die man unserer Wirtschaftsordnung in dieser Beziehung vorwerfen kann, auch noch fort.

      Ein Wort ist noch zu sagen über die Aussichten, die sich den beiden hier besprochenen Wirtschaftssystemen für ihre Verwirklichung in politischer Beziehung bieten. Denn die Vertreter beider Systeme ringen nach der Macht zu ihrer Verwirklichung. Und für die, die die Ausbeutung heute zu ertragen haben, ist es von größter Bedeutung, wie lang der Weg zum Ziele ist und ob auch namentlich damit gerechnet werden kann, ob das Ziel überhaupt in absehbarer Zeit sicher zu erreichen ist.

      Wie steht es nun in dieser Beziehung mit dem kommunistischen Sozialismus, mit der allgemeinen Verstaatlichung der Produktionsmittel? Auf dem Wege der Gewalt geht es nicht, das haben die Erfahrungen in Rußland und anderswo gezeigt. Eine Wirtschaftsordnung, die sich auf altruistischen Grundlagen auswirken soll, kann sich nicht der Gewalt zu ihrer Durchführung bedienen, denn die Gewalt ist keine Schule für die altruistische Gesinnung. Wenn es schon vor der gewaltsamen Expropriation der Expropriateure heißt, wir wären noch nicht reif für den Sozialismus, so erst recht nicht nach einer solchen Anwendung der Gewalt.

      Der Kommunist, dessen ganzes Wesen nicht durch Herzensgüte verklärt ist, der alle Gewaltanwendung ablehnt - wird wirtschaftlich nie etwas erreichen.

      Geht es aber auf gesetzlichem Wege, auf dem Wege des Stimmzettels? Also durch Beschluß der gesetzgebenden Körperschaften? Ich glaube kaum, daß es in Deutschland noch einen Sozialisten gibt, der auf den Stimmzettel seine Hoffnungen setzt. Es müßten schon Wunder geschehen, damit den Kommunisten die Stimmenmehrheit im Reichstag gesichert werde. Für die Aufhebung des Privateigentums an den Produktionsmitteln werden immer nur die Ärmsten unter den Armen zu haben sein. Gegen sie werden die Bauern, die Kaufleute, die Handwerker, die freien Berufe, also gerade die, die das Getriebe der Volkswirtschaft in Händen haben, ohne die nicht das Geringste gemacht werden kann, geschlossen stimmen. (1 922!)

      Weder mit Gewalt noch auf gesetzlichem Weg ist das marxistische Ziel zu erreichen. Die Natur des Menschen ist gegen dieses Ziel gerichtet, bäurnt sich dagegen auf. Der Kommunismus ist nur für die Armseligen anheimelnd. Für die, die sich nur einer Spur von Wohlstand einmal in ihrem Leben erfreut haben, ist er unerträglich. Der wohlhabende Mensch strebt nach Befreiung, nicht nach neuen Gebundenheiten. Und wenn der Kommunismus den Wohlstand für alle bringen sollte, so hätte er darnit auch schon alle gegen sich. Sein Zweck vernichtet also seine Mittel.

      Mit der anderen der beiden hier besprochenen Wirtschaftsordnungen, mit der befreiten Wirtschaft, sieht es in bezug auf die Verwirklichungsmöglichkeit ganz wesentlich hoff nungsvoller aus. Hier können wir wirklich mit einer Einheitsfront aller am Produktionsprozeß Beteiligten rechnen. Die befreite Wirtschaft tastet die Unabhängigkeit der Bauern in keiner Weise an. Sie sichert ihm die unbeschränkte freie Benutzung des Bodens und schützt ihn vor der hypothekarischen Verschuldung dadurch, daß der Boden als unveräußerliche Gemeingut erklärt wird. Das ganze Deutsche Reich wird als Freiland zum Fideikommiß des ganzen Volkes. Die Unabhängigkeit der Kaufleute bleibt ebenfalls unangetastet und wird womöglich noch erhöht. Der Staat mischt sich in keiner Weise in ihre Angelegenheiten. Sie schalten und walten nach freiem Ermessen. Bei den Unternehmern ist es ebenso. Sie werden von den so störenden Konjunkturschwankungen und vom Zins der von ihnen benötigen Kapitalien befreit. Den Industriearbeitern reicht die befreite Wirtschaft den Löwenanteil der von ihr erwarteten Früchte. Ohne daß die Preise darum steigen werden, wird der Lohn sich verdoppeln, verdreifachen. Sie werden nach und nach zu Wohlstand gelangen und auch die Aktien ihrer eigenen Unternehmungen erwerben können, allerdings ohne von diesen Aktien dann noch mehr als die gewöhnlichen Abschreibungen erwarten zu dürfen.

      Die befreite Wirtschaft verlangt nicht, daß wir alle zu Proletariern werden, Proletariern, die von einer Zentralbehörde geleitet werden und nach einem von dieser Zentralbehörde aufgestellten Plan arbeiten, ohne Interesse, ohne Freude, ohne Sorgen. Nein, im Gegenteil, die befreite Wirtschaft wird diese traurigen Produkte des Kapitalismus dadurch mit Stumpf und Stiel wieder von der Bildfläche wegfegen, daß sie sie alle wieder in freie, selbständig, selbstverantwortliche Männer, in Vollbürger zurückverwandelt.

      Und ich glaube, wenn wir dem deutschen Volk sagen müßten, daß, um den marxistischen Sozialismus zu verwirklichen, wir den Proletarisierungsprozeß mit allen Mitteln zu Ende führen müssen, daß wir die große Masse des Volkes hinabstoßen müssen ins Elend, daß der Hunger, die Arbeitslosigkeit, der Selbstmord, die Schwindsucht den Weg markieren, auf dem der Marxismus das Volk ins kommunistische Paradies führt, daß die meisten dann überhaupt an der Durchführbarkaft solcher Bestrebungen zweifeln werden. Die Schwindsucht ist das Endglied der Entwicklungskette, nicht der Weg zu neuen Zielen. Auf dem Weg der allgemeinen Proletarisierung ist nichts zu erreichen. Die Hoffnungen, die hierauf gegründet werden, sind eitel. Eine Politik, die sich mit Hilfe des Wahlzettels durchsetzen will, und deren Träger auf dem Weg zur Wahlurne an der Schwindsucht zusammenbrechen, also eigentlich sich selbst auf den Aussterbeetat setzt, die muß in sich Widersprüche bergen.

      Wir kommen vom Kommunismus her, der Weg dahin ist also Reaktion. Das Ziel des Kommunismus ist also der letzte reaktionäre Schritt.

      Auf dem Weg von der Befreiung vorn Kommunismus sind wir durch das herkömmllche Geld nebst dem verderbten Bodenrecht In den Kapitalismus hineingesegelt. Wir stecken In einer Sackgasse, links das Geldwesen, rechts das Bodenrecht Wenn wir auch wollten, wir können nicht umkehren. Was sollen wir tun?

      Wir wollen hinaus ins Freie. In die freie Ebene, die wir da vor uns sehen. Hinaus wollen wir, ehe wir, durch Hunger getrieben, uns gegenseitig würgen. Wie sollen wir das? Nun, sprengen wir die Hindernisse. Räumen wir auf mit dem Plunder, den wir unbesehen von unseren Ahnen übernornmen, sprengen wir den Panzer, den uns das Geld- und Bodenrecht angelegt hat, und der uns zu ersticken droht.

      Ja, Hand ans Werk, Feuer an die Lunte - sprengen wir den Panzer. -



      Aus einer Vorlesung von Silvio Gesell:
      "Verschüttet unter einem Berg von Gesetzen und Verboten, festgezurrt in unsichtbar wirtschaftlichen Abhängigkeiten, in einem Arbeitsleben, das in weiten Teilen der Welt das eines Arbeitstiers ist, fast erstickend in einem Sumpf von billigem Tand und Lastern, so lebt heute der Großteil der Menschen dieser Erde."



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      Werden Äquivalente ausgetauscht, so entsteht kein Mehrwert, und werden Nicht-Äquivalente ausgetauscht, so entsteht auch kein Mehrwert. Die Zirkulation oder der Warenaustausch schafft keinen Wert. Marx: Das Kapital, Bd. 1, S. 126, 4. Aufl.

      Die Wertveränderung des Geldes, das sich in Kapital verwandeln soll, kann nicht an diesem Geld selbst vorgehen, denn als Kaufmittel und als Zahlungsmittel realisiert es nur den Preis der Ware, die es kauft oder zahlt, während es in seiner eigenen Form verharrend, zum Petrefakt von gleichbleibender Wertgröße erstarrt, Ebenda, S. 129.

      Im eigentlichen Handelskapital erscheint die Form G-W-G, kaufen um teurer zu verkaufen, am reinsten. Andererseits geht seine ganze Bewegung innerhalb der Zirkulationsphäre vor. Da es aber unmöglich ist, aus der Zirkulation selbst die Verwandlung von Geld in Kapital, die Bildung von Mehrwert zu erklären, so erscheint das Handelskapital unmöglich, sobald Äquivalente ausgetauscht werden, daher nur ableitbar aus der doppelseitigen Übervorteilung der kaufenden und verkaufenden Warenproduzenten durch den sich parasitisch zwischen sie schiebenden Kaufmann. In diesem Sinn sagt Franklin: Krieg ist Raub, Handel ist Prellerei. Ebenda, S. 126.

      Die Zirkulation des Geldes als Kapital ist Selbstzweck. Marx. Kapital, 4. Aufl., Bd. 1, S. 115.

      Das Geld bildet Ausgangspunkt und Schlußpunkt jedes Verwertungsprozesses. Er war 100 Pfd., er ist jetzt 110. Ebenda, S.117.

      Das Geld in der Warenzirkulation ist die erste Erscheinungsform des Kapitals. Historisch tritt das Kapital dem Grundeigentum überall zunächst in der Form von Geld gegenüber. Jedoch bedarf es nicht des Rückblicks auf die Entstehungsgeschichtedes Kapitals, um das Geld als seine erste Erscheinungsform zu erkennen. Dieselbe Geschichte spielt täglich vor unseren Augen. Jedes neue Kapital betritt in erster Instanz den Markt (Warenmarkt, Arbeitsmarkt) immer noch als Geld, Geld, das sich durch bestimmte Prozesse in Kapital verwandeln soll. Ebenda, S. 109.

      Soll die Verwertung des Handelskapitals nicht aus bloßer Preilerei des Warenproduzenten erklärtwerden, so gehört dazu eine lange Kette von Mittelgliedern. Ebenda, S.127.

      Der Wert der Arbeitskraft, gleich dem jeder anderen Ware, ist bestimmt durch die zur Produktion, also auch Reproduktion, dieses spezifischen Artikels notwendige Arbeitszeit. Soweit sie Wert, repräsentiert die Arbeitskraft selbst nur ein bestimmtes Quanturn in ihr vergegenständlichter gesellschaftlicher Durchschnittsarbeit. Der Wert der Arbeitskraft ist der Wert der zur Erhaltung ihres Besitzers notwendigen Lebensmittel. (Diesen schönen Satz hat Marx nicht selbst verbrochen. Er zitiert als Autor Th. Hobbes: The value or worth of a man, is as of all other things, his price: that is to say, so much as would be given for the use of his power. (Marx, Kapital, 4. Aufl., Bd. 1, S. 133)

      Der Besitzer des Geldes und der Besitzer der Arbeitskraft (also der Arbeiter) begegnen sich auf dem Markt und treten in Verhältnis zu einander als ebenbürtige Warenbesitzer, beide also juristisch gleiche Personen sind. Ebenda, S. 130.


      http://www.systemfehler.de
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      schrieb am 17.06.03 14:39:08
      Beitrag Nr. 3.124 ()
      Die Briten haben die Nase vorn
      Im Unternehmensranking 2002 schneiden die Deutschen viel schlechter ab als ihre europäischen Nachbarn


      Für Europas Konzerne war 2002 ein bitteres Jahr. Während der kumulierte Umsatz der 500 größten Unternehmen um 2,9 Prozent auf knapp 6,6 Billionen Euro schrumpfte, brachen die Gewinne um satte 71 Prozent auf 48,7 Milliarden Euro ein. Das sind weniger als 100 Millionen Euro pro Unternehmen. Die Umsatzrendite schrumpfte damit von 2,5 Prozent auf kümmerliche 0,7 Prozent zusammen – von 1000 Euro Umsatz blieben also nur sieben Euro in der Kasse.

      Angesichts solcher Werte ist es nur konsequent, dass auch die Aktienkurse der Top 500 ihre Talfahrt beschleunigten. Zum Stichtag 15. Mai 2003 lagen sie durchschnittlich um fast 30 Prozent unter denen des Vorjahres. Von 2001 auf 2002 hatten sie bereits um vergleichsweise harmlose 3,5 Prozent nachgegeben.

      Unangefochtene Europameister im Geldverbrennen sind wie schon 2001 die Telekommunikationsfirmen. Die Netzbetreiber, die im Goldrausch der Jahrtausendwende für Fantasiepreise UMTS-Lizenzen ersteigert und Beteiligungen zusammengerafft hatten, haben diese Ausgaben 2002 weitgehend abgeschrieben. Die Folge: Fünf Unternehmen der Branche – Deutsche Telekom, France Télécom, Vodafone, Telefónica und KPN – bringen es zusammen auf unglaubliche 87 Milliarden Euro Verlust. Doch das ist noch nicht alles: Die Telekom-Ausrüster Ericsson, Alcatel und Marconi verlieren zusammen noch einmal mehr als 16 Milliarden Euro, weil ihnen die Aufträge wegbrechen.

      Top-Verlustbringer ist Vivendi

      Bei solchen Alptraum-Summen kann nur noch ein anderer Konzern mithalten: Vivendi Universal. Der französische Mischkonzern steigerte seinen Verlust in dem Jahr, in dem das Kartenhaus des expansionslüsternen Chefs Jean-Marie Messier mit lautem Getöse zusammenbrach, auf 23,3 Milliarden Euro. Diese extremen Ausreißer verzerren allerdings das Gesamtbild. Rechnet man die zehn Top-Verlustbringer aus den Zahlenkolonnen der beiden Jahre heraus, ist der Gewinn der übrigen Spitzenfirmen im Vergleich nur noch um 14 Prozent geschrumpft. Auch damit sank er aber immer noch fünf Mal so stark wie der Umsatz. Das zeigt, dass die Aufräumarbeiten in Europas Großunternehmen weitergehen müssen. Sie werden die Kosten weiter drücken, Investitionen reduzieren und Schulden abbauen müssen, um auch bei weiter bröckelnden Umsätzen wieder höhere Gewinne zu erreichen.

      Doch es gibt auch kerngesunde Unternehmen. Als Spitzenreiter in der Profitabilität behaupteten sich zwei Branchen: Mineralöl und Banken. Die Ölkonzerne warfen 2002 einmal mehr fast durchweg üppige Gewinne ab, wobei sich die – erstmals in der Liste vertretenen – russischen Konzerne von Gazprom bis Surgutneftegaz durch besonders hohe Gewinnspannen hervortaten. Bei Banken ist das Bild sehr gemischt: Während die fünf größten britischen Banken mit Nettogewinnen zwischen 2,7 und 6,3 Milliarden Euro allesamt unter den 20 Top-Verdienern Europas rangieren, schrieben die drei größten deutschen Institute zusammengerechnet rote Zahlen. Nur der Schweizer Finanzwirtschaft ging es noch schlechter.

      Das Land mit den stärksten Unternehmen im krisengeplagten Europa ist eindeutig Großbritannien. Deutlicher denn je zeigt sich in der Rangliste von Handelsblatt und Wall Street Journal Europe die Überlegenheit der britischen Konzerne. Die vier Unternehmen mit den höchsten Nettogewinnen kommen ebenso von der Insel wie die drei mit den höchsten Börsenbewertungen.

      Die Nummer eins ist nach wie vor in beiden Kategorien wie auch auf der Umsatzrangliste der Mineralölriese BP. Mit beeindruckenden 182 Milliarden Euro Umsatz, knapp sieben Milliarden Euro Reingewinn und 130 Milliarden Euro Börsenwert führt er die Liste mit Abstand an. Allerdings ist der Vorsprung kleiner geworden: Der Gewinn sank um ein Drittel, der Umsatz um acht Prozent und der Börsenwert um knapp 40 Prozent. Doch anders als 2001 liegen hinter BP mit Vodafone, Glaxo-Smith-Kline und HSBC noch drei weitere Briten in der Börsenrangliste ganz vorn und in der Gewinn-Hitparade heißen die Verfolger nun ebenfalls Glaxo und HSBC vor dem britisch-niederländischen Ölkonzern Royal Dutch/Shell.

      Schwach zeigen sich im Vergleich dazu vor allem die Deutschen: In der Umsatzrangliste sind sie zwar mit Daimler-Chrysler, Allianz, Volkswagen und Siemens gleich vier Mal in den Top Ten vertreten, aber in den Kategorien Börsenwert und Gewinn hinken sie hinterher. In der Rangliste nach Marktkapitalisierung kommt das erste deutsche Unternehmen, die Deutsche Telekom, auf den 15. Platz. Nach Gewinn schafft es Daimler-Chrysler immerhin auf Platz 9.

      Von Dirk Hinrich Heilmann

      http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/16.06.2003/614819.asp
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      Vielen Bauherren droht Finanzierungslücke

      Viele Hausbesitzer könnten mit ihrer Finanzierung ein Problem bekommen. Foto: djd


      Hamburg (rpo). Viele Bauherren in Deutschland müssen um ihr Finanzierungskonstrukt bangen. Der Grund: Die Lebensversicherer haben ihre Überschussbeteiligungen gesenkt. Wenn Kredite mit der Auszahlung einer solchen Versicherung gedeckt worden sind, fehlt auf einen Schlag ein ganzer Batzen Geld.

      Die "Bild am Sonntag" berichtete, zehntausende Häuslebauer würden in den kommenden Wochen einen "blauen Brief" von ihrer Bank bekommen. Der Grund sei die Kopplung der Baufinanzierung an eine Lebensversicherung, das heißt, Kredite sollen mit der Auszahlung der Versicherung getilgt werden. Aber Finanzexperte Professor Wolfgang Gerke mahnt: "Häufig geht das jetzt nicht mehr, weil die Versicherer ihre Überschussbeteiligung zum Teil drastisch gesenkt haben."

      Auch Frank Braun vom Bund der Versicherten sagte der Zeitung, "vielen Bauherren fehlen damit auf einen Schlag mehrere 10.000 Euro". Edda Castello von der Verbraucherzentrale Hamburg rät laut "Bild am Sonntag" betroffenen Bauherren, nicht erst auf das Schreiben der Bank oder des Versicherers zu warten, in dem ihnen mitgeteilt werde, dass die Hausfinanzierung gefährdet sei. "Sie sollten vorsorglich nachfragen, um nötigenfalls genug Zeit für die Nachfinanzierung zu haben."
      http://www.rp-online.de/public/article.tng.hbs/wirtschaft/11…



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      Lizenzen für alle 36 Proficlubs

      Frankfurt/Main (dpa) - Grünes Licht statt Roter Karte: Trotz dramatischer Wirtschaftslage mit einem Schuldenberg von annähernd 600 Millionen Euro hat der Vorstand der Deutschen Fußball Liga (DFL) allen 36 Profi-Clubs der Bundesliga und der 2. Bundesliga die Lizenz für die Saison 2003/2004 erteilt.
      .....
      http://www.moz.de/showDPA.php?OPENNAV=tops&SUBNAV=1&LIST=Fus…
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      Schulden wachsen über den Kopf - Gemeinde Brand finanziell kaum noch handlungsfähig - Rechnungsprüfung

      Brand. (ld) Der Haushalt der Gemeinde Brand wurde im März verabschiedet, nachdem er unter großen Schwierigkeiten aufgestellt worden war. Nun lag dem Gemeinderat dazu der Bericht der Rechnungsprüfungsstelle vor.

      Bürgermeister Georg Zaus merkte dazu an, dass in dem Bericht auch auf die beabsichtigte Freistellung der Gemeinden von der Flutopferhilfe eingegangen wird. Dies würde für die Gemeinde eine Verbesserung des Ergebnisses des Verwaltungshaushalts in Höhe von 10759 Euro bedeuten. Die Gewerbesteuereinnahmen würden weiter zurückgehen, Kredite dürften nur für nachweislich unverzichtbare Investitionen in Anspruch genommen werden. Die Rücklagen seien aufgebraucht, künftig sei Sorge zu tragen, den Verwaltungshaushalt mit Einnahmen auszugleichen.

      Wolfgang Doleschal wies auf den Absatz "Kassenkredite" hin. Diesen Abschnitt sollte sich die Gemeinde zu Herzen nehmen. Dort wird die Höhe der Kassenkredite von 800000 Euro bei einem Haushaltsvolumen von 1,358 Millionen Euro als extrem hoch eingeschätzt. Er übersteigt ein Sechstel der Einnahmen um 573 000 Euro. Es wird darauf hingewiesen, dass hinsichtlich der Zinsbelastungen Kassenkredite nur im unbedingt notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden sollen.

      Die Verwaltung, so der Sprecher, sollte Maßnahmen nennen, die noch nicht abgerechnet sind und sagen, wann und wie diese umgelegt werden. 800 000 Euro Außenstände seien für den Haushalt einfach zu viel. Dies wurde in den Beschlussvorschlag aufgenommen. Der Bericht wurde ohne Gegenstimmen zur Kenntnis genommen. Zur Jahresrechnung 2002 gab es keine Wortbeiträge. Der Rechnungsprüfungsausschuss soll nun bald die örtliche Rechnungsprüfung durchführen.

      http://www.oberpfalznetz.de/zeitung/0,2123,101953-1-164_0_0,…
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      Ende oder Wende?

      10 Jahre Sanierungsprogramm: Es stellt sich nun die Frage, ob - oder unter welchen
      Bedingungen - das Land einen verfassungskonformen Haushalt überhaupt erreichen kann


      von VOLKER KRÖNING
      Vergleicht man Anfang und Ende des elfjährigen Sanierungsprogramms, für das Bremen vom Bund 8,5 Milliarden Euro erhalten hat, so springt ins Auge, dass die Schulden nicht gesunken, sondern gestiegen sind. Damals wie heute wird fast jeder vierte Euro nur für Zinsen ausgegeben.

      Als es 1998/99 um die zweite Tranche der Sonderzuweisungen ging, akzeptierte Bremen ohne Vorbehalt, dass die Hilfe des Bundes zum letzten Male gewährt wurde. Die erste Tranche 1993 wurde zusätzlich zu dem nach der Wiedervereinigung reformierten Finanzausgleich und dem Föderalen Konsolidierungsprogramm gezahlt. Anders 2001: Die Chance, den Solidarpakt II (2005 bis 2019) für eine Nachjustierung der Sanierung zu nutzen, blieb ungenutzt. Auch konstruktive Ansätze, wie etwa die der Einstieg in eine nationale Hafenfinanzierung oder eine de-jure-Überprüfung der Einwohnerwertung der Stadtstaaten, blieben aus. Stattdessen verharrte die Mehrheit der Länder in der Defensive und überließ es dem Bund, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1999 umzusetzen. Dies geschah ohne Not, denn man hatte sich bereits darauf verständigt, sich nicht gegenseitig das "Existenzrecht" zu bestreiten. Im Kern hieß das, so das Bundesverfassungsgericht schon 1992: Die "Handlungs- und Leistungsfähigkeit" jeder staatlichen Einheit ist zu gewährleisten.

      Die Hauptdifferenz zwischen Ländern und Bund bestand darin, den Zeitraum auszunutzen, den das Bundesverfassungsgericht mit seinem "Doppel-Auftrag" abgesteckt hatte, nämlich ein Maßstäbegesetz bis 2002 und ein neues Finanzausgleichgesetz bis 2004 zu beschließen. Im Ergebnis wurde der Bund genötigt, beide Gesetze unmittelbar nacheinander auf einer minutiös ausgehandelten rechnerischen Basis schon 2001 mit Wirkung ab 2005 zu verabschieden.

      Der Preis dieser Hektik bestand darin, das Regelungswerk auf wirtschaftlichen Annahmen aufzubauen, die schon in Kürze überholt waren. Es folgten die Offenbarungseide von Bund und Ländern im Zusammenhang mit den Vorgaben der EU für Stabilität und Wachstum. Wer erneut - oder erstmals - an Hilfe des Bundes zur Überwindung einer extremen Haushaltsnotlage denkt, muss sich nach dem von Bundestag und Bundesrat einmütig beschlossenen Maßstäbegesetz richten. Dort heißt es: "Soweit Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen als ein Instrument zur Sanierung des Haushaltes eines Landes aufgrund einer extremen Haushaltsnotlage in Betracht kommen, setzt ihre Gewährung angesichts der nur in Ausnahmefällen gegebenen Hilfeleistungspflicht der bundesstaatlichen Gemeinschaft zusätzlich voraus, dass das betreffende Land ausreichende Eigenanstrengungen unternommen hat, um eine drohende Haushaltsnotlage abzuwenden oder sich aus ihr zu befreien. Es dürfen keine ausgabenseitigen Sonderbedarfe als Ursache für eine Haushaltsnotsituation geltend gemacht werden, die bereits im Wege anderer Hilfen abgegolten worden sind. Hilfen zur Haushaltssanierung sind mit strengen Auflagen und einem verbindlichen Sanierungsprogramm zu verknüpfen."

      Von diesem Verfahren enthebt der "Kanzlerbrief" nicht, den Bremen für sich in Anspruch nimmt, ohne ihn je in die Staatspraxis eingeführt zu haben. Das Land hat allerdings das Recht, weiterhin Hilfe zu fordern, und der Brief, der mit der Finanzreform 2001 im wesentlichen erfüllt worden ist, behält eine wichtige "Good-will"-Funktion, denn es ist absehbar, dass mit dem Sanierungsprogramm das Ziel, 2005 einen verfassungskonformen Haushalt vorzulegen, nicht erreicht wird.

      Ob allerdings daraus eine Pflicht der föderalen Gemeinschaft erwächst, Bremen weiter zu helfen, ist nicht ausgemacht: Die Steuerreform als gewollte Entlastung der Bürger, von breiten Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat legitimiert, nahm staatliche Mindereinnahmen auf allen Ebenen in Kauf - wenn auch unter ökonomischen Erwartungen, die sich inzwischen als unrealistisch erwiesen haben. Die daraus resultierenden Mindereinnahmen treffen jedoch alle Gebietskörperschaften.

      Im Kern geht es darum, ob sich eine Sonderbehandlung Bremens gegen das Recht der anderen Gebietskörperschaften auf Gleichbehandlung durchsetzen lässt. Vordergründig müsste das Argument tragen, dass die Haushaltsnotlage nicht überwunden ist. Es fragt sich jedoch, ob - oder unter welchen Bedingungen - das Land einen verfassungskonformen Haushalt überhaupt erreichen kann.

      Ohne eine selbstkritische Auswertung des Sanierungsprogramms ist ein neuer Verhandlungsansatz mit Bund und Ländern nur schwer zu finden. Diese Analyse sollte Faktoren umfassen, die bis vor kurzem unterschätzt wurden. So wurden Anfang der 90er-Jahre Annahmen über das bundesweite und das bremische Wachstum formuliert, deren Verfehlung von allen - oder niemandem - zu vertreten ist. Zudem würde sich die Finanzverfassung ad absurdum führen, wenn die anerkannte Leitlinie der Sanierung, nämlich Sparen und Investieren, im Endeffekt erfolglos bliebe.

      Es bleibt Bremen also aufgegeben, ein Sanierungsprogramm II vorzubereiten, dabei aber andere Elemente als weitere Bundesergänzungszuweisungen ins Auge zu fassen, sodann fundierte Anträge zu stellen und die für die Durchführung erforderlichen Mehrheiten zu organisieren. Ohne Initiative und ohne Kreativität wird man die Haushaltsplanung des Landes nicht auf milliardenschwere Einnahme-Erwartungen über Jahre bauen können.

      taz Bremen Nr. 7079 vom 16.6.2003, Seite 22, 193 Zeilen (TAZ-Bericht), VOLKER KRÖNING

      taz muss sein: Was ist Ihnen die Internetausgabe der taz wert?

      Druckversion
      http://www.taz.de/pt/2003/06/16/a0015.nf/text
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      Na glaub` ich`s denn ? Was ist das denn für eine "Sanierung", wenn der Bund -anstelle des Landes selbst- dafür 8,5 Mrd. € zahlt. Wo ist letztlich der Unterschied ?

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      Die iranische Konterrevolution

      Traut - erst einmal - keiner Studentenbewegung

      Wenn junge Menschen gegen das Establishment aufbegehren, können sie mit den Sympathien der freien Geister rechnen.
      An der Teheraner Universität rührt sich etwas - wie man im Westen gern glaubt - gegen die orthodoxen und reformerischen Muslime, ihre geistlichen Autoritäten Khamenei und Khatami mithin.
      Die Polizei geht mit den protestierenden Studenten noch relativ milde um, letztlich kommen die meisten von ihnen - wenn auch nicht alle - aus etablierten Familien.
      Die Hizbollah-Aktivisten werden vorerst daran gehindert, härter auf die als anti-islamisch verstandenen Demonstrationen zu reagieren.
      Khamenei hat die Amerikaner beschuldigt, den Iran mit Hilfe der neuen Studentenbewegung destabilisieren zu wollen, und dieser Verdacht ist sicherlich nicht aus der Luft gegriffen.
      Der frühere Präsident Rafsanjani rief die Studenten und jungen Gläubigen auf, sich nicht einschüchtern und provozieren zu lassen.
      Wenn Studenten sich politisch versammeln - rebelliert der Schaum gegen das Bier.
      So will es der Anschein.
      Wir wissen aus den sechziger Jahren in Europa, daß mit Studenten allerhand bewegt werden kann; was nicht unbedingt im Interesse der Bevölkerungsmehrheit ist.
      Dennoch haben die Teheraner Unruhen einen ernsten Hintergrund.
      Die Studenten fürchten die Privatisierung ihrer Universitäten und damit die Einführung von Studiengebühren.
      Die Verfassung garantiert jedoch freie Erziehung und Ausbildung für jeden.
      Genau besehen richten sich die Proteste gegen - tatsächlich - überraschend neue - kapitalistische! - Tendenzen, nicht gegen den Islam.
      Die anti-islamischen Momente haben ganz andere Quellen.
      Die USA bedrohen Teheran schon seit längerem, um es davon abzuhalten, sich über die Shia in den iraqischen (!) Krieg einzumischen.
      Die Teheraner Unruhen, beginnend im Kopfe, könnten nun - und sollen womöglich - für den psychologischen Krieg gegen die Islamische Republik Iran (!) umfunktioniert werden.
      Nach Peter Scholl-Latour hat sich im Iran eine relativ freie islamische Gesellschaft herausgebildet.
      Über die aktuellen Ereignisse wird in den iranischen Medien ausführlich berichtet und offen diskutiert - nicht gerade zum Nutzen des US-evangelikalen Kreuzzugsgedankens.
      Denn Freiheit ist auch für den Islam die beste Medizin zur Kräftigung der Seele des Widerstands.
      Der Einsatz exil-monarchistischer - schah-freundlicher - Kreise gegen die islamische Revolution darf nicht verharmlost, aber auch nicht überschätzt werden.
      Die Stärke der islamischen Renaissance liegt in ihrer autochthonen Wahrheit.

      http://www.kokhavivpublications.com/2003/newcatch/avram_kokh…

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      Faschismus?



      Dr. Lawrence Britt, ein Politikwissenschaftler, hat einen Artikel über Faschismus für "Free Inquiry", eine humanistische Zeitschrift, geschrieben. Dr. Britt untersuchte die faschistischen Regime Hitlers (Deutschland), Mussolinis (Italien), Francos (Spanien), Suhartos (Indonesien) und Pinochets (Chile) und weiterer lateinamerikanischer Länder.

      Er fand heraus, daß all die Regime 14 Dinge gemeinsam hatten und er nennt sie die Identifikationsmerkmale des Faschismus.

      Der Artikel "Fascism Anyone?", Lawrence Britt, ist in Free Inquiry, Ausgabe Frühjahr 2003, Seite 20 erschienen.

      Die 14 Merkmale sind:

      1. starker und anhaltender Nationalismus
      Faschistische Regime neigen zu einem ständigen Gebrauch von patriotischen Mottos, Slogans, Symbolen, Liedern und was sonst noch dazu gehört. Flaggen sind überall zu sehen, wie auch Flaggensymbole auf Kleidung und anderen öffentlichen Präsentationen.

      2. Geringschätzung der Menschenrechte
      Aus Angst vor Feinden und dem Bedürfnis nach Sicherheit heraus werden die Menschen in einem faschistischen Regime überzeugt, daß die Menschenrechte in einigen Fällen ignoriert werden können. Die Leute sehen in die andere Richtung oder stimmen den Folterungen, Massenhinrichtungen, Ermordungen, langen Inhaftierung von Gefangenen uns so weiter sogar zu.

      3. Identifizierung von Feinden/Sündenböcken als vereinigende Sache
      Die Leute werden in einen vereinigenden patriotischen Wahn getrieben durch das Ziel, eine erkannte allgemeine Bedrohung oder einen Feind zu beseitigen, sei es eine rassische, ethnische oder religiöse Minderheit; Liberale; Kommunisten; Sozialisten; Terroristen uns so weiter.

      4. Vorrang des Militärs
      Selbst wenn es weitreichende inländische Probleme gibt, erhält das Militär einen überproportional großen Anteil des Staatshaushalts und die inländischen Probleme werden vernachlässigt. Soldaten und das Militär werden verherrlicht.

      5. wachsender Sexismus
      Die Regierungen faschistischer Länder sind fast ausschließlich von Männern beherrscht. Unter faschistischen Regimen werden traditionelle Geschlechtsrollen stärker betont. Der Widerstand gegen Abtreibung ist groß, wie auch die Homophobie wie auch gegen Homosexuelle gerichtete Gesetzgebung und staatliche Politik.

      6. kontrollierte Massenmedien
      Manchmal werden die Medien direkt durch die Regierung kontrolliert, aber in anderen Fällen werden die Medien indirekt durch Verordnungen der Regierung kontrolliert oder durch geistesverwandte Sprecher oder Vorstände der Medien. Zensur, insbesondere in Kriegszeiten, ist weit verbreitet.

      7. Besessenheit von der nationalen Sicherheit
      Angst wird als Mittel der Motivation für die Massen durch die Regierung eingesetzt.

      8. Religion und Regierung sind miteinander verflochten
      Regierungen faschistischer Länder neigen dazu, die gebräuchlichste Religion des Landes zu nutzen, um die öffentliche Meinung zu manipulieren. Religiöse Rhetorik und Fachsprache wird von Regierungsmitgliedern häufig genutzt, selbst wenn die Lehrsätze der Religion der Politik oder den Handlungen der Regierung genau entgegenstehen.

      9. unternehmerische Macht wird geschützt
      Die Aristokraten der Industrie und der Unternehmen eines faschistischen Landes sind häufig diejenigen, die den politischen Führern an die Macht geholfen haben, was zu einer beidseitig nützlichen Beziehung von Unternehmen und Regierung und einer Machtelite führt.

      10. gewerkschaftliche Macht wird unterdrückt
      Da die organisierende Macht der Gewerkschaften die einzige wirkliche Bedrohung für ein faschistisches Regime darstellt, werden Gewerkschaften entweder ganz ausgemerzt oder sie werden stark unterdrückt.

      11. Geringschätzung Intellektueller und der Künste
      Faschistische Länder neigen dazu, offene Feindschaft zu höherer Bildung und Akademien zu förden und zu tolerieren. Es ist nicht ungewöhnlich, daß Professoren oder andere Akademiker zensiert oder sogar verhaftet werden. Freier Ausdruck in der Kunst wird häufig öffentlich angegriffen und die Regierungen lehnen es häufig ab, die Künste zu fördern.

      12. Besessenheit von Verbrechen und Bestrafung
      Unter faschistischen Regimes wird der Polizei fast unbegrenzte Macht zur Verbrechensbekämpfung eingeräumt. Das Volk ist häufig bereit, Polizeiverbrechen zu übersehen und sogar Bürgerrechte im Namen des Patriotismus` aufzugeben. In faschistischen Ländern gibt es meistens eine landesweite Polizeieinheit mit praktisch unbegrenzter Macht.

      13. wachsende Seilschaften und Korruption
      Faschistische Regime werden fast immer von einer Gruppe von Freunden und Genossen regiert, die sich gegenseitig Regierungsposten zuschieben und ihre Macht und ihren Einfluß nutzen, um ihre Freunde davor schützen, zur Verantwortung gezogen zu werden. Es ist in faschistischen Regimen nicht unüblich, daß nationale Ressourcen oder sogar Schätze von den Regierungsmitgliedern angeeignet oder sogar gestohlen werden.

      14. betrügerische Wahlen
      Manchmal sind die Wahlen in faschistischen Ländern ein kompletter Schwindel. In anderen Fällen werden die Wahlen durch Schmutzkampagnen oder sogar die Ermordung von Oppositionskandidaten, Nutzung der Gesetzgebung um die Anzahl der Stimmberechtigten oder der Wahlbezirke zu kontrollieren, oder Beeinflußung der Medien manipuliert. Faschistische Länder nutzen auch typischerweise ihre Richterschaft, um die Wahlen zu manipulieren oder zu kontrollieren.

      Schaut euch die Punkte genau an und denkt an gewisse Begebenheiten, z..B. Bush in Uniform vor Soldaten sprechend, dem US-Rüstungshaushalt, Guatanamo (incl. der 600 islamischen Gefangenen die seit Monaten ohne Kontakt zur Aussenwelt festgehalten werden), Cheney-Halliburton, Bechtel usw., Bushs Wahlbetrug usw. usw.usw.
      Selbstverständlich passt/passt teilweise das nicht nur für die USA.
      Aber wo die gerade ihre "Demokratie" in die Welt tragen.... "Pressezensur - für Iraker nichts Neues" (!! LESEN !!)

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      Lieber vorsorglich eine Atombombe drauf
      09.06.2003


      William Bowles

      http://www.informationclearinghouse.info/article3706.htm





      Wenn irgendetwas die Leute dazu bringen sollte, aufzuwachen und den Braten zu riechen, dann ist es die "Haltung" der USA zu Atomwaffen. In einer neuen Runde einer beschleunigten Entwicklung so genannter Schlachtfeldatomwaffen haben die USA der Welt signalisiert, daß sie das Vorrecht des Einsatzes von Atomwaffen ausschließlich sich selbst zugestehen und daß ihr Einsatz jetzt Teil des Szenarios eines "konventionellen" Krieges sein wird. Darüberhinaus planen sie ihre Entwicklung und Einsatz in den nächsten 50 Jahren einschließlich weltraumgestützter Waffensysteme, geschaffen um aus der Sicherheit des Orbits heraus "Feinde unschädlich zu machen".

      In einem geheimen Dokument mit dem Titel "Analyse der Haltung zu Atomwaffen" ["The Nuclear Posture Review"], von dem Teile der Presse zugespielt worden sind, legen die USA detailliert dar, was sie von nuklearer Abrüstung in der Zeit nach der Sowjetunion halten - nichts. Und das trotz der Unterzeichnung bindender internationaler Abkommen, die den Bau einer neuen Generation von Atomwaffen und Versuche verbieten und die Reduzierung der Bestände vorschreiben.

      Unter dem Vorwand des "Kriegs gegen den Terror" ist aus dem "das Undenkbare Denken" ein "das Unmachbare machen" geworden, denn wenn der Einsatz der "Miniatombomben" erst in die Politik eingebaut wurde ist die Tür geöffnet und eine neue Propagandaoffensive wird über die amerikanische Öffentlichkeit hereinbrechen um sie dazu zu bringen, die Vorstellung zu akzeptieren, daß für das "Überleben" bis zu 20 Millionen Tote der eigenen Bevölkerung akzeptabel seien. In einem Papier von Keith Payne und Colin Grey, George Bushs und Donald Rumsfelds ganz eigene Dr. Seltsam (Zwillinge), bizarrerweise mit dem Titel "Sieg ist möglich", schreiben sie:

      "Eine intelligente offensive [nukleare] Strategie der Vereinigten Staaten, vereint mit der Heimatlandverteidigung [homeland defense] sollte die US-Verluste auf ungefähr 20 Millionen beschränken... ein Grad, der das Überleben und den Wiederaufbau des Landes ermöglicht."
      http://foreignpolicy.com/pdf/victory_is_possible.pdf (Adobe Acrobat-Datei)

      Der Verstand zweifelt, aber diesen verrückten Bastarden ist es ernst. Dr. Keith Payne unterstützt die Idee seit über 20 Jahren und schließlich hat er einen Präsidenten und eine Politik gefunden, die ihn ernst nehmen. Man beachte, daß sie das Wort "offensiv" und nicht "defensiv" benutzen. Payne, der ein Helfer von Herman Kahn am Hudson Institute (der ursprüngliche Dr. Seltsam, der in den 60ern als erster die Idee vorbrachte, einen Atomkrieg zu "gewinnen") schrieb 1999 daß

      "Die Zukunft der Atomstreitkräfte der Vereinigten Staaten einer schwerwiegenden Herausforderung" durch "Anti-Atom-Aktivisten gegenübersteht" und daß, "solange keine wohlüberlegte Antwort präsentiert wird, es nur nach ihrer Tagesordnung ablaufen wird."
      http://www.nipp.org/Adobe/ours%20and%20theirs.pdf (Adobe Acrobat-Datei)

      Diese wohlüberlegte Antwort ist die oben erwähnte "Analyse der Haltung zu Atomwaffen", herausgegeben von Donald Rumsfeld (der Payne auch in die Bush-Regierung brachte) im Januar 2002, die jetzt die offizielle US-Politik darstellt und nicht mehr nur die Phantasie eines in einem Washingtoner Think-Tank (Payne war, bevor er ins Weiße Haus kam, Präsident des "National Institute for Public Policy", eines weiteren rechten Think-Tanks) versteckten Strebers. In dem Papier wird das Schreckgespenst tausender zusätzlicher Atomwaffen nicht nur erwogen, sondern bei Kosten von über 100 Milliarden US-Dollar geplant. Darüberhinaus wird ihr Einsatz in einem weiten Feld von Situationen geplant, unter anderem auch das Flächenbombardement ganzer "Gebiete", von denen vermutet wird, daß dort selbst nicht-atomare Raketen stationiert seien. Ein weiteres Mal wird offensichtlich, daß die Politik von Präventivschlägen Teil der US-Strategie ist. Atomwaffen werden jetzt als "Ergänzung" konventioneller Waffen betrachtet, nicht als Abschreckung eines möglichen Aggressors, Atomwaffen gegen die USA einzusetzen, eine Politik, die (in der Theorie sowieso) seit den 60ern (die Politik der Mutually Assured Destruction [beiderseitig zugesicherten Zerstörung] oder MAD) ein Teil der strategischen Planungen der USA war.

      Und die üblichen Verdächtigen unterstützen die Idee:

      "Charles Krauthammer blies zu einer neuen ‚Bush-Doktrin`, die besagt, daß wenn es um unsere Nuklearstreitkräfte geht, wir das passende bauen. Wir werden offensive Raketen bauen, um unseren Bedürfnissen nachzukommen. ... Aus Gründen des Feingefühls sprach Bush von der Notwendigkeit, den Vertrag zu ‚ersetzen` denn ihn zu annullieren, was die Schmusedecke einer ganzen Generation von Waffenkontrolleuren bleiben wird. Egal. Er hat klargemacht, daß wir ihn munter ignorieren werden. ... Sicher, um die Kritiker ruhigzustellen werden wir jeden von Tokio bis Moskau konsultieren, beruhigen und mit ihnen plaudern. Aber am Ende werden wir eine Verteidigung für die Herausforderung des Raketenzeitalters bauen. Wenn anderen das nicht gefällt, Pech gehabt."
      http://www.thebulletin.org/issues/2003/jf03/jf03krepon.html

      Pech gehabt, ja? Nur wer? Nicht nur, daß die Kriegstreiber im Weißen Haus 20 Millionen ihrer eigenen Bürger als einen "vernünftigen" Preis für die Führung eines Krieges auf dem Planeten ansehen, es enthüllt auch, daß die zugrundeliegende Strategie der Bush-Regierung, die Welt als Geisel der Atomwaffen zu halten, wesentlich für ihr Ziel der absoluten, globalen Hegemonie ist. Wie bald werden die Drohungen des Einsatzes von Atomwaffen realität werden?

      Der vielleicht erschreckendste Text von allen kann in der Übersicht des National Resources Defense Councils über den NPR gefunden werden. Die verwendete Sprache des US-Verteidigungsministeriums und in dem NPR-Dokument läßt einem das Blut gefrieren wenn die möglichen "Optionen" in der Zeit nach dem Kalten Krieg besprochen werden:

      "Atomwaffen werden weiterhin eine ‚entscheidende Rolle` spielen, denn sie besitzen ‚einzigartige Fähigkeiten`, die ‚zuverlässige militärische Optionen` bieten, um ‚ein weites Spektrum von Zielen` zu gefährden, die für den Einsatz eines möglichen Gegners von ‚Massenvernichtungswaffen` oder ‚großangelegten konventionellen Streitkräften` wichtig sind."

      "Das Ziel bei dem Besitz nuklearer Waffen hat vier Teile: ‚Alliierte und Freunde zu versichern`, Mitbewerber abzubringen`, Angreifer abzuschrecken` und ‚Feinde zu zerstören.`"

      "Für die nächsten 10 Jahre ruft der Plan der Bush-Regierung zu dem Aufbau eines Vorrats intakter Atomwaffen und Waffenkomponenten auf, der ungefähr sieben bis neun Mal größer ist, als das öffentlich bekanntgegebene Ziel von 1.700 bis 2.200 ‚einsatzfähiger Waffen`. Das ist ein Buchhaltungssystem, das Enrons würdig ist.

      Im Gegensatz zu der öffentlich verkündeten Politik, die Anzahl der Atomwaffen zu reduzieren, ist die Realität das exakte Gegenteil:

      "Die Bush-Regierung plant derzeit, ein Potential einsatzbereiter Atomwaffen von nicht 1.700 bis 2.200 zu haben sondern von bis zu 15.000."
      http://www.nrdc.org/nuclear/restraint.asp

      So viel zu den Champions von Frieden und Freiheit. Aber was braucht es, damit die Leute die Realität der "Neuen Weltordnung" erkennen? Wie lange werden die Medien noch die Fiktion einer friedliebenden USA verbreiten, die die Welt von "Terroristen" befreien wollen, wenn die Realität ist, daß die wahren Terroristen die US-Regierung und ihr Komplize, Großbritannien, sind?

      Und nur für den Fall, daß jemand glaubt, daß die aktuelle Denkweise der USA eine Abkehr von ihrer vergangenen Politik als Folge der "terroristischen Bedrohung" ist, sollte man sich daran erinnern, daß, abgesehen von ihrem ersten Einsatz von Massenvernichtungswaffen 1945 gegen die Japaner, ihr "präventiver" Einsatz in mehreren anderen Fällen ernsthaft in Betracht gezogen worden ist, unter anderem im Koreakrieg gegen China, dem Sechstagekrieg Israels gegen die Araber 1967, als mit Atombomben bewaffnete Flugzeuge gegen Ägypten gestartet wurden und erst im letzten Moment zurückgerufen wurden und im Vietnamkrieg. Es war nur die Existenz des sowjetischen Atomwaffenarsenals, die ihren Einsatz verhinderte. Und wie vielen anderen Fällen ist die Welt noch an den Rand der atomaren Zerstörung gekommen, von denen wir nichts wissen? Daß die USA jetzt ihren Einschluß in ihre "normale" Militärstrategie in Betracht ziehen sollte einen wirklich dazu bringen, die Ziele einer Regierung in Frage zu stellen, die vorgibt, eine "sichere" und "friedliche" Welt zu wollen.


      http://www.freace.de/artikel/jun2003/nuke090603.html
      ---------------------------------------------------


      http://www.miprox.de/News.html
      Avatar
      schrieb am 17.06.03 14:45:43
      Beitrag Nr. 3.125 ()
      17.06. 13:09
      US Sentiment - Exzessiv bullish
      (©GodmodeTrader - http://www.godmode-trader.de)



      Investor Intelligence (II) Sentiment - 12.06.03

      12.06.03 bullish: 58.7% bearish: 16.3%


      Das bullishe Sentiment verharrt nicht nur auf einem extremen Niveau, es steigt weiter an. Eine Bullenquote von 58,7% muß als extrem angesehen werden. Gleichzeitig ist die Bärenquote weiter deutlich abgefallen.


      Avatar
      schrieb am 17.06.03 15:12:29
      Beitrag Nr. 3.126 ()
      @#3112 von bluemoons
      @#3121 von bluemoons


      Nein, von Freiwirtschaft habe ich keine Ahnung. Und ob das was mit Kommunismus zu tun hat, auch nicht.
      Nur von Freibier in der Wirtschaft. :laugh:

      Ok, Spass beiseite.

      Stell doch mal nicht ellenlange Texte a`la #3120/3121 rein. Das alles kann doch kein Mensch in einer Woche lesen. ;)
      Stattdessen erklär doch einfach mal kurz in eigenen Worten was Freiwirtschaft ist.


      @ #3122 von bluemoons

      Zum Faschismus !

      Aha, dann waren also nach der Definition auch alle kommunistischen Länder inclusive der DDR, wenn man bei Punkt 9 "die unternehmerische Macht wird geschützt, durch "die staatswirtschaftliche Macht wird geschützt" ersetzt, faschistisch, richtig ?????




      ................


      @#3116 von Trevenion



      RICHTIG !!!

      Aber das Allerwichtigste hast du noch vergessen !!!

      Zinsen zwingen den Kreditgeber als auch den Kreditnehmer zu Effizienz und zu Wettbewerb.
      Denn NUR so wird die Verschwendung der knappen Resource "Geld" eingegrenzt.



      H_S
      Avatar
      schrieb am 17.06.03 16:49:59
      Beitrag Nr. 3.127 ()
      zur Zinsdiskussion:

      Wenn es keine Zinsen gibt, verleiht keiner Geld, klar.
      Was aber wenn es negative Zinsen oder eine Geldhortungs-
      steuer gaebe?
      Damit muesste sich der Geldumlauf wieder verbessern lassen,
      wurde hier nicht gerade ein Artikel gepostet, in dem Japan
      etwas in diese Richtung vorschlaegt?
      Schliesslich, wieso soll bei 0% auch Schluss sein, mit
      negativen Zahlen koennen wir doch schon eine ganze Weile
      gut rechnen.



      #3124: Knappe Resource Geld? Geld ist weder eine Resource
      noch notwendig knapp (in einer Demokratie sollten wir
      die Geldmenge im Prinzip seleber bestimmen koennen).
      - Kann nicht glauben, dass der Daxmeisterschaetzer Harry
      diese Worte waehlt -
      Avatar
      schrieb am 17.06.03 18:22:16
      Beitrag Nr. 3.128 ()
      Wenn Signale von Märkten falsch verstanden werden
      (17.06.2003)

      Die nicht zu leugnende gute Laune an den bedeutenderen Aktienmärkten in der Welt wirkt ansteckend. Sie vermittelt den Eindruck, als würden die verfahrenen konjunkturellen und monetären Verhältnisse bald wieder gerichtet. Ansatzweise drückt sich diese von Hoffnungen zu Erwartungen mutierende Stimmung auch an den Rohstoffmärkten aus.

      Inzwischen genügt es, wenn in einer Serie von fünf oder sechs Konjunkturindikatoren nur einer eine positive Deutung erlaubt, um den Aktienmärkten Flügel wachsen zu lassen. Dies sagt uns, dass diese Märkte derzeit nach dem Motto leben „Mach’ es wie die Sonnenuhr, zähl’ die heit’ren Stunden nur“. Es ist der typische Fall von Verleugnung, Verdrängung oder Rationalisierung im psychologischen Sinne.

      Wenn gestandene Ökonomen und Anlagestrategen jetzt fest davon ausgehen, dass die amerikanische Notenbank (Fed) ihren Leitzins in der nächsten Woche um weitere 50 Basispunkte senkt, dann wird das besonders an der Wall Street als positives Signal missverstanden.

      In Wirklichkeit handelt es sich um ein unverkennbares Krisensignal. Die Fed ist sehr besorgt über die sich ausbreitenden deflationären Tendenzen in den USA. Ihr Chef, Alan Greenspan, lässt seit Wochen keine Gelegenheit verstreichen, um das „D-word“ (steht für Deflation) zu erwähnen.

      Dies ist ein unmissverständliches Signal dafür, dass die Fed erkannt hat, worum es geht, und dass sie zum Handeln bereit ist. Wenn sie ihren Leitzins jetzt weiter zurücknimmt, trennt sie nur noch wenig vom Start einer „unkonventionellen“ Geldpolitik. Sobald sie erkennbar so vorgeht, wird niemand mehr leugnen können, was die Stunde geschlagen hat.

      Auch die EZB scheint das Faktische nicht mehr ignorieren zu können. Ohne das „D-word“ zu bemühen, bereitet sie die Finanzmärkte inzwischen darauf vor, dass sie zu weiteren Zinssenkungen bereit ist.

      Wenn das für die Aktienmärkte ein Grund zum Feiern sein sollte, müssten wir vermuten, dass dort jetzt vieles gewaltig schiefläuft. Jedenfalls können steigende Aktienkurse redlicherweise nicht als Argument dafür herhalten, dass sich die Konjunktur nachhaltig bessert und dass die Preise für Industrierohstoffe daher steigen müssten.


      Arnd Hildebrandt

      Herausgeber

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      Wussten Sie schon, dass...?
      (17.06.2003)

      Das von Hedge-Fonds verwaltete Kapital ist zwischen 1990 und heute von etwa 50 Milliarden Dollar auf ungefähr 600 Milliarden Dollar gewachsen.

      (Quelle: Economist)

      taurosweb.de
      Avatar
      schrieb am 17.06.03 18:53:08
      Beitrag Nr. 3.129 ()
      @Harry Schotter

      Wenn wir schon von Ressourcen reden
      Ich verschwende auch nicht gerne meine Ressourcen.
      Ich erzähle dir jetzt nicht in wenigen Worten , was eine Freiwirtschaft ist.Zu diesem Thema habe ich schon mehreres gepostet
      Wer es verstehen will, soll sich auch die Sachen lesen.
      Und auf Links , die sich mit dem Thema befassen, habe ich auch hingewiesen, siehe #3103

      Geld ist ein Tauschmittel, wovon soviel vorhanden sein muss, das ein reibungslosen Tauschgeschäft zu Stande kommen kann.
      Verschwendung von Geld? Wer verschwendet Geld?
      Geld kann meistens nur der verschwenden, der Geld im Überfluss hat
      Welche Leute das sind, brauche ich wohl nicht mehr zu erwähnen.
      Und ein Überfluss entsteht durch Hortung.
      Das Geld fehlt, da wo es benötigt wird.
      Ein Blutgerinsel verursacht Thrombose.
      Hortung von Geld verursacht eine Wirtschaftskrise und von Effizienz kann dann keine Rede mehr sein.
      Avatar
      schrieb am 17.06.03 20:43:53
      Beitrag Nr. 3.130 ()
      #3125 von M.Haze

      "zur Zinsdiskussion:

      Wenn es keine Zinsen gibt, verleiht keiner Geld, klar.
      Was aber wenn es negative Zinsen oder eine Geldhortungs-
      steuer gaebe?
      Damit muesste sich der Geldumlauf wieder verbessern lassen,
      wurde hier nicht gerade ein Artikel gepostet, in dem Japan
      etwas in diese Richtung vorschlaegt?
      Schliesslich, wieso soll bei 0% auch Schluss sein, mit
      negativen Zahlen koennen wir doch schon eine ganze Weile
      gut rechnen."



      Ja, im Prinzip keine schlechte Idee. Den negativen Zins hat es ja auch schon in Japan gegeben.

      Aber wie steht es mit der Praxis ???
      Was würde denn geschehen, wenn wir einen negativen Zins einführen würden ???

      Ganz einfach !
      Deutsche Zinspapier würden nicht mehr gekauft und man würde sein Geld in Positivzinspapiere umschichten.
      Oder die Leute würden einfach ihr Geld von der Bank abheben und "horten" es im wahrsten Sinne des Wortes tatsächlich unter`m Bett oder im Wohnzimmerschrank oder Sonstwo.
      Denn Zuhause, in den vier Wänden muss der Kapitalbesitzer nur den jährlichen Inflationswertverlust von seinem vorhandenem Geld abziehen. Auf`m Konto, auf der Bank, müsste er von seinem Guthaben aber noch den negativen Zins und die Geldhortungssteuer abziehen.
      Dann ist das
      Geld wirklich dem Wirtschaftskreislauf entzogen. Wenn es auf der Bank liegt aber nicht ! Es steht allem zu Verfügung, weil es ja weiterverliehen, (gegen positiven Zins) oder als Beteiligung(Aktie) einem Unternehmen zu Verfügung gestellt wird.


      Im Übrigen hat dein Wort, "Hortungsteuer" so einen negativen Touch.
      Was ist schlimm daran, das man Geld "hortet" ???

      Ich würde stattdessen das Wort "sparen", "Kapital aufbauen" oder "Vermögen aufbauen" sagen.

      Früher sagten die Leute: "Spare in der Zeit, dann hast du in der Not"

      Eben !!

      Wie will man aber Notzeiten bewältigen, wenn man nicht spart("hortet" ) ???
      Wie will man größere Anschaffungen(Auto, Haus) erwerben, ohne Vermögensaufbau ???
      Und wie ist das mit der Altervorsorge ohne "Horten" für die Rente ???

      Klar, man kann ja auch Kredit aufnehmen.

      Nur woher soll das Geld kommen, wenn es nicht gespart(gehortet) wird, und wenn es einem keiner verleihen will, wegen einem negativen Zins und einer Hortungssteuer???

      Vorallem, was bewirkt denn ein negativer Zins und eine Hortungssteuer ?????
      Sie bewirkt eine Geldentwertung!!!
      Und die Geldentwertung nennt man meist Inflation !!!!!

      Eine milde Inflation kann durchaus den Konsum anregen, weil man unter ihr Angst hat, dass das Konsum- oder Investitionsprodukt nach einer Weile teurer sein kann als zum Kaufzeitpunkt. Aber, wenn die Inflation stark ist, dann kaufen die Leute völlig sinnlos, irgendwas, nur um ihr den Wert ihres Geldes vor dem Verfall zu retten. Was dann wieder durch den daraus entstehenden Nachfrageüberhang zu noch höherer Inflation führt.

      Also sollte man mit derartigen Instrumenten vorsichtig sein.




      "#3124: Knappe Resource Geld? Geld ist weder eine Resource
      noch notwendig knapp (in einer Demokratie sollten wir
      die Geldmenge im Prinzip seleber bestimmen koennen).
      - Kann nicht glauben, dass der Daxmeisterschaetzer Harry
      diese Worte waehlt -"




      Natürlich ist Geld sowohl eine Resource als auch kein knappes Gut.

      Alles was einen Wert hat, ist knapp.

      Was absolut logisch ist. Würdest du für etwas bezahlen was keinen Wert hat und du an jeder Ecke finden kannst ???
      Würdest du Sand in der Sahara kaufen ???
      Wäre Geld nicht knapp, würde sich für diese Resource kein Markt, also auch keine Nachfrage und kein Angebot bilden.
      Du musst aber was für dieses "Geld" hergeben. Deine Arbeitskraft, eine Gut/Wertgegenstand, oder einen Miet- bzw. einen Leihpreis, den sogenannten Zins !




      Übrigens hat Blumoons nicht ganz Recht, wenn er sagt Geld ist ein Tauschmittel.
      Manche sagen ja, Geld ist ein Anteil am Bruttosozialprodukt.
      Geld ist sicher auch ein Tauschmittel, ein Anteil am Bruttosozialprodukt, ein Bewertungsmaßstab und was sonst noch.....

      Führ mich ist Geld aber komprimierte Energie........Arbeitsenergie

      Ich denke, dass ich mit der Bezeichung dem wahren Bedeutung des Geldes am nächsten komme.

      Und weil Geld komprimierte menschliche Arbeitsenergie ist, ist sie sowohl eine wertvolle Resource, als auch knapp, weil menschliche Arbeitsenergie nicht ohne Gegenleistung aktiviert wird und aktiviert werden kann.

      Denn Menschen können nicht von Luft und Sonnenschein allein leben, und würden Luft und Sonnenschein als Gegenleistung für ihre Arbeit auch nie akzeptieren.


      H_S :):):)
      Avatar
      schrieb am 17.06.03 21:26:05
      Beitrag Nr. 3.131 ()
      @bluemoons,

      ich kann Dir nur zustimmen. V.a. Deine letzten Sätze treffen den Kern.

      Gruß tf
      Avatar
      schrieb am 17.06.03 22:02:05
      Beitrag Nr. 3.132 ()
      Ach Tradingfuchs...........:( :( :( :confused:
      Avatar
      schrieb am 17.06.03 22:42:39
      Beitrag Nr. 3.133 ()
      @Harry _Schotter

      Horten und Sparen sind nicht das gleiche.
      Man könnte auch ohne den Zins sparen.Sparen ist nicht verboten.
      Horten ist = dem Wirtschaftskreislauf das benötigte Geld zu entziehen und nur gegen Zins zu entleihen.


      In der Freiwirtschaft wird nur das Geld besteuert, das dem Wirtschaftskreislauf nicht zur Verfügung gestellt wird.
      Wenn man ein Sparbuch auf der Bank hätte, würde dieses Geld nicht besteuert,weil es dem Markt zur Verfügung gestellt wäre.Aber dafür würde man kein Zins bekommen.
      Für einen Kredit würde man auch keine Zinsen zahlen, aber eine einmalige Bearbeitungs- oder Vermittlungsgebühr
      wäre zu entrichten.
      In diesem System wird aber das ganze Geld entwertet (inflationiert),das dem Markt zur Verfügung gestellte und nicht gestellte.Ein feiner Unterschied!

      Man würde sein Geld gerne ohne Zins hergeben, damit man die Steuer nicht zu entrichten braucht.
      Jeder würde versuchen sein Geld so schnell wie möglich,
      dem Markt zur Verfügung zu stellen. Natürlich ohne Zins.
      Die Ware "Geld" wäre den gleichen Gesetzen der anderen verderblichen Waren ausgesetzt. Die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes würde sich rasch verbessern.Was dem Markt als Ganzes zu gute gute käme.
      Bedarf würde schnell zu Nachfrage werden , weil kein Staudamm zwischen Nachfrager und Anbieter da wäre.
      -----------------------------
      ein auzug (Harry Schotter bitte wenigstens das lesen)
      Dieses Chaos verwandelt sich mit dern Freigeld in einen Kosmos. Dadurch, daß das Freigeld unter Druck steht, fallen alle Wenn und Aber aus der Quantitätstheorie weg. Sie, um die so viel gestritten wurde in allen Sprachen der Welt, die die eigentliche Ursache war dafür, daß so viele die Währungsfrage als unlösbar bei Seite warfen, sie wird durch das Freigeld von allen Widersprüchen befreit. Sie wird absolute Wahrheit, absolut in des Wortes verwegenster Bedeutung. Die Voraussetzungen für die Quantitätstheorie fehlten. Sie werden durch das Freigeld geschaffen. Die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes, heute ein ganz irrationaler Begriff und Hauptfaktor der Preisbildung, der alle Bemühungen für eine wissenschaftliche Erklärung der Preisbildurig zu Schanden machte, wird mit dem Freigeld in eine Konstante verwandelt und braucht, weil sie eine Konstante geworden ist, überhaupt nicht mehr in Rechnung gezogen zu werden.

      Die Quantitätstheorie, die als die bereinigte Quantitätstheorie bezeichnet wurde, gab von der Preisbildung die mathematische Formulierung:

      Geldmenge x Umlaufgeschwindigkeit = Preis

      --------------------------------------------------------------------------------

      Warenproduktion - Kredit


      Praktisch war damit nicht viel anzufangen, weil Umlaufgeschwindigkeit und Kredit unkontrollierbare, willkürliche Größen waren und außerdem die Geldmenge durch die Deckungsvorschriften an ein Gut gebunden war, das Gold, dessen Beschaffung vom Zufall abhängig war.

      Mit dem Freigeld wird die mathematische Formel der Preisbildung zurückgeführt auf die Formel, die der ursprünglichen, der sogenannten rohen oder naiven Quantitätstheorie (und zu Unrecht) zugrunde gelegt wurde, nämlich: Geldmenge geteilt durch die Warenproduktion gibt den Preis.

      Wenn das Sprichwort: Die Einfachheit ist das Merkmal der Wahrheit, gut ist, dann haben wir hier einen neuen Beweis für die Richtigkeit dieser Formel des Preises. Einfacher kann die Formel des Preises nicht mehr ausgedruckt werden. Die genannte Formel: Geldmenge geteilt durch die Warenproduktion, die für das Metallgeld voller Widersprüche war, deckt mit dem Freigeld restlos alle Erscheinungen des Markts. Beim Metallgeld konnte man immer fragen, was denn die in Gleichung gebrachten Massen, Geld und Waren, in Bewegung setzen wird, um den Preis zustande zu bringen. Geld und Waren konnten ja ewig nebeneinander liegen bleiben. Es fehlte jede motorische Kraft, wenigstens was das Geld anbetrifft. Dynamisch konnte der Preis mit jener Formel nicht erfaßt werden. Von der Ware, ja, da wußte man, daß sie zum Markte drängte. Sie stand unter Druck. In ihr steckte natürlich motorische Kraft. Aber beim Geld? Was trieb das Geld zum Markt. Die Ware blieb niemals in den Händen der Sparer hängen. Gerade die Sparer stießen die Waren ab, während dieselben Sparer das Geld anzogen und festhielten, bis man ihnen als Lösegeld etwas anbot, was besser war als Ware. Das war der Zins und der Zinseszins. Die bewegende Kraft der Ware war in der Ware selbst; die bewegende Kraft des Geldes steckt nicht im Geld, sie wurde von außen hineingetragen.


      Das machte den Preis abhängig von der Psyche des Menschen und nahm der Quantitätstheorie das Hauptmerkmal einer richtigen Theorie, nämlich für alle Vorkommnisse volle Deckung zu liefern. Sie deckte nur einzelne Erscheinungen.

      Mit dem Freigeld verliert die kritische Frage nach dem Motor der beiden zu vergleichenden Größen ohne weiteres jeden Sinn. Der Motor, der die Ware und das Geld zur Preisbildung treibt, steckt jetzt in beiden Dingen und braucht von außen nicht mehr hineingetragen zu werden. Die Psyche des Geldbesitzers bleibt ohne Einfluß. Ware und Geld stehen unter Druck, und zwar unter dem gleichen Druck. Der Preis kann jetzt vollkommen dynamisch als Wirkung einer der Ware und dem Gelde eigenen Kraft begriffen werden.

      Ware und Geld ziehen sich Jetzt gleichmäßig an, während sie sich bis dahin abstießen und nur durch eine von außen auf sie einwirkende Kraft vereinigt werden konnten. Diese Kraft war der Zins. Wenn diese Kraft versagte, konnte der Tausch nicht mehr zustande kommen. Zinsverbote legten das Geld lahm, der Rückgang des Zinses ebenfalls. Dann vesagte die Quantitätstheorie. Dann wurde es nötig, eine neue Formel für die Quantitätstheorie zu schaffen, und so in unzähligen anderen Fällen.

      Mit der Möglichkeit, die Preisbildung theoretisch zu erfassen, eröffnete sich uns auch die Möglichkeit, in die Preisbildung zielstrebig einzugreifen. Und diese Möglichkeit stellt uns vor die Frage, was wir mit dieser Möglichkeit anfangen sollen.


      Die Freigeldlehre beantwortet die Frage, was nun mit der Möglichkeit, in die Preisbildung willkürlich eingreifen zu können, anzufangen sei, dahin, daß sie sagt: Das Geld ist Tauschmittel. Es soll den Tausch sichern und verbilligen. Es soll die Schwierigkeiten, auf die der direkte Tauschhandel stößt, beseitigen. Diese Sicherung und Verbilligung des Tausches fordert, daß die Warenpreise möglichst vor Schwankungen geschätzt werden. Da das Geld Tauschmittel aller Waren ist und die Preise der einzelnen Waren ihnen eigenen Gesetzen unterworfen sind, die es bedingen, daß oft zu derselben Zeit einzelne Waren im Preise steigen, während andere durch besondere Verhältnisse herabgedrückt werden, so kann auf den einzelnen Preis nicht Rücksicht genornrnen werden. Der Einfluß, den wir mit dem Freigeld auf die Preisgestaltung gewinnen, kann sich nur auf den Durchschnitt der Preise beziehen. Dieser Durchschnitt aller Preise wird durch den heute so oft genannten Index ermittelt. Und diesen Index gilt es festzuhalten.

      Wie das zu geschehen hat, ist nach den vorangegangenen Erklärungen nicht schwer zu erkennen. Die Geldmenge dividiert durch die Warenproduktion gibt ohne wenn und aber den Preis, hier also den Index. Geben wir also unserer Notenbank den Auftrag, den Index zum Kompaß der Notenpolitik zu nehmen und sich stramm an die Quantitätstheorie zu halten. Sagen wir ihr, daß sie Noten einzuziehen hat, sobald der Index eine allgemeine Preissteigerung anzeigt und daß sie umgekehrt Noten ausgeben soll, sobald der Index einen allgemeinen Preisrückgang anzeigt. Dann wird der Index zwar nicht absolut im mathematischen Sinne des Wortes fest bleiben, aber doch im Sinne.des täglichen Gebrauches des Wortes. Ähnlich wie wir von einem Schiff auch sagen, daß es den Kurs hält, obgleich es durch den Steuermann unausgesetzt in den Kurs zurückgebracht werden muß. Die Summe der Abweichungen nach Back- und Steuerbord gibt doch eine gerade Linie.

      Kann die Notenbank solche Politik betreiben, hat sie die Mittel dazu? Warum nicht, was hält sie davon ab, soviel Geld auszugeben, wie ihre Aufgabe es verlangt? Papier ist alles, was sie braucht. Mit der Goldwährung wäre auch schon aus dem Grunde, daß das Gold für eine solche Währungspolitik ja erst gefunden werden müßte, abgesehen also von der Unmöglichkeit, die Umlaufgeschwindigkeit des Goldgeldes zielstrebig zu beeinflussen, eine solche aktive Währungspolitik absolut unmöglich gewesen.

      Mit dem Papiergeld sind alle Voraussetzungen für eine solche Anpassung des Geldumlaufes an die täglichen Bedürfnisse des Verkehrs restlos erfüllt. Geben wir also der Notenbank den Auftrag, gerade soviel Geld drucken zu lassen und in den Verkehr zu bringen, wie die Aufrechterhaltung des Indexes es erfordert, so muß sie diese Aufgabe erfüllen, weil sie die Mittel dazu zur Hand hat. Es gibt keinen verriünftigen Grund, warum wir der Notenbank solche Aufgabe nicht stellen und warum die Notenbank sich solcher Aufgabe nicht gewachsen erklären könnte.

      Man hat gegen diesen Vorschlag allerhand eingewendet. Aber alle Einwendungen scheitern an der Tatsache, daß mit dem Freigeld die Quantitätstheorie unbedingte Gültigkeit hat. Wer an der Möglichkeit zweifelt, die eben skizzierte aktive Währungspolitik zu betreiben, muß zuerst den Nachweis liefern, daß mit dem Freigeld die Quantitätstheorie, die ursprüngliche, rohe, naive Quantitätstheorie, doch noch Mucken haben könnte.

      Man hat gegen die beschriebene Währungspolitik den Einwand erhoben, daß die Preise nicht sofort auf die Notenausgabe reagieren und hat sich für diesen Einwand auf die statistischen Arbeiten Nicholsons gestützt, aus denen hervorgehen daß die Preise erst nach etwa drei Monaten die der Quantität der Noten entsprechende Höhe erreichen, daß der Preisbazillus also sozusagen eine Inkubationszeit von drei Monaten braucht. Dieser Einwand, der übrigens nur bedingte Gültigkeit hat und z.B. in einer Zeit allgemeiner Preissteigerung, wie wir sie zur Zeit in Deutschland haben, vielleicht umgekehrt zu verstehen ist, daß nämlich die Preise der Notenausgabe vorauslaufen, weil die Furcht vor einer neuen, durch die Notenausgabe veranlaßen Preiswelle die Umlaufgeschwindigkeit verstärkt, dieser Einwand ist für das Freigeld völlig hlnfällig.

      Da das Freigeld nur für den unmittelbaren Warenkauf gesucht wird, so ist es auch selbstverständlich, daß die Notenbank das von ihr auszugebende Geld nur unter Personen unterbringen kann, die unmittelbaren Bedarf an Waren haben, die also das erhaltene Geld unmittelbar auf den Markt bringen. So ist es vollkommen sicher, daß, wenn die Notenbank am Morgen Geld ausgibt, um die Preise zu heben, dieser Einfluß sich bereits am Abend fühlbar gemacht haben wird. Das neue Geld wird eine zusätzliche Nachfrage erzeugt haben, die nicht dagewesen wäre, wenn das Noteninstitut nicht eingegriffen hätte. So kann man tatsächlich das Freigeld als verkörperte Nachfrage bezeichnen. Jede Änderung im Warenangebot kann darum in ihrer Wirkung auf den Preis sofort durch einen Gegenzug der Notenbank neutralisiert werden.

      Ein anderer Einwand, der gegen die hier besprochene Währungspolitik erhoben wird, geht von der Meinung aus, daß der Index nicht mit der gebotenen Schnelligkeit ermittelt werden kann. Einige meinen, man brauche hierzu Wochen und Monate und in der Zwischenzeit wisse die Notenbank nicht, wie sie sich zu verhalten hat. Dieser Einwand wird gewöhnlich von den Verteidigern der Goldwährung gemacht, ausgerechnet von Personen, die überhaupt keine Rücksicht auf die Warenpreise bei der Notenausgabe nehmen und gelten lassen.


      Für den Index brauchen wir aber nur die Preise der inländischen Märkte. Es ist eine Arbeit, die auf der Addiermaschine nur Minuten braucht, sobald die Unterlagen eingelaufen sind, so daß es nicht im geringsten Schwierigkeiten bieten würde, den Index, wenn gewünscht, täglich mehrere Male zu ermitteln. Es dürfte aber vollauf genügen, wenn der Index im Noteninstitut wöchentlich einmal angezeigt wird.

      Ist es also technisch möglich, den Index beliebig oft zu ermitteln, ist es auch technisch ebenso möglich, die Geldmenge den Bewegungen des Indexes mit der nötigen Schnelligkeit entgegenwirken zu lassen, so ist das Problem gelöst, wie man den Index mittels aktiver Währungspolltik auf einen Punkt festnageln kann, und zwar unter allen denkbaren Umständen, auch im Krieg.

      Mit der eben beschriebenen aktiven Währungspolltik, die uns vor allen Preisschwankungen allgemeiner Natur befreien wird, fallen alle die genannten Mängel unserer Wirtschaftsordnung fort.

      Die Krise bricht heute aus, wenn die Preise sinken. Mit der beschriebenen aktiven Währungspolitik werden die Preise nicht mehr sinken, also wird es aus diesem Grunde keine allgemeine Krise mehr geben, also auch keine Arbeitslosigkeit. Die Krise brach aber auch dann aus, wenn der Kapitalzins unter die Rentabilitätsgrenze sank. Mit dem Freigeld gibt es für die Kapitalakkumulation überhaupt keine Grenze, keine Rentabilitätsgrenze mehr. Folglich kann aus diesem Grunde auch keine Krise mehr entstehen. Die Reservearbeiterbataillone, die für die Lohnpolitik der Gewerkschaften immer ein so großes Hindernis waren, verschwinden. Die Preisschwankungen allgemeiner Natur, die das ausmachen, was man die Konjunktur nennt, liefern den Stein, über den so viele Kaufleute stolpern und stürzen. Der Kaufmann, der die Entwicklung der Konjunktur richtig vorausgesehen hatte, oft eine reine Stimmungssache, und seine Dispositionen danach getroffen hatte, der konnte sich freuen. Die anderen, die in dieser Sache weniger Glück hatten, die trugen den Schaden.

      Zahlungseinstellungen, Bankrott, Zwangsverkäufe waren die Folge. Unzählige kleine, selbständige Gewerbetreibende wurden dadurch ihrer Produktionsmittel beraubt und zum Proletariat geworfen. Dann sagte der Marxist: Seht, wie sich das System des Privateigentums an den Produktionsmitteln auswirkt. Weg mit einem solchen System!

      In der heutigen Wirtschaft ist es so, daß alle Berufe, die zu ihrer Ausübung besonderer Eigenschaften bedürfen, einen gehobenen Lohn einbringen. Der Handel ist heute ein solcher Beruf. Und wenn heute der Handelsprofit etwa 40% des Arbeitsproduktes des Volkes verschlingt, so liegt das daran, daß für diesen Beruf der Wettbewerb relativ gering ist. Wenn wir durch eine aktive Währungspolitik den Handel vor Konjunkturschwankungen schützen, wenn der Index festgelegt wird, dann wird der Handel tief in den Wettbewerb der Massen gezogen werden, und dann wird der Lohn des Kaufmanns den allgemeinen Gesetzen des Wettbewerbs entsprechend auf den Lohn der Massen gesenkt werden. Darin wird der Handelsprofit nicht mehr die schier lächerliche Höhe von 40%, sondern vielleicht 20, vielleicht nur 10% betragen. Das entspräche dann einer Mehreinnahme des gesamten Volkes von 20 bis 30%.

      Das reicht für heute
      Harry Schotter will nämlich ohne viel zu lesen, viel kapieren.:D
      Avatar
      schrieb am 17.06.03 22:49:39
      Beitrag Nr. 3.134 ()

      Soll ein Krieg das Finanzsystem retten?


      Nachdem WorldCom nun Enron gefolgt ist, die deutschen Pleiterekorde von Holzmann bis Dornier daneben wie Kinderkram aussehen, und die Kurse sich im freien Fall befinden, hat das Gerede von Verschwörungstheorie und politischem Abenteuertum, das ich täglich in meinem elektronischen Briefkasten finde, plötzlich aufgehört. Dem Gezeter, das mich begleitet, seit ich politische Beiträge verfasse, ist eine plötzliche Totenstille gefolgt. Da ist es an der Zeit, in das betretene Schweigen ein paar Zahlen zu werfen, von deren Echtheit sich jeder überzeugen kann, denn sie stammen von YahooFinance (hier); ich habe die Daten lediglich aufbereitet:




      Während es im Oktober 1929 Börsengerüchte waren, die die Implosion der damaligen Finanzmärkte und die nachfolgende jahrzehntelange Krise herbeiführten, waren es im Falle von Enron, deren Pleite am Anfang der gegenwärtigen Implosion der Märkte stand, der Versuch, den CO2-Zertifikatehandel einzuführen, etwas, was die Europäische Kommission hierzulande noch immer durchsetzen will. Aber Europa hat noch nie etwas gelernt, auch nicht in dieser Hinsicht.

      Ende der Dreißiger gab es eine komfortable Lösung für alle Probleme, und die hieß Krieg. Hitler war gerade im richtigen Moment gekommen, denn jetzt hatte man einen Grund, durch einen Weltenbrand die Wirtschaft wieder anzukurbeln und die Wirtschaft auf eine solide, produktive Grundlage zu stellen - freilich um den Preis von Millionen Menschenleben. Aber wen kümmert das?

      Dabei ist die histrosiche Parallele schon mit einem simplen Chartvergleich kaum zu übersehen: über mehr als ein Jahrzehnt wächst der Finanzsektor ins Unermeßliche, während die materielle Produktion immer weiter zurückgeht, gut zu beobachten an der zunehmenden Arbeitslosigkeit - eine typische Kollapsfunktion, vor einem Menschenleben genau wie heute. Gegen Ende des Wachstums steigt dann die Volatilität des Kursgeschehens, bis es zu einem Absturz kommt, der eine ebenso nachhaltige Krise auslöst. Und die derzeitige Stärke des Euro ist in Wirklichkeit eine Schwäche des Dollar, denn der Euro ist so weich wie eh und je, nur der Dollar ist halt noch weicher - was sich daran verrät, daß der Goldpreis parallel gestiegen ist, denn Gold paßt in jedes Fluchtgepäck. Einen sichereren Krisenindikator kann es kaum noch geben...

      In diesem Licht wundert es nicht mehr, daß immer öfter von Krieg die Rede ist: soll hier eine alte Rechnung aus dem ersten Golfkrieg beglichen werden, oder stecken andere Gründe dahinter? Soll Saddam Hussein dieselbe Rolle wie Hitler spielen? Geht es wirklich noch gegen den Terroristenführer aus den Bergen Afghanistans, oder ist der nur ein Vorwand, ungefähr so glaubwürdig wie die Legende, man könne in einer Stoppelhopserschule in ein paar Wochen lernen, ein großes Passagierflugzeug mit über 400 nautischen Meilen pro Stunde so niedrig fliegen, daß dabei Straßenlaternen niedergemäht werden, und es dann punktgenau in die fünfstöckige Front des Pentagon lenken?

      Ein schlauer Mensch hat einmal gesagt, daß die, die aus der Geschichte nichts lernen, dazu verdammt sind, sie zu wiederholen. G.W. Bush, der ja nicht gerade im Ruf steht, besonders intelligent zu sein, könnte diese Erfahrung jetzt machen. Und mit ihm der Rest der Welt...

      Links zum Thema: Europa macht die gleichen Fehler | Enron in Deep Green (BWL-Bote) | Yahoo Finance (externer Link)


      http://www.bwl-bote.de/20020724.htm
      Avatar
      schrieb am 17.06.03 22:53:00
      Beitrag Nr. 3.135 ()
      Was man so alles kaufen kann... oder sogar muß

      Es ist schon erstaunlich, was man heutzutage so alles kaufen kann in den Weiten des Webs. Grundstücke zum Beispiel. Nein, nicht bei einem der bekannten Auktionshäuser, auch nicht in Frankfurt oder Miami Beach, sondern auf - dem Mond. ja, richtig gelesen, Grundstücke auf dem Mond und anderen Himmelskörpern stehen längst zum Verkauf. Und es scheint ein gutes Geschäft zu sein.

      Ein hervorstehendes Merkmal unserer Zeit ist offensichtlich ihre Ironieresistenz. Man kann den Leuten alles vormachen, und der größte Unfug wird geduldig geschluckt. Sogar der Claim auf Eigentum an der Sonne, der von einem menschlichen Wesens namens Virgiliu Pop allen ernstes angemeldet wurde: In der Tradition der Konquistadores, die das Land, das sie betraten für ihre Krone in Besitz nahmen, wird hier ein Eigentumsanspruch auf die Sonne angemeldet, mit allen Elementarteilchen an der Oberfläche und darunter, offensichtlich um später den Versuch zu unternehmen, Geld für das Sonnenlicht zu kassieren.

      Die Welt ist verrückt, so verrückt, daß jemand ebenfalls ernstgemeint schon "Parkgebühren" von der Nasa kassieren wollte. Parkgebühren für das Raumfahrzeug der NASA, das 2001 auf dem Asteroiden Eros gelandet ist: jemand hate diesen Asteroiden nämlich schon im Wege eine Claims in Besitz genommen. Und dann ist Parken verboten, versteht sich!

      OK, und jetzt wird`s ernst. Während man über die obigen Versuche der Begründung von Eigentum lachen kann, wird derzeit, ebenso ernstgemeint aber weitaus wirksamer durchsetzbar, eine handelbare Form eines Eigentumsrechtes an Luft vorbereitet, das offensichtlich zu einer Abgabe auf das Atmen führen soll. Wer sich jetzt an einen noch schlechteren Scherz erinnert fühlt sollte wissen, daß die Deutsche Augleichsbank (DtA) schon allen Ernstes einen versuchsweisen Handel mit CO2-Emissionszertifikaten ins Leben gerufen hat, der nach eigenen Angaben "erfolgreich" war, und das Hamburger Weltwirtschaftsarchiv (HWWA) hat bereits 175.000 € für die effektivste Verknappungsmaßnahme ausgesetzt, auszahlbar aber nicht in relativ weichen Euro-Geldzeichen, sondern in Zertifikaten auf Luft, also in "Klimascheinen".

      Anscheinend belächelt das niemand mehr, denn ab 2005 plant die EU die zwangsweise Einführung eines solchen Handelssystems auf Unternehmensebene. Doch ist die handelbare Steuer auf Luft nichts anderes als ein Hoheits- und Eigentumsanspruch des Staates auf seine Luft, gleich der Lufthoheit in der Fliegerei, und eine Abgabe soll zahlen, wer atmet (oder furzt), und daher gibt es in Neu Seeland sogar schon eine Flatulent Animal Tax, über die den Landwirten dort das Lachen allerdings im Halse steckengeblieben ist. Da war man in Europa moderner: Unter dem Vorwand von BSE oder Maul- und Klauenseuche, letztere leicht durch entsprechende Antibiotika heilbar, wurden die armen Viecher letztes Jahr einfach umgebracht, und auf riesigen Scheiterhaufen verbrannt, so daß die Erreger sich besser durch die Luft verbreiten. Das Mittelalter hätte seine Freude gehabt an den Öko-Scheiterhaufen der Neuzeit...

      Daß die Welt beschissen werden will, weiß man im Prinzip seit dem mittelalterlichen Handel mit Ablaßbriefen, der nunmehr neu aufgelegt wird. Und ganz wie damals scheint sich auch heute kaum ein Widerspruch zu regen. Das ist auch aus den Erfahrungen der Neuzeit nichts Unbekanntes. In einem Land, in dem ein ehemaliger Steine- und Brandflaschenwerfer Außenminister und ein ehemaliger Terroristenanwalt erster Kämpfer gegen den Terror werden kann wundert es nicht, daß die Lethargie des Volkes die Wahrnehmung solcher Pläne verhindert, bis es zu spät ist: das war mit dem Euro so, das war bei der Schlechtschreibreform nicht anders und das wird auch hier so sein. Wolf Biermann hatte Recht, als er in einem Radioninterview im Deutschlandradio Berlin letzte Woche "Freiheit" als deutsches Fremdwort bezeichnet hat: die Deutschen schimpfen ein bißchen an den Stammtischen, und stellen sich dan am Kassenhäuschen an. So wird es auch hier wieder sein, auch bei der zu erwartenden Verdoppelung der Benzinpreise und den anderen furchtbaren Folgen der drakonischen Maßnahmen, die schon seit der Veröffentlichung des sogenannten Grünbuches der EU bekanntgemacht wurden, aber anscheinend niemanden interessieren. Bis es zu spät ist.

      Winston Churchill soll gesagt haben, daß manche den Unternehmer für einen räudigen Hund halten, den man fortprügeln müsse, andere für einen Dreckspatz, denn man säubern müsse aber keiner für den Esel, der den ganzen Karren zieht. Schon jetzt ist der Arbeitsplatz das bekannteste und weltweit beliebteste deutsche Exportgut, und ich wünsche mir, daß es ab 2005 so richtig schlimm wird mit einer Arbeitslosigkeit, die schon jetzt fast die Außmaße von 1933 erreicht hat, denn nur wenn es wirklich schlimm wird, wachen die Deutschen auf. Erst, wenn es wirklich nicht mehr geht. Aber nach 1848 und 1933 haben die Deutschen erst 1989 die erste friedliche Revolution hingekriegt. Und ich bete, daß der nächste Systemwechsel ebenso friedlich verläuft und nicht endet, wie einst das nicht ganz Tausendjährige Dritte Reich...

      Aktuell zum Thema: Registrierung von Claims auf Himmelskörper | Ernstgemeinter (?) Claim auf Eigentum an der Sonne | Hier können Sie ein Grundstück auf dem Mond (oder anderen Himmelskörpern) kaufen | Der "Hessen-Tender" der Deutschen Ausgleichsbank | Der CO2-Verknappungs-Wettbewerb des HWWA | Flatulent Animal Tax I | Flatulent Animal Tax II | Große Webseite mit vielen naturwissenschaftlichen Grundlagen | Klimaseite von Peter Dietze | Konkrete Meßwerte der NASA belegen, daß es keinen "Treibhauseffekt" gibt | Grünbuches der EU (Alles externe Links)


      © Harry Zingel 2002; Boyneburgufer 10, 99089 Erfurt, Tel. 0172-3642082, 0361-2606029, Fax 0361-2118928
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      Avatar
      schrieb am 17.06.03 22:56:57
      !
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      Avatar
      schrieb am 17.06.03 23:03:55
      Beitrag Nr. 3.137 ()
      Freddie Mac - Sturmgefahr für Märkte und Konjunktur
      Von Ulrike Sosalla, New York


      Die Bilanzprobleme des Hypothekenfinanzierers Freddie Mac ängstigen ganz Amerika. Sie drohen sich zu einem Skandal auszuweiten, der für die Finanzmärkte und die US-Konjunktur schlimmer wäre als die Pleiten von Enron und Worldcom.









      Hilfe für Häuslebauer


      Gregory Parseghian zögerte nicht. Gleich nachdem er am vergangenen Montag zum Vorstandsvorsitzenden von Freddie Mac berufen wurde, stattete er einem Büro in der Nähe des Weißen Hauses seinen Antrittsbesuch ab. Gastgeber war Armando Falcon, Chef der Regulierungsbehörde, die Freddie Mac beaufsichtigt.

      Falcon wird nicht der Einzige bleiben, den Parseghian in diesen Tagen beehrt: Er braucht dringend einflussreiche Freunde. Oder wenigstens ein paar Menschen, die ihm wohlgesonnen sind. Und die sollten möglichst Politiker sein. Denn in Washington schlagen derzeit alle auf Freddie Mac ein, fordern Aufklärung und Reformen. "Mehr Transparenz und Offenheit wären eine gute Sache", kritisiert sogar US-Finanzminister John Snow.


      Der Vorwurf: Freddie Mac hat seine Bilanzen nicht im Griff. Ein solches Unternehmen möchte natürlich kein Politiker unterstützen, gerade nach den Skandalen um Enron und Worldcom. Und Freddie Mac ist mehr als Enron oder Worldcom, das Finanzinstitut ist viel größer und deutlich wichtiger für Amerikas Konjunktur und Märkte.



      Schaden für gesamte Immobilienbranche


      Ein Zusammenbruch würde die Wirtschaft tief erschüttern. "Sollte Freddie Mac von einem Fehler oder einem Schock erschüttert werden, könnte das Ergebnis eine Krise der Finanzmärkte sein, die der Eigenheimbranche und der Wirtschaft beträchtlichen Schaden zufügen würde", warnt William Poole, Präsident der Federal Reserve von St. Louis.


      Gemeinsam mit seiner Schwesterfirma Fannie Mae finanziert Freddie Mac fast die Hälfte aller Eigenheimhypotheken des Landes: Sie kaufen Banken die Hypotheken ab, schnüren sie zu Paketen und reichen sie an Investoren weiter.


      So sichern die beiden dem boomenden Immobilienmarkt die niedrigen Zinsen, die ihn am Laufen halten. In Freddie Macs Büchern steht die enorme Summe von 1300 Mrd. $ an Hypotheken, Anleihen und anderen Wertpapieren.


      Vor einer Woche erschreckte dann eine Nachricht die Öffentlichkeit: Freddie Mac entlässt seinen Präsidenten und nimmt den Rücktritt des Vorstandschefs und des Finanzvorstands an. Damit rückt eine Bilanzkorrektur ins Rampenlicht, die bis dahin kaum jemand beachtet hat.



      Investoren kommen ins Zweifeln


      Im Januar hatte Freddie Mac angekündigt, sein neuer Wirtschaftsprüfer PricewaterhouseCoopers wolle die Verbuchung von Derivaten in den Bilanzen für 2000 bis 2002 ändern. Allerdings: Das würde die Gewinne in diesem Zeitraum nicht senken, sondern steigern. Diese Aussage beruhigte die Investoren - zunächst.


      Nach dem Rauswurf der Führungsspitze ist das Vertrauen der Investoren stark getrübt. "Das zeigt, dass Fannie Mae und Freddie Mac Schwierigkeiten haben, obwohl der Eigenheimmarkt noch boomt", urteilt John Talbott. Der Finanzfachmann sagt in seinem gerade erschienenen Buch "Der kommende Crash im Eigenheimmarkt" einen Zusammenbruch des Marktes vorher. "Dies ist das erste große Ereignis, und eine Menge anderer schlechter Nachrichten wird noch kommen."


      Die breite Öffentlichkeit ist in großer Sorge. Zu sehr fühlen sich die Anleger an die ersten Wochen des Enron-Skandals erinnert: So hat auch Freddie Mac Bilanzprobleme, deren Ausmaß das Unternehmen erst Monate später genau beziffern will; und die Unstimmigkeiten sind unter dem Wirtschaftsprüfer Arthur Andersen entstanden.



      Manager verschwinden ohne Erklärung


      Wie bei Enron treten auch Spitzenmanager ohne genaue Erklärung ab. Und monatelang ermittelt die US-Börsenaufsicht, ohne dass das Unternehmen die Öffentlichkeit informiert. Schließlich belassen die Kreditbewertungsagenturen ihre ausgezeichneten Ratings bei Freddie Mac, so wie sie es zu Beginn des Falles Enron getan haben.


      Ob sich hinter der Krise wirklich ein ausgewachsener Bilanzskandal verbirgt, wagt zur Zeit noch keiner vorherzusagen. Zu unübersichtlich ist die Lage, zu komplex sind die Buchungen, die Freddie Mac ins Visier der Ermittler gebracht haben - es geht um die Verbuchung von Derivaten, mit denen das Finanzinstitut seine milliardenschweren Hypotheken-Portfolios gegen Zinsschwankungen absichert.


      Auch um die Leute nicht weiter zu beunruhigen, zögert die Fachwelt darin, in der Öffentlichkeit Schreckens-Szenarien zu entwerfen. So kann die Fed-Gouverneurin Susan Bies keine negativen Auswirkungen auf den Hypothekenmarkt ausmachen. "Bisher sind wir nicht allzu besorgt."



      Geheimniskrämerei schadet dem Image


      Noch hat der Markt Hoffnung, dass sich alles fügt. Für Freddie hat das Desaster aber schon begonnen: Das Image ist schwer angeschlagen. Besonders die Geheimniskrämerei trägt dazu bei, die Investoren zu verunsichern und zu verschrecken. Das gibt Kritikern Auftrieb, die die Zwitterstellung von Freddie Mac und seiner Schwester Fannie Mae anprangern - allen voran die mächtigen Marktwirtschaftler der amerikanischen Zentralbank Fed.


      Fannie und Freddie, wie die Konzerne in den USA genannt werden, sind halb private, halb staatliche Unternehmen. Sie genießen viele Privilegien und konnten sich immer auf eine gutmütige, staatliche Aufsicht verlassen. Im Aufsichtsrat etwa sitzen Regierungsvertreter.


      Die beiden Konzerne sind von zahlreichen Offenlegungsvorschriften der Börsenaufsicht SEC ausgenommen, an die alle anderen börsennotierten Unternehmen sich halten müssen. Und sie haben beim Finanzministerium eine jederzeit abrufbare Kreditlinie über 2,25 Mrd. $. Außerdem zahlen weder Fannie noch Freddie Steuern an die Bundesstaaten oder Gemeinden. Das alles ist gesetzlich fixiert.



      Ungeschriebene Privilegien


      Nicht festgeschrieben ist hingegen ein Privileg, das für ihr Geschäft so wichtig ist wie kein anderes: Ihre Investoren gehen davon aus, dass beide eine staatliche Kreditgarantie genießen, also notfalls von der Regierung gerettet würden, um einen Bankrott zu verhindern.


      Diese Annahme beschert den Anleihen von Fannie und Freddie ihre Triple-A-Bewertung, also die höchste Stufe, die die Kreditbewertungsagenturen vergeben. Und diese Annahme verhinderte auch, dass in der vergangenen Woche die Freddie Mac-Bonds wie die Aktien abstürzten. Der Aktienkurs sank um mehr als 20 Prozent.


      Freddie Mac selbst bestreitet die Staatsgarantie. "Wir lassen keinen Zweifel daran, dass unsere Wertpapiere nicht von der Regierung garantiert werden", sagte Freddie Macs Ex-Chef Leland Brendsel kurz vor seinem erzwungenen Rücktritt. "Das ist das Gesetz, und das ist sehr klar kommuniziert."


      Der Widerspruch zwischen der Wirklichkeit und der Wahrnehmung der Investoren treibt den Aufpassern der Fed den Angstschweiß auf die Stirn: Haben die Marktteilnehmer ihre Investitionsentscheidungen unter falschen Annahmen getroffen und wird nun ein Risiko offensichtlich, dann könnte eine Panik einsetzen, die Freddie, Fannie und schließlich der ganzen US-Wirtschaft einen kaum kalkulierbaren Schlag versetzt.



      Zwang zu Reformen


      Schnell müssten Reformen her, fordern die Marktbeobachter. Der Zwitterstatus ist ein Erbe der Depression in den 30er Jahren. Nach der Wirtschaftskrise entschloss sich die Regierung, den Eigenheimbesitz zu fördern, und gründete die Federal National Mortgage Association (FNMA), deren Abkürzung die Amerikaner schnell zu "Fannie Mae" verballhornten. 1970 gründete die Regierung dann Freddie Mac, um wenigstens ein wenig Konkurrenz in den Hypothekenmarkt zu bringen. 1989 ging Freddie an die Börse.


      Ob der Skandal sich ausweitet oder nicht, die nächste Reform steht wohl bevor. Der Kongress hat schon eine Anhörung angesetzt. Die Themen: mehr Offenlegungspflichten, Zwang zu mehr Eigenkapital und ein Abbau der Steuerprivilegien.


      Frühere Anläufe zu Reformen haben Fannie und Freddie stets mit Lobbying in Washington bekämpft. Änderungen würden das Geschäft weniger profitabel machen, die Zinsen erhöhen, die sie für ihre Anleihen zahlen, die sie aufnehmen, um den Banken Hypotheken abzukaufen.


      Es sieht also so aus, als könnte Gregory Parseghian neue Freunde in Washington dringend gebrauchen. Er hat mit dem Werben schon angefangenen: "Die Aufklärung der Bilanzfragen ist meine oberste Priorität."



      © 2003 Financial Times Deutschland , © Illustration: Quelle: Freddie Mac


      Avatar
      schrieb am 17.06.03 23:10:10
      Beitrag Nr. 3.138 ()
      Sparkassen in NRW drohen mit Ausscheren aus bundesweitem Haftungsverbund

      Westfälisch-Lippischer Sparkassenpräsident hält DSGV-Modell für inakzeptabel - "Rechtssicherheit fehlt"


      ag Düsseldorf - Gegen das vom Lenkungsausschuss des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) verfasste Eckpunktepapier zur Reform des Haftungsverbundes in der deutschen Sparkassenorganisation formiert sich stärker werdender Widerstand. Große Bedenken gibt es bei den beiden Regionalverbänden in Nordrhein-Westfalen. Sollte der DSGV in der Mitgliederversammlung Ende November die Reform durchboxen wollen, ohne auf die Kritikpunkte aus Nordrhein-Westfalen einzugehen, "werden wir über ein eigenständiges System nachzudenken haben", sagte Rolf Gerlach, der Präsident des Westfälisch-Lippischen Sparkassen- und Giroverbandes (WLSGV), der Börsen-Zeitung. In der DSGV-Mitgliederversammlung im November reicht theoretisch eine Dreiviertelmehrheit zur Fassung der entsprechenden Beschlüsse.
      Die Sparkassenorganisation beschäftigt sich mit der Reform des Haftungsverbundes, weil Mitte 2005 die bisherigen Haftungsgrundlagen Anstaltslast und Gewährträgerhaftung wegfallen. Das Ende Mai formulierte DSGV-Modell für einen Haftungsverbund sieht den Erhalt der Institutssicherung für Sparkassen und Landesbanken mit Haftungs-Überlauf vor. Neu sind unter anderem eine risikoorientierte Beitragsbemessung sowie ein Risikomonitoring für die Landesbanken. Laut Gerlach weist dieses Modell grundsätzliche Mängel auf. Der DSGV gehe bei seinen Überlegungen von der Annahme aus, dass mit dem Wegfall von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung nicht allzu viel passieren werde, betonte er. "Wir sagen, wir haben es mit einem tief greifenden Einschnitt zu tun, und müssen unseren Haftungsverbund schon vom Grunde her neu definieren."

      Gerlach bemängelte, dass dem DSGV-Vorschlag zur Institutssicherung die notwendige Rechtssicherheit fehlt. Dies müsse geklärt werden, auch wenn der DSGV anderer Auffassung sei. "Wir können die mit Abstand größte Bankengruppe in Deutschland nicht losmarschieren lassen in ein neues institutssicherndes System, wenn sich hinterher herausstellt, die gesetzlichen Anforderungen werden nicht erfüllt." Der DSGV müsse sich mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), dem Bundesfinanzministerium und der EU-Kommission abstimmen, und zwar bevor Beschlüsse gefasst würden.

      Gerlach zufolge sind bis Frühjahr 2004 Änderungen beim Mutter-Tochter-Modell der WestLB in dem Sinne zu erwarten, dass die Sparkassen ihre Beteiligung an der Landesbank NRW in eine direkte Beteiligung an der WestLB AG umgewandelt haben werden. Eine mögliche Fusion von DekaBank und Landesbank Rheinland-Pfalz müsse wohl überlegt sein, sagte Gerlach weiter.


      - Inte rview Seite 18


      Börsen-Zeitung, 18.6.2003
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      schrieb am 17.06.03 23:20:27
      Beitrag Nr. 3.139 ()
      Die Baisse dauert an!

      Der Tag der Entscheidung rückt näher. Gestern erreichte der Dow in der Rally B 25,66%. Rally A war 25,65%. Heute lag das Hoch bei 9352,77 und wurde Intraday 2mal getestet. Kurz danach zog sich der Dow wieder in die unteren Gemächer zurück. Das log. Delta ist 0,2320 zwischen dem Tief 7416 und dem Hoch 9352,77. Quadratwurzel aus 0,2320 = 0,4817. e0,4817 = 1,6188. Damit hat Rally B ihr Ende gefunden. Noch eine wichtige Tatsache ergibt sich am 19.6.2003 Donnerstag dieser Woche. Seit dem Hoch 2.12.2002 sind 199 Tage vergangen. 199 = 1,618^11.

      Wie gesagt, die Rally B ist gelaufen! Die Mathematik bestätigt es.

      Die Märkte stehen wieder einmal an einem kritischen Punkt. Die überwiegende Mehrheit der Marktschreiber ist "bullish" und der VIX in der "20er" Region. Hier fanden in der Vergangenheit immer die Wenden statt, wenn der Markt in voller Zufriedenheit den Bullen gallopieren lässt. Der nationale Einkaufsmanagerindex konnte die Marke 50 nicht überschreiten. Es ist höchste Aufmerksamkeit angesagt, denn ein Kollaps kann sehr sehr schnell stattfinden. Die Navigation läuft nach Elliott in eine große Welle 3. Dreier Wellen sind verheerend in einem Bärenmarkt. In einem Bullenmarkt generieren sie gute Gewinne. Dreier Wellen sind meist ausgedehnt. Nicht zu vergessen ist die Zeit um Ende Juli/Anfang August, ein signifikantes 21 Jahres-Tief. Eine neue "Blase" hat sich gebildet. Überkauft und resistent.

      Das Fibodatum hierzu wäre der 3./4. August 2003 (144 Tage seit demTief 12.3.2003) Montag 4. August 2003.


      evottade.de
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      schrieb am 17.06.03 23:21:41
      Beitrag Nr. 3.140 ()

      faznet.de
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      schrieb am 17.06.03 23:24:15
      Beitrag Nr. 3.141 ()
      Finanzpolitik
      Verkehrte Welt beim Subventionsabbau

      Von Manfred Schäfers

      17. Juni 2003 Täglich grüßt der Ruf nach dem Subventionsabbau. Die Debatte ist aufgeflackert, nachdem Bundesfinanzminister Hans Eichel ein Vorziehen der letzten Stufe der Steuerreform an einen erfolgreichen Abbau von Finanzhilfen und Steuervergünstigungen gekoppelt hat. Einen ersten Anlauf wagten die Ministerpräsidenten von Hessen und Nordrhein-Westfalen, Roland Koch und Peer Steinbrück. Sie verabredeten, 10 Prozent der Staatshilfen über drei Jahre verteilt zu kappen. Noch in dieser Woche wollen sie sich deshalb treffen. Doch ihr Ziel reicht Eichel bei weitem nicht, er braucht allein etwa 15 Milliarden Euro, um einen verfassungsgemäßen Haushalt für 2004 aufstellen zu können. Die vorgezogene Steuerentlastung würde ihn zusätzlich rund 9 Milliarden Euro kosten.

      Während sich bei den Sozialdemokraten - befeuert durch das Angebot Eichels - ein Umdenken abzeichnet, baut sich bei der Union Widerstand auf. So warnte Koch davor, im Subventionsabbau das Mittel zur Lösung aller Probleme zu sehen. "Man kann nicht 14 oder 15 Milliarden Subventionen in einem Jahr einsparen, ohne sehr, sehr schwerwiegende Strukturschäden in Deutschland auszulösen." So genießen Familien, die die Eigenheimzulage schon bekommen, Vertrauensschutz. Diese größte Subvention von rund 10 Milliarden Euro (die Bund, Länder und Gemeinden gemeinsam finanzieren) kann nur abgebaut werden, indem weniger Neuzusagen eingegangen werden.

      Jede Partei hat ihre „heiligen Kühe“

      Jede Partei hat ihre "heiligen Kühe", wenn es um den Subventionsabbau geht. Bei den Sozialdemokraten sind es die steuerfreien Zuschläge, die Beschäftigte für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit erhalten. Das ist mit zuletzt rund 2 Milliarden Euro die viertgrößte Steuervergünstigung, die der aktuelle Subventionsbericht auflistet. Äußerungen führender Sozialdemokraten deuten darauf hin, daß dieser Posten nicht mehr sakrosankt ist. Schwer tun sich die Genossen mit dem Abbau der Kohlehilfen. Ihre Kürzung bis 2005 hatten noch Union und FDP gegen massive Proteste von Bergarbeitern, SPD-Politikern und Abgeordneten der Grünen durchgesetzt. Wenn Eichel sich selbst dafür lobt, die Finanzhilfen nunmehr um rund 30 Prozent abgebaut zu haben, ist ein wesentlicher Teil auf die sinkenden Milliarden für den Bergbau zurückzuführen. Diese Hilfe ist absolut und relativ weiter gewaltig. Je Kopf wird ein Kumpel vom Bund mit rund 70 000 Euro im Jahr gefördert, ein Landwirt mit 2000 Euro.

      Die Grünen wollen die umweltschädliche Kohle-Subvention so schnell wie möglich abbauen. Außerdem wollen sie die Eigenheimzulage für Neubauten kürzen, um der Flächenzersiedelung Einhalt zu gebieten. Auch die Mehrwertsteuer-Befreiung für grenzüberschreitende Flüge möchten sie beseitigen, auch wenn dies zu Ausweichmanövern ins Ausland führen sollte. Dafür verteidigen sie die Umsatzsteuerermäßigung für den öffentlichen Nahverkehr, die sie am liebsten auf die Bahn übertragen wollen. Schließlich wollen sie die Entfernungspauschale mindern. Insgesamt halten sie 4 bis 6 Milliarden Euro im nächsten Jahr für einsparbar.

      Nicht ohne die Länder

      Doch in den meisten Fällen geht dies nicht ohne Zustimmung der Oppositionsparteien im Bundesrat. Die Ministerpräsidenten von Bayern, Edmund Stoiber, und Niedersachsen, Christian Wulff, haben schon ihre Bedenken gegen eine Kürzung der Entfernungspauschale öffentlich gemacht. Der bayerische Ministerpräsident, der alles vermeiden will, was ihn einen hohen Wahlsieg im Herbst kosten könnte, legte sich vorzeitig fest: "Wir stimmen keiner Politik zu, die Steuersenkungen verkündet und dann hintenherum wieder neu abkassiert." So stellt er eigentlich alles in Frage: das Kappen der Eigenheimförderung, die Besteuerung der Nacht- und Feiertagszuschläge sowie Belastungen der Pendler. Und Bauernopfer sind mit dem Bayer ohnehin nicht durchzusetzen.

      Das ist noch nicht alles: Was dem einen der Transrapid, sind dem anderen die neuen Länder. Stets gibt es eine Gruppe, die etwas auf Kosten der Gemeinschaft erhalten soll: hier Fühlbarkeit der Gunst, dort verteilte Zahl-Last. Diese Ungleichheit macht den Subventionsabbau so schwer. Weil gezieltes Kürzen kaum durchzusetzen ist, setzen die meisten ihre Hoffnung auf eine gleichmäßige Kürzung aller Subventionen. Die Koch-Steinbrücksche Variante würde den Gebietskörperschaften rund 6 Milliarden Euro ersparen, dem Bund allein kaum mehr als 2 Milliarden Euro. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft zeigt, was denkbar ist: Nach einem vollständigen Subventionsabbau könnte den Berechnungen nach der Eingangssteuersatz nicht nur auf 15 - wie Eichel lockt -, sondern auf 6 Prozent sinken. Und der Spitzensteuersatz könnte auf 16,9 statt 42 Prozent gesenkt werden.

      Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.06.2003, Nr. 138 / Seite 13
      Bildmaterial: F.A.Z.de


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      schrieb am 17.06.03 23:26:45
      Beitrag Nr. 3.142 ()
      Gesundheitspolitik
      Die Union will 20 Milliarden sparen


      16. Juni 2003 Zwei Tag vor der ersten Debatte der von der Bundesregierung geplanten Gesundheitsreform haben sich die Spitzen von CDU und CSU auf die Grundzüge eines eigenen Konzeptes geeinigt. Ziel des Entwurfs sei es, den Wettbewerb in der ärztlichen Versorgung zu verstärken, Einflußmöglichkeiten der Patienten zu verbessern, eine höhere Eigenbeteiligung festzuschreiben und so die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) nachhaltig von Kosten zu entlasten, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der Unions-Fraktion, Annette Widmann-Mauz.

      Im ersten Schritt will die Union - wie die Regierung - damit knapp 20 Milliarden Euro einsparen. So könnten die Beitragssätze von derzeit 14,4 Prozent um zwei Prozentpunkte sinken. Wann das möglich wäre, wollen weder Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) noch die Union sagen.

      ______________________________________________


      „Wir wollen einen Wettbewerb um das beste Versorgungskonzept.“

      Annette Widmann-Mau (CDU)

      ______________________________________________

      Den Plan soll die CDU/CSU-Bundestagsfraktion am heutigen Dienstag beraten. SPD und Grünen-Fraktion stimmten dem Gesundheitssystemmodernisierungsgesetz (GMG) zu und wollen ihn am Mittwoch in der Bundestag einbringen. Die für Sozialpolitik zuständige SPD-Fraktionsvizechefin Gudrun Schaich-Walch lehnte den Zahnersatz-Plan der Union ab. Doch gibt es in den Zielen, wie etwa dem nach mehr Wettbewerb in der Versorgung, durchaus Übereinstimmung zwischen Regierung und Opposition, die im Bundesrat auf eine Einigung angewiesen sind. Um den Wettbewerb unter den Ärzten und Kliniken zu verstärken, setzt die Union auf verschiedene Versorgungsstrukturen, die - bei grundsätzlich gleichen Preisen für die ärztliche Leistung - letztlich in unterschiedlichen Beitragssätzen der Kassen resultieren. "Statt eines Wettbewerbs um Ärzte wollen wir einen Wettbewerb um das beste Versorgungskonzept", sagte Widmann-Mauz.

      So erhielten die Kassenärzte künftig für einen fest definierten Leistungsumfang einen festgelegten Geldbetrag, der nach Überschreiten des Leistungsumfangs sinkt. Daneben sollten die Kassen Versorgungsaufträge mit besonderen Qualitätsanforderungen wie für die Versorgung chronisch Kranker ausschreiben können. Auch könnten sie Einzelverträge etwa zur Förderung der integrierten Versorgung oder für Hausarztmodelle abschließen. Damit wird zwar die freie Arztwahl eingeschränkt, doch könnten die Beiträge der Versicherten sinken. Die müssen sich dagegen nach den Unions-Plänen auf höhere Eigenanteile an den Gesundheitskosten einstellen. Sie sollen zehn Prozent der Kosten tragen, maximal bis zu zwei Prozent des Bruttoeinkommens. Auch will die Union die Versicherten zwischen dem Sachleistungsprinzip (das heute in der GKV die Regel ist) und der Kostenerstattung (wie in der privaten Versicherung) frei wählen lassen.

      Letztlich sollen die Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung nach den Plänen der Union um 19,5 Milliarden Euro sinken. Mit sechs bis sieben Milliarden entfiele auf die Selbstbeteiligung der größte Anteil. Die Ausgliederung der Zahnersatzes - dessen private Absicherung die Union auf 7,50 Euro je Kopf und Monat veranschlagt - würde die GKV um 3,5 Milliarden Euro entlasten. Drei Milliarden Euro sollen bei "Verwaltungskosten" gespart werden, 4,5 Milliarden Euro durch die Steuerfinanzierung versicherungsfremder Leistungen und weitere 1,5 Milliarden Euro durch die Halbierung des Mehrwertsteuersatzes auf Arzneimittel. Offen bleibt dabei die Gegenfinanzierung im Bundeshaushalt. Dagegen will die Union das Krankengeld in der paritätischen Finanzierung belassen.

      Nach dem Willen von Rot-Grün sollen die Arbeitnehmer die 7,2 Milliarden Euro dafür künftig allein in der GKV absichern. Während die Arbeitgeber dann noch 47 Prozent der GKV-Kosten finanzieren müßten, lägen 53 Prozent bei Arbeitnehmern und Rentnern. Auch die Regierung will versicherungsfremde Leistungen durch Steuern - etwa durch die Erhöhung der Tabaksteuer - finanzieren. Sie erhofft sich Milliarden-Einsparungen durch Strukturreformen, die Hebung von Effizienzreserven und eine bessere Steuerung des Systems wie durch ein Deutsches Zentrum für Qualität in der Medizin. Das lehnt die Union ab.

      Text: ami. / Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.06.2003, Nr. 138 / Seite 11
      Bildmaterial: dpa



      faznet.de
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      schrieb am 17.06.03 23:30:04
      Beitrag Nr. 3.143 ()
      Devisen
      Spekulationen auf die Aufwertung des Yuan


      17. Juni 2003 Die chinesische Regierung hat noch keinen Zeitplan für die Abkopplung der chinesischen Währung vom Dollar festgelegt, erklärte eine Vertreterin der staatlichen chinesischen Devisenverwaltung, State Administration of Foreign Exchange.

      Damit reagierte sie auf einen Analystenbericht, demzufolge die Dollar-Bindung im Laufe dieses Jahres aufgehoben werden soll. Die Behördenvertreterin, die ungenannt bleiben wollte, betonte, es gebe noch keinen Fahrplan für die Freigabe des Wechselkurses. Der chinesische Yuan ist seit 1994 im Verhältnis von 8,3 Yuan je Dollar an die amerikanische Währung gekoppelt.

      Spekulanten hatten auf eine Aufwertung gebaut

      Terminkontrakte auf den Yuan mussten die Gewinne wieder abgeben, die sie am frühen Dienstag gemacht hatten, nachdem der amerikanische Finanzminister John Snow am Montag Abend erklärt hatte, dass China "daran interessiert ist, sich in Richtung marktorientierter flexibler Wechselkurse zu bewegen." Gegenüber Journalisten in Moon Township in Pennsylvania hatte Snow die Unterstützung der USA für einen freien Yuan-Wechselkurs bekräftigt. Tony Fratto, ein Sprecher des US-Finanzministeriums, erläuterte, dass Snow weder die Einführung einer neuen Wechselkurspolitik in China prognostiziert noch einen Zeitrahmen dafür abgesteckt habe.

      Der Kurs des Yuan-Terminkontraktes hat sich innerhalb einer Woche auf ein Rekordhoch mehr als verdoppelt, nachdem Goldman Sachs erklärt hatte, China werde den Yuan bis zum Jahresende in einem Band von 2,5 Prozent um die Dollar-Bindung pendeln lassen. "Die Marktteilnehmer haben spekuliert, dass Snow etwas aus China gehört hat und das Land sich bald entscheiden wird", urteilte Tommy Ong, Vizepräsident Finanzen und Märkte bei Dao Heng Bank Group in Hongkong. Chinas Reaktion deutet darauf hin, dass "es nicht so schnell passieren dürfte wie erwartet."

      Starkes Wachstum in China ...

      Nicht lieferbare Yuan-Kontrakte mit einem Jahr Laufzeit zeigen an, dass die chinesische Währung bei freien Wechselkursen zu 8,1129 Yuan je Dollar gehandelt würde, verglichen mit einem Kurs von 8,2770 am Dienstag. Der Abstand zwischen den beiden Kursen hatte sich von 1.425 Punkten am Montag bis auf 1.850 Punkte am Dienstag früh vergrößert und lag gegen 9 Uhr MESZ bei 1.650 Punkten, zeigen Daten von Bloomberg. Die Kontrakte werden als nicht lieferbar bezeichnet, weil sie in Dollar und nicht in Yuan abgerechnet werden.

      China dürfte die Bandbreite des Yuan-Kurses wegen des fallenden Dollars vergrößern, schrieb Fred Hu, geschäftsführender Direktor in Hongkong bei Goldman, in einem Bericht in der vergangenen Woche. "China ist in einer sehr starken Position, die Wirtschaft floriert und das Vertrauen im Lande und im Ausland ist ziemlich hoch", erläuterte er in einem Telefoninterview mit Bloomberg News am Freitag. Der Dollar hat in den vergangenen zwölf Monaten ein Fünftel gegenüber dem Euro verloren, dementsprechend ist der Yuan gegenüber der europäischen Einheitswährung gefallen.

      auf Grund einer künstlich geschwächten Währung?

      In den USA hat die Coalition for a Sound Dollar, ein Zusammenschluß von 60 Handels- und Wirtschaftsverbänden, erklärt, daß Chinas Anhäufung von Devisenreserven in Höhe von 316 Milliarden Dollar beweise, dass das Land Dollar kaufe, um den Yuan zu schwächen. Damit könne China seine Produkte billiger anbieten als andere Länder. Vier Monate zuvor hatte Masajuro Shiokawa, der japanische Finanzminister, auf einem G7-Gipfel gefordert, daß China die Dollar-Bindung aufgibt.

      Snows Kommentare "sorgen für weiteren Druck auf China", berichtete Michael Kurtz, Volkswirt bei Bear Stearns Asia in Hongkong. "Wir waren aber nie der Auffassung, dass Druck von den USA oder Japan die chinesische Wechselkurspolitik merkbar beeinflusst. Indes hat das mit Sicherheit Auswirkungen darauf, wie der Markt die Wahrscheinlichkeit einer Veränderung wahrnimmt." Kurtz geht davon aus, dass China innerhalb der nächsten ein, zwei Jahre keine starke Aufwertung des Yuan zulässt, obwohl das Land schlussendlich die Bindung aufgeben dürfte.

      Der angehängte Grafik zeigt die Kursentwicklung des chinesischen Yuan gegen den Euro. Sie kommt auf Grund der Dollarbindung zustande. Die Entwicklung zeigt, wie stark der europäische Wirtschaftsraum an Wettbewerbsfähigkeit gegen China verloren hat.

      Text: Bloomberg
      Bildmaterial: Bloomberg


      faznet.de
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      schrieb am 17.06.03 23:58:20
      Beitrag Nr. 3.144 ()
      Ökonomen gegen weniger Feiertage
      Vorschlag von Wirtschaftsminister Clement in der Kritik - DIW: "Milchmädchenrechnung"

      von Anja Struve

      Frankfurt/Main - Der Vorschlag von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD), weniger Feiertage in Deutschland zuzulassen, ist bei Politikern und Ökonomen auf ein geteiltes Echo gestoßen. Hartmut Schauerte, mittelstandspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, sagte der WELT: "Im Vergleich zu unseren Wettbewerbern weltweit sind die Arbeitszeit pro Tag und pro Jahr und die Lebensarbeitszeit bei uns am geringsten." Damit sei der Wohlstand in Deutschland auf Dauer nicht finanzierbar.


      Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) hatte zuvor angeregt, die Arbeitszeit der Deutschen zu verlängern: "Wir sind, was Urlaubszeit, Feiertage und Arbeitszeit angeht, zweifelsohne an der Grenze angelangt", sagte er dem Magazin "Stern". "Wer unseren Feiertagskalender mit dem anderer Staaten vergleicht, der kann auch ins Grübeln kommen." Clement verwies darauf, dass im nächsten Jahr das Wirtschaftswachstum bis zu ,5 Prozent höher ausfallen werde, weil eine Reihe von Feiertagen auf Wochenenden falle.


      Nach Ansicht von Ökonomen sind weniger Feiertage hingegen der falsche Weg, um das Wirtschaftswachstum in Deutschland wieder anzukurbeln. "Die Diskussion über einen Feiertag mehr oder weniger lenkt von den eigentlichen Problemen ab, die die Wirtschaftspolitik dringend lösen muss", sagte Jörg Krämer, Chefvolkswirt von Invesco, der WELT. "Es ist zwar richtig, dass die Lebensarbeitszeit steigen muss. Das geht aber nur, wenn die Politik endlich dafür sorgt, dass auch genug Arbeit vorhanden ist."


      Zudem hätten weniger Feiertage nach Einschätzung des Wirtschaftsexperten Gustav Horn kaum Auswirkungen auf das Wachstum in Deutschland. "Wenn überhaupt, hätte das nur einen sehr geringen Effekt", sagte der Leiter der Konjunkturabteilung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) am Dienstag in Berlin. Clements Ansicht, das Wachstum könne dadurch höher ausfallen, beruhe auf einer "Milchmädchenrechnung."Zu Boomzeiten würden zusätzliche Arbeitstage zwar Sinn machen. Schwache Nachfrage lasse sich aber nicht durch mehr Arbeitszeit wettmachen. "Wenn Sie eine totale Flaute haben, nützt auch ein zusätzliches Segel nichts."


      Bei den von Clement angegebenen Werten handele es sich um eine "rechnerische Konvention", die vom Statistischen Bundesamt unabhängig von der wirtschaftlichen Situation pro zusätzlichem Arbeitstag zu Grunde gelegt werde. Horn: "Das pauschal als starre Regel anzuwenden, halte ich für falsch. Man kann es schon gar nicht benutzen, um sich aus der Krise zu rechnen."


      Auch Ralph Solveen, Leiter Volkswirtschaft bei der Commerzbank, äußerte sich eher kritisch: "Einen Feiertag abzuschaffen, wirkt sich wie eine Arbeitszeitverlängerung ohne Lohnausgleich aus." Zwar würde dies prinzipiell den Unternehmen zu Gute kommen und die Lohnkosten reduzieren. "Aber die Agenda 2010 hat genug andere auf die Tagesordnung gebracht, die im Vergleich dazu viel dringender gelöst werden sollten." Vor acht Jahren war in Deutschland mit dem Buß- und Bettag schon einmal ein Feiertag abgeschafft worden, um die Pflegeversicherung finanzieren zu können.


      Unterdessen regte das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) eine Arbeitszeitverlängerung um eine Stunde pro Woche ohne Lohnausgleich ab Juli an. Auf diese Weise könnte das Wachstum im laufenden Jahr mit 1,6 Prozent fast drei Mal so hoch ausfallen wie derzeit prognostiziert. Da zu unveränderten Arbeitskosten mehr produziert würde, stiege die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft erheblich. Die Forscher erwarten, dass dieser Effekt dem Arbeitsmarkt schon im nächsten Jahr 60.000 neue Jobs bescheren und die Haushalte der Sozialversicherungen um knapp eine Milliarde Euro entlasten könnte.


      Artikel erschienen am 18. Jun 2003
      welt.de
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      Wachstum, Wachstum über alles°?
      Welchen Preis muss so ein Wachstum haben?
      Wettbewerbfähigkeit soll gesteigert werden, wo schon jetzt Deutschland sich als Exportweltmeister profiliert.
      Wie kann D so viel exportieren , wo doch die Arbeitskosten so hoch sein sollen?
      Ist es die Aufgabe Deutschlands, die Welt mit die am günstigsten Produkten zu beliefern?
      Welchen Zweck hat es ?, wen es den Bürgern im Inland immer schlechter geht, damit andere Länder mehr Produkte beziehen können.?
      Wieso sollen die eigenen Bürger den Gurt enger schnallen?
      damit die Unternehmen für die Auslandsmärkte noch günstiger und noch mehr produzieren können?
      Welchen Vorteil genießen die Bürger im Inland dafür?
      Das sie noch günstiger arbeiten und noch mehr Sreuern zahlen sollen.? Die Lebensbedingungen sollen auf das Niveau der wirtschaftlich schwächeren Staaten angeglichen werden.
      Ist das das angestrebte Ziel?
      Fragen über Fragen!:( :confused: :confused: :confused: :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 18.06.03 00:01:01
      Beitrag Nr. 3.145 ()
      Unternehmen im Stimmungstief
      DIHK: Kein Aufschwungsignal - Hamburger Wirtschaftsforscher erwarten Nullwachstum


      Berlin - Die Erwartungen der deutschen Wirtschaft sind so schlecht wie seit dem Rezessionsjahr 1993 nicht mehr. Dies ergab die Frühsommerumfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) bei 21 000 Unternehmen. Der DIHK rechnet - ebenso wie das HWWA-Institut - im laufenden Jahr mit einem Nullwachstum.


      Lediglich 17 Prozent der befragten Unternehmen erwarten laut DIHK bessere Geschäfte als im Vorjahr, während 42 Prozent "skeptisch" sind. "Die deutsche Wirtschaft befindet sich weiterhin in einer hartnäckigen Stockungsphase, die Konjunktur quält sich im Seitwärtsgang", sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben. Es gebe keine Signale, "dass es dieses Jahr wirklich bergauf geht".


      Vielmehr herrsche "Verwirrung" bei den Unternehmen. Wansleben forderte von der Politik klare finanz- und sozialpolitische Entscheidungen. "Die Agenda 2010 ist für die Unternehmen offensichtlich nicht das Aufbruchsignal, das für eine Wende bei Konjunktur und Beschäftigung erforderlich wäre", sagte Wansleben.


      Als einen wichtigen Grund für den zunehmenden Konjunkturpessimismus nannte Wansleben die verschlechterten Exporterwartungen infolge der schwachen Weltkonjunktur und des starken Euro. "Dass die Exporterwartungen so runtersausen, stimmt uns sorgenvoll", sagte Wansleben. Deshalb könne es auch in Deutschland in den kommenden zu leicht rezessiven Tenedenzen kommen. Der DIHK-Umfrage zufolge haben nur 27 Prozent der Unternehmen verbesserte Exporterwartungen. 20 Prozent erwarten dagegen verschlechterte Exportgeschäfte. Bei der Konjunkturumfrage im Februar hatten noch 38 Prozent mehr Exporte und nur elf Prozent weniger erwartet.


      Das Hamburgische Welt Wirtschafts-Archiv (HWWA) prognostiziert für das laufende Jahr ein Nullwachstum und für 2004 ein Wachstum von 1,5 Prozent. Das Institut erklärte seine Korrektur von ,7 Prozent auf Null für das Jahr 2003 vor allem mit der kräftigen Aufwertung des Euro. Dies belaste den Export.


      Das HWWA sieht für Deutschland und für den Euroraum keine unmittelbare Deflationsgefahr. Allerdings warnten die Experten vor wachsenden Deflationsrisiken, falls die Stagnation sich fortsetze. Nach einer Umfrage des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) unter Finanzanalysten steigen die Konjunkturerwartungen in Deutschland zum sechsten Mal in Folge an. Hauptgrund für diese Entwicklung ist die Zinssenkung, von der sich die Marktteilnehmer positive Impulse für die Konjunktur versprechen. Auch die gestiegenen Aktienkurse hätten zu der besseren Stimmung beigetragen. "Nun kommt alles darauf an, dass die Wirtschafts- und Lohnpolitik die Bedingungen für einen Aufschwung schaffen", sagte ZEW-Präsident Wolfgang Franz.


      Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) hat unterdessen angedeutet, dass die Wirtschaftsprognose der Bundesregierung von ,75 Prozent für 2003 in Kürze revidiert werden könnte. cbs




      Artikel erschienen am 18. Jun 2003
      welt.de
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      Da können sie noch viel erwarten, wenn die sich nur auf die Auslandsmärkte verlassen.
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      schrieb am 18.06.03 00:03:59
      Beitrag Nr. 3.146 ()
      Die unerträgliche Leichtigkeit des Kaufs auf Pump

      Immer mehr junge Verbraucher können ihre Rechnungen nicht begleichen / Studie der Schufa






      Zur Sache
      Mit Score (englisch: "Punktestand") bezeichnet die Schufa eine Kennziffer zwischen eins und 1000 Zählern, mit der sie die Wahrscheinlichkeit zu beschreiben versucht, dass ein bestimmter Privatkunde einen Kredit pünktlich zurückzahlen wird. In diese Messgröße gehen eine ganze Reihe einzelner Faktoren ein, etwa die Zahl der Girokonten oder der in den vergangenen Jahren beanspruchten Darlehen. In mathematisch-statistischen Verfahren gewinnt die Schufa aus der Masse der Daten typische Kreditverläufe. In anderen Worten: "Normalerweise" zeichnet sich bereits anhand der Nutzung bestimmter Bankdienste (etwa Überziehungskredite) ab, dass ein Bundesbürger finanziell klamm wird.

      Welche Faktoren im Detail berücksichtigt und wie sie gewichtet werden, gibt die Schufa nur amtlichen Datenschützern preis. Einen Vorwurf von Kritikern des Scoring allerdings weist sie zurück. Es sei falsch, dass, wer im Villenviertel zu Hause ist, vorneweg Punkte gutgeschrieben bekomme und wer in sozialen Brennpunkten wohnt, einen Abschlag erhalte. Solche regionalen Daten blieben bei der Bewertung völlig außen vor. fed



      fed FRANKFURT A. M. In der nüchternen Sprache des Kreditsachbearbeiters klingt die Feststellung eher harmlos: Die Zahl der "Vertragsstörungen" mit Kunden im Alter von 20 bis 24 Jahren steigt spürbar. Auf gut deutsch ist die Botschaft indes alarmierend: Immer mehr junge Bundesbürger geraten in die Schuldenfalle.

      In den vergangenen vier Jahren hat sich in der genannten Altersgruppe die Zahl derjenigen, die ihre Handy- oder Internet-Rechnung auch nach mehreren Mahnungen nicht mehr bezahlen können, auf 282 000 fast verdreifacht. Rechnet man dazu die 95 000 jungen Darlehensnehmer, die ihre Kredite bei Banken und Sparkassen nicht fristgerecht begleichen, hat jeder Zehnte unter Deutschlands jungen Erwachsenen ein ernsthaftes Problem.

      Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Schufa, der größten Kreditauskunftei hier zu Lande. Daran, dass die Wiesbadener über ausreichend Zahlenmaterial verfügen, um Trends bei der Kreditaufnahme und -tilgung der Bundesbürger zu ermitteln, besteht kein Zweifel. Denn das Unternehmen hat mehr als 300 Millionen Informationen über knapp 59 Millionen Deutsche im Datenspeicher.

      Wer immer zwischen Flensburg und Garmisch ein Girokonto unterhält, eine Kreditkarte nutzt, eine Stereoanlage auf Raten kauft oder mit seinem Handy Vertragskunde bei einer Telefongesellschaft ist, landet quasi automatisch bei der Schufa. Die wiederum meldet dann Banken, Einzelhändlern oder mittlerweile auch Vermietern, ob ein potenzieller Kunde in der Vergangenheit seine Zahlungspflichten erfüllt hat oder regelmäßig patzt, wenn es um die Tilgung von Darlehen geht.

      Schufa-Chef Rainer Neumann hebt hervor, dass die weit überwiegende Zahl der registrierten Bundesbürger kein "Negativmerkmal" ausweise. In anderen Worten: Bei 93 von 100 potenziellen Kunden erhalten Finanzkonzerne oder Einzelhändler die Antwort, dass es keinen Anlass gebe, an der Zahlungsbereitschaft zu zweifeln. Damit habe der Verkäufer die nötige Sicherheit, um dem Gegenüber zu vertrauen, ihm also einen Kredit einzuräumen oder ein Mobiltelefon auszuhändigen. "Wir beschleunigen Kredite", lautet daher die Formel, mit der Neumann versucht, dem landläufig negativen Image der Schufa als "Blockierer" entgegenzuwirken.

      Für die beunruhigenden Zahlen über die Zahlungsschwierigkeiten der 20- bis 24-Jährigen macht Neumann sowohl deren "Unerfahrenheit", aber auch "Sorglosigkeit" verantwortlich - besonders, was die Gebühren fürs mobile Telefonieren betrifft. Zugleich seien die Zahlen aber auch deshalb in die Höhe geschnellt, weil "die Netzbetreiber nach den Boomjahren scheinbar dazu übergehen, offene Rechnungen bei säumigen Zahlern stärker einzufordern".

      Die Schufa selbst bekommt zwar auch zu spüren, dass die Verbraucher in Zeiten schwächelnder Konjunktur Einkäufe erst einmal auf die lange Bank schieben. Denn weniger Konsum bedeutet aus Sicht der Auskunftei auch weniger Anfragen. Den Umsatz hat das Unternehmen dennoch erneut zweistellig gesteigert, weil es unter anderem vom Verkauf selbstentwickelter EDV-Anwendungen für das Kreditmanagement profitierte.

      Die Erlöse kletterten 2002 um zwölf Prozent auf 57 Millionen Euro. Als Überschuss blieb in der Kasse der Firma, die privaten, öffentlich-rechtlichen und genossenschaftlichen Banken sowie Spezialkreditinstituten und Handelsunternehmen gehört, 1,4 Millionen hängen, etwas mehr als zwölf Monate zuvor.

      Auch in diesem Jahr strebt die Schufa ein deutliches Umsatzplus an. Sie setzt dabei vor allem auf Einnahmen aus Dienstleistungen jenseits des traditionellen Kerngeschäfts, zum Beispiel so genannte "integrierte Komplettlösungen" wie dem von Datenschützern kritisch beäugten Scoring (siehe Kasten).

      Außerdem rechnet die Führungsriege damit, dass die Banken im Zuge der neuen internationalen Eigenkapitalregeln ("Basel II") nicht nur im Firmenkundengeschäft, sondern auch bei der Darlehensvergabe an Kleinunternehmen und Privatpersonen verstärkt auf Daten der Schufa zurückgreifen. Diese werden dann in den Instituten mit eigenen Kenntnissen über den Kreditantragsteller kombiniert, um die Wahrscheinlichkeit eines künftigen Zahlungsausfalls wirkungsvoller einschätzen zu können.


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      Copyright © Frankfurter Rundschau 2003
      Dokument erstellt am 17.06.2003 um 18:16:31 Uhr
      Erscheinungsdatum 18.06.2003
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      schrieb am 18.06.03 00:05:20
      Beitrag Nr. 3.147 ()
      Versicherer wollen Notlösung vermeiden

      Konkurrenz schlägt Aufsicht gemeinsames Finanzierungskonzept für Mannheimer vor




      fed FRANKFURT A. M. Die deutschen Assekuranzen wollen vermeiden, dass die in eine finanzielle Schieflage geratene Mannheimer Versicherung der erste Fall für die branchenweite Auffanggesellschaft Protektor wird. Bei einem Treffen von Unternehmen der Branche sei eine Finanzierungslösung vereinbart worden, verlautet aus verschiedenen inoffiziellen Quellen. Weder der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft noch die Mannheimer selbst wollten gestern dazu Stellung nehmen.

      Wie verlautet, möchten die Anbieter unbedingt vermeiden, dass das Image des Produkts Lebensversicherung Schaden leidet. Genau dies wäre allerdings zu befürchten, wenn von der Notlösung Protektor Gebrauch gemacht werden müsste. Unter diesem Titel haben sich die deutschen Assekuranzen verpflichtet, den Kunden eines Wettbewerbers die gesetzliche Mindestverzinsung und den Erhalt seiner Einzahlungen zu garantieren, wenn ein schwer angeschlagener Anbieter dies nicht mehr aus eigener Kraft schafft.

      Soweit soll es - im Falle Mannheimer - nun aber gerade nicht kommen. Im Gespräch ist deshalb eine Kombination aus einer Kapitalerhöhung, bei der die Aktionäre der Mannheimer (darunter die Münchener Rück) zur Kasse gebeten werden, und der Ausgabe von Genussscheinen. Genussscheine sind quasi ein Aktienersatz, mit denen der Eigentümer Ansprüche auf spätere Gewinnbeteiligungen oder einen Liquidationserlös erwirbt. Allerdings wird der Inhaber eines solchen Wertpapiers - anders als ein Aktionär - nicht zum Anteilseigner, er bleibt somit "außerhalb" des Unternehmens.

      Vorgesehen ist nach Angaben aus Kreisen, die mit dem Inhalt der Verhandlungen vertraut sind, dass nicht nur die großen Lebensversicherer Genussscheine der Mannheimer kaufen, sondern möglichst viele Unternehmen der Branche. Unterm Strich dürfte dies für die Wettbewerber "billiger" sein als eine Auffanglösung via Protektor, heißt es. Das Finanzierungskonzept, das auch noch bestimmte Verrechnungen mit Rückversicherungen vorsehe, werde nun von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht geprüft.

      Die Mannheimer Versicherung kämpft mit finanziellen Problemen, weil das Unternehmen besonders stark von der Börsenflaute erwischt wurde. Weil die Titel am Markt niedriger notieren als sie in den Büchern ausgewiesen sind, ist ein hoher Abschreibungsbedarf aufgelaufen. Der vor wenigen Tagen zurückgetretene Vorstandschef Hans Schreiber hatte signalisiert, dass das Unternehmen rund 300 Millionen Euro benötigt, um die finanzielle Basis zu stärken.



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      Dokument erstellt am 17.06.2003 um 18:16:52 Uhr
      Erscheinungsdatum 18.06.2003
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      schrieb am 18.06.03 00:07:50
      Beitrag Nr. 3.148 ()
      Die neue Mobilfunkgeneration


      UMTS-Träume zerplatzen wie Seifenblasen



      Die Träume internationaler Telekommunikationskonzerne von satten Gewinnen durch die Einführung der neuen Mobilfunkgeneration UMTS in Deutschland drohen wie Seifenblasen zu zerplatzen.





      Reuters FRANKFURT. Die astronomisch hohen Preise, die die Konzerne seinerzeit bei der Versteigerung der Lizenzen bezahlt haben, führen nach Einschätzung von Analysten ebenso wie die massiven Verzögerungen beim Start der neuen Technologie dazu, dass aus den Investitionen in dieses Milliardengrab kaum mehr akzeptable Gewinne resultieren werden.

      Nach den Worten von Frank Rothauge, Analyst beim Bankhaus Sal Oppenheim, läuft die Finanzierung der Lizenzen auf eine Quersubventionierung hinaus: „UMTS wird durch Erlöse aus dem jetzigen Mobilfunk finanziert.“ Im übrigen müsse man sich von der Vorstellung frei machen, dass UMTS auf einen Schlag ein neues Zeitalter einläuten werde. Und auch Analyst Ralf Hallmann von der Bankgesellschaft Berlin sagt: „Bei UMTS haben alle eine Revolution erwartet. Es ist aber eine Evolution.“

      Nokia erwartet erst 2004 hohe Absatzzahlen

      Der Start von UMTS verzögert sich auch wegen technischen Problemen bei den Netzen und den neuen Telefonen. So musste der weltgrößte Handy-Hersteller Nokia am Montag einräumen, er erwarte erst in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres hohe Absatzraten für die neuen UMTS-Mobiltelefone, mit denen unter anderem das schnellere Herunterladen von Musik oder Videos möglich ist. „Die nächsten zwölf Monate sind eine Übergangsphase“, sagte der für die Handy-Sparte zuständige Nokia-Manager Matti Alahuhta.

      Mit Mobilcom und der Telefonica-Tochter Quam haben sich bereits zwei der Unternehmem, die im Jahr 2000 den Zuschlag für eine der sechs Lizenzen erhalten haben, aus dem UMTS-Markt verabschiedet. Mobilcom entging 2002 nur knapp der Insolvenz. Andere, wie E-Plus und O2, haben Milliardenbeträge abgeschrieben und damit ebenfalls eingestanden, wie dramatisch sie das Potenzial der neuen Technologie überschätzt haben. Allein die britische Mutter von O2 hat für das vergangene Jahr für die deutsche Lizenz 5,5 Mrd. € abgeschrieben.

      Umgerechnet mehr als 50 Mrd. € hatten die Telekommunikationsfirmen 2000 insgesamt für die sechs deutschen UMTS-Lizenzen bezahlt. „Es gibt die Erkenntnis, dass man vor drei Jahren für die Mobilfunklizenzen der dritten Generation zu viel bezahlt hat“, sagte kürzlich mmO2-Chef Peter Erskine.

      Testbetrieb bei T-Mobile verzögert

      Die Anbieter haben zu viel für Netze, die überdies mit Verspätung in Betrieb gehen, ausgegeben. Hatten die meisten Anbieter angekündigt, spätestens 2003 mit UMTS zu starten, verschiebt sich der Termin nun: Die Vodafone-Tochter D2 will sich nicht mehr auf einen Starttermin für UMTS festlegen. O2 rechnet frühestens ab Mitte 2004 mit einem großflächigen Start in Deutschland und bei T-Mobile verzögert sich sogar der Testbetrieb. „Angesichts der Verspätung ist es noch unwahrscheinlicher, dass die Unternehmen ihre Investitionen jemals wieder reinholen können“, sagt Bernd Janke, Telekommunikationsexperte bei der Unternehmensberatung Mummert Consulting.

      "Pro Lizenz 60 Prozent zuviel gezahlt"

      „Die Verschiebung treibt die Zinskosten auf die Investitionen in die Höhe und sorgt für spätere Einnahmen“, erläutert Torsten Gerpott, Professor an der Universität Duisburg. „Im vergangenen Jahr ging ich in einer Studie noch davon aus, dass die Lizenznehmer in Deutschland den Wert der Lizenzen um 25 bis 30 % zu hoch angesetzt haben. Jetzt stelle ich fest, dass 60 bis 70 % zuviel gezahlt wurden.“ Gerpott fordert deshalb, dass neben E-Plus und O2 auch die Deutsche Telekom sowie Vodafone außerplanmäßige Abschreibungen auf die deutschen Lizenzen vornehmen.

      Trotz der vielen Probleme um UMTS geht Rothauge nicht davon aus, dass noch einer der großen Anbieter aus dem UMTS-Geschäft ausscheidet. Ein Unternehmen wie die Deutsche Telekom könne die Kosten verkraften. „Die UMTS-Lizenz hat die Deutsche Telekom rund das 2,5fache des operativen Ergebnisses im deutschen Mobilfunk im vergangenen Jahr gekostet“, sagt der Analyst. „Das Unternehmen hat also bereits in zweieinhalb Jahren mit dem bestehenden Mobilfunkangebot die ursprünglichen Kosten der UMTS-Lizenz wieder verdient, ohne mit der Verwertung begonnen zu haben."


      HANDELSBLATT, Dienstag, 17. Juni 2003, 16:22 Uhr
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      schrieb am 18.06.03 00:17:51
      Beitrag Nr. 3.149 ()
      Non event

      von Jochen Steffens

      Da lese ich heute morgen die Texte der amerikanischen Korrespondenten und viele der Gedanken, die ich mir Nachts, wach liegend, im Bett gemacht habe, die ich eigentlich heute geschickt anbringen wollte, sind da schon ausführlich behandelt. Eigentlich könnte ich heute frei nehmen, Eric Fry und Bill Bonner haben mir meine Themen gestohlen.

      Natürlich nehme ich mir nicht frei, doch Eric Fry hat völlig recht. Ich erinnere mich an einen Newsletter vor einigen Wochen, in dem ich mir die Frage gestellt habe, ob vielleicht diesmal die Kleinanleger die Institutionellen schlichtweg überrennen. Zumindest einige Fondsmanager scheinen nun langsam weichgekocht. Gut so. Performancedruck. Eine gefährliche Zange, in die man sich schmerzhaft einklemmen kann. Bald endet das Halbjahr, da muss Performance her. Ich habe für einige Börseninternetportale gearbeitet und ich weiß, wie sehr die Performance den Verstand einnebeln kann. Performance ist alles. Performancedruck hat auch dazu geführt, dass viele Analysten unseriös wurden. Ich erinnere mich da an einige "Neuer Markt Gurus", die um in ihren Fonds Performance zu machen, unnachgiebig in allen Medien die Aktien gepuscht haben, die ihre Fonds zuvor gekauft hatten. Natürlich nenne ich keine Namen. Performance ist alles.

      Okay, bald ist das Halbjahr vorbei. Nächste Woche ist die Zinsentscheidung durch. Wobei ich vermute, dass die FED wieder mal keine Chance hat. Senkt sie ihre Zinsen, wird es kurz nach oben gehen, dann fallen die Kurse wieder. Denn diese Zinssenkung ist schon eingepreist. Senkt sie ihre Zinsen nicht, dann fallen die Kursen, weil die Anleger enttäuscht sind. Senkt sie ihre Zinsen zu stark, dann gibt`s einen richtigen Hype, der auch schnell wieder in sich zusammenbricht. Schließlich wäre das eine Bestätigung dafür, dass es doch wesentlich schlechter aussieht als zugegeben. Mit anderen Worten, die FED wird die Zinsen um einen Zinsschritt senken. Die Börsen werden kurz jubeln und dann zum Tagesgeschäft übergehen.

      Bis Freitag werden sich die Börsen sowieso verrückt verhalten. Ich bin nur sehr gespannt auf die aktuellen Wirtschaftsdaten. Es ist 14 Uhr, der Dax mit einem Prozent moderat im Plus, aber eingeschlafen. D.h. es gibt keine Verkäufe vor den Zahlen. Die Angst ist nicht sehr groß. Aber immer noch groß genug, dass es auch zu keinen weiteren Käufen kommt. Die Marktteilnehmer warten schlichtweg ab. Immerhin ein deutliches Zeichen dafür, dass es wirklich wichtige Zahlen sind. Wenn diese Zahlen nicht allzu schlecht sind, wird diese Rallye auch noch bis Ende Juni weiter gehen. Danach kann es dann fallen.

      Gold steigt wieder, der Euro zeigt sich stark, die Anleihen zeigen sich stark. Es scheint so zu sein, dass viele Marktteilnehmer wissen, diese Rallye ist keine Bullenmarktrallye. Anders sind diese Divergenzen nicht zu erklären. Mein Shortposition von Freitag wurde gestern ausgestoppt, der Versuch war es wert. Meine Euro-Long Position bleibt drin. Gold ist mit 351 Dollar knapp am Stopp vorbei gerauscht und steht nun wier bei 360 Dollar. Hier überlege ich bald die Positionen auszubauen.

      Um 14.30 Uhr kamen die ersten Zahlen

      Der Verbraucherpreisindex für Mai 2003 blieben unverändert und damit in den Erwartungen von 0,0 bis Minus 0,1 %. Allerdings ist die Kernrate um 0,3 % gestiegen. Erwartet wurde lediglich ein Anstieg um 0,1 %. Deflationsgefahr gebannt ? Mit der Folge, dass die Fed die Zinsen doch nicht senkt? Ich denke für solche Spekulationen ist es zu früh.

      Die Zahl der Wohnbaubeginne liegt bei 1,732 Mio. Erwartet wurden 1,700 bis 1,760 Mio Baubeginne nach zuvor 1,632 Mio. (revidiert von 1,630 Mio.) Die Zahl der Baugenehmigungen liegt bei 1,788 Mio. Erwartet wurden 1,723 bis 1,750 Mio. Genehmigungen nach zuvor 1,708 Mio. (revidiert von 1,724 Mio.). Wie gesagt, vom Immobilenmarkt waren keine Überraschungen zu erwarten.

      Zunächst sackte der Euro weg, dann stieg der Dax wieder leicht an.

      Um 15,15 Uhr folgten die nächsten Zahlen

      Die Industrieproduktion ist um 0,1 % gestiegen. Erwartet wurde eine unveränderte Industrieproduktion nach zuvor –0,6 % (revidiert von –0,5 %). Die Kapazitätsauslastung liegt bei 74,4 %. Erwartet wurde eine Auslastung von 74,3 bis 74,4 % nach zuvor 74,3 % (revidiert von 74,4 %). Die Zahlen liegen in den Erwartungen, beziehungsweise leicht am oberen Ende der Erwartungen. Wirklich positiv sind diese Zahlen aber auch nicht zu bewerten. Anzeichen für eine Konjunkturerholung kann ich daraus nicht lesen.

      Die amerikanischen Indizes zeigen sich unentschlossen. Kein Wunder. Es ist de facto ein Non Event mit leicht negativem Unterton. Nun muss der Donnerstag herhalten
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      Erholung oder doch nicht

      von Jochen Steffens

      Verschiedene Signale zur Konjunkturerholung in Deutschland.

      Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) sieht eine Erholung. Der vom ZEW ermittelte Index bei dem 300 Analysten und institutionelle Anleger befragt werden, stieg von 18,7 Punkten auf nunmehr 21,3 im Mai. Das sei der sechste Anstieg in Folge. Analysten hatten lediglich mit 19,2 % gerechnet. Hier hatte sich aber deutlich die Zinssenkung ausgewirkt. Die Konjunkturerwartung der vor der Zinsentscheidung befragten Analysten hätte bei 5,2 Punkte gelegen, der Wert der danach befragten bei einem Wert von 31,7 Punkten. Ein Wunder was eine Zinsentscheidung nicht alles bewirken kann.

      Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag DIHK sieht dagegen weniger optimistisch in die Zukunft. So ist die Stimmung in der deutschen Wirtschaft weiter schlecht. Die befragten 21.000 Unternehmer sehen immer noch keine Konjunkturbelebung. Die Unsicherheit bei Unternehmen und Konsumenten sitze weiterhin tief, so der DIHK. Die Geschäftserwartungen seien so schlecht wie seit zehn Jahren nicht mehr, teilte der DIHK mit. Zudem wachse die Sorge, dass der Export nachhaltiger durch den starken Euro beeinträchtig wird. Die Konjunktur in Deutschland steht und fällt jedoch mit den Exporten.

      Das Hamburgische Welt-Wirtschafts-Archiv HWWA sieht es auch etwas pessimistischer. Das HWWA senkte seine Prognose für das Wirtschaftswachstum 2003 in Deutschland auf 0,0 %. Stagnation. Vor 3 Monaten im März war das HWWA noch von einem Wirtschaftswachstum von 0,7 % ausgegangen. Wie ich immer angekündigt hatte, wird nun das Wirtschaftswachstum zum dritten Mal nach hinten verschoben. Jetzt soll im kommenden Jahr 2004 ein Wachstum von 1,5 % erreicht werden. Ich bin gespannt. Im ersten Halbjahr werde Deutschland jedoch die Rezessionskriterien erfüllen.

      Wären die Börsen völlig am Boden, gäbe es kaum noch Zuckungen, würde ich vielleicht antizyklisch denkend sagen, dass man vorsichtig Aktienpositionen aufbauen könnte. Aber nach einer solchen Rallye müsste die Wirtschaft in den nächsten zwei Jahren brummen wie verrückt, um die optimistischen Erwartungen zu erfüllen.

      Ich lehne mich nun sehr weit aus dem Fenster und behaupte wieder einmal: Auch die Konjunkturerholung im ersten Halbjahr 2004 wird verschoben werden. Obwohl 2004 so viele Feiertage auf das Wochenende fallen.

      Zum Schluss noch ganz kurz: Es gibt theoretische Möglichkeiten, dass sich Europa von Amerika abkoppelt: die japanischen und amerikanischen Finanzströme könnten Europas Zinsen als lukrativ genug ansehen, um von der Niedrigzinspolitik des eigenen Landes zu profitieren. Amerikaner könnten in Europa Geld parken, um der Zerstörung des Dollars zu entgehen. Davon könnte dann über Umwege die europäische Wirtschaft nachhaltig profitieren. Aber noch sind solche Thesen Spekulation. Hier heißt es abwarten.

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      Widersprüchliche Signale


      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      "Sie scheinen sich fast jeden Tag zu widersprechen", schrieb mir ein verwirrter Leser des Investor`s Daily. "Einen Tag sagen Sie, dass die USA auf dem Weg zu einer Deflation à là Japan sind ... was gut für Anleihen wäre. Am nächsten Tag sagen Sie, dass der Dollar zerstört werden wird, und Sie warnen uns, Anleihen zu meiden ... könnten Sie sich einmal entscheiden?" Ah, das ... nun ...

      Meine sichere Antwort ist: Wenn ich wüsste, was die Märkte Morgen machen würden, dann würde ich zumindest ein paar Euro für die Weitergabe dieses Wissens verlangen. Meine höfliche Antwort ist, dass ich so unsicher bin wie der Leser, der mir diesen Leserbrief schrieb.

      Auf der einen Seite scheint die US-Wirtschaft dem japanischen "Vorbild" zu folgen und in einen langen, zähen Abschwung zu gleiten. Vielleicht sogar mit Deflation. Die Preise in den USA fallen zwar noch nicht allgemein, aber es gibt genug Einzelpreise, die fallen – was ausreicht, um die Volkswirte darüber besorgt zu machen.

      Auf der anderen Seite kämpfen Alan Greenspan und George Bush um ihre Karrieren – indem sie alle monetären und fiskalischen Begrenzungen aufgeben. Das Geldangebot erhöht sich 4 bis 5 Mal so schnell wie das Bruttoinlandsprodukt; das einzige, das noch schneller wächst, sind die Haushaltsdefizite der US-Regierung. Wohin wird das alles führen? Ich würde sagen, dass es zu einer milden Deflation führen wird ... und danach zu einer tödlichen Dosis Inflation, in dieser Reihenfolge. Aber ich würde für diese Prognose nicht die Hand ins Feuer legen. Zumindest nicht, ohne etwas dafür zu bekommen.

      Bis dahin lebe ich glücklich mit den aktuellen Gegensätzen. Werden die USA einen japanischen Abschwung erleiden, was die Anleihenkurse noch weiter steigen lassen wird? Oder wird es eine Inflation à là Argentinien geben, und den Zusammenbruch der Währung? Wird die Spekulationsblase am Anleihenmarkt platzen? Ohne Zweifel. Ja. Wahrscheinlich. Sehr wahrscheinlich. Vielleicht. Könnte sein.
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      Best Case-Szenario an den Märkten

      von unserem Korrespondenten Eric Fry in New York

      Die Kleinanleger können es nicht ertragen, keine Aktien zu haben, während ihr Nachbar Woche für Woche von seinen neuen Gewinnen am Aktienmarkt berichtet. Deshalb kaufen auch sie jetzt ewig-steigende Aktien.

      Je höher der Markt klettert, desto enthusiastischer beeilen sich diese Kleinanleger, Aktien zu kaufen. Und erst wenn der letzte Kleinanleger im Markt investiert ist, dann wird der Markt fallen. Ich nenne diesen Prozess: "Hoch kaufen und niedrig verkaufen" ... und ich empfehle das nicht.

      Trotzdem verfolgen derzeit auch viele institutionelle Investoren diese zweifelhafte Investment-Strategie. Sie eilen in den steigenden Markt, weil sie unter einer Art von "Performancedruck" stehen. Diese unsicheren Profis haben tödliche Angst, dass ihre Depotvolumina stagnieren, während die Aktienmärkte steigen. Deshalb gilt: Je höher die Aktienmärkte steigen, desto mehr wollen sie Aktien kaufen.

      Ohne Frage hilft diese Massenbewegung mit, die Aktienkurse weiter nach oben zu treiben. Aber Gruppendruck alleine kann den Aktienmarkt nicht unbegrenzt steigen lassen. Ab einem bestimmten Punkt – wir wissen nie genau, wann – müssen die fundamentalen wirtschaftlichen Faktoren den weiteren Aufschwung leiten, oder die Kurse fallen wieder tiefer ... vielleicht deutlich tiefer.

      Anfang letzter Woche stiegen die meisten größeren Indizes auf neue 1-Jahres-Hochs. Aber im Wochenverlauf gab es einen Rückschlag, so dass die letzte Woche per saldo keine große Veränderung brachte. Trotz dieser Atempause bleiben die meisten Investoren sehr zuversichtlich, dass die Aktien weiter steigen werden. Die bullische Stimmung ist – wieder einmal – ziemlich extrem geworden ... und das ist ein sehr bärisches Omen. Die wöchentliche Umfrage von Investors Intelligence unter amerikanischen Börsenbriefredakteuren zeigt, dass der Anteil der Bären auf 16,3 % gefallen ist. Das ist der niedrigste Wert seit Anfang 1987. "Das ist ein Signal, das sich zu einem überzeugenden Beleg dafür ausbauen könnte, dass die Bullen von ihrer Euphorie davongetragen worden sind", so das Barron`s Magazin.

      "Es scheint mir, dass sowohl der Aktienmarkt als auch der Anleihenmarkt derzeit das bestmögliche Szenario einpreisen, das für jede mögliche Abweichung verletzlich ist", so Andrew Kashdan von Apogee Research. "Bis vor kurzem fielen die Aktienkurse und die Anleihenkurse stiegen (die Renditen fielen), weil sich die Investoren zunehmend Sorgen über die schwache Wirtschaftslage machten. Aber seit dem 11. März gab es an den Aktienmärkten eine Wende, und die Indizes haben zwischen 20 % und 25 % zugelegt. Die Anleihenkurse sind weiter gestiegen, die Rendite der 10jährigen US-Anleihen ist unter 3,2 % gefallen, von rund 3,9 % vor 6 Wochen ... und das ist nicht etwas, was man jeden Tag sieht, besonders dann nicht, wenn die Aktienkurse steigen."

      "Laut allgemeinem Wissen `riecht` der Aktienmarkt derzeit eine Erholung (endlich!), die die selbstverstärkende kritische Masse erreicht hat. Allerdings fehlt dem Anleihenmarkt offensichtlich die gleiche Feinfühligkeit. Der Anleihenmarkt spiegelt nicht im Entferntesten den Hauch einer wirtschaftlichen Erholung wider. Deshalb steigen die Anleihenkurse weiter, in Antizipation davon, dass die Deflationsdrohung Mr. Greenspan dazu zwingen wird, seinen Daumen auf ALLEN Zinssätzen – sowohl langfristigen als auch kurzfristigen – zu lassen. Es ist in der Tat derzeit die beste aller möglichen Welten sowohl für den Anleihen- als auch für den Aktienmarkt!"

      Was wird mit den Zinssätzen – und der Rally am Anleihenmarkt – passieren, wenn die Fed ihre "Inflation oder Untergang"-Strategie fortführt? Und was wird mit dem bullischen Aktienmarkt passieren, wenn die erhoffte wirtschaftliche Erholung doch nicht eintreten wird, oder wenn die überschuldeten und arbeitslosen amerikanischen Verbraucher nicht mehr jeden (geliehenen) Cent in Häuser oder Hightech-Aktien stecken werden? "Wir sollten nicht so verwegen sein, zu sagen, dass Tausende von gut informierten Aktien- und Anleihenhändlern falsch liegen", so Kashdan. "Aber wenn man sich das gesamte Bild ansieht, dann würde ich auf keinen der beiden fahrenden Züge aufspringen."

      Für diejenigen, die sich fragen, was passieren könnte, wenn die Fed die Zinssätze auf Null senkt, habe ich etwas Erheiterndes. Jesper Koll von Merrill Lynch (Japan) meint über den japanischen Bankensektor: "Mit Zinssätzen von Null und Null Finanzierungskosten kann es keine Finanzkrise geben, weil die Banken unbegrenzt reich sind."

      Überlegen Sie einmal ... jeder Basispunkt, um den Greenspan die Zinsen senkt, bringt die Amerikaner dem unbegrenzten Reichtum näher.
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      45 Tote US-Soldaten seit dem "Ende der Kämpfe" im Irak

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner in Paris

      *** Es ist heiß. Stickig. Faul. In Paris haben nur wenige Gebäude eine Klimaanlage. Deshalb muss ich hier schwitzen.

      Diesen Morgen hing ein halbnackter fetter Mann aus einem Hotelfenster auf der Straße gegenüber. Das ist nicht das Fleisch, das ich suchte, als ich meine Augen aus dem offenen Fenster richtete.

      *** Am Wochenende las ich die Wochenendausgaben der amerikanischen Zeitungen, um zu sehen, was der Krieg macht.

      "Die US-Truppen halten den Druck aufrecht", so der Beitrag der International Herald Tribune zur Erheiterung. Während der Artikel einräumte, dass es ein "langer, heißer Sommer" in der irakischen Wüste werden könnte, hieß es fast euphorisch: "Der Kampf intensiviert sich, da die GIs irakische Militante suchen."

      Aber in der französischen Presse herrschte eine ruhige Sprache vor. Ein Foto auf der Titelseite vom "Le Figaro" zeigte eine Gruppe von amerikanischen Soldaten – nicht im Angriff, sondern in Deckung, auf der Suche nach Scharfschützen. "45 US-Soldaten sind getötet worden, seit George W. Bush das Ende der Kämpfe verkündet hat", betont der Artikel. Harte US-Maßnahmen provozieren mehr und mehr Widerstand, so der Artikel weiter.

      "Großer Fehler", zitiert der Artikel einen irakischen General, der die amerikanische Entscheidung kommentierte, sowohl die irakische Armee als auch diverse Milizen aufzulösen. "Die Soldaten gingen mit ihren Waffen zu ihren Stämmen zurück ... die Amerikaner haben 1,5 Millionen Opponenten geschaffen ..."

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      Das Verhindern von einer beschleunigten Inflation

      vom "Mogambo Guru" – nicht ganz ernst gemeint

      Gute Nachrichten.

      Ich habe ein exaktes Zitat von Alan Greenspan gefunden, das zeigt, was er glaubt, was eine Deflation sei; diese horrormäßige Erscheinung, die sein Denken so lähmt, dass er nicht mehr klar denken kann.

      Hier ist das Zitat: "Korrosive Deflation, das ist eine Deflation, die sich selbst nährt, kreiert fallende Preise bei den Vermögenswerten, die das Niveau der wirtschaftlichen Aktivität durch den Vermögenseffekt absenken, was zu zurückgehenden Gewinnmargen führt und zu einer Art der Schwäche, die unserer Ansicht nach zumindest theoretisch besorgniserregender ist als eine Inflation."

      Warum hat er nicht den Mut, aufzustehen und den Leuten, die es besser wissen, deutlich zu sagen, dass für Ihn Deflation besorgniserregender sei als Inflation?

      Achja, und wer ist übrigens "uns", d.h. wer sind diese "wir", von denen Greenspan spricht?

      Ich brauche die Namen! Ich will die genauen Namen der Leute wissen, die denken, dass fallende Preise eine Gefahr sind, und die niemals gesagt haben, dass steigende Preise eine Gefahr sind! Ich will die Namen, Adressen und Sozialversicherungsnummern dieser Leute wissen, und Farbfotos wären nett. Von den Leuten, die denken, dass fallende Preise – die die Güter für die Leute erschwinglicher machen, nachdem sie so lange im Preis gestiegen sind – schlimmer sind als eine Inflation, die die Preise weiter anziehen lassen würde!

      Ich will diese gehirntoten Jackasse sehen, Schulter an Schulter, so dass die durchschnittlichen Bürger sie sehen können, damit – falls sich jemals einer von Ihnen für ein politisches Amt bewirbt – man gegen sie stimmen kann.

      Die Fed sagt, dass Inflation und Spekulationsblasen gut seien, tja, vielleicht nicht gut, aber zumindest nicht allzu schlecht, dass man sie suchen müsste, um dann vorgeben zu können, dass man keine sehen würde, und dass andererseits Deflation und das Fehlen von Spekulationsblasen schlecht sind.

      Das KLINGT noch nicht einmal wie etwas, das eine normale Person sagen würde – und dennoch verehren die Leute diesen, diesen ... die Worte fehlen mir!

      Noch nicht einmal in meiner verrücktesten Phase – und ich kann Ihnen Geschichten von meinen verrückten Phasen erzählen, die Sie einen Monat lang im Schlaf schreien lassen würden – könnte ich Worte finden, die meine Wut ausdrücken könnten!

      Ein Vergleich: Wenn ich und meine Familie so fett wären, dass wir jeweils deutlich über 100 Kilo wiegen würden, wäre es dann richtig, wenn ich alles tun würde, das in meiner Macht steht, um zu verhindern, dass wir auch nur ein Pfund verlieren würden?! Ich würde in jeder Schreibpause Kekse essen, die ich so nennen würde:"Verhinderung von Gewichtsdeflation: Die Versicherung, dass es hier nicht passiert!"

      Ich würde nicht die gesamte Zukunft Amerikas und der Amerikaner auf Spekulationsblasen und immer weiter steigende Aktienkurse aufbauen – oder auf die Schulden, die man braucht, um diese Aktien zu kaufen, oder Häuser, oder dies und das. Und wenn die Preise völlig überzogen werden, dann würde ich nicht alles tun, um sicher zu gehen, dass die Preise noch absurd höher werden, indem man Geld druckt.

      Also wie kommt es, dass ich, der wirkliche Mogambo, wie ein Idiot hinter einem Wal-Mart lebe, während Alan Greenspan dauernd im Fernsehen erscheint
      investorverlag.de
      Avatar
      schrieb am 18.06.03 01:25:31
      Beitrag Nr. 3.150 ()
      Das Maß der unzumutbaren Forderungen ist voll
      Erinnerungen an Dostojewski

      von Egon W. Kreutzer
      am 17. Juni 2003



      Der Idiot


      Dostojewski hat mit dem Fürsten Myschkin die Figur des naiv-freundlichen, uneigennützig-hilfswilligen Gutmenschen in die Welt gesetzt, und das daraus entstandene Buch treffsicher nach der Hauptfigur benannt: Der Idiot.

      Die Politik unserer Tage unterscheidet sich in ihren Erklärungen und Forderungen, ihren Argumenten und Versprechungen kaum von jener Gesellschaft, von der Fürst Myschkin umgeben war. Einer Gesellschaft, die erkannt hatte, wie leicht er auszunützen war und nicht zögerte, davon Gebrauch zu machen. Der Unterschied liegt höchstens darin, dass man heute versucht, das ganze Volk zu myschkinisieren.

      Ob Clement laut darüber nachdenkt, die Feiertage zu streichen, weil ihm das Münchner Institut für Wirtschaftsforschung ausgerechnet hat, dass schon die Streichung auch nur eines bezahlten Feiertages der Volkswirtschaft 3,5 Milliarden Euro einbrächte, oder ob Friedrich Merz ausgerechnet am 17. Juni im ARD/ZDF-Morgenmagazin fordert, die Tarifautonomie und das Streikrecht auf ein gefälliges Maß zurechtzustutzen, um die Gewerkschafter daran zu hindern mit ihren unzeitgemäßen Rechten auch noch den letzten Standortvorteil wegzustreiken, beide, Clement und Merz zeigen dem Gutmenschen, wie er durch Verzicht und Anstrengung, mit mehr Arbeit und weniger Geld die Probleme lösen könnte und sie werden nicht müde, ihm dafür die Arbeitsplätze vom Himmel herunter zu versprechen.

      Der Minister sagt auch, dass der Streik um die 35-Stunden-Woche ein Konflikt zur falschen Zeit am völlig falschen Ort sei und er lässt durchblicken, dass sich aus jeder zusätzlichen Stunde vertraglich vereinbarter Wochenarbeitszeit, aus jedem Jahr der Verlängerung der Lebensarbeitszeit, ein paar hunderttausend Arbeitsplätze schaffen ließen, wollten die Arbeiter und ihre Gewerkschaften das nur endlich einsehen und nicht länger ihre vermeintlichen Rechte durchsetzen wollen. Freiwillig möge sich der Gutmensch die Zwangsjacke anlegen lassen und auf alle Rechte, Ansprüche und Besitzstände verzichten, damit hülfe er sich und dem Land am meisten.

      Dass gleichzeitig noch an vielen anderen Stellen eifrig erklärt wird, das Geld sei zu Ende, das Volk hätte über seine Verhältnisse gelebt, die alten Strukturen müssten zerschlagen werden, nur konsequentes Nichthelfen öffne den Sozialschmarotzern den Weg zur gebotenen Selbstverantwortung, würde die wahren Gutmenschen wohl selbst dann noch nicht beirren, wenn sie morgen schon auf allen Märkten öffentlich als Sklaven feilgeboten würden. So das Kalkül.

      Und um das Spiel auch wirklich voll und ganz idiotensicher zu gestalten, wird demnächst ein `Netzwerk für Arbeit` mit ganzseitigen Zeitungsanzeigen unübersehbar auf geduldigem Papier demonstrieren, dass man vor nichts zurückschreckt, kein Mittel scheut, wenn es gilt, den Gutmenschen zu überzeugen, man würde wirklich gerne Arbeit schaffen wollen, gäbe er nur endlich noch sein letztes Hemd dafür.

      Dostojewski hätte seine Freude daran gehabt.

      Und hätte er seinen Idioten in unseren Tagen geschrieben, den Hinweis darauf, dass die Vermögenssteuer abgeschafft und die Besteuerung von Zinserträgen gemindert werden konnte, weil der gemeine deutsche Gutmensch so viel Einsicht zeigte, hätt` er sich sicher nicht verkniffen, er hätte allerdings "Idiot" gesagt.

      http://home.knuut.de/EWKberater/Meinung/12784_Der_Idiot.html
      Avatar
      schrieb am 18.06.03 15:47:56
      Beitrag Nr. 3.151 ()
      Der Euro wird es richten – Seine Aufwertung geht weiter und erzwingt revolutionäre Reformen
      (Reform=Verbesserung. Welche Verbesserung wird denn eintreten?:confused: )
      (18.06.2003)

      Der Euro kommt im Zuge seiner Aufwertung gegenüber dem amerikanischen Dollar derzeit offenkundig nicht weiter voran. Die Aufwärtsbewegung kam just in den Augenblick zum Stillstand, als einige große Investmentbanken ihre Ziele für das Wechselkursverhältnis zwischen beiden Währungen zu Gunsten des Euro erneut nach oben revidierten. Technisch orientierte Analysten wundern sich nicht darüber. Sie stellen nüchtern fest, dass inzwischen zu viele mit einer weiteren Aufwertung rechnen.

      Andererseits hat eine gerade veröffentlichte Umfrage von Merrill Lynch unter institutionellen Anlegern ergeben, dass die meisten von ihnen den Euro für überbewertet halten. Diese Aussage wird jedoch neutralisiert von der Feststellung, dass die meisten Fondsverwalter den Euro mit hoher Wahrscheinlichkeit weiter steigen sehen. Daraus kann man ohne weiteres schließen, dass diese Verwalter das Gegenteil dessen tun, was sie glauben, also tatsächlich auf eine weitere Aufwertung des Euro eingestellt sind.

      Dies sieht nach einer Patt-Situation aus. Doch es wird einfach nicht beachtet, dass im Hintergrund seit längerem starke Kräfte wirken, die eine solche Patt-Situation nur als vorübergehendes Phänomen erscheinen lassen. Es sind jene asiatischen Zentralbanken, die über enorme Devisenreserven verfügen.

      Der Internationale Währungsfonds hat kürzlich mitgeteilt, dass 75 Prozent dieser Devisenreserven in amerikanischen Dollar gehalten werden. Die Vernunft gebietet es den Verantwortlichen dieser Zentralbanken, die Reserven nicht einseitig in einer Währung zu halten, sondern sie zu streuen. Die einzige Valuta, die sich unter Aspekten des handhabbaren Volumens als Alternative zum US-Dollar anbietet, ist der Euro.

      Daher fließen ihm beständig Gelder dieser asiatischen Notenbanken zu, auch wenn es im Augenblick so erscheinen mag, als gäbe es keine „seriösen“ Käufer mehr, die diese Währung weiter nach oben treiben könnten. Doch das ist ein Irrtum. Die Transaktionen der asiatischen Zentralbanken werden so diskret und geräuschlos abgewickelt, dass sie im täglichen Rummel am internationalen Devisenmarkt nicht auffallen.

      So mancher wird sich noch wundern, was diese Euro-Käufe letztlich bewirken. Eine Konsequenz ist, dass die Aufwertung der Währung geradezu revolutionäre Reformen im Euroraum erzwingt, weil der europäische Export schweren Schaden nimmt und die Konjunktur immer mehr aushöhlt. Die Steuereinnahmen der besonders exportorientierten Länder brechen weiter weg, und „mangels Masse“ wird diesen Staaten für das, was heute noch als „Soziales“ verstanden wird, nur noch das Notwendigste zur Verfügung stehen.

      Was wir heute in Deutschland erleben, ist wirklich erst der Anfang. Der Markt in Form des Euro wird es letztlich richten.


      Arnd Hildebrandt

      Herausgeber
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      Wussten Sie schon, dass...?
      (18.06.2003)

      Die Devisenreserven Chinas haben Ende März 318 Milliarden Dollar betragen, die der USA hingegen nur 18,5 Milliarden Dollar.

      (Quelle: Internationaler Währungsfonds)

      taurosweb.de:confused:
      Avatar
      schrieb am 18.06.03 16:18:43
      Beitrag Nr. 3.152 ()
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      Warum der «Klassenkampf von oben» so gefährlich ist
      von Karl Müller, Deutschland



      Seit ein paar Jahren ist in den Ländern, die sich westliche Demokratien nennen, aber auch in den Staaten des ehemaligen Ostblocks eine wirtschaftliche und politische Entwicklung zu beobachten, die den Namen «Klassenkampf von oben» verdient.

      Seymour M. Lipset hatte in seinem 1960 erschienenen Standardwerk der politischen Soziologie «Political Man» den Satz formuliert: «Je wohlhabender eine Nation ist, desto grössere Chancen hat sie, die Demokratie aufrechtzuerhalten.» Dies ist zwar nicht ganz richtig, weil auch Länder wie die Schweiz im 19. Jahrhundert gezeigt haben, dass ein historisch gewachsenes Zusammengehörigkeitsgefühl, die willentliche Entscheidung zur Staatsbildung und eine kleinräumige, am Modell des Genossenschaftswesens orientierte Struktur sehr wohl zu einem regen direktdemokratischen Leben führen können, ohne dass die Bürger in grossem Wohlstand leben müssen.

      Verarmungspolitik mit schwerwiegenden Folgen
      Nichtsdestoweniger kann eine gezielte Verarmungspolitik schwerwiegende soziale und politische Folgen haben. Dies gilt insbesondere, wenn sie mit einem Angriff auf zwischenmenschliche Bindungen und Vertrauensgrundlagen sowie einem Bildungsabbau einhergeht. Wenn zusätzlich vorher eine entmündigende Versorgungsmentalität erzeugt worden ist; wenn der Mensch in einer Abhängigkeit von staatlichen Institutionen gehalten wird und die subsidiäre gegenseitige Hilfe ausgetrocknet wurde; wenn nun an die Stelle des zu Recht kritisierten Versorgungsdenkens eine Neusprech-Eigenverantwortung treten soll, die bedeutet, dass sich der vereinzelte Mensch in einen Kampf ums Überleben begeben soll, bei dem er entweder siegen kann oder verlieren muss - dann werden sich die negativen Folgen der Verarmungspolitik erst richtig auswirken. Der «Klassenkampf von oben», der seit ein paar Jahren zu beobachten ist, zeigt alle Merkmale:

      Die Einkommens- und Vermögensverteilung in den westlichen Demokratien verschiebt sich so, dass die Reichen immer reicher, die Armen immer ärmer und der Mittelstand mehr und mehr aufgelöst wird.
      Der Bildungsabbau, mit neomarxistischen Parolen gefordert und von Kapitalinteressen weiter vorangetrieben, schafft in allen Schularten ein immer stärker werdendes Selektionsklima, insbesondere mit dem Einzug von Unterrichtsmethoden, die den Grossteil der Schüler schwächen.
      Das Wort «Ich-AG» ist die Chiffre einer Geisteshaltung, nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch im gesellschaftlichen Leben, bei dem unter den Neusprech-Schlagworten von mehr Eigenverantwortung und Selbständigkeit die soziale Verbundenheit geschwächt und Vereinzelung und Einzelkämpfertum vorangetrieben werden sollen.
      Bis hinein in die Aussenpolitik, in der der Krieg wieder ein Mittel der Machtpolitik geworden ist, soll den Menschen eingeredet werden, dass des einen Vorteil immer auf Kosten des anderen gehen müsse, dass Gemeinwohl im Sinne des gemeinsamen Fortschritts für alle nicht mehr möglich sei und dass es erlaubt sei, über Leichen zu gehen - wenn man nur erfolgreich dabei ist.
      Herrschaft der Grosskonzerne
      Prototyp der hier nur kurz skizzierten Entwicklung sind die USA. Kein klassischer Linker, sondern ein früherer Berater der Republikanischen Partei, Kevin Phillips, hat in seinem 2002 erschienenen Buch «Wealth and Democracy» (im Herbst erscheint das Buch in deutscher Übersetzung) dargelegt, dass die berühmte Formel des US-Präsidenten Abraham Lincoln von der Demokratie als Herrschaft des Volkes durch das Volk und für das Volk in den USA abgelöst werde durch eine Herrschaft der Grosskonzerne durch die Grosskonzerne und für die Grosskonzerne.

      Die Reichen in den USA sind immer reicher und die Armen ärmer geworden. Während das obere 1 Prozent der Einkommensbezieher 1981 über knapp 10 Prozent des Gesamteinkommens verfügte, verfügen sie heute über 15 Prozent. Dieses 1 Prozent verfügte Ende der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts über 20 Prozent des Gesamtvermögens, heute sind es mehr als 40 Prozent.

      Arme Menschen werden unpolitisch
      Diese Zahlen sind Ergebnis einer gezielten Politik, die unter Richard Nixon einsetzte, stark vorangetrieben wurde unter Ronald Reagan, auch unter Bill Clinton und nun weiter unter George W. Bush. Kennzeichen dieser Politik sind eine Stagnation der Reallöhne der am geringsten verdienenden Haushalte, eine relative Benachteiligung der schwarzen und hispanischen Bevölkerung, eine Verschlechterung aller sozialen Indikatoren und Infrastrukturposten, summa summarum: eine grossangelegte Umverteilung von unten nach oben. Mit Folgen für die politische Teilhabe.

      Während 1960 noch 65 Prozent der US-Bürger an Präsidentschaftswahlen teilnahmen, waren es bei den letzen Wahlen weniger als 50 Prozent. Nicht, weil alle anderen zufrieden sind, sondern weil die weniger reichen Bevölkerungsschichten zunehmend resignieren. Denn von den Personen mit einem Jahreseinkommen um 35000 Dollar gehen nur noch rund 35 Prozent zur Wahl, von denen mit einem Einkommen um 75000 Dollar aber rund 75 Prozent.

      Plutokraten haben leichtes Spiel
      Abgeordnetenmandate stehen in der Regel nur Superreichen offen, Präsidentenwahlen sind Wettbewerbe zwischen Multimillionären, und die grossen Spender finden dann auch nachweislich mehr Gehör für ihre Anliegen vor den entsprechenden politischen Instanzen und selbst vor den Gerichten. Insofern verludert die amerikanische Demokratie. Sie hat sich in eine Plutokratie verwandelt - trotz allgemeinen Wahlrechts. Ähnliche Entwicklungen drohen allen Ländern, die dem amerikanischen Modell folgen wollen.

      Das alles ist nichts grundsätzlich Neues, und doch stellt sich die Frage, warum sich so viele Menschen mit dem «Klassenkampf von oben» abzufinden scheinen, genau das macht ihn nämlich so gefährlich.

      Die Alternative: Zugrundegehen oder Gewalt
      Ein Schulleiter aus Burundi wurde vor kurzem gefragt, was die Menschen in seinem Land über die Entwicklungen in der Politik denken würden. Er antwortete, dass die Menschen über solche Fragen nicht nachdenken würden. In seinem von jahrelangem Bürgerkrieg heimgesuchten Land wären alle mit dem täglichen Überleben beschäftigt. Wo bekomme ich etwas zu essen und zu trinken, wo kann ich schlafen, was kann ich tun, um nicht Opfer eines Anschlags zu werden? Das sind die Fragen, die die Menschen beschäftigen. Für Politik ist da kein Raum. Fast gleichartig äusserte sich ein paar Wochen zuvor ein in Palästina lebender Hochschullehrer auf die Frage, was die Menschen in seinem Land beschäftige. Diese Parallelen sind kein Zufall. Der «Klassenkampf von oben» verändert die Menschen. Wer an Leib und Leben bedroht ist, wer arm ist, nicht genug zu essen hat, wer heute nicht weiss, ob er morgen noch lebt, der denkt und fühlt anders als ein Mensch, der im Wohlstand lebt. Und wenn er immer wieder gepeinigt und gedemütigt wird, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass er entweder zugrundegeht oder aber gewalttätig wird.

      Persönlichkeiten wie Gandhi sind selten
      Aussergewöhnliche Persönlichkeiten wie Mahatma Gandhi, die ein in Armut und Knechtschaft gehaltenes Volk zu einem gewaltlosen Widerstand anleiten und anführen konnten, sind leider eine Rarität. So ist abzusehen, dass der «Klassenkampf von oben» einen «Klassenkampf von unten» heraufbeschwört oder ein Zugrundegehen, und vielleicht ist auch beides im Sinne der Klassenkämpfer von oben (und auch der verlogenen Ideologen des Klassenkampfes von unten): sich so oder so Milliarden von Menschen entledigen zu können - Menschen, die es nicht mehr «braucht», seitdem der technische «Fortschritt» dies möglich gemacht hat.

      Solidarität ist ein Gebot der Stunde
      Je länger aber diejenigen warten, die heute noch in relativem Wohlstand leben und noch das Wissen haben und die äusseren Bedingungen vorfinden, um friedlich aktiv zu werden, desto wahrscheinlicher wird das Horrorszenario. Schon haben die Klassenkämpfer von oben begonnen, mit offener Gewalt vorzugehen. Noch trifft es nicht diejenigen, die noch Widerstand leisten könnten. Es trifft Menschen in Afrika, auf dem Balkan, in Afghanistan oder im Nahen Osten, Menschen also, die über Jahre hinweg entmündigt und erniedrigt wurden. Und wir Wohlstandskinder? Was ist los mit uns Bürgern aus dem «verbeamteten Mittelstand»? Wollen wir warten, bis auch wir nur noch die Möglichkeit haben, um unsere Existenz zu kämpfen - oder hoffen wir vielleicht im tiefsten Inneren, dass es so schlimm schon nicht kommen wird - zumindest für uns selbst nicht? Aber wer soll uns dann noch helfen, wenn auch wir an der Reihe sind?

      Artikel 10: Zeit-Fragen Nr.22 vom 16. 6. 2003, letzte Änderung am 17. 6. 2003
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      Avatar
      schrieb am 18.06.03 16:22:03
      Beitrag Nr. 3.153 ()
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      Zur Bewertung des Euro


      von Doris Auerbach, Bettmatingen
      Hinsichtlich der Entwicklung des Euro gehen die Ansichten auseinander. Kehrt man zu den Anfängen dieser Währung zurück, so ist auch diese - wenn man den Ausführungen des in Oxford beheimateten Journalisten Tony Gosling folgt - den «Bilderbergern» zuzuschreiben. Man übersieht allzu leicht, dass die europäischen Staaten mit der Aufgabe ihrer eigenen Währung auch ihre monetäre Souveränität aufgegeben haben. Damit ist ihnen die Möglichkeit genommen, die eigene Konjunktur durch Ab- bzw. Aufwerten ihrer nationalen Währung zu steuern. Im Augenblick steigen und fallen die Börsen weltweit immer noch so, wie es die Interessenlage der Wall Street erfordert, da der US-Dollar für die meisten Staaten der Welt immer noch die Reservewährung bildet. War dem Euro zu Beginn ein schwaches Wachstum vorausgesagt - was seine in die Hände der USA spielende Manipulierbarkeit erhöhte - so hat dieser Trend sich wider Erwarten nicht bestätigt, denn der Euro erlebt derzeit im Vergleich zum Dollar einen Höhenflug, dessen Hintergrund im folgenden kurz skizziert werden soll.

      Man geht inzwischen davon aus, dass einer der Auslöser des Irak-Kriegs wirtschaftliche Überlegungen der USA waren. Saddam Hussein beschloss gegen Ende des Jahres 2000, die Währungsumstellung vom Dollar auf den Euro zu vollziehen. Der britische Kolumnist des englischen «Guardian», George Monbiot, beruft sich auf einen führenden Opec-Mitarbeiter, demzufolge es erstrebenswert wäre, wenn die Opec-Länder ihr Öl nicht mehr gegen US-Dollar, sondern gegen Euro anbieten würden, was in der Folge zu einem weiteren Abrutschen des Dollars führen könnte. Hierzu heisst es in einem sich mit dem gesamtwirtschaftlichen Hintergrund des Irak-Kriegs beschäftigenden Bericht «The Real Reasons for the Upcoming War With Iraq» (Die wirklichen Gründe für das Heraufziehen des Irak-Kriegs)1 von William Clark vom Januar 2003: «Saddam Hussein besiegelte sein Schicksal, als er sich dazu entschloss, Ende des Jahres 2000 vom US-Dollar zum Euro überzugehen und seine bei der Uno lagernden Reserven in Höhe von 10 Milliarden US-Dollar in Euro umzutauschen.» Für Clark war das der Moment, in dem ein zweiter inszenierter Golfkrieg unausweichlich wurde. So sieht es auch der stets ausgezeichnet und verlässslich informierte französiche Nachrichendienst «Réseau Voltaire», der in seiner Mitteilung vom 6. April bestätigt, dass die Uno-Kommission, der die Embargomassnahmen gegen den Irak unterstehen, dem Land gestattete, seine Öl- und wirtschaftlichen Transaktionen ab dem 30. Oktober 2000 in Euro abzuwickeln. Die USA versuchten vergeblich, diese Umstellung zu verhindern. Sie scheiterten an der Uno-Kommission, die die Intervention der USA mit den Worten ablehnte, dass «es keine juristische Basis gäbe, um die irakische Forderung zu blockieren». Die Fakturierung in Euro trat am 6. November 2000 in Kraft und der Umtausch der obengenannten 10 Milliarden Dollar aus dem Programm «Öl gegen Nahrungsmittel» erfolgte dann kurze Zeit später. Jordanien, der wichtigste wirtschaftliche Handelspartner des Irak, bediente sich seinerseits sofort des Euro für seine Geschäfte mit dem Irak. «Réseau Voltaire» betrachtet das Irak-Debakel als einen Krieg um die Kontrolle der Währung und die Suprematie des Dollars als Achillesferse der USA. Wie berichtet wird, trat Venezuela, das die Position des Generalsekretärs der Opec bekleidet, bereits im März 2001 dafür ein, den Opec-Preis für Öl in Euro festzulegen. Im Lauf des Jahres 2002 haben dann China und Russland damit begonnen, dazu überzugehen, ihre in US-Dollar vorhandenen Aktiva in Euro umzutauschen. Wie Bernd Kling in seinem am 28. April in Telepolis erschienenen Artikel «Der Euro als Wunderwaffe» ausführt, «können die USA als Hüter einer weltweiten Währung den Dollar im Notfall jederzeit abwerten und dadurch die Exporteure anderer Länder für ihre angewachsenen wirtschaftlichen Probleme bezahlen lassen.» «Réseau Voltaire» führt hierzu aus, dass Bushs Pläne, den Irak anzugreifen, auch durch die Finanzinstitutionen der USA, die um die Vorherrschaft des Dollars fürchten, unterstützt wurden.

      Der Euro erfreut sich inzwischen zunehmender Wertschätzung, die sicherlich auch damit zusammenhängt, dass generell ein Vertrauensschwund in den US-Dollar einge-treten ist, der seinerseits auf die desolate wirtschaftliche Situation der USA zurückzuführen ist. Hinzu kommt, dass die den Euro als Währung führenden Länder heute insgesamt den grössten Ölimporteur der Welt darstellen und der Nahe Osten 45% seiner Importe aus Europa bezieht. Das iranische Parlament hat inzwischen die Möglichkeit diskutiert, den Euro für seine Ölverkäufe zu übernehmen. Es zeichnet sich ferner ein beträchtliches Interesse der Opec-Länder am Euro ab. Das mit den USA noch immer am engsten verbundene Saudi-Arabien dagegen hat, wie es heisst, bislang verhindert, dass der Dollar vom Euro abgelöst wurde. Das könnte sich jetzt nach dem Abzug des US-Militärs aus Saudi-Arabien ändern, zumal dessen Bevölkerung schon immer gegen die Anwesenheit der USA in ihrem Land war. Hierzu ist dem Artikel von Bernd Kling folgendes zu entnehmen: «Der frühere US-Botschafter in Saudi-Arabien erklärte im vergangenen Jahr einem Komitee des US-Kongresses gegenüber, dass eine der historisch gesehen bedeutendsten Aktivitäten Saudi-Arabiens darin bestand, darauf zu bestehen, dass das Öl weiterhin in US-Dollar fakturiert wurde. Das geschah zum Teil auf Grund der mit den USA gepflegten Freundschaft und ermöglichte es damit dem Finanzministerium der USA, für seine Ölkäufe Geld zu drucken, ein Vorteil, den kein anderes Land besitzt. Mit dem Hervortreten anderer Währungen und angesichts der Belastungen, der unsere Beziehungen zu den USA ausgesetzt sind, mache ich mir Gedanken, ob es in Saudi-Arabien wie schon in der Vergangenheit nicht wieder Leute geben wird, die die Frage stellen, wieso sie sich den USA gegenüber so freundschaftlich verhalten sollten.»

      Noch ist die Entscheidung der Opec, ihren Ölpreis in Euro festzusetzen, nicht gefallen. Bleibt die Notierung des Opec-Preises in US-Dollar bestehen und gelingt es den USA zu verhindern, dass sie im Irak durch einen möglichen landesweiten Widerstand in ein zweites Vietnam hineingezogen werden, ist fürs Erste mit der Auferstehung der alten anglo-amerikanischen Ölmacht zu rechnen. Die wirtschaftlichen Interessen der beiden Mächte wurden immerhin in den 90er Jahren durch die Fusion von British Petroleum mit der American Oil Company zum drittgrössten Ölkonzern der Welt, BP-AMOCO, stark vernetzt. Dann hätten es England und die USA erneut in der Hand, über den Einfluss auf den Ölpreis die Teuerung für importierende Länder entweder zu steigern oder zu senken und die Regierungen dieser Länder ihren Pressionen auszusetzen. Es könnte aber durchaus sein, dass der Euro in nächster Zeit im Vergleich zum Dollar trotz allem die stabilere Währung bleibt. Bliebe dies auf Dauer tatsächlich der Fall, so würde sich der Euro zur Leitwährung entwickeln, womit die Amerikaner ein echtes Eigentor geschossen hätten, denn der Euro war den Plänen der WCPA2 zufolge lediglich als Zwischenstufe zum Weltdollar konzipiert worden.

      1 http://www.ratical.org/ratville/CAH/RRiraqWar.html

      2 Die World Constitution and Parliament Association (WCPA) wurde 1959 in Lakewood, Colorado, gegründet, selbstverständlich ohne demokratische Voraussetzungen. Ihr Programm enthält die Forderung nach einem neuen internationalen Geldsystem und der inzwischen nicht länger verheimlichten «Neuen Weltordnung». Siehe Seite 168 des Buches von Conrad C. Stein, Die Geheime Weltmacht, Tübingen, ISBN 3-89180-063-0. Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass uns Stein den Schlüssel dafür liefert, warum die Entnationalisierung der Nationen unaufhaltsam ihren Gang nimmt.



      Artikel 9: Zeit-Fragen Nr.22 vom 16. 6. 2003, letzte Änderung am 17. 6. 2003
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      Avatar
      schrieb am 18.06.03 16:40:36
      Beitrag Nr. 3.154 ()
      Ein neues «American Century»?

      Der Irak und die heimlichen Euro-Dollar-Kriege

      von F. William Engdahl, USA / Deutschland

      Trotz des scheinbar raschen militärischen Erfolgs der USA im Irak ist der Dollar schwächer statt stärker. Dies ist eine unerwartete Entwicklung, da viele Devisenhändler einen gestärkten Dollar erwartet hatten, sobald die Nachricht eines US-Sieges gemeldet würde. Die Kapitalströme bewegen sich weg vom Dollar hin zum Euro. Viele beginnen sich zu fragen, ob die objektive Situation der US-Wirtschaft weitaus schlechter ist, als die Börse meldet. Die Zukunft des Dollars ist keineswegs nur eine unbedeutende Angelegenheit, die nur Banken oder Devisenhändler interessiert. Er ist das Kernstück der «Pax Americana» oder, wie es auch genannt wird, des «American Century», des Systems, auf dem die Rolle Amerikas in der Welt beruht. Doch während der Dollar nach dem Ende der Kämpfe im Irak ständig an Wert gegenüber dem Euro verliert, scheint Washington in öffentlichen Stellungnahmen das Absinken des Dollars absichtlich noch schlimmer darzustellen. Was jetzt passiert, ist ein Machtspiel von höchster geopolitischer Bedeutung, vielleicht sogar das verhängnisvollste seit dem Aufkommen der USA als führender Weltwirtschaftsmacht im Jahre 1945.

      Die Koalition der Interessen, die im Irak-Krieg zusammenflossen, einem Krieg, der für die USA eine strategische Notwendigkeit darstellte, umfasste nicht nur die vernehmbaren und deutlich sichtbaren neokonservativen Falken um Verteidigungsminister Rumsfeld und seinen Stellvertreter, Paul Wolfowitz. Es standen auch mächtige langfristige Interessen dahinter, von deren globaler Rolle der Einfluss der amerikanischen Wirtschaft abhängt, wie beispielsweise der einflussreiche Energiesektor um Halliburton, Exxon Mobil, Chevron Texaco und andere multinationale Riesenkonzerne. Dazu gehören auch die gigantische amerikanische Waffenindustrie um Boeing, Lockheed-Martin, Raytheon, Northrup-Grumman und andere. Der springende Punkt für diese riesigen Verteidigungs- und Energie-Konglomerate sind nicht die paar einträglichen Aufträge vom Pentagon für den Wiederaufbau der irakischen Ölanlagen, die die Taschen von Dick Cheney und anderen füllen. Es geht vielmehr um den Erhalt der amerikanischen Macht in den kommenden Jahrzehnten des neuen Jahrhunderts. Das bedeutet nicht, dass bei diesem Prozess keine Profite gemacht werden, aber das ist nur ein Nebenprodukt dieses globalen strategischen Ziels.

      Die Rolle des Dollars in Washingtons Machtkalkül
      Bei diesem Machtspiel wird die Bedeutung, die der Erhalt des Dollars als die Währungsreserve der Welt hat, am wenigsten verstanden, welcher aber der wichtigste Antrieb hinter dem Machtkalkül Washingtons gegenüber dem Irak in den letzten Monaten darstellt. Die amerikanische Vorherrschaft in der Welt beruht grundsätzlich auf zwei Säulen - ihrer überwältigenden militärischen Überlegenheit, vor allem auf dem Meer, und ihrer Kontrolle über die Wirtschaftsströme der Welt durch die Rolle des Dollars als der Währungsreserve der Welt. Es wird immer deutlicher, dass es im Irak-Krieg mehr darum ging, die zweite Säule, die Rolle des Dollars, aufrechtzuerhalten, als um die erste, das Militär. Was die Rolle des Dollars angeht, ist das Öl ein strategischer Faktor.

      Die drei Phasen des «American Century»
      Wenn wir rückblickend die Zeit seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges betrachten, kann man mehrere deutliche Entwicklungsphasen der amerikanischen Rolle in der Welt erkennen. Die erste Phase, die in der unmittelbaren Nachkriegszeit 1945-1948 und am Anfang des kalten Krieges begann, könnte man die Zeit des Bretton-Woods-Goldsystems nennen.

      Phase I: Die Zeit der Bretton-Wood-Institution
      Unter dem Bretton-Wood-System unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg war die Ordnung relativ stabil. Die USA waren aus dem Krieg als die alleinige Supermacht hervorgegangen mit einer starken industriellen Basis und den grössten Goldreserven aller Nationen. Die Anfangsaufgabe war es, Westeuropa wieder aufzubauen und eine Nordatlantik-Allianz gegen die Sowjetunion zu schaffen. Die Rolle des Dollars war direkt mit der des Goldes verknüpft. Solange Amerika die grössten Goldreserven besass und seine Wirtschaft weltweit am effizientesten produzierte, war die gesamte Bretton-Woods-Währungsstruktur vom französischen Franc über das britische Pfund Sterling bis zur deutschen Mark stabil. Im Zusammenhang mit der Unterstützung des Marshallplans und Krediten zur Finanzierung des Wiederaufbaus des vom Kriege zerschlagenen Europas wurden Dollarkredite ausgedehnt. Die amerikanischen Firmen, darunter auch die multinationalen Ölkonzerne, verdienten reichlich durch diese Vorherrschaft des Handels zu Beginn der 1950er Jahre. Washington unterstützte sogar das Zustandekommen des Vertrags von Rom im Jahre 1958, um die europäische Wirtschaftsstabilität zu stärken und damit weitere US-Exportmärkte zu schaffen. Diese Anfangsphase, die der Herausgeber des Time Magazine, Henry Luce, das «American Century» nannte, war, was die Wirtschaftsgewinne betraf, recht «positiv», sowohl für die USA als auch für Europa. Die USA hatten immer noch einen wirtschaftlichen Spielraum, in dem sie sich bewegen konnten.

      Dies war die Ära der liberalen amerikanischen Aussenpolitik. Die USA waren der Hegemon innerhalb der westlichen Staatengemeinschaft. Da sie im Vergleich zu Europa, Japan und Südkorea über enorme Goldreserven und Wirtschaftsressourcen verfügten, konnten es sich die USA durchaus leisten, ihre Handelsgrenzen für Exporte aus Europa und Japan zu öffnen. Als Gegenleistung unterstützen die Europäer und Japaner die USA bei ihrer Rolle während des kalten Krieges.

      Während der 1950er und frühen 1960er Jahre beruhte die amerikanische Führung weniger auf direktem Zwang als auf dem Herstellen eines Konsenses mit den Alliierten, sei es bei GATT-Handelsrunden oder in anderen Bereichen. Eliteorganisationen wie die Bilderberger-Treffen wurden organisiert, um einen zufriedenstellenden gemeinsamen Konsens zwischen Europa und den USA zu erreichen.

      Diese erste, eher «freundliche» Phase des «American Century» ging in den frühen 1970ern zu Ende.

      Ende des Bretton-Wood-Systems
      Das Bretton-Woods-Goldsystem begann zusammenzubrechen, weil Europa wirtschaftlich auf eigene Füsse kam und Mitte der 1960er eine bedeutende Exportregion wurde. Diese zunehmende wirtschaftliche Stärke Westeuropas fiel zusammen mit den ansteigenden öffentlichen Defiziten der USA, weil Johnson den tragischen Krieg in Vietnam eskalieren liess. Während der 1960er Jahre begann Frankreichs General de Gaulle für die Gewinne aus den französischen Exporten aus den amerikanischen Staatsreserven Gold statt Dollars zu verlangen, was während der Zeit von Bretton Woods durchaus legal war. Gegen November 1967 war aber der Goldfluss aus den USA und aus den Tresoren der Bank von England kritisch geworden. Das schwache Glied in der Kette des Bretton-Woods-Goldsystems war England, der «kranke Mann Europas». Die Kette riss, weil der Sterling im Jahre 1967 entwertet wurde. Das beschleunigte nur noch den Druck auf den US-Dollar, da französische und andere Zentralbanken ihre Forderungen nach US-Gold im Tausch für ihre Dollarreserven verstärkten. Sie kalkulierten die steigenden Kriegsdefizite durch den Vietnam-Krieg mit ein, und es würde nur noch eine Frage von Monaten sein, bis die USA selber gezwungen sein würden, ihren Dollar gegen das Gold abzuwerten, um wenigstens noch einen guten Preis für ihr Gold erzielen zu können.

      Aufhebung der Geldfindung - Einführung freier Wechselkurse (floating)
      Im Mai 1971 war der Fluss der US-Goldreserven besorgniserregend geworden. Sogar die Bank von England hatte sich den Franzosen und ihren Forderungen nach Gold gegen Dollars angeschlossen. Das war der Punkt, an dem die Nixon-Administration dafür plädierte, das Gold vollständig aufzugeben und im August 1971 zu einem System der «frei flotierenden» Währungen überzugehen, statt einen Kollaps der US-Goldreserven zu riskieren.

      Der Bruch mit dem Gold öffnete den Weg für eine völlig neue Phase des «American Century». In dieser neuen Phase wurde die Kontrolle über die Währungspolitik durch grosse internationale Banken wie die Citibank, Chase Manhattan oder Barclays Bank de facto privatisiert. Sie übernahmen die Rolle, die die Zentralbanken beim Goldsystem innegehabt hatten, jedoch nun völlig ohne Gold. «Freie Marktentwicklungen» konnten nun den Dollar festlegen. Und sie taten es mit Macht.

      Das freie Floaten des Dollars schaffte gleichzeitig mit dem Anstieg des Opec-Ölpreises um 400% im Jahre 1973 nach dem Yom-Kippur-Krieg eine Basis für eine zweite Phase des «American Century», die Phase des Petrodollars.

      Phase II: Das Petrodollar-Recycling
      Mitte der siebziger Jahre durchlief das System des «American Century» globaler wirtschaftlicher Dominanz einen dramatischen Wandel. Ein anglo-amerikanischer Ölschock schuf plötzlich eine starke Nachfrage nach dem «floating dollar», das heisst einem Dollar mit frei flotierendem Wechselkurs. Ölimportierende Länder von Deutschland über Argentinien bis Japan waren alle mit dem Problem konfrontiert, wie sie in Dollar exportieren konnten, um ihre neuen hohen Rechnungen für den Ölimport zu zahlen. Die Opec-Länder wurden mit neuen Öldollars überflutet. Ein grosser Teil dieser Öldollars kam auf Londoner und New Yorker Banken, wo ein neuer Prozess in Gang gesetzt wurde. Henry Kissinger gab ihm die Bezeichnung «Das Recycling von Petrodollars». Die Recycling-Strategie wurde bereits im Mai 1971 beim Bilderberger-Treffen in Saltsjoebaden, Schweden, diskutiert. Sie wurde von den amerikanischen Mitgliedern der Bilderberg-Gruppe präsentiert; die Details werden ausführlich dargestellt im Buch «Mit der Ölwaffe zur Weltmacht».1

      Petrodollar-Recyling: Der Beginn der Schuldenkrise der dritten Welt
      Die Opec erstickte fast an Dollars, die sie nicht brauchen konnten. Amerikanische und britische Banken nahmen die Opec-Dollar und verliehen sie in Form von Eurodollar-Bonds oder -Darlehen weiter an Drittweltländer, die dringend Dollar aufnehmen mussten, um ihre Ölimporte zu finanzieren. Die Anhäufung dieser Petrodollar-Schulden in den späten siebziger Jahren legte die Basis für die Schuldenkrise der Drittweltländer in den achtziger Jahren. Hunderte Milliarden Dollars wurden zwischen Opec, Londoner und New Yorker Banken und zurück in die Geld aufnehmenden Länder der dritten Welt recycelt.

      Der IWF wird «Schuldenpolizist»
      Im August 1982 brach die Kette schliesslich, und Mexiko kündigte an, dass es wahrscheinlich den Rückzahlungen seiner Eurodollar-Schulden nicht nachkommen würde. Die Schuldenkrise der dritten Welt begann, nachdem Paul Volcker und die US-amerikanische Notenbank Ende 1979 einseitig den US-Zinssatz angezogen hatten, als Versuch den schwachen Dollar zu retten. Nach drei Jahren mit rekordhohen US-Zinsen war der Dollar «gerettet», aber der Sektor der Entwicklungsländer drohte wirtschaftlich unter den US-Wuchserzinsen auf ihren Petrodollar-Darlehen zu ersticken. Um für die Rückzahlung der Schulden an die Londoner und New Yorker Banken zu sorgen, schalteten die Banken den IWF ein, der als «Schuldenpolizist» zu fungieren hatte. Öffentliche Ausgaben für Gesundheit, Bildung und Wohlfahrt wurden auf Anordnung des IWF zusammengestrichen, um sicherzustellen, dass der Schuldendienst für die Petrodollars gegenüber den Banken rechtzeitig geleistet werden konnte.

      Die Phase der Hegemonie des Petrodollars war ein Versuch des US-Establishments, den eigenen geopolitischen Niedergang als weltbeherrschendes Zentrum des Nachkriegssystems zu verlangsamen. Der Washington-Konsens des IWF wurde entwickelt, um die drakonischen Schulden der Drittweltländer einzutreiben, um sie zur Rückzahlung der Dollarschulden zu zwingen, was jegliche wirtschaftliche Unabhängigkeit der Länder im Süden verhinderte und den US-Banken half, den Dollar über Wasser zu halten.

      Trilaterale Kommission - die Einbindung Japans
      1973 wurde die Trilaterale Kommission von David Rockefeller und anderen ins Leben gerufen, um mit dem Aufkommen Japans als Industriegiganten fertig zu werden und zu versuchen, Japan in das System einzubinden. Japan war als grössere Industrienation ein wichtiger Importeur von Öl. Japans Handelsüberschüsse durch die Exporte von Autos und anderen Gütern wurden verwendet, um Öl mit Dollars zu kaufen. Die restlichen Überschüsse wurden in zinsbringende US-Schatzbriefe (Treasury bonds) investiert, um Zinsen abzuschöpfen. Die G-7 (heute G-8) wurde gegründet, um Japan und Westeuropa innerhalb des US-Dollar-Systems zu halten. Bis in die achtziger Jahre hinein verlangten verschiedene Stimmen in Japan immer wieder, dass sich die drei Währungen - der Dollar, die Deutsche-Mark und der Yen - die Rolle der Weltreserve teilen sollten. Das geschah niemals. Der Dollar blieb dominant.

      Von einem engen Blickwinkel aus betrachtet schien die Hegemoniephase des Petrodollars zu funktionieren. Darunter war sie weltweit auf einem Niedergang des wirtschaftlichen Lebensstandard aufgebaut, da die Vorgaben des IWF das Wachstum der nationalen Wirtschaften zerstörten und die Märkte für globalisierende multinationale Unternehmen aufbrachen, die in den achtziger und insbesonders in den neunziger Jahren ihre Produktion in billige Länder verlegen wollten.

      Aber sogar in der Petrodollar-Phase war die amerikanische Aussenhandels- und Militärpolitik immer noch von Stimmen des traditionellen liberalen Konsensus dominiert. Die amerikanische Macht hing davon ab, periodisch neue Handelsabkommen oder andere Fragen mit den US-Verbündeten in Europa, Japan und Asien auszuhandeln.

      Phase III beginnt: Der Petro-Euro - ein Rivale?
      Das Ende des kalten Krieges und das Aufkommen eines neuen geeinten Europas und der Europäischen Währungsunion in den frühen 90er Jahren stellte eine vollkommen neue Herausforderung für das «American Century» dar. Es dauerte einige Jahre, mehr als eine Dekade nach dem ersten Golfkrieg 1991, bis diese neue Herausforderung sich in ihrem ganzen Ausmass zeigte. Der gegenwärtige Irak-Krieg wird nur auf dem Hintergrund eines gewaltigen Kampfes innerhalb der neuen, dritten Phase zur Sicherung amerikanischer Vorherrschaft verständlich. Diese Phase ist bereits «demokratischer Imperialismus» genannt worden, ein Lieblingsbegriff von Max Boot und anderen Neokonservativen. Wie die Ereignisse im Irak nahelegen, wird sie wahrscheinlich nicht sehr demokratisch, wohl aber imperialistisch sein.

      Im Gegensatz zu der ersten Zeit nach 1945 ist in dieser neuen Ära die Offenheit der USA gegenüber den anderen Mitgliedern der G-7, ihnen Konzessionen zu gewähren, verschwunden. Jetzt ist ungeschminkte Macht das einzige Instrument, die amerikanische Dominanz langfristig aufrechtzuerhalten. Am besten wird dieser Logik von den neokonservativen Falken um Paul Wolfowitz, Richard Perle, William Kristol und anderen Ausdruck verliehen.

      Es muss aber betont werden, dass die Neokonservativen seit dem 11. September solchen Einfluss haben, weil die Mehrheit des US-Machtestablishments diese Ansichten als nützlich erachteten, um eine neue aggressive Rolle der USA in der Welt voranzutreiben.

      Statt mit den europäischen Partnern Übereinkünfte auszuarbeiten, betrachtet Washington Euroland zunehmend als bedeutende strategische Bedrohung für die amerikanische Hegemonie, vor allem das «Alte Europa» mit Deutschland und Frankreich. Genau wie Grossbritannien während seines wirtschaftlichen Verfalls nach 1870 zunehmend Rettung in verzweifelten imperialen Kriegen in Südafrika und anderswo suchte, benützten die USA ihre militärische Macht, um das zu erreichen, was sie mit wirtschaftlichen Mitteln nicht mehr erreichen können. Hierbei ist der Dollar die Archillesferse.

      Mit der Schaffung des Euro in den letzten fünf Jahren wurde dem globalen System ein völlig neues Element hinzugefügt, welches bestimmt, was wir die dritte Phase des «American Century» nennen. Diese Phase, in der der Irak-Krieg eine zentrale Rolle spielt, droht eine neue, bösartige und imperialistische Phase zu werden, welche die früheren Phasen amerikanischer Hegemonie ersetzen soll. Die Neokonservativen sprechen über diese imperialistische Agenda offen, während die eher traditionellen Vertreter der US-Politik sie abzustreiten versuchen. Die wirtschaftliche Realität, der sich der Dollar am Anfang des neuen Jahrhunderts gegenüber sieht, definiert diese neue Phase in einer verhängnisvollen Weise.

      Phase III: Dauernde Dominanz durch rohes Diktat
      Es gibt einen qualitativen Unterschied zwischen den beiden ersten Phasen des «American Century» - von 1945 bis 1973 und von 1973-1999 - und dieser neuen, sich herausbildenden Phase andauernder Dominanz in der Folge des 11. September und des Irak-Kriegs. Nach 1945 bis heute war die amerikanische Macht vor allem von der Art eines Hegemon. Ein Hegemon dominiert in einer Welt, in der die Macht ungleich verteilt ist, und seine Macht entsteht nicht nur durch Gewalt, sondern im Einverständnis mit seinen Verbündeten. Das ist auch der Grund, wieso der Hegemon zu bestimmten Diensten gegenüber den Verbündeten verpflichtet ist, wie beispielsweise militärische Sicherheit und Regulierung der Weltmärkte zum Vorteil einer grösseren Gruppe - ihn selbst eingeschlossen - zu leisten. Eine imperialistische Macht hat keine solchen Verpflichtungen gegenüber Verbündeten, einzig das rohe Diktat, wie es seine niedergehende Macht aufrechterhalten kann, was manche als «imperial overstretch» bezeichnen («imperiale Überdehung»). Das ist die Welt, die Amerika auf Anraten der neokonservativen Falken um Rumsfeld und Cheney mit einer Politik der Präemptivkriege beherrschen soll.

      Ein versteckter Krieg um die globale Hegemonie zwischen dem Dollar und der neuen Währung des Euro steht im Zentrum dieser neuen Phase.

      Die zwei Säulen der US-Herrschaft: militärische Vormacht ...
      Will man die Bedeutung dieser unausgesprochenen Schlacht um die Währungshegemonie verstehen, muss man zuerst verstehen, dass die US-Hegemonie seit dem Aufkommen der Vereinigten Staaten als dominierende Weltmacht nach 1945 auf zwei Säulen geruht hat, die nicht anzufechten waren. Die erste ist die militärische Überlegenheit gegenüber allen Gegnern. Die Vereinigten Staaten geben für die Verteidigung heute mehr als dreimal soviel aus wie die gesamte Europäische Union, nämlich über 396 Milliarden Dollar gegenüber 118 Milliarden Dollar im Vorjahr, und mehr als alle 15 nächstgrösseren Nationen zusammen. Washington plant innerhalb der nächsten fünf Jahre weitere 2,1 Billionen [2100 Milliarden] Dollar für die Verteidigung auszugeben. Keine Nation und keine Gruppe von Nationen kann mit diesen Verteidigungsausgaben schritthalten. China ist mindestens 30 Jahre davon entfernt, eine ernstzunehmende militärische Bedrohung zu werden. Niemand ist ein ernsthafter Gegenspieler gegen die amerikanische Militärmacht.

      ... und US-Dollar als Weltwährung
      Die zweite Säule der amerikanischen Vorherrschaft in der Welt ist die dominierende Rolle des US-Dollars als Weltwährung. Bis zur Einführung des Euro Anfang 1999 gab es keine potentielle Herausforderung der Dollarvorherrschaft im Welthandel. Seit den siebziger Jahren war der Petrodollar Kern der Dollarhegemonie. Letztere ist für die Zukunft einer amerikanischen Weltherrschaft in vieler Hinsicht strategisch ebenso wichtig, wenn nicht wichtiger als die überwältigende militärische Macht.

      Papiergeld Dollar
      Die entscheidende Veränderung fand statt, als Nixon die Bindung des Dollars an den Goldstandard kündigte, um freie Wechselkurse mit anderen Währungen einzuführen. Dadurch wurden die Beschränkungen, neue Dollarnoten zu drucken, beseitigt. Die einzige Beschränkung bestand nur noch darin, wie viele Dollars der Rest der Welt nehmen würde. Durch ihren festen Vertrag mit Saudi-Arabien, dem grössten Ölproduzenten der Opec, garantierte Washington, die Erzeugerin des «swings» (die preisbestimmende Menge Öl), dass Öl - der häufigste Rohstoff der Welt, der wichtigste für die Wirtschaft einer jeder Nation, die Grundlage für jeden Transport und für vieles in der Industriewirtschaft - auf den Weltmärkten nur noch gegen Dollars erhältlich war. Der Deal wurde im Juni 1974 von Staatssekretär Henry Kissinger durch die Gründung der US-Saudiarabischen Joint Commission on Economic Cooperation abgeschlossen.

      Dollarbindung des Öls
      Die amerikanische Schatzkammer und die amerikanische Zentralbank würden der Saudi-arabischen Zentralbank, SAMA, «erlauben», amerikanische Staatsanleihen mit saudischen Petrodollars zu kaufen. 1975 erklärten sich die Opec-Länder offiziell dazu bereit, ihr Öl nur gegen Dollars zu verkaufen. Eine geheime Erklärung des amerikanischen Militärs, Saudi-Arabien zu bewaffnen, war die Gegenleistung.

      Bis November 2000 wagte kein Opec-Land, die Dollarpreisregel zu verletzen. Solange der Dollar die stärkste Währung war, gab es auch wenig Anlass dafür. Aber im November 2000 überzeugten Frankreich und andere Mitgliedstaaten der EU Saddam Hussein, sich den USA zu widersetzen, indem er das irakische Öl-für-Nahrungsmittel nicht in Dollars, «der Feindwährung», wie der Irak sie nannte, sondern nur in Euro verkaufe. Die Euros befanden sich auf einem speziellen UN-Konto bei der führenden französischen Bank, BNP Paribas. Radio Liberty des amerikanischen Aussenministeriums brachte darüber eine kurze Meldung in den Nachrichten, die Geschichte wurde aber schnell zum Schweigen gebracht.2

      Dieser kaum wahrgenommene Schritt des Irak, sich dem Dollar zugunsten des Euro zu widersetzen, war für sich genommen unbedeutend. Doch, wenn das sich ausgebreitet hätte, insbesondere zu einem Zeitpunkt, in dem der Dollar schon geschwächt war, hätte das einen panischen Verkauf von Dollars durch ausländische Zentralbanken und Opec-Ölproduzenten bewirken können. In den Monaten vor dem jüngsten Irak-Krieg waren Anzeichen, die in diese Richtung deuteten, aus Russland, dem Iran, Indonesien und sogar Venezuela zu hören.

      Der Irak-Krieg - tödliche Warnung zur Rettung des Dollars?
      Ein Opec-Beamter aus dem Iran, Javad Yarjani, lieferte eine detaillierte Analyse darüber, wie die Opec in naher Zukunft ihr Öl an die EU gegen Euro und nicht gegen Dollars verkaufen würden. Im April 2002 sprach Yarjani in Oviedo in Spanien an einer Einladung der EU. Es sprechen alle Anzeichen dafür, dass der Irak-Krieg gezielt als der einfachste Weg angezettelt wurde, um eine tödliche vorsorgliche Warnung an die Opec-Länder und andere zu schicken, nicht damit zu liebäugeln, das System des Petrodollars zugunsten eines Systems, das auf dem Euro basiert, fallenzulassen.

      Informierte Bankierskreise in der City of London (dem Finanzplatz von London) und an anderen Orten Europas bestätigen vertraulich die Bedeutung dieser wenig zur Kenntnis genommenen Bewegung des Irak vom Petro-Dollar zum Petro-Euro. «Der Schritt des Irak war eine Kriegserklärung gegen den Dollar», erzählte mir neulich ein ehemaliger Londoner Bankier. «Sobald es klar war, dass England und Amerika den Irak eingenommen hatten, war ein grosser Seufzer der Erleichterung in den Banken der Londoner City zu hören. Sie sagten vertraulich, Ðjetzt müssen wir uns um diese verdammte Bedrohung durch den Euro keine Sorgen mehr machenð.»

      Warum sollte etwas so Kleines eine so grosse strategische Bedrohung für London und New York oder für die Vereinigten Staaten sein, dass ein amerikanischer Präsident dafür offensichtlich fünfzig Jahre alliierter Beziehungen in der ganzen Welt riskiert und mehr noch, einen militärischen Angriff startet, dessen Rechtfertigung vor der Welt nicht bestehen konnte?

      Petrodollar stützt die amerikanische Weltherrschaft
      Die Antwort liegt in der einzigartigen Rolle des Petro-Dollars für die Untermauerung der amerikanischen Wirtschaft.

      Wie funktioniert das? Solange fast 70% des Welthandels in Dollar abgewickelt werden, ist der Dollar die Währung, die die Zentralbanken als Reserve ansammeln. Aber die Zentralbanken, sei es in China, Japan, Brasilien oder Russland häufen nicht einfach nur Dollars in ihren Tresoren an. Währungen haben einen Vorteil gegenüber Gold. Eine Zentralbank kann sie benutzen, um staatliche Oligationen vom Herausgeber, den Vereinigten Staaten zu kaufen. Die meisten Länder der Welt sind gezwungen, ihre Handelsdefizite unter Kontrolle zu behalten, wollen sie sich nicht mit einem Währungszerfall konfrontiert sehen. Die Vereinigten Staaten nicht. Das liegt an der Rolle des Dollars als Reservewährung. Und die Untermauerung dieser Rolle als Reservewährung ist der Petrodollar. Jede Nation muss Dollars bekommen, um Öl importieren zu können, manche mehr als andere. Das hat zur Folge, dass ihr Handel sich an Dollar-Länder richtet, an die USA mehr als an alle anderen.

      Weil Öl der wichtigste Rohstoff für jede Nation ist, verlangt das Petrodollar-System, das bis heute existiert, die Entwicklung riesiger Handelsüberschüsse, um Dollarüberschüsse anzusammeln. Dies gilt für alle Länder ausser einem - den USA, die den Dollar beherrschen und ihn nach Belieben oder per Dekret drucken. Weil heute der Grossteil des gesamten internationalen Handels in Dollar abgewickelt wird, müssen die Länder ins Ausland gehen, um die Zahlungsmittel zu bekommen, die sie nicht selbst herausgeben können. Die Struktur des gesamten Welthandels bewegt sich heute rund um diese Dynamik, von Russland bis China, von Brasilien bis Südkorea und Japan. Jeder ist darauf aus, Dollarüberschüsse aus dem Export zu maximieren.

      Um diesen Prozess in Gang zu halten, haben die Vereinigten Staaten sich bereit erklärt, der letzte Importeur zu sein, falls sich kein anderer mehr findet, weil die ganze monetäre Hegemonie von diesem Dollar-Recycling abhängt.

      Die Zentralbanken von Japan, China, Südkorea, Russland und den anderen Ländern kaufen mit ihren Dollars alle Sicherheiten auf die US-Staatsanleihen, um damit Zinsen für ihre Dollar zu gewinnen. Sie legen sie nicht unter ihre Matratze. Das wiederum erlaubt den Vereinigten Staaten, einen stabilen Dollar und deutlich tiefere Zinssätze und mit dem Rest der Welt ein Zahlungsbilanzdefizit im Wert von 500 Milliarden Dollar zu haben. Die amerikanische Zentralbank beherrscht die Druckerpressen für den Dollar, und die Welt braucht Dollars. So einfach ist das.

      Die Bedrohung der USA durch Auslandschulden
      Aber vielleicht ist es doch nicht so einfach: Es ist ein äusserst instabiles System, weil die amerikanischen Handelsdefizite und Nettoschulden oder Aktiva und Passiva gegenüber ausländischen Konten inzwischen gut über 22% des Bruttosozialprodukts aus dem Jahre 2000 liegen und weiterhin rapide ansteigen. Die Auslandnettoverschuldung der Vereinigten Staaten - öffentlich wie privat - beginnt unheilverkündend zu explodieren. In den vergangen drei Jahren - seit die US-Börse zusammengebrochen ist und in Washington wieder Haushaltsdefizite aufgetaucht sind - hat sich die Nettoverschuldung gemäss einer kürzlich herausgebrachten Studie des Pestel-Instituts in Hannover beinahe verdoppelt. 1999, beim Zerplatzen der dot.com.-Blase, betrugen die US-Nettoschulden gegenüber dem Ausland ungefähr 1,4 Billionen Dollar. Am Ende dieses Jahres werden sie schätzungsweise 3,7 Billionen Dollar überschreiten. Vor 1989 waren die Vereinigten Staaten ein Netto-Geldgeber, der mehr durch seine Auslandsinvestitionen gewonnen hat, als er ihnen an Zinsen für Staatsanleihen oder andere Vermögenswerten zahlte. Seit dem Ende des kalten Krieges bis heute sind die USA ein Nettoschuldner in Höhe von bis zu 3,7 Billionen Dollar geworden. Das ist nicht gerade das, was Hilmar Kopper* «peanuts» nennen würde.

      Es bedarf keiner grossen Voraussicht, um zu sehen, in welchem Ausmass die Rolle der Vereinigten Staaten durch diese Defizite bedroht ist. Mit einem jährlichen Defizit von mehr als 500 Milliarden Dollar, mehr als 5% des Bruttoinlandsprodukts, müssen die Vereinigten Staaten mindestens für 1,4 Milliarden Dollar importieren oder anziehen, um einen Zerfall des Dollars zu vermeiden und um die Zinssätze niedrig genug für die Unterstützung der schuldenbelasteten Firmen zu halten. Diese Nettoverschuldung verschlimmert sich in rasanten Schritten. Würden Frankreich, Deutschland, Russland und einige Opec-Länder jetzt einen kleinen Anteil ihrer Dollars in Euros umwandeln, um Obligationen von Deutschland oder Frankreich oder dergleichen zu kaufen, würden die USA mit einer strategischen Krise konfrontiert, wie sie seit 1945 keine gesehen haben. Diese Bedrohung abzuwenden war eine der versteckten strategischen Gründe für die Entscheidung, einen, wie es heisst, «Regimewechsel» im Irak anzustreben. Das ist genauso einfach, wie es kalt ist. Die Zukunft von Amerikas Status als einziger Supermacht hing daran, die Bedrohung, die vor allem aus Eurasien und den Euroländern kam, abzuwenden. Der Irak war und ist eine Schachfigur in einem weitaus grösseren strategischen Spiel, einem um höchste Spieleinsätze.

      Der Euro bedroht die Hegemonie
      Als der Euro am Ende des letzten Jahrzehnts lanciert wurde, gingen führende Regierungsmitglieder der EU, Bankiers der Deutschen Bank, Norbert Walter und der französische Präsident Chirac zu den Haltern der hauptsächlichen Dollarreserven - China, Japan und Russland - und versuchten sie davon zu überzeugen, zumindest einen Teil ihrer Währungsreserven in Euro statt in Dollar anzulegen. Allerdings kollidierten sie mit der Notwendigkeit, den zu hoch bewerteten Euro zu entwerten, damit deutsche Exporte das Wachstum der Euroländer stabilisieren konnten.

      Dann, mit dem Debakel von US-dot.com, das wie eine Blase platzte, der Finanzskandale von Enron und Worldcom und der Rezession in den USA begann der Dollar seine Anziehungskraft für ausländische Investoren zu verlieren. Der Euro gewann bis Ende des Jahres 2002 stetig an Wert. Als dann Frankreich und Deutschland ihre geheime diplomatische Strategie entwikkelten, den Krieg im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu blockieren, tauchten Gerüchte auf, wonach die Zentralbanken von Russland und China im Stillen begonnen hätten, Dollars zu verkaufen und Euro zu kaufen. Die Folge davon war der freie Fall des Dollars am Vorabend des Krieges. Für den Fall, dass Washington den Irak-Krieg verlieren würde oder er sich zu einem langdauernden blutigen Debakel entwickeln sollte, war das Szenario bereits gemacht.

      Eine andere «Massenvernichtungswaffe»
      Aber Washington, führende Banken New Yorks und höhere Ebenen der amerikanischen Elite wussten genau, was auf dem Spiel stand. Im Irak ging es nicht um einfache chemische oder auch nukleare Massenvernichtungswaffen. Die «Massenvernichtungswaffen» bestanden in der Bedrohung, dass andere dem Irak folgen und weg vom Doller hin zum Euro einschwenken würden, um so eine Massenvernichtung der Hegemonie der amerikanischen Wirtschaft in der Welt zu erzeugen. Wie ein Wirtschaftler es formulierte, wäre das Ende der Rolle des Dollars als Weltwährung eine «Katastrophe» für die Vereinigten Staaten. Der Zinsfuss der amerikanischen Zentralbank würde höher als 1979 angehoben werden müssen: Damals hob Paul Volcker beim Versuch, den Zerfall des Dollars zu stoppen, den Zinsfuss um über 17% an. Wenige wissen, dass die Krise des Dollars 1979 ebenfalls eine direkte Folge der Bewegungen von Deutschland und Frankreich unter Schmidt und Giscard waren, um Europa zusammen mit Saudi-Arabien und anderen zu verteidigen, die begannen, US-Schatzanweisungen zu verkaufen, um gegen die Politik der Carter-Administration zu protestieren. Es lohnt zudem, sich in Erinnerung zu rufen, dass die Reagan-Administration nach der Rettung des Dollars durch Volcker, gestützt von vielen der heutigen neokonservativen Falken, mit riesigen militärischen Verteidigungsausgaben begann, um die Sowjetunion herauszufordern.

      Eurasien versus anglo-amerikanische Inselmacht
      Dieser Kampf von Petro-Dollars gegen Petro-Euros, der im Irak begann, ist trotz des scheinbaren Sieges der USA im Irak keinesfalls vorbei. Der Euro ist nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion von französischen geopolitischen Strategen zur Etablierung einer multipolaren Welt geschaffen worden. Das Ziel war, einen Ausgleich zur übermächtigen Dominanz der USA im Weltgeschäft zu schaffen. Es ist daher bezeichnend, dass sich französische Strategen auf einen britischen geopolitischen Strategen stützen, nämlich auf Sir Halford Mackinder, um ihre konkurrierende Alternativmacht gegenüber den USA zu entwickeln.

      Im vergangen Februar, schrieb ein dem französischen Geheimdienst nahestehendes Blatt, Intelligence Online, einen Artikel mit dem Titel «Die Strategie hinter der Paris-Berlin-Moskau-Achse». Bezugnehmend auf den Uno-Sicherheitsrats-Block Frankreich-Deutschland-Russland, der versuchte, die amerikanischen und britischen Kriegsbewegungen gegen den Irak zu stoppen, verweist der Pariser Bericht auf die jüngsten Anstrengungen der Europäer und anderer Mächte, eine Gegenmacht gegen die Vereinigen Staaten zu schaffen. Und unter Bezugnahme auf das neue Bündnis von Frankreich und Deutschland - und noch neuer - mit Putin, schreiben sie «eine neue Logik und sogar Dynamik scheint aufgekommen zu sein. Durch eine Allianz zwischen Paris, Moskau und Berlin, die vom Atlantik nach Asien geht, könnte sich ein Ende der US-Macht abzeichnen. Zum ersten Mal seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts hat sich die Idee eines Kernlandes der Welt - der Alptraum britischer Strategen - wieder in die internationalen Beziehungen eingeschlichen.»3

      Eurasische Bedrohung
      Mackinder, der Vater der britischen Geopolitiker, schrieb in seinem bedeutenden Text, «The Geograhical Pivot of History» («Die geographische Drehscheibe der Geschichte»), dass die Kontrolle des eurasischen Kernlandes, von der französischen Normandie bis Wladiwostock, die einzig mögliche Bedrohung sei, die der Seemacht Grossbritanniens etwas entgegen setzen könnte. Bis 1914 basierte die britische Diplomatie darauf, eine solche eurasische Bedrohung abzuwenden, damals im Hinblick auf die Expansionspolitik des deutschen Kaisers nach Osten mit dem Bau der Bagdad-Bahn und dem Aufbau der deutschen Tirpitz-Marine. Der erste Weltkrieg war das Resultat. Bezüglich der laufenden Bemühungen der Briten und später der Amerikaner, einen eurasischen Zusammenschluss als Rivalen zu verhindern, unterstreicht der Pariser Geheimdienst-Bericht folgendes: «Diese strategische Annäherung (d.h. eine eurasische Kernland-Einheit zu bilden) liegt allen Kämpfen zwischen den kontinentalen Mächten und den Seemächten (GB, USA und Japan) zugrunde. Es ist die Macht Washingtons über die Meere, die - sogar heute - die unerschütterliche Unterstützung Londons für die USA und die Allianz zwischen Tony Blair und Bush diktiert.»

      Eine andere gut informierte französische Zeitschrift, Reseau Voltaire.net, schrieb am Vorabend des Irak-Krieges, dass der Dollar «die Achillesverse der USA» sei4. Dies ist - milde gesagt - eine Untertreibung.

      Der Irak-Krieg war schon lange geplant
      Die aufkommende Bedrohung durch eine französische geführte Euro-Politik mit dem Irak und anderen Ländern brachte führende Kreise des US-politischen Establishments zum Nachdenken über die Bedrohung des Petro-Dollar-Systems, lange bevor Bush Präsident war. Während Perle, Wolfowitz und andere führende Neokonservative eine massgebliche Rolle bei der Entwicklung einer Strategie zur Stützung des lahmenden Systems spielten, zeichnete sich ein neuer Konsens ab, welcher die Hauptelemente des traditionellen Establishments des kalten Krieges um Figuren wie Rumsfeld und Cheney einbezog.

      Im September 2000, während der Kampagne, veröffentlichte ein kleiner Washingtoner Thinktank das «Projekt für das neue amerikanische Jahrhundert» (Projekt for the New American Century», PNAC) eine grosse Politik-Studie: «Rebuilding America`s Defenses: Strategies, Forces and Resources for a New Century (Neuaufbau der amerikanischen Verteidigung: Strategien, Kräfte und Quellen für ein neues Jahrhundert).» Der Bericht ist sehr nützlich, um die gegenwärtige Verwaltungspolitik in vielen Bereichen besser zu verstehen. Über den Irak heisst es dort: «Die Vereinigten Staaten sind seit Jahrzehnten bemüht, eine beständigere Rolle in der Sicherheit der Golfregion zu spielen. Während der ungelöste Konflikt mit dem Irak den direkten Grund liefert, übersteigt die Notwendigkeit einer substantiellen amerikanischen Armeepräsenz im Golf das Ziel einer Überwindung des Regimes von Saddam Hussein.»

      Das «Projekt für das neue amerikanische Jahrhundert»
      Dieses PNAC-Papier ist die wesentliche Basis für das Weissbuch des Präsidenten vom September 2002, «The National Security Strategy of the United States of America». Das PNAC-Papier unterstützt einen «Entwurf für den Erhalt der globalen US-Vormachtstellung, die das Aufkommen eines grossen Machtrivalen ausschliesst und die internationale Sicherheitsordnung auf der Grundlage amerikanischer Prinzipien und Interessen gestaltet. Die amerikanische Grossstrategie muss so weit wie möglich in die Zukunft hinein geplant werden.» Weiter müssen die USA «fortgeschrittene Industrienationen davon abbringen, unsere Führerschaft in Frage zu stellen oder nur auf eine grössere regionale oder globale Rolle zu spekulieren.»

      Die PNAC-Mitgliedschaft(sliste) von 2000 liest sich wie ein Dienstplan der heutigen Bush-Administration. Sie enthält Cheney, seine Frau Lynne Cheney, den neokonservativen persönliche Berater Cheney`s, Lewis Libby; Donald Rumsfeld; Rumsfelds Deputy Secretary Paul Wolfowitz. Sie enthält ebenfalls den Chef des National Security Council SC für den Nahen Osten, Elliott Abrams; John Bolton vom State Department, Richard Perle, und William Kristol. Mit von der Partie waren auch der frühere Vizepräsident von Lockheed-Martin, Bruce Jackson, und der ex-CIA-Kopf James Woolsey, zusammen mit Norman Podhoretz, einem weiteren Gründungsmitglied der Neo-Cons. Woolsey und Podhoretz sprechen offen davon, sich im «Vierten Weltkrieg» zu befinden.

      Eine menschliche Finanzwirtschaft entwickeln
      Es wird vielen immer klarer, dass es bei dem Krieg im Irak um den Erhalt eines bankrotten amerikanischen Jahrhundertmodells zur Weltbeherrschung geht. Es ist ebenso klar, dass der Irak nicht das Ende sein wird. Was jedoch nicht klar ist und was in der ganzen Welt offen diskutiert werden muss, ist, wie die gescheiterte Petro-Dollar-Ordnung durch ein neues System für globalen wirtschaftlichen Wohlstand und Sicherheit ersetzt werden kann.

      Jetzt, da im Irak ein internes Chaos droht, ist es wichtig, die gesamte Nachkriegs-Währungsordnung neu zu überdenken. Die gegenwärtige französisch-deutsch-russische Allianz zur Bildung eines Gegengewichts gegenüber den Vereinigten Staaten benötigt nicht allein eine französisch-geführte Version des Petro-Dollar-Systems, so etwas wie ein Petro-Euro-System, das das bankrotte amerikanische Jahrhundert nur mit einem französischen Akzent weiterführt und in dem der Dollar lediglich durch den Euro ersetzt würde. Dies wäre nicht nur eine Verschwendung menschlicher Energien und würde zu steigender Arbeitslosigkeit in den Industrie- und Entwicklungsländern führen, sondern es würde auch den Lebensstandard weltweit weiter herabsetzen. Was einige Ökonomen während der Asienkrise 1998 begannen, muss weitergeführt werden: Ein grundsätzliches Nachdenken über die Basis für ein neues monetäres System, welches die menschliche Entwicklung unterstützt und nicht zerstört.

      1 Engdahl, F. William, Mit der Ölwaffe zur Weltmacht, Wiesbaden 2002. Im Kapitel 9-10 wird die Schaffung und Auswirkung des Recycling-Petrodollars und das geheime Saltsjoebaden Treffen 1973 für die Vorbereitung der Ölkrise ausgeführt.

      2 Pressemitteilung des Radio Liberty/RFE, Charles Recknagel «Irak: Bagdad bewegt sich auf den Euro zu», 1. November 2000. Die Nachricht wurde während 48 Stunden durch CNN und andere Medien aufgenommen und verschwand prompt aus den Schlagzeilen. Seit dem Artikel von William Clark «Die wirklichen, aber unausgesprochenen Gründe für den bevorstehenden Irak-Krieg» erschien im Internet am 2. Februar 2003 - eine lebendige Online-Diskussion über den Öl-Euro-Faktor fand statt, aber abgesehen von gelegentlichen Erwähnungen im Londoner «Guardian» wurde in den Hauptmedien wenig über die strategischen Hintergrundfaktoren für die Washingtoner Entscheidung, gegen Irak vorzugehen, gesagt.

      3 Der Geheimdienstonline-Herausgeber, Guillaume Dasquie, ist ein französischer Spezialist für strategische Geheimdienste und hat für die französischen Geheimdienste bezüglich des bin-Laden-Falls und andere Untersuchungen gearbeitet. Seine Erwähnungen zur französischen Geopolitik reflektieren klar das französische Denken auf hohem Niveau.

      4 erschien am 4. April 2003. Er erörtert im Detail eine französische Analyse über die Verletzlichkeit des Dollarsystems am Vorabend des Irak-Krieges


      Artikel 5: Zeit-Fragen Nr.22 vom 16. 6. 2003, letzte Änderung am 17. 6. 2003
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      Avatar
      schrieb am 18.06.03 17:17:05
      Beitrag Nr. 3.155 ()
      Zwei Finanzgruppen organisieren die Finanzmärkte

      Die Finanzmärkte sind aber im Grund keine wirklich freien Märkte, sondern weithin bis hin zur Währungssouveränität direkt oder indirekt, offen oder über Treuhänder bei zwei weltführenden Finanzgruppen organisiert (Rothschild-Gruppe und Rockerfeller-Gruppe), deren Treuhändern auch eine Mehrheit in der privaten Federal Reserve Bank zugesagt wird, so dass die führenden Finanzgruppen der Welt nicht nur die mächtigste Zentralbank der Welt beherrschen, sondern über diese Bank sich selbst auch ihre Zinsen, die Wechselkurse und sogar den Zeitpunkt eines Crashs bestimmen können. Das Geschehen an den Finanzmärkten ist also nicht zufällig und nicht von den Anlegern bestimmt, sondern von den strategischen Überlegungen der genannten Hochfinanz. (S. 101)

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      Weltbeeinflussung durch gezielte Propaganda

      Parallel zu den Finanzmassnahmen der führenden Finanzmächte läuft die Weltbeeinflussung durch gezielte Propaganda aus den von der gleichen Macht beherrschten Medien. Die Hochfinanz kann international über die von ihr beherrschten Medien jederzeit positive oder negative Meldungen verbreiten lassen. Ihr gehört sogar das grösste Telekommunikationssystem der Welt, über das sie jederzeit Nachrichten durchlassen oder unterdrücken lassen kann. Und glaubt man den berichteten Treuhandverhältnissen von angeblich selbständigen Grossverlegern in der Welt, so deutet auch dies auf globale Mediensteuerung der Weltfinanzzentralen hin. (S. 102f.)

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      Verlierer ist der Mittelstand

      In der Weltdepression Anfang der dreissiger Jahre hat in den USA die Hochfinanz ihren relativen Vermögensanteil von 20% auf über 34% angehoben, dagegen haben 8 Millionen Sparer sämtliche Ersparnisse und ebensoviele Millionen ihrer wesentlichen Börsenwerte verloren. Der Verlust wurde also im wesentlichen auf den Mittelstand abgeladen. Diese Situation wird sich auch im kommenden Crash einstellen, weil die mittelständischen Anleger weder ausreichende Kenntnisse über die Hintergründe der Börse und der Finanzderivate haben noch beurteilen können, ob die Werte, die ihnen von den Bankenvertretern aufgeschwätzt wurden, überhaupt werthaltig sind, weil sie wie die Lemminge den Börsenkursen bestimmter Märkte weithin nachgelaufen sind.

      Wir werden also den nächsten Börsencrash wiederum mit einer Verarmung der mittelständischen Anleger einhergehen sehen. Viele werden ihre Ersparnisse verlieren, viele werden ihre angeblichen Börsenwerte zusammenschmelzen sehen, viele werden von der Substanz, die ihnen bleibt, nicht mehr leben können. (S. 107)

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      Hochfinanz steuert den Crash

      Bei der letzten grossen Wirtschaftskrise Anfang der dreissiger Jahre hat die Hochfinanz in den USA ihren Vermögensanteil von 20% auf 34% erhöht, ist also als relativer Gewinner aus dem Crash hervorgegangen. Insofern ist auch für den kommenden Crash damit zu rechnen,

      dass dieser Crash erst dann zum Zuge kommen darf, wenn die Hochfinanz ihre Vorbereitungen dafür abgeschlossen hat,
      dass die nächste Krise nicht nur eine Vermögensvernichtung bei bestimmten Gruppen (Mittelstand) darstellen wird, sondern vor allem eine Vermögensumschichtung zugunsten der Hochfinanz,
      dass eine von der internationalen Hochfinanz gesteuerte Crash-Situation keine Rücksicht auf irgendwelche Länder nimmt, sondern global betrachtet werden muss,
      dass in einem Crash für die Betreiber nicht die Realwirtschaft, sondern die Finanzwirtschaft entscheidend ist,
      dass ein Crash sehr wohl in die Pläne der Hochfinanz passen könnte, wenn sie die übersteigerten Finanzblasen wieder korrigieren muss,
      dass sogar die den beiden Hochfinanzgruppen gehörenden Banken eine Ursache des Crash werden könnten, wenn der Crash geplant ausbrechen soll. (S. 102)


      Artikel 1: Zeit-Fragen Nr.22 vom 16. 6. 2003, letzte Änderung am 17. 6. 2003
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      Avatar
      schrieb am 18.06.03 17:41:41
      Beitrag Nr. 3.156 ()
      @H_S /all

      Geld ist mit natuerlichen Ressourcen nicht vergleichbar,
      denn es erhalt seinen Wert erst durch einen Vertrag
      zwischen Schuldner und Geldgeber. Erst die allgemeine
      Aktzeptanz dessen fuehrt zu Geld als einer Art
      Arbeitsenergie.

      Die Sache mit dem `wenn ich keine Zinsen bekomme, oder
      gar zahlen muss - dann gebe ich mein Geld nicht aus oder
      kaufe haufenweise Muell` muss man im Detail regulieren.
      Ich hab jetzt kein Patentrezept auf Lager, aber:
      Es muss geregelt werden, dass Geld umlaueft und investiert
      wird, und zwar immer und nicht nur dann, wenn es sich
      weiter vermehrt. Dafuer geignete Regeln zu entwickeln
      kann nicht unmoeglich sein. Wir brauchen dringend
      sehr viel Geld fuer langfristige Zukunftsinvestitionen
      bspw. fuer die Energieversorgung. Und es ist nicht so,
      das das Geld dafuer nicht da waere.




      Ich wuerde hier gerne mehr schreiben, aber dann muesste
      ich meine Arbeit zu sehr vernachlaessigen.
      Grundsaetzlich denke ich das unser Wirtschaftssystem so
      nicht zukunftsfaehig ist. Grundsaetzliche Dinge wie die
      Grenzen des Wachstums wurden laengst dargestellt.

      Hier sollten wir offen Veraenderungsmoeglichkeiten
      diskutieren.
      Gut waeren mal ein paar mathematische Modelle die Geldumlauf
      und Verteilung in der Bevoelkerung in Abhaengigkeit weniger
      Parameter wie Zinsen und Geldmengenwachstum simulieren.
      Wer kennt sich aus in mathematischen Wirtschaftsmodellen?


      mfg,
      MHaze
      Avatar
      schrieb am 18.06.03 17:53:30
      Beitrag Nr. 3.157 ()
      Pokerspiel mit Stadtwerken
      Immer mehr Städte in Europa schließen dubiose US-Leasing-Verträge ab (Teil I)


      Von Werner Rügemer

      US-amerikanische und deutsche Banken haben eine Profitquelle entdeckt: Scheintransaktionen mit der öffentlichen Infrastruktur

      Man stelle sich einmal folgendes vor: Ein "US-Investor" schickt seine Abgesandten nach Sizilien und Süditalien, um mit Bürgermeistern und Stadträten milliardenschwere "Leasingverträge" über Straßenbahnen, Wasser- und Klärwerke abzuschließen. Die Verträge hätten eine Laufzeit von 100 Jahren, aber angeblich ändere sich für die Städte nichts, zur Belohnung bekämen sie aber am ersten Tag mehrere Millionen Dollar cash ausgezahlt. Der "US-Investor" würde seinen Namen nie nennen, die Stadträte würden den Verträgen zustimmen, ohne sie je gelesen zu haben. Was würde dazu der aufgeklärte Europäer sagen? "Das ist doch Mafia!" Wie aber, wenn solche geheimnisvollen Verträge seit einem halben Jahrzehnt überall in Westeuropa abgeschlossen würden? Ganz normal, in Dresden und Köln, in Zürich und Amsterdam? übrigens: Es ist wirklich so, und es ist schlimmer als die Mafia.

      Seit einigen Jahren rennen Großbanken, Landesbanken und Finanztöcher von Großkonzernen den deutschen Kommunen die Türen ein. Das heiße Sonderangebot heißt "Cross Border Leasing" (CBL). Dabei werden städtische Anlagen wie Klärwerke, Kanalnetze, Messehallen, Müllverbrennungsöfen und Straßenbahnen einem "US-Investor" vermietet und wieder zurückgemietet, angeblich. In den USA entsteht dabei ein Steuervorteil, von dem der Investor der Kommune einen kleinen Teil, den sogenannten "Barwertvorteil", abgibt, sozusagen als Belohnung für das Mittun in der globalen Steuerrallye. Der Anteil für die Kommune beträgt je nach Größe der Anlage zwischen zehn und 30 Millionen Dollar. Nicht nur deutsche Finanzinstitute sind mit diesem Angebot erfolgreich, auch Großbanken in der Schweiz, in den Niederlanden, in Belgien usw. bringen Großstädte überall in ihren Ländern dazu, sich auf CBL-Deals einzulassen. Die fragwürdigen Rechtsgrundlagen und die Risiken werden Ratsmitgliedern und Öffentlichkeit dabei verschwiegen.
      ......
      Kurzer Ausschnitt:
      .....
      Die amerikanischen Auslandsinvestitionen wachsen auf diese Weise, das Bruttosozialprodukt wächst, die US- und die europäischen Banken verdienen. Und alle, die nicht wissen, wie das zustande kommt, glauben an die erfolgreiche US-Wirtschaft.
      .....

      Ein weiteres schönes Beispiel für weitsichtige Politiker und das vielgepriesene amerikanische Wirtschaftswunder

      http://www.miprox.de/News.html

      Immer mehr Städte in Europa schließen dubiose US-Leasingverträge (Teil 2 und Schluß )

      Die Gewinner dieser juristischen Schmierenkomödie sind die beteiligten Banken aus Deutschland und Europa. Sie haben sich in den letzten Jahren in den Finanzplatz USA eingekauft, um dessen "unbegrenzte Möglichkeiten" zu nutzen. Mit Hilfe ihrer Strohpuppe namens "Investor" sparen sie erstens Steuern in den USA auf Kosten der dortigen Steuerzahler. Dieser Steuervorteil des "Investors" beträgt zwischen zehn und 35 Prozent der Investitionssumme, im Falle des Kölner Vertrages also zwischen 60 und 210 Millionen Dollar. Und sie vermindern zweitens durch diese "Auslandsinvestition" gleichzeitig noch ihre Steuerlast in Deutschland. Sie ziehen Gewinn aus der Belastung zweier steuerlicher Solidargemeinschaften. Dagegen sind die 26 Millionen Dollar "Barwertvorteil" für die Kommunen nur Peanuts.

      Drittens verdienen die Banken an den Krediten, viertens erweitern sie ihr Eigenkapital und ihr Kreditvolumen. Sie halten damit zwei Staaten im Würgegriff und saugen sie aus. Der deutsche Staat bietet darüber hinaus eine Sicherheit, die im Dschungel der internationalen Finanztricksereien sonst niemand bieten kann. Denn die Kommunen können nach deutschem Recht nicht pleite gehen (auch wenn in der Öffentlichkeit gern von "bankrotten Kommunen" die Rede ist), es haften Land und Bund.


      Schmutzige Tricks

      Nicht umsonst sind die Verträge viele hundert Seiten dick und werden den Anwaltskanzleien hoch vergütet. Es soll hier ja etwas möglich gemacht werden, was es eigentlich in der auf das Privateigentum gegründeten Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung nicht gibt, nämlich daß ein einziges Wirtschaftsgut zwei verschiedenen Eigentümern gehört, jeweils vollständig zu 100 Prozent. Einerseits soll sich für die Kommune in Deutschland nichts ändern - sie bleibt Eigentümerin ihrer Kläranlage mit allen Rechten und Pflichten. Gleichzeitig soll in den USA ein weiterer Eigentümer hinzukommen, dem die Kölner Kläranlage ebenfalls gehört, mit allen Rechten und Pflichten, damit er die Anlage seinem Finanzamt gegenüber steuermindernd abschreiben kann.

      Die wundersame und für die Banken so profitable Verdoppelung des Eigentümers muß möglichst geheimgehalten werden. Zugleich aber legt der "Investor" natürlich Wert darauf, daß er zur Absicherung des hundertjährigen Theaters Zugriff auf die Kläranlage im fernen Germany hat. Deshalb werden mit der Kommune dingliche Sicherheiten vereinbart. Sie müßten nach deutschem Recht ins Grundbuch eingetragen werden. Das aber würde die Gefahr beinhalten, daß sie der Öffentlichkeit bekannt werden. Deshalb werden die Vereinbarungen im Tresor eines New Yorker Treuhänders hinterlegt. Im Konfliktfall aber sind sie plötzlich da, wie aus heiterem Himmel.

      Der Konfliktfall ist in den Verträgen präzise beschrieben. Der "Investor" weiß über jeden Kanalmeter im Kölner Untergrund und über jedes Rührwerk, jedes Abwasserbecken und jeden Reinigungsfilter in den Klärwerken Stammheim, Langel, Weiden und Rodenkirchen genau Bescheid. Wertgutachter und Ingenieure etwa von Deloitte & Touch haben umfangreiche technische und Bestandsverzeichnisse erstellt. Sie sind Teile der Verträge. Die Anlage muß in vollem Umfang funktionstüchtig gehalten werden. Rechtlich kann eine längere Betriebsunterbrechung oder die Undichtigkeit eines großen Kanals seitens des Investors zur Kündigung der Verträge führen. Stillegung einer überdimensionierten Müllverbrennungsanlage, nicht reparierte Straßenbahnwagen im Depot, leerstehende Messehallen - all dies sind seitens des "Investors" Kündigungsgründe - mit der Folge eines hohen Schadenersatzes, der ein Vielfaches des Barwertvorteils betragen kann.

      Darin könnte sogar der Reiz für den "Investor" liegen: die Kommune abzukassieren. Seine Zugriffsmöglichkeit auf das Vermögen der Stadt ist zusätzlich dadurch gegeben, daß die Verträge amerikanischem Recht unterliegen. Rechtlich verbindlich ist nicht die für Laien vereinfachte, deutschsprachige Kurzdarstellung für die Ratsmitglieder in Köln, sondern der ausführliche englischsprachige Vertragstext, der in New York unterschrieben wird, wo sich auch der Gerichtsstand befindet. Nach amerikanischem Recht können Anwälte vor amerikanischen Gerichten bekanntlich enorme Schadenersatzsummen herausholen. Darauf sind die Verträge angelegt. Auch wenn die deutsche oder schweizerische Kommune darauf besteht, nach ihrem nationalen Recht gehöre ihr die Anlage, so ist dies im Konfliktfall bedeutungslos. Denn dann gilt das Recht der USA. Und danach gehören die Anlagen dem "US-Investor".

      Einen Vorgeschmack auf die Härte des Gesetzes und die mit CBL ("Cross Border Leasing")verbundenen Risiken hat die Stadt Aachen bekommen. Sie hat ein Jahr lang über einen Leasingvertrag für ihre Müllverbrennungsanlage verhandelt. Man hatte sich einen "Barwertvorteil" von 30 Millionen Mark erhofft. Ende 2001 scheiterten die Verhandlungen. Aber allein für die etwa einjährigen Verhandlungen soll Aachen an Banken, Anwaltskanzleien und weitere Berater 19 Millionen Mark bezahlen.


      Verheimlichte Risiken

      Den Banken und den Kommunalverantwortlichen sind die Risiken bewußt. Nicht ohne Grund beharren sie auf der Vertraulichkeit, die dem "Investor" zugesichert werden müsse. Die CBL leben von der Heimlichkeit. In keiner Publikumszeitung Nordamerikas und Europas wurde im Laufe des letzten Jahrzehnts ein Artikel über die immer zahlreicheren quasi illegalen Verträge mit deutschen und europäischen Kommunen veröffentlicht.

      Die oberste Steuerbehörde in Washington, der Internal Revenue Service (IRS), ist am 11. März 1999 im Revenue Ruling 99/14 auf die immer weiter um sich greifenden Leasingverträge mit ausländischen Städten eingegangen. In dieser Verfügung, die im Amtsblatt der Regierung veröffentlicht wurde, wird klargemacht, daß die CBL Scheingeschäfte darstellen, die keinen wirtschaftlichen Sinn haben und allein der Steuergestaltung dienen; ihnen sei deshalb die steuerliche Anerkennung zu versagen. "Die Verpflichtung des Investors, sein Darlehen zurückzuzahlen, wird vollständig durch die Zahlungen der Kommune ausgeglichen. Der Investor geht wegen der Vereinbarungen mit der Bank keinerlei Risiko ein. Auch die Bank geht keinerlei Risiko ein. Wegen des zirkulären Charakters der Zahlungen entsteht kein wirtschaftlicher Effekt."

      Schlußfolgerung: "Diese Leasingverträge haben keine wirtschaftliche Substanz. Deshalb können sie nicht zu den erhofften Steuervorteilen führen." Ein Sprecher des IRS bestätigte, daß sich an der Auffassung der Behörde auch unter der neuen Regierung von George Bush nichts geändert habe: "Solche Transaktionen haben keinerlei wirtschaftliche Folgen. Sie werden einzig aus steuerlichen Gründen durchgeführt. Wenn man einen solchen Deal eingeht, erkennen wir ihn nach unserem Steuerrecht nicht an."

      Nach dem Revenue Ruling 99/14 hat die Leasingbranche an den Verträgen ein bißchen nachgebessert, etwa durch die Verlängerung der Vertragslaufzeit auf 100 Jahre (allerdings trickreich relativiert durch die "Beendigungsoption" nach 24 Jahren), aber die Kriterien der mangelnden wirtschaftlichen Substanz sind dadurch nicht ausgehebelt. Daß die "Investoren" bisher dennoch ihre Abschreibung erhalten, geht am Gesetz vorbei. Das wird dadurch möglich, daß die US-Regierung die Investitionstätigkeit fördert, auch wenn sie fiktiv und durch die Gesetzeslage nicht gedeckt ist. Die amerikanischen Auslandsinvestitionen wachsen auf diese Weise, das Bruttosozialprodukt wächst, die US- und die europäischen Banken verdienen. Und alle, die nicht wissen, wie das zustande kommt, glauben an die erfolgreiche US-Wirtschaft.

      Dennoch besteht die Möglichkeit, daß bei einer Reform des internationalen Finanzsystems in Zukunft solche Praktiken abgeschafft werden und daß auch die US-Regierung zur Einhaltung "westlicher Standards" gebracht werden kann. Das Urteil der Welthandelsorganisation WTO vom 24. Februar 2000 (bestätigt im Januar 2002) zur Unzulässigkeit der US-Exportförderung über Briefkastenfirmen auf den Cayman Islands und andere Finanzoasen könnte ein Signal in diese Richtung sein.

      Selbst wenn eine solche Entwicklung in den USA nicht eintritt - und dafür macht sich die Regierung Bush stark -, enthalten die Verträge neben den genannten Risiken weitere Nachteile, die den "Barwertvorteil" weit übersteigen können. Die Kommunen sind nämlich für mindestens 24 oder auch 100 Jahre unwiderruflich an das jetzt festgestellte Wertvolumen ihrer Anlagen gefesselt. Die Anlage darf also nicht billiger werden. So müßte etwa die Messe Essen ihre gegenwärtig gerade noch ausgelasteten Messehallen bis zum Jahre 2026 oder gar 2102 im vollen Umfang betreiben, selbst wenn sich herausstellen sollte, daß die Hallen im Jahre 2016 nur noch zur Hälfte ausgelastet sind.


      Technologischer Hemmschuh

      Noch schwerwiegender ist die Lage bei den Abwasserentsorgungsanlagen. Hier steht im Unterschied zur traditionellen Technologie die dezentrale Lösung an, die inzwischen ingenieurtechnisch ausgereift ist: Regenwasser muß nicht mehr vollständig in die Kanäle geleitet werden, wo es dann die Klärwerke überschwemmt und funktionsuntüchtig macht, sondern kann dezentral auf Park- und Wiesenflächen versickern. Die Industrieunternehmen können ihre Abwässer selbst zumindest vorreinigen, statt sie wie bisher in die öffentliche Kanalisation einzuleiten. Privathaushalte mit ausreichendem Grundstück können ihre eigene Reinigungsanlage bauen. Das alles wäre billiger, und es wäre besser für die Regeneration des immer knapper werdenden Grund- und Trinkwassers. Aber der Rat der Stadt könnte eine solche Lösung nicht beschließen, weil der Leasingvertrag das Wertvolumen von 600 Millionen Dollar für die Abwasseranlagen festschreibt. So wird den Kommunen eine hundertjährige rechtliche und technologische Daumenschraube angesetzt.

      Doch auch das ökonomische Risiko ist nicht ohne. Wenn die Bürger nämlich darauf kommen, daß die Kläranlage ihrer Stadt an einen "US-Investor" verleast oder verkauft wurde und der die Abschreibung auf die Anlage vornimmt, dann werden sie nicht einsehen, daß "ihre" Stadt ihnen noch einmal die Abschreibung in ihre Abwassergebühr einrechnet. Angesichts der Tatsache, daß die Abschreibungen 30 bis 50 Prozent der kalkulierten Kosten ausmachen, geht es um große Beträge. Wenn etwa in der Kommune Köln Widerspruchsverfahren gegen den Abwassergebührenbescheid erfolgreich verlaufen, dann verliert die Stadt etwa die Hälfte ihrer Gebühreneinnahmen: Das sind 100 Millionen Euro pro Jahr. Der einmalige "Barwertvorteil" von 26 Millionen Euro wäre dagegen wahrlich zu vernachlässigen, und die cleveren Mitspieler der globalen Steuerrallye stünden als Bankrotteure da.


      Bewußte Irreführung

      Der Abschluß von CBL wird regelmäßig als eine Maßnahme gegen die Verschuldung der Kommunen gefeiert. Das ist eine Irreführung. Denn Gegenstand solcher "Leasing"verträge sind niemals Teile der Kommune, die aus dem allgemeinen Haushalt bezahlt werden, sondern immer kommunale Wirtschaftseinheiten (ob rechtlich selbständig oder nicht), die ihre Finanzierung selbst erwirtschaften. Wie im Falle der Abwasserentsorgung, die vollständig über die Gebühren finanziert wird. Der "Barwertvorteil" aus den CBL darf deshalb ja auch nicht in den allgemeinen Haushalt fließen, sondern muß in den Abwassergebührenhaushalt eingezahlt werden. Mit einem CBL wird also die kommunale Verschuldung um keinen einzigen Cent reduziert.


      Organisierter Steuerbetrug

      Ein halbes Dutzend US-amerikanischer Großkanzleien hat in Zusammenarbeit mit weltweit exportierenden US-Unternehmen wie Philipp Morris, Microsoft und DaimlerChrysler diese Art "Leasing"verträge entwickelt. Neuerdings haben sich deutsche und europäische Banken in diese Möglichkeiten des US-Finanzplatzes eingeklinkt. Diese Leasingbranche bildet inzwischen eine milliardenschwere und politisch einflußreiche Lobby. Der ökonomische Isolationismus der Regierung Bush ist für sie eine ideale Geschäftsgrundlage. Die Branche operiert ohne nennenswerten Widerstand außerhalb der Legalität.

      Mit Hilfe von Dirty tricks - natürlich hält der Finanzplatz USA eine ganze Reihe weiterer solcher Instrumente bereit - konnten die Gewinne der US-Unternehmen in den 90er Jahren steigen, und gleichzeitig sanken ihre Steuern. Die CBL mit europäischen Städten führen nach einer Schätzung des US-Finanzministeriums aus dem Jahre 1999 zu einem jährlichen Steuerverlust für die öffentlichen US-Haushalte von 10,2 Milliarden Dollar. Die gleichzeitigen Verluste der europäischen Staaten dürften gegenwärtig die Hälfte davon betragen, mit steigender Tendenz.

      Diese "Steuerhinterziehungsindustrie" operiert in einer Grauzone und lebt von der heimlichen Komplizenschaft der europäischen Regierungen und Medien. Die Begriffe werden umgewertet und pervertiert. Der "Investor", ansonsten als Heilsbringer gelobt, bleibt anonym und investiert keinen einzigen Cent in das Wirtschaftsgut, um das es geht. Der "Leasing"vertrag ist kein Leasingvertrag, sondern ein Kaufvertrag, jedenfalls für die US-Seite. Die Laufzeit von 100 Jahren gilt nur auf der US-Seite, auf der Seite der deutschen Kommune ist die reale Laufzeit ein einziger Tag. Im Sumpf dieser Begriffsverwirrung stammelt dann der Kämmerer einer deutschen Millionenstadt von "legalen amerikanischen Gesetzen", an die man sich, brav deutscher Spitzenbeamter, "streng" gehalten habe. Das ist gewiß die Widerspiegelung der organisierten Begriffsverwirrung.

      Mit Hilfe der fiktiv-realen Milliardengeschäfte wird das Investitionsvolumen von Großunternehmen und Banken ebenso wie das Bruttosozialprodukt von Staaten ohne reale zusätzliche Wertschöpfung aufgebläht: nahezu ein Lehrbuchbeispiel für die "segensreiche Globalisierung". Denn diese Art Globalisierung saugt ihre heimlichen Gewinne ja gerade aus der Tatsache, daß die nationalen Wirtschafts- und Steuersysteme beibehalten werden müssen und nur auf diese Weise profitabel ausgesaugt werden können, in diesem Falle sogar zwei steuerliche Solidargemeinschaften gleichzeitig. Während die Akteure verbissen darum kämpfen, daß kein Gewinn zweimal besteuert wird, setzen sie alles daran, um mit Hilfe eines Wirtschaftsgutes zwei Staaten steuerlich zu belasten. Während dieselbe Lobby und ihre parlamentarischen Wasserträger diesseits und jenseits des Atlantiks öffentlich die "Vereinfachung" des Steuersystems verlangen, organisieren sie mit Hilfe heimlicher Verträge das intransparenteste Steuersystem, das es je gab.

      Den Akteuren ist die Unrechtmäßigkeit ihres Handelns bewußt, deshalb organisieren sie mit so viel Nachdruck das öffentliche Schweigen. Nichts fürchten die "Globalisierer" nämlich so sehr wie die wirkliche Globalisierung der Politik und der Öffentlichkeit.


      Europäische Städte mit "Cross-Border-Leasing"-Verträgen (Auswahl):

      Das Transaktionsvolumen beträgt mindestens 150 Millionen Dollar; das größte bisher bekannt gewordene Transaktionsvolumen beträgt für einen Einzelvertrag 1,5 Milliarden Dollar. Einige Kommunen haben bis zu drei verschiedene Verträge abgeschlossen.

      Straßenbahnwagen und Schienennetze: München, Kassel, Würzburg, Dresden, Köln, Zürich (CH), Bielefeld, Dortmund, Rostock

      Kläranlage und Kanalnetz: Dresden, Düsseldorf, Köln, Herford, Wittenberg, Rijnlanden (NL)

      Messehallen: Essen

      Müllverbrennungsanlage: Wuppertal, Hausmüllzentrale Nordholland


      Deutsche Aufsichtsorgane: nichts wissen, alles decken

      Antworten auf die Frage nach der Rechtmäßigkeit kommunaler "Cross-Border-Leasing-Verträge"

      Regierungspräsident Köln (Kommunalaufsicht): "Die Gemeindeordnung verbietet es den Kommunen keineswegs, Verträge abzuschließen, die Risiken beinhalten."

      Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen: "Auf solche Leasingverträge sind wir im Rahmen unserer Bankenaufsicht bisher nicht gestoßen. Im übrigen sind Banken berechtigt, Gesetzeslücken auszunutzen."

      Europäische Kommission: "Eine Befragung aller Kommissare hat ergeben, daß keine europäische Zuständigkeit besteht. Zuständig ist der deutsche Finanzminister."

      Bundesfinanzministerium: "Wir kennen solche Leasingverträge nicht. Darüber hinaus sind wir für Verluste des amerikanischen Steuerzahlers nicht zuständig. Zuständig ist die Steuerbehörde IRS in Washington."


      Zum kompletten Artikel, es lohnt sich mal reinzuschauen: http://www.htb.de/psverlag/artikel/bigdeal.html
      Avatar
      schrieb am 18.06.03 17:57:43
      Beitrag Nr. 3.158 ()
      Zunahme von 27 Prozent

      Zahl der Insolvenzen stark gestiegen


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      veröffentlicht am 18.06.2003, 08:37


      Wiesbaden (rpo). Die Zahl der Insovenzen ist im ersten Vierteljahr stark gestiegen. Die Insolvenzgerichte verzeichneten insgesamt 24.378 Fälle. Das sind 27 Prozent mehr als im Vorjahr, teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mit.
      Darunter waren 9.747 Insolvenzen von Unternehmen und 14.631 von anderen Schuldnern. Im Vergleich zum ersten Vierteljahr 2002 bedeutet dies eine Zunahme der Gesamtzahl an Insolvenzen um 27 Prozent. Bei den Unternehmensinsolvenzen betrug die Steigerung 9,4 Prozent und bei den Insolvenzen der übrigen Schuldner 42,2 Prozent.

      Von den Insolvenzen der übrigen Schuldner im ersten Quartal 2003 entfielen 7.603 auf Verbraucher, das waren 69,4 Prozent mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum. 5.471 Fälle betrafen ehemals selbstständig Tätige - ein Plus von 84,3 Prozent), 960 natürliche Personen als Gesellschafter und ähnliches - ein Rückgang von 57,3 Prozent und 597 Nachlässe (plus 1,9 Prozent). Die Gesamthöhe der offenen Forderungen wurde von den Gerichten mit mindestens 11,7 Milliarden Euro beziffert -egenüber 9,9 Milliarden Euro im ersten Quartal 2002 (plus 18,2 Prozent).


      rp-online.de
      Avatar
      schrieb am 18.06.03 18:00:27
      Beitrag Nr. 3.159 ()

      Makabre Bilanz

      Von IGNACIO RAMONET
      JÄHRLICH werden in der ganzen Welt 270 Millionen Arbeitnehmer Opfer eines Arbeitsunfalls, 160 Millionen ziehen sich eine Berufskrankheit zu, mehr als 2 Millionen Menschen sterben während der Arbeit. So steht es im Bericht der in Genf ansässigen Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) vom 28. April 2003. Die ihm gebührende Aufmerksamkeit hat der Bericht jedoch nicht erfahren, denn die großen Medien sind an solchen Themen in der Regel nicht besonders interessiert. Jeden Tag sterben also 5 000 Menschen aufgrund ihrer Berufstätigkeit. "Und diese Zahlen erfassen nur einen Teil der Wirklichkeit", heißt es in der ILO-Studie (vgl. www.ilo.org/public).


      In Frankreich sind es nach Angaben der gesetzlichen Krankenkassen jährlich 780 Menschen, die durch ihren Beruf ums Leben kommen - und auch hier heißt es: "Die Zahlen sind eher zu niedrig angesetzt." Etwa 1,35 Millionen Arbeitsunfälle pro Jahr weist diese Statistik aus. Das ergibt bei einem Achtstundentag acht Verletzte pro Minute. Einen "Blutzoll" nannten die Kämpfer für die Rechte der Arbeiter um die vorletzte Jahrhundertwende diesen versteckten Tribut an Wachstum und Wettbewerb.


      In den aktuellen Debatten um das Rentenalter sollte man sich an diesen Begriff erinnern und auch an die Hunderttausenden denken, die am Ende ihres Arbeitslebens so erschöpft und ausgelaugt sind, dass sie ihre "alten Tage" nicht mehr genießen können. Mit der steigenden Lebenserwartung zeigen sich auch die Spätfolgen der Arbeitsbelastung deutlicher: Erkrankungen wie Krebs, Herzinfarkt, Depressionen, sensorische Störungen usw.


      Umso empörender ist der Versuch, das Renteneintrittsalter zu erhöhen. Es handelt sich um einen koordinierten Vorstoß der Verfechter einer neoliberalen Globalisierung. Schon seit den 1970er-Jahren bekämpft die Weltbank (vgl. http://forums.transnationale.org/viewtopic.php?t=11) mit ihren Rentenreformplänen - Seite an Seite mit den G-8-Ländern und der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) - den Sozialstaat und die Sozialversicherungssysteme. Nun hat sich die Europäische Union in diese Front eingereiht: Beim Gipfeltreffen von Barcelona im März 2002 beschlossen die Staats- und Regierungschefs - der Linken wie der Rechten -, die Pensionsgrenze um fünf Jahre heraufzusetzen.






      DIES ist eindeutig ein sozialer Rückschritt und bedeutet den Abschied von allen Zukunftsvisionen für eine Gesellschaft, in der mehr Gleichheit und soziale Gerechtigkeit herrschen sollen. Während der Mittelstand immer mehr verarmt, konzentriert sich der Reichtum zunehmend am oberen Ende der Einkommensskala: Vor dreißig Jahren betrug das Einkommen eines Arbeiters etwa ein Vierzigstel der Bezüge eines Unternehmers - heute verdient ein Wirtschaftsboss das 400fache. Im Unterschied zu den Eigentümern von Firmenanteilen können gewöhnliche Lohnabhängige dem Ende ihrer Erwerbstätigkeit durchaus nicht in aller Ruhe entgegensehen.


      Hunderttausende haben mit wiederholten Arbeitsniederlegungen gegen den Abbau der Rentenversicherung protestiert - in Frankreich wie in Italien, Spanien, Österreich und Griechenland. Das Rentensystem ist zweifellos reformbedürftig, schon weil die Zahl der Erwerbstätigen zurückgeht und die Zahl der Rentner steigt. Heute liegt der Aufwand für die Rentenzahlungen in Frankreich bei 11,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, 2020 werden es 13,5 Prozent sein, 2040 15,5 Prozent, und irgendwann wird der Staatshaushalt diese Last nicht mehr tragen können.


      Obwohl die Krise des Kapitalmarkts die Pensionsfonds bereits um mehr als 20 Prozent entwertet hat, ist die kapitalisierte Rente schon deshalb eine Überlegung wert, weil alle Reformvorschläge im Rahmen des Systems der sozialen Lastenverteilung eindeutig Nachteile für die Lohnempfänger mit sich bringen. Man behandelt diese Fragen jedoch heute rein finanztechnisch und ignoriert die enormen sozialen Folgen. Beim Durchspielen aller Variablen (Höhe und Dauer der Sozialversicherungsbeiträge, Rentenalter, Höhe der Renten und Pensionen) haben sich bislang für die Arbeitnehmer und die Arbeitseinkommen nur Nachteile ergeben.


      Offenbar findet niemand etwas dabei, dass jeden Tag zwei Arbeitnehmer am Arbeitsplatz ums Leben kommen und weitere acht ihre Gesundheit dem Wohlergehen des Unternehmens opfern. Aber dass die Firmen oder das Finanzkapital die Hauptlast der Renten tragen sollten, scheint undenkbar. Die Empörung der Arbeiter ist nur zu verständlich.


      Le Monde diplomatique Nr. 7077 vom 13.6.2003, 164 Zeilen, IGNACIO RAMONET

      Seitenanfang
      http://www.monde-diplomatique.de/pm/2003/06/13.mondeText1.ar…
      Avatar
      schrieb am 18.06.03 18:55:49
      Beitrag Nr. 3.160 ()
      Tot oder lebendig?

      ++ Blick in die Zukunft ++
      Von Claus Vogt
      Nein, wir reden nicht über die von US-Präsident Bush, für den einige historisch gebildete Beobachter den Beinamen George von Arabien geprägt haben, so fieberhaft gesuchten Herren Saddam Hussein und Osama bin Laden. Wir meinen die Volkswirtschaft der USA. Lebt sie, die von zahlreichen Schönrednern und Gesundbetern zum nunmehr vierten Mal in Folge heraufbeschworene Erholung im zweiten Halbjahr? Hat die Kriegseuphorie endlich den Weg geebnet für den bisher ebenso sehnsüchtig wie vergeblich herbeigeflehten Wirtschaftsaufschwung? Oder ist die US-Wirtschaft nach einem der größten geld- und fiskalpolitischen Ankurbelungsversuche seit der Verkündung der keynesianischen Revolution bereits wieder auf dem Weg in die Rezession? Oder vielleicht aus der letzten noch gar nicht heraus?

      Wir sehen leider noch immer keine Anzeichen, die für einen bevorstehenden Wirtschaftsaufschwung sprechen. Die vergangenen Wochen waren geprägt von schlechten volkswirtschaftlichen Daten. Diese wurden allerdings an den seit nunmehr drei Jahren nicht eben verwöhnten Finanzmärkten mit einer gewissen Erleichterung aufgenommen. Es hätte schließlich noch schlimmer kommen können, so die zur Zeit offensichtlich allgegenwärtige Geisteshaltung. Ja, durchaus, und vieles deutet darauf hin, daß es bald wieder schlimmer kommen wird. Die enormen Überkapazitäten in den USA lassen auch weiterhin nicht ernsthaft auf ein bevorstehendes Anspringen der Investitionstätigkeit schließen. Ein tragfähiger Aufschwung ist ohne eine deutliche Verbesserung der Investitionstätigkeit aber sehr unwahrscheinlich.

      Die Zahlen zur Arbeitslosenstatistik in den USA bewirken jede Woche wieder einen regelrechten Medienrummel. Sie gehören seit einiger Zeit zu den Lieblingsdaten von Analysten und Journalisten. Wir teilen diese Vorliebe nicht, denn diese Statistik gleicht einem Blick in die jüngste Vergangenheit, während wir uns abmühen, in die Zukunft zu schauen. Bezüglich des Arbeitsmarktes schenken wir dem „Help Wanted“-Index sehr viel mehr Beachtung, da er von der vorausschauenden Art ist. Dieser Indikator wertet die Stellenanzeigen aus. Er kündigt gewöhnlich einen Umschwung am Arbeitsmarkt an. Davon ist zur Zeit noch nichts zu sehen.

      Selbst die unter Chef-Cheerleader Greenspan so gerne optimistische US-Notenbank sah sich nach dem letzten Treffen des Offenmarktausschusses zu einem verhaltenen Statement veranlaßt. Darin heißt es, die Deflationsrisiken seien ausgeprägter als die Inflationsrisiken. Diese Einschätzung macht nur dann Sinn, wenn man das Wirtschaftswachstum als bescheiden einschätzt. Die Prognose eines dynamischen Aufschwunges paßt mit dieser Sichtweise jedenfalls nicht zusammen. Folgerichtig mehren sich die Stimmen, die eine erneute Zinssenkung in den USA für wahrscheinlich halten. Und wieder knüpfen sich daran – wie war das mit der Lernfähigkeit? – große Hoffnungen auf steigende Aktienkurse. Erinnern Sie sich noch an den großen Rummel, der die Zinssenkungen von Anfang 2001 begleitete? Unsere Sentiment-Indikatoren zeigten seinerzeit ähnlich hohen Optimismus an wie das auch gegenwärtig der Fall ist. Von allen Seiten wurden uns Statistiken vorgelegt, mit denen man uns glauben machen wollte, die nächste Hausse stehe unmittelbar bevor. Schließlich gingen während der gesamten Nachkriegszeit Zinssenkungsrunden der Notenbank mit steigenden Aktienkursen Hand in Hand. Wir waren damals skeptisch und wiesen darauf hin, daß wir uns vermutlich in einer Periode befinden, die besser nicht mit den Erfahrungen der Nachkriegszeit verglichen wird, sondern mit den 1930ern.

      Auch heute teilen wir die in erneute Zinssenkungen gesetzten Hoffnungen nicht. Das mag möglicherweise an unserem Unvermögen liegen, das Argument zu verstehen, warum ausgerechnet die 13. Zinssenkung endlich den bereits zwölfmal vergeblich angestrebten Erfolg zeitigen wird. Aller guten Dinge sind 13? Dieses Unvermögen unsererseits mag zugegebenermaßen mit einem grundsätzlichen Verständnisproblem zusammenhängen, das uns schon seit langem quält. Wir können trotz intensiver Bemühungen einfach nicht nachvollziehen, wie mit dem Anwerfen der Geldpresse mehr Probleme gelöst als geschaffen werden sollen. Wieso kann es einerseits verheerende Folgen haben, wenn Länder wie Argentinien, Simbabwe oder der Irak unter Saddam ihr Heil in der Politik des leichten Geldes suchen, andererseits aber soll es der Weisheit letzter Schluß sein, sobald die US-Notenbank es tut?


      Claus Vogt leitet das Research der Berliner Effektenbank.


      ++ Blick in die Zukunft ++
      ++ Aller guten Dinge sind 13? ++
      [ Mittwoch, 18.06.2003, 16:04 ]
      instock.de
      Avatar
      schrieb am 18.06.03 19:08:58
      Beitrag Nr. 3.161 ()
      Steueramnestie

      von Jochen Steffens

      Steueramnestie beschlossen

      Es geht um das Geld, dass einige am Fiskus vorbei mit dem Auto ins Ausland transferiert haben, um es dort bei Mondlicht unter alten Eichen zu vergraben. Das kann nun aus den Verstecken geholt werden, um es brav in Deutschland zu versteuern. Das Kabinett hat heute den Gesetzesentwurf zur Steueramnestie genehmigt. Tausende von "Straftäter" hoffen aus Amnestie. Bis zum März 2005 kann man das Geld straffrei zurückführen, wenn man es denn mit 25 % besteuert. Danach, also im darauffolgenden Quartal, werden 35 % fällig. Die Straffreiheit soll auch für alle Mittäter, Anstifter und alle anderen Beteiligten gelten.

      Auch der Name ist genussvoll zu lesen: "Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit". Ein schöner Euphemismus.

      Natürlich rechnet niemand damit, dass die eingefleischten Steuerhinterzieher nun auf einmal von einem Schub an Steuerehrlichkeit erfasst werden. Es geht vielmehr um die, die in Gefahr stehen überführt zu werden. Besonders aber um diejenigen, die das Geld nun dringend brauchen, um es in die eigene Firma zu investieren oder um andere Investitionen zu tätigen. Angesichts der wirtschaftlichen Lage durchaus ein sinnvoller Ansatz. Trotzdem bin ich gespannt, wie viel Geld letztlich wieder zurücktransferiert wird. Dass die anvisierten 20 Mrd. Euro Schwarz-Geld den Weg zurück finden, wird von vielen Experten zu Recht bezweifelt. Auch wenn diese (nachgebesserte) Steueramnestie mehr als großzügig ausgefallen ist. Doch in der aktuellen Situation muss die Regierung jeden Strohhalm nutzen, der ein wenig Geld in die Kassen spülen kann.

      Nach Europa: Jede andere Nachricht hätte mich wirklich gewundert: Der (im Prinzip schon feststehende) Nachfolger Wim Duisenbergs, der französische Notenbankchef Jean-Claude Trichet, ist vom Vorwurf des Betrugs freigesprochen worden. Bei dem Prozess ging es um einen Skandal der damalige Staatsbank Crédit Lyonnais. Trichet war vorgeworfen worden, gezielte Fehlinformationen gestreut zu haben. Von diesen Vorwürfen hat ihn das Gericht nun freigesprochen. Damit ist der Weg an die Spitze der EZB für Trichet geebnet. Wie und ob sich dadurch die bisherige Geldpolitik der EZB ändern wird, vermag ich nicht zu beurteilen.

      Aber zur Börse: Der Dax wieder leicht im Plus – trotz der eher schlechten Vorgaben der amerikanischen Indizes. Ich denke bis morgen, bis zu den neuen US-Arbeitsmarktdaten und dem Philadelphia Fed Index, wird nicht viel passieren. Die Bullen werden vielleicht ein wenig nachkaufen. Es stehen keine relevante Nachrichten an. Die Börsen schlafen vorsichtig wartend ein.

      Nach dem Non Event der US-Konjunkturdaten von gestern ist der eigentlich wichtige Termin, das Sitzungsergebnis der Ferderal Reserve Bank (Fed). Nächste Woche Mittwoch werden wir mehr wissen. Die großen amerikanischen Investmenthäuser gehen immer noch von einer Zinssenkung um 50 Basispunkte aus, zumindest äußern sie sich so. Ob die Fed noch einmal einen solch` drastischen Zinsschritt will? Ich bin wie immer skeptisch.

      Aber ich hatte schon nicht damit gerechnet das Wim Duisenberg um 50 Basispunkte senkt. Vielleicht sieht sich Alan Greenspan dadurch etwas in Zugzwang. Zudem will Alan Greenspan die Deflation mit allen Mitteln bekämpfen. Denn Deflation ist nach der "alten Schule" das größte Übel aller Zeiten. Doch vielleicht sind einige Thesen der "alten Schule" würdig überdacht zu werden. Vielleicht sind die Zeiten etwas anders geworden. Vielleicht gibt es heutzutage Umstände, die ganz andere Maßnahmen erfordern. Vielleicht könnte man aus den Erfahrungen anderer Länder Nutzen ziehen. Doch dafür bräuchte es wohl eine Erneuerung an der Spitze der Fed. Alan Greenspan wird uns aber noch eine lange Weile erhalten bleiben.

      Japan hatte es zu spät begriffen. Japan hat alles versucht. Japan hat es 13 Jahre lang nicht geschafft. Wollen wir hoffen, dass in Amerika alles anders ist und die Maßnahmen von Alan Greenspan greifen. Obwohl ich durchaus auch die Theorie von Bill Bonner nachvollziehen kann. Mäßige Deflation, Hyperinflation. (Dazu gleich mehr von Bill Bonner) Ich würde dann aber nach der Hyperinflation eine lange Deflation folgen sehen. Ich bin also mehr als gespannt, auf die nächste Zinsentscheidung. Sie wird viel verraten, – über die Ängste der Fed und über den Zustand der amerikanischen Wirtschaft.

      Und nun übergebe ich für die nächsten zwei Tage an meinen Kollegen, Michael Vaupel, Chefredakteur des Optionsscheinprofits.

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      Erst eine moderate Deflation ... dann eine galoppierende Inflation

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Sie kommen zur rechten Zeit, liebe(r) Leser; es wird gut.

      Ich meine das massive, epochale Drama an den Weltmärkten.

      Mein gestriger Text war voller Widersprüche. Einerseits waren die Kräfte der Deflation im letzten Vierteljahrhundert niemals zuvor größer. Warum? Weil der Dollarstandard eine Erhöhung von Geld und Krediten erlaubt hat, die die Welt noch nicht gesehen hat. Wie oft wiederholt an dieser Stelle: Während der Ära des Goldstandards von Bretton Woods – von 1948–1969 – erhöhten sich die weltweiten Geldreserven (Gold) um nur 55 %. Seitdem sind sie um 2.000 % explodiert.

      Wohin ging dieses Geld? In Schulden und Kapazität. Die Ausländer (besonders die mit den glatten schwarzen Haaren und den Schlitzaugen) bauten Fabriken, um Dinge herzustellen, die sie an die Amerikaner verkaufen konnten ... um diese Dollar zu bekommen. Sie bauen so viele Fabriken, und arbeiteten so billig, dass sie jetzt die Preise überall in der Welt fallen lassen.

      Diesen Leuten flossen die Dollar zu, Billionen Dollar; was konnten sie damit tun? Im Lauf der Jahre produzierten die Amerikaner wiederum immer weniger, das die Ausländer kaufen wollten. Alles, was die ausländischen Besitzer von Dollar tun konnten, war, US-Vermögenswerte zu kaufen – womit sie ihre Dollar den USA wieder liehen.

      Amerika war der größte Gläubiger der Welt, als Eisenhower Präsident war. Während der Amtszeit von Ronald Reagan – als der Dollarstandard seit ca. 15 Jahren bestand – wurde die Nation zum Schuldner. In den folgenden 15 Jahren brach sie alle Rekorde – die USA wurden der größte Schuldner aller Zeiten. Derzeit schulden die USA dem Rest der Welt ungefähr 2,5 Billionen Dollar mehr, als die Ausländer den USA schulden.

      Aber Thomas Gale Moore, Wirtschaftsberater von Präsident Reagan, muss Ben Bernanke antizipiert haben, als er bemerkte, dass die USA Mitte der 1980er den Übergang von der Gläubiger- zur Schuldnernation vollzogen. Kein Grund zur Sorge, sagte er sinngemäß: "Wir können unsere Schulden einfach durch das Anwerfen der Druckerpresse bezahlen, ehrlich, deshalb ist es mir nicht klar, wieso es schlecht sein sollte, ein Schuldner zu werden."

      Der Schuldenstand in den USA hat Allzeithochs erreicht. Warum ist das auf Verbraucherebene deflationär? Der Grund: Je mehr man schuldet, desto mehr Zinsen muss man zahlen ... was die Kaufkraft reduziert. Und weil man irgendwann die Schulden zurückzahlen muss ... (besonders dann, wenn man sich zur Ruhe setzen will). Das ist der Grund, warum eine Inflation (vorheriger Hype) zu einer Deflation führen kann.

      Andererseits gab es aber noch nie so viele Leute, die eine Deflation verhindern wollten. Bernanke, Bush, Greenspan, Snow ... McTeer ... Poole ... und alle Fed-Gouverneure ... haben proklamiert, dass es eine Deflation "nur über ihre Leichen geben würde."

      Damit habe ich kein Problem.

      Ich sehe, wie sich die Deflation ausbreitet ... auch wenn jeder Fed-Gouverneur und jeder höhere Beamte im US-Finanzministerium und alle Schiffe auf See und alle Heiligen im Himmel dagegen sind.

      Allerdings sehe ich auch Inflation. Vielleicht jetzt noch nicht so viel wie später ... und dann weniger sich ausbreitend als vielmehr galoppierend ... das ist meine Prognose. Erst eine moderate Deflation, dann eine galoppierende Inflation.

      Mein Kollege Eric Fry muss in Urlaub sein. Hier ist Addison mit den letzten News:

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      Immobilienpreise steigen immer – oder etwa nicht?

      von unserem Korrespondenten Addison Wiggin in Paris

      "Die Investoren setzen ihre Hoffnung wieder auf das bekannte Szenario `wirtschaftliche Erholung im zweiten Halbjahr`", schreibt Andrew Kashdan von Apogee Research. "Es lohnt sich, auch die andere Seite zu sehen. Zunächst einmal suche ich nicht nach statistischen Anomalien bei den Arbeitsmarktdaten, wie es die Optimisten tun würden, sondern ich wüsste, wann ich eine Erholung am Arbeitsmarkt sehen würde. Ich halte es da mit der Definition, die Justice Potter Stewart über Pornographie gegeben hat: `Ich weiß es, wenn ich es sehe.` Und wenn es um den US-Arbeitsmarkt geht, dann haben selbst die enthusiastischsten Bullen noch keine Erholung gesehen."

      Es herrscht derzeit eine relativ gespaltene Wahrnehmung. Die schlechten News werden weitgehend ignoriert: Es fehlen Jobs, die Einzelhandelsumsätze bleiben schwach, die Pensionsfonds türmen Verluste auf, die Aktivität im produzierenden Gewerbe geht weiter zurück (wenn auch langsamer als zuvor), und die Unternehmensinvestitionen müssen zulegen.

      Während die erste große Rezession des 21. Jahrhundert vor ca. 18 Monaten für beendet erklärt wurde, sind die realen Unternehmensinvestitionen weiter stetig gefallen; in diesem Zeitraum um annualisierte 2,2 %. Ist das schlecht? Nun ... ja. Kashdan meint dazu: "Typischerweise erholen sich (die realen Unternehmensinvestitionen) im ersten Jahr einer Wirtschaftserholung um etwas mehr als 8 % – was ein weiterer Beweis dafür ist, dass diese aktuelle sogenannte Erholung alles andere als typisch ist."

      Laut einem Bericht im Monatsmagazin "National Economic Trends" (Herausgeber: St. Louis Fed) sind die Kapazitäten im amerikanischen produzierenden Gewerbe von 1955 bis 1994 um 3,4 % pro Jahr gewachsen, was fast genau dem Wachstum des realen BIP im gleichen Zeitraum entspricht (3,3 % pro Jahr). Allerdings betrug das Kapazitätswachstum seit 1994 4,7 %, was das Wachstum des realen BIP von 3,1 % in diesem Zeitraum deutlich übertraf. Mit anderen Worten – die USA haben jede Menge Fabriken, die nur darauf warten, etwas tun zu können. Lakshman Achuthan, Direktor des "Economic Cycle Research Institute", warnt die Investoren vor exzessivem Optimismus: "Wir sind auf Kurs für eine unterdurchschnittliche Erholung. Der Wachstumspfad wird nicht die Größe erreichen, die für ein stärkeres Wachstum bei den Jobs notwendig wäre."

      Wenn die Wirtschaftslage nicht zu mehr Jobs führen wird, dann frage ich mich: Wie lange kann der Boom bei den Hypotheken noch dauern? Irgendwann können die Hypotheken doch auch "trotz der niedrigsten Hypothekenzinsen der Geschichte" (wie eine Werbe-email in meinem Postfach verkündete) nicht weiter steigen, oder? Wenn die Leute keine Jobs haben, welche Wahl haben sie dann?

      Das Magazin Economist hat vor kurzem einen Überblick über die weltweiten Immobilienmärkte gegeben. Die wenigsten Märkte sprechen dafür, dass es einen Dominoeffekt der platzenden Spekulationsblasen bei den Immobilienmärkten geben wird – wie es bei den Aktienmärkten war. Aus diesem Grund können Alan Greenspan und andere sagen, dass die Spekulationsblase am US-Immobilienmarkt ein Non-Event sei. Aber seit Mitte der 1990er sind die US-Immobilienpreise um reale 30 % angezogen – das ist der größte reale Zuwachs, der je für eine vergleichbare Zeitspanne verzeichnet wurde, so der Economist. In einigen europäischen Staaten waren die Zuwächse sogar noch größer. Das Verhältnis von US-Immobilienpreisen zu US-Mieten liegt ca. 16 % über dem 30jährigen Durchschnitt. Auch das "Immobilienpreis-zu-Einkommen-Verhältnis" – das man auf viele Arten messen kann – liegt deutlich über dem langjährigen Durchschnitt.

      Nochmal zu Andrew Kashdan: "Könnte es sein, dass ein großer Teil des Geldes, das die Fed kreiert hat, am Immobilienmarkt gelandet ist? Selbst wenn die Preise jetzt nur stagnieren würden, dann würden die Investoren und Konsumenten für einige Zeit in einer schlechteren Stimmung sein. Ich würde es nicht mögen, darüber nachzudenken, wie sie sich verhalten würden, wenn die US-Immobilienpreise sogar fallen würden, wie sie es in den 1980ern taten."

      Aber das ist nicht wirklich ein Problem, oder? Schließlich steigen die Immobilienpreise immer – oder etwa nicht?
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      Erinnern Sie sich ... Sommer 1995 in Japan?

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      *** Es ist wie in den alten Zeiten. Yahoo ist am Dienstag um 7 % gestiegen. Warum? Weil ein Analyst sein Rating für Yahoo hoch gesetzt hat. Ha ... ha ... ha ... ha ... *** "Diese Rally ist real", so die Titelseite vom Barron`s Magazin. "Die Aktien werden am Jahresende wahrscheinlich 10 % höher stehen." Vielleicht. Aber (ha ... ha ... ha ...) woher zum Teufel wollen die das wissen?

      Sie sagen, dass der S&P 500 ca. 40 % unterbewertet sei, nach dem "Fed-Modell", als ob das irgendwie Sinn machen würde.

      Sie zitieren Byron Wien, der sagt, dass der S&P 500 um 45 % unterbewertet sei. He ... he ...

      *** Aber wer kann schon mit einem Bullenmarkt diskutieren. Der Nasdaq-Composite hat seit Jahresbeginn 21,8 % zugelegt. Der Dow fast 10 % ... und der S&P 500 12,4 %.

      Das erinnert mich an etwas. Ja ... Juni 1995 ... und die Leute mit den glatten, schwarzen Haaren ...

      In Japan legte der Nikkei-Index zwischen 1980 und heute 15 Kursanstiege mit mehr als 15 % Plus hin. 4 Mal stieg er sogar mehr als 30 %. Und zweimal mehr als 50 %.

      Anfang 1995 versuchten die Japaner, ihre Wirtschaft wieder zu beleben und auch in ihren Aktienmarkt Leben zu stecken. Sie gingen die Sache von der fiskalischen und von der monetären Seite aus an. Die Regierung startete eine Anzahl von Initiativen, die 100 Mrd. Dollar in die Wirtschaft pumpten. Die Bank of Japan senkte die Leitzinsen von 1,75 % auf 1 %. Dann, 6 Monate später, senkte sie die Zinsen um einen weiteren halben Prozentpunkt.

      Diese Maßnahmen schienen zu wirken. Die Wirtschaft richtete sich im Krankenbett auf und arbeitete ein wenig. Der Aktienmarkt legte eine wunderbare Erholung hin. Der Nikkei stieg von 14.000 Punkten im Juli 1995 auf 22.000 Zähler im Juni 1996.

      Wenn das alles gewesen wäre, dann wäre der Patient wieder gesundet und die Krankheitsgeschichte wäre an dieser Stelle zu Ende. Aber die Erholung war nur temporär. Die Aktien fielen bald wieder. Die Investoren, die während dieser Erholung gekauft hatten, verloren in der Folge Geld, da der Nikkei wieder auf 14.000 Punkte zurückkam und weiter fiel. Jetzt steht er bei wenig über 9.000 Punkten.
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      investorverlag.de
      Avatar
      schrieb am 18.06.03 19:25:14
      Beitrag Nr. 3.162 ()
      @M.Haze

      besuch mal die Seite

      http://www.dr-wo.de/schriften/nil/
      Avatar
      schrieb am 18.06.03 19:38:15
      Beitrag Nr. 3.163 ()
      Investmentbranche
      Einbruch bei Mittelzufluß zu Aktienfonds


      18. Juni 2003 Investmentfonds haben auch im Mai als Kapitalmagnet gewirkt - allerdings schwächt sich die Zugkraft etwas ab. 4,2 Milliarden Euro flossen der deutschen Fondsbranche neu zu. Jeweils 2,1 Milliarden Euro entfielen auf Publikumsfonds sowie auf Spezialfonds, die nur institutionellen Investoren offenstehen. Im April hatten die Anleger noch 5,76 Milliarden Euro in Fonds investiert.

      Der Rückgang ging eindeutig zu Lasten von Aktienfonds. Sie verzeichneten dramatische Einbrüche, obwohl sich die Aktienbörsen freundlich gezeigt haben. Dagegen stiegen die Zuflüssen in Rentenfonds. Spitzenreiter bei den Umsätzen waren die offenen Immobilienfonds. Dies meldet der Bundesverband Investment und Asset Management (BVI).

      Für das angesichts der Tendenz an den Börsen gegenläufige Verhalten der Investoren bei Aktienfonds hat der BVI keine rechte Erklärung. Der Monatsvergleich sollte „nicht überbewertet“ werden, meinte ein Sprecher zu FAZ.NET auf Anfrage. Offenbar wirke das schwache Aktienjahr 2002 noch nach. Anleger dürften auch direkt in Aktien investiert haben. Auch gehe der BVI davon aus, daß Investoren im Zuge der jüngsten Hausse hier und da Gewinne mitgenommen haben.

      Offene Immobilienfonds als Umsatzspitzenreiter

      Nach der jüngsten BVI-Statistik flossen 1,3 Milliarden Euro neu in offene Immobilienfonds. Damit bestätigte sich der Trend der Vormonate, in denen diese Fonds ebenfalls erhebliche Mittelzuflüsse verzeichnet hatten; im April waren es 1,7 Milliarden Euro gewesen. Die Annahme, der Rückgang sei im Zuge des allgemeinen Aufschwungs an den Börsen den Aktienfonds zugute gekommen, geht fehl: Vielmehr sind die Einnahmen der Aktienfonds förmlich weggebrochen: Waren ihnen im April noch 1,1 Milliarden Euro zugeflossen, so schrumpfte das Volumen im Mai auf 48 Millionen Euro. Die gleiche Tendenz zeigte sich bei Misch- und Geldmarktfonds, die auf 767,4 Millionen Euro kamen nach 1,042 Milliarden Euro im Vormonat.

      Dagegen verzeichneten Rentenfonds, die nach einer neuen Studie des BVI die Aktienfonds auch auf langfristige Sicht bei der Wertentwicklung schlagen, höhere Zuflüsse: Anleger investierten in solche Produkte zuletzt 725,5 Millionen Euro nach 694,2 Millionen Euro im Vormonat.

      Aktienfonds auch in Fünfmonatsbilanz die Verlierer

      Die Tendenz im Mai spiegelt sich auch in der Fünfmonatsbilanz der Fondsbranche wider: Aktienfonds haben bisher 728,9 Millionen Euro frisch eingenommen - im Vorjahreszeitraum waren es noch 4,24 Milliarden Euro gewesen. Unbeliebter sind auch Dachfonds, also Fonds, die in andere Fonds investieren: Die Mittelzuflüsse haben sich von 5,4 auf minus 1,5 Milliarden Euro verringert; dieses Segment verliert also Gelder.

      Bei Rentenfonds kletterte die Summe von 4,65 auf 6,47 Milliarden Euro. Offenen Immobilienfonds sind bisher 10,4 Milliarden Euro zugelossen nach 8,77 Milliarden Euro vor einem Jahr.

      Unter dem Strich, so hebt der BVI hervor, hat die Fondsbranche aber keine Mittelabflüsse zu verzeichnen. Dies gelte auch für Aktienfonds.

      Text: @thwi
      faznet.de
      Avatar
      schrieb am 18.06.03 19:50:07
      Beitrag Nr. 3.164 ()
      Rentenversicherung

      Und wieder fehlt eine Milliarde


      Allein in den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres haben die Rentenversicherer rund eine Milliarde Euro weniger eingenommen als geplant. BfA-Chef Kleiner hält eine Anhebung des Rentenbeitrags für unvermeidlich. Das Sozialministerium dementiert vorsorglich.



      In der gesetzlichen Rentenversicherung tut sich nach einem Zeitungsbericht ein neues Milliardenloch auf. Wie der Vorstandsvorsitzende der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), Hartmann Kleiner, der Financial Times Deutschland (FTD) sagte, nahmen die Rentenversicherer in den ersten fünf Monaten dieses Jahres weniger ein als geplant. „Gegenwärtig hinken wir unseren Haushaltsplänen um eine Milliarde Euro hinterher.“ Das Sozialministerium dementierte: „Unterm Strich liegen wir voll im Plan“, sagte ein Sprecher.

      Es gebe zwar ein Minus von einer Milliarde Euro. Dies betreffe aber nur die Pflichtbeiträge. Da die anderen Beiträge wie zum Beispiel die des Bundes zur Arbeitslosenversicherung gestiegen seien, werde dieses Minus wieder ausgeglichen, erklärte der Ministeriumssprecher.



      Steigender Beitragssatz unvermeidlich

      Laut Kleiner lassen sich steigende Rentenbeiträge nicht mehr vermeiden. „Nach heutigem Stand klettert der Beitrag auf 19,8 Prozent. Das setzt allerdings zwei Dinge voraus: Dass die Einnahmen tatsächlich das Niveau erreichen, das im Haushaltsplan vorgesehen ist, und dass zum anderen die Konjunktur nicht noch schlechter ausfällt.“

      Nach Informationen des Berliner Tagesspiegels fällt zudem die Rentenanpassung 2004 vermutlich aus. Die Zeitung beruft sich auf Regierungskreise und zitiert den Regierungsberater Bert Rürup mit den Worten: „Wenn die Regierung den Beitragssatz stabil halten will, kann ich mir nicht vorstellen, dass es im kommenden Jahr eine Rentenanpassung geben wird.“

      Nach Rürups Einschätzung wird Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) etwa vier Milliarden Euro Ersparnisse bei den Ausgaben der Rentenversicherungen erwirtschaften müssen, um im kommenden Jahr den Beitragssatz zur Rentenversicherung stabil zu halten. Liefere Schmidt dieses Geld zur Sanierung des Bundeshaushalts ab, werde der Rentenbeitragssatz mindestens auf 19,8 Prozent steigen.

      Am Dienstagabend hatten sich Schmidt und Finanzminister Hans Eichel (SPD) getroffen, um den Sparbeitrag des Sozialministeriums bei den anstehenden Haushaltsverhandlungen zu diskutieren. Zu den Ergebnissen wollte sich das Sozialministerium am Mittwoch nicht äußern. Auch zu einer möglichen Rentenbeitragserhöhung gab es keine Stellungnahme. Diese werde es erst im Herbst geben, hieß es.

      Laut Tagesspiegel erwartet Eichel von Schmidt einen Beitrag zur Haushaltssanierung in Höhe von bis zu sieben Milliarden Euro. Schmidt wolle im kommenden Jahr in den Sozialversicherungssystemen zwar deutlich einsparen, das Geld aber nicht in den Bundeshaushalt abgeben.

      Die Rentenbeitragsprognose von 19,8 Prozent im nächsten Jahr basiert auf einem Wirtschaftswachstum von 0,75 Prozent und einem Zuwachs bei den Beitragseinnahmen von 1 Prozent. Beides gilt aber als äußerst optimistisch. Aktuell liegt der Rentenbeitrag bei 19,5 Prozent.

      Ob der Rentenbeitrag jedoch tatsächlich angepasst wird, entscheidet sich jedoch erst im Herbst.

      (sueddeutsche.de/dpa)
      Avatar
      schrieb am 18.06.03 20:48:34
      Beitrag Nr. 3.165 ()
      @bluemoons

      Jetzt hab ich mal was für dich, was dir auch gefallen wird.........:cool:


      Axel Retz

      Auswege aus der finanziellen Apokalypse

      Interview mit Axel Retz,
      Autor des Sonderreports „Auswege aus der finanziellen Apokalypse".


      boerse.de: Herr Retz, mit „Auswege aus der finanziellen Apokalypse" haben Sie gerade Ihren ersten Sonderreport geschrieben. Und Ihre Prognosen sind alles andere als ermutigend, oder?

      Retz: Das ist richtig.

      boerse.de: Meinen Sie nicht, dass die „finanzielle Apokalypse" mit über drei Jahren Baisse und Kurseinbrüchen von über 70 Prozent im Dax und über 95 Prozent im Nemax 50 bereits hinter uns liegt? Oder anders gefragt: Hätten Sie nicht besser vor drei Jahren gewarnt statt heute?

      Retz: Lesen Sie meine für boerse.de am 08. März 2000 geschriebene „Expertenkolumne" und auch die Folge-Kolumnen Dass meine Warnung vor dem Zusammenbruch des Neuen Marktes so exakt am Top kam, war sicherlich Zufall. Aber abgesehen von den notorischen Schwarzsehern, die eigentlich immer nur von Katastrophen reden, wüsste ich niemanden, der damals deutlicher gewarnt hätte als ich.

      boerse.de: Dennoch - können Sie sich nicht vorstellen, dass nun das Schlimmste hinter uns liegt?

      Retz: Uns allen und auch mir würde ich das aufrichtig wünschen! Von einer sich positiver als erwartet entwickelnden Wirklichkeit überrascht zu werden, ist immer eine gute Sache. Und einen neuen Bullenmarkt von Beginn an mitzumachen, ist eine verlockende Geschichte!

      boerse.de: Worauf gründet sich dann Ihr Pessimismus?

      Retz: Ob es wirklich Pessimismus ist, wird die Zukunft zeigen. Pessimist wäre ich, wenn ich befürchten müsste, bei der von mir prognostizierten Kursentwicklung Geld zu verlieren. Tatsächlich zeigt mein Report, wie sich auch an der kommenden Krise kräftig verdienen lässt.
      Meine Prognosen gründen sich auf genau die Säulen, die mir auch 1987 und im März 2000 konkrete Alarmsignale gegeben haben: Einen gesunden, bestmöglich gegen die Medien abgeschotteten Menschenverstand, die Einordnung von Einzelfakten in Zusammenhänge, den Abgleich dieser Zusammenhänge mit historischen Mustern und Charts, Charts und noch einmal Charts!

      boerse.de: Sie betonen so sehr die Charts. Halten Sie die Fundamentals für unwesentlich?

      Retz: Keineswegs. Wenn sie den Report lesen, werden Sie feststellen, dass er außerordentlich viele volkswirtschaftliche Aspekte bespricht. Vielleicht in einer Form, die viele so nicht gewohnt sind. Nur: Mit Lehrbuch-Plattitüden allein lässt sich an der Börse kein Geld verdienen. Wichtiger als alle nackten Zahlen ist immer, was die Märkte aus ihnen machen, ganz gleich, ob es irgendwelchen Theorien gerecht wird oder nicht. Das ist Psychologie. Und Charts sind nichts anderes als in Geld und Kurse gegossene Psychologie.

      boerse.de: Unter anderem prognostizieren Sie einen Dow Jones von unter 1.000 Punkten, zumindest aber von 3.500 - 5.000 Punkten. Ist das nicht doch Pessimismus pur - und nicht Realismus?

      Retz: Um 5.000 oder 3.500 Punkte zu erreichen, müsste der Dow nicht einmal aus seinem langfristigen, seit der 30ern des letzten Jahrhunderts bestehenden Aufwärtstrendkanal nach unten durchbrechen, d. h. eine derartige Zielmarke könnte der Index sogar innerhalb eines intakten Aufwärtstrends ansteuern. Und um auf 1.000 Punkte einzubrechen, müsste dieser Index lediglich dem Verlaufsmuster folgen, das in der Vergangenheit der letzten Jahrhunderte alle spekulativen Bubbles beendet hat. Wir reden also hier eher von historischen „Normal"-Entwicklungen, nicht von irgendetwas ganz Neuem.

      boerse.de: Das klingt wenig erfreulich. Rechnen Sie wirklich mit einem derartigen Zusammenbruch? Und würde das nicht eine Weltwirtschaftskrise bedeuten?

      Retz: Zweimal ja.

      boerse.de: Bitte etwas ausführlicher, wenn es geht!
      Retz: Bis vermutlich 2006 sollte die Baisse durch sein. Für viele Blue Chips wird das das Aus bedeuten. Die Sozialsysteme in ihrer heutigen Form wird es dann nicht mehr geben. Die USA werden alles unternehmen, um China als neue Wirtschaftsweltmacht Nummer eins in Schach zu halten. Immobilien werden zum nächsten großen Crashmarkt. Die neue Weltwirtschaftskurse wird alles umkrempeln. „Alte", vermeintlich überlebte Werte werden eine Renaissance erleben, die Gesellschaften werden neue Formen des Zusammenlebens entwickeln müssen. Der größte Risikofaktor liegt im in derartigen Konstellationen stets latent vorhandenen Rechtsruck der Politik, dem Rückzug in Nationalismen, dem Aufbau von Feindbildern und damit letztlich in neuen Kriegen.


      boerse.de: Was ist Ihrer Meinung nach zu tun?

      Retz: Lesen Sie meinen Report! Sie können sich sicher sein, dass ich ihn nicht geschrieben habe, um mich als Prophet des Untergangs lächerlich zu machen. Sondern um auch Ihr Geld zu schützen. Und um es Ihnen zu ermöglichen, in wenigen Jahren zu wirklichen Tiefstpreisen Aktien, Immobilien und anderes mehr kaufen zu können - während um Sie herum das finanzielle Chaos herrscht. Mehr kann ich nicht tun.

      boerse.de: Und wenn es doch nicht so schlimm kommt?

      Retz: Dann sollten wir uns gemeinsam freuen! Offen gestanden, ist es mein zweitgrößter Wunsch, dass meine jetzigen Prognosen anders als ihre beiden großen Vorgänger nicht in Erfüllung gehen.

      boerse.de: Herr Retz, wir danken Ihnen für dieses Interview.

      ..............................................
      Avatar
      schrieb am 18.06.03 22:38:54
      Beitrag Nr. 3.166 ()
      Überall nur Niedergang, Argonie und fallende Indizes.......überall ?????.....NEIN !!!!!....da gibt es noch eine kleine Brache die boomt und der große, bösen Rezession die Zähne zeigt.................. :D :laugh:






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      Nackt-Urlaub von Anfang an

      Der Tourismus der Nudisten erlebt in den USA einen Aufschwung / Wer will, kann bereits im Flugzeug die Hüllen fallen lassen

      Er ist nur ein kleines Segment der milliardenschweren Reise-Industrie. Doch während Fluglinien ums nackte Überleben kämpfen und Hotels über Gästemangel klagen, erfreut sich der Nudisten-Tourismus wachsender Beliebtheit.

      Von Rita Neubauer (Miami)


      Donna Daniels hätte nie gedacht, dass sie eine Liebhaberei, die Freikörperkultur, zum Beruf machen würde. Doch Mitte der 90er Jahre, als Fluglinien die Kommissionen für ihr Reisebüro zusammenstrichen, offerierte sie die ersten Reisen für Nudisten. Eine glänzende Idee, wie sich zeigte. Vergangenes Jahr sorgten Nudisten für 70 Prozent ihrer Umsätze - Daniels` Reisebüro, Castaways Travel in Texas, liegt voll im Trend. Während die 463 Milliarden Dollar schwere Tourismusbranche hart unter den politischen und wirtschaftlichen Unwägbarkeiten seit den Terroranschlägen im Jahr 2001 zu leiden hat, erfreut sich der FKK-Tourismus in den USA wachsender Popularität. Und das in einem Land, das Nacktbadestrände nur widerwillig toleriert und keine gemischte Sauna kennt.

      Die Zeiten ändern sich. Die Zahl der Mitglieder in der Dachorganisation American Association for Nude Recreation (AANR) wuchs auf 50 000. Allein im vergangenen Jahr entstanden 30 neue Clubs. "All dies zeigt, dass in den USA die Freikörperkultur mehr und mehr Akzeptanz findet", sagt AANR-Präsident Gregory Smith.

      Mehr Akzeptanz bedeutet mehr Business für Donna Daniels und Kollegen. Nach Zahlen der AANR erhöhte die Branche allein in den vergangenen zwei Jahren ihre Umsätze um 100 Millionen auf 400 Millionen Dollar. 260 Hotels werben inzwischen mit dem Vermerk "Kleidung optional", und die Branche hat attraktivere Reisen im Angebot als bisher. So offerierte Castaways Travel im Mai einen ersten "Nacktflug" von Miami nach Cancun. Sobald die Maschine abgehoben hatte, durften sich die Passagiere ihrer lästigen Kleidung entledigen. Die Piloten blieben jedoch uniformiert.

      Bare Necessities Tour & Travel organisiert Kreuzfahrten für Nudisten. Das Cypress Cove Resort in Florida lockt mit luxuriösen Zimmern und der Nähe zu Disney World. Und Buff Divers lädt Mitglieder zu Tauchreisen au naturel nach Fidschi und auf die Cayman-Inseln ein. "Es ist einfach befreiend, wenn man sich nur eine Sauerstoffflasche auf den Rücken zu schnallen braucht", wirbt Dave Felton für die nackte Taucherei. Von der Vorliebe für nackte Tatsachen profitiert auch die Firma Super Clubs, die zwei FKK-Resorts in Jamaika betreibt. Dieser Markt läuft offenbar so gut, dass das in Florida ansässige Unternehmen über Expansion in Mexiko und anderen karibischen Ländern nachdenkt.


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      Avatar
      schrieb am 19.06.03 10:43:11
      Beitrag Nr. 3.167 ()
      @#3160,BM

      Ok, danke, ganz nette Veranschaulichung.
      Allerdings spezifiziert der Herr sein Modell
      nicht explizit. Ist bei dem dargestellten
      Grundsaetzlichen Sachverhalt aber vielleicht
      auch nicht erforderlich.

      Leider hab ich hier das Gefuehl, dass sein Modell
      so simple daherkommt, dass Gegnern zu viele
      Angriffspunkte bleiben.

      Nett waere deshalb das Einbeziehen weiterer Parameter
      wie Steuersaetze, Geldpolitik und Bevoelkerungswandel.
      Andererseits kann man sich natuerlich auch zu tief
      verzetteln, denn ein vollkommenes Modell ist nie
      moeglich und desto komplexer das Modell wird, desto
      weniger Leute werden es verstehen.... so dass es sich
      im Endeffekt wieder auf eine Glaubensfrage reduziert und
      der Klassenkampf ueber eine gerechte und friedliche
      Welt dominiert??? Aaargh.
      Sorgen wir fuer die besten Argumente!


      Haze
      Avatar
      schrieb am 19.06.03 12:12:25
      Beitrag Nr. 3.168 ()
      DIHK fordert 500 Stunden unbezahlte Arbeit

      Mit seiner Forderung Feiertage zu streichen, hat Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) eine Grundsatzdiskussion um die Arbeitszeit ausgelöst. DIHK-Präsident Ludwig Georg Braun forderte nun, die Arbeitnehmer sollten in den nächsten fünf Jahren 500 Stunden unbezahlte Arbeit leisten, um die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. "Ein bisschen weniger Freizeit ist doch in der Regel besser als weniger Geld", sagte Braun in der Tageszeitung "Die Welt".
      Länger und mehr Arbeiten? - Diskutieren Sie mit
      Feiertage Europäische Länder im Vergleich
      Clement: Feiertage vor dem Aus?

      Braun: Keine starre 40-Stunden-Woche
      Eine starre 40-Stunden-Woche sei nicht erforderlich, meinte Braun. Er denke an einen Korridor, der phasenweise höhere Wochenstundenzahlen ermögliche. Nur mehr Arbeit bei gleichem Gehalt bringe über mehr Wettbewerbsfähigkeit zusätzliche Jobs. Die Erfolge einer solchen Strategie zeigten sich in vielen betrieblichen Bündnissen für Arbeit.

      Braun: Feiertage sollen bleiben
      Den Vorschlag von Wirtschaftsminister Clement, Feiertage zu streichen, lehnte er dagegen ab, da die Menschen damit Traditionen und Werte verbänden. Wichtiger als die Zahl von Feiertagen sei die Jahresarbeitszeit, die in Deutschland sehr niedrig sei. "Wer also viele Feiertage möchte, muss an anderen Tagen des Jahres mehr arbeiten", forderte Braun.

      Clement erneuert Forderung
      Trotz massiver Kritik, auch aus den eigenen Reihen, erneuerte Clement seine Forderung am Mittwochabend in der ARD. Die Deutschen lebten auf höchstem Niveau, sagte er in den Tagesthemen. Eine Verringerung der Feiertage würde dagegen die Arbeitskosten senken. Deutschland nehme bei Urlaub, Arbeitszeit und Feiertagen weltweit eine Spitzenstellung ein. "Wir müssen uns fragen, ob wir so weiter machen oder die Kräfte ein bisschen konzentrieren", sagte Clement. Er wolle damit einen Denkanstoß geben.

      Kritik auch aus eigenen Reihen
      Kritik an Clements Vorschlag kam nicht nur von Kirchen, Gewerkschaften und Ökonomen. Auch Clements Chef selbst, Bundeskanzler Gerhard Schröder, war von der Idee offenbar nicht sehr begeistert. "Der Bundeskanzler hat das, glaube ich, recht zurückhaltend aufgenommen", sagte Clement am Freitag in Berlin. Massive Kritik kam auch von Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU). "Obwohl es bei uns mehr Feiertage gibt, haben wir in Bayern eine höhere Produktivität in der Wirtschaft. Die Feiertage gehören zum bayrischen Lebensgefühl", sagte er.

      Zustimmung bei Arbeitgebern
      Zustimmung fand Clements Vorschlag dagegen bei BDI-Präsident Michael Rogowski. Auch er forderte längere Arbeitszeiten, um die Konjunktur anzukurbeln. "Eine Nation wird nicht reicher, indem alle immer weniger arbeiten, wie es die IG Metall im Osten herbeistreiken will", sagte Rogowski der "Bild"-Zeitung. Ebenso forderte Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt flexiblere Arbeitszeiten.

      Feiertage sind Ländersache
      Die Frage der gesetzlichen Feiertage ist laut Grundgesetz Ländersache. Bundeseinheitlich sind durch entsprechende Landesgesetze neun Feiertage geschützt: Der Neujahrstag, Karfreitag, Ostermontag, Christi Himmelfahrt, Pfingstmontag, 1. Mai, Tag der Deutschen Einheit sowie der erste und der zweite Weihnachtsfeiertag.
      http://t-news.t-online.de/zone/news/inla/arbe/ar/CP/ar-feier…
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      Was nützen Arbeitsplätze die gerade noch so zum leben reichen, aber um zu sterben zu viel ist?
      Wie soll die Nachfrage im Inland steigen, wenn immer weniger Geld in den Taschen der Bürger bleibt.
      Wieso gibt es in den Ländern , wo es niedrige Arbeitskosten
      gibt , trotzdem ein hohe Arbeitslosigkeit?
      Wiederholung

      Wachstum, Wachstum über alles°?
      Welchen Preis muss so ein Wachstum haben?
      Wettbewerbfähigkeit soll gesteigert werden, wo schon jetzt Deutschland sich als Exportweltmeister profiliert.
      Wie kann D so viel exportieren , wo doch die Arbeitskosten so hoch sein sollen?
      Ist es die Aufgabe Deutschlands, die Welt mit die am günstigsten Produkten zu beliefern?
      Welchen Zweck hat es ?, wen es den Bürgern im Inland immer schlechter geht, damit andere Länder mehr Produkte beziehen können.?
      Wieso sollen die eigenen Bürger den Gurt enger schnallen?
      damit die Unternehmen für die Auslandsmärkte noch günstiger und noch mehr produzieren können?
      Welchen Vorteil genießen die Bürger im Inland dafür?
      Das sie noch günstiger arbeiten und noch mehr Sreuern zahlen sollen.? Die Lebensbedingungen sollen auf das Niveau der wirtschaftlich schwächeren Staaten angeglichen werden.
      Ist das das angestrebte Ziel?
      Fragen über Fragen!
      Avatar
      schrieb am 19.06.03 23:15:32
      Beitrag Nr. 3.169 ()
      Hallo Blue,

      danke für die interessanten Artikel. Zu dem Thema Wirtschaftskrieg der USA:

      Die Araber/moslemischen Staaten fangen an sich zu polarisieren (Boykott der USA?)

      Beispiel: neue Flugzeuge werden überwiegend bei EADS bestellt.

      Emirate, Quatar, wer wird wohl der nächste sein.

      Die Einführung der moslemischen Goldwährung" soll im Oktober/November nun auch in Malaysia erfolgen.

      Gruß Kickaha
      Avatar
      schrieb am 19.06.03 23:37:14
      Beitrag Nr. 3.170 ()
      18.6.03 Ökonomen gegen weniger Feiertage

      Vorschlag von Wirtschaftsminister Clement in der Kritik - DIW: "Milchmädchenrechnung"

      von Anja Struve

      Frankfurt/Main - Der Vorschlag von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD), weniger Feiertage in Deutschland zuzulassen, ist bei Politikern und Ökonomen auf ein geteiltes Echo gestoßen. Hartmut Schauerte, mittelstandspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, sagte der WELT: "Im Vergleich zu unseren Wettbewerbern weltweit sind die Arbeitszeit pro Tag und pro Jahr und die Lebensarbeitszeit bei uns am geringsten." Damit sei der Wohlstand in Deutschland auf Dauer nicht finanzierbar.
      Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) hatte zuvor angeregt, die Arbeitszeit der Deutschen zu verlängern: "Wir sind, was Urlaubszeit, Feiertage und Arbeitszeit angeht, zweifelsohne an der Grenze angelangt", sagte er dem Magazin "Stern". "Wer unseren Feiertagskalender mit dem anderer Staaten vergleicht, der kann auch ins Grübeln kommen." Clement verwies darauf, dass im nächsten Jahr das Wirtschaftswachstum bis zu ,5 Prozent höher ausfallen werde, weil eine Reihe von Feiertagen auf Wochenenden falle.
      Nach Ansicht von Ökonomen sind weniger Feiertage hingegen der falsche Weg, um das Wirtschaftswachstum in Deutschland wieder anzukurbeln. "Die Diskussion über einen Feiertag mehr oder weniger lenkt von den eigentlichen Problemen ab, die die Wirtschaftspolitik dringend lösen muss", sagte Jörg Krämer, Chefvolkswirt von Invesco, der WELT. "Es ist zwar richtig, dass die Lebensarbeitszeit steigen muss. Das geht aber nur, wenn die Politik endlich dafür sorgt, dass auch genug Arbeit vorhanden ist."
      Zudem hätten weniger Feiertage nach Einschätzung des Wirtschaftsexperten Gustav Horn kaum Auswirkungen auf das Wachstum in Deutschland. "Wenn überhaupt, hätte das nur einen sehr geringen Effekt", sagte der Leiter der Konjunkturabteilung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) am Dienstag in Berlin. Clements Ansicht, das Wachstum könne dadurch höher ausfallen, beruhe auf einer "Milchmädchenrechnung."Zu Boomzeiten würden zusätzliche Arbeitstage zwar Sinn machen. Schwache Nachfrage lasse sich aber nicht durch mehr Arbeitszeit wettmachen. "Wenn Sie eine totale Flaute haben, nützt auch ein zusätzliches Segel nichts." ... (Welt, 18.6.03)

      Kommentar: Noch nie in der Geschichte wurde so produktiv gearbeitet, soviel erzeugt, wie heute. Da ist es beinahe eine Unverschämtheit, wenn man nun die arbeitenden leute dazu auffordert ohne Entlohnung mehr zu leisten. Dabei müßten die Arbeitszeiten eigentlich weiter sinken. Warum haben wir denn die ganze Technik, wenn dann immer noch mehr gearbeitet werden muß? Wohin landen die Erträge aus den Produktivitätssteigerungen? Wo bleibt das Volkseinkommen? Das sind Fragen, die gestellt werden müssen, um an die Ursache des Übels zu kommen.
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      Profis mangelt es an Optimismus


      WELT-Umfrage: Strategen sehen Dax am Jahresende nur 100 Punkte höher

      von Thomas Exner und Holger Zschäpitz

      ... Die Einschätzungen der Profis stehen damit im scharfen Kontrast zu den Erwartungen der Kleinanleger. So weist eine aktuelle Umfrage von Union Investment einen rapide steigenden Optimismus unter den Sparern aus. Ging im ersten Quartal noch fast die Hälfte der Befragten von fallenden Märkten aus, so scheint die Erholungsrallye der Märkte inzwischen zu einem Sinneswandel geführt zu haben: Nur noch ein gutes Viertel kalkuliert mit nachgebenden Notierungen. Viele wollen noch auf den fahrenden Zug aufspringen. Der Anteil der Aktienfonds-Besitzer, die Zukäufe planen, ist von 34 auf 54 Prozent emporgeschnellt. Selbst viele Börsenabstinenzler wollen wieder zusteigen.
      Ganz anders die Strategen, die vor allem institutionelle Kunden aus dem Versicherungs- und Bankensektor beraten. "Wir müssen uns in den nächsten Wochen eher die Frage stellen, ob wir unseren Kunden nicht empfehlen sollten, die Aktienquote wieder etwas zurückzuschrauben, um Gewinne zu sichern", sagt Gerhard Schwarz von der Hypo-Vereinsbank, ... (Welt, 18.6.03)

      Kommentar: Wie wenig lernfähig doch die Masse ist. Jetzt haben die Kleinanleger in den letzten jahren massiv an der Börse verloren - da geht es einmal in einem Strohfeuer nach oben, schon wird wieder nachgekauft und dem verlorenen Geld weiteres hinterhergeschmissen. Da interessiert es nicht einmal, daß die reale Wirtschaft immer mehr absackt - also die Aktienkurse gar keine fundamentale Berechtigung haben. Die meisten Anleger scheinen immer noch nicht erkannt zu haben, daß wir uns in einer langen Abwärtsphase befinden.

      Kommentare v. Günter Hannich
      Geldcrash.de
      Avatar
      schrieb am 19.06.03 23:56:00
      Beitrag Nr. 3.171 ()
      Zinssenkung – ja und?

      von Michael Vaupel

      von Michael Vaupel

      für Donnerstag und Freitag übernehme ich den Part von meinem Kollegen Jochen Steffens, der gerade auf dem Weg nach Paris ist. Er verpasst nichts Dramatisches – an den europäischen Börsen verläuft der Handelstag derzeit eher ruhig. Angesichts des Feiertages in mehreren Bundesländern sprechen Händler bei den deutschen Aktien von eher geringen Umsätzen und oft "zufälligen" (was immer das sein soll) Kursbewegungen. Das gibt mir die Möglichkeit, etwas über den Tellerrand des Tagesgeschehens hinauszublicken.

      Derzeit werde ich sehr oft gefragt, mit was für einem Zinsschritt der amerikanischen Zentralbank (der Fed) ich denn rechne. Nächsten Montag beginnt das Treffen der Fed – es wird 2 Tage dauern, hinter verschlossenen Türen. Am Mittwoch wird die Entscheidung dann bekannt gegeben. Viele TV-"Experten" prognostizieren eine weitere Zinssenkung um 50 Basispunke. Jochen Steffens, mit dem ich gestern ausführlich telefoniert habe, rechnet mit 25 Basispunkten. Ich persönlich stelle eine einfache Frage:

      Warum sollte man sich darum überhaupt kümmern? Die ersten 12 Zinssenkungen halfen schließlich nicht, die Wirtschaft zurück auf die Füße zu bringen. Und eine dekadenlange vergleichbare Geldpolitik hat den Japanern auch nicht geholfen, den Schmutz nach dem Platzen der dortigen Spekulationsblase wegzukehren. Zinssenkungen in den USA sind natürlich sinnvoll, wenn man eine neue Spekulationsblase will, die den Dow Jones wieder über 10.000 Punkte hieven wird ... und im Schlepptau auch den DAX Richtung 4.000 ziehen wird. Und wenn man die Leute zu einer weiteren Erhöhung ihrer Hypotheken veranlassen will – damit sie das frisch erhaltene Geld in den Konsum stecken können. Aber ist das wirklich erstrebenswert?

      In den USA sind die Verbraucher mit einem riesigen Schuldenberg belastet, die traditionell niedrige Sparquote fiel letztes Jahr auf Rekordtiefs, erholt sich gerade ein wenig. Meiner Ansicht nach ist dies eine gesunde Entwicklung: Nach der Party (Spekulationsblase am Aktienmarkt von 1998 bis 2000, Konsumorgie) mit viel Alkohol (Schulden) folgt der Kater. Und das bedeutet eben, dass jetzt eine Phase mit Kopfschmerzen durchzumachen ist. Eine Phase, in der die Verbraucher eben nicht mehr ganz so fleißig konsumieren, sondern auch einmal daran denken, ihre Kreditkartenschulden und Dispo-Kredite zumindest ein bisschen zurückzuführen. Und in der die Preise nicht mehr so stark steigen, sondern stagnieren. Und vielleicht sogar ein bisschen zurückgehen. Ist das wirklich so schlimm?

      Das Leben besteht aus Zyklen, Boom und Abschwung, und diese Phasen müssen einfach durchstanden werden. Es macht keinen Sinn, in der "Katerphase" den Leuten neuen "Alkohol" (= neue Schulden) anzubieten. Und wenn diese Leute am Morgen nach der Party keinen Alkohol mehr wollen, diesen immer billiger zu machen (Zinssätze senken) – oder ihn schließlich sogar kostenlos anzubieten (Nullzinspolitik in Japan). Auf dem Höhepunkt der Party hätte man damit die Stimmung garantiert steigern können – aber eben nicht am nächsten Morgen. Das ist das Problem der derzeitigen Zinssenkungen. Und dennoch halten sowohl Fed als auch Bush-Administration an ihrer "Politik des leichten Geldes" fest. Sie versuchen, den amerikanischen Konsumenten neue Kredite regelrecht "aufzudrängen", damit der private Konsum wieder anspringt und die gesamte Wirtschaft mit nach oben zieht. Sehen Sie sich Japan an, und Sie wissen, dass das alleine nicht funktioniert.

      Als Anleger kann man dennoch davon profitieren – indem man auf einen weiter schwachen Dollar setzt. Denn das Zinsgefälle des Euro zum Dollar wird sich wieder vergrößern (in den letzten Wochen hatte es zwischenzeitlich eine Verkleinerung dieses Gefälles gegeben). Damit werden Kapitalanlagen im Euroraum für Ausländer interessanter. Wenn erst einmal die Japaner – die derzeit weiterhin fleißig US-Anleihen kaufen – ihr Kapital Richtung Euroland umlenken werden, dann werden wir einen selbstverstärkenden Effekt sehen. Vermögenswerte in Dollar werden verkauft, um Vermögenswerte in Euro zu kaufen – dadurch fällt der Dollar – das veranlasst weitere ausländische Investoren zur Flucht aus dem Dollar – der Dollar fällt weiter. Deshalb meine Prognose: Der Euro wird in den nächsten Monaten über die 1,20 klettern. Oder, um mit meinem Kollegen Bill Bonner zu sprechen: Ich weiß nicht, ob der Euro über 1,20 steigen wird – aber ich weiß, dass er in einigen Monaten dort stehen SOLLTE.

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      Wenn Tote sprechen könnten ...

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Die Microsoft-Aktie stieg am Dienstag um 2 %, weil ein Analyst sein Rating für die Aktie erhöht hatte ... ha ... ha ... ha ...

      Was ist daran so lustig?

      Nun, die Tatsache, dass jemand die Ratings der Analysten ernst nimmt. Können Sie sich noch erinnern, liebe(r) Leser(in) – vor 4 Jahren gab es ungefähr 98 Kaufempfehlungen für 2 Verkaufsempfehlungen. Das war kurz bevor der Bärenmarkt begann, der eine Marktkapitalisierung im Volumen von 5 Billionen Dollar (!) vernichtete. Und von den ehemaligen Top-Analysten sind 3/4 gefeuert worden. Jack Grubman, Henry Blodget, Frank Quattrone, Mary Meeker ... vielleicht sagen Ihnen diese Namen noch etwas. Nur Mary Meeker hat ihren Posten noch, sie ist zwar älter, aber hat immer noch keine Ahnung.

      Für die Fondsmanager macht das keinen Unterschied. Sie haben das Geld, und sie müssen ihre Benchmark übertreffen. Wenn sie nicht mit dem Trend gehen (der Dow Jones hat seit letzten Oktober schon über 28 % zugelegt), dann könnten sie ihre Top-Jobs als Fondsmanager verlieren – und dann müssten sie vielleicht semi-ehrliche Arbeit für eine semi-ehrliche Bezahlung verrichten.

      Wer würde das wollen? Jeder will das, was er nicht verdient hat. Das Barron`s Magazin verspricht den Anlegern dieses Jahr Gewinne im zweistelligen Prozentbereich. Verdienen die Investoren Gewinne im zweistelligen Prozentbereich? Natürlich nicht. Sie haben dafür nicht gearbeitet; sie haben sie sich nicht verdient. Alles, was sie tun, ist, Kapital bereitzustellen. Was haben die Leute historisch gesehen für Renditen mit ihrem Kapital erwirtschaftet? Wenn Tote sprechen könnten, dann könnte man sie alle ausgraben und ihnen diese Frage stellen. Dann würde man herausfinden, dass die durchschnittliche Rendite seit Gründung der USA pro Jahr bei nur rund 3 % lag. Derzeit sind es sogar noch weniger – denn per Dekret der Fed sind die Renditen am Anleihenmarkt tiefer, als sie es je seit Buddy Holly waren. Die Gläubiger können nicht viel erwarten. Die Investoren sollen sogar noch weniger erwarten.

      Das ist eine dieser Zeiten. Manchmal erwarten die Leute viel; manchmal nicht. Wir befinden uns derzeit in einer Zeit, in der die Leute denken, dass sie für Nichts etwas erhalten. Oder mehr, als sie verdienen, von dem, was sie haben. Trotz 3 Jahren Bärenmarkt und einem sich verstärkenden Wirtschaftsabschwung haben die Leute immer noch ein bemerkenswertes Vertrauen in sich selbst, ihre Institutionen und ihre Führer. Sie glauben, dass der Dollar das tun kann, was noch keine Papierwährung je geschafft hat: Überleben. Sie glauben, dass die Aktien das tun, was noch nie der Fall war: Für immer jedes Jahr Gewinne im zweistelligen Prozentbereich einfahren. Sie glauben, dass George W. Bush und Alan Greenspan das tun können, was kein Mann zuvor getan hat: In die Zukunft sehen und die Zukunft vorab verbessern – bevor sie eintritt.

      Sie glauben diese Dinger, trotz der anders lautenden Erfahrungen von Millionen toter Menschen. Und sie werden diese glücklichen Fantasien weiter glauben, bis sie von ihnen ruiniert worden sind ... und auch in den Chor der Toten einstimmen werden. Zumindest ist das meine fröhliche Einschätzung, an diesem wundervollen Morgen in Paris ...
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      Argentinien oder Japan?

      von unserem Korrespondenen Addison Wiggin in Paris

      Wie genau werden die Investoren zerstört werden? "Argentinien, nicht Japan", so die Prognose von Marschall Auerback.

      "Ein Land mit einer so untragbar hohen externen Schuldenlast, einer überbewerteten Währung, die zu riesigen Außenhandelsbilanzdefiziten geführt hat, großen Haushaltsdefiziten: Argentinien im Jahr 2001 oder die USA im Jahr 2003?" fragt Auerback auf der Homepage von Prudent Bear.

      "All das Gerede in den USA, dass man eine Deflation à là Japan vermeiden sollte ... ich denke, dass es mehr bringt, sich die Lage in Argentinien unmittelbar vor der Beendigung der Bindung des Peso an den US-Dollar anzusehen, Ende 2001."

      "Wie im Argentinien des Jahres 2001 kontrolliert Amerika heute auch nicht mehr das eigene wirtschaftliche Schicksal. In den USA ist das Damoklesschwert nicht der Internationale Währungsfonds, sondern China. Der Todesstoß für die US-Wirtschaft könnte es werden, wenn die Chinesen ihre Währung (die derzeit an den Dollar gekoppelt ist) frei floaten lassen. Denn zu diesem Zeitpunkt werden viele andere asiatische Zentralbanken (mit der möglichen Ausnahme von Japan) eine verlockende Alternative zum Dollar finden, und den Dollar deshalb in den freien Fall schicken, was dem amerikanischen Kreditsystem unheimlichen Schaden zufügen wird."

      "Die amerikanischen Entscheidungsträger – die dauernd danach schreien, dass die chinesische Währung doch endlich frei floaten sollte –, sollten vorsichtig sein, was sie sich wünschen. Das könnte auch der Abschluss einer außergewöhnlichen Periode der Finanzgeschichte werden."

      Währenddessen verhalten die Kleinanleger sich derzeit so, als ob sie auf das "Grün" von Regierung und Fed warten. Ohne klare Anweisung von oben geht es derzeit nicht mehr so richtig bergauf ... an der Wall Street ist die Aufwärtsbewegung derzeit etwas festgelaufen. Andrew Kashdan von Apogee Research schreibt dazu: "Die Politik des starken Dollar, die von der Bush-Administration offiziell noch verfolgt wird, ist kaum noch eine ausgeführte makroökonomische Strategie, sondern ein meisterhaftes Theater – eine Tragikomödie."

      George Bush hat vor kurzem sein geheimes Wissen der internationalen Währungsmärkte offenbart, als er versuchte, die Nuancen des Dollar-Kursverlustes zu erklären ... und die kurzfristige Entwicklung gegenüber dem Euro prognostizieren wollte:

      "Der Zinsunterschied hat die Leute dazu veranlasst, Dollar zu verkaufen und Euros zu kaufen, um eine höhere Rendite auf ihr Investment erzielen zu können"; so Bush. "And das ist der Grund, warum Sie den Druck auf den Dollar sehen ... sie werden ein anderes Verhalten sehen, wenn sich die Zinsdifferenz zwischen Europa und den USA verringern wird." Kashdan will wissen: "Wie passt diese Theorie des Protagonisten zu den Fakten? – Antwort: Nicht sehr gut, leider."

      "Der Zinsunterschied bei den kurzfristigen Zinsen hat im letzten Jahr sein Top erreicht, seitdem hat er sich immer weiter verringert – während der Euro weiter deutlich gestiegen ist. Obwohl sich der Renditeunterschied zwischen den 10jährigen europäischen und amerikanischen Anleihen zuletzt um ein paar Basispunkte vergrößert hat, ist die vorige Vergrößerung dieses Abstands auch Hand in Hand mit dem Euro-Anstieg gegangen. Die langfristigen Zinssätze sind in Europa in den letzten Monaten um mehr als einen halben Prozentpunkt gefallen – sogar bevor die Europäische Zentralbank die Leitzinsen gesenkt hatte.

      "Das tragische Fazit ist, dass der Dollar wegen so vieler anderer Widrigkeiten fällt, und es gibt jede Menge guter Gründe, ihn zu verkaufen. Mr. Bush und Mr. Greenspan sind ohne Zweifel dankbar dafür, dass die Aktienmärkte die Dollarprobleme bis jetzt so ignoriert haben. Aber man kann der Tatsache nicht entkommen, dass die Ausländer (und auch US-Investoren) zunehmend Vermögensanlagen meiden werden, mit denen sie über den Wechselkurs einen Verlust erleiden werden – wenn sonst alles andere gleich bleibt." Kashdan: "Rechnen Sie mit einer weiteren Dollarschwäche, bevor der Vorhang fallen wird."

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      Die boomenden 2000er?

      Die boomenden 2000er?

      von John Mauldin

      Hier ein Auszug aus dem letzten "Dent Spezialreport" mit dem Thema: "Was passierte auf dem Weg zu den boomenden 2000ern?" "So wie es vor 80 Jahren in der neuen wachsenden Autoindustrie für Investoren eine goldene Anlagemöglichkeit gab, so haben die heutigen Investoren die größte Kaufmöglichkeit des gesamten wirtschaftlichen Aufschwungs, vielleicht die beste des Lebens, gerade jetzt ... unsere Prognose zeigt, dass der Nasdaq in diesem Boom 13.000 bis 14.500 Punkte erreichen könne, in 6 bis 7 Jahren von heute an, was mehr als das 10fache des Tiefs von 1.114 im Oktober 2002 sein würde."

      Lassen Sie mal sehen ... der Nasdaq bis 2010 bei 14.500 Punkten? Meiner Ansicht nach könnte diese Prognose eine große Dosis Realität gebrauchen.

      Lassen Sie mich das Band bis 1999 zurückspulen. Ich kann mich nicht erinnern, ob es in Las Vegas oder San Francisco war – aber sowohl Dent als auch ich sprachen beide auf einer großen Investmentkonferenz. Ich sprach zuerst, und prognostizierte etwa 3.000 Zuhörern, dass eine Rezession vor uns läge, und dass der Markt fallen werde. Wenig (aber höflicher) Applaus am Ende meiner Rede. Dent sprach ein paar Minuten später, und er machte sich über die "Weltuntergangsbeschwörer", die vor ihm gesprochen hatten, lustig. Wir hätten es nicht verstanden, sagte er. Dann zeigte er uns jede Menge Charts, die klar zeigten, dass der Markt und die Wirtschaft nirgendwo anders als nach oben gehen könnten. Die Technologie sei in der Innovationsphase, bereit zu explodieren. Er zitierte Schumpeter. Und er bekam jede Menge (und sehr enthusiastischen) Applaus.

      Jetzt wieder in die Gegenwart. Es gab einige Hubbel auf der Straße in die 2000er. Dent sagt uns, dass wir jetzt wieder auf Kurs sind. Ab diesem Jahr und im nächsten Jahr sei der Konsument wieder voll da. Die Technologie werde die Märkte wieder einmal auf neue Höhen treiben. Man solle auf diesen Zug aufspringen. Lassen Sie mich seine Argumente untersuchen und dann die logischen und meiner Ansicht nach absurden Schlussfolgerungen sehen.

      Dent betont, dass die Aktie von General Motors (GM) von 1919 bis Anfang 1922 um mehr als 75 % gefallen sei. Dann stieg diese Aktie um das 22fache bis 1929. Damals waren Autos das neue Ding. Auch ohne das Scheitern vieler kleinerer Autogesellschaften erlebte der Markt einen Boom. Und Dent vergleicht das mit der Situation der Technologiegesellschaften heute. Dann legt er den Chart von Intel von 1992 bis 2002 über den Chart von GM von 1912 bis 1922. Zufällig passen die völlig zueinander. Seine Schlussfolgerung: Da sich der Kurs der GM-Aktie nach dem Crash um das 22fache gesteigert hat, werden die Technologieaktien heute das Gleiche tun. Ich zitiere ihn: "Wir erwarten, dass eine ganze Generation von Technologiegiganten der heutigen New Economy den spektakulären Anstieg der GM-Aktie nachvollziehen wird. Wer möchte nicht die Chance ergreifen, sein Investment in den nächsten 6 bis 7 Jahren um das 22fache zu steigern?"

      Es gibt aber sehr große Unterschiede zwischen heute und 1922. Zunächst einmal hatte der Aktienmarkt 1922 einen jahrzehntelangen Bärenmarkt hinter sich. Der S&P 500 stand 1921 fast genau da, wo er 20 Jahre vorher schon gestanden hatte ... die Investoren hatten insgesamt ein negatives Wachstum von 1 % für diesen Zeitraum gesehen. Kurz gesagt: Man kann den Wert des Marktes von 1922 nicht mit dem von 2002 vergleichen. Wir sprechen über historische Extrempunkte. Dent suggeriert effektiv, dass der nächste Bullenmarkt von den höchsten Bewertungen der Geschichte beginnen wird.

      Das Problem ist, dass sich die Auswirkungen der erhöhten Produktivität insgesamt nicht netto positive ausgewirkt haben. Stattdessen haben die Unternehmen die neue Produktivität genutzt, um Arbeiter zu entlassen. Und dann ermöglicht das Internet es, Jobs in Länder mit geringeren Lohnkosten zu verlagern – von Indien bis Irland.

      Und nebenbei – es ist schön und gut, den Chart von GM mit dem von Intel zu vergleichen. Aber damit vergleicht man Äpfel mit Birnen. 1922 gab es jede Menge Autobauer, die in den nächsten Jahren untergingen. Wenn man den Aktienchart einer solchen Gesellschaft genommen hätte, dann würde der Vergleich nicht so schön aussehen.

      Selbst wenn es zahlreiche kleine Technologiegesellschaften geben würde, deren Aktienkurs sich verzehnfachen würde – deren statistischer Einfluss auf den Nasdaq wäre nicht so groß. Um die Prognose von Dent wahr werden zu lassen, müssten sich die Kurse der größten Gesellschaften mindestens verzehnfachen. Und das in einem Zeitraum, indem ihre Gewinne nicht schneller als das Bruttoinlandsprodukt plus Inflationsrate – oder ca. 50 % – steigen werden.

      Hier offenbart sich die Schwäche von Dents Argumentation. Am 18. Juni stand der Nasdaq-Composite bei 1.668 Punkten. Wenn er in 7 Jahren bei 13.000 Zählern stehen sollte, dann müsste er in den nächsten 7 Jahren um 29 % pro Jahr zulegen. Wenn er das Ziel von 14.500 in 6 Jahren erreichen würde, dann müsste er jährlich 36 % zulegen! Das würde eine Verdoppelung alle 2 Jahre bedeuten!

      Dabei ist das KGV schon derzeit sehr hoch – laut dem Wall Street Journal liegt es beim Nasdaq 100 bei aktuell 227 (basierend auf den Kerngewinnen). Das ist die Schätzung für die letzten Zahlen. Die Prognose für die nächsten 12 Monate liegt bei einem KGV von 36. Die Schätzung von Thomson First Call liegt bei 32. Wenn Dent Recht haben würde, dann müssten die Gewinne der Unternehmen im Nasdaq um über 30 % pro Jahr steigen, für 7 Jahre. Ich bemühe mich gar nicht erst, zu suchen, ob dies schon jemals der Fall war. Es gab niemals eine Zeit, in der die Gewinne der Unternehmen eines größeren Index um 30 % pro Jahr gestiegen sind, 7 Jahre in Folge.

      Aber das muss passieren – sonst wird das KGV steigen. Dann würde es auf Niveaus steigen, die die letzte Spekulationsblase klein aussehen lassen werden. Kann das KGV auf 500 steigen? Werden die Investoren bald die letzte Spekulationsblase vergessen?

      Man kann es auch anders sehen: Dent meint, dass die Marktkapitalisierung der Nasdaq in 7 Jahren größer sein wird als das Bruttoinlandsprodukt der gesamten USA.

      Microsoft hat derzeit einen Anteil von 10 % an der Marktkapitalisierung der Nasdaq. Wird die Marktkapitalisierung von Microsoft auf 2 Billionen Dollar wachsen? Wird Cisco 1 Billion Dollar wert sein? Kann Intel auf 1,25 Billionen Dollar steigen?

      Wenn Dent Recht hätte, dann müssten die Gesellschaften auf so einen Level steigen, und alle anderen Nasdaq-Aktien müssten mit ihnen steigen. Wenn diese Gesellschaften das nicht schaffen – wer dann? Um auf eine Marktkapitalisierung der Nasdaq von 15 Billionen zu kommen, dann müssen darunter einige SEHR große Gesellschaften sein. Wir reden von einer Spekulationsblase, die alles in den Schatten stellen würde, was wir jemals gesehen haben – auch zu Zeiten der letzten Spekulationsblase.

      Ich bin noch nicht einmal auf die Überkapazitäten im Technologiesektor zu sprechen gekommen – was das zukünftige Gewinnwachstum behindern wird. Die Überkapazitäten besonders bei Glasfaserkabeln im Telekomsektor, nach dem Debakel von WorldCom, und und und. Das ist nicht der Stoff, aus dem ein stetiges und historisch hohes Gewinnwachstum kommen wird.

      investorverlag.de
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      Wer weiß, vielleicht werden die Punkte erreicht , aber nur wenn es eine Hyperinflation gibt.
      Avatar
      schrieb am 19.06.03 23:57:21
      Beitrag Nr. 3.172 ()
      19.06. 22:20
      US: Staatsverschuldung erreicht fast 300 Mill.$
      (©GodmodeTrader - http://www.godmode-trader.de)



      Die USA haben den Mai mit einem Budgetdefizit in Höhe von 90,5 Milliarden $ abgeschlossen, wie die US-Regierung heute bekannt gab. Im gleichen Zeitraum vor einem Jahr hatte man 80,6 Milliarden $ mehr ausgegeben als man einnehmen konnte. In diesem Jahr beläuft sich das Gesamtdefizit damit auf 292 Milliarden $ gegenüber 145,4 Milliarden $ vor einem Jahr. Für das Gesamtjahr rechnet man mit einem 304,2 Milliarden $ schweren Defizit.
      Avatar
      schrieb am 20.06.03 15:25:28
      Beitrag Nr. 3.173 ()
      Demnächst: Neu gefärbte US - DOLLAR`S

      Quelle: Rense.com
      Von ETGeorgia@aol.com

      In einer bestürzenden Enthüllung gab das Schatzamt der Vereinigten Staaten bekannt, dass es in Kürze eine neue Papierwährung herausgeben werde. Das Wall Street Journal berichtete, dass das Schatzamt das Design der alten Währung erhalten würde, aber "hübsche Farben" einführen will. Diese Bekanntmachung trat zusammen mit dem beinahe-Allzeithoch des Dollars gegenüber einem Korb anderer großer internationaler Währungen ein.

      Was deutet dies für die Zukunft des US-Dollars an? Entwertung! Es kann keine andere Erklärung für die Einführung einer farbigeren Währung geben, welcher eine geteilte Dollarpolitik eines Dollars nur für den Hausgebrauch der Amerikaner sowie eines Übersee-Auslandsdollars darstellt. Die US-Version der Währung würde nur innerhalb der Grenzen der Vereinigten Staaten gelten.
      Es ist also ein ziemlich bequemer Weg, gehortetes Bargeld von denen US-Bürgern außer Gefecht zu ziehen, welche versuchen, das Banken-Establishement zu umgehen. Dies ist das zweite Mal, dass das Schatzamt eine große Überholung des heimischen Dollars versucht. Das letzte Mal war 1996, als eine große Umgestaltung der originalen Gravuren begann, welche 1999 mit der Einführung von Wasserzeichen, Sicherheitsmerkmalen, geänderten Bildern und einer Schrift in metallischer Tinte an der Unterkante der einen Seite der Banknote endete.
      Wenn diese durch einen Scanner gezogen wird, wie er bei der Verarbeitung von Schecks durch eine Bank verwendet wird, enthüllt sie eine versteckte Geheimzahl, welche den Weg des Bargeldes nachvollziehbar macht.

      Ein Zitat von Lawrence Patterson des Criminal Politics-Magazins: "Es wurden mehr Manipulationen am Geld gemacht, als Sie sich vorstellen können!". Das farbige Geld soll dem WSJ zufolge in etwa zwölf Monaten herauskommen, aber könnte auch früher eingeführt werden. Patterson rät: "Tauschen Sie im Voraus ihr gehortetes Geld um, oder Sie werden es verlieren!"

      Wie ein Analyst bemerkt: "Ein farbiges Geld neben dem regulären grünen Geld weckt den Verdacht eines Zwei-Währungs-Systems, wobei das farbige Geld entweder intern oder extern eingesetzt würde und das alternative entsprechend eingeschränkt wird."

      Eine weitere bestürzende Enthüllung um den Dollar wurde in der Ausgabe vom 20. März des WSJ gemacht. In einem Artikel mit der Überschrift "Citibank gewinnt breitere Position in Shanghai" wurde erklärt, dass die Bürger des kommunistischen Chinas nun Bankmöglichkeiten haben, welche den Amerikanern vorenthalten sind. Dies bedeutet, dass jeder chinesische Bürger seine Ersparnisse in einer örtlichen Bank in einer anderen Währung als dem nationalen Yuan ablegen kann. Dies wäre gleichbedeutend, als wenn Sie in ihre örtliche Bank gehen würden und ihr Sparbuch oder Depot in Pfund Sterling, Euro oder Schweizer Franken benennen lassen würden! Criminal Politics meint: "Der Grund, warum Ihnen diese Option nicht erlaubt ist, wo es sogar unter kommunistischer Herrschaft gewährt wird, ist, dass die Zukunft des US-Dollars nicht die ist, welche sie zu sein scheint! Der Dollar wird massiv abgewertet werden, weil wir uns einem untragbaren Handelsbilanzdefizit von einer Billion Dollar pro Jahr nähern. Das sind eintausend Milliarden Dollar pro Jahr.

      Die über die Jahrzehnte zusammengetragenen Handelsbilanzdefizite sind noch eine ganz andere Zahl. Diese liegt bereits im Bereich einiger Billionen, was so nicht einfach weitergehen kann. Ihr Lebensstandart wird einen drastischen Einbruch hinnehmen müssen, weil importierte Waren Sie um einiges mehr kosten werden, damit das Handelsbilanzdefizit reduziert werden kann. Darum dürfen Sie Ihr Bankkonto nur in US-Dollar führen."

      Diese Information sollte Sie erschüttern, und Sie sollten Ihre Wertanlagen außerhalb des US-Dollars anlegen.

      Anmerkung:
      Könnte das mit NESARA zu tun haben?

      Hier noch ein Link zu NESARA:

      http://www.nesaraeurope.info
      http://www.fourwinds10.com


      http://www.f25.parsimony.net/forum63351/messages/20762.htm



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      Avatar
      schrieb am 20.06.03 15:57:11
      Beitrag Nr. 3.174 ()
      20.6.03 Am Rentenmarkt geht die Angst um

      Investoren wird nach der Anleihe-Hausse langsam mulmig - Strategen sehen Fed in der Pflicht

      von Holger Zschäpitz

      Berlin - Viele Anleger haben Angst vor einem Deja-vu-Erlebnis. Nachdem sie im März 2000 zu spät dem Aktienmarkt den Rücken gekehrt haben, grassiert nach der rasanten Rallye am Rentenmarkt nun die Furcht, ja nicht den rechtzeitigen Absprung zu verpassen. Auf dem Spiel steht einiges. In den vergangenen dreieinhalb Jahren waren etwa mit deutschen Staatsanleihen viel Geld zu verdienen: Die Papiere legten durchschnittlich um mehr als 30 Prozent zu, US-Treasuries warfen sogar fast 60 Prozent ab. Und auch seit Jahresanfang legten Rentenpapiere beiderseits des Atlantiks bereits ungewöhnlich stark zu.
      Die zuletzt hohen Umsätze und die starken Kursverluste in den vergangenen Tagen sind nach Ansicht von Experten nun ein untrügliches Zeichen für wachsende Nervosität. ... Der globale Rentenmarkt ist aktuell in Gefahr", schreibt Edwards in seiner jüngsten Expertise. Das Epizentrum eines möglichen Bonds-Bebens werde in den USA liegen, und die Schockwellen könnten um den gesamten Globus laufen. Als Auslöser sieht Edwards eine leichte Besserung der Konjunkturdaten. Darüber hinaus könnte Anleger die Panik packen, sollte sich die Meinung durchsetzen, dass die US-Notenbank Fed am Ende ihrer Zinssenkungszyklus angekommen ist.
      Noch drastischer drückt sich Mark Tinker vom unabhängigen Londoner Brokerhaus Execution aus. "Die Blase am Bonds-Markt ist derzeit die größte Gefahr für die globalen Märkte", sagt der Stratege. In den letzten Wochen sei viel spekulatives Kapital in die Rentenmärkte geflossen. So hätten sich insbesondere Banken billiges Geld von den Zentralbanken geliehen und dies in lang laufende Staatsanleihen angelegt und so die Kurse immer weiter in die Höhe getrieben.
      Tatsächlich deutet vieles auf spekulative Gelder hin. So ging die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihen auf Grund von starken Zuflüssen innerhalb von lediglich zwei Wochen von vier auf 3,07 Prozent zurück. In den vergangenen vier Tagen brachen die Kurse wieder ein, und die Rendite schoss spiegelbildlich in die Höhe. Tinker erinnert an die Situation von 1998, als insbesondere Hedge-Fonds Turbulenzen an den Rentenmärkten auslösten.
      ... (Welt, 20.6.03)

      Kommentar: Ein Crash am Anleihe-Markt steht tatsächlich bevor. Die Zinsen sind nun auf einem Niveau, wo sie nahe daran sind die Liquiditätsgrenze zu unterschreiten. as heißt, daß sich bei weiter sinkenden zinsen das kapital vom Markt zurückzieht, weil die Rendite zu klein wird. Es werden dann keine neuen wertpapiere mehr gekauft, sondern es wird verkauft. Gibt es dann noch, wie 1998, plötzlich eine größere Zahlungsunfähigkeit, eines Fonds, Staates, Unternehmens - dann ist der Crash perfekt. Dann purzeln die Kurse überall und Aktien und Anleihen gehen ins bodenlose. Es ist eigenartig, daß niemand an die Komponente "Risikozuschlag" im Zins denkt, welche den kapitalzins innerhalb kürzester Zeit nach oben bringen und die Kurse der Wertpapiere verfallen lassen kann.

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      Experten sind sich sicher: Greenspan senkt Zinsen auf ein historisches Tief


      von Martin Halusa
      New York - Die amerikanische Notenbank wird bei ihrer Sitzung am kommenden Dienstag und Mittwoch mit hoher Wahrscheinlichkeit die Zinsen senken. Die Frage sei nur, ob die Federal Reserve 25 oder 50 Basispunkte zurücknimmt, heißt es in den USA. Alan Greenspan und seine Kollegen vom zinssetzenden Offenmarktausschuss glaubten, es gebe noch keinen sicheren Hinweis darauf, dass es mit der Konjunktur nachhaltig bergauf gehe.
      Die Federal Funds Rate steht in den USA derzeit bei 1,25 Prozent - dem niedrigsten Stand seit 41 Jahren. Zuletzt hatte die Fed den Zinssatz im November vergangenen Jahres gesenkt. Noch im Januar 2001 standen die Zinsen bei 6,5 Prozent, seither hat die Notenbank die Rate zwölf Mal gelockert. Am Mittwoch um 14.15 Uhr (20.15 MEZ) wird die Entscheidung in einer so genannten Offenmarkt-Aktion veröffentlicht.
      ... (Welt, 20.6.03)

      Kommentar: Nun haben ein dutzend Zinssenkungen es nicht geschafft, die Wirtschaft wieder zu beleben - warum soll das nun Erfolg haben? Dabei bringen Leitzinssenkungen von Notenbanken in einem deflationären Umfeld überhaupt nichts: Billigere Kredite werden nicht genommen und für Investitionen benutzt, wenn die allgemeinen Gewinnaussichten trübe sind. Dann werden die Pferde zur Tränke geführt - saufen jedoch nicht. Mit weiteren Zinssenkungen bis 0% wie in Japan stirbt dann im heutigen System jede Investitionstätigkeit völlig ab.

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      18.6.03 EU schließt Gewaltanwendung nicht aus


      Die Europäische Union (EU) schließt auch Gewaltanwendung nicht aus, um die illegale Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen zu verhindern. Wenn diplomatischer Druck gescheitert sei, könnten auch Zwangsmaßnahmen wie Sanktionen, das Abfangen von Schiffen oder Gewaltanwendung in Betracht kommen, erklärten die EU-Außenminister am Montag in Luxemburg.
      Reuters LUXEMBURG. Die Europäische Union (EU) schließt auch Gewaltanwendung nicht aus, um die illegale Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen zu verhindern. Wenn diplomatischer Druck gescheitert sei, könnten auch Zwangsmaßnahmen wie Sanktionen, das Abfangen von Schiffen oder Gewaltanwendung in Betracht kommen, erklärten die EU-Außenminister am Montag in Luxemburg. Der Uno-Sicherheitsrat solle dabei eine zentrale Rolle spielen.
      Die EU-Minister wollten zudem über eine Aufforderung an Iran zur Kooperation mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) beraten und davon Fortschritte in Handelsgesprächen abhängig machen. Bundesaußenminister Joschka Fischer äußerte sich besorgt über das iranische Atomprogramm und setzte auf einen friedlichen Wandel des Landes zu einer Demokratie.
      Chance auf friedliche Veränderung in Iran
      „Die Verbreitung von Massenvernichtungsmitteln (biologische, chemische und atomare Waffen) und Mitteln zu ihrem Einsatz wie ballistische Raketen stellt eine Bedrohung von internationalem Frieden und Sicherheit dar“, heißt es zur Begründung in der EU-Erklärung zu den Grundprinzipien gegen die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen. Wenn Terroristen in den Besitz solcher Waffen gerieten, könnte dies „unkontrollierbare Konsequenzen“ haben. „Bewaffnet mit Waffen oder Material der Massenvernichtung könnten Terroristen Schäden verursachen, die in der Vergangenheit nurStaaten mit großen Armeen erreichen konnten.“
      Die EU hatte bereits in der Irak-Krise den Einsatz von Gewalt als letztem Mittel theoretisch nicht ausgeschlossen, auch wenn sie über den Krieg tief zerstritten war. Mit der Erklärung zu den Massenvernichtungswaffen will die Union Diplomaten zufolge auch eine gemeinsame Linie mit den USA finden. ... (Handelsblatt.com, 16.6.03)

      Kommentar: Wie kann eigentlich gesagt werden, daß nur eine Macht auf der Welt bestimmte Waffen haben darf und andere nicht? Führt so etwas nicht automatisch zu einer weltweiten Diktatur, wenn einer alle anderen unter Druck setzen kann und sich niemand wehren kann?

      Kommentare v. Günter Hannich
      Geldcrash.de
      Avatar
      schrieb am 20.06.03 16:13:41
      Beitrag Nr. 3.175 ()
      Moderne Märkte, moderne Korruption

      Strukturwandel des Marktes (I)


      Der »Markt« funktioniert nirgends nach der Lehrbuchdoktrin vom »freien Spiel der Kräfte«. Neben die selektive Staatsgewalt und den Einsatz militärischer Mittel tritt die Korruption. Sie gehört zum Instrumentarium der »unsichtbaren Hand« der »Marktwirtschaft« in den Kapitaldemokratien. Die gegenwärtige neoliberale Phase treibt zu einer bisher beispiellosen Entfesselung der Korruption– in ihren traditionellen und vor allem in »modernisierten« Formen.


      Das »System Elf«

      Das Verfahren mit 37 Angeklagten hat am 17. März 2003 begonnen und soll vier Monate dauern. Angeklagt sind der ehemalige Vorstandsvorsitzende von Elf Aquitaine, Le Floch-Prigent, weitere Vorstandsmitglieder, ehemalige Minister, Staatssekretäre, Mitglieder von Parteivorständen, hochrangige Geschäftsleute. Sie sind heute meist als Unternehmensberater tätig. Sie waren oder sind Mitglieder der politisch-wirtschaftlichen Elite, sie nennen vor Gericht ihre Orden und staatlichen Auszeichnungen, darunter die Légion d’honneur. Als aktuelle Wohnsitze geben sie Monaco, Paris, London, Zürich und Moskau an. Ihre insgesamt 80 Anwälte gehören zu den teuersten Frankreichs.

      Die Eckdaten stehen bereits fest. Aus »schwarzen Kassen« des Konzerns wurden jahrzehntelang verdeckte Zahlungen geleistet. Sie flossen einmal an Politiker und Beamte der Staaten, in denen es für Elf um Ölförderrechte oder andere Geschäfte im Zusammenhang mit Erdöl ging. Dauerempfänger von Millionenzahlungen waren etwa der Präsident von Gabun, Albert-Bernard Bongo, sowie die Präsidenten Denis N’Guesso (Kongo-Brazzaville) und Paul Biya (Kamerun). Eine zweite Empfängergruppe waren führende Politiker der Regierungsparteien daheim in Frankreich, darunter Kollegen des gegenwärtigen Staatspräsidenten Jacques Chirac.

      Die Zahl der Geber, Empfänger, mitverdienenden Vermittler und ihrer Helfer beträgt mehrere hundert. Die Gesamtsumme der für das Verfahren herangezogenen Zahlungen liegt bei 430 Millionen Euro. Tatsächlich wurde weit mehr gezahlt. Wegen der Verjährungsfristen und der Ermittlungsbedingungen geht es im Prozeß nur um die Jahre 1990 bis 1995. Darüber hinaus wurden mehrere Teilkomplexe ganz ausgeklammert, so die 35 Millionen Euro, die von Elf für den günstigen Kauf der ostdeutschen Minol-Tankstellen und des Chemiekomplexes Leuna in Sachsen-Anhalt »in Richtung« deutscher Parteien gezahlt wurden, wo die Endempfänger aber bis heute unbekannt geblieben sind.

      Zum »System Elf« gehört die verdeckte Lenkung der Geldflüsse. Die dem Vorstand zugeordneten Berater Alfred Sirven und André Tarallo hatten die Verwaltung der schwarzen Kassen unter sich. Sie wurden in mehreren Briefkastenfirmen in der Schweiz bewirtschaftet. Für den Empfang der Schmiergelder unterhielten afrikanische Staatschefs ebenso wie französische Parteien in der Schweiz ebenfalls Briefkastenfirmen. Zum »System Elf« gehört weiter die Selbstbereicherung des Topmanagements. Die Zahlungen gingen nicht vollständig an die Endempfänger. Einen Anteil in zweistelliger Millionenhöhe behielten Topmanager und Berater für sich. Beim »System Elf« wird beispielhaft deutlich, daß eine große Zahl hochrangiger Akteure, Förderer und Mitwisser erforderlich ist. Die Wirtschaftsprüfer gründeten Briefkastenfirmen in Finanzoasen, die Buchführer des Konzerns sorgten durch Scheinrechnungen dafür, daß die schwarzen Kassen gefüllt wurden. Vom Finanzamt wurden die »Bonuszahlungen« oder »vorgezogenen Anerkennungszahlungen« als steuerbegünstigt anerkannt.

      Damit erreichte der Konzern, daß er Öl zu so günstigen Konditionen erhielt, wie es im öffentlichen Wettbewerb nicht möglich gewesen wäre. Französische Politiker deckten die Praktiken und sorgten durch ihre Komplizenschaft für die »richtige« Besetzung der Posten im Topmanagement. Elf erlangte durch die dauerhafte Abhängigkeit von Politikern und Beamten einen Extraprofit. Auf der anderen Seite trug der Staatskonzern zur Unterhöhlung und Zerstörung von Demokratie in mehreren afrikanischen Staaten bei, aber auch in Deutschland, in der Schweiz und vor allem in Frankreich selbst: Hier bildete sich zwischen der Unternehmensspitze und den Staats- und Parteispitzen ein ebenso elitärer wie parasitärer und geheimdienstgeschützter »Staat im Staate« heraus.

      Das Gerichtsverfahren um den ehemaligen französischen Staatskonzern Elf Aquitaine ermöglicht gegenwärtig einen tiefen Einblick in Tradition und Strukturen globaler Korruption. Es ist das umfangreichste gerichtliche Korruptionsverfahren, das je in einem Staat der »westlichen Wertegemeinschaft« stattgefunden hat. Staatsanwälte und Kriminalbeamte haben ein Jahrzehnt aufwendig ermittelt, sie waren Intrigen ausgesetzt und konnten nur unter Polizeischutz ihrer Arbeit nachgehen. Die Unterlagen kamen auch durch Amtshilfe aus anderen Ländern zusammen, so aus der Schweiz, aus Monaco, Italien, Luxemburg und aus afrikanischen Staaten. Die Empfänger im Ausland stehen nicht vor Gericht.

      Elf konnte sich darauf berufen, daß man zu solchem Verhalten gezwungen gewesen sei, da die internationalen Konkurrenten genauso vorgegangen sei. Die Vorratshaltung von schwarzen Kassen in spezialisierten Tochterfirmen, die Einschaltung von Geheimdiensten, die Nutzung von Finanzoasen, der Einsatz von Beratern und Vermittlern, die parteiübergreifende Bestechung von Politikern im In- und Ausland – solche Systeme sind seit Jahrzehnten im internationalen Geschäftsverkehr üblich. Korruption ist nicht zufälligen, sondern systemimmanten Charakters.

      Dies wurde, um zunächst in Frankreich zu bleiben, bei Gerichtsverfahren gegen den größten Baukonzern der Welt, Bouygues, bestätigt. Bouygues zahlte beispielsweise 900 Millionen US-Dollar für den Sechs-Milliarden-Dollar-Auftrag zum Bau der Universität Riad (Saudi-Arabien). Aber es muß nicht immer Bargeld sein: Nachdem Bouygues Anteile am größten französischen TV-Sender erworben hatte, erhielt die Tochterfirma SAUR des Baukonzerns als Gegenleistung für eine Gefälligkeitsreportage im Fernsehen die Lizenz zum Betreiben von Wasseranlagen in Elfenbeinküste. Präsident Félix Houphouet-Boigny hatte sich dankbar gezeigt. Für eine Sendung voller Lobeshymnen über König Hassan von Marokko erhielt die Tochterfirma Bouygues Bâtiment den Auftrag für den Flughafen von Agadir. Moderne Zeiten, moderne Mittel.


      Bestechung in der Heimat

      Deutsche Konzerne, die international wegen Korruption auffällig geworden sind, werden auch in Deutschland auffällig. Das gilt etwa für Siemens. Ob Griechenland, Uruguay, Südkorea oder Singapur: Siemens ist dabei, aber nicht nur in der Ferne, sondern auch in der Heimat. Ein Großverfahren gegen fünf Siemens-Manager wegen Bestechung für einen Klärwerksauftrag in München machte deutlich, daß hier mit denselben Methoden gearbeitet wird wie in Entwicklungsländern: Einschaltung eines externen Vermittlers, verdeckter Geldfluß über eine Finanzoase, Einrichtung eines Nummernkontos für den Empfänger in der Schweiz, Falschdeklarierung der Schmiergeldzahlung, Überhöhung des Auftragspreises. Die hochrangigen Manager, die zu Gefängnis- und Geldstrafen verurteilt wurden, zeigten kein Schuldbewußtsein. Das Unternehmen Siemens übernahm alle Anwaltskosten und gewährte den Verurteilten während ihres Gefängnisaufenthalts nicht nur ihr reguläres Gehalt, sondern auch die ihnen sonst zustehenden Gehaltserhöhungen.

      Korruption ist in den deutschen Kommunen traditionell tief verankert. Das zeigt sich bei den wiederkehrenden Bauskandalen, zuletzt in größerem Ausmaß beim Bau von Müllverbrennungsanlagen in Köln, Böblingen, Hamburg, Pirmasens. Hier verhielt sich etwa der Generalunternehmer L+C Steinmüller in Deutschland wie in Südafrika. Dort hatte die Firma zusammen mit anderen deutschen Unternehmen wie Deutsche Bank und Daimler jahrelang die Apartheidpartei »National Party« heimlich finanziert, um an Aufträge für den Bau von Bergwerksanlagen zu kommen. In Köln und weiteren deutschen Städten zahlte Steinmüller an örtliche Politiker und Beamte, um den Auftrag für die Müllverbrennungsanlagen zu erhalten. In Köln steckten im Schmiergeldtopf, der juristisch seinen Standort in der Schweiz hatte, 15 Millionen Euro, die an ein knappes Dutzend Empfänger ausgezahlt wurden. Der reguläre kommunale Entscheidungsprozeß wurde beim Bau der Müllöfen ausgehebelt. Der Preis der Kölner Anlage stieg zugunsten des Bestechers weit über den Marktpreis, die Anlage wurde heimlich viel größer gebaut als genehmigt, die Müllgebühren stiegen nach der Fertigstellung stark an. Ein europaweiter, bis nach Neapel reichender Mülltourismus wurde in Gang gesetzt, um die überdimensionierte Kölner Anlage und die Auftragsbücher des privaten Betreibers zu füllen.

      Noch wird in Deutschland der »Herzklappenskandal« gerichtlich abgearbeitet. Die zwei US-amerikanischen Hersteller medizinischer Geräte, St. Jude Medical und Medtronic, hatten Ärzte mit Hilfe verschiedener Vorteilsgaben dazu gebracht, Herzklappen und anderes Material der Herzchirurgie exklusiv bei diesen Firmen einzukaufen, und zwar zu Preisen, die bis zu 100 Prozent überteuert waren. Für jede einzelne Herzklappe erhielten die Ärzte einen »Erfolgsbonus« von einigen hundert Euro. Entsprechend dem Klischee »Italien ist ein korruptes Land« müßte man nun sagen: »Deutschland ist ein korruptes Land«. Dies wäre zwar genauso wenig falsch wie im Falle Italiens, aber man müßte dann auch sagen: »Die USA sind ein korruptes Land«, denn von dort operierten in diesem Fall die Bestecher. Die Annahme, es gebe bestimmte Länder, die besonders korrupt wären, ergibt angesichts global tätiger Schmiergeldzahler keinen Sinn.


      Legalisierte Korruption

      Die modernen bürgerlichen Kapitaldemokratien haben in ihren Aufstiegsphasen Korruption strafrechtlich inkriminiert. Dabei ging es vor allem um das Schutzgut »Ansehen des Staates«. Deshalb wurde vor allem der »Staatsdiener« unter Strafe gestellt, wenn er gegen Vorteilsgewährung staatliche Vorschriften und Gesetze verletzte. So wurde es auch im Bürgerlichen Gesetzbuch des Deutschen Reiches Ende des 19. Jahrhunderts geregelt und gilt im wesentlichen bis heute.

      Aber schon nach dem Ersten Weltkrieg gingen die »entwickelten« Industriestaaten dazu über, die von den Unternehmen gezahlten Schmiergelder steuerlich zu fördern. Korruptionsleistungen zur Geschäfts- und Vertragsanbahnung wurden als »nützliche Ausgaben« betrachtet und als steuermindernde Betriebsausgaben anerkannt. In Deutschland geschah dies im ersten Jahressteuergesetz 1934 des Naziregimes, das mit dem Programm der konsequenten Korruptionsbekämpfung angetreten war. Die professionelle Unternehmenskorruption gehörte damit zu den »Modernisierungen«, die in Deutschland vom Naziregime durchgesetzt wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden solche Praktiken in der Exportwirtschaft der BRDebenso wie im eigenen Land fortgeführt und normalisiert. Auch die geheime finanzielle Ausstattung der »wirtschaftsfreundlichen« Parteien CDU, CSU und FDP durch den Bundesverband der Deutschen Industrie und durch Hunderte von Unternehmen wurde über Finanzoasen organisiert. Etwa 220 Millionen DM flossen auf diesen Wegen straflos in die Kassen staatstragender Parteien.

      So entstand eine widersprüchliche Situation. Einerseits wurde die Schmiergeldzahlung eines Unternehmens an einen Beamten staatlich gefördert. Andererseits machte sich der Beamte wegen Bestechlichkeit strafbar. Bei dieser konfligierenden Wertsetzung setzte sich jedoch unter der Hand die Seite der »Wirtschaftsförderung« immer stärker durch. Und dies um so mehr, je weiter sich die neoliberale Auffassung durchsetzte, daß auch der Staat und staatliche Behörden sich selbst als Unternehmen, ja als »profit center« zu verstehen hätten. Dies hat zur Folge, daß einerseits die strafrechtliche Definition und Verfolgung auf einem nostalgisch-anachronistischen Stand verbleibt, der sich in Deutschland vor allem in den Strafrechtsparagraphen 331 bis 334 manifestiert. Andererseits wurde Korruption so modernisiert, daß die meisten wichtigen Korruptionsformen heute nicht unter Strafe stehen. Sie sind als »legalisierte Korruption« zu bezeichnen.

      Dazu zählen die heute vorherrschenden Formen, mit deren Hilfe Unternehmen Politiker und Staatsdiener in Abhängigkeiten bringen. Dabei herrscht nicht mehr das alte Prinzip, daß auf einen gewährten Vorteil (Bargeld, geldwerte Leistung) unmittelbar die vereinbarte Gegenleistung folgt (etwa ein staatlicher Auftrag). Vielmehr handelt es sich um eine langfristige Netzwerkbildung, bei der Leistung und Gegenleistung zeitlich und operativ entzerrt werden: Unbefristete Beraterverträge mit regelmäßigen monatlichen Zahlungen, Mitgliedschaften in Aufsichtsräten und Arbeitsverträge ohne entsprechende Arbeitsleistung. Wenn, wie es sich bei den Müllverbrennungsanlagen in Deutschland herausstellte, Landtagsabgeordnete »nebenbei« einen hochbezahlten Geschäftsführerposten bei einem Tochterunternehmen des privaten Betreibers erhalten, hier der Entsorgungsfirma Trienekens/RWE, dann ist dies nicht strafbar.

      Dasselbe gilt für die ausgeweiteten Formen der Selbstbereicherung des Topmanagements (Aktienoptionen, Halteprämien, goldener Handschlag u.ä.). Exzessive Formen hat diese gegenseitige Selbstbevorteilung bei Unternehmensfusionen angenommen: Die Zustimmung des Topmanagements des Übernahmekandidaten wird durch umfangreiche Zahlungen erkauft. Sie sind selbst zu einer wesentlichen Triebfeder für Unternehmensfusionen geworden. Bei der Übernahme der Mannesmann AG durch den englischen Konzern Vodafone wurde die Zustimmung durch Zahlungen in der Gesamthöhe von 125 Millionen Euro an zwei Dutzend Mitglieder von Aufsichtsrat, Vorstand und an weitere Topmanager befördert. Mannesmann-Aufsichtsratsmitglied Josef Ackermann, zugleich Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank, der die Zahlungen mit bewilligt hatte, verteidigte sie mit der Begründung, sie seien üblich und im internationalen Vergleich ohnehin noch ziemlich niedrig. Mit dieser Feststellung hat der gewichtigste Bankier der Bundesrepublik Deutschland gewiß nicht unrecht. Es trifft auch zu, daß in keinem Staat der westlichen Wertegemeinschaft solche Zahlungen strafbar sind. Die deutschen Staatsanwälte, die aufgrund des politischen Protests in diesem herausgehobenen Fall (andere vergleichbare Fälle wurden justitiell nicht aufgegriffen) eine Anklage formulierten, mußten sich mit dem Gummi-Straftatbestand der »Untreue« behelfen.

      Ebenfalls in Deutschland wurde die Maklerfirma für politische Beziehungen, Hunzinger AG, auffällig. Sie finanziert Bücher von Politikern, vermittelt Politiker als Redner an Unternehmen und als Gesprächspartner an Manager, organisiert »Parlamentarische Abende«, vergibt günstige Privatkredite an Abgeordnete, richtete für den damaligen Verteidigungsminister Scharping ein Geldanlagekonto zu ungewöhnlich günstigen Bedingungen bei der einschlägig bekannten Privatbank Oppenheim ein, spendete selbst an alle Bundestagsparteien, vermarktete Ministerreisen in Krisengebiete wie das Kosovo. Zusätzlich unterhält die Agentur ein politisches Meinungsforschungsinstitut und bindet auch Gewerkschaftsvertreter in Aufsichtsrat und Teilhaberschaften ein. So werden Politiker verschiedener Parteien, Topmanager und andere Angehörige der Elite in ein undurchschaubares Geflecht eingebunden, das verdeckte Vorteile verschafft und verdeckte Abhängigkeiten erzeugt, die mit dem veralteten Strafrecht – und auch mit den parlamentarischen Kontrollregularien – nicht erfaßbar sind, offensichtlich auch nicht erfaßbar sein sollen.

      * Morgen: Großes Vorbild USA

      http://www.jungewelt.de/2003/06-20/005.php
      Avatar
      schrieb am 20.06.03 16:17:12
      Beitrag Nr. 3.176 ()
      Neid ist geil

      Deutsche Wirtschaftsführer greifen Millionengehälter ab – unverdient, finden selbst Aktionäre


      Die Selbstbedienungsmentalität deutscher Kapitalfunktionäre war auch 2002 auf das Schönste ausgeprägt. Im Durchschnitt sahnte nach einem Bericht des Manager Magazins der Vorstandschef eines Dax-Konzerns (Dax: Deutscher Aktienindex; hier gemeint die 30 führenden börsennotierten deutschen Konzerne) im vergangenen Jahr 2,12 Millionen Euro ab. Hinzu kommen die bei diesem Menschenschlag äußerst beliebten Aktienoptionen, mit denen sich zusätzlich die eine oder andere Million aufs private Konto lenken läßt.

      Sozialneid, lautet das Totschlagargument indoktrinierter Medienheinis, wenn die Einkünfte sogenannter Spitzenmanager kritisch unter die Lupe genommen werden. Der Begriff Neid ist zwar negativ besetzt, aber Tatsache bleibt, daß er eine wichtige Triebkraft der gesellschaftlichen Entwicklung seit Menschengedenken ist. Auch Neid führt zu Veränderungen und ist wohl auch bei denen gefürchtet, die auf der Suppe oben schwimmen.

      Aber selbst wenn die Höhe der Bezahlung der leitenden Angestellte großer Konzerne bei einem von Rationalisierung und Entlassung bedrohten Mitarbeiter des Unternehmens allen Grund für Neid und Mißgunst bietet, ist das eigentlich zu kurz gegriffen. Auch das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung – eine für die Entlohnung am Fließband durchaus wichtige Relation – könnte ein Aspekt bei der Bewertung von Managergehältern sein. Und da sieht es, selbst aus Sicht von Aktionärsschützern und bürgerlichen Medienvertretern, nicht sehr überzeugend aus, wenn sich beispielsweise Jürgen E. Schrempp im Jahr 2002 10,8 Millionen Euro hinterherwerfen ließ. Der Vorstandsboß von DaimlerChrysler war damit der bestbezahlte Konzernlenker in der BRD, jedenfalls von den Unternehmen, die börsennotiert sind und auch ein paar Zahlen gucken lassen. Was beispielsweise die im Verborgenen agierenden Herren Albrecht (Aldi) oder andere Unternehmenspatriarchen einnehmen, schätzt einmal jährlich das US-Magazin Forbes und veröffentlicht das dann in einer Liste der Milliardäre. Schrempp und seine Kollegen der Dax-Konzerne sind dagegen nur Angestellte und können sich nicht so gut verstecken wie die Albrechts oder Schleckers.

      Nach Angaben der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young habe Schrempp neben einem Grundgehalt von rund 6,47 Millionen Euro Aktienoptionen im Wert von etwa 4,35 Millionen Euro erhalten, so das Manager Magazin am Donnerstag. Gemessen an der Aktienkursentwicklung sei er damit aber eindeutig zu hoch bezahlt gewesen.

      Auf Platz zwei der Dax-Gehaltsliste rangiere SAP-Chef Henning Kagermann. Er erhielt demnach zwar nur ein Grundgehalt von 1,3 Millionen Euro. Aber sogenannte Wandelschuldverschreibungen im Wert von 6,2 Millionen Euro, besserten dieses karge Gehalt deutlich auf. Nur Kagermann zählt nicht so recht, denn den SAP-Chefs gehören auch bedeutende Anteile am Konzern. Somit ist er auch Eigentümer und nicht nur Funktionär, was den Hang zur Selbstbedienung rein theoretisch bremsen sollte. Drittplazierter auf der Liste der höchstbezahlten Manager war dem Bericht zufolge Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann. Mit Gesamtbezügen von 6,95 Millionen Euro ließ er sich die mäßigen Ergebnisse seines Finanzkonzerns durchaus fürstlich entlohnen. Hätte die Bank einen klassischen Hauptaktionär, wäre Ackermann wohl eher gefeuert worden. Denn er verscherbelte beispielsweise das »Tafelsilber« des Unternehmens – wichtige Industriebeteiligungen – just zu einer Zeit, als diese äußerst niedrig bewertet waren. Allerdings ist die Deutsche Bank ein Laden, der sich in einer Art Volkseigentum befindet. Vielen Shareholdern gehören kleine Aktienpakete, aber keiner hat das Sagen. Da geht es schon gelegentlich drunter und drüber, wie seinerzeit im realen Sozialismus. Nur sozial geht es nicht zu. Ackermanns Konsolidierungskurs kostete Jobs, und auch die Einkünfte seiner früheren Lieblinge, der Investmentbanker, sollen drastisch beschnitten worden sein. So kommt denn das Manager Magazin zu der Schlußfolgerung, auch Ackermann sei im Vergleich zur Börsenentwicklung seines Unternehmen zu hoch bezahlt gewesen.

      Um den Neid nicht zu übertreiben, sollte auch erwähnt werden, daß ein paar Manager ziemlich mickrig bezahlt wurden. So seien dem Magazin zufolge Adidas-Chef Herbert Hainer, Henkel-Boß Ulrich Lehner und der Chef der Deutschen Börse, Werner Seifert, im Verhältnis zur Börsenperformance ihrer Unternehmen mit einem eher moderatem Gehalt abgespeist worden.

      Apropos Neid: Offenbar stoßen die Millionengehälter auch zunehmend auf Unmut der Aktionäre. Einem Agenturbericht zufolge ergab eine Emnid-Umfrage, daß 76 Prozent der Privatanleger der Ansicht wären, Topmanager deutscher Aktiengesellschaften verdienten zuviel. 56 Prozent der Anleger seinen zudem für eine gesetzlich vorgeschriebene Obergrenze bei den Vorstandsgehältern, wie sie kürzlich auch Bundespräsident Johannes Rau ins Spiel gebracht hatte. Nicht mehr als das Zwanzigfache eines Facharbeitergehalts sollte ein Spitzenboß bekommen, lautete ein Vorschlag, und der ist gut. Zehn Millionen für Schrempp wären dann auch okay, denn ein Arbeiter bei Daimler dürfte sich in diesem Fall über eine halbe Million Euro pro Jahr freuen. Das zumindest wäre eine gerechte Entlohnung.

      http://www.jungewelt.de/2003/06-20/011.php
      Avatar
      schrieb am 20.06.03 16:50:26
      Beitrag Nr. 3.177 ()
      Avatar
      schrieb am 20.06.03 16:56:40
      Beitrag Nr. 3.178 ()
      US/ANALYSE/Pensionsdefizite im S&P-500 erreichen Rekordwert

      Trotz einer deutlichen Erholung des US-Aktienmarktes auf Jahressicht
      wachsen die Defizite der Pensionsfonds der meisten S&P-500-Unternehmen nach
      wie vor. Wie aus einer Studie von UBS hervorgeht, ist zum Stichtag 30. Mai
      das gesamte Pensionsdefizit der S&P-500-Konzerne auf geschätzte 239 Mrd von
      212 Mrd USD zum Ende des vergangenen Jahres gestiegen. "Das ist das höchste
      Defizit aller Zeiten", sagt UBS-Analyst William Dentzer.

      In erster Linie der starke Rückgang des Zinsniveaus hat nach Ansicht von
      Dentzer die Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit Pensionszahlungen
      ansteigen lassen. Dies habe auch durch den Wertzuwachs der
      Pensionsfonds-Vermögen nicht ausgeglichen werden können. "Defizite bei den
      Pensionsverpflichtungen sollten für die Anleger eine echte Sorge darstellen,
      vor allem bei konsumabhängigen Unternehmen", heißt es in der Studie weiter.
      +++ Benjamin Krieger
      vwd/20.6.2003/bek/reh
      Avatar
      schrieb am 20.06.03 17:25:29
      Beitrag Nr. 3.179 ()
      Fettleibigkeit belastet US-Wirtschaft
      Ökonomen fordern härtere Kontrollen und Fettsteuer
      Stephan Kaufmann

      WASHINGTON/BERLIN, 19. Juni. In den USA ist eine heftige Debatte über die Fettleibigkeit entbrannt. Dicke, so mahnen Wirtschaftsforscher und Gesundheitsexperten, belasten Wirtschaftswachstum und Staatshaushalt. Während der Konsum von Tabak und Alkohol mit Steuern und Gesetzen bekämpft würde, unterschätze die Regierung die ökonomischen Folgen der Fettleibigkeit, so Roland Sturm, Chefökonom der RAND-Forschungsgruppe.
      Laut Sturm leiden 20 Prozent aller Amerikaner unter Fettleibigkeit, weitere 33 Prozent sind übergewichtig. Im Gegensatz zu Rauchern und Trinkern sind Übergewichtige auf dem Vormarsch. Nach einer Studie des Bundesamtes für Gesundheitsstatistik im US-Bundesstaat Maryland hat sich die Anzahl dicker Kinder in den vergangenen 20 Jahren auf rund 15 Prozent verdreifacht. 300 000 Amerikaner sterben demnach jährlich an den Folgen der Fettleibigkeit.

      Kampf gegen Ronald MacDonald

      Die ökonomischen Kosten sind immens. Laut US-Ökonom Sturm fließen rund zehn Prozent aller US-Gesundheitsausgaben in den Kampf gegen die Folgen von Übergewicht. Während nach Angaben des Center for Disease Control das Rauchen die US-Volkswirtschaft alljährlich rund 160 Milliarden Dollar kostet, wird der Schaden durch Fettleibigkeit auf 117 Milliarden Dollar jährlich veranschlagt.

      Grund für die Fettleibigkeit sei weniger Bewegungsmangel als übermäßige Nahrungsaufnahme, besonders von Fastfood und Fertiggerichten. Als Gegenmittel schlägt Sturm daher eine Mischung aus Steuern auf dickmachende Lebensmittel und Zugangskontrollen vor. Schärfere Auflagen für Nahrungsmittel-Werbespots fordert Kelly Brownell, Direktor des Zentrums für Gewichtsstörungen in Yale. Die Hamburger-Werbefigur Ronald MacDonald könnte also ebenso von den Mattscheiben verschwinden wie vor Jahren der Camel-Mann. Eine "Fat-Tax", also eine Fettsteuer solle gesundheitsschädliches Essen teurer machen. Schließlich sind laut US-Gesundheitsbehörde ausgerechnet jene Lebensmittel häufig die billigsten, die auch am dicksten machen. Daher sei Übergewicht gerade bei armen Amerikanern verbreitet. Die Gesundheitsbehörde hat die Industrie zudem aufgefordert, "vernünftige Portionsgrößen" anzubieten. (kau./Bloomberg)



      http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/wirtschaft/25377…
      Avatar
      schrieb am 20.06.03 17:39:06
      Beitrag Nr. 3.180 ()

      Gleich ein doppelter Irrtum

      Wieder zurück von ein paar Tagen Abstinenz, muss ich gleich einen doppelten Irrtum bekennen. Dort, wo ich aufgewühlten Rasen erwartet hatte, ist friedliche Ruhe eingezogen, und die Aktien sind weiter gestiegen, als gäbe es tatsächlich etwas zu feiern. Die Stimmung an den Börsen ist gegenwärtig so gut, dass alles andere keine Rolle mehr zu spielen scheint. Warum also nicht mitfeiern, wenn die anderen sich betrinken?! Doch auch beim größten Gelage bleibe ich immer zumindest so nüchtern, dass ich wenigstens noch ein paar Schafe von der Wiese ins Trockene holen kann. Das macht zwar bei Sonnenschein und großer Hitze nicht unbedingt Spaß, sichert jedoch das Überleben in schlechten Zeiten.

      Ich bilde mir nicht ein, besonders schlau zu sein beim Herausfiltern der Gründe von Kursaufschwüngen und Abwärtsbewegungen sowie bei der Prognose der zukünftigen Börsenentwicklung. Doch das, was ich gegenwärtig in der Presse lese, ist so dämlich, dass es mich schon körperlich schmerzt. Erst war es die Leitzinssenkung der EZB, die die Kurse treiben sollte, und jetzt hat man sogar das unsägliche Liquiditätsargument wieder ausgegraben. Wahrscheinlich werden uns in der nächsten Woche noch sensationelle Ufo-Funde als die wirklichen wahren Gründe für die Börsenhausse präsentiert.

      Ich habe die ganzen vergangenen Tage ausschließlich mit meiner kleinen, bald dreijährigen Tochter verbracht und muss sagen, dass deren Weltbild sich von den Börsenberichten in der Zeitung nur marginal unterscheidet. Ich habe über dieses Thema ausführlicher in meiner neuen Kolumne von NIQUETS SONNTAGSBÖRSE geschrieben, die seit vergangenem Sonntag regelmäßig in der WELT AM SONNTAG erscheint. Deshalb an dieser Stelle nur Folgendes:

      Ich würde von all dem, was gegenwärtig über die Börse gesagt und geschrieben wird, nichts, aber auch gar nichts glauben. Aus meiner Sicht haben wir es ausschließlich mit einem Stimmungsphänomen zu tun – einem Massenstimmungsphänomen. Der Zug der guten Laune ist abgefahren und viele, die fest für ihn gebucht hatten, haben ihn verpasst. Weswegen die Platzkarten für den nächsten Zug jetzt zu Höchstpreisen versteigert werden. Wo dieser Zug allerdings hinfährt, weiß keiner der Beteiligten – und kann auch keiner wissen. Das Einzige, was wir alle wissen, ist, dass die Tickets binnen kurzer Zeit um genau 50 Prozent teurer geworden sind.


      Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
      instock.de
      Avatar
      schrieb am 20.06.03 21:16:50
      Beitrag Nr. 3.181 ()
      Aktienfonds mit Schwerpunkt Deutschland auf Sicht von 10 Jahren mit 7,1 % VERLUST p.a.

      von Michael Vaupel

      Ich bin gerade auf ein paar interessante Zahlen und Fakten gestoßen, die der "Bundesverband Investment und Asset Management" (BVI) berechnet hat. Das ist der Verband der Fondsgesellschaften, der naturgemäß die langfristige Anlage in Aktien- bzw. Rentenfonds fördern will. Die Fakten, die ich gerade lese, lassen sich jedoch nicht unbedingt zu Werbezwecken benutzen: Alle Aktienfonds mit Schwerpunkt Deutschland VERLOREN in den letzten 10 Jahren durchschnittlich 7,1 % an Wert!

      Wahrscheinlich haben auch Sie – genau wie ich – schon sehr oft folgenden Spruch gehört: "Langfristig schlagen Aktien alle anderen Anlageformen." In zahlreichen Finanzpublikationen und Werbebroschüren wurde diese These mit Vergleichen illustriert und scheinbar belegt. Ungefähr dieser Art: "1.000 Euro wären mit Aktien in 10 Jahren zu XX Euro geworden, mit Anleihen zu XY Euro (deutlich niedrigerer Betrag) und auf dem Sparbuch zu XZ Euro (niedrigster Betrag)". Zugegeben – jahrelang habe auch ich daran geglaubt. Ich habe geglaubt, dass man am besten in einem Aktiensparplan monatlich einen bestimmten Betrag einzahlen sollte – um dann "auf jeden Fall" LANGFRISTIG auf der Gewinnerseite zu stehen.

      Die aktuellen Zahlen des BVI sind ein schwerer Schlag gegen diese These. Denn selbst wenn man sein Vermögen auf Fonds für deutsche Standardaktien verteilt hätte, so hätte man in den letzten 10 Jahren einen deutlichen Verlust hingenommen. Zum Vergleich: Die Rentenfonds mit Schwerpunkt Euro (bzw. vor Euroeinführung: DM) konnten in den letzten 10 Jahren 4,9 % Plus pro Jahr erzielen.

      Also: Mit Aktienfonds 10 Jahre lang durchschnittlich 7,1 % Minus pro Jahr, mit Rentenfonds durchschnittlich 4,9 % Plus pro Jahr. Diese Fakten sprechen eine klare Sprache. Natürlich bin ich mir der Problematik der Wahl des Zeitraums vollkommen bewusst. So würde man auf ganz andere Werte kommen, wenn man den 10-Jahres-Zeitraum von Ende 1989 bis Ende 1999 nehmen würde. Dann hätte man nämlich den Bärenmarkt seit 2000 nicht in der Berechnung drin. So lässt sich auch erklären, warum solche Berechnungen in den Jahren vor 2000 meist einen Vorteil der Aktien gegenüber den Anleihen zeigten.

      Was ich damit sagen will: Übernehmen Sie keine scheinbar allgemein akzeptierten Thesen – wie die, dass Aktien "langfristig immer steigen!" Wenn Sie auf dem Höhepunkt der Spekulationsblase des Neuen Marktes eingestiegen sind, werden Sie Ihre Einstiegskurse (sofern es das betreffende Unternehmen überhaupt noch gibt) vielleicht nie wieder sehen. Und wenn Sie 40 Jahre warten. Die Frage ist natürlich auch, wie langfristig "langfristig" eigentlich ist. Natürlich führt alleine der Inflationseffekt auf sehr lange Sicht zu steigenden Kursen. Aber was nützt es Ihnen, wenn Ihr Einstandskurs zwar wieder erreicht wird – aber erst in 80 Jahren? Ein großer Erfolg, oder? Hier zeigt sich die ganze Ungenauigkeit des Begriffs "langfristig". Schon der Volkswirt John Maynard Keynes meinte: "Langfristig sind wir alle tot." Recht hat er.

      Ich meine: In die Zukunft sehen kann keiner von uns. Eine Aussage wie "langfristig steigen Aktien immer" ist schon deshalb sehr mit Vorsicht zu genießen. Das bedeutet nicht, dass ich Ihnen von Aktieninvestments völlig abraten will. Ich möchte nur gerade in der derzeitigen Aufwärtsbewegung auch auf die Risiken hinweisen. Die Börse ist keine Einbahnstraße – dieser Satz ist oft überstrapaziert worden, stimmt aber. Denken Sie daran.

      Und überlegen Sie sich einmal, die "90/10"-Strategie zu befolgen. Das bedeutet: Anstatt Aktien zu kaufen, 90 % des dafür vorgesehenen Betrags in sicheren Euro-Staatsanleihen zu investieren und mit den restlichen 10 % auf Optionsscheine zu setzen (die aufgrund des Hebeleffekts die gleichen absoluten Gewinne wie mit einer 100 %-Aktien-Position erlauben würden). Im schlimmsten Fall erleiden Sie mit den Optionsscheinen einen Totalverlust. Diesen würden Sie in gut 2 Jahren durch die Zinserträge der Anleihen ausgleichen, so dass sie nach diesem Zeitraum Ihren Einsatz wiederhaben. Wenn es gut läuft und Sie mit den Optionsscheinen 100 % verdienen, haben Sie damit auf den gesamten Einsatz betrachtet 10 % verdient. Hinzu kommen noch die Zinsen für die Anleihenposition. Meiner Ansicht nach eine sehr gute Alternative zu Investments am Aktienmarkt. Ein weiterer Vorteil: Sie können auch von fallenden Kursen profitieren und erweitern Ihre Gewinnchancen damit ungemein.
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      Automobilbauer leiden unter Streik

      von Michael Vaupel

      Die Streiks in der ostdeutschen Metallindustrie treffen auch Volkswagen und BMW. Die VW-Zuliefererwerke in Zwickau und Mosel werden seit Anfang dieses Monats voll bestreikt. Seit Anfang dieser Woche ruht die Arbeit auch in der "gläsernen Manufaktur" in Dresden – wo der Oberklassewagen Phaeton hergestellt wird.

      Richtig getroffen würde VW allerdings erst dann, wenn im Hauptwerk Wolfsburg wegen Teilemangel die Produktion gestört würde.

      Vergleichbar die Situation bei BMW – wenn sich nichts ändert, könnte die Produktion ab nächsten Montag gestört sein – eventuell müsste die Produktion dann ganz eingestellt werden. Kosten pro Tag ca. 38 Millionen.

      Eine Einigung in der ostdeutschen Metallindustrie ist deshalb auch für diese beiden Autobauer von großer Wichtigkeit.

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      Schrempp mit 10,8 Millionen Euro Bezügen im letzten Jahr

      von Michael Vaupel

      Das Managermagazin hat eine Studie über die Gehälter von deutschen Managern erstellt. Jürgen Schrempp, Vorstandschef von DaimlerChrysler, erreichte mit einem Jahreswert von 10,8 Millionen Euro den Spitzenplatz.

      Neben einem Grundgehalt von rund 6,4 Millionen Euro wurden ihm Aktien-Optionen im Wert von etwa 4,4 Millionen Euro eingeräumt.

      Weiterer Spitzenverdiener war Josef Ackermann von der Deutschen Bank, der auf 7 Millionen Euro kam.

      Gute Leistung soll gut bezahlt werden. Doch manchmal fragt man sich, wo eigentlich der Zusammenhang zwischen diesen hohen Bezügen und der Leistung besteht.

      Ganz unabhängig davon könnte man sich fragen, ob es gerechtfertigt ist, wenn der Chef eines Unternehmens das 70 bis 100fache des Betrages verdient, den ein durchschnittlicher Angestellter seines Unternehmens verdient. Das 10fache – selbstverständlich. Das 20fache wäre auch noch ok. Aber langsam geraten wir in Regionen, bei denen auch im Hinblick auf den sozialen Frieden Bedenken angesagt sind.

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      32. Jahr des Dollarstandards

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Wo befinden wir uns gerade? Ich meine natürlich ökonomisch.

      Physisch weiß ich, wo ich mich befinde. In meinem Büro in Paris, an einem bewölkten Tag. Und metaphorisch?

      Wollen Sie wirklich wissen, wo wir uns metaphorisch befinden, liebe(r) Leser(in)? Natürlich nicht, aber ich werde es Ihnen trotzdem sagen.

      Hier. Ich befinde mich auf dieser Erde, und bin mit einem Widerspruch konfrontiert; ich erwarte sowohl eine Inflation als auch eine Deflation. "Sie können nicht beides haben", sagen mir meine Leser. Entweder zerstört eine Inflation die Anleihenkurse, oder eine Deflation zerstört die Aktienkurse, sagen sie. "Sie werden beide zerstört werden", so meine Wette.

      Wir befinden uns im 32. Jahr des Dollarstandards. Sehen Sie sich die Reserven der Zentralbanken der Welt an. Was finden Sie da? Ich weiß es nicht, aber mir ist gesagt worden, dass diese Zentralbanken 75 % ihrer Reserven in der Form von "Dollar" halten. Was ist ein Dollar? Nun ... es ist was es ist ... ein Stück Papier, das man für andere Dinge eintauschen kann.

      Als der Dollarstandard im Jahr 1971 begann, konnte man einen Dollar für 1/34 einer Unze Feingold eintauschen. Genau deshalb dachten viele Leute – besonders die Franzosen –, dass das ein sehr gutes Tauschverhältnis sei. Worauf sich die US-Regierung sich entschloss, das zu stoppen. Deshalb sagte die Nixon-Administration, dass der Wert des Dollar fortan am freien Markt bestimmt werden sollte – was effektiv zu einer Verringerung der Schuldenlast der USA führte, wegen der folgenden Dollarabwertung.

      Diese Ankündigung der US-Regierung ließ damals überall in der Welt die Alarmglocken läuten. Die Investoren begannen sich zu fragen, was sie für ihre Dollar bekommen würden. Die Fed hatte schließlich die Druckerpresse für Dollar; die Fed bot der Welt natürlich genug Dollar an, damit die Räder der Wirtschaft in Betrieb blieben ... aber die Investoren hatten die Befürchtung, dass die Fed es übertreiben könnte. Natürlich würde "leichtes Geld" zu rollenden Räder führen – aber diese Räder könnten irgendwann überdrehen und abfallen! 1980 konnte man für einen Dollar nur noch 1/840 einer Feinunze Gold kaufen. Die Investoren rechneten damit, dass dieser Wert in der Zukunft noch weiter fallen würde.

      Der Markt lässt niemals Erwartungen aufkommen, ohne auch eine Enttäuschung aufkommen zu lassen. Diese Überraschung war der damalige Fed-Vorsitzende Paul Volcker, der die Kreditvergaberegeln der Banken verschärfte, die Zinsen erhöhte, die Inflationsrate senkte und deshalb die Fundamente für den großen Boom der nächsten 2 Jahrzehnte legte.

      Ich denke, dass dieser Boom im Jahr 2000 endete, als der Aktienmarkt seit Topp erreichte. Im folgenden Jahr erreichte auch der Dollar sein Topp. Im Sommer 2001 konnte man für einen Dollar 1/260 einer Feinunze Gold kaufen. Heute, 2 Jahre später, kauft ein Dollar nur 1/360 einer Feinunze Gold.

      Aber was weiß ich schon? Am Mittwoch z.B. ist der Goldpreis um 6 Dollar gefallen. Jetzt, wo die Fed wirklich aufs Gaspedal tritt, scheinen das die Investoren nicht zu bemerken. Ihre Erwartungen sind auf epischen Höhen. Was! Die meisten erwarten, dass der große Boom für immer weitergehen wird. Der Anteil der "Bären" unter den Investoren ist auf dem niedrigsten Stand seit 16 Jahren. Gold war in den letzten 2 Jahren das beste Investment ... aber wer glaubt schon, dass das auch weiterhin so bleiben wird?

      Stattdessen leihen die Fondsmanager und Kleinanleger der US-Regierung weiterhin bereitwillig Geld (indem sie US-Anleihen kaufen), so als ob diese das beste Kreditrisiko der Welt bieten würde ... und sie kaufen Aktien, als ob sie in die Zukunft sehen könnten und dort höhere Kurse sehen würden.

      Und ich weiß nicht genau, was ich denken soll. Dass die Aktien kein Schnäppchen mehr sind, scheint offensichtlich zu sein. Und dass diese außergewöhnliche Zuversicht am Anleihenmarkt (was sonst sollte es sein, wenn man dem weltgrößten Schuldner Geld leiht ... zu den niedrigsten Zinssätzen seit 50 Jahren ... einem Schuldner, der offen verspricht, seine Währung abzuwerten ... was ist das sonst als der Spiegel eines extremen, fast wahnsinnigen Vertrauens?) bald Furcht weichen sollte, scheint nicht nur offensichtlich zu sein, sondern auch sympathisch. Das ist der Weg, wie die Welt funktioniert. Tag wird zu Nacht, gute Renditen werden zu schlechten Renditen, außergewöhnlich wird zu Mittelmaß, Volcker wird durch Greenspan ersetzt ... eine Politik des leichten Geldes folgt einer Politik des knappen Geldes ... und dann fallen die Räder ab!

      Aber wann und wie?

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      Der süße Geschmack der Inflation

      von unserem Korrespondenten Eric Fry in Manhattan

      In den USA sind die Konsumentenpreise letzten Monat um 0,3 % gestiegen (Kernrate, ohne Energiepreise) – was ein recht deutlicher Preisanstieg war und für eine Inflation spricht ...

      Ahhhh! ... Wie süß das ist! ... Dieser erste leckere Geschmack eines neuen inflationären Trends! Wie die meisten Süßigkeiten ist auch eine Inflation nicht gesund. Aber für den Moment ... hm ... ist sie sehr erfreulich – zumindest glauben das die meisten Marktteilnehmer momentan. Die Inflation ist willkommen, da sie – im Gegensatz zur puritanischen Deflation – die Schuldenrückzahlungen leichter macht, die Immobilienpreise anfeuert und ebenso die Unternehmensgewinne. Sie ist nur Freude und kein Schmerz ... so irgendwie.

      Der Schmerz kommt ein bisschen später – natürlich – wenn ein Dollar weniger Waren und Dienstleistungen kauft, als er es heute tut. Und wenn die Ersparnisse "weginflationiert" werden, also deutlich weniger wert sein werden, als die Sparer der Nation antizipiert hatten. Aber die Aktienkäufer machen sich darüber keine Sorgen. Sie vertrauen dem Fed-Vorsitzenden Greenspan, der ihnen sagt, dass Inflation eine gute Sache sei, und dass man die böse Deflation um jeden Preis vernichten müsse.

      Die Kleinanleger machten sich derzeit überhaupt nicht viele Sorgen – sie machen sich nur Sorgen darüber, dass sie vielleicht keine Aktien besitzen. Als Resultat davon ist die "Nach-Spekulationsblase" am Aktienmarkt vor unseren Augen immer größer geworden. Wie ihr Vorgänger, die epische Spekulationsblase der 1990er, hat diese aktuelle Spekulationsblase mehr Spekulation als Substanz ... vernachlässigenswertes Ertragswachstum und hohe Bewertungen sind keine gute fundamentale Voraussetzung für steigende Aktienkurse.

      Und wie ihr Vorgänger wird diese "Nach-Spekulationsblase" durch die Fed-Politik des leichten Geldes angeheizt. Die implizite "Drohung", dass man am Geldmarkt nur 1 % Rendite erhält, drängt die Investoren geradezu in riskantere Anlageformen, wie lang laufende Anleihen und Blue Chips am Aktienmarkt. Die Fed-inspirierte Kasino-Mentalität hat den Aktienmarkt von einem ZIEMLICH teuren Niveau auf ein SEHR teures Niveau hochschnellen lassen.

      Der Nasdaq-Composite ist in diesem Jahr schon um 25 % gestiegen – das sind aufs Jahr hochgerechnet 56 % Plus. "Negative reale Zinssätze dränge die Investoren in höhere Risikoklassen", so Mister Belkin, Herausgeber des "Belkin Report". "Am amerikanischen Geldmarkt erhält man derzeit nur rund 1 %. Die amerikanische Konsumentenpreisinflation ist mehr als doppelt so hoch. Das ist ein kraftvoller Anreiz, um sein Kapital in höherverzinslichen Anleihen (Anleihen mit größerem Ausfallrisiko) und Lottoscheinen (Nasdaq-Aktien) anzulegen. Wenn ich mich skeptisch anhöre, dann ist das korrekt ... ich stimme nicht mit der Politik der Fed überein ( ...), aber wenn die Fed die Investoren aus dem Risikospektrum drängen will und eine neue Mini-Spekulationsblase schaffen will, dann hat sie sicherlich die Kraft dazu."

      Die "Kraft" der Fed ist natürlich nicht mehr als die kollektive öffentliche Bereitschaft, teure Aktien zu kaufen. Wenn die Investoren nicht bedingungslos an die "langfristige" Anlage in Aktien glauben würden, dann hätte die Fed keine Kraft, eine Spekulationsblase anzuheizen. Aber derzeit kann die Fed das – und tut es auch. Genau jetzt. Allerdings könnte der Spekulationsblase bei den Technologieaktien bald die Luft ausgehen.

      "Trotz der zuletzt guten Zeiten, ist die Situation für die Technologie-Bullen fürchterlich", schreibt Fred Hickey, Herausgeber des "High Tech Strategist". Die Kabel und Leitungen, die diese monströs überbewerteten Hightech-Aktien auf dem hohen Niveau gehalten haben, brechen. Wenn es klar wird, dass die erhoffte wirtschaftliche Erholung im zweiten Halbjahr nicht eintreten wird, und dass der Ertragssprung im zweien Halbjahr ein Traum bleiben wird, dann wird es Panik unter den Bullen-Investoren geben, die am Ende viele von ihnen ruinieren wird ... dann werden wir von Wunschdenken gesteuerte Kommentare über den gescheiterten Bullenmarkt für Technologieaktien hören, der Art: "Wenn die Kurse doch nur wieder auf mein Einstandsniveau steigen würden."

      Diese "Nach-Spekualationsblase" ist genau so verletzlich wie ihr Vorgänger gegenüber der Nadel der wirtschaftlichen Realität. Wie die epische Spekulationsblase der 1990er wird auch diese aktuelle Spekulationsblase für viele Investoren schlecht enden – so meine Befürchtung. Warum nehmen die Investoren nicht einfach die Gewinne mit und nehmen sich den Sommer über Urlaub?

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      China – das Damoklesschwert der USA

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      *** Ich habe keinen Zweifel daran, dass sich die US-Wirtschaft in fähigen Händen befinden, und dass sich alles jeden Tag verbessert, in jedem Bereich. Dennoch sagt der US-Finanzminister, dass es schwierig sein könnte, einen Jobs zu finden. "Die Job-Aussichten in Kalifornien sind schwach", so die LA TIMES. "Die Aussichten auf Jobs in Michigan sind niedrig", so die Detroit Free Press.

      *** Marschall Auerback glaubt, dass China die Kraft hat, die US-Wirtschaft zu zerstören ... genauso wie der Internationale Währungsfonds in Argentinien den Stöpsel gezogen hat. Ich habe gestern über die Ansichten von Auerback berichtet. Am gleichen Tag muss der US-Finanzminister Snow darüber nachgedacht haben. Denn in den heutigen Nachrichten finden sich die Schlagzeile "China könnte Währung bald floaten lassen, sagt Snow", so die Washington Post.

      Ich komme auf Auerback für die Erklärung zurück: "Wenn sie (die Chinesen) sich von der Bindung an den Dollar lösen, ist es sehr wahrscheinlich, dass sie zu diesem Zeitpunkt einen großen Betrag an Gold angesammelt haben, um ihre Währung zu decken (das könnte auch erklären, warum die chinesische Regierung so zurückhaltend ist, wenn es um ihre Goldkäufe der letzten Dekade geht). Sobald die Chinesen fühlen, dass bei ihnen alles in Ordnung ist, werden sie versuchen, dass ihre Währung die asiatische Reservewährung wird – und letztlich die bevorzugte Währung der Welt."

      "Eine auf dem Remnimbi (chinesische Währung) basierende asiatische Währungsunion mag weit entfernt scheinen – aber vor 15 Jahren schien auch die Idee einer gemeinsamen europäischen Währung weit entfernt. In vielen Punkten wäre eine asiatische Währungsunion, die auf der chinesischen Währung basieren würde, weniger problembeladen als der Euro. Im Gegensatz zum Euroland würde eine asiatische Währungsunion mit der Präsenz eines dominierenden Landes starten – China (sowohl wirtschaftlich als auch kulturell) – was die Übernahme einer bestehenden Währung ermöglichen würde, im Gegensatz zur Schaffung einer neuen Währung und der Aufgabe zahlreicher nationaler Währungen. Es gibt auch eine große chinesische Diaspora in den asiatischen Emerging Markets; die Konsequenz ist, dass es viele der traditionellen sprachlichen und historischen Barrieren, die es in der EU gibt, in Asien nicht im gleichen Umfang gibt."

      "Es gibt eine gemeinsame, kulturelle konfuzianische Ethik in der gesamten Region. Es gibt auch eine natürliche Hinwendung zum Sparen, was diese Region zum größten Hort internationaler Reserven macht. Wenn diese Reserven durch große Goldbestände gedeckt würden (die gerade perverserweise von westlichen Zentralbanken verkauft oder verleast werden), dann würde die Vision von China als dem Epizentrum einer asiatischen Währungsunion noch glaubhafter."

      "Was das in Relation zu den USA bedeutet, ist, dass die USA – wie Argentinien ca. 2001 – nicht länger ihr eigenes wirtschaftliches Schicksal kontrollieren. Im Fall der USA ist das Damoklesschwert nicht der Internationale Währungsfonds, sonder China. Der Todesstoß für die US-Wirtschaft könnte die chinesische Entscheidung sein, die eigene Währung frei floaten zu lassen. Denn viele andere asiatische Zentralbanken (mit der möglichen Ausnahme Japan) könnten dann eine verlockende Alternative zum US-Dollar finden, was diesen in den freien Fall schicken würde, was dem amerikanischen Kreditsystem ungekannten Schaden zufügen würde. Die amerikanischen Entscheidungsträger – die dauernd danach schreien, dass die chinesische Währung doch endlich frei floaten sollte –, sollten vorsichtig sein, was sie sich wünschen. Das könnte auch der Abschluss einer außergewöhnlichen Periode der Finanzgeschichte werden."

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      Krise des amerikanischen Kapitalismus

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Anmerkung in eigener Sache: Dieser Artikel ist ein Klassiker von Bill Bonner und wurde das erste Mal am 4. Juni 2002 veröffentlicht – passt aber auch auf die heutige Situation. Urteilen Sie selbst!

      Der Dollar und das US-Imperium stehen an der Schwelle der Größe. Aber auf welcher Seite?

      Dieser Gedanke kam mir, als ich am Dulles Flughafen in Washington etwas Aufenthalt hatte. Die ersten Sonnenstrahlen trafen gerade das Terminal. Die Vögel sangen in den Bäumen. In der Hauptstadt begann ein schöner, warmer Frühlingstag.

      "Morgen in Amerika", das war das Motto der ersten Amtszeit von Ronald Reagan. Dieser "große Kommunikator" stärkte die Angebotsseite ... und das ganze Land schien aufzublühen. Der amerikanische Kapitalismus war in Höchstform. Die Investoren konnten in den nächsten 2 Jahrzehnten reiche Ernte halten.

      Erfolg korrigiert sich selbst – wie ich beobachtet habe. Jeder Bulle findet irgendwann seinen Bären. Jede Spekulationsblase findet ihre Nadel. Und jedes Imperium findet irgendwann seine Wandalen.

      Technologie und Wissenschaft mögen Fortschritte machen ... aber Märkte, Politik und Liebesaffären machen keine Anstalten hin zu "Fortschritt". Stattdessen folgen sie Zyklen: Phasen von großherzigem Vertrauen folgen gefürchtete Momente der Verzweiflung ...

      Die Leute gehen nicht wirklich kollektiv von Dunkelheit ins Licht ... sondern sie rasen von einem Mythos zum nächsten, so meine Einschätzung. Sie glauben an das Gottesgnadentum des Königs, und wechseln dann zum erhabenen Recht der Demokratie ... sie legen eine Epoche lang ihre Leben in die Hände der Kirche ... und vertrauen in der nächsten Epoche ihrer Regierung. In einer Ära denkt man, dass ein Imperium auf ewig Bestand habe; in der nächsten Ära setzt man auf Nationalstaaten. Nachdem man das Kissen des Glaubens im Mittelalter abgeworfen hatte, ... ging die Menschheit zur anderen Seite des Tisches, und sie glaubten an die Illusion der Vernunft.

      1998 mag es so ausgesehen haben, dass dem amerikanischen Kapitalismus die Zukunft gehören würde; als die Zukunft dann eintrat, war das nicht mehr so klar. "In den letzten 2 Dekaden", so Matthew Lynn, Kolumnist bei Bloomberg, "waren die wirtschaftlichen News, die aus den USA kamen, fast immer positiv. Jetzt ist das Pendel in eine andere Richtung geschwungen."

      "Die Dominanz des Dollar an den Devisenmärkten vergeht. Das (amerikanische) Handelsbilanzdefizit beginnt, den Volkswirten Angst zu machen. Der Aktienmarkt zeigt kein Zeichen einer Erholung. Und der gute Ruf der amerikanischen Unternehmen wird zunehmend beerdigt: Jetzt wird sogar die ehemalige Gesellschaft des US-Vizepräsidenten Dick Cheney untersucht, weil sie eventuell die Bilanzen gefälscht hat."

      Jim Grant fügt hinzu: "Der Kapitalismus begann während der Amtszeit von US-Präsident Carter einen größeren Aufwärtstrend, als die Leute es am wenigsten erwarteten. Und dann begann ein größerer Abschwung während der Administration von George W. Bush – auch diesmal wurde das Land davon überrascht."

      Ich persönlich bin mit Prognosen ja sehr vorsichtig. Ich bin nicht notwendigerweise weise; nur misstrauisch. Ich weiß nicht, was die Zukunft bringen wird. Aber ich weiß, dass ich kein Geld verdienen kann, wenn ich so denke, wie alle anderen denken ... oder wenn ich jeden Mythos glaube, der die Augen der Öffentlichkeit gefunden hat. Deshalb suche ich mir Trades, die nicht im Rampenlicht stehen ... und manchmal bin ich dann ganz alleine.

      Der amerikanische Kapitalismus stand auf der Wunschliste von fast jedem in den letzten 20 Jahren. Nicht dass ich denke, dass mit diesem Kapitalismus notwendigerweise etwas falsch sein muss. Aber er sieht seit einigen Jahren überkauft aus. Ich versuche mir vorzustellen, wie die andere Seite aussehen würde ... wie es wäre, wenn er überverkauft aussehen würde.

      In den frühen 1990ern verschwanden in den Buchläden die Bücher, die japanische Geschäftspraktiken erläuterten. Diese Bücher wurden durch Publikationen ersetzt, in denen amerikanische Tycoons die Hauptrolle spielten. Bald waren die amerikanischen Geschäftsleute die Helden von allen. Sogar im abgeschiedensten Sumpf oder Dschungel konnte man Leute finden, die Bill Gates, Jack Welch oder Jeff Bezos verehrten.

      Aber jetzt sind viele dieser amerikanischen Unternehmenshelden in Ungnade gefallen.

      Matthew Lynn erklärt: "Enron, Arthur Andersen und Henry Blodget ... haben es erreicht, dass viele der unternehmerischen und wirtschaftlichen Leistungen der letzten Dekade fad aussehen. Die amerikanische Standardfirma, die jede Woche eine Zahl von Übernahmen bekannt gab, und immer 30 % Zuwachs pro Quartal vermelden konnte, und von atemlosen Analysten hoch gelobt wurde und ihre Vorstandsmitglieder mit millionenschweren Aktienoptionsplänen belohnte – sieht jetzt nicht annähernd so attraktiv mehr aus wie noch vor einem Jahr."

      Und dann, so Lynn, sei da "der Bruch des technologischen Traums. Die Story der weltwirtschaftlichen Führung der USA war zum großen teil eine Story des Aufstiegs des Mikrochips. Der ganze Computersektor war eine komplett amerikanische Industrie. Und solange diese Industrie Fortschritte machte, machten es auch die USA."

      "Die Technologie wird in den kommenden Jahren immer noch einen großen Einfluss haben, aber sie hat sich von den Geschäftsleuten und Innovatoren wegbewegt. In dieser Dekade wird es bei der Technologie um ein besseres Design und um billigere Preise gehen – und um die Verbesserung von vorhandenen Technologien, so dass sie billiger sind und besser aussehen. Und das konnten bis jetzt europäische und asiatische Unternehmen besser als amerikanische Unternehmen."

      Lynn erwähnt auch das Scheitern der amerikanischen politischen Führung. Nachdem freie Märkte und Freihandel fast 2 Jahrzehnte gepredigt worden sind, hat George W. Bush ein merkwürdiges Signal gesetzt, als er bestimmte Einfuhrzölle erhöhte.

      Würde es Sie überraschen, wenn in den Buchläden die Bücher mit den amerikanischen Tycoons verschwinden würden ...

      ... und eine neue Gruppe von Büchern stattdessen dort erscheinen würde – Bücher wie "Wealth and Democracy" – Reichtum und Demokratie – ... von Kevin Phillips, in denen der Autos so argumentiert, dass das europäische Modell des Kapitalismus dem US-Kapitalismus überlegen sei ...

      ... und die ausländischen Investoren entscheiden würden, dass sie etwas weniger ihres Kapitals in den USA bzw. in Dollar anlegen wollen ... ... und die ausländischen Zentralbanker darüber nachdenken würden, ob sie nicht mehr als genug Dollar in ihren Safes haben ...

      ... und Stunde für Stunde der Tag vergehen würde ... bis schließlich der Abend anbricht?

      investorverlag.de
      Avatar
      schrieb am 20.06.03 21:24:09
      Beitrag Nr. 3.182 ()
      Eingefügt am 20.06.03:

      .....
      AMERIKAS VERBINDUNGEN ZUM MEISTGESUCHTEN MANN DER WELT

      .....
      Osama bin Laden und die CIA: Verbündete im kalten Krieg


      .....
      Ahmed Rashid schrieb in der Pittsburgh Post-Gazette, dass Osama bin Ladens Engagement im von den USA unterstützten Widerstand gegen die sowjetische Besatzungsmacht von seiner Familie vorbehaltlos gutgeheißen wurdet. Dasselbe galt auch für die USA. Cooley berichtet, dass Osama bin Ladens Aktivitäten in Afghanistan sich »mit voller Zustimmung der saudischen Regierung und der CIA entwickelten«. Nach einer vertraglichen Vereinbarung mit der CIA bauten bin Laden und die im Familienbesitz befindliche Firma für viele Milliarden Dollar die Höhlensysteme, in denen er sich offensichtlich zuletzt verborgen hielt:

      »1986 war er am Bau eines von der CIA finanzierten Tunnelkomplexes beteiligt. Diese tief in die Berge hineingetriebene Anlage, die in der Nähe der pakistanischen Grenze lag, sollte als geräumiges Waffenlager dienen, außerdem als Ausbildungslager und medizinisches Zentrum für die Mudschaheddin.«

      Cooley hält außerdem fest, dass bin Laden

      »[...] beim saudischen Geheimdienst wie auch bei der CIA als Idealbesetzung für die führende Rolle galt, in die er hineinwuchs. Bin Laden investierte auch Geld (aus Firmenmitteln und aus seinem Privatvermögen) in Anwerbung, Transport und militärische Ausbildung der arabischen Freiwilligen, die zunächst nach Peschawar kamen und dann nach Afghanistan gingen. [...] Im Jahr 1985 hatte bin Laden genügend aus dem Familien- und Firmenvermögen stammendes Geld angehäuft, [...] um al-Qaida aufbauen zu können.«

      Cooley schreibt dazu: »Die CIA war hocherfreut über bin Ladens tadellose, aus Saudi-Arabien stammende Referenzen und ließ ihm in Afghanistan freie Hand. Die Generäle des pakistanischen Geheimdienstes handelten ebenso.«
      ......

      Die CIA, der saudi-arabische Geheimdienst und bin Laden hatten deshalb 1991 eine ganze Reihe von Zusammenkünften. Der genaue Inhalt der dabei gefassten Beschlüsse ist zwar nach wie vor geheim, es gilt aber als sicher, dass die CIA unverändert entschlossen war, ihren Einfluss in Afghanistan geltend zu machen, »am wichtigsten Verkehrsweg nach Zentralasien, wo die großen Ölkonzerne die Vorbereitungen für das Öl-Eldorado des kommenden Jahrtausends trafen«. Auch die Saudis wollten »um jeden Preis« das Bündnis zwischen bin Laden und Pakistan aufrechterhalten. Das war den Ver-einigten Staaten recht, denn man brauchte einen Vasallen, der sich gegen den Einfluss des schiitischen Islam wandte."

      Osama ist kein schwarzes Schaf

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      Glaubwürdige Berichte zeigen außerdem, dass es niemals zu einem vollständigen Bruch zwischen Osama bin Laden und seiner Familie gekommen ist und dass der Anführer der al-Qaida immer noch enge Beziehungen zu vielen Familienmitgliedem unterhält. Vincent Cannistraro, ein ehemaliger Leiter der ClA-Abteilung für Terrorbekämpfung, sagte hierzu Jane Mayer, einer Reporterin der Zeitschrift New Yorker: »Die Saudi Binladin Group - so lautet der Name des Familienunternehmens - gibt sich bei der Distanzierung von Osama offensichtlich alle Mühe. Ich habe mich jahrelang mit den bin Ladens beschäftigt, und man kann jederzeit erklären: >Wir wollen nichts mit ihm zu tun haben. < Das haben viele Familienmitglieder gesagt. Aber Blut ist dicker als Wasser.«
      .....

      Nach einem Bericht der Pittsburgh Tribune-Review waren unter diesen so zügig aus dem Land geschafften Personen mindestens zwei Brüder Osamas, die verdächtigt wurden, Kontakte zu Terroristen zu unterhalten: »Die World Assembly of Mus- lim Youth (WAMY) [ist] als Geldverteiler für al-Qaida und Hamas bekannt. [...] Die Büros der WAMY befinden sich im Washingtoner Vorort Herndon in Virginia, und dort wohnten auch Abdullah und Omen bin Laden - zwei Brüder Osamas. Sie verschwanden spurlos, nachdem die in den Vereinigten Staaten ansässigen Mitglieder der Familie bin Laden am 12. September 2001 mit einer von der saudi-arabischen Regierung gecharterten Maschine in die Heimat geflogen wurden«. Zu diesem Zeitpunkt durfte in den USA offiziell keine Maschine mehr starten. Offensichtlich lag für diesen Flug eine Erlaubnis von hohen US-Regierungsstellen vor.

      Verbindungen zwischen den Familien Bush und bin Laden

      Es gibt zwingende Beweise dafür, dass es zwischen Osama bin Laden und seiner Familie keineswegs zum Bruch gekommen ist, und gleichzeitig ist auch erwiesen, dass die Regierung Bush sehr wichtige Verbindungen zu eben dieser Familie unterhält. Dazu schrieb der New Yorker: »Im Lauf der Jahre hat es ebenso herzliche wie wichtige Verbindungen zwischen Mitgliedern der Familie bin Laden und Führungspersönlichkeiten des außenpolitischen Establishments in Amerika und Großbritannien gegeben.« Es erschienen Berichte über die langjährigen finanziellen Verbindungen zwischen der Familie bin Laden und dem riesigen amerikanischen Investmentkonzern Carlyle Group, auf dessen Gehaltsliste auch der frühere US-Präsident George H. W. Bush senior steht.
      .....

      »Wenn die USA in ihrem Bestreben, die angeblichen terroristischen Aktivitäten von Osama bin Laden zu beenden, den Verteidigungshaushalt erhöhen, könnte es dabei einen unerwarteten Nutznießer geben: Mr. bin Ladens Familie. [...]«
      .....

      In den letzten Jahren haben Ex-Präsident Bush, Ex-Außenminister James Baker sowie Ex-Verteidigungsminister Frank Carlucci die Pilgerfahrt nach Djidda ins Hauptquartier der Familie bin Laden angetreten. Mr. Bush hält im Namen der Carlyle Group Vorträge und ist Chefberater bei deren Fonds Asian Partners, Mr. Baker ist der Chefjustiziar und Mr. Carlucci der Chairman des Unternehmens.
      .....

      Die Vorstellung, dass die Familie bin Laden von den Entscheidungen der Regierung Bush geschäftlich profitiert haben könnte, ist ungeheuerlich. An dieser Stelle sei noch ein- mal an die glaubwürdigen Berichte erinnert, nach denen es keinen Bruch zwischen Osama bin Laden und seiner Familie gab. Deshalb bestehen auch nach wie vor Kontakte und finanzielle Verbindungen. Außerdem hat die Familie Bush seit längerem finanzielle Verbindungen zur Familie bin Laden, und zwar, neben anderen geschäftlichen Kontakten, über Investitionen in der Rüstungsindustrie. Dies ist ein verblüffender Hinweis auf möglicherweise zweifelhafte Rolle der Regierung Bush im Zusammenhang mit dem 11. September, und die intensiven Kontakte der Carlyle Group mit der US-Regierung verstärken den Verdacht noch. Judicial Watch schrieb in einer Pressemitteilung vom 27. September 2001, Carlyle sei so eng mit der Regierung Bush verflochten, dass das Unternehmen direkten Einfluss auf die Organisationsstruktur des Verteidigungsministeriums habe.
      .....

      Schließlich sollte noch festgehalten werden, dass sich unter der Vielzahl von Projektentwürfen für die Errichtung von Erdölpipelines durch Afghanistan auch ein Jointventure des Bauunternehmens H. P. Price und der Familie bin Laden befindet. H. P. Price hat inzwischen seinen Namen in Bredero Shaw, Inc. geändert. Zufällig gehört dieses Unternehmen einer Tochtergesellschaft des Bauriesen Halliburton, und dessen Chief Executive Officer (CEO) war bis zu den Wahlen im November 2000 der amtierende Vizepräsident Dick Cheney. Aus all diesen Informationen ergibt sich ein skandalöses Bild. Zwischen den Familien Bush und bin Laden scheint es schon seit langer Zeit finanzielle Verbindungen zu geben. Es sieht auch so aus, als ob Osama bin Laden nach wie vor Verbindungen zu seiner Familie hat. Und gegen Mitglieder dieser Familie gab (und gibt) es Ermittlungen wegenfinanzieller Unterstützung des Terrorismus, ganz besonders aber wegen finanzieller Hilfe für das angebliche »schwarze Schaf« der Familie. George Bush jr. blockierte vor dem 11.September die Ermittlungen zu den Kontakten der bin Ladens zur Terroristenszene. Außerdem hatten beide Familien von einem Krieg gegen Afghanistan, der durch die Anschläge am 11. September ausgelöst wurde, finanzielle Vorteile zu erwarten. Dies deutet auf seit langem bestehende finanzielle Kontakte, die über die Familie bin Laden laufen und eine Beziehung zwischen Osama bin Laden, der Familie Bush und der gegenwärtigen US-Regierung herstellen.
      .....

      Das Bündnis zwischen den USA und Saudi-Arabien

      .....
      Ein Flugzeug mit führenden Mitgliedern des saudischen Königshauses an Bord durfte starten, während alle anderen Privatflugzeuge am Boden bleiben mussten: Das ist ein sicheres Zeichen dafür, dass eine auf hoher Regierungsebene aus- gestellte Ausnahmegenehmigung vorgelegen haben muss. Die Bundesregierung hatte das Startverbot für Privatflugzeuge mit einem nationalen Notstand begründet, doch für diesen einen saudischen Flug gab es grünes Licht. Hopsicker spürte die Besitzer des Learjets auf, mit dem die Saudis Tampa verlassen hatten - und das führte ihn unweigerlich zur Firma Huffman Aviation in Venice/Florida zurück: »Das Flugzeug kam aus einem privaten Hangar bei Raytheon Airport Services in Tampa. Also gingen wir zuerst dorthin. [...] Raytheon ist ein wichtiges Unternehmen im Bereich der militärischen Geheimdienstes:

      »Als wir bei Raytheon anfragten, wer denn der Besitzer des Learjets sei, erhielten wir zur Antwort, wir mussten zuerst diesen Mann fragen: Er sollte Raytheon anweisen, uns diese Frage zu beantworten. Ein Sprecher von Raytheon sagte: >Ich habe unsere Position bezüglich Informationen zu Eigentümern bzw. Kunden überprüft: Wir geben keine Auskunft, solange nicht der Besitzer selbst die Information freigibt.< [...] Schließlich [erfuhren wir] von einem sachkundigen Informanten aus dem Luftfahrtbereich, dass der fragliche Learjet sehr wahrscheinlich von einem Charterdienst in Naples/Florida gestellt worden war. >Wally Hilliard ist der einzige Anbieter eines Lear-Charterdienstes im Südwesten von Florida~ sagte unser Mann. >Wenn an diesem Tag ein Learjet geflogen ist, muss er ihm gehört haben.< Der Unternehmer >im Ruhestand< Hilliard hat eine Vielzahl von geschäftlichen Verbindungen. Unter anderem ist er auch der Partner und Finanzier des >Magic Dutch Boy< Rudi Dekkers. Und Dekkers Flugschule in Venice/Florida war die Anlaufstelle der Terroristen in Amerika. Wenn Hilliards Learjets die Saudis in einer CIA-Aktion (oder von höchster Ebene gesteuerten Regierungsaktion) aus dem Raytheon-Gelände herausschleusen konnten, Hilliard gleichzeitig aber auch der Boss von Magie Dutch Boy Rudi Dekkers ist, dessen Unternehmen Mohammed Atta und seinen Terrorkadern das Fliegen beigebracht hat ... Nun, daraus kann jeder seine Schlüsse selbst ziehen... Mr. Hilliard hat bis zum Druckbeginn nicht auf telefonische Anfragen zu einer Stellungnahme geantwortet.«
      .....

      Noch schlimmer wirkt die dokumentierte Tatsache, dass Huffman Aviation vor dem 11. September bei der Erteilung von Visa von der US-Regierung bevorzugt behandelt wurde. »In Florida gibt es über 200 Flugschulen. Sämtliche Terrorpiloten entschieden sich für eine der beiden Schulen in Venice, Florida. Diese beiden Schulen in Venice waren die Anlaufstelle der Terroristen in Amerika: «

      »Was machte diese beiden Flugschulen bei den Terrorkadern so beliebt?
      Es scheint so, als würden einige Flugschulen Privilegien genießen. [...] In einem der ersten Berichte über die Flugschulen in Florida konnte man lesen: >Einige Schulen sind von der Einwanderungsbehörde INS zur Ausgabe der heiß begehrten Einreiseformulare I-20M ermächtigt worden. Das erleichtert ausländischen Studenten den Erwerb von Visa zur Einreise in die USA für ein Berufspraktikum.
      Raten Sie mal, wer eins dieser >heiß begehrtem Visa für ein >Berufspraktikum< in der Tasche hatte? Mohammed Atta, der mutmaßliche Drahtzieher der heimtückischsten Terrorattacke aller Zeiten. [...]

      Und raten Sie doch mal, wer ihm dieses Papier gab? Das bekam er bei Rudi Dekkers` Flugschule, bei Huffman Aviation. [...] Dekkers hatte zunächst jegliche Verantwortung für die Visa der Terror-Flugschüler zurückgewiesen. Er sagte: >Ausländische Bewerber müssen sich an die Einwanderungsbehörde INS wenden<. Und von dieser Behörde erwartete Dekkers eine Überprüfung des persönlichen Hintergrundes der Bewerber. >Wir schicken ihnen die Formulare, und sie gehen damit dann zu ihren Botschaften< erklärte er. Doch Richard Nyren, ein Brite, der sich gemeinsam mit den Terrorpiloten bei Dekkers ausbilden ließ, hatte zur selben Zeit, als sein Fluglehrer diese Äußerungen machte, Reportern berichtet, dass es keineswegs so leicht sei, an ein Studentenvisum zu kommen. Auch nicht mit Hilfe der Schule.

      Warum hatte Mohammed Atta in den Mangrovensümpfen im Südwesten Floridas so viel >Glück<? Er erhielt sein >heiß begehrte I-20M-Formular, weil >einige< Flugschulen von der Einwanderungsbehörde INS zur Ausgabe dieser Papiere ermächtigt wurden. Nicht >alle<, nur >einige< Schulen. Schulen wie Rudi Dekkers` Firma Huffman Aviation. Die Frage, die sich dabei stellt, lautet: Was zeichnete Dekkers` Schule vor den anderen aus ? «
      .....




      Wird fortgesetzt !!!?? Irgendwann !!

      miprox.de
      Avatar
      schrieb am 20.06.03 21:34:33
      Beitrag Nr. 3.183 ()
      faznet.de
      Avatar
      schrieb am 20.06.03 21:35:42
      Beitrag Nr. 3.184 ()

      faznet.de
      Avatar
      schrieb am 20.06.03 21:38:29
      Beitrag Nr. 3.185 ()
      Amerika
      Börsenrallye in Amerika wird Puste ausgehen

      Von Philip Boroff, Bloomberg News

      20. Juni 2003 Seit dem 11. März hat der amerikanische S&P-500-Index 26 Prozent zugelegt. Bei diesem Tempo würde er bis Mai sein Rekordhoch von 1527 Punkten übertreffen und wäre seit dem Tief von 2003 um 91 Prozent geklettert. "Wenn die Tendenz dreht und die Kurse wieder anziehen, gibt es anfangs kräftige Kurssprünge," erläutert Robert Bissell, Präsident von Wells Capital Management in Los Angeles. "Aber der Ausverkauf kommt rasch."

      Nur zweimal seit 1953 hat der S&P 500-Index im ersten Quartal mehr als 20 Prozent zugelegt, zeigen die Daten der New Yorker Research-Firma International Strategy & Investment. Jedes Mal betrug das Plus in den nächsten drei Monaten weniger als sieben Prozent und in den nächsten 18 Monaten sogar noch weniger.

      Aktien teurer - Kursgewinne schwieriger zu erreichen

      "Wir starten auf einem sehr gedrückten Niveau", stellt Tim Hayes, Aktienstratege bei Ned Davis Research in Venice, fest. "Auf diesem Niveau sind die Kurssteigerungen dramatischer als später. Aber auch prozentuale Veränderungen spielen eine Rolle“, erklärt Hyes. Beispielsweise notierte der Aktienkurs von PMC-Sierra, einem Hersteller von Chips für Telekomausrüstung, im Jahr 2000 bei über 200 Dollar. Ein Anstieg von acht Dollar entsprach vier Prozent. Im vergangenen Jahr schloß die Aktie bei 5,56 Dollar. Seither hat sie knapp acht Dollar zugelegt, das kommt einer prozentualer Steigerung von 129 Prozent gleich. Die sechs größten prozentualen Kursgewinner im S&P 500 in diesem Jahr kosten alle weniger als zehn Dollar je Aktie.

      Wenn die Kurse anziehen und die Aktien teurer in Relation zum Gewinn werden, sind Kursgewinne schwieriger, berichtet Hayes. Die Investoren werden wählerischer. "Anfangs geht alles nach oben. Aber dann müssen die Werte bessere Fundamentaldaten vorweisen. Die Anleger schauen genauer hin," sagt er.

      Kräftigste Erholung begann im August 1982

      Die Aufwärtsbewegung seit dem 11. März ist laut ISI die zweitgrößte Dreimonats-Rallye von einem Tiefpunkt seit 1953. Die kräftigste Erholung begann im August 1982 und leitete eine zwei Jahrzehnte andauernde Hausse ein. Der S&P 500 stieg in den drei Monaten 36 Prozent, nachdem er sich ein Jahrzehnt seitwärts bewegt hatte. Die Kursgewinne schwächten sich in den nächsten drei Monaten auf sieben Prozent ab und auf zehn Prozent in den darauffolgenden drei Monaten.

      Die drittgrößte Steigerung verzeichnete der S&P 500 Ende 1998. Der Index kletterte 22 Prozent, nachdem die Wirtschaftskrise in Asien und der Zusammenbruch des amerikanischen Hedgefonds Long Term Capital Management LP das weltweite Wirtschaftswachstum nicht aus der Bahn warfen. In den nächsten zwei Dreimonatszeiträumen gewann der Index sechs und fünf Prozent. Insgesamt zog er innerhalb von zwei Jahren 59 Prozent an.

      „Erwartungen an Konjunkturerholung zu optimistisch“

      Das Kurspotential ist jetzt nur begrenzt, sagen Analysten und Investoren. Aktienstratege Steven Galbraith von Morgan Stanley hat seine empfohlene Aktiengewichtung am Dienstag von 70 auf 65 Prozent zurückgenommen. In seinen Augen ist der S&P 500-Index 20 Prozent überbewertet.

      Außerdem dürften die Erwartungen, daß die Konjunktur dieses Jahr an Fahrt gewinnt, zu optimistisch sein, gibt Brad Brooks, Fondsmanager bei Value Line Asset Management in New York, zu bedenken. Er argumentiert, dass die höheren Energiepreise das Bild beim S&P 500 verzerren. Auf Energiekonzerne entfielen sieben Prozentpunkte des Gewinnwachstums von 11,6 Prozent bei den Indexmitgliedern im ersten Quartal. Sie repräsentieren aber nur 5,7 Prozent vom Index.

      Fondsmanager: Zinsen und Steuern künstlich niedrig

      "Das Gewinnwachstum fand im Sektor Energie statt und nicht in den Bereichen Technologie oder Biotechnologie," sagt Brooks.
      Fondsmanager Seth Glickenhaus von Glickenhaus & Co. in New York, führt an, daß die Zinsen und Steuern künstlich niedrig sind. Die Leute kaufen Häuser und Autos, die sie sonst erst in den nächsten Jahren gekauft hätten. "Das geht nach hinten los. In den nächsten Jahren haben diese Leute bereits ihr Pulver verschossen," prognostiziert er. Glickenhaus wäre nicht überrascht, wenn der S&P 500 noch unter sein Tief vom 11. März absackt. "Es handelt sich um eine Rallye innerhalb einer Baisse."

      ISI hingegen erwartet die größten Kursgewinne bei "Qualitätswerten", das heßt Aktien, die einen Marktwert von Milliarden von Dollar aufweisen und eine Dividende zahlen. Sie "werden zunehmend attraktiv, wenn die Aufwärtsbewegung eine reifere Phase erreicht."
      faznet.de
      Avatar
      schrieb am 20.06.03 21:43:06
      Beitrag Nr. 3.186 ()
      Gold-Zack: Eine Geschichte von kurzen Waren und langen Gesichter
      Börsencall
      Und wieder wird der Kurszettel übersichtlicher: Gestern stellte Gold-Zack einen Insolvenz-Antrag und löste damit in manchem New-Economy-Depot noch ein mittleres Börsenbeben aus. So halbierte sich der Kurs gestern ein weiteres Mal und ist damit schlappe 99,87 Prozent vom einstigen Höchstkurs entfernt. Wer sich im durchgeknallten Sommer des Jahres 1999 für 3000 Euro zehn Gold-Zack-Aktien spendierte, kann diese nun gegen eine Schachtel Zigaretten tauschen oder für vier Euro verkaufen. Wobei der Tausch angesichts der Ordergebühren die erste Wahl sein sollte - selbst für Nichtraucher. Oder man wartet auf ein neues Gold-Zack-Wunder. Denn die Aktie war schon einmal fast vom Kurszettel verschwunden wäre. 1996 hatte sich der damalige Hersteller von Gummibändern, Badeteppichen und Taucheranzügen in die Pleite verabschiedet. Doch die Beerdigung an der Börse fiel aus - denn der Unternehmensberater Dietrich Walter baute Gold-Zack zu einem Finanzdienstleister um. Hochfliegende Pläne, die er mit dem legendären Satz umschrieb: "Gold-Zack steht für konservativ, langlebig und hochwertig".


      Die Botschaft kam an beim Kapitalmarkt, erst recht als sich Gold-Zack die Gontard & Metallbank zulegte und den Neuen Markt im Wochenrhythmus mit Harakiri-Werten überschwemmte. Die knappe Hälfte dieser Emissionen hat sich indes längst der Langlebigkeit und Hochwertigkeit ihrer Emissionsbank angepasst - und sich ebenfalls ins Lager der untoten Penny-Stocks verabschiedet. Kapitalvernichter wie Abacho, Datasave, Heyde oder Feedback werden den Anlegern noch in den Ohren klingen. Doch die Investmentbank für den Mittelstand, als die sich Gold-Zack gerne feiern ließ, war zu Erfolgszeiten gut gelitten: Bis in den MDax schaffte es Gold-Zack - und hätte die Börsenhysterie noch länger gedauert - wer weiß, wie hoch der Wert gestiegen wäre.


      Zuletzt hoffte die Firma nach Kurzwaren und Emissionen auf das Immobiliengeschäft. Doch dieser letzte Modenwechsel kam zu spät. Eine Erinnerung an Gold-Zack wird bleiben: Das Gummiband mit dem Zick-Zack-Muster: Das stellt längst eine andere Firma her.


      Artikel erschienen am 21. Jun 2003
      welt.de
      Avatar
      schrieb am 20.06.03 21:45:59
      Beitrag Nr. 3.187 ()
      Hallo Leute,

      ist zwar von letzter Woche, aber trotzdem lesenswert:


      MILWAUKEE (AP) - Three out of four employers expect to cut jobs or hold off on hiring this summer, contributing to the worst employment market since the early 1990s, a new survey said Tuesday. About two-thirds of employers said they don`t expect to hire any additional workers and 9 percent plan to eliminate jobs during the July-to-September quarter, according to the survey by Manpower Inc.

      .
      Avatar
      schrieb am 20.06.03 22:11:41
      Beitrag Nr. 3.188 ()
      Bundespräsident hält für Arbeitslose die Taschen zu

      Kabinett muss Programm wegen fehlender Finanzierung vertagen / Minister Clement belebt Feiertag mit Debatte




      doe BERLIN. Das von der Bundesregierung vor allem auf Wunsch der Grünen und ostdeutscher Sozialdemokraten geplante Sofortprogramm für ältere Langzeitarbeitslose kann möglicherweise nicht fristgerecht starten. Nach Angaben aus Koalitionskreisen weigert sich das Bundespräsidialamt, seinen nach dem kabinettsinternen Verteilungsschlüssel vorgesehenen Finanzierungsanteil von 520 000 Euro beizusteuern. Der Sprecher von Staatsoberhaupt Johannes Rau wollte dazu auf Anfrage der FR keine Stellung nehmen. Er sagte nur: "Nach meinem Kenntnisstand wird der Etat unseres Hauses durch das Programm nicht belastet."
      Bei der Kabinettssitzung am Mittwoch gab es nach Auskunft von Regierungssprecher Bela Anda zwar "grundsätzliche Einigung" über das Vorhaben, mit einem 590-Millionen-Euro-Paket die Betreuung von 60 000 Arbeitslosenhilfe- und 40 000 Sozialhilfebeziehern zu verbessern und für anderthalb Jahre Beschäftigungsmöglichkeiten bei den Kommunen zu bezahlen. "Über den Verteilungsschlüssel wird aber noch diskutiert", räumte Anda ein.

      Weil Finanzminister Hans Eichel (SPD) aufgrund der knappen Kassenlage keine zusätzlichen Mittel bereitstellt, müssen alle Ressorts den Betrag im Umlageverfahren zusammenkratzen. Das Präsidialamt argumentiert jedoch, es sei als oberstes Verfassungsorgan nicht Teil der Bundesregierung. Deswegen müsse sein Haushaltstitel geschont werden. Eigentlich sollte das Programm am 1. Juli starten. Bislang ist unklar, ob die Ministerien nun den Fehlbetrag durch eine höhere Abgabe wettmachen oder weitere Beratungen erforderlich sind. "Wir haben weiter die Absicht, das Programm zu machen", sagte Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD).

      Ohne Probleme passierte hingegen die vorgesehene Verkürzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes auf zwölf Monate das Kabinett. Für Personen über 55 Jahre soll die Bezugsfrist auf 18 Monate sinken. Allerdings wird die Regelung wegen der von der Verfassung gebotenen Übergangszeiten erst im Frühjahr 2006 erstmals greifen. Die Ministerriege billigte auch die geplante Lockerung des Kündigungsschutzes. "Wir machen das Arbeitsrecht da flexibler, wo sich im Laufe der Zeit Beschäftigungshemmnisse entwickelt haben und setzen neue Anreize zur Sicherung und zur Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze", sagte Clement. Am 13. August werde das Kabinett die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe beschließen. Für erheblichen Wirbel hatte der Politiker zuvor mit einem Stern-Interview gesorgt. "Wir sind, was Urlaubszeit, Feiertage und Arbeitszeit angeht, zweifelsohne an der Grenze angelangt", sagte er dem Magazin. Nach Einschätzung aus Regierungskreisen war die Äußerung vor allem als Antwort auf den Streik in der ostdeutschen Metallindustrie gedacht. Während Teile der Republik am gestrigen Donnerstag den arbeitsfreien Fronleichnamstag genossen, entwickelte sich ein munterer öffentlicher Schlagabtausch über die Abschaffung von Feiertagen. Während Kirchen und Gewerkschaften die Idee strikt ablehnten, zeigte sich Unions-Fraktionsvize Friedrich Merz (CDU) von dem Vorstoß angetan: "Wir arbeiten zu wenig in Deutschland." Auch von Arbeitgeber- und Industrieverbänden erhielt Clement Unterstützung. DIHK-Präsident Ludwig Georg Braun schlug vor, dass Arbeitnehmer in den kommenden fünf Jahren 500 Stunden umsonst arbeiten sollen. So könne die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen erhöht werden.


      In der Umgebung des Ministers wurde der Vorstoß daher als voller Erfolg gewertet. Clement selbst ruderte trotzdem vorsichtig zurück. Der Bundeskanzler habe seine Idee "sehr zurückhaltend aufgenommen", gestand er ein. Konkrete Schritte zur Verringerung der Feiertage seien auch nicht geplant: "Ich habe auch nichts angekündigt. Das war nur ein Denkanstoß."

      http://www.fr-aktuell.de/ressorts/wirtschaft_und_boerse/wirt…

      Die Exportüberschüsse kommen also durch wenig Arbeit zu Stande.
      Wenn das Herr Merz nicht reicht , soll er doch mehr arbeiten und wenn es geht , bitte mit weniger Diät.
      Wettbewerbsfähigkeit steigern,zu wessen Gunsten!
      Heißt das etwa mehr arbeiten für weniger Lohn, Rationalisierung durch Arbeitsplatzabbau.
      Avatar
      schrieb am 20.06.03 22:50:19
      Beitrag Nr. 3.189 ()
      Aufsichtsrat-Sondersitzung am 2. Juli


      WestLB: BaFin-Prüfbericht offenbar sehr negativ

      Der mit Spannung erwartete Prüfbericht der Bankenaufsicht zu einem verlustreichen Auslandsgeschäft der WestLB AG ist offenbar sehr negativ für das Kreditinstitut ausgefallen.


      WestLB-Vorstandschef Sengera. Foto: dpa


      vwd/rtr DÜSSELDORF. In gut unterrichteten Kreisen war am Freitag von einem „Horrorszenario“ die Rede. Der Bericht sei inzwischen den Mitgliedern des WestLB-Aufsichtsrats zugestellt worden. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat darin das Engagement der Bank bei dem britischen TV-Geräteverleih BoxClever untersucht, das bei der WestLB für das vergangene Jahr einen zusätzlichen Wertberichtigungsbedarf von 430 Mill. Euro verursacht hat.

      Der Ausgang der Sonderprüfung könnte über die Zukunft von Bankchef Jürgen Sengera und weiteren Vorstandsmitgliedern entscheiden. Die WestLB hatte bereits angekündigt, der Aufsichtsrat werde sich bei einer Sondersitzung am 2. Juli mit dem Prüfbericht und möglicher Konsequenzen befassen.

      „Es werden Mängel aufgezeigt“, hieß es in den Branchenkreisen am Freitag unter Berufung auf den Bericht weiter, den die Wirtschaftsprüfer von Ernst&Young im Auftrag des BaFin erstellt hatten. Den Kreisen zufolge rügt der Bericht das Vorgehen in der Risikoeinschätzung und -kontrolle der Bank. Der Bericht war am Mittag Aufsichtsratsmitgliedern der Bank überstellt worden. Unmittelbare personelle Konsequenzen würden aber in dem Bericht nicht gefordert, hieß es weiter.

      Über diese könnte aber der Aufsichtsrat in seiner Sondersitzung entscheiden. Zuvor soll in der kommenden Woche der Risiko- und Prüfungsausschuss des Instituts über den umfangreich ausgefallenen Bericht beraten, der derzeit noch im Aufsichtsrat ausgewertet wird. Ein WestLB-Sprecher wollte diese nicht kommentieren und verwies auf die anstehende Sondersitzung des Aufsichtsrats.

      Saunders-Aktivitäten Grund für Sonderprüfung

      Grund für die Sonderprüfung der BaFin sind umstrittene Aktivitäten der für die WestLB in London tätigen Investmentbankerin Robin Saunders. Sie gilt als verantwortlich für Millionenverluste in Zusammenhang mit der von ihr betreuten britischen Leasinggesellschaft Boxclever. Die Bank wies für 2002 einen Vorsteuerverlust von rund 1,7 Mrd.€ aus, nachdem sie Ende Februar noch von rund einer Milliarde Euro Verlust ausgegangen war. Die BaFin hatte die Sonderprüfung von Saunders-Geschäften eingeleitet, weil die WestLB-Bankerin für die Vermittlung von Krediten offenbar mit besonders günstigen Aktien der betreffenden Firmen belohnt wurde. Das Interesse der Prüfer galt auch der Frage, ob die Risikovorsorge für die teilweise hochriskanten Geschäfte von Saunders und die Kontrolle ihrer Tätigkeiten ausreichend war.

      Saunders selbst prüft einen Erwerb des von ihr geführten Finanzierungsgeschäfts des Düsseldorfer Bankhauses. In mit der Angelegenheit vertrauten Kreisen hatte es geheißen, Saunders habe die Investmentbank Houlihan Lokey Howard&Zukin hinzugezogen, die sie beim Kauf eines Teils des WestLB-Finanzierungsgeschäftes beraten solle. WestLB-Chef Sengera hatte kürzlich angekündigt, die Bank lasse derzeit den Wert des von Saunders geführten Portfolios durch zwei Investmentbanken bewerten. Dies biete viele Optionen, auch einen Verkauf.

      Aus den Reihen der Minderheitsaktionäre der West LB-Mutter Landesbank NRW war zuletzt Unmut über die Geschäftspolitik des Düsseldorfer Bankhauses geäußert worden. In der vergangenen Woche hatte unter anderem der Vorstandschef der Stadtsparkasse Köln, Gustav Adolf Schröder, bei der Jahresversammlung des Rheinischen Sparkassen- und Giroverbandes (RSGV) eine „Rückbesinnung auf das Kerngeschäft“ gefordert und dabei viel Beifall erhalten. Auch in den Landschaftsverbänden Rheinland sowie Westfalen-Lippe war Kritik laut geworden. In Kreisen der Minderheitsaktionäre hieß es bereits, der Prüfbericht sei ein „dickes Ding“. Ein Sprecher der nordrhein-westfälischen CDU dementierte indes, dass Vertreter der Partei bereits ein Nachfolger für Sengera suchten.


      HANDELSBLATT, Freitag, 20. Juni 2003, 17:19 Uhr
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      schrieb am 20.06.03 23:27:43
      Beitrag Nr. 3.190 ()
      Der Kapitalismus

      Erfolgreich - aber nur bedingt human


      (Was soll man auch von einem Raubtier erwarten?)
      Der Sieger im Wettstreit der Systeme muss seine Krisenfestigkeit noch beweisen.

      von Volker Wörl






      Aktivisten der linken Szene demonstrieren vor der Frankfurter Börse gegen den Kapitalismus.
      Quelle: dpa


      (SZ vom 21.06.03) - Irgendwie spüren viele Leute, dass etwas nicht in Ordnung ist, wenn die Renten um ein Prozent, Vorstandsbezüge aber um 120 Prozent steigen.

      Deswegen stellen sie nicht gleich den Kapitalismus in Frage, weil es ihnen ziemlich gleichgültig ist, unter welchem System sie leben. Hauptsache, es geht ihnen gut. Es gibt ja auch viele Beispiele dafür, dass der Kapitalismus erfolgreich ist.

      Ein besonders lehrreiches war der Irak-Krieg. Sein schnelles Ende ist nicht nur der amerikanischen Armee, sondern auch dem amerikanischen Wirtschaftssystem zu danken. Denn nur ein steinreiches Land kann sich eine so perfekte, mit modernster Technik bestückte Kriegsmaschine leisten.



      Wohlstand durch kapitalistische Prinzipien
      Das in den Vereinigten Staaten so konsequent wie nirgendwo sonst auf der Welt praktizierte System wird eben Kapitalismus genannt. Und wo immer in der Welt sich nach dem Zweiten Weltkrieg breiter Wohlstand durchgesetzt hat, wurden kapitalistische Prinzipien angewandt: freier Wettbewerb, Risikobereitschaft, Rücksichtslosigkeit – letztere vielleicht kaschiert durch soziale Trostpflaster.

      Was ist die deutsche Realität? Das Land laviert an der Grenzlinie zwischen Stagnation und Rezession. Viereinhalb Millionen Menschen sind arbeitslos.

      Die im Dax versammelte Crème der deutschen Wirtschaft ist, gemessen an den Börsenkursen, nur noch ein Drittel dessen wert, was sie vor drei Jahren war. Millionen Kleinaktionäre haben viel Geld verloren. Die Zahl der Pleiten erreicht Rekordhöhen, für die Sanierung gefährdeter Firmen zahlt meist die Belegschaft.

      Liegt dies alles an unterbliebenen Reformen der sozialen Sicherungssysteme, an überregulierten Märkten, an den hohen Lohnkosten?



      Zu viel oder zu wenig Kapitalismus?
      Sind die kapitalistischen Regeln zu wenig konsequent angewendet worden, oder gilt das Gegenteil? Sind sie überfordert, wenn massive Störungen die Weltwirtschaft erschüttern? Ernste wirtschaftliche und soziale Probleme gibt es ja auch in den Vereinigten Staaten, ganz zu schweigen von Japan.

      Als im Sommer vergangenen Jahres Finanzskandale, von Enron bis Xerox, publik wurden, entdeckten US-Zeitungen ein „Watergate der amerikanischen Wirtschaft“ (New York Times), einen „Wurm im Kern des Kapitalismus“ (Washington Post) und „Ein Versagen des Systems“ (Fortune).

      Der Professor vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) und Starautor, Noam Chomsky, sieht drängende Probleme vernachlässigt: marodes Gesundheits- und Bildungssystem, Obdachlosigkeit, Arbeitslosigkeit, Kriminalität, Verfall der Innenstädte.

      Erstaunlicherweise wird in Europa, wo linke, sozialdemokratische Vorstellungen zwar im Rückzug, aber immer noch fest verankert sind, das System weit weniger angegriffen.



      Kapitulation vor den Fakten
      In der deutschen Politik geschieht dies allenfalls aus der zweiten Reihe (Oskar Lafontaine), im rot-grünen Lager herrscht weitgehende Waffenruhe: aus Kapitulation vor den Fakten – siehe ein Prozent Rentenerhöhung – vielleicht auch, weil die Linke kein erfolgreicheres System anzubieten hat.

      Sinn jeden Wirtschaftens ist es, oder sollte es sein, den Menschen gleiche Chancen, einer möglichst großen Zahl möglichst viel Lebensqualität im weiteren Sinne zu sichern und dabei die begrenzten Ressourcen unseres Lebensraumes zu schonen.

      Vermag dies der Kapitalismus? Im globalen Wettbewerb werden die fortgeschrittenen Staaten ihre Produktivität immer stärker steigern müssen, um mit den Billigländern konkurrieren zu können.
      (kann ein Erwachsener beim Wachstum mit einem Baby mithalten? Lohnt es sich daher, mit diesen Ländern zu konkurrieren?)


      Konzentration der Arbeit
      Die Folge wird sein: ständig wachsende Konzentration der Arbeit auf immer weniger hoch bezahlte Spezialisten: Facharbeiter, Ingenieure, Wissenschaftler, Lehrkräfte, Juristen, Berater. Für den immer größer werdenden Rest bleiben minder bezahlte Arbeiten, die sich nicht rationalisieren lassen.
      (die hergestellten Güter verkaufen sie dann an die Außerirdischen)

      Wird der Kapitalismus an seinem Sieg scheitern, wie der Ökonom Joseph Schumpeter in den vierziger Jahren des letzten Jahrhunderts argwöhnte? Daran, dass die Gesellschaft materiell so reich ist wie nie zuvor und gleichzeitig arm an Arbeit?

      Der Markt wird alles zum Besten regeln, sagen die Neoliberalen. Ihr Schutzpatron, der schottische Ökonom und Moralphilosoph Adam Smith, erfand das Bild von der „unsichtbaren Hand“, die dafür sorgt, dass der Eigennutz unbeabsichtigt zugleich die Wohlfahrt des Gemeinwesens fördert.

      Das Gemeinwesen Weltbevölkerung steht im 21. Jahrhundert vor zwei globalen Herausforderungen: dem zunehmenden Wohlstandsgefälle zwischen Nord und Süd (Stichwort: Hunger) und der Bedrohung der natürlichen Lebensgrundlagen (Klimawandel, Wassermangel).



      Herausforderungen nicht gelöst
      Die unsichtbare Hand hat diese Herausforderungen nicht gelöst. Vermutlich deswegen, weil es die Hand nicht gibt. Es ist das Kreuz des Kapitalismus: Bei vielen Entscheidungen mit sozialen und ökologischen Folgen ist der Markt blind, weil sich diese nicht in Preisen ausdrücken lassen.

      Was, zum Beispiel, ist und was kostet mehr Gerechtigkeit in einer Gesellschaft? Im Wettstreit der Systeme hat der Kapitalismus gesiegt. Dass er krisenfest und menschenfreundlich ist, muss er noch beweisen.


      http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/artikel/167/13154/
      Avatar
      schrieb am 20.06.03 23:33:23
      Beitrag Nr. 3.191 ()
      Wussten Sie schon, dass...?
      (20.06.2003)

      Die Verschuldung der Unternehmen außerhalb des Finanzbereichs im Euroraum dürfte Ende vergangenen Jahres bei etwa 3,6 Billionen Euro oder bei 59 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der Region gelegen haben. Ende 1997 betrug sie noch 2,7 Billionen Euro oder 47 Prozent des BIP.


      (Quelle: Goldman Sachs)


      taurosweb.de
      Avatar
      schrieb am 20.06.03 23:58:35
      Beitrag Nr. 3.192 ()
      USA: Zahl der Hypotheken-Zwangsvollstreckungen auf Rekordnivau Freitag, 20.06.03, 21:44


      Die Zahl der Fälle, in denen die Gläubiger ihre Hypotheken nicht mehr zurückzahlen können und die Gläubiger Zwangsvollstreckung beantragen, ist im ersten Quartal 2003 auf ein neues Rekordniveau gestiegen. 1,2 Prozent aller Hypotheken waren davon betroffen. 0,37 Prozent aller Kredite sind in dieser Zeit in den Status der Zwangsvollstreckung übergegangen. Bei 4,52 Prozent aller Kredite verläuft die Rückzahlung nicht ordnungsgemäß.


      Mit einer Erholung auf ein historisch normales Niveau wird erst gerechnet, wenn die Wirtschaft wieder mehr Stärke zeigt. Außerdem spielt natürlich die stark gestiegene Zahl an Hypothekenbesitzer bei der hohen Prozentzahl eine Rolle.



      Quelle: Finanzen.net
      Avatar
      schrieb am 21.06.03 00:34:31
      Beitrag Nr. 3.193 ()
      ---------------------------------------------



      US-Soldaten geben Kriegsverbrechen zu
      20.06.2003



      Der britische Evening Standard berichtete am Donnerstag, daß amerikanische Soldaten zugegeben haben, regelmäßig irakische Zivilisten zu erschießen.

      Die Soldaten sagten, sie hätten Zivilisten ohne zu zögern getötet, verletzte Gegner erschossen oder diese zum Sterben einfach liegengelassen.

      In den von dem Journalisten Bob Graham im Irak geführten Interviews mit US-Soldaten sprechen die Soldaten eine sehr deutlich Sprache, eine Sprache, die erste Erinnerungen an Vorgänge in Vietnam weckt und die schlimmsten Befürchtungen zu bestätigen scheint.

      Und sie erzählen von Taten, die ganz sicher nicht dazu beitragen werden, daß die Iraker sich mit der Besatzung abfinden und den Widerstand einstellen werden.

      Feldwebel John Meadows machte klar, daß er keinen Unterschied zwischen irakischen Soldaten und Zivilisten sah: "Man kann nicht unterscheiden, wer einen umbringen will und wer nicht. Der einzige Weg, durch diese Scheiße durchzukommen ist, sich darauf zu konzentrieren, so viele Leute wie möglich umzubringen, Leute, von denen man weiß, daß sie einen umbringen wollen. Sie zuerst zu töten und nach Hause zu kommen."

      Graham berichtet, daß über 40 Soldaten der Bravo Company of the 3/15th US Infantry Division seit dem 1. Mai durch Angriffe getötet worden sind. Ein einzelner irakischer Scharfschütze mit dem Spitznamen "der Jäger" allein soll diese Woche sein sechstes Opfer in einem Vorort Baghdads gefunden haben.

      Der Mann, von dem angenommen wird, daß er ein ehemaliges Mitglied der Spezialeinheit der Republikanischen Garden ist, entwickelt bei den Irakern einen Kultstatus. Ein Anwohner, Assad al Amari, sagte: "Er kämpft auf sich allein gestellt für den Irak. Es wird noch viel mehr getötete Amerikaner geben, denn sie können den Jäger nicht aufhalten. Leute werden ihm Schutz gewähren und ihn ihre Häuser für seine Angriffe benutzen lassen."

      Graham sprach in Fallujah, der Stadt, in der 18 Demonstranten von US-Soldaten erschossen worden sind, mit den Soldaten und sich jetzt einer ständigen Bedrohung durch Racheakte gegenüber sehen.

      Unteroffizier Michael Richardson (22) sagte: "Es gab kein Dilemma, als es darum ging, auf Menschen zu schießen, die keine Uniform trugen, ich betätigte einfach den Abzug. Es war die ganze Zeit von Angesicht zu Angesicht, es gab keine große Entfernung. Wenn sie da waren, waren sie Feinde, egal ob mit oder ohne Uniform."

      Anthony Castillo fügte hinzu: "Wenn da Zivilisten waren, erledigten wir die Aufgabe, die getan werden mußte. Wenn sie da waren, waren sie am falschen Ort, also wurden sie als Feinde angesehen."

      Meadows sagte: "Das schlimmste ist, einen anzuschießen und ihm dann zu helfen." Feldwebel Adrian Pedro Quinones stimmte ihm zu: "In der Situation bist du wütend, du bist rasend. Sie haben gerade auf meine Männer geschossen - sie haben meine Jungs in eine Kiste zwei Meter tief gesteckt, daß war`s, was sie versucht haben. Und jetzt liegen sie da und ich muß ihnen helfen, ich bin dafür verantwortlich, daß meine Männer ihnen helfen."

      Richardson meinte dazu: "Scheiße, ich habe keinem von denen geholfen. Ich würde den Arschlöchern nie helfen. Einige ließ man sterben. Und bei einigen hat man nachgeholfen."

      Er fuhr fort: "Wenn man das Aufgabenziel erreicht hatte und sie angeschossen hatte und sich weiterbewegte und da etwas war, schoß man nochmal. Man wollte keine Kriegsgefangenen. Man haßt sie beim Kämpfen so sehr und man ist so erschrocken, man kann das Gefühl nicht erklären, aber man will nicht, daß sie leben."

      Die Soldaten erzählten, wie sie Zivilisten an Straßensperren erschossen haben. Meadows sagte: "Wenn sie weiße Fahnen hatten sollten wir sie in 400 Meter Entfernung anhalten, sich ausziehen lassen und sie dann durchführen. Wir wußten von anderen, die Probleme mit Irakern hatten, die weiße Fahnen trugen und dann das Feuer auf unsere Jungs eröffneten. Wir kannten jeden Trick, den sie versuchten. Dann haben sie Autos benutzt um auf uns zuzufahren. Sie waren Männer, Frauen und Kinder. An dem Tag haben wir auf viele Autos geschossen."

      Obwohl es keinerlei Beweise für eine Beteiligung des Iraks an den Anschlägen des 11. September gibt, sehen viele Soldaten dies anscheinend anders.

      Michael Richardson sagte dazu: "Ein Bild vom World Trade Center hängt über meinem Bett und ein anderes trage ich in meiner schußsicheren West. Immer, wenn ich Mitleid mit diesen Menschen habe, sehe ich es mir an. Ich denke mir ‚Sie haben uns zuhause getroffen und jetzt sind wir dran.` Ich will nicht Rache sagen, aber, naja, es hat schon ziemlich viel mit Rache zu tun."

      Im Hinblick auf die steigende Zahl von Guerillaangriffen auf die US-Soldaten dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis es zu noch weitaus größeren Übergriffen kommt.




      http://www.freace.de/artikel/jun2003/irak200603.html
      Avatar
      schrieb am 21.06.03 00:46:47
      Beitrag Nr. 3.194 ()
      Sozialethik": mit 75 ist schluss / `unsere` eliten sind Systemfehler


      Otto Köhler schreibt:

      Mit 75 ist Schluss
      SELEKTIONSGELÜSTE
      Eine neue Sozialethik trennt wertvolles von weniger wertvollem Leben

      Agenda 2010? Mein Dudenwörterbuch verrät: eine Agenda ist zuallererst ein "Merkbuch, in das zu erledigende Dinge eingetragen werden".

      Jetzt merke ich. Das Ding bin ich. 2010 bin ich erledigt. Lebensunwert. In sechseinhalb Jahren, am zehnten Tag des Jahres 2010 werde ich 75 Jahre alt. Vorletzte Woche habe ich erfahren, dass ich dann eine menschliche Altlast bin, die nach Meinung zweier maßgebender Experten ohne weiteren Aufwand entsorgt werden kann. Meine rein persönliche Agenda sah anders aus. Ich wollte unbedingt älter als Jünger werden. Ernst Jünger - Vorbild aller Krieger - war 102 Jahre alt geworden, da möchte ich gern als friedlicher Mensch 103 werden. Daraus wird voraussichtlich nichts.

      Das jedenfalls wollen zwei wichtige Professoren, Sachverständige, die Report Mainz nach ihren Reformplänen befragte. Die lassen sich knapp so zusammenfassen: Wer mit 75 reich ist, darf bleiben, wer arm ist, soll schneller sterben.

      Von dem Konstanzer Wirtschaftswissenschaftler Friedrich Breyer konnte man kaum etwas anderes erwarten. Der Professor sitzt im wissenschaftlichen Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums, in dem jetztder Sozialdemokrat Wolfgang Clement für den Abbruch des Sozialstaates zuständig ist. Doch den Bochumer Theologie-Professor für christliche Sozialwissenschaften Joachim Wiemeyer hätte man mit solch einem
      Selektionsverfahren nicht in Verbindung bringen dürfen. Er ist Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Professoren für Christliche Sozialethik in Deutschland, Vorsitzender der Sachverständigengruppe "Weltwirtschaft und Sozialethik" der Deutschen Bischofskonferenz und auch noch Berater ihrer Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen.

      Beide, der Wirtschafts- und der Theologieprofessor, treten nun dafür ein, dass den Menschen ab 75 keine aufwendigen Eingriffe wie Herz- oder Krebsoperationen mehr von der Krankenkasse bezahlt werden. Nur ein paar Tabletten zur Schmerzmilderung bis zum Exitus sind noch drin.

      Die deutsche Bischofskonferenz hatte zu dem Selektionsprogramm ihres Ethikberaters vorläufig erklärt, dass "Herr Prof. Wiemeyer hier ausschließlich seine private Auffassung vertritt". Woraus man schließen durfte, dass die Deutsche Bischofskonferenz ethisch so gestaltet ist, dass sie einerseits - wie sie versichert - "immer für den Schutz des menschlichen Lebens eintritt" und sich andererseits einen ethischen Berater hält, der das damit gar nicht so genau nimmt, privat, wie sie auch versichert, was die "Altersbegrenzung für medizinische Leistungen betrifft".

      Endlich, zehn Tage nach der Sendung, gab die Pressestelle der Bischöfe bekannt, dass Professor Wiemeyer von sich aus als Berater der Bischofskonferenz zurückgetreten sei und zwar nicht wegen seiner Selektionsgelüste für alte Menschen, sondern aufgrund von "Belastungen und Irritationen, die durch diese Sendung entstanden". Durch diese Sendung.

      "Es ist gerecht, bestimmte teure medizinische Leistungen ab einer bestimmten Altersgrenze nicht mehr vorzusehen, sondern sich in solchen Fällen etwa auf eine Behandlung akuter Schmerzen zu beschränken", schrieb Ethiksachverständiger Wiemeyer jedoch schon im Dezember vergangenen Jahres in der katholischen Herder-Korrespondenz.

      "Es geht hier nicht um Mitleid mit den Älteren, sondern ältere Menschen müssen ja auch fragen, wie haben sie ihr Leben gestaltet, wofür wollten sie in ihrem Leben Geld ausgeben", bestätigte der bischöfliche Berater damals in einem Interview mit dem WDR-Morgenecho. Professor Breyer, sein Kompagnon beim Ausschalten weniger wertvollen Lebens, verteidigte am Tag nach Wiemeyers freiwilligem Rücktritt ausdrücklich das
      Selektionsprogramm, "künftig bestimmte Leistungen nach dem Kriterium Lebensalter aus dem Katalog der gesetzlichen Krankenversicherungen zu entfernen". Das erklärte er dem Rheinischen Merkur, der von der katholischen Kirche mitfinanziert wird. Und er betont dort, wie gut er sich vorstellen könne, "dass bei der Altersgrenze von 75 Jahren ein deutlicher Effekt eintritt".

      2010, wenn ich 75 bin, bleibt mir nichts anderes übrig: ich werde zu meinem katholischen Kinderglauben zurückkehren. Damit wenigstens liebe Gott, wenn ich dann in den letzten Zügen liege, ein bisschen Mitleid mit mir hat.

      _________


      dazu noch ein hinweis:
      eine ministeriumsmitarbeiterin hat mir heute morgen folgendes berichtet:
      in der politik kursieren angeblich vorstellungen, die rentenauszahlung zwischen dem 75. bis zum 85.lebensjahr jährlich um 10 prozent zu kürzen; ab dem 85. lebensjahr gibt es dann keine rente mehr. ergo: wer zwischen seiner entlassung ab dem 50. lebensjahr bis zum 70. lebensjahr auf seine rente warten und zusehen muss, wie er bis zum 70. lebensjahr überlebt, hat das gleiche erlebnis auch nach dem 85. geburtstag.
      ein zeitgemässer weg, systemfehler zu beheben? ausdruck der geisteshaltung `unserer` elite - pure, systemimmanente menschenverachtung kombiniert mit unwissen über alternative möglichkeiten. anders: auch `unsere` eliten sind systemfehler.

      http://f23.parsimony.net/forum52169/messages/29181.htm
      Avatar
      schrieb am 21.06.03 01:09:29
      Beitrag Nr. 3.195 ()
      Großes Vorbild USA

      Strukturwandel des Marktes (II)


      Die Vereinigten Staaten von Amerika waren nach dem Zweiten Weltkrieg nicht nur die Führungskraft der neu einsetzenden Globalisierung, sondern auch der mit ihr organisch verbundenen Korruption. Den USA verdanken wir auch den bisher größten Einblick in die globale Korruption. Die Regierungskrise nach dem Rücktritt des Präsidenten Richard Nixon 1975 ließ manche langgehegten Seilschaften im In- und Ausland zerbrechen. Zunächst untersuchten Kongreßausschüsse das Verhalten des damals weltgrößten Rüstungslieferanten, Lockheed. Das Silicon-Valley-Unternehmen gab zu, allein in den Jahren 1970 bis 1975 insgesamt 202 Millionen Dollar an Kickbacks (Rückvergütungen), Provisionen, Ausgleichszahlungen oder auch »unklaren Zahlungen« an mehrere hundert Empfänger weltweit geleistet zu haben, um an Aufträge für Kampfjets und anderes militärisches Gerät zu kommen. Zu den Empfängern zählten Prinz Bernhard der Niederlande, der japanische Ministerpräsident Kakuei Tanaka, der saudische Luftwaffenchef und der italienische Ministerpräsident Mariano Rumor. Solche Zahlungen leistete Lockheed seit Beginn der 50er Jahre, auch in der Bundesrepublik Deutschland, um deren Wiederbewaffnung es damals ging.

      Der »Lockheed-Schock« führte dazu, daß die Geschäftspraktiken von weiteren 360 US-Firmen durchleuchtet wurden. Auch ihnen wurde, insbesondere in »freundschaftlich verbundenen« Staaten, Korruption nachgewiesen. Die Bestecher trugen die renommiertesten Namen: Lockheed-Konkurrent Northrop, die Ölkonzerne Exxon, Mobil und Gulf, Nahrungsmittelkonzerne wie United Brands, Chemiekonzerne wie ICI, das Pharmaunternehmen Merck, Westinghouse, Firestone, Philipp Morris, ITT, Boeing. Zu den hochrangigen Empfängern gehörten Gabuns Präsident Albert-Bernard Bongo (er kassierte auch von Elf Aquitaine), Südkoreas Präsident Chung-hee Park, Boliviens Präsident René Barrientos Ortuño, der iranische Schah Reza Pahlevi, der philippinische Präsident Fernando Marcos, der haitianische Präsident Jean-Claude Duvalier, ebenso Tausende Minister, Generäle, Abgeordnete und Beamte aus der Türkei, aus Israel, Großbritannien, Guatemala, Deutschland, Indonesien, Argentinien und Kanada. Allein in Italien hatte Exxon teilweise direkt, teilweise über die Tochterfirma Esso Italia insgesamt 73 Millionen Dollar an Politiker der Regierungsparteien gezahlt. Die gesamte »westliche Wertegemeinschaft« wurde – unter anderem – durch Korruption zusammengehalten. Es ging um konkrete Aufträge und Lizenzen, aber auch um die Stabilisierung eines politischen Umfelds, das für Superprofite US-amerikanischer Firmen günstig bleiben sollte. Dieses Umfeld war in der Regel konservativ-christlich, zu ihm zählten aber auch Diktaturen, Monarchien und rechtsradikale Gruppierungen, nach Bedarf und nationaler Kultur auch solche Kräfte wie die Mafia, luxemburgische Freimaurerlogen und kriminelle Geheimbünde aus der japanischen Unterwelt.

      Von US-Unternehmen wurde auf diese Weise seit 1945 eine Struktur globaler Korruption praktiziert, die stilbildend bisherige Bakschisch- und Bargeldpraktiken überlagerte und schrittweise vereinheitlichte. Es etablierte sich der Berufsstand des »unabhängigen« Provisionsvermittlers (consultant). Zudem wurde Korruption wissenschaftlich als Mittel der globalen Marktexpansion und der Förderung des US-Handels legitimiert. So schrieb der heute sehr bekannte Politikwissenschaftler Samuel Huntington schon 1968, die
      Korruption sei umso leichter zu akzeptieren, als sie die einzige Alternative zur Anwendung von Gewalt bei der Eroberung von Märkten darstelle. Korruption könne auch solchen Akteuren zu Einfluß verhelfen, »die nicht über legitime institutionelle Kanäle verfügen«.

      Die Firmen im »Lockheed-Skandal« waren auch die großen Zahler für die geheime Parteien- und Wahlkampffinanzierung in den USA selbst. Sie war damals verschleiert durch die Organisationsform der »Political Action Committees« (PAC): Formal unabhängig, sammelten sie bei Unternehmen und leiteten die Gelder gezielt an bestimmte Kandidaten oder bei bestimmten Gesetzesvorhaben an die »richtigen« Empfänger weiter. In diesem Zusammenhang stellte man fest, daß auch der Lobbyismus in Washington seine Gestalt geändert hatte. Die gesetzlich vorgeschriebene Registrierung der Lobbyisten wurde vor allem dadurch umgangen, daß große Rechtsanwaltsbüros die Lobbyarbeit übernahmen, da sie nicht als Lobbyisten im Sinne des Gesetzes galten. Das ist auch heute noch so.


      Realitäten der New Economy: Enron

      Die hohen Zahlungen an Lobbyisten sind ein marktwirtschaftlicher Beweis für den Glauben der Unternehmer an die Gestaltungskraft des Staates. Dieser Glaube wird selten enttäuscht. Die tiefgehenden Deregulierungen, die mit Hilfe der republikanischen Mehrheit im US-Kongreß ab 1994 durchgesetzt wurden, schufen den Freiraum für die »neue Ökonomie« der späten 90er. So wurde zunächst die Börsenaufsicht, die nach dem »Schwarzen Freitag« vom Oktober 1929 eingerichtet worden war und jahrzehntelang als die beste der Welt galt (Security Exchange Commission), in entscheidenden Teilen außer Kraft gesetzt. Die Trennung von Investment-, Kredit- und Aktienbanken wurde aufgehoben. Die Haftung für Banken, Anwaltskanzleien und Unternehmensvorstände wurde auf ein Minimum eingeschränkt und die Möglichkeiten zur Selbstbedienung des Topmanagements bei der direkten Gewinnentnahme ausgeweitet. Mit Hilfe »kreativer« oder »aggressiver« Buchführung konnten Bilanz und Umsatz aufgebläht werden. Betrugsoffene Finanzprodukte wie Hedge-Fonds und Derivate wurden alltäglich. Die staatliche Kontrolle und Dokumentation insbesondere von grenzüberschreitenden Finanztransaktionen wurde weitgehend abgeschafft.

      Diese Entwicklung war nur möglich, weil die wichtigsten Akteure auch die politischen Rahmenbedingungen beeinflußten. Dies läßt sich am politischen Weg des gegenwärtigen US-Präsidenten George W. Bush verfolgen. Der wesentliche Sponsor seines Aufstiegs zunächst zum texanischen Gouverneur und dann zum US-Präsidenten war das Unternehmen Enron. Mit seiner Zentrale in Houston begann es seinen Aufstieg zum siebtgrößten US-Unternehmen ebenfalls in Texas. Es finanzierte nicht nur Bush und die Republikanische Partei, sondern zahlte ideologisch offen auch an die Demokraten. Enron bedachte während der 90er Jahre 19 der 23 Mitglieder der Senatskommission für Energie im US-Kongreß mit Spenden. Ebenso parteiübergreifend spendete das Unternehmen an Mitglieder weiterer Kommissionen. Zwei Drittel der US-Senatoren standen auf der Spendenliste des Konzerns. Enron und Enron-Topmanager brachten allein für den Wahlkampf Bush’ im Jahre 2000 insgesamt 1,96 Millionen Dollar auf. Die Firmenjets transportierten Bush zu Wahlkampfauftritten. Enron-Chef Kenneth Lay sponserte mit 100000 Dollar die Gala zum Amtsantritt der Präsidentschaft im Januar 2001. Das Wirtschaftsprüfungsunternehmen von Enron, Andersen. spendete übrigens in gleicher Weise. Als Gegenleistung setzte die jeweilige Parlamentsmehrheit bisherige staatliche Kontrollen außer Kraft, zunächst in Texas, dann während der 90er Jahre in Washington. So stieg Enron zum größten Händler von Gas- und Stromderivaten der Welt auf. Schließlich brauchte der Konzern die Regierung nicht mehr zu bestechen, sondern stellte einen Teil der gegenwärtigen Regierungsmannschaft.

      Eine straflose neue Form der Korruption besteht in der Zahlung an Topmanager, damit sie einer Fusion zustimmen. So leistete Enron 76 Managern des Konkurrenten Dynegy, der im Jahre 2001 aufgekauft werden sollte, »retention bonus payments« (Halteprämien). Sie betrugen je nach Stellung in der Unternehmenshierarchie zwischen 75000 und 1800000 Dollar. Sie wurden verdeckt über einen Trust gezahlt, der von der Wachovia Bank treuhänderisch gehalten wurde. Die Gesamtsumme der Zahlungen betrug 45325000 Dollar. Enron war mit denselben Methoden wie in Texas und den USA auch in weiteren Staaten tätig. Unter der Privatisierungsfundamentalistin Margret Thatcher konnte Enron zu Schleuderpreisen staatliche Kraftwerke in England aufkaufen und mit hohen staatlichen Subventionen neue Gaskraftwerke bauen. Die Europa-Zentrale von Enron wurde in London errichtet. Im Wahlkampf protestierte ein gewisser Tony Blair gegen das Eindringen Enrons. Er versprach den englischen Kumpels, er werde für den Erhalt der heimischen Kohleförderung kämpfen. Im August 1998 sponserte Enron ein Galadinner beim Labour-Parteitag. Tony Blair ersetzte nach der Wahl im Energieprogramm seiner Regierung die Kohle durch Gas.

      Im Jahre 2000 stieg Blairs ehemaliger Industrieminister Stephen Byers zum Chef von Enron Europe auf. Enron-Wirtschaftsprüfer Andersen wurde auch in England aktiv und sponserte unter anderem Labour-Parteikonferenzen. An Schatzkanzler Gordon Brown verkaufte Andersen eine Luxuswohnung, die mindestens 350000 wert war, für 130000 Pfund Sterling. Auf Initiative Andersens legte Brown einen Gesetzentwurf zur Senkung der Gewinnsteuern vor – in den USA hatte Andersen es geschafft, daß Enron keine Steuern zahlte. Andersen entwickelte für die Blair-Regierung das Konzept »Private Finance Initiative« (PFI). Es besteht aus Buchführungs- und Haushaltstechniken, wie sie für Enron und andere Großunternehmen in den USA entwickelt worden waren. Sie erlauben, Schulden zu verstecken und finanzielle Ausgeglichenheit vorzuspiegeln. PFI soll auch vom englischen Staat genutzt werden.

      Im indischen Dabhol errichtete Enron für drei Milliarden Dollar ein Gas-Kraftwerk. Kurz vor der Genehmigung im Jahre 1996 durch die zögernden indischen Behörden überwies Enron 100000 Dollar an die Demokratische Partei von Präsident William Clinton, damit der US-Botschafter in Neu-Delhi Druck mache. Nachdem sich das Projekt als überdimensioniert erwies und in Dabhol sich vehemente Proteste in der Bevölkerung wegen bevorstehender Strompreiserhöhungen häuften, verlangte Enron Subventionen. Schließlich wurde ein neuer Punkt in das Energieprogramm der Bush-Regierung aufgenommen: Förderung der Stromerzeugung in Indien.


      Scheckbuchdiplomatie

      In Afghanistan unterstützt Enron mit Dutzenden Millionen Dollar die Taliban. Zusammen mit dem Ölkonzern Unocal lud Enron 1997 und 1998 Taliban-Vertreter zu Verhandlungen nach Texas ein. Enron und Unocal wollten eine Pipeline durch Afghanistan legen, um Gas und Öl aus Turkmenistan und Usbekistan zu transportieren. Enron war bereit, den Taliban eine »Steuer« auf jeden Kubikfuß Gas zu bezahlen, der durch die Pipeline fließen würde. »Enron würde auch mit dem Teufel paktieren, wenn es dem Unternehmen Gewinn bringen würde«, kommentierte ein Mitglied des Kongreßausschusses, der ab Januar 2001 den Enron-Konkurs untersuchte.

      Enron sponserte 1993 die Siegestour von George Bush dem Älteren nach dem ersten Golfkrieg durch Kuwait und wurde mit Aufträgen für den Wiederaufbau belohnt. Enron-Chef Kenneth Lay hatte unmittelbaren Einfluß auf die Bestellung des Vorsitzenden der Federal Energy Regulatory Commission und auf die Auswechslung eines mißliebigen Kandidaten, indem nur der von Enron bevorzugte Konkurrent finanzielle Wahlkampfhilfe erhielt. Augrund der aufgeblähten Bilanzen stieg der Kurs der Enron-Aktien in bisher unbekannte Höhen. Enron verursachte die kalifornische Stromkrise im Winter 2000 und verdiente an der selbst verursachten Verknappung des Stroms.

      Eine besondere Form der legalen Korruption manifestiert sich in der unmittelbaren Gewinnbeteiligung von Politikern an den von ihnen selbst beschlossenen staatlichen Vorhaben. Dick Cheney war bei George Bush bis 1992 Verteidigungsminister, unter dem Sohn George W. Bush ist er Vizepräsident. Die acht Jahre dazwischen überbrückte er als Präsident der Halliburton Industries, einem großen Zulieferer der Ölindustrie, der auch Geschäfte mit der irakischen Regierung von Saddam Hussein machte. Halliburton ist einer der großen Zulieferer der US-Armee. Der Konzern erhielt ohne Ausschreibung vor dem zweiten Golfkrieg Aufträge für den Wiederaufbau von Anlagen im Irak, deren Zerstörung von Cheney als Politiker mitbeschlossen wurden.

      Richard Perle war stellvertretender Verteidigungsstaatssekretär in der Regierung von Ronald Reagan. Bereits 1983 war bekanntgeworden, daß er von einer israelischen Firma 50000 Dollar erhalten hatte, um sich beim eigenen Ministerium für den Kauf von Waffen dieser Firma einzusetzen. Perle, langjähriger Befürworter des Kriegs gegen den Irak, ist eng mit der rechtsradikalen israelischen Likud-Partei verbunden und Mitinhaber der Jerusalem Post. Bis Ende März 2003 war er Vorsitzender des Defense Policy Board, des US-Verteidigungsrates. Perle trat zurück, nachdem ein geheimer Beratervertrag mit dem Telefonunternehmen Global Crossing bekannt wurde. 200000 Dollar wurden ihm bereits ausgezahlt, eine Prämie von 750000 Dollar sollte folgen, wenn er den Widerstand des Pentagon brechen und für Global Crossing die Erlaubnis herausholen würde, ein sicherheitsrelevantes Glasfasernetz nach China zu verkaufen. Nach Perles Rücktritt wurde weiter bekannt, daß er auch an Trireme Partners beteiligt ist. Trireme investiert in Firmen, die Güter und Dienstleistungen für die innere Sicherheit anbieten. Trireme wurde nach dem Attentat auf das World Trade Center im November 2001 gegründet und hat seinen Sitz in der inneramerikanischen Finanzoase Delaware. So verdient der Unternehmer Perle an der Angst vor dem Terrorismus, die er als Politiker schürt.

      Dies sind nur punktuelle Einblicke in eine neue Dimension der Korruption im Führungsstaat der »westlichen Wertegemeinschaft«. Die Akteure haben sich vorausschauend mit den Deregulierungen der 90er Jahre für dauerhaft unschuldig erklärt. Alles, was sie tun, oder fast alles, ist nun »legal«. »Die US-Finanzindustrie steht vor ihrem moralischen Offenbarungseid. Juristisch aber hat sie wenig zu befürchten«, stellte der Spiegel fest, ohne allerdings von seiner Bewunderung für die kritisierten US-Banker abzulassen. Von den frühen Insidergeschäften des jetzigen US-Präsidenten über die seines Vizepräsidenten bis zu denen des Managements von Enron und Co: Sie sind nach geltendem Recht straflos. Wo noch ein Gesetz bestehen sollte, wird durch die Besetzung der Richterstellen nach dem republikanischen Parteibuch vorgebeugt: Am Ende der Gouverneurszeit von Bush 1999 in Texas waren alle 59 Bezirksrichter des Staates Republikaner. Auch die obersten Gerichte der USA sind in dieser Richtung umbesetzt worden und ermöglichten bekanntlich die »Wahl« des gegenwärtigen Präsidenten trotz ungenügender Stimmenzahlen.

      Die Gewinnraten und Provisionen, die in den Topetagen der »New Economy« herausgeholt wurden, können selbst in einer deregulierten kapitalistischen Marktwirtschaft nicht auf Dauer umverteilt werden. Auch die ehemals »friedliche« Korruption im Stile des frühen Huntington reicht schließlich nicht. Die Konkurse von Enron, Worldcom usw. zeigen es. Die »friedliche« Selbstbereicherung wechselt selbstverständlich, wenn nötig, auch zu militärischen Mitteln über. Huntington, der 1968, als die USA mit der Sowjetunion noch einen militärischen Gegenpart hatten, die Korruption als legitimes Instrument der Ausweitung des freien Marktes und insbesondere des US-Handels gerechtfertigt hatte, hat seine Theorie bekanntlich unter den veränderten Umständen weiterentwickelt und Anfang der 90er Jahre die gewaltige Zuspitzung der internationalen Situation im »clash of civilisations« legitimiert.

      Als Sinnbild für die organische Verbindung von Marktausweitung, Korruption und militärischer Gewalt kann das Vorgehen der US-Regierung in Afghanistan gelten. Die geschilderten Interessen von zum Beispiel Enron und Unocal waren mit den Taliban nicht durchzusetzen. Zur Vorbereitung des militärischen Eingreifens gab die CIA 70 Millionen Dollar für den Kauf von Taliban-Warlords aus. Mittlere Kommandeure waren mit Summen bis zu 50000 Dollar zu haben, künftige Minister der neuen Regierung mit bis zu einer Million. Bei der militärischen Intervention winkten die US-Offiziere dann mit Dollarbündeln, um Überläufer zu kaufen. Präsident Bush war über die niedrige Summe erfreut, die man hatte einsetzen müssen. »Das ist ein gutes Geschäft«, wird er zitiert.

      * Montag: Ehrenrettung des Kapitalismus?

      http://www.jungewelt.de/2003/06-21/003.php
      Avatar
      schrieb am 21.06.03 01:10:34
      Beitrag Nr. 3.196 ()
      Notstand in Michigan

      USA: Wut über rassistische Polizei entlädt sich. Schwere Auseinandersetzungen in Benton Harbor


      Benton Harbor, eine Kleinstadt im äußersten Südwesten des US-Bundesstaates Michigan, verfügt über einen Regionalflughafen und eine Polizei, auf deren »stolze Tradition seit 1917« gerne verwiesen wird. »Noch niemals zuvor war die Karriere eines Beamten der Staatspolizei von Michigan lohnender« wirbt das Rekrutierungsbüro seinen Nachwuchs. Doch in Benton Harbor haben sich weite Teile der afroamerikanischen und hispanischen Bevölkerung in den vergangenen Tagen gegen diese Polizei und deren Verantwortliche erhoben. Seit Anfang der Woche patrouillieren Streifenwagen nur noch in größeren Einheiten durch die Straßen, um Präsenz zu zeigen. Sie bewegen sich dabei gesichtslos und martialisch wie Besatzungstruppen durch Feindesland. Nachts halten sich die Polizeikräfte zurück, da sie Hinterhalte fürchten.

      Angefangen hatte alles am Montag mit einem Vorfall, wie er alltäglich ist in den USA: Ein Motorradfahrer erregt die Aufmerksamkeit einer weißen Polizeistreife, weil er schwarz ist. Das ist immer noch eines der Hauptmotive für »Verkehrskontrollen« im US-amerikanischen Polizeialltag. Die Cops wollen ihn stoppen, der Biker flüchten und am Ende einer wilden Verfolgungsjagd verliert er die Kontrolle über seine Maschine und stürzt in den Tod.

      Es folgten zwei Tage und Nächte, in denen sich spontan Hunderte wütende und entschlossene Menschen in den afroamerikanischen Wohnvierteln auf den Straßen sammelten und ihrem Protest gegen die permanente Erfahrung einer rassistischen Behandlung durch die Polizei Luft verschafften. Barrikaden wurden gebaut, die Stadtteile abgeriegelt, um keine Polizisten mehr hereinzulassen. Bei den handgreiflichen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei kam es zu zahlreichen Verletzten. Häuser gingen in Flammen auf. »Die Aufrührer drohten die Stadt im wahrsten Sinne des Wortes in Schutt und Asche zu legen«, berichtete Polizeichef Sam Harris vom Benton Harbor Police Department gegenüber junge Welt. »Infolgedessen haben wir zusätzliche Kräfte der Staatspolizei zur Unterstützung angefordert.«

      Aus einem Umkreis von einigen hundert Meilen wurden schon Dienstag nacht 130 Staatspolizisten mit entsprechendem Anti-Riot-Gerät zusammengezogen. Weitere Kräfte wurden an den folgenden Tagen aus anderen Landesteilen in die Stadt verlegt, darunter Hundestaffeln, Hubschraubereinheiten und eine mobile Einsatzzentrale.

      So hatte sich die erst in diesem Jahr als erste Frau nach 166 Jahren ins Amt gewählte republikanische Gouverneurin von Michigan, Jennifer M. Granholm, ihre gerade offensiv propagierte »Tourismus-Initiative« nicht vorgestellt. Sie bereist in einer medial begleiteten Goodwill-Tour seit Anfang Juni alle Regionen des Bundesstaates, um für Urlaubsreisen zu werben. Doch passen große Polizeikonvois, militante Straßenkämpfe und wütende Bevölkerungsteile sehr schlecht in eine Image-Kampagne. Andererseits bringt die frühere Staatsanwältin Erfahrungen mit ins Amt, die ihr auch in den aktuellen politischen Entscheidungen hilfreich sein werden. Anfang der 90er Jahre machte sie in Detroit Furore, weil sie eine 98prozentige Verurteilungsrate in den von ihr angestrengten Strafverfahren aufzuweisen hatte. In den letzten beiden Jahren vor ihrem heutigen Amt brachte sie es sogar bis zur Justizministerin des Bundesstaates und machte sich nach dem 11. September 2001 um die Umsetzung der Anti-Terrorismus-Maßnahmen der Bush-Regierung in Michigan verdient.

      Auf die Frage, ob die Gouverneurin daran denke, den Notstand in Benton Harbor auszurufen, hatte ihre Sprecherin Liz Boyd noch am Mittwoch gegenüber jW gesagt: »Gouverneurin Granholm und Colonel Sturdivant (der Chef der Michigan State Police) haben erklärt, daß sie bereitstehen, der lokalen Polizei jede notwendige Unterstützung zukommen zu lassen, um die Unruhen in Benton Harbor zu beenden. Gemeinsam mit den örtlichen Strafverfolgungsbehörden und der Stadtverwaltung drängen sie darauf, die Ruhe in der Stadt wiederherzustellen. Gouverneurin Granholm hat Beauftragte ihres Stabes zusammen mit Col. Sturdivant in die Stadt entsandt, um mit den Kräften vor Ort eng zusammenzuarbeiten. Sie sieht aber noch keine Veranlassung«, so Boyd weiter, »den Notstand auszurufen. Entsprechende Forderungen habe auch noch niemand an sie herangetragen.«

      Doch schon am Donnerstag hatte sich die Lage verschlechtert. Die Straßenkämpfe wurden vor allem nachts fortgesetzt, neben Polizisten wurden nun auch Kamerateams aus bestimmten Gegenden vertrieben. Trotzdem war es der Polizei bislang nur gelungen, acht ihrer gut organisierten Gegner festzunehmen. »Es kam soweit, daß auf uns geschossen wurde«, mußte Polizeichef Sam Harris als Grund für den Rückzug seiner Kräfte aus einigen Stadtteilen einräumen. Am Donnerstag sah Gouverneurin Granholm sich dann doch gezwungen, den Notstand auszurufen. Polizeichef Harris: »Alle staatlichen Stellen halten sich jetzt zu unserer Verfügung. Das erlaubt uns auch, im Bedarfsfall die Unterstützung der Nationalgarde anzufordern.«

      Der Polizeichef kündigte an, härter durchzugreifen. Es werde eine Ausgangssperre verhängt und rückeroberter Boden werde nicht mehr aufgegeben. »Jetzt werden einige Leute ins Gefängnis wandern.« In überregionalen Nachrichtensendungen der USA wurde am Freitag von einer Beruhigung der Situation gesprochen. Doch die Vorwürfe gegen die Polizei wegen ihres rassistischen Vorgehens von den Verantwortlichen seien nicht etwa ausgeräumt. Die Lage bleibe gespannt.

      http://www.jungewelt.de/2003/06-21/005.php
      Avatar
      schrieb am 23.06.03 13:43:08
      Beitrag Nr. 3.197 ()
      Quergedacht: Was viele denken aber wenige auszusprechen wagen
      Anstößige Texte zum Runterladen und Weiterverbreiten
      spatzseite.de

      Auf dem Weg ins Imperium Americanum: 22.06.2003
      DIESE WOCHE
      In diesem bitteren Beitrag untersucht der Spatz, um was es bei der so hochgeschätzten Demokratie wirklich geht, und welche Ziele der Wähler verfolgen kann. Er untersucht das amerikanische Machtstreben und vergleicht es mit dem derzeitigen chinesischen Aufbau der Wirtschaft - was für Vergleiche mit dem Westen sehr interessant ist.



      Wohin geht die Demokratie?



      Isaiah Bowman leitete in den USA zu Beginn der 1940er Jahre die "Studiengruppe Frieden und Krieg", welche die Kriegsziele der USA und die Nachkriegsordnung nach dem Zweiten Weltkrieg bestimmte. Er war der Mentor von Robert Strausz-Hupe, der 1955 das Forschungsinstitut für Außenpolitik und seit 1957 zusammen mit William Yandell Elliot die Vierteljahresschrift Orbis, Magazin über Weltangelegenheiten, herausgab. Ein Schüler Elliots war unter anderen Henry A. Kissinger.

      Der Leitartikel des 1. Heftes von Orbis stammte von Strausz-Hupe: "Das Gleichgewicht von Morgen", und wurde 1992 unverändert wieder abgedruckt, um nach dem schließlich doch erreichten Zusammenbruch der Sowjetunion wieder an die ursprüngliche Mission der USA zu erinnern. Dort heißt es: "Die Aufgabe der USA ist es, innerhalb einer Generation die Welt unter ihrer Führung zu vereinen. Wie wirksam und schnell die Vereinigten Staaten diese Aufgabe bewältigen werden, wird für das Überleben der westlichen Zivilisation und verständlicherweise auch für das Überleben der Menschheit bestimmend sein. ... Wird die kommende Weltordnung ein universelles Weltreich der Vereinigten Staaten sein? Sie muß es sein, jedenfalls wird sie vom amerikanischen Geist geprägt sein ... Das Amerikanische Imperium und die Menschheit sind dann keine Gegensätze mehr, es handelt sich nur noch um zwei Namen für die gleiche weltumspannende neue Ordnung." Am 11. September 1990 verkündete US-Präsident Bush I vor dem Kongreß: "Eine neue Partnerschaft unter den Nationen hat begonnen. Wir glauben, wir schaffen aus dem Zusammenbruch des amerikanisch sowjetischen Antagonismus den Beginn einer Neuen Weltordnung".

      Das Neue oder der spezifisch amerikanischen Geist an der Ordnung ist nicht - wie viele meinen - "Demokratie". Es hat selten ein Regime gegeben, das sich gegen die Widerstand einer Mehrheit der eigenen Bevölkerung längere Zeit hätte behaupten können. Das gilt auch für Hitler, Stalin oder Saddam Hussein. Die Frage ist, wie die Zustimmung der Bevölkerung für das jeweilige Regime gewonnen und erhalten werden konnte. Gemeinhin gilt das Verbot der Opposition als "undemokratisch". Wenn sich aber eine Opposition gar nicht erst bilden und artikulieren kann?

      Eigentlich sollten politischen Parteien unterschiedliche Auffassungen darüber, in welche Richtung sich ein Land bewegen solle, auf einen Punkt bringen und dem Wähler als Alternative zur Wahl anbieten. Aber in welcher "demokratischen Wahl" ginge es noch um unterschiedliche Ansätze in Sachfragen? Bei Wahlen ist von Inhalten keine Rede, was so klingt ist nur Werbung und Verpackung, das gilt selbst für die Figuren, die zur Wahl stehen.

      Professor Caroll Quiglley von der Politiker-Fabrik an der Georgetown University schrieb in seinem Wälzer "Tragödie und Hoffnung" zurecht: "Parteien sind einfach zu handhabende Organisationen. Sie wollen benutzt werden". Seit 1990 habe das Große Geld in beiden Parteien das Sagen: "Das Argument, daß die zwei Parteien unterschiedliche Ideale und Politikfelder vertreten, ist dummes Zeug. Die beiden Parteien sollten eine nahezu identische Politik vertreten, so daß das amerikanische Volk Halunken abwählen kann, ohne daß das zu einer grundlegenden, weitreichenden Veränderung der Politik führt. Über die Inhalte der Politik, die lebenswichtig und notwendig für Amerika sind, gibt es kaum noch bedeutende Zerwürfnisse. Zu streiten wäre allenfalls über Details, Verfahren, Prioritäten und die Methode" Also, wenn eine Person dem Publikum nicht schmeckt, sollte man sie auswechseln, ansonsten bleibt alles beim Alten. Bei staatstragenden Kundgebungen hört man es anders. Aber auch am 17. Juni 1953 war es nicht um "Demokratie" gegangen, so etwas erzählen uns nur Festredner. Es ging um mehr Lohn und menschlichere Akkordsätze.

      Heute geht es noch immer darum. Obwohl die da oben nicht einmal die über vier Millionen Arbeitslosen sinnvoll beschäftigen können, wollen sie Feiertage abschaffen und Mehrarbeit durchsetzen. Ihnen geht es um Kostensenkung am Arbeitsplatz. Zufrieden wären zum Beispiel Meinhard Miegels Bürgerkonvent und ähnliche Hau-Ruck-Krisenbewältiger vermutlich - und ihre Auftraggeber erst dann voll konkurrenzfähig - wenn sie überhaupt keine Löhne mehr bezahlen müßten. Doch welchen Sinn hätte dann das Wirtschaften noch, außer ein paar Geldsäcke noch praller zu füllen? Das scheint aber das Wesen demokratischer Freiheit zu sein - und noch etwas mehr:

      Worum es bei der neuen, amerikanischen Weltordnung eigentlich geht, ist die "Privatisierung der Macht und der Machtausübung". Nicht zufällig waren es die Vertreter des Großen Geldes, wie Nelson Rockefeller und andere, welche die Führungsfunktionen in den nach dem Krieg in großer Zahl aufgebauten US-Geheimdiensten übernahmen. Die gleichen Leute betrieben nebenher noch allerlei Stiftungen, die eigenes Geld und dasjenige, das Richard Bissell aus dem Gegenwertfonds des Marshal Plans für den CIA abgezweigt hatte zum Ankauf von Spionen, Politikern, Widerstandskämpfer, Terroristen und Kulturschaffenden im Ausland weitervermittelten.

      Im alten Rom wuchs in demjenigen, der es zum Befehlshaber eines römischen Heeres und zum Provinzgouverneur, der einzigen wirklich sprudelnden Geldquelle der damaligen Zeit, gebracht hatte, der Wunsch mit der Aussicht, sich zum Herren der Welt aufzuschwingen. Das führte zu erbitterten Kämpfen untereinander Das Volk durfte dem jeweiligen Sieger Beifall klatschen und ihn zum Volkstribun wählen. Auf diese Weise wurde schließlich die gesamte römische Oberschicht ausgelöscht.

      Unter heutigen Bedingungen taucht eine andere, weniger appetitliche Gruppe Machtlüsterner auf. Es sind dies Intellektuelle aus kleinen Verhältnissen mit guten Kontakten, die es auf vielerlei Umwegen durch Universitäten, vor allem aber durch Stiftungen und Stiftungsinstitute verstanden haben, sich erfolgreich an einen oder mehrere Geldsäcke heranzuarbeiten, ihr Vertrauen zu gewinnen, und sich ihnen unentbehrlich zu machen. Wenn der Geldsack ihnen aus der Hand frißt, ihre Reden hält und ihre Pläne vorschlägt, wächst der Wunsch über ihn auch die Politik des Imperiums - koste es was es wolle - in die eigene Hand zu bekommen. Das schöne an der Demokratie für diese Leute ist gerade, daß man bei Mißerfolg wohl abgewählt werden kann und der Macht wieder verlustig geht, aber nicht für den angerichteten Schaden gerade zu stehen hat, am Ende sogar noch eine satte Pension bezieht. Ihren Wunsch nach Macht bestimmt weniger eine Vorstellung, wie diese Welt besser einzurichten wäre, als sie es schon ist, sondern der Rausch, den die Schalthebel der Macht in Griffnähe ausüben. Ein beschränkter Präsident ist für solche Leute der ideale Partner.

      So lud Anfang 1998 George Schultz, der US Außenminister unter Ronald Reagan, Bush jr. und Condi Rice, Shultz` Kollegin vom Hoover Institut, in sein Haus in Paolo Alto in Kalifornien ein. Dort bearbeitete er Bush, sich um die US-Präsidentschaft zu bewerben. Dann klopfte Shutz bei Dick Cheney und Paul Wolfowitz an und meldete: Ihr könnt anfangen. Ab Herbst 1998 fanden jeden Sonntag Dreiergespräche zwischen Bush, Rice und Wolfwowitz statt, in denen der Wochenplan für das Wahlkampfteam ausgearbeitet wurde. Den Plan griff dann das B-Team auf, und sorgte für seine Umsetzung. Rice war die Tochter eines schwarzen Dozenten, der vor der Rassendiskriminierung in den Norden geflohen war, aber eben die Studentin eines Geheimagenten, und das ebnete Wege. Bevor sie zum Wahlkampfteam Bush II stieß, saß sie im Aufsichtsrat der Firmen: Chevron Oil, Hewlett Packard Foundation, bei Charles Schwab und war Mitglied im internationalen Beirat von J.P. Morgan. Wolfowitz als direkter Untergebener von Dick Cheney, dem Verteidigungsminister von Bush I war Mitarbeiter gleich mehrerer privater Denkfabriken. Dick Cheney war schon unter Ford als Stabschef im Weißen Haus dabei, seit 1995 bis zum Amtsantritt als Vizepräsident war er Vorstandsvorsitzender bei Halliburton, einer Firma die zusammen mit BP 12 Mrd. Dollar zum Erwerb von Ölrechten in Zentralasien bereitgestellt hatte. Wer könnte es sich leisten, eine solche Investition in den Sand zu setzen?

      Auf dem Wahlparteitag der Republikaner am 3.Augsut 2000 in Philadelphia entwickelte Bush II seine Vorstellungen der Neuen Weltordnung. Auf den Punkt brachte sie General Norman Schwarzkopf, der vom Schlachtschiff USS New Jersey per Video zugeschaltet worden war: "Wir werden die ausländischen Praktiken, Regelungen und Subventionen die unserem Export ungleiche Chancen lassen, nicht tolerieren". "Ungleiche Chancen?", wenn man nicht bereit ist, das eigene Kraft- und Wasserwerk an US-Firmen zu verkaufen. Dazu verlangte er, die "Souveränität der Nationalstaaten" unter der "Führungsrolle der USA einzuschränken", die wie eine Art "Hoher Kommissar" ihre Weltpolitik vor den Interessen einzelner Nationen durchsetzen werden. Daß damit China der einzig verbliebene Gegner war hätte er nicht eigens herauszustreichen brauchen.

      Warum China? China hat sich zwar der Marktwirtschaft geöffnet, betreibt aber eine Marktwirtschaftlich innerhalb einer national ausgelegten Wirtschaftsplanung. Sein Aufbauprogramm regt den privaten Sektor an, wartet aber nicht auf dessen Initiative oder Gnade. Die enormen Infrastrukturentwicklungen zeigen trotz SARS erste Früchte. Sie werden für die angrenzenden Länder der Region zum Vorbild und das wiederum führt zu immer engerer Zusammenarbeit zwischen Rußland, Indien, China und den anderen Ländern der Region. Nach der Washington Post vom 16.6. haben zum Beispiel Iran, Afghanistan und Usbekistan gerade einen Vertrag geschlossen, um eine gemeinsame Straße bis an den persischen Golf zu bauen. Sie folgen dabei einem ähnlichen Finanzierungsmodell, nach dem die Chinesen arbeiten - also ohne Fremdfinanzierung durch westliche Bankkonsortien. War es das, dem General Schwarzkopf auf Bushs Wahlparty den Kampf angesagt hatte?

      Die Angriffe auf Bush und Blair wegen der Betrügereien, mit denen sie die Öffentlichkeit ihrer Länder in den Irakkrieg hineinmanipuliert haben ziehen immer weitere Kreise. Zwar wehrte sich Bush beim Auftakt zu seinem Wahlkampf 2004, bei dem 1.400 Leute Eintrittgelder von 2000 US$ und mehr bezahlen durften, gegen Leute, die seinen Irakkrieg schlecht machen wollen: Was wollen die, "das Volk im Irak ist nun frei". Baronesse Amoz, die in der britischen Regierung für den Wiederaufbau des Irak zuständig ist, gestand dem Manchester Guardian, sie könne den Irak wegen drohender Guerilla Angriffe nicht besuchen.

      Aber es gibt andere Probleme: Die Vereinigung der Maschinenhersteller in den USA stellte am 5. Juni in einem Lagebericht fest, daß der Verbrauch an Werkzeugmaschinen in den USA zwischen 1997 und 2002 um 67% zurückgegangen sei. Einer ihrer Vorsitzenden, Lawrence Rhoades sagte bei der Gelegenheit "Der private Sektor kann und will die nötige technologische Infrastruktur für die Industrie nicht alleine herstellen, genauso wenig, wie er Straßen und Schulsysteme bauen kann". Warum nicht? Der könne das nicht mehr, deutete Rhoades an, weil der Mittelstand vom Großen Geld inzwischen aufgekauft worden sei. Die USA bräuchten ein Programm, um wieder so etwas wie einen Mittelstand aufzubauen, denn nur der würde innovativ und expansiv tätig sein. Gleichzeitig fordern die Senatoren James Talent und Ron Wyden im Land der Freiheit eine 50 Mrd. US$ Staatsanleihe, um Eisenbahn, Straßen, Brücken und Häfen wieder in Stand zusetzen. Ob hier auch schon ein chinesischer Maulwurf wühlt?

      Bei Fragen, was konkret zu schaffen und zu entwickeln wäre, könnte die Bevölkerung, wenn man sie fragte, mitdenken und demokratisch mitbestimmen. Vielleicht geschieht so etwas dann doch noch eher in China als in den USA. Denn wer wollte dort ernsthaft die Freiheit seiner Geldgeber beschneiden - und hier?
      Avatar
      schrieb am 23.06.03 13:43:51
      Beitrag Nr. 3.198 ()
      Avatar
      schrieb am 23.06.03 13:44:44
      Beitrag Nr. 3.199 ()
      Die Baisse dauert an!

      Am Dienstag war das Ende der Rally angezeigt. Wir haben Sie darüber informiert.

      Die Masse der Anleger schenkte dieser Tatsache keinen Glauben und versuchte weiter den Markt nach oben zu treiben. Rien ne va plus. Das mathematische Naturgesetz hat wieder einmal den Beweis erbracht. Wie geht es weiter?

      Es dauert nicht lange, dann werden die Schleusentore geöffnet und die Bullen rutschen schmerzhaft in das "Tal der Tränen". Die vorgetäuschte Sommerrally findet im Keller statt.

      Wie gesagt, die Rally B ist gelaufen! Die Mathematik bestätigt es.

      Die Märkte stehen wieder einmal an einem kritischen Punkt. Die überwiegende Mehrheit der Marktschreiber ist "bullish" und der VIX in der "20er" Region. Hier fanden in der Vergangenheit immer die Wenden statt, wenn der Markt in voller Zufriedenheit den Bullen gallopieren lässt. Der nationale Einkaufsmanagerindex konnte die Marke 50 nicht überschreiten. Es ist höchste Aufmerksamkeit angesagt, denn ein Kollaps kann sehr sehr schnell stattfinden. Die Navigation läuft nach Elliott in eine große Welle 3. Dreier Wellen sind verheerend in einem Bärenmarkt. In einem Bullenmarkt generieren sie gute Gewinne. Dreier Wellen sind meist ausgedehnt. Nicht zu vergessen ist die Zeit um Ende Juli/Anfang August, ein signifikantes 21 Jahres-Tief. Eine neue "Blase" hat sich gebildet. Überkauft und resistent.

      Das Fibodatum hierzu wäre der 3./4. August 2003 (144 Tage seit demTief 12.3.2003) Montag 4. August 2003.

      evotrade.de
      Avatar
      schrieb am 23.06.03 13:45:22
      Beitrag Nr. 3.200 ()
      Avatar
      schrieb am 23.06.03 13:47:05
      Beitrag Nr. 3.201 ()
      Avatar
      schrieb am 23.06.03 13:50:03
      Beitrag Nr. 3.202 ()
      Aktueller Marktkommentar (19.06.2003):



      Alles steigt – wir werden alle reich!

      Die Aktien steigen, als gäbe es morgen keine mehr. Die Anleihen steigen, als gäbe es kein Morgen mehr. Und auch die Rohstoffe steigen, gefolgt von den Immobilien. Wir werden alle reich!

      Zumindest bekommt man diesen Eindruck, wenn man das aktuelle Marktgeschehen beobachtet. Der Grund warum „alles steigt“ liegt in der gespaltenen Meinung der Marktteilnehmer. Es lassen sich grob drei Gruppen feststellen: die einen sehen gestützt durch Elliott-Wellen, Sentimentdaten und historische Vergleiche eine Deflation am Horizont und kaufen daher Anleihen oder halten Cash, die anderen hingegen wegen der niedrigen Zinsen und einer nie gekannten Geldmengenausweitung vor allem in den USA eine Inflation und flüchten in Sachwerte und Rohstoffe. Die dritte verbliebene Gruppe sind die Optimisten, die an die Gratwanderung zwischen beidem, eine wirtschaftliche Erholung und daher einen neuen Bullenmarkt bei Aktien glauben. Ergo steigt alles! Es liegt nahe, dass irgendeine dieser Gruppen falsch liegen wird und somit finanzielle Verluste drohen. Möglich wäre es übrigens auch, dass alle drei Gruppen falsch liegen und eine weltweite Deflationäre Depression irgendwann in der Zukunft „alles“ fallen lässt.

      Wenn „alles“ steigt, „alles“ demnach teurer wird, ließe sich dieser Tatbestand nur mit dem Wort Inflation kennzeichnen. Da aber viele Preise vor allem bei Massengütern fallen, müsste man die Inflation auf Vermögenswerte beschränken. Aber wenn tatsächlich eine Inflationsphase begonnen hat, dann müssten auch die Zinsen steigen. In diesem Fall würden eine böse Überraschung auf die Aktien- und Anleihen-Anleger warten. Aber auch ohne steigende Zinsen sind verschiedene Entwicklungen höchst besorgniserregend: In den USA hat sich der Preis für Erdgas innerhalb eines Jahres fast verdoppelt. Gemäß Informationen des US-Energieministeriums sind die eingelagerten Erdgasreserven momentan um 38% niedriger als vor einem Jahr. Ähnlich sieht es beim Öl aus, das sich wider Erwarten nach dem Irak-Krieg nicht nachhaltig auf Sturzflug begeben sondern inzwischen sogar wieder Notierungen über 30 US-Dollar erreicht hat. Die Gründe für steigende Energiepreise sind vielfältig: der US-Dollar fällt, die USA haben jahrelang wichtige Investitionen in ihre Energieversorgung versäumt, im Irak scheint es mehr Probleme als erwartet zu geben, die USA drohen dem Iran und die Nachfrage nach Energie wächst vor allem in Asien sehr stark. Aus Sicht der Verbraucher und der Unternehmen stellen höhere Energiepreise natürlich eine höhere Belastung dar: die Unternehmen haben höhere Kosten, die Verbraucher weniger Geld für andere Güter. Aber die Gewinnerholung bei den Unternehmen kommt bestimmt...

      Diejenigen, die an einen neuen Bullenmarkt bei Aktien glauben, haben womöglich die schlechtesten Karten. Neben der Tatsache, dass die Bewertungen speziell an den US-Börsen schlichtweg zu hoch für eine nachhaltig positive Entwicklung sind, erscheint auch die erwartete Gewinnerholung im zweiten Halbjahr – mal wieder – zu optimistisch. Die aktuelle Entwicklung in den USA erinnert sehr an Juni 1995, als die japanische Regierung eine Anzahl von Initiativen startete und 100 Mrd. US-Dollar in die Wirtschaft pumpte. Die Bank of Japan senkte die Leitzinsen von 1,75% auf 1% und ein halbes Jahr später um einen weiteren halben Prozentpunkt. Diese Maßnahmen schienen zu wirken, denn die Wirtschaft zeigte Erholungstendenzen und der Aktienmarkt legte eine Rallye hin. Der Nikkei stieg von 14.000 Punkten im Juli 1995 auf 22.000 Zähler im Juni 1996. Nun, wie diese „Wende“ ausgegangen ist, wissen Sie nur zu gut. Der japanische Nikkei-Index kann zwischen 1980 und heute 15 Kursanstiege mit mehr als 15 % Plus verzeichnen, vier Mal stieg er mehr als 30%, zwei Mal sogar mehr als 50%. Wie viele neue Bullenmärkte werden wir wohl in dem aktuellen Bärenmarkt sehen?

      Auch die Bond-Anleger sollten sich allmählich die Frage stellen, ob die Zerstörung des US-Dollar nicht doch irgendwann zu steigenden Zinsen führen muss. Meines Erachtens haben die besten Chancen auf nachhaltige Gewinne die Anleger in Rohstoffen bzw. Rohstoffaktien.

      Leider werden wir wohl nicht alle reich...


      Marco Feiten

      19.06.2003
      http://www.new-sense.net/start.htm
      Avatar
      schrieb am 23.06.03 13:55:00
      Beitrag Nr. 3.203 ()
      Der langfristige Dax




      Der oben abgebildete Dax-Verlauf ab dem Jahr 1996 wurde am 13. Juni 2003 aktualisiert.
      Drei Pfeile mit fetten Spitzen markieren jeweils das wahrscheinliche Ende einer 5., 6. und 7. Welle seit dem großen Tief des Jahres 1974. Die erste dieser Wellen war nahezu acht Jahre lang und die folgenden wurden immer kürzer. Aus Gründen der Fibonacci-Systematik ist nach der 8. Welle (am Beginn einer 9.) mit einer ausgeprägten Erholung zu rechnen, und am Ende einer 13. Welle dürfte das Ende der Baisse erreicht sein.
      Die kleineren Pfeile weisen auf die Unterwellen hin. Die fünfte Unterwelle der 5. Welle (Fibonacci-Zahlen) führte zum Langzeitkursgifel der Dax-Advance-Decline-Linie, die seitdem fällt. Beim Dax ergab sich der Kursgipfel erst in der 6. Welle (keine Fibonacci-Zahl), weil in langfristiger Hinsicht die vorauslaufende Advance-Decline-Linie maßgebend war.

      Am 16. Juni 2003 neu überarbeitet :
      Am 12. März 2003 bildete sich ein Tief aus, mit dem möglicherweise die 7. Welle zu Ende ging und eine 8. Welle begann. Sie kann bereits bis zum Herbst 2003 den Dax auf rund 1700 fallen lassen, dürfte aber erst etwa ein Jahr später auf einem wesentlich tieferen Niveau enden. In unserem Börsenbrief beschreiben wir nähere Einzelheiten.

      © 2002 Wolfgang Bogen GmbH, 14163 Berlin,
      http://www.bogen-gmbh.de/dax-chartbeispiele.html
      Avatar
      schrieb am 23.06.03 13:56:17
      Beitrag Nr. 3.204 ()
      Wussten Sie schon, dass...?
      (23.06.2003)

      Die Direktinvestitionen ausländischer Unternehmen in den USA sind 2002 gegenüber dem Vorjahr um knapp 80 Prozent gesunken.


      (Quelle: OECD)
      taurosweb.de
      Avatar
      schrieb am 23.06.03 13:59:31
      Beitrag Nr. 3.205 ()
      Avatar
      schrieb am 23.06.03 14:12:07
      Beitrag Nr. 3.206 ()
      USA: Zahl der Hypotheken-Zwangsvollstreckungen auf Rekordnivau

      Die Zahl der Fälle, in denen die Gläubiger ihre Hypotheken nicht mehr zurückzahlen können und die Gläubiger Zwangsvollstreckung beantragen, ist im ersten Quartal 2003 auf ein neues Rekordniveau gestiegen. 1,2 Prozent aller Hypotheken waren davon betroffen. 0,37 Prozent aller Kredite sind in dieser Zeit in den Status der Zwangsvollstreckung übergegangen.

      Bei 4,52 Prozent aller Kredite verläuft die Rückzahlung nicht ordnungsgemäß. Mit einer Erholung auf ein historisch normales Niveau wird erst gerechnet, wenn die Wirtschaft wieder mehr Stärke zeigt. Außerdem spielt natürlich die stark gestiegene Zahl an Hypothekenbesitzer bei der hohen Prozentzahl eine Rolle.
      http://www.finanzen.net/news/news_detail.asp?NewsNr=121896
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      http://www.miprox.de/Graphiken/Growth_in_US_Credit_Market_De…

      http://www.miprox.de/News.html
      Avatar
      schrieb am 23.06.03 14:47:28
      Beitrag Nr. 3.207 ()
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      St. Florian wird`s richten
      oder

      Die Stunde der Milchmädchen


      Egon W. Kreutzer, 23.06.2003


      Milchmädchen - so die zutreffende Bezeichnung für die Angehörigenes eines längst ausgestorbenen, vom Meisterzwang nie erfassten Berufes aus dem Niedriglohnsektor feudalherrschaftlicher Zeiten - hatten viel Zeit zum Denken.

      Sie hatten fast genau so viel Zeit zum Denken, wie heutzutage die schlecht bezahlten Politiker, die hochbezahlten Verbandspräsidenten und die umtriebigen Wirtschaftsweisen, die ja allesamt eher weniger zu tun haben, als die Milchmädchen früher, weil doch das Milchbusiness von Brüssel aus inzwischen so raffiniert durchsubventioniert ist, dass sich schon lange niemand mehr darum kümmern braucht.

      So nutzen also unsere Politiker, unsere Verbandspräsidenten und unsere Wirtschaftsweisen ihre Zeit gerade so, wie damals die Milchmädchen und geben sich fernab von allen Fakten und Determinanten der realen Welt, im Schattenreich des blanken Widersinns, der Blüte aller Wissenschaften, der reinen Mathematik hin.

      So manche Milchmaid fand einst in traumhaft schönen Zahlenwerken ganz für sich alleine höchstes Glück und tiefste Befriedigung. Viele Politiker, Verbandspräsidenten und Wirtschaftsweise finden ihre Befriedigung heutzutage mit den gleichen Mitteln, bloß nicht mehr verschämt, in sich gekehrt und heimlich, wie einst die scheuen Milchmädchen, sondern hemmungslos und protzig-stolz in aller Öffentlichkeit.

      Ein nicht ganz unbekannter Wirtschaftsminister, der in seinen kühnsten Träumen zugleich Arbeitsminister ist, hat jüngst eine sehr schöne und in sich selbst vollkommen richtige und schlüssige Rechnung aufgestellt.

      Wenn in einem Jahr von allen Arbeitern und Angestellten an ungefähr 200 Arbeitstagen ungefähr 2 Billionen Euro Bruttoinlandsprodukt erwirtschaftet werden, so rechnete er im fliegenden Dreisatz, dann werden an jedem Tag ungefähr 10 Milliarden Euro Bruttoinlandsprodukt erwirtschaftet.

      Das schien ihm dann aber doch zu hoch gegriffen und so versuchte er sich an Kontrollrechnungen.

      Bei 10 Milliarden Euro Tagesleistung hätte jeder Arbeiter pro Tag durchschnittlich 2.500 Euro erwirtschaften müssen. Weil der Minister aber wusste, dass so ein abhängig Beschäftigter in Wahrheit im Durchschnitt höchstens 100 Euro am Tag bekommt, wuchsen seine Zweifel weiter. Sollte das stimmen, dann läge ja der Anteil der Netto-Löhne an der Gesamtleistung nur bei schlaffen 4 Prozent und wenn das so wäre, dann hätte sich doch garantiert niemals kein Arbeitgeber nicht beschwert bei ihm, über die hohen Löhne und die Lohnnebenkosten und das alles. Niemals nicht!

      Schließlich hat er sich kühn zu einer Korrektur durchgerungen und von der Tagesleistung alles das abgezogen, was seiner Meinung nach nicht von den Arbeitern und Angestellten, sondern von den Leistungsträgern geschaffen wird, also die Zinsen und die Spekulationsgewinne und die Dividenden und überhaupt alle Einkünfte aus Kapitalvermögen, schließlich hatte ihm keiner gesagt, dass das sowieso nicht im BIP enthalten ist. Im Ergebnis kam er dann darauf, dass ein Tag nicht 10, sondern nur 3,5 Milliarden Bruttoinlandsprodukt hervorbrächte.

      Mehr Tage, mehr Bruttoinlandsprodukt, schoss es ihm durch den Kopf und weil er der Wachstumsminister ist und daher immer nach Möglichkeiten zur Steigerung der Wirtschaftsleistung suchen muss und weil gerade ein Feiertag war, den es an dieser Stelle im Kalender nicht mehr gibt, und weil er sich dachte, dass es dem faulen streiksüchtigen Gesindel am wenigsten auffallen würde, dass es mehr arbeiten muss, wenn man einen Feiertag abschafft, verkündete er fröhlich, dass man ein paar Feiertage streichen müßte. Auf die dreieinhalb Milliarden käme es nun auch nicht mehr an und dass das ja bloß ein Prozent von dem sei, was jedes Jahr in der Schwarzarbeit erwirtschaftet wird (350 Milliarden, die übrigens auch erstunken und erlogen sind) und dass er das Geld gut gebrauchen könnte und die Ulla Schmidt und der Eichel Hans sowieso.

      Kaum hatte er das gesagt, kamen aus allen Ecken die anderen Milchmädchen gerannt und stellten erst einmal fest, dass das zwar wieder ein Schritt in die richtige Richtung sei, aber eben auch wieder zu kurz, nicht radikal genug, und der Oberarbeitgeber Hundt hat sich flugs eine Statistik in die Tasche gesteckt und sie gleich darauf - wie der Zauberer sein Kaninchen - wieder herausgezogen und daraus vorgelesen, dass die Amerikaner durchschnittlich 2000 Stunden im Jahr arbeiten und die faulen Deutschen nur 1500 und dass wir das ändern müssten, wenn wir mindestens genauso gut werden wollten, wie die Amis und uns von dem Bush nicht bei jedem Krieg schuriegeln lassen wollten, wenn wir wieder einmal nicht genug Geld dafür haben. Also sollten wir sowieso viel mehr mehr arbeiten, viel mehr, als es der Wirtschaftsminister mit den paar wenigen Feiertagen, die es überhaupt noch gibt, jemals schaffen könnte. 2000 Stunden Jahresarbeitszeit brächten genug Wachstum, und man könnte auf die langweilige Feiertagsstreicherei verzichten, die ja schon deshalb problematisch wäre, weil ausgerechnet in dem Bundesland mit den meisten Feiertagen gleichzeitig und schon immer auch der beste Ministerpräsident regiert, von dem die Rede geht, dass es ihm schon immer egal war, wer unter ihm Kanzler oder Kanzlerin war, ist oder werden will und der von den gottlosen sozialistischen Plänen, Feiertage zu streichen, noch nie nichts wissen wollte.



      Da kam der weise Rürup aus seinem Gestrüpp hervor und erklärte, das mit den Feiertagen sei gar nicht so schlimm, und man könne sie durchaus abschaffen, auch ohne sie zu streichen, weil, so rechnete er vor: Wenn die Lebensarbeitszeit von real 30 auf real 40 Jahre erhöht wird, was zwangsläufig passiert, wenn er das Rentenalter von 60 auf 70 Jahre anhebt, dann bekommt der Arbeiter in seinem Lifetimecycle doch ungefähr 120 Feiertage dazu und um das auszugleichen, könne man - ohne irgendjemandem etwas wegzunehmen - schon einmal drei Feiertage ersatzlos streichen und wenn man sechs Feiertage streichen müsste, um das Wachstum heraufzubeschwören, dann ließe sich das mit Rentenalter 80 durchaus wieder ausgleichen und alle Feiertage zu streichen sei bei Rentenalter 100 überhaupt kein Problem.

      (Ein paar Tage später hat er das widerrufen. Wenn es gar keinen Feiertag mehr gäbe, war ihm eingefallen, würde auch seine Lifetimecycleprojection nicht mehr funktionieren, aber das hat dann niemand mehr so recht zur Kenntnis genommen.)



      Denn der Superminister war ganz toll glücklich, dass das alles so gut funktioniert und dass er die Feiertage streichen kann ohne sie zu streichen, und dass er jetzt sagen kann, er müsse die Feiertage abbauen, um sie zu bewahren, weil der Rürup bewiesen hat, dass das mit den Feiertagen genauso ist, wie mit dem Sozialstaat der ja auch abgebaut werden muß, um ihn zu bewahren und vor allem hat er sich gefreut, dass die Angela gesagt hat, sein Schritt wiese in die richtige Richtung, wenn er ihr auch ein bisschen zu kurz sei, aber das stört ihn nicht, denn bis jetzt war der Angela noch jeder Schritt zu kurz. So hat der Superclement schnell eine Agenda 2011 geschrieben, damit der Kanzler sie im Bundestag und auf dem nächsten Sonderparteitag und auch auf dem Kirchentag aufsagen kann.

      Da war der Kanzler vielleicht glücklich, dass er so einen tollen Minister hat und hat sich gleich eine Rede schreiben lassen, wo dann drin stand, dass er sich das von niemandem zerreden läßt und dass er das jetzt so macht und basta und sonst tritt er zurück.

      Nur der Florian Gerster war ziemlich betrübt, denn der hat sich ausgerechnet, dass die ganze Vielarbeiterei nur dazu führt, dass das bisschen Arbeit, das noch da ist, von immer weniger Leuten gemacht werden muß, die immer älter werden und immer länger und immer noch mehr arbeiten und dass er dann zum Schluss, also wenn vielleicht 300 Tage statt 200 gearbeitet wird und wenn die Woche wieder sechzig Stunden hat, statt fünfundreißig, und wenn es nur noch zehn Tage Urlaub gibt, statt dreißig, dass er dann in Wahrheit wohl so um die 30 Millionen Arbeitslose hätte, eher noch ein paar Millionen mehr, und dass er die auch mit der schönsten Statistik nicht mehr wegrechnen könnte, weil man die einfach sehen würde, auf den Straßen.

      Da haben ihn der Kanzler und der Hundt und der Rürup ausgelacht, und gesagt, dass er eigentlich viel zu viel verdient, um solche Milchmädchenrechnungen in die Welt zu setzen und dann hat ihm der Kanzler ganz jovial auf die Schulter geklopft und ihm eine Zigarre angeboten und gesagt: "Du machst das schon, Florian" und dann, an alle gewandt: "St. Florian wird`s richten!"



      Zum Nachrechnen:

      Die Wirkung eines zusätzlichen Arbeitstages auf die Volkswirtschaft
      (Streichung eines Feiertages)


      Tage pro Jahr 365
      abzüglich 52 Wochenenden 104
      Feiertage ca. 12
      Urlaub 30
      Krank, Seminar etc. 15
      Arbeitstage pro Jahr 204

      34.000.000 abhängig Beschäftige = Manntage 6.934.000.000
      Ein Arbeitstag zusätzlich (205) = Beschäftigte 33.834.146

      Zusätzlich Arbeitslose 165.853



      Folgen
      - Sinkende Binnennachfrage
      - Steigende Lohnnebenkosten
      - Steigender Bundeszuschuß zur Rentenversicherung
      - Steigender Zuschußbedarf der Arbeitslosenversicherung
      - Steuererhöhungen
      - Ausgabenkürzungen / Subventionsabbau
      - Sonstige Sparmaßnahmen

      Im Endeffekt: Weiterer Verlust von Binnenkaufkraft




      Nur für den Fall, dass die vom einzelnen Beschäftigten geforderte Mehrarbeit nicht bezahlt wird, wenn es also eine Arbeitszeitverlängerung ohne oder nur mit teilweisem Lohnausgleich gibt, entsteht - auf der Arbeitgeberseite - eine Verteilungsmasse.

      Diese kann

      - zur Erhöhung der Gewinne (Investoren ins Land locken) und

      - zur Senkung der Preise auf den Exportmärkten (nur dort kann das mehr erzeugte
      Volumen, wenn überhaupt abgenommen werden, denn die Inlandskaufkraft sinkt!)

      verwendet werden kann.


      Nur von dem Teil des Verzichts, der ausländischen Abnehmern als Preisnachlass geboten wird, kann überhaupt ein Wachstumsimpuls ausgehen!

      In vielen Fällen wird aber die durch Rabattierung erreichbare, zusätzliche Nachfrage auf der Exportmärkte nicht ausreichen, um den durch den Rabatt verlorenen Gewinn über die Masse, den Mehrumsatz, wieder auszugleichen. Die ganze Aktion dient also primär der Umverteilung von unten nach oben, was in unserem Wirtschaftssystem inzwischen von allen Verantwortlichen stillschweigend als Prämisse für Wachstum akzeptiert und im Handeln befolgt wird, genauso wie ein Wachstum von mindestens 2% jährlich als Prämisse für Wohlstand und Vollbeschäftigung - inzwischen auch von den Grünen - widerspruchslos akzeptiert und gefordert/gefördert wird.

      Jene astronomischen Zahlen, die sich aus dem so viel beschworenen, unbedingt notwendigen Wachstum in exponentiellem Verlauf tatsächlich ergeben, werden von den Reformeiferern ignoriert und als Milchmädchenrechnungen abgetan. Vielleicht, weil sie genau wissen, dass mit Hartz und Rürup und mit der Agenda 2010 ausschließlich Maßnahmen in die Welt gesetzt werden, die zu einer Minderung der Binnennachfrage führen und dass außer den Vermögen der Superreichen nichts wachsen wird, schon gar nicht exponentiell.

      Sicher ist nur, dass ebenfalls nicht bedacht wird, dass der Rückgang der Binnenkaufkraft weit über die geplanten Kürzungen im Bundeshaushalt und in den Sozialkassen hinausreichen wird. Geld, das nicht ausgegeben wird, fehlt nämlich - entgegen einem weit verbreiteten Irrtum - nicht nur einmal. Was beim ersten Empfänger nicht ankommt, kann von diesem auch nicht an den zweiten, vom diesem nicht an einen dritten weitergegeben werden.

      Ein Phänomen, das nur der versteht, der in der Lage ist, auch einmal über den eigenen Geldbeutel hinauszudenken.

      nach oben
      http://home.knuut.de/EWKberater/Meinung/12705%20%DCbersicht%…
      Avatar
      schrieb am 23.06.03 23:35:00
      Beitrag Nr. 3.208 ()
      Kritik an Haltung zu Gen-Nahrungsmitteln


      Bush ärgert sich erneut über Europa



      US-Präsident George W. Bush hat scharfe Kritik an der ablehnenden Haltung der Europäer gegenüber biotechnisch veränderten Nahrungsmitteln geübt.


      HB/dpa WASHINGTON. Er warf ihnen am Montag bei der Eröffnung der Fachmesse BIO 2003 vor, wegen „unbegründeter und unwissenschaftlicher Ängste“ den Import gentechnisch veränderter Nahrungsmittel zu blockieren.

      Diese „künstlichen“ Sperren hinderten viele afrikanische Nationen daran, Biotechnologie in der Landwirtschaft einzusetzen, da sie fürchten müssten, ihre Produkte nicht an Europa verkaufen zu können. Bush appellierte an die Europäer, im Interesse eines Kontinents, der Hunger leide, ihre Haltung zu ändern.

      Verhandlungen zwischen den USA und der EU über die Zulassung von biotechnisch veränderten Nahrungsmitteln waren vergangene Woche in Genf gescheitert. Washington wolle nun mit Hilfe der Welthandelsorganisation (WTO) erreichen, dass Europa gentechnisch veränderte Organismen (GMO) zulasse, berichtete die „New York Times“ am Freitag.

      US-Agrokonzerne drängen seit langem auf eine US-Klage gegen die EU. Ihnen entgehen durch das Einfuhrverbot nach eigenen Angaben mehr als 300 Mill. Dollar im Jahr an möglichen Exporterlösen. Washington argumentiert, das Verbot verstoße gegen die WTO-Regeln. Die EU erklärt dagegen, dass ihre Regeln zu GMO den WTO-Vorgaben entsprechen.

      An der Ausstellung in Washington waren auch über 50 Firmen aus Deutschland sowie mehrere Bundesländer und Institute beteiligt. Bei der Eröffnung betonte der Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Georg-Wilhelm Adamowitsch, dass Deutschland auf der Messe nach den USA der zweitgrößte Aussteller sei. Dies unterstreiche die Bedeutung der Biotechnologie in Deutschland.


      HANDELSBLATT, Montag, 23. Juni 2003, 20:57 Uhr
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      Soll er sich doch ärgern.
      Ah , der Herr denkt an die Afrikaner. Seid wann ist er so mitleidig?
      Das Ziel ist doch nur, die Afikanischen Staaten noch mehr abhängiger zu machen.
      Den Mist können die für sich behalten.Im manupulieren sind die ja schon Meister.
      Avatar
      schrieb am 23.06.03 23:50:32
      Beitrag Nr. 3.209 ()
      Vierfache Moral
      (Gehört eigentlich nich hier hin, aber was soll`s)
      Es ist schon eine erstaunliche Situation: Wer sich jeden Abend bis zum Umfallen betrinkt, ist ein Kerl, ein uriger Typ und taugt durchaus als Idol. Wer hingegen Kokain schnupft, verstößt gegen geltendes Gesetz und gehört weg. Doch mitten in diese Doppelmoral reiht sich noch eine weitere Doppelmoral ein. Und dies ist die religiöse. Denn wer Jude ist, darf ruhig koksen, zum Ausgleich jedoch sich keinesfalls an Schweinefleisch berauschen. Wohingegen der Christenmensch ruhig Schweinefleisch essen und Alkohol trinken darf, dafür jedoch das Kokain meiden muss. Bei Atheisten aus den neuen Bundesländern ist es genauso, nur dass sie Schweinefleisch nicht nur essen dürfen, sondern regelrechte Schweinefleischorgien feiern müssen.

      Ganz schlimm dran sind hingegen die Moslems. Denn die dürfen weder trinken noch koksen und schon gar nicht dem Schweinefleisch frönen. Dafür müssen sie literweise Kaffe trinken, päckchenweise Zigaretten rauchen und ihre Frauen unterdrücken.
      Wenn schon den Moralapostel spielen, dann bitte auch richtig, müssen Kaffe trinken, Zigaretten rauchen und Frauen unterdrücken. Müssen muss man gar nicht, nur sterben muss man. Was das alles mit Religion zu tun haben soll, ist ein Rätsel.:confused:
      Aber, der Herr weiß eben, über alles Bescheid zu wissen.
      oder er glaubt es einfach, aha, daher wohl die Anspielung auF die Religion.
      :D :D

      Der Aktienmarkt hat es dabei viel besser, finde ich. Der geht rauf und runter, so wie es ihm beliebt. Und das alles völlig unabhängig davon, ob die Masse nun säuft, kokst oder sich anderweitig berauscht. Vielleicht ist die Marktwirtschaft daher wirklich die einzig denkbare Zukunft.


      Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
      instock.de
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      Avatar
      schrieb am 23.06.03 23:54:14
      Beitrag Nr. 3.210 ()
      Ein goldener Sommer
      ++ Wohin mit dem Geld? ++

      Von Dirk Harbecke
      Vor uns liegt ein heißer Sommer voller Zweifel: Geht die Aktien-Rallye weiter, crasht der Anleihe-Markt? Prognosen können derzeit nur Hellseher aufstellen, zu widersprüchlich sind die Aussagen der Konjunkturdaten in Europa und den USA. Skeptisch machen mich vor diesem Hintergrund die seit Wochen wieder steigenden Auflagen der Wirtschaftsmagazine und Titelseiten mit Schlagzeilen wie „Dax 4000" („Euro am Sonntag“). „Anleger wissen nicht, wohin mit dem Geld“, titelt die „Welt", und hat damit nicht unrecht. Einzig die Angst, etwas zu verpassen, treibt die Börsen. Ein nachhaltiger Wirtschaftsaufschwung ist nicht in Sicht, solange zentrale Indikatoren wie Arbeitslosigkeit, Investitionen, Kapazitätsauslastung oder Auftragseingänge auf Rezessions-Niveau stagnieren. Zwar versprechen Politiker und etliche Wirtschaftsexperten wieder einmal den Aufschwung, doch das sollte nach deren Irrtümern der vergangenen drei Jahre skeptisch stimmen. Die Akteure an den Bondmärkten, die ihr eigenes Kapital einsetzen, sehen das ähnlich.

      Wohin also mit dem Geld? Mein Vorschlag: Schauen Sie sich Gold an. In den Finanz-Medien spielt das Edelmetall seit Ende des Irak-Krieges zu Unrecht eine untergeordnete Rolle. Viele Faktoren sprechen für steigende Kurse, doch es gibt Risiken: Seit Anfang Februar (vor dem Irak-Einmarsch) ist der Gold-Preis von knapp 390 US-Dollar in der Spitze auf derzeit 355 Dollar gefallen. Investoren im Euroraum oder in der Schweiz haben deutlich mehr verloren, weil der Dollar gleichzeitig gegenüber ihren Heimatwährungen eingebrochen ist. So musste ein Euro-Anleger Anfang Februar bei einem Kurs von 1,08 Dollar 361 Euro für eine Feinunze bezahlen, die heute nur noch 308 Euro wert ist. Gold müsste also stark zulegen, damit Euro-Investoren, die zu Höchstkursen eingestiegen sind, in die Gewinnzone kommen. Dies gilt insbesondere, wenn der Dollar-Verfall anhält. Nach Meinung etlicher Analysten wird die Schwächeperiode des Greenback wegen des hohen Leistungsbilanzdefizits und der Staatsverschuldung in den kommenden zwei bis drei Jahre anhalten. Der Goldpreis muss in dieser Zeit also stärker steigen als der Euro gegenüber dem Dollar.

      Dafür gibt es jedoch genügend Anhaltspunkte: In der vergangenen Woche trieb die Unsicherheit an den Finanzmärkten die Anleger wieder in das Edelmetall, viele Gold-Aktien kletterten in die Nähe ihrer Höchststände von 1998. Seit Ende des Irak-Krieges hat der Goldpreis rund 10 Prozent zugelegt. Jeder, der Gold nach dem Irak-Krieg verkauft hat, zweifelt derzeit an seiner Entscheidung. Weil es ungewöhnlich ist und nachdenklich stimmt, dass Gold trotz der stetig steigenden Aktienbörsen weiter glänzt.



      Eine Erklärung ist die Hoffnung auf Kapitalumschichtungen: Die Marktkapitalisierung des Sektors Goldminen beträgt 50 bis 60 Milliarden US-Dollar. An den Anleihe- und Aktienmärkten sind zusammen rund 50 Billionen Dollar angelegt. Würden nur 0,1 Prozent dieser Gelder in Gold umgeschichtet, rechnet Fondsmanager John Hathaway vom amerikanischen Tocqueville Gold Funds vor, entspräche dies einer Nachfrage von 5.000 Tonnen Gold – der Produktion von zwei Jahren. „Eine solche Umschichtung kann den Goldpreis in vierstellige Höhen treiben“, spekuliert Hathaway.

      Weitere Unterstützung kommt von den Notenbanken, die mit ihrer Niedrigzinspolitik und dem Ankauf von Staatsanleihen die Geldmengen weltweit aufblasen und anstelle der zaghaft diskutierten Deflation in den kommenden Jahren eine grassierende Inflation ernten könnten – seit jeher der ideale Nährboden für Gold.

      Zusätzlichen Schub wird das gelbe Metall von der Einführung eines neuen Zertifikats (Exchange Traded Funds) an der New Yorker Börse erhalten: Zum ersten Mal können sich Anleger ohne die üblichen Aufpreise und Restriktionen beim An-/Verkauf von Goldbarren direkt an dem Edelmetall beteiligen. Bei dem bereits Ende März in Australien zugelassenen Pendant besitzen die Anleger pro Anteil eine zehntel Unze Gold. Mit dem zufließenden Kapital kaufen die Manager Goldbarren, so dass diese Exchange Traded Funds auch als „Papier-Gold" bezeichnet werden, das ständig zu geringen Gebühren gehandelt werden kann. Sollte der amerikanische „Equity Gold Trust" nach der Börseneinführung (voraussichtlich im Juli) an den Erfolg des australischen Produktes anknüpfen, würde eine neue Nachfrage von mehr als 200 Tonnen Gold pro Jahr entstehen, schätzt der renommierte Gold-Analyst Andy Smith von Mitsui Precious Metals in London. Dies entspricht in etwa der Jahres-Produktion eines Dutzends mittelgroßer Produzenten.

      Meiner Meinung nach steht eine Gold-Rallye in den kommenden Wochen bevor. Die Umschichtung von Kapital in vermeintlich sichere Häfen wie Gold wird weitergehen und durch neue Produkte gefördert. Davon werden vor allem die großen Minengesellschaften und kleinere Explorations-Unternehmen profitieren.


      Dirk Harbecke ist Börsenexperte und Finanzkolumnist.
      instock.de
      Avatar
      schrieb am 24.06.03 00:09:13
      Beitrag Nr. 3.211 ()
      Zinsen und Konjunkturdaten

      von Jochen Steffens

      Während ich in Paris weilte, haben die amerikanischen Indizes endlich mal Umkehrsignale generiert, die sie nicht nur bestätigt haben, sondern sogar erfüllten (Es kam in den letzten Wochen zu vermehrten Fehlsignalen) Wie geht es weiter, werden Sie sich sicherlich fragen. Der Dax hat seinen steilen Aufwärtstrend gebrochen. Doch es fehlt eine klare Topformation. Zudem ist die Bullenquote in Amerika immer noch sehr hoch. Die US-Konjunkturdaten verbessern sich leicht, doch lassen Sie sich nicht verwirren. Sie verbessern sich auf sehr niedrigem Niveau. Die Arbeitslosenzahlen bleiben unverändert hoch. Gerade für Amerika eine bedenkliche Entwicklung.

      Auf jeden Fall steht an den internationalen Indizes eine Konsolidierung an. Wenn ich mir den Dax anschaue, dann ist dort mindestens Platz bis 3000 Punkte. Sollte es jedoch tiefer gehen, also bis zur 2800 (2770) Marke, dann wird es bearisher. Sollte auch diese Marke brechen, dürften die Anleger sehr nervös werden. Im Moment rechne ich mit einer Konsolidierung bis 3000 Punkten, dann mit einem weiteren Anstieg und da wird es sich dann entscheiden.

      Wichtige Konjunkturdaten stehen diese Woche an. Wichtiger wird die Zinssenkung. Denn die Zinssenkung wird zum einen verraten, was die Fed wirklich über die wirtschaftliche Entwicklung in Amerika denkt, zum anderen wird sie vielleicht auch eine Trendwende an den Märkten einleiten. Häufiger kam es wenige Tage vor oder nach einer Zinssenkung zu einer größeren Trendwende, die nicht den Erwartungen entsprach. Letztes Beispiel am 5.12.02: EZB senkte um 50 Basispunkte, am 2.12.02 wurde das bisher letzte Hoch im Dax gebildet mit 3476 Punkten Die aktuelle Stimmung erinnert mich ein wenig an November/Dezember 2002).

      Sollte die Fed nun, nachdem die Konjunkturdaten sich leicht verbessern, trotzdem eine Zinssenkung von 50 Basispunkten anstreben, verdeutlicht das, dass die Fed Angst hat. Angst davor, dass die amerikanischen Wirtschaft sich doch nicht so schnell erholt. Angst davor, dass die Wirtschaft nach der aktuellen Euphorie in eine noch tiefere Depression verfällt.

      Wahrscheinlich ist eine Senkung von 25 Basispunkten. Aber diesen Zinsschritt werden die Börsianer zunächst negativ aufnehmen, sie ist bereites eingepreist. Keine Zinssenkung wäre eigentlich ein Signal dafür, dass es besser aussieht, als ich denke. Ansonsten stimme ich meinem Kollegen Michael Vaupel zu, dem ich auf diesem Wege noch einmal herzlich für seine Vertretung danken will: Was soll diese Zinssenkung nun noch wirklich bringen.

      Paris

      Es waren vier herrliche Tage in Paris. Bei strahlenstem Sonnenschein durch die breiten Straßen der Stadt zu schlendern – in den Straßencafes zwischen all der Hektik ein wenig Ruhe zu finden, die Seele baumeln lassen. Ein erstaunlicher Mix der Kulturen bewohnt Paris. So bunt, derart lebendig, so unterschiedlich, wie es kaum kontrastreicher geht. Doch Paris hat auch Schattenseiten. Fernab der Touristenwege: Düstere Straßenzüge, dreckig, stinkend, verfallen. Viele Obdachlose, die überall in den Hauseingängen und Fensterpassagen in ihrem eigene Saft schmorten.

      Ich war nicht mehr als ein stiller Beobachter, ein Besucher – ein Augenzeuge einer Realität, von der ich wusste, dass sie nie meine sein wird. Zu groß, zu unüberschaubar erschien mir Paris. Zu hektisch. Ich habe in den Gesichter der Menschen Zeichen gesucht, um heraus zu finden, wie man in so einer Stadt jahraus, jahrein leben kann. Ich weiß, ich könnte es nicht. Auffallend war, wie wenige alte Menschen auf den Straßen und in den Metros zu sehen waren. Zurück in Köln fiel mir auf, wie angenehm klein und provinziell mir mein geliebtes Köln erschien, wie ruhig.

      Nach diesen Tagen des nötigen Abstands von der Börse betrachte ich die Entwicklung an den Indizes wieder etwas gelassener. Eigentlich habe ich nur eine alte Trader-Regel befolgt, die da lautet: Wenn du merkst, dass der Markt deiner Intuition entgleist, schließe die Charts und mache ein paar Tage Urlaub in Paris.

      Vielleicht können Sie sich vorstellen wie das ist, jeden morgen um 7 Uhr anzufangen und Charts, Nachrichten, Kommentar zu lesen. Telefonate: Themen-Inhalt Börse. Bis um 22 Uhr nur Börse, Aktien, Charts und Nachrichten. Es kommt dann ein Zeitpunkt, da verliert man die Distanz. Es ist, als ob man jeden Tag ein wenig näher an den Stadtplan "Börse" rutscht. Bis man ihn Schlussendlich mit der Nase berührt und gar nichts mehr sieht: zu dicht – alles ist verschwommen. Ein Schritt zurück nur und alles macht wieder Sinn.

      Meine bearishe Gesamteinschätzung bleibt bestehen. Aber es würde mich auch nicht wundern, wenn es bis zur 3400 geht oder sogar bis zur 3800. Vielleicht sogar noch weiter. Ich weiß nicht, wie lange Euphorie Realität verdrängen kann. Ich weiß auch nicht, wie weit der Wille der Amerikaner tatsächlich auch eine Konjunkturerholung unterstützen wird. Aber ich weiß, dass die Konjunktur bei weitem nicht das wiedergibt, was gerade an den Börsen gehandelt wird.

      Und ich weiß, wann die Anleger nervös werden. Im Dax werden die ersten unter 3000 Punkten nervös und die nächsten unter 2750 Punkten. Die letzen bei unter 2450 Punkten. Das ist alles, das werde ich traden.

      Der Euro zeigt sich schwach. Eine schöne Tradingchance verpasst. Der Euro hatte ein schönes Doppeltop bei 1,19 Dollar gebildet. Leider war ich nicht da, um davon zu profitieren. Jetzt hat der Euro Platz bis ca. 1,12 Dollar, theoretisch. Dort verläuft zurzeit die untere Grenze des Aufwärtstrends seit 2002. Bis dahin ist der übergeordnete Aufwärtstrend noch völlig intakt.
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      General Motors braucht Geld

      von Jochen Steffens

      General Motors (GM) begibt überraschender Weise eine Anleihe im Wert von 10 Mrd. $. Hintergrund dieser Anleihe ist die Schieflage bei den Pensionsfonds. Auch wenn es im Moment aufgrund der niedrigen Zinsen, gute Zeiten für Schuldverschreibungen sind, der interessante Teil dieser Nachricht ist "Schieflage der Pensionsfonds". Immerhin ist es eine der größten Anleihen, die je von einem Unternehmen ausgegeben wurden. Bereits im letzten Jahr fehlten 19,3 Mrd $ in der Pensionskasse von General Motors. Aber wird es nun helfen, Fehlbeträge in den Pensionskassen durch neue Schulden auszugleichen?

      Vielleicht versteht man angesichts solcher Nachrichten um so mehr, dass im Moment der Preiskampf auf dem US-Automarkt mit derart harten Bandagen geführt wird. Es geht offensichtlich ums nackte Überleben. Ich würde GM im Moment keinen Cent leihen, egal welche Renditen sie mir versprechen.

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      Eine Frage der Zeit ...

      von Martin Weiss

      In der vergangenen Handelswoche war es dann so weit. Der Dax schaffte zeitweise den Sprung über die 3300 Punkte. Der S&P500 konnte die Marke von 1000 knacken. Auch Japan, der Nikkei 225, zeigte sich im Wochenverlauf fest. Die 9000-Punkte-Hürde konnte überwunden werden. Wieso ich Japan ganz genau im Auge behalte? Richtig, Sie wissen es. Japan liefert besten Anschauungsunterricht für das, was in Deutschland bzw. den USA bevorstehen könnte. Und letzte Woche erlebte der japanische Rentenmarkt erste Anzeichen von Schwäche. Ob daraus "mehr" wird, bleibt abzuwarten. Jedenfalls, vernachlässigen Sie auf keinen Fall den Blick in den fernen Osten!

      Nichtsdestotrotz, fast alle Investmenthäuser geben momentan "grünes" Licht für die westlichen Aktienmärkte. Bisweilen trauen einige Analysten dem S&P500 nochmals 15–20 % Aufwärtspotential zu. Auf CNBC scheint die Euphorie bisweilen kaum mehr Grenzen zu kennen, zumal einige Super-Bullen bereits wieder von neuen "All-Time-Highs" im Dow Jones Industrial Average Index sprechen.

      Auch für den deutschen Leitindex sind die "Auguren" optimistisch gestimmt. Ein Anstieg auf knapp 4000 Punkte sei durchaus im Bereich des Möglichen. Es ist schon richtig, die Aufwärtsdynamik der letzten Tage und Wochen hat es in sich. Insofern schließe ich nicht aus, dass die Märkte auch vom jetzigen Stand aus betrachtet weiter nach oben katapultiert werden. Rein vom Momentum bzw. der Liquidität getrieben. Aber, ich bin mir in einem mehr denn je sicher: es ist nur eine Frage der Zeit, ehe auch diese zeitweilige Erholungsphase innerhalb der großen Baisse, die noch lange nicht beendet ist, wieder der Vergangenheit angehören wird.

      Wie auch immer, nur noch rund 16 % der Börsenbriefautoren in den USA sind im Bärenlager. Dies ist der niedrigste Wert seit 1987! Nur kurze Zeit vor dem Herbst im selbigen Jahr war die Stimmung im Lager der Börsenautoren noch bullisher. Und, wir alle wissen ja, was sich dann ereignete.

      Gewiss, es ist keinesfalls unmöglich, dass die Märkte auch kurzfristig weiter gen Norden marschieren werden. Aber, ich befürchte und erwarte schon, dass wir einen sehr, sehr stürmischen Spätsommer und Herbst erleben werden.

      Denn zwar mögen einige Frühindikatoren mögliche Besserungstendenzen der Realwirtschaft anzeigen. Jedoch ist die US-Wirtschaft keinesfalls auf gesundem (!!!) Erholungswege! Denn die gigantischen Überkapazitäten sind bspw. immer noch nicht abgebaut. Eine Kapazitätsauslastung von nicht einmal 75 % – übrigens befindet sich diese auf einem 20-Jahres-Tiefstand – spricht einhergehend mit einer stagnierenden Industrieproduktion für sich.

      Zudem sind die Perspektiven auf dem US-Arbeitsmarkt weiterhin eingetrübt. 18 Wochen in Folge liegt die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung bei über 400 000. Und, es zeichnet sich auch keine wirkliche Besserung ab, zumal US-Unternehmen immer mehr dazu übergehen, an den Personalkosten zu sparen und Arbeitsplätze ins Ausland zu verlagern. Vor allem in Länder, in denen die Arbeitskosten signifikant günstiger sind.

      Kein Wunder, dass sich die Verbraucher langsam aber sicher wirklich Sorgen machen, ob sie noch gut bezahlte Arbeit finden bzw. ihren bisherigen job behalten werden. Und insofern wird das Geld ja auch nicht mehr so unbeschwert ausgegeben, was die eher mauen Einzelhandels-umsätze ja klar aufzeigen. Richtig, dies weiß auch die Notenbank. Nicht umsonst wird ja für nächste Woche eine weitere Zinssenkung erwartet. Mich würde es jedenfalls keinesfalls wundern, wenn zusammen mit der Zinssenkung auch die Aktienmärkte wieder auf Talfahrt gehen und die scharfe Erholungsrallye ihr Ende finden würde.

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      Der Untergang des Dollarstandards

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      "Ich liebe Ihre Beiträge, und ich stimme mit viel von dem, was Sie schreiben, überein", so beginnt ein netter Leserbrief. "Es wäre allerdings schön, wenn Sie den Aktienmarkt und den Dollar nicht nur heruntermachen würden, sondern auch eine Lösung bieten könnten. Oder eine nichtwirtschaftliche Lösungsidee bieten könnten, was man machen kann ... oder ist wirklich alles zum Scheitern verurteilt?"

      In der letzten Ausgabe des Investor`s Daily fragte ich mich, wo wir uns befinden. Im 32. Jahr des Dollarstandards. Aber jedes Jahr, das vergeht, bringt uns mehr Dollar und einen niedrigeren Standard. Früher oder später wird es einen Regimewechsel beim monetären System der Welt geben. Wie und wann das passieren wird, ist, allgemein gesprochen, die größte finanzielle Story, die noch ansteht ...

      Wir rasen derzeit auf der Straße in den Untergang des Dollarstandards – mit keinem Platz zum Wenden. Aber welche Qualen wir auf unserer Reise erleiden werden, weiß ich nicht. Ich weiß auch nicht, wann. Vielleicht stehen wir am Anfang des Endes ... oder vielleicht am Ende des Anfangs. Aber es wird ein Ende geben – so wie es einen Anfang gegeben hat, daran habe ich keinen Zweifel.

      Nicht, dass ich mir besonders große Sorgen machen würde. Denn nur weil es mit dem Dollar abwärts geht, muss es nicht mit Ihnen und mir abwärts gehen. Man kann immer noch das tun, was die chinesische Regierung tut – Gold kaufen und das ganze Spektakel mit einem Lied im Herzen und einem Lächeln auf den Lippen beobachten.

      Mehr dazu weiter unten ...
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      Kleinanleger – instinktgesteuert

      von unserem Korrespondenten Eric Fry an der Wall Street

      Zu den neuesten US-Wirtschaftszahlen: Der Index der führenden Wirtschaftsindikatoren (LEI) des Conference Board ist im Mai um 1 % gestiegen.

      Allerdings – bevor man auf die lang erwartete Erholung anstößt, sollten die Investoren bedenken, dass dieser Zuwachs zum großen Teil dem Zuwachs der Aktienkurse und der Besserung der Konsumentenerwartungen zu verdanken ist. Die hoch gewichteten empirischen Komponenten wie Verkaufszahlen und Zahl der Produktionsstunden zeigten deutlich geringere Zuwächse.

      "Auf fundamentaler Basis laufen die Geschäfte in den meisten Industriezweigen weiterhin schlecht", beobachtet Robert Marcin, der für TheStreet.com schreibt. "Die Kapazitätsauslastung bleibt mit 74 % gering und weiter schrumpfend. Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenversicherung bleibt hoch und steigend, da die Unternehmen weiter Kosten sparen. Die Blase der Kapitalinvestitionen und des persönlichen Konsums muss erst noch richtig platzen. Wer braucht heutzutage schon ein neues Auto oder einen neuen Computer? Wie viele Unternehmen brauchen eine neue Fabrik oder neuen Büroraum? Überkapazitäten und der intensive globale Wettbewerb sollten die Gewinnmargen der Unternehmen noch einige Zeit lang unter Druck halten."

      Wir sollten auch nicht vergessen, dass die wöchentliche Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe – eine relevante gesamtwirtschaftliche Größe aus dem hier und jetzt – hartnäckig über der Marke von 400.000 (pro Woche!) bleibt. Das ist keine gesunde Zahl. Kein Wunder, dass der US-Konsument wie ein Boxer in der Runde 15 herumtorkelt.

      "Die gesamten Konsumentenschulden liegen bei 90 % des persönlichen Einkommens – das ist das höchste Niveau seit 50 Jahren", beobachten Avera Global Partners. "Hinzu kommt, dass die Last des Schuldendienstes (Zins- und Tilgungszahlungen als Prozentsatz des persönlichen Einkommens) fast auf Allzeithoch steht, trotz des dramatischen Rückgangs der Zinssätze in den letzten 24 Monaten. Es gibt zwei Risiken, die von einem so hohen Schuldenniveau ausgehen. Eins ist das Risiko von steigenden Zinssätzen. Wenn sich die Wirtschaft erholt und die Zinsen wieder steigen werden, dann wären die Auswirkungen auf das verfügbare Einkommen auf Ebene der Privathaushalte negativ. Das zweite Risiko ist, dass die Konsumenten sich schlicht und einfach übernommen haben – was sich in den Ausgabentrends der Konsumenten widerspiegeln würde."

      Wäre es nicht schlimm, eine Ameise zu sein? Das kam mir gestern in den Sinn, als ich am Bahnsteig in Manhattan auf meinen Zug wartete und auf die Gleise blickte, wo Ameisen umherliefen.

      Diese kleinen Krabbeltiere folgen einfach nur ihren Instinkten, von der Geburt bis zum Tod ... ich konnte mir nicht helfen, aber ich musste sofort an die Kleinanleger denken. Diese Gruppe von Investoren, deren primitive Instinkte sie so oft ins ultimative Elend führen. Instinktiv kaufen sie, wenn alle anderen kaufen, und sie verkaufen, wenn alle anderen verkaufen. Sie sind dem Appetit des Aktienmarktes ausgeliefert. Und manchmal hält der Markt ein Festbankett. An anderen Tagen erlaubt der Markt den Kleinanlegern, ungeschoren davonzukommen.

      Die meisten Investoren können einfach nicht anders; ihr Instinkt, der Masse zu folgen, ist einfach zu groß, um sich dem widersetzen zu können. "Die psychologische Bürde, nicht Teil einer populären Massenbewegung zu sein, ist bedrückend hoch", so James Grant.

      Die Ironie, liebe(r) Leser(in), ist, dass wir alle Ameisen sind – komplett hilflos den Risiken ausgeliefert. Kluge Investoren erkennen jedoch ihre Verletzlichkeit und setzen sich keinen unnötigen Risiken aus – wie ein KGV von 50 für Aktien zu bezahlen, einfach nur aus dem Grund, weil diese Aktie seit Wochen steigt.

      Manchmal kann es besser sein, solche Zeiten mit mageren Festgeldzinsen zu überstehen, um ein langes und finanziell gesundes Leben führen zu können ...
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      Goldminenaktien mit Marktkapitalisierung von nur 60 Mrd. Dollar

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner in Paris

      *** Wie wird die Entwicklung in den USA enden? Wie in Japan? Oder wie in Argentinien?

      Oder wie in Simbabwe?!!!

      "Die USA könnten untergehen", so Seth Glickenhaus in einem Interview im Barron`s Magazin. "Sehen Sie sich Simbabwe an ... da gibt es eine Inflation von 300 % ...

      "Sie können doch nicht ernsthaft meinen, dass wir in den USA wie in Simbabwe enden werden", so der fragende Redakteur des Barron`s Magazins.

      "Ich meine, dass wir wie in Simbabwe enden könnten ... wir befinden uns in einer sehr langen Periode, in der die Wirtschaft nicht sehr stark wachsen wird. Das wird intensiviert durch das abnehmende Kaliber unserer politischen Führer. Bush hat überhaupt kein fiskalisches Verständnis, und er ist in seiner Herangehensweise radikal ... die Demokratische Partei hat keine Führer oder keine Führungsriege, und sie bemerken kaum die wichtigen Themen der Zeit ..."

      Aber was passiert in Simbabwe, wo die Regierung eine Inflationsrate von 96 % anstrebt?

      Unser Korrespondent in Südafrika, Evan Pickworth, schickt mehr Details: " ... am Schwarzmarkt muss man für einen US-Dollar etwa 2.300 Simbabwe-Dollar zahlen – fast das Dreifache des offiziellen Wechselkurses von 800."

      "Das ist nicht allzu überraschend, denn die Analysten erwarten, dass die Inflationsrate in Simbabwe bis zum Jahresende auf 450 % steigen wird. Angesichts einer Inflation bei den Nahrungsmittelpreisen von 334,6 % sind besonders die Armen – die bereits an Hunger leiden – schwer getroffen."

      *** "Der Goldstandard war ein ruhiger Wachhund, der unbegrenzte öffentliche Ausgaben verhinderte", sagte Howard Buffet, der Vater der Investmentlegende Warren Buffett, als er in den 1940ern noch ein US-Kongressabgeordneter war. "Ich kann keine Beweise finden, die die Hoffnung unterstützen würden, dass unsere Papierwährung sich letztlich besser entwickeln wird als vergleichbare Experimente in anderen Ländern. Wegen unser wirtschaftlichen Stärke könnte die Krankheit des Papiergeldes bei uns viele Jahre brauchen, bis sie sich voll entwickelt ... aber wir könnten auch bald schon die kritische Phase erreichen. Wenn dieser Tag eintrifft, dann werden unsere politischen Führer wahrscheinlich finden, dass ein ausländischer Krieg und rücksichtslose Reglementierungen die glänzende Alternative zu einer heimischen Wirtschaftskrise sind."

      Sehr vorausblickend von diesem Mann, oder? Dan Denning fügt hinzu: "Es gab eine Zeit in Amerika, als die politischen Parteien über die Natur des Geldes debattierten. Nicht so viel darüber, wie viel Geld ausgegeben werden sollte. Sondern über das Geld an sich. Angesichts der Aussage der Fed, dass sie die `Druckerpresse` zu fast keinen Kosten anwerfen könne ... wird diese Zeit wiederkommen. Gold wurde immer schon als ein sicherer Hafen in Zeiten extremer Unsicherheit gesehen."

      "Natürlich ist es kein Geheimnis, dass wir erwarten, dass der fallende Dollar mit dazu beitragen wird, das Metall des Midas wieder glänzen zu lassen", so Denning weiter. "Aber das könnte nur der Beginn dieser Story sein, wenn es ums Investieren am Goldmarkt geht ( ...)"

      " ... Der gesamte Goldminensektor hat eine Marktkapitalisierung von weniger als 60 Mrd. Dollar – das sind ungefähr 10 Mrd. Dollar WENIGER als die Marktkapitalisierung der Software-Gesellschaft Oracle. Man könnte sagen, dass Gold unterkapitalisiert ist. Oder vielleicht einfach nicht liquide genug.

      ***

      Ich habe meinen heutigen ersten Artikel mit einem Leserbrief beginnen lassen. Ich werde meinen heutigen Beitrag auch so enden lassen:

      "Ich bin eine Finanzberaterin und lese Ihre Beiträge seit längerem ( ...) heute haben mich besonders ihre Kommentare über ihren Sohn Henry interessiert – was für ein liebenswürdiger Junge er sein muss. Ich selbst bin Mutter von zwei liebenswürdigen Jungs (15 und 12), und auch ich bin mit einigen nicht gerade heiligen Verhaltensweisen und Trends der heutigen Jugend konfrontiert. Denken Sie, dass die französischen Schulen (Ihr Sohn geht ja auf eine französische Schule) und auch die anderen europäischen Schulen von der derzeitigen weltweit verbreiteten `Kultur der Dummheit` unberührt geblieben sind? Mein Kommentar ist dieser ... die Märkte werden immer da sein ... aber unsere Kinder werden nur einmal Kinder sein!

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      DEAD MEN TALKING

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      "Tradition ... ist die Demokratie der Toten."

      - G.K. Chesterton

      Vorgestern hörte ich in den Nachrichten, dass der stellvertretende US-Verteidigungsminister Wolfowitz angekündigt hat, dass die US-Truppen für die nächsten 10 Jahre im Irak bleiben werden. Ich habe auch schon eine Schätzung der Kosten gehört: Pro Jahr wird der Verteidigungshaushalt zusätzliche 3 Mrd. Dollar für den Irak brauchen ... und zusätzlich 1,5 Mrd. Dollar für Afghanistan.

      "Vermeidung ausländischer Verwicklungen", so warnte der Gründer Amerikas, George Washington. Aber Tote haben keine Stimme und können nicht wählen, weder an den Märkten noch in der Politik.

      George W. Bush ist zweifellos besser informiert als George Washington ... und verdammt, wir befinden uns doch schließlich in einer neuen Ära; die Zeit verlangt ausländische Verwicklungen. George W. Bush mag nicht die Weisheit eines Washington haben ... oder dessen Gehirn ... aber er fühlt zumindest den Puls der Zeit.

      Wenige Leute beschweren sich über diese Tyrannei der Lebenden. Die meisten akzeptieren es als ein Faktum des Lebens. Sie würden niemanden von den Freuden des Lebens ausschließen wollen, nur weil dieser geboren wurde. Aber ihnen macht es nichts aus, die Ältesten und Weisesten unserer Bürger systematisch von Wahlen und vom Aktienmarkt auszuschließen – nur weil diese gestorben sind. Die von uns Gegangenen bleiben für immer ruhig, sie hinterlassen ihre Autoschlüssel und ihre Aktien, und ihre Wahlzettel ... das ist alles.

      Oh Fortschritt! Du machst die Dinge immer besser, oder? Werft die alten Bücher weg ... vergesst die alten Regeln ... die Erzählungen der alten Frauen ... die Traditionen ... die Gewohnheiten von Generationen ... den Aberglauben der Ewiggestrigen! Wir sind die cleversten Menschen, die jemals gelebt haben, oder? Vielleicht. Aber heute rufe ich eine Versammlung aus der Geisterwelt; ich lade die Toten ein, zu reden. Mein Ziel ist nicht, über unsere Vorfahren zu jammern ... sondern mein Ziel ist es, die Lebenden zu warnen: Die Toten könnten Recht haben.

      Ich habe mich schon oft auf die Weisheit der Alten in meinen Beiträgen berufen. Diese Alten (ich nenne sie in diesem Beitrag "Oldtimer") wollten mehr von den Aktien, als nur die Hoffnung, dass jemand kommen könnte, der mehr für diese Aktie als den eigenen Einstandskurs zahlen würde. Sie wollten eine Aktie, die eine Dividende zahlte ... aus den Gewinnen. Darum ging es beim Investieren.

      Aber ab den 1990ern war diese Generation der "Oldtimer" an der Wall Street fast ausgestorben. Die Aktienkäufer kümmerten sich nicht mehr darum, wie viel eine Gesellschaft verdiente oder ob sie eine Dividende zahlte. Alles, worüber sie sich Gedanken machten, war, ob ein noch größerer Idiot vorbeikommen würde, um ihnen ihre Papiere zu noch höheren Kursen abzukaufen. Und es gab diese noch größeren Idioten. Und jetzt ist der Markt voll von ihnen ... immer größere Idioten, die glauben, dass der Aktienmarkt dazu da sei, sie reich zu machen.

      Im Lauf von 20 Jahren hat sich der Charakter der amerikanischen Wirtschaft und ihrer Märkte so dramatisch geändert, dass die "Oldtimer" sie kaum wieder erkennen würden. Ich habe am Freitag geschrieben, wie die USA Mitte der 1980er von einer Gläubiger- zu einer Schuldnernation wurden. Aber kaum jemand bemerkte das oder kümmerte sich darum.

      Marc Faber erklärt: "1981 betrug die Kapitalisierung des Aktienmarktes weniger als 40 % des amerikanischen BIPs. Die totalen Kreditmarktschulden lagen bei 130 % des BIP. Heute liegen beide Werte bei über 100 % und 300 % des BIP."

      Ich frage mich, wie das alles enden wird. Nicht gut, so meine Einschätzung. Zu viele Schulden, zu hohe Kapazitäten, zu viele Dollar, zu viele schlechte Investments, zu hohe Ausgaben, zu viele Defizite und zu viel Vertrauen. Was ist die Lösung? "Weniger" ist mein Vorschlag. "Mehr" sagen Greenspan und Bush und jeder andere in einer Position, in der er etwas dagegen tun könnte ...

      Und so nehmen die Dinge ihren Lauf ... hin zur unvermeidlichen Zerstörung. Denn – und da stimmen mir die Toten zu 100 % zu – alle Papierwährungen scheitern früher oder später. Das "ob" ist geklärt, nur das "wann ... und wie" bleibt offen.

      Deshalb richte ich mich an die Vorfahren ... und frage nach Rat.

      "Das Bedürfnis des Staates nach Geld nimmt rapide zu", sagte einer von ihnen, Bresciani-Turroni, als er die Situation in Deutschland vor 80 Jahren beschrieb. "Die privaten Banken, die von ihren Kunden belagert wurden, fanden es unmöglich, den Auszahlungswünschen gerecht zu werden ..."

      Als sich die Situation im Sommer 1923 verschärfte, gab es einige, die uns den Rat gaben: "Weniger".

      Aber die Offiziellen befanden sich in fast der gleichen Situation wie der Fed-Gouverneur Ben Bernanke und Bush heute. "Mehr" sagen sie.

      Der damalige deutsche Finanzminister Helfferich erklärte: "Den Druck von Geld anzuhalten, würde bedeuten ( ...), dem Wirtschaftsleben das notwendige zirkulierende Medium für Transaktionen, Lohnzahlungen etc. zu verweigern, was bedeuten würde, dass innerhalb kürzester Zeit die gesamte Öffentlichkeit, und vor allem das Reich, nicht länger die Kaufleute, Arbeiter, Angestellten bezahlen könnte. In ein paar Wochen wäre ( ...) das gesamte nationale und wirtschaftliche Leben gestoppt."

      Wie Sie sicherlich wissen, gab es in Deutschland 1923 eine Hyperinflation. Sobald diese große Inflation begonnen hatte, gab es keinen Halt, bis sie sich ausgelaufen hatte. 1921 kostete ein Dollar 276 Mark. Im August 1923 kostete er 5 Millionen Mark. Die Ersparnisse der deutschen Mittelschicht waren vernichtet worden.

      Wenn ich nur Herrn Helfferich aus seinem ewigen Schlaf wecken könnte! Ich würde den Staub von ihm schütteln und ihm einige Fragen stellen (und ich denke, dass ich hier keinen Toten loben würde, sondern ihn mit meinen Fragen quälen würde). Was für Spaß würde es machen, ihm zu zeigen, zu was für Folgen seine Politik geführt hat. Dieselbe Politik, die jetzt von Greenspan, Bernanke und Bush verfolgt wird. Wie würde sich Helfferich winden, wenn ich ihn fragen würde, was er sich denn dabei gedacht habe. Warum dachte er, dass das Anwerfen der Druckerpresse den Schaden, der bereits entstanden war, wieder gutmachen würde?

      Bresiani-Turoni schrieb weiter:

      "Die Inflation stimulierte zuerst die Produktion ... aber später ... vernichtete sie die Sparsamkeit. Sie machte die Reform des öffentlichen Haushalts auf Jahre hinaus unmöglich; sie verhinderte eine Lösung der Reparationsfrage; sie zerstörte unkalkulierbare moralische und intellektuelle Werte. Sie provozierte eine ernste Revolution in den sozialen Klassen, da wenige Leute gewaltigen Reichtum anhäuften ... während Millionen Individuen in die Armut fielen. Das deutsche Volk wurde vergiftet, da in allen Klassen der Geist der Spekulation geweckt wurde, und die Leute von ordentlicher und regulärer Arbeit abhielt, und das war ein Grund für ... politische und moralische Störungen. Es ist in der Tat einfach zu verstehen, warum die traurigen Jahre 1919–1923 immer wie ein Albtraum auf den Deutschen lasten werden."

      Also – die Toten haben gesprochen.
      investorverlag.de
      Avatar
      schrieb am 24.06.03 00:13:10
      Beitrag Nr. 3.212 ()
      Fluggesellschaft

      Swiss — Krise, II. Teil


      Es ist noch nicht so lange her, dass die Swissair strandete und in der Regionalfluggesellschaft Crossair aufging. Doch die Nachfolgesellschaft Swiss kämpft erneut mit Problemen.


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      Bei der Schweizer Luftfahrtgesellschaft Swiss droht nach Schweizer Medienberichten die Stilllegung von Dutzenden von Flugzeugen sowie der Abbau von bis zu 3500 Arbeitsplätzen.

      Der Verwaltungsrat der Swiss wollte am Montag in Basel zusammenkommen und am Dienstag den neuen Geschäftsplan bekannt geben. Als Konsequenz hat die SWX Swiss Exchange den Börsenhandel mit dem Titel der SWISS International Air Lines Ltd auf Wunsch der Fluggesellschaft für Montag und Dienstag eingestellt.



      Spekualtionen um Stellenstreichungen
      Nach Spekulationen der Schweizer Medien könnten bis zu 3500 der derzeit 9800 Arbeitsplätze bei Swiss gestrichen werden. Die Tageszeitung Blick spricht von einem brutalen "Kahlschlag". Die gleiche Zahl von Arbeitsplätzen sei außerdem bei flugnahen Betrieben sowie bei Zulieferern gefährdet. Die Swiss wollte die Spekulationen nicht kommentieren.

      Das Blatt berichtet, dass die Langstreckenflotte von 25 auf 18 und die Mittelstreckenflotte von 28 auf 21 Flugzeuge reduziert worden. Die Europa-Flotte könnte von 59 auf 40 Flugzeuge verkleinert werden.

      Nach Angaben der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) und des Zürcher TagesAnzeiger ist noch unklar, ob die dringend notwendigen Kredite in dreistelliger Millionenhöhe für die Swiss durch eine Exportrisikogarantie des Bundes abgesichert werden könnten.

      Seit Tagen deuten die Negativmeldungen der flugnahen Betriebe auf einen Abbau der Swiss-Flotte hin. So gab der Airline-Caterer Gate Gourmet vor Wochenfrist den Abbau von 170 Stellen bekannt, bei der Flughafenbetreiberin Unique sind es 30 Stellen. Auch beim Flugzeugwartungsunternehmen SR Technics sind Sparmaßnahmen angesagte und Entlassungen nicht ausgeschlossen.



      Nachfolger der Swissair
      Erst im Herbst 2001 hatte die Swiss die Nachfolge der gestrandeten Schweizer Traditionsfluglinie Swissair angetreten. Die finanziell angeschlagene Swissair war damals gemeinsam mit der eidgenössischen Crossair in der Swiss aufgegangen.

      Der Nachlassvertrag für die Swissair sei am 16. Juni
      rechtskräftig geworden, nachdem es keinerlei Einsprüche gegeben habe, so dass ein Konkurs nachträglich abgewendet werden konnte. Der Vertrag sei sowohl für die zustimmenden als auch ablehnenden Gläubiger verbindlich, erklärte der zuständige Sachwalter Karl Wüthrich. Es könnten keine Rechtsmittel mehr eingelegt werden.

      (sueddeutsche.de/AP/dpa)
      Avatar
      schrieb am 24.06.03 00:16:14
      Beitrag Nr. 3.213 ()
      Banken

      Ohne Konto läuft wenig

      Wie Geldinstitute sich unliebsamer Kunden entledigen.


      von Norbert Sturm


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      (SZ vom 23.06.2003) — Bei Verbraucherschützern und Schuldnerberatungsstellen häufen sich Klagen über Banken, die unliebsamen Kunden das Girokonto kündigen. Der Vorgang sorgt für Aufsehen, weil solche Maßnahmen einer sozialen Ausgrenzung sehr nahe kommen. Schließlich ist das komplexe Alltagsleben heute ohne Bankkonto kaum mehr zu meistern.

      Löhne werden längst nicht mehr bar ausbezahlt, und Rechnungen oder Mieten werden auch nur noch in den seltensten Fällen mit klingender Münze beglichen. Wer also keine Bankverbindung vorweisen kann, fällt auf. Ihm wird mangelnde Bonität oder gar Zahlungsunfähigkeit unterstellt. Mit solchen Leuten will niemand gerne etwas zu tun haben. So einer hat es sogar schwer, Job und Wohnung zu finden. „Ohne Girokonto läuft nichts“, sagen selbst Sparkassen, die just mit diesem Slogan um Kunden werben.

      Umso kritikwürdiger finden es Verbraucherschützer, wenn Geldinstitute immer häufiger blaue Briefe schreiben. Anlässe dafür gibt es viele.Wem Gläubiger Bankguthaben zu pfänden trachten, der muss mit einer Kontokündigung rechnen.

      Auch wer keine regelmäßigen Einkünfte vorweisen kann oder aus dem Minus nicht mehr herauskommt, dem droht ebenfalls der Rauswurf. Die Betroffenen stecken in einer Zwickmühle. Sind sie mal gekündigt, kommen sie so schnell auch bei anderen Banken nicht wieder unter. Die Auskunftstelle Schufa führt Buch, und vielen Geldinstituten genügen schon Hinweise auf Schulden, um Anträge auf Kontoeröffnung abzulehnen.

      Mit dieser Politik verbauen die Geldinstitute vielen Menschen, die wirtschaftlich in eine Schieflage geraten sind, den Weg zurück in die Normalität, klagen Verbände der Schuldnerberatung und Verbraucher- Organisationen.



      Von wegen Selbstverpflichtung

      Sie werfen den Banken dabei vor, eigene Selbstverpflichtungen zu unterlaufen. Die im Zentralen Kreditausschuss (ZKA) zusammenarbeitenden Bankenverbände hatten 1995 in einer Art Kodex vereinbart, für jeden Bürger auf Wunsch ein Girokonto zumindest auf Guthabenbasis zu führen.

      Mit diesem Versprechen sollte damals eine gesetzliche, schärfere Regelung vermieden werden. Doch mit dieser freiwilligen Selbstverpflichtung scheint es nicht so recht zu klappen. Schuldnerberater quer durch die Republik hören immer häufiger Beschwerden über gekündigte oder versagte Konten. Deshalb streben die Verbraucherschützer jetzt eine gesetzliche Regelung für die Eröffnung eines „Girokontos für Jedermann“ an.

      Die Banken wiegeln ab, sprechen von Einzelfällen und sehen keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf. In der Tat ist fraglich, ob der Gesetzgeber Banken zwingen kann, mit bestimmten Personen zusammenzuarbeiten. Geldinstitute sind freie Wirtschaftsunternehmen, die unabhängig in der Entscheidung sind, mit wem sie Geschäfte machen wollen und mit wem nicht. Staatliche Auflagen würden da auch nicht immer weiterhelfen können.

      Das zeigt das Beispiel der Sparkassen, die wegen ihres öffentlich- rechtlichen Auftrags bereits heute mit bestimmten Zwängen klar kommen müssen. Die Institute unterliegen einem „passiven Kontrahierungszwang“. Er verpflichtet sie, „für natürliche Personen auf Antrag Girokonten zur Entgegennahme von Einlagen zu führen“.

      Allerdings gibt es auch dabei Ausnahmen. Die Verpflichtung gilt beispielsweise nicht, wenn sie unzumutbar ist. Etwa weil Kunden falsche Angaben machen, sich eines Leistungsmissbrauchs schuldig machen oder trotz Mahnung nicht für Guthaben auf dem Konto sorgen. In solchen Fällen dürfen auch Sparkassen Kunden ausschließen.


      sueddeutsche.de
      Avatar
      schrieb am 24.06.03 00:21:43
      Beitrag Nr. 3.214 ()
      Interview
      "Geld macht glücklich und Sex auch"

      22. Juni 2003 Arbeit, Ehe, erwachsene Kinder - der Ökonom Bruno S. Frey weiß, wann die Menschen zufrieden sind: Neben dem Einkommen zählt die Zufriedenheit am Arbeitsplatz zu den wichtigsten Glücksfaktoren. Im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung verrät der Professor, wie Menschen dem Glück näherkommen.

      Herr Professor Frey, macht Geld glücklich?

      Im Prinzip ja.

      Uneingeschränkt?

      Wer weniger Einkommen hat, der ist weniger glücklich. Mit zunehmendem Reichtum steigt das Glück allerdings nicht in gleichem Maß. Es gilt das Gesetz des abnehmenden Grenznutzens.

      Das soll heißen: Die erste Million macht glücklicher als die zehnte. Von welchem Betrag an steigert mehr Geld nicht mehr das Glücksgefühl?

      Das ist unterschiedlich: je nach Land, Person oder Zeitpunkt.

      Und wo leben die glücklichsten Menschen?

      Die Dänen sind am glücklichsten. Auf Platz zwei liegen die Schweizer.

      Und die Deutschen sind weniger glücklich?

      Stimmt.

      Woran liegt das?

      Die Arbeitslosigkeit ist hoch, und das Pro-Kopf-Einkommen hat in den letzten Jahren stagniert.

      Wir dachten immer, der einsame Fischer am Strand des griechischen Peloponnes sei der glücklichste Mensch der Welt.

      Das ist der Mythos der Reichen. Leute in armen Ländern sind keineswegs glücklich.

      Woher will der Ökonom das wissen?

      Da machen wir einen interessanten Trick. Bisher hat man Glück von außen definiert - psychologisch, philosophisch. Wir tun genau das Gegenteil. Wir fragen die Menschen nach ihrem subjektiven Glücksgefühl, ihrem Wohlbefinden auf einer Skala zwischen 1 und 10.

      Warum sind Sie sicher, daß die Leute ihren Glückszustand richtig einschätzen?

      Die Antworten sind sehr zuverlässig. Wie gut sie sind, sieht man auch daran, daß Partner oder Freunde der betreffenden Person diese als ähnlich glücklich einstufen.

      Das Einkommen ist ein wichtiger Glücksfaktor, sagen Sie. Was ist der wichtigste?

      Arbeitszufriedenheit. Arbeitslose sind sehr viel unglücklicher als Leute mit Arbeit. Selbst wenn man deren Einkommen konstant hielte, sind sie unzufriedener. Weil sie aus der Gesellschaft rausfliegen, weniger soziale Kontakte haben, ihr Selbstwertgefühl sehr stark leidet.

      Das heißt: Niemand ist gern arbeitslos. Die These, der Wohlfahrtsstaat reize zur Faulheit, ist Blödsinn?

      Es gibt Leute, die den Sozialstaat ausnutzen. Das sind höchstens 10 bis 20 Prozent. Der ganze Rest möchte arbeiten. Auch für weniger Geld. Würden Regulierungen wie Mindestlöhne wegfallen, wäre das nachzuprüfen.

      Gibt es neben Arbeit und Einkommen weitere ökonomische Größen, die das Glück beeinflussen?

      Der dritte Faktor ist die Inflation. Rasch steigende Preise - da spreche ich von 5 oder 10 Prozent - verunsichern die Menschen. Sie sind unglücklich, da sie wissen: Das böse Ende kommt noch.

      Sie wollen uns aber nicht erzählen, das Glück hänge allein an volkswirtschaftlichen Größen.

      Natürlich nicht. Soziologische Faktoren spielen ebenso eine wichtige Rolle. Das Familienleben ist sehr wichtig. Einen Partner zu haben, besonders in der Ehe, stabilisiert das Glück.

      Kierkegaard sagt: "Besser gut gehängt als schlecht verheiratet."

      Klar, lieber glücklich als Single als unglücklich in der Ehe. Aber im Durchschnitt ist man verheiratet glücklicher. Da muß man auch sehen, wer ist nicht verheiratet. Da sind auch Leute dabei, die außerhalb der Gesellschaft stehen: Trinker, Kriminelle, Geistesgestörte - eine negative Auslese. Was nicht ausschließt, daß freiwillig Unverheiratete ganz glücklich sein können.

      Wie flüchtig das Eheglück ist, zeigen die hohen Scheidungsraten.

      Nach der Hochzeit nimmt das Glück wieder ab. Man gewöhnt sich an die Ehe, an das Zusammensein, das dämpft das Glück.

      Schafft Wiederverheiratung Abhilfe?

      Nein. Untersuchungen belegen, daß die späteren Ehen immer unglücklicher werden.

      Sie raten ab von der Dritt- und Viertehe?

      Es ist nicht so, daß man mit zunehmenden Ehen lernt, den richtigen Partner zu finden. Man kann das Glück nicht steigern, indem man immer wieder neu heiratet.

      Und indem man fremdgeht? Trägt Sex zum Glück bei?

      Es gibt Untersuchungen, die darauf hinweisen. Ein befriedigendes sexuelles Leben nützt sich kaum ab, sondern befriedigt immer wieder von neuem.

      Wie stark heben Kinder das Glücksgefühl?

      Solange die Kinder zu Hause sind, machen sie nicht glücklich. Erst wenn sie weg sind, werden die Eltern glücklicher, wenn die Belastungen und Probleme nicht mehr zu erdulden sind.

      Dem widerspricht der kuhäugige Blick junger Eltern, der besagt: Es gibt kein größeres Glück als Babys.

      Nach außen hin wird das als Elternglück verkauft. Man sieht den Menschen nicht die Probleme an, die die Kinder ihnen bereiten.

      Fassen wir zusammen: Am glücklichsten sind Verheiratete ohne Kinder.

      Ja. Oder mit erwachsenen Kindern.

      Und wen heiratet man am besten aus ökonomischer Sicht? Den Mann, die Frau mit dem höchsten Karrierepotential?

      Am besten jemanden mit ähnlicher Ausbildung. Wir nennen das Homogamie. Bei großen Bildungsunterschieden geht es nicht lange gut in der Ehe.

      Wir dachten, Gegensätze ziehen sich an.

      Am Anfang schon. Aber im Ehealltag bringt das nichts.

      Das Gespräch führten Rainer Hank und Georg Meck.

      Text: Das vollständige Interview finden Sie in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 22.06.2003, Nr. 25 / Seite 29.
      Bildmaterial: F.A.Z. (Wonge Bergmann)
      faznet.de
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      schrieb am 24.06.03 00:27:44
      Beitrag Nr. 3.215 ()
      Devisen
      Euro nur kurzfristig unter Druck


      23. Juni 2003 Am Devisenmarkt richten sich alle Blicke auf das Treffen der amerikanischen Notenbanker am kommenden Mittwoch. Mit der guten Stimmung an den Weltbörsen, dem immer stärker aufkommenden Wirtschaftsoptimismus und abnehmender Angst vor einer deflationären Entwicklung mußten in den vergangenen Tagen nicht nur die Rentenmärkte zum Teil deutliche Kursverluste hinnehmen, sondern auch der Euro. Mit 1,1581 Dollar je Euro liegt die europäische Einheitswährung am Montag deutlich unter dem Allzeithoch von 1,1933 vom 27. Mai.

      Ursache für diese Entwicklung ist auf der einen Seite die deutliche Zinssenkung der europäischen Zentralbank um einen halben Prozentpunkt auf zwei Prozent und die Erwartung, die amerikanische Notenbank Fed könnte am Mittwoch den Leitzins nur um einen Viertelprozentpunkt auf das Rekordtief von einem Prozent senken. Ursprünglich war die Mehrheit der Marktteilnehmer davon ausgegangen, die Fed werde einen weiteren „großen Zinsschritt“ auf gerade noch 0,75 Prozent vornehmen. Diese Erwartung wurde mit Alan Greenspans Sorge vor einer deflationären Entwicklung begründet. Mit den jüngsten Daten über die Preisentwicklung jedoch hat sich diese Erwartung etwas verflüchtigt.

      Schaltet die Fed auf „neutral“, dürfte der Dollar zulegen ...

      Damit hat sich die erwartete Zinsdifferenz zwischen den beiden großen Währungsräumen vermindert und das macht den Euro - zumindest aus dem Blickwinkel der Verzinsung - weniger attraktiv. Gleichzeitig gab es auf Grund der positiv interpretierten Konjunkturdaten wieder Nettokapitalströme nach Amerika. Und das läßt das gigantische Leistungsbilanzdefizit etwas in den Hintergrund rücken. Denn wenn die amerikanischen Finanzmärkte für internationale Anleger wieder deutlich interessanter werden, fällt die Finanzierung dieses Defizits leichter, so die Logik.

      Nachdem Euro-Dollar am Freitag die technische Unterstützung bei 1,1585 Dollar „gerissen“ hat, gibt es zumindest aus technischer Sicht kurzfristig keine größeren Hürden mehr bis auf 1,1385 Dollar je Euro. Greenspan dürfte es entscheiden. Sollte er am Mittwoch nicht mehr ausdrücklich vor deflationären Gefahren warnen und den Leitzins dabei „nur“ um 25 Basispunkte senken, wird der Dollar sehr wahrscheinlich zumindest kurzfristig weiteren Boden gegen den Euro gut machen. Sollte er gleichzeitig die „Zinserwartungen“ auf „neutral“ stellen, also signalisieren, daß die Notenbank die Wirtschaftsentwicklung nicht weiter stimulieren wolle, dann dürfte der Dollar kurzfristig deutlich zulegen.

      ... wenn nicht, gerät er unter Druck

      Anders dürfte es aussehen, wenn Greenspan einen weiteren kräftigen Schluck aus der „Zinspulle“ nimmt, sich besorgt über die schwache Entwicklung der Wirtschaft und die deflationäre Entwicklung zeigt und möglicherweise alternative Maßnahmen andeutet, die Wirtschaft mit zusätzlicher Liquidität zu versorgen. Dann dürfte der Euro wieder deutlich zulegen. Vielfach wird argumentiert, der Fed gehe langsam die Zinsmunition aus. Die Notenbank könnte jedoch zusätzlich dazu übergehen, Wertpapiere zu kaufen. Sofern sie das nicht schon tut.

      Kurzfristig richten sich damit zwar alle Blicke auf die Fed. Möglicherweise tendiert sie dazu, den aktuell vorherrschenden Optimismus der Börsianer zu fördern und zu „liefern“, was der Markt erwartet. Längerfristig wird jedoch alles davon abhängen, wie sich die amerikanische Wirtschaft tatsächlich entwickelt. Und da sind die Risiken der relativ hohen Arbeitslosigkeit, der starken Verschuldung, der industriellen Überkapazitäten und der zunehmenden Konkurrenz im globalen Handel nicht zu übersehen. In diesem Sinne dürfte es Amerika schwer fallen, das Leistungsbilanzdefizit zu finanzieren. Und genau das dürfte den Dollar - abgesehen von kurzfristigen Gegenbewegungen - gegen den Euro weiterhin unter Druck setzen. Für die Analysten der UBS ist es nur eine Frage des Timings, wann der beste Zeitpunkt gekommen ist, den Dollar wieder gegen Euro zu verkaufen.
      faznet.de
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      schrieb am 24.06.03 00:30:16
      Beitrag Nr. 3.216 ()
      Regionalbörsen wollen den Abendhandel erhalten

      Nur Düsseldorf plädiert für kürzere Handelszeiten - Banker sehen möglichen früheren Börsenschluss in Frankfurt positiv

      von Beatrix Wirth

      Frankfurt/Berlin - Die Pläne der Deutschen Börse AG, nach drei Jahren den Abendhandel bis 20 Uhr wieder abzuschaffen, ist in Frankfurter Finanzmarktkreisen auf ein positives Echo gestoßen. "Die meisten Banken und Makler fordern dies schon seit langem, da die niedrigen Umsätze in keinem Verhältnis zu den Personalkosten stehen", heißt es etwa bei der Commerzbank. "Nun ist die Zeit für die Abschaffung reif." Es habe zu Zeiten des Börsenbooms "gute Gründe" gegeben, verlängerte Handelszeiten auszuprobieren, kommentierte ein anderer Insider - gerade im Sinne der Privatanleger. Die sinkenden Orderaufkommen und die damit einhergehende Schwankungsanfälligkeit der Kurse machten den Abendhandel jedoch für sie unattraktiv. "Der Handel wird nicht beschnitten, die Orders sind schlichtweg nicht da", so der Insider.


      In Frankfurt wird spekuliert, dass die Deutsche Börse zumindest beim Kassamarkt zum alten Handelsschluss um 17.30 Uhr zurückkehrt. Auch der Terminmarkt könnte dieser Zeit angeschlossen werden, da die meistgehandelten Papiere an der Eurex Futures auf Indizes sind, die also keiner Kursreferenzen am Kassamarkt bedürfen. Andererseits spricht die geplante Expansion des Terminmarktes in den USA dafür, dass die längeren Handelszeiten erhalten werden, um den dortigen Marktzeiten gerecht zu werden. Die Deutsche Börse selbst hat sich zu solchen Details wie zum Zeitplan der möglichen Umstellung bislang nicht geäußert.


      Doch selbst wenn der Abendhandel in Frankfurt tatsächlich abgeschafft würde, müssten sich Anleger nicht zwingend auf kürzere Handelszeiten einstellen. Denn die sechs deutschen Regionalbörsen stehen - während sie den Feiertagshandel gern auf den Prüfstand stellen wollen - einer Einschränkung an Werktagen mehrheitlich ablehnend gegenüber. Ihr Hauptargument ist die unterschiedliche Kundenstruktur. Während die Marktteilnehmer an der Frankfurter Börse zum Großteil institutionelle Investoren sind, sind an den Regionalbörsen vor allem private Anleger aktiv. Deshalb blieben 70 Prozent des Geschäfts auch in den Abendstunden stabil, heißt es an der Stuttgarter Börse, die auf den Derivatemarkt spezialisiert ist. Auch in München spürt man "keinen Handlungsdruck". Im Gegenteil: Aus Wettbewerbsgründen könne der Abendhandel sogar noch interessanter werden, je weniger Börsen ihn anböten, sagt Christine Bortenlänger vom bayerischen Handelsplatz. Die Börse Berlin-Bremen sieht den Service-Aspekt im Vordergrund. "Natürlich wird der Handel am Abend dünner, doch wollen wir dem Privatanleger möglichst viel Spielraum bieten", so Sprecherin Eva Klose. Die Börse Hamburg-Hannover begrüßt zumindest die Überprüfung der Handelszeiten, will sich einer Verkürzung jedoch nur bei einer einheitlichen Lösung anschließen. Einzig die Börse in Düsseldorf spricht sich für eine Einschränkung der Handelszeiten aus. Bereits Anfang Juni hat der Börsenrat einen entsprechenden Beschluss gefasst - ebenfalls unter dem Vorbehalt eines gemeinsamen Vorgehens.


      Derzeit genießen Anleger in Deutschland mit elf Stunden eine der längsten Handelszeiten in Europa. Die Weltleitbörse in New York hat gerade einmal sechseinhalb Stunden geöffnet.


      Artikel erschienen am 24. Jun 2003
      welt.de
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      schrieb am 24.06.03 13:17:12
      Beitrag Nr. 3.217 ()
      Bankrottes Gesundheitswesen in Chile

      IWF und WHO - ein unheilvolles Gespann


      von Frau Dr. María-Isabel Pérez de Pio, Argentinien
      Das chilenische Gesundheitswesen wurde während der Diktatur Pinochets, der dem Land eine marktorientierte Gesundheitspolitik auferlegt hatte, schwer beschädigt. Die Situation besserte sich aber unter den nachfolgenden Regierungen, die insbesondere für die Spitäler mehr Geld zur Verfügung stellten. Diese Massnahme vermochte die Krankheits- und Sterblichkeitsrate erheblich zu senken. Sogar die Armutsindizes konnten gesenkt werden. Das chilenische Gesundheitssystem entwickelte sich zu einem der besten ganz Lateinamerikas.

      Obwohl der gegenwärtige sozialistische Präsident Lagos in seinem Wahlkampf versprochen hatte, diese Linie der vorangehenden Regierungen fortzusetzen und sogar zu verbessern, sah man bald, dass die Regierung wissentlich ein schweres Defizit der Spitäler provozierte. Sie schloss Spitalbetten und limitierte die medizinische Betreuung, um nachher ihre marktorientierte Gesundheitsreform zu rechtfertigen und durchzusetzen.

      Die Situation in den Spitälern ist chaotisch, das Gesundheitsbudget ist erschöpft; die Regierung wird keine zusätzlichen Gelder zur Verfügung stellen. Es sind kaum genügend Mittel vorhanden, um Schulden in Milliardenhöhe zu bezahlen. Die Regierung stellt die Bevölkerung vor die «Alternative», entweder die medizinische Betreuung im gleichen Umfang wie bisher weiterzuführen und alle Krankheiten zu behandeln, sich damit aber bis ins Unendliche zu verschulden, oder aber die Betreuung zu reduzieren, um die Schulden in den Griff zu bekommen.

      Zur Lösung des Problems schlägt die Regierung einen Plan vor, der sich auf die Behandlung von chronischen Krankheiten konzentriert, um gleichzeitig andere nicht mehr zu berücksichtigen. So wird die Mutter-Kind-Betreuung, welche eine grosse Errungenschaft war, der Vergangenheit angehören. Die Prävention wird gänzlich gestrichen. Und dies ist eine der schädlichsten Auswirkungen dieser Gesundheitspläne, die sich am «neuen Paradigma» der WHO orientieren: Durch das Weglassen der Prävention vieler Krankheiten steigt die Sterblichkeitsrate in den armen Ländern erheblich an.

      Leider scheint es so zu sein, dass sogar die sogenannte «Konzentration auf chronische Krankheiten» eine Lüge war. Nach Berichten chilenischer Landärzte gibt es in vielen der Spitäler dieses Typs keine Diagnostiker, die die genannten chronischen Krankheiten zu erkennen vermögen.

      Diese Gesundheitsreform, die auf einem Prioritätensystem nach dem Kosten-Nutzen-Prinzip beruht, bedeutet die Übernahme des «neuen Orientierungsrahmens der Gesundheitspolitik» (das sogenannte «Neue Gesundheitsparadigma der WHO»). Das Prioritätensystem der chilenischen Gesundheitsreform ist Bestandteil eines globalen Plans, der auf internationaler Ebene von der WHO seit 1992 durchgesetzt wird. Als Rechtfertigung wird der Mangel an Ressourcen vorgegeben, oder man schiebt Budgetdefizite vor, die notabene dieselben Regierungen vorher selber verursacht haben, sei es durch untaugliche Massnahmen oder durch das Nicht-zur-Verfügungstellen zusätzlicher Mittel.

      All dies führt das chilenische Gesundheitssystem ins Chaos. Nach Meinung der von der Regierung unabhängigen Experten der öffentlichen Gesundheit wären die Probleme lösbar, ohne gleich die Behandlung aller Patienten zu streichen. Sie schlagen vor, die bekannten Mängel zu beheben, die Schulden umzugestalten und Steuern auf Alkohol, Tabak zu erheben oder die Mehrwertsteuer zu erhöhen.

      Die Ärzteschaft und der grösste Teil des medizinischen Personals kämpfen gegen diese Missstände an. Dies um so mehr, seit sie über die Zusammenhänge mit den globalen Plänen der Uno respektive der WHO aufgeklärt wurden. Trotzdem wird das neue System angewendet, und sie bewegen sich mit rasantem Tempo auf ähnliche Zustände hin, in denen sich Argentinien nun schon seit Jahren befindet. Der Mangel an Ressourcen ist die Rechtfertigung dafür, dass nur noch «prioritäre» Krankheiten behandelt werden. Aber wie im Fall von Argentinien ist es der IWF, der mit seinen Plänen die Regierungen zu immer stärkeren Kürzungen zwingt, was direkte Auswirkungen auf die Gesundheit und Bildung hat. Die Strategen des IWF selbst provozieren also eine Situation, die sie nachher heranziehen, um diese Pläne zu rechtfertigen und durchzusetzen.

      Artikel 5: Zeit-Fragen Nr.23 vom 23. 6. 2003, letzte Änderung am 23. 6. 2003
      Zum Artikel-Anfang: auf den roten Balken klicken!
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      schrieb am 24.06.03 13:19:20
      Beitrag Nr. 3.218 ()
      Warnung vor der Privatisierung von Wasser!

      Der Unterzeichner hat das deutsche Lehrbuch für Privatisierung geschrieben («Privatisierung als Rationalisierungschance», 1981, und «Privatisierungspraxis», 1991) und die Überlegenheit privater Wirtschaftsform mit Hilfe der Privatisierungsformel in Tausenden Berechnungen nachgewiesen. Prinzipiell ist Privatisierung eine Entstaatlichung. Werden Leistungen und Aufgaben im wirtschaftlichen Wettbewerb durchgeführt, sind sie für den Bürger billiger, marktgerechter und leistungsfähiger.

      Privatisierung und Privatmonopol
      Dies gilt aber generell nur, wenn öffentliche Leistungen oder öffentliche Institutionen in marktwirtschaftliche Strukturen mit funktionierendem Wettbewerb überführt werden. Dies ist generell eigentlich nur noch in den mittelständischen Branchen der Fall. Hingegen überall, wo Konzerne Marktmacht ausüben können, würde eine Privatisierung vom Staatsmonopol zum Privatmonopol führen. Letzteres ist allemal gefährlicher als ersteres.

      Dies gilt insbesondere dort, wo die internationale Plutokratie der amerikanischen Ostküste Weltrohstoffe monopolisiert hat (Gold, Diamanten, Kupfer, Zink, Öl, Atomenergie u.a.) oder wo die amerikanische Hochfinanz beschlossen hat, «in den nächsten 20 Jahren auch das Wasser dieser Welt zu monopolisieren» (vgl. Brzezinski).

      Rohstoffmonopole: Mittel der Weltherrschaft
      Eine an sich richtige Privatisierung wäre also überall dort gefährlich, wo staatliches Monopol zu privatem Monopol würde. Am allergefährlichsten ist eine Privatisierung, wo ein Weltmonopol droht.

      Schon jetzt kann die amerikanische Plutokratie durch einfache Anhebung der Rohstoffpreise, wie zum Beispiel des Öls, die ganze Welt zu Sonderabgaben für sich heranziehen. Wir haben also eine völlig neue Form von Weltherrschaft und Weltbesteuerung: Die Herrschaft ist nicht mehr regional, sondern sachbezogen, wirtschaftlich. Die wirtschaftliche Weltherrschaft ist in der Lage, durch Manipulation der Rohstoffpreise jeweils solche Gewinne für das Monopol herauszuholen, welche die Hochfinanz aus irgendwelchen übergeordneten Gründen gerade braucht.

      Am allerschlimmsten ist ein privates Monopol über einen Rohstoff wie Wasser, welcher schon jetzt in der Welt knapp, aber für alle Menschen existenznotwendig, unverzichtbar ist. Ohne Wasser können die Menschen nicht leben. Wer das Wasser in der Hand hält und Verteilung sowie den Preis des Wassers bestimmen kann, übt eine lebensbedrohende Marktmacht über die Existenzen der Menschen und Völker aus, ist eine tödliche Gefahr für die Existenz der Menschheit.

      Privatisierung kommunaler Wasserversorgung ...
      Die amerikanische Plutokratie hat ihr Spiel fein eingefädelt: Den Kommunalpolitikern und Wirtschaftspolitikern wird der an sich theoretisch richtige Vorteil von Privatisierungen vorgemacht, dass dies zu einer wirtschaftlicheren Nutzung führe. Dass aber die Überführung aus öffentlicher Hand in private Kapitalgesellschaften nur ein Zwischenschritt sein soll, um die Kapitalgesellschaften erst zu fusionieren und dann mit faulen Dollars zu übernehmen, um das gewünschte Wassermonopol in der Weit zustande zu bringen, ist den privatisierenden Politikern meist überhaupt nicht klar. Sie werden ihre Wasservorräte der kommunalen Körperschaften später zu Luxuspreisen vom Monopol wieder abkaufen müssen.

      ... der Zwischenschritt zur absoluten Herrschaft
      Und wem die amerikanische Plutokratie nicht passt oder wer ihr nicht gehorcht, bekommt kein Wasser mehr - was insbesondere in den wasserabhängigen Gebieten des Vorderen Orients, Afrikas oder Südamerikas praktisch eine Todesdrohung ist.

      Wer also heute Wasser privatisiert, sorgt dafür, dass dieses Wasser in die Hand der amerikanischen Plutokratie zum Machtmittel der Hochfinanz über die Völker wird. Privatisierung von Wasser ist unverantwortlich, weil die Menschen dieses Wasser unverzichtbar brauchen. Dass Zeit-Fragen sich tatkräftig gegen die Privatisierung der Tiroler Wasserkraftwerke AG (TIWAG) wenden, ist nicht nur hoch anzuerkennen, sondern ist Existenzsicherung. Die Menschen müssen einfach begreifen, dass die Privatisierer, die dahinterstehende EU und die dahinterstehende amerikanische Hochfinanz mit der Privatisierung der Wasserwerke nicht unseren Vorteil wollen, sondern eine neue Art absoluter Herrschaft über uns.

      Wehren wir den Anfängen, solange wir noch können!

      Prof. Dr. rer. pol. Eberhard Hamer, Hannover



      Artikel 4: Zeit-Fragen Nr.23 vom 23. 6. 2003, letzte Änderung am 23. 6. 2003
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      schrieb am 24.06.03 13:26:02
      Beitrag Nr. 3.219 ()
      Wann sind wir in Europa dran, Herr Wolfowitz?


      Oder sind wir vielleicht schon Schauplatz und Aktionsraum im «Krieg gegen den Terrorismus»?


      von Hartmut Heintz, Langenlonsheim
      Was mich zu dieser Spekulation veranlasst?
      Wolfowitz hat inzwischen unumwunden zugegeben, dass das derzeitige US-Regime die Öffentlichkeit im eigenen Land, die Nato, ja schlechthin die Weltgemeinschaft belogen hat bezüglich der tatsächlichen Gründe für den Überfall auf den Irak! Die uns genannten Gründe waren keine! Der mächtige Feind war ausgemergelt und krank infolge einer über zehn Jahre währenden Auszehrung durch das Embargo und durch die zum Teil radioaktiven Hinterlassenschaften des ersten Golf-Kriegs. Massenvernichtungswaffen gab es keine, es sei denn solche, die die USA zu Zeiten des Krieges Irak gegen den Iran geliefert hatten.

      Ja, und warum wir? - Weil wir doch potentielle Terroristen sind: «Wer nicht für die Entscheidungen der aktuellen US-amerikanischen Regierung ist, ist gegen sie!» Wir haben nicht mitgemacht beim Krieg gegen den Irak, zumindest nicht direkt.

      Wir machen auch bei anderen Dingen nicht mit, wie zum Beispiel bei einigen WTO-Erpressungsfeldzügen der USA gegen Europa. Wir - zumindest über 50% der europäischen Bevölkerung - wollen auch die ganzen Gen-Wohltaten der US-Agrarindu-strie nicht! Wir brauchen keinen Gen-Mais und keinen Gen-Weizen!

      Aber mit Hilfe des Abkommens für weltweit freien Handel sollen wir das Zeug schon fressen, notfalls mit dem nötigen US-Druck und der sehr bewegenden Schmierung des europäischen Regierungsräderwerks mit dem allzeit bewährten Dollar-Schmierstoff, «chirurgisch genau» an den entscheidenden Stellen …

      Wie frei der weltweite Handel wirklich ist, erleben u. a. die europäische Landwirtschaft und die angegliederten Nahrungsmittelverarbeiter, die Export auch in die USA betreiben: Dort bauen die Amerikaner derzeit einen administrativen Schutzwall um die USA auf, um vor «bioterroristischen Aktivitäten» in Lebensmitteln besser geschützt zu sein! Exporte in die USA werden erheblich erschwert, wenn nicht sogar verunmöglicht! So kann man ein nicht tarifäres Handelshemmnis auch umschreiben, vor allem, wenn man selbst der Hauptverursacher von bioterrorismusfähigem Material ist!

      Somit, Mr. Wolfowitz, bin ich in der Kausalität der aktuellen US-amerikanischen Regierungsargumentation ein potentieller Terrorist, der nicht für diese US-Regierung noch für das dahinterstehende Dollar-Öl-Chemie- und Industrie-Establishment ist! Ausserdem nutze ich jede mir gegebene Gelegenheit, diese meine Meinung und diese meine Einsichten an meine Mitmenschen weiterzugeben. Ich tue dies besonders gerne auch mit fester Überzeugung und in tiefster Übereinstimmung mit vielen bäuerlichen Landwirtfamilien in den USA, die diese neue Art der Leibeigenschaft infolge der allumfassenden Industrialisierung durch Konzern-agrikultur bereits kennengelernt haben und durch diese bereits um Haus und Hof, aber noch schwerwiegender um Familie und Heimat, um die Erde, die sie liebten und die sie pflegten, gebracht wurden. Ich tue dies auch in vorzüglicher Hochachtung vor den vielen Millionen Menschen in den USA, die ihr Land lieben und die sogar bereit sind, für ihr Land zu sterben - Ihre Hunderttausende Soldaten -, die nun langsam, aber leider erst viel zu spät merken, dass sie wieder einmal missbraucht wurden für einen schmutzigen Krieg, aus dem sie traumatisiert und auf Grund der benutzten Waffen sogar lebenslänglich krankmachend infiziert nach Hause kamen.

      Erschreckend, wenn wir hören müssen, dass Journalisten in dem Land der Freiheit eingeschüchtert werden, ihre Meinung frei zu äussern, dass Bücher aus den Regalen der Geschäfte verschwinden, gekauft von CIA- und sonstigen Agenten, und den Inhabern oder Einkäufern sehr nachdrücklich nahegelegt wird, den Titel im Regal vakant zu lassen, dem Kunden aber nur einen vorübergehenden Lieferengpass anzugeben. Die Gründungsväter ihres wunderbaren Landes mit seiner unendlichen Weite und Schönheit werden sich im Grabe aufbäumen und vor persönlichem Schmerz schreien!

      Wo ist übrigens Saddam Hussein? Eigentlich dürfte es doch für die hochtechnisierten und allwissenden Amerikaner kein Prob-lem mehr sein, einen alten Mann in diesem besetzten und Quadratmeter für Quadratmeter durch Satelliten genau überwachten Land zu lokalisieren. Ähnliches frage ich mich auch in bezug auf bin Ladin. Da sind die beiden Länder fest in amerikanischer Hand, aber die «Hauptgegner» sind unauffindbar?

      Noch aberwitziger mutet es mich an, wenn ich in den Medien hören muss, dass die grösste Sorge der europäischen Staatsoberhäupter, die sich kürzlich in St. Petersburg zum Gipfel trafen, der Drogenexport aus Afghanistan über Russland nach Europa ist! Erinnern wir uns: Afghanistan ist nicht in der Lage, seine Menschen zu ernähren, seine einst blühende Landwirtschaft ist durch die jahrzehntelangen Kriege und zuletzt gründlichst durch die US-amerikanische Invasion bis ins Mark zerstört worden. Die Amerikaner haben die totale Lufthoheit über dieses Land und beobachten den letzten Schafhirten, ob er denn seinen Hirtenstab nicht zufällig gegen sie richte. Und dieser totalen Kontrolle entgeht es, dass angesichts der gigantischen exportierten Menge an fertigen Drogen ganze Landstriche, ja wahrscheinlich quadratkilometerweise Opium- und Heroin-Grundstoffe angebaut, industriell verarbeitet und eben exportiert werden!? Mit Verlaub, das geht nur, wenn der Kontrolleur nicht nur die Augen, sondern auch noch die Hühneraugen zudrückt!

      Auch dies lässt mich fragen, ob dieser sogenannte «Kampf gegen den Terrorismus» nicht bereits bei uns in Europa subtil eröffnet ist: Um mit Hollywood-Medienfesselungen aller Art unsere Werte zu untergraben, unsere Familien zu zerstören. Um mit Drogen unsere Zukunft, nämlich unsere Kinder, zu schädigen, und um uns individuellen, sicher oft egoistischen, schwerfälligen und eigenbrötlerischen Nationen in Europa durch den Anschluss an die von ganz wenigen Konzernen kontrollierte Nahrungsmittelproduktion und die daran anschliessende pharmazeutische Medikation letztlich bis in unseren physischen Leib zu schwächen, gefügig zu machen?

      Ich würde mich sehr freuen, wenn diese Zeilen, die ich als ein Herzensbedürfnis schreibe, sich nur als Ausgeburt eines wilden Traumes erwiesen. Gerne möchte ich die Bilder des aktuellen amerikanischen Präsidenten im liebevollen Umgang mit Kindern und die Inhalte seiner Reden zum Wert der Familie, zum Recht auf Freiheit des Einzelnen, zum Lebensrecht und zur Selbstverwirklichung einzelner Volksgemeinschaften usw. als sein wahres und tiefes, christlich motiviertes Anliegen in die Tat umgesetzt erleben - was die Welt aktuell jedoch spiegelt, macht mir diesen Glauben an ein Aufwachen im friedvollen Sonnenschein sehr schwer.



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      Erschreckend, wenn wir hören müssen, dass Journalisten in dem Land der Freiheit eingeschüchtert werden, ihre Meinung frei zu äussern, dass Bücher aus den Regalen der Geschäfte verschwinden, gekauft von CIA- und sonstigen Agenten, und den Inhabern oder Einkäufern sehr nachdrücklich nahegelegt wird, den Titel im Regal vakant zu lassen, dem Kunden aber nur einen vorübergehenden Lieferengpass anzugeben.



      Artikel 2: Zeit-Fragen Nr.23 vom 23. 6. 2003, letzte Änderung am 23. 6. 2003
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      Avatar
      schrieb am 24.06.03 14:40:29
      Beitrag Nr. 3.220 ()
      Avatar
      schrieb am 24.06.03 15:41:40
      Beitrag Nr. 3.221 ()
      "The American Way of Life" achtet den Konsumenten gering

      Herbert Hasenbein 23.06.2003
      "Augen zu und durch", das ist die mehrheitliche Devise der Politiker in den Vereinigten Staaten, die den weltweit trägen Verkauf von genveränderten Lebensmitteln in Gang bringen wollen

      Georges W. Bush, der amerikanische Präsident, will die Welt davon überzeugen, dass genetisch modifizierte (GM) Nahrungsmittel zum Wohl aller Menschen sind. "Die EU verweigert den europäischen Konsumenten die wahre Entscheidung", wiederholte Robert Zoellick vom US Außenhandelsministerium den Vorwurf der Regierung, Old Europe baue absichtlich Handelsbeschränkungen auf. Ein letztmaliger Versuch, die Europäer umzustimmen, scheiterte zu Fronleichnam in Genf. Genveränderte Lebensmittel, so betonen die Offiziellen aus Washington, seien unschädlich, wüchsen schneller als traditionelle Pflanzen und sei gegen viele Insekten resistent. "40 Prozent des Getreides in den Vereinigten Staaten sind bereits genetisch", prahlte Robert Zoellick.











      Die Argumentation übersieht, dass im eigenen Land reichliche Kritik an der überstürzten Entwicklung besteht. The Pew Charitable Trust verwies kürzlich auf mehr als 150 Initiativen, die in den letzten zwei Jahren in Washington und in den Parlamenten der Bundesstaaten eingebracht wurden. Die Reaktionen folgen einem einheitlichem Schema: überall setzen sich Politiker durch, die bereits ohne solide wissenschaftliche Untersuchungen und ohne den Verlauf weiter kontrollieren zu wollen, die Erkenntnis ihres Präsidenten nachplappern: Genveränderte Lebensmittel waren, sind und bleiben unschädlich.




      Anzahl der eingebrachten Initiativen in den US Bundesstaaten (Credit Pew Charitable Trust)







      Augen zu


      In der Gesetzgebung abgeschmettert oder "dead" sind viele elementare Forderungen, die sehr an die unbequemen Initiativen a la Europe erinnern:

      Nein, der "Genetically Engineered Food Right to Know Act" wird nicht eingeführt. Folglich müssen genveränderte Lebensmittel nicht gekennzeichnet werden, und es gibt auch keine behördliche Kontrolle.

      Nein, der "Federal Food, Drug, and Cosmetic Act" wird nicht erweitert. Somit darf die FDA als zuständige Gesundheitsbehörde kein genetisch produziertes Produkt prüfen und womöglich die Verbreitung untersagen.


      Nein, es kommt zu keinem "Genetically Engineered Crop and Animal Farmer Protection Act". Folglich müssen die Biotech-Firmen die Bauern und sonstigen Käufer nicht über die Risiken und potentiell schädlichen Einflüsse auf die Umgebung schriftlich aufklären.

      Nein, der "Genetically Engineered Organism Liability Act" kommt nicht zustande. Danach wären die Biotech-Firmen für Umweltschäden, die durch ihre Produkte entstehen, haftbar zu machen.

      Nein, es besteht kein Schutz der Landwirtschaft gemäß der "grandfather clause". Somit können althergebrachte Produkte von den Biotech-Firmen unterminiert werden. Schlimmstenfalls muss ein "organischer" Bauer zu seinen Lasten und zu seinen Kosten beweisen, dass er kein genverändertes Getreide anpflanzt. Natürliche Pflanzen werden zunehmend aussterben wie das Beispiel Mexiko zeigt, dort nämlich, wo die Aussaat aus den USA hinüber geweht wird.


      Selbst das Argument, Genveränderte Lebensmittel seien eine Waffe gegen den Hunger in der Welt, entpuppt sich als Zeitbombe: Der "Real Solutions to World Hunger Act" sollte Produzenten unter Strafe stellen, falls sie genveränderte Lebensmittel exportieren, die in den Vereinigten Staaten nicht zugelassen ist. Auch diese Regelung wurde abgeschmettert. Nun ist es Sache des europäischen Importeurs, die Qualität zu prüfen.




      Die meisten Initiativen zum Schutz des Konsumenten wurden abgeschmettert. (Credit Pew Charitable Trust)







      Wir wissen heute nicht, was morgen ist


      Vor diesem Hintergrund lohnt ein Blick in den kürzlich erschienen Report von der "Doyle Foundation for the International Council for Science" (ICSU ): New Genetics, Food and Agriculture: Scientific Discoveries - Societal Dilemmas

      Danach sind genveränderte Lebensmittel nach Übereinstimmung vieler Wissenschaftler ungefährlich und bisher ohne erkennbare schädliche Nebenwirkungen. Der Bericht gründet sich vornehmlich auf Informationen, die von US-Herstellern erarbeitet oder in Auftrag gegeben wurden. Wissenschaftlich ungeklärt, das gesteht der Report zu, ist die Frage: welche Auswirkungen erfährt die ungehinderte Verbreitung von genmodifizierten Produkten durch Umwelteinflüsse oder durch genetische Faktoren. Auch über das Morgen besteht Einigkeit: Die Langzeitwirkungen sind unbekannt.


      Das politische Argument


      Der Protektionismus der EU gefährdet die Wiederwahl von Georges W. Bush, hat er seinen Landwirten doch versprochen, alles zu tun, um ihren Gewinn zu fördern. Der europäische Markt wird nach Berechnungen der American Farm Bureau Federation auf 300 Milliarden US-Dollar jährlich geschätzt. Kein geringer Betrag also, mit dem die Landwirtschaft der Vereinigten Staaten angekurbelt werden soll.

      Was wurde in Genf von europäischer Seite gefordert? Mehr Informationen über die langfristigen Auswirkungen von genveränderten Nahrungsmitteln. Falls die Behörden der USA keine Daten vorlegen können, müssen die Kriterien in der EU erarbeitet werden. Noch im Sommer will das Europäische Parlament darüber entscheiden, wie genveränderte Lebensmittel deklariert werden. Und schließlich lässt die EU nicht vom Cartagena Protocol on Biosafety ab, dem die Vereinigten Staaten bisher nicht beitraten.

      Nach der vergeblichen Konsultation in Genf wird das Gerichtsverfahren vor der "World Trade Organization" unausweichlich. Das Häuflein der Willigen, die gegen die EU und ihre Politik vor Gericht ziehen wollen, hat inzwischen merklich abgenommen. Ägypten ist als Kläger offiziell abgesprungen, eine Handvoll anderer Staaten hält sich zurück, weil sie um ihre Exportchancen nach Europa fürchten. Und so wird Argentinien im Krieg um genveränderte Lebensmittel, was Großbritannien im Irakkrieg war.

      Um den Kreis der Anhänger zu erweitern, pumpt die "United States Agency for International Development" ( USAID) knapp 15 Millionen Dollar nach Bangladesch, Indien, Indonesien, die Philippinen, sowie nach Afrika. "Das "Program for Biosafety Systems" soll regionale Kooperationen in Gang bringen und die Regierungen darin unterstützen, wissenschaftlich begründete Politik mit genverändertem Getreide zu installieren", heißt es in der Verlautbarung.


      Die Diskussion für oder gegen GM Nahrungsmittel wird seit Anbeginn sehr emotional geführt. Die Aktionen und Reaktionen der Vereinigten Staaten sind nicht dazu angetan, das Vertrauen in genveränderte Lebensmittel zu fördern. Warum handeln die Politiker in puncto Nahrungsmittel ganz anders als dort, wo sie Häuser und Brücken gefährdet sehen und dafür Kriege in die Welt tragen?



      heise.de
      Avatar
      schrieb am 24.06.03 16:58:45
      Beitrag Nr. 3.222 ()
      24.06.2003 - 16:28 Uhr
      Ford-Werke AG weist für 2002 Verlust von 340 Mio EUR aus (drei)
      Einen Ausblick auf Ergebnis und Umsatz für das laufende Jahr gab das Unternehmen nicht. Wegen des schwierigen Umfeldes würden keine Angaben dazu gemacht, sagte ein Sprecher. Man wolle aber pro Jahr Kosten von 400 Mio USD sparen, die Marke stärken und die Produktoffensive fortsetzen. Für 2001 hatte Ford einen Umsatz von 16,313 Mrd EUR und einen Verlust von 80,4 Mio EUR angegeben. +++ Kirsten Bienk
      vwd/24.6.2003/kib/bb
      Avatar
      schrieb am 24.06.03 23:32:33
      Beitrag Nr. 3.223 ()
      24.06.2003

      Ausland
      Reinhard Helmers, Lund

      Sozialisierung der Pleite

      »Schwedisches Sozialmodell«: Wie das erarbeitete Volksvermögen enteignet wird


      Bundesfinanzminister Hans Eichel wird nicht müde, die Sanierung der schwedischen Staatsfinanzen durch die Regierung in Stockholm als Vorbild hinzustellen. Dabei ignoriert er offensichtlich, daß Schweden heute weder Modell für einen Sozialstaat noch für die Sanierung der Staatsfinanzen ist.

      Der Sozialabbau im »Schwedischen Modell« begann bereits in den siebziger Jahren, als zunächst die Bürgerrechte eingeschränkt wurden. In Schweden gibt es nur eine allumfassende Krankenkasse. Die Beiträge – etwa 8,5 Prozent des Bruttolohnes – werden mit der Lohnsteuer abgeführt und auf der Lohnsteuerkarte vermerkt. Die Kostenbeteiligung der Patienten für den Arztbesuch und die Medikamente waren früher unbedeutend; heute muß der Patient für jeden einzelnen Arztbesuch rund 20 Euro bezahlen. Zahnbehandlungen werden schon seit Jahren nicht mehr von der Krankenversichung gedeckt.

      In den achtziger Jahren platzten riesige Grundstücksspekulationen. Einigen großen Banken drohte der Konkurs. Da sprang die Regierung ein und rettete die privaten Geldinstitute mit mehreren Milliarden Kronen auf Kosten des Staatshaushaltes und damit des arbeitenden Volkes. Diese »Vergesellschaftung der Pleite« und eine umfangreiche Währungsspekulation hatten drastische Abwertungen der Krone zur Folge; zeitweilig erhöhte die Reichsbank den Diskontsatz auf 500 Prozent. Auch führte diese Finanzpolitik zu einer riesigen Staatsverschuldung, die im Juni 2000 bei 1315 Milliarden Kronen (rund 150 Milliarden Euro) lag. Im Vergleich zur Bevölkerung Deutschlands entspräche dies einer dreimal so hohen Pro-Kopf-Staatsverschuldung wie in der Bundesrepublik. Seit den neunziger Jahren versucht die Regierung, die Staatsverschuldung durch Ausverkauf des Volksvermögens an allerlei private Spekulanten zu verringern. Öffentliche Gebäude wie Schulen, Universitäten, Krankenhäuser, Gefängnisse, Polizeiwachen und weitere wurden Aktiengesellschaften übereignet; die öffentliche Hand muß hohe, »marktgerechte« Mieten zahlen. Zudem soll eine Renten»reform« helfen, die Finanzen zu sanieren. 1957 war in Schweden gegen die Stimmen der bürgerlichen Parteien eine ähnliche Angestellten- und Arbeiterrentenversicherung wie in Deutschland eingeführt worden. Die Beiträge der Berufstätigen wurden von der staatlichen Behörde in Wertpapieren angelegt. Aus dieser Versicherung wurden auch die Pensionen für Witwen bis zu deren 65. Lebensjahr gezahlt.

      Im Jahre 1996 hob jedoch die sozialdemokratische Regierung mit Hilfe einer der bürgerlichen Parteien die Rentengarantie auf und entzog damit rund 52000 Witwen ihre Zuwendungen, für die ihre Ehepartner Beiträge gezahlt hatten. Selbst in Fällen, in denen bereits der rechtsgültige Bewilligungsbescheid gegeben worden war, wurde die Rente rückwirkend gestrichen. Gegenwärtig schwebt eine Klage gegen diese »Enteignung« vor dem Menschenrechtsgerichtshof in Strasbourg.

      Damit nicht genug: Im Frühjahr 2000 wurden Pläne für einen radikalen Rentenabbau bekannt, die höchst diskret von der Regierung und ausgewählten Reichstagsabgeordneten unter Ausschluß der Öffentlichkeit ausgearbeitet worden waren. Diese »Reform« bringt eine ganze Reihe von Verschlechterungen für sozial Schwache und für Frauen mit sich. So sollen eine längere Berufsausbildung oder Studium, eine längere Zeit ohne regelmäßige Entlohnung (z.B. bei Künstlern und Wissenschaftlern, Pflegezeiten für kranke Angehörige und die Zeit der Kindererziehung zu einer gesenkten Rente führen. Waren bisher die 15 besten von 30 Einkommensjahren für die Höhe der Rente ausschlaggebend, sollen im neuen System alle Berufsjahre zwischen 16 bis 70 Jahren berechnet werden. Dies setzt aber die volle Berufstätigkeit zwischen dem 20. und 67. Lebensjahr voraus.

      Noch dramatischer ist folgendes: Noch 1991 waren sowohl das »Reichsversicherungsamt« als auch die damalige sozialdemokratische Opposition der Meinung, daß eine notwendige »Rentenreform« das bisherige ATP-System – die Zahlung verdienstbezogener Zusatzrenten – nicht antasten solle. Heute hat die politische Klasse beschlossen, nicht nur das ATP abzuschaffen, sondern auch den Allgemeinen Pensionsfonds aufzulösen, in dem die Schweden ihre künftigen Renten angespart haben. Zugunsten der maroden Staatskasse werden damit nun etwa 26 Milliarden Euro faktisch enteignet. Um einen Teil der verminderten Altersrente auszugleichen, sollen die Werktätigen, ähnlich wie in Deutschland, mit privaten Fondsverwaltern Aktiensparverträge schließen. Die 4,5 Millionen schwedischen Werktätigen werden so von der Regierung gezwungen, Börsenspekulanten zu werden.

      http://www.jungewelt.de/2003/06-24/010.php
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      schrieb am 24.06.03 23:48:43
      Beitrag Nr. 3.224 ()
      Bevölkerungsschwund droht Märkte zu belasten
      Langfristig geringeres Potenzial in Europa - Investoren sollten in wachstumsstarke Regionen diversifizieren

      von Daniel Eckert

      Berlin - Die Deutschen sterben aus, langsam aber sicher. Wenn sich das Verhältnis zwischen Geburten und Sterbefällen nicht verändert, werden sich die Spuren dieses Volks gegen Ende des nächsten Jahrhunderts im Niemandsland der Geschichte verlieren. Bei vielen anderen europäischen Nationen wie Italien oder Spanien sieht es ähnlich aus. Da sich immer weniger Paare für Kinder entscheiden, droht auch dort ein dramatischer Bevölkerungsrückgang.


      Bereits viel eher als im Jahr 2200 dürften sich die Auswirkungen einer alternden und schrumpfenden Gesellschaft allerdings am Kapitalmarkt bemerkbar machen. "Aufgrund der demografischen Entwicklung kann das Wirtschaftswachstum in Europa langfristig um bis zu 1,5 Prozent jährlich gedrückt werden", warnt Citigroup-Stratege Darren Williams. Ohne ökonomisches Wachstum fällt es Unternehmen aber schwer, ihre Umsätze und Gewinne zu erhöhen. Das sind schlechte Nachrichten für Anleger, die auf steigende Dividenden und Aktienkurse hoffen. Aber auch Anleihebesitzer könnten eine böse Überraschung erleben. "Falls die Staaten ihre Verschuldung erhöhen müssen, um die Sozialsysteme zu retten, könnte dies mit hochschnellenden Renditen einhergehen", erklärt Karin Gruber, Demografie-Expertin der Deutschen Bank. Hochschnellende Renditen indes bringen einen Verfall der Bondnotierungen mit sich.


      Hauptursache für die erwarteten volkswirtschaftlichen Verwerfungen ist das Ausscheiden der geburtenstarken Jahrgänge, also der 1955 bis 1970 Geborenen, aus dem Erwerbsleben. "In 10 bis 20 Jahren gehen die so genannten Baby-Boomer in Rente. Dann überträgt sich der Blues, der manchen Arbeitnehmer nach seiner Pensionierung befällt, auf die gesamt Gesellschaft", formuliert Gruber. Nach Ansicht vieler Bevölkerungsexperten war es diese Generation, die für das starke Wirtschaftswachstum der vergangenen Jahrzehnte und mittelbar für den Aktienboom der 90er Jahre verantwortlich zeichnete. Auf die Baby-Boomer folgen zahlenmäßig weitaus schwäche Jahrgänge, die nicht mehr die gleiche Arbeits- und Kaufkraft entfalten wie ihre Eltern und Großeltern.


      Ab dem Jahr 2030 spitzt sich die Entwicklung weiter zu: Die Baby-Boomer beginnt wegzusterben und die Bevölkerung geht zurück. Bis zum Jahr 2050 soll es nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes nur noch 75 Millionen Deutsche geben, statt 82,5 wie heute. In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts wird sich die Entwicklung dann noch mal beschleunigen. Für die Wirtschaft bedeutet das, dass es an Arbeitskräften und Konsumenten fehlt.


      Vor einem sehr weiten Zeithorizont scheinen Investitionen in den deutschen Aktienmarkt also recht fragwürdig. Doch nicht alle Branchen leiden gleichermaßen unter dem demographischen Wandel. Sicher ist: Spielzeugherstellern, Anbietern von Familienurlauben, Bauunternehmen sowie Alkohol- und Tabakproduzenten wird in einer alternden Gesellschaft der Wind ins Gesicht wehen. Profitieren dürfte dagegen der gesamte Gesundheitssektor mit Pharma-, Biotech- und Medizintechnikunternehmen.


      Doch selbst Firmen der benachteiligten Branchen können sich dem Minustrend durch Internationalisierung entziehen. "Einem deutschen Spielzeughersteller, der den Großteil seiner Waren in kinderreiche Staaten exportiert, werden die Nachfrager auch in Zukunft nicht ausgehen", betont Gruber. Ihr Kollege Stefan Mitropoulos von der Bankgesellschaft Berlin empfiehlt Anlegern, zur Diversifizierung auf Regionen zu setzen, deren Dynamik ungebrochen ist: Neben Großbritannien sind das vor allem die USA und Asien. Aber auch in Südamerika könnten sich langfristige Wachstumschancen auftun. Investitionen in letztere Regionen bergen allerdings ein erhöhtes Währungsrisiko, von politischen Risiken zu schweigen.


      Artikel erschienen am 25. Jun 2003
      welt.de
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      schrieb am 24.06.03 23:50:06
      !
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      Avatar
      schrieb am 24.06.03 23:58:07
      Beitrag Nr. 3.226 ()
      Selbstbedienung in Vorstandsetagen
      Union-Investment-Studie zu Optionsprogrammen: Viele Manager müssen wenig leisten, um zu kassieren

      von Anja Rosengart und Daniel Wetzel


      Daimler-Chef Jürgen Schrempp steht am Ende des Ratings von Union Investment, das Optionsprogramm ist am schlechtesten
      Foto: AP
      Berlin/Frankfurt a.M. - Trotz der öffentlichen Kritik an Manager-Bezügen hat sich wenig an der Selbstbedienungsmentalität in vielen deutschen Vorstandsetagen geändert. Im Gegenteil: Einige Konzerne gewähren ihren Managern Aktienoptionen sogar zu noch günstigeren Bedingungen als im Vorjahr. Das belegt eine Studie der Fondsgesellschaft Union Investment, die der WELT exklusiv vorliegt.


      Demnach haben mit Eon, RWE, Infineon, Henkel und Schering fünf der 26 Dax-Konzerne mit Aktienoptionsprogrammen ihr Bonus-System zu Lasten der Anteilseigner noch weiter verschlechtert. "Der Grundgedanke, die Interessen der Aktionäre mit denen der Führungskräfte der Unternehmen stärker in Einklang zu bringen, wird weiterhin nur selten eingelöst", sagt Union-Investment-Sprecher Rolf Drees.


      Bereits 2002 hatte die Fondsgesellschaft die Optionsprogramme der Unternehmen unter die Lupe genommen. Wie damals fällt auch in diesem Jahr das Urteil vernichtend aus. "Erneut ist es den meisten Unternehmen aus Aktionärssicht nicht gelungen, eine umfassend befriedigende Lösung zu etablieren", kritisierte Jens Wilhelm, Geschäftsführer von Union Investment: "Viele Bonusprogramme tragen schlicht Züge der Selbstbereicherung." Dabei kritisiert die Fondsgesellschaft weniger die Höhe der Bezüge, als die niedrigen Ausübungshürden und die geringe Transparenz der Programme. Besonders kritikwürdig sei, wenn Aktienoptionsprogramme nachträglich zu Gunsten der Manager geändert werden. So verlängerte Henkel die Laufzeit der Optionen von drei auf fünf Jahre, ohne das Renditeziel für die zu Grunde liegende Aktien zu erhöhen. Dadurch können die Manager die Aktien bereits bei einer absoluten Kurssteigerung von jährlich nur 1,9 Prozent zu Geld machen. Zuvor waren es noch 3,2. Beim Münchner Chiphersteller Infineon reicht es sogar, wenn der Aktienkurs nur um ,7 Prozent pro Jahr steigt. Besonders kritikwürdig: Infineon scheut jeden Vergleich mit der Kursentwicklung anderer Branchenaktien. Drees: "Eine dermaßen niedrige Ausübungshürde ohne relatives Renditeziel widerspricht dem Grundsatz, dass es sich bei Optionsprogrammen um eine erfolgsabhängige Vergütung handeln soll."


      Die Bundesregierung hat bereits mit gesetzlichen Auflagen gedroht. Erst kürzlich empfahl die Regierungskommission Corporate-Governance Obergrenzen, so genannte Caps, für Optionsprogramme. Dies wird auch auf der Corporate-Governance-Tagung debattiert, die heute in Berlin beginnt.


      Lediglich zwei Konzerne - die Deutsche Bank und die Deutsche Post - haben ihre Programme geringfügig zu Gunsten der Aktionäre verbessert. Besonderes Lob zollt Drees der Deutschen Telekom, die ihr viel kritisiertes Aktienoptionsprogramm ganz gestrichen hat.


      Vor einem Jahr gaben die Experten noch 14 von 23 Dax-Konzernen eine Durchschnittsnote schlechter als "3", was bereits ein mangelhaftes Ergebnis darstellt. Heute sind es schon 17 von inzwischen 26 Konzernen. Die Hälfte der geprüften Dax-Konzerne hat in mindestens einer der vier großen Teildisziplinen des Tests die Note 5 bekommen. Die Konsequenzen sind für Union-Investment-Geschäftsführer Wilhelm klar: "Besser kein Aktienoptionsprogramm als ein schlechtes."


      Artikel erschienen am 25. Jun 2003
      welt.de
      Avatar
      schrieb am 25.06.03 00:01:53
      Beitrag Nr. 3.227 ()
      Die maßlosen Manager

      Die Idee: Aktienoptionen sollen Manager anspornen. Die Realität: Die Manager vieler Dax-Unternehmen müssen nur durchschnittliche Leistung liefern, um die Belohnung zu kassieren, weil die Zielvorgaben so niedrig sind. Das zeigt eine Studie, die der WELT exklusiv vorliegt
      von Anja Rosengart und Daniel Wetzel

      Die Stimme von Henkel-Chef Ulrich Lehner nahm einen flehenden Ton an: "Nun gönnen Sie uns doch auch mal etwas", bat der Chef des Waschmittelkonzerns auf der Hauptversammlung in der Stadthalle Düsseldorf. "Die Aktienoptionen stehen keineswegs im Geld", die könne doch "zurzeit ohnehin niemand einlösen."


      Dass der ansonsten selbstbewusste Henkel-Chef so unvermittelt in die Rolle des Bittstellers abtauchen musste, hatte er Reinhild Keitel zu verdanken. Die Vertreterin der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre hatte den Vorstand in flagranti bei einer Regelverletzung ertappt. Da die Henkel-Manager es eindeutig nicht geschafft hatten, den Aktienkurs des Unternehmens innerhalb von drei Jahren um mehr als zehn Prozent zu steigern, besann sich der Vorstand auf einen Trick: Die Frist für die Ausübung der Aktienoptionen sollte von zwei auf fünf Jahre verlängert werden. Wenn die Aktionäre die im Tagesordnungspunkt 10 versteckte Klausel abnicken würden, so das Kalkül, hätten die Manager zwei Jahre mehr Zeit, um das Ziel zu erreichen. Dann würde einen vielleicht schon die ganz normale Kurs-Erholung an den Börsen bequem über die Ausübungsschwelle heben.


      Doch Lehner kam in Erklärungsnot, als die Kleinaktionäre das Manöver durchschauten. Und das zu Recht: Denn mit dem so genannten "Repricing" des Aktienoptionsprogramms brach Henkel eine verbindliche Soll-Vorschrift des Deutschen Corporate Governance-Kodex. Unmissverständlich heißt es in dem Regelwerk über Aktienoptionsprogramme: "Eine nachträgliche Änderung der Erfolgsziele soll ausgeschlossen sein." Auf der Internet-Seite von Henkel heißt es bis heute wie zum Trotz, dass "eine gute und verantwortungsvolle Corporate Governance zum Wohl des Unternehmens und seiner Aktionäre gelebt wird".


      Auf die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit reagieren einige Großaktionäre zunehmend sauer. Allen voran die Union Investment. Wie im vergangenen Jahr hat die drittgrößte Fondsgesellschaft die Aktienoptions-Programme aller Dax-Konzerne einer Prüfung unterzogen und benotet. Das Ergebnis, das der WELT exklusiv vorliegt, ist alarmierend: Die öffentliche Diskussion über ausufernde Vergütungen ist an den größten deutschen Konzernen offenbar völlig vorbei gegangen. Seit dem letzten Test im Sommer vergangenen Jahres ist nicht nur nichts besser geworden. Im Gegenteil: Fünf renommierte Dax-Konzerne haben ihre Manager-Prämien sogar noch weniger transparent gestaltet und die Hürde für die Auszahlung noch weiter heruntergesetzt: Eon, RWE, Henkel, Infineon, Schering.


      Zwei weitere Konzerne, MLP und Linde, haben neue Bonus-Programme eingeführt. Die sind derart mangelhaft, als hätten sie noch nie von der Debatte über überzogene Manager-Vergütungen und die Kritik an Optionsprogrammen gehört. "Der Grundgedanke, die Interessen der Aktionäre mit denen der Führungskräfte der Unternehmen stärker in Einklang zu bringen, wird weiterhin nur selten eingelöst", stellt Union Investment-Sprecher Rolf Drees fest.


      Als unbelehrbar erwies sich erneut Daimler-Chrysler: Der Autobauer hält in der Union Investment-Studie unverdrossen die rote Laterne. Mit zwei Fünfen und einer Vier in den Teildisziplinen kommt der Stuttgarter Autobauer auf die schlechteste Note im Dax. "Bei einer Kurssteigerung von lediglich 1,8 Prozent pro Jahr knallen bei den Begünstigten schon die Sektkorken", schimpft Drees. "Zudem vermissen wir, dass die Daimler-Chrysler-Aktie sich an einem repräsentativen Branchenindex misst."


      Auch bei der Frage, wie das Optionsprogramm den Aktionär belastet, ist Daimler-Chrysler alles andere als ein Vorbild. Obwohl sich das Volumen des Bonus-Programms gemessen am Marktwert der Optionen im dreistelligen Millionenbereich bewegt, tauchen die Kosten im Geschäftsbericht nicht vollständig auf. Die Aktionäre wissen also nicht, stark sich der Gewinn pro Aktie verwässert, wenn die Manager ihre Optionen schließlich eintauschen. "Werden die Kosten der Optionsprogramme in der Gewinn- und Verlustrechnung nicht berücksichtigt, wird die tatsächliche Ertragslage der Unternehmen falsch dargestellt", kritisiert Union Investment-Geschäftsführer Jens Wilhelm: "Optionsprogramme zählen eindeutig zu den Personalkosten."


      Obwohl die durch Aktienoptionen geschürte Gier der Manager ein Motiv hinter den Bilanz-Manipulationen von Enron und Worldcom war, reden sich deutsche Konzerne noch immer mit dem Verweis auf das vermeintliche Vorbild Amerika raus. Man müsse doch mit den weniger konservativen Optionsprogrammen der Amerikaner mithalten, argumentieren sie, und könne sonst keinen qualifizierten Management-Nachwuchs locken.


      Wie die Union Investment-Studie zeigt, ist das Sündenregister der Dax-Konzerne seit vergangenem Jahr kaum kürzer geworden. Die eigentlich als Leistungsprämie gedachte Aktienoption wird selbst dann an die Manager ausgehändigt, wenn der Aktienkurs den Konkurrenten hinterherhinkt. Doch die Manager von Deutscher Bank, Metro, Linde, MLP, Siemens und Volkswagen lehnen es ab, den Erfolg der eigenen Arbeit überhaupt an einem Branchen-Index messen zu lassen - und bekommen darum in dieser Teildisziplin von Union Investment glatt die Note 5.


      "Von Managern, die den Aktienkurs pro Jahr nicht um mindestens sechs bis acht Prozent steigern, haben die Aktionäre wenig", meint Drees, der als Autor an der Studie mitgearbeitet hat. "Dann können die Anteilseigner ihr Geld auch sicherer in festverzinslichen Wertpapieren anlegen." Die Note 1 oder 2 verteilt Union Investment deshalb nur an solche Aktienoptionsprogramme, die dieses Renditeziel als absolutes Erfolgsziel voraussetzen. Nur drei von 26 Dax-Konzernen schneiden in der wichtigen Teildisziplin "Absolutes Erfolgsziel" mit der Note 1 oder 2 ab: Adidas-Salomon, Deutsche Lufthansa und Metro. Am gegenüberliegenden Ende der Skala steht Chiphersteller Infineon, dessen Manager schon einen Bonus bekommen, wenn der Kurs auch nur um ,7 Prozent steigt. Bei Eon reichen 1,5 Prozent.


      Dass es auch anders geht, zeigt die Deutsche Lufthansa. Die Manager erhalten bei ihrem Bonusprogramm lediglich einen Rabatt von 20 Prozent auf den Aktienkauf. Sie müssen also einen Anteil von 80 Prozent aus der eigenen Tasche bezahlen und gehen somit selbst ins Risiko. Eine Regel, die das Interesse der Manager Erfolg des eigenen Unternehmens ganz erheblich steigert, findet Union Investment, und vergibt hier die Note 1. Auch BASF überzeugt durch ein hohes Eigeninvestment und kommt damit auf Platz zwei.


      Ansonsten bleiben Positiv-Meldungen die Ausnahme. So verbesserte sich der Notendurchschnitt der Deutschen Bank von 4,3 auf 3,7, weil das neue Aktienoptionsprogramm weniger komplex ist und man zudem der Sünde des "Repricing" abschwor. Die Deutsche Post besann sich darauf, den Wert der Aktienoptionen als Personalaufwand zu verbuchen - und verbesserte sich so leicht auf 3,6.

      Das ist alles besser als gar nichts? Im Gegenteil: Die Deutsche Telekom erhielt höchstes Lob von den Union Investment-Experten, weil sie ihr Aktienoptionsprogramm abgeschafft hat. Telekom-Chef Kai Uwe Ricke fand, das Programm könne den Aktionären nicht länger zugemutet werden. Denn angesichts eines Aktienkurses von um zehn Euro lag die Hürde für die Zuteilung von Optionen mit 20 Prozent recht niedrig. Das Telekom-Management wäre also schon dann belohnt worden, wenn der Kurs in den nächsten zehn Jahren zwölf Euro erreicht hätte - keine wirkliche Leistung. "Es ehrt die Telekom, dass sie unserer Forderung folgt", findet Union Investment-Sprecher Drees: "Besser kein Optionsprogramm als ein schlechtes."


      Die Studie im Netz:


      www.union-investment.de


      Artikel erschienen am 25. Jun 2003
      welt.de
      Avatar
      schrieb am 25.06.03 00:15:21
      Beitrag Nr. 3.228 ()
      Wer vorsorgt, riskiert den Verlust der Arbeitslosenhilfe

      Ämter zwingen Betroffene, Lebensversicherungen zu "verwerten" / Justiz und Politik erkennen das Problem


      Von Hans Nakielski



      Schon jetzt hat die Bundesanstalt für Arbeit einen Jahresrekord erreicht: Noch nie gingen so viele Erwerbslose bei den Ämtern leer aus, weil sie nach den verschärften Maßstäben der Arbeitslosenhilfeverordnung über zu viel Vermögen verfügen. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres strich die Behörde deshalb schon die Arbeitslosenhilfe von rund 30 000 Antragstellern - und damit von mehr Betroffenen als in den gesamten zwölf Monaten der jeweiligen Vorjahre.

      Der Grund: Mit Blick auf die geplante Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II setzte die rot-grüne Bundesregierung schon Anfang des Jahres die Hürden bei der Bedürftigkeitsprüfung vor der Arbeitslosenhilfe erheblich höher. Wer Vermögen oder (Ehe-)Partner mit Einkommen hat, geht deshalb jetzt häufiger leer aus. Der Mindestfreibetrag für verdienende (Ehe-)Partner wurde um 20 Prozent reduziert und der bisherige Zusatz-Freibetrag für erwerbstätige Partner (150,73 Euro im Monat) ganz gestrichen. Am radikalsten - um mehr als 60 Prozent - sanken die Vermögensfreibeträge. Während Arbeitslose und ihre Partner bis zur Jahreswende noch jeweils 520 Euro pro Lebensjahr auf der hohen Kante haben durften, sind seit Januar bei Neuanträgen auf Arbeitslosenhilfe nur noch 200 Euro pro Lebensjahr als "Schonvermögen" erlaubt.

      Die Folge: Ausgerechnet diejenigen Erwerbslosen, die den Rat von Politikern befolgten und private Vorsorge fürs Alter getroffen haben, sind jetzt die Dummen. Sie müssen zunächst ihre (Alters-)Ersparnisse - in den meisten Fällen sind das Kapital-Lebensversicherungen - bis zur zulässigen Freigrenze "verwerten". Erst wenn das fürs Alter Zurückgelegte weitgehend aufgebraucht ist, können sie mit Geld vom Arbeitsamt rechnen.

      "Die immer schärfere Anrechnung von Vermögen führt bei längerer Arbeitslosigkeit dazu, dass immer mehr Lebens- und Rentenversicherungsverträge, die sich noch in der Ansparphase befinden, vorzeitig verwertet werden müssen", konstatiert der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), der die Neuregelung bei der Arbeitslosenhilfe "für überaus problematisch" hält. Bei Lebensversicherungen - so die Lobby - falle damit häufig nicht nur eine jahrelang aufgebaute Vorsorge für das Alter weg, sondern auch noch ein - oft zusätzlich zur Lebensversicherung bestehender - Invaliditäts- und Hinterbliebenenschutz. "Je weiter sich der Staat aus der sozialen Sicherung zurückzieht, desto mehr Raum muss der Eigenvorsorge eingeräumt werden", heißt es beim GDV.

      Das gilt besonders für die Alterssicherung von Arbeitslosenhilfe-Beziehern. Denn auch ihre Ansprüche an die gesetzliche Rente sind in den vergangenen Jahren drastisch zusammengestrichen worden. Der Referatsleiter Arbeitsmarktpolitik beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), Johannes Jakob, beschreibt das so: Maßstab für die Rentenbeiträge, die die Bundesanstalt für Arbeit abführt, ist seit dem Jahr 2000 nur noch der tatsächliche "Zahlbetrag" der Arbeitslosenhilfe. Bei ungekürzter Leistung ist das nur rund ein Drittel des früheren Bruttoeinkommens. Davon werden dann derzeit 19,5 Prozent an die Rentenversicherung überwiesen. Im Durchschnitt, betont der Referatsleiter, wurden für einen Arbeitslosenhilfe-Empfänger im vergangenen Jahr nur noch 99 Euro pro Monat an die Rentenversicherung abgeführt. 1999 waren es noch 213 Euro - mehr als doppelt so viel.

      Eine Modellrechnung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit ergibt: Ein Arbeitsloser, für den fünf Jahre der Durchschnittsbeitrag von 99 Euro in die Rentenversicherung eingezahlt wird, erwirbt dadurch lediglich einen (zusätzlichen) Rentenanspruch in Höhe von 28 Euro pro Monat. DGB-Mann Jakob: "Bei längerer Arbeitslosigkeit droht damit Armut im Alter."
      Das scheinen inzwischen auch einige Sozialrichter zu erkennen. So hat etwa das Berliner Sozialgericht am 24. Januar 2003 entschieden: Auch ein Altersvorsorgevermögen, das die Freibetragsgrenzen übersteigt, kann vor einer Anrechnung im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung geschützt sein. Dies gelte dann, wenn andernfalls die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert wäre (Az: S 58 AL 2208/02). Denn dann sei die Verwertung des Vermögens offensichtlich unwirtschaftlich.

      Im konkreten Fall ging es um die Lebensversicherung eines 47-jährigen Raumausstatters. Dieser war vor seiner Arbeitslosigkeit und der vorherigen abhängigen Beschäftigung 16 Jahre selbstständig tätig und hatte deshalb nur geringe Ansprüche bei der gesetzlichen Rente erworben.

      Mit Verweis auf dieses Berliner Urteil, gegen das die Bundesanstalt für Arbeit Berufung eingelegt hat, entwickelte der Bielefelder "Förderverein gewerkschaftliche Arbeitslosenarbeit" einen "Musterwiderspruch" gegen die verschärfte Anrechnung von Altersvermögen. Bei den Arbeitsämtern und Rechtsschutzstellen der Gewerkschaften stapeln sich inzwischen diese Widersprüche.

      Auch mehrere Bundestagsabgeordnete haben mittlerweile die Problematik erkannt und fordern, das Schonvermögen beim künftigen Arbeitslosengeld II (wieder) zu vergrößern. Doch das wird - wenn überhaupt - frühestens Anfang 2004 geschehen. Bis dahin wird aber das Vermögen von rund 100 000 Arbeitslosen weg sein, die in diesem Jahr ihre private Alterssicherung opfern müssen.

      • Weitere Informationen und den "Musterwiderspruch" bietet der "Förderverein gewerkschaftliche Arbeitslosenarbeit" (www.erwerblos.de).



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      Dokument erstellt am 24.06.2003 um 19:21:48 Uhr
      Erscheinungsdatum 25.06.2003
      Avatar
      schrieb am 25.06.03 00:28:51
      Beitrag Nr. 3.229 ()
      Elektroindustrie vermisst Impulse

      Zehntausende von Stellen in Gefahr / Verband macht sich Sorgen über Euro-Aufwertung und setzt auf Innovationen




      sch FRANKFURT A. M. Die Elektroindustrie erwartet für dieses Jahr wegen fehlender gesamtwirtschaftlicher Impulse keinen Aufschwung. "Mehr als die ‚rote Null` wird bei der Umsatzentwicklung in unserer Branche nicht drin sein", bestätigte Gotthard Graß, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) die Prognose der Lobby vom März. Sie befürchtet jetzt, dass 2003 insgesamt etwa 25 000 Stellen verloren gehen. Von Ende Dezember bis Ende April sei die Zahl der Arbeitsplätze in den deutschen Betrieben bereits um rund 10 000 auf noch 832 000 gesunken.

      Von Januar bis April lag der Auftragseingang der Branche nur leicht über dem sehr niedrigen Vorjahresniveau. Der Umsatz sank laut ZVEI um gut ein Prozent auf knapp 50 Milliarden Euro. Während das Auslandsgeschäft stagnierte, fielen die Inlandserlöse um zwei Prozent.

      Die Elektro-Ausfuhren zeigten in den ersten drei Monaten mit einem Plus von drei Prozent eine leichte Belebung. Abzuwarten bleibe allerdings, ob sich diese Entwicklung nach der Zäsur durch den Irak-Krieg trotz des festen Euro fortsetzt. Dessen Aufwertung bremse nicht nur die Exporte, betonte Graß. Günstigere Einfuhren durch die Wechselkursveränderungen beeinträchtigten zunehmend die Wettbewerbsfähigkeit der entsprechenden Anbieter im Euro-Raum. So hätten die Elektro-Einfuhren nach Deutschland im ersten Quartal um acht Prozent zugelegt.

      Angespannt bleibe die Ertragslage. "Mit einer Kapazitätsauslastung von knapp 80 Prozent liegen wir weiter in der Unterkühlungszone", erklärte Graß. Zudem müssten die Firmen wegen der Wechselkursentwicklung einen steten Druck auf die Preise hinnehmen. Auf der anderen Seite stiegen die Kosten, etwa durch die Erhöhung der Tariflöhne und -gehälter um 3,1 Prozent Anfang Juni. "Es liegt auf der Hand, dass auch der gegenwärtige Streik in der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie zu einer weiteren Schwächung der Auftriebskräfte führt." Einzelne Firmen der Elektrobranche seien davon betroffen, berichtete Graß, für den die Auseinandersetzung über die Arbeitszeitverkürzung wegen der derzeitigen Konjunkturlage "zur Unzeit" stattfindet.

      Denn die Nachfrage sei ohnehin verhalten: Jene nach elektrotechnischen Investitionsgütern sei von Januar bis April im Jahresvergleich nicht einmal um ein Prozent gestiegen. Noch deutlicher sei die Zurückhaltung bei Gebrauchsgütern. Auf größeres Interesse der Verbraucher stießen allerdings DVD-Geräte, Groß- und Flachbildfernseher sowie Digitalkameras.

      In der schwierigen Lage "setzt unsere Branche auf Innovationen und will damit den Trend umkehren", betonte Graß. Studien bestätigten, dass der Wirtschaftszweig weiter massiv dafür investiere. Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) rechne für 2003 mit Innovationsaufwendungen der Branche von 14,5 Milliarden Euro. Die Potenziale würden aber nicht voll in wirtschaftliche Erfolge umgemünzt. So sieht Graß Investitionsstaus etwa im Verkehr, in der Energieversorgung oder bei der Digitalisierung von Hörfunk und Fernsehen. Um mittelfristig mehr Investitionen, mehr Wachstum und mehr Beschäftigung zu ermöglichen, müssten Reformen wie in der Agenda 2010 jetzt umgesetzt werden, forderte Graß.



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      Dokument erstellt am 24.06.2003 um 19:22:33 Uhr
      Erscheinungsdatum 25.06.2003

      ____________________________________--
      Lösungsansätze gehen in die falsche Richtung, aber was soll`s, wenn man es den Leuten so eintrichtern kann,
      werden Verschlechterungen als Reform verkauft.Die Krankheit soll nicht geheilt werden, sondern man begnügt sich damit, die Symtome zu lindern.
      Nach ein paar Jahren werden diese verkauften Reforme
      sich als falsch erweisen, aber die Antwort wird heißen:
      Wir sind nicht genug weit gegangen, also müssen noch radikalere Lösungen her.......
      Avatar
      schrieb am 25.06.03 00:41:32
      Beitrag Nr. 3.230 ()
      Avatar
      schrieb am 25.06.03 01:26:33
      Beitrag Nr. 3.231 ()
      Visionen für drei Monate

      Auch bisher wurde bei den sozial Schwachen gekürzt, und die Linken schwiegen. Die Schieflage wurde geschickter kaschiert. Jetzt ist Schröder ehrlich - daher der Widerstand
      Es ist noch nicht lange her, da gab es einen rot-grünen Koalitionsvertrag. Wochenlang wurde hart gerungen, jeden Tag drangen angeblich geheime Details nach draußen, und am Ende war der Text so wichtig, dass ein besonders bedeutsamer Ort gefunden werden musste, um ihn zu unterzeichnen. Es war die Neue Nationalgalerie in Berlin, die für klassische Moderne steht. Für lichte Visionen. Der Vertrag sollte die Politik bis 2006 steuern, heute ist er vergessen. Das lässt sich nachvollziehen. Denn der Koalitionsvertrag war nur ein Beitrag zur Haushaltsdebatte für das Jahr 2003. Man einigte sich darauf, wie 11,6 Milliarden Euro zusammenzukratzen seien. Rot-Grün schuf einen neuen Begriff von Vision: rein fiskalisch, fiktiver Anspruch vier Jahre, reale Perspektive drei Monate.

      Jetzt scheint sich dies noch pompöser zu wiederholen. Der Titel "Reformagenda 2010" verdoppelt den Anspruch. Nicht mehr eine, gleich zwei Legislaturen will Rot-Grün nun gestalten. So weit zur Fiktion. Real müsste die "Agenda 2010" eigentlich "Erstes Notprogramm 2003" heißen. Denn die geplanten Kürzungen in den Sozialkassen werden nicht lange tragen, weil schon neue Defizite drohen. Am Dienstag ergab die Rentenschätzung, dass die Beiträge zum Jahresende voraussichtlich von 19,5 auf 19,8 Prozent steigen. Die Krankenkassen rechnen mit einer Erhöhung von 14,3 auf 15 Prozent, und die Bundesanstalt für Arbeit wird einen Zuschuss von mindestens fünf Milliarden Euro benötigen. Außerdem brechen die Steuereinnahmen weg.

      Bei diesen Aussichten auf neue Kürzungsrunden erscheint der politische Trubel um die "Agenda 2010" so absurd wie ihr Titel. Kanzler Schröder bindet sein Schicksal an ein Reformprogramm, das spätestens im Herbst überholt ist. Und die SPD-Linken samt Gewerkschaften mobilisieren plötzlich gegen Einschnitte, die sie ähnlich gerade erst hingenommen haben und demnächst wieder hinnehmen dürften. So häufig, wie gestrichen wird, kann man gar nicht auf der Straße protestieren. Es ist schon fast vergessen: Zum 1. Januar wurde bei der Arbeitslosenhilfe schon einmal um knapp drei Milliarden gekürzt - aber vor vier Monaten blieben die Gewerkschaften und Parteilinken ruhig.

      Warum also dieser Trubel, ausgerechnet jetzt? Was ist an den jetzigen Kürzungen dramatischer als an anderen? Ihre Beschreibung. Das Stichwort lautet, viel zitiert, "soziale Ausgewogenheit". Was darunter zu verstehen ist, das hat sich bei der SPD-Spitze in den letzten Monaten sehr verändert.

      Der Koalitionsvertrag und die anschließende Haushaltsdebatte sahen noch vor, die angepeilte Kürzungssumme etwa zur Häfte bei den Arbeitslosen und zur anderen Hälfte bei den Besserverdienenden einzutreiben. Bei den Arbeitslosen fanden die Kürzungen auch tatsächlich statt. Bei der Arbeitslosenhilfe wurde die Anrechnung des Partnereinkommens und des Vermögens verschärft; außerdem sparte die Bundesanstalt für Arbeit, zum Beispiel an der Weiterbildung. Doch der geplante Ausgleich bei den Besserverdienenden fiel weitgehend aus. Ob Eigenheimzulage oder Dienstwagenbesteuerung - diesen Subventionsabbau hat die Union im Bundesrat gestoppt.

      Daraus hat Schröder gelernt bei seiner "Agenda 2010". Erneut werden die Arbeitslosen stark belastet. Die Senkung der Arbeitslosenhilfe auf das Niveau der Sozialhilfe soll weitere drei Milliarden Euro bringen, die gekürzte Bezugsdauer beim Arbeitslosengeld langfristig mindestens sechs Milliarden. Aber diesmal ist eine Gegenleistung der Bessergestellten gar nicht erst vorgesehen. Unübertroffen hat es kürzlich Grünen-Chef Reinhard Bütikofer zugespitzt: "Die ganze Diskussion um die Vermögensteuer können Sie vergessen, weil die Mehrheitsverhältnisse in dieser Frage zementiert sind."

      Eine bemerkenswerte Kausalität. Die Bundesregierung könnte die Vermögensteuer doch eigentlich trotzdem verabschieden und hinnehmen, im Bundesrat zu scheitern, um eine Position zu markieren und einen Unterschied zur Union zu verdeutlichen. Doch dann müsste man sich ja gegen die "Mehrheitsverhältnisse" stellen. Rot-Grün will aber unbedingt zur Mehrheit gehören - gerade weil sie ihr nicht mehr gehört, sondern längst CDU und CSU. Die Genossen sind weder in der "neuen Mitte" (Slogan 1998) noch in der "Mitte" (Slogan 2002), sondern in der absoluten Defensive.

      Alle Umfragen belegen, dass die Union bei Wahlen fast 50 Prozent der Stimmen erhalten würde und dass die allermeisten Bürger mit den Sozialkürzungen einverstanden sind. Deswegen also dieser Trubel. Mitten in der Fiktion "Agenda 2010" hat Schröder die Machtverhältnisse anerkannt. Die Gewerkschaften vertreten eine Minderheit und die Mehrheit befindet sich längst jenseits der SPD. Insofern ist es fast egal, auf welche Konfrontationsstrategie sich die Gewerkschaften einigen - oder auch nicht. Sie bleiben Minderheit, auch wenn dies schmerzlich ist. Im Höchstfall können sie einen Kanzler entthronen, aber am Kurs der Gesellschaft wird sich vorerst nichts ändern.

      Die Bürger wollen einen "Reformmotor". Das ist das neue Modewort, das die "Mitte" ablöst, um die sich noch vor kurzem alle Parteien balgten. Erfunden haben es die Grünen, doch CDU-Chefin Angela Merkel hatte es sehr eilig, die Union ebenfalls als "Reformmotor" zu bezeichnen. Doch wohin soll dieses Reformauto fahren? Immer noch zur Vollbeschäftigung. Diese Fiktion begleitet uns nun seit 30 Jahren - eigentlich sollte man im Herbst Jubiläum feiern. 1973 tauchten die ersten Arbeitslosen auf, die nicht mehr aus der Statistik verschwanden. Seitdem wurden viele Rezepte ausprobiert, alle haben versagt. Die neueste Idee zum Thema lautet bekanntlich, dass ein Niedriglohnsektor ganz viele Jobs schaffen würde. Auch diesmal wird die Realität schlicht ausgeblendet.

      Und diese Realität heißt etwa Metro. Vor zehn Tagen, Rheinberg am Niederrhein, Geburtsort von Claudia Schiffer: Das Topmodel unterbrach den Erziehungsurlaub kurz, um einen "Supermarkt der Zukunft" zu eröffnen. Es ist ein Supermarkt ohne Kassiererinnen. Nun verdienen Kassiererinnen schon jetzt sehr wenig; es geschieht also das angeblich Undenkbare: Rationalisierung im Niedriglohnsektor. Der Mensch hat keine Chance gegen die Maschine.

      McKinsey hat einmal geschätzt, dass wir 12 Millionen Arbeitslose hätten, wenn alle Produktivitätsreserven genutzt würden. Und auch das konservative Roman-Herzog-Institut - ja, das gibt es neuerdings - rechnet weiterhin damit, dass Jobs Mangelware bleiben.

      Irgendwann wird es geschehen, dass die Vollbeschäftigung auch als Fiktion nicht mehr zu halten ist. Was wohl passiert, wenn dieser Realitätssschub die Wähler erreicht? Das wird noch spannend. Vielleicht kommt dann die Zeit für echte Visionen. Nur: Solange es in der Politik noch nicht einmal möglich ist, das Problem korrekt zu beschreiben, so lange kann es gar keine Lösung geben." ULRIKE HERRMANN

      taz Nr. 7048 vom 8.5.2003, Seite 12, 241 Zeilen (Kommentar), ULRIKE HERRMANN, taz-Debatte
      taz.de
      Avatar
      schrieb am 25.06.03 01:34:45
      Beitrag Nr. 3.232 ()
      Wer nichts erheiratet und nichts ererbt, der bleibt ein armes Luder bis er sterbt.
      Wer an die Liebe der Erben glaubt, dem hat man den Verstand geraubt


      http://www.sysserv24.de/landtax.htm#Das_Kreditmonopol
      Avatar
      schrieb am 25.06.03 01:41:10
      Beitrag Nr. 3.233 ()
      Monopoly Geld und Arbeit -Monopole beseitigen v1.1 letzte Änderung: 23.06.2003

      Rückmeldungen oder andere Links sind erwünscht: nomonopoly@gmx.de



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      Sie kennen das Spiel "Monopoly"? Sie glauben nicht, wie realistisch dieses Spiel gestaltet ist! Jeder fängt mit den gleichen Vermögen an und doch am Ende besitzt Einer alles und die Anderen sind arm. Wer Gewinner wird, ist reiner Zufall. Aber der Gewinner steht fest, lange bevor das Spiel zu Ende ist. Denn schon ein leichtes Abweichen der Vermögen bringt die Entscheidung. Dieser Ablauf ist gesetzmäßig und wiederholt sich. Man nennt es Geschichte. Warum wird darüber nicht berichtet? Weil Presse, Staat und Bildung wieder ein Monopol sind. Es ist eine Mischung aus Selbstzensur, Unwissenheit, Korruption und natürlich eine ganze Portion Egoismus. Das Geheimnis der Reichen? Die Antwort: Monopole!

      Zwischen wohlhabend und erfolgreich gilt es zu unterscheiden, genauso wie zwischen Renten und Gewinnen oder Monopolwirtschaft und Marktwirtschaft!!


      Die derzeitigen Regeln wurden vom Menschen erdacht und können genauso gut auch wieder geändert werden! Die Wirtschaftsordnung ist ein rein künstliches System.

      http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/bankrott.html
      http://www.dr-wo.de/schriften/feudalismus/feudalismus.htm#1
      http://www.geldcrash.de/artikelindex.htm
      http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/14347/1.html
      http://www.miprox.de
      http://www.econo-my.de/wiwi022.html

      Bodenmonopol Kreditmonopol Steuermonopol Erben


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      Das Problem:


      Die offiziellen Zahlen geben 432,01Mrd € Vermögenseinkommen und Selbständigeneinkommen an. 63% hiervon sind Vermögenseinkommen und 37% Selbständigeneinkommen. Das sind 272,16 Mrd € direktes Vermögenseinkommen. Im Verhältnis zum Arbeitnehmer Bruttolohn sind das: 272/911=30%. (Zinsen und Vermietung) Dieses Einkommen weniger Leute führt zu einer besonderen Art von Konsum und dem weiteren Kauf von Monopolvermögen und/oder auch zur Weitergabe als Kredit. Die Verschuldung steigt. Das Kreditvolumen liegt inzwischen bei 6 Bill €. Das ist fast das Fünffache der Staatsverschuldung.


      Der Durchschnittsnettolohn ist mit ca. 50% Miet- und Produktzins belastet.
      Die Sozialausgaben sind ebenfalls wieder die Nettoeinkommen Dritter. Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, Altersrente
      Das führt zu einer Durchschnittsbruttolohnzinsbelastung von ebenfalls 50%.

      http://www.23x.de/w_gvgsv_d.htm //Verschuldung: Privat, Unternehmen, Staat 6 Bill €
      http://www.destatis.de/basis/d/vgr/vgrtab7.htm //Bruttolöhne
      http://www.destatis.de/basis/d/erwerb/erwerbtab1.htm //Selbständige
      http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/creutz/geldsyndrom/ka…
      http://www.wemgehoertdiewelt.de/da/da1.htm //Vermögenskonzentration
      http://www.destatis.de/evs/evs_1.htm //Vermögenseinkommensanteil
      http://www.destatis.de/basis/d/vgr/vgrtab2.htm
      http://www.destatis.de/basis/d/vgr/vgrtab1.htm

      -Staatsverschuldung Zins Steuern
      -Fremdkapitalzinsen Zins Produkte, Mieten (Kreditkauf)
      -Vermietung und Verpachtung Mieten, Bodenrente oder Zins (Bei Kreditkauf)

      Vermögensschätzung:
      Privates Bruttovermögen: 8,6 Bill € mit enthaltenen Schulden von 1,3 Bill € (Deutsche Bundesbank 1999) ohne Produktivvermögen
      Private Immobilien mit Grundstücke ohne Wohnungsunternehmen: 3,65 Bill €
      Grundstückswertschätzung Private Immobilien ohne Wohnungsunternehmen: ca. 1,25 Bill €
      Wohnungsunternehmen ohne Grundstücke: 1,3 Bill €
      Bankeinlagen/Kreditvolumen: ca. 6 Bill €
      Industriekapitalstock: 3,5-4,4 Bill € (Substanzwert nicht Ertragswert)
      Staatsverschuldung: 1,24 Bill €
      Geschätztes Landwirt. Vermögen: ? ca. 0.25 Bill €--Unterbewertung wegen Nichtnutzung

      http://www.diw.de/deutsch/publikationen/wochenberichte/docs/… //Immobilienvermögen 3,5 Bill €
      http://www.diw-berlin.de/deutsch/publikationen/wochenbericht… //Geldvermögen
      http://www.destatis.de/basis/d/bank/banktab2.htm //Kreditvolumen 6 Bill €
      http://www.23x.de/w_gvgsv_d.htm //Verschuldung: Privat, Unternehmen, Staat 6 Bill €
      http://cip.physik.uni-wuerzburg.de/~jschmid/diplom.html //Kapitalstock--ohne Wohnungswesen 4,4 Bill €
      http://www.rosaluxemburgstiftung.de/Einzel/welt/bischoff.pdf //Produktivvermögen 3,5 Bill €
      http://www.hessen.dgb.de/themen/Sozialstaat/Eissel.htm //Privatvermögen ohne Produktivvermögen 8,5 Bill €
      http://www.uni-leipzig.de/bankinstitut/dokumente/1999-01-01-… //Bundesbank Vermögensbericht
      http://www.bundesbank.de/stat/download/stat_sonder/statso4.p… //Bundesbank Finanzierungsrechnung
      http://www.bdb.de/Statistik/html/bizuf/sub_01_markt/ban_0504… //Auslands Eurokredite 3,5 Bill €
      http://www.bdb.de/Statistik/html/bizuf/sub_01_markt/ban_0506… //Inlands Eurokredite 2,2 Bill €
      http://www.bundesbank.de/vo/download/stat_beihefte/bankensta… //Bundesbank Einlagenübersicht
      http://www.deutsche-bundesbank.de/vo/download/mb/2002/09/200… //Zinsaufw. und Zinserträge
      http://www.f3.fhtw-berlin.de/Professoren/Priewe/AUFSATZ_PROK… //Vermögensübersicht
      http://www.econo-my.de/wiwi022.html //Vermögensübersicht
      http://www.dia-vorsorge.de/df_020301.htm //Vermögensübersicht
      http://members.aol.com/pronold/rhood.html //Vermögensübersicht
      http://www.labournet.de/diskussion/wipo/armutreich.html //Vermögensbericht
      http://www.wiwi.uni-frankfurt.de/Professoren/hauser/EVS_WP30… //Vermögensübersicht
      http://www.frankfurter-hefte.de/ausschnitt/erbtext.html //Vermögensübersicht
      http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/creutz/geldsyndrom/ka… //Creutz: Vermögensübersicht gut aufbereitet
      http://www.systemfehler.de/statistik.htm //Creutz
      http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/creutz/geldsyndrom/ka… //Creutz: Zinsen in den Einzelpreisen
      http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/creutz/renieder.htm //Produktzins Herleitung
      http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/kennedy/kap1.html //30-50% Produktzins
      http://www.hessen.dgb.de/themen/Sozialstaat/Gutachten.htm/fi… //Vermögensübersicht
      http://www.staatsverschuldung.de/
      http://www.destatis.de/basis/d/umw/ugrtab7.htm //Landwirtschaft
      http://www.situationsbericht.de/Artikel/2_2.html //Landwirtschaft Pachtanteil 64%, 9000-17000 €/ha
      http://news.agrar.de/archiv/20021101-00003/ //Pachtpreise in der Landwirtschaft
      http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/0/0,1872,2012384,00.html //14000USD Förderung pro EU Bauer und Jahr
      http://www.hallertau.net/~bundnatur/infos.htm //Förderng zwischen 5 DM/h und 100 DM/h
      http://www.weihenstephan.de/ui/forsch/kora/dzz98_6.htm //Kostenrechnung Landwirtschaft
      http://www.cia.gov/cia/publications/factbook/geos/gm.html //Allgemeine Wirtschaftsdaten
      http://www.wemgehoertdiewelt.de/da/da1.htm //Vermögensübersicht
      http://www.de.cgey.com/servlet/PB/menu/1006262/index.html //Wealth Report 2003 MerrillLynCapGemini Ernst&Young
      http://www.news4press.net/presse/9898261801076.php3 //Wealth Report 2001 8% zukünftiges Vermögenswachstum
      1986-2001 Vermögen um 375% gestiegen!
      http://www.news4press.net/presse/9817032601110.php3 //Wealth Report 2001 96-99 10% Vermögenswachstum
      http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,252498,00.html //Wealth Report
      http://cgey-pb01.pironet-ndh.com/servlet/PB/-s/1bn0 //Wealth Report 2000 PDF File
      http://www.capgemini.de/servlet/PB/show/1004459/WorldWealthR… //Wealth Report 2002 PDF File
      http://www.box4.boeckler-boxen.de/fakten/fakt.date/fakt.date… //Reich und Arm
      http://www.spdfraktion.de/archiv/armut/material.pdf //Armut und Reichtumsbericht der Bundesregierung
      http://www.systemfehler.de/ausbeutung.htm //Zinsen


      Das kalkulatorische Vermögenseinkommen läßt sich auch pauschal abschätzen, indem man das Gesamtvermögen ermittelt und mit dem sicheren Anlagezinssatz multipliziert. Selbstgenutzte private Immobilien fordern keine Renten ein und müßen abgezogen werden.



      Beispielschätzung mit 5% Zinssatz (€)

      Zinsen in den Steuern:
      70 Mrd (16%)

      Immobilienv. mit Boden: 3,5 Bill
      122 Mrd (55% Mieter) (Enthält 0,7 Bill Schulden)

      Industrie Kapitalstock: 3,5 Bill
      175 Mrd EK und FK(80%) Verzinsung ? (Unternehmensschulden ca. 2,7 Bill)

      Büromiete, Ladenmieten:
      xxx


      ---------


      367 Mrd € reine Renten




      Die offiziellen Zahlen lauten auf 272,16 Mrd € Vermögensrenteneinnahmen.

      Nimmt man nur die Zinseinkommen auf Buchgeldeinlagen bei den Banken, kommt man auf 6,4 Bill €*0,0427=273 Mrd €.
      Man kann davon ausgehen, daß niemand einen Kredit abzahlt und gleichzeitig über ein hohes Buchgeldguthaben verfügt.
      Die Zinsabschlagsteuer betrug 2001 9 Mrd €.
      http://www.destatis.de/basis/d/fist/fist01.htm
      http://www.bdb.de/Statistik/html/bizuf/sub_02_betrieb/ban_05…

      Wichtig wäre hier, den Anteil der Auslandsverflechtung zu wissen?


      Man sieht auch, daß die Staatsschulden(1,24 Bill) mit 5,6% verzinst sind. Der Kapitalstock macht keine Aussage über den Rentenwert der Unternehmen. Dies ist eine Mindestbewertung.


      Arbeitseinkommen Verteilungsübersicht (Schätzung):
      Brutto (83% vom Arbeitseinkommen--Sozialbeitrag des Arbeitgeber):
      20% der Steuern sind Zinsen, 20% Sozialversicherung und 20% Einkommenssteuer
      Netto: (60% vom Bruttoeinkommen, aber 48% vom Arbeitseinkommen)
      25% vom Nettolohn sind Mietzins. (15% vom Bruttolohn)

      35% Schätzung des Zinses im Produktpreis FK+EKzins,Mietnebenkosten,Nahverkehrsmittel,Ladenmiete,Firmengebäudemiete

      +13% Produktsteuern: Umsatzsteuer
      Real: 23,4%--(( (100-40%)-25%)-48%) bleiben vom Bruttolohn
      Real: 20,3% bleiben vom Arbeitseinkommen

      15%Mietzins+16%Produktzins 31% vom Bruttolohn sind Zins und Mietbelastung
      20% vom Bruttolohn Einkommensteuer
      5,8%vom Bruttolohn sind Umsatzsteuer
      20% vom Bruttol. sind Sozialversicherung (40% vom Arbeitseink.)

      Die Wohnungsausgaben machen 32% der Konsumausgaben aus. Allerdings fällt es sehr schwer Miete als Konsumausgabe zu betrachten. Das Konsumvolumen pro Haushalt liegt bei 2061 € monatlich. Das Arbeitnehmer Bruttoeinkommen liegt bei 2200 €. Der Nettolohn dürfte bei 1320 € liegen (60%). Der reale Wohnungsausgabenwert müßte eigentlich noch höher liegen, denn zwischen 20%-40% der Haushalte sind echte Wohnungseigentümer, welche nur die Nebenkosten tragen müssen.
      http://www.destatis.de/evs/evs_3.htm //32% Wohnungsausgabe im Schnitt


      Der Nettolohn ist mit 52% Zinsen (31%/0,6) belastet. Auch Rentner,(Beamte), Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger haben den Miet-und Produktzins in ihren Kosten. Allgemein kann man schätzen, daß 50% der gesamten Sozialausgaben wieder Miet- und Produktzins sind. Also 31% vom Bruttolohn, 20% in den Sozialausgaben und 3%Staatszins sind Zinsen. Die Gesamtbelastung des Bruttolohnes mit Vermögenszinsen beträgt somit geschätzt 53%.


      Beispiel:

      Stellen sie sich vor, ihr Nachbar(20) erbt 2 Millionen(Schenkung), kauft ihr Haus und ihren Arbeitsplatz. Während sie(45) 10h am Tag arbeiten und gerade mal so mit dem Geld auskommen, macht ihr Nachbar 2 Kreuzfahrten im Jahr, kauft sich noch 2 weitere Häuser, beschwert sich über die schlechte Regierungspolitik und bekommt nebenbei die schönsten Frauen aus der Gegend(Reich und Schön). Und das tut dieser mit einer gelassenen Selbstverständlichkeit, denn seine Freunde (mit ihnen gibt er sich schon lange nicht mehr ab) denken genauso wie er. Sie denken ihr Nachbar ist reich. Nein er ist arm in Verhältnis zu denen, die dieses Pyramidensystem steuern, aufrechterhalten und für die korrekte Meinungsbildung sorgen.Wie würde es auf einer Insel aussehen? Sind solche Verhältnisse dort möglich? Nein, nach einigen Tagen würde man den Patrizier zurück aufs Festland schicken. Das bedeutet, unser eigentliches Problem ist die Kommunikation und die Weitergabe von Macht an entfernte Dritte.


      Renten und Monopole:

      Vermögenseinkommen werden auch Renten genannt. Rente steht für eine sichere Zahlung ohne Risiko. Ein Monopol hat die Fähigkeit Renten einzufordern. Die Renten zahlen sich direkt in Geld, überhöhte Gehälter oder Vermögensrenten aus. Sie können aber auch in schlechte Produktivität umgewandelt werden. Monopole bestehen immer zwischen Parteien. z.B. Das Arbeitgeber/Arbeitnehmerverhältnis erzeugt ein Monopol, welche sich in einer Rente für den Arbeitgeber niederschlägt. Der Aktienwert einer an der Börse gehandelten Firma entspricht exakt dem Rentenwert. Der Besitz einer Firma ermöglicht ein risikoloses, arbeitsfreies Einkommen. Der Aktienpreis einer Firma entspricht dem geschätzten Monopolwert. Der Aktionär sieht ausschließlich die zukünftige Gewinnreihe. Das enthaltene Eigenkapital wirkt sich nur zweitrangig auf dem Aktienpreis aus, da man nur im Falle einer Auflösung des Unternehmens hier herankommt. Aber es wird eine Mindestverzinsung des Eigenkapitals erwartet, welche natürlich wieder Einfluß auf die Gewinne hat. Beim Kleinaktionär sieht es etwas anders aus. Er hat kaum Informations- geschweige denn Steuerrechte. Es gibt inzwischen eine Vielzahl von praktischen Beispielen, wo Banken, Wirtschaftsprüfer, Manager in die eigene Tasche gearbeitet haben. (Enron, MLP, EMTV,Informatec,Vodafon-Mannesmann, usw.)


      Der Wert einer Rente:

      Eine Rentenzahlung gleicher Höhe über einen langen Zeitraum (>50Jahre) hat den Wert: W=R/Zins Mit Zins ist hier der langfristige risikolose Anlagezins gemeint. Spätere Zahlungen werden abgewertet, weil sie bezahlen jetzt und verzichten auf Zinsen bis zur Auszahlung. Was würden sie für eine Auszahlung von 10 € in einem Jahr bezahlen? Sie müßten jetzt einen Kredit aufnehmen, für den sie Zinsen zahlen müssen oder wenn sie Geld haben, müßten sie auf 1Jahr Verzinsung verzichten. Ergebnis: 10% Zinzsatz: 10/1.1=9,09 €. Sie würden also für eine Auszahlung in einem Jahr maximal 9,09 € bezahlen.
      http://miss.wu-wien.ac.at/~leydold/MOK/HTML/node69.html#4197 //ewige Rente


      Renten machen neue Renten:

      Ausgezahlte Renten können reinvestiert werden. Die Vermögenskonzentration erzeugt hohe erzwungene Sparquoten und diese wiederum einen Investitionsdrang. Das ist die Standardantwort in der Wirtschaftswissenschaft. Das funktioniert wohl sehr gut, so lange genügend Investitionsmöglichkeiten angeboten werden. Oft wird allerdings anders vorgegangen und risikolos investiert. Das heißt, es wird noch ein zweites oder drittes Haus dazu gekauft ohne auch nur einen Arbeitsplatz zu schaffen. Auf diese Weise wurden 80% in Deutschland Mieter oder Eigenheimabzahler.


      Vermögensverteilung:

      Es geht weniger um die Besitzverhältnisse, als um den Rentenfluß, welcher durch Fremdbesitz von Vermögen entsteht. Kein Mensch will die Produktionsanlagen von VW direkt besitzen. Der Rentenfluß ist sehr leicht meßbar. Vermögen hat also die Eigenschaft andere in Verschuldung zu bringen. Es sind im Wesentlichen der Mietzins und der Geldzins. Der kalkulatorische Mietzins auf selbgenutztes ererbtes Vermögen kommt hier noch hinzu. Selbstgenutzte Immobilien oder Konsumvermögen ließen sich direkt in der Substanz verteilen. Aber es handelt sich dann um eine Schenkung. Ein geschenkter Wert, den alle bekommen, hat keinen großen Wert. "The destiny of common goods." Weiterhin ist zur Verwaltung und Werterhaltung von Immobilien eine gewisse Grundkenntnis und Verantwortlichkeit notwendig. Im Ergebnis müssen die Monopoleinkommen geschickt besteuert werden und den Rest überläßt man der Marktwirtschaft. Sehr hohe Vermögenskonzentration dürfte sich sich eigentlich nicht so negativ auswirken. Wenn es einen Einzigen geben würde, welcher alles besitzt, wieviel könnte dieser konsumieren? Aber 20% der Bevölkerung schaffen es sicherlich den Wohlstand der arbeitenden 80% der Bevölkerung zu verkonsumieren. Das Problem liegt auch noch woanders. Vermögenskonzentration bedeutet Macht. Es wird immer mehr Vermögen dazu gekauft. Die Verteidigung des Vermögens kostet auch einiges. Das geht hin bis ins Waffengeschäft, Bestechung, Wahlbeeinflußung, Presse, Bildungssystem, PR, Kirche. Ein Teil des Konsums des Einkommens auf das Vermögen findet im Bankensystem und in den Manageretagen der Großkonzerne statt. Es sind die Vermögensverwalter, welche sich ihren Service gut bezahlen lassen. Derzeit sind 3,5 Bill € der Einlagen bei deutschen Banken im Ausland investiert. Die Bankeinlagen des Vermögenden im Inland, werden für Kredite im Ausland verwendet. In diesem Fall arbeiten wir für das Ausland. Die im Inland erarbeiteten Zinsen werden im Ausland konsumiert.

      http://www.bdb.de/Statistik/html/bizuf/sub_01_markt/ban_0504… //Auslands Eurokredite 3,5 Bill €

      Renten in den Gewinnen:

      Gewinn=Umsatz-Kosten. In einem monopolfreien Markt müssen sich die Gewinne auf Grund des Wettbewerbs auflösen. Lösen sie sich die Gewinne nicht auf, muß es sich um Renten handeln. Der Gewinn kann durch bessere Marktanpassung und/oder durch besseren Resourceneinsatz erreicht werden. Geschäftsführergehälter z.B. einer GmbH können einen großen Teil des Gewinns aufnehmen, ohne ihn nach außen sichtbar zu machen. In den Gewinnen sind mehrere Renten enthalten. Bevor jemand ein Geschäft unternimmt, hat er Einkommenserwartungen die höher sind als das Alternativeinkommen als Arbeitnehmer. Weiterhin geht er ein Marktrisiko ein. Je größer das Risiko, je größer die Gewinnerwartung für den Erfolgsfall. Der Kleinunternehmer wird so mindestens das doppelte Gehalt erwarten. Eine weitere Rente entsteht durch die erwartete Verzinsung des Eigenkapitals(Shareholder Value) . Im Falle einer zu schlechten Eigenkapitalverzinsung würde es zur Schließung kommen. Die Verzinsung des Eigenkapitals muß höher sein als der alternative sichere Geldmarktzinssatz. Wiederum entsteht eine Rente aus der Tatsache, daß nur der Arbeitgeber die Fähigkeit hat Aufträge bzw. Kunden zu beschaffen. Weiterhin besitzt er das nötige Anlagevermögen bei kapitalintensiven Arbeitsplätzen. Dieses könnte allerdings auch durch Kredit oder durch Ausgabe von Aktien finanziert werden. Das Verhältnis Jobsuchender zu Jobangeboten macht die Arbeitskraft zwar billiger, aber unter Konkurrenz werden so auch die Produkte billiger. Nur durch das Verhältnis aus Arbeitgeber und Arbeitnehmer entsteht eine Rente. In Deutschland ist das Durchschnittsverhältnis etwa 1 zu 10. Angenommen, der Arbeitgeber bekommt einen gut bezahlten Auftrag herein. Wieviel Marge kann er für sich behalten? Große Aufträge kann man nur mit vielen Leuten bewältigen. 10% ist hier immer enthalten. Kein Arbeitgeber stellt Leute ein, um mit ihnen Verluste zu machen. Man kann es auch mit dem Jobwert beschreiben. Auf wieviel Gehalt würden sie verzichten, um den Job zu kriegen oder zu behalten? Wer selektieren kann, hat die Macht! Die wichtigste Rente entsteht aus dem Besitz von Monopolen, Patenten, dem sicheren Kundenstamm, Markenmonopol, Sonderrechte usw. Auch die Einkommen aus Vermietung und Verpachtung einer Immobilienfirma werden als Gewinne ausgewiesen, obwohl es sich um absolute Renten handelt. Wissen und Know How kann zwar auch gute Gewinne einbringen, aber langfristig nur, wenn es patentiert ist. Die Lerngeschwindigkeit bringt den Gewinn. Eine Firma ist Firstmover in einem bestimmten Markt. Die Entwicklungskosten für das Produkt können wegen höher erzielbarer Preise beim Start des Produktes sofort wieder reingeholt werden. Jetzt sinkt der Preis und die Konnkurrenz kann den Markt nicht mehr angreifen, weil dieser die Anlaufkosten nicht mehr finanziert. Alte Unternehmungen genießen schon wegen der Marktbesetzung eine Monopolstellung. Konkurrenz würde Überkapazitäten erzeugen und ist deshalb schon nicht überlebensfähig.
      http://www.heise.de/newsticker/data/anw-30.05.03-000/ //Lizenzwerte



      Der Tausch von Arbeit gegen Vermögen:
      Als Wert hat der Unvermögende nur seine Arbeitskraft zu bieten. Was will der Vermögende? Freizeit, gute Produkte und noch mehr Vermögen. Der Vermögende ist clever. Er verkauft sein Vermögen nicht, sondern leiht es für einen Zins. Auf diese Weise bekommt er alles. Wieviel Arbeitsstunden der Unvermögende für die Nutzung seines Vermögens zahlen muß, hängt von seiner Abhängigkeit ab. So sind 25-40% vom Nettolohn Mietausgaben. Das bedeutet, sie arbeiten mindestens eine Woche im Monat für jemand Anderen. Der Rückkauf des Vermögens ist eigentlich fast unmöglich. Ihre Arbeitskraft hat einfach zu wenig Wert, um dieses in endlicher Zeit zu schaffen. Sie können nur eine kleine Ecke zurückkaufen und das tun sie meistens mit einem Kredit. Dieser Kredit aber, macht den Vermögenden noch reicher als vorher, weil er bekommt zusätzlich die Zinsen. Es muß also zwischen vermehrbaren und nichtvermehrbaren Gütern/Produkten unterschieden werden. Mit Arbeit haben sie nur Einfluß auf die vermehrbaren Güter. Eine Sättigigung bei den vermehrbaren Konsumgütern läßt nicht auf eine Sättigigung bei den nicht vermehrbaren Konsumgütern(Immobilien) schließen. Geld das man hat, ist das Mittel zur Freiheit. Geld das man nicht hat, ist das Mittel zur Sklaverei.

      Umgang mit Monopolen:
      Monopole werfen Renten ab, welche dem Besitzer des Monopols keine Arbeitsleistung abverlangen. Die Höhe der Rente ist zeitlich veränderlich und von der Art der Nutzung abhängig. Mittels Verpachtung läßt sich die Ressource dem Meistbietenden zuordnen. Die Pachteinnahme entspricht der Monopolrente. Befindet sich das Monopol im Privatbesitz, muß die Höhe der Rente abgeschätzt werden. Ein starkes Monopol kann kaum besteuert werden, denn es wird versuchen diese Kosten weiter an den Kunden zu reichen. Hier ist nur Verpachtung möglich. Die Abschätzung hat nichts mit dem derzeit erwirtschafteten Einnahmen zu tun. Wird das Monopol nicht effizient genutzt, kann eine Monopolsteuer zum Verkauf zwingen. Der Verkauf eines Monopols in die private Wirtschaft gewährleistet nicht seine effektive Nutzung. Der Besitzer eines starken Monopols kann jegliche Preiserhöhungen durchsetzen, ohne auch nur einen Kunden zu verlieren. Effizienz und Kundenservice kommt erst an zweiter Stelle.

      Energie arbeitet:
      Die Antriebskraft für Bewegungen kommt aus Energie. Das gilt auch für den Menschen. Mit fortschreitender Entwicklung wird menschliche Arbeit in Richtung Maschine verschoben. Die freigewordene Manpower geht so lange in neue Märkte bis eine Sättigungsgrenze erreicht ist. Danach entsteht Freizeit. Arbeitseinsparung ist Triebkraft der Entwicklung, so lange man nicht jemanden findet, der diese Arbeit für einen tut.

      Die Selbstverrentung:
      Menschen wollen Renteneinkommen. Renteneinkommen bringen Sicherheit, Unabhängkeit, Freizeit. Aber Renteneinkommen entstehen zu Lasten der Volkswirtschaft. In dem Moment, wo jeder sein eigenes Monopol aufbaut und sich zu überhöhten Preisen verkauft, verringert er seinen eigenen Wohlstand. Die Höhe und die Verteilung der Renten sagt viel über den wirtschaftlichen Zustand in einem Land aus. Renten sind Zwangsgelder. Bei zu starker Verzerrung dreht sich das Geschichtsrad um eine Kerbe weiter. Die Ursache für wirtschaftliche Mißverhältnisse ist meistens im eigenen Land zu finden.


      Liberalismus:
      So lange es Monopoleinkommen gibt, kann Liberalismus nicht funktionieren. Eine freie Marktwirktschaft verhindert keine Monopoleinkommen.

      Gedanken zur Vermögenssteuer:

      Die Vermögenssteuer ist eine komplizierte Steuer. Die Wirksamkeit hängt von der richtigen Anwendung ab. Es gibt ähnliche Steuern. Das ist die Grundsteuer, die Erbschaftssteuer und eigentlich auch die Kapitalertragssteuer. Warum überhaupt Vermögen besteuern? Vermögen haben Monopolcharakter. Monopole sind Gift für die Wirtschaft. Also warum nicht die Vermögensteuer der Einkommenssteuer vorziehen. Die beiden wichtigsten Monopole sind das Zins- und das Immobilienmonopol. Das Zinseinkommen müßten direkt verteilt werden. Die Bodensteuer müßte den Preis des Bodens auf 0 bringen. Auch sollten landwirtschafliche Nutzflächen generell verpachtet werden. Die Erbschaftssteuer auf Gebäude sollte 100% betragen. Das bedeutet, das Eigentum kann beim Nachkommen bleiben, aber es ist eine Nutzungsgebühr zu zahlen. Vorgenomme Wertminderungen oder Wertsteigerungen wirken sich auf die Nutzungsgebühr aus. Jetzt noch ein Wort zu den Zinsen. Wir haben zwar 30% Quellensteuer, aber real wird die Steuer scheinbar umgangen. Die Zinsabschlagsteuer betrug 2001 9 Mrd €. Eine Erhöhung der Quellensteuer führte auch schon zu einer Erhöhung der Kreditzinsen. Man sollte die Quellensteuer zu einer echten Quellensteuer machen und die Zinssteuer direkt beim beim Bezahlen des Zinses abführen. Geldvermögen ist ein mobiles Monopol. Es müßte außerdem das Kreditsystem geändert werden, eingeschlossen das kostenintensive Bankensystem. Der Geldeigentümer darf gar nicht erst das Recht bekommen, mehr Zinsen einzunehmen, als er bezahlt. Das war der erste Teil der Vermögenssteuer. Der Wohlstand ist jetzt eigentlich schon gesichert. Was jetzt noch übrig bleibt, ist das Produktivvermögen mit den Arbeitsplätzen. Es sind natürlich wieder nur die Monopoleinkommen zu besteuern. Das erste Monopoleinkommen wäre dem Eigenkapital zuzuordnen. Finanziert das Geschäft nicht mehr die erwartete Eigenkapitalrendite, kommt es zur Schließung und das Kapital wird entzogen. Würde man auf das Eigenkapital eine Steuer in Höhe des sicheren Zinssatzes legen, gäbe es bei vielen Kapitalgesellschaften kaum noch Gewinne. Das bedeutet, viele Aktienunternehmen erwirtschaften mehr oder weniger ein Vermögenseinkommen, welches Gewinn genannt wird. Wie sieht es bei wachsenden Unternehmen aus? Erwirtschaftete Gewinn werden teilweise reinvestiert. Eine Besteuerung von Wachstumsinvestitionen ist wahrscheinlich nicht sinnvoll. Warum ist eine zusätzliche Körperschaftssteuer eigentlich notwendig? Der Aktionär zahlt doch schon Kapitalertragssteuern. Es geht um die örtliche Lage. Wenn die Aktionäre im Ausland sitzen, fällt nur dort die Kapitalertragssteuer an. Die Körperschaftssteuer fällt dagegen direkt lokal an, dort wo der Gewinn erwirtschaftet wird und die Wertschöpfung stattfindet. Wie ist es bei Unternehmen, die seit Jahren keinen Gewinn mehr einfahren? Eine Drucksteuer, wie die Vermögenssteuer, würde diese in den Bankrott führen. Der Eigenkapitalgeber verzichtet hier auf seine Rendite, weil er wahrscheinlich selbst ein Arbeitseinkommen aus der Unternehmung bezieht. Das ist nicht bei einem Aktienunternehmen zu erwarten, aber sehr wohl bei einer GmbH denkbar. Und noch eine andere Sicht. Wenn eine Aktiengesellschaft zu mehr als 50% fremdfinanziert ist, zahlt sie bereits mehr an Zinsen als sie einnimmt. Erst Eigenkapitalanteile von mehr als 50% werfen also sichere Vermögensgewinne ab. Trotzdem besteht ein Monopol darin, daß z.B. ein möglicher Konkurrent nur dann Eigenkapital durch Neuemissionen zur Verfügung gestellt bekommt, wenn er eine Rendite verspricht, die mindestens oberhalb der sicheren Verzinsung liegt. Das Eigenkapital muß über die Fremdkapitalzinsen hinaus, noch den Mindestgewinn erwirtschaften. Es handelt sich hierbei um keine Risikoprämie. Wenn sie z.B. versuchen das Eigenkapital mit einer Vermögensteuer in Höhe des sicheren Zinses zu belasten, wird der Eigenkapitalgeber trotzdem seine Rendite fordern. Es werden sich entweder die Arbeitseinkommen reduzieren oder die Verkaufspreise steigern. Auch eine Gewinnsteuer ist deshalb in der Höhe begrenzt. Das Monopol liegt hier im Geld. Das bedeutet, daß auch eine Zinssenkung der Notenbank nicht unbedingt die erwartete und durchsetzbare Verzinsung des Eigenkapitals senkt! Man kann Monopole nur besteuern, indem man sie besitzt. Das bedeutet, Firmen müßten nach Beendigung der Wachstumsphase verpachtet werden. Der Besitzer wird ein privates Investmentunternehmen, welches zur Weiterleitung der Pachteinnahmen verpflichtet ist. Würde man den Arbeitern das Monopol überlassen z.B. in Form von Aktien, würde das Monopoleinkommen nicht gerecht verteilt werden und wahrscheinlich zu nachlassender Leistung führen. Viele der alt eingesessenen Unternehmen sind schon deshalb monopolistisch, weil sie einen alten Markt besetzen. Konkurrenz würde Überkapazitäten erzeugen und wäre deshalb nicht überlebensfähig.
      Avatar
      schrieb am 25.06.03 01:49:39
      Beitrag Nr. 3.234 ()
      Alles unter Kontrolle :eek: :eek:

      (Steuerrat24) Mit dem "Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit" will die Bundesregierung den Bürgern eine Brücke zurück in die Legalität bauen: Durch Abgabe einer strafbefreienden Erklärung und Zahlung einer pauschalen Abgabe auf das nicht versteuerte Vermögen (Ablass-Steuer) wird ein Schlussstrich unter die Vergangenheit gezogen. Damit die so amnestierten Steuerbürger - wie alle anderen Steuerzahler - aber auch in der Zukunft steuerehrlich bleiben, bekommt der Fiskus ab dem 1.4.2005 weitreichende Kontrollmöglichkeiten.

      Nach dem Motto "Vertrauen ist gut - Kontrolle ist besser" gewährt das "Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit", dessen Gesetzentwurf die Bundesregierung am 18.6.2003 beschlossen hat und der jetzt in die parlamentarischen Beratungen eintritt, den Finanzbehörden neue Kotrollmöglichkeiten:

      - Die Finanzämter können über das Bundesamt für Finanzen auf elektronischem Wege Konteninformationen bei den Banken abrufen, wenn dies für die Steuerveranlagung erforderlich ist. Zuvor soll allerdings erst ein Auskunftsersuchen an den Steuerbürger selbst gerichtet werden (§ 93 Abs. 7 AO).

      - Auch andere Behörden, wie Arbeitsämter, Familienkassen, Sozialämter, BAföG-Ämter, Wohnungsämter usw., und Gerichte können sich an die Finanzämter wenden, die dann wiederum über das Bundesamt für Finanzen die Konten bei den Banken abfragen. Dies wird künftig zu erwarten beziehungsweise zu befürchten sein, wenn die beantragten Sozialleistungen vom Einkommen abhängig sind, zum Beispiel Arbeitslosenhilfe, Sozialhilfe, Kindergeld, BAföG, Wohnungsgeld usw. (§ 93 Abs. 8 AO).

      Das Bundesamt für Finanzen darf also künftig auf Anfrage der Finanzämter in einem automatisierten Verfahren auf Kontenstammdaten bei den Banken zugreifen und kann so mit einem Mausklick und auf einen Blick erkennen, bei welchen Banken Sie Konten und Depots unterhalten. Angeblich können Kontenstände und Kontenbewegungen noch nicht beim ersten Mausklick festgestellt werden, wohl aber bei der dann einsetzenden gezielten Nachfrage bei den betreffenden Banken (§ 93b AO).

      HINWEIS:
      Die Aufgaben des Bundesamtes für Finanzen werden per Gesetz erweitert: Jetzt gehört dazu auch der Abruf von Daten aus dem Datenabrufsystem der Banken und die Weiterleitung dieser Daten an die zuständigen Finanzbehörden. Damit wird dieses Amt zu einer Kontenevidenzzentrale für die Finanzämter (§ 5 Abs. 1 Nr. 22 Finanzverwaltungsgesetz).

      Hintergrund:
      Mit dem vierten Finanzmarktförderungsgesetz vom 21.6.2002 wurde in das Kreditwesengesetz eine Regelung aufgenommen, die bislang in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt ist, aber doch jeden betrifft: Der automatisierte Abruf von Konteninformationen und die Schaffung einer sog. Kontenevidenzzentrale bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (§ 24c KWG).

      Per Gesetz wurden die Banken verpflichtet, Dateien einzurichten, in die alle Konten und Depots mit Name des Kunden, Geburtsdatum, Verfügungsberechtigten sowie Einrichtungs- und Auflösungsdatum eingespeist werden müssen. Bei jeder Änderung einer Angabe muss ein neuer Datensatz angelegt werden. Die Daten dürfen erst drei Jahre nach der Auflösung des Kontos oder Depots gelöscht werden.

      Diese Daten müssen die Banken auf eigene Kosten so aufbereiten und zur Verfügung stellen, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) jederzeit mittels automatisiertem Verfahren darauf zugreifen kann. Dabei muss das Datensystem von den Banken technisch und organisatorisch so ausgelegt sein, dass nicht einmal sie selber erkennen dürfen, wenn die BAFin von ihrem Zugriffsrecht Gebrauch macht!! Diese Kontrollstelle bei der BAFin ist die sog. Kontenevidenzzentrale.

      Seit dem 1.4.2003 hat also die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) einen aktuellen und vollständigen Überblick über die Existenz sämtlicher Konten und ihrer Inhaber. Die BAFin kann jetzt leicht feststellen, bei welchen Banken eine bestimmte Person oder ein bestimmtes Unternehmen Kontenbeziehungen unterhält. In einem zweiten Schritt kann die BAFin dann bei den betreffenden Instituten gezielt Informationen zu Kontoständen und Kontobewegungen einholen. Dieses neue Abrufverfahren ersetzt das bisher erforderliche Auskunftsersuchen an ca. 2 700 Banken in Deutschland.

      Bisher durfte die BAFin ihre Erkenntnisse nur an gesetzlich genau bestimmte Stellen weitergeben, insbesondere an Aufsichtsbehörden, Strafverfolgungsbehörden und Gerichte. Jedenfalls gehörten die Finanzbehörden ausdrücklich nicht zu den Auskunftsberechtigten - nicht einmal im Steuerstrafverfahren! (BT-Drucksache 14/8017 S. 123). Doch das war gestern - und was schert mich mein Geschwätz von gestern!

      Jetzt - da das Datenabrufsystem mit rund 500 bis 600 Millionen deutscher Konten installiert und seit zwei Monaten in Betrieb ist - macht sich auch der Fiskus dieses System zunutze. Dazu bedarf es nur einer klitzekleinen Gesetzesänderung. Die Banken werden kurzerhand verpflichtet, die o. g. Datei über die Kunden- und Kontendaten nicht nur für die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin), sondern auch für das Bundesamt für Finanzen bereitzuhalten. Das erforderliche automationsgestützte Abrufverfahren soll in vollem Umfang dem System entsprechen, das derzeit bereits die BAFin nutzt. Somit übernimmt das Bundesamt für Finanzen künftig die Rolle einer zweiten Kontenevidenzzentrale (§ 93b AO).

      HINWEIS:
      Es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit - nicht der Technik, bis jedes einzelne Finanzamt das Datenabrufsystem unmittelbar nutzen und per Mausklick sehen kann, wer bei welchen Banken Konten und Depots unterhält.


      Der Steuerratgeber für Angestellte und Beamte, Sparer und Anleger, Vermieter und Eigenheimbesitzer: Steuerrat24. Hier finden Sie Antwort auf Ihre steuerlichen Fragen aus dem privaten und beruflichen Bereich. Immer aktuell und leicht verständlich.


      [ Dienstag, 24.06.2003, 12:18 ]
      :eek: :eek:
      Avatar
      schrieb am 25.06.03 01:52:26
      Beitrag Nr. 3.235 ()
      Nachrichten

      Falsche Zinssignale
      ++ Störende Geldpolitik ++

      Von Claus Vogt
      Die Österreichische Theorie des Wirtschaftszyklus ist keine Gleichgewichtsbetrachtung, sondern berücksichtigt ausdrücklich den Zeitablauf als wichtige Größe allen menschlichen und somit auch wirtschaftlichen Handelns. Konsumenten planen ihre Ausgaben und Produzenten ihre Investitionen. Die zentrale Rolle für die gesamtwirtschaftliche Koordination dieser Pläne im Zeitablauf spielt der Zinssatz. Nur ein durch den freien Markt bestimmter Zinssatz, der sogenannte natürliche Zinssatz, sorgt für eine effiziente Abstimmung zukünftiger Konsumwünsche und der zu ihrer Erfüllung notwendigen Investitionen. Eingriffe in den Marktmechanismus zur Festsetzung des Zinssatzes stören diese Koordination, weil sie zu systematisch falschen Zinssignalen führen. Letztere spielen insbesondere in der Investitionsplanung der Produzenten eine maßgebliche Rolle und rufen massenhafte Fehlplanungen hervor. Staatliches Geldmonopol und die Geldpolitik der Notenbanken müssen laut dieser Sichtweise immer wieder die Koordination von Konsum- und Investitionsplänen stören, da weder Politiker noch ihre Notenbanker allwissend sind und folglich den Marktmechanismus nicht sinnvoll ersetzen können. Auch sie sind Menschen und machen Fehler, die angesichts der hohen Komplexität einer modernen Volkswirtschaft unvermeidlich sind.

      Betrachten wir das typische Beispiel einer von der Notenbank vorgenommenen Zinssenkung mit der Absicht, die Wirtschaft anzukurbeln. Diese Maßnahme macht das Sparen unattraktiver und bewirkt deshalb einen Rückgang des Sparverhaltens. Gleichzeitig verbilligt sie Kredite und regt dadurch einen Anstieg der Investitionstätigkeit an. Der Konsument, der jetzt weniger spart, entscheidet sich also für mehr Konsum heute und weniger zukünftigen Konsum, während der Unternehmer Kapazitäten aufbaut, die für mehr Güter in der Zukunft sorgen werden, obwohl der Konsument deren Nachfrage nicht plant. Durch diesen Widerspruch sind die Weichen gestellt für einen in der Zukunft notwendig werdenden Anpassungsprozeß. Sobald die Zinsen zu steigen beginnen, werden die Fehlinvestitionen offensichtlich und die Korrektur beginnt. Erneute Zinssenkungen der Notenbank führen in diesem Modell natürlich lediglich zu einer weiteren Runde fehlerhafter Planungen. Sie können den unausweichlichen Anpassungsprozeß lediglich verzögern. Je stärker und länger der von der Notenbank manipulierte Zinssatz von dem natürlichen Zins abweicht, desto größer werden die nach obigem Muster entstehenden Fehlentwicklungen und anschließend notwendig werdende Korrekturen ausfallen. Die Manipulation des Zinssatzes durch die Notenbank spielt in dieser Theorie also eine zentrale Rolle.

      ++ Investitionsboom ++

      Insbesondere in den USA trägt die Wirtschaftsentwicklung seit der zweiten Hälfte der 1990er Jahre deutliche mit diesem Ansatz übereinstimmende Kennzeichen. Es entwickelte sich ein kreditfinanzierter Investitionsboom ungeahnten Ausmaßes, bei gleichzeitig stark rückläufiger Sparquote. Die Notenbank reagierte in diesen Jahren auf mehrere reale oder auch nur eingebildete Finanzkrisen mit Zinssenkungen und mit der Bereitstellung von Liquidität. Geldmengen und Kreditvolumen wuchsen in beängstigendem Ausmaß. Dadurch wurde der unvermeidliche Anpassungsprozeß immer wieder hinausgeschoben und die Fehlinvestitionen nahmen zu. Erst als Antwort auf den in gängigen Preisindizes sichtbar werdenden Inflationsdruck entschied sich die Notenbank für leichte Zinserhöhungen, die allerdings ausreichend waren, um den Boom zu beenden. Auch der folgende Abschwung unterschied sich grundlegend von der typischen Nachkriegsrezession und hielt sich damit ebenfalls an das Skript der Österreichischen Schule.

      Da der Wissenschaftsbetrieb von einer Mischung aus Keynesianismus und Monetarismus beherrscht wird, bewegt sich das Denken fast aller etablierten Ökonomen im Rahmen dieser Theorien. Zum Verständnis der wirtschaftlichen Entwicklung der vergangenen Jahre waren sie allerdings, gelinde gesagt, wenig hilfreich. Das gilt sowohl für die Aufschwungphase des Zyklus als auch für den darauffolgenden Abschwung, der unseres Wissens nach wie üblich von keinem der etablierten Ökonomen vorhergesagt wurde.
      Übrigens steht eine Goldwährung dieser zentral gelenkten, staatlichen Ausweitung von Geld und Kredit und dem darauf beruhenden Wirtschaftszyklus im Weg. Zwar ist auch eine Goldwährung nicht perfekt, aber sie erschwert es dem Staat, eine unseriöse Finanzpolitik zu betreiben.


      Claus Vogt leitet das Research der Berliner Effektenbank.

      instock.de
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      schrieb am 25.06.03 01:54:05
      Beitrag Nr. 3.236 ()
      Cash is trash

      Von Michael Mross
      Seit einigen Wochen weile ich an der Westküste der USA. Die Stimmung hier ist besser als die Statistiken. Der Mann auf der Straße spürt den wirtschaftlichen Rückgang kaum. Von Pessimismus keine Spur. Mehr noch als Aktien haben Amerikaner nämlich Immobilien – und die werden Jahr für Jahr wertvoller. Am Immobilienmarkt herrscht echte Euphorie und das hilft über schlechte Wirtschaftsdaten hinweg.

      Wer in den USA ein Auto haben will, bekommt erst mal 3000 US-Dollar auf die Hand. Bezahlen muss er es erst im Jahr 2004, dann in kleinen Raten, ohne Zinsen (laut Werbung). So wird der Konsumzurückhaltung aktiv entgegengesteuert. Was danach kommt, interessiert zunächst niemand. Die Deflation in den USA – Alan Greenspan will sie mit allen Mitteln verhindern. Niedrige Zinsen wirken in den USA – in Europa dagegen vermögen niedrige Zinsen kaum etwas auszurichten.

      Die US-Notenbank versucht mit allen Mitteln, Geld in den Wirtschaftskreislauf zu pumpen. Auch ein erhöhtes Aktienniveau scheint Greenspan recht, wenn es nur dazu geeignet ist, die Stimmung wieder aufzuhellen. Er, der noch 1998 vor einer Bubble warnte, als der Dow bei 6.000 Punkten stand, hat plötzlich keine Einwände mehr, wenn das Börsenbarometer munter auf 10.000 marschiert. Und das bei einem erheblich verschlechterten Wirtschaftsumfeld und mittlerweile astronomischen KGVs. Bleibt abzuwarten, wie die Konsequenzen aussehen.

      Cash is trash, heißt es hier aller Orten. Die vermeintliche Botschaft der Notenbank: Nehmt euer Geld vom Geldmarktkonto und macht etwas damit! Die Anleger fühlen sich selbst am Aktienmarkt wieder sicher, weil sie glauben, dass Alan und die Notenbank sie retten wird. Aufgeregte Diskussionen, wohin mit dem Geld, wenn es mit der Wirtschaft wieder bergauf geht. Doch einen kleinen Schönheitsfehler hat die ganze Debatte: Würde die US-Notenbank die Zinsen erneut senken, wenn der Wirtschaftsaufschwung bereits am Horizont sichtbar ist? Ganz sicher nicht!

      Unterdessen versuchen verzweifelte Fondsmanager und Leerverkäufer zum Halbjahresende zu retten, was noch zu retten ist. Sprich: sie müssen einsteigen, eindecken. Auf der Kaufliste stehen die Aktien, die noch vor wenigen Wochen niemand mit der Feuerzange angepackt hätte. Doch zum Halbjahresende können sich zumindest die Fondsmanager nicht erlauben, einen zu hohen Kassenbestand auszuweisen. Also dürfen wir gespannt sein, wie hoch die Kurse in dieser Woche noch laufen werden – „window dressing“ lautet das Zauberwort für steigende Börsen (kurstreibende Käufe von Aktien zum Quartalsende). Doch am 1. Juli werden die Karten neu gemischt und ich bin gespannt, ob jene, die heute kaufen, ihre Papiere auch morgen noch halten werden.


      Aktuelle Empfehlungen von Michael Mross unter: 0190 / 78 78 78 (1,24 € / Min.).

      Abonnieren Sie auch den kostenlosen Newsletter von Michael Mross unter www.mross.de.


      [ Dienstag, 24.06.2003, 16:01 ]
      instock.de
      Avatar
      schrieb am 25.06.03 02:03:16
      Beitrag Nr. 3.237 ()
      Das dritte Quartal kommt ...

      von Jochen Steffens

      In einer Woche beginnt das dritte Quartal. Bekanntlich gehört das dritte Quartal im Jahresverlauf gerne zu den schlechteren Quartalen. Das hat mehrere Gründe. Zum einen sind die Jahreserwartungen, die zumeist den Anfang eines Jahres einleiten mittlerweile entweder bestätigt oder nicht bestätigt worden. Zum anderen ist das Weihnachtsgeschäft schon lange vorbei, dass gerne mal zu besseren Zahlen führt und damit die Hoffnungen nährt, es ginge so weiter. Auch das Ostergeschäft, dass einige Branchen noch positiv beeinflussen kann, ist vorbei. Andererseits dauert es noch etwas bis zum nächsten Weihnachtsgeschäft, in dessen Vorfeld gerne schon mal auf bessere Zahlen hingetradet wird. Zudem gilt der Sommer generell als eine umsatzschwache Jahreszeit, sowohl bei den Unternehmen als auch an den Börsen. Bei schwachen Umsätzen neigen aber die Börsen dazu eher zu fallen, als zu steigen. Sell in May and go away, überlebte nicht umsonst als alte Börsenweisheit.

      Ich selbst mag die Sommermonate überhaupt nicht. Besonders zwischen Ende Juni und September mehren sich die Fehlsignale in den Futures und damit auch in den Indizes. (Wie Sie vielleicht wissen trade ich hauptsächlich den Euro Stoxx Future). Man kann eine Korrelation zwischen Umsatz und Fehlsignalen erkennen. Meistens fahre ich in diesen Tagen das Intradaytraden zu Gunsten längeren Invests zurück.

      Zum Abschluss dieses Halbjahres könnte es auch noch zu vermehrtem Window Dressing kommen (Window Dressing bedeutet in diesem Zusammenhang, dass institutionelle Anleger z.B. Fonds ihre Performance vor einem Bilanzstichtag oder Jahresabschluß aufbessern wollen. Das geschieht indem durch Käufe einzelner Positionen die aktuellen Kurse der Aktie nach oben getrieben werden. Damit kann man eine Performance natürlich deutlich verbessert werden) Performance ist wichtig, gerade zurzeit. Die Fonds verzeichnen wieder deutliche Mittelzuflüsse, die will man sich sichern. Das Problem bei diesem Window-Dressing ist, dass nach diesem Bilanzstichtagen die Positionen häufig wieder unauffällig in den Markt gegeben werden. Das unterstütz fallende Kurse. Dann noch die Zinssenkungsfrage morgen – die Konjunkturdaten. Bis nächste Woche stehen uns also noch interessante Kursbewegungen vor.

      Zudem beginnt nun die Ertragssaison. Einige Analysten rechnen bereits damit, dass sich die Erwartungen einiger Firmen nicht erfüllen. Das könnte zu weiteren Kursrutschen führen. Ein guter Zeitpunkt für Gewinnmitnahmen? Na, kaum geschrieben, schon kommt die Bestätigung: AMD hat gerade gemeldet, dass der Umsatz nun nur noch bei 615 Mio. Dollar liegen wird. Das Unternehmen hatte bisher mit 714 Mio. Dollar gerechnet. Und raten Sie mal wem oder was die Schuld gegeben wird? Der aktuelle Sündenbock ist SARS. Dazu hatte ich ja auch schon meine Meinung geschrieben.

      Trotz allem kann ich im Moment noch keinen wirklichen Verkaufsdruck an den Indizes erkennen. Das liegt zum Teil daran, dass in den Medien lediglich von einer "Korrektur" geredet wird. Kaum jemand geht von stark fallenden Kursen aus. Die Jahrestiefs sind weit entfernt und sollen auch nicht mehr erreicht werden. Gerade in Amerika sind die meisten Anleger fest davon überzeugt, dass es sich nur um eine Korrektur handelt. Und schließlich bilden Korrekturen in einem Bullenmarkt gute Einstiegschancen. Also kaufen? Sicher kann es noch weiter hoch gehen. Ich weiß nicht, wie sehr die Bullen die Realität verdrängen können. Aber auch die Bullen bräuchten schon eine gesundere und nachhaltigere Korrektur um diese Rallye zu bestätigen. Mit anderen Worten, selbst wenn wir uns in einem Bullenmarkt befänden, würde nur eine Konsolidierung eine "gesunde" Entwicklung einleiten können. Aber Sie wissen, ich bin nicht mal der Ansicht, dass wir uns in einem Bullenmarkt befinden.

      Nachdem die Märkte durch die Umsatzwarnung von AMD nach unten getrieben wurden, kommt nun die krasse Gegenbewegung. Hin und her wird der Markt geschleudert. Der Grund?

      Na, das US Verbrauchervertrauen wurde um 16 Uhr veröffentlicht. Der Index hat sich nur mäßig verschlechtert, er notiert bei 83,5 nach 83,6 Zählern zuvor. Erwarte wurde der Wert zwischen 82,0 bis 85,0 Zähler. Damit wurden die durchschnittlichen Erwartungen leicht übertroffen. Hey, wenn das kein Grund zu kaufen ist?

      Ehrlich, der Wert IST gesunken! Das zudem auf sowieso schon sehr niedrigem Niveau. Auch da kann ich wirklich keinen Hinweis auf eine wirtschaftliche Erholung erkennen. Ah, gut – jetzt scheinen auch andere Anleger das zu erkennen, die Kursgewinne wurde wieder gänzlich abgegeben. Manchmal kann man wirklich nur kopfschüttelnd zuschauen.

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      Ifo Institut: Wachstum auf 2004 verschoben.

      von Jochen Steffens

      Die deutsche Wirtschaft wird in diesem Jahr nicht wachsen. Das ist zumindest die Prognose des Münchener Institut für Wirtschaftsforschung, Ifo. Wo ist bloß die erwartete Konjunkturerholung für das zweite Halbjahr hin? Verschoben ... auf 2004. Aber auch 2004 soll es nur zu einem moderaten Wachstum kommen. Bisher stimmten diese Prognosen nun schon über ein Jahr nicht. Auch wenn nächstes Jahr allein 0,6 % Wachstum durch die wenigen Feiertage generiert werden – ich bin selbst für 2004 skeptisch.

      Mittlerweile spricht eigentlich keiner mehr von einer Konjunkturerholung im zweiten Halbjahr. Geflissentlich vergessen, ausgeblendet. Und zum dritten Mal wurde diese Erholung verschoben. Doch Sie sollten sich fragen, wie passt das zu der aktuellen Rallye?

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      VW und BMW leiden unter Metallerstreik

      von Jochen Steffens

      Der Streik der Metallindustrie in Ostdeutschland belastet die Autobauer. VW hat nun die Auswirkungen in Zahlen gepresst. Wenn die Streiks in der Metallindustrie bis Freitag dauern, so führt das bei VW zu einer Produktionseinbuße von 20.000 PKW. Allerdings ließ VW offen, wie sich diese Zahl auf die Ergebnisse von VW auswirken werde. Kein Wunder, denn noch ist nicht klar ob und wie schnell das Unternehmen diese Produktionseinbuße aufholen kann.

      Aber auch bei BMW spürt man die Folgen des Streiks. Hier liefert der bestreikte Getriebehersteller ZF keine Getriebe mehr. Doch die Streikparteien zeigen nun Bereitschaft zu neuen Verhandlungen. Aufgrund des großen öffentlichen Drucks rechne ich mit einer Einigung.


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      Dienstag, 24. Juni 2003
      Die Fed fördert Spekulationsblasen

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Die Fed fördere Spekulationsblasen so Stephen Roach. Zuerst die Spekulationsblase am Aktienmarkt ... dann am US-Immobilienmarkt ... dann bei den amerikanischen Anleihen ... und jetzt wieder bei Aktien. Jedes Mal, wenn der Blase die Luft auszugehen drohte, dann sprang die Fed ein, und eine neue Blase wölbte sich aus.

      Und jedes Mal schien die Fed zu garantieren, dass die Investoren kein Geld verlieren würden – egal, wie extreme die Preise werden würden. Am Aktienmarkt schien Greenspan sicherzustellen, dass die Aktienkurse nicht signifikant fallen würden; wenn die Kurse zu fallen beginnen würden, dann würde Greenspan einfach die Zinsen senken – so dachten die Kleinanleger. Dann gab es noch die Absicherung durch den Fed-Gouverneur Ben Bernanke. Die Logik war: Die Wirtschaft hängt vom Immobilienmarkt ab, und die Lage am Immobilienmarkt hängt von niedrigen Zinsen ab. Niemals würde Bernanke deshalb die Zinsen steigen lassen; im Gegenteil, er würde sie weiter senken, um die Erholung auf Kurs zu halten.

      Die Fed denkt derzeit wohl über eine weitere Spekulationsblasenfördernde Zinssenkung nach. Die Kurse der Technologieaktien haben wieder extreme Niveaus erreicht. Aber diese Obszönität scheint die einfach denkenden Investoren nicht abzuschrecken, sondern anzuziehen.

      "Alle von uns haben gedacht, dass es Jahre dauern würde, bis die Wunden der Kleinanleger, die sie am Aktienmarkt erlitten hatten, geheilt seien", so der Präsident von E-Trade gegenüber der New York Times.

      "Stattdessen", so der Artikel weiter, "kehren die Investoren mit kaum geheilten Wunden um Aktienmarkt zurück. Drei Jahre Aktienmarkt-Qual scheinen die Ansicht, dass Aktien langfristig die beste Vermögensanlage seien, nicht nachhaltig erschüttert zu haben."

      Aktien sind langfristig gut, natürlich, wenn sie besonders billig sind ... so wie sie es 1980 waren, als man für eine durchschnittliche S&P 500 Aktie ein KGV von 6,8 bezahlen musste. Damals konnte man kaufen und die nächsten 20 Jahre einfach abwarten – mit der Aussicht auf außergewöhnliche Gewinne. Aber jetzt hat die durchschnittliche S&P 500 Aktie ein KGV von mehr als 32, und das "Abwarten" wird wahrscheinlich lang und schmerzvoll. "Es ist hart, irgendwelche realen News zu finden, die die aktuelle Rally rechtfertigen", so Paul Krugman in der New York Times. "Es werden weiterhin Arbeitsplätze abgebaut ... die Bundesregierung und die Länderregierungen bauen weiter Serviceleistungen ab ... und erhöhen die Steuern ..."

      Das amerikanische Handelsbilanzdefizit ist laut MSNBC auf ein neues Rekordhoch gestiegen. Genauso wie das Leistungsbilanzdefizit. Und das US-Haushaltsdefizit. Und die Zahl der Leute, deren Häuser zwangsversteigert werden.

      "Oh, und die Politik einer Bananenrepublik, die derzeit in Washington verfolgt wird", so Krugman, "die wird nicht nur die Zinsen steigen lassen; sie wird wahrscheinlich auch zu einer ausgewachsenen Haushaltskrise in den nächsten Jahren führen. Das kann für die Aktienkurse nicht gut sein. Kurz gesagt: Die derzeitige Rally am Aktienmarkt sieht wie eine neue Spekulationsblase aus – eine, die irgendwann platzen wird."
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      Insider verkaufen Biotech-Aktien

      von unserem Korrespondenten Eric Fry in New York

      "Wir gehen davon aus, dass die Anleihen ihre höchsten Kurse gesehen haben", so Donald Straszheim von Straszheim Global Advisors. "Die Investoren wären klug, wenn sie auf dem derzeitigen Niveau nicht zu gierig wären – dem niedrigsten Zinsniveau seit 40–50 Jahren. Kommt unsere Einschätzung zu früh? Vielleicht ... (Aber) der Anleihenmarkt hat 2002–2003 begonnen, so auszusehen, wie die Nasdaq von Juni 1999 bis März 2000. Zu weit, zu schnell. Zu gut, um von Dauer zu sein."

      "Wenn die Erinnerungen und ihre Lektionen verblassen", so Straszheim weiter, "dann bezahlen die Investoren den Preis. Die letzte Verdoppelung des Nasdaq Composite brauchte nur 9 Monate (2.524 Punkte am 18. Juni 1999 auf das Topp von 5.048 Punkten am 10. März 2000). Der Anleihenmarkt hat vergleichbare Kursgewinne verbuchen können ... die Rendite der 5jährigen Anleihen steht bei 2,21 % – nach 6,35 % im Juni 2000 und 4,34 % im Juni 2002. Was für eine Bewegung! ... Das sieht für uns wie ein Topp bei den Bondpreisen aus."

      Auch beim Aktienmarkt sieht es ein bisschen nach einer Topp-Bildung aus, und – vielleicht, nur vielleicht ist jetzt der Punkt der Erschöpfung nahe ... Die Handelsaktivitäten der letzten Woche erinnerten an die letzte Stunde eines Tanzmarathons in den 1950ern. Die einst feschen Nasdaq und Dow stehen zwar noch, aber sie sind ganz schön ermüdet ... lassen sie uns ihnen den Preis geben für den längsten Tanz, aber man sollte nicht erwarten, dass sie noch lange tanzen ... diese Kinder sind müde! Ein Zeichen der Müdigkeit: Die Aktien der ersten Reihe – die Blue Chips – laufen den spekulativen Aktien – den Biotechs und Hightechs – hinterher. Mit anderen Worten: Die schlechtesten Aktien steigen am meisten!

      Alan Newman von CrossCurrents betont, dass die Biotechaktien seit Anfang März fast 50 % gestiegen sind. Er hat sich die Biotechgesellschaften, die im Merrill Lynch Biotech Holders Trust (BBH) enthalten sind, angesehen. Dabei hat er entdeckt, dass nur die Hälfte dieser Unternehmen überhaupt Gewinne macht, und diese haben ein durchschnittliches KGV von 58. Ein weiteres interessantes Faktum: Von den Unternehmens-Insidern haben nur 5 eigene Aktien gekauft, dafür 94 verkauft; das Verhältnis von verkauften zu gekauften Aktien lag bei 67 zu 1. "Dasselbe kann man bei den Halbleiteraktien sehen", so das Barron`s Magazin. "9 der 10 Top-Performer haben ein durchschnittliches KGV von 77,3 (der zehnte Topp-Performer schreibt rote Zahlen). Das Verhältnis der von Insidern verkauften zu gekauften Aktien liegt bei 1.665 zu 1."

      Ganz einfach – seit Mitte März haben die hässlichen Aktien die Rally angeführt. Ein weiteres Zeichen, das für eine Erschöpfung spricht, ist die Tatsache, dass die Popularität der Börse steigt.

      Alan Abelson schreibt dazu im Barron`s Magazin: "Laut einer Umfrage von Merrill Lynch unter Fondsmanagern sind diese fast voll investiert – die Cashbestände sind auf minimale 4 % des Fondsvermögens gefallen. Offensichtlich haben sie keine Angst vor Rückschlägen mehr ( ...) Laut der letzten Umfrage von Investors Intelligence sind 60,2 % der Fondsmanager bullisch, 16,2 % stehen auf der Bärenseite."

      Leider ist der Aktienmarkt keine Demokratie; ihm ist es egal, was die Mehrheit glaubt oder hofft. Der Aktienmarkt ist ein Autokrat, und es macht ihm Spaß, die Mehrheit zu frustrieren. Er hat Spaß daran, das zu tun, was am wenigsten erwartet wird ...

      Der Selloff am Aktienmarkt muss nicht sofort beginnen ... aber er sollte. Auch nach einem dreijährigen Bärenmarkt sind die Aktien noch teuer. "1982 hatten die Aktien ein durchschnittliches KGV von 7,9 und eine Dividendenrendite von 6,3 %, das Kurs-Umsatz-Verhältnis lag bei rund 0,33", so das Barron`s Magazin. "Heute haben die Aktien ein KGV von durchschnittlich 28, eine Dividendenrendite von 2 % und ein Kurs-Umsatz-Verhältnis von 1,3. Mit anderen Worten – dieser Markt ist alles andere als billig. Diese Bewertungen klingen mehr nach dem Topp eines Bullenmarktes als nach dem Boden eines Bärenmarktes."

      Machen Sie sich fertig für den letzten Tanz.

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      Wann wird die chinesische Währung floaten?

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      *** "Der Yuan ist die unterbewerteste Währung in der Welt", schrieb der Economist am 24. April 2003. Wenn man den "Big Mac"-Indikator nimmt, dann kostet ein Big Mac in China umgerechnet rund 1,20 Dollar. In den USA kostet er 2,40 Dollar. Damit der Yuan die Parität mit dem Dollar erreichen würde, müsste er gegenüber dem Dollar um 56 % aufwerten.

      "Weil der Yuan gegenüber dem Dollar künstlich niedrig gehalten wird", so der immer kontroverse, immer unterhaltende Porter Stansberry, "kosten chinesische Güter in den USA nur die Hälfte von dem, was sie eigentlich kosten sollten. China hat amerikanische Jobs aus den USA gezogen und sammelt Milliarden Dollar, weil es schummelt. Das kann nicht immer so weitergehen. Und deshalb wird es das auch nicht."

      Marschall Auerback glaubt, dass China die Kraft hat, der US-Wirtschaft richtig zu schaden ... genauso wie der Internationale Währungsfonds Argentinien geschadet hat. Ich habe letzte Woche über die Argumentation Auberbacks geschrieben. Porter erwartet, dass das Floaten des Yuan eine Krise auslösen könnte, die so groß sein könnte wie die Russenkrise 1998, oder die Mexikokrise 1994 ...

      Wann wird die chinesische Währung floaten? Das ist die große Frage. Wird sie floaten? Ist vielleicht die bessere Frage. Ich denke, sie wird es – einige Zeit bevor die Probezeit von China in der WTO endet (im Jahr 2008). Wenn China die Mitgliedschaft in der WTO behalten will.

      Porter glaubt, dass die Freigabe des chinesischen Wechselkurses früher kommen wird – und er schlägt vor, sein Vermögen nicht nur in Dollar anzulegen, sondern unbedingt zu diversifizieren. Ein Vorschlag, dem ich mich unbedingt anschließe.

      investorverlag.de
      Avatar
      schrieb am 25.06.03 12:34:15
      Beitrag Nr. 3.238 ()
      25.06. 10:26
      Verschuldung der US-Verbraucher und die Fed
      (©GodmodeTrader - http://www.godmode-trader.de)



      In den USA stehen derzeit durch die niedrigen Hypothekenzinsen die Aufnahme von Krediten für den Hausbau oder Hauskauf in Mode. Autohersteller locken mit Nullzins-Angeboten und Werbeangebote wie „Jetzt kaufen, später zahlen“ locken in den USA an jeder Ecke.

      Pro Jahr steigt die private Verschuldung um 10%, während das private Einkommen um nur 3.7% ansteigt. Die US-Notenbank wird zudem die Kreditaufnahme noch attraktiver gestalten – es wird erwartet, dass die Leitzinsen erneut gesenkt werden.

      Paul Kasriel, Chefökonom bei Northern Trust, betont die Gefahren, die sich aus diesem Trend ergeben. Die Kreditaufnahme werde von allen Seiten her unterstützt, was jedoch bei wieder steigenden Zinssätzen ein richtiges Problem werden könnte, so Kasriel. In den 12 Monaten zum 31. März führte die hohe Verschuldung zu 1.57 Millionen privaten Insolvenzen. Auch die Zahl der Zahlungsunfähigen bei Hypothekenschulden haben ein Rekordhoch erreicht.

      Sam Gerdano, Exekutivdirektor bei dem American Bankruptcy Institute, betont, dass es den Politikern eigentlich egal sei, wenn Privatleute insolvent werden. „Das ist die andere Seite der Medaille bei den Verbraucherausgaben. Man muss Verbraucher zu Ausgaben bewegen, wir müssen Verbraucher zur Kreditaufnahme ermutigen, um die Wirtschaft am Leben zu halten. Aber Insolvenzanträge sind ein häufiges Nebenprodukt dieser Beziehung“.

      Stephen Brobeck, Exekutivdirektor bei der Consumer Federation of America, verweist auf die Stärke des Trends hin. So haben Teenager in höheren Einkommensklassen oft bereits ein Auto (aufgrund der Gesetzgebung ist es teilweise im Alter von 15 Jahren in den USA erlaubt, ein Automobil zu führen) auf Kredit gekauft und schaffen sich mit 20 Jahren eine Kreditkarte an. Jedoch sind die Amerikaner sich der Probleme bewusst. Eine jüngste Umfrage der Gruppe zeigt, dass 25% der Amerikaner „sehr besorgt“ über ihre Fähigkeit der Begleichung der Kreditschulden sind, während weitere 25% ihre Kredite nur zurückzahlen könnten, wenn das aktuelle Einkommensniveau stabil bleibt.
      Avatar
      schrieb am 25.06.03 12:37:27
      Beitrag Nr. 3.239 ()
      23.6.03 Börsen-Stresstest steht bevor

      Märkte im Bann der Fed - Steuerpläne der Regierung wecken Wachstumsfantasie

      von Beatrix Wirth

      Berlin - "Die Hausse nährt die Hausse" lautet ein Börsensprichwort, das sich wieder einmal zu bewahrheiten scheint. Trotz vieler Unkenrufe, dass eine Gegenbewegung überfällig sei, beweisen die Aktienmärkte anhaltende Stärke. Immer mehr Börsianer lassen sich von Optimismus und Kauflust anstecken: Der Anteil an Pessimisten unter den Verfassern von Börsenbriefen in den USA habe zuletzt mit 16,1 Prozent den niedrigsten Stand seit April 1987 erreicht, berichten die Strategen von Helaba Trust. Und die Mehrheit der Experten ist überzeugt, dass die freundliche Grundstimmung andauert. So sehen charttechnische Analysten beim Dax kurzfristig Potenzial bis über 3400 Punkte.
      Vor allem die Erwartung einer weiteren Zinssenkung der US-Notenbank Fed beflügelt zum Start der neuen Handelswoche die Fantasie der Börsianer. "Am wahrscheinlichsten erscheint eine Zinssenkung um 25 Basispunkte, gekoppelt mit einer beschwichtigenden Erklärung, es handele sich um eine reine Vorsichtsmaßnahme", meinen die Strategen der DZ Bank. Eine solche Vorgehensweise dürfte die Aktienmärkte stützen, da sie das Szenario eines moderaten Wirtschaftsaufschwungs bestätigen würde. Vorsicht wäre in diesem Fall allerdings bei den festverzinslichen Papieren angesagt: Weitere Gewinnmitnahmen sind nicht ausgeschlossen, sollte Fed-Chef Alan Greenspan die am Rentenmarkt regierenden Deflationsängste aus dem Weg räumen oder gar das Ende des Zinssenkungszyklus andeuten.
      Weniger auf Fingerspitzengefühl bei der Kommunikation als auf die harten Fakten kommt es bei den anstehenden Konjunkturdaten an. Auch von ihnen werden positive Signale für den Aktienmarkt erwartet.
      ... Ein weiterer Faktor, der sich für die Börsianer zu einem Lichtblick entwickeln könnte, ist das mögliche Vorziehen der für 2005 geplanten dritten Stufe der Steuerreform auf 2004.

      Kommentar: Weder der Glaube an einen Aufschwung, noch Zinssenkungen noch eine Steuerreform kann unser Wirtschaft weder in Gang bringen. Wenn die Schulden dreimal schneller steigen als die Wertschöpfung, dann steht schlicht der Bankrott bevor. Was soll da ein realitätsfremder "Glaube" mit steigenden Aktienkursen ausrichten? Was sollen da Zinssenkungen, die nur wieder zu einer Liquiditätsfalle führen und bisher schon nichts gebracht haben? Was soll da eine Steuerreform ausrichten, die über steigende Beiträge und Steuern in anderen Bereichen fianziert wird? Das alles sind Scheinlösungen - Augenwischerei fürs Publikum.

      Kommentar v. Günter Hannich
      Geldcrash.de
      Avatar
      schrieb am 25.06.03 12:38:35
      Beitrag Nr. 3.240 ()
      Die Baisse dauert an!

      Die Fed wird am Mittwoch 25.6.2003 die 13. Zinssenkung ankündigen. Die 12. Senkung war von 6% im Januar 2001 auf 1,25%. Da bleibt nicht mehr viel übrig. Alan Greenspan wird in seiner Rede wie immer nebulös seine Aussage machen. Der Markt hat dann die Möglichkeit, sich seine eigene Meinung zu bilden. Insider und "starke Investoren" ziehen sich aus dem Markt zurück. Das "Lumpeninvestoriat" versucht die Gegenrichtung einzuhalten, jedoch mit wenig Erfolg. Es spielt keine Rolle was der Fed Greenspan tut, es führt zu schnell bewegenden Märkten, die letztlich in einem scharfen Verfall enden. Die letzten Daten des Investors Intelligence zeigen 62,2% sind bullish und nur 16,2% sind bearish. Das US-Verbrauchervertrauen stagniert auf dem Vormonatsniveau.

      Die Märkte stehen wieder einmal an einem kritischen Punkt. Die überwiegende Mehrheit der Marktschreiber ist "bullish" und der VIX in der "20er" Region. Hier fanden in der Vergangenheit immer die Wenden statt, wenn der Markt in voller Zufriedenheit den Bullen gallopieren lässt. Der nationale Einkaufsmanagerindex konnte die Marke 50 nicht überschreiten. Es ist höchste Aufmerksamkeit angesagt, denn ein Kollaps kann sehr sehr schnell stattfinden. Die Navigation läuft nach Elliott in eine große Welle 3. Dreier Wellen sind verheerend in einem Bärenmarkt. In einem Bullenmarkt generieren sie gute Gewinne. Dreier Wellen sind meist ausgedehnt. Nicht zu vergessen ist die Zeit um Ende Juli/Anfang August, ein signifikantes 21 Jahres-Tief. Eine neue "Blase" hat sich gebildet. Überkauft und resistent.

      Das Fibodatum hierzu wäre der 3./4. August 2003 (144 Tage seit demTief 12.3.2003) Montag 4. August 2003.


      evotrade.de
      Avatar
      schrieb am 25.06.03 12:45:32
      Beitrag Nr. 3.241 ()
      Handelszonen

      Bushs neue Freunde


      Amerika hat lange vergeblich auf Wirtschaftsimpulse aus Europa gewartet — nun werden Freihandelszonen mit anderen Ländern geplant.

      von Marc Hujer



      (SZ vom 25.6.2003) — Europa ist für Amerika längst nicht mehr das Land der neuen Handelsmöglichkeiten. Die meisten Kämpfe um Investitionen und Freihandel sind gefochten, und das, was übrig bleibt, genießt den sicheren Schutz der Lobbyisten.

      Hinzu kommt aber auch, dass es seit einigen Jahren um das Wirtschaftswachstum in Europa nicht sonderlich gut bestellt ist, und wie sehr das Amerika verärgert, lässt sich an den regelmäßigen Verlautbarungen zu den Treffen der G7-Industriestaaten ablesen.

      Immer wieder drängte die US-Regierung auf mehr Wachstum in Europa, und jetzt, da mit George W. Bush ein Präsident im Amt ist, der nicht unbedingt als ausgesprochener Europafreund gilt, ist der Ton schärfer geworden.

      In Washington zeigt man inzwischen auch, dass es im Zweifel andere Partner als die Europäer gibt. Natürlich wird immer wieder die Bedeutung des transatlantischen Handels und der gemeinsamen Wirtschaftsverflechtungen betont, nicht zuletzt auch von Bushs Handelsbeauftragtem Robert Zoellick, den mit EU-Handelskommissar Pascal Lamy eine lange Freundschaft verbindet.

      Eine Studie der Johns Hopkins Universität kommt zu dem Schluss, dass das gegenseitige Wirtschaftsinteresse beider Seiten "dramatisch" zugenommen habe, und die aktuellen Zahlen sprechen für sich: Drei Viertel aller Auslandsinvestitionen in Amerika kommen inzwischen aus Europa, etwa sieben Millionen Amerikaner werden direkt oder indirekt von europäischen Firmen beschäftigt, und umgekehrt verdanken etwa sechs Millionen Europäer ihren Arbeitsplatz amerikanischen Investoren.



      Konflikte haben zugenommen
      Und doch haben die Konflikte zwischen beiden Blöcken vom Streit um amerikanische Stahlzölle zum aktuellen "Frankenfood"-Konflikt zugenommen.

      Gleichzeitig versucht die amerikanische Regierung, die Europäer mit rivalisierenden Handelsverträgen unter Druck zu setzen. Seit August vergangenen Jahres hat Bush dazu die parlamentarische Unterstützung, nachdem der Kongress ihm die so genannte Trade Promotion Authority zugesprochen hat, die Erlaubnis, eigenständig Handelsverträge zu vereinbaren.

      Diese Erlaubnis hatte sein Vorgänger Bill Clinton in seiner Amtszeit verwirkt. Anfang diesen Monats unterzeichnete Bush die beiden ersten Verträge, einen mit Singapur und einen anderen mit Chile. Es sollen noch weitere bilaterale Handelsverträge mit Australien, Marokko, Südafrika, Botswana und Namibia folgen.

      Der US-Handelsbeauftragte Zoellick arbeitet außerdem auf ein zentralamerikanisches Freihandelsabkommen mit Costa Rica, El Salvador, Guatemala, Honduras und Nicaragua hin und nicht zu vergessen die Free Trade Area of the Americas (FTTA), die größte Freihandelszone der Welt, die die gesamte amerikanische Hemisphäre umschließen soll.



      Konkurrenz zum transatlantischen Handel
      Die neue amerikanische Freihandelspolitik stößt in Europa verständlicherweise auf Vorbehalte, denn jede neue amerikanische Freihandelszone, wie auch die neuerdings geplante im Nahen Osten, steht zumindest indirekt in Konkurrenz zum transatlantischen Handel.

      Und natürlich passiert es auch nicht grundlos, wenn Finanzminister John Snow in den vergangenen Wochen die Wachstumskräfte in Lateinamerika betonte. Erst in der vergangenen Woche, am Rande des Staatsbesuches von Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva in Washington, gründeten Snow und sein brasilianischer Kollege Antonio Palocci die so genannte Group of Growth.

      Angesichts der Wachstumsschwäche in der Group of Seven, in der die Europäer vertreten sind, klingt der Name wie eine Provokation.
      Der neue Ton ist ein Resultat veränderter ökonomischer Zwänge. Nach dem Ende des Internetbooms leidet Amerika unter Überkapazitäten. Die Wirtschaft hat Fabriken gebaut, für deren Produkte es keine Nachfrage mehr gibt.

      Amerika hatte auf Hilfe aus dem Ausland gehofft, und da Japan tief in der Krise steckt, wurde Europa als naheliegendste Rettung gesehen. Amerika verlangte deshalb von Europa schnelle Reformen, um für Wachstum zu sorgen: Die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und mutigere Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank.

      Die jüngsten Unfreundlichkeiten gegenüber Europa, zuletzt die Klage wegen des Importverbots von genmanipulierten Lebensmitteln, sind auch eine Reaktion auf die wachsende Frustration der Amerikaner mit den miserablen Wirtschaftsaussichten in Europa. Auf Europa wird Amerika nicht verzichten können, aber Wettbewerb, sagt sich die Regierung, belebt das Geschäft.




      sueddeutsche.de
      Avatar
      schrieb am 25.06.03 12:52:21
      Beitrag Nr. 3.242 ()
      Physisches Gold tief im Abseits – Doch das wird sich ändern
      (24.06.2003)

      Langsam, aber sicher verdient Gold gesteigerte Aufmerksamkeit. Die fortschreitende Erholung des amerikanischen Dollar hat bisher verhindert, dass die Notierungen die Marke von 350 Dollar je Feinunze unterschritten. Dabei ist die technische Belastung wegen der immens hohen offenen spekulativen Kaufengagements enorm. Sie bilden ein massives Liquidationspotential, das die Notierungen durchaus um 15 bis 20 Dollar drücken könnte, wenn es, aus welchem Grund auch immer, ausgelöst werden sollte.

      Der Umstand, dass Gold trotz der Erholung des Dollar dem drohenden Liquidationsdruck bisher widerstehen konnte, regt mancherorts zum Nachdenken an. Gibt der Markt vielleicht zu verstehen, dass sich die Spielregeln geändert haben? Oder halten die Terminfonds an ihren Kaufengagements fest, weil sie erkannt haben, dass der Dollar gar nicht mehr die ausschlaggebende Rolle spielt, sondern ganz andere Kräfte auf die Preisbildung einwirken?

      Nun kann man nicht behaupten, dass die spekulativen Fonds besonders intelligent sind. Sie orientieren sich fast ausschließlich an technischen Merkmalen, und wenn sie aktiv werden, ist dies letztlich nichts anderes als Ausdrucks eines Herdentriebs. Warum sie derzeit stillhalten und nicht liquidieren, muss daher nicht weiter hinterfragt werden.

      Fest steht, dass der Terminmarkt für Gold nun schon seit einigen Jahren weit mehr Interesse auf sich zieht als der physische Markt. Nur gelegentlich, wenn zum Beispiel Gold Fields Mineral Services wieder einmal einen Lagebericht vorlegt, rücken Aspekte des physischen Marktes für kurze Zeit in den Vordergrund.

      Ein so ausgeprägtes Desinteresse, wie es der physische Goldmarkt seit langem ertragen muss, weckt die Aufmerksamkeit jener, die es schätzen, sich strategisch so positionieren, dass sie voll engagiert sind, wenn die Masse auf eine sich tatsächlich oder vermeintlich bietende Chance aufmerksam zu werden beginnt. Ein ungeliebter, vernachlässigter und auch weithin nicht richtig verstandener Markt wie der physische Goldmarkt drängt sich dem „Smart Money“ geradezu auf, weil es hier unbemerkt und ungehindert seine Netze bauen kann.

      Bisher ist das Interesse privater Anleger an physischem Gold nahezu belanglos. Dies gilt auch als der entscheidende Grund dafür, dass der physische Markt wie ein lästiges Anhängsel des Terminmarktes erscheint. Doch es sollte zu denken geben, dass ein in London notierter geschlossener Fonds von Merrill Lynch seit Anfang Mai mehr als eine Tonne physischen Goldes erworben hat. Wie verlautete, betrachten die Fondsverwalter das physische Gold als eine besondere Form der Liquidität.

      Genau das ist es, was mit fortschreitender Zeit mehr und mehr Anlegern bewusst werden dürfte. Im Hintergrund steht die unverrückbare Tatsache, dass die weltweit wieder stark wachsende Staatsverschuldung den Wert der bedeutenden Währungen zunehmend aushöhlt. Vor einer solchen Aushöhlung ist Gold nicht nur geschützt, sondern es bietet sogar Schutz vor einer Aushöhlung der Währungen.

      Mit anderen Worten: Es wird die Erkenntnis wachsen, dass Gold das bessere Geld ist. Doch bis sie sich in breiteren Kreisen durchzusetzen beginnt, muss noch ein großer Teil des Wegs durchschritten werden, den die deflationären Tendenzen vorgeben. Dennoch naht der Zeitpunkt, zu dem sich Anleger aller Klassen bis hin zu den Finanzabteilungen von Unternehmen mit der Frage befassen müssen, ob der Erwerb physischen Goldes zu noch niedrigen Preisen nicht dringend erforderlich ist, um der langfristig vorgezeichneten, zunächst noch schleichenden Kapitalvernichtung vorzubeugen.


      Arnd Hildebrandt

      Herausgeber
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      Über den missverstandenen Dollar und den unterschätzten Euro
      (25.06.2003)

      Einem steilen Anstieg, der noch dazu wegen seines Tempos weithin überrascht hat, folgt in aller Regel eine ausgedehnte Korrektur. Das gilt für alle Märkte, also auch für den Devisenmarkt, scheint aber jetzt angesichts des Rückschlags, den der Euro gegenüber dem amerikanischen Dollar hinnehmen muss, in Vergessenheit zu geraten.

      Weil der Euro gegenüber dem Greenback, aber auch gegenüber dem Yen, weiter als vielerorts vermutet zurückgefallen ist, beginnen mehr und mehr Auguren an ihren Prognosen für das Wechselkursverhältnis zu basteln. Unter dem Eindruck des Faktischen nehmen sie ihre Voraussagen zurück, haben aber große Mühe, dies auch nur einigermaßen überzeugend zu begründen. Sie biegen und sie wenden sich, und zum Teil stellen sie ihre früheren Aussagen einfach auf den Kopf, indem sie Argumente, die noch vor kurzem zur Begründung einer weiteren Aufwertung des Euro dienten, einfach herumdrehen und wohlfeile Gründe für das Ende des Aufwertungsprozesses anführen.

      Ihr Problem liegt offenkundig darin, dass sie das große Bild und die ihm zugrunde liegenden Tendenzen einfach nicht erkennen können oder wollen. Zum einen ist niemand mehr an einem schwachen Dollar interessiert als die Regierung in den USA. Nur ein über lange Zeit hinweg schwacher Dollar kann die nicht länger finanzierbaren Leistungsbilanzdefizite der USA wieder auf ein erträgliches Maß zurückstutzen.

      Ferner setzen vor allem asiatische Zentralbanken die strategische Streuung ihrer Devisenreserven fort. Sie wissen, dass eine einseitige Ausrichtung dieser Reserven auf den Dollar großen Risiken birgt. Die einzige Währung, in die sie unter Aspekten des Volumens ausweichen können, ist und bleibt der Euro. Übrigens hat auch Russland dies erkannt und ist dabei, seine Reserven in Euro umzuschichten.

      Nicht zu vergessen sind einige Opec-Länder, die inzwischen ebenfalls den Euro gegenüber dem Dollar favorisieren. Es ist übrigens wieder einmal die Rede davon, dass das Kartell beschließen könnte, Öl künftig auf Euro-Basis und nicht mehr in Dollar abzurechnen. Wir glauben nicht, dass dies eine realistische Vorstellung ist, doch handelt es sich um ein Argument, das die internationale Stimmung für den Euro fördert und gegen den Dollar richtet.

      Schließlich ist noch zu bedenken, dass an den internationalen Finanz- und Rohstoffmärkten derzeit von geordneten Verhältnissen nicht gesprochen werden kann. Überall finden Korrekturen größeren Ausmaßes statt, und es spricht vieles dafür, dass vor allem die Finanzmärkte ihre langfristige Tendenz fortsetzen, sobald diese Phase beendet ist. Wenn diese Überlegung zutrifft, könnte der Euro schon bald wieder stärker steigen, als es manchen lieb ist.


      Arnd Hildebrandt

      Herausgeber
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      Wussten Sie schon, dass...?
      (25.06.2003)

      Simbabwe wird im laufenden Jahr mit einem Anstieg der Verbraucherpreise von mehr als 300 Prozent die höchste Inflationsrate unter allen Ländern der Welt aufweisen.

      (Quelle: Economist Intelligence Unit)




      Taurosweb.de
      Avatar
      schrieb am 25.06.03 14:49:45
      Beitrag Nr. 3.243 ()
      US: Aufträge für langlebige Güter fallen
      (©GodmodeTrader - http://www.godmode-trader.de)



      Die Auftragseingänge für langlebige Wirtschaftsgüter fielen im Mai um 0.3% (Prognose: +1%). Dies berichtet das Commerce Department. Die meisten Industriesektoren sahen im Mai eine geringere Nachfrage – den größten Rückgang gab es mit -13.8% im Bereich Verteidigungsgüter. Die Kernrate – den Verteidigungs- und Luftfahrtsektor ausgeklammert, fiel um 0.5%. Im April war die Nachfrage bereits um 2.4% gefallen. Die monatlich publizierten Daten sind zwar sehr volatil, zeigen jedoch eine fortgesetzte Schwäche an, besonders in den Bereichen Transport, Elektronik, Metalle und Maschinen. Die Zahl der unerfüllten Aufträge, ein Hinweis auf die zukünftige Entwicklung, fiel um 0.1%.
      Avatar
      schrieb am 25.06.03 17:38:14
      Beitrag Nr. 3.244 ()
      Quo vadis Dax, Nikkei...

      Von Claus Vogt

      Die Aktienmärkte sind in den vergangenen Wochen stärker gestiegen als von uns im Rahmen einer Bearmarket-Rallye erwartet, und das technische Bild hat sich zumindest bei den US-Indizes erheblich verbessert. Die 200-Tage-Durchschnittlinien steigen, und potentielle Bodenformationen wurden nach oben abgeschlossen. Warum werden wir nicht bullish? Die Charttechnik hat bei uns nur den Stellenwert einer untergeordneten Hilfsfunktion. Wenn sie im Widerspruch zu unserem Modell steht, geben wir diesem den Vorzug, weil charttechnische Fehlsignale einfach zu häufig sind. Letzteres kann man beispielhaft an einem Chart japanischer Indizes während der 1990er Jahre bewundern. Langfristige oder säkulare Abwärtstrends, und in einem solchen befinden wir uns seit rund drei Jahren, werden immer wieder von teilweise sehr ausgeprägten Bearmarket-Rallyes unterbrochen, die jedoch keine Trendwende einläuten. In Japan kam es beispielsweise zu folgenden, zunächst sehr beeindruckenden Rallyes: + 22%, + 38%, + 18%, + 50%, + 38%, + 59%, + 20%, + 63%, + 27%, + 17%, + 28%. Dennoch notierte der Nikkei-Index im April 2003 rund 80 Prozent unter seinen Höchstkursen von 1989. Selbst während einer der schlimmsten Baissen aller Zeiten, die 1929 begann und 1932 einen Tiefpunkt erreichte und damit ungewöhnlich schnell verlief, kam es zu folgenden Bearmarket-Rallyes: + 48%, + 16%, + 24%, + 27%, + 36%, + 25%. Trotz dieser beeindruckenden Zwischengewinne verlor der Index insgesamt knapp 90 Porzent seines Wertes. Vor diesem Hintergrund relativieren sich die Kursgewinne der vergangenen Monate ganz erheblich. Dennoch sind wir natürlich nicht glücklich darüber, daß wir das Potential dieser Bewegung deutlich unterschätzt haben.

      Dax

      Trotz mehr als 50 Prozent Kursgewinn seit Mitte März fällt die 200-Tage-Durchschnittlinie noch. Die Kurse befinden sich darüber und werden von uns folglich als Verkaufsgelegenheit angesehen. Die erste wichtige Widerstandszone bei 2.800 bis 3.000 hat der Da überschritten und befindet sich bereits inmitten des nächsten bedeutenden Widerstandes, den wir zwischen 3.200 bis 3.500 Zählern sehen. Analog zu den USA rechnen wir mit einer baldigen Wiederaufnahme des langfristigen Abwärtstrends.

      Nikkei

      Auch der Nikkei konnte im vergangenen Monat mit einer Rallye glänzen, die ihn 15 Prozent nach oben führte. Damit ist er erfreulich problemlos über die sehr ausgeprägte Widerstandszone zwischen 8.200 und 8.700 gestiegen, ein erstes Zeichen von Stärke. Hier halten wir den Beginn einer ein- bis zweijährigen Aufwärtsbewegung durchaus für möglich. Allerdings werden wir die nächste Korrektur abwarten, die uns wahrscheinlich Anhaltspunkte über die Tragfähigkeit dieser Rallye geben wird. Vorerst bleiben wir Zuschauer.

      Gold

      Nach dem schnellen Sprint von 320 auf 375 US-Dollar kam es in den vergangenen Wochen zu einer Konsolidierung, bislang auf 346 Dollar in der Spitze. Die steigende 200-Tage-Durchschnittlinie verläuft bei 340 Dollar. Wir sind weiterhin der Überzeugung, Gold in der ersten Phase eines langfristigen Bullenmarktes zu erleben und rechnen mit deutlichen Kurssteigerungen.


      Claus Vogt leitet das Research der Berliner Effektenbank.


      [ Mittwoch, 25.06.2003, 16:01 ]

      instock.de
      Avatar
      schrieb am 25.06.03 20:51:20
      Beitrag Nr. 3.245 ()
      Versicherungen
      Rettungsversuch für Mannheimer Versicherung gescheitert


      25. Juni 2003 Der Versuch der deutschen Versicherungswirtschaft, die angeschlagene Mannheimer AG Holding mit einer gemeinsamen Kapitalspritze zu retten, ist vorerst gescheitert. Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) habe mitgeteilt, daß eine Sanierung mit Hilfe frischen Kapitals voraussichtlich nicht zustande kommen werde, teilte die Versicherung überraschend am Mittwoch in Mannheim mit. Die Leben-Sparte der Mannheimer hat sich mit riskanten Aktiengeschäften verspekuliert und braucht nach einem zweistelligen Millionenverlust 2002 und zusätzlich stillen Lasten von mehr als 230 Millionen Euro dringend frisches Eigenkapital. In Medienberichten war von rund 370 Millionen Euro die Rede.

      Auf einem Treffen der Lebensversicherer am Mittwoch hatte sich die Branche offenbar nicht auf eine gemeinsame Rettung für die angeschlagene Mannheimer einigen können. Der GDV hatte auf diesem Treffen ausloten wollen, in wie weit sich die einzelnen Unternehmen auf freiwilliger Basis an einem Rettungspaket für die Mannheimer beteiligen wollten. In Branchenkreisen hieß es, GDV-Chef Bernd Michaels werde am Donnerstag die Lage zunächst mit dem Chef der Finanzdienstleistungsaufsicht BAFin, Jochen Sanio, erörtern. Eine GdV-Sprecherin wollte keine Stellung zu der Situation um die Mannheimer abgeben. Auch ein Sprecher der Mannheimer gab keine weiteren Erklärungen ab.

      Imageschaden sollte vermieden werden

      Führende Mitglieder des GdV hatten in der vergangenen Woche eine Branchenlösung ausgearbeitet, um das Eingreifen der gemeinsamen Auffanggesellschaft „Protektor“ zu verhindern und so einen Imageschaden für die Branche zu vermeiden. Bedingung dafür war die Bereitschaft aller deutschen Versicherer, sich daran zu beteiligen. Zuvor war Mannheimer-Vorstandschef Hans Schreiber abgelöst worden, den Teilnehmer der Verhandlungen als Hindernis für eine Lösung bezeichnet hatten.

      Nach dem gescheiterten Versuch scheint das im SDax gelistete Unternehmen der erste Fall für „Protektor“ zu werden. Damit müßten alle Unternehmen der Branche im Verhältnis zu ihrem Marktanteil frisches Kapital bereitstellen, maximal aber zehn Prozent des Kapitalbedarfs decken. Im Gegenzug übernehmen sie die laufenden Bestände der Mannheimer.

      Die im SDax notierte Mannheimer-Aktie wurde bis Ende des Handels am Mittwoch ausgesetzt. Zuvor hatte sie 7,7 Prozent auf 7,20 Euro verloren.

      Text: Reuters
      faznet.de
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      schrieb am 25.06.03 20:52:35
      Beitrag Nr. 3.246 ()
      Konjunktur
      Amerikanische Industrie bremst Erholung - Wohnungsmarkt boomt


      25. Juni 2003 Die amerikanische Wirtschaft erholt sich weiterhin nur schleppend und stützt sich dabei zunehmend auf den boomenden Wohnungsmarkt. Darauf weisen am Mittwoch veröffentlichte Konjunkturdaten aus der weltgrößten Volkswirtschaft hin.

      So ging der Auftragseingang für langlebige Industriegüter im Mai zwar überraschend zurück. Zugleich sorgten im vergangenen Monat aber die anhaltend niedrigen Zinsen für einen unerwarteten Rekordabsatz bei neuen Eigenheimen.

      Fortdauernde Schwäche der amerikanischen Wirtschaft

      Volkswirte werteten die Auftragszahlen als weiteren Beleg für die fortdauernde Schwäche der amerikanischen Industrie. Der Dollar reagierte mit Kursverlusten auf die Daten, die amerikanischen Staatsanleihen legten zu. An der Wall Street bauten die Aktien ihre Kursgewinne nach Veröffentlichung des Eigenheimabsatzes etwas aus.

      Das Volumen der Neuaufträge von Gebrauchsgütern mit einer Nutzungszeit von mehr als drei Jahren sei im Mai zum Vormonat um 0,3 Prozent gesunken, teilte das Handelsministerium in Washington mit. Analysten hatten dagegen im Schnitt einen Anstieg um 0,8 Prozent erwartet. Sowohl bei Computern als auch Autos und Maschinen war der Auftragseingang rückläufig. "Dieser Bericht zeigt auch, daß die Wirtschaft wirklich mit erheblichem Gegenwind aus der Industrie rechnen muß", sagte Volkswirt Anthony Chan von Banc Investment Advisors. „Obwohl die Saat für eine Erholung gelegt ist, ist der Weg zu dieser Erholung noch nicht in Sicht.“

      Rekordabsatz bei neuen Eigenheimen

      Das Handelsministerium gab bekannt, daß die Zahl der verkauften neuen Eigenheime im Mai im Vergleich zum Vormonat um 12,5 Prozent auf einen aufs Jahr hochgerechneten Rekordwert von 1,157 Millionen zugelegt habe. Von Reuters befragte Analysten hatten im Schnitt lediglich mit annualisiert 1,034 Millionen verkauften Häusern gerechnet. Auch der Markt für bestehende Eigenheime bleibt in einer starken Verfassung, wie Zahlen des nationalen Maklerverbandes zeigen. Demnach stieg der Absatz bestehender Eigenheime im Mai um 1,2 Prozent. Die Hypothekenzinsen befinden sich derzeit auf dem niedrigsten Niveau seit Jahrzehnten. Dies hatte die Nachfrage nach den eigenen vier Wänden kräftig angekurbelt.

      "Der Wohnbau ist - Gott sei Dank - der Wirtschaftssektor, der offenbar gut läuft, während andere angeschlagen sind", sagte Carl Tannebaum von LaSalle Bank. Irgendwann werde aber auch dieser Bereich an Schwung verlieren.

      Text: Reuters
      Bildmaterial: ZB
      faznet.de
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      schrieb am 25.06.03 20:59:48
      Beitrag Nr. 3.247 ()
      Interview
      „Erholung? Setzen Sie nicht darauf“


      25. Juni 2003 Nach Ansicht von Peter Cohan, Autor sowie Präsident der Unternehmensberatung und Wagniskapitalgesellschaft Peter S. Cohan Associates, rechtfertigt das aktuelle Wirtschaftswachstum in keinster Weise die jüngsten Kursanstiege an den Aktienmärkten. Das Problem, so Cohan, ist die mangelnde Investitionstätigkeit der Unternehmen. Die aktuell zu beobachtende Aktienstärke schreibt er Anlageverwaltern zu, die in Anbetracht der höheren Erträge wieder einen Einstieg wagen.

      Vor der für Mittwoch erwarteten Zinsentscheidung des Offenmarktausschusses der amerikanischen Notenbank (Fed) macht Cohan darauf aufmerksam, daß das vorrangige Ziel der Regierung die Wiederbelebung der Konjunktur ist. Dieses Ziel möchte sie noch vor der nächsten Präsidentschaftswahl mittels Schaffung von Arbeitsplätzen erreicht sehen. Mit Cohan sprach Karyn McCormack von Businessweek Online.

      Die jüngste Aktienrallye hat in den vergangenen Tagen eine Verschnaufpause eingelegt. Ist Ihrer Meinung nach mit weiteren Kurssteigerungen zu rechnen?

      Größter Auslöser steigender Aktienkurse ist das „Versagen“ von Geldmarktfonds. Senkt die Fed die Zinsen weiter, so werden Geldmarktfonds an irgendeinem Punkt anfangen, negative Erträge zu erwirtschaften - zieht man die Aufwandsquote mit in Betracht. Den Akteuren bleibt in diesem Fall nichts anderes übrig, als entsprechende Umschichtungen vorzunehmen.

      Da der allgemeine Aufwärtstrend am Aktienmarkt weiter anhält, fürchten immer mehr Fondsmanager, den Zug zu verpassen - jetzt, da sich das laufende Quartal seinem Ende nähert. Keiner möchte gerne auf seinem Geld sitzen bleiben, während die Konkurrenz Erträge in Höhe von 16 Prozent erzielt. Also müssen sie sich auch in Aktien engagieren, wodurch letztendlich eine kleine Kaufhysterie entsteht. Ich persönlich glaube jedoch nicht, daß das aktuelle Wirtschaftswachstum derartige Kursanstiege rechtfertigt.

      Haben wir es mit einem neuen Bullenmarkt zu tun?

      Rein gefühlsmäßig bin ich der Ansicht, daß es sich hierbei eher um eine scheinbare Trendwende bzw. eine Bärenmarkt-Rallye handelt. In den vergangenen drei Jahren haben Ökonomen ihre Prognosen, wonach sich ein rasches Wachstum in der zweiten Jahreshälfte einstellen sollte, immer wieder für sechs Monate hinausgeschoben. Die Wirtschaft scheint einfach nie diese Voraussagen erfüllen zu wollen.

      Mir bereitet die Investitionstätigkeit der Unternehmen Sorgen, die angesichts der sinkenden Kapazitätsauslastung seit mehreren Jahren mehr oder weniger zum Stillstand gekommen ist. Die Kapazitätsauslastung hat sich mittlerweile auf 74 Prozent verringert. Damit aber von einer produktiven Wirtschaft die Rede sein kann, müsste sie bei ungefähr 82 Prozent liegen. Wenn es also Überkapazitäten gibt, warum sollten Unternehmen diese auch noch ausweiten wollen? Ein erhöhtes Investitionsaufkommen gilt als Anzeichen dafür, daß sich die Konjunktur auf dem Weg der Besserung befindet. Die Unternehmensbosse glauben nämlich, daß sie Wachstumschancen verpassen könnten, sollten solche investive Ausgaben nicht von ihnen getätigt werden.

      Teilen Sie die Meinung einiger Bondmarkt-Teilnehmer, daß die Fed die Zinsen um 50 Basispunkte senken könnte?

      Nun, ich würde nicht unbedingt gegen den Rentenmarkt wetten wollen; die amerikanische Notenbank muß meines Erachtens an diesem Punkt jedoch wirklich vorsichtig sein, da ihr langsam die Munition ausgeht. Bei einer Zinssenkung um 50 Basispunkte muß sie schon schlagkräftige Beweise vorlegen, daß dies der letzte, von ihr vorzunehmende Zinsschritt nach unten ist.

      An diesem Punkt des Wahlzyklus ist die Bedeutung der Politik im Entscheidungsprozeß einfach nicht zu unterschätzen. So wäre eine mit Blick auf die für November 2004 angesetzten Wahlen rechtzeitige konjunkturelle Wiederbelebung in Alan Greenspans und Bushs bestem Interesse. Derzeit konzentriert sich die Wirtschaftspolitik der Regierung einzig und allein hierauf. Was vom Standpunkt der Wiederwahl aus wirklich helfen würde, wäre eine Reduzierung der 2,5 Millionen Jobs, die in den letzten drei Jahren weggefallen sind. Der Schlüssel zur Besiegelung der Wahl wäre demnach ein rascher Erfolg bei der Schaffung von Arbeitsplätzen. Dies wird nach meinem Dafürhalten das oberste Ziel der Wirtschaftspolitik sein.

      Was sollten Anleger mit ihren Geldmarktkonten tun, wenn die Fed tatsächlich die Zinsen kürzt?

      Die meiner Ansicht nach sinnvollste Idee wäre nach erstklassigen Kommunalobligationen Ausschau zu halten. Dies könnte sich unter Umständen als nicht ganz einfach erweisen. Eine Anleihe, die durch eine sehr solide Cash-flow-Basis abgesichert ist, sollte aber selbst in Rezessionszeiten noch eine entsprechende Verzinsung bringen. Sie dürfte wahrscheinlich mehr abwerfen als die null Prozent, die ein Geldmarktkonto im Zuge weiterer Zinssenkungen durch die Fed letztendlich bringen wird. Als mögliche Alternative kämen unter Umständen auch versicherte Bankeinlagen in Betracht. In beiden Fällen müssten Sie jedoch auf das „scheckausstellende Merkmal“ der Geldmärkte verzichten.

      Bei welchen Branchen würde sich ein Engagement derzeit am meisten lohnen?

      Es gibt bestimmte Branchen, die sich durch ein paar wirklich herausragende Werte auszeichnen. Zu den besten gehörte Career Education, die ich bei einem Kursstand von 46,44 Dollar empfohlen habe. Mittlerweile notieren sie bei 66,92 Dollar das Stück. Der gesamte Bildungssektor hat sich in letzter Zeit phantastisch entwickelt. Momentan gehört er zu den besten Sektoren überhaupt. Apollo Group und Corinthian College - diese Unternehmen konnten zweistellige Zuwachsraten sowohl beim Umsatz als auch beim Gewinn verzeichnen.

      Ein anderer Titel, den ich im Januar ausgewählt habe, kommt aus dem Stent-Bereich. Boston Scientific notierte damals mit 40,86 Dollar je Aktie und hat mittlerweile ein Kursniveau von 61,69 Dollar erreicht. Der Stent-Markt ist generell ein Wirtschaftsbereich, der ebenfalls eine gute Performance zeigt. Der Häusermarkt hat sich aufgrund des niedrigen Zinsniveaus extrem gut entwickeln können. Dies ist mit der wichtigste Grund dafür, warum die Wirtschaft bisher nicht in eine Rezession abgeglitten ist. Ein guter Titel ist Beazer Homes, den ich am 30. Mai beim Stand von 84,80 Dollar je Aktie empfohlen habe. Jetzt steht er bei 91,10 Dollar.

      Stellt sich Larry Ellison Ihrer Meinung nach mit der zu hohen Offerte für PeopleSoft selbst ein Bein?

      Ich glaube, daß er wirklich nicht davon abzubringen ist. Er will also sechs Milliarden Dollar für dieses Unternehmen bieten. Wäre ich Anteilseigner, so müßte er sich in meinen Augen irgendwie überlegen, wie er diese sechs Milliarden Dollar in Form eines Mehrgewinns wieder ins Unternehmen reinholen könnte. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, wie dies möglich sein sollte.

      Wenn ich mich recht erinnere, handelt es sich bei PeopleSoft um ein kleines Unternehmen. Der von diesem Unternehmen erwirtschaftete Gewinn ist noch viel kleiner. Entsprechend ist es für mich unverständlich, wie er auf die Idee kommen kann, diese sechs Milliarden Dollar in kurzer Zeit einnehmen zu können. Ellison ist jedoch fest entschlossen. Ich ziehe die im Zuge des steigenden Preises ausgelöste Dynamik in Betracht. Vor diesem Hintergrund wird es für PeopleSoft immer schwieriger, den Klauen von Ellison zu entkommen. Meines Erachtens läßt dies nicht sehr Gutes für die Oracle-Aktionäre ahnen.

      Text: @thwi
      faznet.de
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      schrieb am 25.06.03 21:01:05
      Beitrag Nr. 3.248 ()
      Fondsbranche
      Viele Fondsgesellschaften müssen mit Verlust rechnen

      24. Juni 2003 Zwei Fünftel aller Fondsgesellschaften werden in diesem Jahr einen Verlust einfahren, erklärte die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG International. Die Fondsanbieter haben die Kosten nicht schnell genug gesenkt, um den Rückgang bei den Gebühreneinnahmen auszugleichen, heißt es einem Bericht von KPMG, der 185 Unternehmen mit einem verwalteten Kapital von 22 Billionen Dollar berücksichtigt.

      Dabei haben 60 Prozent der Vermögensverwalter ihre Kosten um bis zu 20 Prozent gesenkt, berichtete die weltweit drittgrößte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Achtzig Prozent der Fondsgesellschaften haben die Löhne und Gehälter zurückgefahren.

      Fondsbranche ist gesättigt

      Fondsgesellschaften von Amvescap bis State Street expandierten in den 90er Jahren, als es an den Aktienbörsen nur bergauf ging und die Nachfrage der Anleger stieg. Doch die seit drei Jahren andauernde Baisse hat diese Nachfrage wieder gedämpft. Jetzt sitzen die Fondsanbieter auf den Kosten, die sie in Kauf nahmen, als der Markt boomte."Der längste Bullenmarkt seit Menschengedenken hat die Branche in Rekordzeit von Wachstum auf Sättigung getrieben", heißt es in dem KPMG-Bericht. "Außerdem hat er die sich abzeichnenden Fehlentwicklungen kaschiert. Bei einem Modell, das nur in wilden Bullenzeiten funktioniert, ist das Desaster vorprogrammiert."

      Die Fondsgesellschaften haben sich zu sehr darauf konzentriert, das Fondsvolumen zu erhöhen, was zu Lasten der Effizienz ging, berichtete KPMG. Darüber hinaus waren die Fondsmanager überbezahlt. Ferner wurden Fonds angeboten, die den kostengünstigeren Index-Fonds in der Performance hinterherhinkten. Namen werden im KPMG-Bericht nicht genannt. Wie die Financial Times am Montag meldete, hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Interviews mit Allianz Dresdner Asset Management und Schroders geführt. Zu den KPMG-Kunden gehören aber auch Alliance Capital Management Holding, Neuberger Berman und T. Rowe Price Group, zeigen Bloomberg-Daten.

      Text: Bloomberg
      faznet.de
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      schrieb am 25.06.03 21:03:19
      Beitrag Nr. 3.249 ()
      Börsianer nehmen Aktienoptionen ins Visier
      Vielen Dax-Investoren droht ein unschönes Erwachen - Technologietitel sind besonders stark betroffen


      von Holger Zschäpitz

      Berlin - Die Krise scheint an den Topmanagern der deutschen Industrie vorbeigegangen zu sein. Dieser Eindruck drängt sich zumindest auf, wenn man sich die jüngste Studie der Fondsgesellschaft Union Investment zu den Vorstandsvergütungen anschaut. Danach offenbaren die Aktienoptionsprogramme eine beispiellose Selbstbedienungsmentalität. Für Aktionäre ist dies nicht nur unter moralischen Gesichtspunkten fragwürdig. Ihnen drohen auch handfeste finanzielle Nachteile. Denn spätestens 2005 müssen die zusätzlichen Vergütungen bilanziert werden. Im Klartext: Der Wert der so genannten Stock Options geht dann - anders als dies heute der Fall ist - voll auf Kosten der Gewinne. "Das Problem der Stock Options wird akuter, je näher der Termin der Umstellung der Bilanzierungsstandards rückt", sagt Marc Osigus, Stratege bei der Berenberg Bank. "Unternehmen werden dann niedrigere Gewinne ausweisen müssen."


      Für viele Anleger dürfte dies zu einem unschönen Erwachen führen. Denn in Zeiten einer schwachen Konjunktur könnten bei einigen Gesellschaften sämtliche Gewinnzuwächse durch die neuen Buchführungsvorschriften aufgefressen werden. Nach Berechnungen von Experten besteht bei den 30 Dax-Firmen im Schnitt ein Revisionsbedarf von rund zehn Prozent. Wie stark sich die negativen Effekte bei jedem Unternehmen am Ende niederschlagen, lasse sich jedoch nur schwer abschätzen.


      Einen ersten Anhaltspunkt bieten die letztjährigen Geschäftsberichte einiger Dax-Gesellschaften. So bilanziert inzwischen rund ein Drittel nach der amerikanischen Rechnungslegung US-GAAP. Hier müssen die Aktienoptionsprogramme zwar auch erst frühestens 2004 bei der Gewinnberechnung berücksichtigt werden. Aber bereits heute ist es Pflicht, die Anleger über den genauen Wert der zusätzlichen Vorstandsvergütung zu unterrichten und die Auswirkungen auf das Ergebnis darzulegen.


      Danach ist am stärksten SAP getroffen. Hier hätte die Einrechnung des Aktienoptionsprogramms im vergangenen Jahr das Ergebnis um über ein Viertel geschmälert. Infineons Gewinn für 2002 wäre immerhin sieben Prozent niedriger ausgefallen. Bei den restlichen Firmen halten sich die Effekte auf den ersten Blick noch in Grenzen.


      Doch Kritiker der Aktienoptionspläne merken an, dass 2002 die wahre Brisanz noch nicht offen gelegt hat. Zum einen seien die meisten Vergütungsprogramme erst vor kurzem gestartet worden. Die Auswirkungen würden sich daher erst in ein oder zwei Jahren zeigen. Zudem purzelten im vergangenen Jahr die Kurse fast aller Dax-Gesellschaften nach unten, so dass der Wert vieler Aktienoptionen für die Manager drastisch einbrach. "Wenn jetzt aber die Kurse wieder anziehen, kann sich dieser Trend umkehren", sagt Rolf Drees, Sprecher bei Union Investment.


      Damit den Anlegern ein böses Erwachen erspart bleibt, sollten sie schon heute ihre Gesellschaften kritisch unter die Lupe nehmen. Besondere Vorsicht gilt bei Technologiekonzernen. "Besonders bei Softwarefirmen waren Stock Options bisher in großem Stile auf der Tagesordnung", sagt UBS-Analyst Michael Briest. Seines Erachtens dürften Anleger teilweise geschockt darauf reagieren, sollten die wahren Kosten an die Oberfläche kommen. Doch die Umstellung der Bilanzierungsstandards habe auch ihr Gutes. "Wenn jetzt deutlich wird, dass Aktienoptionen nicht kostenlos sind, werden die Manager wieder etwas spartanischer dieses Entlohnungsinstrument einsetzen."


      Artikel erschienen am 26. Jun 2003




      welt.de
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      schrieb am 25.06.03 21:06:24
      Beitrag Nr. 3.250 ()
      Immer mehr Analysten stufen US-Aktien als zu teuer herab

      Investmentbanken wollen nach Millionen-Vergleichen mit Börsenaufsicht zudem verstärkt ihre Unabhängigkeit beweisen - Vor allem Technologie- und Telekomtitel
      betroffen

      New York - Analysten haben in jüngster Zeit ihr Anlageurteil zu einer Reihe von US-Aktien korrigiert, weil diese in ihren Augen überbewertet sind. Herabgestuft haben sie unter anderem Applied Materials, Novellus Systems, Intel, Gillette und General Electric. So wird Halbleiterausrüster Applied Materials zum 83-fachen des Gewinns gehandelt, während die Mitglieder im Standard & Poor`s 500-Index im Schnitt auf ein KGV von 31 kommen.


      "Zum ersten Mal habe ich wegen der Bewertung eine Aktie heruntergestuft", berichtet Mark FitzGerald. Der Analyst arbeitet seit zehn Jahren an der Wall Street und hat noch nie wegen Überbewertung einer Aktie das Anlageurteil nach unten korrigiert. Jetzt hat der Halbleiter-Analyst bei Banc of America Securities bei fünf Titeln seine Empfehlung geändert, nachdem die Aktien in drei Monaten über 30 Prozent zugelegt haben.


      Er ist nicht der einzige, der in den letzten Wochen so gehandelt hat. Die Analysten stufen jetzt auch schneller herab, nachdem die Investmentbanken in einem 1,4 Mrd. Dollar teuren Vergleich mit der US-Börsenaufsicht SEC Vorwürfe beilegten, sie hätten geschönte Studien veröffentlicht. "Sie haben sich die Finger verbrannt und sagen jetzt: "Lasst uns zeigen, dass wir unabhängig sind`", meint Alan Kral, Fondsmanager bei Trevor Stewart Burton & Jacobsen.


      Während der Hausse in den 90er Jahren haben sich die Analysten abgewöhnt, ihre Aktienempfehlungen nach unten zu korrigieren, erinnert sich Wendell Perkins, Fondsmanager bei Johnson Asset Management. Es habe einfach keine Grenze gegeben, wie stark die Kurse noch steigen können. FitzGerald erklärt, er würde jetzt stärker auf die Bewertung achten, weil er in nächster Zeit nicht mit einer Gewinnerholung in der Branche rechnet. Seit der Analyst seine Empfehlungen geändert hat, ist der S&P500 Semiconductor Equipment Index um 3,8 Prozent gefallen. Er setzte Applied Materials, Novellus, KLA-Tencor und Lam Research von "Kaufen" auf "Neutral" und Credence Systems von "Neutral" auf "Verkaufen".


      Ben Lnych, Analyst bei Deutsche Bank Securities, korrigierte seine Empfehlung für den weltgrößten Halbleiterhersteller Intel am 13. Juni von "Kaufen" auf "Halten", nachdem die Aktie dieses Jahr um 42 Prozent geklettert war. Die Aktie ist nach der Rallye "nicht mehr attraktiv", so Lynch. "Nach den Exzessen vom letzten Mal wird sehr viel stärker auf die Bewertung geschaut. Auch soll dies zeigen, dass wir nicht nur zum Kauf rufen können."


      Allerdings beschränken sich die Herabstufungen nicht nur auf die Technologiewerte, die zusammen mit den Telekomaktien die letzte Hausse anführten. Auch General Electric, das weltweit größte Unternehmen gemessen an der Marktkapitalisierung, traf es. Analyst Stephen East von A.G. Edwards & Sons reduzierte von "Kaufen" auf "Halten". Der Aktienkurs hat dieses Jahr um 23 Prozent zugelegt und GE wird zum 19-fachen des erwarteten Gewinns für 2003 behandelt. Das erscheine angesichts der unsicheren Konjunkturdaten hoch, so East. Analysten können nun derartige Herabstufungen treffen und müssen weniger befürchten, dass sie deswegen in ihrem Unternehmen in die Schusslinie geraten. Nach dem Vergleich zwischen den Investmentbanken und den Aufsichtsbehörden müssen die Broker die Kontakte der Analysten zu den Investmentbankern begrenzen. "Sicherlich fühlten sich viele Analysten nicht frei, ein negatives Anlageurteil über Aktien zu fällen", berichtet Lynch. Die Trennung von Analyse und Investmentbankengeschäft "gibt uns ein Maximum an Freiheit." Bloomberg




      Artikel erschienen am 26. Jun 2003
      welt.de
      Avatar
      schrieb am 25.06.03 21:09:10
      Beitrag Nr. 3.251 ()
      Unmut im öffentlichen Dienst wächst
      Beamtenbund warnt vor geplanten Kürzungen - SPD und Grüne wollen bei Anpassung einlenken

      von Mathias Zschaler

      Berlin - Kürzungen beim Weihnachts- und Urlaubsgeld, Aufschub der Besoldungsanpassung, Verhandlungen über Öffnungsklauseln - das sind die aktuellen Reizvokabeln aus den Bundesländern, die gegenwärtig Deutschlands Staatsbedienstete in Wallung bringen. "Die Stimmung unter den Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst ist verheerend", konstatiert Erhard Geyer, der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbundes (DBB) und richtet eine scharfe Warnung an die Adresse der Bundestagsfraktionen: "Das Maß ist voll, und wer trotzdem nachkartet, riskiert den wütenden, solidarischen und vor allem gemeinsamen Protest von Beamten, Angestellten und Arbeitern."


      Heute wird sich das Parlament in Erster Lesung mit der Beamtenbesoldung und den Bundesratsvorschlägen zur Änderung des Beamtenrechts befassen. Die Länder wollen die Anpassung der Besoldung an den Tarifabschluss im öffentlichen Dienst vom Januar um weitere drei Monate hinauszögern und Öffnungsklauseln einführen, um die bisher bundeseinheitlichen Sonderzahlungen kürzen oder streichen zu können. Auf Vorschlag von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) war die Anpassung bereits um drei Monate aufgeschoben worden. Deswegen warnt Geyer jetzt vor einer "Nullrunde durch die Hintertür". SPD und Grünen haben indes signalisiert, dass die Anpassung nicht noch weiter verzögert werden soll.


      Doch selbst wenn es an diesem Konfliktpunkt Entspannung geben sollte, bleiben die Fronten hart. Nachdem die Tarifgemeinschaft der Länder am 17. Juni beschlossen hatte, die Verträge für Weihnachts- und Urlaubsgeld ihrer Arbeiter und Angestellten zu kündigen, haben mehrere Bundesländer wie Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Hamburg bereits entsprechende Kürzungen angekündigt. Dies rief den einhelligen Protest sowohl des DBB als auch der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hervor, die umgehend die Verhandlungen über die Neugestaltung des Tarifrechts auf Eis legte. Verdi Niedersachsen rechnete vor, dass nach den Planungen der Landesregierung in den mittleren Vergütungsgruppen (X bis Vc) das Urlaubsgeld in Höhe von 255 Euro wegfallen würde. Beim Weihnachtsgeld würde ein verheirateter 37-jähriger Beamter im mittleren Dienst (Vc) mit zwei Kindern auf 487 Euro verzichten müssen. Der DBB macht geltend, dass Beamte und Pensionäre seit 1991 Einsparungen im Gesamtvolumen von mehr als 85 Mrd. Euro hingenommen haben.


      Nach Angaben des Statistischen Bundesamts hat sich die Zahl der vorzeitigen Pensionierungen wegen Dienstunfähigkeit in zwei Jahren auf rund 10 000 halbiert. Seit 2001 müssen Beamte Abschläge von der Pension hinnehmen, wenn sie vorzeitig ausscheiden. Rund 1,42 Mio. Menschen erhalten Altersbezüge aus öffentlichen Kassen. Die Gesamtzahlung belief sich 2002 auf 34 Mrd. Euro.


      Artikel erschienen am 26. Jun 2003
      welt.de
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      schrieb am 25.06.03 21:56:03
      Beitrag Nr. 3.252 ()
      Untersuchung der Finanzaufsicht


      WestLB-Geschäfte jetzt Fall für die Staatsanwaltschaft



      Die riskanten Finanzierungsgeschäfte der WestLB in Großbritannien beschäftigen jetzt auch die Staatsanwaltschaft. Die WestLB teilte am Mittwoch mit, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) habe im Zuge ihrer Untersuchungen der verlustreichen Londoner Beteiligungsgeschäfte der Bank die Staatsanwaltschaft Düsseldorf eingeschaltet.





      Reuters DÜSSELDORF. Die WestLB teilte am Mittwoch mit, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) habe im Zuge ihrer Untersuchungen der verlustreichen Londoner Beteiligungsgeschäfte der Bank die Staatsanwaltschaft Düsseldorf eingeschaltet. Die Bafin prüft derweil nicht nur die WestLB-Beteiligung an dem britischen Fernseh-Vermieter Boxclever, sondern hat auch Anfragen zu anderen Geschäftsbereichen der Bank gestellt. Nach Angaben aus Kreisen des WestLB-Aufsichtsrats kam der am Freitag dem Gremium zugegangene Boxclever-Prüfbericht der Bafin zu verheerenden Resultaten für die Bank.

      Die WestLB hatte sich am Montag von ihrem bisherigen Chef Jürgen Sengera getrennt, der auf Grund von Milliardenverlusten und harscher Kritik der BaFin wegen mangelnder Kontrolle von riskanten Transaktionen im Beteiligungsgeschäft seinen Posten räumen musste. Zudem hatte es auch Differenzen mit den Anteilseignern über die künftige Strategie der Bank gegeben. In Kreisen der Bank hatte es außerdem geheißen, die WestLB wolle sich auch von der Investmentbankerin Robin Saunders trennen. Saunders leitet den Bereich Spezialfinanzierungen in London mit rund 25 Mitarbeitern und gilt als verantwortlich für Abschreibungen in dreistelliger Millionenhöhe im Zusammenhang mit dem von ihr betreuten Fernseh-Vermieter Boxclever.

      Unterlagen an Staatsanwaltschaft weitergeleitet

      Die BaFin habe im Zusammenhang mit der jüngsten Prüfung des Finanzierungsgeschäftes im Falle Boxclever Unterlagen an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet, teilte die WestLB mit. Die BaFin hatte die Sonderprüfung eingeleitet, weil die WestLB-Bankerin für die Vermittlung von Krediten angeblich besonders günstige Aktien der betreffenden Firmen erhalten hatte. Das Interesse der Prüfer galt auch der Frage, ob die Risikovorsorge für die teilweise hochriskanten Geschäfte von Saunders und die Kontrolle ihrer Tätigkeiten ausreichend war.

      Bei dem Boxclever-Engagement sind nach Angaben aus Aufsichtsratskreisen schwere Fehler gemacht worden. „Dem Prüfbericht zufolge war die Kreditvergabe bei Boxclever von Anbeginn an mit gravierenden Mängeln behaftet“, hieß es in den Kreisen. Es habe weder eine Unternehmensbewertung noch ein übliches Ratingverfahren und auch keine Einschätzung des künftigen Geschäftsverlaufs gegeben. Der WestLB-Sprecher lehnte eine Stellungnahme zu den Aussagen aus den Kreisen ab.

      WestLB sagt Unterstützung zu

      Die Staatsanwaltschaft werde nunmehr zu prüfen haben, ob sich aus den von der BaFin weitergeleiteten Unterlagen ein möglicher strafrechtlicher Anfangsverdacht ergebe, sagte der WestLB-Sprecher. „Die Bank wird bei der Aufklärung des Sachverhalts umfassend mitwirken,“ kündigte die WestLB an. Nach bisheriger eigener Prüfung gehe die Bank davon aus, dass es keine strafrechtlich relevanten Sachverhalte gebe. Die BaFin gab keinen Kommentar ab. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf bestätigte den Eingang der BaFin-Unterlagen. Nun werde geprüft, ob es einen Anfangsverdacht gebe.

      Der WestLB-Sprecher bestätigte zudem, dass es weitere Anfragen der BaFin gebe, die zur Zeit noch geklärt würden. „Es geht um die Ko-Investments und um 15 Kreditfälle“, sagte er. Im Gegensatz zu dem jüngst vorgelegten Prüfbericht handele es sich dabei aber um ein „simples Auskunftsverfahren.“ Bei einem Auskunftsverfahren bittet die Aufsichtsbehörde um Informationen, während bei einer Prüfung ein Wirtschaftsprüfer direkt bei der Bank Unterlagen einsieht. Bei den so genannten Ko-Investments geht es vor allem um mögliche Interessenkonflikte.

      In Aufsichtsratskreisen hieß, die Behörde wolle wissen, welche Mitarbeiter der WestLB in welcher Höhe und Form am Eigenkapital der kreditaufnehmenden Unternehmen beteiligt sind oder Organen dieser Unternehmen angehören. Zudem habe die Bundesanstalt Fragen zur Innenrevision der WestLB in den Geschäftsbereichen Asset Securitization & Principle Finance gestellt.

      Die WestLB hatte im Mai wegen der Abschreibungen für 2002 überraschend einen Vorsteuerverlust von rund 1,7 Mrd. € bekannt gegeben. Ende Februar war noch von einem Verlust in Höhe von rund einer Milliarde Euro die Rede gewesen. Das Institut ist seit Ende August 2002 eine 100-prozentige Tochter der Landesbank NRW, die wiederum zu 43,2 % dem Land gehört. Jeweils 16,7 % liegen beim Rheinischen sowie beim Westfälisch-Lippischen Sparkassen- und Giroverband. Weitere 11,7 % halten jeweils der Landschaftsverband Rheinland und der Landschaftverband Westfalen-Lippe.


      HANDELSBLATT, Mittwoch, 25. Juni 2003, 18:12 Uhr
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      schrieb am 25.06.03 21:58:18
      Beitrag Nr. 3.253 ()
      Kampf ums Überleben


      Dorint Hotels brauchen Geld



      Von M. Pütz-Willems und E. Krummheuer, Handelsblatt


      Das Schicksal der 2002 mit einem Bilanzminus von 51 Mill. Euro tief in die roten Zahlen gerutschten Dorint AG hängt davon ab, ob genügend Fondsanleger und Verpächter der Hotelimmobilien dieses und nächstes Jahr zum Verzicht auf einen Teil ihrer Auszahlungen bereit sind.


      HB MÖNCHENGLADBACH. Sonst könne sich bei Deutschlands größter Hotelkette nächstes Jahr „das Überschuldungs-Thema stellen“, befürchtet Dorint-Vorstand Michael Theim im Gespräch mit dem Handelsblatt. Auf der Hauptversammlung am Freitag in Wiesbaden rechne er „mit kritischen Fragen“.

      „Wir werden 2003 einen Umsatzrückgang haben und operativ auf Vorjahreshöhe abschließen“, sagte Theim. „Das Jahr ist gelaufen, die Konjunkturlokomotive wird erst 2004 anspringen.“ Nach dem Einstieg des französischen Hotelkonzerns Accor, der für knapp 50 Mill. Euro 30 % der Aktien erwarb, müssten sich nun auch die übrigen Kapitalgeber für den Erhalt des Konzerns, der derzeit 94 Hotels im In- und Ausland betreibt, engagieren. Ihnen wird für zwei Jahre ein Verzicht auf die Zahlung von drei Monatsraten nahe gelegt. Nach einer ersten Gesprächsrunde, die kurz vor dem Abschluss stehe, äußert Theim Hoffnung, mehr als 80 % des Pachtvolumens zu gewinnen.

      Die beiden Großaktionäre des Konzerns – Europas größter Hotelkonzern Accor sowie der langjährig mit Dorint eng verwobene Kölner Fondsinitiator Ebertz & Partner – wollten sich gegenüber dem Handelsblatt nicht zu ihrem Dorint-Engagement äußern.

      Der in den letzten Jahren vor allem im Fünf-Sterne-Segment stürmisch expandierende Hotelkonzern fuhr im letzten Jahr laut Geschäftsbericht einen Fehlbetrag von rund 51 Mill. Euro ein. Damit wurden alle Befürchtungen noch deutlich übertroffen. Im Frühsommer 2002 waren erste Probleme publik geworden, Vorstände und Aufsichtsräte wurden ausgetauscht – Accor stieg ein.

      Die hohen Verluste sind, wie der Geschäftsbericht ausweist, unter anderem auf Teilwertberichtigungen von insgesamt 18,6 Mill. Euro zurückzuführen. Wie Theim erläutert, beläuft sich der Betrag allein bei den ausländischen Töchtern auf etwa 10 Mill. Euro. Es handele sich aber in vielen Fällen eher um „reine Vorsichtsmaßnahmen“, versichert er.

      Folgen der früheren Expansion belasten

      Belastet wird das Ergebnis durch die Folgen der früheren Expansion: Mieten und Pachten stiegen konzernweit durch Hotel-Neueröffnungen in einer Größenordnung von 15 %. „Auf unserer Fahne steht jetzt ganz groß Konsolidierung“, sagte Theim. Eine weitere Expansion stehe nicht an. Derzeit sei die Liquidität gesichert. Ein Bankenkonsortium hatte Dorint zum Jahresanfang 2003 weitere Kreditlinien von 30 Mill. Euro eingeräumt. Ferner garantierten die beiden Hauptaktionäre, Accor und Ebertz, Ende Mai eine Eigenkapitalerhöhung um 18 Mill. Euro. Gleichwohl will der Vorstand die Aktionäre auf der Hauptversammlung um die Genehmigung für weitere Kapitalerhöhungen von etwa 9 Mill. Euro bitten.

      Durch den angestrebten Pachtverzicht sollen jährlich 35 bis 40 Mill. Euro eingespart werden. „Wir wollen die Pachten nicht auf Dauer unten halten“, sagt Theim. Besserungsscheine sollen bei künftigen Gewinnen die Anteilseigner nachträglich bedienen. Auch Accor beteiligt sich am Sparkurs, der dem Unternehmen unter dem Strich 60 bis 80 Mill. Euro bringen soll. Die Franzosen verzichten auf ein Viertel der für 2003 und 2004 vereinbarten Franchise- und Marketinggebühren.

      „Dorint ist auf dem richtigen Weg“, kommentiert Stephan Gerhard, Geschäftsführer der auf Hotellerie spezialisierten Unternehmensberatung Treugast, die eingeleiteten Schritte. „Aber nur alle zusammen werden es schaffen, die in ihrer Substanz gute Hotelkette wieder in normales Fahrwasser zu bekommen.“

      Accor und Dorint haben zumindest schon einmal gemeinsame Verkaufs- und Marketingaktivitäten begonnen. Fest vereinbart ist ein „Co-Branding“: Die Dorint- Häuser werden künftig den eigenen Namen mit einer der drei Accor-Marken Sofitel, Mercure und Novotel kombinieren. Die Zuordnung der Häuser zu den einzelnen Marken sei fast abgeschlossen, sagte Theim. Details wolle man im Herbst verkünden. Die Pariser Accor-Zentrale wollte dies nicht kommentieren.


      HANDELSBLATT, Mittwoch, 25. Juni 2003, 18:47 Uhr
      Avatar
      schrieb am 25.06.03 22:01:16
      Beitrag Nr. 3.254 ()
      anderes Thema
      Verwaltungsentscheidungen bleiben überprüfbar


      Mehr Rechtsmittel gegen Behörden



      Verwaltungsverfügungen könnten möglicherweise demnächst auch dann noch angegriffen werden, wenn schon einmal erfolglos bis zur letzten Instanz geklagt wurde. Dies hat Philippe Léger , Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof, jetzt gefordert. Einzige Voraussetzung: Die Behördenentscheidung verstößt gegen EU-Recht.


      HB BERLIN. Nach deutschem Recht haben die Betroffenen einen Monat Zeit, um gegen eine Behördenentscheidung zu klagen. Urteilt das Gericht im Sinne der Verwaltung und existieren keine weiteren Rechtsmittel, kann sich der Bürger nicht länger gegen die Entscheidung wehren, selbst wenn er in der Sache im Recht sein sollte – der Verwaltungsakt wird bestandskräftig.

      Nach Ansicht des Generalanwalts soll dies dann nicht gelten, wenn der Verwaltungsakt gegen EU-Recht verstößt. In den meisten Fällen entscheidet der EuGH nach dem Vorbild der Schlussanträge, so dass diese als Vorentscheidung gelten können.

      Die Klägerin des Ausgangsverfahrens hatte sich mit dem niederländischen Staat bereits über mehrere Jahr über das Ausmaß bestimmter Zahlungsverpflichtungen gestritten. Sie verlor die Auseinandersetzung und musste zahlen, als ein Gericht der Behörde endgültig Recht gab. Drei Jahre später entschied der EuGH in einem ganz anderen Verfahren dennoch grundsätzlich im Sinne der Klägerin. Weil das Urteil mittlerweile rechtskräftig geworden war, wandte sie wieder an die Behörde. Diese verweigerte aber die Rückzahlung und verwies auf den bestandskräftigen Zahlungsbefehl.

      Nach Ansicht des Generalanwalts ist der Staat dennoch verpflichtet, den fälschlich geforderten Betrag zurückzuzahlen. Argument: Urteile des EuGH gelten anders als Entscheidungen nationaler Gerichte grundsätzlich rückwirkend und erfassen deshalb auch länger zurückliegende Fälle. Formale Gründe wie die Bestandskraft eines länger zurückliegenden Verwaltungsakts dürften dem Recht der Bürger nicht entgegengehalten werden, wenn dieser sich auf EU-Recht berufen könne.

      Der Generalanwalt betonte, dass EU-Recht über dem nationalen Recht und sogar über dem Verfassungsrecht stehe. Dieser Vorrang würde verletzt, wenn die europäischen Staaten durch zu hohe formale Hürden verhindern können, dass EU-Recht effektiv angewendet wird. Die Mitgliedstaaten könnten zwar angemessene Fristen festlegen, innerhalb derer Bürger ihre Ansprüche geltend machen müssen. Weil die Bestandskraft aber schon sehr schnell nach Ablauf eines Monats eintreten könne, beschränke die Bestandskraft einer Behördenentscheidung das EU-Recht zu stark.

      Aktenzeichen: EuGH: C-453/00


      HANDELSBLATT, Mittwoch, 25. Juni 2003, 15:54 U
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      schrieb am 25.06.03 22:09:41
      Beitrag Nr. 3.255 ()
      Plusminus Tipp
      Lebensversicherer-Pleiten


      Was, wenn die Lebensversicherung Pleite geht?


      Bundesbürger, die im kommenden Jahr eine Lebensversicherung abschließen, müssen sich auf einen geringeren Garantiezins einstellen. Das Bundesfinanzministerium senkt den Garantiezins für Lebensversicherungspolicen von jetzt 3,25 auf dann 2,75 Prozent. Warum? Die Lebensversicherer stecken in der Krise. Sie können angesichts des schwachen Kapitalmarktes ihre bisherige Verzinsung der Geldanlagen nicht mehr halten. Rund 600 Milliarden Euro Vermögen verwalten die deutschen Lebensversicherer. Jeder zweite gesparte Euro in diesem Land rollt in ihre Kapitalanlagen. Nun geraten sie in‘s Wanken. Viele Versicherer haben sich an der Börse verspekuliert, dazu kommen sinkende Zinsen auf den Kapitalmärkten. Erste Gesellschaften stehen kurz vor der Pleite. Die Aufsichtsbehörde Bafin zog deshalb die Notbremse, prüfte die Unternehmen auf ihre Finanzstärke und verordnete den Versicherern im Frühjahr einen sogenannten Stresstest. Angenommenes Szenario: ein weiterer Kursverlust der Aktien von 35% auf die Buchwerte zur Jahreswende. Wer das finanziell verkraften kann, bestand, wer nicht, fiel durch, muss dem Amt nun Konzepte zur Sanierung vorlegen. Dazu hat die Rating-Agentur Fitch in einer Umfrage ermittelt, 18 von 106 Kapitallebensversicherern in Deutschland haben nicht bestanden. 26 haben die Aussage verweigert, man kann sich denken warum. Sanierungskandidat Nr.1: die Mannheimer, nicht zu verwechseln mit der Hamburg-Mannheimer. Die Mannheimer hatte stark auf Aktien gesetzt und während der Talfahrt der Börsen sogar noch kräftig nachgekauft. Nun haben sich Lasten von 230 Millionen Euro aufgetürmt, mehr als das Eigenkapital der Gesellschaft. Seit Wochen verhandelt die Mannheimer mit dem Aufsichtsamt über ein Sanierungskonzept, zur Rettung seien 370 Millionen Euro nötig. Zunächst war keine Lösung in Sicht, doch nun hat sich die Branche in einer einmaligen Rettungsaktion zusammengeschlossen und will anteilig das nötige Geld aufbringen, um die Pleite abzuwenden. Eigentlich wäre die Mannheimer jedoch ein Fall für die neugegründete Auffanggesellschaft der Lebensversicherungen namens Protektor. Das Aufsichtsamt und die Versicherer stellen Protektor als solides Sicherheitsnetz für die Kunden dar, das auch die Mannheimer ohne Probleme auffangen könnte. Warum kommt hier aber Protektor nicht zum Einsatz? Wir schauen hinter die Kulissen. Protektor ist eine virtuelle Firma ohne Briefpapier, ohne Telefon. Erst wenn das Aufsichtsamt alle gesetzlichen Mittel ausgeschöpft hat, eine Pleite zu verhindern und der Ernstfall eintritt, soll Protektor zum Leben erweckt werden. Dann übernimmt die Gesellschaft die laufenden Verträge der Kunden, führt sie weiter und zahlt am Ende aus. Alle deutschen Lebensversicherer sollen dazu maximal 1 Prozent ihrer Kapitalanlagen beisteuern. 5,2 Milliarden Euro kämen so zusammen.
      Doch wo ist das niedergeschrieben? In der schwer zugänglichen Satzung der Protektor Lebensversicherungs AG finden wir jedenfalls nichts davon. Keine Regelungen, wer was bezahlt, wer Mitglied ist, wer eigentlich den Schutz von Protektor genießt und wann der Sicherungsfonds in Kraft tritt. Zum Vergleich: das Statut des Einlagensicherungsfonds der deutschen Banken. Auf 20 Seiten ist im Detail alles geregelt, wer, was, wann einbezahlt und im Ernstfall einer Bankenpleite erhält - für jeden einsehbar. Fehlanzeige dagegen in der Protektorsatzung. Warum? Wir fragen den Verband der Versicherer, der die Satzung von Protektor entworfen hat. Hier heißt es nur „eine Satzung sei dafür wenig hilfreich“. Man verweist auf Einzelverträge mit den Versicherern, sogenannte Verpflichtungserklärungen, in denen die Details verbindlich geregelt seien. Uns liegen jedoch Informationen vor, dass einige große Versicherer das nicht unterschreiben wollen. Sie machen rund ein Viertel des Marktes aus. Doch der Verband beschwichtigt. Günter Bost, zukünftiger Vorstand Protektor:
      „Die Vorbereitung für Protektor ist weitgehend abgeschlossen. Wir werden jetzt die letzten Verpflichtungserklärungen noch bekommen, es stehen noch ein bis zwei Verpflichtungserklärungen aus. Wir gehen davon aus, dass wir die in Kürze auch erhalten werden, so dass die Voraussetzungen geschaffen sind.“
      Derzeit sind also die Voraussetzungen noch nicht geschaffen, Protektor somit noch nicht handlungsfähig, was auch erklärt, dass er bei der Mannheimer nicht zum Einsatz kam. Aber auch wenn denn der Sicherungsfonds Protektor einmal vertraglich stehen sollte, ist unklar woher die Gelder kommen.
      Dazu Dr. Marco Metzler, Fitch-Ratings, London: „Das Finanzierungskonzept des Protektors überzeugt bislang noch nicht. Der Branche stehen rund 6,5 Milliarden Euro an Eigenmitteln zur Verfügung, gegenüber 5 Milliarden an potentiellen Nachschüssen für den Sicherungsfonds. Würde die Branche dieses Geld einschießen müssen, würden einige Lebensversicherer selbst zum Protektorfall mutieren. Von daher ist zu befürchten, dass einige Versicherer im Ernstfall den Protektor mit Kundengeldern finanzieren werden.“
      Das wollen wir genau wissen, haken bei Protektor nach. Günter Bost, zukünftiger Vorstand Protektor: „Die Unternehmen werden das sehr unterschiedlich machen, es wird Unternehmen geben, die es aus freien Mitteln nehmen, andere werden natürlich den Deckungsstock belasten.“
      Also nicht die Aktionäre sondern die Kunden der anderen Lebensversicherer sollen den Löwenanteil an Protektor finanzieren. Wir fragen beim Aufsichtsamt nach, ob das denn genehmigt wird. Nach 14 Tagen erreicht uns eine Aussage, die zwar nichts regelt, es aber grundsätzlich zuläßt. Zitat des Amtes: „Leider gibt es keine pauschale Antwort. ... Die Lebensversicherer können ihre Zahlungsverpflichtungen Finanzierung ... hängt es ab, ob und wie die Deckungsstockfähikeit vorliegt.“ Dazu Prof. Dr. Hans-Peter Schwintowski, Versicherungsrechtler an der Humboldt Universität zu Berlin: „Wenn man Geld aus dem Deckungsstock nimmt, also dem Geld der Kunden nimmt, um Protektor zu finanzieren, so ist das aus meiner Sicht zunächst einmal rechtswidrig. Wir haben in unserem geltenden Recht überhaupt keine rechtliche Grundlage für die Entnahme von Geld aus dem Deckungsstock. Nun könnte man sagen, das passiert ja erst dann, wenn der Sanierungsfall eintritt. Das stimmt zwar, aber eben dann wenn er eintritt, dann habe ich das Geld für diesen Sanierungsfall zu verwenden, das heißt Kundengelder sind verbraucht.“
      Wenn nun tatsächlich im Falle von Pleiten Lebensversicherungsverträge von Protektor übernommen würden, ist absehbar, dass die Kunden aus Angst ihre Policen kündigen wollen. Bei einer Kündigungswelle, wäre Protektor aber sofort selber pleite. Wie will das Aufsichtsamt mit so einer Situation regeln? Wir fragen nach.

      Die Antwort: „Die BaFin kann Rückkäufe von Lebensversicherungsverträgen zeitweilig verbieten. ... Eine solche Maßnahme wäre nur dann notwendig und erforderlich, wenn eine extreme Kündigungswelle Protektor insgesamt gefährden würde “Prof. Dr. Hans Peter Schwintowski, Versicherungsrechtler an Humboldt Universität zu Berlin: „Wenn das Amt in einem besonderen Härtefall die Möglichkeit der Kündigung, also des Stornos aussetzt, dann heißt das für den Kunden ganz schlicht, ich kriege mein Geld für eine gewisse Zeit nicht. Das kann eine kurze oder etwas längere Zeit sein, aber ich kriege dieses Geld nicht.“
      Fazit unserer Recherchen: Protektor existiert zwar als Firma, ist aber noch weit entfernt von einer soliden Lösung eines Sicherungsfonds. Kein Netz also, auf das man sich als Kunde verlassen könnte.

      Stand: Ende Juni `03


      Dieser Text gibt den Fernseh-Beitrag vom 24.06.2003 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.
      http://www.daserste.de/plusminus/beitrag.asp?iid=66
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      schrieb am 25.06.03 22:13:15
      Beitrag Nr. 3.256 ()
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      schrieb am 25.06.03 22:26:18
      Beitrag Nr. 3.257 ()
      Stau-Ärgernis
      Das Chaos mit den Baustellen

      Autoren: Schuster/Thürmer

      Ein ganz normaler Donnerstag auf der A4 kurz vor Köln: Staus oder zähfließender Verkehr sind hier an der Tagesordnung. Seit Jahren ist die Strecke total überlastet. Jetzt wird zumindest ein Teilabschnitt der Autobahn auf drei Spuren pro Richtung erweitert. Doch während der Bauzeit gibt`s noch mehr Stau.
      Kein Einzelfall: Insgesamt 4,7 Milliarden Stunden pro Jahr verbringen die Deutschen im Stau – und das ist leider nicht nur ärgerlich – sondern auch teuer: Für Unternehmen fallen zum Beispiel zusätzliche Personal- und Maschinenkosten an. Auch die Unfallkosten durch Baustellen und nicht zuletzt der zusätzliche Spritbedarf sind enorm: 12 Milliarden Liter im Jahr werden nur durch stockenden Verkehr vergeudet – 18 Prozent des gesamten Kraftstoffverbrauchs!
      100 Milliarden Euro im Jahr kosten uns die Staus auf deutschen Straßen insgesamt – Tendenz steigend! Der Ausweg: Zügiger Ausbau des Straßennetzes und vor allem: kürzere Bauzeiten! Doch genau da liegt das Problem – auch bei unserem Beispiel auf der A4 bei Köln. Experten raten hier täglich in zwei Schichten zu arbeiten – auch an den Wochenenden. Kürzere Bauzeiten – das wollen auch viele Verantwortliche in den zuständigen Behörden. Doch komplizierte oder überalterte gesetzliche Vorschriften verhindern dies regelmäßig.

      Noch deutlicher sind die Defizite bei den sogenannten Tages- oder Wanderbaustellen: Wird die Fahrbahn verengt, ist der Stau vorprogrammiert! Dabei könnte das leicht verhindert werden. Denn Reparaturen an Leitplanken oder Mäharbeiten könnten genauso gut Nachts durchgeführt werden. Zwar entstehen dann, vor allem durch Nachtzuschläge, zirka 15 Prozent höhere Kosten, dafür lassen sich zahlreiche Staus verhindern. Volkswirtschaftlich gesehen ist das deutlich billiger!

      Schuld an den zahlreichen Baustellen ist vor allem der schlechte Zustand der Straßen. Viele von ihnen sind weit über 20 Jahre alt. Doch für einen Ausbau oder zumindest gründliche Reparaturen fehlt meist das Geld. Statt dessen wird oft notdürftig geflickt, was nur kurze Zeit hält und bald wieder repariert werden muss.
      Zu zahlreichen Staus führt auch die chronische Überlastung der Straßen. Und es wird noch schlimmer kommen: Verkehrsforscher gehen davon aus, daß der Personenverkehr auf den Fernstraßen bis zum Jahre 2010 um 20 Prozent steigen wird, der Güterverkehr aufgrund der EU-Erweiterung sogar um 50 Prozent! Wenn nicht bald gehandelt wird – so warnen die Experten – droht Deutschland der Verkehrskollaps!

      Der Staat spart am Straßenbau. Und das, obwohl er von den Autofahrern viel Geld kassiert: Mineral-, Mehrwert-, KFZ- oder Ökosteuer – von den über 50 Milliarden Euro Einnahmen fließen nicht einmal 10 Prozent in den Straßenverkehr zurück. Kein Wunder also, daß andere europäische Länder inzwischen ein viel besseres Straßennetz haben.

      Aus der Misere helfen könnten privat finanzierte Straßenbauprojekte – wie zum Beispiel in Lübeck. Die alte Brücke über die Trave ist marode, der Bund plante eine neue. Doch die brückenstaugeplagten Lübecker wollten lieber einen Tunnel. Der wird jetzt gebaut - von den Firmen Hochtief und Bilfinger & Berger. Da der Tunnel teurer ist und der Bund nur soviel zahlt, wie die Brücke gekostet hätte, muß der Rest über eine Maut finanziert werden. Wer also den Tunnel künftig nutzen will, muß zahlen. Umfragen zufolge nehmen das die meisten Lübecker allerdings gerne in Kauf, wenn sie dafür nicht mehr stundenlang im Stau stehen müssen. Ein weiterer Vorteil: Die privaten Investoren wollen möglichst bald Geld verdienen. Und deshalb soll das Projekt auch so schnell als möglich fertig sein.

      Ähnliche Projekte sind seit Jahren auch für unsere Autobahnen geplant. So sehen etwa die sogenannten A-Modelle des Bundesverkehrsministeriums – bereits im Jahr 2001 verabschiedet – private Investitionen für viele Autobahnprojekte vor. Refinanziert werden sollen diese Maßnahmen über einen Teil der neuen LKW-Maut. Doch während die Maut beschlossene Sache ist, passiert bei den Bauprojekten noch gar nichts. An Geldmangel liegt es nicht! Über 2,5 Milliarden Euro aus privaten Kassen stehen bereit. Für Investitionen, die auch Tausende neue Arbeitsplätze schaffen könnten! Doch immer noch müssen private Konsortien auf die Ausschreibungen warten. Ginge es nach ihrem Willen, könnte es längst losgehen!
      100 Milliarden Euro Staukosten im Jahr – zu Lasten aller. Mehr Markt und weniger Staat – das muß auch für den Straßenbau gelten. Vom verbesserten Baustellenmanagement bis hin zur stärkeren Beteiligung der Privatwirtschaft – jede Maßnahme, die zu weniger Stau führt, ist ökonomisch sinnvoll.

      Stand: Ende Juni `03


      Dieser Text gibt den Fernseh-Beitrag vom 24.06.2003 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.
      http://www.daserste.de/plusminus/beitrag.asp?iid=68
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      schrieb am 25.06.03 22:41:03
      Beitrag Nr. 3.258 ()
      Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen

      § 89

      Zahlungsverbot; Herabsetzung von Leistungen
      (1) Ergibt sich bei der Prüfung der Geschäftsführung und der Vermögenslage eines Unternehmens, daß dieses für die Dauer nicht mehr imstande ist, seine Verpflichtungen zu erfüllen, die Vermeidung des Insolvenzverfahrens aber zum Besten der Versicherten geboten erscheint, so kann die Aufsichtsbehörde das hierzu Erforderliche anordnen, auch die Vertreter des Unternehmens auffordern, binnen bestimmter Frist eine Änderung der Geschäftsgrundlagen oder sonst die Beseitigung der Mängel herbeizuführen. Alle Arten Zahlungen, besonders Versicherungsleistungen, Gewinnverteilungen und bei Lebensversicherungen der Rückkauf oder die Beleihung des Versicherungsscheins sowie Vorauszahlungen darauf, können zeitweilig verboten werden.

      ---------------------------------------------------


      Eric Schlosser schreibt in "Fast Food Gesellschaft - Die dunkle Seite von McFood & Co.":

      Die Automobilindustrie gab sich jedoch noch nicht damit zufrieden, vom staatlich finanzierten Straßenbau zu profitieren, sondern war fest entschlossen, die Eisenbahn als Konkurrenz mit allen Mitteln auszuschalten. Ende der 20er Jahre begann General Motors heimlich und mit Hilfe von Scheinfirmen, Straßenbahnnetze aufzukaufen. Mehr als hundert wurden in Tulsa, Oklahoma, in Montgomery, Alabama, in Cedar Rapids, Iowa, in El Paso, Texas, in Baltimore, Chicago, New York City und Los Angeles von General Motors aufgekauft und völlig demontiert, die Schienen herausgerissen und die Oberleitungen abgebaut. Die Straßenbahngesellschaften wurden in Buslinien umgewandelt, und die neuen Busse wurden von General Motors hergestellt. General Motors konnte schließlich andere Firmen, die ebenfalls vom Straßenbau profitierten, davon überzeugen, sich an diesen kostspieligen Übernahmen finanziell zu beteiligen. 1947 wurden General Motors und andere Unternehmen wegen Verstoßes gegen die Anti-Trust-Gesetze verklagt. Zwei Jahre später wurden die Machenschaften der Verschwörung und die zugrunde liegenden Absichten bei einer Gerichtsverhandlung in Chicago aufgedeckt. General Motors, Mack Truck, Firestone und Standard Oil of California wurden in einem der zwei Anklagepunkte für schuldig befunden. Der Journalist Jonathan Kwitny erklärte später, der Fall sei »ein hervorragendes Beispiel dafür, was passieren kann, wenn der Staat die Interessen der Öffentlichkeit den Eigeninteressen der Unternehmen opfert«. Richter William J. Campbell war weniger empört. Er belegte General Motors und die anderen Unternehmen mit einer Geldstrafe von jeweils 5.000 Dollar. Die Führungskräfte, die sich heimlich verschworen und das amerikanische Straßenbahnnetz zerstört hatten, mussten je einen Dollar Strafe zahlen. Das Vordringen des Automobils konnte unbehindert weitergehen.
      ------------------------------------------

      Christoph Drösser schreibt in "Stimmt´s?":

      Stimmt es eigentlich, dass die Glühbirnenhersteller längst schon Glühbirnen mit nahezu unbegrenzter Lebensdauer herstellen könnten, es aber nicht wollen, um weiterhin im Geschäft zu bleiben?
      Über die Motive der Glühbirnenhersteller möchte ich hier gar nicht spekulieren, sondern nur ein paar Fakten aufzählen. 1. Jede Glühlampe (so heißt es richtig) hat eine begrenzte Lebensdauer, weil ständig Wolframatome vom Glühdraht verdampfen und der Draht irgendwann bricht. 2. Wie lange der Draht hält, lässt sich "einstellen", etwa indem man ihn dicker oder dünner macht. Wenn man ihn allerdings schwächer glimmen lässt und so die Lebensdauer erhöht, sinkt der ohnehin schon armselige Wirkungsgrad noch weiter - eine handelsübliche Glühbirne wandelt nur vier Prozent der elektrischen Energie in Licht um. 3. Es gab tatsächlich seit dem 24.12.1924 ein internationales "Glühlampenkartell", das wesentlich von den Firmen General Electric (USA), Osram/Siemens (Deutschland) und Associated Electrical Industries (Großbritannien) gesteuert wurde. Dieses Kartell teilte nicht nur die Weltmärkte unter sich auf, sondern traf auch Absprachen darüber, wie lange eine Glühbirne halten soll - seit dem Zweiten Weltkrieg sind das 1000 Stunden. In der Sowjetunion und Ungarn gab es immer Birnen mit längerer Lebens-dauer, die chinesische Birne brennt heute noch 5000 Stunden. 4. Der Erfinder Dieter Binninger entwickelte eine Glühbirne mit erheblich längerer Lebenserwartung, die er sich auch patentieren ließ. Seine drei Verbesserungen: eine neue Form des Glühfadens, ein edelgasgefüllter Glaskolben sowie eine Diode als "Dimmer". Die Binninger-Birne hielt 150.000 Stunden und verbrauchte für dieselbe Lichtleistung nur etwa 50 Prozent mehr Energie als eine gewöhnliche Birne. Binninger stellte die Glühlampen in Eigen-produktion her, verhandelte dann aber mit der Treuhand über die Übernahme der DDR-Firma Narva. Kurz nachdem er sein Ange-bot abgegeben hatte, stürzte der Glühbirnen-Revoluzzer 1991 mit einem Privatflugzeug ab. 5. In den neuen Bundesländern werden heute keine Glühlampen mehr hergestellt. Die Glühbirnen der westlichen Welt haben weiterhin eine Lebensdauer von 1000 Stunden.
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      http://www.miprox.de/Sonstiges/Memorial_Sloan_Kettering_Canc…

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      http://www.miprox.de/Wirtschaft_allgemein/Herren_der_Aufsich…

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      http://www.miprox.de/Sonstiges/Public-Relation.html

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      http://www.miprox.de/News.html
      Avatar
      schrieb am 25.06.03 22:53:43
      Beitrag Nr. 3.259 ()
      Mittwoch, 25. Juni 2003

      Noch mehr Liquidität?

      von Jochen Steffens

      Liquidität ist alles. Die US-Aktienkurse steigen unter anderem auch, weil viel billiges Geld vorhanden ist. Das Geld wird investiert, egal ob in Aktien, Anleihen, etc. Es verwundert also nicht, dass General Motors eine Anleihe in Höhe von 10 Mrd. Dollar unter die Leute bringen kann, ohne dass der Kurs von General Motors besonders darunter leidet. Es wird "gekauft" was nicht niet und nagelfest ist.

      Mir fiel bereits in den letzten Wochen auf, dass der Markt nicht mehr "sauber" reagiert. Ich analysiere seit mehreren Jahren täglich Charts. Während ich das hier schreibe, tickern auf meinen Monitoren die Intraday-Charts der europäischen und amerikanischen Futures. Mit der Zeit hat man einfach ein Art "Gefühl" für Charts. Und dieses Gefühl signalisiert seit Wochen, dass etwas nicht stimmt.

      Normalerweise reagieren die Charts hauptsächlich "psychologisch". Es gibt bestimmte Muster, die immer wieder auftauchen. Im Moment stimmen diese Muster nicht. Fehlsignale über Fehlsignale. Das hat neben der extremen Bullenquote auch den Grund, dass einfach zu viel Liquidität vorhanden ist. Sobald Verkaufssignale generiert werden, tauchen plötzlich wieder Käufe auf. Die niedrigen Zinsen und die hohe Liquidität erklären auch, warum Aktien und die Anleihenmärkte gleichzeitig steigen.

      Die Fed hofft, dass steigende Aktienkurse und ausreichend Liquidität zu neuen Investitionen und zu einer Konjunkturerholung führen wird. Doch die US-Konjunkturdaten verbessern sich nur sehr mäßig. Viel zu langsam, um diese schnelle Rallye zu untermauern. Die Arbeitslosenzahlen bleiben hoch, die Verschuldung der Bevölkerung wächst. Der Konsum ist weiter gefährdet, etc.

      Ich will noch einmal darauf hinweisen, dass die Aussicht den Job zu verlieren die Konsumfreundlichkeit der US-Verbraucher stark beeinflusst. Nicht umsonst sind beim Verbrauchervertrauen die Fragen: "Wie sehen Sie die aktuelle Arbeitsmarktsituation?" und "Wie schätzen sie die Arbeitsmarktsituation in der Zukunft ein?" zu einem Drittel Bestandteil des Index. Und genau aufgrund des Themas Arbeitslosigkeit sinkt auch das Verbrauchervertrauen. Würde man diesen Aspekt herausnehmen, sähen die Werte sicherlich wesentlich besser aus.

      Noch etwas anderes zeichnet sich aktuell ab. Die Umsätze der Technologiefirmen sinken (AMD). Ich hatte bereits von der Technologiemüdigkeit gesprochen. Natürlich versuchen die Firmen die Ursachen mit SARS und ähnliches zu "verschleiern". Wobei ich nicht ausdrücken will, dass SARS keinen Einfluss gehabt hat. Es geht vielmehr darum, dass der Konsum in diesem Segment einfach nicht schnell genug ansteigen will. Um aber die aktuellen Kurse und das KGV zu rechtfertigen, müssten die Umsätze schon ziemlich heftig ansteigen. Aus diesen Gründen werden die Zahlen der nächsten Wochen wieder einmal sehr aufschlussreich.

      Bisher sind die Gewinne der Firmen, die die Anleger erfreuten, auf Kostensenkungen zurückzuführen. Sollten also die Umsätze weiterhin nicht deutlich ansteigen, dann kann die Konjunkturerholung schneller einbrechen, als erwartet wird. Denn dann werden weitere Kostensenkungen nötig. Daraus folgt direkt: Entlassungen. Seit 18 Wochen ist die Anzahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe in Amerika über der kritischen Grenze von 400.000.

      Um 14.30 Uhr wurde dann eine neue enttäuschende Zahl veröffentlicht. Die Auftragseingänge für langlebige Wirtschaftsgüter für Mai 2003 sind erneut zurückgegangen, um 0,3 %. Das ist der zweite Rückgang in Folge, nach 2,4 % zuvor. Analysten hatten mit einem Anstieg um 1,0 % gerechnet.

      Ohne "Transport" sind die Aufträge um 0,2 % gestiegen. Auch hier wurden +1,0 % erwartet. Wenig erfreuliche Nachrichten.

      Erfreulicher sind da schon die Zahlen vom Immobilienmarkt: Die Zahl der Verkäufe bestehender Häuser liegt bei 5,92 Mio. Erwartet wurden 5,90 Mio. Hausverkäufe nach zuvor 5,85 Mio. (revidiert von 5,84 Mio.). Die Zahl der Verkäufe neuer Häuser liegt bei 1,157 Mio. Erwartet wurden 1,000 bis 1,040 Mio. Hausverkäufe nach zuvor 1,028 Mio. Die Spekulationsblase geht also weiter. Noch immer keine Anzeichen von Schwäche. Warum sollte man auch bei den extrem niedrigen Zinsen nicht Häuser kaufen?

      Ich habe mir heute die Charts der amerikanischen Indizes noch einmal genauer angesehen. Ich kann verstehen, warum einige amerikanischen Anleger so bullish eingestellt sind. Aber ich befürchte, dass sich die diversen Kursziele nicht erfüllen. Eigentlich befindet sich der Dow in einer großen Seitwärtsbewegung. Auch wenn er gerade über die obere Begrenzung lugt. Ich befürchte, es ist ein false break. Aber ich warte erst mal das Ende dieses Quartal und den weiteren Verlauf ab. Dann schaue ich weiter, ob ich long oder short gehe.

      Gold ist bei 350 Dollar leider (im Gewinn) ausgestoppt worden. Das ist deswegen bedauerlich, weil es VOR der Zinsentscheidung geschehen ist. Aber Stopp ist Stopp. Zudem hat sich der Goldchart wesentlich verschlechtert. Die erhoffte Flagge wurde nach unten aufgelöst. Gold wird weiter beobachtet.

      Witzig sind die vielen Prognosen, die ich in den letzten Tagen gelesen habe. Die verschiedenen Meinungen, was denn passieren wird, wenn die Fed die Zinsen senkt, deutlich senkt oder gar nicht senkt. Diese doch sehr verschiedenen Interpretationen zeigen überdeutlich, dass auch hier hohe Uneinigkeit herrscht.

      Wie viele andere Anleger stehe ich da lieber an der Seitenlinie und schaue interessiert zu. Sollten die Aktien (entgegen meiner Ansicht)auch nach dieser Konsolidierung und über das Halbjahresende weiter ansteigen, dann ist noch viel Platz nach oben. Zeit genug einzusteigen.

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      Ifo Index zieht an

      von Jochen Steffens

      Zunächst senkt das Ifo Institut die Konjunkturprognose für dieses Jahr auf Null (ich hatte gestern davon berichtet). Heute wird der Geschäftsklimaindex veröffentlicht und dieser hat sich doch kräftig aufgehellt. So stieg de Geschäftsklimaindex von zuvor 87,6 Punkte auf nun 88,8 Punkten. Analysten hatten nur mit 88 Punkten im Schnitt gerechnet. Das ist bereits der zweite Anstieg hintereinander. Bei einem dreimaligen Anstieg in Folge wird von einer Trendwende gesprochen. Doch könnten die Metaller-Streiks beim nächsten Ifo-Termin das Ergebnis negativ beeinflussen.

      Diese beiden Nachrichten wiedersprechen sich nicht. Das Ifo Institut rechnet mit einem Nullwachstum. Das heißt, die nächsten beiden Quartale müssen die ersten beiden kompensieren. Mit anderen Worten, es sollte in den nächsten beiden Quartalen zu einer ganz leichten Erholung kommen.

      Aufgrund dieses Wert nun in Euphorie zu verfallen, wäre sicherlich verfehlt. Wieder ist es nur eine Verbesserung auf sehr niedrigem Niveau, die zudem vom Einzelhandel getragen wird. Hier verbesserten sich die Aussichten der Unternehmen. Kein Wunder nach den extrem schlechten Jahren. Aber auch in den anderen Branchen zeigen sich leichte Verbesserungen.

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      Inflation oder Tod

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      "Inflation oder Tod", so beschreibt Richard Russell die Wahlmöglichkeiten der amerikanischen Zentralbank. "Die Fed wird die Zinsen senken, bis es keine Zinsen mehr gibt, die man senken könnte", so wurde vor ein paar Jahren geschrieben. Das war zu der Zeit, in der die meisten Leute noch glaubten, dass der Fed-Vorsitzende Alan Greenspan Lepra heilen und Blinde sehen machen konnte. Hatte er nicht das Unmögliche geschafft – den Dollar gegenüber dem Gold zwei Dekaden lang steigen lassen? Hatte er die Amerikaner nicht reich gemacht? Da die Nasdaq in nur einem Jahr 80 % stieg, mussten die Leute nur ihr Geld am Aktienmarkt anlegen, und sie konnten sich mit 40 zur Ruhe setzen – auch wenn sie schon 39 waren!

      Und Greenspan schien wirklich zu garantieren, dass diese glücklichen Zeiten für immer andauern würden. Beim ersten Anzeichen von Problemen würde der Fed-Vorsitzende die Zinsen senken ... und das würde bald zu einem neuen Boom führen.

      Die Probleme begannen mit dem neuen Jahrtausend. Ab Januar 2001 senkte der Fed-Vorsitzende deshalb die Zinsen ... fast jeden Monat ... 12 Mal ... von 6 % auf 1,25 % ... was nicht mehr viel Platz für weitere Zinssenkungen lässt.

      Ist die Wirtschaft wieder belebt worden? Nicht exakt; aber das leichtere Geld hat es erleichtert, dass viele schlechte Investitionen und eigentlich mies laufende Unternehmen künstlich am Leben erhalten wurden. Die, die Geld brauchten, um ihre Rechnungen bezahlen zu können, konnten dies leichter und billiger ... deshalb verschuldeten sich sowohl Unternehmen als auch Private immer stärker, um ihr Ausgabenniveau halten zu können.

      Ist der Aktienmarkt wieder belebt worden? Nein – aber die Spekulationsblasen-Gase, die die Fed geschaffen hat, haben Millionen von amerikanischen Hausbesitzern vergiftet. Diese armen Lumpen konnten der Versuchung nicht widerstehen, ihre Hypotheken zu niedrigen Zinsen zu erhöhen, um das so erhaltene Geld in den Konsum stecken zu können.

      Ja – diese Leute besitzen jetzt weniger an den Häusern, in denen sie wohnen, als zuvor. Und ja, sie sind höher verschuldet als jemals zuvor in der US-Geschichte. Und ja, sie verlieren ihre Jobs. Aber was kann schon schief gehen? Die niedrigeren Zinssätze haben auch am US-Anleihenmarkt eine Art Spekulationsblase geschaffen. Ja – der Schuldner ist der größte Schuldner der Welt ... und ja, dieser Schuldner kontrolliert auch den Wert der Währung, in der die Anleihen nominiert sind ... und ja, dieser Schuldner hat versprochen, diese Währung in der Zukunft weniger wertvoll zu machen. Aber was könnte schon schief gehen?

      Gestern sind mir in den Zeitungen ein paar Schlagzeilen aufgefallen:

      Die Zwangsversteigerungen haben in den USA neue Rekordzahlen erreicht ...

      Die Arbeitslosenquote in Michigan ist auf 6,7 % geklettert ...

      Und die "Anleihenkurse könnten vor einem langen Fall stehen", so USA Today.

      Aber Alan Greenspan hat keine Angst ... keine Scham ... und keine Ahnung. Er kann die Zinsen nicht erhöhen. Die Wirtschaft ist überlastet mit Krediten, Schulden und leichtem Geld. Was kann die Fed tun, als noch mehr anzubieten – mehr von dem, wovon es schon zuviel gibt? Es ist wirklich "Inflation oder Tod."

      Wahrscheinlich beides.

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      Es ist Zeit!


      von unserem Korrespondenten Eric Fry an der Wall Street

      "Es ist Zeit!" sagte mir gestern ein genervter Jay Shartsis gestern in New York. Shartsis ist ein schlachterprobter Optionen-Trader und Teilzeitkolumnist beim Barron`s Magazin, und er erklärte, dass ein größerer Selloff am Aktienmarkt überfällig sei.

      "Die bullische Stimmung ist himmelhoch!", so Shartsis. "Sogar auf dem Mond! Wir kriegen diese SEHR extrem bullischen Stimmungsbilder, die man normalerweise am Ende eines 20jährigen Bullenmarktes sehen würde – aber NICHT am Ende einer 3monatigen Rally ... das ist verrückt!" Mit anderen Worten – die Investoren umarmen die derzeitige Rally so, als ob es sich um einen neuen längerfristigen Bullenmarkt handeln würde – und nicht um eine Bärenmarktrally, deren Schicksal besiegelt ist. Die Investoren sind über die Aussichten des Aktienmarktes übermäßig optimistisch – was kein gesundes Signal ist. Ein so hoher Optimismus bei den Investoren ist oft das Vorzeichen eines bevorstehenden Selloffs.

      "Und die andere Sache, die ich sehe", so Shartsis, "ist die rapide Verkleinerung der Liste mit den `neuen Höchstständen`. Die Zahl dieser neuen Höchststände nimmt seit dem Topp am 6. Juni ständig ab", betont er. "Gestern gab es an der New York Stock Exchange 60 neue Höchststände ... am 6. Juni waren es 581 gewesen." "Sehen Sie sich das an!" sagte mir Shartsis und zeigte auf einen Berg von Zeitungen und Aktienanalysen. Shartsis nahm eine Zeitung und sagte: "Sehen Sie das? Die neuen Höchststände sind Woche für Woche weniger geworden ... 415 letzte Woche Montag, 386 am Dienstag, 210 am Mittwoch, 167 am Donnerstag und schließlich am Freitag nur 94 neue Hochs. Das ist sehr interessant ... und instruktiv ... Diese sehr schnelle Verkleinerung – WÄHREND DIE KURSE GENERELL STEIGEN – ist ein extrem negatives Zeichen!"

      Shartsis wies auch auf die alarmierende Zahl der "Kauf-Höhepunkte" hin. Hm, diese Höhepunkte sind nicht so deliziös wie sie sich anhören. Einen "Kauf-Höhepunkt" gibt es dann, wenn eine Aktie während der Woche ein neues 52-Wochen-Hoch erreicht, aber dann die Woche mit einem Verlust beendet. Diese "Reversals", wie sie auch genannt werden, sind oft ein Vorläufer von fallenden Aktienkursen. "Also was soll man mit all diesen Informationen, die für die Bärenseite sprechen, tun? Sollte man nicht Put-Optionsscheine kaufen?" fragte Shartsis rhetorisch. "Alles, was ich sehen kann, sagt, dass man diesen Markt verkaufen sollte ..." "Mir geht es dabei nicht mehr um das Geld", sagte Shartsis mit einem finsteren Grinsen – er bezog sich dabei auf seine große SHORT-Positionierung in Bezug auf den Aktienmarkt. "Mir geht es um Rache."

      Ich persönlich suche keine "Rache", sondern will nur gut leben. Und ich bin der Ansicht, dass gut leben erfordert, dass man gute Entscheidungen trifft. Wie die Entscheidung, nicht in der späten Phase einer Bärenmarktrally einzusteigen.

      Nachdem Shartsis seine Tirade beendet hatte, ging ich in mein Büro und rief Robert Tracy von Apogee Research an. "Wie geht`s, Robert?" fragte ich den Analysten.

      "Nun, Maximus fällt weiter", sagte Robert, und er bezog sich auf eine seiner jüngsten Verkaufsempfehlungen. "Vielleicht befinden sich die Aktien wirklich in einem neuen Bullenmarkt (obwohl ich das bezweifle), aber die Steuereinnahmen befinden sich definitiv in einem Bärenmarkt, und das sind schlechte News für Maximus. Hör Dir das an ..."

      Robert zitierte dann seinen Bericht, in dem er die Gründe für die Verkaufsempfehlung von Maximus angeführt hatte. Maximus ist ein Unternehmen, das zu einem großen Teil von Verträgen mit der US-Regierung abhängt, um Umsätze und Gewinne zu machen. Leider fallen die Steuereinnahmen der US-Regierung. Aus dem Bericht von Robert Tracy: "Weil das Wachstum der Steuereinnahmen generell gegenüber dem Ende einer Rezession mit einer Zeitverzögerung von 12 bis 18 Monaten hinterherläuft, sollten die Probleme der öffentlichen Haushalte in den Fiskaljahren 2003 und 2004 weiter bestehen. Am 24. April sagte die NCSL (National Conference of State Legislators), dass die US-Bundesstaaten bis zum Ende des Fiskaljahres (das am 30. Juni endet) noch eine Lücke von 21,5 Mrd. Dollar schließen müssten ..."

      "Das sind ziemlich angsterweckende Zahlen", sagt Robert. "Die Regierung der Bundesstaaten kürzen ihre Ausgaben, wo sie nur können ... und Maximus steht mitten im Kreuzfeuer ... und ich sehe nicht, dass sich die Situation bald verbessern wird."

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      Die deutsche Mega-Inflation von 1919–1923

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner in Paris

      Ein Leser schickte mir einen Leserbrief zu meinem jüngsten Artikel über die große Inflation in Deutschland von 1919–1923:

      "Die sich ständig verstärkende Inflation unterbrach die Angebotssituation der Leute. Die Löhne und Gehälter waren nicht in der Lage, mit den steigenden Preisen für Güter und Dienstleistungen Schritt zu halten. Die realen Löhne gingen gegenüber dem Vorkriegsniveau um ca. 40 % zurück; die deutsche Mittelschicht verarmte regelrecht. Geld schmolz dahin. Die Ersparnisse von Generationen wurden komplett zerstört. Fixe Einkommen wurden wertlos. Der Verlust an Kaufkraft verursachte auch am Immobilienmarkt eine Krise. Man konnte Häuser zu Schnäppchenpreisen kaufen."

      "Das chaotische Geldsystem machte ein normales Verhalten der Unternehmen fast unmöglich. Tägliche Lohnzahlungen wurden die Regel. Jeder versuchte, Geld so schnell wie möglich in reale Werte zu tauschen. Die Geschäfte öffneten und schlossen zu den Zeiten, in denen der aktuelle Wechselkurs festgestellt wurde. In Restaurants konnten sich die Rechnungen während eines Essens verdoppeln. Straßenräuber verschmähten das Bargeld ihrer Opfer, sondern bevorzugten Goldzähne. Nach dem Gottesdienst stellten die Priester Waschkörbe für die Kollekte auf."
      ....
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      Schlange und Diebe, Teil 2

      von unserem Korrespondenten Addison Wiggin

      "Die Geschichte zeigt, dass Länder, die sparen und investieren, wachsen und blühen ...", so Jim Rogers im Vorwort seines neuen Buchs ("Financial Reckoning Day" – soll im September herauskommen), " ... während sich in den anderen Ländern die Lage verschlechtert und diese Länder kollabieren." Und weiter: "Künstlich niedrige Zinssätze und die Geldpolitik von Alan Greenspan und der Fed verursachten in den USA in den 1990ern die Spekulationsblase am Aktienmarkt. Jetzt macht die Politik der Fed die Spekulationsblase noch schlimmer. Sie verändert die Spekulationsblase, weg vom Aktienmarkt, hin zu einer Konsum- und Immobilienmarktspekulationsblase.

      Wenn diese Blasen platzen, dann wird das schlimmer sein als das Platzen der Spekulationsblase am Aktienmarkt, weil viel mehr Leute betroffen sind, wenn es um Konsum und Immobilien geht. Wenn all diese Leute herausfinden, dass die Hauspreise nicht auf ewig steigen können, ( ...) dann wird es viele Leute geben, die wütend sein werden ... Natürlich will das keiner hören. Sie wollen eine schnelle Lösung. Sie wollen Aktien kaufen, die schnell 25 % steigen, weil sie das im Fernsehen so gehört haben. Sie wollen eine weitere Zinssenkung, denn sie haben gehört, dass dies zu einem Wirtschaftsboom führen wird ..."

      Eine "schnelle Lösung" ist das, was die Fed wahrscheinlich anbieten wird. Ich rede von der Zinssenkung. Ich habe diesen Artikel unmittelbar vor Bekanntgabe der Zinsentscheidung der Fed geschrieben, weiß also noch nicht, wie das Ergebnis des Fed-Meetings ausgefallen ist. Es könnte sein, dass die Fed die Leitzinsen um 50 Basispunkte auf 0,75 % gesenkt hat – damit ist sie der Null 600 Basispunkte näher gekommen als vor 29 Monaten (als diese Scharade begann). Die Fed hat während ihrer Geschichte gezeigt, dass sie eins richtig gut kann: Die Währung zerstören, die sie eigentlich beschützen soll. Aber für diese Beobachtung beanspruche ich nicht die Urheberrechte ...

      Vor zwei Wochen schrieb ich im Investor`s Daily über die legendäre Tirade von Louis McFadden im US-Kongress. Diese Tirade fand im Jahr 1932 statt, auf dem Höhepunkt der Arbeitslosigkeit während der Weltwirtschaftskrise. McFadden ließ eine 25minütige Tirade gegen die US-Zentralbank los, und weil er das tat, wurde er ein legendärer Champion unter Verschwörungstheoretikern.

      McFadden bezeichnete die Fed als "eine der korruptesten Institutionen, die die Welt je gesehen hat" und eine "bösartige Institution, die das amerikanische Volk verarmt und ruiniert hat; die sich selbst und die Regierung praktisch in den Bankrott getrieben hat."

      Angesichts der Tatsache, dass der US-Bundeshaushalt so schnell wie noch nie von einem relativ hohen Überschuss in ein riesiges Defizit gefallen ist, scheinen die Beobachtungen von McFadden heute so relevant wie vor 70 Jahren.

      Das Fed-Triumvirat – Greenspan/Bernanke/McTeer – hat offen über die zurückgehenden Inflationsraten lamentiert ... und sie wollen die Preise wieder steigen lassen.

      Mein Freund Christopher Byron von der New York Post meint: "KEIN ernsthafter Student der Volkswirtschaftslehre bezweifelt noch, dass es die Politik von Alan Greenspan war, die in den 1990ern direkt zu der Spekulationsblase am Aktienmarkt geführt hat, die im Frühjahr 2000 geplatzt ist und die Aktienkurse und die gesamte Wirtschaft in eine Krise geschickt hat, von der sie sich immer noch nicht erholt haben."

      Ich frage mich, was Greenspan & Co. derzeit hinter verschlossenen Türen besprechen. Christopher Byron meint: "Das billige Geld gibt der Wirtschaft keinen nachhaltigen Schub – sondern läuft in nur zwei Sektoren: Den Immobiliensektor und den Hypothekensektor. Und in diesem Sektoren baut sich die spektakulärste Spekulationsblase der Geschichte auf."

      Die Vereinigung der Hypothekenbanken hat letzte Woche Daten veröffentlicht, die zeigen, dass fast alle Gewinne, die die Banken durch neue Hypotheken erzielten, durch die Erhöhung von bestehenden Hypotheken zustande gekommen sind (die sogenannte Refinanzierungen, also die Erhöhungen bestehender Hypotheken – aber dieses Geld fließt in den Konsum, es werden damit meist keine anderen Schulden getilgt. Der Begriff "Refinanzierung" ist insofern etwas irreführend). Die Zahlen der Fed zeigen, dass mit diesen Refinanzierungen im letzten Jahr Konsumausgaben in Höhe von rund 700 Milliarden Dollar (!) finanziert wurden. Die Aktien der Hypothekenbanken sind mit Hype, Hoffnung und heißer Luft gefüllt worden, dank der gescheiterten Politik von Alan Greenspan, die Wirtschaftslage durch sinkende Zinssätze deutlich zu beleben.

      Wer weiß, WANN diese Spekulationsblase den Weg der Nasdaq gehen wird. Aber eins ist sicher: Die Natur mag keine Ungleichgewichte. Diese Generation der Fed-Gouverneure hat nicht nur die Tradition der Fed aufrechterhalten, den Wert der eigenen Währung zu zerstören, die sie eigentlich schützen sollte ... sie hat auch das getan, was sich die Fed bisher noch nie getraut hatte: Sie haben ein Programm entwickelt, das den Hausbesitzern der Nation erlaubt, Cash aus ihren Häusern zu ziehen (über die "Refinanzierungen"). Ein Programm, das damit droht, letztlich zur Zerstörung zu führen.
      investorverlag.de
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      schrieb am 26.06.03 13:41:33
      Beitrag Nr. 3.260 ()
      Versicherungen

      Mannheimer kurz vor dem Ende


      Die Chancen auf eine Sanierung der schwer angeschlagenen Mannheimer Versicherungsgruppe haben sich drastisch verschlechtert. Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft habe dem Vorstand mitgeteilt, dass die erwogene Sanierung der Mannheimer mit frischem Kapital voraussichtlich nicht zu Stande komme, teilte die Mannheimer AG Holding am Mittwochabend mit. Unter anderem verweigerten sich die Axa Deutschland, die zum Pariser Axa-Konzern gehört, die Swiss Life/Rentenanstalt sowie Zürich Leben und Deutscher Herold, die beide Teil der Zurich Financial Services sind.
      Protektor - Versicherungswirtschaft berät Rettungsplan
      Vorstand geht - Schreiber das erste Opfer der Schieflage
      In der Krise - Lebensversicherern droht scharfe Auslese
      Gewinnausschüttung - Lebensversicherer treten auf die Bremse

      Gegner der Rettungsaktion
      "Die aus dem Ausland kontrollierten Gesellschaften haben offenbar kein Interesse an der Zukunft des deutschen Lebensversicherungsmarkts", sagte ein empörter Manager nach der Sitzung. Aber auch kleine Gesellschaften mit deutschen Mehrheitseignern lehnten eine Beteiligung ab. "Da soll ein Unternehmen künstlich am Leben und damit als Marktteilnehmer erhalten werden, das versagt hat", sagte ein Gegner der Rettungsaktion.

      Risiko-Lebensversicherung - Schutz für die Zukunft
      Versicherungen - Vergleichen und sparen

      Protektor - Gelder der Kunden nicht gefährdet
      Die Gelder der Kunden sind nicht gefährdet. Ihre Verträge werden höchstwahrscheinlich auf die für solche Fälle von den GDV-Mitgliedern gegründete, aber noch inaktive Auffanggesellschaft Protektor übertragen. Die Mannheimer zahlt ihren Kunden ohnehin seit Jahresanfang nur noch die Mindestverzinsung auf das Sparkapital, die zwischen 3,25 Prozent und 4 Prozent liegt. Die selben Garantiesätze schreibt auch Protektor gut.

      Keine Infos über neue Gesprächspartner
      Über das weitere Vorgehen der Versicherung und über mögliche neue Gesprächspartner war zunächst nichts zu erfahren. Ein Sprecher der Mannheimer sagte am Abend: "Sobald es soweit ist gehen wir damit raus." Er betonte allerdings, die Versicherten der Mannheimer könnten weiterhin mit Leistungen des Unternehmens rechnen.

      Es geht um 370 Millionen Euro
      Noch in der vergangenen Woche hatte es in Zeitungsberichten geheißen, die deutsche Versicherungswirtschaft wolle die Mannheimer-Gruppe retten. Das Präsidium und der Hauptausschuss Lebensversicherung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft hätten sich darauf geeinigt, die Mannheimer mit insgesamt 370 Millionen Euro zu unterstützen. Spekuliert wurde bereits, dass die Lebensversicherungssparte ein Fall für die von der Branche für Notfälle gegründete Auffanggesellschaft Protector werden könnte.

      Kapital-Lebensversicherung - Die günstigsten Tarife

      Schuld ist vor allem die Lebensversicherungssparte
      Hauptgrund für die finanzielle Talfahrt des im SDAX notierten Versicherers ist die hoch defizitäre Lebensversicherungssparte. Die Mannheimer Lebensversicherung AG hatte zum Ende des ersten Quartals stille Lasten von rund 238 Millionen Euro ausgewiesen. Als Konsequenz aus der Talfahrt des Unternehmens war der Vorstandsvorsitzende der Mannheimer Versicherung, Hans Schreiber, kürzlich zurückgetreten.

      Tabelle: Die zehn größten Lebensversicherer auf dem deutschen Markt
      Rangliste nach Prämien und Marktanteil 2001

      Lebensversicherer Bruttoprämie in Mrd. Euro Marktanteil in Prozent

      Allianz 8,99 14,4
      AMB Generali 6,61 10,6
      Münchener Rück - Ergo 6,17 9,9
      Zurich Financial Services 3,45 5,5
      R+V 2,77 4,4
      Axa 2,40 3,8
      Gerling 1,85 3,0
      Debeka 1,71 2,7
      Nürnberger 1,65 2,6
      Credit Suisse - DBV Winterthur 1,63 2,6

      Quelle: Goldman Sachs

      t-online.de
      Avatar
      schrieb am 26.06.03 15:43:02
      Beitrag Nr. 3.261 ()
      25.6.03 Fed vor historischer Entscheidung

      Märkte hoffen auf weitere Lockerung der US-Geldpolitik - Streit um Höhe der Zinssenkung
      ... Dabei dürfte die Höhe der nächsten Zinssenkung aus gesamtwirtschaftlicher Sicht nicht so entscheidend sein. Schließlich hat die Fed die Leitzinsen seit Januar 2001 in nunmehr zwölf Schritten bereits um 5,25 Prozentpunkte gesenkt. Derzeit steht der Kurzfristzins bei 1,25 Prozent, dem niedrigsten Stand seit Juli 1961. Und ganz gleich, ob die Zinsen bald bei einem oder bei ,75 Prozent stehen werden: so niedrig war der Satz dann seit 1958 nicht mehr.
      An den Märkten ist das Ergebnis der anstehenden Zinsdiskussion bei der Fed aber umso entscheidender. Denn sowohl die Renten- als auch die Aktienhändlerhaben sich längst ein Drehbuch zurechtgelegt, nach dem die Fed jetzt handeln soll. Das Problem daran ist nur: beide Seiten hoffen auf einen anderen Ausgang. Während die Rentenmarktteilnehmer auf weiter schwaches Wachstum und eine mögliche Deflation setzen, rechnen die Aktienmärkte fest mit einer bald bevor stehenden Konjunkturwende. Zuletzt war es Greenspan immer wieder gelungen, durch geschickte Äußerungen beide Seiten zufrieden zu stellen. Das muss die Fed auch dieses Mal schaffen, wenn sie nicht schwere Verwerfungen an den Finanzmärkten hervor rufen will. ... (Welt, 25.6.03)

      Kommentar: Zwölf Zinssenkungen seit 201 haben es nicht vermocht, die Wirtschaft in den USA wieder zum laufen zu bringen - wie soll das jetzt gelingen, wenn die Zinsen bereits nahe dem Nullpunkt angekommen sind? Die Parallelen zu Japan, das ebenfalls einen Nahe-Nullprozentzins hat und nichts damit ausrichten kann stechen ins Auge. Daß sich nun Aktien- oder Anleihenbesitzer über die nächste Senkung freuen ist trügerisch. In absehbarer Zeit werden die marktzinsen, durch den Risikozuschlag kräftig steigen und Anleihen und Aktien ins bodenlose drücken.
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      Aufregung unter Besitzern argentinischer Staatsanleihen um "radikalen Schnitt"


      Angebliche Äußerung von Bankenseite über bereits akzeptierten Kapitalabschlag für Privatanleger von 60 bis 70 Prozent - IWF-Chef Köhler in Buenos Aires erwartet
      von Hildegard Stausberg
      Berlin - Mit großer Spannung verfolgt nicht nur die internationale Bankwelt, sondern vor allem eine große Zahl privater Bondshalter argentinischer Papiere die Gespräche, die der Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Horst Köhler, in den nächsten Tagen in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires führt. Denn dabei geht es nicht nur um die Modalitäten der Umschuldung zwischen dem IWF und der neuen argentinischen Regierung unter Präsident Néstor Kirchner, sondern auch um die Frage, ob Köhler ein solches Abkommen an Konditionen für ein zukünftiges Umschuldungspaket mit den privaten Gläubigern knüpft.
      Seit dem vergangenen Wochenende sorgt ein Artikel der angesehenen argentinischen Tageszeitung "La Nación" für großen Wirbel. Darin wurde Volkswirt Oliver Stönner von der Commerzbank so zitiert, dass die europäischen Privatgläubiger einen Kapitalabschlag "zwischen 60 und 70 Prozent" eigentlich schon akzeptiert hätten. Im Gespräch mit der Tageszeitung DIE WELT bestritt Stönner zwar, dies gesagt zu haben. Da die Commerzbank aber der Umschuldungsinitiative Abra (Argentine Bond Restructuring Agency) angehört, gerät nun auch die Abra über die Äußerung zunehmend in die Kritik. So veröffentlichte etwa die ebenfalls in Buenos Aires erscheinende Tageszeitung "Clarin" eine empörte Stellungnahme aus dem Lager der fast 400 000 italienischen Bondshalter, die einen solchen radikalen Schnitt völlig ablehnen. ... (Welt, 24.6.03)

      Kommentar: Das Beispiel Argentinien widerlegt die Thease, daß Staaten nicht bankrott gehen könnten. Viele Anleger vertrauen darauf, daß "Staatsanleihen immer zurückbezahlt werden" - oder daß es sich "kein Staat leisten könnte, Anleihen platzen zu lassen". Vergessen wird dabei, daß eben Anleihen auch nur Versprechungen auf Geld sind und wenn der entsprechende Staat seine Schulden nicht mehr refinanzieren - sprich die Schuldenspirale weiter ausdehnen - kann, daß dann eben diese Versprechen nichts mehr wert sind.

      Kommentare v. Günter Hannich
      Geldcrash.de
      Avatar
      schrieb am 26.06.03 15:48:05
      Beitrag Nr. 3.262 ()
      Deflationsgefahren sind mehr denn je zuvor das eigentliche Übel der Finanzmärkte – Die Fed teilt die Besorgnis
      (26.06.2003)

      Die Fed hat gesprochen, und niemand ist so recht zufrieden. Viele sind sogar enttäuscht. Als am Mittwoch die Erläuterungen der Notenbank in Washington zur Senkung des Leitzinses um 25 Basispunkte vorlagen, begann sofort das Lesen im Kaffeesatz. So gut wie jeder hat sich das aus dem Text herausgepickt, was ihm passte.

      Bei allem, was an Thesen jetzt durch die Finanzmärkte geistert, bleibt eines festzuhalten: Die Fed hat mehr als jemals zuvor auf die deflationären Gefahren abgehoben, aber wieder einmal ohne Erwähnung des offenbar verteufelten „D-Worts“. Sie spricht immer noch nur von einem „unwillkommenen“ Rückgang der Inflation. Und sie hat ausdrücklich erklärt, dass diese Sorge in überschaubarer Zukunft bestehen bleiben dürfte.

      Bemerkenswert ist ferner, dass der Präsident der Zentralbank von San Francisco, Parry, für eine Senkung des Leitzinses um 50 Basispunkte gestimmt hat. Parry ist einer der herausragenden Kämpfer gegen die deflationären Tendenzen. Offenbar wollte er eine Senkung um 50 Basispunkte als umfassendere Versicherung gegen ein weiteres Vordringen der Deflationsgefahren.

      Die Finanzmärkte tun gut daran, den Schritt der Fed und ihre Erläuterungen hierzu nicht wieder rasch abzuhaken und zum schnellebigen Tagesgeschäft überzugehen. Konjunkturell, fiskalisch und monetär sieht es in den USA düster aus. Das wird in erster Linie der Dollar weiter spüren.

      Die Wall Street hat wegen der überschwappenden Liquidität Narrenfreiheit, doch ewig kann sie den Tanz auf dem Vulkan nicht fortsetzen. Ganz im Gegenteil, denn es zeigen sich täglich mehr Risse im technischen Gefüge des Aktienmarktes.

      Und schließlich werden sich jene wohl noch wundern, die behaupten, an den Märkten für Staatsanleihen sei eine spekulative Blase entstanden. Mitnichten, hier bestimmen wie beim Euro die seriösen, langfristig orientierten Käufer den Gang der Dinge.

      Eine spekulative Blase ist nur bei Unternehmensanleihen, und hier vor allem im Sektor der Ramsch-Anleihen (junk bonds), auszumachen. Das wird sich in dem Augenblick offenbaren, in dem die Risikoscheu der Anleger, aus welchem der vielen auf der Hand liegenden Gründe auch immer, wieder wächst.



      Arnd Hildebrandt

      Herausgeber
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      Staatsanleihen sind genauso gefährdet wie die Unternehmensanleihen
      Siehe auch Bsp. Argentinien.

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      Wussten Sie schon, dass...?
      (26.06.2003)

      33 Prozent aller ausstehenden Titel des amerikanischen Schatzamtes und 12 Prozent aller umlaufenden amerikanischen Aktien befinden sich in ausländischen Händen.

      (Quelle: US-Notenbank)



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      taurosweb.de
      Avatar
      schrieb am 26.06.03 17:55:36
      Beitrag Nr. 3.263 ()
      USA

      400 reichste Amerikaner verdienen fast 70 Milliarden Dollar

      Die Reichen des neuen Kontinents werden immer reicher und beanspruchen einen immer größeren Anteil des Gesamteinkommens aller Amerikaner.




      Die 400 größten amerikanischen Steuerzahler haben im Jahr 2000 ein Vermögen von fast 70 Milliarden Dollar ausgewiesen gegenüber 53,5 Milliarden Dollar im Jahr zuvor.

      Dies hat das Wall Street Journal am Donnerstag unter Berufung auf die Steuerbehörde IRS berichtet.

      1992 hatten die 400 Superreichen insgesamt nur 18,7 Milliarden Dollar ausgewiesen. Ihre Einkommen haben sich somit seither fast vervierfacht. Ihr Anteil an den Gesamteinkommen aller Amerikaner hat sich seither von 0,52 Prozent auf 1,09 Prozent erhöht.



      Die Lücke wird zur Kluft

      Die bemerkenswerte Ansammlung von Reichtum an der Spitze der Einkommenspyramide reflektiere die Hausse der Aktienmärkte während der neunziger Jahre und die wachsende US-Einkommenslücke, die sich zu einer breiten Kluft entwickelt habe, erklärte die Zeitung.

      Um in die illustre Spitzengruppe der 400 Großverdiener zu kommen, musste man im Jahr 2000 mindestens 86,8 Millionen Dollar verdienen gegenüber 67,40 Millionen Dollar im Jahr 1999. Die Steuerbehörde nannte die Reichen nicht namentlich. Sie teilte auch nicht mit, wie viel Geld der einkommensstärkste Amerikaner im Jahr 2000 verdient hatte.

      Rund 50 Milliarden Dollar der Gesamteinkünfte von 70 Milliarden Dollar der 400 Superreichen kamen aus Kapitalerträgen.:eek: :rolleyes: Für die Jahre 2001 und 2002 könnte sich das Bild wegen der Börsenflaute und des Niedergangs der Internet-Branche verschieben, schrieb die Zeitung.

      (sueddeutsche.de/dpa)

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      Je höher die Zinserträge, umso höher die Arbeitslosigkeit.
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      Der Zins ist in diesem genauen Sinne unverdientes Einkommen: Einkommen ohne Leistung. (Dieser Befund wird nur dadurch verdeckt, daß der Verleiher dem Entleiher tatsächlich eine Leistung erbringt: Er stellt ihm Liquidität zur Verfügung. Insofern ist der Zins also durchaus eine "Gegenleistung" für die Überlassung der Vorteile aus Liquidität. Aber diese Vorteile als solche sind nicht durch Leistung erworben, sondern sind eine unverdiente Zugabe beim Geld. Deshalb ist auch der Zins unverdientes Einkommen. Aber die Täuschung, die durch den Schein einer eigenen Leistung entsteht, ist so perfekt, daß es schwer ist, die Einsicht in die richtigen Zusammenhänge zu vermitteln.)

      Damit rundet sich das Bild: Wo Geld ohne Bedarf ist, dort stellt sich auch Einkommen ohne Leistung ein, und das wiederum bewirkt, daß noch mehr Geld ohne Beaarf und noch mehr Einkommen ohne Leistung entstehen. Dieser "Einkommensfähigkeit ohne eigene Leistung" steht die Arbeitslosigkeit als "eigene Leistungsfähigkeit ohne Einkommen" gegenüber: Geld, das als Einkommen ohne Leistung gezahlt wird, fehlt dann zur Bezahlung von Einkommen aus Leistung.

      So sorgt die Geldordnung dafür, daß typischerweise diejenigen, die weder Bedarf haben, noch eine eigene Leistung in die Volkswirtschaft einbringen, den Mehrwert des Geldes erhalten. Das sind dann Gelder, die andernorts fehlen und als Nachfrage so lange ausfallen, bis sie wieder zinspflichtig denjenigen zurücktransferiert werden, die Bedarf haben. Aufbringen müssen diese Zinsen entweder diejenigen, die als Letztverbraucher oder Unternehmer Kredite in Anspruch nehmen, oder diejenigen, welche die mit Zinskosten belasteten Waren und Dienste kaufen: eine ständige Subventionierung der Kapitalrentner durch die Produzenten und Letztverbraucher. Diese in die Geldordnung einprogrammierte Subventionierung der Wohlhabenden durch die Schaffenden übertrifft zwar noch nicht hinsichtlich ihres Volumens, wohl aber hinsichtlich ihrer dysfunktionalen Auswirkungen die meisten wohlfahrtsstaatlichen Transfers bei weitem.



      Eine solche ständige Subventionierung der Vermögenden durch die Produzenten und Verbraucher ist ungerecht. Ungerechtigkeiten jedoch pflegen die Ökonomen nicht aus der Ruhe zu bringen. Mit so etwas finden sie sich ab, wenn das, worum es geht, wirtschaftlich funktionstauglich ist. Aber die Subventionierung derer, bei denen der Bedarf fehlt, durch die anderen, die Bedarf haben, ist nicht nur ungerecht, sondern sie ist erst recht volkswirtschaftlich unsinnig.



      Es mag sein, daß der Zwangssparprozeß, dem die Produzenten und Konsumenten durch den beschriebenen, geldordnungsbedingten Subventionierungsmechanismus zu Gunsten der "Anleger" unterworfen werden, wenigstens funktionstauglich war während einer Aufbruchs- und Aufbauphase, wenn man davon ausgeht, daß in einer solchen Phase die Sparquote auf Biegen oder Brechen hochgehalten werden muß. Bei einer Volkswirtschaft jedoch, die in den Wohlstand kommt, wird diese Subventionierung der Bedarfslosen durch die Bedürftigen absurd und grotesk. Und sie wird auf lange Sicht tödlich für die Wirtschaft.

      auszug aus http://www.equilibrismus.de-
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      Genau hier liegt eben das Problem.
      Leistungsloses Einkommen, das auf Lasten der einfachen Bürger generiert wird. aber Irgend einer muss es aber erarbeitet haben.
      Nützt es der Wirtschaft, wenn das Geld da landet, wo es nicht zur Güternachfage gebraucht wird und nur gegen Zinsen
      zur Verfügung gestellt wird? und so alles nur noch teurer macht bis es für die Allgemeinheit unbezahlbar wird. Sind die Zinsen zu niedrig,wird das Geld nicht ausgeliehen und es kommt zur Kreditklemme. Dadurch entsteht für den Superreichen kein Nachteil, da das Geld durch künstliche Knappheit verteuert (Kaufkraft) wird und sich günstig Sachanlagen kaufen kann.
      Die Notenbanken versuchen dagegen zu steuern ,indem sie die Geldmenge erhöhen,aber dieses Geld kommt nicht in den normalen Wirtschaftskreislauf, sondern wandert dahin, wo Geld schon im Überfuss vorhanden ist. Und da diese Herren weder Bedarf nach Investitonsgüter noch nach Bedarfsgütern haben, fließt das Geld dahin, wo die meiste Renditen oder Zinsen zu erzielen sind .Sie geben es nur gegen hohe Zinsen her oder es fließt in die Spekulation, weil die Wirtschaft in einer Deflation keine Investionen tätigt, weil es sich nicht mehr rentiert.
      Wenn die Quelle für die Zinsen versiegt, wird ein Grund geschaffen wie( z. B ein Krieg) damit das Spiel von vorne beginnen kann. Der Markt wird dann mit dem Geld überflutet , das zuvor im Staudamm sich gesammelt hatte.
      Es entsteht eine(HYPER)Inflation. Der Geldentleiher hat dadurch keinen Schaden , da der Zinssatz auf die Inflationrate draufgeschlagen. wird oder sein Geld schon vorher (DEFLATION) in Sachanlagen gesichert hat.
      Avatar
      schrieb am 26.06.03 19:04:22
      Beitrag Nr. 3.264 ()
      Eichel schwingt die Spar-Keule

      Um den Haushalt 2004 finanzieren zu können, will die Regierung Pendler, Häuslebauer und Rentner zur Kasse bitten. Der Etat-Entwurf, den Finanzminister Hans Eichel präsentiert hat, sieht Einsparungen in Höhe von 14 Milliarden Euro vor. Allerdings hat der Bundesrat auch noch ein Wörtchen mitzureden.
      Die Schuldenmisere Diskutieren Sie mit!
      Wem nimmt der Staat die Kohle? Abstimmen und gewinnen

      Eigenheimzulage vor dem Aus
      Es ist vorgesehen, dass die Eigenheimzulage abgeschafft und durch eine stark reduzierte Städtebauförderung ersetzt wird. Sie soll mit nur noch einem Viertel des bisherigen Volumens vorwiegend in die Sanierung von Altbauten fließen. Familien werden dabei bevorzugt. Eichel erhofft sich durch diese Maßnahme Einsparungen in Höhe von 4,2 Milliarden Euro.

      Auf einen Blick Bei wem Eichel sparen will
      Download Eichels Haushaltsentwurf für 2004

      Pauschale erst ab 20 Kilometer
      Die Pendlerpauschale wird künftig nur für einen Arbeitsweg ab 20 Kilometern gezahlt. Was darunter liegt, wird nicht mehr abgegolten. Der Satz von 40 Cent pro Kilometer soll aber bleiben. 5,6 Milliarden Euro sollen so in Eichels Kassen fließen.

      Auch Rentner betroffen
      Eichels Spar-Keule trifft auch die Rentner: Ihre Bezüge werden im kommenden Jahr nicht erhöht. Die für den 1. Juli 2004 geplante Rentenanpassung wird um ein halbes Jahr verschoben. Zudem sollen Rentner mehr in die gesetzlichen Krankenkasse einzahlen: Ihr Anteil an den Beiträgen klettert nach dem Willen Eichels von 50 auf 53 Prozent. Der Staat zahlt dann entsprechend weniger. Die Einsparung: Zwei Milliarden Euro. Dafür soll der Beitragssatz für die Rentenversicherung auf dem geltenden Niveau von 19,5 Prozent stabilisiert werden.

      Auf einen Blick Das bringt eine vorgezogene Steuerreform
      Früher Geldsegen Vorgezogene Steuerreform auf der Kippe
      Stichwort Die einzelnen Stufen der Steuerreform

      Kein Urlaubsgeld mehr für Pensionäre
      Das Weihnachtsgeld für Pensionäre soll zudem von derzeit 86 auf 50 Prozent gekürzt werden, für aktive Beamte auf 60 Prozent. Das Urlaubsgeld wird gestrichen. Auch das Entlassungsgeld für Wehr- und Zivildienstleistende soll gekürzt werden. Damit nicht genug: Bei der Kohle will der Bund statt geplanter 300 nun 550 Millionen Euro an Subventionen kürzen. Zudem sollen Landwirte einen stärkeren Eigenbeitrag zur Krankenversicherung leisten.

      Vorgezogene Steuerreform ausgespart
      Unter dem Strich kommt Eichel auf 14 Milliarden Euro Einsparungen. Dennoch muss er 23,8 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen. Der Betrag liegt knapp unter der Summe der Investitionen. Damit wäre der Haushalt verfassungskonform. Der Sozialdemokrat hofft sogar, im kommenden Jahr die europäischen Defizitkriterien einhalten zu können. Eine optimistische Annahme: Die Kosten für eine möglicherweise vorgezogene Steuerreform hat Eichel in seinem Entwurf ausgepart - rund acht Milliarden Euro. Das Defizit könnte sich also noch erheblich ausweiten.

      Heilige Kühe
      Ob Eichel seine Sparprojekte im Bundesrat durchsetzen kann, ist allerdings fraglich. Außer beim Agrar-Diesel oder möglicherweise beim Erziehungsgeld hat die Länderkammer bei den weiteren Kürzungsvorschlägen ein gewichtiges Wörtchen mitzureden. Mit dem Abbau von Subventionen aber begibt sich Eichel auf vermintes Terrain: Länderchefs wie Edmund Stoiber oder Peter Müller sprachen sich bereits gegen Kürzungen bei der Eigenheimzulage aus. Auch die Pendlerpauschale gehört zu den Tabu-Themen.

      Union gegen Kürzungen
      Die Union will einen Subventionsabbau ohnehin nur mittragen, wenn die Bürger dafür an anderer Stelle entlastet werden. Er sei gegen Kürzungen, nur um die Löcher im Haushalt zu stopfen oder die Steuerreform vorzuziehen, wetterte Fraktionsvize Friedrich Merz. Der Unionspolitiker forderte statt dessen eine umfassende Reform der Einkommensteuer. In deren Rahmen könne dann auch über die Entfernungspauschale gesprochen werden.

      "Völlig unrealistisch"
      Mit dem jetzigen Entwurf zumindest bewege sich der Finanzminister "im Nirgendwo", kritisierte Merz. Eichel habe sich "offensichtlich von der Wirklichkeit verabschiedet". Der Etat basiere auf "völlig unrealistischen Wachstumserwartungen" von zwei Prozent. Es gelte "das Prinzip Hoffnung".


      td/
      t-online.de
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      schrieb am 26.06.03 19:39:50
      Beitrag Nr. 3.265 ()
      Unternehmen
      Höchststand bei Insolvenzen - aber Zunahme verlangsamt

      Unternehmen
      Höchststand bei Insolvenzen - aber Zunahme verlangsamt

      26. Juni 2003 Deutschland steuert in diesem Jahr auf einen neuen Pleitenrekord zu und ist damit das Land mit den meisten Insolvenzen in Europa. In den ersten sechs Monaten kletterte die Zahl der gesamten Insolvenzen um rund 20 Prozent auf 47.800, wie die Wirtschaftsauskunftei Creditreform am Donnerstag in Düsseldorf mitteilte. Darunter waren 19.200 Unternehmen, was einer Zunahme von 4,6 Prozent entspricht. Für ganz 2003 erwartet Creditreform unverändert rund 100.000 Insolvenzfälle nach 82.000 im vergangenen Jahr. Bei den Unternehmen dürften 40.000 bis 42.000 den Gang zum Insolvenzgericht antreten. 2002 waren es knapp 38.000.

      Besonders waren Firmen in Westdeutschland betroffen. Hier stieg die Zahl der Insolvenzen nach den Berechnungen von Creditreform im Vergleich zum ersten Halbjahr 2002 um 11,6 Prozent auf 14.300. In den neuen Bundesländern hingegen war erstmals seit 1999 ein Rückgang zu verzeichnen: Die Zahl der zusammengebrochenen Unternehmen sank um den selben Prozentsatz auf 4.900. Allerdings stieg die Zahl der Abmeldungen in den Gewerberegistern im Osten. Vermutlich hätten viele Kleinbetriebe wegen der schlechten konjunkturellen Aussichten aufgegeben, ehe sich Insolvenzmerkmale wie Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit eingestellt hätten, erklärte die Auskunftei.

      Löschungen auf Vorjahresniveau

      Insgesamt liegt die Zahl der Löschungen mit 330.000 auf Vorjahresniveau. Bei den Neugründungen gab es einen Rückgang um 3,7 Prozent auf 370.000. Dabei handele es sich vor allem um Kleinstbetriebe, erläuterte Creditreform-Hauptgeschäftsführer Helmut Rödl. Durch neue Firmen seien von Januar bis Juni 137.000 Arbeitsplätze geschaffen worden - drei Prozent mehr als im Jahr zuvor. Dem stünden aber 330.000 Beschäftigte gegenüber, denen der Verlust ihrer Stelle drohe. Die meisten Insolvenzen gab es im Dienstleistungssektor mit einer Zunahme um 13 Prozent, gefolgt vom Handel mit sieben Prozent mehr. Im Baugewerbe nahm die Zahl um sechs Prozent ab.

      Auch insgesamt verzeichnete Creditreform ein Abflachen der Kurve. “Die Steigerungsraten sind nicht mehr ganz so kraß wie im Vorjahr“, betonte Rödl. Auch seien die Fälle nicht mehr so spektakulär. “2002 war das Jahr der Megapleiten. Dieser Trend scheint sich 2003 nicht fortzusetzen“, stellte der Experte fest. Mit Grundig, Wienerwald oder Gold-Zack sei die Dimensionen der Pleitefälle gegenüber den voriges Jahr betroffenen Großkonzernen wie Philipp Holzmann oder Kirch geschrumpft. Die Insolvenzen bedingten einen Anstieg der offenen Forderungen um 2,3 Milliarden auf 24,8 Milliarden Euro. Der Anteil der Unternehmen, die unter Forderungsausfällen litt, stieg auf 62 von 60 Prozent.

      Eine sprunghafte Zunahme war im ersten Halbjahr bei den Verbraucherinsolvenzen zu verzeichnen: 13.700 Fällen bedeuten eine Steigerung um fast 49 Prozent. Insgesamt entfielen 25.500 Anträge auf natürliche Personen - rund 26 Prozent mehr als von Januar bis Juni 2002.

      Text: dpa/Reuters
      Bildmaterial: dpa
      faznet.de
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      schrieb am 26.06.03 19:43:57
      Beitrag Nr. 3.266 ()
      Finanzmärkte
      Amerikanische Notenbank läßt Märkte schmoren

      25. Juni 2003 Mit der Leitzinssenkung um 25 Basispunkte auf ein 45-Jahre-Tief von einem Prozent hat die amerikanische Notenbank die Erwartungen der Märkte erfüllt. Manche Marktteilnehmer hatten zwar mehr erwartet, aber angesichts der „Zinssenkungsorgie“ der vergangenen Monate dürfte es auf 25 Basispunkte nicht ankommen.

      Wichtiger ist und war der Ausblick, der gegeben wurde. Der Offenmarktausschuss (FOMC) sei nach wie vor der Auffassung, daß Geldpolitik der Fed verbunden mit anhaltend robustem Produktivitätswachstum einen wichtigen Beitrag für die wirtschaftliche Aktivität des Landes beisteuere. Das nachhaltige Wirtschaftswachstum müsse sich allerdings erst noch erweisen. Immerhin gebe es Anzeichen für die Stabilisierung der Konsumausgaben wie auch der Lage am Arbeitsmarkt. Angesichts gedämpfter Inflationserwartungen sei das FOMC zu der Einsicht gelangt, daß eine etwas expansivere Geldpolitik der Fed eine Erholung der amerikanischen Wirtschaft unterstütze.

      Weitere Zinssenkung möglich, aber nicht sicher

      Beobachter vermuten, die Fed habe mit ihrem Statement die Tür für eine weitere Lockerung der Zinsen zwar offen gelassen hat. Doch sei mit der Andeutung, die Dominanz deflationärer Risiken nehme ab, sei genug Argumentationsspielraum vorhanden, um auf einen weiteren Zinsschritt zu verzichten.

      Und das dürfte der Grund dafür gewesen sein, wieso der amerikanische Rentenmarkt so negativ auf die Zinsentscheidung reagiert hat. Ein Minus von 237,5 Stellen auf 114,28 Prozent bei den 30-jährigen Anleihen ist massiv. Die Rentenhändler hatten zum Teil mit einer stärkeren Zinssenkung gerechnet und mit einer Andeutung, der Leitzins könnte längere Zeit auf diesem extrem tiefen Niveau bleiben. Beides blieb aus, so daß sie nun enttäuscht sind. Gleichzeitig kam es auch zu Gewinnmitnahmen an der Wall Street und zu Zeichen von Stärke beim Dollar im Verhältnis zum Euro.

      Finanzmärkte schwanken zwischen Aufschwungs- oder die Stagnationserwartung

      Insgesamt scheinen sich die Teilnehmer der verschiedenen Marktsegmente noch nicht darüber klar zu sein, welche Tendenz sich durchsetzt: der Wirtschaftsaufschwung oder die Stagnation. Während die Börsianer in den vergangenen Wochen mit steigenden Kursen auf die scheinbar abnehmenden geopolitischen Risiken, die massiv zunehmende Liquidität und Steueranreize setzten, konzentrierte sich der Rentenmarkt auf die scheinbar immer weiter fallenden Zinsen und die Deflationsbefürchtungen. Der Devisenmarkt steckt im Dilemma zwischen dem Wirtschaftsoptimismus und den fallenden Zinsen. Tiefe Zinsen machen die Währung unattraktiv, während eine boomende Börse zu zunehmender Dollarnachfrage führen könnte.

      Da am Mittwoch der Leitzins nicht so stark gesenkt wurde, wie teilweise erwartet und der Ausblick nicht so skeptisch ausfiel, wie teilweise befürchtet, schlossen sich die Devisenhändler den Optimisten an und verkauften den Euro bis auf 1,1518 Dollar herunter. Eine wirkliche Trendwende zu Gunsten des Greenbacks würde sich allerdings beim Überschreiten der Marke von 1,1370 Dollar je Euro andeuten. Sollte der Rentenmarkt als letztes Glied in der Kette zur Überzeugung kommen, die Wirtschaft erhole sich und das Zinstief sei erreicht, dann könnte es dort zu einer deutlichen Kursreaktion nach unten kommen.

      Ungleichgewichte im Hintergrund

      Fakt ist, daß die Finanzmärkte kurzfristig vor allem von den fiskalischen und monetären Anreizen getrieben werden, während die makroökonomischen Ungleichgewichte - Überkapazitäten, Arbeitslosigkeit, Doppeldefizit, starke Verschuldung, verhaltene Investitionsausgaben, Immobilienbubble - im Hintergrund bleiben. Das liefert längerfristig auch mit Blick auf die ambitionierte Bewertung vieler amerikanische Aktien Skeptikern Munition und rät dazu, vorsichtig zu sein und die Trends im Auge zu behalten. Wenn sie brechen - Aufwärtstrend an den Börsen, Rentenmärkten und Euro, dürfte eine rasche Reaktion notwendig sein.

      Text: @cri
      faznet.de
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      schrieb am 26.06.03 19:46:46
      !
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      schrieb am 26.06.03 19:59:30
      Beitrag Nr. 3.268 ()
      Bei unwirksamer Medizin nützt höhere Dosis nichts

      (trifft den Nagel auf den Kopf)
      Abbau des Sozialstaats stimuliert die Wirtschaft nicht - argumentiert der Wissenschaftler Gerhard Bäcker



      Wirtschaftsmotor Rennsteigtunnel
      (ap)



      wal FRANKFURT A. M. Nicht der Sozialstaat blockiert den Aufschwung der Wirtschaft in Deutschland. Und deshalb lässt sich über den Abbau von sozialstaatlichen Leistungen der Aufschwung hier zu Lande auch nicht herbeiführen oder beschleunigen - selbst wenn Regierungs- und Oppositionspolitiker, Verbände und wirtschaftswissenschaftliche Institutionen noch so vehement das Gegenteil behaupten. Mit diesen Aussagen kritisiert der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler Gerhard Bäcker die Agenda 2010, mit der die Regierungskoalition der ökonomischen Entwicklung neuen Schwung geben will. Er betont im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau, dass die dort genannten Rezepte lediglich darauf hinauslaufen, eine Medizin höher zu dosieren, von der bekannt ist, dass sie nicht hilft.

      Die aktuelle Wirtschaftskrise führt Bäcker auf drei Faktoren zurück: Zum einen auf die "völlig verfehlte Finanzpolitik der vergangenen Jahre". Sie zielte darauf, Personen mit hohen Einkommen und Unternehmen steuerlich zu entlasten. Das habe aber lediglich zum chronischen Defizit der öffentlichen Haushalte beigetragen. Zum anderen werde seit langem versucht, die Ökonomie anzukurbeln, indem die "Angebotsseite", also die Unternehmen, systematisch entlastet werden. Die private Nachfrage bleibe dagegen "sträflich vernachlässigt". Dies sei "völlig gescheitert", genauso wie der Versuch, sich durch eine "reine Exportförderung gewissermaßen an den eigenen Haaren aus dem Sumpf zu ziehen".

      Ebenfalls nicht der geringste Erfolg sei der Strategie beschieden, Arbeitslose durch immer stärkeren Druck - Reduzierung der Unterstützung oder Verschärfung von Zumutbarkeitsregeln - "in Beschäftigung zu drängen".

      Obwohl die Untauglichkeit dieser Rezepte seit langem nicht mehr zu übersehen sei, würden Unternehmer und Verbände weiter danach verlangen und die Politik verschreibe sie munter.

      Auch Bäcker, der zusammen mit mehr als 500 Wissenschaftlern den Aufruf "Sozialstaat reformieren statt abbauen" lanciert hat, will "die Investitionsquote in der Volkswirtschaft erhöhen". Er setzt dabei allerdings auf öffentliche Aufträge "insbesondere der Kommunen, in denen wir massive Defizite an öffentlicher Infrastruktur feststellen". Das setze "natürlich voraus, dass wir kurzzeitig bereit sein müssen, auch eine höhere Netto-Verschuldung aktiv hinzunehmen". Der Wirtschaftsprofessor hält das für weitaus günstiger als "höhere Schulden passiv zu erdulden - wie das Finanzminister Hans Eichel jetzt machen muss".

      Bevor Unternehmer investierten, müssten sie "von der Absatzseite her" erst einmal dazu motiviert werden. Deshalb sei dafür zu sorgen, dass der Bürger bereit sei, Geld auszugeben. Vor diesem Hintergrund sei es kontraproduktiv, gerade "jene Haushalte zu belasten, die eine besonders hohe Konsumquote haben", die also einen vergleichsweise großen Teil ihres Einkommens in den privaten Verbrauch fließen lassen. Genau diesen Weg aber verfolge die Politik, die Sozialleistungen immer stärker beschneide.

      Bäcker unterstreicht die fortbestehende Notwendigkeit einer aktiven Arbeitsmarktpolitik. Sie sei unentbehrlich "gerade für jene Personen und Regionen, die besonders benachteiligt sind". Die "völlige Austrocknung" von Fortbildung, Umschulung und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen "führt letztlich zu höherer Arbeitslosigkeit und keinesfalls zu geringerer".

      Als weiteren wichtigen Schritt, um die Arbeitslosigkeit zu reduzieren, nennt Bäcker "auch und gerade in der Krise" eine "Arbeitszeitpolitik, die auf unterschiedlichen Wegen das begrenzte Erwerbsarbeitsvolumen in dieser Gesellschaft anders verteilt". Statt Überstunden sollten durch Arbeitszeitverkürzung Jobs geschaffen und gesichert werden. Anderslautende Vorschläge von Politikern und Verbandsfunktionären, die - angeführt von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement - durch die Reduzierung der Feiertage für längere Arbeitszeiten sorgen wollen, hält Bäcker für unlogisch. Eine Verlängerung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich für jene, die einen Job haben, bedeute für die Volkswirtschaft weder, dass das Bruttoinlandsprodukt wachse, noch dass die Erwerbslosigkeit sinke: Wenn alle mehr arbeiten, steige natürlich zunächst die Produktion. Nur - ohne mehr Lohn und Gehalt, also einer stärkeren Kaufkraft der Bürger, fänden hier zu Lande diese mehr produzierten Waren und Dienstleistungen keinen Absatz.

      "Andersherum wird ein Schuh daraus", hält Becker den Befürwortern von weniger Feiertagen entgegen: "Wir sind nicht in der Situation, dass die Wirtschaft nicht expandieren kann, weil Arbeitskräfte fehlen, sondern in Deutschland suchen zu viele Menschen Jobs, die nicht in ausreichendem Maße angeboten werden." Deshalb sei das "Gebot der Stunde", über eine "beschäftigungsfreundliche Umverteilung" der Arbeit zu reden.

      Für die Lösung der Finanzierungsprobleme in den sozialen Sicherungssystemen - Renten- und Krankenkassen - plädiert der Wirtschaftswissenschaftler für "einen offensiven Weg nach vorne": Für die Einführung einer "allgemeinen Erwerbstätigenversicherung mit der Perspektive einer Bürgerschaftsversicherung, die alle Menschen in das soziale System holt". Solidarität lasse sich nicht teilen in jene, "die drin sind" und andere, die "»Möglichkeiten haben in für sie vorteilhaftere Wege auszuscheren". Die Stabilität der sozialen Systeme verlange Ausweitung und nicht die von der Politik betriebene Einschränkung.




      Der Autor
      Professor Gerhard Bäcker, 56, ist Inhaber des Lehrstuhls für praxisorientierte Sozialwissenschaft an der Universität Duisburg-Essen.



      Obwohl weder die zunächst kritischen Teile der Sozialdemokratie noch die Gewerkschaften der Agenda 2010 großen Widerstand entgegengesetzt hätten, erwartet Bäcker, dass die gesellschaftspolitische Debatte "spätestens im Herbst" erneut aufbricht. Er weist darauf hin, dass viele Vorstellungen, die vor allem die Arbeitgeberverbände in die aktuelle Diskussion hineintrugen, bereits weit über die Formulierungen des Agendaprogramms hinausgingen, das Bundeskanzler Gerhard Schröder im März präsentierte.

      Dossier: Wie viel Staat braucht der Mensch?



      fr-aktuell.de
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      Copyright © Frankfurter Rundschau 2003
      Dokument erstellt am 25.06.2003 um 18:05:51 Uhr
      Erscheinungsdatum 26.06.2003
      Avatar
      schrieb am 26.06.03 20:05:36
      Beitrag Nr. 3.269 ()
      Länger heißt keineswegs weniger

      Dauer der Arbeitszeit sagt nichts über Erwerbslosigkeit aus




      wal FRANKFURT A. M. Lange Arbeitszeiten sind kein Garant für niedrigere Erwerbslosenzahlen. Andererseits steht eine kurze Verweildauer der Beschäftigten an Werkbank und Schreibtisch einem hohen Beschäftigungsniveau nicht im Weg. Darauf weist Hartmut Seifert, Experte des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI), hin. Er zieht internationale Vergleiche heran, die eindeutig belegten, "dass beschäftigungspolitisch erfolgreiche Länder die kürzesten tatsächlichen Arbeitszeiten haben".

      Der Wissenschaftler des gewerkschaftsnahen Instituts verweist auf unsere westlichen Nachbarn: "Nirgendwo in Europa arbeiten die Beschäftigten so kurz wie in den Niederlanden." Dort lag die durchschnittliche tatsächliche Wochenarbeitszeit aller Arbeitnehmer - einschließlich Überstunden einerseits und Teilzeitarbeit andererseits - im vergangenen Jahr bei 29,5 Stunden. Dem stand der Durchschnitt der 15 Staaten der Europäischen Union gegenüber, der 35,5 Stunden betrug.

      Gleichzeitig wies die Arbeitslosenquote in den Niederlanden mit 3,2 Prozent nach Luxemburg den niedrigsten Wert der Union auf. Die 15 Mitglieder kamen auf einen Durchschnittswert von rund acht Prozent.

      Mit Blick auf Griechenland betont Seifert, dass lange Arbeitszeiten nicht vor hoher Erwerbslosigkeit schützen. Mit 39,4 Stunden arbeiten die Griechen zwar viel, mit mehr als zehn Prozent gehört die griechische Arbeitslosenquote aber auch zu den höchsten der EU-Staaten.

      Die Zeit, die Arbeiter und Angestellte an ihrem Arbeitsplatz verbringen, lasse also keine zwingenden Schlussfolgerungen über die Lage auf dem Arbeitsmarkt zu, resümiert Seifert.

      Dossier: Wie viel Staat braucht der Mensch?



      fr-aktuell.de

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      Copyright © Frankfurter Rundschau 2003
      Dokument erstellt am 25.06.2003 um 18:05:48 Uhr
      Erscheinungsdatum 26.06.2003

      (aber die Arbeitgeberverbände, behaupten das Gegenteil.)
      ---------------------------------

      Auch wenn eines Tages die letzte Unternehmens- und Kapitalertragssteuer abgeschafft sein wird und wenn jeder Deutsche, der nicht reich genug ist, um von den Zinsen seines Kapitals leben zu können, seine Arbeitskraft jedem Arbeitgeber, der danach verlangt, unentgeltlich und unbegrenzt zur Verfügung stellen muß, weil ihm sonst die staatlich garantierte Lebensmittel- und Trinkwasserration gestrichen wird, werden sich die Kassen von Bund, Ländern und Gemeinden nicht füllen und die Herren Hundt und Rogowski werden nicht aufhören, öffentlich über die desaströse und wirtschaftsfeindliche Verfassung des Standortes Deutschland zu klagen.

      aus http://home.knuut.de/EWKberater/Meinung/12781_10_Fragen.html
      Avatar
      schrieb am 26.06.03 20:40:11
      Beitrag Nr. 3.270 ()
      Dow, S&P 500 und Nasdaq unter der Lupe


      Von Claus Vogt

      Dow Jones Industrial Average

      Das Überschreiten der August- und Dezember-Hochs bei gut 9000 Zählern wird von den Bullen als Abschluß einer knapp einjährigen Bodenbildung interpretiert, die eine Trendwende, also einen neuen Bullenmarkt eingeleitet hat. Aus der Umkehrformation ergibt sich ein Kursziel von rund 10.500 bis 11.000 Punkten. Was stört uns an dieser Einschätzung, außer dem Widerspruch zu unserem Modell? Zunächst ließ die potentielle Bodenformation zahlreiche Charakteristika eines tragfähigen Bodens vermissen. Die Sentiment-Indikatoren blieben sehr weit entfernt von typischerweise an Tiefpunkten zu messenden Niveaus. Die anschließende Rallye zeigte keine große Dynamik. Sie blieb sogar hinter der Bewegung zurück, die von Oktober bis Dezember 2002 einen Kursgewinn von 26 Prozent in rund 50 Tagen bescherte. Die aktuelle Rallye beträgt 27 Prozent und brauchte dafür etwa doppelt so lange. Auch die aus der Advance-Decline-Statistik abgeleiteten Indikatoren erreichten bei weitem nicht die Größenordnungen, die wir mit dem dynamischen Beginn einer Hausse in Verbindung bringen. Schließlich erfolgte das Überschreiten der 9000er Marke nicht mit deutlich anziehenden Umsätzen. Von einem dynamischen Ausbruch aus einer Bodenformation kann also nicht gesprochen werden. Eindeutig positiv ist die steigende 200-Tage-Durchschnittlinie, über der sich die Kurse befinden. Massive Widerstandszonen beginnen dicht gestaffelt unmittelbar über den aktuellen Kursen. Wir interpretieren die Aufwärtsbewegung weiterhin als Bearmarket-Rallye. Wir rechnen damit, daß sie im Laufe der nächsten drei bis sechs Monate vollständig rückgängig gemacht wird und befürchten weiterhin neue Tiefs.

      S&P 500

      Die technische Verfassung des S&P 500 ist der des Dow Jones sehr ähnlich. Massiven Widerstand sehen wir im Bereich 1.050 bis 1.100 Punkte, also 4 bis 9 Prozent über dem aktuellen Stand. Selbst wenn sich die Rallye in den nächsten Wochen bis in diesen Bereich fortsetzen sollte, ändert das nichts an unserer vorsichtigen Haltung. Das Chance/Risiko-Verhältnis ist unserer Einschätzung nach extrem unattraktiv. Einer knapp 10 Prozent-Chance steht ein Risiko von mindestens 30 Prozent gegenüber. Selbst den Bullen mit ihrer Erwartung einer neubegonnenen Hausse würden wir hier auf diesem Niveau keine Käufe empfehlen. Schon wegen des einseitigen Sentiments ist selbst in einem Bullenmarkt das Risiko einer ausgeprägten Korrektur sehr groß.

      Nasdaq Composite

      Die Nasdaq hat ihre bisherigen Tiefs bereits im Oktober 2002 markiert und ist seither mehr als 50 Prozent gestiegen. Damit belaufen sich die Kursverluste seit dem Allzeithoch aber immer noch auf rund 65 Prozent. Massive, enggestaffelte Widerstände beginnen bei etwa 1.700 Zählern. Auch dieser Markt ist mehr als überfällig für eine ausgeprägte Korrektur, die unsere Meinung nach den Anfang vom Ende der Bearmarket-Rallye bedeuten würde.


      Claus Vogt leitet das Research der Berliner Effektenbank.

      [ Donnerstag, 26.06.2003, 16:06 ]
      instock.de
      Avatar
      schrieb am 26.06.03 20:56:24
      Beitrag Nr. 3.271 ()
      Zinssenkung um 25 Basispunkte

      von Jochen Steffens

      Nun hat Alan Greenspan offensichtlich etwas "Vernünftiges" gemacht. Wenn man in diesem Zusammenhang von Vernunft reden kann. Er hat sich für den moderaten Zinsschritt von 25 Basispunkten entschieden. Damit sinken die Zinsen auf 1 %, das tiefste Niveau seit 1958.

      Aber im Prinzip hatte er keine andere Wahl. 50 Basispunkte hätten signalisiert, dass es der amerikanischen Wirtschaft doch schlechter geht – mit der Folge stark fallender Aktienkurse. Dieses Signal wollte die Fed offenbar nicht geben. Keine Zinssenkung hätte auch zu stark fallenden Kursen geführt. Auch das sollte wohl verhindert werden.

      Es blieb nur eine Senkung von 25 Basispunkten. Diese "Zinsfalle" hatte Alan Greenspan offenbar bewusst durch seine Äußerungen in den letzten Wochen aufgebaut. Gut 25 Basispunkte. Das ist ein "Non Event" für die Märkte. Machen wir also weiter mit der Rallye. Die Anleihenmärkte reagieren zwar heftig, aber auch das wird nur von kurzer Dauer sein. Hier waren 50 Basispunkte eingepreist.

      Trotzdem frage ich mich, was sollen diese 25 Basispunkte jetzt noch bringen. Die US-Steuerreform sorgt für mehr Geld in den Taschen der Wohlhabenden, die billigen Kredite, die billigen Hypothekenzinsen, alles brummt sozusagen. Aber es brummt auf äußerst ungesunden Füßen. Die US-Notenbank sagte, dass es noch keine klaren Anzeichen für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum gäbe (siehe auch dazu weiter unten das revidierte BIP Wachstum). Das nach 12 Zinssenkungen. Was bleibt also der Notenbank darauf hin anderes übrig, als sich in Optimismus zu üben? So kommentierte die FED, sie gehe davon aus, dass diese niedrigen Zinsen für einen Aufschwung sorgen werden.

      Deutliche Töne auch zum Thema Deflation. Die Fed schätzt das Risiko einer unwillkommenen Deflation höher ein, als die Gefahr einer Inflation. Deswegen sei auch die Notenbank dazu entschlossen, einen weiteren Rückgang der Inflation zu verhindern. Damit signalisierte sie, dass es eventuell auch noch zu weiteren Zinsschritten kommen könnte.

      Interessante weitere Äußerungen: Die Bedingungen an den Finanzmärkten sollen reif für eine wirtschaftliche Erholung sein. Hm.

      Etwas befremdlich finde ich zudem die Äußerung, dass sich die Arbeitsituation stabilisiert habe. Klar auf über 400.000 Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe jede Woche seit 18 Wochen. Auch eine Form der "Stabilisierung". (Der Fed dürften die weiter unten dargestellten Arbeitsmarktdaten für diese Woche vorgelegen haben. Doch noch ist nicht klar, ob es wirklich eine Trendwende ist) Ob sich die Produktion festigt und die Nachfrage steigt, kann ich kaum beurteilen. Da warte ich lieber die nächsten Zahlen ab. Die Aufträge für langlebige Wirtschaftsgüter (siehe gestern) geben das noch nicht wieder.

      Ich werden in den nächsten Wochen die Unternehmenszahlen genauestens unter die Lupe nehmen. Besonders bin ich auf die Prognosen für das dritte Quartal und das Gesamtjahr gespannt. So langsam dürfte es für die Unternehmen schwer werden, sich weiter hinter "Anschlagsgefahr", "Irak-Krieg", "ungewisse konjunkturelle Situation" und SARS zu verstecken. Klarere Prognosen sind gefordert!

      Aber auch die Umsätze werden viel über die wirkliche wirtschaftliche Situation aussagen. Mehr als die Gewinne. Lassen Sie sich da nicht täuschen. Die Gewinne sind überwiegend auf Kostensenkungen, Investitionszurückhaltungen und Beteiligungsverkäufe zurückzuführen. Wenn die Umsätze jedoch nicht anziehen, werden auch diese Gewinne wieder zurückgehen. Auffällig ist, dass die Konjunkturdaten sich angesichts der kräftig steigenden Kurse, hoher Liquidität und billiger Kredite nur erstaunlich langsam verbessern. Verdächtig langsam.

      Denn was war das gerade? Ach, deswegen hat die Fed gestern gesagt, dass es noch keine klaren Anzeichen für einen wirtschaftliche Erholung gäbe. Heute um 14.30 Uhr wurde die endgültige Zahl zum US-Bruttoinlandsprodukt für das erste Quartal 2003 veröffentlicht. Sie musste deutlich nach unten revidiert werden und notiert nun bei mageren 1,4 %! Die Analysten hatten eine Bestätigung der 1,9 % erwartet, die zunächst prognostiziert worden war.

      Ich habe der überaus optimistischen Prognosen für das Gesamtjahr von US-Finanzminister Snow sowieso nicht ganz glauben können. Nun müsste es in den verbleibenden drei Quartalen schon zu einem kräftigen Zuwachs kommen, damit Snow recht behält. Wie hatte es Hillary Clinton ausgedrückt? Verschleierungstaktik?

      Ein klein wenig erfreulicher zeigte sich der Arbeitsmarkt. Hier ist ein Rückgang auf 404.000 Erstanträge auf Arbeitslosigkeit zu verzeichnen. Zwar noch knapp über der 400.000, aber eben nur knapp. Erwartet wurden 415.000–425.000 Erstanträge. Es scheint so, dass vielleicht nächste Woche die kritische 400.000er Marke verlassen wird. Bestätigt sich diese Tendenz dann als Trend, könnte das positive Auswirkungen auf das Verbrauchervertrauen und damit auf die Konsumbereitschaft haben. Ob das ausreichen wird, um die hohen Erwartungen der Märkte zu erfüllen, möchte ich bis jetzt noch bestreiten.

      So langsam kommt der Euro in kaufenswerte Bereiche. Zwischen 1,12 Dollar und 1,13 Dollar überlege ich, meine Position Euro-Call aufzubauen. Schon etwas ärgerlich, dass mich die Zinssenkung der EZB aus dem Put rausgedrängt hat. Er war schließlich (zumindest ein Teil davon) auf Hoch gekauft.

      Gold sinkt weiter deutlich und notiert aktuell bei 343,60 Dollar (Tief 342,90 Dollar) Der Stopp war offenbar richtig gewählt. Beobachten und abwarten, bis sich neue Einstiegssignale abzeichnen.

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      Mannheimer vor der Pleite?

      von Jochen Steffens

      Die Mannheimer Lebensversicherung (ISIN DE0008428004) steht vor dem Aus. Ein Rettungsversuch der Versicherer scheint gescheitert. Der Gesamtverband der deutschen Versicherer (GdV) konnte keine Einigung erzielen. Der erste Fall für die Auffanggesellschaft Protector?

      Protector wurde letztes Jahr gegründet, mit dem Hintergrund die Geschäfte notleidender Lebensversicherer fortzuführen, damit die Kunden geschützt sind. Das war angesichts der stark gefallenen Aktienkurse notwendig geworden. Schon damals kündigte sich die Krise bei den Lebensversicherern ab. Die Mannheimer hatte sich ebenso wie andere mit riskanten Aktiengeschäften verspekuliert.

      Protector wird die Mannheimer jedoch nicht retten, sondern eher wie eine Abwicklungsgesellschaft agieren. Damit stände die gesamte Mannheimer Gruppe vor dem Aus. Aktionäre der Manheimer sind unter anderem die Münchener Rück mit 10 % und die österreichische Uniqa mit 12,9 %.

      Aber offenbar ist die Rettungsaktion der GdV nicht endgültig gescheitert. Heute wird GdV-Präsident Bernd Michaels der deutschen Finanzaufsicht BaFin das Ergebnis der Abstimmung präsentieren. Vielleicht ändert sich noch etwas.

      Die Aktie der Mannheimer sinkt um 37,5 % auf 4,50 Euro. Da ich davon ausgehe, dass die Versicherungsgesellschaften die Mannheimer fallen lassen: Kein Kauf.
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      Inflation weltweit auf dem Rückzug

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Jetzt ist es also raus. Die Fed hat die Leitzinsen um 25 Basispunkte gesenkt. Was für eine Welt wäre es, in der die Fed wirklich aus dem Nichts Geld machen könnte? "Von nichts kommt nicht", sage ich öfters. Aber was, wenn es doch so wäre? Gäbe es dann irgendwelche Gesetze, Prinzipien, oder irgendwelche Regeln, auf die man sich verlassen könnte? Würde es einen einzigen soliden moralischen Felsen geben, der unser Gewicht halten könnte ... oder einen Gott im Himmel, der seinen Daumen auf die Waagschale der Gerechtigkeit legen könnte?

      Wenn die Leute bei der Fed uns wirklich alle reicher machen könnten, indem sie die Zinsen senken – was können sie dann nicht? Warum können sie nicht alle unsere Frauen so schön wie Hollywood-Stars machen?

      Die Fed hat die amerikanische Geldmenge seit dem Amtsantritt von Alan Greenspan um 5 Billionen (!) Dollar erhöht. Gibt es keinen Preis, den man für diesen neuen Reichtum zahlen muss? Oder ist der Fed-Vorsitzende heilig ... und bringt Manna aus dem Himmel, als ob er ein Fluglotse wäre, der auf einer Insel der Weight-Watcher die Landung von großen Transportflugzeugen mit Bonbons an Bord kontrollieren würde?

      Das ist alles einfach zu absurd, um es ernst nehmen zu können. Aber ich persönlich bin ja Optimist: Ich denke, dass die Fed scheitern wird. Irgendwie wird der Himmel zu seinem Recht kommen ...

      Überall in der Welt setzen die Autoritäten auf die gleichen Mittel, um die Wirtschaft zu beleben. Die Zinsen werden überall gesenkt. In Japan kann man die Zinsen nicht mehr tiefer senken; sie stehen schon bei Null. In den USA stehen die Leitzinsen bei 1 %, in Euroland bei 2 %.

      All die größeren Länder in Europa geben mehr aus, als sie sich eigentlich leisten können. Das Defizitkriterium (3 % des BIP) des Maastricht-Vertrages wird verletzt. In den USA liegt das Haushaltsdefizit bei 4 % des BIP. In Japan ist es auf 7 % gestiegen.

      Aber es gibt keinen Beweis dafür, dass durch all dieses neue leichte Geld – das aus dem Nichts kommt – irgendjemand wirklich reicher geworden ist. In Japan z.B. hat sich die monetäre Basis seit 1997 um 84 % erweitert – aber das BIP ist um 6 % gefallen.

      Und jetzt scheint die ganze Welt auf eine Deflation zuzusteuern – trotz der harten Bemühungen der Entscheidungsträger, eine Inflation zu kreieren. Sogar in Lateinamerika gehen die Inflationsraten zurück. Im Mai fielen die Inflationsraten von Mexiko, Argentinien und Chile. Und in Israel sind die Lebenshaltungskosten in den letzten 3 Monaten um 5 % gefallen.

      Ich bleibe allerdings optimistisch. Ich habe keine Zweifel daran, dass die Zentralbanken letztlich die Währungen zerstören werden, die sie eigentlich schützen sollen. Aber ich weiß nicht, wann und wie das der Fall sein wird.

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      Bilanzskandale bei US-Hypothekenbanken


      von unserem Korrespondenten Eric Fry in New York

      Die Rally am Aktienmarkt, die am 11. März begann, war ein schönes Zwischenspiel nach zuvor drei Jahren Bärenmarkt. Aber alle schönen Sachen hören irgendwann auf ... besonders gilt das für eine Bärenmarktrally.

      Von seinem Intraday-Tief von 1.108 Zählern am 10. Oktober bis zu seinem Intraday-Hoch von 1.677 am 18. Juni hat der Nasdaq-Composite Index atemberaubende 51 % zugelegt. Jay Shartsis, ein professioneller Optionen-Trader beim Brokerhaus R.F. Lafferty in New York meint dazu: "Manchmal hat man eine Rally von 40 % oder 50 %, nachdem eine Spekulationsblase geplatzt ist – und man muss dann immer daran denken, dass man sich immer noch in einer Post-Spekulationsblasen-Zeit befindet. Und der Nasdaq-Composite hat derzeit fast genau 50 % von seinem Low zugelegt."

      Das Lustige an dieser 50 %-Rally ist, wie wenig sich die wirtschaftliche Lage der Unternehmen verbessert hat, seit die Rally begann. Die Halbleiterunternehmen haben es weiterhin schwer, Computerchips zu verkaufen, wie die Umsatzwarnung von AMD gezeigt hat. Die Konsumenten sind derzeit einfach zurückhaltend, wenn es darum geht, PCs zu kaufen. Das hindert diese Leute aber nicht daran, die hoch bewerteten Aktien der PC-Verkäufer zu kaufen ...

      Und was ist mit der riesigen amerikanischen Hypothekenbank Fannie Mae? Zuerst gab es die News, dass die Hypothekenbank Freddie Mac mit den Bilanzen getrickst haben soll. Jetzt kommt der Vorwurf, dass Fannie Mae ein paar Milliarden Dollar Verluste "versteckt" haben soll.

      Laut der New York Times glaubt eine Gruppe von Bilanzexperten, dass die Aktiva von Fannie Mae im letzten Jahr wegen des gesunkenen Zinsniveaus um mehrere Milliarden zurückgegangen seien. Aber dank einiger praktischer Bilanzierungsregeln hat es die Gesellschaft geschafft, diese heftigen Verluste aus dem Gewinnausweis herauszuhalten.

      Robert Tracy, führender Analyst bei Apogee Research, meint dazu: "Ich rieche etwas Faules ... und wir graben gerade danach. Ich werde sie auf dem Laufenden halten." Und weiter: "Ich habe tief in den Büchern von Sally Mae, einer Unterabteilung von Fannie Mae gegraben. Wie man sich denken kann, hat mich der Finanzvorstand der Gesellschaft zu sich gerufen, und er gab einige sehr vernünftig klingende Erklärungen für die bizarren Bilanzierungspraktiken. Meiner Meinung nach ist diese aggressive Bilanzierungspraxis, die am Rande der Legalität läuft, ganz einfach ein Teil der Unternehmenskultur dieses Unternehmens ... um es klar zu sagen, ich werfe denen nichts Illegales vor. Aber ihre Bilanzierungspraxis verschleiert definitiv die große Volatilität, die Teil des Hypothekenmarktes ist. Deshalb ist es der Effekt dieses Spiels (Bilanztricksereien) – ob beabsichtigt oder nicht –, dass die Investoren über die massiven Risiken ( ...) im Unklaren gelassen werden."

      "Der Hypothekenmarkt kann ein volatiler Markt sein, und dieser Markt wird für die großen Gläubiger wie Fannie Mae und Freddie Mac ein zunehmend gefährlicher Platz. Deshalb würden ehrliche Quartalsberichte wahrscheinlich zu niedrigeren Aktienkursen für diese Unternehmen führen. Im schlimmsten Fall – ich schaudere, wenn ich darüber nachdenke – ... gibt es vielleicht eine Art von Debakel mit Optionen und Optionsscheinen, die diese Unternehmen gehalten haben.

      "Aber um es noch mal zu sagen – ich untersuche das gerade, und ich werde bald einen Report veröffentlichen." Ich fürchte, dass die Affäre um Freddie Mac größere Kreise ziehen könnte. Bis jetzt zucken die Investoren nur die Schultern, wenn sie von den Skandalen bei Freddie Mac und Fannie Mae hören. Genauso, wie sie zuerst bei den Berichten von den Skandalen bei Enron, WorldCom und Tyco die Schultern zuckten. Leider hieß es bei jedem dieser Fälle: "Der schnellste Verkauf war der beste Verkauf!"

      Alles, das für Fannie Mae und Freddie Mac Probleme bedeuten würde, wäre per Definition auch für den US-Immobilienmarkt ein Problem. Könnte der Skandal bei beiden Unternehmen die Spekulationsblase am US-Immobilienmarkt platzen lassen?

      "Wenn sich die Probleme von Freddie Mac vergrößern, dann könnte das die Zinssätze für Hypotheken steigen lassen, was den US-Immobilienmarkt verletzten könnte, und wahrscheinlich zu einem scharfen Rückgang der Immobilienpreise führen würde", so CNN/Money.

      ... oder vielleicht nicht. "Aber", so Tracy von Apogee Research, "ich denke, dass bei den Bilanzen von Fannie Mae noch mehr Probleme aufgedeckt werden."

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      Miete in Tokio ..."nur" noch 10.000 Dollar pro Monat

      von unserem Bill Bonner in Paris

      *** Ich bekomme weiterhin aus der ganzen Welt interessante Zuschriften. Mein alter Freund Martin Spring aus England schrieb mir eine email: "Hillary Clinton wird wahrscheinlich ihrem Mann als US-Präsidentin folgen, und wahrscheinlich schon im nächsten Jahr."

      "Die allgemeine Erwartung in den USA ist, dass Hillary es nicht bei den nächsten Präsidentenwahlen 2004 versuchen wird, da Bush dann unschlagbar sein wird, sondern eine Amtszeit Bushs später. Allerdings sagten diese Leute auch, dass der wenig bekannte Gouverneur von Arkansas – Bill Clinton – Bush Senior nicht schlagen könne. Kann wieder ein(e) Clinton die Geschichte wiederholen?"

      "Hillary hat sich im Zentrum positioniert – so stark, dass ihre Aussagen zu in den USA heißen Themen wie der Invasion des Irak und Homosexualität ihre Beziehungen zur Linken in den USA belastet haben. Als sie in den Senat gewählt wurde, konzentrierte sie ihre Aufmerksamkeit auf die Armee (die hauptsächlich eher rechts eingestellte Männer interessiert) und weniger auf die Themen Gesundheit und soziale Fürsorge (die gemeinhin als eher linke Themen angesehen werden) ..."

      "Viele Kommentatoren glauben, dass ihr gerade herausgegebenes Buch die Eröffnungssalve für ihren Präsidentschaftswahlkampf 2008 sein soll. Aber sie macht solche Fortschritte, dass es für mich so aussieht, als ob die Clintons wieder einmal jeden überraschen könnten – wie sie es 1996 taten – und sie bereits im nächsten Jahr kandidieren wird."

      Ich bleibe standhaft in meinem Optimismus. Vielleicht wird Hillary gegen George antreten. Aber wie Henry Kissinger über den Krieg Iran-Irak sagte: Es ist zu schade, dass sie nicht beide verlieren können.

      *** Ein Leser kommentierte meine Kommentare zum wunderbaren US-Bundesstaat West Virginia und dessen Bewohnern:

      "Sehr geehrter Herr Bonner,

      ich leide seit einiger Zeit an einer Abhängigkeit vom Investor`s Daily – und ich bin dankbar dafür, dass noch kein Ende dieser Abhängigkeit in Sicht ist. Ich versuche, etwas Erleichterung zu finden, indem ich Ihnen diese email sende.

      Als ich vor einiger Zeit Ihre Reiseberichte über West Virginia las, dachte ich: Der muss sicher übertreiben.

      Allerdings fiel mir die Kinnlade herunter, als ich die Fotos sah, die das US-Propagandaministerium vom privaten Haus von Private Lynch zeigte (Private Lynch war eine junge amerikanische Soldatin, die im Irakkrieg gefangen genommen wurde und dann befreit wurde, was groß herausgestellt wurde).

      Diese junge Frau traf die richtige und kluge Entscheidung! Gut für sie!

      Alles – inklusive Sandstürmen, Sandflöhen, gebrochenen Knochen und einem Hospitalbett im Irak ist gegenüber dem Platz, wo sie wohnt, zu bevorzugen. Auch wenn das bedeutet, dass man in einem fremden Land gegen Leute kämpfen muss, die lustig reden, ungewöhnliches Essen verzehren und wahrscheinlich schlecht riechen (oder zumindest anders). Stellen Sie sich vor, sie wurde sogar dafür bezahlt, von diesem Platz – genannt zu Hause – wegzukommen.

      *** Dann hat auch mein Kollege Eric Fry einen Brief aus Japan erhalten, den er an mich weitergeleitet hat:

      "Hi Eric,

      Ich bin Paula in Tokio. Die Deflation hier geht weiter ...

      Die Miete für eine Wohnung mit 3 Schlafzimmern ist von 20.000 Dollar pro Monat auf nur 10.000 Dollar pro Monat gefallen. Abendessen im Restaurant, die vor 5 Jahren noch 400 Dollar pro Person gekostet haben, kosten jetzt nur noch 200 Dollar (wenn man billigen Wein ordert).

      Rolex-Uhren aus Gold, für die man früher 20.000 Dollar zahlen musste, bekommt man jetzt für 16.000 Dollar.

      Wohnungen mit 2 Schlafzimmern, die früher für 5 Millionen Dollar gekauft werden konnten, sind im Preis auf 2 Millionen Dollar gefallen. Wir wissen nicht, wo das alles enden soll ..."
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      Das erste Rezept


      von John Myers

      "Das erste Rezept für eine schlecht geführte Nation ist eine Inflation, das zweite ist Krieg. Beide bringen temporären Reichtum; beide bringen permanenten Ruin. Aber beide sind die Zuflucht von politischen und wirtschaftlichen Opportunisten."

      - Ernest Hemmingway

      Die amerikanische Schuldenlast ist bereits so groß, dass die Nation bereits mehr als 1,7 Billionen Dollar pro Jahr – oder 15 % des BIPs – für den Schuldendienst aufbringen muss. Und dieser Anteil wächst.

      So werden z.B. die Kosten für die Invasion und Besetzung des Irak wahrscheinlich auf insgesamt 700 Milliarden Dollar explodieren. Währenddessen verlangt das Pentagon einen Militärhaushalt für nächstes Jahr von 380 Milliarden Dollar, um den Geheimdienst des Militärs und eine schnelle Eingreiftruppe verbessern zu können.

      Das ist mehr Geld für den Verteidigungshaushalt, als die kombinierten Verteidigungsausgaben von Russland, China und Gesamt-Europa betragen.

      Angesichts all dieser Verpflichtungen – plus den Steuersenkungsplänen von Präsident Bush – addiert die US-Bundesregierung jedes Jahr eine halbe Billion Dollar neuer Schulden zum bereits vorhandenen Schuldenberg. Bis 2005 wird sich die gesamte Schuldenlast der USA auf ungefähr 8 Billionen Dollar belaufen – oder ungefähr 2/3 des BIPs. Angesichts dieser wachsenden Schulden ist es kein Wunder, dass die Fed die Inflation wieder steigern will. Die US-Regierung würde es lieben, wenn sie die heutigen Schulden morgen mit billigeren Dollar zurückzahlen könnte. Besonders deshalb, weil sie einen Großteil davon an Ausländer zahlen würde.

      Ausländische Zentralbanken halten US-Anleihen im Volumen von 749 Mrd. Dollar – oder mehr als 20 % dieser Papiere. Im letzten Jahr sind die amerikanischen Vermögensanlagen der ausländischen Zentralbanken um 163 Mrd. Dollar gestiegen – die Bank of Japan hält mit einem Zuwachs von 34 Mrd. Dollar (an US-Anleihen) alleine im letzten Mai den Rekord.

      Die Ausländer besitzen immer mehr an Amerika – ungefähr "8 Billionen an US-Vermögensanlagen, darunter 13 % aller Aktien und 24 % der Unternehmensanleihen", so Bridgewater Associates.

      Angesichts der wachsenden Abhängigkeit Amerikas von der "Freundlichkeit der Ausländer" würden sich die USA nicht trauen, ihre Schulden einfach nicht zurückzuzahlen. Aber das bedeutet nicht, dass sie Bedenken hätten, ihre Schulden mit abgewerteten Dollar zurückzubezahlen.

      Einige Leute sagen, dass die US-Regierung nicht die Macht hat, die eigene Währung abzuwerten; wenn Washington das versuchen würde, dann würden die Anleihenmärkte sofort und ernsthaft reagieren. Aber diese Leute bedenken nicht, dass der größte Teil der Welt so viele US-Vermögensanlagen hält, dass dies Auswirkungen hat. Folgende: Die massiven 8 Mrd. Billionen Dollar schweren US-Vermögensanlagen, die die Ausländern besitzen, sind ein guter Grund dafür, dass die ausländischen Zentralbanken eben guten Grund dazu haben, ihre Bestände an US-Aktien und US-Anleihen NICHT zu liquidieren, selbst wenn die USA den Dollar systematisch abwerten sollten. Das Liquidieren dieser Bestände an US-Aktien und US-Anleihen könnte schließlich zu einem Teufelskreis der Dollarschwäche führen, was zu weiteren Verkäufen von US-Aktien und US-Anleihen führen würde, was zu einer weiteren Dollarschwäche führen würde, und so weiter. Washington hat deshalb die stillschweigende Zustimmung der ausländischen Investoren zu einer Abwertung des Dollar; allerdings nur zu einer langsamen Abwertung.

      Und das ist präzise der Weg, den die Fed eingeschlagen hat. Ich gehe davon aus, dass die Fed mit ihrer Politik Erfolg haben wird, wenn es um das Wiederbeleben der Inflation geht. Schließlich zeigt die Geschichte, dass Zentralbanken Währungen gut zerstören können. Zentralbanken können jede Währung zerstören, wenn sie das wollen ... sogar den Dollar.

      Lassen Sie mich die historische Entwicklung untersuchen. Zwischen 1970 und 1981 hat sich in den USA die Geldmenge M2 verdreifacht! 11 Jahre in Folge wurde ein Rekordbetrag an Liquidität in die Wirtschaft injiziert. Aber die 1970er zeigten, dass Geld nicht automatisch Reichtum bedeutet. Von Anfang 1971 bis Ende 1979 blieb das Wachstum des BIP extrem schleppend, mit etwa 2 % Plus pro Jahr. Gleichzeitig stiegen die Konsumentenpreise in dieser Zeitspanne um durchschnittlich 6,5 % pro Jahr. Bis 1980 hatte der Dollar die Hälfte seiner Kaufkraft verloren, die er 10 Jahre vorher besessen hatte!

      "Reflation" ist kein Freund des Aktienmarkts. Im Sommer 1971 – als Präsident Nixon den Goldstandard aufgab – stand der Dow Jones bei 900 Punkten.

      Im Nachhinein gesehen war 1971 eine exzellente Zeit, um die großen Aktien-Standardwerte zu verkaufen und Gold und andere Edelmetalle zu kaufen. Aber kaum jemand realisierte das. Im Frühjahr 1980 stand der Dow Jones bei 759 Punkten. Das klingt nicht nach einem gewaltigen Verlust, wenn man bedenkt, dass das Hoch bei rund 1.000 gelegen hatte – erreicht 1966. Aber das sieht anders aus, wenn man die Inflation berücksichtigt. Denn 1980 stand der Dow Jones in Preisen von 1966 bei 404 Punkten. Real gesehen hatte der Aktienmarkt damit in den 1970ern fast die Hälfte seines Wertes verloren, und seit dem High im Jahr 1966 fast 2/3 an Wert.

      Genau anders sah es beim Gold und sonstigen Edelmetallen aus. Fiskalische Unverantwortlichkeit und ein übermäßiger Dollar-Drucken führten die Investoren zu Edelmetallen und den Unternehmen, die diese förderten bzw. produzierten. Die erste Welle der Investoren suchte einfach Schutz vor Inflation. Aber als mehr und mehr Geld in diese Werte floss, da konnten die steigenden Kurse dieser Anlagen die Verluste durch den fallenden Dollarkurs mehr als überkompensieren.

      Während die meisten Amerikaner am Aktien- und Anleihenmarkt große Verluste hinnehmen mussten, konnten einige vorwärts blickende Investoren mit bestimmten Anlagen unglaubliche Gewinne machen. Die Aktien von Unternehmen, die Rohstoffe suchten und förderten ( ...) stiegen die gesamte Dekade lang. Einige kleinere Goldminenaktien konnten sich um den Faktor 10 vervielfachen, während sich auch die Kurse von größeren Ölgesellschaften verdoppelten oder sogar verdreifachten. 30 Jahre später können Schuldenberge nur mit abgewerteten Dollar noch bezahlt werden. Die Geldmenge wächst stark, und der Dollar hat seinen Abschwung längst begonnen. Gleichzeitig steigen die Rohstoffpreise – obwohl sie wegen der schwachen Wirtschaftslage eigentlich fallen sollten. Das sagt mir, dass die Finanzmärkte die Zeichen einer bevorstehenden Inflation bereits wahrnehmen. Es ist Zeit, sich darauf einzustellen!

      investorverlag.de
      Avatar
      schrieb am 27.06.03 15:10:17
      Beitrag Nr. 3.272 ()
      Wussten Sie schon, dass...?
      (27.06.2003)

      Der Verschuldung der Privaten Haushalte in den USA ist in den vergangenen sechs Monaten mit der stärksten Rate seit 17 Jahren gestiegen.


      (Quelle: Merrill Lynch)


      taurosweb.de
      Avatar
      schrieb am 27.06.03 15:41:51
      Beitrag Nr. 3.273 ()
      27.06.2003/13:17:48



      Kreditmarktschulden des Staates steigen bis Ende März auf 1,27 Billionen Euro

      WIESBADEN (dpa-AFX) - Deutlich gestiegene Ausgaben im ersten Quartal haben die Schulden der öffentlichen Haushalte am Kreditmarkt bis Ende März auf gut 1,27 Billionen Euro wachsen lassen. Das waren 5,9 Prozent mehr als vor Jahresfrist, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Freitag mitteilte. Die Ausgaben von Bund, Ländern, Gemeinden, der Sozialversicherungen und des Sondervermögens des Bundes lagen im ersten Quartal mit 259,9 Milliarden Euro um 2,8 Prozent über dem Vorjahresquartal. Die Einnahmen erhöhten sich nur um 0,8 Prozent auf 204,7 Milliarden Euro.

      Den stärksten Anstieg bei den Schulden verzeichneten die Länder: Ihr Schuldenstand erhöhte sich gemessen am Vorjahresquartal um 10,8 Prozent auf 399,8 Milliarden Euro. Der Bund verbuchte 735 Milliarden Euro und damit einen Zuwachs von 4,6 Prozent. Die Schulden der Gemeinden erhöhten sich nur um 0,1 Prozent auf 82,9 Milliarden Euro. Die Schulden des Sondervermögens des Bundes - dazu zählt beispielsweise der Fonds Deutsche Einheit - nahmen um 0,2 Prozent auf 59,2 Milliarden Euro zu.

      19,9 Milliarden Euro nahm die öffentliche Hand per saldo im ersten Quartal 2003 am Kreditmarkt auf, um die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben zu schließen. Im gleichen Vorjahresquartal waren es knapp 1,83 Milliarden Euro. Da Einnahmen und Ausgaben innerhalb eines Jahres starken Schwankungen unterworfen sind, lassen die Zahlen keinen Rückschluss auf das gesamte Jahr zu, erklärten die Statistiker./is/DP/zb
      Avatar
      schrieb am 27.06.03 15:47:14
      Beitrag Nr. 3.274 ()
      Wirklich schon zurück?

      Der Eindruck von der Wiederkehr des Bullen täuscht. Für eine anhaltende Hausse am Aktienmarkt ist es viel zu früh


      Von Robert von Heusinger

      Finger weg von Aktien. Oder etwas technischer ausgedrückt: „Aktienquote auf null reduzieren!“ Diese Warnung signalisiert seit zwei Wochen das „Gefühlsbarometer“ der schnieken Kölner Privatbank Sal. Oppenheim. Warum? Weil zurzeit alle Börsianer optimistisch sind, zu optimistisch. Sie träumen vom Bullenmarkt mit steigenden Kursen. Das Gefühlsbarometer misst anhand verschiedener Indikatoren die Stimmung der Investoren an den weltweiten Aktienmärkten. Als Daumenregel gilt: Je ausgeprägter der Pessimismus, desto besser entwickeln sich kurzfristig die Kurse an der Börse und umgekehrt. Auch die wöchentliche Auswertung von 130 amerikanischen Börsenbriefen durch Investors’ Intelligence verheißt nichts Gutes: Nur 16,1Prozent der Artikel warnen vor fallenden Kursen. Einen so niedrigen Stand haben die Analysten von Sal. Oppenheim noch nie notiert – immerhin erfassen sie die Quoten seit Juni 1989.

      Das ist wenig erstaunlich. Schließlich kennen Dax, Dow Jones und EuroStoxx seit 15Wochen nur eine Richtung: nach oben. Es ist der dritte und kräftigste Versuch, den seit März 2000 andauernden Abwärtstrend bei Aktien wieder umzukehren. In der Spitze fast 50 Prozent Kursgewinne bei den deutschen Standardwerten, 24 bei den amerikanischen und gut 35 bei den europäischen machen offenbar viele übermütig und nervös. So niedrig wie derzeit waren die Aktienquoten der professionellen Investoren, Versicherungen und Pensionsfonds lange nicht mehr. Und die immer als Letzte auf den Zug aufspringende Gruppe, die Privatanleger, ist noch gar nicht richtig mit von der Partie. Sind damit die Aktienmärkte aber nicht auf weitere Kursgewinne programmiert? Ist das gar die Trendwende?, fragen immer mehr Investoren.

      Tatsächlich ist der rasante Anstieg nichts anderes als die Korrektur der übertriebenen Talfahrt Anfang des Jahres. Damals dominierte die Angst vor dem Irak-Krieg, teurem Öl und einer globalen Depression. Die Schreckensszenarien eines politischen Flächenbrandes im Nahen Osten sind genauso ausgeblieben wie ein Ölpreis von 80 Dollar je Fass. Das hat die kräftige Erholung bei Aktien ausgelöst. Zusätzlichen Schwung erhalten sie von den Notenbanken, die das Thema Deflation, also die Gefahr fallender Preise, ernst nehmen und das globale Finanzsystem mit Geld fluten. „Aggressiv“ nennt die Investmentbank Goldman Sachs diese Strategie der amerikanischen, europäischen und japanischen Notenbanken, parallel Überschussliquidität zu erzeugen, um die Konjunktur zu stützen:

      In Japan wächst das Geldangebot der Notenbank im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt so schnell wie seit 1980 nicht mehr, in Amerika so stark wie zuletzt während der Asienkrise 1998und in Euroland so kräftig wie noch nie, seit es die Europäische Zentralbank (EZB) gibt. Und überall auf der Welt stehen weitere Zinssenkungen auf der Tagesordnung. Von der EZB erwartet die Mehrzahl der Analysten nach der Sommerpause einen Notenbankzins von nur noch 1,5 Prozent.

      Schon heute liegt er mit 2 Prozent auf dem niedrigsten Niveau seit dem Ende des 19. Jahrhunderts.

      Mit den Minizinsen wollen die Notenbanker die Finanzierung von Unternehmen verbilligen, um deren Investitionen anzukurbeln und auch den Konsum. Sparen wird so nämlich immer unattraktiver. In Amerika sorgen sich deshalb bereits die Manager von Geldmarktfonds um ihren Job. Bei Verwaltungsgebühren von rund 0,5 Prozentpunkten bleibt bei Leitzinsen von weniger als einem Prozent für den Anleger nominal praktisch nichts mehr übrig.


      Das Wachstum fehlt

      Nicht viel besser sieht es bei Staatsanleihen aus. Zehnjährige Papiere bringen in Amerika gerade noch eine Rendite von 3 Prozent, in Euroland von 3,5 Prozent. Zieht man die Inflationrate von rund 1,5 Prozent ab, bleibt hier real ebenfalls kaum etwas übrig. Würden sich die professionellen Anleger eingestehen, sie kauften Aktien, weil sie keine andere Wahl hätten, verdienten sie Respekt. Ihre erneut zur Schau gestellte Begeisterung für die Risikopapiere aber ist lächerlich. Denn die konzertierte Aktion der drei großen Zentralbanken macht eines deutlich: Der Weltwirtschaft geht es hundsmiserabel.

      Deflation, Überkapazitäten, Überschuldung und ein daraus resultierendes schwaches Wachstum sind die Hauptprobleme. Die Geldpolitik verspricht in erster Linie Erfolg beim Vorgehen gegen die Deflation. „Der entschlossene Kampf dagegen wird zumindest dieses Übel verhindern“, sagt John Butler, Analyst der Investmentbank Dresdner Kleinwort Wasserstein. „Ob die Politik der Notenbanken auch der Konjunktur hilft, steht auf einem anderen Blatt.“ Zurzeit spricht zwar einiges dafür: Nicht nur die Aktienkurse steigen, sondern – wichtiger noch – die Risikoaufschläge für Unternehmensanleihen sinken kräftig, das heißt, Geld wird für Betriebe billiger.

      Und durch die neuerlichen Gewinne am Aktienmarkt fühlen sich Haushalte wieder reicher – mehr Konsum könnte die Folge sein.

      Optimisten unter den Volkswirten rechnen deshalb damit, dass diese Politik der Notenbanken und Regierungen die Weltwirtschaft vor einer Rezession bewahrt. Die beiden größten Probleme – die Überschuldung der US-Verbraucher und das Leistungsbilanzdefizit der Vereinigten Staaten – könnten in diesem Fall geräuschlos gelöst werden.

      Doch es gibt auch andere Szenarien. So hält beispielsweise Stephen Roach von Morgan Stanley einen Dollar-Crash – gepaart mit einem Kollaps der internationalen Finanzmärkte – für immer wahrscheinlicher. Seine These: Die Luft aus der Aktienblase habe sich vom Aktien- in den US-Immobilienmarkt verlagert. Die Konsumenten hätten sich angesichts steigender Eigenheimpreise zu hoch verschuldet und könnten unter ihrem Schuldendienst zusammenbrechen.

      Zudem falle die ohnehin niedrige nationale Sparrate durch die hohe Staatsverschuldung der US-Regierung weiter von 1,3 Prozent in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres auf null in den kommenden 12 bis 18 Monaten. Damit dürfte das Leistungsbilanzdefizit von derzeit rekordträchtigen 5,1 auf 6,5 bis 7 Prozent gemessen am Bruttoinlandsprodukt,, steigen.

      Vergleicht man den Stand des Aktienindex Dax mit dem am Ende vergangenen Jahres, relativiert sich denn auch der spektakuläre Anstieg seit März. In den ersten sechs Monaten ist er nämlich lediglich um 10 Prozent gestiegen – das allerdings, obwohl die Aussichten für die Weltwirtschaft schlechter sind als vor einem halben Jahr. So hat die Europäische Zentralbank ihre Wachstumsprognose für Euroland gerade für dieses Jahr auf 0,7 und 1,6 Prozent für 2004 gesenkt.

      Das aber bedeutet nichts Gutes für die Unternehmensgewinne. Unverdrossen gehen die Aktienanalysten gleichwohl noch immer im Schnitt von einem Gewinnanstieg der größten europäischen Unternehmen um knapp 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr aus. „Das ist nicht zu erreichen“, ist sich Rolf Elgeti sicher. Der Aktienstratege von Commerzbank Securities erwartet ein böses Erwachen, wenn die europäischen Blue Chips ihre Ergebnisse für das zweite Quartal vorlegen.


      Flaute trotz Null-Zinsen

      Ralf Zimmermann, Analyst von Sal. Oppenheim, ist ebenfalls skeptisch mit Blick auf das Wirtschaftswachstum. „Es sind vor allem Kostensenkungen in den Unternehmen, die die Gewinne auf mittlere Sicht treiben“, sagt er. Das sage einiges über die Aussichten aus. Auch Klaus Schlote von Solventis Research traut den europäischen Aktien nicht mehr viel zu. „Wenn Sie Japanern erzählen, dass eine lockere Geldpolitik mit stetig sinkenden Leitzinsen gut für Aktien sein soll, lachen sie sich kaputt“ , sagt Schlote in Anspielung auf die japanische Erfahrung. Dort hat es die Notenbank nicht geschafft, nach dem Platzen der Blase am Aktienmarkt die Deflation zu verhindern.

      Obwohl die Notenbankzinsen seit Jahren bei null Prozent liegen, durchlebt der Aktienmarkt Nippons sein dreizehntes Baissejahr. Der Leitindex Nikkei notiert gerade mal bei 9000 Yen. Ende 1989 waren es knapp 40000 Yen. Selbst wenn Europa nicht zwingend das Schicksal Japans teilen muss: Für einen echten Aufschwung am Aktienmarkt, der das Ende der Baisse einläutet, ist es noch viel zu früh.

      DIE ZEIT - 26.06.2003
      Avatar
      schrieb am 27.06.03 16:16:06
      Beitrag Nr. 3.275 ()
      Beispiel USA: Die Reichen werden reicher ...

      Florian Rötzer 27.06.2003
      ... und zahlen dafür weniger Steuern


      Die Kluft zwischen den Armen und Reichen geht immer weiter auf. Das ist auf der ganzen Welt so, das stimmt für Deutschland, aber auch für die USA, für viele das Vorbild einer kapitalistischen Gesellschaft, wie sie sein sollte. Widerstand gegen die Plutokratie der Reichen, die immer reicher werden, dafür aber auch immer weniger Steuern zahlen, gibt es kaum. Die Angst ist groß, dass die Reichen mit ihren Steuergeldern in der globalen Konkurrenz der Standorte einfach in ein anderes Land abwandern, das sie gerne unter besseren Bedingungen aufnimmt. Eine Möglichkeit, die der Mehrzahl der Menschen nicht ohne weiteres offen steht.






      In den USA hat der Internal Revenue Service ( IRS) die neuesten Zahlen über die 400 reichsten Steuerzahler des Landes vorgelegt. Der Stand der Zahlen stammt zwar aus dem Jahr 2000 und ist so nicht mehr der neueste, doch der Trend scheint ziemlich deutlich zu sein. Die Namen dieser Reichen werden vom IRS nicht mitgeteilt.





      Die 400 reichsten Steuerzahler - man beachte die Einschränkung, denn es muss sich nicht um die reichsten Amerikaner handeln - haben 1,1 Prozent des gesamten Einkommens in den USA im Jahr 2000 verdient. Das ist mehr als doppelt so viel als noch im Jahr 1992. Im Durchschnitt verdiente man 174 Millionen Dollar jährlich, vier Mal so viel als 1992 (46,8 Millionen). Um auf die Liste zu gelangen, musste man mindestens 86,8 Millionen verdient haben. 1992 waren nur 24 Millionen erforderlich. Manche hatten im Noch-Boom-Jahr 2000 auch über eine Milliarde Dollar verdient, niemand jedoch mehr als 10 Milliarden. Während der 9 Jahre sind die Einkommen der 400 reichsten Steuerzahler um das Fünfzehnfache gestiegen, das Einkommen der unteren 90 Prozent hingegen nur um 17 Prozent auf 27.000 Dollar im Jahr 2000.

      Mit den Steuern sieht es ein wenig anders aus. Hatten die seinerzeit 400 reichsten Steuerzahler im Jahr 1992 ein Prozent aller Steuern gezahlt, so waren es 2000 1,6 Prozent. Sie mussten also im Vergleich zu ihrem wachsenden Einkommen nicht auch entsprechend mehr Steuern zahlen. Tatsächlich ging die Besteuerung der Großverdiener erheblich zurück. Hatten sie 1992 26,4 Prozent oder 1995 gar 29,9 Prozent gezahlt, so waren es 2000 nur noch 22,3 Prozent. Wären die Steuererleichterungen, die die Regierung Bush beschlossen hat, damals schon in Kraft gewesen, hätten sie nur noch 17,5 Prozent gezahlt und damit ein Fünftel gespart.

      Das sind doch erhebliche Steuervorteile, die die US-Regierung auch im Vorblick auf die nächsten Wahlen den Reichen gewährt - und sich dadurch auch höhere Spenden für den Wahlkampf erhofft. Nach Berechnungen von Citizens for Tax Justice (CTJ) kann die Hälfte der US-Bevölkerung durch die Steuerkürzungen, die vornehmlich Kapitaleinnahmen betreffen, gerade einmal erwarten, jährlich 19 Dollar weniger zu zahlen. Kapitaleinkünfte machen 64 Prozent des Einkommens der 400 reichsten Steuerzahler - doppelt so viel als noch 1992 - machen Kapitaleinkünfte aus. Löhne nur noch 16,7 Prozent. Während die reichsten Amerikaner durchschnittlich 96.000 Dollar die nächsten vier Jahre weniger zahlen müssen, sind es für die unteren 60 Prozent 350 Dollar. Das variiert von Staat zu Staat, aber auch hier ist das Prinzip gleich: In den reicheren Staaten müssen die Menschen mit der Steuerreform weniger zahlen als in den ärmeren.

      Zudem gibt es nicht nur immer mehr Unternehmen, die trotz sinkender Besteuerung in Steueroasen wie die Bahamas auswandern, sondern auch Reiche, die nirgendwo Steuern zahlen. Im Jahr 2000 gab es 2.022 Amerikaner mit einem jährlichen Einkommen von über 200.000 Dollar, die gewissermaßen steuerfrei leben. 1977, als diese Erhebung zuerst durchgeführt wurde, waren es nur 37.


      heise.de
      Avatar
      schrieb am 27.06.03 17:33:30
      Beitrag Nr. 3.276 ()


      Insolvenz Mannheimer Leben
      Auch andere Versicherer unter Druck
      Ratingagenturen bemängeln schwache Kapitalausstattung


      26. Juni 2003 Die Krise der Mannheimer Leben wirft einen Schatten auf die gesamte Branche der Lebensversicherer. Bislang ist zwar noch kein weiterer der rund 120 deutschen Anbieter zu einem Fall für die Auffanggesellschaft Protektor geworden.

      Aber zur Sorglosigkeit gebe es keinen Anlaß, sagt Marco Metzler, Analyst der Kreditbewertungsagentur Fitch. Auch Thomas Adolph von der Gesellschaft für Analyse von Anlage- und Versicherungsprodukten schätzt die Risiken bei einigen Gesellschaften als erheblich ein. Für die Branche der Lebensversicherer sind solche Urteile ein schlechtes Zeugnis. Denn über Jahrzehnte lebte die Branche von dem Ruf, das eine Lebensversicherung ein Vertrag sei, den der Anleger unbesorgt abschließen kann.

      Entscheidend Eigenkapital und Bewertungsquote

      Inzwischen spielt es eine große Rolle, wie die Versicherungen finanziell ausgestattet sind. Entscheidend seien die Eigenkapitalquote und die Bewertungsreserven, sagt Thomas Adolph, der sich auf die Bewertung von Lebensversicherern spezialisiert hat. Er interessiert sich besonders dafür, wie hoch das Eigenkapital im Verhältnis zu den Zahlungsverpflichtungen des Versicherers ist. Anhand der Bewertungsreserven könne der Versicherte ein Gefühl dafür bekommen, wie lange der Lebensversicherer selbst bei einer sehr ungünstigen Entwicklung auf den Kapitalmärkten zumindest die Garantieverzinsung gewährleisten kann.

      Fitch hat aus ähnlichen Überlegungen heraus eine Rangliste veröffentlicht, die die Kapitalstärke der Lebensversicherer abbildet. Dafür hat Analyst Metzler jeweils die Summe von stillen Reserven, Bewertungsreserven und Eigenkapital in ein Verhältnis zu den Risiken aus der Kapitanlage gesetzt. Der Risiko-Wert resultiert unter anderem aus dem Wertverlust, der mit einem drastischen Verfall der Aktienkurse (minus 35 Prozent) und der Anleihen (minus 10 Prozent) verbunden wäre.

      Diese Crash-Annahmen sind an den sogenannten Streßtest der Aufsichtsbehörde Bafin angelehnt. Besonders schwach schneidet in der Fitch-Rangliste die Mannheimer Leben ab, bei der Eigenkapital und Reserven nur etwa 6 Prozent der aus dem Wertverlust resultierenden Risiken abdecken würden.

      Schwach schneiden außerdem die Lebensversicherer Familienfürsorge (21 Prozent), Dialog (25), Huk-Coburg (37,6), Hannoversche (41), Arag (48) und etwa 35 weitere Anbieter ab. Als "außergewöhnlich stark" werden dagegen Neckermann, PB Leben, Brunsviga, Pax Leben und Deutsche Allgemeine LV eingeschätzt. Als "stark" gelten laut Rangliste 9 Gesellschaften, darunter die Marktführerin Allianz Leben und die Hamburg-Mannheimer.

      Wichtig: Risikosteuerung und Muttergesellschaft

      Metzler schränkt allerdings die Aussagekraft der Fitch-Rangliste selbst ein: Es handele sich nur um eine Betrachtung mit Daten der Vergangenheit zum Stichtag 31. Dezember 2001. Neuere Zahlen würden noch nicht von allen Gesellschaften zur Verfügung gestellt. Deshalb werde es erst gegen Ende dieses Jahres eine aktuellere Version geben. Zudem handele es sich nur um einen Ausschnitt: Neben der Kapitalstärke sei auch wichtig, wie gut die Risikosteuerung einer Gesellschaft ist.

      Zudem spiele die Konzernzugehörigkeit eine wichtige Rolle, wenn es eine finanzstarke Muttergesellschaft gebe, die sich zur Unterstützung der Tochtergesellschaft bekenne - wie zum Beispiel bei der Axa Leben. Weiterhin sei wichtig, ob der Versicherer profitabel wirtschafte. So gebe es jüngere Gesellschaften, deren Kapitalausstattung zwar ausreichend sei, die aber Schwierigkeiten bekommen könnten, weil sie Verluste erleiden.

      Einen Hoffnungsschimmer sieht Wolfgang Rief, Analyst von Standard & Poor`s. Er verweist auf die Erholung der Aktienmärkte, bei der der Dax 50 Prozent an Wert gewonnen hat im Vergleich zum Jahrestief. Das habe den Lebensversicherern wieder Spielräume verschafft.

      Rief hofft, daß sie diese nutzen, um die Risiken aus der Kapitalanlage wieder in Einklang mit der Kapitalausstattung zu bringen. "Trotzdem können wir nicht ausschließen, das weitere Gesellschaften in eine ähnliche Lage geraten werden wie die Mannheimer", sagt Rief, "zumal noch nicht alle Bilanzdaten für das Jahr 2002 verfügbar sind." Wenn allerdings ein Versicherer schon in akuten Nöten wäre, so hätte die Öffentlichkeit wohl schon zumindest andeutungsweise davon erfahren, versucht Rief die Gemüter zu beruhigen.

      Text: ruh., Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.06.2003, Nr. 146 / Seite 15
      Bildmaterial: F.A.Z.
      faznet.de
      Avatar
      schrieb am 27.06.03 17:37:05
      Beitrag Nr. 3.277 ()
      Studie
      Technologiebranche ist „technisch K.O.“


      26. Juni 2003 Der Nasdaq Composite hat seit dem Oktober des vergangenen Jahres satte 50 Prozent zugelegt, sei dem Tief der Standardwerte im März 2003 etwas mehr als 30 Prozent. Das zeigt zwei Dinge. Erstens hat der momentan laufende Börsenaufschwung bei den Technologiewerten früher eingesetzt als bei den Standardwerten, zweitens fällt er wesentlich deutlicher aus.

      Das zeigt eine gehörige Portion Optimismus. Der Konsensus scheint zu sein, daß die Endnachfrage nach IT-Produkten in den Vereinigten Staaten im laufenden Jahr drei Prozent zunehmen wird. Und die Anleger scheinen zu hoffen, daß das einen neuen Investitionszyklus wie in den 90er-Jahren auslösen wird und selbst bei den Internetunternehmen zu Gewinnen führen könnte. Aber die Hoffnungen könnten enttäuscht werden.

      Gewinnwachstum überschätzt

      Denn eine Analyse von Independent Strategy zeigt die hoffnungslose Überschätzung des Gewinnwachstums für die Jahre 2003 und 2004. Sie empfehlen den Verkauf amerikanischer Aktien, insbesondere der Technologiewerte. Das machen sie beispielsweise fest am Wachstum des hoch zyklischen Halbleitergeschäfts. Nach desaströsem Geschäftsverlauf in den Jahren 2001 und 2002 sah es eine Zeit lang so aus, als ob die Nachfrage wieder zunehmen würde. Dabei hat sie in jüngster Zeit wieder abgenommen. Die Wachstumsraten sahen auf Grund des Vergleichs mit extrem schwachen Werten der jüngeren Vergangenheit nur optisch sehr gut aus.

      Die Nachfrageschwäche läßt sich auch regional orten, nämlich in Amerika. Solange sie dort nicht wieder auflebt, werden Technologieunternehmen Schwierigkeiten haben, ihre Umsätze zu steigern. Die Zeichen stehen dabei nicht gut. Denn die Nachfrage nach IT-Produkten sei technisch K.O., die vorlaufenden Indikatoren für Auftragseingänge seien flach wie Pfannkuchen und Telekommunikationsunternehmen investierten immer weniger, schreibt David Roche in seiner Analyse.

      Abnehmende Investitionskürzungen sind immer noch Kürzungen

      Ironisch formuliert er seine Skepsis: Die amerikanischen Telekomunternehmen verringern ihre Investitionen im laufenden Jahr voraussichtlich um zwölf Prozent. Das sei aber deutlich „besser“ als die Investitionskürzung um satte 38 Prozent im Jahr 2002, jubelten die „Bullen“. Bei Halbleitern sähe es nicht besser aus. Dort betrügen die Aufträge nur ein Viertel dessen, was sie zu Spitzenzeiten Ende des Jahres 2000 waren.

      Und das werde sich so schnell nicht ändern. Denn es gebe strukturelle Gründe: Überkapazitäten. Die Kapazitätsauslastung bei der Produktion von Computern und anderen elektronischen Gütern liegt mit gerade einmal 62,5 Prozent nahe an einem Rekordtief. Gleichzeitig seien die Unternehmen nicht in der Lage, ihre Preise zu erhöhen. So habe Intel sieben Prozentpunkte seines Marktanteils bei Flash Memory Chips eingebüßt, als das Unternehmen versuchte, die Preise zu erhöhen. Bei Micron Technologies hat sich der Verlust im jüngsten Quartal im Vergleich mit dem Vorjahr beinahe verneunfacht, weil der Durchschnittspreis für Halbleiter um 15 Prozent gefallen ist. Selbst Sony mußte die Preise für seine Playstation eindampfen und entsprechende Einbußen beim Gewinn hinnehmen.

      Überkapazitäten, fehlender Preisspielraum, Überbewertung

      Die Überkapazitäten beschränken sich nicht nur auf Amerika. Experten schätzen, daß lediglich ein bis zwei Prozent des während des Internetwahns installierten internationalen Glasfasernetzwerkes genutzt werden. Wenn die gesamte Weltbevölkerung ein Jahr lang telefonieren würde, könnte man die Gespräche innerhalb weniger Stunden übertragen - so stark ist die Überkapazität. Macht nichts, lauteten die Argumente der Optimisten. Denn die Unternehmen und Nutzer müßten nach und nach ihre alte IT-Ausrüstung ersetzen. Dabei spielen viele Unternehmen aus Kostengründen genau hier auf Zeit.

      Insgesamt mögen die Kursgewinne an der Nasdaq in der 90er-Jahren einigermaßen gerechtfertigt gewesen sein, denn damals sie tatsächlich Nachfrage vorhanden gewesen. Aber heute sei davon nichts zu sehen. Da die Technologiewerte zusätzlich teuer seien, sollten sich Anleger auf fallende Kurse gefasst machen, lautet das Fazit.



      Text: @cri
      faznet.de
      Avatar
      schrieb am 27.06.03 21:30:37
      Beitrag Nr. 3.278 ()
      Deutsche Verbraucher wieder optimistischer

      von Jochen Steffens

      Ein doch recht langweiliger Tag heute. Der Dax notiert um die Nullmarke herum und wartet auf Impulse aus Amerika. Nachrichten sind heute kaum zu finden. Die gestrigen Kursgewinne an den amerikanischen Börsen wurden heute nicht in Europa umgesetzt. Es wird mal wieder gewartet. Diesmal auf die entgültigen Zahlen zum Verbraucherstimmungsindex der Universität Michigan. Die Zahl wird wohl die entscheidenden Impulse für den weiteren Verlauf des heutigen Tages geben.

      Nach einer Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) sehen die deutschen Verbraucher wieder etwas optimistischer in die Zukunft. So stieg der GFK-Konsumklima-Index für Juli auf 4,0 Punkte nach 3,8 Punkten für Juni. Das deutet darauf hin, dass das Konsumklima sanft landet. Von einer deutlichen Verbesserung kann indes nicht gesprochen werden. Positiv zu bewerten ist, dass sich alle abgefragten Teilbereiche verbesserten. So stieg der Index bei der Konjunkturerwartung, der Einkommenserwartung und der Konsumneigung.

      Als Grund für diesen Anstieg ist das Ende des Irak-Krieges und das Ende der SARS-Bedrohung zu sehen. Diese Zahlen bestätigen natürlich auch das Anziehen der Stimmung im Einzelhandel beim Ifo-Index (Ich hatte davon berichtet). Nachdem die Aktien des Einzelhandels im letzten Jahr stark gelitten hatten, werden sie in nächster Zeit im Vergleich zum Dax sicherlich wieder Boden gut machen.

      Positiv soll sich auch das angekündigte Vorziehen der Steuerentlastung ausgewirkt haben. Aber auch die geringe Inflation von etwa einem Prozent wird positiv bewertet.

      Trotzdem bleiben kritische Töne. Ein Anziehen der Binnennachfrage wird erst erwartet, wenn sich eine nachhaltige Verbesserung auf dem Arbeitsmarkt zeigt. Das ähnliche Problem wie in Amerika, wobei die USA wesentlich mehr vom privaten Konsum abhängig sind, als Deutschland. Die Verbesserung der Verbraucherstimmung wird jedoch nicht ausreichen, um im zweiten Halbjahr zu einer stärkeren Konjunkturerholung zu führen.

      Zeit um sich die Charts genauer anzusehen. Im Dax sieht es so aus, als wolle er bei 3321 Punkten ein Doppeltop generieren. Dafür müsste er noch einmal bis zu diesem Wert hochziehen. Erst wenn er diese Marke nachhaltig bricht, wird es erneut bullisher. Unter 3150 Punkten hingegen sieht es düster aus. Wesentlich bearisher wird es unterhalb des Widerstandsbereichs zwischen 3030–3070 Punkten. Doch bis dahin ist noch Platz.

      Der Dow befindet sich bereits in einem deutlichen Konsolidierungsprozess, der Platz bis runter auf 8750 Punkte hat. So eher jedoch der Dow dreht und wieder das Top bricht, um so mehr ist von weiteren Kursgewinnen auszugehen. Im Moment kämpft er mit der 9000er Marke. Unter 8750 Punkten wird es damit wesentlich bearisher.

      Der Nasdaq100 ist an seiner unteren Trendlinie des Aufwärtstrend abgeprallt und versucht sich davon nach oben zu lösen. Dass er dabei die untere Linie nicht genau getroffen hat, ist ein erstes kleines Anzeichen dafür, dass er diesen Trend brechen wird. Doch auch selbst wenn dieser Trend bricht, kann der Kurs sich noch weiter an dieser Linie hinauf hangeln. Wie gesagt, die Zeit ist noch nicht reif für stärkere Kursabgaben. Es sei denn die Quartalszahlen werden wesentlich schlechter als erwartet.






      Freitag, 27. Juni 2003

      US-Konjunkturdaten leicht besser

      von Jochen Steffens

      Die persönlichen Ausgaben sind um 0,1 % gestiegen. Erwartet wurde ein Anstieg um 0,2 bis 0,4 % nach zuvor +0,1 % (revidiert von –0,1 %). Die persönlichen Einkommen sind erwartungsgemäß um 0,3 % gestiegen nach zuvor 0,2 % (revidiert von unverändert). Damit sind die Einkommen stärker gestiegen als die Ausgaben. Ein Zeichen für Konsumzurückhaltung. Für die Börsen jedoch zu gering. Sie reagierten kaum.

      US Verbraucherstimmung der Uni Michigan

      Die zuvor veröffentlichte Prognose für diesen Index, von 87,2 Zählern wurde leicht nach oben revidiert auf 89,7. (übrigens ist damit die Verbraucherstimmung immer noch auf dem Stand von August letzten Jahres) Jedoch immer noch deutlich unter dem Stand von Mai 2003. Im Mai stand der Index noch bei 92,1 Zähler.

      Auch auf diesen verbesserten Wert reagierten die amerikanischen Börsen eher negativ. Ein seltsames Zeichen. Im weiteren Verlauf konnten die Indizes zwar wieder anziehen, aber es wirkt ein wenig so, als sei die Luft raus.




      Freitag, 27. Juni 2003

      Escada findet Investor

      von Jochen Steffens

      Heute hat der größte Damenmodekonzern Deutschlands, Escada (ISIN DE0005692107), mitgeteilt, dass das Unternehmen einen Investor gefunden hat. Die US-Beteiligungsgesellschaft, die HDM Partners, will 45 Mio. Euro investieren.

      Der Hintergrund: Escada hat mit Problemen zu kämpfen. Im letzten Geschäftshalbjahr (Ende April) hatte es einen Umsatzeinbruch gegeben, der Escada in die Verlustzone gedrückt hat. Der Umsatz brach von 410,5 Mio. Euro auf nur noch 306,6 Mio. Euro ein. Dadurch sank das Ergebnis vor Zinsen und Steuern auf minus 4 Mio. Euro. Im Vorjahr war noch ein Gewinn von 18,3 Mio. Euro angefallen.

      Aufgrund der unerwartet niedrigen Nachfrage seien die Gewinnziele für das Gesamtjahr 2002/2003 nicht mehr erreichbar. Escada begründete die schlechten Zahlen mit den Folgen des Irak-Krieges und insbesondere mit der Lungenkrankheit SARS. Escada ist in Asien im Modebereich Marktführer.

      Escada hat Probleme mit den Nebenmarken. Die Kernmarken Escada und Escada Sport sind stets profitabel gewesen. Nun kündigte Escada an, dass zudem eine Anleihe in Höhe von 100 Mio. Euro im August 2004 geplant sei. Doch Escada vermutet, dass durch den Verkauf der Nebenmarken diese finanziellen Mittel wieder erlöst werden können. Negativ ist, dass die Verschuldung des Unternehmens noch zu hoch ist.

      Die Konzentration auf die Kernmarken ist sicherlich zu begrüßen. SARS ist nach Angaben der WHO eingedämmt. Damit könnten sich diese Folgen relativieren. Es sieht also alles danach aus, als könnte es Escada wieder in den Gewinn schaffen. Doch dieser Prozess wird noch etwas Zeit brauchen. Viel wird davon abhängen, wie sich die Nebenmarken verkaufen und wie sich der Umsatz im Kernbereich entwickelt. Sollten sich hier weiter positive Tendenzen abzeichnen ist Escada sicherlich eine Sünde wert. Bei 7,4 Euro hat Escada eine Marktkapitalisierung von ca. 57 Mio. Euro und dürfte damit recht günstig bewertet sein.

      Escada legt heute nach dieser Nachricht um 16,64 % auf 7,64 Euro zu. Bei Rücksetzern kaufenswert. Stopp auf unter 6,22 Euro.




      Freitag, 27. Juni 2003

      Mannheimer Leben: Es ist vorbei

      von Jochen Steffens

      Die Mannheimer Leben wird nun der erste Fall für die Auffanggesellschaft Protector. Ich hatte gestern davon berichtet, dass noch ein Gespräch mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin ansteht.

      Nach diesem Gespräch ist es nun wohl beschlossene Sache. Die Mannheimer Leben geht an Protector. Die Kunden brauchen sich jedoch keine Sorgen zu machen. Protector verfügt über Finanzmittel in Höhe von 5 Mrd. Euro. Für die Abwicklung wird aber aller Voraussicht nur einen geringen Teil dieses Geldes verbraucht.

      Sobald Protector eine Versicherungsgesellschaft abwickelt, müssen die anderen Unternehmen der Branche je nach Marktanteil Kapital bereitstellen. Das jedoch nur bis zu einer Höhe von 10 %. Das passiert natürlich nicht ohne Gegenleistung. Die Unternehmen übernehmen die laufenden Bestände der Mannheimer.

      So schlecht es auch für die Mannheimer und deren Beschäftigten ist, der Branche wird es sicherlich gut tun. Ein Mitbewerber weniger.




      Freitag, 27. Juni 2003

      Japan: Zinssatz für Übernachtkredite unter Null!

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Haben Sie vielleicht schon einmal von Ed Yardeni gehört? Das war der Mann, der die Angst vor dem Jahrtausendwechsel schürte ... und das "Fed-Model" zur Aktienbewertung bekannt machte ... und dann dachte, dass er während der Spekulationsblase bei Technologieaktien eine ganz neue Rasse von Supermenschen gefunden hätte.

      Als die Spekulationsblase platzte, machte sich Yardeni noch keine Sorgen. Die Fed würde die Dinge seiner Meinung nach schon richten – und zwar schnell.

      "Es gibt 600 Basispunkte zwischen jetzt und Null", sagte er. Soweit ich weiß, hat Yardeni noch nie mit irgendetwas Recht gehabt. Aber mit dieser Aussage lag er direkt zweimal falsch. Denn diese Aussage implizierte, dass die Fed sehr schnell wieder Luft in die Spekulationsblase pumpen könnte, indem sie einfach die Zinsen senken würde ... und dass sie insgesamt nur 600 Basispunkte hätte, mit denen sie arbeiten könnte. Sie hat aber noch mehr Mittel.

      Am Mittwoch passierten faszinierende Sachen. Zunächst einmal hat die US-Zentralbank im 32. Jahr des Dollarstandards die Leitzinsen um 25 Basispunkte auf 1 % – also 100 Basispunkte – gesenkt. Damit sind nur noch 100 Basispunkte zwischen dem aktuellen Leitzinsniveau und der Null. Haben die Geschäftsleute schon neue Projekte mit hohen Ausgaben in Auftrag gegeben, in Erwartung des neuen Booms? Nein. Eine Umfrage unter Finanzvorständen zeigte, dass diese immer noch Kosten sparen – und nicht das Gegenteil tun. Inflation oder Deflation ... ein Preis ist auf jeden Fall gefallen. Reuters hat gemeldet, dass der in der New York Times empfohlene Bestseller (der Alan Greenspan lobt) bei Amazon.com unter der Rubrik "gebrauchte Bücher" für nur 99 Cents gekauft werden kann.

      Und noch etwas Faszinierendes: Es sieht so aus, als ob die Fed mehr als 600 Basispunkte hat, mit denen sie arbeiten kann. Gestern sind die Zinsen für Übernachtkredite in Japan unter Null gefallen – auf minus 0,001 %. Das bedeutet: Wenn man sich Geld leiht, muss man weniger zurückzahlen, als man sich geliehen hat. Warten Sie nur ab, bis die amerikanischen Autoverkäufer und Hypothekenbanker davon hören!

      Ach, in was für einer wunderbar verrückten Welt wir doch leben ... wenn die Leute unter zuviel Schulden leiden ... gebt ihnen noch mehr Schulden. Drängt ihnen neue Schulden regelrecht auf ... werft die Druckerpresse an ... was könnte schon schief gehen?

      Jetzt aber zu Eric Fry, unserem Mann in der Zitadelle des modernen Kapitalismus:




      Freitag, 27. Juni 2003

      13. Zinsschritt

      von unserem Korrespondenten Eric Fry in New York City

      Zuerst hat die Fed die Zinsen gesenkt – dann haben die Investoren die Kurse am Aktienmarkt gesenkt. Der Dow Jones hatte sich bis unmittelbar vor der Zinsentscheidung im positiven Territorium bewegt – danach sackte er um fast 100 Punkte ab. Auch die Anleihenkurse kamen zurück, bei den 10jährigen Anleihen stieg die Rendite von 3,25 % au 3,33 %. Jetzt, wo die Anleihenkurse von den olympischen Höhen, die sie zu Monatsbeginn erreicht hatten, wieder herunterkommen, sieht der Bullenmarkt am Anleihenmarkt zunehmend verletzlich aus. Ist der scheinbar unsterbliche Anleihen-Bullenmarkt letztlich doch sterblich?

      "Unserer Ansicht nach ist die Rally am Anleihenmarkt zu weit und zu schnell gelaufen", so Donald H. Straszheim von Straszheim Global Advisors. "Das sieht so aus wie der Nasdaq-Sprint von den späten 1990ern bis Anfang 2000 ... und bei den Anleihen fiel danach die Rendite von Februar 2000 bis Juni 2003 von 6,76 % auf 2,08 %, was ein Rückgang von 68 % ist ... wenn sich die Stimmung plötzlich gegen Anleihen richten sollte, dann wird es einen Run auf die Ausgänge geben, und viele Investoren werden überrannt werden."

      Wie ein schlechter Punsch schaffen es die Zinssenkungen von Alan Greenspan nicht, den gewünschten Effekt zu produzieren. Die Wirtschaft zuckt nur mit den Schultern und starrt abwesend auf die Ein-Mann Geldshow des Fed-Vorsitzenden. 13 Mal seit Januar 2001 hat er die Leitzinsen gesenkt. Was haben 13 Zinssenkungen geschafft? Die Antwort – tada! – GAR NICHTS ... außer einem Heißlaufen des US-Immobilienmarktes. Wirtschaftswachstum hingegen: Fehlanzeige.

      Seit 1958 sind die kurzfristigen Zinssätze in den USA nicht mehr so niedrig gewesen wie jetzt. Und seit 1958 waren Zinssenkungen nicht mehr so wirkungslos – oder vielleicht gilt dies sogar seit 1858. Was haben all diese Zinssenkungen Gutes erreicht? Ist die Wirtschaft stärker geworden? Sind die TV-Serien lustiger geworden?

      Das einzige, was ich mit Sicherheit über den 13. Zinsschritt der Fed sagen kann, ist, dass die Zinsen jetzt niedriger sind als vor 13 Zinssenkungen. Aber die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen sind bestenfalls dubios.

      Nicht dass man einen neuen Grund brauchen würde, um überbewertete Aktien ohne Gewinnwachstum verkaufen zu können, aber das Offenmarktkomitee der Fed (FOMC) präsentierte am Mittwoch einen soliden Grund: "Die Wirtschaft ... muss noch nachhaltiges Wachstum zeigen ( ...) Die Risiken beim Wachstum nach oben und nach unten sind für die nächsten Quartale ungefähr gleich groß."

      Der Wirtschaft mag nachhaltiges Wachstum fehlen, aber ihr fehlt kein unnachhaltiges Wachstum. Nehmen Sie nur den US-Immobilienmarkt. Die Verkäufe neuer Häuser sind im Mai um 12,5 % explodiert – das ist der größte monatliche Sprung seit September 1993. Es sieht so aus, als ob die Leute immer noch Häusern und Technologieaktien kaufen, obwohl die amerikanischen Unternehmen sich immer noch weigern, Geld zu investieren.

      Die Staatsausgaben scheinen in die Kategorie "unhaltbar" zu fallen. John Myers vom Resource "erwartet auf jeden Fall, dass das amerikanische Finanzministerium und die Fed weiterhin – wie die Imperien vor ihnen – die Zahl der sich im Umlauf befindlichen Dollar erhöhen werden. Hinzu kommt, dass die Ausländer rapide ihre Investments aus dem Dollarraum abziehen, was für den Dollar eine Katastrophe sein könnte – und für die amerikanischen Aktien- und Anleihenmärkte."

      "Und, oh ja", so Myers weiter, "das würde die Kurse der Edelmetalle in die Stratosphäre katapultieren."

      Die Auftragseingänge für dauerhafte Güter sind in den USA im Mai um 0,3 % gefallen – der dritte Rückgang in den letzten 4 Monaten. Aber man sollte sich wegen der Verkäufe dauerhafter Güter nicht zu viele sorgen machen. Wir sollten bedenken, dass Alan Greenspan im Mai die Zinsen erst 12 Mal gesenkt hatte. Der 13. Zinsschritt, der wirklich die Lage verbessern wird, hatte da ja noch nicht stattgefunden.

      Und wenn auch der 13. Zinsschritt nicht wirkt ... warten Sie ab, bis Sie Nummer 14 sehen! Irgendwann wird es Alan Greenspan hinbekommen.




      Freitag, 27. Juni 2003

      100.000 Mark für eine Bahnfahrt durch Berlin ...

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner in Paris

      *** Was passierte nach der Zinsentscheidung der US-Fed: Der Goldpreis ist am Mittwoch um fast 3 Dollar gestiegen. Die Anleihenkurse fielen. Der Dollar verlor gegenüber dem Euro – hat inzwischen seine temporäre Erholung (die nicht mehr lange weitergehen sollte) aber fortgesetzt.

      *** Wenn die USA wirklich den Weg von Simbabwe gehen sollten ... dann sollte man sich vielleicht vorher einmal Simbabwe ansehen, um zu wissen, wie das sein wird. Ich habe einen kleinen Bericht zu diesem gesegneten Land:

      "Simbabwe wird ein wirklich interessanter Platz auf der Welt. Das ist das einzige Land der Welt, in dem man mit dem größten Geldschein der Landeswährung – dem 500 Simbabwe-Dollar-Schein – noch nicht einmal ein Bier kaufen kann. Denn das kostet 650 Simbabwe-Dollar."

      "Eine Rolle einlagiges Toilettenpapier kostet 1.000 Simbabwe-Dollar. Die durchschnittliche Rolle hat ungefähr 72 Abschnitte. Also ist es billiger, die 1.000 Simbabwe-Dollar in 10 Dollar Scheine zu tauschen und davon 72 als Klopapier zu benutzen. Dann hat man 280 Dollar gespart."

      "Wie glücklich wir Amerikaner sein können!"

      *** Ich habe einen interessanten Leserbrief erhalten:

      "Ihren Artikel `Dead Men Talking` im Investor`s Daily vom 23. Juni habe ich mit Interesse gelesen. Ein exzellentes Essay. Ich kann mich auch nur fragen, was zukünftige Historiker über die jetzige verrückte Ära sagen werden – und besonders über Bush, Greenspan und Bernanke. Wird Greenspan mit Rudolf Havenstein verglichen werden – dem Präsidenten der Deutschen Reichsbank, der in den 1920ern für die Explosion der Geldmenge verantwortlich war, die zu der deutschen Hyperinflation von 1923 führte?"

      "Ich denke, dass US-Präsident Bush sich völlig im Dunkeln befindet. Wie der Führer – der davon überzeugt war, dass `Alles` nur durch einen Akt des Willens erreicht werden konnte – scheint Bush zu denken, dass alles gut ist, so lange er es für gut erklärt. Könnte er der `Führer` der USA werden?"

      "In seinem Buch `Before The Deluge` hat Otto Friedrich der deutschen Inflation zwischen 1919 und 1923 ein ganzes Kapitel gewidmet. Er nannte dieses Kapitel `A Kind of Madness` – eine Art Wahnsinn. Es ist eine faszinierende Studie. Sie ist es wert, kurz zitiert zu werden:"

      "Eine 75jährige alte Dame erzählte vor kurzem einem Journalisten (Anmerkung: Dieses Buch ist schon einige Jahre alt): `Ja, die Inflation war das bei weitem wichtigste Ereignis dieser Periode. Sie zerstörte die Ersparnisse der gesamten Mittelschicht, aber das sind nur Worte. Sie müssen realisieren, was das bedeutete. Es gab nicht ein einziges Mädchen in der gesamten deutschen Mittelschicht, die mit einer Mitgift heiraten konnte. Das galt auch für die Hausmädchen – von denen viele nie einen Pfennig ihrer Löhne ausgegeben hatten. Sie hatten gespart, um heiraten zu können. Als das Geld wertlos wurde, wurde auch das ganze System des Heiratens zerstört, und so wurde auch die ganze Idee des jungfräulich in die Ehe Gehens zerstört."

      "Die Reichen lebten natürlich nach ihren eigenen Standards, und die Armen hatten natürlich wieder ganz andere Standards. Aber die Mittelklasse war so ungefähr die einzige, die sich an die Regeln hielt. Nicht jedes Mädchen, das heiratete, war noch Jungfrau – aber es war in der Mittelklasse allgemein akzeptiert, dass sie es eigentlich sein sollte. Die Inflation führte dazu, dass die Mädchen lernten, dass Jungfräulichkeit nicht mehr wichtig war. Die Frauen waren befreit worden."

      "Louis Lockner, ein Journalist in den 1920ern, berichtete 1923, dass die Cafés mit sehr modisch und extravagant gekleideten Frauen überfüllt waren. Aber abseits der Straßen der großen Boulevards entdeckte er bald eine ganz andere Story. Er sagte später: `Ich besuchte eine typische Wohlfahrtstation für die Jugend. Die Kinder, die aussahen, als seien sie 8 oder 9 Jahre alt, waren 13. Ich erfuhr, dass es damals in Berlin 15.000 Kinder gab, die an Tuberkulose litten; und dass 23 % der Kinder, die von öffentlichen Ärzten untersucht wurden, unterernährt waren.` Auch die Alten waren vergleichbar hilflos. Ein alter Schriftsteller, Maximilian Bern, hob auf der Bank seine gesamten Ersparnisse ab – mehr als 100.000 Mark –, und gab sie für eine U-Bahn-Fahrkarte aus. Deren Preis war so hoch gestiegen. Bern fuhr einmal mit der Bahn durch Berlin und schloss sich dann in seinem Apartment ein, wo er zu Tode hungerte."

      "Das Barbarentum hat gesiegt", sagte ein anderer alter Einwohner Berlins, George Grosz. Die Straßen wurden gefährlich ... wir huschten von Türeingang zu Türeingang, denn es gab Leute, die von den Dächern aus auf alles schossen, was sie sahen. Einmal wurde einer dieser Heckenschützen gefasst, und als er mit einem Mann konfrontiert wurde, dem er in den Arm geschossen hatte, war seine einzige Erklärung: `Aber ich dachte, er sei eine große Taube.`"

      "Die fundamentale Qualität von diesem Desaster war ein kompletter Vertrauensverlust in die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft. Geld ist nicht nur als Mittel des Austausches wichtig, sondern auch als Standard, mit dem die Gesellschaft unsere Arbeit und damit auch uns selbst bewertet. Wenn alles Geld wertlos wird, dann werden auch die Regierung und die gesamte Gesellschaft und alle Standards wertlos. Im Wahnsinn von 1923 war die Arbeit eines Arbeiters wertlos, die Ersparnisse einer Witwe waren wertlos, alles war wertlos."

      "Der englische Historiker Alan Bullock schrieb in seinem Buch `Hitler: A Study In Tyranny": `Der Kollaps der Währung bedeutete nicht nur das Ende des Handels, bankrotte Geschäfte und Nahrungsmittelknappheit in den großen Städten sowie Arbeitslosigkeit: Sondern dieser Kollaps hatte auch den Effekt – was die einzigartige Qualität dieser wirtschaftlichen Katastrophe ausmacht –, jedes einzelne Mitglied der Gesellschaft zu erreichen, auf eine Art und Weise, wie es das kein politisches Ereignis geschafft hätte. Die Ersparnisse der arbeitenden Klasse waren einfach ausgelöscht worden – mit einer Kraft, die keine Revolution erreichen konnte. Gleichzeitig war die Kaufkraft der Löhne auf Null reduziert worden. Selbst wenn ein Mann bis zum Umfallen arbeitete, konnte er nicht genug Kleider für seine Familie kaufen – und Arbeit konnte man ohnehin fast gar nicht finden.

      Das Ergebnis der Inflation war, dass die Fundamente der deutschen Gesellschaft so untermauert worden waren, wie das weder die Revolution des November 1918 noch der Versailler Vertrag geschafft hatten. Die wirkliche Revolution in Deutschland war die Revolution, denn sie zerstörte nicht nur Besitz und Geld, sondern auch das Vertrauen in Besitz und die Bedeutung des Geldes.`"




      Freitag, 27. Juni 2003

      Weiße Elefanten

      von Marc Faber

      Es gibt einen fundamentalen Unterschied zwischen einer "realen Wirtschaft" und einer "finanziellen Wirtschaft". Den Unterscheid zu kennen, könnte Ihnen im stürmischen Jahrzehnt, das uns mit Sicherheit bevorsteht, hilfreich sein. Den Unterschied zu ignorieren, könnte katastrophal sein.

      In einer "realen Wirtschaft" ist der Anteil der Schulden und der Marktkapitalisierung des Aktienmarktes am BIP klein – und beide sind dazu da, Ersparnisse in Investitionen zu verwandeln. In einer "finanziellen Wirtschaft" – oder vielleicht sollte ich besser sagen: in einer "Geld-getriebenen Wirtschaft" – ist der Kapitalmarkt deutlich größer als das BIP, und Ersparnisse werden nicht nur in Investitionen verwandelt, sondern auch in kolossale spekulative Blasen.

      Das bedeutet nicht, dass es nicht auch in einer "realen Wirtschaft" Spekulationsblasen geben kann – aber sie sind selten und vergleichsweise kleiner als die Spekulationsblasen der "finanziellen Wirtschaft". Wenn diese Blasen platzen, dann gibt es in einer realen Wirtschaft begrenzten Schaden für die Wirtschaft. In einer finanziellen Wirtschaft sind diese Spekulationsblasen jedoch so groß, dass sie – wenn sie platzen – bedeutenden wirtschaftlichen Schaden anrichten.

      Meine Ansicht ist, dass gewisse Hypes – wie die Manie der Investitionen in den 1990ern – ein notwendiger und integraler Bestandteil des kapitalistischen Systems sind. Sie führen zu Fortschritt und neuen Entwicklungen, niedrigeren Produktionskosten und einer Erhöhung der Produktivität. Auch, wenn jedem Boom unweigerlich etwas Schmerzen folgen.

      Der Punkt ist allerdings, dass in einer realen Wirtschaft (mit einem relativ kleinen Kapitalmarkt) die Spekulationsblasen relativ klein bleiben, da die Verfügbarkeit von Ersparnissen und Krediten begrenzt ist. In "finanziellen Wirtschaften", wo Kredite fast unbegrenzt verfügbar sind, laufen die Spekulationsblasen völlig außer Kontrolle.

      Mit anderen Worten: Jede Spekulationsblase wird zu "Weißer Elefant"-Investments führen. So nennen die Amerikaner Investments, die eigentlich überhaupt keinen wirtschaftlichen Sinn machen.

      Wer bestimmt nun, ob wir uns in einer "realen" oder einer "finanziellen" Wirtschaft befinden? Unter anderem die Fed. Denken Sie an die Politik des knappen Geldes, die der ehemalige Fed-Vorsitzende Paul Volcker in den frühen 1980ern verfolgte. In den 1970ern waren die Inflationsraten geklettert – zum Teil wegen einer Politik des leichten Geldes, zum Teil wegen den steigenden Ölpreisen (diese Preissteigerungen hatte die OPEC erfolgreich durchgesetzt). Aber in den späten 1970ern hatten die steigenden Öl- und sonstigen Rohstoffpreise zu zusätzlichem Angebot geführt, weshalb viele Rohstoffpreise wieder zu fallen begannen. Sogar noch vor der Politik des knappen Geldes von Paul Volcker.

      Zur selben Zeit boomte der US-Konsum in den frühen 1980ern, Ronald Reagan und explodierenden Haushaltsdefiziten sei Dank. Es wurden immer größere billige Waren aus Asien importiert. Zunächst aus Japan, Taiwan und Südkorea und dann – in den späten 1980ern – auch aus China.

      Ich würde sagen, dass deshalb auch ohne die Geldpolitik von Paul Volcker die Preise in den 1980ern weltweit weniger stark als in den 1970ern gestiegen wären: Wegen den zurückgehenden Rohstoffpreisen und den billigen Importwaren aus Asien. Sollte man also am besten überhaupt keine Zentralbank haben, die die Geldpolitik steuert?

      "Keineswegs", würden Greenspan, Bernanke & Co. sagen, denn Zentralbanken können unbegrenzt Geld drucken und außergewöhnliche Maßnahmen ergreifen. So z.B. durch direkte Interventionen am Markt die Preise von Anleihen, Aktien und Häusern beeinflussen, um unerwünschte wirtschaftliche Entwicklungen, insbesondere deflationäre, zu vermeiden.

      Darin liegt etwas Wahrheit. Wenn die Zentralbank jede Menge Geld druckt und die Kreditzinsen gen Null drückt, dann kann eine Deflation auf Basis des heimischen Preisniveaus leicht vermieden werden – aber nur zu bedenklichen Kosten.

      Zunächst einmal ist klar, dass eine solche Politik zu einer Abwertung der eigenen Währung führt. Entweder gegenüber anderen Währungen, oder zumindest gegenüber Gold, Rohstoffen und allgemein "harten Anlageformen". Der Anstieg des Preisniveaus führt dann zu einem Mehrbedarf an Dollar, was die Notwendigkeit, noch mehr Kredite und Papiergeld zu schaffen, weiter erhöht.

      Wenn sich die "Inflationisten" unter Führung der Fed durchsetzen werden, dann wird sich dieser Teufelskreise fortsetzen, und sie werden eine neue, sehr gefährliche Wirtschaftspolitik durchführen. Die nicht enden wollende Schaffung von Krediten und Bargeld wird zu scharf steigenden Inflationsraten und einem deutlich niedrigeren Dollarkurs führen. Diese Politik würde auch eine katastrophale weltweite Rezession bringen, die dann das gesamte kapitalistische System – wie wir es heute kennen – bedrohen würde.


      investorverlag.de
      Avatar
      schrieb am 27.06.03 23:56:45
      Beitrag Nr. 3.279 ()
      1.277.000.000.000 Euro Schulden

      Deutlich gestiegene Ausgaben im ersten Quartal haben die Schulden der öffentlichen Haushalte am Kreditmarkt bis Ende März auf gut 1,27 Billionen Euro wachsen lassen. Das waren 5,9 Prozent mehr als vor Jahresfrist, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte.

      Im ersten Vierteljahr 2003 hätten die Ausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden die Einnahmen um 55,2 Milliarden Euro überstiegen. Damit war das Finanzierungsdefizit 5,5 Milliarden Euro höher als ein Jahr zuvor. Die Einnahmen der öffentlichen Haushalte (einschließlich Sondervermögen des Bundes und Sozialversicherung) lagen mit 204,7 Milliarden Euro 0,8 Prozent über dem Vorjahr, die Ausgaben lagen mit 259,9 Milliarden Euro um 2,8 Prozent höher als Anfang 2002.

      Mehr als die Hälfte schuldet der Bund
      Von den Kreditmarktschulden von insgesamt 1,277 Billionen Euro entfielen 735 Milliarden Euro auf den Bund, auf die Länder 399,8 Milliarden Euro und auf die Gemeinden 82,9 Milliarden Euro. Die gesamte Staatsverschuldung wird nach Angaben des Bundes der Steuerzahler (BdSt) im August oder September die 1,3-Billionen-Grenze übersteigen. Pro Sekunde steigt die Schuldenlast dem BdSt zufolge um 1669 Euro, die Verschuldung pro Kopf beträgt derzeit 15.739 Euro. Allein die für die Schulden des Bundes fälligen Zinsen sind mit knapp 40 Milliarden Euro der zweitgrößte Posten im Bundeshaushalt.:eek: :eek: :eek: :eek:

      Stand: 27.06.2003 12:08 Uhr

      http://www.tagesschau.de/aktuell/me..._REF4%2C00.html


      ____________________________________
      Keine Bange , bald wird es den 1. Posten haben.
      Die Lawine ist schon am rollen, und da hilft es wirklich nicht mehr den Haushalt zu konsolidieren.
      Wenn konsolidieren, dann bitte, erst den Rotstift bei den Zinsen ansetzen.
      Alles andere ist Zeitverschwendung und mit tödlichen Folgen für die Wirtschaft.Ansonsten kann man auf Brechen und Biegen sparen, es wird nicht mehr helfen. Sozilabbau ist keine Medizin, sie ist die Wurzel für Unzufriedenheit der Bevölkerung oder ein Zeichen für den Anfang vom Ende.
      Eine Art Geldturm zu Babel wird gebaut. Die Uhr schlägt 5 vor 12.

      Das Geld reicht vorne und hinten nicht , aber für die Zinsbezahlung ist immer Geld vorhanden.
      Wohin wandern denn die 40 Milliarden ? und bald die 50, 60, 70, Mill. usw...........Genauso viel Geld fehlt dann an bedürftigen Stellen.
      Wem nützen denn diese Zahlungen (Art Subventionen) Wird dafür eine Leistung erbracht?
      Nein, Die Bürger dürfen für die Zinsen noch mehr Steuern und Abgaben zahlen, damit die Zinsen bedient werden können.. und die wirklichen Staatsaufgaben bleiben zunehmend auf der Strecke. Als Hauptaufgabe besteht dann nur noch die Zinsbedienung. Der Staat ist dann nicht mehr für die Bürger da, sondern für deren Geldentleiher.Irgendwann ist aber Schluss, denn wer kann schon mit exponentiellen Wachstum mithalten.


      Das Zinssytem ist dazu da, den Armen noch ärmer zu machen den Reichen noch reicher zu machen. Vom Mittelstand bleibt keine Spur. Aber wen sagt man das!
      Die Geldoligarchie ist die herrschende Macht und nicht wie uns vorgegaukelt wird das Volk . Demokratie ist nur ein Deckmantel. Volksvertreter sollten das Volkvertreten und nicht das Volk an die Geldoligarchen verkaufen.
      Wir dürfen die Leute wählen ,welche die Befehle der Geldoligarchen zu empfangen und auszuführen haben.

      :( :( :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 28.06.03 00:09:51
      Beitrag Nr. 3.280 ()
      "Ich sehe in naher Zukunft eine Krise heraufziehen. In Friedenszeiten schlägt die Geldmacht Beute aus der Nation und in Zeiten der Feindseligkeiten konspiriert sie gegen sie. Sie ist despotischer als eine Monarchie, unverschämter als eine Autokratie, selbstsüchtiger als eine Bürokratie. Sie verleumdet all jene als Volksfeinde, die ihre Methoden in Frage stellen und Licht auf ihre Verbrechen werfen. Eine Zeit der Korruption an höchsten Stellen wird folgen, und die Geldmacht des Landes wird danach streben, ihre Herrschaft zu verlängern, bis der Reichtum in den Händen von wenigen angehäuft und die Republik vernichtet ist."

      US-Präsident Lincoln kurz vor seiner Ermordung
      Avatar
      schrieb am 28.06.03 00:39:19
      Beitrag Nr. 3.281 ()
      Wirtschaftliche Triebkräfte von Rüstung und Krieg

      Alle Kriege, zumindest in unseren Zeiten, sind letztlich als Wahnsinn anzusehen. Wie aber kommt es heute noch zu solchen barbarischen Auseinandersetzungen in einer sich als zivilisiert bezeichnenden Welt?


      Alwine Schreiber-Martens mit einer Kurzfassung des Textes "Wirtschaftliche Triebkräfte von Rüstung und Krieg" von Helmut Creutz.

      Humanisten und Aufklärer formulierten einst die große Hoffnung, dass durch den technischen Fortschritt alle Menschen zu Wohlstand gelangen und im "ewigen Frieden" (Kant) miteinander leben könnten. Die Klassiker des Liberalismus entwickelten die dazu passende Vorstellung freier Märkte, die einen friedlichen Ausgleich ökonomischer Interessen zwischen den Individuen ermöglichen könnten. Wie kommt es dann heute immer noch zu solch barbarischen Auseinandersetzungen in einer sich als zivilisiert bezeichnenden Welt?

      Geht man dieser Frage nach, dann zeigt sich ein enger Zusammenhang zwischen kriegerischen Auseinandersetzungen jeder Art und bestimmten ökonomischen und monetären Fehlentwicklungen. Es ist zu erkennen, dass im Modell einer Marktwirtschaft von Adam Smith und den anderen liberalen Klassikern nicht betont wurde, dass alle Menschen ein Recht auf gleiche Teilhabe am Boden, an der Erde überhaupt haben. Und indem sie das Geld als ein bloß neutrales Tauschmittel betrachteten, übersahen sie die strukturelle Macht des Geldes.

      Während sich daher in immer weniger Händen konzentriert große Geld- und Sachkapitalvermögen akkumulieren, wiederholen sich immer wieder Krisen und Konjunktureinbrüche. Solche Einbrüche gibt es vor allem dann, wenn sich während der Konjunkturphasen so viel Kapital gebildet hat, dass sich seine Verwertungsmöglichkeiten verschlechtern. Auf diesen Zusammenhang weist bereits ein Artikel des Sparkassenverbandes aus dem Jahr 1891 hin: "Die Ursache für das Sinken des Zinsfußes wird vorzüglich darin gefunden, daß die besonders rentablen Kapitalanlagen großen Maßstabes heute erschöpft sind und nur Unternehmungen von geringer Ergiebigkeit übrig bleiben." Und um den damals auf drei Prozent gesunkenen Zinssatz vor einem weiteren Fall zu bewahren, müßten – so hieß es weiter – "... die neuen Länder, beispielsweise Afrika, sehr rasch durch europäische Kapitalien erschlossen werden, damit einem solchen Sinken begegnet werde." Da aber auch diese Investitionen nicht reichen würden, schließt der Artikel mit folgender Aussage: "Nur ein allgemeiner europäischer Krieg könnte dieser Entwicklung Halt gebieten durch die ungeheure Kapitalzerstörung, welche er bedeutet."

      Auf die Zusammenhänge zwischen Krieg und Kapitalrentabilität hat auch der große irische Dichter George Bernhard Shaw während des Zweiten Weltkriegs aufmerksam gemacht: "Ich verabscheue den Krieg und sehe keinen Unterschied an Grauenhaftigkeit zwischen den Bombardierungen Londons, Neapels und Kölns. Sie alle sind abscheulich .... Damit stehe ich nicht allein. Alle Kapitalisten, die ich kenne, hassen den Krieg genau so .... Anzunehmen, dass einer von uns wohlüberlegt ein angezündetes Streichholz in ein Pulvermagazin schleudern würde, damit der Zinssatz um zwei oder drei Prozent steigt, stände in krassestem Widerspruch zur Natur des Menschen und zu den nackten Tatsachen ... Und trotzdem folgt auf zweieinhalb Prozent mit der gleichen Gewißheit Krieg, wie die Nacht dem Tag folgt."

      Der britische Ökonom John Maynard Keynes hat die Zusammenhänge ungefähr so beschrieben: Ständig vermehrte Investitionen im zivilen Bereich gefährden das ‚Gleichgewicht‘ d.h. die Rentabilität der bereits getätigten Investitionen. ‚Sinnlose Bauten‘ dagegen tun dies nicht und gewinnen genau daraus ihren Sinn, mit seinen Worten: “zwei Pyramiden, zwei Steinhaufen für Tote sind doppelt so gut wie einer, aber nicht zwei Eisenbahnen von London nach York."

      In der wissenschaftlichen Literatur gibt es für den Vorgang der Kapitalvernichtung den Begriff "Reinigungskrise zur Beseitigung von Überinvestitionen". Gemeint ist mit “Überinvestition” der Zustand, bei dem der Investitionsumfang so groß geworden ist, dass er den Zins unter jene Grenze drückt, bei der es zu Geldzurückhaltungen und damit deflationären Rezessionen kommt. Auch ohne Krieg und ohne Rüstung werden in solchen Rezessionen durch Unternehmens- und Privatbankrotte, durch Verschleudern oder Verderben von "Überproduktionen" bereits Vermögenswerte aus dem Verkehr gezogen. Mit dieser "Reinigung" – sprich Kapitalvernichtung – wird dann wieder eine ausreichende Knappheit erzeugt, die über höhere Zinsen das Kapital wieder aktiv werden läßt.

      Durch ständiges Wachstum, aber auch durch Ausweitung marktferner Investitionen wie Raumfahrt und Rüstung, wird die Notwendigkeit solcher “Reinigungskrisen” eine Zeitlang hinausgeschoben. Die Regierungen ergreifen diese Massnahmen, da der Beginn einer Deflationsspirale von den Regierungen zurecht sehr gefürchtet wird. Diese Deflationsspirale kommt genau dadurch in Gang, dass sich (Geld)Kapital vom Markt zurückziehen kann und dies bei nicht hinreichend attraktiver Rentabilität auch tut! Statt also das Kapital mit geldpolitischen Mitteln zu veranlassen, sich auch zu niedrigeren Zinsen zur Verfügung zu stellen, sorgen die Regierungen für die Knappheit des Kapitals, um den Rückzug vom Markt zu vermeiden.

      Ist deshalb der Ruf nach Umschichtung staatlicher Mittel hin zu zivilen Zwecken erfolglos, obwohl die Menschen weltweit dies fordern und die Mangelsituation in weiten Bereichen des zivilen Lebens offensichtlich ist? Erscheinen daher die Rufe nach Gewaltfreiheit als naiv, wo doch die Polarisierung zwischen Reich und Arm, die Ungerechtigkeit im Zugang zu den Ressourcen dieser Erde dramatisch ist? Kann man der deflatorischen Gefahr fallender Zinsen durch strukturelle Reformen des Geldwesens begegnen?

      Es ist dringend erforderlich, dass darüber nachgedacht wird,
      1. mit welchen Methoden allen Menschen eine gleichberechtigte Teilhabe am Boden und allen Lebensgrundlagen verschafft und gesichert werden kann;
      2. wie das Geld so umgestaltet werden kann, dass aus einem strukturellen Machtmittel ein neutrales Tauschmittel wird.

      Keynes sprach in diesem Zusammenhang von einem großen "Gezeitenwechsel”, von einem durchaus realisierbaren Modell. Sowohl auf nationalstaatlicher als auch auf internationaler Ebene kann der Umgang des Menschen mit dem Boden und mit dem Geld neu geregelt werden. Der Boden, die Ressourcen und die Atmosphäre sind Gemeingüter, deren private Nutzung gegen Gebühren ähnlich einer Pachtzahlung möglich ist. Der Ertrag wiederum wird an alle Menschen gleichermaßen zurück verteilt. Dadurch ist die “durchschnittliche” Nutzung aufkommensneutral. Das Geld wird von einem zerstörerischen Beherrscher der Märkte zu ihrem Diener. Es bedarf dazu nicht des Rückgriffs auf die Moral des Menschen, sondern einer intelligenten Änderung des Geldmechanismus und einer Unterscheidung von Nutzungsrechten und Besitz am Boden.

      Selbstverständlich benötigt dieses Nachdenken über Reformen und ihre Durchsetzung eine demokratische Kultur und die Mitwirkung vieler Menschen.

      inwo.de
      Den ungekürzten Beitrag finden Sie bei sozialoekonomie.info unter

      http://www.sozialoekonomie.info/Zeitschrift_fur_Sozialokonom…
      Avatar
      schrieb am 28.06.03 00:40:16
      Beitrag Nr. 3.282 ()
      Wenn der Friede die Frucht der Gerechtigkeit ist, dann ist der Konflikt,
      die kriegerische Auseinandersetzung, die Frucht der Ungerechtigkeit. Tatsächlich waren fast alle Kriege der letzten Jahrhunderte Wirtschaftskriege."
      Adolf Paster [1
      Avatar
      schrieb am 28.06.03 00:45:05
      Beitrag Nr. 3.283 ()
      "Wo nicht der Mensch, sondern das zinstragende Kapital der Gegenstand ist, dessen Erhaltung und Mehrung der Sinn und das Ziel der politischen Ordnung ist, da ist der Automatismus schon im Gang, der eines Tages die Menschen zum Töten und Getötetwerden auf die Jagd schicken wird." [4]

      schweizerische Theologe Karl Barth

      :(
      Avatar
      schrieb am 28.06.03 00:47:56
      Beitrag Nr. 3.284 ()



      http://www.sozialoekonomie.info/Zeitschrift_fur_Sozialokonomie/LeseProben/Page12177/page12177.html
      Avatar
      schrieb am 28.06.03 00:51:22
      Beitrag Nr. 3.285 ()


      http://www.sozialoekonomie.info/Zeitschrift_fur_Sozialokonomie/LeseProben/Page12177/page12177.html
      Avatar
      schrieb am 28.06.03 00:58:35
      Beitrag Nr. 3.286 ()




      »Rüstung bedeutet ökonomisch den Abzug zinsdrückenden Kapitals vom Markt. Und da die Rüstungsindustrie nicht für den Markt produziert, bedeutet Rüstung die Trockenlegung zinsbedrohender Kapitalüberschüsse auf Kosten der Steuerzahler.«

      Hans Fabricius, Auf des Messers Schneide, in: Telos, Nr. 12/1966, S. 409

      »Der Krieg ist die großzügigste und wirkungsvollste `Reinigungskrise zur Beseitigung der Überinvestition`, die es gibt. Er eröffnet gewaltige Möglichkeiten neuer zusätzlicher Kapitalinvestitionen und sorgt für gründlichen Verbrauch und Verschleiß der angesammelten Vorräte an Waren und Kapitalien, wesentlich rascher und durchgreifender, als es in den gewöhnlichen Depressionsperioden auch bei stärkster künstlicher Nachhilfe möglich ist. So ist ... der Krieg das beste Mittel, um die endgültige Katastrophe des ganzen kapitalistischen Wirtschaftssystems immer wieder hinauszuschieben.«

      Ernst Winkler, Theorie der natürlichen Wirtschaftordnung, Heidelberg 1952, S. 125

      »Ich glaube, daß wir in unserem Geldsystem eine Art karzinombildendes Element haben, was unsere Wirtschaft fortwährend krank macht ... Meiner Meinung nach kann dieses Geldsystem nur dadurch funktionieren, daß es immer wieder zusammenbricht und dann immer wieder von vorn begonnen wird. Diese Zusammenbrüche nennt man dann Kriege oder Wirtschaftskatastrophen oder Inflationen, je nachdem, aber das bedeutet eigentlich nur, daß dieses System in sich selbst kein Regulativ hat, was zu einer vernünftigen Eindämmung führen würde ... «

      Michael Ende, Autor, Interview mit Helmar v. Hanstein, 1992

      »Es kann keinen Frieden auf Erden geben, ehe wir nicht die Forderung unserer Zeit erfüllen und jedem Arbeiter den vollen Verdienst seiner Arbeit verschaffen.«

      Abraham Lincoln, ehemaliger Präsident der USA


      http://www.sozialoekonomie.info/Zeitschrift_fur_Sozialokonomie/LeseProben/Page12177/page12177.html
      Avatar
      schrieb am 28.06.03 01:02:47
      Beitrag Nr. 3.287 ()



      http://www.sozialoekonomie.info/Zeitschrift_fur_Sozialokonomie/LeseProben/Page12177/page12177.html
      Avatar
      schrieb am 28.06.03 01:05:54
      Beitrag Nr. 3.288 ()
      "Die Währung hält den Staat zusammen oder sie sprengt ihn – je nachdem. Wird hier gepfuscht, so löst es sich in kleine Teile auf, in Atome, die sich gegenseitig abstoßen: Stadt gegen Land, Beruf gegen Beruf, Volksstamm gegen Volksstamm, Norden gegen Süden, Festbesoldete gegen Lohnarbeiter, bis schließlich Arbeiterbataillone gegen Arbeiterbataillone marschieren. Der Krieg ist kein biologisches Element, sondern ein eheliches Kind der sozialen Zustände. Diese Mörderhöhle haben alle Völker sich in ihren wirtschaftlichen Einrichtungen selbst geschaffen" [7]

      Sozial- und Geldreformer Silvio Gesell
      Avatar
      schrieb am 28.06.03 01:26:12
      Beitrag Nr. 3.289 ()
      Mehr Schulden oder Rasenmäher-Methode?

      Die Vorschläge zur Finanzierung einer vorgezogenen Steuerreform



      Ein Vorziehen der Steuerreformstufe 2005 auf das kommende Jahr würde Bürger und Unternehmen auf einen Schlag um rund 25 Milliarden Euro entlasten. Doch ohne Gegenfinanzierung sind die Ausfälle für Bund, Länder und Gemeinden nicht zu verkraften. N24.de listet nachfolgend die wichtigsten Vorschläge zur Finanzierung auf. Teile davon - etwa Kürzungen der Eigenheimzulage oder der Pendlerpauschale - hat Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) allerdings schon vorgesehen, um einen verfassungskonformen Haushalt aufzustellen.



      Pauschalkürzungen

      Von mehreren Seiten wird die Kürzung von Subventionen nach der Rasenmähermethode vorgeschlagen. Die Regierungschefs von Hessen und Nordrhein-Westfalen, Roland Koch (CDU) und Peer Steinbrück (SPD) basteln an einem Vorschlag zur zehnprozentigen Pauschalkürzung im Zeitraum von drei Jahren. Das Umweltbundesamt verlangte pauschal eine fünfprozentige Kürzung, der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, sogar eine Reduzierung der Subventionen um pauschal 20 Prozent.


      Privatisierung von Bundesvermögen

      Ein weiterer Vorschlag betrifft die Privatisierung von Bundesvermögen. Immerhin sind der Bund und seine Sondervermögen laut jüngstem Beteiligungsbericht an rund 120 Unternehmen mit einem Nennkapital von rund 16 Milliarden Euro unmittelbar beteiligt. Im Etatentwurf für 2004 hat Eichel zunächst keine Privatisierungserlöse vorgesehen.

      An der Telekom hält der Bund noch 31 Prozent, die bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) weitere zwölf Prozent, 57 Prozent sind in Streubesitz. An der Post hält der Bund 50 Prozent plus 26 Aktien, die KfW 18 Prozent. Eine eventuelle Privatisierung weiterer Anteile muss auch die Aufnahmefähigkeit des Kapitalmarktes berücksichtigen.


      Zuschläge für Nachtarbeit

      Zuschläge für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit sind bislang steuerfrei. Nach dem Willen von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) soll es auch dabei bleiben. Die Mindereinnahmen betragen knapp zwei Milliarden Euro, auf den Bund entfallen davon fast 700 Millionen Euro.


      Mehrwertsteuer

      Rund acht Milliarden Euro ließen sich pro Jahr mehr einnehmen, wenn die 16-prozentige Mehrwertsteuer um einen Punkt erhöht würde. Eine solche Maßnahme wird offen aber nur vereinzelt gefordert, etwa von Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU) und seiner schleswig-holsteinischen Amtskollegin Heide Simonis (SPD). Die Bundesregierung und die Spitzen der Union lehnen eine solche Maßnahme ab. Die Steuer teilen sich Bund und Länder etwa je zur Hälfte.


      Förderung der Windenergie

      Aus der CDU kommt die Forderung, die Unterstützung der Windenergie einzuschränken. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sichert regenerativen Energiequellen hohe Vergütungssätze für die Einspeisung ins Stromnetz zu, die allerdings von den Stromkonzernen bezahlt werden. Öffentlich gefördert wird allerdings zum Beispiel der Bau von Windkraftanlagen. Rund 2,3 Prozent des Strombedarfs in Deutschland werden derzeit durch Windenergie gedeckt. Die Bundesrepublik ist dank des Booms in den vergangenen Jahren "Weltmeister" bei der Windenergie.


      Pendlerpauschale

      Hier will Eichel nur noch Fahrten zur Arbeit über 20 Kilometer steuerlich begünstigen. Derzeit beträgt die Pauschale unabhängig vom Verkehrsmittel 0,36 Euro bis zum zehnten und 0,40 Euro ab dem elften Kilometer. Eine vollständige Streichung der Pauschale brächte Bund und Ländern Mehreinnahmen in Milliardenhöhe.


      Eigenheimzulage und Steinkohle

      Bei zwei weiteren großen Subventionsblöcken hat Eichel Einsparungen bereits in den Haushaltsentwurf 2004 eingestellt. Sie fielen somit als Verhandlungsmasse für die Gegenfinanzierung einer vorgezogenen Steuerreform weg. Nach dem Willen von Eichel soll die Eigenheimzulage gestrichen werden. Sie ist der größte Subventionsblock mit 9,5 Milliarden Euro im Jahr. Davon entfallen vier Milliarden Euro auf den Bund.

      Auch bei den Steinkohlesubventionen hat Eichel bereits Pflöcke eingeschlagen. Hier will er zusätzlich zu der ohnehin vertraglich vereinbarten Kürzung des Bundes um 300 Millionen Euro weitere 250 Millionen Euro einsparen. Ohnehin war schon geplant, dass die Förderung des Bundes nach der Abschaffung des "Kohlepfennigs" von 1998 bis zum Jahr 2005 von 4 auf 1,9 Milliarden Euro sinkt.


      Höhere Neuverschuldung

      Bleibt noch die Möglichkeit, mögliche Lücken bei der Gegenfinanzierung durch eine zeitweilige Erhöhung der Neuverschuldung zu schließen. Dies hatte unter anderem SPD-Fraktionschef Franz Müntefering befürwortet.

      Sollte die Zusammenlegung der nächsten beiden Steuerreformstufen kommen, dann hätte ein Lediger nach Angaben des Steuerzahlerbundes bei einem Jahreseinkommen von 30.000 Euro 611 Euro mehr in der Tasche, bei einem Einkommen von 50.000 Euro wären es 1.344 Euro.

      (N24.de, ddp)
      Avatar
      schrieb am 29.06.03 01:52:51
      Beitrag Nr. 3.290 ()
      Killerzins. Auf welcher Seite stehst du?

      "Lassen Sie Ihr Geld für sich arbeiten!" - so locken die Banken deine hart erarbeiteten Moneten in ihren Tempel. Wenn du zu denen gehörst, die Geld niemals arbeiten sahen, könnte dieser Text für dich interessant sein. Wenn du Geld schonmal hast arbeiten sehen: Uns würde ein Foto davon interessieren...

      Geld: Der heilige Mammon, dem wir alle hinterher rennen. Wir gehen "Geld verdienen" und nicht etwa "Urlaub verdienen" oder "Essen verdienen". Geld muß es schon sein. Aber unser Geld bringt ein "klitzekleines" Problem mit sich. Ein unscheinbares Problem, was immer größer wird, was aber oft übersehen wird: Der Zins.

      Jeder von uns kennt die Freude, die um sich greift, wenn man sich vorstellt, man sei Millionär. 1.000.000 Euro auf dem Konto und läppische 5% Zinsen (bei Millionären sind die Banken weit weniger geizig als beim Kleinsparer!): Also "verdient" man ohne einen Finger krumm zu machen 50.000 Euro im Jahr. Soviel kriegen die wenigsten Menschen mit harter Arbeit!

      Doch stellt sich die Frage: Woher kommen die Zinsen? Geld arbeitet nicht wirklich selbst, jemand borgt es sich und zahlt Zinsen. Die 50.000 die wir als Millionäre also kriegen würden, muß jemand anders bezahlen. Woher nimmt er diese Zinsen? Er kauft mit unserer Million Maschinen, bezahlt Leute und schlägt unsere Zinsen auf die Preise für die Produkte drauf, die er verkauft. Also: Nicht unser Geld erarbeitet mehr Geld, sondern die Menschen, die die Produkte kaufen bezahlen von ihrem Arbeitslohn unsere Zinsen. Obwohl sie also nicht einmal Schulden haben müssen, bezahlen sie die Zinsen der Millionäre. Und die Leute, die sich die Million geborgt haben, treten indirekt als Zinseintreiber auf.

      Ein Beispiel: Die Deutsche Telekom zahlt 7,5% Zinsen auf ihre 64 Mrd. Euro Schulden. Das berichtet der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR). Leider hören die MDR-Leute dann auf mit rechnen, also machen wir hier mal ihren Job.
      Die Telekom zahlt also ca. 4,8 Mrd. Euro Zinsen pro Jahr, wenn sie mit dem Schuldenabbau nicht hinterherkommt. Und in der aktuellen Situation fällt das der Telekom nicht so leicht. Die Telekom macht 40 Mrd. Euro Umsatz, das heißt, sie nimmt von ihren Kunden also 40 Mrd. Euro pro Jahr ein. Von diesem Umsatz muß sie die Zinsen bezahlen. 4,8 Mrd. Euro von 40 Mrd. Euro sind etwa 12%, was nichts anderes heißt, als daß jeder Telekom-Kunde 12% Zinsen auf den Betrag seiner Telekom-Rechnung bezahlt, obwohl er gar keine Schulden haben muß. Nun kann jeder mal seine Telefonrechnungen rauskramen und zusammenrechnen. Wenn jemand z.B. 100 Euro im Monat Telefonkosten hat, (bei Familien oder Internet-Nutzern kein Problem!) sind das im Jahr 1.200 Euro, 12% davon, also 144 Euro sind davon Zinsen. Um kein "Verlierer in diesem Zins-Spiel" zu sein, muß die Person also mindestens 144 Euro pro Jahr an Zinsen erhalten. Bei einem Zinssatz von 5% muß man dazu mindestens 2880 Euro angelegt haben, wer weniger hat, gehört also zu den Verlierern des Zinsspieles. Auf welcher Seite stehst du in diesem Spiel?




      Nun kommt das Problem dazu, daß die Telekom ja selbst auch wieder Produkte kauft, in denen Zinsen enthalten sind. Wenn die Telekom sich von einer Elektronik-Firma ihre Vermittlungsanlagen kauft, so sind auch darin Zinsen enthalten. Die tauchen aber nicht in der obigen Rechnung auf, kommen also noch hinzu. Und da auch diese Zulieferer wieder Zulieferer haben, kann sich das ganz schön zusammenläppern.

      Doch selbst dann sind wir noch nicht fertig! Denn auch der deutsche Staat zahlt Zinsen, inzwischen etwa 20 Prozent seiner sämtlichen Einnahmen! Einnahmen hat der Staat vor allem über Steuern. Und Steuern sind auch in der Rechnung der Telekom enthalten. Da ist die Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer), die in jeder Rechnung ausgewiesen ist, aber unsichtbar sind z.B. die Lohnsteuern, die die Angestellten der Telekom an den Staat entrichten müssen. Diese Lohnsteuern müssen ja aber auch von der Telekom erarbeitet werden, also sind sie ebenfalls in den Preisen versteckt. Und in allen diesen Steuern sind wiederrum ca. 20% Zinsen enthalten.

      Wenn du also Kunde bei der Telekom bist, zahlst du eine ganz ansehnliche Menge an Zinsen - auch wenn du gar keine Schulden hast. Und auf der Rechnung der Telekom steht leider nicht "Warnung: Diese Rechnung enthält soundsoviel Prozent Zinsen".

      Nun könnte man meinen, die Telekom sein ein Ausnahmefall und vielleicht bist du ja auch gar kein Kunde der Deutschen Telekom. Doch leider ist die ganze deutsche Wirtschaft mit über 3 Billionen Euro verschuldet. Entsprechend werden die Zinsen für diese Schulden auf die Preise umgelegt. Wir alle zahlen die Schulden, die die Unternehmen haben und die Zinsen, die sie darauf zahlen müssen.
      Und wir alle sind Zins-Verlierer, so lange wir nicht mindestens ebensoviele Zinsen auf unser Vermögen bei der Bank erhalten, wie wir auf diesem unsichtbaren Wege bezahlen.

      Wie viel Geld müssen wir also besitzen, um kein Zins-Verlierer zu sein? Dazu müssen wir erstmal wissen, wie viele Zinsen tatsächlich in den Preisen stecken. Helmut Creutz hat sich hierzu Gedanken gemacht und kommt auf einen durchschnittlichen Zinsanteil von 30%-40%. UNGLAUBLICH?

      Ein weiteres Beispiel soll zeigen, daß diese Zahlen durchaus real sind. Nehmen wir uns die Miete vor. Jemand kauft eine Wohnung um sie zu vermieten. Im Internet gibt es viele Immobilienbörsen, du kannst dir also bei Gelegenheit ein Bild machen, was Wohnungen so kosten. Wir rechnen hier einfach mal mit 150.000 Euro. Wenn jemand soviel Geld übrig hat, so hat er 2 Möglichkeiten: Entweder bringt er es zur Bank und kassiert Zinsen oder er kauft dafür etwas, was ihm Gewinn abwirft. Aber er wäre dumm, wenn das, was er kauft, nicht mindestens ebenso viel abwirft, wie die risikoarme Geldanlage auf der Bank. Wenn er also auf der Bank 5% Zinsen erhalten würde, so muß seine Investition ebenso mindestens 5% abwerfen - als Zinsersatz sozusagen.

      Wenn du also 150.000 Euro übrig hättest und dafür eine Wohnung zum Vermieten kaufen willst, so muß diese Miete für deine Investition mindestens 5% Zinsen abwerfen - sonst hast du das mit dem Kapitalismus noch nicht richtig verstanden. 5% auf 150.000 Euro sind 7.500 Euro - im Jahr versteht sich. Diese Geld kommt natürlich vom Mieter, der über die Miete diesen Zins bezahlt. Mieten werden meist monatlich bezahlt, also teilen wir die 7.500 Euro durch 12 Monate und kommen auf 625 Euro pro Monat. ZINSKOSTEN. Natürlich bekommt man für 150.000 Euro eine recht schicke und große Wohnung und die kostet bestimmt mehr als 625 Euro Miete, aber selbst wenn sie "nur" 800 Euro kostet, so entsprechen die 625 Euro einem Zinsanteil von fast 80%!
      Circa 80% unserer Miete, die die vielen Millionen Mieter nicht nur in Deutschland sondern weltweit zahlen, sind Zinsen. Und sie fließen denen zu, die eigentlich schon genug haben. Wer jetzt sagt "das ist doch unrealistisch, das kann man doch nicht so rechnen", der sei erneut gefragt: Würdest du dein Geld in eine Investition stecken, die weniger abwirft, als du auf der Bank bekommst?

      Das "klitzekleine Problem" genannt Zins, entwickelt sich also zu einem recht großen Problem, wenn man sich die Sache mal genauer anschaut. Es sorgt dafür, daß all jene indirekt über die Preise für Produkte oder Dienstleistungen (die Miete einer Wohnung ist in dem Fall eher eine Dienstleistung) mehr bezahlen, als sie bekommen, wenn sie nicht einige hunderttausend Euro zinsbringend angelegt haben - sei es auf der Bank oder als "Investition". Über 80% der Deutschen dürften somit Zinsverlierer sein.

      Hast du gedacht, die Geschichte ist damit zuende? Denk nochmal!
      Avatar
      schrieb am 29.06.03 02:01:03
      Beitrag Nr. 3.291 ()
      Fortsetzung

      Es ist also so, daß die meisten Menschen viel mehr Zinsen zahlen, als sie bekommen - auch wenn sie gar keine Schulden haben. Wie sagt man so schön: "Geld ist doch nie weg, es hat nur jemand anders". Wenn die einen zuviel zahlen, müssen die anderen zuviel kriegen. Wer kriegt also die ganzen Zinsen, die der Großteil der Bevölkerung zahlt? Natürlich der andere Teil der Bevölkerung, der kleinere. Die Leute, die schon genug haben. Denn nur WEIL sie genug haben kriegen sie eben mehr Zinsen als die, die nicht genug haben. Oder kurz zusammengefaßt: Die Reichen werden reicher, die Armen werden ärmer. Daß wir alle ärmer werden sehen wir z.B. daran, daß der Staat die Ausgaben für die Bildung kürzt oder die Arbeitslosenhilfe oder die Gesundheitsvorsorge. Der Staat - das sind wir alle, denn es sind unsere Steuern. Und da der Staat inzwischen 20% seiner Einnahmen gleich wieder für Zinsen ausgibt (wohlgemerkt: Direkte Zinsen! Die indirekten, die er selbst über die Preise mitbezahlt von dem, was er von Firmen einkauft, sind da noch gar nicht mitgerechnet!) - also da der Staat so viel für Zinsen an die ausgibt, die schon genug haben, muß also weniger für die bleiben, die es gebrauchen könnten. Und die, die schon genug haben, investieren ihr neues Geld natürlich wieder. Sie bringen es zur Bank oder sie stecken es in die Wirtschaft - wo es aber, wie am Beispiel der Wohnung gezeigt, mindestens soviel abwerfen muß wie auf der Bank. Und das Geld, was sie dann als Zinsen kriegen, stecken sie wieder in die Wirtschaft oder bringen es zur Bank und so weiter und so fort. Sie werden also reicher und reicher und ihr Reichtum wächst exponentiell.

      Es gibt mehrere Arten von Wachstum. Das menschliche Gehirn meint meistens lineares Wachstum, wenn es von Wachstum redet und das sieht ungefähr so aus, daß man jedes mal die gleiche Summe dazubekommt, also z.B. jedes Jahr 50.000 Euro. Aber durch den Zinseszins, den man dadurch bekommt, daß man die erhaltenen Zinsen wieder investiert und somit Zinsen auf Zinsen erhält, wächst der Reichtum exponentiell. Wenn wir also Millionär wären, würden wir im ersten Jahr 5% auf eine Million, also 50.000 Euro erhalten, im Jahr darauf erhalten wir aber 5% auf 1.050.000 Euro, also 52.500 Euro. Im Dritten Jahr erhalten wir also 5% auf 1.102.500 Euro, also schon 55.125 Euro. Und so geht das weiter, wobei die Zinsen nicht konstant bleiben, sondern immer mehr werden. Und je mehr es werden, umso mehr werden sie. Exponentielles Wachstum eben. Es beschleunigt sich immer mehr, je weiter es fortgeschritten ist.
      Das bedeutet aber nichts weiter, als daß die Reichen immer schneller noch reicher werden - und wir auf der anderen Seite immer schneller noch mehr zahlen müssen.

      Geld wandert Dank Zins und Zinseszins also immer dahin, wo schon genug davon rumliegt. Und es wird immer stärker von denen genommen, die schon sehr wenig haben. Wundert es uns da noch, daß es auf der einen Seite trotz "Wirtschaftskrise" immer mehr Millionäre gibt und auf der anderen Seite die Sozialsysteme immer mehr leiden müssen?

      Die Wirtschaft fordert heute von uns, wir sollen länger arbeiten, weil da ja "diese Krise" ist. "Diese Krise" heißt aber nichts weiter, als daß wir "nur" genausoviel produzieren wie im letzten Jahr. Unsere Wirtschaft wächst nicht mehr, das bedeutet aber, daß wir alle zusammen eigentlich nicht weniger haben, sondern eben nur das gleiche. In Zahlen ausgedrückt: Die Deutschen produzieren Güter und Dienstleistungen im Wert von 24.000 Euro pro Kopf im Jahr. "Pro Kopf" heißt hier aber vom Säugling bis zum Rentner!

      Es entstehen 2 Fragen:
      1. Wie soll die Wirtschaft wachsen, wenn durch Lohnsenkungen (länger arbeiten bei gleichem Lohn ist nichts anderes als eine Lohnsenkung!) die Leute für ihren Lohn immer weniger kaufen können?
      2. Warum soll unsere Wirtschaft eigentlich noch wachsen, wo wir doch 24.000 Euro pro Kopf haben. Offenbar ist das Land doch reich genug, es wird durch Zins und Zinseszins nur falsch verteilt: Die Reichen kriegen noch mehr, die Armen immer weniger.



      Die ganzen Güter und Dienstleistungen, die die Menschen produzieren, werden zusammengerechnet und dann wird geteilt: Die Arbeiter kriegen den Lohn für ihre Arbeit, nennen wir das Arbeitseinkommen. Die Leute, die das Geld für die Investitionen zur Verfügung gestellt haben, kriegen den Lohn für ihr Kapital: Die Kapitaleinkommen. Belohnung für Geld ist aber nichts anderes als Zins. Ob man nun Wohnungen kauft oder Maschinen - das Geld muß mindestens soviel abwerfen wie es das durch Zinsen auf der Bank täte. Nun haben wir aber festgestellt, daß der Reichtum der Reichen exponentiell wächst. Also wachsen auch die Kapitaleinkommen exponentiell.
      In unserer "Wirtschaftskrise" produzieren wir aber nur genausoviel wie im Jahr davor. Also dürften wir das, was wir haben, nur wieder genauso aufteilen wie im Jahr davor: In Arbeitseinkommen und Kapitaleinkommen. Aber die Kapitaleinkommen, also die Entlohnung für die Bereitstellung für Geld bzw. Kapital, wachsen dank Zins und Zinseszins immer weiter, niemand hat diese Automatik abgestellt. Wenn die Kapitaleinkommen also weiter wachsen und die Gesamtwirtschaft tut es nicht, müssen die Arbeitseinkommen, also die Entlohnung für echte Arbeit, also kleiner werden. Und damit das nicht passiert, muß unsere Wirtschaft wachsen, wachsen, wachsen. Sie unterliegt einem Wachstumszwang, wenn nicht breite Teile der Bevölkerung weniger haben sollen als im Jahr zuvor. Doch dieses exponentielle Wirtschaftswachstum kann nicht in alle Ewigkeit funktionieren, weil unsere Erde ist auch nicht unendlich groß, woher sollen also all die Rohstoffe kommen und wer soll den ganzen Mist kaufen? Und manchmal, so wie in der jetzigen Wirtschaftskrise, wächst unsere Wirtschaft einfach nicht mehr - und wir produzieren "nur" das gleiche wie wir schon letztes Jahr produziert haben.
      Und das ist der Grund, weshalb wir unsere Sozialsysteme demontieren, länger arbeiten sollen, weniger Feiertage haben sollen, uns privat krankenversichern sollen, Lohneinbußen angedroht werden und so weiter und so fort.

      "Das kann doch gar nicht sein, so einfach ist das doch alles gar nicht" höre ich schon einige Leser schreien. Ach ja? Wenn ein Mensch jedes Jahr dasselbe produziert, geht es ihm dann jedes Jahr schlechter als im Jahr zuvor? Wenn eine Gruppe an Menschen jedes Jahr dasselbe produziert, geht es der Gruppe dann jedes Jahr schlechter als im Jahr zuvor? Unsere Wirtschaft ist eine sehr große Gruppe an Menschen und wir produzieren jedes Jahr dasselbe wie im Jahr zuvor - nein, eigentlich produzieren wir seit Jahren und Jahrzehnten immer etwas mehr als zuvor - und jetzt soll es uns plötzlich einfach so schlechter gehen? Das passiert nur dann, wenn innerhalb der Gruppe an Menschen eine Teilgruppe mehr bekommt und die andere entsprechend weniger.
      Und genauso ist es in unserem Wirtschaftssystem: Dank Zins und Zinseszins bekommen all jene immer mehr, die schon sehr viel haben. Und bezahlen müssen das die ganzen anderen.

      Doch Schluß mit dem Jammern!
      Wenn ein Auto nicht mehr funktioniert, schaut man, woran es liegt und behebt das Problem. Wenn ein Computer nicht mehr funktioniert, installiert man im schlimmsten Fall das Betriebssystem neu. Das wichtigste, um ein Problem zu beheben, ist zu wissen, wo die Ursachen für das Problem liegen. Die Umverteilung von Arm zu Reich, immer wiederkehrende Wirtschaftskrisen, der Wachstumszwang unserer Volkswirtschaft - das alles sind indirekte Auswirkungen des Zinses - so klein dieser Zins auch sein mag. Wenn man es schafft, den Zins "wegzumachen", dann würden all diese Auswirkungen aufhören.


      Im islamischen Raum gilt es noch heute und im christlichen existierte es sehr lange: Das Zinsverbot. Gläubigen war es verboten, Zins zu nehmen - man könnte meinen, die Kirchen wußten um die Gefahren, die vom Zins ausgehen. Doch den Zins einfach zu verbieten funktioniert nicht, denn dann würde niemand mehr Geld verborgen. Firmen, die kurzzeitig Zahlungsschwierigkeiten haben, würden Pleite gehen, obwohl ein kleiner Kredit ihnen über die kurze Krise hinweghelfen würde. Großprojekte, wie Kraftwerke oder Hochhäuser würden nicht finanziert werden können, weil dafür immer das Geld vieler Leute nötig ist. Ein Zinsverbot funktioniert also nicht.

      Doch bereits Anfang des 20. Jahrhunderts hat sich ein Mann namens Silvio Gesell Gedanken zu dem Thema gemacht und eine relativ einfache Lösung gefunden. Sie ist schon fast so einfach, daß die meisten Menschen sagen "wenn es so einfach wäre, wäre sicher schonmal jemand drauf gekommen". Klar, Silvio Gesell ist drauf gekommen. Leider werden seine Theorien derzeit weder an Unis gelehrt oder auch nur diskutiert noch finden sie in der Politik oder in der Wirtschaft groß Beachtung - und das, obwohl einer der "großen Ökonomen", John Maynard Keynes, meinte, die Welt könne von "Silvio Gesell tausend mal mehr lernen als von Karl Marx".

      Silvio Gesell schlug vor, Geldbesitzer müssen "Lagerkosten" auf ihr Geld bezahlen, wenn sie es nicht ausgeben. Realisiert werden soll das, indem man z.B. einmal monatlich eine Marke kaufen muß und diese als "Entwertungsnachweis" auf den Geldschein kleben muß. Die Marke kostet z.B. 0,5% des Geldschein-Wertes, also bei einem 10-Euro-Schein kostet sie 5 Cent. Bei einem 100-Euro-Schein 50 Cent. Erst wenn diese Marke draufklebt, hat der Schein seinen vollen Wert.

      Was würde passieren? Jeder, der Geld hat, wäre bemüht, es vor dem Monatsende auszugeben. Da wir alle den Großteil unseres Geldes für Miete und essen und Kino usw. ausgeben, sind wir den Großteil unseres Geldes sowieso los. Den Rest sparen wir meist - gegen Zins auf der Bank. Doch wenn es plötzlich Geld kosten würde, wenn wir unser Geld zuhause horten, so würden wir es zur Bank bringen mit den Worten: "Ich will nichtmal Zins, ich will nur genau dieselbe Summe zurück, die ich einzahle". Jeder würde also, um der Gebühr zu entgehen, Kredite für 0% vergeben. Der Zins wäre also nicht "weg", er wäre auf 0% gesunken.

      "Da kann ich ja nichts mehr sparen" ist der ablehnende Ausruf derjenigen, die meinen, gute Ideen mit einer Sekunde Nachdenken über den Haufen werfen zu können. Wenn du 1000 Euro zur Bank bringst, und du kriegst in 10 Jahren 1000 Euro wieder, kannst du wohl etwas sparen. "Aber dann komme ich ja schlechter weg, weil ich keine Zinsen mehr kriege": Nein, du kriegst auf deine paar Kröten keine Zinsen mehr, aber du mußt auch auf die ganzen Sachen, die du kaufst, keine Zinsen mehr bezahlen! Dein Vermieter steht plötzlich vor der Wahl, 150.000 Euro zu einem Null-Zins auf die Bank zu bringen oder sie zu einem Null-Zins plus ein bißchen in deine Wohnung zu stecken. Wieviel Zinsen würdest du also allein in deiner Miete sparen? Wenn man Helmut Creutz` Berechnungen nimmt, hätte der Großteil der Menschen plötzlich 30% mehr Geld in der Tasche - Geld, welches nicht mehr automatisch zu den Reichen fließt, sondern bei den Menschen verbleibt, die es brauchen können und die es erarbeitet haben.

      Es gibt sicherlich für den einen oder anderen Denker hier noch einige Problempunkte, die auftauchen ("das muß dann aber weltweit passieren" oder "wie läuft das denn mit Bankkonten, auf die kann ich schlecht Marken kleben") - doch die einfachsten dieser Probleme sind längst von vielen Menschen durchdacht worden - und für lösbar befunden worden. Denn Fakt ist: Der Zins sorgt für eine riesige Umverteilungsmaschine vom Arm zu Reich und man sollte sich nicht von auftauchenden Problemen abhalten lassen. Denn für die meisten Probleme gibt es entweder eine Antwort bzw. Erklärung oder eine Lösung.
      Allein die Aussicht sollte Optimismus verbreiten: Jeder arbeitende Mensch hat 30% mehr in der Tasche... lohnt es dafür nicht, sich ein bißchen mit dieser Idee zu befassen?


      Freiwirtschaft.de
      Geldreform.net
      Systemfehler.de
      Geldreform.de
      INWO

      Ein erklärender Zusatz mit offenen Worten: Man sollte verstehen, was die obigen Informationen bedeuten. Sie bedeuten, daß 90% der Bevölkerung 30-40% ihre Lebensarbeitszeit damit verbringen, die übrigen 10% der Bevölkerung (die Reichen!) noch reicher zu machen. Sie bedeuten, daß wir Teil eines riesigen Umverteilunssystems sind, ja man kann von Sklaverei sprechen, denn wir können uns nicht aussuchen, ob wir an diesem Spiel teilnehmen wollen oder nicht. Wir sind Teil der Wirtschaft, also zahlen wir Zinsen. Und da wir (also die 90% der Bevölkerung) dafür arbeiten müssen, leben wir eine sehr lange Zeit für den Reichtum von Menschen, denen wir nie begegnen werden, weil sie genug Geld haben, sich mit Sicherheitsfirmen von uns abschotten zu lassen.
      Es bedeutet weiterhin, daß sämtliche Diskussionen in der Politik, wer wo wieviel einzusparen hat, sei es bei Bildung, Arbeitslosigkeit, Sozialausgaben, Krankenversicherung usw. nur der vergebliche Versuch ist, dem exponentiellen Wachstum der Geldvermögen gegenzusteuern. Aber das geht nicht, denn je größer die Vermögen werden, umso mehr Kraft haben sie, weiteres Vermögen anzuziehen. Man fragt sich manchmal, ob die Politik nicht nur die Show ist, die uns davon ablenken soll, selbst nachzudenken oder ob die Politiker wirklich so blind sind.
      Es bedeutet aber auch, daß eines Tages - wenn nichts Bedeutsames dazwischenkommt, was wir aber stark hoffen sollten - einer Person ALLES gehört.
      PS: Und die bis hierher genannten Überlegungen sind nur die Spitze des Eisbergs! Der "kleine, süße Zins" ist nur der rote Faden, der in die tiefsten Tiefen des Kaninchenbaus führt, vorbei an Wirtschaftskrisen, Arbeitslosigkeit, Inflation, Umweltzerstörung und Krieg. Unglaublich, aber leider wahr...

      Hier geht es zum kompletten Text mit Druckmöglichkeit. Weitergabe ausdrücklich erwünscht!
      http://www.killerzins.de/teil6.php
      Avatar
      schrieb am 29.06.03 02:35:08
      Beitrag Nr. 3.292 ()
      http://www.manager-magazin.de/koepfe/reichste/0,2828,239900,…

      man beachte die Nr.230
      dann wird man feststellen, auf welcher Seite der Herr steht.
      Dann können die meisten Bürger seine Lösungsvorschläge für die Wirtschaftsprolematik getrost vergessen.
      Die sind nämlich nur für die Minderheit in diesem Lande gut und nicht für die Allgemeinheit.

      :rolleyes: :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 29.06.03 02:38:10
      Beitrag Nr. 3.293 ()
      28.06.2003: Gedanken und Hintergründe zu Dieter Hundt, Arbeitgeberpräsident und einer der reichsten Deutschen.

      Journalismus ist etwas, für das Journalisten da sind. Glaubt man.
      Und trotzdem wundert man sich immer wieder, wenn man Geschichten und Geschichtchen hört, die eigentlich skandalös sind, aber niemand aus dem Journalismus-Lager kümmert sich darum. Da glaubt man dann, man liegt falsch oder so wichtig kann es doch nicht sein - wenn sich niemand darum kümmert. Aber vielleicht liegt es auch einfach daran, daß Journalisten auch nur Menschen sind. Und wie du und ich haben sie Interessen. Und somit bleibt zum Schluß vielleicht nur eine Handvoll Menschen mit "Journalismus" als Hauptberuf übrig, die für die "skandalösen Themen" überhaupt in Frage kommen. Dabei häufen sich gerade seit dem 11. September 2001 die kleinen Nachrichten, veröffentlich in Weblogs oder in Internet-Foren, bei denen "Menschen wie du und ich" ihre Gedanken äußern, Zusammenhänge herstellen und erklären.

      Eine eMail ist gekommen. Nur ein paar Kommentare und ein paar Links:
      --------------------------------------------------------------------------------
      eben ist mir beim surfen was aufgefallen ...

      In der Liste der 500 Superreichen in Deutschland ist auf Platz 230 ein gewisser Dieter Hundt (Allgaier-Werke, Autozulieferer) mit einem Vermögen von ca. 0,2-0,3 Milliarden Euro. http://www.manager-magazin.de/koepfe/reichste/0,2828,239900,…

      2003.05.30 - Hundt plädiert für Aussetzung der Rentenerhöhung
      http://www.handelsblatt.com/hbiwwwangebot/fn/relhbi/sfn/buil…

      2003.06.06 - Zwei Azubis zum Preis von einem
      http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,251918,00.html

      2003.06.09 - Hundt will kürzeres Arbeitslosengeld für alle
      http://www.netzeitung.de/servlets/page?section=4&item=242866

      http://www.dradio.de/cgi-bin/es/neu-interview/2738.html
      http://www.stuttgarter-nachrichten.de/stn/page/detail.php/22…
      http://www.uni-stuttgart.de/aktuelles/presse/1998/22.html
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      Skepsis. "Dieter Hundt", so heißt doch bestimmt nicht nur eine Person in Deutschland. Also weitergegoogled:
      Oh, Dieter Hundt erhält den Merkur-Preis der IHK Stuttgart. Gratulation! Mit dieser höchsten Auszeichnung, die die IHK Region Stuttgart vergibt, soll der Unternehmer für sein außergewöhnliches, jahrzehntelanges und vielfältiges Engagement für Wirtschaft und Gesellschaft ausgezeichnet werden. Der geschäftsführende Gesellschafter der Allgaier Werke GmbH in Uhingen, Landkreis Göppingen, und Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände ist seit 1981 Mitglied der Vollversammlung der IHK Region Stuttgart.
      "Geschäftsführender Gesellschafter", also gleichzeitig Geschäftsführer und zumindest Teilbesitzer, also mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit DER Dieter Hundt, der laut Manager-Magazin mit 200 bis 300 Millionen Euro zu den reichsten Deutschen gehört. Soso, den Merkur-Preis für "vielfältiges Engagement für Wirtschaft und Gesellschaft". Wirtschaft ist ja noch nachvollziehbar. Aber Gesellschaft? Welche Gesellschaft? Der Gesellschaft seiner Geschäftsfreunde und Wirtschaftspartner? Immerhin hat der Mann durch seine vielfältigen Positionen ja Super-Kontakte.

      Und einer der reichsten Deutschen fordert also ein kürzeres Arbeitslosengeld für alle? 2 Azubis zum Preis von einem? Die Aussetzung der Rentenerhöhung? Ist das nicht so, als würde die Schlange dem Kaninchen erzählen, wie es sich zum Fressen am liebsten zurecht zu machen hätte?

      Liebe Berufs-Journalisten. Im Namen all jener, denen der nette Herr Hundt mit seinem Forderungen einen Bären aufbinden will: Solltet ihr - anstatt die Schwangerschaft irgendwelcher Promis zu beleuchten - nicht mal in dieser Wunde stochern? Schließlich dürfte es ganz offensichtlich nicht im Ermessen eines Multi-Millionärs liegen, beurteilen zu können, wie Azubis mit halbem Lohn zurechtkommen und wie Arbeitslose mit kürzerem Arbeitslosengeld zurechtkommen sollen.

      Liebe Hobby-Journalisten. Es gibt bestimmt ein paar mehr interessante Zusammenhänge auszubuddeln. Grabt!

      Liebe Mitmenschen. Laßt uns aufpassen, daß wir nicht den Bock zum Gärtner machen. Nicht selten plappern wir alle gern das nach, was irgendwo mal in der Zeitung steht ohne drauf zu achten, WER aus welchen HinterGRÜNDEN WAS gesagt hat.

      Lieber Herr Hundt: Dürften wir Sie bitten, Ihre Einkommensverhältnisse offen zu legen, damit wir - das dumme Volk - auch wissen, wie schlecht es Ihnen geht? Wir spenden auch...
      Auf der Website ihrer Firma findet man leider keine interessanten Zahlen und Infos, da muß man schon weitersuchen:
      2002 hat Ihre Firma einen Umsatz von 211 Mio Euro gemacht, das sind nur 7,4% mehr als in 2001.
      Sitzen Sie eigentlich immer noch im Aufsichtsrat der DaimlerChrysler-Tochter EvoBus? Es muß doch grandios sein, als Automobilzulieferer im Aufsichtsrat einer Firma zu sitzen, die mit Automobilzulieferern Geschäfte macht, oder?

      Ich höre jetzt lieber auf, weiterzugraben. Wenn ich genauer darüber nachdenken, daß ausgerechnet Sie mit dem Kanzler der Republik, Schröder, speisen und diskutieren und danach warnen, man möge Schröders Agenda 2010 nicht verwässern, die Agenda 2010, von der manche meinen, sie sei der Anfang vom Ausverkauf des Sozialstaates, dann wird mir langsam übel...

      http://www.feldpolitik.de/texte/dieter-hundt.php
      Avatar
      schrieb am 29.06.03 02:47:36
      Beitrag Nr. 3.294 ()
      Fakten gegen Legenden

      Zu den ökonomischen Hintergründen der »Agenda 2010« (Teil II)


      Die »Agenda 2010« dient auch dem erklärten Ziel, die sogenannten Lohnnebenkosten zu senken. Mit der Begrenzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengelds sollen die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gesenkt, mit der Ausgliederung des Krankengelds die Beiträge zur Krankenversicherung gesenkt werden. Die Begründung ist rasch zur Hand: Die demographische Entwicklung erfordere das. Die heutigen Sozialsysteme seien nicht mehr finanzierbar.


      Demographie statt Ökonomie

      Beispiel Rentenversicherung. Vor allem die Arbeiterrentenversicherung ist seit 1993 in der Krise, weil die Industrie immer weniger ArbeiterInnen einstellt und immer mehr in Rente schickt. Deswegen wurde der Rahmen der Sozialversicherung zu eng, nicht wegen der sinkenden Geburtenrate und der Alterung der Bevölkerung. Die männlichen Arbeiter wurden seit 1993 auch gar nicht älter, sondern sie sterben früher. Die Angestellten dagegen werden älter, aber in der Angestelltenversicherung gibt es keine solche Krise wie in der Arbeiterrentenversicherung.

      Die Krise der Rentenversicherung ist keine Folge der demographischen Entwicklung, sondern der Tatsache, daß das Kapital immer weniger Menschen braucht und denen, die es noch braucht, die Löhne kürzt. Das erschüttert die Einnahmen der Sozialversicherung und erhöht ihre Ausgaben.

      Wenn die demographische Entwicklung die Ursache wäre, folgt daraus, daß die Kinderlosen schuld sind und deshalb zur Kasse gebeten werden müssen. Das ist Quatsch. Denn vor allem die Arbeiter, die Kinder in die Welt setzen, sehen ihre Kinder mehr und mehr vor verschlossenen Werkstoren stehen. Das Kapital braucht gar nicht so viele Kinder. Sie sind ihm lästig.

      Immer weniger Arbeitende ernähren immer mehr Rentner. Ja und? Immer weniger Landwirte ernähren immer mehr Menschen. Die steigende Produktivität macht es möglich. Immer weniger Arbeiter ernähren immer mehr Wasserköpfe, Verwaltungen, Vorstände, Politiker und sogenannte Dienstleister. Das geht doch auch. Daß Menschen immer älter werden, ist ein Fortschritt. Er kann aus dem Reichtum finanziert werden, der durch die höhere Produktivität erwirtschaftet wird. Aber auf dem sitzt das Kapital.

      Falsche Information über die Ursachen werden verbreitet, um die Bereitschaft zu erzeugen, die Kürzungen zu billigen bzw. den Hebel bei den Falschen, d.h. bei sich selbst oder den Kinderlosen, anzusetzen. Die Krise der Rentenversicherung kann dadurch angegangen werden, daß die finanzielle Grundlage der Rentenversicherung verbreitert wird. Eine einheitliche Rentenversicherung für alle ist das Gebot der Stunde, nicht die wachsende Zersplitterung und Privatisierung der Sozialversicherung.

      Die Kürzung der Renten hat nicht den Zweck, die demographische Entwicklung aufzufangen. Sondern es geht darum: a) den Boden für private Versicherungen zu verbessern. b) vor allem die Beiträge zu senken, um Gewinne zu steigern. Jeder Prozentpunkt geringerer Arbeitgeberbeiträge bringt zusätzliche Profite in Höhe von 7,5 Milliarden Euro. Es ist das Kapital selbst, das die Krise der Sozialversicherung erzeugt. Das soll vertuscht werden.

      Die Senkung der Lohn»neben«kosten bedeutet die Senkung von Renten, Gesundheitsleistungen und Arbeitslosenunterstützungen. Wenn von einer Senkung der Lohnnebenkosten die Rede ist, wie auch beim DGB, ist immer zu fragen, wer dann für die entsprechenden Leistungen aufkommt. Wenn die »versicherungsfremden Leistungen« – z.B. die Familienversicherung in der Krankenversicherung – aus der Sozialversicherung herausgenommen und vom Staat bezahlt werden, dann ist die Frage, woher sich der Staat das Geld für diese Ausgaben holt. Bei allen staatlichen Sozialleistungen, wie Arbeitslosenhilfe, Sozialhilfe, hören wir doch seit Jahren, daß die Finanzen des Staates überfordert werden.


      810 000 Euro

      Die Krise der Staatsfinanzen zwingt zu Einsparungen. Die Streichung der Arbeitslosenhilfe bringt sechs Milliarden Euro. Das soll Wachstumskräfte freisetzen. Schauen wir uns die Staatsfinanzen näher an. Die Gewinnsteuern (Körperschaftsteuer, veranlagte Einkommensteuer und Gewerbesteuer) fielen vor allem aufgrund der Steuerreform von 2000 auf 2001 um über 30 Milliarden Euro. Das riß gewaltige Löcher in die Haushalte. Die Steuerreform wurde jedoch als der »erste Schritt« zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit bezeichnet (Schröder in seiner Regierungserklärung 1998). Jahre später, obwohl die Steuerreform keine Steigerung der Investitionen gebracht hat, hören wir das gleiche vom Arbeitgeberpräsidenten Dieter Hundt: »Das beste Investitionsförderprogramm sind Steuersenkungen auf breiter Basis.« Und weil die Herren aus »der Wirtschaft« ja Bescheid wissen, schwatzt es auch ein Außenminister nach: »Wir haben an erster Stelle in diesem Land ein Investitionsproblem. Dem muß die Steuerpolitik gerecht werden.« (Frankfurter Rundschau, 7.5.2003) Die Gewinnsteuern zu senken, um Investitionen zu fördern – das ist Propaganda vom gleichen Kaliber wie die Lüge, daß die USA in den Irak einmarschieren mußten, um Massenvernichtungswaffen zu zerstören. Letztere waren genauso wenig da, wie die Investitionen gekommen sind. Hundt verlangt die Subventionierung der Profite auf Kosten der ganzen Gesellschaft. Alle sollen zahlen, damit sich die Taschen von wenigen füllen.

      Das Kapital hat Dutzende Milliarden Euro bekommen, angeblich, damit es mehr investiert und Arbeitsplätze schafft. Nichts davon ist geschehen. Mit Beginn der Steuerreform 2001 halbierten die Kapitalgesellschaften ihre Investitionen. 2001 gab es offiziell gerade mal 37000 Arbeitslose weniger als 2000. 37000 Arbeitslose weniger für 30 Milliarden Euro Gewinnsteuererlaß! Für schlappe 810000 Euro gab es jeweils einen Arbeitslosen weniger! Man sieht, wieviel die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit der Regierung und dem Kapital wert ist.

      2002 stieg trotz der Milliardensubventionen die Zahl der Arbeitslosen, und die Zahl der Arbeitsplätze sank. Die Investitionen fielen weiter. Am Ende wurden 50 bis 60 Milliarden Euro den Unternehmen als Steuergeschenk, gegeben, und als »Gegenleistung« gab es 400000 Arbeitslose mehr und 900000 Erwerbstätige weniger. Die Steuerreform war kein »erster Schritt« zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, sie war überhaupt kein Schritt zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Sie diente ausschließlich der Sanierung der Unternehmensbilanzen. Sozialhilfebezieher, die ein paar tausend Euro im Jahr bekommen, »ohne etwas dafür leisten zu wollen«, werden als Schmarotzer bezeichnet. Wie bezeichnet man das Kapital, das Milliarden Euro abgreift, ohne etwas dafür »leisten« zu wollen?

      Die Bundesregierung plant schon weitere Steuersenkungen. Sie will den Spitzensteuersatz der Einkommensteuer senken. Das allein bringt den Reichen sechs Milliarden Euro aufs Konto. Die Arbeitslosenhilfebezieher sollen sie aufbringen, damit z.B. die Vorstände der Aktiengesellschaften endlich in die Nähe des »gerechten« Einkommens kommen, das sie – verglichen mit den USA – eigentlich »verdienten«. Deshalb hält es SPD-Generalsekretär Olaf Scholz auch für »absurd«, die Vermögensteuer für die Reichen wiedereinzuführen. Obwohl hier 14,9 Milliarden Euro zu holen wären (bei einem Steuersatz von nur einem Prozent) Er hält es jedoch nicht für absurd, das Vermögen der Arbeitslosenhilfebezieher »anzurechnen«. Und zwar nicht mit einem Prozent sondern mit 50 Prozent und mehr. Das ist nicht absurd. Denn es wäre ja wirklich ungerecht, den Reichen etwas zu nehmen, wo sie doch andere so hart für ihren Reichtum haben arbeiten lassen. Leistung – in diesem Sinne – muß sich doch lohnen.


      Zweck von Investitionen

      Wenn Arbeitslose Geld bekommen, wird ständig gefragt, wie hoch die Wiedereingliederungsquote in den ersten Arbeitsmarkt ist. Ist sie zu gering, werden Gelder gestrichen. Arbeitslose werden nach dem Prinzip behandelt. »Keine Leistung ohne Gegenleistung«. Für sich selbst erkennt das Kapital das nicht an. Es bezieht Milliarden an Leistungen ohne eine einzige Gegenleistung. Und niemand fragt nach, wo die Milliarden geblieben sind, die das Kapital abkassiert hat. Es gibt keine Evaluation und kein Controlling. Die Milliarden wurden verwandt, um sie an Aktionäre auszuschütten, um Finanzanlagen im Ausland zu kaufen und andere Firmen zu übernehmen und damit noch mehr Arbeitsplätze wegzurationalisieren. Neueinstellungen? Von 1970 bis 2000 wurden von den Unternehmen in produzierendem Gewerbe, Handel und Verkehr in Westdeutschland fast 5000 Milliarden DM investiert. Bevor diese 5000 Milliarden investiert wurden, gab es fast keine Arbeitslosen. Danach aber betrug ihre Zahl 2,5 Millionen. Arbeitslosigkeit ist unter der Regie des Kapitals das Produkt von Investitionen. Sie machen es möglich, daß immer weniger Arbeiter immer mehr Waren herstellen und von daher die Nachfrage nach Arbeitskraft sinkt.

      Es gibt keinen Kapitalmangel. Und es gibt für das Kapital keinen Mangel an Investitionen, sondern gewaltige Überkapazitäten, die durch die bisherigen Investitionen aufgetürmt wurden. Die Senkung der Investitionen ist gerade ein Mittel, um gesunkene Renditen wieder anzuheben. Die Investitionsquote nimmt seit den 70er Jahren ab. Der Reichtum, der erzeugt wurde, fließt relativ immer weniger in produktive Investitionen und immer mehr in Finanzanlagen. Von 1991 bis 2000 wuchs das Kapital in Finanzanlagen von 7821 Milliarden DM auf 20880 Milliarden DM (Nebensache Mensch, Seite 242) oder um 12000 Milliarden DM. Das Sachanlagevermögen (ohne Wohnungsbau) wuchs nur um 1800 Milliarden DM auf 4500 Milliarden DM.

      Der Kapitalüberschuß fließt überwiegend in Kredite, den Kauf von Wertpapieren oder in Aktien, d.h. in Firmenübernahmen, Käufe von Beteiligungen oder Spekulation sowie in Luxuskonsum. Der Kapitalüberschuß war die Grundlage der Aktienhysterie und des Börsencrash’, der folgte. Er ist die Grundlage der ungeheuer gestiegenen Verschuldung des Staates, der Unternehmen und der Konsumenten. Er lähmt immer mehr die produktiven Investitionen, statt sie zu fördern. Das Kapital selbst ist die Schranke der Investitionen, nicht ein angeblich durch LohnarbeiterInnen, d.h. durch Sozialausgaben und überhöhte Löhne, verursachter Kapitalmangel. Es ist gerade die steigende Produktivität und der gestiegene Reichtum, die unter der Regie des Kapitals zur Bedrohung werden. Und je widersinniger die Folgen dieser Logik sind, desto aggressiver müssen die Beschäftigten dafür verantwortlich gemacht werden. Denn nur auf ihre Kosten können die Profitraten wieder angehoben werden, die den einzigen Lebenszweck des Kapitals darstellen.


      Ein Angriff auf Menschen

      Die »Agenda 2010« wird massiv kritisiert. Sie sei ein Angriff auf den Sozialstaat. Diese Kritik bleibt aber an der Oberfläche. Die »Agenda 2010« ist in erster Linie ein Angriff auf die Arbeiter, also auf Menschen, nicht auf den Staat. Sie ist auch kein Angriff auf die deutsche Wirtschaft. Zweifellos senkt die Kürzung von Arbeitslosenunterstützung die Binnennachfrage. Insoweit erzeugt das mehr Arbeitslose. Aber die Unternehmen haben kein Interesse daran, daß der Staat Arbeitslosen Geld gibt, damit diese Waren kaufen können und den Umsatz der Unternehmen erhöhen. Die Ursache der gegenwärtigen Krise ist nicht zu geringe Nachfrage, auch wenn sich der »SPD-Rebell« Ottmar Schreiner damit als besserer Sachwalter für das Kapital empfiehlt: »Ursache für die ökonomischen Probleme ist zuallererst die schwache Nachfrage auf dem Binnenmarkt.« (metall 5/ 2003, 9) Die Krisen entspringen dem Rhythmus der Kapitalverwertung. Immer wieder wird auf der Jagd nach Renditen über die zahlungsfähige Nachfrage hinaus produziert. Und zwar unabhängig davon, wie hoch die Nachfrage ist. Die Profitwirtschaft produziert gesetzmäßig Krisen, in denen die Überkapazitäten vernichtet werden, ebenso wie überschüssiges Kapital vernichtet wird und überschüssige Arbeitskraft stillgelegt wird. Das Kapital hat die Produktivität nicht im Griff. Es reißt ein, was aufgebaut wurde. Die Krisen zeigen eine ungeheuere Ineffizienz, die merkwürdigerweise die Folge einer ungeheueren Effizienz ist. Das Kapital ist nicht der Nachfrage wegen der heimliche Verbündete der Arbeitslosen. Es ist im Gegenteil das Interesse des Kapitals an höheren Profiten, das in seinen Augen die Senkung der Arbeitslosenunterstützung notwendig macht.

      Deshalb ist die »Agenda« schon überholt, wenn sie beschlossen wird. Es gibt keinen Stillstand. Eine nachhaltige Konsolidierung ist möglich, weil das Kapital mit steigender Produktivität die Basis des Lebensstandards der breiten Masse immer mehr untergräbt. Das stürzt die Sozialversicherung und die Staatsfinanzen immer tiefer in die Krise. Alle Therapien zur Senkung von Sozialleistungen und Löhnen, die bisher von den Doktoren des Kapitals und der Bundesregierung angewandt wurden, haben nichts genutzt. Sie hatten ja auch nur den Zweck, die Profite zu erhöhen und dem Fall der Profitraten entgegenzuwirken. Und genau das Ziel der Profitvermehrung als Selbstzweck ist die Ursache der Arbeitslosigkeit. Alle Mittel, die Profite anzuheben, vergrößern die Arbeitslosigkeit tendenziell. Es handelt sich nicht um eine falsche Politik, sondern um die den Interessen des Kapitals entsprechende Politik, also die für das Kapital richtige Politik. Und Lohnsenkungen sind Folge der wachsenden Arbeitslosigkeit, nicht der Weg zu ihrer Verminderung.


      Aktuelle Herausforderungen

      Schröder sagte am 1. Mai: »Wer glaubt, festzuhalten an dem, was althergebracht ist, der verkennt die Herausforderungen.« Genau: Althergebracht ist zu glauben, daß die Probleme dieser Gesellschaft gelöst werden können, wenn man nur den Moloch der Privatinteressen des Kapitals und der Reichen befriedigt. Die Hoffnungen, die sich darauf richten, sind realitätsferne Träumereien. Wir brauchen radikale Reformen:

      – Die Sozialversicherung muß komplett umgebaut werden, nicht zugunsten der Allianz, sondern gegen sie.

      – Die Steuerreform muß rückgängig gemacht werden. Dann wäre wieder Geld in den Staatskassen, um die vom Kapital arbeitslos gemachten LohnarbeiterInnen zu unterstützen, um die Löcher in den Sozialversicherungen zu stopfen, die die vom Kapital erzeugte Arbeitslosigkeit aufreißt oder notwendige öffentliche Investitionen zu tätigen. Nicht die Arbeitslosen sollen für die Vermehrung des Reichtums einiger weniger aufkommen. Sondern die, die ihren Reichtum dadurch erwirtschaften, daß sie Arbeitskräfte arbeitslos machen, sollen für die Arbeitslosen aufkommen. Besitzstände müssen angegriffen werden, vor allem die Besitzstände derer, die lieber Milliarden auf den Finanzmärkten verspekulieren, als dazu beizutragen, daß es überall Ganztagsschulen gibt, daß Kindergärten gebührenfrei sind, daß es genügend billigen Wohnraum gibt.

      – Diejenigen, die alle Reichtümer erzeugen, sollen auch ordentlich leben können. Wir brauchen Mindestlöhne oberhalb der Sozialhilfe, keine Billiglöhne, von denen man seine Miete nicht mehr zahlen kann. Wir brauchen das nicht in erster Linie aus volkswirtschaftlichen Gründen, nicht wegen der Kaufkraft, sondern um der Tendenz entgegenzutreten, daß das Kapital die Löhne immer weiter unter das Existenzminimum senkt.

      – Die Produktivität muß den Arbeitern in Form von Arbeitszeitverkürzung zugute kommen. Die Produktivitätssteigerung der letzten Jahre macht eine drastische Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden möglich. Dadurch könnte die Arbeitslosigkeit erheblich abgemildert werden.

      Wir brauchen eine bundesweite große Demonstration von Hunderttausenden, um dagegenzuhalten, nicht nur ein paar kalkulierte Kleckerproteste. In anderen Ländern gibt es Generalstreiks. Der DGB-Bundesvorstand fällt den Arbeitslosen und damit allen Arbeitern in den Rücken, aus Solidarität mit der Regierung, die von den Parteifreunden gestellt wird, und in sozialpartnerschaftlicher Verbundenheit mit dem Kapital. Ist der DGB überhaupt noch wettbewerbsfähig?

      Das Kapital und seine Vertreter können nicht umdenken und ihre Politik wechseln. Sie können nur Reformen vorschlagen, die der Kapitalverwertung nutzen, sonst keine. Was sie daran hindern kann, ist nur die energische Mobilisierung der Arbeiter und der Arbeitslosen. Je mehr die ihre eigenen Interessen selbst in die Hand nehmen, die Verantwortung für sich selbst übernehmen, desto eher können sie dem Kapital etwas entgegensetzen. Wer sich der Logik dieses Systems unterwirft, kämpft letztlich gegen sich selbst. Wenn man damit Schluß machen will, daß Arbeitslose zum Sündenbock gemacht werden, dann muß man sich damit beschäftigen, wie dieses Wirtschaftssystem, wie die Kapitalverwertung die Probleme erzeugt, die sie ihren Opfern anlastet. Nur dann kann man sich letztlich offensiv verteidigen. Andererseits stellt sich aber auch die Frage, was ein System taugt, in dem die steigende Produktivität, in dem der technische Fortschritt dazu führt, daß sich der Lebensstandard der breiten Mehrheit verringert und ihre Existenzunsicherheit erhöht.

      (Vortrag bei ATTAC Aschaffenburg, 28.05.2003)

      * Literatur: Rainer Roth, Nebensache Mensch. Arbeitslosigkeit in Deutschland. Frankfurt/Main 2003, 608 S., 15 Euro

      http://www.jungewelt.de/2003/06-28/004.php
      Avatar
      schrieb am 29.06.03 02:48:34
      Beitrag Nr. 3.295 ()
      Lohnabbau ohne Grenzen

      Zu den ökonomischen Hintergründen der »Agenda 2010« (Teil I)


      Bundesregierung, Arbeitgeberverbände und Ökonomen geben vor zu wissen, wo die wahren Ursachen der gegenwärtigen Krise und der steigenden Arbeitslosigkeit liegen. Sie liegen bei den Arbeitslosen selbst. Die Arbeitslosenunterstützung ist zu hoch. Deshalb lohne es sich nicht zu arbeiten. 100 Ökonomen um den Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Klaus Zimmermann, befürworten die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe, damit »es sich für die Arbeitnehmer wieder lohnt, eine Arbeit aufzunehmen.« (Financial Times Deutschland, 26.5.2003) Es geht angeblich darum, »Fehlanreize« zu beseitigen. Das Sozialleistungssystem reizt angeblich dazu, arbeitslos zu werden bzw. zu bleiben. Da man die Ursachen an der Wurzel packen muß, setzt die »Agenda 2010« den Hebel dabei an, »Arbeitsanreize« (Gerhard Schröder) für die trägen Arbeitslosen zu schaffen.

      Die vorherrschende Theorie des Kapitals besagt, daß die Arbeitslosigkeit ihre Grundursache in der Höhe des Lohns hat. Arbeitslosigkeit drückt aus, daß die Löhne noch nicht auf das Niveau gefallen sind, zu dem die Käufer der Arbeitskraft bereit sind, die Ware Arbeitskraft zu kaufen. Der »Gleichgewichtslohn« wäre dann der Lohn, zu dem die letzte Arbeitskraft verkauft wäre. Um die Löhne auf dieses angeblich zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit notwendige Hungerniveau abzusenken, müssen alle Hindernisse durch sogenannte »Arbeitsmarktreformen« abgeschafft werden. Also: Je schlechter es einem geht, desto höher wird der Arbeitsanreiz und desto niedriger die Arbeitslosigkeit. Der Anreiz ist dann am höchsten, wenn man gar keine Sozialhilfe mehr bekommt. So wie in den USA. Das ist die zu Ende gedachte Logik. Dummerweise ist aber die Arbeitslosigkeit in den USA mindestens so hoch wie in Deutschland. Wie hoch müßten die Löhne sein, um angeblich Jobs zu schaffen? Prof. Hans-Werner Sinn vom Münchner ifo-Institut spricht davon, daß die niedrigsten Löhne wie in den USA bei etwa 30 Prozent der durchschnittlichen Löhne liegen müßten. Das wären heute hierzulande etwa 870 Euro brutto für Männer und 660 Euro brutto für Frauen.

      Die Experten und Politiker verweisen auf die – offiziell – 400000 offenen Stellen, die von den – offiziell – 4,5 Millionen Arbeitslosen nicht besetzt werden. Sie schließen daraus, daß die Arbeitslosenunterstützung zu hoch ist. Tatsächlich sind offene Stellen im Durchschnitt nur einige Monate offen, bis sie besetzt werden. Und Arbeitslose sind nicht ewig arbeitslos, sondern in Westdeutschland im Durchschnitt sieben Monate. Die Zahl der unbesetzten Stellen ergibt sich aus der Tatsache, daß Arbeitskräfte ihre Arbeitskraft auf einem Arbeitsmarkt verkaufen müssen. Bis hier ein Käufer eine passende Ware findet, braucht es eben seine Zeit. Das gilt für alle anderen Waren auf den Gütermärkten auch.

      Nicht der Umstand, wie eifrig die Verkäufer der Ware Arbeitskraft ihre Ware verkaufen wollen, ist entscheidend. Vielmehr sinkt die Nachfrage nach Arbeitskraft mit steigender Produktivität der Arbeitskräfte. Deshalb erzeugte das Wirtschaftssystem in den letzten 30 Jahren eine Schere zwischen arbeitssuchenden Arbeitskräften und der relativ dazu geringer werdenden Zahl offener Stellen. Von 1991 bis 2000 z.B. ist die Produktivität von IndustriearbeiterInnen um 75 Prozent gestiegen. Das Kapital nutzte dies, um bei steigender Produktion die Zahl der IndustriearbeiterInnen um ein Viertel zu vermindern. Die Arbeitslosenquote von Arbeitern betrug im Jahr 2000 14,2 Prozent, die der Angestellten dagegen 6,4 Prozent. Arbeitslosigkeit ist in erster Linie ein Problem der ArbeiterInnen. Das Kapital braucht eben immer weniger Arbeitskräfte. Das gesamtwirtschaftliche Arbeitsvolumen hat zwischen 1991 und 2000 um drei Milliarden Stunden abgenommen. Eine an sich erfreuliche Tatsache. Aber die Produktivitätsfortschritte werden nicht über Arbeitszeitverkürzung weitergegeben. Statt dessen wird die Arbeitszeit verlängert. Menschen werden »freigesetzt«. Die Freigesetzten finden nur dann Arbeit, wenn sie wieder einen Käufer finden, der an ihnen verdienen kann. Und daran mangelt es. Man braucht einfach nicht mehr so viele Arbeitskräfte, um Profit zu machen.

      Das Problem ist also nicht die Faulheit, das »Besitzstandsdenken« und die »Anspruchsmentalität« der Lohnarbeiter. Es ist das Wirtschaftssystem, in dem jeder Einzelbetrieb mit wachsender Produktivität die überflüssig Gewordenen dem Arbeitsamt oder sich selbst überläßt. Das wird dann »Eigenverantwortung« genannt.

      Die Arbeitslosenhilfe soll abgeschafft (auf Marketing-Deutsch: Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe) und die Dauer des Bezugs von Arbeitslosengeld für über 45jährige erheblich verkürzt werden. Arbeitslose sollen wesentlich schneller in die Sozialhilfe abgedrängt werden. Ausgerechnet Sozialhilfe soll den »Anreiz« zu arbeiten abgeben, obwohl die Propaganda doch immer behauptet, daß gerade die Sozialhilfe die reinste Hängematte für Faulenzer sei. Was aber bedeutet Sozialhilfebezug? Offiziell sind für einen Haushaltsvorstand fünf Euro am Tag für Essen und Trinken sowie »Verzehr außer Haus« vorgesehen. Ein Capuccino im Café bringt den ganzen Tagesbedarf durcheinander. In der Regel muß man mit weniger als fünf Euro am Tag auskommen. Alles, was das Leben angenehm macht, ist für SozialhilfebezieherInnen Luxus.

      Die neue Sozialhilfe für Arbeitsfähige wird beschönigend Arbeitslosengeld II genannt, obwohl es sich um Sozialhilfe handelt. Als wichtiger Zweck wird die Entbürokratisierung vorgeschoben (ein Amt für eine Person). Doch nur 132 000 von 1,4 Millionen ArbeitslosenhilfeempfängerInnen beziehen ergänzende Sozialhilfe. Eine merkwürdige »Entbürokratisierung«, die für 80 Prozent der Betroffenen erhebliche Senkungen ihres Einkommens bedeutet. Außerdem entstehen mit dem Arbeitslosengeld II zahllose neue Ansprüche auf Sozialhilfe, da es – ähnlich wie die Grundsicherung für alte Menschen – zu niedrig bemessen sein wird.

      Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe ist ein Mittel, um die Löhne nach unten zu drücken. Nach einem halben Jahr Arbeitslosigkeit ist es zumutbar, für einen Lohn in Höhe der Arbeitslosenunterstützung zu arbeiten. Die Förderung des Lohndumpings gehört zum Kern der Arbeitslosenversicherung. Je geringer die Arbeitslosenunterstützung, desto größer ist der Zwang, für weniger Lohn zu arbeiten. Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe ist dabei nur ein Zug in einem Schachspiel. Nicht umsonst beklagen die Arbeitgeberverbände den mangelnden Mut der Regierung. Sie verlangen, noch weiterzugehen. Sie reden vom ersten Schritt, dem weitere folgen müssen. Der nächste Schritt zielt dann auf die Sozialhilfe. Denn sie fängt die Kürzungen bei den Arbeitslosen bis zu einem gewissen Grad auf. Sie ist – im Gegensatz zu Arbeitslosenunterstützungen – in gewissen Grenzen bedarfsorientiert. Die Sozialhilfe wirkt wie ein Mindestlohn. »Die deutsche Sozialhilfe wirkt als Lohnuntergrenze, die die Schaffung von Jobs verhindert.« Soweit wieder Prof. Sinn. Die Sozialhilfe steht im Visier, weil sie den Fall der Löhne nach unten bremst. Deshalb verlangt der Deutsche Industrie- und Handelskammertag DIHK die 25prozentige Kürzung der Sozialhilfe. Das bedeutet 3,75 Euro am Tag für Ernährung. Der DIHK ist die Dachorganisation aller Unternehmen in Deutschland. Edmund Stoiber schließt sich an. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung unter Führung des SPD-Mitglieds Wolfgang Wiegard fordert die 30prozentige Kürzung der Sozialhilfe. Im Handelsblatt, der größten Wirtschaftszeitung Deutschlands, verlangte der Freiburger Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen sogar die Halbierung der Sozialhilfe. (Handelsblatt, 23.08.2001) Das bedeutet 2,50 Euro am Tag für Ernährung.

      Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe bereitet die Senkung der Sozialhilfe vor. Die Beschäftigten sollen möglichst im Dämmerschlaf überrascht werden. Deswegen wird uns die Senkung der Sozialhilfe als Kampf gegen Mißbrauch, gegen Schmarotzer, gegen Scheinarbeitslose verkauft. Mancherorts auch als Maßnahme des Kampfs gegen Bürokratismus, obwohl doch gerade der Bürokratismus immer mehr zunimmt. Die LohnarbeiterInnen müssen begreifen, daß sich Angriffe auf die Sozialhilfe und auf Arbeitslose in erster Linie gegen sie selbst richten. Sie sind gemeint, wenn die Arbeitslosen geprügelt werden! Eine Bundesregierung, die entgegen ihren Versprechungen die Arbeitslosenhilfe streicht, ist auch dazu bereit, die Sozialhilfe entgegen ihren Versprechungen zusammenzustreichen. Sie bereitet die Kürzung der Sozialhilfe vor, die Stoiber verlangt.


      60 Prozent aller Betriebe

      Die »Agenda 2010« greift vor allem diejenigen an, die länger als ein Jahr arbeitslos sind, die sogenannten Langzeitarbeitslosen. Im Originalton der Bundeskanzler: »Wir setzen damit (mit der »Agenda 2010«) ein deutliches Signal für diejenigen Menschen in unserer Gesellschaft, die länger als zwölf Monate arbeitslos sind. Niemand ... wird es künftig gestattet sein, sich zu Lasten der Gemeinschaft zurückzulehnen.« (Regierungserklärung vom 14.03.2003) Zur Erinnerung: Die zunehmende Dauer der Arbeitslosigkeit ist nicht eine Folge zunehmender Faulheit, sondern der mit steigender Produktivität sinkenden Nachfrage nach Arbeitskraft. Wer sind die »Langzeitarbeitslosen«? Es sind zu 70 Prozent Arbeitskräfte über 45 Jahre. Sie also sollen auf Trab gebracht werden. Die Älteren sind aber vor allem deshalb arbeitslos, weil die Schwächsten zuerst fliegen. Ältere gelten als Minderleister und deshalb ab 45 als schwer vermittelbar. Sie sind im Durchschnitt zu teuer, haben zu viele Fehlzeiten, sind weniger belastbar und genießen erhöhten Kündigungsschutz usw. Sie gelten deshalb als »Schwach-Performer«, wie Infineon-Chef Schumacher die »Minderleister« modern umschreibt.

      Deshalb hat das Kapital mit steigender Produktivität ein verstärktes Interesse, die Älteren in die Arbeitslosigkeit oder die Frührente zu schicken. Besonders in den 90er Jahren wurden Hunderttausende in den Vorruhestand bzw. in die Rente wegen Arbeitslosigkeit ab 60 geschickt, oder sie fanden sich in der Arbeitslosigkeit wieder. Die Entsorgung der Älteren war eine Voraussetzung für die ungeheueren Produktivitätssteigerungen. Die Altersgrenze, ab der die Nachfrage nach Arbeitskraft abnimmt, sinkt immer tiefer, je größer der Arbeitsstreß wird, je rascher die Arbeitskräfte verschlissen werden.

      60 Prozent aller Betriebe beschäftigen heute niemanden mehr, der älter ist als 50 Jahre. Als Siemens die Entlassung von Hunderten von Spezialisten aus der Hoffmannstraße in München bekanntgab, waren überwiegend Ältere über 45 darunter, darunter viele, denen eigentlich gar nicht mehr gekündigt werden konnte. Das zeigt die Haltung des Kapitals gegenüber älteren Arbeitskräften deutlich. Sie werden ihm immer lästiger. Dieselbe Bundesregierung, die gegen die Älteren zu Felde zieht, um sie zur Arbeit anzureizen, unterstützt die Unternehmen energisch dabei, ältere Arbeitskräfte immer früher loszuwerden. Das erste Hartz-Gesetz z.B. sieht für Ältere ab 50 vor, daß sie bis zur Rente ohne Grund befristet eingestellt, d.h. ohne Probleme entlassen werden können.

      Die Bundesregierung selbst fördert die Entlassung von Älteren und macht sie dennoch für ihre Arbeitslosigkeit verantwortlich. Und sie redet in diesem Zusammenhang auch noch von »sozial ausgewogen« und »gerecht«. Sie will die Sozialauswahl des Kündigungsschutzes so ändern, daß Ältere leichter entlassen werden und die jüngeren »Leistungsträger« eher bleiben können. Denn die schlechte Vermittelbarkeit auf dem Markt für Arbeitskräfte soll kein Grund mehr sein, nicht entlassen zu werden. Die sozialdemokratisch-grüne Regierung konzentriert ihre ganze Energie darauf, den über 45jährigen die Schuld für ihre Arbeitslosigkeit selbst in die Schuhe zu schieben.


      Wegwerfgesellschaft

      Ältere gelten als »Problemgruppe« bzw. »Risikogruppe«. Aber ist nicht eher das Kapital eine »Problemgruppe«, die die Erfahrung des Alters dem Profit opfert, die Menschen rücksichtslos auspreßt und dann wegwirft, wie in der Wegwerfgesellschaft üblich? Im Fußball bekommen Spieler, die anderen absichtlich den Ellbogen ins Gesicht rammen, die rote Karte. Die »Agenda 2010« ist ein schweres Foul an den älteren Arbeitskräften. Warum bekommt die Regierung nicht die rote Karte? Ganz abgesehen von der »Opposition«, der die »Agenda 2010« noch zu harmlos ist und die ein noch härteres Vorgehen gegen die älteren Arbeitskräfte verlangt.

      Auch mit Jugendlichen kann das Kapital immer weniger anfangen. Mit steigender Produktivität brauchen die Unternehmen immer weniger Nachwuchs. Insbesondere nicht den Nachwuchs von Arbeiterfamilien. Nur noch ein Viertel der Betriebe bildet aus. Deshalb explodiert die Jugendarbeitslosigkeit. Die Unternehmen haben weder eine besondere soziale Verantwortung für die Älteren noch für die Jungen. Sie sind allein der Vermehrung ihres Kapitals verantwortlich.

      Wenn das Kapital mit immer weniger Menschen etwas anfangen kann und sie in Arbeitslosigkeit und Rente schickt, dann soll es aus den von allen erwirtschafteten Gewinnen auch für die entsprechend steigenden Kosten aufkommen. Das gilt nicht nur für die Ausbildung aller Jugendlichen, um deren Arbeitslosigkeit wenigstens zeitweise zu verhindern, sondern auch für die Bezahlung der Kosten der Arbeitslosigkeit insgesamt. Es soll die Verantwortung selber tragen und nicht auf die arbeitslos Gemachten abschieben. Wer einen Unfall verursacht, muß dafür haften. Wer Arbeitslosigkeit verursacht und damit die Energien von Millionen Menschen bremst und verschleudert, der soll ebenfalls dafür haften und sich nicht mit Unterstützung der Regierung davonstehlen dürfen.


      Unverblümt verkohlt

      »Wir bekennen uns zu unserer besonderen Verantwortung gegenüber den Schwächeren in dieser Gesellschaft. Deswegen wollen wir im Rahmen der Reform der Arbeitslosen- und Sozialhilfe keine Absenkung der zukünftigen Leistungen auf Sozialhilfeniveau.« So die SPD in ihrem Regierungsprogramm 2002–2006. Nach der Wahl strebt die SPD-Spitze die Absenkung auf Sozialhilfeniveau an. Sie kennt eben auch keine »besondere Verantwortung gegenüber den Schwächeren«. Das Bekenntnis war ein Meineid. Schröder hat sein Wahlvolk unverblümt verkohlt. Mandanten, die von ihren Anwälten betrogen und bekämpft werden, entziehen diesen Anwälten das Vertrauen und das Mandat. Sollte das nicht überall gelten? Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe und die Kürzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes sind uralte Forderungen der Unternehmerverbände. Der Wahlbetrug zeigt, daß sich die Regierung ausschließlich dem Kapital gegenüber verpflichtet fühlt. Das bedeutet es, wenn der Kanzler von eins zu eins durchsetzen spricht. Eins zu eins die Interessen des Kapitals durchsetzen, ohne Kompromisse. Die Regierung kennt keine besondere Verantwortung für Arbeitslose. Die Arbeitslosen und alle Lohnarbeiter müssen selbst die Verantwortung für sich tragen und sie nicht in die Hände von solchen Leuten legen, die sie aus ihren Eigeninteressen heraus gar nicht wahrnehmen können.

      (Vortrag bei ATTAC Aschaffenburg, 28.5.2003)

      * Morgen: Fakten gegen Legenden

      http://www.jungewelt.de/2003/06-27/003.php
      Avatar
      schrieb am 29.06.03 03:00:44
      Beitrag Nr. 3.296 ()
      "Letzte Zuckung der US-Macht"
      Interview STEFAN REINECKE
      und CHRISTIAN SEMLER
      taz: Monsieur Todd, Sie glauben, dass die USA, die gemeinhin seit 1990 als einzige globale Macht gelten, auf dem absteigenden Ast sind. Das ist originell, aber ist es auch wahr?

      Emmanuel Todd: Ja, zumindest spricht viel dafür. Ich bin kein Ideologe, ich bin Historiker. Mich interessieren Fakten, keine Theorien. Tatsache ist: Die USA konsumieren mehr, als sie produzieren. Es gibt ein gigantisches, wachsendes Außenhandelsdefizit der USA von 500 Milliarden Dollar jährlich. Die USA sind abhängig von den Exportnationen, vor allem von Deutschland und Japan. Das ist das Neue. Paris und Berlin haben Nein zum Irakkrieg gesagt. Colin Powell hat mit finsterem Gesicht Frankreich "ernste Konsequenzen" angedroht - und was ist passiert? Nichts. Es war eine leere Drohung. Die USA haben nicht mehr die Macht, Europa zu bestrafen. Seit dem Ende des Kalten Krieg braucht die Welt die USA nicht mehr, aber die USA brauchen die Welt.

      Sie haben 1976 den kommenden Untergang der Sowjetunion analysiert, jetzt beschreiben Sie Gründe für den Niedergang der USA als globale Macht. Gibt es Parallelen?

      In den 70ern haben viele die militärische Hyperaktivität der UdSSR von Afrika bis Afghanistan als Zeichen unerschütterlicher Macht verstanden. Das war ein Fehler. Genauso falsch ist es heute, die Kriege der USA für einen Ausdruck der Stärke zu halten. Sie sind das Gegenteil - der Versuch, etwas zu beweisen, was verschwindet, nämlich die globale Macht der USA.

      Sie unterschätzen den Unterschied zwischen der Sowjetunion, in der jede Reform zum Untergang führen musste, und dem hochflexiblen Kapitalismus US-amerikanischer Prägung.

      Nein. Natürlich wird das US-System nicht implodieren. Ich rede auch nicht von der inneren Reformfähigkeit, sondern von internationalen Beziehungen. Aber es gibt in der Tat eine verborgene, absurde Ähnlichkeit. Der Neoliberalismus ist im Kern eine Ideologie, im Unterschied zum traditionellen sozialstaatlichen Kapitalismus. Seit den 80ern herrscht in den USA ein inbrünstiger Glaube an den Markt, insbesondere an die Finanzmärkte. Das erinnert an die ideologisch überregulierte Planwirtschaft - nur eben andersherum. Und finden Sie nicht, dass die großen Skandale in den USA, wie etwa der Fall Enron, irgendwie an den GOS-Plan erinnern, an die russische Fakewirtschaft, die auf geschönten Zahlen basierte? Die USA-Eliten sind ebenso unfähig wie jene in der UdSSR, die Fakten so zu sehen, wie sie sind.

      Überschätzen Sie die Krise der USA nicht?

      Nein, im Gegenteil. Als ich "Weltmacht USA - ein Nachruf" schrieb, gab es das Nein von Frankreich, Deutschland und Russland zum Irakkrieg noch nicht. Das ist, wie ich finde, ein gewichtiges Ereignis. Es zeigt, dass die atlantische Achse nicht mehr die einzige strategische Orientierung ist. Die innere Krise der US-Gesellschaft scheint mir noch größer geworden zu sein. Ich bin lange davon ausgegangen, dass der Neoliberalismus für Deutschland mit seiner Tradition der Sozialpartnerschaft, für Frankreich, in dem die Idee der Gleichheit eine enorme Rolle spielt, falsch ist - aber dass angloamerikanische Länder damit durchaus leben können. Das scheint mir angesichts der Krise, in der die USA stecken, angesichts der enormen sozialen Zersplitterung, höchst fraglich. In den USA herrscht ein Maß an Gewalt und sozialer Desintegration, das etwas Selbstzerstörerisches hat.

      Monsieur Todd, Sie übersehen, wie sehr die Welt von der US-Kultur geprägt ist, von den Werten, dem Individualismus, von Bildern und Lebensstilen. Das ist die wahre Macht der USA, mehr als die Ökonomie, viel mehr als die Waffen.

      Ja - und nein. Die Macht der USA fußte früher auf dem Militär, der Kultur und der Ökonomie, heute nur noch auf dem Militär und der Kultur. Denn die neoliberale Ideologie, hat, beschleunigt durch den Zerfall der New Economy, die Kraft der US-Wirtschaft geschwächt. Aber auch die Machtressource der politischen und kulturellen Legitimität schwindet. Sie nimmt ab, seit die USA den Kalten Krieg gewonnen haben, und sie schwindet wegen ihrer aggressiven, erratischen Außenpolitik, wegen Kriegen wie im Irak. Man muss die kulturelle Macht genau anschauen. Da ist zuerst die Sprache - wir reden ja Englisch …

      … und trinken dabei Coca-Cola …

      … ich nicht (lacht). Aber mir scheint, dass die USA dazu neigen, wegen der Allgegenwart der Sprache ihre Macht zu überschätzen. Man sollte bedenken, dass alle Verträge und Erklärungen, mit denen der Niedergang der französischen Macht besiegelt wurde, in Französisch abgefasst waren.

      Sie sagen: Früher war die Macht der USA notwendig, jetzt ist sie überflüssig. Ist das nicht zu simpel? Die Macht der USA war doch oft beides - notwendig und überflüssig. Wir unterhalten uns in Berlin - da versteht es sich von selbst, welcher Segen die Präsenz der USA war. Zur gleichen Zeit haben die USA in Lateinamerika und Vietnam damals ihre Macht missbraucht.

      Haben sie das? Ich fand die Rolle der USA in den 50ern, 60er, auch in den 70ern richtig und notwendig.

      Da haben Sie einiges vergessen …

      Nein. Die Politik der USA gegenüber Deutschland und Japan nach 1945 war sehr klug. Die Eindämmung des Kommunismus war richtig - und erfolgreich.

      Auch in Vietnam?

      Der Vietnamkrieg war ein Fehler. Er basierte auf falschen Analysen der Machtverhältnisse in Vietnam und der irrigen Annahme, dass, wenn Vietnam kippt, in Kürze auch Thailand kommunistisch würde. Doch das grundsätzliche Konzept war richtig. Das Drama der USA besteht heute darin, dass sie keinen militärischen Gegner mehr haben. Der islamistische Terrorismus ist furchtbar, aber, anders als Bush meint, kein Gegner, den man militärisch eindämmen kann. Das Militärische verliert heute, entgegen dem Anschein, an Bedeutung. Was zählt, ist die Wirtschaft.

      Und der Irakkrieg? Aus der Perspektive der USA war dies eine notwendige, rationale Intervention. Sie sagen, der Irakkrieg sei eine Show gewesen, eine Demonstration eigner Größe. Das ist eine ziemliche schwache Erklärung.

      (lacht) Aha, und was ist die starke Erklärung? George W. Bush, der Mann aus dem Ölgeschäft, der die Ölreserven beherrschen will?

      Ja. Öl ist ein starker Grund für einen Krieg - auch wenn wir in diesem Fall nicht daran glauben.

      Immerhin. Die Ölthese ist oberflächlich. Mag sein, dass sich meine Erklärung für Sie zu psychologisch oder zu schwach anhört. Aber sie geht tiefer als die Ölthese. Sie basiert auf der Lektüre der Schriften wichtiger außenpolitischer Köpfe der USA, von Brezinski, Paul Kennedy, Fukuyama u. a. Im US-Establishment herrscht das klare Bewusstsein, dass die USA nicht das Zentrum der Welt sind. Die USA liegen eher abseits. Viele in den USA sind geradezu verzweifelt, weil die wirtschaftliche Macht der EU wächst.

      Und deshalb wurde Bagdad bombardiert? Steile These.

      Doch, es ist ein militärischer Aktionismus aus Schwäche. Ein Krieg ohne Deutschland und Frankreich, mit Alliierten, die nichts bezahlen wollen, mit einer kriselnden Wirtschaft, dem Handelsdefizit und einem schwachen Dollar. Hören Sie einfach mal US-amerikanischen Politikern zu - den immer wiederkehrenden Beschwörungsformeln, wie stark, mächtig und unbesiegbar die USA sind und dass sie die Fähigkeit haben, überall auf der Welt zu intervenieren. Ich möchte Ihr Vertrauen in die Psychoanalyse nicht überstrapazieren, aber wenn ein Mann sagt: Ich hasse Frauen, ich hasse Frauen, ich hasse Frauen, dann liegt doch die Vermutung nahe, dass er auf Frauen fixiert ist.

      Und was ist die Therapie?

      Die Therapie ist es, zu sagen: Ihr seid nicht so stark, wie ihr tut. Seit einfach mal ein bisschen leiser als sonst.

      Kein guter Rat für einen Psychoanalytiker.

      Das stimmt (lacht).

      Monsieur Todd, stellen wir uns einmal vor, dass Ihre These vom Niedergang der USA richtig ist …

      … gute Idee …

      In zehn Jahren sind die USA also eine Macht unter anderen, neben der EU, Russland, China und Japan. Wäre das eine friedlichere Welt? Bliebe nicht eine gefährliche Leerstelle? Wer hätte dann zumindest die Möglichkeit, etwa den Nahostkonflikt zu befrieden?

      Die Frage verwundert mich. Ich sage ja, dass es dieses globale Gleichgewicht längst schon gibt. Die EU ist eine enorme ökonomische Kraft, Russland ist einigermaßen stabil, und es gibt Zeichen, dass sich Asien in eine ähnliche Richtung entwickelt. Ich bestreite also die Prämisse Ihrer Frage. Zweitens: Wo spielen die USA denn derzeit faktisch die Rolle einer Ordnungsmacht, die Frieden herstellt? In Nahost gewiss nicht. Ich kann nicht erkennen, dass die Intervention im Irak mehr Ordnung in der Region schafft - im Gegenteil. Die Angst, die die USA verbreiten, scheint mir die letzte Zuckung der globalen US-Macht zu sein, die sich weigert, anzuerkennen, dass die Welt längst auf einem anderen Weg ist.

      Toni Negri und Michael Hardt haben in "Empire" darzulegen versucht, dass die Strukturen so komplex geworden sind, dass sie für eine Zentrale unbeherrschbar geworden sind. Hat die Ökonomie einen Grad an Internationalisierung und Vernetzung erreicht, der die Macht ortlos werden lässt? Ist das Verschwinden der globalen Macht der USA auch ein paradoxes Resultat der Globalisierung?

      Nein, ich glaube nicht an solche Theorien. Ich glaube nicht, dass der globale Kapitalismus alle bisherigen Strukturen auflöst. Ich meine, dass die Nationen - oder Nationenverbände wie die EU - noch immer als Akteure existieren. In der These, dass die Nationen leere, unbedeutende Hüllen geworden sind, treffen sich interessanterweise manche Linksradikale mit den Neoliberalen. Das ist falsch. Nationen haben sehr wohl Macht. Kollektive können ihr Schicksal selbst bestimmen.

      taz Nr. 7090 vom 28.6.2003, Seite 4, 269 Zeilen (Interview), STEFAN REINECKE / CHRISTIAN SEMLER

      taz muss sein: Was ist Ihnen die Internetausgabe
      taz.de
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 13:31:31
      Beitrag Nr. 3.297 ()
      Heute mal ein Link zum Thema Demographie.

      Da kann man tolle Info`s erhalten.

      http://www.boersen-zeitung.de/online/redaktion/demografie/in…


      Gruß Kickaha

      Wie heiß der Befehl nochmals, daßman die Links direkt aufrufen kann?
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 15:03:18
      Beitrag Nr. 3.298 ()
      @kickaha
      vor die adresse
      hinter die Adresse
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 15:04:45
      Beitrag Nr. 3.299 ()
      Quergedacht: Was viele denken aber wenige auszusprechen wagen
      Anstößige Texte zum Runterladen und Weiterverbreiten spatzseite.de




      Vom Absturz der Wirtschaft: 29.06.2003

      DIESE WOCHE
      Vor dem Hintergrund immer üblerer Kriege und Verteilungskämpfe untersucht der Spatz den Zustand der Wirtschaft, und kommt zu einer pessimistischen Analyse - die angesichts der Pleite der Hamburg Mannheimer Lebensversicherung kaum aktueller sein könnte. Sind die Daten der US-Wirtschaft eine Vorschau auf die Dinge, die auch hier noch kommen? Lesen Sie selbst!

      Wo es vorwärts rückwärts geht!


      Die Wirtschaft will sich einfach nicht bessern. Alles wartet auf einen Impuls aus den USA und begnügt sich in der Zwischenzeit mit "Kostensenken", "Zwischenfinanzierung" und "Erschließen neuer Geldquellen". Doch es kommt kein Impuls, es tut sich keine Türe auf. Vielleicht soll sie das auch nicht. Es ist wie mit dem Frieden im Nahen Osten.

      Auch dort verabredete man wieder einen "Weg zum Frieden" (der wievielte?), und was hat der neue Impuls gebracht: 60 Palästinenser wurden von Israel von Staats wegen ermordet, entweder direkt gezielt oder weil sie aus Versehen zu nahe bei den Opfern standen: selbstredend alles "Terroristen". 160 weitere wurden von der Straße weg von Eingreiftruppen verhaftet, weitere Wohnhäuser mit samt den Bewohnern in die Luft gesprengt. Das ist zwar gegen internationales Recht und Gesetz, aber es schlägt auch den jüngsten Vereinbarungen ins Gesicht. Die USA schauen zu und winken weiter mit ihrer Road Map und warten - worauf wohl?

      Wer so etwas nicht akzeptieren will, ist Antisemit, Nazi und Schlimmeres. Und trotzdem wagt sich ein französischer Diplomat, der von sich behauptet, damit die Stimmung des Quai D`Orsay wieder zugeben, in Le Carnard vor: "Sharon macht in Hebron und Gaza, was er will, fordert weiter insgeheim auf, in den besetzten Gebieten neue Siedlungen anzulegen und erlaubt einem seiner Generäle öffentlich bekannt zu geben, daß man die Ermordung Arafats ins Auge gefaßt habe". Hat das Konsequenzen? In Deutschland schon gar nicht. Man wartet auf Erklärungsvorschläge von oben, alles andere brächte nur Unannehmlichkeiten, im kritischen Fall so gar den "Selbstmord". Die Deutschen sind damit zu frieden, sie fuhren bisher gut damit und genießen so ihre neue "bisher nie dagewesenen Freiheit".

      Selbst als die Franzosen den "Krieg gegen den Terror" ernst nahmen und eine Terrorbande, die Mujaheddin E. Khalq einlochten, als diese dabei war, Botschaften in die Luft zu sprengen, war das auch nicht Recht. Dabei hat man in Frankreich diese Leute nicht einfach gezielt erschossen, wie das im freiesten Westen üblich geworden ist, sondern ordentlich verhaftet. Die Regierung bekam dafür pro forma eine Anerkennung des US-Präsidenten aber eine Flut von Briefen verschiedener Kongreßabgeordneter. So etwas kennen viele ehemalige Regierungschefs, denen der US-Präsident die Unterstützung zusagte, während andere Regierungsstellen den Regimewechsel betrieben. Das war so beim Schah von Persien, dessen Sohn nun offenbar wieder auf den Pfauenthron gehoben werden soll, so erging es Marcos auf den Philippinen und Suharto in Indonesien - um nur die prominentesten Freunde der USA zu nennen. Interessanterweise war in den letzten beiden Fällen schon ein Herr Paul Wolfowitz, wenn auch noch in einer nachgeordneten Position, Mitglied im Umsturzteam.

      Die amerikanischen Law-Maker drohen Frankreich, "Maßnahmen zu unterlassen, die das Land in eine Reihe mit dem terroristischen Staat Iran stellen". Es ging in den Schreiben nicht um die 9 Millionen Dollar, die die Franzosen bei den Terroristen gefunden hatten und die wahrscheinlich eine Unterabteilung des CIA als ihr Eigentum beansprucht. Die Leute hatten einen Auftrag, sie sollten im Iran für Rambazamba und Explosiveres sorgen und im Umland Aktionen durchführen, die Stimmung gegen den Iran und für die "Befreiung" auch diesen Landes machen. Wer will der Befreiung im Weg stehen und den Leuten verwehren, die gleiche Freiheit zu genießen wie wir, die gleichen Jeans anzuziehen, die gleichen Filme zu sehen, die gleiche freiheitliche Rumpelpumpel-Musik zu hören und alle paar Jahre irgend etwas zu wählen. Arnold Beichman vom Hoover Institut beschwerte sich in der Washington Times darüber, daß Frankreich "eine legitime demokratische Kraft für den Regierungswechsel im Nahen Osten" bekämpft habe. "Jeder ist immer der Terrorist eines anderen" kommentierte die Zeitung Le Canrad am 25.6. in Paris ironisch. Bei Thomas Hobbes, dem Staatsdenker des Westens hieß es noch: "Jeder des anderen Wolf". Terrorist, Wolf, wo liegt der Unterschied? Die Hauptsache die Kasse stimmt. Alles andere sind Werbungskosten.

      Als man Prokonsul Paul Bremer im Irak über die 25 Angriffe von Irakis auf US Truppen in den letzten 24 Stunden fragte, sagte der in NBC Today am 25.6. "Die Angreifer richteten sich gegen das irakische Volk. Denn, nach dem wir das irakische Volk befreit haben, sind wir schließlich hier, um ihm zu helfen nach 30 Jahren Diktatur wieder auf die Füße zu kommen" (und ihre Wirtschaft zu privatisieren). Ob man das hier auch so sieht? Nur nichts anmerken lassen! Die Hauptsache die Kasse stimmt.

      Doch eben die stimmt nicht. 3,2% Inflationsrate im Mai, schreibt die New York Times am 24.6., einer der größten Inflationssprünge der letzten Jahre. Wenig später senkte die FED die Leitzinsen um ein Viertelprozent, die 13. Zinssenkung in Reihe gegen die Deflation. Der Präsident der FED in San Franzisko, Robert T. Parry schimpft über halbe Sachen, wenigstens 0,5 Prozent hätten es sein sollen. Die Aktienmärkte gaben ihm Recht und reagierten enttäuscht. Die FED Zentrale stellte sich trotzdem stur, es bestünde nämlich die Gefahr, "eines unwillkommenen substantiellen Absturzes in die Inflation". Was nun, Inflation oder Deflation? Warum nicht beides: Inflation für Wertpapierfans und Deflation beim Handel mit Versorgungsgütern. Was man hier einspart, sorgt dort für Blähungen. So war es doch all die Jahre schon, seitdem man begann, "sich gesundzuschrumpfen" um Geld für ertragreichere Finanzschnäppchen frei zu bekommen. Das ist die Wirtschaftspolitik der Experten und das Publikum sagt "Da spielt die Musik!" Natürlich sind die Gewerkschaften an der jetzigen Mißwirtschaft schuld, wer denn sonst. Oder hätten Sie erwartet, die Wirtschaftsfachleute und die Oberunternehmer in den Oberunternehmen mit Jahresgehälter bis zu 10 Millionen Euro jährlich würden sagen, wir sind Schuld! Jedenfalls bleibt kaum mehr Spielraum für weitere Zinssenkungen. Man wird sich also bald etwas anderes einfallen lassen müssen.

      Bevor aber Silvio-Gesell-Anhänger die Bücher des Meisters umschreiben, hoffen sie, daß sich Greenspans tatsächlich etwas Neues einfallen läßt. Und hat er es nicht schon angedeutet? Plötzlich, eines Nachts wird er die Zinsen auf 8 oder mehr Prozent anheben, angeblich um den Sturz in die Inflation zu vermeiden. Doch eigentlich meint er es wie beim letzten Börsenkrach, als er die Wertpapiere bei den Spekulanten für "ein Appel und Ei" wieder einsammelte: "Gelt, da schaut`s! Wenn ihr bei den Zinsen nicht mehr mitmachen wollt, rückt ruhig eure Realwerte raus. Wir sind - ganz ohne den bösen Kommunismus - eure künftige Betriebsleitung und die Hausbank zugleich. Noch irgendwelche Fragen?" Ein netter Gag, um die Finanzwirtschaft zu sanieren, vom wertlosen Papier zu befreien und wieder "in command" zu bringen.

      "Aber, das kann er doch nicht machen, das gibt einen Aufstand!" Gab es den das letzte Mal, als er die Spekulanten abzockte? Wer hat gemuckt? Wer kann denn noch aufstehen, wer hat denn noch Rückgrad, wer muß nicht auf seine Geldgeber, Ehefrau, Zukunft usw. Rücksicht nehmen? Sie etwa? Man hat uns langsam dran gewöhnt, alle Lügen und Märchen (selbst die über uns selbst) zu glauben, sie zu bestätigen und danach zu handeln (und jeden zu beschimpfen, der etwas anderes sagt). Warum nicht auch dieses noch? Jetzt wollen Sie wahrscheinlich wissen (um wenigstens Ihr Schäfchen ins Trockene zu bringen), wann Greenspan das tun wird und genau mit welchem Zinssatz. Das kann ich Ihnen nicht sagen, selbst wenn ich es wollte. Das müssen Sie den vertrauenswürdigen Herrn Greenspan schon selbst fragen. Nur seine Antwort kann ich Ihnen schon sagen. Das wird dann sein, wenn - von ein paar guten Freunden abgesehen - Sie und alle die anderen Schnäppchenjäger am wenigsten damit rechnen.

      Das Zahlungsbilanzdefizit der USA erreichte im ersten Quartal 2003 wieder einen neuen Höhenrekord mit 136,1 Mrd. Dollar. 89% davon gehen auf den Export/Import von Gütern und Dienstleistungen zurück. Es wurde aus sachlichen Gründen bereits gedeckt, und zwar entweder durch Kredite (kurz oder langfristige, ausgesprochene oder als Zahlungsverzug) oder durch das Angebot oder den Zwang (entscheiden Sie die Wortwahl aufgrund Zinsentwicklung), Geld in den USA zu investieren und dort Firmen oder Wertpapiere zu kaufen. In diesem Quartal haben ausländische Zentralbanken nach offiziellen Angaben schon für 18,1 Mrd. US$ Schatzanweisungen gekauft. Aber 18,1 sind nicht 136,1, wo steckt also der Rest? Im 1. Quartal vor einem Jahr lag das Defizit noch bei 106,7 Mrd. US$ und wurde auch, ohne viel Umstände zu machen, bezahlt. Guten Freunden kann man kleine Dienste nicht ausschlagen.

      Auch das Haushaltsdefizit der US Bundesregierung war im Mai mit 90,45 Mrd. Dollar rekordverdächtig. Damit sind in den ersten 8 Monaten des Haushaltsjahrs (Beginn Oktober) 296,06 Mrd. US$ zusammengekommen. Es liegt damit rund doppelt so hoch wie im letzten Jahr (145,38 Mrd.) und es ist schon jetzt höher als jedes Jahresdefizit in der US Geschichte bisher. Hierfür muß das Ausland nicht unbedingt aufkommen. Das kann die FED mit der Druckerpresse und der Inflationsrate erledigen.

      Nicht nur das der US-Bundesregierung, auch die Haushaltsdefizite der Privaten schwellen an, das drückt sich in der wachsenden Verschuldung aus. Da die Banken dort wie hier kaum noch leihen, sieht man das in den USA neuerdings vor allem an den Hypotheken. Im Jahr 2003 werden neue Hypotheken im Wert von 3,3 Billionen ("trillion" US$) aufgenommen, sagt der Hypothekenbank Verband Amerikas (MNAA) am 18, Juni. Das Neuaufkommen pro Jahr hat sich seit 1995 vervierfacht. Der größte Anteil betrifft die Umschuldung. Seit 2001 mußten 78% aller Hypotheken umgeschuldet werden. In Verbindung mit der Überbewertung der Immobilien dient das vorwiegend dazu, laufende Haushaltsausgaben zu finanzieren.

      Aber warum kamen dann gerade die beiden Hypotheken Institutionen Fannie Mae und Freddie Mac (siehe letzte Woche) unter Druck. Die müßten doch Hochbetrieb haben. Tatsächlich verkündete der neue Vorstandvorsitzende von Freddie Mac (der andere war über Nacht gefeuert worden) Gregory Parseghian, daß die Firma wieder 1,5 bis 4,5 Mrd. Dollar zum Gewinn der letzten Jahre (zwischen 2000 und 2002 sollen es 12,5 Mrd. gewesen sein) drauflegen wird. Warum wurde dann der alte Vorstand gefeuert. Hintergründiges - allerdings an Hand von Fannie Mae, die einen Gewinn von 6,4 Mrd. gemeldet hatte - weiß die New York Times vom 23. 6. "In wirtschaftlicher Hinsicht haben sie im letzten Jahr gar nichts verdient. Das ist die einfachste Art, es zu sagen" meinte Lawrence Kam von Sonic Capital. Der Grund: Man hat nicht berücksichtigt, wie schnell die Zinseinnahmen gesunken sind, weil die Leute vorwiegend alte Hypotheken umgeschuldet haben. Die Folgen davon sieht man erst in den kommenden Jahren. In den letzten 3 Jahren ergab sich aus der Diskrepanz zwischen den gemeldeten Gewinnen und den tatsächlichen Verlusten aufgrund der Wertminderung der Vermögenswerte ein Minus von 9,7 Mrd. Dollar. Hier handele es sich nicht um die bekannten Falschbuchungen der letzten Zeit, sondern um Fehler bei der Standard-Wertermittlung der dem Geschäft zu Grunde liegenden wirtschaftlichen Realitäten, meinte Herr Kam, der es wissen sollte. Auf der einen Seite will man das "Konsumenten-Vertrauen" wieder aufpäppeln und reißt dabei auf der anderen Seite den Markt für Hypotheken gedeckte Papiere (MBS) weg. So ist es, wenn Experten Inflation durch Deflation und umgekehrt bekämpfen, statt wieder die Arbeit in Gang zu bringen.

      Firmen wie General Motors können noch zur Bank gehen. Nach Bloomberg hat die Firma beschlossen, 13 Mrd. US$ an neuen Kredit aufzunehmen, um die Pensionsfond zu bedienen und ihre Autovorfinanzierung am Leben zu erhalten. Über Aktien war das nicht mehr zu machen. Die NZZ zitiert einen Saul Rubin von UBS Warburg, der den nahen Bankrott von GM und Ford bereits zu riechen glaubt und die Aufspaltung von Daimler Crysler. Was gut ist für GM, ist gut für die USA, sagte man früher. Also einen Bankrott wird es wohl nicht geben, doch wer sonst darf zahlen und womit? Das ist deren Sache, denken Sie, wissen aber nicht, wie viel Geld ihrer Versicherung in solchen Geschäften schon davon geschwommen ist - nicht nur der Mannheimer. Sie führt den Reigen an, zu dem Sie klatschen dürfen. Weil die staatlichen Renten es nicht sind, sollten die privaten sicher sein - hat man Ihnen wahrscheinlich auch erzählt. "Weniger Staat, mehr privat", durften Sie jubeln und dabei zustimmen, daß man ihr E-Werk und ihr Wasserwerk "privatisiert", weil die Konkurrenz das Geschäft belebt. Sie haben vergessen zu fragen, wessen Geschäft. Lebensmittel, Wasser und Strom - hier gibt es auch in Krisen kaum Konsumverweigerung. Damit lockt man die letzte Kohle aus dem Bürger besser, als das mit dem Schwedentrunk im 30jährigen Krieg gelang. "Vergessen Sie es, das ist alles nur Miesmacherei von nicht ernst zu nehmenden Leuten" - sagten Ihnen immer schon die anerkannten Experten.
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 15:17:51
      Beitrag Nr. 3.300 ()
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 15:19:03
      Beitrag Nr. 3.301 ()
      Die Baisse dauert an!

      Der Verbrauchervertrauens-Index der UNI Michigan fiel von 92,1 auf 89,7 Punkte. Die FED hatte am Mittwoch die Leitzinsen um 0,25% auf 1% reduziert. Der niedrigste Zinssatz seit 45 Jahren. Greenspan hat bald sein Pulver verschossen. Der Aktienmarkt reagierte darauf negativ. Der Dow fiel um 125 Punkte. Seit dem Hoch hat der Dow um ca. 360 Punkte nachgegeben. Wenn die "Inflationisten", die die Federführung bei der FED haben, und die Zentralbanken rund um die Welt diesem Willen folgen, eine höchstgefährliche ökonomische Politik wird folgen, schreibt Faber im gestrigen Daily Reckoning. Es wird vermutlich in stark ansteigenden Inflationsraten und wesentlich niedrigerem USD enden. Es wird eine desaströse globale Rezession herbeiführen, die das kapitalistische System wie wir es kennen, in Gefahr bringt.

      Der Dow gab heute um 89,99 Punkte nach (-1,0%) auf 8989,05 Punkte.

      Die Märkte stehen wieder einmal an einem kritischen Punkt. Die überwiegende Mehrheit der Marktschreiber ist "bullish" und der VIX in der "20er" Region. Hier fanden in der Vergangenheit immer die Wenden statt, wenn der Markt in voller Zufriedenheit den Bullen gallopieren lässt. Der nationale Einkaufsmanagerindex konnte die Marke 50 nicht überschreiten. Es ist höchste Aufmerksamkeit angesagt, denn ein Kollaps kann sehr sehr schnell stattfinden. Die Navigation läuft nach Elliott in eine große Welle 3. Dreier Wellen sind verheerend in einem Bärenmarkt. In einem Bullenmarkt generieren sie gute Gewinne. Dreier Wellen sind meist ausgedehnt. Nicht zu vergessen ist die Zeit um Ende Juli/Anfang August, ein signifikantes 21 Jahres-Tief. Eine neue "Blase" hat sich gebildet. Überkauft und resistent.

      Das Fibodatum hierzu wäre der 3./4. August 2003 (144 Tage seit demTief 12.3.2003) Montag 4. August 2003.


      evotrade.de
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 15:19:20
      Beitrag Nr. 3.302 ()
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 15:38:41
      Beitrag Nr. 3.303 ()
      Malik Aktuell


      30.06.2003
      Szenario richtig - Geduld strapaziert

      - Gesamtanalyse unverändert
      - Szenario auf Kurs
      - Nächste Bewegung: südwärts ...


      Die Erholung am Aktienmarkt seit März hat, wie ich gerne zugebe, auch meine Geduld auf die Probe gestellt - nicht bezüglich der Beurteilung, wohl aber bezüglich der Dauer.

      Ich bin während der gesamten Zeit bei meiner Auffassung geblieben, dass wir es mit einem Bearmarket-Rally zu tun haben und nicht mit dem Beginn eines Bullmarkets. Die Welt ist bullish - und gerade das ist das sicherste Zeichen dafür, dass kein Bullmarket beginnt. General Bullishness ist ausgesprochen bearish, nicht bullish. Verstärkend kommt hinzu, dass die Insider sich von Aktien trennen. Das Verhältnis von Kauf zu Verkauf ist 1:50. Auf einen Dollar Aktienkauf durch Insider verkaufen sie für rund 50 Dollar. Die nächste grössere Bewegung wird südwärts sein, nach unten. Und ich denke, dass sie so stark sein wird, dass die Geduld belohnt wird.

      Der Dollar ist, wie angekündigt, am Beginn einer Aufwärtsbewegung. Die Bonds haben zu sinken begonnen, was steigende Zinsen bedeutet. Die 13. Zinssenkung durch die FED auf das niedrigste Niveau seit 40 Jahren wurde am selben Tag mit einem massiven Kursverlust in allen Zinspapieren beantwortet, obwohl das Gegenteil zu erwarten gewesen wäre.

      Und auch das Gold hat sich - wie ich erwartet habe - abwärts bewegt. Es kann in den nächsten Tagen wieder eine Gegenbewegung eintreten. Aber erst wenn Gold über 385 schliesst, werde ich mein Grundszenario neu überdenken. Es ist dann möglich, dass die Baisse im Gold vorbei ist.

      Das Szenario, das ich seit langem vertrete, ist in Realisierung begriffen. Es hat nur etwas mehr Zeit in Anspruch genommen. Für kurzfristig orientierte und sprunghafte Leute strapaziert das die Nerven. Wer mehr am Grundsätzlichen und am Muster interessiert ist, hat damit keine Mühe.



      Zurück
      http://www.mzsg.ch/
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 16:01:02
      Beitrag Nr. 3.304 ()
      Über das permanente Versagen der Politik – Die Schuldnerbonität Deutschlands gerät in Gefahr_
      (30.06.2003)

      "Ist der Ruf erst ruiniert ......"

      Wir sind keine Politiker, aber wir wissen, dass in Deutschland etwas getan werden muss. Vernünftig und pragmatisch, sehr schnell, entschieden und überzeugend. Und vor allem ohne das leidige Gerechtigkeitsgerede, das bisher meist nur das Feigenblatt für Nichtstun oder für schiefe Entscheidungen war. Für die tatsächlichen und vermeintlichen Gerechtigkeitslücken gilt: Sie sind emotional bestimmte Größen, die nur in ein rationales Mäntelchen gesteckt werden. Über sie kann man wieder schwafeln, wenn die Konjunktur Tritt gefasst hat.

      Was die Regierungskoalition am Sonntag zusammengebastelt hat, reicht hinten und vorne nicht. Vor allem aber wird unterschätzt oder unter den Teppich gekehrt, dass so gut wie alle Pläne einiges an Zeit benötigen, um zu wirken, wenn sie denn überhaupt greifen.

      Was die Opposition bis jetzt angeboten hat, ist nicht besser. Sie verfügt über kein in sich geschlossenes Konzept, auch wenn man zugestehen muss, dass nicht sie es ist, die Vorschläge darzubieten hat.

      Die Finanzmärkte verfolgen das peinliche Schauspiel in Berlin und in den Provinzen bisher mit Geduld, aber es regt sich langsam Unruhe. Deutschland steht wirtschaftlich mit dem Rücken zur Wand. Politisch ist es vielerorts ohnehin abgeschrieben, weil Beliebigkeit das Grundkonzept des Regierungshandelns in den entscheidenden Fragen geworden ist.

      Wir vermuten einmal, dass es nicht mehr lange dauert, bis eine der großen Rating-Agenturen die Schuldnerbonität Deutschlands herabstuft. Nicht so weit, wie es mit Japan bereits geschehen ist, aber immerhin so deutlich, dass es erheblich am Selbstverständnis der Regierung nagt. Wenn dies geschieht, wird der Finanzminister aufjaulen, denn dann wird es teuer. Die Obrigkeit wird nämlich eine Risikoprämie zahlen müssen, um an Kapital zu gelangen.

      Nach einer Weile wird auch der Euro wieder anziehen, aber nicht aus eigener Stärke, sondern wegen sich ausbreitender Schwäche des Dollar. Die zu erwartende Aufwertung des Euro wird den deutschen Export beschneiden und die monetären Bedingungen im Euroraum so verschärfen, dass die Europäische Zentralbank nicht anders kann, als ihren Leitzins weiter zu senken.

      Die sich rapide weiter verschlechternden konjunkturellen Verhältnisse lassen das Steueraufkommen in Deutschland weiter schrumpfen, während die Arbeitslosigkeit wächst. Das kann zu prä-revolutionären Zuständen führen, die dann endlich politisch möglich machen, was an Reformen wirklich zu tun ist.

      Das Zynische daran ist, dass viele Politiker wissen, was droht. Sie wissen aber auch, dass alles noch viel schlimmer kommen muss, bevor es einmal besser werden kann. Die Kräfte, die die Reformen bisher verweigern, verwässern oder auf die lange Bank schieben, müssen so in die Defensive gedrängt werden, dass letztlich das Vernünftige getan werden kann. Doch bis es so weit ist, geht noch viel zu Bruch.



      Arnd Hildebrandt

      Herausgeber
      taurosweb.de
      ------------------------------------
      Welche Reformen werden denn geschehen?
      Die Geldoligarchen werden durch die Reformen proftieren , die den Namen "REFORM" nicht verdient. Ja sie werden noch mehr fordern, bis sie im Geld ersticken.
      Die sind nämlich für die geschustert.
      Das Volk wird dabei nur gegeneinander ausgespielt.Damit sich der "Dritte" im Runde freuen kann. Der eigentliche Gegenspieler spielt hinter der Bühne.
      Die Geldoligarchen.
      Und die Parteien wie CDU, SPD, die Grünen, FDP... und wie sie alle heißen mögen, sind nur noch zum Handlager der Geldoligarchen mutiert... Sie sind die Schachfiguren und sonst nichts.
      Wer noch immer meint , dass die Parteien zu Gunsten des Volkes handeln , ja den ist nicht mehr zu helfen.
      Aufwachen ist angesagt!
      :cry: :(
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 16:04:17
      Beitrag Nr. 3.305 ()
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 16:47:33
      Beitrag Nr. 3.306 ()
      Mehr arbeiten , für was?
      Damit das expotionelle Wachstum der leistungslosen Kapitaleinkommen finanziert werden kann.
      Um die Zinsen zu bezahlen, müsste es heißen und nicht Arbeitsplatzsicherung
      auszug
      Die Wirtschaft fordert heute von uns, wir sollen länger arbeiten, weil da ja "diese Krise" ist. "Diese Krise" heißt aber nichts weiter, als daß wir "nur" genausoviel produzieren wie im letzten Jahr. Unsere Wirtschaft wächst nicht mehr, das bedeutet aber, daß wir alle zusammen eigentlich nicht weniger haben, sondern eben nur das gleiche. In Zahlen ausgedrückt: Die Deutschen produzieren Güter und Dienstleistungen im Wert von 24.000 Euro pro Kopf im Jahr. "Pro Kopf" heißt hier aber vom Säugling bis zum Rentner!

      Es entstehen 2 Fragen:
      1. Wie soll die Wirtschaft wachsen, wenn durch Lohnsenkungen (länger arbeiten bei gleichem Lohn ist nichts anderes als eine Lohnsenkung!) die Leute für ihren Lohn immer weniger kaufen können?
      2. Warum soll unsere Wirtschaft eigentlich noch wachsen, wo wir doch 24.000 Euro pro Kopf haben. Offenbar ist das Land doch reich genug, es wird durch Zins und Zinseszins nur falsch verteilt: Die Reichen kriegen noch mehr, die Armen immer weniger.



      Durch Mehrarbeit werden keine Arbeitsplätze gesichert, sondern abgebaut.Wenn es genug Arbeit gibt, wieso gibt es dann so eine hohe Arbeitslosigkeit. Mehr arbeiten müssten die Leute, die das auch vorschlagen anstatt ihr leistungsloses Kapitaleinkommen zu erhöhen.
      Die Gewinne werden nämlich für die Rationalisierung benutzt und nicht in neue Arbeitsplätze.
      Arbeitsplätze sind für mich , nur solche , die einem Menschen auch ein lebenswürdigen Leben ermöglichen.


      auzug aus
      http://home.knuut.de/EWKberater/Meinung/12785%20StFlorian.ht…
      Nur der Florian Gerster war ziemlich betrübt, denn der hat sich ausgerechnet, dass die ganze Vielarbeiterei nur dazu führt, dass das bisschen Arbeit, das noch da ist, von immer weniger Leuten gemacht werden muß, die immer älter werden und immer länger und immer noch mehr arbeiten und dass er dann zum Schluss, also wenn vielleicht 300 Tage statt 200 gearbeitet wird und wenn die Woche wieder sechzig Stunden hat, statt fünfundreißig, und wenn es nur noch zehn Tage Urlaub gibt, statt dreißig, dass er dann in Wahrheit wohl so um die 30 Millionen Arbeitslose hätte, eher noch ein paar Millionen mehr, und dass er die auch mit der schönsten Statistik nicht mehr wegrechnen könnte, weil man die einfach sehen würde, auf den Straßen.
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 17:12:39
      Beitrag Nr. 3.307 ()
      Widersprechen sich Aktien- und Bondmärkte?

      Seit Mitte März vermitteln die Finanzmärkte einen zwiespältigen Eindruck
      -Gastkommentar von Michael Margules


      Michael Margules lebt als freier Journalist in Wien. Sein Gastkommentar "Börsenblick" erscheint wöchentlich - jeden Montag - auf derStandard.at. Anlageempfehlungen stellen die persönliche Meinung des Autors dar.




      Seit Mitte März vermitteln die Finanzmärkte einen zwiespältigen Eindruck: Auf der einen Seite erleben die Aktienmärkte ihre bisher längste und auch kräftigste Erholungsphase seit Beginn des Bärenmarkts im März 2000. Anderseits hat sich auch der inzwischen bereits dreijährige Höhenflug der „sicheren“ Staatsanleihen nochmals akzentuiert - allen Warnungen vor einem baldigen „Platzen der Bondblase“ oder jähen „Zuschnappen der Zinsfalle“ quasi zum Trotz!

      Zwiespältiges Erwartungsmuster.....

      Während also die Börsenentwicklung bereits sehr viel Zuversicht, gestützt auf die expansive Geld- und Fiskalpolitik insbesondere der Vereinigten Staaten respektive der amerikanischen Notenbank unter Führung von Alan Greenspan, reflektiert und darauf schließen lassen könnte, daß das konjunkturelle Wellental endlich durchschritten ist, geben die rekordtiefen Renditen am langen Ende der Zinskurve den Skeptikern Recht: Sie deuten im Gegenteil - und im Einklang mit den meisten vorlaufenden Indikatoren - darauf hin, daß noch lange kein nachhaltig dynamisches Wirtschaftswachstum in Sicht ist, gepaart mit den unverändert die Finanzmärkte überschattende Deflationsgespenst.

      Vor der unseligen Mystifikation und anschließend brutalen Entzauberung der New Economy war ein derartiges Phänomen von Aktien- und Anleihenmärkten (Gleichschritt von Aktien- und Bondrenditen) selten, über mehrere Jahre hinweg war es sogar seit der Depression der dreißiger Jahre nie mehr zu konstatieren. Von kürzeren Divergenzen abgesehen, bildete eine positive Korrelation zwischen Aktien- und Anleihenkursen also den historischen Normalfall.

      Eindeutige FED....

      Dies mag bei oberflächlicher Analyse allein schon unter Zuhilfenahme simpler Finanzmathematik einleuchten, da fallende Zinsen die Aktienbewertung (über den Gegenwartswert künftiger Cash-flows) positiv beeinflussen sollten und umgekehrt - falls dieser Effekt nicht durch andere Faktoren dominiert wird und etwa durch extreme Gewinnerwartungen überkompensiert wird. Genau letzteres war (zuerst nach oben und anschließend nach unten) in den vergangenen turbulenten Jahren zweifellos der Fall und sollte – zumindest aus rein fundamentalen Optik - so lange anhalten, wie die Befürchtung besteht, daß die aktuellen Belastungen verschiedenster Provenienz keine nachhaltige Erholung des Wirtschaftswachstums zulassen werden.

      Die fundamentale Argumentation ignoriert allerdings den entscheidenden Umstand, daß sich die US-Notenbank offensichtlich längst von ihrer eigentlichen Aufgabe einer indirekten Steuerung der Realwirtschaft via Liquiditätsversorgung der Banken verabschiedet hat. Seit Alan Greenspans berühmten Worten vom „irrationalen Überschwang“ in der Aktienhausse (denen er keine Taten folgen und damit die Aktienmärkte gewissermaßen ungehindert gewähren ließ!) ist jene Asymmetrie der Geldpolitik sichtbar geworden, welche seit Januar 2001 durch die Bereitschaft belegt wurde, die Märkte mit einer beispiellosen Serie von Leitzinssenkungen regelmäßig mit billigem Geld zu bedienen.

      Cui bono?

      Vor diesem Hintergrund und im Licht sogenannter „open mouth operations“, wie Greenspan seine auch zuletzt verbale Warnung vor der Deflationsgefahr selber nennt (um sie abzuwenden), werden die vor allem in diesem Jahr paradox vorkommenden Kursbewegungen an den Aktien- und Anleihenmärkten besser nachvollziehbar. Dementsprechend könnten Greenspan und Konsorten für einen wirklich heißen Finanz-Sommer sorgen, mit einer weiterhin aufgeblähten Bondblase, da die Zinsen durch das FED künstlich niedrig gehalten bleiben, um einerseits die lahme Wirtschaft endlich voranzutreiben, andererseits jeglichen noch so zarten Anhaltspunkt von konjunkturellen Aufschwung ja nicht abzuwürgen. Gleichzeitig könnte sich auch das spekulativ geprägte Rally an den Börsen jedenfalls kurzfristig fortsetzen!

      Die fast vorprogrammiert negativen Langzeitfolgen dieser Politik: ein weiterer Niedergang für den US-Dollar und damit einhergehende Inflation, zumindest in den USA! Und ein derartiges Szenario verheißt auch für die Aktien- wie auch Anleihenmärkte weiterhin ein alles andere als gutes Gefühl.

      Nachlese
      http://derstandard.at/?id=1345281
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 17:19:15
      Beitrag Nr. 3.308 ()
      ARBEITSLOSE

      Nur Gesunde zählen


      Mit einem neuen Trick versucht die Bundesanstalt für Arbeit, die Zahl der Arbeitslosen zu drücken. Künftig sollen Jobsuchende, die sich krank melden, nicht mehr als arbeitslos gezählt werden.

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      Das geht aus einem Erlass der Nürnberger Behördenzentrale hervor. Danach müssen die Vermittler künftig jeden Stellensuchenden, der ein ärztliches Attest einreicht, aus dem Arbeitslosenstatus abmelden.
      Erst wenn der Kandidat wieder gesund ist, müssen ihn die Beamten erneut als arbeitslos führen. Die neue Anweisung soll nicht nur die Zahl der Arbeitslosen senken, sondern auch die Vermittlung effizienter machen.

      Bislang wurden Stellen auch solchen Bewerbern angeboten, die wegen einer Erkrankung gar nicht einsatzfähig waren - zum Ärger der betroffenen Arbeitgeber. Künftig sollen offene Stellen nur noch solchen Bewerbern gemeldet werden, die keine akuten gesundheitlichen Einschränkungen haben.



      spiegelnet.de
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 17:55:21
      Beitrag Nr. 3.309 ()
      Anlagegesellschaft verkauft
      Mannheimer grabt Reserven aus


      Der angeschlagene Versicherungskonzern Mannheimer versucht mit aller Macht, den totalen Zusammenbruch zu verhindern. Wie die "Financial Times Deutschland" schreibt, hat die Mannheimer ihre Asset Management Kapitalanlagegesellschaft (KAG) verkauft.

      Schon letzte Woche habe sich das Management der Holding zu der Blitzaktion entschlossen, berichtet die FTD. Das Tafelsilber der Versicherungsgruppe geht an die Allgemeine Grundstücks- und Treuhandgesellschaft in Berlin, die dem Wiesbadener Anwalt und Investor Wolfgang Schuppli gehört. Weder Schuppli noch die Mannheimer haben den Bericht bislang bestätigt.

      Der Investor ist in der Branche kein Unbekannter. Schuppli kontrolliert den Rechtsschutzversicherer Deurag und ist unter anderem an der Dexia Hypothekenbank, der Essener Hypothekenbank und dem Haushaltswarenhersteller WMF beteiligt. Die Mannheimer KAG verwaltete Ende 2002 insgesamt 13 Fonds mit einem Volumen von 1,2 Mrd. Euro. Davon entfielen aber nur 146 Mio. Euro auf Pulikumsfonds. Zusätzlich wurden 3,5 Mrd. Euro Vermögen für den eigenen Konzern überwacht.

      Nachdem der Rettungsversuch des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) letzte Woche gescheitert war, hatte die Finanzaufsicht BaFin der Mannheimer Leben am Donnerstag den Geschäftsbetrieb verboten. Die Versicherungsverträge werden nun auf die Auffanggesellschaft Protektor übertragen.

      Die schwachen Börsenmärkte sind der Mannheimer Leben zum Verhängnis geworden. Der Konzern hätte zum Überleben 370 Mio. Euro gebraucht. Sollte der Versicherer nun Insolvenz anmelden, könnte dies die gesamte Holding mitreißen.





      Quelle: http://www.n-tv.de/3168969.html
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 18:00:10
      Beitrag Nr. 3.310 ()
      Alstom: US-Tochter muss Bilanz korrigieren

      Bei einer US-Tochter des französischen Verkehrstechnikkonzerns Alstom sind Unregelmäßigkeiten in den Büchern des abgelaufenen Geschäftsjahres aufgetaucht. Sowohl Börsenaufsicht SEC und US-Bundespolizei FBI ermitteln.




      Alstom Transportation Inc. (ATI) muss nach einer internen Prüfung zusätzliche Abschreibungen für das abgelaufene Geschäftsjahr 2002/2003 vornehmen, welches am 31. März endete. Es seien Unregelmäßigkeiten in den Büchern aufgetaucht, die eine außerordentliche Belastung in Höhe von 51 Mio. Euro nach Steuern erforderlich machten, teilte ATI am Montag in Paris mit.

      Die Abschreibungen würden rückwirkend vorgenommen. Die beiden verantwortlichen Manager der US-Tochter wurden vorläufig suspendiert. Für die Vorgänge bei ATI interessieren sich auch die US-Börsenaufsicht SEC und die Bundespolizei FBI . Die Behörde habe eine informelle Untersuchung eingeleitet. "Alstom kooperiert vollständig mit den ermittelnden Behörden", hieß es.



      Kosten falsch abgerechnet


      Alstom teilte mit, die interne Betriebsprüfung sei aufgrund von Hinweisen eingeleitet worden, wonach es bei einem Geschäft in der New Yorker Produktionsstätte der US-Tochter zu "Unregelmäßigkeiten" in der Abrechnung gekommen sei. Entstandene Kosten aus diesem Geschäft seien nicht korrekt abgerechnet worden, in der Erwartung dass diese über andere Deals abgewickelt werden könnten. Die betroffenen Geschäfte enthielten Fixpreise. Folglich sei für Kunden der US-Tochter nicht mit nachträglichen finanziellen Forderungen zu rechnen, teilte der Mutterkonzern mit.



      Verkauf der Energiesparte?


      Für 2002/2003 hatte der Hersteller des Hochgeschwindigkeitszuges TGV bereits einen Rekordverlust verbucht. Am Montagmittag gaben die Aktien des Herstellers von Turbinen, Zügen und Schiffen in Paris um 3,8 Prozent auf 3,02 Euro nach.


      Bewegung in den Aktienkurs bringen auch Berichte, wonach ein Verkauf der Alstom-Sparte "Energieübertragung und -verteilung" näher rückt. Nachdem der Kabelhersteller Nexans ein entsprechendes Angebot für die Sparte zurückgezogen hat, zeigt sich nun offenbar der französische Atomkraftwerkbetreiber Areva interessiert. Das Unternehmen prüfe ein Angebot der Alstom, berichtete die Agentur Reuters.



      © 2003 Financial Times Deutschland


      http://www.ftd.de/ub/in/10567048740...l?nv=cd-divnews
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 18:23:06
      Beitrag Nr. 3.311 ()
      Verlustgeschäft

      Auslandsinvestitionen klingen verheißungsvoll. In der Regel stehen sie aber für Arbeitsplatzvernichtung


      Gerhard Schröder (SPD) gewann 1998 die Wahl bekanntlich auch deshalb, weil er viele neue Arbeitsplätze versprochen hatte. Kaum ins Amt berufen, richtete der Bundeskanzler die Stelle eines Bundesbeauftragten für Auslandsinvestitionen ein. Mit Hilmar Kopper, bis dahin Vorstandssprecher der Deutschen Bank, bekam ihn der gewichtigste Banker der Republik. Dessen Aufgabe ist es, ausländische Kapitalgeber zu animieren, in deutschen Landen zu investieren – weil ja angeblich Investitionen Arbeitsplätze schaffen.

      Schon im Jahr seiner Bestellung, 1998, schnellten die Direktinvestitionen ausländischer Investoren von zehn auf 22 Milliarden Euro in die Höhe. Im fünften Jahr seiner Tätigkeit, 2002, beliefen sich die Investitionen bereits auf 40 Milliarden Euro. Den Höhepunkt markierte das Jahr 2000 mit Auslandsinvestitionen von beachtlichen 211 Milliarden Euro. Ein »blendender Erfolg«, wie dem Bundesbeauftragten von der Bundesregierung bescheinigt wurde.

      Will man erfahren, um welche Investitionen es sich handelt und wie viele Arbeitsplätze durch sie geschaffen wurden, bekommt man vom Büro Koppers Statistiken aus erster Hand. Daraus geht aber lediglich hervor, aus welchen Ländern die Investoren kommen – die meisten aus anderen EU-Ländern, den USA, einige aus Taiwan, Hongkong und China, ein Zehntel übrigens aus Finanzparadiesen, sogenannten Offshore-Zentren. Fragt man nach, wie die Investoren heißen und wo sie investiert haben, stößt man auf Zurückhaltung. Dazu könne und dürfe man gar nichts sagen, heißt es apodiktisch. Allein die Branchen, in die investiert wurde, könne man nennen. Das seien vor allem Banken, Telekommunikation und Beteiligungsgesellschaften.

      Ein Mitarbeiter des Kopper-Büros verschafft schließlich die ultimative Aufklärung: Man müsse sich von der romantischen Vorstellung lösen, durch Investitionen würden Arbeitsplätze geschaffen. »Greenfield«-Investitionen nach dem Muster, daß ein Investor auf einer grünen Wiese eine neue Fabrik errichte – das gehöre in einem entwickelten Industriestaat wie Deutschland der Vergangenheit an. Heute gehe es um den Aufkauf von bestehenden Firmen und um Standortsicherung. So stellt sich etwa heraus, daß der Kauf von Mannesmann durch Vodafon eben eine solche Investition dargestellt hat. Dadurch erklärt sich auch der Investitionsboom im Jahr 2000.

      Auch die Website der Deutschen Botschaft in Washington wirbt mit Verweis auf die Stelle des Bundesbeauftragten für Investitionen in Deutschland: Neben der zentralen Lage Deutschlands in Europa werden die qualifizierten Arbeitskräfte und die »ständigen Fortschritte bei der Deregulierung« als Aktivposten angeführt. Deregulierung heißt Abbau von »Investitionshemmnissen«, also weitere Aufweichung des Kündigungsschutzes, noch mehr Zeitarbeit, noch mehr Niedriglöhne.

      In Köln sollten kürzlich die 42000 städtischen Wohnungen an einen ausländischen Investor veräußert werden. Eine Briefkastenfirma des japanischen Unternehmens Nomura wollte vom englischen Offshore-Zentrum Guernsey die Wohnungen für eine halbe Milliarde Euro aufkaufen. In der Folge sollten die Stellen einiger hundert Angestellter der kommunalen Wohnungsgesellschaften abgebaut werden. Der Deal kam nicht zustande – wäre er es doch, hätte er Eingang in die Koppersche Erfolgsstatistik gefunden.

      Zu einer einzigen von ihm betreuten Investition hat sich Kopper namentlich geäußert. Sie dürfte die einzige »Greenfield«-Investition seiner Amtszeit sein. Aber zu welchem Preis? Im thüringischen Kölleda lassen die DaimlerChrysler AG und die Mitsubishi Corporation gemeinsam ein Motorenwerk errichten. Ab Frühjahr 2004 sollen 500 Arbeitsplätze entstehen. Insgesamt werden 244 Millionen Euro investiert. Der Bundesbeauftragte lobte: »Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, halten die Neuen Bundesländer jedem internationalen Vergleich stand.« Zu besagten »Rahmenbedingungen« gehört es allerdings, daß die Investoren ordentliche staatliche Zuschüsse kassieren: Von Bund und Land hat Kopper 57 Millionen Euro Fördermittel herausgeschlagen und ganz nebenbei noch eine »Kleinigkeit« für sich selbst. Kopper ist Aufsichtsratsvorsitzender von Daimler-Chrysler.

      Was dem Wahl- und Talkshow-Volk verschwiegen wird, ist in Wirtschaft und Politik längst ein Gemeinplatz. Das Handelsblatt schrieb anläßlich des Mannesmann-Aufkaufs, der Koppers Zahlenwerk in schwindelerregende Höhe trieb: »Die Statistik trügt. Der steile Anstieg ist durch Fusionen und Firmenübernahmen geprägt. Und die haben unterm Strich mehr Arbeitsplätze vernichtet als neue geschaffen.« Ergo: Eine staatlich finanzierte Stelle sorgt für Investitionen, die zur Vernichtung von Arbeitsplätzen führen. Die Profiteure mit ihrem Bundesbeauftragten freuen sich. Und die Bundesregierung wirbt munter weiter um Auslandsinvestitionen und verspricht weiter mehr Arbeitsplätze.


      http://www.jungewelt.de/2003/07-01/016.php
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 18:26:46
      Beitrag Nr. 3.312 ()
      Sarrazins Geheimnis

      Berliner Senat will heute Doppelhaushalt 2004/2005 beschließen. Höhe der Neuverschuldung noch unklar


      Nach monatelangem Streit und trotz heftiger Proteste verschiedener sozialer Initiativen will der Berliner SPD-PDS-Senat am heutigen Dienstag den Entwurf eines Doppelhaushalts für die Jahre 2004/2005 beschließen. Das Zahlenwerk sieht drastische Kürzungen vor, darunter im Sozial- und Jugendbereich. Die von Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) geforderte »Sparsumme« von insgesamt 1,5 Milliarden Euro wird aber nicht erreicht. Sarrazins Geheimnis ist bislang, wie hoch die Nettoneuverschuldung ausfallen soll. Der Etatentwurf soll nach der Sommerpause vom Abgeordnetenhaus beraten und Ende des Jahres verabschiedet werden.

      Zu besonders umstrittenen Plänen der Koalition gehören Einschnitte im Sozialbereich. Die 265000 Sozialhilfeempfänger der Hauptstadt erhalten weniger Bekleidungsgeld und sollen künftig ihre Wege zu Fuß erledigen, da die Monatskarte durch die Streichung von Zuschüssen für sie unerschwinglich wird. Gekürzt werden auch die Mittel der Jugend- und Erziehungshilfe. Außerdem sollen Bezieher höherer Einkommen höhrere Kitagebühren zahlen. Viele Bewohner von Sozialwohnungen müssen mit steigenden Mieten rechnen. Auch Frauen-, Kinder-, Migranten- und Jugendprojekte, die Wirtschafts- und die Sportförderung bleiben vom Rotstift nicht verschont. Auf sogenannte Langzeitstudenten kommen Studiengebühren von 500 Euro pro Semester zu. Bereits mit Beginn des neuen Schuljahres werden Eltern mit maximal 100 Euro für Schulbücher zur Kasse gebeten. Mit Nullrunden für Arbeiter und Angestellte sowie Abstrichen beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld für Beamte werden die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes zur Ader gelassen. Kürzungen im Kulturbereich sind ebenfalls geplant. So droht die Schließung eines Opernhauses, falls der Bund nicht mit erhöhten Zuschüssen einspringt.

      Nach Darstellung von Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) gibt es zu dem »Sparpaket« keine Alternative. Andernfalls werde das Land mit seiner für den Herbst angekündigten Klage vor dem Bundesverfassungsgericht auf Entschuldungshilfen des Bundes scheitern. Sarrazin, der vor diesem Hintergrund einen noch viel härteren »Konsolidierungskurs« gefordert hatte, konnte sich jedoch nicht durchsetzen. Der Finanzsenator wollte unter anderem die Sozialhilfe pauschal auf das Brandenburger Niveau absenken.

      Angesichts des riesigen Schuldenberges von derzeit rund 52 Milliarden Euro und der daraus resultierenden Zinslasten entspannt sich die Haushaltslage auch nach diesen drastischen Einschnitten keineswegs. Deswegen hat der Senat bereits weitere Maßnahmen angekündigt. Die Universitäten sollen von 2004 bis 2009 nochmals 75 Millionen Euro weniger erhalten und eine Einmalzahlung von 54 Millionen Euro leisten. Eher langfristige Effekte erhofft man sich von dem bereits im Frühjahr beschlossene Stopp der Wohnungsbauförderung, dem jetzt geplanten Ausstieg aus den verlustreichen städtischen Entwicklungsgebieten und der Übertragung aller Kindertagesstätten an freie Träger.

      Offen sind allerdings haushalterische Auswirkungen bundespolitischer Entscheidungen. Weder die Konsequenzen der »Arbeitsmarktreform« noch der »Agenda 2010« sind bisher zu beziffern. Alleine für der Fall des Vorziehens der dritten Stufe der Steuerreform befürchtet man beim Senat Einnahmeverluste von mindestens 300 Millionen Euro pro Jahr.

      Die CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus wird nach der Sommerpause ein eigenes Konzept zur Haushaltssanierung vorlegen. Die »Sparvorschläge« sollen bei einer zweitägigen Klausur im August erarbeitet werden, erklärte Fraktionschef Nicolas Zimmer am Montag. Er rechne mit einer »schwierigen Debatte« in der Fraktion, sagte Zimmer. Angesichts der dramatischen Haushaltslage der Stadt werde es auch »unpopuläre Maßnahmen« geben müssen, die für die CDU »schmerzhaft« seien. Kürzungen bei Polizei, Justiz und Bildung lehne die CDU aber kategorisch ab. (ddp/jW)

      http://www.jungewelt.de/2003/07-01/010.php
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 18:28:34
      Beitrag Nr. 3.313 ()
      Allein machen sie dich ein

      Sozialbündnis plant bundesweiten Widerstand gegen Hartz-Gesetze und Agenda 2010


      Anläßlich der bevorstehenden Aktionstage gegen die am 1. Juli beginnende Umsetzung des »Hartz-Konzeptes« lud der »Runde Tisch der Erwerbslosen- und Sozialhilfeorganisationen« am Montag in Berlin zu einer Pressekonferenz. Die teilnehmenden Vertreter verschiedener sozialer Initiativen bekräftigten ihre Absicht, gegen die »vorherrschenden Konzepte in der Arbeits-, Bildungs-, Sozial- und Gesundheitspolitik« gemeinsam Widerstand zu organisieren, wie es in einer Erklärung hieß. Mag Wompel von labournet, einer Webplattform für Gewerkschaftslinke, betonte in ihrem Beitrag, daß die aktuellen Auseinandersetzungen um die »Agenda 2010« und der jüngste Rückzieher beim Streik der ostdeutschen Metaller gezeigt hätten, daß die Gewerkschaftsführungen nicht willens und in der Lage seien, den Abwehrkampf gegen Lohndumping und Sozialabbau zu führen. Zu sehr sei man dort noch der Schimäre Vollbeschäftigung verhaftet und treibe damit sogar die eigene Kernmitgliedschaft in Großbetrieben in eine Dumpingspirale. Ohne einen grundlegenden sozialpolitischen Paradigmenwechsel – weg von dem Primat der Verwertbarkeit, hin zur von der individuellen Arbeitsleistung weitgehend entkoppelten Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums – gäbe es keine Perspektive im Kampf gegen den Sozialabbau.

      Heute und in den kommenden Tagen ist eine Reihe von Veranstaltungen und Aktionen geplant. So lädt das Berliner Sozialforum heute um 19 Uhr zu einer Podiumsdiskussion unter dem Motto »Allein machen sie dich ein – Strategien gegen Sozialabbau« ins Berliner DGB-Haus (Keithstraße 1-3, U-Bahn Wittenbergplatz. Zusagesagt haben Mag Wompel (Labournet), Lothar Nätebusch (Vorsitzender IG BAU Berlin-Brandenburg), Sascha Kimpel und Birger Scholz (ATTAC) sowie Rüdiger Lötzer (IG Metall Berlin-Brandenburg).

      * Weitere Termine unter www.linksnet.de und www.labournet.de

      http://www.jungewelt.de/2003/07-01/011.php
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 21:11:24
      Beitrag Nr. 3.314 ()
      Gastkommentar
      Endlose Investitionsblasen führen ins Desaster

      Von Stephen Roach, Morgan Stanley

      30. Juni 2003 Jedem von uns sollte es fern liegen, historische Urteile auf aktuelle Ereignisse anzuwenden. Ich bin sicher, daß dies ein entscheidender Moment für die Makroökonomik ist - der viele der Schlüsselprinzipien, die die wirtschaftliche Landschaft und die Finanzmärkte nach dem Zweiten Weltkrieg bestimmt haben, herausfordert.

      Diese seismische Verlagerung reflektiert das Zusammenspiel von zwei außergewöhnlichen Entwicklungen: das Risiko einer globalen Deflation und das Fehlen konventioneller Waffen, um die nötige Anti-Deflationsschlacht zu schlagen. Es existiert eine verständliche Neigung in Richtung Risikominimierung und Vertrauen in das System, um die Probleme zu lösen. Die jüngsten Rallyes an den globalen Aktienmärkten unterstreichen diese Neigungen. Aber die grundsätzliche Frage bleibt unbeantwortet: Wie kann in einer zunehmend dysfunktionalen globalen Wirtschaft das Gleichgewicht wieder hergestellt werden?

      Die Politiker und die Finanzmärkte sind derzeit auf die große Deflationsdebatte eingeschossen. Haben sie daher auch den Blick dafür verloren, was diesen momentanen Zustand eigentlich verursacht hat? Meiner Ansicht nach ist alles auf die Investitionsblasen zurückzuführen - auf die Übertreibungen, die sie auf dem Weg nach oben herbeigeführt haben, und die sich auseinanderziehende Bereinigung, die sie auf dem Weg nach unten fordern. Das große Problem bei Investitionsblasen besteht darin, daß sie von der einen Asset-Klasse auf die nächste überspringen, von den Aktien zu den Immobilien hin zu den Anleihen. Genau das ist in Japan der Fall gewesen und ein ähnliches Muster entwickelt sich auch in den Vereinigten Staaten. Das Resultat ist eine endlos erscheinende Aneinanderreihung von Investitionsblasen, die die Gefahren in der Endphase nur erhöhen. Leider sorgen die verantwortlichen Politiker durch ihre Reaktionen praktisch selbst für eine Ansteckung zwischen den Asset-Klassen.

      Übertreibungen aus den Blasen unterstützen Vermögenseffekt

      Dies resultiert in der Regel aus dem Verhalten der Zentralbanken. Die Erfahrungen in Amerika stellen ein klassisches Beispiel für dieses Multi-Blasen-Syndrom dar. Für das Wachsen der Aktienmarktblase in den späten neunziger Jahren hat meiner Ansicht nach die amerikanische Zentralbank Federal Reserve (Fed) eine Schlüsselrolle gespielt. Indem sie ihre Geldpolitik mit Blick auf die so genannte New Economy gestaltet hat - das vollkommene Szenario mit einem hohen Wachstum und einer niedrigen Inflation - hat die amerikanische Zentralbank niedrige Zinsen beibehalten, was für die Aktien eine außergewöhnliche Unterstützung ihrer Bewertungen bedeutete. Eine zusätzliche Geldspritze im Vorfeld der Jahrtausendwende stellte das Sahnehäubchen dar. Das Fortdauern der niedrigen Zinsen unmittelbar nach dem Platzen der Investitionsblase Anfang 2000 ermöglichte im Anschluß wunderbar das Entstehen der Investitionsblase am amerikanischen Immobilienmarkt. Und als die Fed begann, die Zinsen aggressiv zu senken, um den vielen möglichen Fallgruben beizukommen - eine Rezession, die kontinuierlich schwache wirtschaftliche Erholung und das neuerdings am Horizont auftauchende Deflationsrisiko -, ist eine neue Blase entstanden.

      Da eine Investitionsblase in die nächste übergeht, vertieft sich das Moral-Hazard-Dilemma - und unterstreicht die zunehmenden Gefahren in der am Anleihemarkt stattfindenden Endrunde. Die Fed hat sich trotz ihrer guten Absichten zum Erzeuger von fortlaufenden Investitionsblasen entwickelt. Die Vermögenseffekte, die aus diesen Investitionsblasen entstanden sind, wurden zu Hauptquellen für das wirtschaftliche Wachstum in den Vereinigten Staaten. Die Konsumenten haben das erste Mal in den späten neunziger Jahren begriffen, wie dieses Spiel funktioniert. Aus fünf aufeinanderfolgenden Jahren mit Gewinnen des S&P 500 in Höhe von 25 Prozent haben die amerikanischen Haushalte geschlossen, daß der Aktienmarkt zu einer neuen, nie versiegenden Quelle persönlicher Ersparnis geworden sei.

      Das Resultat war, daß das Wachstum der Konsumausgaben weit über das verfügbare Einkommen in die Höhe schoß, während die Sparrate von 6,6 Prozent Ende 1994 auf 0,3 Prozent Ende 2001 fiel. Als die Investitionsblase an den Aktienmärkten Anfang 2000 platzte, bewegten sich die Konsumenten zu einem neuen Strom des Vermögenseffektes: sie nutzten die Möglichkeit der Refinanzierung von Hypothekenkrediten zu ihrem Vorteil, indem sie ihre neu gewonnene Kaufkraft aus den stetig steigenden Werten im Immobiliensektor herauszogen. Damit wurde für den ewig konsumierenden Amerikaner das Wunder auch in den frühen Stufen der Marktbereinigung nach dem Platzen der Investitionsblase am Aktienmarkt am Leben gehalten. Dann, als sich 2002 die Immobilienpreise abzuflachen begannen, übernahm die Investitionsblase am Anleihemarkt das Zepter, indem sie den Unternehmen eine Erholung bei den Kosten der Geldaufnahme und den in Anleihen investierten Anlegern neue Gewinne ermöglichte. Jetzt, da die Investitionsblase am Anleihemarkt ein reifes Stadium erreicht, besteht die Hoffnung, daß das Spiel wieder von vorne beginnen kann, indem die Aktienmärkte wieder in die Höhe schnellen.

      Fortsetzung unter dem angehängten Link „Dramatische wirtschaftliche Schwierigkeiten absehbar“

      Text: @cri
      faznet.de
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 21:15:23
      Beitrag Nr. 3.315 ()
      Gastkommentar
      Dramatische wirtschaftliche Schwierigkeiten absehbar

      Von Steven Roach, Morgan Stanley

      30. Juni 2003 Dieser endlos erscheinende Strom von Investitionsblasen hat die Übertreibungen in einer wohlstandsabhängigen amerikanischen Wirtschaft angeheizt. Die Konsumenten sind von ihrer Extraportion Kaufkraft, die sie aus ihren überbewerteten Investitionsanlagen ziehen, abhängig geworden.

      Vermögenseffekt erhöht Verschuldungsgrad

      Aber dabei handelt es sich wohl kaum um eine kostenloser Zugewinn, sondern sie hat stattdessen den Überhang der persönlichen Schuldenlast auf ein Rekordniveau steigen lassen. Die Verschuldung der Haushalte übersteigt mittlerweile 80 Prozent des amerikanischen BIP und liegt damit deutliche 15 Prozentpunkte höher als die Verschuldungsgrade Anfang der neunziger Jahre. Es ist uns mehrfach gesagt worden, daß wir uns keine Sorgen darüber machen brauchen, denn der Schuldenüberhang werde in einem Niedrigzinsumfeld wenig Konsequenzen haben. Nach alledem hören wir, daß es der Schuldendienst sei, der zählt - das Verhältnis des Zinsaufwandes zum persönlichen verfügbaren Einkommen. Aber auch auf dieser Basis gibt es nur wenig Grund, sich entspannt zurückzulehnen.

      Die Schätzungen der Federal Reserve ergeben einen gesamten Schuldendienst der amerikanischen Haushalte für Anfang 2003 in Höhe von 14 Prozent, etwas niedriger als das Allzeit-Hoch von 14,4 Prozent Ende 2001 und deutlich über dem Normwert aus den neunziger Jahren von 12,9 Prozent. Für mich bedeutet dies alles, daß selbst in Anbetracht der 45-Jahre-Tiefs bei den Zinsen, der Schuldenüberhang hoch genug ist, um die Last durch den Schuldendienst an das obere Ende der historischen Erfahrungswerte zu katapultieren. Das ist wohl für keine Wirtschaft tröstlich. Aber mit Zinsen, die gegenüber einem Aufwärtsdruck im Falle einer Anpassung der amerikanischen Leistungsbilanz empfindlich reagieren und persönlichen Einkommen, die auf einen Abwärtsdruck reagieren, wenn das Pendel der Kostensenkungen in Richtung Arbeit schwingt, bestehen gute Gründe, um über ein potenzielles Schuldenproblem nachzudenken. Amerika steht am Rande einer Deflation, daher können solche Befürchtungen nicht einfach auf die leichte Schulter genommen werden.

      Nach dem Platzen der Aktienblase folgen Immobilien und Anleihen

      Dies alles unterstreicht ein steigendes, schwer zu bewältigendes Moral-Hazard-Dilemma. Zunächst erschien die Investitionsblase an den Aktienmärkten „zu groß, um zu scheitern“ - folglich sorgte sich die Fed um die Auswirkungen eines scharfen Falls am Aktienmarkt. Das New-Economy-Mantra der Fed hat die Überzeugung der Investoren noch verstärkt, daß man sich in einer rapide wachsenden amerikanischen Wirtschaft mit Vollbeschäftigung keine Sorgen um eine Zinserhöhung zu machen brauche. Sobald aber die Aktienblase geplatzt war, wurde die Unterstützung des Eigenheimrefinanzierungszykluses durch die niedrigen Zinsen zum essentiellen Faktor, um den Schaden zu begrenzen. Durch die Betonung der Wichtigkeit des Refinanzierungszykluses als Quelle für das wirtschaftliche Wachstum in einem ansonsten nach dem Platzen der Blase eher gefährlichen Klima, garantierte die Fed im Grunde, daß sie diesen Prozess der Vermögensextraktion weiter anheizen würde.

      Jetzt, da sich die Fed der Anti-Deflations-Bekämpfung zugewandt hat, ist eine Investitionsblase am Anleihemarkt entstanden - was die Annahme der Investoren reflektiert, daß die Zentralbank den Leitzins für eine unbestimmte Zeit ungewöhnlich niedrig halten wird. Zur gleichen Zeit haben die nach Renditen hungernden Investoren die Credit Spreads auf ein unglaublich niedriges Niveau drückt. Plötzlich erscheint die Investitionsblase am Anleihemarkt als zu groß, um platzen zu können! So wie der „Greenpsan-Put“ die Aktien unterstützt hat, treibt jetzt der „Bernanke-Put“- der Glaube, daß die Fed die langfristigen Zinsraten nach dem Deflationskampf ausrichtet - den Anleihemarkt in die Höhe.

      Fed spielt auf Zeit

      Es ist schwer vorhersehbar, wie und wo das alles schließlich enden mag. Die Strategie der Fed scheint in erster Linie darauf hinauszulaufen, Zeit zu gewinnen. Sie hofft bei der Bereinigung der Investitionsblasen auf eine schrittweise und freundlich verlaufende Endphase. Das ist sicherlich möglich. Aber es besteht leider auch die Möglichkeit, daß die Fed umsonst hofft. Ich würde der Alternative, daß es einen heimtückischeren Tag der Wahrheit geben wird, in etwa die gleichen Chancen einräumen. Meine Befürchtungen rühren nicht nur von dem durch die Investitionsblasen induzierten Schuldenüberhang her, sondern auch von den zunehmend Unheil verkündenden Leistungsbilanzeffekten einer Wirtschaft mit einer zu geringen Ersparnis.

      In Anbetracht der übergroßen staatlichen Haushaltsdefizite und den immensen mehrjährigen Steuersenkungen, die Washington gerade beschlossen hat, ist es nicht allzu weit hergeholt, sich auszumalen, daß die nationale Sparquote innerhalb der nächsten zwölf bis 18 Monate von einem Rekordtief bei 1,3 Prozent in der zweiten Jahreshälfte 2002 auf „Null“ absinkt. Wenn das geschieht, würde sich das Leistungsbilanzdefizit von seinem Rekordniveau bei 5,1 Prozent des BIP im ersten Quartal 2003 bis Ende 2004 auf 6,5 bis sieben Prozent weiter erhöhen. Solch ein massives amerikanisches Leistungsbilanzdefizit könnte sehr gut die Basis für das Abschlußfeuerwerk in der Endphase der Investitionsblasen bilden - eine ausgewachsene Dollarkrise, die der globalen Wirtschaft und den Finanzmärkten einen kräftigen Wind um die Ohren blasen würde.

      Übertreibungen aus der Aktienblase noch nicht abgebaut

      Der größte Unterschied zwischen meiner pessimistischen Ansicht und den optimistischeren Blicken anderer ist auf die destruktive Wirkung der Investitionsblase zurückzuführen. Mehr als drei Jahre nach dem Platzen der amerikanischen Investitionsblase an den Aktienmärkten besteht eine verständliche Versuchung, daran zu glauben, daß es an der Zeit wäre, endlich weiterzugehen. Eine massive Dosis an fiskal- und geldpolitischen Stimulierungen in Kombination mit einer kräftigen Erholung am Aktienmarkt verstärkt diese Verlockungen noch. Nach meiner Einschätzung dauert das Vermächtnis dieser monströsen Investitionsblase noch an - sowohl an den Finanzmärkten als auch in Form der erzeugten Übertreibungen in der Realwirtschaft und den entsprechenden Bilanzen. So lange diese Übertreibungen nicht abgebaut worden sind, bleibe ich bei meiner Überzeugung, daß Amerika genau aus diesem Blickwinkel betrachtet werden muß. Da die eine Blase in die nächste übergreift, verstärkt sich das Moral-Hazard-Dilemma nur weiter. Und es wird schwieriger und schwieriger den Teufelskreis zu durchbrechen, ohne schließlich in dem gefürchteten und lange hinausgezögerten Endspiel zu stehen.

      Ob wir wollen oder nicht, wir befinden uns in unbekannten Gewässern, sowohl hinsichtlich der Diagnose der Probleme dieser Welt als auch dem Verschreiben einer geeigneten Medizin. Die herkömmlichen politischen Alternativen sind so gut wie alle ausgeschöpft und die Institutionen sind gezwungen, zu improvisieren. Ungeachtet des neu gefundenen Optimismus hinsichtlich der weltweiten Aktienmärkte gibt es keine Garantien für die Zugkraft der Politik in diesem durch die Investitionsblasen belasteten Klima. Was mir am meisten Sorgen bereitet ist die Annahme, daß es eine vergleichsweise schnelle und harmlose Heilung für die Probleme dieser Welt geben würde. Ich muss zugeben, daß ich daran nicht mehr glauben kann, genauso wenig wie ich der „marktgetesteten“ Rhetorik des New Paradigm in den späten neunziger Jahren gefolgt bin. Meiner Meinung steht die Welt einer Ansammlung der härtesten wirtschaftlichen Schwierigkeiten seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges gegenüber. Ich hätte nie gedacht, daß ich solche profunden Herausforderungen der makroökonomischen Kernprinzipien erleben würde.

      Teil 1 unter „Endlose Investitionsblasen führen ins Desaster“

      Text: @cri
      faznet.de
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 21:18:59
      Beitrag Nr. 3.316 ()
      Anleihen
      Japanischer Rentenmarkt am Rande des Abgrunds


      30. Juni 2003 Fielen die Renditen in Japan noch bis vor Kurzem auf immer neue Rekordtiefs, so hat sich das Bild in den vergangenen Tagen ziemlich verändert. Denn im Rahmen der Kursverluste an den internationalen Rentenmärkten kam es auch in Japan zu deutlichen Kursverlusten.

      Die Anleihe mit einem Verfall im Juni des Jahres 2013 und einem Kupon von 0,5 Prozent ist von ihrem Hoch von 100,59 Prozent auf nun noch 97,01 Prozent gefallen. Die Rendite hat sich auf niedrigem Niveau von 0,43 8 Prozent auf 0.825 Prozent beinahe verdoppelt.

      Banken scheinen unter Verkaufsdruck zu stehen

      Dafür werden vor allem die heimischen Banken verantwortlich gemacht. Sie hätten die Wertpapiere verkauft, um Bilanzverluste zum Ende des zweiten Quartals entweder zu vermeiden oder wenigstens zu begrenzen. Denn Bankriesen wie Mizuho Financial, mit Blick auf das verwaltete Vermögen die größte Bank der Welt, halten festverzinslich Anleihen im Gegenwert von etwa 500 Milliarden Dollar.

      „Die Banken können das Risiko weiter steigender Renditen nicht eingehen und könnten geneigt sein, vorsichtshalber zu verkaufen,“ erläutert ein Marktteilnehmer die Überlegungen. Wenn die Rendite um einen halben Prozentpunkt steigt, dann dürften die elf größten Banken des Landes einen Verlust von knapp fünf Milliarden Euro verbuchen.

      Es gibt zwar auch Spekulationen, manche Häuser könnten im japanischen Rentenmarkt als Käufer eintreten, um auf die monatliche Anpassung des Vergleichsindex zu reagieren. So will beispielsweise Nomura die Duration ihres Portfolios leicht erhöhen. Allerdings dürfte das nur ein kurzfristiger Effekt sein.

      Globale Konjunkturentwicklung entscheidend

      Entscheidend wird sein, wie die Konjunkturdaten in Amerika ausfallen werden und wie sie vom internationalen Rentenmarkt aufgenommen werden. Wenn sich die Überzeugung durchsetzt, daß die Wirtschaft in den Vereinigten Staaten wieder in Schwung kommt und als Konjunkturlokomotive den Rest der Welt mit nach oben zieht, dann dürften Zinssenkungsphantasien verpuffen und die Rentenmärkte weiter unter Druck setzen. Der japanische Markt dürfte sich davon kaum abkoppeln können.

      Das wäre allerdings fatal für die sowieso schon mager ausgestattete Kapitalbasis der angeschlagenen Bankriesen. Denn in dem Moment, in dem klar wird, daß sie am Rentenmarkt als Verkäufer auftreten oder gar erscheinen müssen, dürfte eine gefährliche Situation entstehen. Denn plötzlich hätten sie den Markt gegen sich. Manche Hedge Funds reden jetzt schon über die „Verkaufsgelegenheit des Jahrhunderts“. Es bleibt nur zu hoffen, daß dieses Szenario nicht eintritt. Denn es wäre ein Stressfaktor für das globale Finanzsystem.

      Text: @cri
      faznet.de
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 21:23:24
      Beitrag Nr. 3.317 ()
      Italien in der Stromkrise
      Versorgung droht zusammenzubrechen - Wegen der Hitzewelle laufen die Klimaanlagen auf Hochtouren


      von Barbara Wörmann

      Rom - Italien sitzt im Dunkeln, und Europa lacht sich kaputt. Wie gern hätte Ministerpräsident Silvio Berlusconi an diesem Dienstag mit hoch erhobenem Haupt die EU-Ratspräsidentschaft angetreten. Nun muss sich der "Cavaliere" für eine anachronistisch anmutende Energiekrise verspotten lassen.


      Die seit Wochen brütende Hitze in Italien hat den Stromverbrauch, vor allem durch Klimaanlagen, so sehr in die Höhe getrieben, dass erstmals seit dem zweiten Weltkrieg die Versorgung nicht mehr gesichert ist. Blockierte Aufzüge, stockfinstere Tunnel und jede Menge Eis, dass bei 35 Grad im Schatten in wenigen Minuten dahin schmilzt - völlig überraschend mussten am vergangenen Donnerstag sechs Millionen Italiener "auf den Saft aus der Dose" verzichten. Weitere Ausfälle sind bereits angekündigt. Im Stundentakt informieren die Stromanbieter über die Versorgungslage.


      "Dass sich die sechst stärkste Wirtschaftsmacht der Welt nicht selbst mit ausreichend Strom versorgen kann, ist absurd und armselig", wettert Alberto Clô, Mitglied im Vorstand des Energieriesen Eni. Schuld sei die missglückte Reform des Stromsektors. Bei dem Gerangel um die Privatisierung sei missachtet worden, dass die stabile Versorgung der Bevölkerung oberste Priorität haben müsse. "Jetzt schiebt jeder dem anderen die Schuld in die Schuhe", beklagt der Ex-Industrieminister. "Dabei ist der Notstand seit langem bekannt."


      Auslöser des plötzlichen Strommangels war nach Angaben des nationalen Energieverteilers GRTN ein Problem mit dem französischen Zulieferer Electricite de France (EdF). Hintergrund sind jedoch eine ganze Reihe unglücklicher Umstände: Das italienische Stromnetz hat eine Kapazität von 55 600 Megawatt, am vergangenen Dienstag wurde bereits ein Rekord-Verbrauch von 52 000 gemessen. Dieses Jahr hat der italienische Hochsommer bereits im Mai begonnen. Seit Wochen leidet ein Großteil der Peninsula unter Temperaturen, die man bislang nur aus dem August kannte. Erst dann ordnen viele Unternehmen "Hitze"-Ferien an - bis dahin wird die Klimaanlage voll aufgedreht.


      Doch in Italien mangelt es schlicht an Kraftwerken. Dabei hat das Land die höchsten Elektrizitätspreise in Europa und wäre deshalb ein interessanter Markt für Investoren. Ehrgeizige Projekte sind aber bisher an den notwendigen Baugenehmigungen gescheitert. Hinzu kommt, dass im Zuge der Privatisierung einzelne Regionalbehörden für die Energieversorgung zuständig sind, was die Koordination erschwert. "Wir sind bemüht, neue E-Werke zu bauen", verteidigt sich Industrie-Minister Antonio Marzano, aber das gehe nicht von heute auf morgen.


      Wo es an Energie fehlt, stehen sogleich die Befürworter der Atom-Energie auf der Matte. Marzanos Vizeminister Adolfo Urso fordert die Rückkehr zu Kernkraftwerken als mittelfristige Lösung des Problems. In Italien gibt es derzeit keine Reaktoren, weil die Bürger nach dem Tschernobyl-Unglück in einer Volksabstimmung deren Stilllegung beschlossen hatten.


      Richtig teuer könnte der Stromausfall für die großen Operatoren Enel, Acea und Aem und den Regulierer GRTN werden. Als erster Verband fordern die Lebensmittelhändler Schadensersatz in Höhe von 70 Mio. Euro. Antonio D"Amato, Präsident des mächtigen Verband Confindustria schlägt in die gleiche Kerbe: "20 Jahre ohne Energiepolitik sind schuld daran, dass die Menschen heute über eine Stunde in den Aufzügen stecken bleiben."


      Minister Marzano hingegen ruft seine Landsleute zum Energiesparen auf - eine Tugend, die südlich der Alpen wenig verbreitet ist. Ist es im Zimmer arktisch kalt, öffnet man lieber das Fenster als die Klimamaschine zu drosseln.


      Artikel erschienen am 1. Jul 2003



      welt.de
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 21:33:08
      Beitrag Nr. 3.318 ()
      Ansprache an Millionäre, Gedicht von Erich Kästner



      Ansprache an Millionäre


      Warum wollt ihr solange warten,
      bis sie euren geschminkten Frauen
      und euch und den Marmorpuppen im Garten
      eins über den Schädel hauen?

      Warum wollt ihr euch denn nicht bessern?
      Bald werden Sie über die Freitreppen drängen
      und euch erstechen mit Küchenmessern
      und an die Fenster hängen.

      Sie werden Euch in die Flüsse jagen.
      Sinnlos werden dann Schrei und Gebet sein.
      Sie werden euch die Köpfe abschlagen.
      Dann wird es zu spät sein.

      Dann wird sich der Strahl der Springbrunnen röten.
      Dann stellen sie euch an die Gartenmauern.
      Sie werden kommen und schweigen und töten.
      Niemand wird über euch trauern.

      Wie lange wollt ihr euch weiter bereichern?
      Wie lange wollt ihr aus Gold und Papieren
      Rollen und Bündel und Barren speichern?
      Ihr werdet alles verlieren.

      Ihr seid die Herren von Maschinen und Ländern.
      Ihr habt das Geld und die Macht genommen.
      Warum wollt ihr die Welt nicht ändern,
      bevor sie kommen?

      Ihr sollt ja gar nicht aus Güte handeln!
      Ihr seid nicht gut. Und auch sie sind´s nicht.
      Nicht euch, aber die Welt zu verwandeln,
      ist eure Pflicht!

      Der Mensch ist schlecht. Er bleibt es künftig.
      Ihr sollt euch keine Flügel anheften.
      Ihr sollt nicht gut sein, sondern vernünftig.
      Wir sprechen von Geschäften.

      Ihr helft, wenn ihr halft, nicht etwa nur ihnen.
      Man kann sich, auch wenn man gibt, beschenken.
      Die Welt verbessern und dran verdienen-
      das lohnt, drüber nachzudenken.

      Macht Steppen fruchtbar.Befehlt. Legt Gleise.
      Organisiert den Umbau der Welt!
      Ach, gäbe es nur ein Dutzend Weise
      mit sehr viel Geld...

      Ihr seid nicht klug. Ihr wollt noch warten.
      Uns tut es leid. Ihr werdet´s bereuen.
      Schickt aus dem Himmel paar Ansichtskarten!
      Es wird uns freuen.

      Erich Kästner
      http://f7.parsimony.net/forum9673/messages/29516.htm
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 21:42:37
      Beitrag Nr. 3.319 ()
      Massenarbeitslosigkeit ist eine Folge des fehlerhaften Geldsystems
      Was hat der Zins mit der Arbeitslosigkeit zu tun?


      Wer ein Problem lösen will, muss seine Ursachen ergründen. Ausgehend von den Ursachen, unterscheidet die Wissenschaft vor allem zwischen konjunktureller und struktureller Arbeitslosigkeit. Die erste wird durch Konjunktureinbrüche ausgelöst, die zweite z.B. durch Rückgang des Arbeitskräftebedarfs als Folge von Produktivitätssteigerungen oder außenwirtschaftlichen Einflüssen.
      Neben diesen beiden Arten bzw. Begründungen der Arbeitslosigkeit und der saisonal bedingten Arbeitslosigkeit, wird als eine weitere häufig auch die so genannte freiwillige Arbeitslosigkeit angeführt. Damit sind im allgemeinen diejenigen Arbeitslosen gemeint, die sich nicht um Arbeit bemühen und mit den Unterstützungen des Sozialstaates zufrieden sind. Von der sicherlich ähnlich großen Gruppe von Bürgern, die auf Grund ihrer Vermögenseinkünfte freiwillig auf Arbeit verzichten, ist seltener die Rede.
      Wenn wir nachfolgend diese Vermögenseinkünfte und damit den Zins mit der Arbeitslosigkeit in Verbindung bringen, so geht es dabei allerdings weniger um die freiwillige Arbeitslosigkeit der Kapitalrentner, als vielmehr um die direkten Auswirkungen der Zinswirtschaft auf die Beschäftigungslage und die Hintergründe der erstgenannten Arten der Arbeitslosigkeit, also der konjunkturell und strukturell bedingten.
      Welche engen Beziehungen zwischen den Zinsen, den Zinsveränderungen und dem Arbeitsmarkt bestehen, geht aus der Darstellung bereits optisch hervor. In ihr sind im unteren Teil die Entwicklungen einiger Marktzinssätze eingetragen, außerdem die Verzinsung des Bank-Geschäftsvolumens, die in etwa der Durchschnittsverzinsung aller Bankkredite entspricht.

      Vergleicht man diese Zinssatzkurven mit der darüber dargestellten Entwicklung der Arbeitslosigkeit, dann wird erkennbar, dass jedem Anstieg der Zinssätze mit einer Verzögerung von etwa zwei Jahren auch ein Anstieg der Arbeitslosigkeit folgt. Diese Verbindung wird noch deutlicher, wenn man die oben in der Grafik eingetragene Kurve der Zinslastquote zum Vergleich heranzieht. In dieser Zinslastquote sind die Zinserträge der Banken, die in der Kurve darunter in Mrd DM wiedergegeben sind, in Prozenten des Bruttoinlandsprodukts (BIP) umgerechnet. Aus dieser Umrechnung ergibt sich also die jeweilige konkrete Zinsbelastung der Volkswirtschaft, gemessen an ihrer jeweiligen Leistungsfähigkeit.
      Die Entwicklungen der Zinslastgrößen und -quoten
      Im Gegensatz zu den Zinssatzkurven im unteren Teil der Grafik, die in einem bestimmten Korridor schwanken, zeigen die beiden oberen Kurven einen steil ansteigenden Verlauf. So nahmen die Bankzinserträge in den 30 Jahren von 49 auf 724 Mrd DM und damit auf das rund 15-fache zu, zweieinhalb Mal mehr als das BIP, das in der gleichen Zeit „nur“ auf das Sechsfache gesteigert wurde. Diesen Anstieg auf das Zweieinhalbfache weist entsprechend auch die Zinslastquote auf, die in den 30 Jahren von 7,3 auf 18,3 Prozent des BIP zunahm. Ursache dieser übermäßigen Zunahme der Zinserträge und -lasten ist die Überentwicklung der Geldvermögen und Schulden, gemessen an der Wirtschaftsleistung. Geht man bis 1950 zurück, dann ist die heutige Wirtschaftsleistung, auf Grund dieser Überentwicklungen der monetären Bestandsgrößen, sogar fünf Mal so stark mit Zinsen belastet wie zum Beginn unserer Wirtschaftsepoche. Konkret: Mit einer Mark Inlandsprodukt mussten Anfang der 50er Jahre erst 60 Pfennig Geldvermögen/Schulden bedient werden, im Jahr 2000 aber drei Mark.
      Der relativ moderate Verlauf der Bankzinserträge hängt mit den verzögerten Umsetzungen der Zinssatzveränderungen zusammen, die sich durch die unterschiedlich langen Laufzeiten der Kredite ergeben. Trotzdem kam es in jeder der drei Zinsanstiegsphasen 1972-74, 1978-82 und 1988-92 jeweils zu einer Verdopplung der Milliardenbeträge.

      Die extrem hohen Schwankungen der Zinslastquoten resultieren aus dem Tatbestand, dass mit den ansteigenden Zinssätzen das Wirtschaftswachstum abgebremst und schließlich sogar gegen Null oder ins Minus gedrückt wird. Den steigenden Zinsbelastungen stehen also langsamer wachsende und schließlich sogar einbrechende Wirtschaftsleistungen gegenüber, wodurch sich die negativen Auswirkungen gewissermaßen addieren.
      Wie aus der Darstellung ebenfalls hervorgeht, bricht jeweils ein Jahr nach den Zinslastgipfeln auch der Anstieg der Arbeitslosigkeit ab. Allerdings setzt sich die Erholung der Wirtschaft und damit auch der Abbau der Arbeitslosigkeit immer zögerlicher durch. Nach dem letzten Zinslastgipfel1993 kam es sogar nur zu einem einjährigen Rückgang der Zinslastquote, die gleich danach - trotz der ständig und auf einen Tiefstand fallenden Zinssätze - wieder anstieg. Ursächlich dafür ist der Tatbestand, dass inzwischen die Vorteile der Zinssatzsenkungen durch die rasant wachsenden Geldvermögen und Schulden neutralisiert bzw. sogar überkompensiert werden. Als Folge stiegen die Zinserträge der Banken, statt mit den Zinssätzen weiter abzusinken, von 1994 bis 1999 um 31 Prozent an, während das Sozialprodukt nur um 14 Prozent zulegte. Dabei war es durch die Vereinigung der deutschen Staaten sogar zu einer relativen Entlastung in der Quotenkurve gekommen, wie aus der Unterbrechung 1990-91 erkennbar ist. Diese Entlastung ist darauf zurück zu führen, dass die gesamtdeutsche Wirtschaftsleistung durch die neuen Länder relativ stärker zunahm als die Bestände der Geldvermögen und Schulden.
      Zurück zum Thema Arbeitslosigkeit:
      Die in der Grafik wiedergegebenen Anstiegsschübe der Arbeitslosigkeit lassen sich zwar als konjunkturelle Erscheinungen deuten. Deren Entstehen ist jedoch in erster Linie auf die Zinssatzanstiege zurückzuführen. Diese negativen Auswirkungen der Zinssatzanstiege aber nehmen mit den überproportionalen Entwicklungen der Geldvermögen und Schulden, die inzwischen bei mehr als 12 Billionen DM bzw. 6 Billionen Euro liegen, ständig noch zu. Angesichts dieser inzwischen erreichten Größen, schlägt ein Prozent Zinssatzerhöhung rechnerisch mit mehr als 120 Mrd DM bzw. 60 Mrd Euro zu Buche. Das aber entspricht einer Erhöhung aller Nettolöhne und -gehälter um 11 Prozent oder der Mehrwertsteuern bzw. Krankenversicherungsausgaben um 60 Prozent!
      Dass solche Rechnungen nicht theoretischer Natur sind, zeigt sich an den Zinserträgen der Banken, die trotz sinkender Zinssätze zwischen 1994 und 1999 p.a. um rund 30 Mrd DM zulegten, bedingt vor allem durch die weitere Eskalation der zu verzinsenden Schuldenbestände. Kommt es dann auch noch zu einem erneuten Anstieg der Zinssätze, wird die ganze Dramatik erst recht sichtbar: Schon der geringe Anstieg der Kapitalmarktzinssätze um 1,1 Prozentpunkte ließ im Jahr 2000 die Zinserträge der Banken um 94 Mrd DM eskalieren, was drei Mal soviel war wie der viel beklagte Anstieg der Mineralölpreise vor drei Jahren! Und die Zinslastquote, von 16,4 auf 18,3 Prozent gestiegen, beanspruchte fast ein Fünftel des Inlandsprodukts. Bezogen auf das Volkseinkommen waren es sogar schon 25 Prozent!

      Da auf Grund ihres hohen Verschuldungsanteils die Unternehmen rund drei Viertel dieser zinsbedingten Lasten verkraften müssen, wird auch die enge Verbindung dieser Kostenanstiege mit der Beschäftigung nachvollziehbar. Denn da sich angesichts des zuspitzenden Konkurrenzkampfes solche Kostenanstiege kaum noch über Preiserhöhungen auf die Endverbraucher überwälzen lassen, bleiben den verschuldeten Unternehmen zu ihrem Ausgleich nur rigorose Einsparungen übrig. Gleichgültig ob diese Einsparungen durch Rückstellungen von Investitionen erfolgen oder durch Entlassungen von Arbeitskräften: in beiden Fällen nimmt die Arbeitslosigkeit schlagartig zu.
      Die bereits im Jahr 2001 registrierte Zunahme der Arbeitslosigkeit ist darum zweifelsfrei in erster Linie auf den erwähnten Zinslastanstieg im Jahr 2000 zurückzuführen. Und da die den Hochzinsphasen folgenden Wellen der Insolvenzen, die uns auch heute noch jedes Jahr rund eine halbe Million Entlassungen kosten, durch den erneuten Zinsanstieg gewiss verstärkt werden, dürfte der im Jahr 2001 begonnene Anstieg der Arbeitslosigkeit auch im Wahljahr 2002 nur schwer abzubremsen sein. Es sei denn, man könnte die Löhne insgesamt um jene Milliardenbeträge senken, die sich das Geldkapital jedes Jahr mehr aus dem Wirtschaftskuchen heraus schneidet.
      Aber nicht nur die konjunkturelle Arbeitslosigkeit ist im höchsten Maße mit den Zinsentwicklungen verbunden; auch bei der strukturellen Arbeitslosigkeit ist das zu einem guten Teil der Fall. Denn der Zwang zu Einsparungen im Lohnsektor verstärkt auch den Austausch von Menschen gegen Maschinen und damit wiederum den Trend zur Entlassung von Arbeitskräften.


      Fazit:
      Von Ausnahmen abgesehen, werden diese hier dargelegten zinsbedingten Ursachen der Arbeitslosigkeit bislang kaum angesprochen, schon gar nicht als Erklärung für das Phänomen der ständig zunehmenden Beschäftigungsprobleme. Deshalb müssen auch alle Versuche scheitern, diese Probleme auf politischer Ebene zu lösen. Auch das „Bündnis für Arbeit“ kann darum mit noch so vielen Gesprächsrunden kaum zu einer Veränderung der Gegebenheiten beitragen. Es sei denn, das bisher nicht beteiligte Geldkapital würde zu den Gesprächsrunden mit herangezogen und dazu verpflichtet, die Ausweitung seiner Ansprüche an der Entwicklung der Wirtschaftsleistung zu orientieren. Solange das nicht der Fall ist, kann das Verteilungsgleichgewicht zwischen Kapital und Arbeit letztendlich immer nur durch Kürzungen der Lohneinkommen hergestellt werden. Die heute politisch angestrebte Lösung des Problems über ein entsprechend hohes Wirtschaftswachstum, ist angesichts der Umweltfolgen wie der überfüllten Märkte völlig illusorisch.
      Gleichgültig aber, ob wir das Verteilungsgleichgewicht durch Entlassungen oder Lohnsenkungen erreichen, kommt es in beiden Fällen zum Rückgang der Massenkaufkraft und damit der Nachfrage, der durch die Zinsempfänger mangels Bedarf nicht ausgeglichen werden kann. Damit bleibt nur der Rücktransfer der sich dort stauenden Kaufkraftüberschüsse über erneute Kreditausweitungen, womit sich die Gesamtproblematik ebenso weiter erhöht wie die Gefahren für die Konjunktur und die Beschäftigung.
      Helmut Creutz
      http://www.inwo.de/ticker/news/start_1001534716.html
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 21:44:13
      Beitrag Nr. 3.320 ()
      Neue Millionenlast hätte Folgen


      WestLB droht weiteres Ungemach



      Der bisherige Vorstandschef der WestLB, Jürgen Sengera, hat nach Angaben aus Aufsichtsratskreisen bei der letzten AR-Sitzung im Mai weitere Wertberichtigungen nicht ausgeschlossen. Eine Summe hatte Sengera, der vergangene Woche die WestLB verlassen hatte, den Kreisen zufolge damals aber nicht genannt.




      Reuters DÜSSELDORF. „Sengera hat in der letzten AR-Sitzung Andeutungen über mögliche zusätzliche Wertberichtigungen gemacht, aber nicht in welcher Größenordnung“, hieß es in den Aufsichtsratskreisen am Montag. „Mögliche weitere Wertberichtigungen wurden bislang nur am Rande behandelt, aber auch nicht ausgeschlossen“, hieß es auch von anderer Seite aus dem Aufsichtsrat. Falls es zu weiteren Abschreibungen in Millionenhöhe für riskante Auslands-Engagements kommen sollte, würde dies die bisherige Strategie der hoch defizitären WestLB AG nach Einschätzung aus Eigentümerkreisen weiter in Frage stellen.

      Der „Spiegel“ hatte am Wochenende vorab unter Berufung auf informierte Banker berichtet, die WestLB müsse womöglich über die bislang bekannten Abschreibungen in dreistelliger Millionenhöhe hinaus bis zu 1,5 Mrd. € zusätzlich als Risikovorsorge bereithalten. Dabei gehe es um weitere Wertberichtigungen im dreistelligen Millionenbereich bei dem britischen Fernsehvermieter Boxclever und bei der US-Flugzeugleasingfirma Boullioun Aviation Service, einer 100-prozentigen Tochter der WestLB.

      „Wenn sich ein Abschreibungsbedarf in dieser Größenordnung bewahrheiten sollte, ist das ein starkes Argument dafür, die Risikokontrolle zu verbessern oder auch diese Risiken gar nicht mehr einzugehen,“ hieß es in den Kreisen. Ein Sprecher der WestLB sagte am Montag, derzeit könne die Bank keine Angaben über mögliche weitere Wertberichtigungen machen. Dies werde zur Zeit geprüft und werde noch einige Zeit dauern.

      Außerordentliche Hauptversammlung

      Die an der WestLB beteiligten Sparkassen seien schon bisher „sauer über den Schaden“ an ihrer Beteiligung, hieß es in Kreisen der Eigentümer. „Wenn der Kapitalbedarf jetzt noch einmal steigen sollte, würde natürlich auch die Säuernis steigen.“ Die Eigentümer der WestLB würden bei einer außerordentlichen Hauptversammlung am Donnerstagabend über mögliche weitere Verluste und die künftige Strategie beraten, hieß es in den Kreisen. Ein Sprecher der WestLB bestätigte die Einberufung der außerordentlichen HV im Anschluss an eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung am Mittwoch.

      Aus Aufsichtsratskreisen der WestLB hieß es am Montag, das Gremium habe sich in der Vergangenheit bereits „am Rande“ mit etwaigen zusätzlichen Wertberichtigungen bei Boxclever und Boullioun beschäftigt. Genaue Zahlen seien jedoch noch nicht genannt worden. „Jetzt muss das Risiko im Auslandsgeschäft deutlich zurückgefahren werden, aber ohne das Auslandsengagement ganz zu kippen,“ hieß es in den Aufsichtsratskreisen.

      Teilweiser Rückzug aus Auslandsgeschäft gefordert

      Als Lehre aus der Krise der WestLB fordert auch der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), Dietrich Hoppenstedt, den teilweisen Rückzug aus dem Auslandsgeschäft. „Die Landesbanken müssen sich darauf einstellen, dass sich viele Geschäfte für sie nicht mehr in gleicher Weise lohnen, wenn sich 2005 die Haftungsbedingungen ändern. Sie werden bestimmte Teile ihres Auslandsgeschäfts zurückfahren müssen“, sagte er in einem Zeitungsinterview vom Montag. Von einem vollständigen Abschied aus dem Auslandsgeschäft wolle Hoppenstedt aber nichts wissen. Mitte 2005 fallen die staatlichen Garantien für die Landesbanken weg.

      Im Mai hatte die WestLB überraschend einen Anstieg des Vorsteuerverlusts auf 1,7 Mrd. € für das Geschäftsjahr 2002 bekannt gegeben, nachdem es bei ihrem Engagement bei Boxclever zu Millionenverlusten gekommen war. Ein Prüfbericht der Finanzaufsicht hatte nach Angaben aus Aufsichtsratskreisen unter anderem schwere Versäumnisse bei der Risikokontrolle aufgedeckt. Bankchef Jürgen Sengera und Vorstandsmitglied Andreas Seibert hatten daraufhin vor einer Woche ihren Hut nehmen müssen.

      Staatsanwaltschaft aktiv

      Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf prüft seit vergangener Woche, ob sich ein Anfangsverdacht für strafrechtlich relevante Verhalten aus dem Boxclever-Engagement ergibt. Ein Ergebnis dieser Vorprüfung liege noch nicht vor, sagte Oberstaatsanwalt Bernhard Englisch am Montag. „Das wird auch noch längere Zeit in Anspruch nehmen, ein Ende der Prüfung ist nicht absehbar.“

      Die WestLB AG ist seit Ende August 2002 eine 100-prozentige Tochter der Landesbank NRW, die wiederum zu 43,2 % dem Land gehört. Jeweils 16,7 % liegen beim Rheinischen sowie bei Westfälisch-Lippischen Sparkassen- und Giroverband. Weitere 11,7 % halten jeweils der Landschaftsverband Rheinland und der Landschaftverband Westfalen-Lippe.


      HANDELSBLATT, Montag, 30. Juni 2003, 15:52 Uhr
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 21:51:57
      Beitrag Nr. 3.321 ()
      Nachrichten

      Der heimliche Betrug

      Von Dirk Harbecke

      Voller Unglauben habe ich am Wochenende gelesen: Milliardenvergleich an Wall Street! Mehr als 300 Firmen, die Anleger beim Neuemissions-Boom von 1997 bis 2000 um mehrere Milliarden US-Dollar betrogen haben sollen, haben sich nun mit den Sammelklägern in einer vorgerichtlichen Einigung auf die Zahlung von mindestens einer Milliarde Dollar verständigt – vorausgesetzt, die 55 beteiligten Investmentbanken stimmen ebenfalls einem Vergleich zu. Dafür werden die Heerscharen von Anwälten in den kommenden Monaten schon sorgen, mit Hilfe der neuen Informationen und Dokumente der kooperationswilligen Unternehmen.

      Was mich an dieser Nachricht so entsetzt, ist nicht die Höhe der Kompensation, die nach Informationen von „Spiegel-Online“ gar die 5 Milliarden-Marke übersteigen könnte. Schockierend sind die Anzahl und die klangvollen Namen der Sünder. Warum sollten 309 Unternehmen einem Vergleich zustimmen, wenn sie sich nicht schuldig fühlen, zu hohe Emissionspreise aufgerufen und Hand in Hand mit Banken Anleger geschädigt zu haben? An die Ärgernisse eines Gerichtsverfahrens ist jeder von ihnen gewöhnt und mit einer erfahrenen Rechtsabteilung gewappnet. Zu den Beklagten zählen einstige Börsenstars und heutige Branchenführer wie DoubleClick, Expedia, Juniper, Palm und Priceline. Sogar Finanzmedien wie Marketwatch.com und TheStreet.com stehen auf der Liste.

      Noch überraschender als der Vergleich war für mich, dass diese Meldung trotz des eher langweiligen Wochenausklangs an den US-Börsen kaum Beachtung in den Medien fand. Halten es Journalisten inzwischen für so selbstverständlich, dass nicht nur die Banken, sondern auch Hunderte Unternehmen während des zurückliegenden Börsenbooms Privatanleger prellten? Ich vermute eher, dass derzeit der eine oder andere Rücksicht auf die wieder erstarkende Psyche der Aktionäre nimmt und neue Hiobsbotschaften nur zaghaft verkündet werden, auch wenn es sich um eine der größten Sammelklagen in der Geschichte der Wall Street handelt.

      Investoren sind derzeit mit einem gesunden Misstrauen gegenüber Aktien noch gut bedient. Schließlich bleiben auch die Banken bei ihren bewährten Praktiken: Nachdem die Börsen in den vergangenen drei Monaten den höchsten Quartalsanstieg seit fünf Jahren verzeichnet haben, halten sie nun die Zeit für reif, wieder Neuemissionen zu plazieren. Allein in dieser verkürzten Handelswoche gibt es in den USA zehn Börsen-Premieren – mehr als im gesamten Monat Mai. Im deutschsprachigen Raum wird der Börsengang der Bank Austria am 9. Juli der erste Härtetest.


      Dirk Harbecke ist Börsenexperte und Finanzkolumnist.

      [ Montag, 30.06.2003, 16:04 ]

      instock.de
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 22:11:38
      Beitrag Nr. 3.322 ()
      Window dressing, Steuerreform oder Ende des Streiks

      von Jochen Steffens

      Was hat nur heute morgen den deutschen Markt so hoch getrieben, nach den doch schlechten Vorgaben aus Amerika von Freitag? Window dressing, Steuerreform oder das Ende der Streiks? Wahrscheinlich von allem ein wenig. Wir werden es sehen, morgen und übermorgen. Sollte es zu deutlichen Kursabgaben kommen, wird es wohl eher window-dressing gewesen sein.

      Eine interessante Zahl: US-Insider verkauften im letzten Monat Aktien im Wert von 3,5 Mrd. Dollar. Das ist der höchste Wert seit über 2 Jahren. Es sieht also eindeutig nicht danach aus, dass die Insider von weiter steigenden Kursen bei den eigenen Firmen ausgehen. Das verheisst nichts Gutes für die nächsten Quartalszahlen.

      Aber wenn ich schon einmal dabei bin: Der Iran soll ein Zusatzprotokoll unterzeichnen, das der Internationalen Atomenergiebehöre das Recht auf spontane, unangemeldete Kontrollen der Nukleareinrichtung einräumt. Der Iran ist natürlich nicht auf dieses Zusatzprotokoll eingegangen. Er forderte, dass "die anderen" erst eine Schritt auf den Iran zu machen sollen, bevor der Iran dann nachzieht. Genau das sehen diese "Anderen" natürlich ganz anders.

      Als iranische Regierung wäre mir ein wenig mulmig, wenn ich Gerüchte höre, dass Amerika sich einen Alleingang im Iran und Nordkorea vorstellen kann. Aber es gibt noch andere für den Iran unerfreuliche Nachrichten. So sollen nach Angaben eines japanischen Presseberichts die Vereinigten Staaten derzeit versuchen eine internationale Allianz gegen Raketenexporte aus Iran und Nordkorea zu schmieden. Dabei geht es um eine stärkere Kontrolle von Schiffen und Flugzeugen aus der Region.

      Eine weitere Nachricht zum Iran: Der englische Außenminister Jack Straw betonte, dass Großbritannien einem Angriff auf den Iran unter keinen Umständen zustimmen werde. Er begründete dies damit, dass der Iran nicht mit seinem Nachbar Irak zu vergleichen sei, weder vom politischen System ausgehend, noch von der Gefahr für die gesamte Region.

      Es sind die Zwischentöne in diesen Nachrichten, die mich aufhorchen lassen. Die Gefahr eines Iran-Krieges wächst. Was passiert, wenn der Iran Waffenkontrolleure weiterhin ablehnt? Was passiert, wenn Abc- Waffen auf iranischen Schiffen gefunden werden? Was wird geschehen, wenn es einen neuen Anschlag geben wird und die Drahtzieher im Iran vermutet werden, so wie gerade die rechte Hand von Bin Laden, der Ägypter Aiman el Sawahiri? Obwohl und gerade weil diese letzte Nachricht auf sehr unsicheren Füßen steht und vom Iran dementiert wurde.

      Was geschieht, wenn die amerikanische Wirtschaft, die amerikanischen Indizes sich vor der nächsten Wahl erheblich schwächer zeigen?

      Ich will diese Fragen offen lassen. Aber ich betone, dass nicht nur aufgrund der (nach dieser Baisse extremen) Überbewertung der amerikanische Indizes, der hohen US-Arbeitslosigkeit, der schwachen US-Kapazitätsauslastungen, dem schwachen US-Wirtschaftswachstum, den schlechten Auftragseingängen, den riesigen US-Pensionsbelastungen, der deflationären Tendenzen, des extremen Wachstums der Geldmenge, der schwachen US-Frühindikatoren, des sinkenden US-Verbrauchervertrauens (bzw. Verbrauchervertrauen auf sehr niedrigem Niveau), nicht nur weil die privaten Konkurse auf Höchstniveau sind, die Überschuldung der Amerikaner obskure Formen annimmt, nicht nur aufgrund einer Spekulationsblase im Immobiliensektor,die jederzeit platzen kann und zuletzt des schwachen Dollars, nicht nur weil ausländischen Investoren zunehmend ihr Geld aus Amerika abziehen ... Nein nicht nur wegen dieser Argumente, sondern auch aufgrund der politischen Situation, ist es keine gute Zeit um Aktien zu kaufen.

      Achten Sie auf den Aufwärtstrend im Nasdaq100. Dieser steht in Gefahr gebrochen zu werden. Sollte das in den nächsten Tagen geschehen, gehe ich von weiter fallenden Kursen aus. Wahrscheinlich wird es dann noch einmal zu einer (letzten) Schlussrallye kommen. Wenn diese die Jahreshochs nicht mehr erreichen kann, dann war es das. Zumindest bis Oktober/November.

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      Noch einmal Deflation

      von Jochen Steffens

      Heute gab die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) bekannt, dass eine Deflation möglicherweise schneller kommen könnte als üblicherweise angenommen. So sei es aufgrund jüngster Erfahrungen möglich, dass trotz präziserer Wirtschaftsanalysen und Prognosen der Beginn einer Deflationsphase möglicherweise übersehen werden könne.

      Auch interessant in diesem Zusammenhang ist, dass die wichtigsten Notenbanken diese Welt mittlerweile die Politik in diesem Zusammenhang "mit Nachdruck" zu Reformen aufrufen. Die BIZ befürchtet, dass angesichts der weltweiten Wachstumsschwäche bereits "tiefer greifende Kräfte" am Werk sind. Dabei ist beachtlich, dass die BIZ äußert, dass die Grenzen der Geldpolitik zum Teil bereits erreicht seien und fordert, dass andere Konzepte gegen Deflation vorbereitet werden.

      Zudem sieht die BIZ bisher bei der Weltwirtschaft noch keine Anzeichen einer nachhaltigen Erholung! Es gäbe noch größere Unsicherheitsfaktoren, wie der schwache Dollar und eben eine mögliche Deflation. Selbst für die USA sieht die BIZ beträchtliche konjunkturelle Unsicherheitsfaktoren. Aber nichts anderes hat im Prinzip auch Alan Greenspan angedeutet. Nur wurde das geflissentlich überhört. BIZ weiter: Auf die USA als Konjunkturlokomotive könne man sich nicht unbedingt verlassen.

      Die folgende These liest man auch selten, aber es ist einfach eine Tatsache. Die BIZ sagte, dass einer der Hauptursachen der gegenwärtigen Wachstumsschwäche der deutschen Wirtschaft die Spätfolgen der Wiedervereinigung sei. So dürften allein die Kosten der Wiedervereinigung von 1989/90 immer noch zu schaffen machen. Auch habe der Zusammenbruch von DDR-Firmen den Arbeitsmarkt nachhaltig negativ beeinträchtigt. Das wiederum sei einer der Gründe, warum der öffentlichen Hand kein Spielraum mehr für konjunkturelle Interventionen bleibe.

      Trotzdem zeigt sich die BIZ für Deutschland optimistisch, es werde in Deutschland zu keinem zweiten Japan kommen. Auch werden die Folgen der Wiedervereinigung sich mit der Zeit immer weiter abschwächen.

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      Der Ernst der Lage ...

      von Martin Weiss

      In der letzten vollen Handelswoche des zweiten Quartals konnten die Aktienmärkte nicht weiter an Boden gewinnen. Im Gegenteil, denn vor allem die amerikanischen Leitindizes, Dow Jones und Nasdaq, gaben mitunter mehr als zwei Prozent ab.

      Der Dax hingegen ging gut behauptet ins Wochenende, vermochte es letztlich aber nicht, weiter nach oben durchzustarten. Wenn das Zugpferd Wall Street lahmt, ist es besonders für den deutschen Markt schwierig, Eigenleben bzw. -dynamik nach oben hin zu entwickeln. Wie dem auch sei, die US-Notenbank hat letzten Mittwoch erneut die Zinsen gesenkt. Zwar nur um 25 Basispunkte, aber immerhin befinden wir uns nunmehr auf dem tiefsten Zinsniveau seit 45 Jahren in den USA. Übrigens, in Deutschland sind die Zinsen so niedrig wie seit 1876 nicht mehr.

      Es ist schon beachtlich, wenn die entscheidenden Notenbanken der Welt alles dran setzen, zum einen über Zinssenkungen Wachstumsimpulse zu geben und zum anderen gleichzeitig deflationäre Tendenzen zu bekämpfen.

      13 Zinssenkungen der US-Notenbank vermochten es bis zum heutigen Tage nicht, die Wirtschaft wieder zurück in einen wirklich nachhaltigen Aufschwung zu bringen. Die Wirtschaftsdaten geben weiterhin keinen Anlaß, an eine gesunde und längerfristige Konjunkturerholung zu glauben.

      Die Auftragseingänge für langlebige Wirtschaftsgüter gingen auch im Mai diesen Jahres zurück, und zwar um 0,3 Prozent. Diese Tatsache ist umso erstaunlicher, zumal ja schon im April die Orderlage sehr schlecht und ein Rückgang von 2,3 Prozent zu verzeichnen war. Interessant auch, daß breit gefächert in allen Branchen Einbrüche zu beklagen waren. Im Vergleich zum September 2000 sind die Auftragseingänge für Produkte, die ja nicht alltäglich eingekauft werden, um insgesamt knapp 30 Milliarden $ zurückgegangen. Auch aufgrund dessen ist es nicht schwer nachvollziehbar, daß es bei den Investitionen, vor allem bei den Unternehmen, nicht aufwärts geht.

      Wie auch, wenn sowohl Unternehmen als auch Verbraucher zusätzlich durch enorm hohe Energiekosten belastet werden. Bspw. gibt es beim Erdgas ein um knapp ein Drittel verringertes Angebot im Verhältnis zum Vorjahr. Und vor diesem Hintergrund ist es auch klar, daß angesichts höherer Fixbelastungen aufgrund der gestiegenen Energiepreise den Konsumenten schlichtweg dieses Geld zum Ausgeben fehlt.

      Dies zeigt sich auch beim Index, der die Entwicklung des persönlichen Verbrauchs misst, ganz klar. Im übrigen ist es nicht zuletzt Alan Greenspan höchstpersönlich, der stets ein Auge auf diesen Index wirft. Im Mai war der Zuwachs nurmehr marginal, am Rande erwähnt die schlechteste Steigerungsrate seit Oktober 1965!

      Richtig, die Lage der Wirtschaft, dies- und jenseits des Atlantiks ist ernst, sehr ernst sogar. Und in Anbetracht dessen sind die Aktienmärkte wieder einmal weit, sehr weit vom realen Fundament entfernt.

      Aber es spricht sehr, sehr viel mehr dafür, daß im dritten Quartal, nicht nur aus "saisonalen" Gründen, die Bären wieder die Oberhand gewinnen werden.

      Abgesehen vom weiter überaus hohen KGV (über 30 im S+P 500), des fast auf Jahrestief stehenden Volatilitätsindexes und der extrem hohen Bullenquote, gab es in der großen Baisse bisher noch keine Panik, bzw. eine Serie von Paniktagen einhergehend mit Paniktiefs. Ich wäre keinesfalls erstaunt, wenn sich die Investoren der realen Lage mehr und mehr bewußt würden und die Märkte noch in diesem Jahr Paniktage erleben werden. So wie einst am 29.10.1929, oder am 19.10.1987.

      Lassen Sie sich davon keinesfalls überraschen!
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      10jährige Japan-Bonds mit 0,57 % Rendite

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Der typische Investor stellt sich derzeit zwei Fragen. Haben die Anleihenkurse ein Topp erreicht – geht es jetzt mit den Kursen bergab? Und kommen die Aktienkurse von einem Boden und geht es mit den Kursen bergauf?

      Meine Antwort auf die zweite Frage ist simple: Wahrscheinlich nicht. Und was macht das schon? Man macht doch Geld, indem man niedrig kauft und hoch verkauft. Und die Aktienkurse sind jetzt hoch; wenn man jetzt einsteigt, dann wird man auf jeden Fall auf dem falschen Fuß erwischt.

      Aber meine Reaktion auf die erste Frage ist fast schizophren. Ja, nun, vielleicht ... vielleicht nicht. Ich denke, dass die Kurse zumindest der US-Anleihen weiter steigen könnten ... aber ich denke auch, dass man verrückt sein müsste, um sie jetzt noch zu kaufen.

      "Die frühen 1980er boten eine einmalige Gelegenheit, Anleihen zu kaufen", erklärt Marc Faber. "Die derzeitige Periode ist wahrscheinlich eine vergleichbar einmalige Gelegenheit, Anleihen zu verkaufen."

      Es könnte zu früh sein. Die Fed wird vielleicht nicht so leicht, wie viele sich das denken, die Inflation wieder beleben können. Stattdessen könnte es auch so sein, dass die Zinsen – wie in Japan – auf Null fallen werden. Eine Rendite von 3 % würde dann als ein Geschenk des Himmels erscheinen.

      Aber in 10 Jahren, so Marc Faber, wird es völlig irrelevant sein, ob man die Anleihen bei einer Rendite von 3 % oder von 4 % verkauft hat. Im Januar 1981 standen die Leitzinsen bei über 19 %! Früher oder später werden sie wieder in diese Richtung laufen.

      "Wenn sich die `Inflationisten` unter Führung der Fed durchsetzen werden, dann wird sich dieser Teufelskreise fortsetzen, und sie werden eine neue, sehr gefährliche Wirtschaftspolitik durchführen", so Marc Faber. "Die nicht enden wollende Schaffung von Krediten und Bargeld wird zu scharf steigenden Inflationsraten und einem deutlich niedrigeren Dollarkurs führen. Diese Politik würde auch eine katastrophale weltweite Rezession bringen, die dann das gesamte kapitalistische System – wie wir es heute kennen – bedrohen würde."

      Die Anleihenkurse befinden sich wahrscheinlich in der Nähe eines historischen Topps. Und nirgendwo gilt das mehr als in Japan – wo die Rendite der 10jährigen Anleihen auf 0,57 % gefallen ist. Das ist nicht nur ein Topp für die japanischen Anleihenkurse ... es ist auch die niedrigste Rendite für japanische Staatsanleihen, die es jemals gab.

      "Japanische Anleihen sind meine größte Verkaufsempfehlung des Jahrhunderts", so Faber gegenüber dem Barron`s Magazin. Aber anders als Japan, so Faber weiter, "haben die USA weder einen Handels- noch einen Leistungsbilanzüberschuss. Sie haben Defizite."

      Damit impliziert Faber, dass Japan eine kleine Deflation gut verkraften kann. Einer Nation von Sparern tun leicht fallende Preise nicht weh. Aber in den USA sind die gesamten Kreditmarktschulden dreimal so groß wie das amerikanische BIP. Fallende Preise tun da sehr weh; und die amerikanischen Wähler sind bereits jetzt kurz vor einer Insolvenz. Es heißt in den USA wirklich "Inflation oder Tod" ...

      "Dieses Monetarisierungs-Experiment auf globaler Ebene wird die wirtschaftliche Aktivität und den Konsum zwar temporär beflügeln", so das Fazit von Faber. "Aber es wird in einem Desaster enden."

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      Die Probleme von General Motors

      von unserem Korrespondenten Eric Fry in New York

      Ich persönliche sympathisiere mit den Leuten, die US-Anleihen verkaufen. Ganz einfach aus dem Grund, dass ich denke, dass eine Rendite von 3 % für 10jährige Staatsanleihen eine miserable Kompensation für das Risiko ist, das ein Anleihenbesitzer tragen muss. Damit meine ich in erster Linie das Risiko (sprich: die Gewissheit) einer Inflation. Auf der anderen Seite könnten die Anleihenkurse vorerst durchaus noch etwas weiter steigen (sprich: die Renditen könnten noch etwas weiter sinken). Schließlich bleiben die Anzeichen, die für eine wirtschaftliche Erholung sprechen, weiter spärlich – was tendenziell für weiter fallende Zinsen spricht.

      Konkret: So blieb letzte Woche die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe wieder über der Marke von 400.000, ungefähr die 20. Woche in Folge. Währenddessen arbeiten die Fabriken weiterhin mit niedriger Kapazitätsauslastung, und die Investitionen müssen sich noch erholen. Hightech Geräte verstauben weiterhin in vielen Geschäften des Silicon Valley.

      Aber wenn Sie denken, dass es der "New Economy" wieder besser geht – dann sollten Sie sich einmal die "Old Economy" ansehen – z.B. General Motors (GM), den großen US-Autokonzern. Diese alte amerikanische Institution verkauft zwar weiterhin mühselig jeden Tag Autos, aber sie macht damit kaum Geld. Die hauseigene Bank von General Motors – oder genauer gesagt, die Finanzierungsabteilung GMAC – macht hier und da ein paar Dollar Gewinn mit ihren Krediten an Auto- und auch an Hauskäufer (besonders mit denen!). Aber diese Gewinne müssen an die Pensionäre von General Motors weitergeleitet werden. Macht man so Gewinne für die eigenen Aktionäre?

      Jeder Tag ist ein Kampf. Letzte Woche emittierte General Motors neue Anleihen im Volumen von 17 Mrd. Dollar, um die unterfinanzierten Pensionspläne aufzustocken. "Obwohl General Motors diese neuen Schulden damit begründen wollte, dass die Bilanz und die finanzielle Flexibilität von GM erhöht werden sollen, wird letztlich nur eine Schuld durch eine andere ersetzt ( ...)", so die Analysten von Apogee Research. "Kann dies irgendjemand als ein positives Zeichen für die zukünftigen Aussichten von GM sehen? ... Das ist nicht mehr als eine rote Flagge, die signalisiert, dass die steigenden Pensionsfonds-Verpflichtungen für die Interessen der Kleinaktionäre eine gewaltige Bürde sind."

      Apogee Research weiter: "Einfach gesagt: Die 17 Mrd. Dollar neue Schulden gehen nicht in die Forschung oder Produktentwicklung oder die Verbesserung des Produktionsprozesses, was das Ergebnis für die Kleinaktionäre ja verbessern könnte. Stattdessen werden diese Mittel dazu genutzt, um die wachsenden finanziellen Bedürfnisse der Pensionäre von GM befriedigen zu können."

      Die Unterfinanzierung der Pensionspläne von General Motors beläuft sich auf insgesamt 75 Mrd. Dollar. Selbst die aktuelle Schuldenaufnahme von 17 Mrd. Dollar ist vor diesem Hintergrund nur die Spitze des Eisbergs.

      Es ist natürlich möglich, dass sich GM von diesen Verpflichtungen lösen kann. Auf der anderen Seite ist es auch möglich, dass GM das nicht kann. GM könnte die Verschuldung immer weiter erhöhen müssen, bis dieser Autobauer in seinen eigenen Schulden ertrinken würde.

      Ich wünsche General Motors alles Gute, und ich würde es nicht wagen, den Untergang dieser mächtigen Gesellschaft vorherzusagen. Aber ich reiße mich auch nicht darum, GM-Aktien zu kaufen. Denn als Aktienbesitzer von General Motors steht man als letzter in der sehr langen Schlange von GM-Pensionären und GM-Anleihenbesitzern.

      Die gute Nachricht: General Motors ist nur eine der 30 im Dow Jones enthaltenen Aktien. Die anderen 29 Werte befinden sich wahrscheinlich in viel besserer Verfassung.
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      Genug von China!

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner in Paris

      *** "Groupies!!!," sagte mein Kollege Addison Wiggin letzten Freitag zu mir, als er mir einen Leserbrief zeigte. "Diese Gelegenheit sollte man sich nicht entgehen lassen ... frag nach einem Foto ..."

      Was die Aufmerksamkeit von Addison erregt hatte, war diese email:

      "Hallo Team vom Investors`s Daily,

      ich beziehe Ihren Newsletter, weil ich eine junge Frau bin, die mehr über die verrückte und immer verrückter werdende Welt der modernen Finanzen erfahren wollte. Ich hoffte, dass Ihr Newsletter mir helfen würde, die Finanzwelt besser zu verstehen – was er auch getan hat –, aber ich hätte niemals gedacht, dass ich mich verlieben würde.

      Ich bin verzaubert, und ich lache wie ein verliebtes 12jähriges Mädchen, wenn ich den Investor`s Daily lese.

      Ihr Jungs seid traumhaft.

      Macht weiterhin Eure Arbeit so komisch, geistreich und intelligent.

      Alles Liebe,

      Wendy"

      Liebe Wendy, schreiben Sie uns weiterhin. Sie sind eine sehr scharfsichtige junge Frau.

      *** Aber es gibt natürlich auch andere Kommentare, wie diesen mit der Überschrift "Genug von China":

      "China ist DEUTLICH schwächer, als die meisten Leute denken. Das Land befindet sich gerade mitten in einer Spekulationsblase, das Bankensystem ist völlig chaotisch, und Korruption ist weit verbreitet. Der Immobilienmarkt in Peking und Shanghai beginnt so auszusehen wie der Immobilienmarkt in Tokio und Osaka vor 13 Jahren. Viele neue Objekte haben bereits hohe Leerstände."

      "Noch wichtiger – das Rückgrat der chinesischen Wirtschaft ist die Bereitschaft der ausländischen Konsumenten, sich weiter zu verschulden und chinesische Güter zu kaufen. Erinnern Sie sich an meine Worte: Wenn die USA und Europa in eine schwere Rezession gleiten, dann wird China wie ein Schwein quieken, das geschlachtet werden soll."

      "Je länger die (chinesische) Regierung an ihrer inflationären Politik der Jahre 1998 und 1999 festhält, desto mehr setzt sie die Nachhaltigkeit des neuen Elans des Wachstums aufs Spiel. Wenn Peking wenig tut, um seinen Leistungsbilanzüberschuss zu reduzieren, und die Geldmenge weiter unkontrolliert steigen lässt, dann könnte sich China mit einer Spekulationsblase konfrontiert sehen, wie sie in Japan zu Ende der 1980er auftrat."

      Mein Kommentar dazu: Ein Weg, um den Handelsbilanzüberschuss mit den USA zu reduzieren, wäre es, die chinesische Währung frei floaten zu lassen ...

      Mein Freund Chuck Butler, der Währungsanalyst bei Everbank World ist, sagte mir dazu: "Ich sehe kein baldiges Floaten der chinesischen Währung. Das hätte für die Chinesen keinen Vorteil. Aber ich glaube, dass die Regierungen der USA, Europas und Japans auf die chinesische Regierung in dieser Beziehung Druck ausüben werden. Das wird der Fall sein. Wie bald – das ist die Frage. Könnte in einem Monat sein. Oder in 12."
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      Wir, die Toten

      Von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      "Der Wind weht, wo er will. Du hörst zwar sein Sausen, aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er fährt."

      - Jesus von Nazareth Johannes 3,8

      Heute leite ich über zu einem Antwortschreiben auf meinen Artikel "Dead Men Talking" von letzter Woche (Investor`s Daily vom 23. Juni). Ich weiß nicht, ob dieses Antwortschreiben authentisch ist ... ich kann es nur hoffen.

      Sehr geehrter Bill Bonner,

      Ich schreibe Ihnen im Namen von allen, die sich in diesem Teil der Hölle befinden – Helfferich ist hier. Ja ... und auch Havenstein. Das war der Typ, der dafür verantwortlich war, dass in Deutschland 1919–1923 ohne Begrenzung Geldscheine gedruckt wurden, was zu der Hyperinflation führte. Und John Law ist hier, der immer versucht, ein Pokerspiel zu beginnen ... und natürlich Charles Ponzi, der "Erfinder" des Schneeballsystems.

      Sie haben letzte Woche einen freiliegenden Nerv von uns getroffen. Nun, alle unsere Nerven liegen blank, aber dies hat uns besonders hart getroffen.

      Wir haben unsere Seelen geopfert ... und jetzt rösten wir in der Hölle, in ewiger Qual – und für was? Ja, als wir lebten, haben wir das Falsche getan; wir geben es offen zu. Und jetzt bezahlt jeder von uns den Preis dafür. (Wir haben gemerkt, dass nichts im Leben ohne Bedingungen kommt). Aber was macht es für Gott für einen Sinn, dieses moralische Exempel zu statuieren, wenn niemand das beachtet? Glauben Sie es oder nicht – aber hier unten lesen wir Zeitungen und können auch CNN und CNBC sehen (das ist Teil unserer Folter!). Es sieht so aus, als ob jeder Zentralbanker in der Welt den Köder des Teufels genommen hat. Die Zentralbanker schaffen Geld "aus dem Nichts", als ob sie wissen würden, was sie tun. Und als ob das nicht schon von jedem von uns probiert worden wäre ... und als ob irgendjemand damit weggekommen wäre.

      Hier wissen wir, wovon wir reden; jeder von uns hat es auf die harte Weise gelernt: Man kann nicht für Nichts etwas bekommen.

      Aber lassen Sie uns das Thema wechseln. Das ist langweilig, sagen Ihnen Ihre Leser. Deshalb werden wir toten Männer von anderen Dingen sprechen. Sie sehen, wir haben ein oder zwei Sachen gelernt. Und wenn Ihr – deren Herzen noch schlagen – uns eine Minute zuhören würdet, dann könntet Ihr auch etwas lernen.

      Das ist das, was uns wirklich ärgert. Dass jede Generation denkt, dass sie die erste sei, die aufstehen muss. Als ob ihre Mütter und Väter auf allen Vieren gekrochen wären und den Mond angeheult hätten!

      Selbst wenn man Verehrung für einen toten Vorfahren heuchelt, dann tut man das normalerweise, ohne sich darum zu kümmern, was dieser Vorfahr gesagt hat ... oder wusste. Wir Toten haben Euch unsere Memoiren, unsere Lieder, unsere Geschichten und Verfassung hinterlassen – denn was ist eine Verfassung, als ein Pakt mit den Toten? ... und Ihr ignoriert sie, und seht Euch stattdessen die letzte gehirnzersetzende Episode von Big Brother im Fernsehen an! All unser Leiden, alles, was wir durchgemacht haben, alle Fehler, die wir gemacht haben, interessieren Euch nicht.

      Ein toter Mann, James Madison, schrieb: "Demokratien waren immer Spiegel von Turbulenzen und Streitereien; sie waren immer inkompatibel mit persönlicher Sicherheit oder den Eigentumsrechten; und sie waren im Allgemeinen so kurz in ihrem Leben wie gewalttätig in ihrem Tod."

      Deshalb haben wir Euch "eine Republik, wenn Ihr sie halten könnt", hinterlassen, um mit Benjamin Franklin zu reden.

      Nun, Ihr konntet die Republik der demokratischen Gründerväter nicht halten. Jetzt verbreiten amerikanische "Neo-Konservative" ihre Form der Demokratie überall auf der Welt. Diese Männer sind von einem anderen toten Mann inspiriert: Leo Strauss. Aber warum hören sie nicht auf diesen Mann?

      Denn er hat gesagt: "Die Demokratie hat noch keine Verteidigung gegen den schleichenden Konformismus und die sich ständig erhöhende Invasion des Privatlebens gefunden ..." schrieb Strauss, als seine Körpertemperatur noch über Raumtemperatur lag.

      Und Alexis de Tocqueville sprach von einer "Tyrannei der Mehrheit."

      Die toten Männer, die die Amerikanische Verfassung schrieben, wollten eindeutig diese Tyrannei verhindern ... und die Übel, die aus einer solchen Tyrannei entstehen. Zum Beispiel (und hier komme ich auf das Thema zurück, das so viele von uns Ärger gebracht hat) wollten Sie, dass das Geld eine Einheit von Gold oder Silber wäre. Für sie war Geld nicht etwas, das man "aus dem Nichts" schaffen könnte. Übrigens: Diese Männer kannten schon die Druckerpresse für Papiergeld. Sie hatten das schon miterlebt. Sie wussten, was mit Papiergeld passiert war. In den USA gab es damals die Redewendung "Not worth a continental". Nun, diese "continentals" waren das Papiergeld, das während der revolutionären Phase der USA gedruckt wurde. Ich weiß nicht, wie viel dieses Geld wert war – aber diese Redewendung impliziert, dass es nicht viel war!

      Die Verfassung schrieb den Politikern auch in Bezug auf Krieg klare Grenzen vor; sie konnten einen Krieg nicht ohne förmliche Kriegserklärung beginnen. Und dann mussten sie Geld zusammentreiben, und die Truppen, die kämpfen mussten. Das war die Weisheit der toten Männer, die nämlich beabsichtigte, der amerikanischen Nation die fast-dauerhaften Kriege Europas zu ersparen. Aber dieselben Neo-Konservativen, die ich eben erwähnt habe, haben nicht einen, sondern zwei Kriege in den letzten 2 Jahren geführt. Und sie haben beide Male die Verfassung nicht beachtet. Und jetzt ist Europa in Frieden, während Amerika dazu bereit scheint, mit der Hälfte der Welt einen Krieg anzufangen.

      Was stimmt mit diesen Neo-Konservativen nicht? Der Kongressabgeordnete Ron Paul hat ausgesprochen, was diese Neo-Konservativen aus der Nation gemacht haben, die wir toten Männer ihnen überlassen haben: "Die zentrale Regierung wird mit jeder Krise autoritärer. Während die Qualität der Bildung absackt, wird die Rolle der Bundesregierung ausgeweitet. Während die Qualität der medizinischen Versorgung kollabiert, wird die Rolle der Bundesregierung im Gesundheitssektor deutlich erhöht. Fehler in der Außenpolitik führen zu Rufen nach noch mehr Interventionen im Ausland ( ...). Die Rufe nach Sicherheit werden lauter, und die Sorge um die Freiheit wird schwach!"

      "Angriffe auf unsere Heimat führten zu massiven Erhöhungen der Bürokratie, um uns vor allen Gefahren zu schützen – wirklichen und eingebildeten. Das Ziel und die Sorge der Gründerväter, der Schutz der Freiheit, wird ignoriert. Die Leute, die sich wegen der Einschränkung der persönlichen Freiheit Sorgen machen, werden wegen ihrem angeblichen Egoismus und ihrem angeblich mangelnden Patriotismus verdammt."

      Aber die Tage der amerikanischen konstitutionellen Republik sind lange vorüber. Die Neo-Konservativen nehmen für sich in Anspruch, dass sie der Welt jetzt die Demokratie bringen. Irgendwie scheinen sie zu wissen, dass die Welt genau das braucht und will.

      Jeder hat in diesem neuen demokratischen Walhalla eine Stimme. Die Stimme jedes Idioten ist genauso viel wert wie die von George W. Bush. Nur wir, die Toten, sind außen vor. Ausgeschlossen. Ignoriert. Vergessen.

      Es ist so, als ob nur die Lebenden hörenswerte Meinungen hätten. Als ob diese kleine, arrogante Oligarchie der derzeit auf der Welt herumlaufenden alle Fragen und alle Antworten kennen würde. Diese Idee ist absurd. Wenn die derzeitige Generation die ultimative Wahrheit und das "Ende der Geschichte" erreicht hätte ... warum hätte das dann nicht auch schon die Generation davor erreichen können? Oder die davor?

      Die Neo-Konservativen haben die Amerikanische Verfassung niemals gelesen. Aber sie hören auf Meinungsumfragen, als ob diese ein Wispern von Gott selbst seien. Deshalb haben sie den heiligen Pakt mit ihren eigenen toten Vorfahren gebrochen.

      Und hier – in diesem besonders heißen Teil der Hölle – heizen wir das Feuer an und bereiten uns darauf vor, ihre fetten Hinterteile anzubraten!

      Dieses Schreiben blieb ohne Unterschrift.

      investorverlag.de
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 22:17:30
      Beitrag Nr. 3.323 ()
      Fortsetzung von "Geheimsache 09/11", von Nafeez M. Ahmed

      Osamagate ?


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      Dieser Mann sieht die politische Motivation der US-Regierung eher in strategischen und wirtschaftlichen Interessen als in der Fürsorge für das Leben der amerikanischen Bürgerinnen und Bürger. Der Ex-CIA-Mann sagte unter Anspielung auf eine Politik, die sich zur Absicherung regionaler strategischer Interessen der USA während der gesamten Neunzigerjahre des al-Qaida- Netzwerks bediente:

      »Die Politik einer Steuerung der Entwicklung des Islam und der Unterstützung seiner Vertreter gegen unsere gemeinsamen Gegner funktionierte in Afghanistan gegen die Rote Armee ganz wunderbar. Die gleichen Doktrinen sind auch heute noch anwendbar, zum Beispiel für die Destabilisierung verbliebener russischer Macht, besonders aber, um dem chinesischen Einfluss in Zentralasien zu begegnen.«

      Die CIA hatte sich das so vorgestellt, dass man die Beziehun- gen zu den »lslamisten« in Afghanistan weiter pflegen würde. Zunächst hatte man sie für die Vertreibung der sowjetischen Invasoren aus Afghanistan benutzt, doch die amerikanischen Geheimdienste hatten auch Pläne für künftige Einsätze von Osama bin Laden und al-Qaida jenseits der afghanischen Grenzen. Es gibt kaum einen Zweifel an der Vermutung, dass die CIA umfassende weitere Verwendungsmöglichkeiten für das Terrornetzwerk sah, das bin Laden während des Kalten Krieges aufgebaut hatte.
      .....
      Es sieht ganz so aus, als ob al-Qaida auch in der Anfangsphase des Bosnien-Krieges zur Wahrung amerikanischer Interessen eingesetzt worden sei. Im innermuslimischen Konflikt unterstützten die USA die Attacke des Izetbegovic-Regimes auf den muslimischen Lokalrivalen Fikret Abdic.ss Als direkte Konsequenz der von den USA unterstützten Infiltration von Anhängern bin Ladens nach Bosnien wurde das Land zur Schaubühne für radikale Terrorgruppen aus ganz Europa.
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      Das Vorgehen in Bosnien wiederholte sich im Kosovo. John Kasich, Abgeordneter im Repräsentantenhaus und Mitglied des Streitkräfteausschusses räumte öffentlich ein: »Wir banden uns an die Kosovo Befreiungsarmee UCK, die wiederum das Sammelbecken für bin Ladens Leute war.«58 Auf diese Weise, über die Unterstützung der UCK durch die CIA, war die amerikanische Regierung beim Krieg gegen Jugoslawien mit bin Laden verbündet. Die Washington Times schrieb hierzu: "Einige Angehörige der Kosovo-Befreiungsarmee, die ihren Krieg durch den Heroinhandel finanzierte, absolvierten ihre militärische Ausbildung in Terroristen-Stützpunkten. Deren Betreiber ist der international gesuchte Osama bin Laden: «

      »Die UCK-Leute waren die Partner der Regierung Clinton während der Bombardierung Serbiens [...] durch die NATO, mit der Jugoslawiens Präsident Slobodan Milosevic an den Verhandlungstisch gezwungen werden sollte. Ihre militärische Ausbildung erhielten die UCK-Mitglieder in geheimen Lagern in Afghanistan, Bosnien-Herzegowina und an anderen Orten. Das geht aus in jüngster Zeit aufgetauchten Geheimdienstberichten hervor. [...] In diesen Berichten ist auch zu lesen, dass bin Ladens Organisation al-Qaida die UCK bei der Ausbildung ihrer Soldaten und auch finanziell unterstützt hat. Belegt sind außerdem zahlreiche Grenzübertritte durch >aus- ländische Kämpfen in den Kosovo hinein. Unter diesen Leuten waren auch kampferfahrene Männer der militanten Organisation Islamischer Dschihad aus Bosnien, Tschetschenien und Afghanistan. «
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      Die Regierung Bush setzte diese Politik der Unterstützung von Teilen des Terrornetzwerks al-Qaida auf dem Balkan fort. Der Journalist William Norman Grigg beschrieb im konservativen Nachrichtenmagazin New American, wie »die Regierung Bush eine Terrorkampagne unterstützte, die von der Nationalen Befreiungsarmee, einem Ableger der im Kosovo aufgelösten albanischen UCK, gegen den mazedonischen Staat geführt wurde. Nach einem Bericht der Washington Times vom 22. Juli ist >Osama bin Laden der wichtigste finanzielle Unter- stützer der Nationalen Befreiungsarmee (UCK) in Mazedonien.«

      Das damit verbundene Ziel war stets dasselbe: al-Qaida sollte mit ihren regionalen Operationen letztlich die Rivalen der USA destabilisieren und auf diese Weise, freilich ohne dies zu wollen, den amerikanischen Interessen dienen.
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      Diese Politik des »Zufluchtgewährens« für al-Qaida durch mehrere aufeinander folgende US-Regierungen wurde mit Hilfe regionaler Verbündeter umgesetzt, und die Regierung Bush blieb unbeirrt bei dieser Strategie, sogar nach dem 11. September 2001.


      Geheimdienst-Sponsoren des 11. September

      All dies wirft eine wichtige Frage auf: Gab es eine direkte finanzielle Unterstützung der al-Qaida durch die Geheimdienste?
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      Stan Goff, ein pensionierter Stabsfeldwebel der amerikanischen Special Forces und Fachmann für Wehrwissenschaften, kommt zu ähnlichen Schlussfolgerungen: »Zum einen geht man davon aus, dass das, was diese De-facto-Regierung gegenwärtig treibt, eine >Antwort< auf den 11. September ist. Zum andern glaubt alle Welt, dass die Anschläge auf das World Trade Center und das Pentagon von Leuten verübt wurden, die ihre Stützpunkte in Afghanistan haben. Ich bin der Ansicht, dass beide Annahmen falsch sind. «

      »Dieses Zerrbild von einem Schurken, zu dem man bin Laden gemacht hat, ist nicht schlüssig, wenn man sich die Komple- xität und präzise Ablaufplanung der Attentate vor Augen führt. Als ehemaliger Soldat, der im Lauf der Jahre an der Aus- arbeitung zahlloser Einsatzpläne beteiligt war, kann ich ihnen sagen: Das war ein äußerst anspruchsvolles und kostspieliges Unternehmen, etwas, was nach unseren Erfahrungen lange >Schatten< vorauszuwerfen pflegt. Mit anderen Worten: So et- was Ware kaum geheim zu halten.«
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      Prof. Anthony Cordesman, ein genauer Kenner des US-Militärgeheimdienstes, wies nachdrücklich auf die Tatsache hin, dass kein bisher bekanntes Terrornetzwerk - auch al-Qaida nicht - über die Fähigkeiten verfüge, so detailliert durchgeplante Anschläge wie die vom 11. September alleine auszuführen: »Wir haben es hier mit einem Niveau in Fragen der Planung und Koordination zu tun, das sich bisher kein Experte für Terrorabwehr auch nur vorstellen konnte. Und wir haben keine auf die Schnelle auszumachende Gruppe, die über derartige Fähigkeiten verfügt.«
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      Es gibt kaum einen Zweifel an der Tatsache, dass Pakistan bin Laden bei vielen Gelegenheiten hätte festnehmen können, wenn die USA dies gewünscht hätten. All diese Hinweise zeigen, dass der pakistanische Militärgeheimdienst ISI im Vorfeld der Anschläge vom 11. September tatsächlich eine wichtige Rolle gespielt hat - vielleicht sogar mit Billigung der USA. Doch trotz der zwielichtigen Rolle des ISI steht fest, dass die USA nach wie vor und allzu enthusiastisch ihr »Vertrauen zu Pakistan« bekundeten. Man sollte an dieser Stelle wissen, dass im Hauptquartier der pakistanischen Streitkräfte in Rawalpindi eine große Zahl von Agenten und Beratern des US-Militärgeheimdienstes ständig präsent ist.
      .....


      Keine Ermittlungen gegen den ISI-»Mann mit dem Geld«

      Man neigt eigentlich zu der Annahme, die USA müssten energisch eine gründliche Untersuchung der Rolle des ISI fordern.. Doch in Wirklichkeit verhinderten sie diese Ermittlungen, in dem sie hinter den Kulissen um den diskreten Rücktritt von ISI-Chef Generalleutnant Mahmud Ahmad ersuchten. Plötzlich war nämlich in Indien (später dann auch in Pakistan) enthüllt worden, dass dieser Mann Mohammed Atta vor dem 11. September finanziell unterstützt hatte.
      .....
      Die US-Regierung blockierte auf diese Weise eine gründlichere Untersuchung sehr effektiv. Sie verhinderte, dass der ISI-Chef verhaftet, verhört und vor Gericht gestellt wurde. Es ging immerhin um Unterstützung für Atta, den das FBI in sei- nen Akten so beschreibt: »Anführer der Luftpiraten im ersten Jet, der ins World Trade Center raste, offensichtlich auch der Kopf der Verschwörung«.72 Die amerikanische Regierung verhinderte gleichzeitig auch weitere offizielle Nachforschungen zu den seit langem bestehenden institutionellen Verbindungen zwischen dem ISI und al-Qaida in Sachen 11. September. Die Überweisung von Geld an Atta auf Befehl von Generalleutnant Mahmud Ahmad war in diesem Zusammenhang nur ein Beispiel unter vielen.
      .....
      Wir sollten hier noch einmal festhalten: Die Verbindungen zwischen dem ISI-Chef und Mohammed Atta, dem Anführer der Terroristen, wurden aufgedeckt, einschließlich der Genehmigung finanzieller Unterstützung für Atta durch den Geheimdienstchef.
      .....
      Die Geheimdienstbilanz der Ereignisse sieht so aus: Die USA schützten den ehemaligen ISI-Chef wie auch die ISI selbst vor weiteren schädlichen Enthüllungen, die sich auf ihre vermutete Komplizenschaft und ihre Unterstützung der Personen bezogen, die hinter den Terroranschlägen steckten.


      Die amerikanisch-pakistanische Strategie rettet al-Quaida

      .....
      Mit stillschweigender Duldung durch die USA spielte Pakistan im Krieg der Amerikaner in Afghanistan letztlich die Rolle des Helfers für al-Qaida - was leicht vorherzusehen war. Die amerikanische Armee, die die Region aus der Luft wie auch vom Boden aus überwachte, war offensichtlich über die pakistanische Hilfe für al-Qaida informiert, während Pakistan gleichzeitig behauptete, in diesem neuen Krieg ein Verbündeter Amerikas zu sein. Im November nahmen die USA bereits aktiv an solchen Geheimaktionen teil. Die Londoner Times berichtete:

      »General Dawud, der Kommandeur der Nordallianz, sagte, Geheimagenten des Bündnisses hätten aus Kunduz berichtet, mindestens zwei große pakistanische Flugzeuge seien auf dem Flugplatz der Stadt gelandet. Das Ziel der Aktion am Dienstag- abend sei das Ausfliegen von >Militärpersonal< gewesen. Am Mittwochabend habe es dann mindestens zwei weitere Flüge gegeben. Auf die Frage, warum die USA, die doch den afghanischen Luftraum kontrollierten, solche Flüge zugelassen hätten, antwortete Dawud: >Diese Frage müssen Sie den Amerikanern selbst stellen. <«

      Genau dies tat der amerikanische Journalist Seymour Hersh:
      .....
      Die Nordallianz nahm Kunduz am 25. November ein, etwa 4000 Taliban- und al-Qaida-Kämpfer gerieten dabei in Gefangenschaft. Tags darauf er- klärte Bush: >Wir räuchern sie aus. Sie laufen davon, doch wir werden sie jetzt zur Rechenschaft ziehen.< [...]
      Amerikanische Geheimdienstmitarbeiter und hochrangige Armeeoffiziere erklärten jedoch in Interviews, dass pakistanische Staatsangehörige in Sicherheit gebracht worden seien, und zwar durch eine Reihe nächtlicher Evakuierungsflüge, die von der Regierung Bush genehmigt worden waren. [...]
      Ein Experte der CIA sagte, nach seinem Verständnis des Geschehens sei die Luftbrücke vom Weißen Haus genehmigt worden. [...] Die Luftbrücke >war zu jenem Zeitpunkt sinnvoll. Unter den Leuten, die sie heimlich hinausschafften, waren viele führende Mitglieder der Taliban.< [...] Nach Auskunft eines ehemaligen hochrangigen Pentagon-Mitarbeiters kam die Luftbrücke zu Stande, weil die Pakistani mit dem Begehren vorstellig wurden, dass da >Leute waren, die herausgebracht werden mussten<, also Geheimdienstagenten und Leute, die im Verborgenen tätig waren.«
      .....
      Das Ergebnis war keineswegs überraschend: Angehörige des pakistanischen Militärgeheimdienstes kämpften Seite an Seite mit Taliban- und al-Qaida-Mitgliedern. Das amerikanische Oberkommando arrangierte auf Befehl des Weißen Hauses die Luftbrücke für pakistanische Regierungsbeamte, die zuvor die Taliban unterstützt hatten. Die Amerikaner brachten diese Leute aus Afghanistan heraus und in Sicherheit, und es kann als ziemlich gesichert gelten, dass sich die Organisatoren der Luftbrücke der Folgen ihres Tuns bewusst waren: Die al-Qai- da-Helfer beim ISI nahmen ihre Kampfgefährten mit.
      .....
      Die Enthüllungen im New Yorker sollten vor dem Hintergrund einer gesicherten Tatsache gesehen werden: Die amerikanische Militärstrategie hatte von Anfang an auf ein Szenario gesetzt, in dem al-Qaida jederzeit und mühelos entkommen konnte.
      .....
      Es kommt noch viel schlimmer. Die Londoner Times berichtete, die anhaltende Untätigkeit der Amerikaner habe einem gewaltigen Lastwagenkonvoi, in dem sich auch die al-Qaida- Führung befand, die Flucht ins benachbarte Pakistan ermöglicht: »Die Afghanen fragen sich immer noch, wie 1000 Pkw und Lastwagen bei Nacht und Nebel entkommen konnten. [...] Die Einheimischen reden immer noch über die nächtliche Flucht, die an der Festung Bala Hissar vorbeiführte, dann nach Süden durch das Logar-Tal fortgesetzt wurde, wo die Kolonne US-Luftangriffen entkam.«

      Newsmax fragte zu Recht: »Es gab Spionagesatelliten, Patrouillenflüge, abgehörte Funkbotschaften, Agenten vor Ort, alles, was man sich vorstellen kann. Wie konnten diese Ver- brecher dann in ein Land flüchten, das angeblich ein Ver- bündeter ist? Noch dazu ein Verbündeter, den wir nach dem 11. September mit Vergünstigungen - Geld und Schuldenerlass - überhäuft haben?« Vor allem mit Blick auf die hier zusammengetragenen Fakten lautet eine vernünftige Erklärung: Man ließ es ganz bewusst geschehen.

      Es gibt ein paar definitive, erdrückende Beweise, die dieses zunehmend groteske Puzzlespiel vervollständigen. Sie zeigen, dass die US-Militärstrategie in Afghanistan systematisch da- rauf angelegt war, al-Qaida nicht zu eliminieren, sondern lediglich aus Afghanistan zu vertreiben. Die Londoner Times berichtete Ende November zum Beispiel über eine erstaunliche Tatsache: »Amerikanische Kampfflugzeuge hatten al-Qaida und die Taliban-Führung in den letzten sechs Wochen zehnmal im Visier, griffen aber nicht an, weil das Feuer nicht rechtzeitig freigegeben wurde, wie Vertreter der Air Force gestern beklagten.« Noch ein bizarrer Zufall?
      .....
      Bis zum heutigen Tag gerieten weder Sheikh noch Ahmad ins Visier der Ermittler, noch wurden sie verhaftet, verhört, angeklagt oder fanden gründliche Ermittlungen statt. Auch die US-Regierung, die Geheimdienste und Strafverfolgungsbehörden leiteten bis heute kein Verfahren gegen die beiden ein. Es wäre zu begründen durch ihre Schlüsselrolle bei der finanziellen Unterstützung Mohammed Attas, des Anführers der Terrorflieger. Durch dieses Geld leisteten Sheikh und Ahmad einen wesentlichen Beitrag zur Finanzierung der gesamten Operation der al-Qaida, die am 11. September zur blutigen Vollendung gebracht wurde.
      .....
      Eine Untersuchung hat aber bisher noch nicht stattgefunden, die Regierung Bush hat sie mit Erfolg blockiert. Das imperialistische Programm, das sich dahinter verbarg - hinter den von den USA betriebenen Umbesetzungen beim ISI, mit denen von einer Komplizenschaft bei den Anschlägen am 11. September abgelenkt werden sollte -, wurde bereits wenige Tage nach Generalleutnant Mahmud Ahmeds vorzeitiger Versetzung in den »Ruhestand« offensichtlich, als die Bombardierung Afghanistans durch die USA begann. Die pakistanische Tageszeitung Frontier Post berichtete von einer Kontaktaufnahme der amerikanischen Botschafterin Wendy Chamberlain mit dem pakistanischen Ölminister. Ein zuvor bereits aufgegebene Unocal-Pipeline, die von Turkmenistan ausgehend, über Afghanistan sowie entlang der pakistanischen Küste verlaufen sollte, mit dem Ziel, Erdöl und Erdgas nach China zu exportieren, stand plötzlich erneut auf der Tagesordnung, »unter Berücksichtigung aktueller geopolitischer Entwicklungen«


      Wird fortgesetzt !!!?? Irgendwann !!

      Mit:DER NEUE KRIEG: MACHT UND PROFIT IN DEN USA UND IM AUSLAND

      http://www.miprox.de/USA_speziell/Geheimsache_9-11-2_Teil.ht…
      Avatar
      schrieb am 30.06.03 22:32:11
      Beitrag Nr. 3.324 ()
      Die Reichen werden reicher ...




      Florian Rötzer 27.06.2003

      ... und zahlen dafür weniger Steuern.


      Die Kluft zwischen den Armen und Reichen geht immer weiter auf. Das ist auf der ganzen Welt so, das stimmt für Deutschland, aber auch für die USA, für viele das Vorbild einer kapitalistischen Gesellschaft, wie sie sein sollte. Widerstand gegen die Plutokratie der Reichen, die immer reicher werden, dafür aber auch immer weniger Steuern zahlen, gibt es kaum. Die Angst ist groß, dass die Reichen mit ihren Steuergeldern in der globalen Konkurrenz der Standorte einfach in ein anderes Land abwandern, das sie gerne unter besseren Bedingungen aufnimmt. Eine Möglichkeit, die der Mehrzahl der Menschen nicht ohne weiteres offen steht.

      In den USA hat der Internal Revenue Service ( IRS) die neuesten Zahlen über die 400 reichsten Steuerzahler des Landes vorgelegt. Der Stand der Zahlen stammt zwar aus dem Jahr 2000 und ist so nicht mehr der neueste, doch der Trend scheint ziemlich deutlich zu sein. Die Namen dieser Reichen werden vom IRS nicht mitgeteilt.

      Die 400 reichsten Steuerzahler - man beachte die Einschränkung, denn es muss sich nicht um die reichsten Amerikaner handeln - haben 1,1 Prozent des gesamten Einkommens in den USA im Jahr 2000 verdient. Das ist mehr als doppelt so viel als noch im Jahr 1992. Im Durchschnitt verdiente man 174 Millionen Dollar jährlich, vier Mal so viel als 1992 (46,8 Millionen). Um auf die Liste zu gelangen, musste man mindestens 86,8 Millionen verdient haben. 1992 waren nur 24 Millionen erforderlich. Manche hatten im Noch-Boom-Jahr 2000 auch über eine Milliarde Dollar verdient, niemand jedoch mehr als 10 Milliarden. Während der 9 Jahre sind die Einkommen der 400 reichsten Steuerzahler um das Fünfzehnfache gestiegen, das Einkommen der unteren 90 Prozent hingegen nur um 17 Prozent auf 27.000 Dollar im Jahr 2000.

      Mit den Steuern sieht es ein wenig anders aus. Hatten die seinerzeit 400 reichsten Steuerzahler im Jahr 1992 ein Prozent aller Steuern gezahlt, so waren es 2000 1,6 Prozent. Sie mussten also im Vergleich zu ihrem wachsenden Einkommen nicht auch entsprechend mehr Steuern zahlen. Tatsächlich ging die Besteuerung der Großverdiener erheblich zurück. Hatten sie 1992 26,4 Prozent oder 1995 gar 29,9 Prozent gezahlt, so waren es 2000 nur noch 22,3 Prozent. Wären die Steuererleichterungen, die die Regierung Bush beschlossen hat, damals schon in Kraft gewesen, hätten sie nur noch 17,5 Prozent gezahlt und damit ein Fünftel gespart.

      Das sind doch erhebliche Steuervorteile, die die US-Regierung auch im Vorblick auf die nächsten Wahlen den Reichen gewährt - und sich dadurch auch höhere Spenden für den Wahlkampf erhofft. Nach Berechnungen von Citizens for Tax Justice (CTJ) kann die Hälfte der US-Bevölkerung durch die Steuerkürzungen, die vornehmlich Kapitaleinnahmen betreffen, gerade einmal erwarten, jährlich 19 Dollar weniger zu zahlen. Kapitaleinkünfte machen 64 Prozent des Einkommens der 400 reichsten Steuerzahler - doppelt so viel als noch 1992 - aus. Löhne nur noch 16,7 Prozent. Während die reichsten Amerikaner durchschnittlich 96.000 Dollar die nächsten vier Jahre weniger zahlen müssen, sind es für die unteren 60 Prozent 350 Dollar. Das variiert von Staat zu Staat, aber auch hier ist das Prinzip gleich: In den reicheren Staaten müssen die Menschen mit der Steuerreform weniger zahlen als in den ärmeren.

      Zudem gibt es nicht nur immer mehr Unternehmen, die trotz sinkender Besteuerung in Steueroasen wie die Bahamas auswandern, sondern auch Reiche, die nirgendwo Steuern zahlen. Im Jahr 2000 gab es 2.022 Amerikaner mit einem jährlichen Einkommen von über 200.000 Dollar, die gewissermaßen steuerfrei leben. 1977, als diese Erhebung zuerst durchgeführt wurde, waren es nur 37.


      http://www.f25.parsimony.net/forum63351/messages/21019.htm
      Avatar
      schrieb am 01.07.03 19:01:39
      Beitrag Nr. 3.325 ()
      30.6.03 Die Stimmen der Skeptiker werden lauter

      Wall Street
      von Martin Halusa
      Am Dienstag beginnt das zweite Halbjahr, in dem alles besser werden soll. Geht es nach dem Willen der Optimisten, wird dann das 350 Mrd. Dollar umfassende Steuerpaket von George W. Bush seine Wirkung entfalten und die neuerliche Leitzinssenkung durch die Federal Reserve weiteres Wachstum generieren.
      ... Zu stark und zu schnell seien die Kurse in den zurückliegenden Wochen gestiegen, lautet die Einschätzung unisono an den Märkten. Das zweite Quartal war das beste seit dem vierten Quartal des Boomjahres 1998. ... Theoretisch kann die Notenbank den Leitzins in den kommenden Monaten zwar noch auf null Prozent senken. Doch Ökonomen halten die Marke von ,5 Prozent für den absolut tiefsten Punkten. Denn bei einem Absenken der Fed-Rate unter diesen Wert wären Geldmarktfonds, die in Rentenpapiere investiert sind, nicht mehr in der Lage, ihre laufenden Kosten zu tragen und gleichzeitig Geld an die Anleger auszuzahlen. ... (Welt, 30.6.03)

      Kommentar: Die Aktienmärkte legten in den letzten Wochen einen Rekordstart hin und das obwohl die reale Wirtschaft in immer größere Probleme gerät. Früher hieß es immer, daß die Entwicklung an den Börsen der Zukunft voraus wäre - heute scheint es meist so, daß die Investoren dort mehr von Wunschträumen als von der Realität gelenkt werden.
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      Edeka bietet Discountern Paroli


      Die Edeka-Gruppe will mit eigenen Billigangeboten und einem Kernsortiment für alle Läden den Siegeszug der Lebensmittel-Discounter stoppen. „Unser Ziel ist es, die Position der Nummer eins im deutschen Markt erheblich auszubauen“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Edeka Zentrale AG, Alfons Frenk, am Sonntag auf der Jahrestagung in München.
      HB/dpa MÜNCHEN. Die Gruppe könne den Kunden mit ihrem deutlich größeren Sortiment und den frischen Produkten einen deutlichen Mehrwert liefern. Die Branchenlage werde allerdings auch 2003 schwierig bleiben. ... (Handelsblatt.com, 29.6.03)
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      Preis-Chaos nährt Sparwelle

      Meinungsumfrage zum Verbrauchervertrauen bestätigt:
      Berlin - mbp - Die Verunsicherung bei Preisen und Tarifen ist ein Grund für die Kaufzurückhaltung der Deutschen. Dies belegt eine Studie des Meinungsforschungsinstituts Forsa zum Verbrauchervertrauen, die WELT am SONNTAG exklusiv vorliegt. Frank Hippen, Geschäftsführer von 3 W Membership Marketing, dem Auftraggeber der Studie, ist sicher: "Die anhaltende Sparwelle wird durch das Preis-Chaos sogar noch genährt."
      Zwei Drittel aller Deutschen meinen, bei Reiseangeboten, Bankgebühren und Versicherungstarifen nicht das günstigste Angebot zu kennen. Die Quote steigt, wenn es um Autos, Mobilfunk oder Unterhaltungselektronik geht. Bei Vorsorgeprodukten wie der Riesterrente ist die Verunsicherung perfekt: 83 Prozent der Befragten sahen sich außer Stande, die Preiswürdigkeit der Angebote richtig zu beurteilen.
      Die Folgen dieser Preispolitik liegen auf der Hand: Immer mehr Verbraucher nehmen bei Preisrecherchen professionelle Hilfe in Anspruch, wie sie beispielsweise die Verbraucherberatung SPARMAX-Club bietet. Oder schränken ihren Konsum weiter ein: So wollen 37 Prozent der Befragten in den kommenden sechs Monaten weniger Geld für Mobilfunk ausgeben. Für Reisen sind es 42 Prozent; für die Stromversorgung sogar 51 Prozent. Demgegenüber hat seit der Marktöffnung im Jahre 1999 erst jeder zwanzigste Kunde seinen Stromlieferanten gewechselt, wie der Verband der Elektrizitätswirtschaft (VDEW) berichtet.
      (Wams, 29.6.03)

      Kommentar: Wenn nun Edeka mit Billigangeboten den großen Marktführern kontern will, dann zeigt das deutlich, daß die Richtung in fallende Preise endgültig gestellt ist. Dazu kommt, daß sich immer mehr Deutsche bei de Preisen nicht mehr auskennen und Angst haben, nicht das billigste Angebot zu bekommen. Dies führt dazu, daß Käufe erst einmal verschoben werden - nach dem Motto: "Lieber mal warten, das wird bestimmt noch billiger..." - das ist Deflation!
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      Eigenheim-Boom aus Sorge um die Zulage


      Berlin - Die Hypothekenbanken verzeichnen einen deutlichen Nachfrageschub bei Wohnungsbaukrediten. Im April seien die Kreditzusagen im Vergleich zum Vorjahr um 200 Millionen Euro gestiegen, sagte der Immobilienexperte beim Verband der deutschen Hypothekenbanken, Achim Reif, dieser Zeitung. Grund sei der durch die Diskussion um die Eigenheimzulage ausgelöste Boom bei den Baugenehmigungen im ersten Quartal. "Der Anstieg bei Kreditzusagen und Baugenehmigungen wird sich fortsetzen", sagte Reif.
      Momentan liege der effektive Jahreszins für Wohnungsbaudarlehen mit zehnjähriger Festschreibung bei 4,6 Prozent - so tief wie nie nach dem Krieg. Bei fünfjähriger Festschreibung betrage der Effektivzins 3,95 Prozent - günstig für Bauen oder Kaufen.
      Angesichts der Diskussion um die Eigenheimzulage registrierte der Zentralverband des deutschen Baugewerbes im ersten Quartal dieses Jahres eine Zunahme der Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser um 53,5 Prozent. Das ist ein Anstieg von 23 481 im Vorjahr auf heute 49 861. Durch die von der Regierung geplante Streichung der Zulage befürchtet der Verband für die ohnehin angeschlagene Bauwirtschaft große Probleme. "Wenn die Eigenheimzulage verändert wird, droht ein herber Rückschlag vor allem für mittlere und kleinere Betriebe mit bis zu 15 Beschäftigten", sagte der Chefvolkswirt des Verbandes, Lutz Uecker. Im vorigen Jahr verlor das Bauhauptgewerbe 74 000 Arbeitsplätze. lac (Wams, 29.6.03)

      Kommentar: jetzt auf den überspekulierten Immobilienmarkt einzusteigen ist das gleiche, wie wenn jemand kurz vor dem Crash noch Aktien kauft. Die Zeichen stehen auf Deflation und in einer Deflation fallen vor allem die Preise für Immobilien. Jetzt wegen der mickrigen Förderung übereilt Käufe zu tätigen ist mehr als unklug - die Förderung ist bei wqeitem nicht so hoch, wie preisrückgänge in der Deflation zu erwarten sind.
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      30.6.03 Was ist soziale Gerechtigkeit?

      Emnid: Mehrheit der Deutschen glaubt, dass Politiker nicht mehr die Sorgen der kleinen Leute kennen

      von Frank Diering

      Ob Rentner oder Pensionär, Arbeiter oder Beamter, Freiberufler oder Bauherr, alle in der Republik sollen Opfer bringen, um die maroden Staatsfinanzen zu konsolidieren beziehungsweise eine weitere und höhere Staatsverschuldung zu verhindern. Doch die Deutschen scheinen langsam aber sicher daran zu zweifeln, ob es bei soviel Einsparungen und Wegfall von Steuervergünstigungen "sozial gerecht" zugeht.
      ... Doch was ist sozial gerecht? Nur 20 Prozent der Deutschen sehen darin den Zustand, dass alle das Gleiche haben. Dagegen halten es 78 Prozent für sozial gerecht, wenn jemand tüchtig ist und daher ein besseres Einkommen als sein Nachbar aufweisen kann.
      Zugleich sind die Deutschen misstrauisch, wenn es um Schlagwörter und Slogans wie eben "Soziale Gerechtigkeit" geht. So glaubt die Mehrheit (55 Prozent), dass der Begriff "Soziale Gerechtigkeit" nur benutzt wird, um die eigenen Interessen durchzusetzen. Und nur 43 Prozent glauben, dass, wer "Soziale Gerechtigkeit" fordert, wirklich einen gerechten Interessenausgleich herbeiführen will.
      Einig sind die Deutschen, wenn es darum geht, wie man die vermeintliche "Oberen Zehntausend" besteuern sollte, um die Lasten gerecht zu verteilen: So sprechen sich 79 Prozent für eine Erhöhung der Vermögenssteuer aus, 72 Prozent sind für eine Steuer auf Luxusgüter. Denn Reformen sind nur gerecht (sagen 64 Prozent), wenn das obere Viertel der Gesellschaft zur Kasse gebeten wird. (Welt, 30.6.03)

      Kommentar: Die meisten, die von "sozialer Gerechtigkeit" reden wollen in der Tat nur das Geld der kleinen Leute. Über Jahrzehnte wurden mit deisem Begriff die Kleinen zugunsten der Großen ausgenommen. Was ist denn in Wirklichkeit Gerechtigkeit? Die Abschaffung aller Privilegien!

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      28.6.03 Struck soll im Notfall Abschussbefehl geben


      Verteidigungsminister Peter Struck soll nach Informationen der „Financial Times Deutschland“ im Notfall den Befehl zum Abschuss eines von Terroristen gesteuerten Flugzeugs geben. Das gehe aus einem Arbeitspapier zur Luftsicherheit hervor, das Experten des Bundes ihren Länderkollegen am Donnerstag in Köln vorgestellt haben, berichtet das Blatt.
      HB/dpa HAMBURG. Detailliert mache das Papier Vorschläge, wie bei einem Terrorangriff aus der Luft die Befehlskette ablaufen soll. Geht es nur darum, dass Abfangjäger der Luftwaffe ein Flugzeug abdrängen, soll der Inspekteur der Luftwaffe den Plänen zufolge die Befehlsgewalt haben, berichtet die „FTD“. Luftwaffen-Generäle würden ihn bei Abwesenheit vertreten. Jeglichen Waffeneinsatz könnte demnach alleine der Verteidigungsminister selbst anordnen.
      Für die Abwehr von Terroranschlägen aus der Luft werden in Deutschland künftig ausgewählte Flughäfen als mögliche Landebahnen für gekaperte Maschinen dienen. Die Regierung plant nach Angaben des Verteidigungsministeriums vom Donnerstag den Aufbau eines zentral gesteuerten Lage- und Führungszentrums für Luftverteidigung. Ein Sprecher sagte, nach dem neuen Sicherheitskonzept kommen nur bestimmte Flughäfen in Frage, auf die entführte Flugzeuge künftig umgeleitet werden sollen. Die genauen Orte stünden noch nicht fest.
      ... (Handelsblatt.com, 26.6.03)

      Kommentar: Mit diesen Entscheidungen liesse sich in Zukunft schnell ein Passagierflugzeug abschießen - man müßte nur behaupten, daß es entführt gewesen wäre. Eine bequeme Möglichkeit, sich mißliebiger Leute zu entledigen?

      Kommentare v. Günter Hannich
      Geldcrash.de
      Avatar
      schrieb am 01.07.03 19:05:45
      Beitrag Nr. 3.326 ()
      Avatar
      schrieb am 01.07.03 19:25:13
      Beitrag Nr. 3.327 ()
      Dummheit als Konzept?
      Auf was beruht die amerikanische Vormachtstellung?




      Wolfowitz und das Öl
      Wolfowitz, in vielen Medien als der "denkende Kopf" hinter der amerikanischen Außenpolitik dargestellt, hat es offen zugegeben: beim Irakkrieg ging es in erster Linie um das Öl. Ein Schock angeblich, doch warum? Schon seit Monaten scheint doch ohnehin jeder genau das zu glauben, nun hatte es einer der "Denker" der US-Außenpolitik ausgesprochen.

      Eine Menge Leute jubilierten: "Da haben wir den Beweis!" Was sie übersahen: man mag von Wolfowitz denken, was man will, aber er ist nicht dumm und würde sich nicht einfach "verplappern". Es ist anzunehmen, dass er diese Aussage ganz bewusst gemacht hat, um sie gezielt auf der Welt zu verbreiten. Doch warum?

      Bush, der Trottel
      George W. Bush Jr. eilt der Ruf voraus, nicht der Allerhellste zu sein. Er plappert gerne dummes, unzusammenhängendes Zeug und verbreitet einen kaum zu ertragenden Pathos, den manche mit Patriotismus verwechseln. Vielleicht ist er dumm, vielleicht auch nicht, das sei dahingestellt, aber bei so vielen Strategen (auch "Medienstrategen") um ihn herum, sollte man da nicht annehmen, dass die ihn irgendwann einmal dazu bringen in den Medien besser dazustehen? Dass sie zumindest den Schein erzeugen könnten, dass er vielleicht doch nicht so dumm ist? Auf der einen Seite gibt es nicht wenige Menschen, die überzeugt sind, dass die US-Regierung mit den Anschlägen vom 11. September etwas zu tun haben, auf der anderen Seite verwundert es dieselben Leute nicht, dass dieselbe Regierung dann nicht fähig ist, einen Präsidenten so in den Medien zu präsentieren, dass nicht die halbe Welt glaubt, er sei ein Trottel?

      Und was ist mit Wolfowitz? Viele verabscheuen ihn, aber mangelnde Intelligenz wird ihm gewöhnlich nicht vorgeworfen. Wieso also lässt er sich zu einer so scheinbar dummen Aussage verleiten, wie der Krieg im Irak sei wegen des Öls geführt worden und alle anderen Gründe wären nur Heucheleien gewesen?

      John F. Kennedy, Chruschtschow und die Kuba-Krise
      Als John F. Kennedy und Nikita Chruschtschow sich erstmals persönlich trafen, glaubte Chruschtschow einen jungen Naivling vor sich zu haben, den er an der Nase herumführen könnte, wie es ihm gefiel. Dieser Eindruck Chruschtschows führte letztendlich zur Kubakrise, eben weil Chruschtschow glaubte, JFK würde dem politischen Druck nicht standhalten und klein beigeben.

      Tat er aber nicht. Heute gilt John F. Kennedy als einer der besten US-Präsidenten aller Zeiten und die friedliche Beendigung der Kubakrise wird ihm hoch angerechnet, während Chruschtschow als derjenige angesehen wird, der beinahe für den 3. Weltkrieg verantwortlich gewesen wäre. Dabei waren es die USA, die zuerst Aggressionen gegenüber Kuba zeigten, als sie im April 1961 versuchten Fidel Castro mit Gewalt zu stürzen, Kennedy hatte den Befehl dazu gegeben. Die Mission scheiterte und Castro musste sich bedroht fühlen, was dann dazu führte, dass er die Sowjets um Hilfe bat.

      Wie immer man es sieht, die Kubakrise war am Ende ein Triumph für die USA. Die Sowjets wussten, dass sie einen Atomkrieg nicht führen konnten, weil die USA militärisch nicht schwächer war. Chruschtschow (immerhin derjenige der die "Entstalinisierung" einleitete) wollte niemals einen Atomkrieg, aber weil ihm JFK so naiv, ja vielleicht sogar so dumm erschien, glaubte Chruschtschow ihn mit solchen Mitteln unter Druck setzen zu können. Als sich JFK dann als doch nicht so naiv erwies, musste sich Chruschtschow gesenkten Hauptes aus Kuba zurückziehen. Eine fatale Niederlage für die Sowjetunion, und das nur weil Chruschtschow Kennedy für naiv und eventuell dumm hielt.

      Die schwindende Macht der USA
      Der Historiker Emmanuel Todd, der bereits in den 1970ern den Zusammenbruch der Sowjetunion voraussah, sieht den Irakkrieg als eine Art Verzweiflungsakt seitens der USA. Während sich die ökonomischen Verhältnisse nach Ende des Kalten Krieges deutlich zugunsten von Europa verschoben haben, verliert die USA an Bedeutung und wollte durch den Irakkrieg aller Welt "beweisen", dass es ohne sie nicht geht. Das Problem ist, dass es aber ohne sie geht.

      Wenn die USA aber die Welt zu der Überzeugung verleiten könnte, dass sie (die USA) bereit ist, für ihre Vormachtstellung alles zu tun, jedes Land anzugreifen, im Zweifelsfall auch ohne irgendeinen handfesten Grund, so könnte dies die amerikanische Vormachtstellung erhalten, ohne dass es irgendwelche tatsächlichen Voraussetzungen dafür gebe.

      Dummheit als Konzept?
      So könnte es also durchaus sein, dass die Dummheit Bushs ein politisches Konzept ist. Bush und seine Berater wissen, was er vorallem in Europa für einen Ruf hat. Die EU aber ist - politisch gesehen - die Staatengemeinschaft, die man mit dem Irakkrieg beeindrucken wollte, in Wild-West-Manier klarstellen, wer das Sagen hat in der Welt.

      Die Aussage Wolfowitz, es wäre im Irak tatsächlich in erster Linie ums Öl gegangen, unterstützt das Bild, das die Europäer von der US-Regierung haben: eine skrupellose Vereinigung, die von der Ölindustrie abhängig ist und um diese zufriedenzustellen, alles tun wird, auch ein Land ohne einen Grund mit Krieg überziehen.

      Wenn man zum einen die Welt davon überzeugen kann, dass man militärisch jedem Land bei weitem überlegen ist, und zum anderen die Welt ebenso davon überzeugen kann, dass man auch bereit ist, diesen Vorteil skrupellos zu nutzen (man denke nur an die Aussagen der USA zum Internationalen Gerichtshof), wird das ökonomisch stärkere Europa vielleicht klein beigeben, nur aus der Angst heraus, irgendwann auch auf der Abschussliste der USA zu stehen, so wie heute Irak, Iran und Nordkorea.

      Das Ziel ist Angst
      So könnte es tatsächlich sein, dass die US-Regierung momentan versucht, das Klischee, das vor allem in Deutschland über sie besteht, so gut es geht zu bestätigen. Denn Deutschland ist wichtig für die USA. Mangelnde Loyalität seitens der Deutschen könnte der ohnehin kränkelnden US-Wirtschaft den Todesstoß verpassen, denn Deutschland gehört zu den wichtigsten Handelspartnern der USA; mit Frankreich verhält es sich ähnlich und allen US-Bemühungen zum Trotz, Polen kann diese Rolle in naher Zukunft nicht übernehmen, nicht zuletzt auch deshalb weil Polen in Zukunft durch den EU-Beitritt von Deutschland und Frankreich noch mehr abhängig sein wird, als sie es jetzt schon sind.

      Die USA hat also das Problem, dass sie bald schon niemand mehr gebrauchen könnte. Da sie aber immer noch die größte Militärmacht auf diesem Planeten sind, versuchen sie die Welt mit dem Mittel hörig zu machen, das jedes herrschende System nutzte, kurz bevor es zusammenbrach: Angst.

      28. Juni 2003, Jörg Heléne

      Lesen Sie dazu auch den Artikel: Von Heucheleien, Spiegelpropaganda und Selbstgefälligkeiten (vom 24. Juni 2003)
      http://www.renegadenation.de/essays/dumm.html
      Avatar
      schrieb am 01.07.03 19:31:22
      Beitrag Nr. 3.328 ()



      rot= small traders
      gelb =commercial hedgers
      hellblau= small traders
      Avatar
      schrieb am 01.07.03 19:33:38
      Beitrag Nr. 3.329 ()
      Avatar
      schrieb am 01.07.03 20:14:25
      Beitrag Nr. 3.330 ()
      DIE BRUCHLANDUNG DER NEUEN ÖKONOMIE

      Zeit der Schurken


      Die Serie der Bilanzskandale nimmt kein Ende. Die Visionäre von gestern erweisen sich als schlichte Betrüger. Doch ihre Machenschaften, die das Mysterium der Neuen Ökonomie entzaubert haben, können nicht mehr als Fehltritt vereinzelter "schwarzer Schafe" verharmlost werden. Sie sind der faule Kern eines Systems, das manipulierte Börsenkurse nicht nur erlaubt, sondern zum Hauptanreiz für das Management macht.
      Von IBRAHIM WARDE *
      * Forscher an der Harvard-Universität Boston (USA), Autor von "Islamic finance in the global economy", Edinburgh University Press 2000.

      ZUM Standarddiskurs über die Neue Ökonomie und die Globalisierung gehörte bis vor kurzem das idyllische Bild, das von den US-Finanzmärkten entworfen wurde: Unternehmensführer betätigen sich "wertschöpfend" und werden entsprechend entlohnt; mittels Aktienoptionen und Pensionsfonds wird dafür gesorgt, dass die Interessen der Beschäftigten eins werden mit den Interessen der Aktionäre; die Demokratisierung der Finanzmärkte macht es möglich, einen großen Teil der Bevölkerung an dieser "Wertschöpfung" zu beteiligen; zahlreiche "Kontrollmechanismen" - gesetzliche Vorschriften, die so genannten Analysten, Verwaltungsräte, Wirtschaftsprüfer und sogar die Medien - garantieren, dass es auf den Märkten korrekt und sauber zugeht.(1)

      Zwar erlebte die Welt in den zehn Boomjahren von März 1991 bis März 2001 eine ganze Reihe von Finanzskandalen, etliche Fälle von Wirtschaftsbetrug und ungehemmter Spekulation mit Derivaten, doch wurden solche Vorfälle flugs als schändliches Gebaren einer Handvoll schwarzer Schafe abgebucht. Und die benahmen sich natürlich atypisch und widergesetzlich, wie auch die Vokabel "Schurken" (rogue) suggerieren sollte. Den herrschenden Diskurs konnten solche Episoden nicht in Frage stellen, galten sie doch als die sprichwörtliche Ausnahme, die die Regel bestätigt - und damit als hinreichender Beweis für die Fähigkeit des Systems, sich selbst zu regulieren. Also setzten die Märkte, nach kurzer Verunsicherung, ihren Höhenflug jedesmal umso unbeschwerter fort.


      Da die US-amerikanische Wirtschaft sich offensichtlich bester Gesundheit erfreute und die Börsenmärkte erfolgreich den Gesetzen der Schwerkraft trotzten, glaubte sich die Führung der USA berechtigt, aller Welt die angloamerikanischen Methoden aufzuschwatzen. Das bedeutete mit anderen Worten: den Staatssektor abzuwickeln, die Kräfte des Marktes freizusetzen und mit dem crony capitalism, der Ursache allgemeiner Korruption, endlich Schluss zu machen. In dasselbe Horn stießen die Propagandisten der globalisierten Eliten. Alain Minc - von dem man in letzter Zeit allerdings nicht mehr so viel hört - argumentierte zum Beispiel: "Der Erfolg der Vereinigten Staaten nötigt uns, gegen unsere eigenen starren Prinzipien anzugehen. Begrüßen wir das Wunder, akzeptieren wir das Mysterium, und vor allem: nehmen wir uns dieses Beispiel zum Vorbild."(2)

      Eine visionäre Art der Wertschöpfung
      DAS Wunder wurde wortreich begrüßt, das Beispiel allenthalben befolgt. Die blindgläubige Mimesis trieb keiner so weit wie Vivendi-Chef Jean-Marie Messier, der sich selbst zum "amerikanischsten der französischen Patrons" ausrief. Doch nach kurzem Höhenflug traf auch ihn das Schicksal der "visionären" Unternehmensführer, deren Methode er sklavisch nachäffte: Die Höllenfahrt seiner Unternehmensgruppe fiel mit dem Kollaps mehrerer Symbole der Wunderwirtschaft zusammen.


      Die schwarze Serie begann am 2. Dezember 2001 mit dem krachenden Bankrott des Energiegiganten Enron. Das texanische Unternehmen hatte sich innerhalb weniger Jahre auf den siebten Platz der US-Rangliste hochgeboxt und erreichte zuletzt einen Umsatz von über 100 Milliarden Dollar. Die Management-Theoretiker sahen in dem Prunkstück der Neuen Ökonomie das Modell der Zukunft. Mit nur wenig Eigenkapital ausgestattet, gelang es diesem neuartigen Makler dank hochkomplexer Verschachtelungsmanöver und tollkühner Finanzierungskonzepte, überall und ständig "Wert zu schöpfen". Keine Business School, die den Fall Enron in ihren Kursen über Unternehmensstrategie, -finanzierung und -ethik nicht über den grünen Klee gelobt hätte. Das Wirtschaftsmagazin Fortune kürte die Firma mit Sitz in Houston zwischen 1996 und 2001 Jahr für Jahr zum innovativsten Unternehmen, die Financial Times ernannte sie 2000 zur "Energiegruppe des Jahres", und The Economist erhöhte Enron-Chef Kenneth Lay im selben Jahr sogar zum "Energie-Messias".


      Als "Bürgerunternehmen" war Enron voll in das Establishment inkorporiert und verteilte großzügig Gelder, Vergünstigungen und Lorbeerkränze. Enron-Chef Lay war weit über 20 Jahre lang Finanzpate und Intimus von George W. Bush und ließ seinem Schützling mehr als 2 Millionen Dollar zukommen, teils aus seinem Privatvermögen, teils über Unternehmenskassen.(3 )Bush hatte Lay schon als Gouverneur von Texas zu seinem prominentesten Berater gemacht, und so nimmt es nicht wunder, dass der Enron-Chef die Energiepolitik der Bush-Administration maßgeblich mitbestimmen durfte. Heeresminister Thomas White, der zuvor bei Enron einen führenden Posten bekleidet hatte, versprach bei seiner Ernennung, "die Methoden des Privatsektors auch im öffentlichen Sektor anzuwenden".


      Noch knapp einen Monat vor dem Bankrott der Firma zeichnete das "James A. Baker Institute for Public Policy" (benannt nach dem Außenminister unter Präsident George Bush senior) Zentralbankchef Alan Greenspan mit dem Enron-Preis aus. Doch die Firma, die alle Finessen des "Risikomanagements" perfekt beherrschte, war ganz erhebliche Risiken eingegangen, die sie dank eines undurchschaubaren Systems ineinander verschachtelter Finanzbeteiligungen zu verbergen wusste. Der Zusammenbruch kam daher ebenso plötzlich wie unerwartet.(4)

      Die Affäre erschütterte nachhaltig einen wichtigen Pfeiler der Neuen Ökonomie: das Win-Win-Credo, wonach alle Beteiligten gewinnen. In den Jahren 1998 bis 2001 hatte sich der Kurs der Enron-Aktien um das Dreifache erhöht. Das machte Management, Aktionäre und Beschäftigte immer reicher. Letztere legten ihre gesamte Altersvorsorge in Enron-Aktien an, was sie am Ende zu Verlierern machte. Während die Enron-Papiere innerhalb weniger Monate 98 Prozent ihres "Werts" einbüßten, belohnte sich die Unternehmensführung allerdings mit großzügigen Abfindungen. Die Eingeweihten durften ihre Aktien zurückgeben, doch die Beschäftigten entdeckten in ihrer Betriebsvereinbarung eine Klausel, die ihnen diesen Ausweg verwehrte.


      Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Arthur Andersen, die an Enrons zweifelhaften Finanzpraktiken ebenso beteiligt war wie an der Vernichtung kompromittierender Dokumente, wurde im Strudel ihres Großkunden in den Ruin gezogen. Es folgten die Affären Tyco, Global Crossing, Qwest, Adelphia Communications, Merck und Halliburton, dessen Chef zum Zeitpunkt der Bilanzfälschung niemand anderer war als der derzeitige US-Vizepräsident Richard Cheney. In allen diesen Fällen hatte das Management das Unternehmen unter aktiver Mithilfe der angeblichen Kontrollinstitutionen ausgeplündert. Und jedes Mal ging es um noch gewaltigere Summen. Hatte Enron "nur" 2 Milliarden Dollar an Schulden weggebucht, so "vergaß" WorldCom 3,85 Milliarden Dollar in die Bilanz einzustellen. Xerox blähte seine Verkaufszahlen um 6 Milliarden Dollar auf, und Merck steigerte den Umsatz um fiktive 12,4 Milliarden Dollar.


      Die genannten Unternehmen weisen eine Reihe gemeinsamer Merkmale auf. Ihre Führer waren ständig in den Medien präsent, sie redeten ständig über Innovationen und "Corporate Governance", über ethische Grundsätze und Verantwortlichkeit. Sie waren faktisch zu einer "aggressiven" Kommunikationspolitik gezwungen, denn ihre "Wertschöpfung" (von der ihr Honorar abhing) war einzig an den Börsenkursen abzulesen. Alles hing also vom "Kursmanagement" ab, und so hegten und pflegten sie die Presse und die Analysten mit erlesener Aufmerksamkeit. Und die Aussage, dass die Journalisten bereitwillig mitspielten, ist dabei noch eine Untertreibung.


      Eine weitere Gemeinsamkeit dieser kriminellen Unternehmen bestand darin, dass sie vielfach die Dienste renommierter Consulting-Firmen in Anspruch nahmen, allen voran McKinsey. Unter den verschiedensten Vorwänden zahlten sie den Management-Großgurus und den renommiertesten Ökonomen fette Entschädigungen, um ihre Flucht nach vorn als "innovative Strategie" zu kostümieren - und sich selbst als Visionäre, obwohl sie doch nur größenwahnsinnig sind.


      Kann man angesichts dieser Tatsachen noch von einigen schwarzen Schafen reden? Selbst die Meistersinger der untergegangenen Firmen sprechen heute von "allgemeiner Korruption" und "Systemkrise".(5 )Die Galionsfiguren ganzer Branchen (Internet und Telekommunikation) und Berufssparten (Analysten, Wirtschaftsprüfer, Unternehmensberater, Finanzblatt- und Fernsehjournalisten, Managementgurus) waren an diesem Mystifizierungs- und Verdunkelungsunternehmen beteiligt.


      Wie konnte es dazu kommen? Im Zuge der beschleunigten Wirtschaftsliberalisierung der letzten zehn Jahre wurden zahlreiche Schutzvorkehrungen sukzessive abgebaut. Die finanzielle Ausstattung und die Befugnisse der Aufsichtsbehörden wurden eingeschränkt. An deren Stelle trat der Markt mit seiner vorgeblichen Selbstregulierungsfähigkeit mittels Eigenkontrolle und Verhaltenskodizes. Als die "chinesischen Mauern" zwischen Unternehmensberatung und Wirtschaftsprüfung, zwischen Depositen- und Geschäftsbank im Namen des freien Wettbewerbs und angeblicher Synergieeffekte fielen, vollzog sich mit dem System ein grundlegender Wandel.


      Berufe, die ihren Verhaltenskodex bis dahin eingehalten hatten, mutierten zu "Profitzentren". Bei den Wirtschaftsprüfern, die einst über korrekte Buchführung wachten, gelangte die Fantasie an die Macht. "Aggressive Methoden" an den Grenzen zur Legalität weichten die überkommenen Buchhaltungsprinzipien auf. Mit Hilfe von Analysten, die sich eher als Propagandisten betätigten, finanzierten die Banken Fusionen und Übernahmen, die zwar von vornherein zum Scheitern verurteilt waren, aber vorher noch fette Beute abwarfen. Und was die viel gefeierten Aktienoptionen anbelangt, so blähten sie die kurzfristigen Gewinne zusätzlich auf und erleichterten das Manipulieren der Bilanzen.(6)

      Michel Bon, der derzeitige Chef von France Télécom, erklärte im Dezember 1999 gegenüber dem Wirtschaftsmagazin Capital: "Am 20. September 1997 ging France Télécom an die Börse. Vier Millionen Franzosen - und drei Viertel der Beschäftigten - zeichneten Aktien. Diese Tatsache ist mehr als ein Ereignis: Sie symbolisiert die allgemeine Erkenntnis, dass der Markt die Bedürfnisse des Kunden am besten befriedigt. Ich hoffe, dass sich diese Erkenntnis bald auch im Bereich nicht kommerzieller Dienstleistungen wie Bildung und Gesundheit durchsetzt." Die rauschhafte Begeisterung des Herrn Bon ist inzwischen verflogen. Und seine Hoffnungen wohl auch.


      dt. Bodo Schulze

      Fußnoten:
      (1) Dazu Thomas Friedman, "The Lexus and the Olive Tree", New York (Farrar, Straus & Giroux) 1999.
      (2) A. Minc in: Richard Farnetti/Ibrahim Warde, "Le modèle anglo-saxon en question", Paris (Economica) 1997.
      (3) Charles Lewis, "The Buying of the President 2000", New York (Avon Books) 2000.
      (4) Tom Frank, "Enron: Elvis singt hier nicht mehr", Le Monde diplomatique, Februar 2002.
      (5) "How Corrupt is Wall Street?", Business Week, 12. Mai 2002; "System Failure", Fortune, 24. Juni 2002.
      (6) Ibrahim Warde, "Börsenkrach 1929: Die nächste Bruchlandung kommt bestimmt", Le Monde diplomatique, Oktober 1999.


      Le Monde diplomatique Nr. 6822 vom 9.8.2002, 290 Zeilen, IBRAHIM WARDE
      http://www.monde-diplomatique.de/pm/2002/08/09.mondeText.art…
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      schrieb am 01.07.03 20:22:38
      Beitrag Nr. 3.331 ()
      01.07. 20:13
      Wirtschaftsdaten - Überblick
      (©GodmodeTrader - http://www.godmode-trader.de)



      Nachfolgend eine Zusammenfassung der heutigen Wirtschaftsdaten aus dem BörseGo US NewsFeed:

      Laut Bank of Tokyo Mitsubishi und UBS Warburg fiel der US-Einzelhandelsumsatz in der Woche zum 28. Juni um 0.5%. Das ist der erste Rückgang nach Anstiegen in den letzten zwei aneinanderfolgenden Wochen. Die Umsatzentwicklung sei laut Urteil der Berichterstatter weiterhin „schwankend“. Gegenüber dem Vorjahr liegt der Umsatz 1.1% im Plus, nach +0.6% in der Vorwoche.


      Der nationale Einkaufsmanagerindex für das herstellende Gewerbe lag im Juni bei 49.8 (Prognose: 51) nach 49.4 im Mai. Werte unter 50 deuten auf eine Verlangsamung der Aktivität hin, Werte darüber für eine wachsende Aktivität. Das herstellende Gewerbe sei für eine Erholung in der zweiten Jahreshälfte jedoch vorbereitet, so das Institute of Supply Managers. Die Stimmung im herstellenden Gewerbe habe sich zudem "definitiv gebessert".


      Die Bauausgaben fielen im Mai um 1.7% (Prognose: 0.1%) auf $869.8 Milliarden. Dies berichtet das Commerce Department. Das ist der größte Rückgang in einem Jahr. Die öffentlichen Bauausgaben fielen um 1.8%, während der private Sektor 1.7% weniger ausgab. Den größten Rückgang gab es hier bei den Ausgaben für den Bau von Bürokomplexen – der Umsatz fiel um 24%. Die Bauausgaben für Gebäude, die nicht zum wohnen benutzt werden, fielen um 0.4%.
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      schrieb am 01.07.03 20:42:23
      Beitrag Nr. 3.332 ()
      DIW-PROGNOSE

      Deutschlands Wirtschaft schrumpft

      Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) geht in seiner neuesten Konjunkturprognose davon aus, dass die deutsche Wirtschaft dieses Jahr schrumpfen wird. Für 2004 rechnen die Experten außerdem mit einem viel niedrigeren Wachstum als die Bundesregierung.

      Berlin - Als erstes der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute erwartet das DIW, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2003 um 0,1 Prozent zurückgehen wird. "Eine durchgreifende konjunkturelle Wende ist auch für das nächste Jahr nicht in Sicht", hieß es in den am Dienstag vorgestellten Sommer-Grundlinien 2003/2004. Für das kommende Jahr rechnen die Forscher mit einem Wachstum von 1,3 Prozent, das sich auf 1,6 Prozent erhöhen könnte, sollte die Steuerreform tatsächlich vorgezogen werden.
      Wegen der herrschenden Stagnation warnte das DIW außerdem vor einer Abwärtsspirale aus sinkenden Preisen und schrumpfender Wirtschaftskraft: "In Deutschland sind alle Voraussetzungen für ein Deflation gegeben." Vor allem die Geldpolitik sei aufgerufen, dieser Gefahr mit weiteren Zinssenkungen entgegenzutreten.

      Beim gesamtstaatlichen Defizit erwartet das DIW eine Defizitquote 3,7 Prozent des BIP in diesem Jahr und von 3,0 Prozent im nächsten Jahr. Bei einem Vorziehen der Steuerreform ohne entsprechende Gegenfinanzierung läge das Defizit 2004 den Experten zufolge ebenfalls bei rund 3,7 Prozent. In ihrer Gemeinschaftsprognose im Frühjahr waren die sechs führenden Wirtschaftsforschungsinstitute für 2003 noch von einem BIP-Wachstum von 0,5 Prozent und für 2004 von 1,8 Prozent ausgegangen. Inzwischen rechnen aber das Münchner Institut für Wirtschaftsforschung (Ifo), das Hamburger Welt-Wirtschafts-Archiv (HWWA) und das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) 2003 im Vergleich zum Vorjahr nur noch mit einem stagnierenden BIP. Auch das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) geht nur noch von einer "schwarzen Null" aus.

      Das prognostizierte Wachstum von 1,3 Prozent im kommenden Jahr ist nach Einschätzung des DIW um 0,6 Prozentpunkte auf zusätzliche Arbeitstage zurückzuführen. Eine tiefe Rezession wie 1993 sei zwar nicht zu erkennen, doch im Laufe der vergangenen drei Jahre sei "jegliche wirtschaftliche Dynamik erloschen". Zu der anhaltenden Binnenschwäche der deutschen Wirtschaft kämen nun durch den aufgewerteten Euro Belastungen für den Export hinzu.

      Die Zahl der Arbeitslosen wird nach DIW-Berechnungen in diesem Jahr durchschnittlich 4,5 Millionen erreichen. Positive Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt würden sich erst Mitte 2004 auswirken, so dass die Zahl der Erwerbslosen im Jahresschnitt sogar auf 4,75 Millionen ansteigen werde.

      Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,255329,00.html, Spiegel-Online, 01.07.2003
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      schrieb am 01.07.03 20:47:35
      Beitrag Nr. 3.333 ()




      faznet.de
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      schrieb am 01.07.03 20:49:56
      Beitrag Nr. 3.334 ()
      Interview
      Die Börsen stehen vor einer deutlichen Korrektur


      01. Juli 2003 Die Finanzmärkte haben in den vergangenen Wochen eine phantastische Entwicklung gezeigt. Der Rentenmarkt verbuchte zwischenzeitlich Rekordkurse, der Dax legte seit Mitte März in der Spitze 50 Prozent zu und auch der Euro zeigte sich gegen den Dollar stark. Nun zeigen sich jedoch gewisse Ermüdungserscheiungen und es stellt sich die Frage, wie es weitergeht.

      FAZ.NET unterhielt sich aus diesem Grund mit Christian Plenz von Equinet Securities. Als Chef der technischen Analyse hatte er in der Vergangenheit eine gute Nase für die weitere Entwicklung.

      Die Börsen legten seit März innerhalb kurzer Zeit massiv zu. Wird das so weitergehen?

      Ich gehe davon aus, daß wir nicht mehr sehr viel weiter steigen, sondern wir werden eine Trendwende sehen. In den Vereinigten Staaten und im EuroStoxx dürften wir im Juni die Höchststände schon gesehen haben. Beim Dax bin ich mir noch nicht so ganz sicher, ob er Anfang Juli noch ein neues Hoch ausbilden wird.

      Woran machen Sie das fest?

      Zunächst läßt sich festhalten, daß im Mai alle Widerstandszonen überwunden wurden. Daraufhin haben wir ein Szenario entwickelt, wie weit es im besten Fall gehen kann und entsprechende Kursziele abgeleitet. Das waren im Dow Jones 9.350 Punkte und 1.015 Zähler im S&P 500. Und diese Ziele haben wir weitgehend erreicht.

      Wie geht es weiter von hier?

      Der Markt dürfte nun wieder nach unten drehen, allerdings dürften wir keine neuen Tiefststände mehr sehen. Denn es gibt starke Kräfte - zum Beispiel die Notenbanken -, die daran kein Interesse haben und teilweise auch intervenieren werden. Allerdings werden wir eine deutliche Korrektur haben, die sich beinahe über das komplette zweite Halbjahr hinziehen kann. Eine Seitwärtsbewegung mit teilweise starken Schwankungen ist sehr wahrscheinlich.

      Was wäre eine denkbare Untergrenze?

      Im Dow Jones sehe ich die bei 8.100 Zählern, im S&P 500 bei 880 und im Dax bei 2.600 Punkten, abgeleitet aus der Eliott-Wellen-Theorie. Es stellt sich allerdings immer auch die Frage, wann wir diese Niveaus erreichen. Sollte das innerhalb kurzer Zeit passieren, müßte das Szenario überdacht werden. Im Moment gehe ich davon aus, daß wir diese Marken im Herbst erreichen werden.

      Als Anleger sollte ich jetzt also verkaufen und bei 2.600 Zählern wieder einsteigen?

      Im Prinzip ja. Allerdings immer unter Berücksichtigung des Zeithorizonts. Sollte der Markt schnell stark „abschmieren“, könnten die Ziele in Frage gestellt werden. Wir haben bisher auf jeden Fall eine starke Übertreibung nach oben gesehen und man sollte die Kurse zum Ausstieg nutzen.

      Die Stimmung in Europa wird langsam optimistisch und in Amerika ist sie der absolute Wahnsinn. Dort sind sowohl institutionelle als auch private Anleger so „bullisch“, wie wir es zuletzt im Jahr 2000 oder vorher vor dem 87er-Crash beobachten konnten. Und das ist zusammen mit der wieder sehr hohen Bewertung ziemlich bedenklich.

      Sicher dürfte auch die Volatilität zunehmen, weil immer mehr Anleger nach dem „Absolute-Return-Ansatz“ agieren und sich schnell mit den Märkten mitdrehen müssen?

      Sehr genau, das sehen wir auch bei unseren Kunden. Nicht wenige von ihnen haben gesagt, wir glauben zwar nicht, daß es weiter nach oben gehen wird und wir glauben nicht an die fundamentale Fundierung. Aber wir spielen die Aufwärtsbewegung mit, aber sobald es wieder nach unten geht, sind wir auch nach unten wieder voll dabei. Die ersten sind schon dabei, die Seite zu wechseln und eher wieder auf fallende Kurse zu setzen.

      Sie sprachen vorhin Interventionen an ...

      Wir wissen, daß es in Amerika zu staatlichen Wertpapierkäufen kam. Die waren mit dafür verantwortlich, daß es zur Trendwende kam und daß sich der Markt so stark entwickelt hat. Diese Interventionen kommen oft in der ersten und letzen Handelsstunde, nach schlechten Wirtschaftszahlen oder an entscheidenden technischen Marken. Der Markt wurde „hochgezogen“, um zu suggerieren, die schlechten Zahlen seien „eingepreist“. So wird eine positive Grundstimmung erzeugt.

      Das Gespräch führte Christof Leisinger

      Text: @cri
      Bildmaterial: Equinet AG
      faznet.de
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      schrieb am 01.07.03 20:53:23
      Beitrag Nr. 3.335 ()
      Grundig wird zerschlagen
      Insolvenzverfahren über den fränkischen Traditionskonzern eröffnet - Investorensuche geht weiter


      Das Aus für den fränkischen Traditionskonzern
      Foto: dpa
      München - Das Amtsgericht Nürnberg hat das Insolvenzverfahren über den Unterhaltungselektronikhersteller Grundig eröffnet und damit die Zerschlagung des fränkischen Traditionskonzerns eingeleitet. Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung wurden als Gründe genannt und der Nürnberger Rechtsanwalt Siegfried Beck zum Insolvenzverwalter bestellt. Die profitablen Geschäftsbereiche Autoradio, Satelliten-Kopfstationen und Bürokommunikation sollen an verschiedene Investoren verkauft werden, ebenso das defizitäre Kerngeschäft TV/Video/Audio, für das ebenfalls Interessenten vorhanden seien.


      "Es kommt jetzt darauf an, die Gespräche mit den Investoren für alle Bereiche schnellstmöglich zu einem positiven Ende zu bringen", sagte Beck. "Wir werden alles tun, um den Mythos Grundig aus den Wirtschaftswunderzeiten nicht untergehen zu lassen, sondern auf die Nachfolgegesellschaften zu übertragen. Nach Angaben Becks sollen 500 der insgesamt noch 1300 Mitarbeiter den Fortbestand der Produktion sichern. Den anderen werde angeboten, in die Beschäftigungsgesellschaft GPQ wechseln, wo sie weiteren Investoren angeboten werden. "Die Alternative wäre Arbeitslosigkeit", sagte Betriebsratschef Thomas Schwarz.


      Für die Autoradiosparte hat unter anderem Mehrheitsaktionär Anton Kathrein innerhalb eines Konsortiums ein Übernahmeangebot abgegeben, mit einer Entscheidung wird in Kürze gerechnet. Kathrein hatte sich 1997 an Grundig beteiligt und Ende 1999 die Mehrheit an dem Unterhaltungselektronikhersteller übernommen. Vor zwei Jahren tauschte er das Management aus und stellte den früheren Loewe- und Thyssen-Manager Hans Peter Kohlhammer an die Grundig-Spitze. Nachdem es diesem nicht gelungen war, für Grundig einen neuen Investor zu finden, und auch das Zahlenwerk sich nicht besserte, musste er Anfang April diesen Jahres seinen Posten räumen.


      Zwischen dem Mehrheitsaktionär und der früheren Geschäftsführung sowie einigen Belegschaftsvertretern des Nürnberger Unternehmens droht offenbar noch weiterer Ärger. In Grundig-Kreisen werden massive Vorwürfe gegen das Agieren des Rosenheimer Antennenherstellers erhoben.


      Der frühere Grundig-Chef Kohlhammer habe sein Restrukturierungskonzept durchgezogen, gescheitert sei er aber nicht nur an der Marktentwicklung, sondern auch am zögerlichen Verhalten des Mehrheitsaktionärs. "In den vergangenen beiden Jahren hat Kathrein nur noch wenig zum Wohl des Unternehmens beigetragen", ist in Nürnberg zu hören. Insbesondere habe er durch Abwesenheit geglänzt. "Da war ja selbst der Bundeskanzler noch eher zu erreichen." Aber auch Kritik am Agieren des im April abgelösten Grundig-Chefs Kohlhammer wurde laut.


      In der nach wie vor profitablen Autoradiosparte sind 1000 Mitarbeiter beschäftigt, 800 davon in Portugal. Die Grundig Car Intermedia Systems stellt unter anderem Geräte für die Lastwagen-Mauterfassung auf den deutschen Autobahnen her, zu den Kunden zählen unter anderem die Autokonzerne Daimler-Chrysler und Volkswagen. In der Bürokommunikationssparte, die in Bayreuth angesiedelt ist, sind insgesamt 170 Mitarbeiter beschäftigt. Zu den positiven Assets der an sich defizitären Fernsehgerätesparte zählt vor allem die Forschungs- und Entwicklungsabteilung. Zu den Bietern für das Kerngeschäftsfeld soll das chinesische Unternehmen D´Long gehören, das auch Interesse an Teilen des Flugzeugbauers Fairchild Dornier hat. Außerdem ist die taiwanesische Sampo-Gruppe nach wie vor im Gespräch. ehr




      Artikel erschienen am 2. Jul 2003
      welt.de
      Avatar
      schrieb am 01.07.03 20:55:54
      Beitrag Nr. 3.336 ()
      Rot-Grün setzt auf den Rasenmäher

      Zusätzlicher Subventionsabbau soll vorgezogene
      Steuersenkungen finanzieren


      Berlin - Die Ministerpräsidenten von Hessen und Nordrhein-Westfalen, Roland Koch (CDU) und Peer Steinbrück (SPD), wollen in einem gemeinsamen Plan zum Subventionsabbau pauschale Kürzungen nach der "Rasenmähermethode" vorschlagen. Das verlautete aus Regierungskreisen. Entsprechende Vorschläge sollen Ende Juni an das Bundesfinanzministerium geleitet werden. Minister Hans Eichel (SPD) will sie dann in den Bundeshaushalt für 2004 einarbeiten. Der Entwurf des Etats will das Kabinett heute verabschieden. Zusammen mit den darin geplanten Kürzungen etwa bei der Eigenheimzulage und der Pendlerpauschale könnten die vorgezogenen Steuersenkungen weitgehend finanziert werden, hieß es.


      Jüngsten Berechungen zu Folge kostet das Vorziehen der für 2005 geplanten Stufe auf 2004 den Bund 7,2 Mrd. Euro, die Länder 6,2 Mrd. Euro und die Kommunen 2,2 Mrd. Euro. Um wie viel Koch und Steinbrück die Subventionen kürzen wollen, ist noch unklar.


      Die Kompensation für die Kommunen scheint ebenfalls geklärt. Sie sollen die Einsparungen bekommen, die sich aus der geplanten Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe ergeben. Die Rede ist von sechs Mrd. Euro. Ursprünglich wollte Eichel davon einen Teil für die Schuldentilgung verwenden. Zusätzliche Einnahmen erhalten die Kommunen aus der Reform der Gewerbesteuer. Das Ergebnis der zuständigen Arbeitsgruppe innerhalb der Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen soll morgen vorgelegt werden. Weil sich Teilnehmer nicht auf ein Konzept einigen konnten, will die Regierung einen eigenen Vorschlag präsentieren.


      Danach sollen auch Freiberufler ab dem 1. Januar 2004 Gewerbesteuer zahlen. Die von den Kommunen zusätzlich geforderte Verbreiterung der Bemessungsgrundlage um ertragsunabhängige Komponenten wie Mieten, Pachten und Zinsen wird es jedoch nicht geben. Zur Höhe der Mehreinnahmen wurden keine Angaben gemacht.


      Bundesfinanzminister Eichel bekräftigte erneut, trotz eines Vorziehens der Steuerreform das EU-Defizitkriterium einhalten zu wollen. Dazu sei jedoch eine harte Politik notwendig. Unter Umständen werde man beim Subventionsabbau noch einmal über das hinausgehen müssen, was die Regierung bereits vorgelegt habe. EU-Währungskommissar Pedro Solbes hatte sich nach einem Gespräch mit Eichel zuversichtlich geäußert, dass Deutschland im kommenden Jahr trotz eines Vorziehens von Steuererleichterungen die EU-Defizitobergrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) einhalten könne. Allerdings seien nach wie vor Risiken vorhanden.


      Eichel seinerseits bekräftigte, bei einem Wachstum von ,75 Prozent in diesem und zwei Prozent 2004 sei eine punktgenaue Landung bei drei Prozent Staatsdefizit möglich. Allerdings sagte der Minister, dass man "hinter die ,75 Prozent ein Fragezeichen machen" müsse. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin rechnet für 2003 mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um ,1 Prozent. cw cw




      Artikel erschienen am 2. Jul 2003
      welt.de
      Avatar
      schrieb am 01.07.03 20:56:59
      Beitrag Nr. 3.337 ()
      Juni-Arbeitslosigkeit auf Rekordhoch

      350.000 Erwerbslose mehr als im Vorjahr - Konjunkturkrise verantwortlich


      Berlin - Im Monat Juni waren nach WELT-Informationen laut internen Berechnungen der Bundesanstalt für Arbeit (BA) 4,30 Mio. Menschen ohne Arbeit - das ist die höchste Juni-Arbeitslosigkeit seit der Wiedervereinigung. Im Vergleich zum Vormonat ist die Zahl der Erwerbslosen um rund 40 000 zurückgegangen. Dafür sind vor allem saisonale Einflüsse verantwortlich.


      Aussagekräftiger als Vormonatsvergleiche sind jedoch Vorjahresvergleiche. Und hier zeigt sich, dass die Arbeitslosigkeit im Juni 2003 um 350 000 gegenüber dem Vorjahr angestiegen ist. Das ist der stärkste Anstieg seit über zehn Jahren. Als Grund wird die schwache Konjunktur angeführt. Im Mai war die Zahl der Arbeitslosen im Jahresverlauf überraschend niedrig. Das war allerdings keine Trendwende, sondern resultierte primär aus statistischen Effekten. So stieg die Zahl der Abmeldungen deutlich an, weil die Arbeitsämter ihren Druck auf Arbeitslose verstärkten hatten.


      Ohne die Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik, wie Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Strukturanpassungsmaßnahmen, wäre die Zahl der Arbeitslosen im Juni noch weitaus höher ausgefallen. Hinzu kommt, dass im Juni über 300 000 ältere Erwerbslose aus der Statistik heraus gefallen sind, weil sie die Möglichkeit eines so genannten erleichterten Arbeitslosengeldbezuges nutzen. Nach dieser Regelung, die in Paragraf 428 des Sozialgesetzbuches festgeschrieben ist, können sich Erwerbslose ab 58 Jahren als nicht mehr vermittelbar erklären. Sie beziehen dann bis zum Renteneintritt Arbeitslosengeld und fallen aus der Statistik heraus.


      Laut EU-Statistikamt Eurostat in Luxemburg ist die Arbeitslosigkeit in der Europäischen Union im Mai wieder leicht auf 8,1 Prozent gestiegen. Im Vormonat hatte sie noch bei 8, Prozent gelegen, im Mai 2002 bei 7,6 Prozent.


      Die niedrigste Arbeitslosenquote verzeichnete im Mai Luxemburg mit 3,6 Prozent, den höchsten Stand hatte Spanien mit 11,3 Prozent. Deutschland folgt mit 9,4 an zweiter Stelle. In den zwölf Euro-Staaten lag die Arbeitslosenquote bei 8,8 Prozent. cbs




      Artikel erschienen am 2. Jul 2003
      welt.de
      Avatar
      schrieb am 01.07.03 21:05:54
      Beitrag Nr. 3.338 ()
      Alarmstufe rot für die Weltwirtschaft

      Deflationsrisiken, Spannungen im Finanzsystem und das US-Leistungsbilanzdefizit beunruhigen die Bank der Zentralbanken


      Von Detlef Fechtner



      Mal ganz ehrlich: Wäre es nicht langsam Zeit für Entwarnung. Immerhin haben sich doch die Aktienkurse zuletzt wieder berappelt. Zudem hellt sich die Stimmung in Unternehmen und unter Verbrauchern etwas auf. Und überhaupt hört man doch immer häufiger, dass die Wirtschaft das Schlimmste hinter sich hat.

      Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich ist da ganz anderer Ansicht. Nicht etwa, dass die BIZ (siehe auch nebenstehenden Text BIZ) den Zusammenbruch des globalen Finanzsystems oder eine tiefgreifende Rezession prophezeit. Aber ebenso wenig erkennt sie einen Grund, die Bedrohungen kleinzureden, die die Volkswirtschaften der Welt in tiefe Probleme stürzen könnten.

      Zu den größten Sorgen, die die BIZ umtreiben, zählen die immensen Ungleichgewichte in den außenwirtschaftlichen Beziehungen zwischen den großen Wirtschaftsblöcken - vor allem das aus dem Ruder laufende US-Leistungsbilanzdefizit. Seit langem finanzieren Europäer und - in wachsendem Maße auch Asiaten - mit ihren in US-Anlagen investierten Ersparnissen die Lücke, die dadurch entsteht, dass die USA über ihre Verhältnisse leben. Dieses Defizit, das ständiger Finanzierung bedarf, kann im Grunde nur abgebaut werden, wenn der Dollar noch deutlicher abwertet, als er es ohnehin schon getan hat. Für Europas Exporteure wäre dies freilich eine enorme Belastung. Denn ein noch stärkerer Euro würde ihre Position auf ausländischen Märkten zusätzlich erschweren.

      Alternativ ließe sich das hohe US-Leistungsbilanzdefizit - zuletzt von fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts - dadurch abtragen, dass die Verbraucher zwischen Alaska und New Mexiko mehr Geld auf die hohe Kante legen würden, statt es - gelockt von supergünstigen Finanzierungsangeboten - in neue Autos und ihr eigenes Häuschen zu stecken oder es andersweitig auszugeben. Sollte "Joe Six-Pack" - der typische US-Konsument - allerdings die Lust am Shopping verlieren, droht die Konjunkturlokomotive USA ins Stottern zu geraten - Bremseffekte in anderen Weltwirtschaftsregionen wären damit programmiert. "Insgesamt ist die Ansicht wohl begründet, dass derzeit mehr Abwärtsrisiken für das Wachstum in den USA und den US-Dollar bestehen als in den achtziger Jahren", mahnt die BIZ. Sie spricht vom "grundlegenden Dilemma, das immer akuter wird": Wie können Ungleichgewichte ohne große Wachstumseinbußen abgebaut werden.




      BIZ
      Beim Kürzel BIZ mögen jobsuchende Jugendliche an die Berufsinformationszentren der Arbeitsämter denken. Unter Börsianern und Volkswirten hat das Kürzel indes eine ganz andere Bedeutung: Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel zählt zu den ältesten internationalen Organisationen in der Zusammenarbeit von Währungsmanagern und Finanzaufsichtsbehörden. Sie agiert wahlweise als Agent, Treuhänder oder Kontrahent für die Notenbanken rund um den Erdball, wenn diese große Geldgeschäfte tätigen. Deshalb trägt die BIZ auch den Beinamen „Bank der Zentralbanken“.
      Mindestens genauso wichtig ist das Institut in seiner Funktion als ständiger Beobachter der Finanzmärkte. Bei der BIZ laufen alle wichtigen Daten über die weltweiten Kapitalströme zusammen. Bei ihr treffen die Chef-Geldpolitiker der Zehnergruppe, die Greenspans und Duisenbergs, regelmäßig zusammen – künftig übrigens unter Leitung des am Sonntag gewählten „G-10-Chairman“ Jean-Claude Trichet, der bald auch EZB-Chef sein soll. In diesen Sitzungen werden im Falle eines Falles Interventionen oder andere konzertierte Aktionen abgesprochen. Die BIZ beheimatet zudem wichtige Ausschüsse, die etwa die weltweiten Regeln für die Kreditvergabe von Banken austüfteln. Die gerade heftig diskutierte Neufassung der Eigenkapitalstandards heißt deshalb auch alles andere als zufällig: „Basel II“. fed



      Dass Japan oder Europa in die Bresche springen und mit einem konjunkturellen Aufschwung fehlende Impulse aus den USA kompensieren, hält die Bank für unwahrscheinlich. Die Hoffnung auf einen jähen Höhenflug der Wirtschaft in Nippon hat sie aufgegeben, nachdem das Land trotz aller möglichen Anstrengungen nicht in die Puschen kommt. Und für Europa - vor allem für Deutschland - sieht der Ausblick auch nicht gerade rosig aus. Wegen der anhaltenden Investitionsschwäche geht die BIZ davon aus, dass sich das "deutsche Potenzialwachstum noch stärker verringern dürfte". Den - sich im steigenden Dax offenbarenden - Optimismus der Börsianer teilt die Baseler Bank deshalb nicht: Die schwankungsanfälligen Märkte seien in der Vergangenheit ohnehin "keine zuverlässigen Vorlaufindikatoren" gewesen. Auch auf die weit verbreitete Einschätzung, die Börsenkurse seien nach der Talfahrt nunmehr günstig, lässt sich die Bank nicht ein. Zumindest mit Blick auf den US-Aktienmarkt nennt sie die Bewertungen "vergleichsweise hoch".

      Damit noch nicht genug, bereitet ihr auch das Finanzsystem Kopfzerbrechen. Zwar hätten sich die Banken bislang als robust erwiesen, "doch bleiben Risiken bestehen, die ihre künftige Finanzkraft gefährden". Bange ist der BIZ auch um Versicherungen und Pensionsfonds, "die als neue Problemfälle hinzukamen". Was Wunder also, dass die Bank warnt: "Womöglich sind im Finanzsystem erhebliche latente Anspannungen vorhanden."
      Ein ganz besonderes Augenmerk gilt schließlich dem Risiko einer Deflation. Zwar hält auch die BIZ die Wahrscheinlichkeit für eher gering, dass in Europa oder den USA die Preise dauerhaft sinken und die Nachfrage einbricht. Trotzdem sieht die Bank aber keinen Grund, jetzt schon aufzuatmen. "Die bekannten systematischen Fehler bei der Messung des Verbraucherpreisindex in vielen Ländern, zusammen mit der verbreiteten Tendenz, die zukünftige Inflation zu überschätzen, bestätigen gleichfalls, dass die Möglichkeit einer Deflation sehr ernst genommen werden muss."


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      Copyright © Frankfurter Rundschau 2003
      Dokument erstellt am 30.06.2003 um 18:04:02 Uhr
      Erscheinungsdatum 01.07.2003
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      schrieb am 01.07.03 21:22:57
      Beitrag Nr. 3.339 ()
      Sonderzahlungen im Visier


      Bund will auch bei Tarifbeschäftigten kürzen



      Der Bund will auch bei seinen Arbeitern und Angestellten die Sonderzahlungen kürzen. Wie bei den Bundesbeamten strebt der Bund auch im Tarifbereich eine komplette Streichung des Urlaubsgeldes und eine Kürzung des Weihnachtsgeldes an.


      Bundesinnenminister kündigte die Streichung der Sonderzahlungen für Arbeiter und Angestellte an. Foto: dpa


      dpa BERLIN. Dies kündigte Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) am Dienstag in Berlin an. Der Bund hat bereits die unbefristet laufenden Tarifverträge über die Sonderzahlungen gekündigt. Das Volumen der gesamten geplanten Kürzungen im Tarifbereich und bei den Bundesbeamten beziffert das Ministerium auf knapp 600 Millionen Euro.

      Schily begründete die Kündigung der Tarifverträge über die Sonderzuwendungen mit dem Vorangehen der Länder. Er hätte dies gerne vermieden. Es müsse aber ein Gleichklang bewahrt bleiben. Anders als bei den Beamten kann der Bund die Kürzungen im Tarifbereich nicht per Gesetz regeln, sondern nur über Tarifverhandlungen mit den Gewerkschaften erreichen. So lange kein neuer Abschluss erreicht ist, gelten die alten Tarifverträge fort. Eine Streichung des Urlaubsgeld spart nach Angaben des Ministers 55 Millionen Euro ein. Die Kürzungen des Weihnachtsgeldes setzt er mit 100 Millionen Euro an.

      Das Weihnachtsgeld im Tarifbereich liegt derzeit bei 85,8 Prozent im Westen und bei 65,89 Prozent eines Gehalts im Osten. Im Westen wird ein Urlaubsgeld zwischen 255,56 und 332,34 Euro gezahlt, im Osten sind es 255,65 Euro. Der Bund beschäftigt nach Angaben des Innenministeriums rund 125 000 Angestellte und 83 500 Arbeiter.

      Es müssen Gesetze geändert werden
      Die Kürzungen für 322 000 Beamte, Richter und Soldaten sollen ab 2004 wirksam werden. Das Weihnachtsgeld für aktive Beamte soll auf 60 Prozent eines Monatsgehalts sinken. Das Weihnachtsgeld wurde Anfang der 90er Jahre eingefroren und liegt derzeit im Westen bei 86,3 Prozent und im Osten 64,7 Prozent. Für Pensionäre soll das Weihnachtsgeld auf 50 Prozent sinken. Bei den Versorgungsempfängern können dadurch nach Berechnungen des Ministeriums 140 Millionen Euro eingespart werden, bei den aktiven Beamten 200 Millionen. Die Streichung des Urlaubsgelds summiert sich auf 100 Millionen Euro.

      Um die Kürzungen bei den Beamten umsetzen zu können, müssen die entsprechenden Gesetze geändert werden. Der Bundestag will am Freitag über so genannte Öffnungsklauseln im Beamtenrecht abschließend beraten. Eine Mehrheit dafür gilt als sicher. Dann können Bund und Länder jeweils für ihre Beamten entscheiden, in welchem Umfang sie davon Gebrauch machen.

      Der Bundestag wird ferner über die Besoldungsanpassung aller Beamten entscheiden. Der von Schily vorgelegte Entwurf überträgt den im Januar getroffenen Tarifabschluss für die Arbeiter und Angestellten des öffentlichen Dienstes mit dreimonatiger Verzögerung auf die Beamten. Danach steigen die Bezüge 2003 und 2004 in mehreren Stufen um insgesamt 4,4 Prozent. Bei Bund, Ländern und Gemeinden sind 1,44 Millionen Beamte und Richter sowie knapp 185 000 Soldaten beschäftigt.

      Der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbundes (dbb), Erhard Geyer, appellierte nochmals an den Bundestag, „gefährliche Fehlentwicklungen in der Struktur des öffentlichen Dienstes zu verhindern“. Als verhängnisvoll bezeichnete er die Einführung von Öffnungsklauseln. Die angekündigten Kürzungen würden die Zuwächse der laufenden Einkommensrunde nicht nur auffressen, sondern den Beamten eine echte Minusrunde bescheren.


      HANDELSBLATT, Dienstag, 01. Juli 2003, 17:50 Uhr
      Avatar
      schrieb am 01.07.03 21:31:26
      Beitrag Nr. 3.340 ()
      Die Bubble lebt

      Von Claus Vogt

      Die fundamentale Bewertung US-amerikanischer Aktien hat längst wieder absurdes Bubble-Niveau erreicht. Die Sentiment-Indikatoren zeigen ein extrem einseitiges Bild hohen Optimismus‘. Beispielsweise befindet sich die Cash-Quote US-amerikanischer Aktienfonds in der Nähe ihrer unteren Extremwerte, während der von Wall Street-Strategen empfohlene Aktienanteil gemischter Portfolios nahe seiner historischen Hochpunkte angekommen ist. Erwähnenswert erscheint uns auch das Verhalten der Unternehmensinsider. Diese treten bereits seit vielen Wochen ungewöhnlich massiv als Verkäufer ihrer Aktien auf. Sollte ausgerechnet diese bestens informierte Gruppe den angeblich unmittelbar bevorstehenden Aufschwung verpassen? Lediglich die Put-Call-Ratios befinden sich nicht in einem überhitzten Bereich. Sie sind neutral.

      Bei der Interpretation der monetären Rahmenbedingungen tun wir uns zur Zeit etwas schwerer als üblich. Weitgeöffnete Geldhähne sind prinzipiell ein stark positiver Einflußfaktor für die Aktienmärkte. Die Geldmengen wachsen zwar weiterhin deutlich, aber weniger stark als in der jüngeren Vergangenheit. Diese Abschwächung der Zuwachsraten deuten wir als Zeichen einer sich verschlechternden Liquiditätslage und werten sie als negativ. Insgesamt ergibt sich somit eine neutrale bis leicht positive Einschätzung des geldmengenbezogenen Teiles der monetären Rahmenbedingungen. Es bleiben die Zinsen. Fallende Zinsen seien gut für Aktien, lesen wir immer wieder und teilen diese Aussage in so allgemeiner Form nicht. Für die disinflationäre Zeit seit etwa 1980 stimmte das natürlich, über längere Zeiträume hält dieser Zusammenhang aber nicht. Auch in Japan funktioniert diese simple Analyse seit geraumer Zeit nicht mehr. Es gibt also Zeiten, in denen andere Mechanismen wirken.

      Unserer Meinung nach sind wir mit dem Platzen der Blase in eine solche Ära eingetreten. Wir vermuten in den niedrigen Zinsen Vorboten anhaltend schlechter Zeiten, was keine hohe fundamentale Aktienbewertung rechtfertigt. Das sogenannte Fed-Modell, das die operativen Unternehmensgewinne des S&P 500 mit dem Zins zehnjähriger Staatsanleihen vergleicht, und aus dem einige bekannte Strategen auf eine rund 40propzentige Unterbewertung US-amerikanischer Aktien schließen, halten wir bekanntlich für Kokolores. Da die beiden anderen Komponenten unseres Modells eindeutig negativ sind, spielt die Interpretation der monetären Rahmenbedingungen glücklicherweise keine entscheidende Rolle.

      Fazit: Aufgrund der hohen fundamentalen Bewertung sind Aktien mittel- bis langfristig (drei bis zehn Jahre) unattraktiv. Die teilweise extremen Sentiment-Indikatoren weisen auf ein sehr hohes kurz- bis mittelfristiges (drei bis zwölf Monate) Rückschlagspotential hin. Unser Modell zwingt uns weiterhin zu einer sehr vorsichtigen Haltung. Wir erwarten mindestens einen Test der März-Tiefs und befürchten sogar deren Unterschreiten, wahrscheinlich noch in diesem Jahr.


      Claus Vogt leitet das Research der Berliner Effektenbank.

      [ Dienstag, 01.07.2003, 14:48 ]

      instock.de
      Avatar
      schrieb am 01.07.03 21:44:11
      Beitrag Nr. 3.341 ()
      15 Jahre Dax ...

      von Jochen Steffens

      und kein bisschen weise. Das ist mein Kommentar zum 15. Geburtstag des Dax, angesichts der 50 % Rallye seit den Tiefs im März. Aber gut, mit 15 ist der Dax auch mitten in der Pubertät. Da sind solche Stimmungshochs und Tiefs bekanntlich normal. In diesem Alter neigt man zu Übertreibungen und Verrücktheiten.

      Blicken wir zurück: Vor 15 Jahren, am 1. Juli 1988 wurde der Dax ins Leben gerufen und hat seitdem alle Höhen und Tiefen hinter sich gebracht. Euphorie und Untergang, Reichtum und Konkurse. Er hat sich in dieser Zeit zu einem der wichtigsten Börsenbarometer gemausert. Und er hat dem Börsenzoo ein weiteres Tier gespendet: Neben den ständig kämpfenden Bullen und Bären, wuselt nun auch noch ein Dachs durchs Land, mal auf der Bullenkoppel, mal auf der Bärenkoppel. Je nach dem.

      Aber in den letzten Jahren hat der Dax auch wieder Teile seiner Bedeutung abgeben müssen. Im Zuge des europäischen Zusammenwachsens gewann der EuroStoxx 50, in dem die bedeutensten Firmen Europas zu finden sind, mehr und mehr Gewichtung. So wird seit 2002 an der Terminbörse Eurex nun der Euro Stoxx 50 als wichtigste Basis für Terminkontrakte genutzt. Doch viele der Daxwerte sind auch im Euro Stoxx vertreten.

      Trotzdem einen Herzlichen Glückwunsch zu den ersten 15 Jahren. Und auf weitere 15 Jahre voller Euphorie und Depression. Damit es spannend bleibt.

      Apropos Depression. Ich hatte ja damit gerechnet, aber dass es nun so früh schon anfängt. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) erwartet für 2004 ein wesentlich niedrigeres Wachstum als die Bundesregierung. Warten wir noch 2 Quartale ab und die Prognosen schrumpfen auf Null ... Aber auch wenn sie nicht auf Null sinken, wird das Wachstum 2004 sicherlich wesentlich geringer ausfallen, als allgemein erwartet. Auch wenn die vorgezogene Steuerreform und die fehlenden Feiertage allein insgesamt bis zu 1 % Wirtschaftswachstum ausmachen könnten.

      Aber der Reihe nach. Erst einmal hat das DIW das Wachstum in diesem Jahr weiter runter gesetzt. Wachstum kann man eigentlich nicht mehr sagen, es sei den man benutzt diese furchtbare Wortschöpfung vom "negativen Wachstum". Bei diesem Euphemismus sträuben sich mir immer wieder meine Nackenhaare. Nein Deutschlands Wirtschaft schrumpft. Wir befinden uns in einer Rezession. Das DIW erwartet ein "negatives Wirtschaftswachstum" (diese Konstruktion ist doch wirklich furchtbar, oder?) von 0,1 %. Die Bundesregierung erwartet ein Wachstum von 0,75 %.

      Zudem betont DIW, dass eine durchgreifende konjunkturelle Wende für das nächste Jahr nicht in Sicht sei. Für das nächste Jahr, also 2004, rechnet das DIW mit einem Wachstum von 1,3 %, dass sich durch eine vorgezogene Steuerreform auf 1,6 % steigern könnte.

      Ich finde wirklich solche konjunkturelle Aussichten sind geeignet eine Rallye von 50 % seit dem Tiefs zu rechtfertigen. Insbesondere angesichts der schlechten Aussicht für die nächsten Jahre und, wie die DIW betont, der zunehmend wachsenden Gefahr einer Deflation in Deutschland. Also ihr Bullen kauft weiter ...

      Etwas Ironie muss erlaubt sein. Nein, lieber Dax, Dein 15 Geburtstag ist sicherlich nicht einer Deiner schönsten Geburtstage – Deine Zukunft scheint neblig bis düster.
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      ISM Index belastet die Märkte

      von Jochen Steffens

      Um 16.00 Uhr wurde der ISM Index des verarbeitenden Gewerbes veröffentlicht.

      Der US-Einkaufsmanagerindex des Institute for Supply Management (ISM) notiert bei 49,8 Zählern. Erwartet wurde der Index bei 51,0 Zählern. Damit liegt er unter der 50er Marke und weist auf eine Verlangsamung der Wirtschaftsaktivität hin! Ich kann demnach immer weniger Anzeichen einer konjunkturellen Erholung in den USA erkennen.

      Ganz ehrlich, ich frage mich, wie viele schlechte US-Konjunkturdaten können die Bullen noch verkraften? Ich befürchte der Absturz wird fürchterlich! Was wird passieren, wenn all diese bullishen Anleger aus dem Markt fliehen? Denn diese Anleger haben die Erfahrung der Jahre 2000–2003 noch in den Knochen. Noch einmal werden Sie ihre Positionen nicht halten können.

      Der Dax reagiert bereits deutlich und notiert gerade knapp 3 % im Minus. Ich denke das wird in den nächsten Tagen weiter gehen. Sollten die Arbeitsmarktdaten in dieser Woche doch wieder über 400.000 Erstanträge notieren, dann war es das. Obwohl ich erwarte nach so einer Rallye noch ein letztes Aufbäumen. Zumindest ist das sehr wahrscheinlich.

      Die US-Bausausgaben sind um 1,7 % zurückgegangen und liegen aktuell bei 869,8 Milliarden US-Dollar. Erwartet wurde ein Anstieg um 0,1 bis 0,3 %. Sind das die ersten deutlichen Anzeichen für ein Platzen der Immobilienblase? Da der Wert einer starken Volatilität unterworfen ist, sollte man hier noch weitere Werte abwarten. Es bleibt in jedem Fall Zeit genug um auch später noch im amerikanischen Immobiliensektor short zu gehen. Denn wenn diese Blase platzt, dann folgt eine lange, schmerzliche Phase der Korrektur.

      Oh, ich sehe gerade, der Nasdaq 100 hat seinen Trend gebrochen. Der Dow ist gerade noch an seiner Linie abgeprallt. Das verheißt alles nichts Gutes.

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      Der deutsche Einzelhandel im Mai mit erneuten Umsatzrückgang

      von Jochen Steffens

      Nach Angaben des statistischen Bundesamtes haben die deutschen Einzelhändler im Mai erneut weniger umgesetzt. Im Vergleich zum April sank der Umsatz saisonbereinigt real um 0,6 % und nominal um 0,8 %. Doch wo Schatten ist, ist auch Licht: Im Vorjahresvergleich sieht es etwas besser aus. Hier ist ein reales Umsatzwachstum um 0,8 % und sogar nominal um 0,3 % zu verzeichnen. Beachten muss man dabei, dass der Mai 2003 einen Verkaufstag mehr hat, als der Mai des Jahres 2002. Vergleicht man die ersten fünf Monate zum Vorjahr, so ist ein Umsatzwachstum von real 0,4 % und nominal von 0,2 % zu verzeichnen.

      Offenbar neigen die Deutschen vermehrt zum Versandhandel. Hier stiegen die Umsätze um real 4,5 %. Wogegen der Einzelhandel im Bereich Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren Umsatzeinbußen von real 2,5 % hinnehmen musste. Aber auch die Textilbranchen sackte um real 1,8 % ab. Vielleicht sollte man mal einen genaueren Blick auf Firmen des Versandhandels werfen.

      Auch diese Zahlen des statistischen Bundesamtes lassen noch keine wirklichen Anzeichen einer größeren Konsumbereitschaft erkennen. An diesen Zahlen werden wir auch sehen, wie und ob sich die Steuerreform tatsächlich auf das Konsumverhalten auswirken wird – im nächsten Jahr.
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      Dollar auf Abwärtskurs

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Ich bin beeindruckt und bestürzt.

      In den USA liegen die Ausgaben des Bundes im zweiten Jahr der Regierung des Konservativen George W. Bush um 20 % über dem Niveau, das sie unter dem liberalen Bill Clinton lagen, der kein Problem mit Geldausgeben hatte.

      Dennoch gab der gerade erwähnte Mr. Bush letzten Monat den amerikanischen Steuerzahlern eine Atempause – eine Steuersenkung von 350 Mrd. Dollar, verteilt über die nächsten Jahre, wurde als Gesetz unterzeichnet.

      "Indem man sicherstellt, dass die Amerikaner mehr zum Ausgeben, Sparen und Investieren haben", so Mr. Bush, "gibt diese Administration der wirtschaftlichen Erholung Treibstoff. Wir haben aggressive Schritte unternommen, um die Fundamente unserer Wirtschaft zu stärken, so dass jeder Amerikaner, der arbeiten will, auch fähig ist, einen Job zu finden."

      In was für einer wunderbaren Welt wir leben! George W. Bush, ehemals Besitzer eines Baseball-Teams und jetzt Herrscher praktisch der gesamten Welt – vom Euphrat bis zum Mond – tut sich mit einem anderen fabulösen Magier, Alan Greenspan, zusammen – und sie wollen Geld "aus dem Nichts" schaffen. Denn wie sonst könnte die US-Regierung mehr ausgeben ... und gleichzeitig weniger nehmen? Woher soll das Geld denn kommen?

      "Die Bestände der ausländischen Zentralbanken an US-Anleihen ( ...) liegen um 21,9 % über dem Wert des letzten Jahres", erklärt James Grant. "Während die Fed US-Anleihen kauft, um den Zinssatz zu steuern, kaufen die ausländischen Zentralbanken diese Anleihen, um den Wechselkurs des Dollar zu steuern." Und sie finanzieren die Differenz zwischen dem, was die US-Regierung ausgibt, und dem, was sie an Steuern einnimmt.

      Und so bin ich noch mehr beeindruckt und bestürzt. Während die ausländischen Investoren nervös werden und ihre Dollarbestände verkaufen ... kaufen ausländische Zentralbanken (besonders die in Asien) US-Anleihen, um den Kursverfall des Dollar zu stoppen, so dass ihre exportorientierten Volkswirtschaft im Geschäft bleiben können.

      Die ausländischen Zentralbanken halten derzeit 935 Milliarden Dollar, und diese Bestände nähern sich der Marke von 1 Billion Dollar. "Sie müssen den Dollar stützen", so US-Volkswirte. "Denn wohin sonst sollten sie ihre Güter exportieren? Diese amerikanischen Neo-Ökonomen sehen eine klare und glückliche Aufteilung der Arbeit in der Weltwirtschaft: Die Ausländer sparen das Geld, die Amerikaner geben es aus. Die Ausländer produzieren die Güter, die Amerikaner kaufen sie. Die Ausländer leihen; die Amerikaner verschulden sich. So ist es und so soll es für immer sein; zumindest können sie es sich nicht anders vorstellen.

      Und so schleppt sich das monetäre System des Dollar-Standards in sein 32. Jahr. Wenn es ein Jahr länger überlebt, dann wird es länger als Jesus Christus gelebt haben. Aber es trägt bereits jetzt ein sehr schweres Kreuz – zusätzlich zu den fast 1 Billion Dollar, die die ausländischen Zentralbanken halten, kommen 8 Billionen Dollar in den Händen privater Ausländer. Diese privaten Dollar-Besitzer sind nicht so dumm wie ihre Zentralbanken. Sie werden ihre Dollar verkaufen, wenn sie denken, dass es dafür Zeit ist.

      Und sie haben bereits eine Menge Dollar verkauft ... Sie werden noch mehr verkaufen. Und nichts kann sie aufhalten. Die USA können ihre eigene Währung nicht verteidigen. Denn steigende Zinsen – die den Dollar attraktiver machen könnten – würden die Spekulationsblase am US-Immobilienmarkt platzen lassen ... von der die US-Wirtschaftslage und die nächste Amtszeit von George W. Bush abhängen.

      "Da die US-Politiker nichts tun werden, um den Dollar zu verteidigen, kann er seinen Fall nur weitersetzen", so Dr. Kurt Richebächer. "Ich kann nicht sagen, was den Verfall des Dollar stoppen wird."

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      US-Wirtschaft sehr verletzlich gegenüber steigenden Zinsen

      von unserem Korrespondenten Eric Fry in New York

      Eine Bärenmarktrally ist ein perverses Vergnügen – wie ein Bananen Split-Eis zum Frühstück. Natürlich schmecken sie beide gut. Aber sie sind wohl kaum eine gesunde Basis für ein Diät-Frühstück bzw. für eine langfristige Investment-Diät. Ein bisschen "Bärenmarktrally" wird einen nicht töten, aber man sollte nicht versuchen, nur davon zu leben.

      Ironischerweise sind die Kurse an den US-Börsen seit der jüngsten Zinssenkung von Alan Greenspan eher gefallen als gestiegen. Offensichtlich hat Alan Greenspan entweder seine Magie verloren – oder er hatte sie nie. Nicht nur, dass die Aktienkurse seit der Zinssenkung gefallen sind, auch die Anleihenkurse sind gefallen, was die langfristigen Zinssätze hat steigen lassen ... das ist kein Weg, eine Volkswirtschaft zu stimulieren.

      "Vadim Zlotnikov, Analyst bei Sanford C. Bernstein, hat berechnet, dass ein halber Prozentpunkt Renditesteigerung bei den 10jährigen US-Anleihen ungefähr 3 Millionen potenzieller Hauskäufer davon abhält, sich für eine Hypothek für ein durchschnittlich teures Haus zu qualifizieren", so das Barron`s Magazin. "Höhere Zinsssätze kürzen auch die erwarteten 80 Mrd. Dollar, die in diesem Jahr laut Schätzungen aus der Erhöhung bestehender Hypotheken in den Konsum fließen sollen. Und die Rendite der 10jährigen Anleihen ist fast genau einen halben Prozentpunkt gestiegen, seit dem Tief von 3,08 % vor zwei Wochen."

      "Die andere größere Frage für die Bullen, die in den letzten Monaten mutiger geworden sind, ist, ob die Stimmung der Investoren zu positiv geworden ist ( ...). Eine Umfrage von Investors Intelligence unter den Autoren amerikanischer Börsenbriefe hat gezeigt, dass von diesen in den letzten Wochen viele zu Bullen geworden sind, und eine Umfrage unter Kleinanleger (Quelle: American Association of Individual Investors) zeigt, dass der Anteil der Bullen bei 89 % liegt. All diese Dinge sind ein Beweis dafür, dass diese Aufwärtsbewegung gefährlich ist, da es mehr Abwärtsrisiko gibt als unmittelbares weiteres Aufwärtspotenzial."

      Vielleicht wirken 13 Zinssenkungen in Folge zusammen mit einer explodierenden Geldmenge doch noch inflatorisch ... besonders am Immobilienmarkt. "Spekulationsblasen haben einen bestimmten Eigengeruch – und was gerade am Immobilien- und Hypothekenmarkt passiert, hat diesen Geruch; d.h., diese Märkte sind zum großen Teil wegen einem unhaltbaren, unwirtschaftlichen Verhalten gestiegen", so die Analysten von ContraryInvestor.

      "Als die Zinssätze gefallen sind, haben alte und neue Hausbesitzer ihre Hypotheken erhöht, und von diesem frischen Geld typischerweise mehr als die Hälfte in den Konsum gesteckt. Zusätzlich dazu, dass sie ihre Hypotheken erhöhten, um den laufenden Konsum zu finanzieren, haben sie ihre fixen Hypothekenraten auch in variable Zinssätze geändert, weil diese niedriger sind ... was ihre Verletzbarkeit gegenüber steigenden Zinssätzen erhöht. Man bräuchte keine starke Erhöhung der Zinssätze oder keinen großen Rückgang der realen Einkommen, um große Ausfallprobleme bei den Hypotheken zu bekommen."

      ... und man bräuchte auch keine große Zinssenkung, um am Aktienmarkt größere Probleme zu bekommen!
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      Nachdenken über Amerika

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      *** In der Times habe ich ein großartiges Foto von 30 nackten Leuten entdeckt ... die gegen genmanipulierte Nahrungsmittel protestieren, indem sie ihre Kleider ausziehen.

      *** Ich habe mich in den letzten Tagen so mit dem Nachdenken über die Toten befasst, liebe(r) Leser(in) ... – siehe z.B. meinen gestrigen zweiten Artikel im Investor`s Daily – dass ich in der Zeitung ganz selbstverständlich lieber die Todesanzeigen las, als über die fast Toten zu lesen. Als ich meinen Namen nicht darunter fand, hob sich meine Stimmung ... und meine Gedanken gingen weiter.

      *** Ich habe über die Toten nachgedacht. Ich verehre sie nicht, denn sie sind verstorben. Ich bin nur neugierig; was denken sie wohl von uns?

      Da wir bald den Amerikanischen Nationalfeiertag haben (Unabhängigkeitserklärung am 4. Juli 1776), frage ich mich ...

      ... was Generationen von Republikanern, die – jetzt in ihren Gräbern – jahrelang an ausgeglichene Haushalte glaubten, von den jetzigen Republikanern im Weißen Haus halten ... die die unausgeglichensten Haushalte der Geschichte vorgeschlagen haben?

      ... und was ist mit den Millionen toter Amerikaner, die in die USA einwanderten, um Freiheit zu finden; was halten sie heute von diesem Land? Sie kamen im Glauben, dass sie machen könnten, was sie wollten, solange sie sich um ihre eigenen Geschäfte kümmerten. Aber jetzt gibt es genug Leute, die offiziell im Privatleben anderer herumschnüffeln.

      ... und man kann diesen Schnüfflern nicht entkommen, indem man das Land verlässt und wieder nach Hause geht. Amerikanische Steuerfahnder folgen einem Amerikaner überall hin ... und für die US-Army, die sich laut George Washington auf die Landesverteidigung beschränken sollte, scheint nichts auf diesem Planeten zu entfernt zu sein, als dass sie nicht ihre Nase da hineinstecken wollte ...

      ... und sehen Sie sich an, was wir mit diesem "Land der Freiheit und der Heimat der Tüchtigen", das die Toten uns überlassen haben, getan haben: Arme alte Großmütter müssen an Flughäfen ihre Schuhe mit Röntgenstrahlen nach versteckten Waffen untersuchen lassen. Niemand glaubt, dass diese alten Damen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit sind – aber warum sollte man ein Risiko eingehen?

      Die Toten. Loben sie uns? Oder verfluchen sie uns?

      Der ehrenwerte Ron Paul, Kongressabgeordneter aus Texas (der Heimat von George W. Bush) hat letztens ähnliche Bedenken über das Ignorieren der Toten geäußert. In einer Rede, die er imaginär an Benjamin Franklin richtete, warnte er davor, dass Amerika hilflos in die Hände eines wütenden Mobs gefallen sei – trotz des besten Designs der Gründerväter der USA.

      Paul zitierte in seiner Rede James Madison: "Demokratien waren immer Spiegel von Turbulenzen und Streitereien; sie waren immer inkompatibel mit persönlicher Sicherheit oder den Eigentumsrechten; und sie waren im Allgemeinen so kurz in ihrem Leben wie gewalttätig in ihrem Tod." Ist das das Amerika, das seine Gründer angestrebt haben?

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      Künstlich steigende Kurse?

      vom "Mogambo Guru" – nicht ganz ernst gemeint

      Letzte Woche explodierte die Zahl der Futures auf den S&P 500 auf einen neuen Rekord – kurz bevor Fälligkeit. Ich glaube sehr an Verschwörungstheorien, weshalb ich besonders solche Ereignisse mit großem Interesse näher unter die Lupe nehme.

      Dieses ganze Kaufen von Futures – wahrscheinlich besonders durch die Fed – mag uns ungewöhnlich erscheinen. Uns naiven Leuten, die immer noch glauben, dass die Märkte in Amerika frei sind. Aber man sollte nicht vergessen, dass die Fed gesagt hat, dass sie alles unternehmen wird, um die Wirtschaft zu stimulieren – egal, wie schmutzig, hinterhältig, legal oder vielleicht illegal es ist, egal, wie viele pornografische Webseiten dafür unterstützt werden müssen.

      Ich denke, dass der Markt derzeit besonders für die ausländischen Investoren künstlich nach oben gezogen wird, denn diese sind wahrscheinlich schon seeeehhhrrr nervös. Und wollen verkaufen. Aber diese Leute haben solche riesigen Beträge an Dollar-Vermögenswerten, dass es seismische Nachwirkungen hätte, wenn sie verkaufen würden. Damit würden sie wahrscheinlich die Welt zerstören. Das wäre wie das Freilassen von Godzilla, der ja – wie ich mich erinnere – unter einem Berg außerhalb von Japan schlummert. Das oder das Freilassen einer anderen riesigen, destruktiven Kreatur ist das letzte, was die Wirtschaft jetzt braucht.

      Nun, ich schreibe gerne über die Fehler, die die Verantwortlichen bei der Geld- und Fiskalpolitik machen, aus zwei Gründen. 1.) Möchte ich diese Jungs öffentlich lächerlich machen, denn das ist es, was sie verdienen, und mir macht es Spaß, und 2.) habe ich dann etwas zu tun und muss mich nicht den ganzen Tag in meinem Schrank verstecken und über die riesigen Fehler der Fiskal- und Geldpolitik nachdenken und weinen. Tja, ich habe in meinem Wörterbuch nach einem Wort dafür gesucht: "Bewusst etwas Falsches tun, von dem man weiß, dass es falsch ist, weil es immer falsch war, wenn eine Regierung das getan hat, während der gesamten Geschichte der Menschheit, aber jetzt wird es wieder versucht aus bizarren Gründen, die offensichtlich nichts mit der Realität zu tun haben, und jetzt wird erwartet, dass es dieses verdammte Mal irgendwie funktionieren wird, obwohl es noch nie funktioniert hat, was dann alle herrlich überraschen würde, und der schöne Prinz würde die schöne Prinzessin heiraten und sie würden bei Sonnenuntergang alle mit weißen Pferden weg reiten und von da an bis zu ihrem Lebensende glücklich leben."

      In MEINEM Wörterbuch war das einmal eine Definition der amerikanischen Demokratischen Partei. Aber derzeit ist das überholt, denn die amerikanische Republikanische Partei handelt derzeit genauso, nur noch schlimmer, was mich für immer traurig und beschämt macht. Deshalb sollte es jetzt vielleicht eher auf "Politiker und Fed-Vorsitzende" passen – aber das ist ja kein einzelnes Wort, sondern eine Phrase. Ich werde mal jemanden fragen, um ein perfekt passendes Wort zu finden.

      Wie auch immer – ein Kumpel von mir mit Namen Kevin, alias Dr. O. (nun, zumindest wird er wieder mein Kumpel sein, wenn ich ihm das Geld, das ich ihm schulde, zurückgezahlt habe. Die Chance dafür ist allerdings sehr klein, denn vorher werde ich wahrscheinlich einige Medikamente wieder auffüllen müssen und Rechnungen bezahlen müssen – vor allem die, die mit Gerichtsvollzieher drohen) hat meinen schlechten Rat genommen und das Buch "Fiat Money Inflation in France" gekauft. Und jetzt hasst er mich, weil er auch für Amerika eine solche negative Entwicklung befürchtet, wie sie in diesem Buch beschrieben ist.

      Aber er hat Recht mit seiner Angst, denn das Buch passt. Der Autor Henry Hazlitt schrieb 1959 in der Einleitung zu diesem Buch: "Das breite Muster aller Inflationen, historisch wie modern, ist dasselbe. Es ist die Hartnäckigkeit von Illusionen. Die Argumente der Inflationisten sind – damals wie heute – grundsätzlich dieselben. Die Inflation im revolutionären Frankreich begann, um die Schulden zurückzuzahlen und das Haushaltsdefizit finanzieren zu können. Inflation schein ein kurzer Weg zum Reichtum zu sein."

      Ich füge mit einer gewissen Genugtuung hinzu, dass es im Frankreich des 18. Jahrhunderts wir – das Proletariat – waren, die die Guillotine benutzten, um die Oberen zu köpfen. Die Jungs von der Fed sollten zittern.

      investorverlag.de
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      schrieb am 01.07.03 22:00:30
      Beitrag Nr. 3.342 ()
      Aggressive Banken

      Traumreise auf Pump

      Sonne und Sommerhitze der vergangenen Tage haben bei vielen das Fernweh geweckt – und passend zu dieser Stimmung fanden sich jüngst in den Briefkästen Werbesendungen der HypoVereinsbank. Doch Achtung: Die Schuldenfalle ist nicht weit.

      von Thomas Hammer


      Quelle: dpa


      (SZ vom 01.07.03) - „Sie wollen die Fische lieber im Meer als in Ihrem Aquarium betrachten?“ Diese Frage stellen die Texter des Geldinstitutes und bieten für klamme Urlaubsreife gleich die passende Lösung an.

      Die HypoVereinsbank biete einen Ratenkredit zur freien Verfügung, auch wenn noch laufende Ratenkredite nicht abgezahlt seien und sich das Konto bei der Hausbank in den roten Zahlen befinde, wirbt die Bank. Um dem fernwehkranken Kunden die Entscheidung zu erleichtern, liegen dem Schreiben die vorgedruckte Kreditanfrage samt Antwortkuvert bei.



      Besorgte Schuldnerberater
      Aggressive Werbeaktionen für Konsumentenkredite dieses Strickmusters bringen Schuldnerberater und Verbraucherschützer auf die Palme – schon allein deshalb, weil sie in einem Ratenkredit keinesfalls das geeignete Finanzierungsmittel für den Sommerurlaub sehen.

      So warnt Claudia Kurzbuch, Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung, sich für eine einzige Urlaubsreise gleich für ein ganzes Jahr zu verschulden. „Wenn das Konto wegen der Urlaubskosten in die roten Zahlen gerät, sollte es spätestens nach ein paar Wochen wieder ausgeglichen sein“, rät sie.



      Noch nicht abgestottert
      Ansonsten laufe der Kreditnehmer Gefahr, sich für den nächsten Urlaub neu zu verschulden, obwohl der Kredit für den alten noch nicht abgestottert ist.

      Wenn es um fragwürdige Werbung für Konsumentenkredite geht, ist die HypoVereinsbank kein Einzelfall. So preist die Entrium-Direktbank auf ihrer Internet-Seite den „Schnäppchen-Kredit“ für 5,70 Prozent Jahreszins an und schickt dem Kunden bei Vertragsabschluss gleich als Ausgabehilfe einen Schnäppchenführer zu.



      Wieder neue Schulden auf dem Girokonto
      Die Citibank wiederum empfiehlt in ihrem Internet-Werbeauftritt unter anderem, den in Anspruch genommenen Dispokredit mit einem Ratenkredit abzulösen, um auf dem Girokonto wieder neue Schulden machen zu können.

      Bezeichnend ist für Kurzbuch die Tatsache, dass sowohl HypoVereinsbank als auch Citibank ihre Konsumentenkredite auch mit dem Argument anbieten, die bereits bestehenden Schulden auszuweiten. „Offenbar gehen einige Banken davon aus, dass das Girokonto ohnehin schon überzogen ist, und bieten dennoch zusätzliche Ratenkredite an“, meint die Schuldnerberaterin.



      Wann der Geldbedarf am größten ist
      Besonders in der Urlaubs- und Vorweihnachtszeit seien die Geldhäuser besonders aktiv, weil hier der Geldbedarf der Kunden am größten sei, so ihre Beobachtung.

      Verbraucherschützer halten diesen Trend für gefährlich. Sie verweisen darauf, dass nach einer Studie des bankenunabhängigen Instituts für Finanzdienstleistungen rund 2,8 Millionen Haushalte in Deutschland als überschuldet gelten.



      Zunehmende Verschuldung durch Ratenkredite
      Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) warnt vor der zunehmenden Verschuldung durch Ratenkredite. „Der Anteil der Haushalte mit Konsumentenkreditverpflichtungen ist von 1997 bis 2001 von weniger als 20 Prozent auf fast 25 Prozent angestiegen“, meldete das DIW im April.

      Wie sorglos Banken mit dem Schuldenproblem des Kunden als Folge großzügig eingeräumter Ratenkredite umgehen, zeigt eine Stichprobe der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen vom Februar.



      Willige Banken
      Junge Berufsanfänger mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.300 Euro und einem Sparbuchguthaben von nur 2.000 Euro wurden zu 28 Banken geschickt, um Kredit für einen Gebrauchtwagen und eine neue Einrichtung zu beantragen. 17 Geldhäuser willigten ein, die durchschnittlich angebotene Kreditsumme lag bei 12.500 Euro – obwohl die Höhe der Kreditrate dann teilweise nicht einmal mehr Luft für das Existenzminium ließ.

      Während Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit für den betroffenen Verbraucher den finanziellen Ruin bedeuten, schaden einzelne Kreditausfälle den Banken nur wenig.



      Glänzende Gewinnspannen
      Immerhin verspricht das Ratenkreditgeschäft glänzende Gewinnspannen. So verlangt die HypoVereinsbank für den beworbenen Sofortkredit bei 12 Monaten Laufzeit 8,99 Prozent Effektivzins, die Citibank bittet den Kunden bei gleicher Kreditlaufzeit sogar mit 11,68 Prozent zur Kasse.

      Selbst der angebliche Schnäppchen-Kredit bei Entrium wird unattraktiv, wenn der Kunde bei einem Jahr Laufzeit nicht mindestens 5.000 Euro aufnimmt. Denn bei kleineren Beträgen erhöht sich der Zins auf 9,92 Prozent.



      Gewisse Ausfallquoten
      „Bei solchen Konditionen dürfte eine gewisse Ausfallquote schon von vornherein einkalkuliert sein“, mutmaßt Claudia Kurzbuch und rät Verbrauchern, sich nicht durch lockere Werbesprüche zum Schuldenmachen verleiten zu lassen.

      Dazu braucht es jedoch oft ein gehöriges Maß an Selbstdisziplin, denn kaum eine Bank empfiehlt ihren Kunden von vornherein, Ratenkredite nur in begrenztem Umfang für werthaltige Anschaffungen aufzunehmen.

      Die Art und Weise, wie sich Verbraucher mit dem Wohlwollen der Banken in die Schuldenfalle manövrieren können, bezeichnet die HypoVereinsbank in einem Akt unfreiwilliger Selbstironie im Slogan zum Sofortkredit: „Fast schon zu einfach.“





      sueddeutsche.de
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      schrieb am 01.07.03 22:03:29
      Beitrag Nr. 3.343 ()
      Über das Gerede von einer spekulativen Blase an den Anleihemärkten – Viele werden sich noch wundern, wie weit die Renditen sinken können
      (01.07.2003)

      Aus allen Ecken tönt es, zum Teil mit großer Erleichterung, die spekulative Blase an den Anleihemärkten sei geplatzt.

      Auf den ersten Blick mag es tatsächlich so erscheinen. Schaut man jedoch genauer hin, so ähnelt das, was besonders an den Terminmärkten für Staatsanleihen aus der westlichen Hemisphäre in diesen Tagen geschieht, auffallend dem, was sich in der jüngeren Vergangenheit an diesen Märkten mehrmals ereignet hat, bevor sich die zyklische Hausse ungerührt und unbeschadet fortsetzte. Die augenblickliche Schwäche ist also zunächst einmal nichts Außergewöhnliches, sondern aus rein technischer Sicht sogar etwas überfällig Gewesenes.

      Die Erleichterung, die mancherorts wegen des Kurseinbruchs beziehungsweise der steigenden Renditen verspürt wird, lässt sich wohl darauf zurückführen, dass anziehende Kapitalmarktzinsen auf eine konjunkturelle Belebung schließen lassen. Zum einen nimmt im Zuge einer konjunkturellen Besserung die Nachfrage nach Kapital zu und lässt dessen Kosten steigen. Zum anderen wachsen mit besseren Konjunkturaussichten nach herkömmlicher Lesart auch die Inflationserwartungen.

      Doch dies ist nicht die Zeit, in herkömmlichen Schablonen zu denken. Diesmal fehlt nämlich eines der tragenden Elemente für derartige Denkmuster: die Inflation. Damit haben sich so gut wie alle Vorzeichen geändert.

      Die Volkswirtschaften in den bedeutenderen Industrieländern ertragen in der gegenwärtigen Situation keine höheren Kapitalmarktzinsen, sondern sie schreien geradezu nach fallenden. Höhere Zinskosten würden in einem Umfeld, in dem viele Unternehmen und Privatleute noch nicht einmal mehr ausreichend verdienen, um ihren Schuldendienst leisten zu können, mehr und mehr Existenzen vernichten, mit sehr unangenehmen Folgen auch für die kreditgebenden Banken. Unbestreitbar würde dies in der Folge auch die deflationären Tendenzen stärken, ja möglicherweise sogar außer Kontrolle geraten lassen.

      Am Beispiel der amerikanischen Wirtschaft ist dies am deutlichsten darstellbar. Die gesunkenen Kapitalmarktzinsen haben es über die Jahre hinweg vielen Hauseigentümern erlaubt, ihre Hypothekenkredite mit dem Ziel umzuschulden, dass sie weniger Zinsen zahlen mussten. Das Ersparte ging größtenteils in den Konsum.

      Auch haben es die gestiegenen Immobilienpreise gestattet, die Beleihung der Objekte zu erhöhen. Was dadurch an Kreditspielraum gewonnen wurde, ist ebenfalls größtenteils in den Konsum gegangen.

      Dabei darf nie vergessen werden, dass sich die Wirtschaftstätigkeit in den USA inzwischen zu rund 70 Prozent auf den Konsum stützt.

      Wenn nun steigende Kapitalmarktzinsen den gesamten geschilderten Prozess ins Gegenteil verkehren würde, bräuchte man nicht viel Phantasie, um sich ausmalen zu können, welches finanzielle Desaster auf viele Immobilieneigentümer und Schuldner zukäme. Das aber kann die Notenbank in Washington (Fed) niemals riskieren, und sie wird es erklärtermaßen auch nicht tun.

      In Großbritannien ist die Situation übrigens ähnlich. Gemeint ist der Großraum London. Auch die Bank of England hat ein sehr waches Auge für das, was sich auf dem heimischen Immobilienmarkt ereignet.

      Fazit: Zumindest die Fed wird alles, aber auch alles unternehmen, um die Kapitalmarktzinsen nicht nachhaltig steigen zu lassen. Vielmehr wird sie letztlich über eine "unkonventionelle" Geldpolitik versuchen, die Renditen zu drücken. Da die Kapitalmärkte international inzwischen sehr eng miteinander verwoben sind, wird sich eine solche Politik auch auf den Euroraum auswirken und die Kapitalmarktzinsen wieder drücken, zumal von Inflationsgefahren weit und breit nichts zu bemerken ist.


      Arnd Hildebrandt

      Herausgeber
      taurosweb.de
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      schrieb am 02.07.03 15:42:53
      Beitrag Nr. 3.344 ()
      Auch kompetitive Zinssenkungen sind Bestandteil eines schleichenden Deflationsprozesses – Die augenblickliche Ruhe am Devisenmarkt lässt die Gefahren vergessen
      (02.07.2003)

      Niemand bestreitet inzwischen mehr, dass in der westlichen Hemisphäre gewisse deflationsträchtige Tendenzen herrschen. Es wird nur noch darüber gestritten, ob sie beachtenswert sind oder nicht. Wer sie nicht beachtet, ist entweder ein opportunistischer Politiker, der es nicht erträgt, dass zu allen bereits bekannten und eingestandenen Misslichkeiten noch eine weitere Misere von unabsehbaren Dimensionen hinzukommt. Oder es ist ein reinblütiger Optimist, der Murphy’s Gesetz auf den Kopf stellt und von der Vorstellung lebt, es werde alles gut gehen, was gut gehen kann.

      Die andere Spezies, die Deflationsgefahren sieht und sich vernünftigerweise mit diesem Thema auseinandersetzt, weiß, dass es sich bei diesem Phänomen um einen schleichenden Prozess handelt. Er vollzieht sich in mehreren Stufen (siehe EDITORIAL vom 26.5.2003; im Archiv).

      Die relative Ruhe am internationalen Devisenmarkt bietet Gelegenheit, die Situation noch einmal eingehender zu überdenken. Am 26.5.2003 haben wir zwischen "natürlichen" und kompetitiven Abwertungen mit ihren deflationären Folgen unterschieden. Seither haben die Notenbanken in der westlichen Hemisphäre ihre Leitzinsen zum Teil beachtlich weiter gesenkt. Bei diesen gewiss fortschreitenden Zinssenkungen handelt es sich um ebenfalls kompetitive Schritte.

      Kompetitive Zinssenkungen dienen nicht vorrangig dem Ziel, eine Volkswirtschaft im Exportsektor wettbewerbsfähiger zu gestalten, sondern sie sollen die geldpolitischen Voraussetzungen für eine Wiederbelebung der Konjunktur schaffen. Die Europäische Zentralbank (EZB) ist ein herausragendes Beispiel für eine Währungsbehörde, die lange, wahrscheinlich viel zu lange gezögert hat, sich an dem Prozess der kompetitiven Zinssenkungen zu beteiligen.

      Sie hat es damit wider alle Vernunft und wahrscheinlich sogar wider bessere Erkenntnis versäumt, die durch die Abwertung des Dollar/Aufwertung des Euro verursachte Verschärfung der monetären Bedingungen im Euroraum über Zinssenkungen zu lockern. Doch das ist inzwischen Vergangenheit, und Nachkarten ist nicht der Weg, die Dinge zu bessern, zumal die EZB sich nun geldpolitisch kompetitiv verhält.

      Doch wohin läuft dieser kompetitive Zinssenkungsprozess? Irgendwann können die Leitzinsen nicht weiter zurückgenommen werden. Siehe Japan. Dann werden es die Zentralbanken, angeführt von der amerikanischen, mit einer "unkonventionellen" Geldpolitik versuchen. Es steht zu befürchten, dass auch dies letztlich nicht hilft.

      Folglich zeichnet sich ab, dass die Realpolitik wieder heranmuss und kompetitive Abwertungen forciert. Doch auch hier zeichnet sich ein Ende der Möglichkeiten ab. Als nächste Stufe böte sich eine Abschottung der einzelnen großen Wirtschaftsregionen gegen zu "billige" Importe an.

      Im Klartext müsste man dann von einem Handelskrieg sprechen. Und in der Tat gibt es solche Handelskriege bereits. Man nimmt sie nur nicht mehr wahr, weil man sich mit der Zeit an sie gewöhnt hat. Aber sie sind ausbaufähig, und die Politiker könnten versucht sein, sie auszuweiten und zu verschärfen, wenn sie mit dem Rücken zur Wand stehen und ihnen scheinbar kein Ausweg mehr bleibt, um ihre heimische Wirtschaft zu "schützen" und vor allem die Arbeitslosigkeit in Grenzen zu halten.

      Ein solcher Rückfall in die Steinzeit menschlicher Handelsbeziehungen wäre nicht neu. Die Weltwirtschaftskrise der dreißiger Jahre ist ein Beispiel. Wenn heute behauptet wird, die Ereignisse von damals würden sich nicht wiederholen, weil bessere Erkenntnisse herrschten und bessere Instrumente zur Verfügung stünden, unterschätzt das reflexartige, nicht mehr mental bestimmte Verhalten von Menschen, die die vermeintlich nicht mehr vorhandenen Auswege ignorieren.


      Arnd Hildebrandt

      Herausgeber

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      Wussten Sie schon, dass...?
      (02.07.2003)

      Hongkong ist seit 1999 von Deflation befallen. Sie hat sich als Folge der Lungenkrankheit Sars zuletzt erneut verstärkt. In den zwölf Monaten zum 31. Mai betrug die Deflationsrate 2,5 Prozent.


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      Avatar
      schrieb am 02.07.03 15:48:41
      Beitrag Nr. 3.345 ()
      Die Baisse dauert an!

      * Warnung *

      Prognose: Tragödie im Juli 2003



      Siehe Original unter Zeit-Takt

      Im Juli bahnt sich wieder einmal ein Desaster an. Es wird ein unerwartetes Ereignis eintreten. Sichtbar wird die Malaise ab dem 15. Juli und desaströs am 26. Juli 2003. Der US-Regierung nahestehende Bankeninstitute haben ihren Skandal in einem noch nie gekannten Ausmaß. Korruption ist im Spiel. Fannie Mae und Freddie Mac oder ähnliche Bankinstitutionen werden schwerwiegende Enthüllungen über das Unternehmen und Regierungsbeteiligte preisgeben. Dieser massive Skandal und die massive Korruption läuten das große Desaster der US-Regierung ein. Die Ökonomie crasht und eine Erholung ist in weite Ferne gerückt. Die Prognosen der Volkswirte werden wieder Makulatur sein.

      Der 28. Juli 2003 ist ein wichtiges Datum. Wir markieren das 21 Jahrestief bei -1,618 in der Sinuskurve des Dow. Der Aktienmarkt steht vor einem gewaltigen Zusammenbruch. Ein TSUNAMI ist wieder im Anrollen mit verheerenden Folgen!

      Die Märkte stehen wieder einmal an einem kritischen Punkt. Die überwiegende Mehrheit der Marktschreiber ist "bullish" und der VIX in der "20er" Region. Hier fanden in der Vergangenheit immer die Wenden statt, wenn der Markt in voller Zufriedenheit den Bullen gallopieren lässt. Der nationale Einkaufsmanagerindex konnte die Marke 50 nicht überschreiten. Es ist höchste Aufmerksamkeit angesagt, denn ein Kollaps kann sehr sehr schnell stattfinden. Die Navigation läuft nach Elliott in eine große Welle 3. Dreier Wellen sind verheerend in einem Bärenmarkt. In einem Bullenmarkt generieren sie gute Gewinne. Dreier Wellen sind meist ausgedehnt. Nicht zu vergessen ist die Zeit um Ende Juli/Anfang August, ein signifikantes 21 Jahres-Tief. Eine neue "Blase" hat sich gebildet. Überkauft und resistent.

      Das Fibodatum hierzu wäre der 3./4. August 2003 (144 Tage seit demTief 12.3.2003) Montag 4. August 2003.

      evotrade.de
      Avatar
      schrieb am 02.07.03 16:52:37
      !
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      schrieb am 02.07.03 17:04:57
      Beitrag Nr. 3.347 ()
      Klein ist fein

      Warum sich ökologische Politik der EU-Globalisierung widersetzen muss


      von Wolfgang Hingst, Wien
      Den nachstehenden Vortrag hielt Dr. Wolfgang Hingst an der Jahresversammlung der CHance 21 am 27. Mai in Luzern. Der Text ist in drei Teile gegliedert: I. Globalisierung: Katastrophe für Mensch und Umwelt, II. Small is beautiful. Klein ist fein, und III. Chancen des Widerstands. Zeit-Fragen publiziert den Text in zwei Teilen. Das Ende des I. Teils, Teil II und III veröffentlichen wir in einer der nächsten Ausgaben von Zeit-Fragen.

      I. Globalisierung: Katastrophe für Mensch und Umwelt
      Wer Globalisierung sagt, meint im heutigen Sprachgebrauch vor allem «weltweite Verflechtung, in erster Linie die wirtschaftliche».1

      Um sich vorstellen zu können, was das bedeutet, muss man sich die Daten der Wirtschaftsverflechtung genauer ansehen. Mitte der 90er Jahre kontrollierten 27 der grössten multinationalen Gesellschaften 15,6% des Brutto-Weltsozialprodukts.2

      Und heute? Schwer zu erraten, dass sich die Situation noch wesentlich verschlimmert hat. Nach Daten aus dem Jahr 2000 existierten 40000 transnationale Konzerne auf der Welt, die insgesamt 75% des Welthandels abwickelten und etwa 25% zum Weltsozialprodukt beitrugen.3 Demnach gab es gegenüber 1995 eine Steigerung von 5% innerhalb von 5 Jahren. Ich nehme an, dass die transnationalen Konzerne derzeit bei einem Anteil von annähernd 30% des Weltsozialprodukts liegen.

      Entmachtung der Nationalstaaten durch transnationale Konzerne
      Im Jahr 2000 betrug das Welt-Bruttosozialprodukt 28810 Milliarden US-Dollar. Bei einem Anteil von 30% macht also der Anteil der transnationalen Konzerne 8643 Milliarden US-Dollar aus. Eine astronomische Summe, deren Macht- und Gewaltpotential sich niemand wirklich vorstellen kann. Unglaublicher Reichtum in der Hand sozial unkontrollierter Menschen, bei gleichzeitig weltweit zunehmender Verarmung und Verelendung. Profitmaximierung, Mehrwert-Akkumulation, Markteroberung. Nur darum geht es den grossen «Finanzhaien». Es entwickelt sich eine Eigendynamik, die unberechenbar und unlenkbar ist. Wir alle sind endgültig Sklaven der Macht des Kapitals geworden.

      Man muss sich dabei auch folgendes vor Augen halten: Diese Konzerne - wieder bezogen auf das Jahr 2000 - beschäftigen rund 80 Millionen Arbeitskräfte. Mit ihnen sind weitere 250000 Unternehmen verbunden bzw. von ihnen abhängig, für die 200 Millionen Menschen arbeiten.

      Klar, dass damit eine gewaltige Verschiebung der Machtverhältnisse von der Politik zur Wirtschaft verbunden ist. Für das entstandene Machtvakuum zwischen Wirtschaft und Politik existieren noch keine adäquaten politischen Instanzen zur Kontrolle der multinationalen Aktivitäten der Unternehmen. Die transnationalen Konzerne haben die Nationalstaaten entmachtet und unterdrückt. Der entfesselte Kasino-Kapitalismus entbehrt jeglicher Legitimation, da er die Erwerbsarbeit abschafft und das soziale Netz der Industriestaaten unterminiert, indem er keine Steuern mehr bezahlt und die Gewinne einstreicht. Dadurch entzieht er gleichzeitig der Demokratie die Grundlage.

      WTO-Gleichschaltung (im Interesse des Raubtierkapitalismus)
      Die Flutwelle der Globalisierung wird getragen von der Ideologie der Liberalisierung und der Privatisierung. Das entscheidende Instrument dazu ist die Welthandelsorganisation WTO.

      Ich möchte dazu Jean Ziegler zitieren, der treffend formuliert hat: «Die WTO ist ein Instrument der absoluten Zirkulationsfreiheit von Kapital und Patenten ohne Sozial- und Ökoklausel. Die Entwicklungsländer haben dort überhaupt nichts zu sagen.»4

      Der Anteil der EU an dieser Entwicklung ist beträchtlich. Zwar sind Privatisierung und Liberalisierung vor allem ein dringendes Bedürfnis der USA gewesen, entsprungen aus der puritanischen Anschauung, dass die Reichen Gottes auserwählte Lieblinge sind - und die Superreichen Gott selbst. Aber nachdem in Europa sogar die Sozialdemokraten und Gewerkschaften für die Interessen des Raubtierkapitalismus über den Tisch gezogen wurden, machte Brüssel auch in der EU kurzen Prozess. Es kam zu einer Gleichschaltung Europas mit all dem sozialen Sprengstoff, dessen Explosionskraft wir heute beinah täglich vorgeführt bekommen.

      Wenn heute Hunderttausende in Deutschland, Frankreich und Österreich, in ganz Europa gegen die brutale Kürzung ihrer Einkommen und Pensionen auf die Strasse gehen, wenn massive Streiks drohen, dann ist das eine Folge der von Brüssel diktierten Entsolidarisierung. Für das sture Diktat der Maastricht-Kriterien5 wird der soziale Friede in Europa geopfert.

      Die Triadisierung der Welt: USA - EU - Japan
      Der Ausdruck Globalisierung ist, wie ich in meinem gerade in Zürich erschienenen Buch «Paradies oder Weltuntergang - wir haben die Wahl» ausführlich dargelegt habe, grundsätzlich falsch, weil es um eine Triadisierung der Welt geht: um eine Dreiteilung in die Sphären USA, EU und Japan.

      Der Begriff Triadisierung stammt von der Gruppe von Lissabon, deren Präsident Riccardo Petrella ist, Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Universität Louvain in Belgien. Der internationale Warenaustausch findet vor allem zwischen den Zentren der Triade statt. Wenn man die Tendenzen der letzten Jahre hochrechnet, würde der Anteil Afrikas, des Nahen Ostens, Lateinamerikas, Russlands und Osteuropas bis 2020 auf 5% sinken.

      Entgegen der landläufigen Auffassung und abgesehen von aktuellen Entwicklungen im Gefolge des Irak-Krieges, sind EU-Europa und Japan in der Triade weniger Konkurrenten als Assistenten der USA. Sie werden auch für die Finanzierung der Kriege der Vereinigten Staaten zur Kasse gebeten. Die Zusammenarbeit zwischen den USA und der EU wird übrigens in verschiedenen Gremien koordiniert, die sich der Öffentlichkeit weitgehend entziehen und vor allem die Interessen des Kapitals unter amerikanischer Führung vertreten.

      Ich habe erst kürzlich in einem Artikel für Zeit-Fragen6 ausführlich dargestellt, dass die EU eine Kreation der USA ist. Grundidee der amerikanischen Regierungen war und ist die Schwächung der europäischen Staaten durch Souveränitätsverlust, der Aufbau eines Vorfeldes gegen den Osten und die Etablierung eines profitablen Absatzmarktes mit der Chance für Direktinvestitionen.

      Die eingesetzten Mittel lassen sich unter Erpressung, Manipulation, massivem Lobbyismus und Geheimdiplomatie einordnen: Die US-Finanzhilfe nach dem sogenannten Marshall-Plan wurde an die europäische Integration geknüpft. Durch Montanunion, Euratom, EWG und Nato-Beitritt wurde die europäische Integration Schritt für Schritt in Gang gesetzt.

      Europäische Integration: vom souveränen Staat zum US-Handlanger
      EU plus Nato sind bis heute der verlängerte Arm der USA. Diese Politik reicht bis zu den Kriegen im Irak, am Balkan und in Afghanistan. Der Nato-Beitritt der osteuropäischen Länder war die Eintrittskarte für ihren EU-Beitritt. Deshalb ist der Druck für die Ost-Erweiterung der EU enorm.

      Die Vereinigten Staaten schaffen sich damit noch bessere Verbündete als in Westeuropa, etwa bei den Polen, die heute ein Drittel des Iraks, wenn auch die hinterste Ecke, verwalten dürfen. Eine groteske Situation, die natürlich einen veritablen Spaltpilz für die EU darstellt. Dafür kassiert Polen, der «Trojanische Esel der USA»,7 nach dem EU-Beitritt gleich doppelt: von der EU Subventionen und von den USA 7,5 Milliarden Dollar als Gegengeschäft für den Kauf von 48 Kampfjets beim amerikanischen Lockheed-Martin-Konzern. Um die 3,5 Milliarden Dollar für den Kauf der Jets aufbringen zu können, braucht Polen dringend EU-Hilfe. Das heisst, die Steuerzahler der EU dürfen die grössenwahnsinnige Aufrüstung Polens im Interesse der Nato finanzieren.

      Natürlich will man auch die Schweiz ins EU-Boot zerren. Die Vorspiele haben Sie ja in verschiedenen Abstimmungen über sich ergehen lassen dürfen - vom EWR bis hin zur Armee 21. Der Druck hat gewaltig zugenommen. Alle grossen Errungenschaften des Landes stehen auf dem Spiel, vor allem die Neutralität - in Österreich ist sie nur noch eine Kulisse - und die direkte Demokratie. Die Souveränität ohnehin.

      Souveränitätsabbau im Dienste der neuen Weltordnung
      Die Kriege im Irak und am Balkan dienten nur der Vorführung der Nato als «Weltpolizei» und den hinter ihr stehenden USA als Repräsentanten der amerikanischen Weltordnung. Alles dient einem einzigen Signal an die Welt: Nur die USA sind souverän. Daher boykottieren sie den Internationalen Strafgerichtshof, führen - weil ohne Uno-Mandat - einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg im Irak, scheren sich nicht um internationale Vereinbarungen wie das Kyoto-Protokoll zur Verminderung der Treibhausgase.

      Der renommierte deutsche Völkerrechtler Christian Tomuschat spricht vom «Ende der bestehenden Weltordnung» und sagt: «Dann gilt nur noch das Recht des Stärkeren. In einer solchen Welt kann eigentlich niemand leben wollen.»8

      Die jüngsten Vorgänge haben ihre Vorläufer. Schon 1992 sagte der Leiter des Uno-Umweltprogramms, Mostapha Tolba, offenbar ganz im Kielwasser der USA: «Die Idee der Souveränität stammt aus dem 17. Jahrhundert. Sie entstand unter ganz spezifischen Bedingungen, die den Dreissigjährigen Krieg in Europa beendeten […] Die Idee der Souveränität ist aus dem Frieden von Westfalen hervorgegangen […] Aber was hat das mit schmelzenden Polkappen, steigenden Temperaturen, Ozonlöchern und einer Flut von Flüchtlingen vor Umweltkatastrophen zu tun? Gar nichts natürlich. Die Prämissen von Westfalen sind für die moderne Welt nicht nur irrelevant, sondern gefährlich.»9

      Als könne man die Weltprobleme damit lösen, allen Staaten - ausgenommen die USA - die Souveränität zu entziehen!

      Ist die EU reformierbar?
      Die Rechnung der USA ist jedenfalls fast voll aufgegangen: Heute werden in der EU 80% der Gesetze in Brüssel beschlossen, wobei dem EU-Parlament nur eine beratende Funktion für Kommission und Ministerrat zukommt. Die Abgeordneten haben nicht das Recht, eine Gesetzesinitiative zu starten, denn das Initiativrecht liegt ausschliesslich bei der Kommission. Die rechtlich unverbindlichen Änderungswünsche des Europaparlaments werden zwar ab und zu berücksichtigt, aber das ist Gnadenpolitik, ein Feigenblatt für huldvolles absolutistisches Gehabe.

      Innerhalb der EU gibt es dafür keine Lösung. Sie ist nicht reformierbar. Denn wollte man nun dem EU-Parlament, wie dies manche fordern, das Initiativrecht und die Legislative übertragen, dann käme es zu einer weiteren gravierenden Entmündigung der einzelnen Mitgliedsstaaten und einem totalen Souveränitätsverlust. Man könnte dann die Parlamente schliessen, die Abgeordneten nach Haus schicken. Und den Föderalismus gleich dazu.

      England und Frankreich haben sich ihren Souveränitätsverzicht teuer abkaufen lassen. England verweigerte die Teilnahme an der Währungsunion und presste Brüssel den sogenannten «Britenrabatt» ab, durch den das grosse Land nicht einmal ein Drittel des Beitrages von Deutschland in den Brüsseler Budgettopf zahlt. Auch Frankreich muss weniger als die Hälfte dessen, was Deutschland bezahlt, an die EU abliefern.

      Gleichzeitig wird die Souveränität aller Staaten durch die multinationalen Konzerne untergraben und schliesslich beseitigt. Die Gruppe von Lissabon geht davon aus, dass die «Triadisierung» in den nächsten Jahrzehnten fortgesetzt wird. Parallel dazu wird die Weltbevölkerung sich bis 2015 der 7-Milliarden-Grenze nähern.

      Zukunftsprognosen
      Die Prognosen der Zukunftsforscher sind entsprechend düster. Wenn wir das Ruder nicht herumreissen, geben sie der Menschheit für das 21. Jahrhundert nur 10% Überlebenschancen! Der deutsche Physiker Rolf Kreibich, Direktor des Instituts für Zukunftsstudien und Technologiebewertung IZT, viele Jahre lang Präsident der Freien Universität in Berlin, hat in seinem Aufsatz «Von der Utopie zur realen Vision», datiert vom 1. Juni 2000, folgendes geschrieben: «Die auf der Schattenseite des technisch-industriellen Fortschritts messbaren Belastungspotentiale lassen keinen anderen Schluss zu, als dass wir bei einem Fortschreiten auf dem Pfad der gigantischen Energie-, Rohstoff- und vor allem der Schadstoffströme in weniger als 80 Jahren unsere natürlichen Lebens- und Produktionsgrundlagen zerstört haben werden. Wir haben im IZT Berlin die wichtigsten Weltentwicklungsprognosen und Simulationsmodelle der führenden Zukunftsforschungsinstitute ausgewertet und festgestellt, dass sie in einer zentralen Aussage gut übereinstimmen: Wenn es zu keiner durchgreifenden Umsteuerung kommt, dann liegt die Selbstzerstörung der Menschheit in diesem Jahrhundert bei einer Wahrscheinlichkeit von über 90%.»10

      Instinktiv spüren das die Menschen. Allen Schlagworten wie «Öko ist out» oder der Diffamierung «Öko-Spinner» zum Trotz halten sie in der Prioritätenliste immer wieder den Umwelt- und Naturschutz für eines der wichtigsten Ziele. Zum hundertsten Mal bei einer Umfrage im Januar 2003. Da standen auf der Wunschliste der Österreicher Massnahmen gegen Umweltverschmutzung und stärkeres Auftreten gegen Atomenergie nach der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und der sicheren Versorgung von Pensionisten und Kranken mit 75% ganz oben.

      Die den Planeten beherrschende politische Klasse spürt das nicht. Nicht einmal für ihre Kinder und Kindeskinder. Gier nach Geld und Macht hat sie total verblendet. Der Irak-Krieg hat es aufs neue deutlich gezeigt.

      Neoliberalismus: das Ende der Freiheit des Individuums
      Ist Widerstand gegen die europäische Variante der Globalsierung, die EU, überhaupt angebracht? Sie bringt doch nach Meinung ihrer Befürworter vor allem Frieden, Freiheit, Demokratie, Mitbestimmung?

      Nun, wir beobachten derzeit die gegensätzliche Entwicklung: die Einschränkung der Freiheit, die Auflösung der Bürgerrechte, Bespitzelung, Zensur, Maulkörbe aller Art.

      Jean Ziegler schreibt in seinem Buch «Die neuen Herrscher der Welt», die neoliberale Ideologie der neuen Herrscher wolle uns glauben machen, dass ausgerechnet sie die Ära der Individualität und Freiheit einläutet. Und dann wörtlich: «In Wirklichkeit wird das vom globalisierten Kapital zugerichtete Individuum auf seine reine Funktionalität reduziert. Es hat nur den Eindruck, frei zu sein. Weil es im Labyrinth der auf es einwirkenden Warenverhältnisse die Entfremdung nicht zu durchschauen vermag, die es beherrscht und seiner Individualität beraubt [...]. Das vom globalisierten Kapital zugerichtete Individuum besitzt keinerlei Identität, keinerlei Freiheit mehr. Das globalisierte Kapital erzeugt atomisierte Individuen, armselige, voneinander isolierte Dinge.»11

      EU: eine Friedensstifterin?
      Ich habe schon ausgeführt, dass Demokratie und Mitbestimmung in Brüssel keine Basis haben. Und wie steht es mit der EU als Friedensstifterin? Meist wird das Beispiel Frankreich-Deutschland genannt. Da könne es keinen Krieg mehr geben. Ich sage: Das wäre auch ohne EU so. Sehr wohl aber droht durch eigene Aufrüstung und Nato-Verbindung der EU - und die Nato wurde seit dem Serbien-Krieg von einer Verteidigungs- zu einer Angriffsorganisation - eine Konfrontation mit Russland, mit Ländern des Nahen und Mittleren Ostens, mit Afrika und sogar mit Asien. Polnische und britische Soldaten stehen bereits im Irak, deutsche am Balkan, in Afghanistan. Vor diesem Szenario von Friedenspolitik der EU zu faseln ist ein schändlicher Versuch, die Bürger für dumm zu verkaufen.

      Massenvernichtungswaffen - die neue Basis für «Souveränität»?
      Die Farce um die angeblichen Massenvernichtungswaffen im Irak Saddam Husseins hat in den Medien völlig verdeckt, dass die wahre Gefahr von ganz anderen Mächten ausgeht. Die USA besitzen zum Beispiel 10600 Atom-Sprengköpfe, Russland 8400, China über 400, Frankreich 288, England und Israel 200, Indien 48 und Pakistan über 30. Wir können annehmen, dass auch das Arsenal der biologischen und chemischen Waffen ähnlich erschreckend ist. Darauf stützt sich heute «Souveränität». Und das macht weltweit Schule.

      Wir haben keinen Grund zu der Annahme, dass diese Waffen nie eingesetzt werden und nur zur Erhaltung des sogenannten «Gleichgewichts des Schreckens» dienen. Auf Hiroshima und Nagasaki wurden Atombomben abgeworfen, als der Krieg für Japan längst verloren war. Vor ein paar Tagen beschloss die US-Regierung die forcierte Entwicklung von sogenannten Mini-Nukes, strategischen Atomwaffen für den Einsatz in Kriegen, mit denen sie den ganzen Planeten überziehen wollen - angeblich um den Terror, den sie ja selbst verschuldet haben, zu bekämpfen.

      Der Ausdruck «Mini-Nukes» stammt aus der Orwellschen Neusprache. Es sind Atomwaffen mit einer Sprengkraft von 5 Kilotonnen. Das entspricht einem Drittel der Hiroshima-Bombe, die weit über hunderttausend Menschen das Leben kostete. Schon bisher haben die USA mit Uran-Geschossen weite Gebiete im Irak und am Balkan radioaktiv verseucht. Ein eindeutiges Kriegsverbrechen.

      EU-Grossmacht - den Teufel mit dem Belzebub austreiben?
      Verräterisch sind ja die grössenwahnsinnigen Grossmachtspläne von diversen EU-Politikern schon immer. Nur ein Beispiel: Otto von Habsburg-Lothringen, Sohn des letzten österreichischen Kaisers, ist seit 1979 für die bayerische CSU Mitglied des Europaparlaments. Aus dem Klappentext seines Buches «Macht jenseits des Marktes. Europa 1992» geht auch die Absicht seiner Gesinnungsfreunde hervor: «Warum ist dieses Europa keine Grossmacht? Wie kommt es, dass mit dieser gigantischen Wirtschaftskraft kein adäquater politischer Einfluss einhergeht? Die Antwort ist einfach: Wir sind noch nicht so weit. Das politische Bewusstsein der Europäer hat mit dem Tempo des wirtschaftlichen Zusammenschlusses nicht Schritt gehalten. Die Weltmacht Europa ist zwar im Werden, aber sie ist noch nicht geboren.»12

      Ein verräterischer Text
      Den Wirtschaftskapitänen und - in ihrem Schlepptau - den Politikern in der Triade ist bisher auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, in dem es um Sein oder Nichtsein geht, nichts anderes eingefallen, als die Ideologie des unbegrenzten Wirtschaftswachstums noch weiter zu zementieren. Diese Ideologie ist die Grundlage der Globalisierung. Wohin sie führt, hat Ernst Ulrich von Weizsäcker vom deutschen Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt und Energie so beschrieben:

      «Wenn nun aber die Steigerung des Wirtschaftswachstums als das erklärte Ziel der Handelsliberalisierung angesehen wird und wenn gleichzeitig der Standortwettbewerb die Staaten daran hindert, einschneidende Massnahmen zur Eindämmung des Ressourcenverbrauchs zu ergreifen, dann ist der Schluss naheliegend, dass die Globalisierung ursächlich mit der Zuspitzung der ökologischen Krise zusammenhängt.»

      EU-Beitritt Österreichs brachte Bankrott des ökologischen Fortschritts
      Der Beitritt Österreichs zur EU 1994 «ohne Wenn und Aber», wie der damalige sozialistische Bundeskanzler Franz Vranitzky dröhnte, erfolgte nach massiver Gehirnwäsche des Wahlvolkes durch Regierung, alle Parteien und Interessenverbände, Kammern, Industrie und Gewerkschaften. Durch die Medien sowieso. Oder kann man es anders nennen als Gehirnwäsche, wenn dem Stimmbürger entgegen aller Wahrheit eingehämmert wird, wenn er draussen bleibe, verliere er alles, drinnen hingegen, in der Brüsseler Festung, bekomme er viel Geld, Einfluss und Macht? Dass die Hauptinteressen des Landes, vor allem auch die ökologischen, mit dem EU-Grundsatz des Vorranges der Freiheit des Verkehrs von Waren, Dienstleistungen, Personen und Kapital nicht vereinbar sind, wurde natürlich verschwiegen.

      Der EU-Betritt Österreichs brachte und bringt einen beispiellosen Bankrott der vorher ökologisch beispielhaften Entwicklung des Landes. Einige Beispiele aus dem Spannungsfeld Brüssel-Wien sollen das erläutern. Sie können auch für die Schweiz durchaus lehrreich sein.

      Beispiel 1: Atomenergie
      Die Volksabstimmung vom 18. Mai in der Schweiz* hat es deutlich gezeigt: Wir dürfen keinen Augenblick annehmen, dass die Atomlobby schläft. Die Schweizer Stimmbürger hatten immerhin die Wahl. Die EU-Bürger haben keine Wahl. Atomenergie wird in der EU noch immer nach Kräften aus Steuergeldern gefördert.

      Radioaktivität ist grenzüberschreitend. Im ungarischen Paks wurde kürzlich der schwerste Reaktorunfall seit Tschernobyl registriert. Die Grenzwerte freigesetzter radioaktiver Zerfallsprodukte wurden um das 140fache überschritten. Aber auch andere Atomkraftwerke an unseren Grenzen sind nicht sicher, etwa die in Bayern. Der deutsche Atomphysiker Klaus Bucher warnte erst kürzlich vor einem atomaren GAU und vor CDU-Plänen, weiterhin auf Atomkraft zu setzen.

      Österreich kann als EU-Mitglied gar nichts unternehmen, weil durch den Euratom-Vertrag die Weichen in Brüssel immer noch in Richtung Förderung der Atomenergie gestellt sind.

      Österreich wird zum Beispiel durch das AKW Temelín in der Nähe von Budweis direkt bedroht. Ein GAU würde ganz Mitteleuropa in eine Atomwüste verwandeln. Ein Volksbegehren gegen Temelín Anfang 2002 wurde mit über 900000 Unterschriften eines der erfolgreichsten - obwohl die Regierungspartei ÖVP zum Boykott des Volksbegehrenso aufgerufen hatte. Endlose Verhandlungen, Grenzblockaden - alles vergeblich.13

      Atomkatastrophen sind nicht versicherbar
      Als einzige und legitime Druckmöglichkeit bliebe die Verhinderung des Beitritts Tschechiens zur EU, wenn Prag an Temelín festhält. Doch davon wollen die amtierenden Politiker in Brüssel wegen der EU-Ost-Erweiterung, die mit der Nato-Ost-Erweiterung eng verflochten ist, nichts wissen. Und auch die EU-hörige österreichische Bundesregierung drückt sich.

      Ihre Eigeninteressen sind den Atommächten wichtiger als Sicherheit und Schutz für die Bevölkerung in der gesamten EU. Die Verantwortlichen können sich mit ihren fetten Einkommen im Ernstfall leicht in weit von Mitteleuropa entfernte Refugien zurückziehen. Die Bevölkerung bekommt kaum Hilfe, weil Atomkatastrophen nicht einmal entsprechend versicherbar sind.

      Auch der Atomausstieg Deutschlands hängt am seidenen Faden. Der Kanzler-kandidat der CDU-CSU, Edmund Stoiber, erklärte lauthals, er werde den von der rot-grünen Regierungskoalition beschlossenen - ohnehin auf 32 Jahre prolongierten - Atomausstieg sofort rückgängig machen, sollte er Regierungschef werden. Gottlob wurde der bayerische «Atomsturmbannführer und Supergau-Leiter» - so der deutsche Kabarettist Matthias Richling - wenigstens diesmal nicht gewählt.

      Beispiel 2: Transitverkehr
      Auch beim Transitverkehr sind die Schweiz und Österreich in einer ganz ähnlichen Situation. Diverse Tunnelbauten können vom Grundproblem nicht ablenken. Wir werden von einem Warentransit überrollt, dessen absolute Freiheit zu den Grundmaximen der EU gehört.

      Täglich führt uns Brüssel seine umweltfeindliche Verkehrspolitik vor Augen. Der antiökologische Kurs der EU zeigt sich unter anderem in einer geradezu religiösen Verehrung des Verkehrs. Solchen Leuten sind die verheerenden gesundheitlichen Auswirkungen auf die Bevölkerung egal. Das Immunsystem der Bevölkerung ist schwer angeschlagen. Die Folge: vermehrte Atemwegserkrankungen und Allergien. Eine angeknackste Abwehr des Organismus ist die Voraussetzung für die Entstehung von Krebs.

      Jährlich sterben nach einer 2001 vorgelegten Studie der WHO in Österreich, Frankreich und der Schweiz 40000 Menschen an den Folgen der Luftverschmutzung. Ein Grossteil wird durch die Verkehrshölle verursacht. Gefährlich sind vor allem die lungengängigen Feinstäube. Sie stammen zu einem hohen Anteil von Dieselfahrzeugen. Erst jetzt wird an Filtern gearbeitet.

      Das Land wird einfach übergangen
      Solchen Leuten ist es egal, wenn die Abgase den Schutzwald in den engen und oft luftaustauscharmen Gebirgstälern ruinieren, so dass viele von ihnen von Absiedlung bedroht sind, weil Lawinen und Muren alles niederwalzen.

      Das Transitabkommen zwischen der EU und Österreich, das unter der Lärm- und Abgasbelastung besonders zu leiden hat, gilt nur bis Ende 2003. Es wird von Brüssel nicht erneuert. Dann ist auch das Ökopunkte-System dahin, das ohnehin wirkungslos blieb: Die Lkw-Transite zwischen 1991 und 2001 legten um 60% zu, der Stickoxid-Ausstoss um 18%!14

      Die Daten der Österreicher werden einfach nicht akzeptiert, die Klagen des Landes beim Europäischen Gerichtshof nicht entschieden. Es erfüllen sich die Vorhersagen der EU-Kritiker: Das Land wird einfach überfahren. Das ist der Knackpunkt: Wenn man die Gesamtmenge des Transits nicht einschränkt und begrenzt, dann nehmen selbstverständlich die Schadstoffbelastungen auch dann zu, wenn man den einzelnen Lkw «umweltfreundlicher» macht, das heisst für geringeren Giftoutput sorgt. Und genau da will Brüssel keine Zugeständnisse machen. Eine Begrenzung kommt nicht in Frage. Das würde der absoluten Freiheit des Warenverkehrs widersprechen - dem obersten Dogma der EU. Um es zu halten, nehmen einige Profiteure in Kauf, dass Mensch und Umwelt allein durch den grenzüberschreitenden Transitverkehr auf der Strecke Kufstein-Brenner täglich 50000 Kilo schädliche Abgase freigesetzt werden, pro Jahr die unglaubliche Menge von 18 Millionen Kilo.

      Schweigen bedeutet Zustimmen
      Kein Wunder, dass Fritz Gurgiser, Sprecher der Bürgerinitiative «Transitforum Austria-Tirol» von «Verrat am Brenner» und «Staatsversagen» spricht. Kostenwahrheit, Verlagerung auf die Schiene, Alpenschutz, Schadstoffreduktion: Das sind für den streitbaren Tiroler alles «inhaltsleere und verlogene Schlagworte der Politik». Wenn die Bürger nicht ihren Mund aufmachen, sagt Gurgiser, brauchen sie von der Politik nichts zu erwarten: «Schweigen bedeutet Zustimmung.» Mehr denn je seien alle aufgerufen, «selbst aktiv Verantwortung zu übernehmen».

      In den neuen deutschen Bundesländern rechnen die Verkehrsexperten mit Transit-wachstumsraten von 400 Prozent bis zum Jahr 2010. Diese Transitlawine kommt auch auf den Osten Österreichs zu - und in der Folge auf alle anderen Transitländer, natürlich auch auf die Schweiz. Prognose-Institute haben errechnet, dass im Osten Österreichs eine Verzehnfachung der Güterverkehrsströme zu erwarten ist, sobald die sogenannten Reformstaaten sich wirtschaftlich erholt haben.

      Von Kostenwahrheit ist nach wie vor keine Rede. Das ist auch der Grund, warum die Bahn auch in Zukunft keine Chance hat, gegen die Strasse aufzuholen, warum eine ausreichende Verlagerung des Transits auf die Bahn reine Illusion bleibt. Der Transit eines 38-Tonnen-Lkw auf der Brennerautobahn müsste im Sinne der Kostenwahrheit rund das Zehnfache kosten. Ist es denn so schwer zu verstehen, dass ohne massive ökonomische Steuerung - sprich Realisierung der Kostenwahrheit - niemand auf die Bahn umsteigen wird?

      Beispiel 3: Agrarpolitik
      Alle den österreichischen Bauern vor dem EU-Beitritt Österreichs gemachten Versprechungen haben sich als haltlos erwiesen. Schon im ersten Jahr der EU-Mitgliedschaft Österreichs haben 5% aller landwirtschaftlichen Betriebsführer das Handtuch geworfen, bei den Hofübernehmern und Jungbauern waren es sogar 10%, die in der Landwirtschaft keine Zukunft mehr sahen und - trotz trister Konjunkturlage und hoher Verschuldung - einen beruflichen Neubeginn wagen mussten.

      Seither hat sich die Lage noch verschlechtert. Das Bauernsterben hat sich weiter beschleunigt,15 die Einkommen der Bauern sind stark gesunken, und die Ost-Erweiterung wird für die heimischen Bauern eine einzige Katastrophe.

      Die europäischen Bauern wurden und werden damit für geopolitische Interessen der USA geopfert. Schon bei der Gründung von GATT16 und EWG17 war klar, dass die stark sinkenden Preise Millionen Bauern von ihren Höfen vertreiben und dass die USA die Ausgleichszahlungen und die Qualität europäischer Produkte mit Hilfe des GATT torpedieren würden. Heute läuft das über die Nachfolgeorganisation WTO.

      Aznar - stolzer Arbeitsplatzvernichter
      Schon damals war klar: Nur die Grossen sollen überleben, die Kleinen verschwinden. Wohin? In den riesigen Markt der Arbeitslosigkeit. Und heute? Der spanische Ministerpräsident José María Aznar begnügt sich nicht mit der Rolle als Kriegstreiber im Irak, er ist auch noch stolz auf seine Rolle als Arbeitsplatzvernichter. In einem Interview mit der Zeit18 gab er auf die Frage: «Spanien profitiert auch von den Agrarsubventionen. Die müssen doch abgeschafft werden, oder?» zur Antwort: «In Spanien haben wir auf diesem Sektor schon viel getan. Seit dem Eintritt in die EU 1986 haben eine Million Menschen ihren Job in der Landwirtschaft verloren.»

      Unfassbar! Da ist ein EU-Spitzenpolitiker auch noch stolz auf die Vernichtung so vieler Arbeitsplätze und Existenzen.

      Wie reimt sich das? Die spanische Regierung unterstützt die USA beim Irak-Krieg, kritisiert das friedfertige Deutschland und ist mit fast 7 Milliarden Euro der grösste Netto-Empfänger in der EU. Diese Ungereimtheit ist nur verstehbar, wenn man weiss, dass die EU eine Kreation im Interesse der USA ist.

      Ost-Erweiterung ohne Volksabstimmung
      Sie wird ohne die notwendigen Volksabstimmungen einfach durchgezogen, obwohl die Zustimmung in der EU von Jahr zu Jahr sinkt und eine Mehrheit von bis zu zwei Dritteln - etwa in Frankreich und Österreich - gegen die Ost-Erweiterung ist.

      Landwirtschaft und Lebensmittelversorgung werden der Globalisierung im Interesse der USA geopfert - auch die in den Ostgebieten selbst. Denn die Ostbauern erhalten nur ein Viertel jener Zuschüsse, den ihre westeuropäischen Kollegen erhalten. Und die nationalen Förderungen dürfen nur 25 bis 30% der EU-Subventionen ausmachen.19

      Wieder werden Millionen Kleinbauern unter die Räder kommen. Wieder schliesst sich der Kreis zu den Vereinigten Staaten: Die Basis der EU-Politik sind industrialisierte Landwirtschaft und offene Märkte mit ihrem wahnsinnigen Konkurrenzdruck. Auf diesem Sektor sind die USA mit ihren riesigen Einheiten und ihrer Fast-Food-Philosophie ohne Rücksicht auf Ökologie und Qualität unschlagbar.

      1 Ernst Ulrich von Weizsäcker, Was ist Globalisierung und wie erklärt sie sich? www.globalisierung.de

      2 Wolfgang Hingst: Ihre Zukunft als EU-Bürger: Abgezockt, verkauft und angeschmiert. Weisskirchen 1999, Seite 117

      3 Dominik Brodowski, Globalisierung aus betriebs- und volkswirtschaftlicher Sicht. 2000. www.brodo.de

      4 Wolfgang Hingst, a.a.O., Seite 123

      5 Wolfgang Hingst, a.a.O., Seite 81ff.

      6 Wolfgang Hingst: Die fatale Dreieinigkeit: USA - Nato - EU. In: Zeit-Fragen vom 5. Mai 2003, Seite 1-2

      7 Jan Puhl: Polen. Triumph der Treue. In: Der Spiegel, Nr. 20/2003, Seite 120

      8 Der Spiegel, Nr. 4/2002, Seite 24-25

      9 Wolfgang Hingst: 10 Thesen gegen Grosseuropa. Ein Essay wider den Grössenwahn. Wien 1992, Seite 160

      10 Wolfgang Hingst: Paradies oder Weltuntergang. Seite 5f.

      11 Jean Ziegler: Die neuen Herrscher der Welt und ihre globalen Widersacher. München 2003, Seite 234

      12 Wolfgang Hingst: 10 Thesen gegen Gross-Europa. Seite 25

      13 Wolfgang Hingst: a. a. O. Seite 201ff.

      14 Wolfgang Hingst: Paradies oder Weltuntergang. Seite 334ff.

      15 oe-journal.at, Juni 2002: Querdenker Alfred Haiger warnt vor Größenwahn.

      16 GATT = General Agreement on Tariffs and Trade = Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen, 1947 in Genf beschlossen

      17 Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft EWG, der Gemeinsame Markt, trat zusammen mit dem Euratomvertrag am 1.1.1958 in Kraft.

      18 Stefanie Müller, Petra Pinzler: «Nicht an Masstricht rütteln», in: Die Zeit, 20.3.2003, Seite 27

      19 Hannes Hofbauer: Ost-Erweiterung. Wien 2003, Seite 202f.



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      Dr. phil. Wolfgang Hingst ist Historiker und arbeitet heute als freier Schriftsteller und Journalist. Von 1967 bis 1998 war er Redakteur und Reporter beim Österreichischen Rundfunk ORF tätig (Help, Argumente, Brennpunkt).

      Er ist Autor von zahlreichen Fernsehdokumentationen und Büchern zu aktuellen ökologischen Themen, u.a. «Zeitbombe Radioaktivität» (1987), «Zeitbombe Gentechnik» (1988), «Öko-Tricks und Bio-Schwindel» (1991), «10 Thesen gegen Gross-Europa», «Ihre Zukunft als EU-Bürger: Abgezockt, verkauft und angeschmiert» (1999).

      Sein neuestes Buch «Paradies oder Weltuntergang. Wir haben die Wahl. Soziale, ökonomische und ökologische Überlebensmodelle gegen das Versagen von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik» erschien kürzlich im Verlag Zeit-Fragen. 1991 erhielt er den Konrad-Lorenz-Preis, 1993 den Ehrenpreis der Österreichischen Gesellschaft für Onkologie.



      Artikel 5: Zeit-Fragen Nr.24 vom 30. 6. 2003, letzte Änderung am 1. 7. 2003
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      schrieb am 02.07.03 17:13:22
      Beitrag Nr. 3.348 ()
      Die Post geht ab

      Angesichts von Stellenabbau und Arbeitsverdichtung drohen Gewerkschafter mit heftigen Konflikten


      Während sich dieser Tage Kommunalpolitiker lautstark und medienwirksam über abmontierte Briefkästen oder die Schließung von Postfilialen empören, droht in dem Getöse unterzugehen, wer diese Misere eingebrockt hat. 1994 brachte die Kohl-Regierung im Bundestag mit Hilfe der Mehrheit der SPD-Abgeordneten die zur Grundgesetzänderung erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit zustande, in deren Konsequenz die alte Deutsche Bundespost mit ihren Säulen Post, Telekom und Postbank privatisiert und zur Unternehmerbeute wurde. Die Zäsur läutete das Ende der flächendeckenden staatlichen Daseinsvorsorge und Gemeinwohlverpflichtung sowie das schrittweise Abhängen vor allem des »flachen Landes« und vieler älterer Menschen von wichtigen, zuverlässigen und erschwinglichen Dienstleistungen ein.

      Die Deutsche Postgewerkschaft (DPG), die inzwischen in ver.di aufgegangen ist, und linke Kritiker warnten schon Anfang der 90er Jahre vor den verheerenden Folgen der Privatisierung.

      Die jüngste Demontage von Briefkästen in kleineren Ortschaften oder vor Altenpflegeheimen – deren Insassen auf ihre alten Tage wohl kaum noch faxen oder mailen lernen werden –, stellt nur eine von vielen Etappen der Vernichtung eines Systems dar, das trotz kritikwürdiger und bürokratischer Mängel insgesamt gut funktionierte. Leidtragende sind – wie bei der Bahn – die Beschäftigten und die auf deren Dienste dringend angewiesenen »kleinen Leute«. Über 100000 Postler sind inzwischen auf der Strecke geblieben. Die Zeiten, in denen ein Postler sich seiner Lebensstellung sicher sein konnte, auch wenn die Bezahlung nie üppig war, gehören endgültig der Vergangenheit an.

      Dabei war die alte Post nicht einmal ein hochverschuldeter »Sanierungsfall«. Ende der 80er Jahre warf die Bundespost der alten BRD noch einen jährlichen Überschuß in Höhe von rund fünf Milliarden DM ab, der dem Bundeshaushalt zugute kam. Doch den Privatisierern der Kohl-Regierung, der hinter ihnen stehenden Lobby und ihren Helfern in der damals von Rudolf Scharping geführten SPD ging es nicht um eine Senkung der Staatsdefizite, sondern um Rosinenpickerei – um die Privatisierung der Gewinne und die Sozialisierung der Verluste.

      Unterdessen steht eine neue Konfliktrunde zwischen Gewerkschaft und Betriebsräten auf der einen und Post-Management auf der anderen Seite bevor. Bundesweit eilten am Montag Hunderte, zum Teil Tausende Briefzusteller der Post AG zu Betriebsversammlungen. Allein in Eltville bei Wiesbaden waren es rund 800. Ernste Gesichter und Pappkameraden mit der Aufschrift »Hallo, ich war einer von euch, bevor ich der Profitgier der Deutschen Post zum Opfer gefallen bin« drückten die Sorgen vieler Postzusteller aus, während die Gewerkschaft ver.di mit einer kurzen Kundgebung vor der Halle die Probleme auf den Punkt bringt. Jürgen Bothner, hessischer Landesleiter des ver.di-Fachbereichs Postdienste, beklagte den ständigen Trend zu weiterer Arbeitsverdichtung und unbezahlter Arbeitszeitverlängerung und warnte vor einer zunehmenden Auslagerung der Brief- und Paketzustellung an Subunternehmer.

      Postmitarbeiter befürchten, daß anstehende Umstrukturierungen wie der Abbau der Paketzustellung und die zum 1. August geplante Ausweitung der »Verbundzustellung« durch die Eingliederung von bundesweit zunächst 4700 Paketzustellern in den Bereich Briefpost den Arbeitsstreß steigern und für viele vorzeitigen Verschleiß bringen werden. Besagte 4700 Beschäftigte aus dem Bereich Paketzustellung – viele davon in ländlichen Gebieten – sollen somit auch in der Briefzustellung eingesetzt werden, während gleichzeitig die nicht weniger gestreßten Briefzusteller zusätzlich Bücher- und Warensendungen übernehmen sollen. Die Gewerkschaftsvertreter bekräftigen, sie würden die von Ausgliederung bedrohten 14000 Arbeitsplätze nicht kampflos preisgeben. Sollten die Pläne durchgedrückt werden, die gute Qualität bei der Paketzustellung durch Subunternehmereinsatz zu verschlechtern, so werde es zu verschärfter Konfrontation kommen. »Erst werden die Briefkästen abgehängt, dann Standorte geschlossen, und nun sollen auch die Beschäftigten abgehängt werden«, klagt ein Redner.

      Schon jetzt vergibt die Post Bereiche wie die Briefkastenleerung an betriebsfremde Subunternehmer, darunter nicht wenige Taxifahrer. Andere Bereiche wie etwa die Zustellung von Infopost könnten folgen. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis im Rahmen der Hartz-Gesetze landauf, landab Personal-Service-Agenturen wie Pilze aus dem Boden schießen und sich mit Dumpinglöhnen ausgelagerte Post-Zustelldienste an Land ziehen – mit ausgesonderten ehemaligen Postlern.

      Applaus kam auf, als Wolfgang Euler, Mitglied im Gesamtbetriebsrat der Deutschen Post AG, den zunehmend rüden Umgangston vieler Vorgesetzter gegenüber den Beschäftigten und eine Verschlechterung des Betriebsklimas anprangert. So sei der Wunsch eines Beschäftigten nach Freistellung zur Teilnahme an einer Beerdigung mit der Begründung abgelehnt worden: »Die findet auch ohne dich statt.«

      Am kommenden Freitag sollen nach Gewerkschaftsangaben die Weichen gestellt werden. Dann nämlich findet ein Spitzengespräch zwischen Rolf Büttner, Bundesfachbereichsleiter von ver.di (Fachbereich Postdienste) und Postchef Klaus Zumwinkel statt. Sollte dabei keine »akzeptable Lösung« im Sinne der Postbeschäftigten gefunden werden, droht die Gewerkschaft mit einer Eskalation des Konflikts.

      http://www.jungewelt.de/2003/07-02/011.php
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      schrieb am 02.07.03 17:15:00
      Beitrag Nr. 3.349 ()
      US-Firmen drängen auf Aufträge

      Washington sucht händeringend nach Finanzquellen zum »Wiederaufbau« Iraks


      In Washington haben sich alle Hoffnungen auf ein schnelles Ende der Kämpfe im Irak und einen mit irakischem Öl finanzierten rapiden Wiederaufbau des Landes verflüchtigt. Internationalen Hilfsorganisationen zufolge haben sich die bereits vor dem Krieg prekären Lebensbedingungen der Iraker seit dem US-Angriff noch weiter verschlechtert. Waren es unter Saddam Hussein und dem UN-Embargo 60 Prozent der Bevölkerung, die zum Überleben von den Lebensmittelrationen des »Food for Oil«-Programms abhängig waren, so sind es laut Angaben des leitenden UNICEF-Repräsentanten im Irak, Carel de Roy, inzwischen so gut wie 100 Prozent, die ständige Lebensmittelhilfe benötigen.

      Derzeit hat die Bush-Regierung etwa 2,5 Milliarden US-Dollar auf beschlagnahmten irakischen Konten in den USA zusammengekratzt. Mit diesem Geld finanzieren sie derzeit die laufenden Kosten der Irak-Operation, z.B. die Monatslöhne der wieder eingestellten irakischen Polizisten und Kommunalbediensteten. Wenig Erfolg hatte Washington bisher mit der Aufforderung an andere Staaten, die Gelder auf den dortigen irakischen Konten den USA auszuhändigen. Ohnehin würden die Mittel nicht lange zur Finanzierung der laufenden Ausgaben im Irak reichen. Auch von Ölexporten ist zumindest dieses Jahr keine Erleichterung der angespannten Finanzlage zu erwarten. Auf Grund der Zerstörungen durch Krieg und Plünderungen wird eine deutliche Produktions- und Exportsteigerung nach einhelliger Meinung von Ölexperten auf absehbarer Zeit nicht möglich sein. Und private Investoren halten sich auf Grund der anhaltenden prekären Sicherheitslage zurück. Daher dürfte es Paul Bremer, dem US-Statthalter in Bagdad, vorerst schwerfallen mit dem angekündigten Ausverkauf von über 40 irakischen staatlichen Unternehmen an internationale Investoren.

      Der Außenpolitische Ausschuß des US-Senats hat die Wiederaufbaukosten im Irak auf 30 bis 100 Milliarden US-Dollar geschätzt. Ein Riesengeschäft, auf dessen Realisierung amerikanische Großkonzerne immer ungeduldiger drängen. Auf Initiative der im Irak bereits aktiven und mit der Bush-Regierung eng verbandelten US-Konzerne Haliburton und Bechtel wird nach Informationen des Wall Street Journal derzeit in Washington der fragwürdige Plan diskutiert, daß die US-Regierung bei amerikanischen Banken eine Hypothek auf die zukünftigen irakischen Ölexporte aufnimmt. Mit diesen Krediten soll der Wiederaufbau finanziert werden. Der Sprecher der staatlichen U.S. Export-Import Bank, Bo Ollison, hat inzwischen diesen Plan bestätigt.

      http://www.jungewelt.de/2003/07-02/008.php
      Avatar
      schrieb am 02.07.03 17:19:08
      Beitrag Nr. 3.350 ()
      Sechs Jahre Lohnklau

      Berlin: Senat und Gewerkschaften einigten sich auf Nullrunde bis 2009


      Nur wenige Tage nach der totalen Niederlage der IG Metall im Kampf um die 35-Stunden-Woche in Ostdeutschland setzte es jetzt die nächste herbe Schlappe für die Gewerkschaftsbewegung. Nach gut sechsmonatigen Tarifverhandlungen zwischen dem Berliner SPD-PDS-Senat und den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes wurde in der Nacht zum Dienstag eine Einigung erzielt. »Ich freue mich über das Ergebnis«, frohlockte Klaus Wowereit (SPD) bei der Präsentation des Tarifabschlusses für Arbeiter und Angestellte vor Medienvertretern in Berlin. Die Vereinbarung bedeute ein »gegenseitiges Aufeinanderzugehen beider Verhandlungsparteien« und markiere einen »Meilenstein in der Frage der Haushaltskonsolidierung«.

      Und tatsächlich durfte dem Regierenden Bürgermeister von Berlin gestern mit gutem Grund nach Feiern zumute gewesen sein. Faktisch läuft der ausgehandelte »Kompromiß« auf eine mehrjährige Nullrunde für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes hinaus. »Die Einigung beruht auf dem Grundprinzip des Tausches von Entgelt gegen Freizeit«, erläuterte der tags zuvor zum Verhandlungsführer erkorene Chef der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Frank Bsirske, den Kuhhandel. Laut Vertragswerk wird die Wochenarbeitszeit der rund 100000 Arbeiter und Angestellten je nach Vergütungsgruppe um acht bis maximal zwölf Prozent zurückgefahren. Ab 1. August wird die Arbeitszeit auf einheitlich 37 Stunden ohne Entgeltausgleich reduziert. Die gestaffelten Arbeitszeitverkürzungen für Arbeiter und Angestellte plant der Senat auch auf die Beamten zu übertragen, denen Wowereit zudem zusätzlich das Urlaubsgeld komplett streichen will.

      Wirkt die Einigung selbst schon wie eine Karikatur der einstigen Forderungen der Gewerkschaften, so ist die Art und Weise, wie Spitzenfunktionär Bsirske den Deal der Öffentlichkeit als Erfolg zu verkaufen versuchte, nur noch peinlich und absurd. Der Abschluß sei zwar »ohne Frage ungewöhnlich«, dennoch »konnten damit die Interessen beider Seiten ausbalanciert« und mit vereinten Kräften eine »riesige Kuh vom Eis gebracht werden«, befand der ver.di-Chef am Dienstag.

      Immerhin war die Tarifgemeinschaft aus ver.di, Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und Polizeigewerkschaft (GdP) einst mit dem Ziel angetreten, den in Potsdam am 9. Januar erzielten Bundesabschluß im öffentlichen Dienst auch in Berlin durchzusetzen. Verhandlungen auf Landesebene wurden erst durch die plötzliche Tarifflucht Berlins aus den kommunalen Arbeitgeberverbänden notwendig, mit der sich der Senat um die vereinbarten Tarifsteigerungen herummogelte. Gegenüber junge Welt wetterte der Berliner GEW-Vorsitzende Ulrich Thöne noch im Januar über den Senat als »Speerspitze der reaktionären Kräfte«, und ver.di-Landeschefin Susanne Stumpenhusen gab die »klare Forderung« aus, den Bundesabschluß auf Berlin zu übertragen.

      Doch das ist nun Schnee von gestern. Die erzielte Einigung in Berlin bedeute die »vollständige Übernahme von Potsdam mit Punkt und Komma« beschönigte ver.di-Chef Bsirske das Einknicken der Gewerkschaften. Die Klage gegen Berlins Tarifflucht sei damit »gegenstandslos«. Fakt ist dagegen: Nimmt man die in der Hauptstadt nicht wirksam werdenden Lohnerhöhungen von 4,4 Prozent in mehreren Schritten bis 2005 zur Grundlage, bekommen die Berliner Lohneinbußen aufgedrückt, ohne auch nur einen Inflationsausgleich dafür zu erhalten. Und dies nicht etwa bis 2005, sondern bis zum 31. Dezember 2009, wie vereinbart wurde. Die sechsjährige Abkopplung Berlins vom Flächentarifvertrag und die damit nahezu erreichte »Sparsumme« von 500 Millionen Euro bis Ende 2005 ließ sich der Senat denn auch ein paar Brosamen für die Gegenseite kosten. So wird bis 2010 von betriebsbedingten Kündigungen abgesehen. 388 neue Kita- und 255,5 Lehrerstellen werden eingerichtet sowie 500 Ausbildungsplätze sichergestellt.

      Der Jubel aus dem Berliner Abgeordnetenhaus kam am Dienstag erwartungsgemäß am lautesten von der PDS. Landes- und Fraktionschef Stefan Liebich schwadronierte in einer Pressemitteilung vom »Durchbruch im Interesse aller Berlinerinnen und Berliner« und einem »Erfolg rot-roter Politik«. Und auch der neue PDS-Chef Lothar Bisky bestach durch eine eigenwillige Bewertung des Tarifabschlusses: »Der rot-rote Senat hat gezeigt, daß eine Gleichstellung der Beschäftigten aus Ost und West auch in Zeiten schwieriger finanzieller Bedingungen möglich ist und damit ein Zeichen für alle weiteren Tarifverhandlungen gesetzt.«
      http://www.jungewelt.de/2003/07-02/001.php
      Avatar
      schrieb am 02.07.03 17:27:32
      Beitrag Nr. 3.351 ()
      Arbeitslosenhilfe contra Altersvorsorge - warum Arbeitslose in der Falle sitzen
      Autor: Frank Farenski



      Die [Plusminus-Beispielfamilie Mahlke aus Brandenburg
      Beide Eheleute sind arbeitslos und die finanzielle Situation wird immer schwieriger. Allein die fixen Kosten sind eine schwere Belastung: Versicherungen, Energie, Telefon, Lebensmittel und die Rate für das eigene Häuschen summieren sich auf über 1.300 Euro pro Monat. Dabei spart die Familie schon, wo es nur geht. Doch das Geld reicht trotzdem kaum.
      Innerhalb einiger Monate schmolzen Familie Mahlke die Einnahmen unter den Fingern weg. Noch im vergangenen Jahr verdiente Manfred Mahlke als Kraftfahrer netto 2.000 Euro. Ehefrau Karin bekam 651 Euro Arbeitslosenhilfe. Zusammen mit dem Kindergeld für ihre Tochter Jessica ergab das 2.805 Euro. Ende 2002 wurde Manfred Mahlke arbeitslos und bekommt seitdem nur noch 816,30 Euro Arbeitslosengeld. Und im März 2003 stellte das Arbeitsamt auch noch die Zahlung der Arbeitslosenhilfe von Karin Mahlke ein. Nur ein Wohngeld von 205 Euro kommt hinzu. Das Familieneinkommen sank so auf. 1.175,30.

      Bilanz der Haushaltskasse: Ein Defizit von 129,48 Euro. Ab September fällt für die Tochter das Kindergeld weg, dann erhöht sich das Defizit auf 283,48 Euro.

      Altersvorsorge ade
      Dabei haben die Mahlkes nach der Wende alles ganz genauso gemacht, wie die Politiker es wollten. Sie schufen Wohneigentum als Altersvorsorge. Das geerbte Häuschen der verstorbenen Großmutter wurde mit wenig Kapital und viel Eigenleistung gründlich saniert und modernisiert. 75.000 Euro Kredit benötigten die Mahlkes. Neben der Immobilie dienen zwei Lebensversicherungen als Sicherheit, die 2006 fällig werden und deren Auszahlungsbetrag dann zur Tilgung des Immobilienkredites dienen soll.

      Doch das Arbeitsamt verlangt die Kündigung der beiden Lebensversicherungen. Den Rückkaufswert sollen die Mahlkes für die Lebenshaltungskosten verbrauchen. Erst wenn davon nichts mehr da ist will das Amt die Arbeitslosenhilfe für Karin Mahlke wieder zahlen.

      Familie Mahlke sitzt in der Falle. Ohne die Arbeitslosenhilfe kommt man finanziell nicht über die Runden. Kündigt man die Lebensversicherungen droht der Immobilienkredit zu platzen.

      Neue Regelungen treffen hart
      Das Dilemma von Familie Mahlke ist politisch gewollt. Bevor der Staat Arbeitslosenhilfe zahlt, soll vorher fast das gesamte Vermögen der Betroffenen bis auf einen geringen Restbetrag aufgebraucht werden. So entschied der Deutsche Bundestag Ende 2002. Ziel der so genannten Verschärfung der Anrechnung von Vermögen war es, die Anreize zur Arbeitssuche zu stärken und den Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit zu entlasten.
      Unter 55jährige dürfen nun noch maximal 13.000 Euro für die Altersvorsorge, als Erspartes oder als Immobilienbesitz behalten. Bis zum 1.1.2003 waren 33.800 Euro gestattet. Noch vor einigen Jahren gab es überhaupt keine Beschränkungen. Denn bisher galt in der Sozialgesetzgebung das Prinzip, dass eine Arbeitslosigkeit nicht die private Altersversorgung aufzehren sollte.


      Hoffnung durch Urteil des Sozialgerichtes Berlin
      Die 58. Kammer des Sozialgerichtes Berlin lehnte im Februar 2003 die Verwertung einer Lebensversicherung zu Gunsten von Arbeitslosenhilfe als unzumutbar ab. Die Vermögensanrechnung dürfe nicht zum wirtschaftlichen Ausverkauf des Betroffenen und zum Verlust erarbeiteter Lebensgrundlagen führen, begründeten die Richter ihren Spruch (Aktenzeichen: S 58 AL 2208/02)

      Trotzdem: Die Arbeitsämter wenden die Sichtweise der Bundesregierung an, und das bedeutet eben für die Betroffenen, Rücklagen auflösen zu müssen, wenn sie Arbeitslosenhilfe erhalten wollen. In Deutschland gibt es derzeit rund 1,9 Millionen Bezieher von Arbeitslosenhilfe.

      Mitteldeutscher Rundfunk
      [plusminus
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      Dieser Text gibt den Fernseh-Beitrag vom 01.07.2003 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.
      http://www3.mdr.de/plusminus/thema_vorsorge.html
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      schrieb am 02.07.03 17:29:07
      Beitrag Nr. 3.352 ()
      Vorgezogene
      Steuerreform:
      Was bleibt netto mehr in der Tasche?

      Autoren: Denise Vopel, Anne Bärthel


      Mit dem Vorziehen der 3. Stufe der Steuerreform schon zu Beginn des Jahres 2004 kündigte Bundeskanzler Gerhard Schröder für alle Steuerzahler eine deutliche Entlastung an. Doch ab dem kommenden Jahr sind nicht nur Entlastungen geplant, sondern auch neue Belastungen: Bereits beschlossen ist die Erhöhung der Tabaksteuer. Sie soll in drei Stufen insgesamt um einen Euro pro Schachtel erhöht werden, um 40 Cent Anfang nächsten Jahres, noch einmal weitere 30 Cent zum 1.10.2004 und nochmals um 30 Cent zum 1.7.2005.


      Gesundheitswesen wird teurer
      Sparmaßnahmen stehen auch im Zuge der Gesundheitsreform auf dem Plan. So soll der Versicherungsbeitrag zum Krankengeld komplett aus eigener Tasche bezahlt werden, ebenso eine neue Praxisgebühr von 15 Euro bei Facharztbesuchen ohne Überweisung. (Ausgenommen sind Besuche bei Kinderärzten, Frauenärzten, Augenärzten, Psychotherapeuten und in Notfällen.) Hinzu kommen veränderte Zuzahlungen für Arzneien und eine höhere Zuzahlung bei Klinikaufenthalten. Das Sterbegeld in Höhe von 525 Euro soll komplett abgeschafft werden.

      Eigenheimzulage fällt weg
      Zu den Folgen der Gesundheitsreform kommen die von Bundesfinanzminister Hans Eichel im Zuge der Haushaltskonsolidierung angekündigten Einsparungen. Demzufolge soll die Eigenheimzulage komplett gestrichen werden und bei der Entfernungspauschale bis zu den ersten 20 Kilometern keine steuerliche Entlastung mehr gewährt werden. Weitere geplante Einsparungen betreffen die Rentner. So soll im kommenden Jahr die Rentenanpassung ausgesetzt werden und der Krankenversicherungsbeitrag von 50 Prozent auf 53 Prozent steigen.


      Zwei Rechenbeispiele
      Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln hat für [plusminus anhand zweier Fälle errechnet, was nach Abzug aller beschlossenen und beabsichtigten Einsparungen von der vorgezogenen Steuerreform am Ende für den Bürger übrigbleibt.

      Fall 1:
      Die statistische Durchschnittsfamilie in Deutschland mit zwei Kindern und einem Jahreseinkommen von 28 000 Euro würde durch die vorgezogene Steuerreform um 520 Euro entlastet. Belastungen entstehen der Familie zunächst durch höhere Kosten für das Krankengeld - 98 Euro im Jahr. Bei einem Klinikaufenthalt eines Familienmitglieds müsste sie 30 Euro mehr einplanen und bei vier Facharztbesuchen pro Jahr eine Praxispauschale 60 Euro. Durch die teilweise Streichung der Entfernungspauschale, würde sie, wenn ein Familienmitglied 20 km pro Tag zur Arbeit hin- und zurückfährt, 128 Euro pro Jahr einbüßen. Nach Abzug dieser Belastungen hätte die Familie durch die Steuerreform aber immer noch ein Plus von 204 Euro.

      Kommen jedoch Sonderbelastungen wie ein Hausbau hinzu, erhalten sie durch die Streichung der Eigenheimzulage 4090 Euro weniger. Raucht ein Familienmitglied eine Schachtel Zigaretten pro Tag, entstehen durch die Erhöhung der Tabaksteuer im Jahr Mehrkosten von 173,60 Euro.

      Insgesamt hieße das: 4060 Euro weniger.

      Fall 2 :
      Die gleiche Familie mit zwei Kindern aber einem höheren Jahreseinkommen von 50.000 Euro wird durch die Steuerreform um 903 Euro im Jahr entlastet. Zieht man davon die Mehrkosten für Krankengeld (146 Euro/ Jahr), einen Klinikaufenthalt (30 Euro), die Gebühr für Facharztbesuche (60 Euro) und die teilweise Streichung der Entfernungspauschale (128 Euro/ Jahr) ab, hat die Familie immer noch ein Plus von 489 Euro.

      Erst bei Sonderbelastungen wird das durch die Steuerreform gewonnene Plus aufgezehrt. Im Fall eines Hausbaus schlägt der Wegfall der Eigenheimzulage mit einem Minus von 4090 Euro zu Buche und der Zigarettenkonsum von einer Schachtel pro Tag mit 173,60 Euro. Insgesamt hätte die Familie 2004 unter Berücksichtigung aller Belastungen 3775 Euro weniger zur Verfügung.

      Mitteldeutscher Rundfunk
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      Dieser Text gibt den Fernseh-Beitrag vom 01.07.2003 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.
      http://www3.mdr.de/plusminus/thema_steuern.html
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      schrieb am 02.07.03 17:31:25
      Beitrag Nr. 3.353 ()
      EC- und Kreditkarten-
      missbrauch:
      Verbraucherschützer
      fordern neue
      Haftungsregelungen

      Autor: Andreas Wolter


      Im Jahr 2002 gab es über 60.000 Betrugsfälle mit Kredit-
      karten und ec-Karten und PIN-Nummer. Dabei entstand ein Schaden von rund 40 Millionen Euro. Meist wurden die Betroffenen um 50 bis 5000 Euro "erleichtert". Viel Geld für die Bestohlenen, aber auch die Banken, die nicht gern das Risiko übernehmen. Im Gegenteil: Manchmal wälzen die Kreditinstitute die Haftung sogar auf die Kunden ab, was dramatische Folgen für die Betroffenen haben kann.

      Die Ausreden der Banken
      Frau Przybylski wurde auf einem Flughafen das Portmonee gestohlen, mit ec-Karte. Sofort ließ sie die Karte sperren. Ihre PIN-Nummer zur ec-Karte hatte sie selbstverständlich nicht im Portmonee. Um so größer der Schreck, als Erika Przybylski ihren Kontoauszug sieht. Gleich mehrmals haben Diebe Geldbeträge von ihrem Konto abgebucht:
      Erika Przybylski:
      "Das ging quasi im Sekundentakt, dass Geld abgehoben wurde. Elf Mal."
      Frau Przybylski hoffte nun, dass die Citibank ir den Schaden ersetzen würde. 1365 Euro sind viel Geld für die Rentnerin: "Das ist ein hoher Verlust für mich. Mein Kundenberater war erst sehr nett und sagte, die Bank sei ja versichert. Aber dann kam eine Vorgesetzte und meinte, ich sei selber schuld. Ich müsste die PIN-Nummer dabei gehabt haben. Ich habe fast geheult. Ich hatte natürlich nicht die PIN-Nummer dabei."
      Die Citibank weigert sich, den Schaden zu ersetzen.

      Verbraucherschützer: PIN-System ist anfällig
      Verbraucherschützer sind über diesen und ähnliche Fälle nicht überrascht, denn schon seit Jahren sei am PIN-System der Geldinstitute nichts mehr verbessert worden.
      Hartmut Strube, Verbraucherzentrale Nordrhein Westfalen:
      "Seit Jahren wurde nichts investiert in eine Verbesserung des PIN-Systems."
      Seiner Meinung nach gibt es viele Fälle, in denen Diebe mit Tricks die PIN-Nummer ausfindig machen oder die Nummer ausspähen und anschließend die Karte stehlen. Das sei ein Sicherheitsproblem und die Banken verantwortlich. "Wir fordern eine Veränderung der Beweislast. Die Bank muss den Schaden ersetzen, wenn der Kunde den sorgsamen Umgang mit der PIN versichert. Sollte sie Zweifel haben, dann muss die Bank Strafanzeige gegen den Kunden stellen. Sie kann aber nicht auf bloßen Vermutungen den Schadenersatz verweigern."

      Das Problem Beweislast
      Bisher haften Kunden, wenn sie grob fahrlässig handeln. Das ist immer dann der Fall, wenn die PIN-Nummer leicht zugänglich ist. Viele Banken unterstellen den Betroffenen jedoch einfach diese grobe Fahrlässigkeit, wenn Geld mit gestohlenen Karten abgehoben wurde. Kunden können kaum das Gegenteil beweisen.

      Die Tricks der Betrüger
      Verbrecher haben eine Reihe von Methoden entwickelt, um an die PIN-Nummer zu kommen. Das reicht von Minikameras am Geldautomaten über die Abnahme von Fingerabdrücken am Automaten und das Ausspähen der Geheimnummer beim Bezahlen an der Supermarkt-Kasse bis hin zum Kopieren der Karten. Deshalb gehen Gutachter und auch manche Gerichte davon aus, dass der Bankkunde nicht zwangsläufig grob fahrlässig gehandelt haben muss, wenn mit seiner Karte Geld abgehoben wird.

      Verbraucherzentrale will Musterverfahren
      Die Verbraucherzentral Nordrhein-Westfalen macht gegenüber fünf Geldinstituten abgetretene Ansprüche von 75 Verbrauchern geltend. Insgesamt geht es um 80.000 Euro, die die Verbraucherzentrale für die Kunden zurückholen will. Auf der gegnerischen Seite: Deutsche Bank, Citibank, Postbank, Stadtsparkasse Düsseldorf, Eurocard. Wird die Erstattung abgelehnt, dann will die Verbraucherzentrale Klagen einreichen. Ihr Ziel: Musterverfahren mit grundsätzlicher Klärung der Haftungsverteilung durch den Bundesgerichtshof.


      Tipps:
      - Teilen Sie niemandem ihre Geheimzahl (PIN) mit und schreiben Sie sie auch nirgendwo auf - nicht auf einen Zettel, nicht in Ihrem Terminplaner, nicht im Portmonee und schon gar nicht auf die Karte.
      - Geben Sie Ihre PIN an den ec-Kassenterminals so ein, dass niemand die Eingabe der Geheimnummer beobachten kann.
      - Geht die Karte verloren oder wird gestohlen, sollte Sie diese sofort sperren lassen. Informieren Sie die Hausbank oder rufen Sie die Sperrnummer 01805/021021 an, die rund um die Uhr zu erreichen ist.
      - Informieren Sie die Polizei bei Verdacht auf Diebstahl.


      Adressen:
      Verbraucher-Zentrale Nordrhein-Westfalen e.V.
      Mintropstr. 27
      40215 Düsseldorf

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      Dieser Text gibt den Fernseh-Beitrag vom 01.07.2003 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.
      http://www3.mdr.de/plusminus/thema_ec.html
      Avatar
      schrieb am 02.07.03 21:21:31
      Beitrag Nr. 3.354 ()
      Arbeitsämtern fehlen 5,2 Milliarden
      Defizit der Nürnberger Bundesanstalt wächst enorm - Problem für Eichel

      von Stefan von Borstel

      Berlin - Die Bundesanstalt für Arbeit (BA) rutscht immer tiefer ins Defizit. Nach Angaben des haushaltspolitischen Sprechers der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dietrich Austermann, betrug der Fehlbetrag der Nürnberger Behörde Ende Juni 5,2 Mrd. Euro. Damit erreicht die Finanzierungslücke des ersten Halbjahres 2003 fast das Gesamtdefizit des vergangenen Jahres. Für 2002 musste Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) einen Zuschuss von 5,6 Mrd. Euro nach Nürnberg überweisen.


      Ursprünglich sollte die Nürnberger Behörde unter ihrem Vorstandschef Florian Gerster in diesem Jahr ohne Geld aus Berlin auskommen. Die Regierung hoffte dabei auf erste Wirkungen der Hartz-Reformen am Arbeitsmarkt. Mittlerweile hat Gerster aber einen Zuschussbedarf von sechs bis sieben Mrd. Euro eingeräumt, sofern die Wachstumsprognose der Bundesregierung von ,75 Prozent eintreffe. Dies wird aber immer fraglicher. Die Mehrzahl der Forschungsinstitute erwartet für dieses Jahr nur ein Nullwachstum. Zuletzt revidierte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) seine Prognose von ,6 Prozent Wirtschaftswachstum auf minus ,1 Prozent nach unten. Immer fraglicher wird damit auch, ob die Nürnberger Behörde bei den anhaltend hohen Arbeitslosenzahlen im kommenden Jahr mit einem Zuschuss von nur noch 5,2 Mrd. Euro auskommen kann, wie von Eichel in seinem gestern präsentierten Haushaltsentwurf 2004 eingeplant.


      Austermann warnte, das Defizit könnte zweistellig werden. Im Jahresschnitt rechnet die Bundesregierung für 2003 mit 4,46 Millionen Arbeitslosen. Nach Einschätzung der Wirtschaftsforschungsinstitute dürfte die Zahl der Arbeitslosen im kommenden Jahr noch weiter steigen. Das DIW erwartet 4,75 Millionen und damit rund 300 000 mehr als in diesem Jahr. Eichel erwartet hingegen einen Rückgang der Arbeitslosigkeit und kalkuliert im Jahresschnitt 2004 mit 4,44 Millionen Arbeitslosen. 100 000 Arbeitslose mehr kosten der BA nach eigenen Angaben rund 1,7 Mrd. Euro.


      Nach wochenlangen Differenzen beschloss das Bundeskabinett am Mittwoch ein Sofortprogramm zur Beschäftigung von 100 000 Langzeitarbeitslosen über 25 Jahren. Entgegen der ursprünglichen Planung startet das Programm aber erst am 1. September und wird zudem von 18 Monaten Laufzeit auf zwei Jahre gestreckt. Eichel räumte ein, dass es noch immer keine abschließende Einigung zur Finanzierung der in diesem Jahr anfallenden Kosten gebe. Diese liegen für 2003 bei 65 Mio. Euro und sollen weiter per Umlage von allen Ressorts finanziert werden. Das Programm soll rund 865 Mio. Euro kosten. Kommunale Beschäftigungsgesellschaften sollen die Arbeitslosen wieder für den Arbeitsmarkt fit machen.


      Artikel erschienen am 3. Jul 2003
      welt.de
      Avatar
      schrieb am 02.07.03 21:41:29
      Beitrag Nr. 3.355 ()
      Haushalt 2004
      Die wesentlichen Einsparungen

      Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) kann 2004 nur einen verfassungskonformen Haushalt vorlegen, wenn er massive Einsparungen vornimmt. Die wesentlichen Einsparungen im Überblick:

      Öffentlicher Dienst (Bundesbeamte)

      - Kürzungen Weihnachtsgeld für Pensionäre auf 50 Prozent (jetzt 86 Prozent)
      - Kürzungen Weihnachtsgeld bei aktiven Beamten auf 60 Prozent (jetzt 85 Prozent)
      - Streichung des Urlaubsgeldes
      - Ähnliches soll für Angestellte des öffentlichen Dienstes kommen. Länder und Kommunen haben ebenfalls entsprechende Pläne.

      Erziehungsgeld

      - Absenkung der Einkommensgrenzen während der ersten sechs Monate, untere Einkommen werden nicht betroffen

      Eigenheimzulage


      - Wegfall der Eigenheimzulage, stattdessen Förderung durch ein familiengerechtes Städtebauförderungsprogramm

      Entfernungspauschale

      - Begrenzung der Entfernungspauschale: Es werden nur noch Aufwendungen für Entfernungen ab 20 Kilometer steuerlich anerkannt

      Weiterer Subventionsabbau

      - Verstärkte Rückführung Kohlesubventionen, 250 Mio. Euro zusätzlich
      - Wegfall Wohnungsbauprämie für Neufälle
      - Einstellung regionale Wirtschaftsförderung West
      - Einschränkung der Beihilfen für Agrardiesel (ab 10 000 Litern)
      - Höhere Beiträge für Landwirte zu ihrer Krankenversicherung

      Brücke zur Steuerehrlichkeit

      - Eichel erwartet 20 Milliarden Euro Kapitalrückflüsse durch Steueramnestie, Staatseinnahmen fünf Milliarden Euro (Bund zwei Milliarden)

      Rente

      - Der Beitragssatz wird auf 19,5 Prozent stabilisiert
      - Der Bundeszuschuss wird um zwei Milliarden reduziert
      - Die Rentenanpassung wird 2004 um ein halbes Jahr verschoben
      http://www.n-tv.de/3168503.html
      Avatar
      schrieb am 02.07.03 21:51:19
      Beitrag Nr. 3.356 ()
      Kurse fallen


      Bund verkauft neue Anleihe nur mit Mühe



      Die Deutsche Finanzagentur hat am Mittwoch wegen der geringen Nachfrage nur mit Mühe ihre neue zehnjährige Anleihe verkaufen können. Der Markt quittierte die enttäuschende Auktion mit Kursverlusten bereits gehandelter Papiere.

      Mehr zum Thema: Anleihen

      GM-Großanleihe stößt bei Analysten auf Skepsis (07:51)


      Die Luft an den Bondmärkten wird dünn (07:43)



      rtr FRANKFURT. Bei einem angestrebten Emissionsvolumen von acht Mrd. € teilte die deutsche Finanzagentur nur knapp sechs Mrd. € zu und behielt damit die ungewöhnlich große Summe von gut zwei Mrd. € für Marktpflege zurück. „Das ist sehr schlecht gelaufen, es gab nur sehr wenig Nachfrage. Das Emissionsvolumen war acht Mrd. € und die Nachfrage lag nur knapp darüber“, sagte ein Rentenhändler. Analysten zufolge lassen viele Investoren derzeit die Finger von längerfristigen deutschen Anleihen, weil die Regierung sich wegen der desolaten Wirtschafts- und Haushaltslage mehr Geld am Markt leihen muss als ursprünglich geplant. „Die Möglichkeit besteht, dass Deutschland seine Emissionspläne noch weiter nach oben schraubt. Dies ist keine gute Zeit, um Anleihen zu kaufen“, sagte Nathalie Fillet von BNP Paribas. Das Finanzministerium hatte am Dienstag die Nettokreditaufnahme für dieses Jahr auf 35 Mrd. € taxiert - ursprünglich geplant waren 18,9 Mrd. €.

      Die Emission mit einem Nominalzins von 3,75 % war lediglich 1,4-fach überzeichnet. In diesem Jahr war nur eine fünfjähriges Papiere im Mai auf noch geringeres Investoreninteresse gestoßen. Die deutsche Finanzagentur teilte die Neuemission ab 98,52 % zu, die Durchschnittsrendite betrug 3,93 %.

      Die Rentenmärkte reagierten mit Kursverlusten auf das Zuteilungsergebnis. Der richtungweisende Bund-Future weitete seine Verluste in Folge der Auktion zeitweise auf 80 von zuvor rund 50 Ticks aus, zuletzt notierte er mit einem Abschlag von 67 Basispunkten bei 116,03 Punkten. „Derzeit kommen viele neue Anleihen auf den Markt und das Umfeld ist nicht günstig“, sagte UBS-Analystin Monique Wong.

      Nach einer monatelangen Rallye hat der Bund-Future bei einem „Mini-Crash“ in der vergangenen Woche herbe Verluste eingefahren. „Der Bund-Future ist angeschlagen. Da kann man die zehnjährige Anleihe billiger im Markt kaufen als wenn man sie zeichnet“, sagte ein Händler. Eine grundlegende negative Tendenz sei daraus aber weder für den Rentenmarkt noch für die Auktionen des Bundes abzuleiten.

      Ein anderer Händler wies darauf hin, dass die Neuemission zwar die neue richtungweisende Anleihe am Rentenmarkt werde, aber nur für kurze Zeit. „Für Oktober ist bereits die Emission einer neuen zehnjährigen Anleihe mit Laufzeit bis Januar 2014 angekündigt“, sagte dieser. Möglicherweise werde die Nachfrage nach dieser Emission wieder größer sein.

      Die Händler hoben hervor, dass die Finanzagentur angemessen auf die geringe Nachfrage reagiert habe. „Der Bund hat, obwohl er das Papier nur schwer losgeworden ist, fair zugeteilt“, lobte ein Marktteilnehmer. Das neue Papier sei mit einem Renditeaufschlag (Spread) von rund fünf Basispunkten über der im Januar 2013 auslaufenden Bundesanleihe ausgestattet worden.


      HANDELSBLATT, Mittwoch, 02. Juli 2003, 13:57 Uhr
      Avatar
      schrieb am 02.07.03 21:53:09
      Beitrag Nr. 3.357 ()
      Der Markt wartet auf das neue Investmentgesetz


      Hedge-Funds sind keine Modeerscheinung



      Von Kathrin Quandt, Udo Rettberg, Handelsblatt


      Das Bundesfinanzministerium wird in den nächsten Tagen den Referentenentwurf des neuen Investmentgesetzes vorlegen. Das Gesetz sieht u.a. vor, dass sich Hedge-Funds in Deutschland ansiedeln können.


      FRANKFURT/M. Damit trägt die Regierung einem an den Finanzmärkten zu beobachtenden grundlegenden strukturellen Wandel Rechnung. „Hedge-Funds sind keine Modeerscheinung“, sagt Alexander M. Ineichen, geschäftsführender Direktor des Bereichs Aktien-Derivate bei der UBS Investment Bank in London.

      Nach dem Aktienmarkt-Debakel der vergangenen drei Jahre und der sich an den Bondmärkten aufbauenden spekulativen Blase sei bereits heute zu erkennen, dass alternative Investmentformen wie Hedge- Funds an Bedeutung gewinnen dürften. „Hedge-Funds werden die Finanzdienstleistungsbranche für immer verändern“, sagt Ineichen, der als einer der Vordenker der Branche gilt. Immer mehr aktive Vermögensverwalter dürften sich die Alter- nativ-Investment-Philosophie zu Eigen machen, da sie von ihren Kunden stärker am Thema „Absolute Return“ gemessen werden. Manager von Hedge-Funds streben nach absoluten Erträgen, orientieren sich im Gegensatz zu Investmentfonds-Managern also nicht an Messlatten wie Indizes. Das Potenzial von Hedge- Funds sei riesig, sagt Renato Staub von UBS Global Asset Management in Chicago. In den USA – dem Ursprungsland der Bewegung – hätten Pensionsfonds bislang nur 5 bis 6 % ihres Vermögens in Alternativ-Investments (AI) angelegt.

      Als Hauptgrund, um in Hedge-Funds zu investieren, wird stets eine niedrige Korrelation (wechselseitige Abhängigkeit) zu anderen Asset-Klassen genannt. Im Klartext: Auch in der Krise kann diese Anlageklasse Gewinne einfahren. Mittlerweile gibt es hier zu Lande zahlreiche Hedge-Fund-Zertifikate. Emittenten sind Commerzbank, Deutsche Bank, Dresdner Bank, Hypo-Vereinsbank, BNP, UBS, SG, Hauck & Aufhäuser, Gamag, Barclays Capital, Goldman Sachs, Merrill Lynch, JP Morgan und WestLB.

      Anleger sollten nicht vergessen, dass diese Instrumente hohe Risiken bergen. So betont Rechtsanwalt Achim Pütz, Vorsitzender des Bundesverbandes Alternativ-Investments (BAI), dass bei manchen Strategien auch Fremdkapital und Derivate zum Einsatz kommen, was wegen der dadurch entstehenden Hebelwirkung höhere Chancen und Risiken bringt. In einer Broschüre von Commerzbank Securities wird ferner ergänzt, ein AI-Investment sei spekulativ und sollte nur mit Risikokapital vorgenommen werden. Außerdem weisen die Experten auf ein Währungsrisiko hin: Die Investments der Funds könnten in US-Dollar vorgenommen werden, aber Zeichnungs- und Rückzahlungspreise könnten in Euro gezahlt werden. Da sei dann ein Risiko, dass Erträge auf Grund schwankender Wechselkurse geschmälert würden. Insbesondere die Stärkung des Euros gegenüber dem US-Dollar könnte einen negativen Effekt auf den Rückzahlungswert haben. Vermutlich werden sich die Fonds gegen Wechselkursschwankungen absichern, doch auch dies bedeutet Kosten und geht zu Lasten der Performance. Ohnehin können die anfallenden Kosten bei AI teilweise sehr hoch sein, sagt Rolf Elgeti, Londoner Aktienstratege der Commerzbank.


      HANDELSBLATT, Mittwoch, 02. Juli 2003, 08:00 Uhr
      Avatar
      schrieb am 02.07.03 22:19:21
      Beitrag Nr. 3.358 ()
      Sichtbare Rezession

      von Jochen Steffens

      Mir wurde etwas mulmig zu Mute, als ich heute morgen durch die Kölner Innenstand lief. Vor ein paar Wochen hatte ich Ihnen schon von den Industriegebieten rund um Köln erzählt, die langsam den Charakter von Geisterstädten bzw. Geister-Industriegebieten haben. Überall Gewerbeflächen zu vermieten, große Schilder, noch größere Schilder. Mich würde interessieren, wie sehr die Mieten dort bereits gefallen sind. Auch die vielen Büroflächen, die in Köln freistehen, waren mir bereits bei meiner Wohnungssuche aufgefallen.

      Doch heute war ich etwas bestürzt. Ich entdeckte viele leerstehende Ladenlokale mit dem Schild "zu vermieten". Läden, an denen ich jahrelang vorbeigegangen bin, die für mich zum Stadtbild dazu gehörten (Ich wohne nun seit mehr als 15 Jahren in Köln). Der Supermarkt um die Ecke, leer, das Sonnenstudio, leer, das Fahrradgeschäft an der Ecke, leer – das Lederwarengeschäft weg. Die Boutique nicht mehr da. Das Schild "zu vermieten" drängte sich förmlich auf.

      Ich weiß nicht, wie es in anderen Großstädten aussieht, aber ich vermute mal ähnlich. Vielleicht schreiben Sie mir mal etwas dazu. Das Bestürzende dabei ist, dass sich die Situation in den letzten Wochen wohl dramatisch zugespitzt haben muss. Denn ich bin eigentlich häufiger in der Stadt, oder habe ich die ganze Zeit dran vorbei gesehen?

      Sicher, es war ja angekündigt: wenn dieses Jahr die Einzelhandelsumsätze nicht dramatisch anziehen, wird vielen Einzelhändlern die Puste ausgehen (ich hatte davon berichtet). Genau das scheint nun einzutreten. Und obwohl man darüber geschrieben hat, ist es in der Realität doch wieder erschreckend. Die Folgen dieser Rezession sind deutlich zu erkennen. Im Moment sind es nur die kleinen Geschäfte in den Seitenstraßen und noch sind auch einige Geschäftslokale wieder schnell vermietet. Aber wenn es noch ein, zwei Jahre so weiter geht ... Viele dieser Geschäfte werden durch "Ramsch-Geschäfte" ersetzt. "Billig-Schuhe", Lagerverkäufe und "alles für einen Euro" Geschäfte. Auch eine Form der Deflation.

      Wenn Sie in Immobilien selbst, Immobilien-Fonds oder ähnlichem investiert sein sollten, dann gebe ich Ihnen den guten Rat genau zu überlegen, ob Sie ihr Geld nicht doch anders investieren wollen. Denn nicht zu vermietbare Ladenlokale und Büroräume werden die Preise für Immobilien bald drastisch sinken lassen. Schon jetzt scheint es schwierig zu sein, Immobilien an den Mann zu bringen, die Preise werden nicht mehr erzielt.

      Noch ist wenigstens der Wohnungsmarkt in Köln unverändert überlaufen, aber einige teure Wohnungen stehen auch schon leer. Wenn immer mehr Arbeitslose immer billigere Wohnungen brauchen, dann werden auch irgendwann diese Mieten drastisch fallen müssen.

      Denn auch die Situation auf dem deutschen Arbeitsmarkt wird immer kritischer. Im Juni soll die Arbeitslosigkeit nach Angaben der "Welt" auf 4,3 Mio. angestiegen sein. Das ist die höchste Juni Arbeitslosigkeit seit der Wiedervereinigung. Zum Vorjahr ist das ein Anstieg um 350.000 Erwerbslose.

      Trotzdem: die Börsen steigen. Sie steigen, weil gestern in Amerika ein starkes Kaufsignal generiert wurde. Das hatte wohl einige Kaufprogramme ausgelöst, so dass es zum Schluss hin zu weiter steigenden Kursen gekommen ist. Die Börsen steigen trotz (im Sinne von trotzig) der vielen schlechten Konjunkturdaten und sie steigen – nicht mehr lange. Heute werden die Auftragseingänge veröffentlicht, morgen die Arbeitsmarktdaten. Wenn sich beide Zahlen besser entwickeln, sehen wir vielleicht noch einmal einen Versuch die Hochs zu erreichen. Doch ich befürchte, wir haben die Höchstkurse in diesem Jahr gesehen.

      Zum Ende dieser Woche wird es an den Börsen etwas mau werden, denn der Independence Day naht. Deswegen kommt es am Donnerstag schon zu verkürzten US-Handelszeiten. Am Freitag ruht dann der Handel in Amerika ganz. Die europäischen Börsen werden wie gewohnt ohne Impulse aus Amerika umsatzschwach mit leicht fallender Tendenz vor sich hindümpeln.

      Eine Zahl noch kurz: China hat nun Japan als wichtigster deutscher Handelspartner in Asien abgelöst. So stieg der Export nach China um 20 % auf ein Volumen von 14,5 Mrd. Euro. Dagegen verringerte sich das Volumen der Exporte nach Japan um 7 % auf 12,2 Mrd. Euro.

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      Ist der Irakkrieg zu Ende?

      von Jochen Steffens

      Wie Sie sicher aus den Medien bereits wissen, kommt es zu immer häufigeren Angriffen auf US-Soldaten im Irak. Zudem häufen sich die Sabotageakte. Umfragen zufolge reagieren die Amerikaner auf die Berichte aus dem Irak mit zunehmender Skepsis. So stieg der Anteil derjenigen, die im Irak eine Verschlechterung der Lage erkennen, um das dreifache auf 42 %. Selbst Vergleiche mit Vietnam wurden schon gezogen. Seit dem Ende des Krieges sind über 60 US Soldaten getötet worden.

      Nun hat Präsident Bush in einer Rede auf den zunehmenden Unmut in Amerika reagiert. Im Prinzip erzählte er nichts Neues, er blieb bei seiner bekannten Haltung: Unnachgiebig, patriotisch und unter Einsatz aller militärischen Mitteln.

      So sollen diejenigen Kräfte, die Ordnung und Stabilität des Landes bedrohen wollen, genau wie das frühere Regime dem sicheren Untergang nicht entgehen, sagte Bush. Es werde keine Rückkehr zur Tyrannei im Irak geben.

      Damit sind die alten Vorstellungen von einem kurzen Engagement im Irak natürlich vergessen. So stellt nun auch Bush fest, dass die Umwandlung des Iraks ein "enormes und langfristiges" Unterfangen sein wird. Einen Aspekt hat er geflissentlich bei seiner Rede ausgelassen: Es könnte auch ein enorm kostenintensives Unterfangen werden. Ein Major der 1. US Panzerdivision drückte es so aus: Diese Leute wollen, dass wir scheitern, lieber sehen Sie ihr eigenes Land brennen, als uns Erfolg haben.

      Die USA scheinen sich im Irak bei einigen Aspekten deutlich verschätzt zu haben. Selbst die Öl-Förderanlagen sind in einem miserablen Zustand, so dass auch hier mit hohem Kosten- und Zeitaufwand zu rechnen ist.

      Sollten die Übergriffe und Anschläge weiter anhalten, könnte Bush den Rückhalt in der eigenen Bevölkerung verlieren. Bush wird natürlich alles versuchen, genau das zu verhindern. Man darf gespannt sein. Aber eins zeichnet sich ab: Der eigentliche, wirkliche, dreckige und lange Irak-Krieg könnte gerade erst begonnen haben.

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      Luxus nicht mehr gefragt?

      von Jochen Steffens

      Der weltweit drittgrößte Luxusartikel-Hersteller Gucci (ISIN US4015661048) musste im ersten Quartal 2003 einen massiven Gewinnrückgang hinnehmen. Der Konzern, der mehrheitlich dem französischen Einzelhändler Pinault-Printemps-Redoute gehört, erzielte nur noch einen mageren Nettogewinn von 1,2 Mio. Euro nach 35,5 Mio. Euro im Vorjahreszeitraum. Analysten hatten zwar bereits einen Rückgang erwartet, jedoch im Schnitt mit 27,6 Mio. Euro gerechnet.

      Gucci begründete diesen Gewinneinbruch mit dem schwache Dollar. Dieser hätte den Wert der Verkäufe in den USA geschmälert. Zudem muss natürlich wieder SARS herhalten. Durch SARS sei es zu einem Rückgang der Einnahmen in Asien gekommen. Allerdings erwartet Gucci im zweite Halbjahr wieder steigende Gewinne.

      Dazu noch eine Nachricht aus New York. Nun müssen sich selbst die Edel Restaurants in New York neue Tricks einfallen lassen um Kunden zu binden? Sie verschenken zum Abschied Süßigkeiten. So erhält man bei Bouley eine Tüte mit Zitronenkuchen, Petit Fours und Schokoladentrüffeln, das österreichische Restaurant Danube verteilt Streuselkuchen und bei der Gramercy Tavern wird eine Tüte mit Schokoladenkuchen zum Abschied gereicht.
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      Die größten Exportgüter der USA: Der Dollar und Arbeitsplätze

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      "Technologie-Jobs gehen nach Übersee", so eine Schlagzeile aus Atlanta.

      Die amerikanischen Politiker sind mit der Aufteilung der Arbeit in der Weltwirtschaft perfekt einverstanden: Der Rest der Welt produziert, und Amerika nimmt. Die anderen Länder produzieren Jobs, Gewinne und Produkte; die USA produzieren Dollar, mit denen sie dafür bezahlen. Die Ausländer exportieren Autos und großformatige Fernseher; die Amerikaner exportieren ihre Währung und Arbeitsplätze. Das ist es, was Amerika zum reichsten Land der Welt macht – so hat es vor kurzem ein halbverrückter amerikanischer Ökonom erklärt –, denn Reichtum wird daran gemessen, wie viel man konsumiert, und nicht daran, wie viel man verdient!

      Da haben Sie es, liebe(r) Leser(in): Den Weg zum Reichtum. Einfach die Konsumstraße entlangfahren ... dann in den Insolvenzweg abbiegen ... und dann schließlich noch mal links in die Straße des Ruins.

      Lebt über Eure Verhältnisse. Gebt mehr aus, als Ihr Euch leisten könnt. Konsumiert mehr als Ihr produziert. Diejenigen unter uns, die keine Druckerpresse für Dollar haben, werden es schwerer haben. Diese müssten ihre Ausgaben zurückführen und Schulden abbezahlen. Aber das System des Dollarstandards hat es den USA ermöglicht, das nicht zu müssen. Die Generation, die mit dem Dollarstandard aufgewachsen ist, kommt in den USA jetzt ins Rentenalter – diese Generation ist fett und davon überzeugt, dass sie es bis ins Grab auf Kosten der Ausländer schaffen werden.

      Diese Generation wird durch dubiose Ökonomen in dieser Ansicht noch bestärkt: Sie glauben, dass die Ausländer gar keine andere Wahl haben, als US-Aktien und Anleihen zu kaufen. Und dass der Fluss von ausländischen Ersparnissen in Dollar-Vermögensanlagen keine Schwäche des US-Systems zeigt, sondern eine Stärke. Die Ausländer bauen Fabriken, schaffen Arbeitsplätze, produzieren wertvolle Güter, machen Gewinne ... was sonst könnten sie tun, als das Geld ihren Kunden zu leihen? Nebenbei weiß doch auch jeder dass die US-Wirtschaft die beste der Welt ist. Ist das Leistungsbilanzdefizit der USA nicht ein Maßstab dafür, wie die Welt die US-Wirtschaft verehrt?

      Aber irgendetwas läuft schief. Die zentrale Säule des gesamten Systems – der Dollar – schwankt. Die Ausländer mögen zwar bereit sein, US-Anleihen zu kaufen ... aber niemand garantiert, dass sie das zu jedem Wechselkurs tun werden. Oder zu den niedrigsten Renditen seit fast 50 Jahren.

      Wenn die Ausländer herausfinden, was Fed-Gouverneur Bernanke und seine Leute mit dem Dollar vorhaben, dann könnte sich ihre Bewunderung in Verachtung verwandeln. Sie werden dann zwar vielleicht nicht ihre gesamten Dollar-Anleihen sofort verkaufen – aber sie werden fast sicher ein oder zwei Prozentpunkte mehr Rendite haben wollen, nur für alle Fälle. Und diese kleine Aufwärtsbewegung bei den Zinsen könnte katastrophale Folgen für den US-Immobilienmarkt haben ... und die gesamte amerikanische Wirtschaft. Plötzlich wird eine ganze Generation von großen Konsumenten Probleme haben ...

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      Kalifornien mit 38 Mrd. Dollar Defizit

      von unserem Korrespondenten Eric Fry in Manhattan

      Wie wäre es mit einem Applaus für die beste Bärenmarktrally seit Beginn des Bärenmarktes? Aber reservieren Sie auch ein bisschen Applaus für die Kleinanleger, deren vertrauensvolle Unterstützung dies erst ermöglicht hat. Wenn die Kleinanleger nicht Milliarden Dollar in Aktienfonds gepumpt hätten, dann wäre dies nicht möglich gewesen. Ohne ihr blindes Vertrauen in Alan Greenspan hätten wir dieses beeindruckende Theaterstück nicht gesehen.

      Im zweiten Quartal haben die Investoren rund 40 Mrd. Dollar in Aktienfonds fließen lassen, laut Trim Tabs. "Das ist noch weit entfernt von den 93 Mrd. Dollar Zufluss, die im ersten Quartal 2000, auf dem Höhepunkt der Spekulationsblase, zu verzeichnen waren", so CBS Marketwatch. Das stimmt schon, aber 40 Mrd. Dollar sind auch weit entfernt von Null, und das ist der Betrag, der eigentlich an einem Aktienmarkt mit einem durchschnittlichen KGV von 30 investiert werden sollte.

      Der US-Bundesstaat "Kalifornien steht vor einem finanziellen Desaster", so die Washington Post. "Der bevölkerungsreichste US-Bundesstaat ( ...) starrt seit Monaten ungläubig auf die schreckliche Prognose: Ein Defizit von 38 Mrd. Dollar, der größte Fehlbetrag der Geschichte dieses Bundesstaats und ein extremes Beispiel für die Budgetprobleme vieler US-Bundesstaaten ... das 38 Mrd. Dollar Defizit von Kalifornien ist größer als das gesamte Budget jedes anderen Bundesstaates mit Ausnahme von New York. Das Defizit in Kalifornien entspricht ungefähr einem Drittel der Ausgaben dieses Staates."

      Die Finanzprobleme des "Golden State" sind nur die sichtbarste Folge der geplatzten Spekulationsblase am Aktienmarkt. Denn als diese Blase platzte, platzte auch die Blase bei den davon abhängigen Technologieausgaben. Und die Blase bei den Steuereinnahmen auf Spekulationsgewinne.

      38 Mrd. Dollar ist eine große Zahl, selbst für den reichsten US-Bundesstaat. Das ist ungefähr der gleiche Betrag, den die gesamte Nation der Aktienmarktinvestoren in den letzten 3 Monaten in Aktienfonds investiert hat. Woher wird Kalifornien dieses Geld bekommen? Wird der "Golden State" das Geld "finden", indem er die Steuern erhöht, oder indem er Staatsbedienstete entlässt ... oder beides?

      Wie auch immer die Lösung sein wird – ich bezweifle, dass dieses Haushaltsdefizit von 38 Mrd. Dollar das Wirtschaftswachstum beflügeln wird. Und den Aktienmarktinvestoren könnte es irgendwann einmal doch wichtig werden, dass in den USA Milliarden Dollar in Budgetdefiziten und unterfinanzierten Pensionsfonds anfallen.

      Ist es nicht merkwürdig, dass der Dollar letzte Woche sogar zugelegt hat, obwohl sogar die Aktien- und Anleihenmärkte gefallen sind? Oft ist es so, dass der Dollar auch fällt, wenn Aktien und Anleihenkurse fallen. Aber letzte Woche stemmte sich der Greenback gegen diesen Trend. Woher kommt diese kuriose Dollarstärke? Oder ist es wirklich eine Stärke? Natürlich ist diese stark unter Druck stehende Währung schon deutlich gefallen, so dass sie sich eine kleine Erholung verdient hatte. Aber vielleicht ist diese Erholung jetzt wieder vorbei.

      "Das ist eine Verkaufsmöglichkeit für Dollarbestände", sagte mir ein Hedgefonds-Manager gestern. Ich konnte kein Gegenargument liefern. Auch ich denke, dass man den Dollar auf dem derzeitigen Niveau eher verkaufen als kaufen sollte. Vielleicht wird er noch ein bisschen steigen. Aber die Gründe für einen fallenden Dollar sind so klar und eindeutig wie zuvor.

      "Der Dollar ist schwer zu fälschen und nett anzusehen", beobachtet Jim Grant, "aber es kostet fast nichts, ihn zu produzieren – jedenfalls viel weniger als z.B. eine Flasche Champagner oder einen Toyota. Nicht überraschend ist es deshalb, dass die USA deutlich mehr konsumieren, als sie produzieren – etwa 500 Mrd. Dollar mehr ... der Dollar ist weltweit in guten Geschäften und Restaurants akzeptiert. In diesem Sinne erinnert er an die American Express Kreditkarte. Und er erinnert auch in einem anderen Sinne an diese Kreditkarte: Er ist ein monetäres Medium ohne eigentlichen Wert. Sein Umlauf basiert auf Vertrauen in ihn."

      Wird sich der Wert des Dollar auch für die nächste Generation noch halten, fragt sich Grant. "Wir sagen Nein", so beantwortet Grant seine eigene Frage. Ich würde auf die Frage von Grant so antworten: "Ich weiß nicht, ob der Dollar unter dem gewaltigen Druck, der auf ihm lastet, zusammenbrechen wird ... aber er sollte es." Wie immer führt mich das zum Gold, da ich das antike Metall als einen temporären sicheren Hafen sehe – nur für den Fall dass Ben Bernanke mit seinen Wünschen durchkommt und demnächst Helikopter frisch gedruckte Dollar vom Himmel abwerfen, um die Konjunktur anzukurbeln.

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      1. Juli 1916: Beginn der Schlacht an der Somme

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      *** Während die Kleinanleger noch Aktien kaufen, kehrt das intelligente Geld dem Aktienmarkt weiterhin den Rücken zu. Sind die Märkte nicht wunderbar, liebe(r) Leser(in)? So eine elegante Art, die Idioten von ihrem Geld zu trennen! So schön undemokratisch! Im Mai verkauften Unternehmensinsider Aktien für 3,36 Mrd. Dollar (Quelle: Houston Chronicle). In der ersten Junihälfte verkauften sie für weitere 1,3 Mrd. Dollar – oder ungefähr das 10fache von dem, was sie kauften.

      *** In der Zeitung habe ich einen Artikel über den Internet Tycoon Jay Walker gelesen, der vorgeschlagen hat, eine "Heimwehr" von Leuten zu schaffen, die ihre Zeit damit verbringen sollen, Brücken übers Internet und Online-Kameras zu beobachten, um sie vor terroristischen Anschlägen schützen zu können! Guter Vorschlag. Ja. Ich möchte mich dafür anmelden, die Ornamentbrücke im Parc Monceau in Paris zu beobachten. Und bitte achten Sie darauf, dass die Kamera auch die Oben-Ohne-Sonnenbadenden im Gras im Blickfeld hat – denn die sehen gefährlich aus.

      *** "Ich habe den Krieg gegen den Irak unterstützt", sagte ein Amerikaner in London (wo ich gerade bin) zu mir, nachdem er ein paar Wochen lang die britische Presse gelesen hatte. "Aber es sieht so aus, als ob alles nur Lügen waren. Keine Massenvernichtungswaffen. Keine Verbindung zum Terrorismus. Die Iraker waren für niemanden eine Gefahr – außer für sich selbst."

      Und in der Times vom Montag beschreibt General Wesley Clark, das Vorhaben, den Irak in eine Demokratie zu verwandeln, als einen "grandiosen Traum".

      *** Gestern war der Jahrestag der Schlacht an der Somme, die am 1. Juli 1916 begann. An diesem Tag bei Sonnenaufgang sprangen 750.000 alliierte Soldaten aus ihren Schützengräben und stürmten gegen die feindlichen Linien. Das war der katastrophalste Tag in der Geschichte der britischen Armee. In den nächsten Tagen starben 400.000 Soldaten!

      Für was? Für die gefallenen Helden wurden Denkmäler errichtet, aber was war der Punkt? Ach, wenn die Toten nur sprechen könnten! Der amerikanische Präsident Wilson trat in den Krieg ein, um "die Welt für die Demokratie sicher zu machen." Natürlich hätte er mit diesem Wunsch genauso gut auf der Seite der Deutschen in den Krieg eintreten können. Denn sowohl Deutschland als auch England hatten zu diesem Zeitpunkt konstitutionelle Monarchen – die beide übrigens Cousins waren. Keins dieser beiden Länder war ein besonders leuchtendes Beispiel für eine Demokratie. Und nebenbei – warum sollte überhaupt jemand damals eine Demokratie haben wollen? Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Deutschen zu einer Demokratie gedrängt – und sie wählten Adolf Hitler!

      Die amerikanischen Neo-Konservativen geben vor, von den antiken griechischen Denkern inspiriert zu sein; sie wollen die Wilsonsche Demokratie der gesamten Welt bringen. Aber in der Antike gab es diese Form der Demokratie nicht. Und dennoch machen diese Neo-Konservativen damit weiter, ihre Form der Demokratie der Welt bringen zu wollen. Wie Gangster, die ihren Schutz anbieten: Man kann ihn nehmen, oder sie brennen einem das Haus nieder.
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      Das Beispiel Argentinien

      von James Davidson

      Die weiterhin schwächelnde Weltwirtschaft, der fallende Dollar und eine an vielen Ecken drohende Deflation sind keine ermunternden Signale für den amerikanischen Aktienmarkt. Man kann es nicht leugnen – wir leben in einer der herausforderndsten Zeiten für Investoren seit mehreren Jahrzehnten. Anfang Juni wolle ich einen anderen Blickwinkel von der Wall Street bekommen ... und flog nach Buenos Aires. Ich war das erste Mal seit der Abwertungskrise und der "großen Depression" Argentiniens (Januar 2002) wieder in diesem Land. Ich wollte aus erster Hand wissen, wie die Leute dort mit dem größten wirtschaftlichen Kollaps seit der Weltwirtschaftskrise klarkommen. Alleine 2002 sind die Einkommen in Argentinien um 40 % eingebrochen.

      Die Wirtschaftsgeschichte von Argentinien liefert Beweise dafür, dass auch reiche Länder schnell auf das Einkommensniveau von Dritte Welt Ländern fallen können. Also – selbst wenn Sie dachten, dass Argentinien Sie überhaupt nicht interessiert, sollten Sie weiterlesen.

      Wenn Sie noch nie in Argentinien gewesen sind, dann empfehle ich Ihnen eine Reise dorthin. Buenos Aires ist eine schöne, kosmopolitische Stadt, die Europa und Südamerika verbindet, mit schönen Kolonialgebäuden, breiten Alleen mit Cafes, trendigen Boutiquen und Buchläden. Im Straßenbild dominieren eindeutig Leute, die von Europäern abstammen. Der demografische Mix Argentiniens wurde schließlich vor ein paar Generationen festgefroren. Das war zu der Zeit, als Argentinien aufhörte, eine der dynamischsten Volkswirtschaften der Welt zu sein. Weil Argentinien stagnierte, wurde es für die späteren Wellen der Einwanderer aus Afrika, dem Mittleren Osten und Asien unattraktiv. Eine bekannte Karikatur eines Argentiniers betont sein europäisches Erbe: "Ein Argentinier ist ein italienisch sprechender Spanier, der glaubt, dass er ein Engländer ist, der in Paris lebt."

      1950 lag das Pro-Kopf-Einkommen in Argentinien beim Zweifachen des japanischen Wertes. 1970 hatten die Japaner aufgeholt – pro Kopf waren sie 30 % reicher als die Argentinier. Während die argentinische Wirtschaft um fast 2 % pro Jahr schrumpfte, boomte die japanische Wirtschaft. 1990, als die Spekulationsblase in Japan platzte, lag das japanische Pro-Kopf-Einkommen dreimal über dem argentinischen. Damit war die Situation vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs auf den Kopf gestellt: Damals erreichte das argentinische Pro-Kopf-Einkommen das Dreifache des japanischen Vergleichswertes. Die Argentinier schafften es nicht, in einem Dreivierteljahrhundert ihre Einkommen auch nur zu verdoppeln – während die Japaner ihre Einkommen fast um den Faktor 14 steigerten.

      Viele Ökonomen glauben, dass das schwache Bevölkerungswachstum für die schwache wirtschaftliche Performance Argentiniens vor 1990 verantwortlich war. Von 1970–1990 war das Pro-Kopf-Wachstum in Argentinien negativ. Eine schrumpfende Wirtschaft zieht keine Einwanderer an, was die Wirtschaft noch schwächer macht.

      Wenn Argentinien ein Maßstab ist, dann sind die Sorgen wegen der Kreditkartenschulden in Nordamerika wahrscheinlich übertrieben. Denn trotz der Tatsache, dass die Armutsquote in Argentinien über alles gestiegen ist, was man sich in Nordamerika vorstellen kann – kein Wunder angesichts des 40 %igen Einbruchs der Pro-Kopf-Einkommen im letzten Jahr – sind die Kreditkartenschulden weiterhin so ziemlich das einzig Verlässliche in den Bilanzen des argentinischen Bankensystems.

      Die Unternehmen verschulden sich nicht mehr. Selbst Gesellschaften, die Verluste machen, horten Berge von Bargeld. Der Hypothekenmarkt wurde durch den Einbruch der persönlichen Einkommen zerstört, was bedeutet, dass sich die meisten Leute, die eine Hypothek zum Hauskauf wollen, nicht mehr dafür qualifizieren können. Und dennoch werden die Kreditkartenschulden weiterhin bezahlt. Beeindruckend.

      Bis Januar 2002 war der argentinische Peso an den Dollar gebunden. Wegen dieser Bindung war ein Peso ein Dollar wert, und das hinderte die argentinische Regierung daran, einfach Geld zu drucken.

      Im Gegensatz zur Ansicht der Kritiker scheiterte dieses System nicht. Diese Bindung des Peso an den Dollar hätte ewig weitergehen können. Sie wurde nur wegen ideologischer Überzeugungen aufgegeben. Eine große Zahl von Ökonomen – und andere Leute, die sich einmischten, wie der ehemalige US-Finanzminister Paul O`Neill – verkündete laut, dass die strikte argentinische Geldpolitik die Wirtschaft behindere. Die lokalen argentinischen Politiker nahmen diesen impliziten Rat, eine laxere Geldpolitik durchzuführen, bereitwillig auf. Aber im Gegensatz zu den Erwartungen führte das nicht zu einer prosperierenden Wirtschaft. Die realen Löhne fielen nach der Abwertung – denn das war die Aufgabe der Bindung des Peso an den Dollar – um 40 %. Und die offizielle Armutsrate, die im Dezember 2001 bei 38,5 % gelegen hatte – was schon hoch ausgesehen hatte – schoss auf 58,5 %. Autsch.

      Die "Experten" hatten falsch gelegen. Sie hatten die Geschichte der fehlerhaften argentinischen Politik vergessen, wie sie sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gezeigt hatte. Darunter die schlimmste Inflation in Friedenszeiten – mit einer durchschnittlichen Inflationsrate von 127 % pro Jahr zwischen 1960 und 1994! Um klarzumachen, was das bedeutet: Stellen Sie sich vor, Sie wären ein Argentinier und hätten 1960 ein Vermögen von 1 Million gehabt. 1994 wäre dann davon real 1/13 Cent übrig geblieben.

      Warum?

      Wie konnte ein solches Desaster in einem reichen Land passieren? Ich kann nicht vorgeben, mehr als ein ausländischer Beobachter zu sein, wenn es um die Geschichte von Argentinien geht. Dennoch habe ich meine Theorien. Ich sehe die wiederholten Krisen der argentinischen Wirtschaft und ihren langfristigen Abstieg aus den Reihen der reichsten Länder der Welt als die Konsequenz der fortgesetzten Bemühungen einer Einkommensumverteilung.

      Sie werden bemerkt haben, dass die Idee einer Einkommensverteilung kaum eine argentinische Erfindung ist. Die USA und alle Volkswirtschaften mit hohen Einkommen haben demokratische politische Prozesse, die garantieren, dass diejenigen mit geringeren Einkommen unterstützt werden. Die Logik ist einfach. Die Wählerstimmen sind gleich verteilt unter Armen und Reichen. Geld und die anderen guten Dinge des Lebens jedoch nicht. Deshalb der Reiz der Einkommensumverteilung. Aber die Frage bleibt – warum hat eine solche Politik in Argentinien so desaströse Folgen gehabt, und in anderen Ländern nicht?

      Ich denke, dass die Antwort in der Tatsache begründet liegt, dass der Anteil der Reichen an der Gesamtbevölkerung in Argentinien in der Mitte des 19. Jahrhunderts größer war als in den USA oder Kanada – aber dass der Anteil der Mittelklasse geringer war. Anders als die USA oder Kanada gab es in Argentinien niemals eine große Tradition von Kleinbauern. Und das lag nicht daran, dass es nicht genug Land gegeben hätte. Die argentinischen Pampas – ein Gebiet, das 50 % größer ist als Frankreich – enthalten einige der fruchtbarsten Ländereien der Welt. Kein Wunder, dass Argentinien einst als "Bäckerei der Welt" bekannt war. Aber in Argentinien wurde das Land in großen Besitztümern konzentriert, während das Land in Nordamerika in relativ kleine Parzellen für einzelne Farmer aufgeteilt wurde.

      Vor einem Jahrhundert war es nicht ironisch, zu sagen "reich wie ein Argentinier". Viele Argentinier waren reich. Man kann eine Gegend, die 50 % größer als Frankreich ist, schon in ein paar schöne Großgrundbesitze einteilen. Konsequenterweise waren die Reichen in Argentinien zu Ende des 19. Jahrhunderts eine relativ zahlreiche Gruppe – ihr Prozentsatz an der Bevölkerung war größer als der der Amerikaner, die Industrie Tycoons wie Rockefeller wurden.

      Ich habe keinen Zweifel daran, dass es politisch gesehen zu bevorzugen ist, eine größere Mittelklasse zu haben. 1900 lag das Pro-Kopf-Einkommen in Argentinien auf dem Niveau von Kanada – wie es auch schon 1870 gewesen war. In beiden Ländern lag diese Kennziffer nicht weit unter dem Wert der USA. Das Wahlrecht in Argentinien war auf die besitzende bzw. steuerzahlende Klasse beschränkt, und die gewählten Regierungen verfolgten eine Politik der freien Märkte. Das argentinische Pro-Kopf-Einkommen stieg zu dieser Zeit. Von 1900 bis 1913 wuchs die argentinische Wirtschaft um reale 37,8 %.

      Was kann man nun also vom Beispiel Argentiniens lernen? Wahrscheinlich ist die dringendste Lektion die, dass eine große Mittelklasse politisch stabilisierend und erstrebenswert ist. Aber Bemühungen, die Mittelklasse künstlich durch Einkommensumverteilungen zu vergrößern, sind nicht wirtschaftlich stabilisierend und wünschenswert. Die Geschichte zeigt, dass die Krisen in Argentinien gerade dann aufkamen, als die Politik eine größere Mittelklasse kultivieren und fördern wollte.
      investorverlag.de
      (OB DAS SO STIMMEN MAG? Mittelstand ist Rückgrat der Gesellschaft):confused:
      Avatar
      schrieb am 02.07.03 22:22:05
      Beitrag Nr. 3.359 ()
      USA: Verschuldung ohne Grenzen ?


      Die macro-Analyse Nr. 75+76/2003

      Die macro-Analyse Nr. 76/2003
      USA: Verschuldung ohne Grenzen ?



      Mitte des Jahres 2003 befindet sich die Weltwirtschaft in einer Krise von historischem Ausmaß. Als solche wird sie in die Geschichte eingehen, und viele Wissenschaftler werden die Wege in und die Gründe für diese Krise analysieren. Die Entscheidungsträger aber müssen heute handeln. Sie sehen die Leistungsbilanzüberschüsse in Südostasien und die Defizite in den USA - beide in bisher nicht vorgekommener Höhe -, die auf die Dauer untragbaren Verwerfungen ("unsustainable inbalances") in der größten Volkswirtschaft, die der Vereinigten Staaten, auf die alle Marktteilnehmer sich ausrichten, kaum vorhandene private Ersparnisse, unzureichende Unternehmensgewinne und die übermäßig hohe Verschuldung sämtlicher Sektoren. Eine Schuldenorgie bisher nicht gekannten Ausmaßes läuft in den USA seit Anfang der 90er Jahre.

      In der volkswirtschaftlichen Wissenschaft gibt es zwar keine Definition, ab wann die Verschuldung einer Volkswirtschaft in % des BIP nicht mehr "solide " ist. Die Tatsachen aber sprechen für sich: Bis Ende der 80er Jahre war die Gesamtverschuldung der finanziellen und der nichtfinanziellen Sektoren noch etwa so hoch wie das BIP. Danach kommt eine Phase relativ geringen Wirtschaftswachstums, die schließlich in Stagnation übergeht. Doch die Verschuldung steigt immer schneller und erreicht schließlich das Dreifache des BIP. Immer geringere konjunkturelle Fortschritte werden mit immer höherer Verschuldung erkauft. Mit 4 USD in 2001 und 2,7 in 2002 Zusatzverschuldung wird 1 USD Zusatz-BIP erreicht. - Die Hoffnungen auf einen neuen Konjunkturaufschwung in den USA und dann gewissermaßen per Transmissionsriemen in der ganzen Welt richten sich hauptsächlich auf die US-Geldpolitik, zu Unrecht. Das FED hat die Leitzinsen sehr stark gesenkt, ohne dass es bisher die geringste Wirkung gezeigt hat. Was aber geschieht, wenn die Zinsen wieder einmal erhöht werden müssen, z.B. um 1 %. Die Verschuldung von 30 Billionen USD würde eine Zinsmehrbelastung von 300 Mrd. USD verursachen und als konjunkturelle Vollbremsung wirken.

      Folgerung: Viele Entscheidungsträger und Marktteilnehmer haben das Ausmaß der fundamentalen Probleme in den USA bisher kaum zur Kenntnis genommen, zumindest aber unterschätzt. Sie werden zwangsläufig dafür hoch bezahlen. Schon im 3Q03 könnten die Märkte deutlicher reagieren.


      http://www.wallstreet-online.de/ws/news/news/main.php?&actio…
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      Avatar
      schrieb am 02.07.03 22:25:50
      Beitrag Nr. 3.360 ()
      Was haben die Jungs mit Schulden am Hut...da wird frisches Geld gedruckt....und die Altschulden erlassen,Irak und Afganistan machen es möglich :laugh:
      Avatar
      schrieb am 02.07.03 22:38:51
      Beitrag Nr. 3.361 ()
      So profitierten die Aktienmärkte in den letzten drei Monaten von der generösen Liquiditätszufuhr. Die US-Bankzinsen sind so niedrig wie seit gut 40 Jahren nicht mehr, die Zinsraten für Hypothekenkredite erreichten laut Freddie Mac im Juni 2003 ein absolutes Rekordtief von 5,21%. Entsprechend stieg das Volumen der Hypothekenkredite zuletzt um deutlich über 700 Mrd. Dollar im Jahr, während die jährliche Gesamtverschuldung der USA um gut 2 Billionen Dollar zulegt, sechsmal schneller als das ohnehin durch statistische Tricks aufgeblähte Bruttoinlandsprodukt (BIP).
      .....
      Es liegt auf der Hand, daß dieses ungehemmte Schuldenmachen in einer Katastrophe münden muß.
      .....
      Schon im vergangenen Fiskaljahr, das am 31. März endete, mußten 1,6 Millionen US-Privathaushalte Bankrott erklären, so viele wie nie zuvor. Zahlungsunfähigkeiten auf Hypothekenschulden erreichten im ersten Quartal 2003 ein Rekordhoch.
      .....
      Ein anwesender Investmentbanker reagierte auf die EIR-Analyse mit ungewohnter Offenheit. Die Entwicklung der Schulden sei in der Tat weltweit außer Kontrolle. Nicht nur in den USA, auch in Deutschland stünden Haushalte, Unternehmen und Staat mit zweistelligen Billionenbeträgen in der Kreide. Die Systemkrise ist da, auch wenn offizielle Stellen dies leugnen. Wenn er seine Ansichten in seiner Bank offen aussprechen würde, müßte er sich wohl einen anderen Job suchen.
      .....
      http://www.miprox.de/News.html
      Avatar
      schrieb am 02.07.03 22:43:44
      Beitrag Nr. 3.362 ()
      Kirchen in Geldnot

      Gotteshäusern droht der Abriss


      Deutschlands Kirchen sind die größten nichtstaatlichen Immobilienbesitzer. Doch gerade das macht manches schwieriger.

      von Matthias Drobinski





      (SZ vom 03.07.2003) — Sie steht noch. Gelb verputzt, gebaut aus dem Bröckelbeton der fünfziger Jahre, der Turm hält ein Kreuz hoch; den Hochhäusern des Frankfurter Westends reicht es nicht einmal bis an die Hüften.

      600 Sitzplätze hat die evangelische Matthäuskirche zwischen Bahnhof und Messeturm, auch an Feiertagen bleiben die meisten leer – die Büros haben die Menschen aus dem Viertel verdrängt.

      So hatte sich der evangelische Regionalverband entschlossen, die Kirche zu verkaufen und abreißen zu lassen: 30 Millionen Euro könnte das bringen, hofft der Regionalverband. Ohnehin müsse die Kirche über kurz oder lang jede zweite Immobilie in der Stadt abstoßen, weil statt einst 400.000 Protestanten nur noch 160.000 evangelische Christen in Frankfurt wohnen.



      Ungewollt: die Nachkriegskirchen

      Doch der Widerstand ist heftig: Kann die Kirche das Gebäude aufgeben, das da markant zwischen den Kathedralen des Geldes steht? Und so trotzt das hässliche Kirchlein bis heute der Abrissbirne.

      Ein Konflikt, wie es ihn mittlerweile an vielen Orten gibt: Den Kirchen mit schrumpfenden Gemeinden und wachsender Finanznot werden die Gotteshäuser zu teuer.

      Im Osten sowieso. Aber auch die evangelische Kirche in Hamburg will sich von Kirchen trennen, wie das katholische Bistum Aachen; selbst das reiche Erzbistum Köln hat eine Projektgruppe eingesetzt, die Wege finden soll, „wie mittelfristig der Gebäudestand der rund 750 Kirchengemeinden abgebaut werden kann“. Das klamme Erzbistum Berlin will gar 97 Gotteshäuser verkaufen und notfalls abreißen.

      Die Kirchen sind die größten nichtstaatlichen Immobilienbesitzer, was aber weniger Quelle des Reichtums ist: Die Gebäude müssen geheizt werden, saniert, renoviert. „Das überfordert gerade die Kirchen in den Städten“, sagt Annegret Reiz-Dinse vom der Arbeitsstelle „Kirche und Stadt“ an der Universität Hamburg.

      Allein in Hamburg seien „seit dem Zweiten Weltkrieg mehr evangelische Kirchen gebaut worden als seit der Reformation bis zum Krieg – und das bei sinkenden Mitgliederzahlen“. Weshalb es, „wenn man sensibel vorgeht“, kein Problem sei, sich wieder von Kirchen zu trennen.

      Gerade die Nachkriegskirchen, oft schnell und billig gebaut, sind heute bedroht.



      Angst vor der Zweckentfremdung

      Allerdings kann man eine Kirche nicht einfach an den nächsten Disco-Besitzer verkaufen. Das Erzbistum Berlin bietet deshalb die Kirchen erst anderen christlichen Gemeinschaften wie der orthodoxen Kirche an; der Bedarf ist aber begrenzt.

      Bevor Gotteshäuser spektakulär zweckentfremdet werden, will man sie lieber abreißen und die blanken Grundstücke verkaufen. Anderswo entscheidet man sich eher für den Erhalt des Gebäudes: Die Spandauer Luther-Kirche beherbergt jetzt Sozialwohnungen, in einer Kirche in Brandenburg hat die Sparkasse ihre Schalter.

      Allerdings zahlen die Kirchen einen hohen Preis: Sie verlieren das markanteste Gebäude im Dorf, im Viertel, in der Stadt. Weshalb Matthias Ludwig vom evangelischen Institut für Kirchenbau und kirchliche Kunst der Gegenwart in Marburg gegen den Abriss ist: Es sei sinnvoller, ein Gemeindezentrum aufzugeben und die Kirche als Sakralgebäude zu erhalten, ein Konzept für eine City-Kirche für Passanten zu entwickeln. „Was weg ist, ist weg“, sagt er, „doch Kirchengebäude sind auch vielen Nichtchristen eine Heimat – das sollten wir wissen.“





      sueddeutsche.de
      Avatar
      schrieb am 03.07.03 15:40:17
      Beitrag Nr. 3.363 ()
      Die Aktienmärkte auf dem Weg ins Tal der Tränen – Diesmal sind steigende Kurse kein konjunktureller Frühindikator
      (03.07.2003)

      Die Wall Street bietet sich wenigstens nach außen hin in blendender Laune dar, und das steckt offenkundig an. Die meisten anderen Aktienmärkte folgen fast sklavisch, ob dies nun aus fundamentaler Sicht gerechtfertigt erscheint oder nicht.

      Die Vorstellung des amerikanischen Marktes vom Mittwoch war wieder einmal blendend. Doch es spricht einiges dafür, dass es der kräftige Sprung eines der letzten Hurra’s war, bevor er kippt.

      Aus technischer Sicht ist eine größere Korrektur nach unten hin seit längerem überfällig. Je länger sie hinausgezögert wurde und vielleicht noch wird, desto heftiger fällt sie wohl aus.

      Unter technischen Aspekten stört vor allem der schon legendäre "irrationale Überschwang", den die Stimmungsindikatoren verraten. Bald werden alle gekauft haben, die kaufen mussten oder kaufen wollten. Wer bleibt dann auf der Käuferseite wohl noch übrig?

      Ein überzeugendes Zeichen für die These, dass Aktien langsam, aber beharrlich von starken Händen in schwache übergehen, sind die seit Wochen extrem hohen Verkäufe der Insider im Verhältnis zu den Käufen dieser Gruppe. Diese Insider wissen mehr als alle anderen von der Geschäftslage "ihrer" Unternehmen. Wenn sie so stark und beharrlich "ihre" Aktien loswerden wollen, hat das etwas zu bedeuten.

      Wenn die amerikanischen Indizes kippen, reißt dies auch die übrigen mit nach unten. Zugleich werden sich jene, die unverdrossen vom Platzen einer spekulativen Blase an den Märkten für Staatsanleihen sprechen, neu orientieren müssen, denn dann dürften im Zuge des drohenden Schwächeanfalls bei den Aktien die Käufer wieder klar überwiegen.

      Es handelt sich um seriöse, langfristig denkende Käufer. Sie kümmern sich wenig um die nominal und real niedrigen Renditen. Weitere Kursgewinne bei den Anleihen wären ihnen zwar willkommen, doch ihr Hauptmotiv ist es, ihr Kapital zu erhalten. Und das gelingt in dieser Situation am besten, indem man Staatstitel erwirbt. Der Preis dafür sind geringe Renditen, aber die man im Sinne des übergeordneten Ziels hin.

      Aus der seit Mitte März zu verzeichnenden Stärke der Aktienmärkte zu schließen, dass sich der konjunkturelle Horizont nachhaltig aufhellt, erscheint uns mehr als verwegen. Für eine solche Deutung gibt es weit und breit keine überzeugenden Hinweise.

      So bleiben die Kurssteigerungen, was sie bisher gewesen sind: Das Produkt einer exzessiven Liquidität, die die Masse gegenwärtig keine Anlagealternativen zu Aktien sehen lässt. Wir kennen die Macht der Masse und ihre Fähigkeit, Exzesse zu produzieren. Aber wir wissen auch, dass die Masse blind ist und dass der Herdentrieb sie geradewegs ins Tal der Tränen führt.


      Arnd Hildebrandt

      Herausgeber
      taurosweb.de

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      Staatsanleihen erwerben ,wer es sich traut und sein Geld lieber bei anderen lässt soll es ruhig tun.
      siehe auch #3354
      Kurse fallen
      Bund verkauft neue Anleihe nur mit Mühe.

      Argentinien ist nur ein Bsp.,was für Risiken auch Staatstitel bergen können.
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      Avatar
      schrieb am 03.07.03 15:40:47
      Beitrag Nr. 3.364 ()
      Avatar
      schrieb am 03.07.03 15:49:27
      Beitrag Nr. 3.365 ()
      Das Defizit ist sicher

      Berlin: Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) präsentierte Haushaltsentwurf für 2004


      Das Bundeskabinett hat am Mittwoch den Entwurf des Bundeshaushalts 2004 und den Finanzplan des Bundes 2003 bis 2007 verabschiedet. Das verkündete Finanzminister Hans Eichel(SPD) im Anschluß an die Sitzung auf einer Pressekonferenz in Berlin. Das Haushaltsvolumen soll insgesamt 251,2 Milliarden Euro betragen und liegt somit 5,8 Milliarden unter dem Ansatz des laufenden Jahres. Angesichts der nunmehr ins dritte Jahr gehenden Stagnationsphase der deutschen Wirtschaft dürfe es bei der Haushaltsplanung nicht mehr um fiskalisches Klein-Klein gehen, so Eichel. Vielmehr sei eine »ambitionierte Strategie zur Erneuerung Deutschlands« gefragt. Der Finanzminister formulierte in diesem Zusammenhang drei Kernpunkte der künftigen Finanzpolitik, die jedoch nur Sinn machten, wenn sie ineinandergriffen.

      Bereits in den Haushalt eingearbeitet seien die in der »Agenda 2010« und anderen sozialpolitischen Beschlüssen festgelegten »Strukturreformen«. So plant die Regierung, den Zuschuß an die Rentenversicherung um zwei Milliarden pro Jahr zu reduzieren und gleichzeitig den jetzigen Rentersicherungsbeitrag von 19,5 Prozent festzuschreiben. Allen Beamten wird das Urlaubsgeld komplett gestrichen und das Weihnachtsgeld gekürzt. Eichel ermunterte in diesem Zusammenhang die Länder und Kommunen, dem »Vorbild« Bund zu folgen und konsequent nach Wegen zur weiteren Reduzierung der konsumtiven Ausgaben zu suchen.

      Desweiteren müßten auch die »Konsolidierungsbemühungen« verstärkt werden. Diesem Ziel diene ein umfassender Subventionsabbau, der unter anderem die Landwirtschaft, den Bergbau, die Wohnungsbauförderung und regionale Strukturfonds betrifft. Die Streichung von Steuervergünstigungen erstreckt sich unter anderem auf die Entfernungspauschale, den Agrardiesel, die zeitanteilige Abschreibung beweglicher Wirtschaftsgüter und die Eigenheimzulage. Einschließlich der Fortschreibung von Einsparungen des Haushaltes von 2003 betrage die Haushaltsentlastung im Jahr 2004 vierzehn Milliarden Euro. Auf dieser »soliden« Grundlage habe man sich entschlossen, die dritte Stufe der Steuerreform, die hauptsächlich Besserverdienende entlastet, vorzuziehen, um der schwächelnden Wirtschaft einen »kräftigen Wachstumsimpuls« zu verpassen. Dafür sei eine »kurzfristige« Erhöhung der Nettoneuverschuldung im kommenden Jahr auf zunächst veranschlagte 30,9 Milliarden Euro unumgänglich, besonders da man bewußt auf »überhastete Privatisierungen« zu ungünstigen Marktbedingungen verzichten wolle. Eichel räumte ein, daß der kommende Haushalt damit sowohl die Maastricht-Hürde von maximal drei Prozent Schuldenanteil am Bruttoinlandsprodukt, wie auch die verfassungsrechtliche Festlegung, daß die Neuschuldenaufnahme das Investitionsvolumen nicht übersteigen darf, deutlich verfehlt. In Brüssel habe man aber versichert, daß man mit der Steuerentlastung und der daraus resultierenden Zusatzverschuldung »keine Probleme« habe, versicherte der Minister. Der Euro-Stabilitätspakt scheint offenbar endgültig ausgedient zu haben. Auch die nunmehr im dritten Jahr in Folge notwendige »Feststellung der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts« zur verfassungsrechtlichen Legitimation des Haushaltes bereitet dem Minister keinerlei Kopfschmerzen. Schließlich sei die anhaltende Massenarbeitslosigkeit ohne Zweifel eine derartige Störung.

      Die Realisierung des Haushaltes, die besonders beim Subventionsabbau in weiten Teilen von der Zustimmung des unionsdominierten Bundesrates abhängt, ist nach Angaben des Ministers weitgehend gesichert. Nach den jüngsten Äußerungen der Vorsitzenden von CDU und CSU, Angela Merkel und Edmund Stoiber, gehe er davon aus, daß sich in der Opposition die »Vernunft durchgesetzt« habe. Permament Steuererleicherungen und Haushaltskonsolidierung fordern, aber jeden konkreten Schritt in diese Richtung blockieren, »das geht nicht« und sei »Wählertäuschung«. Für konkrete Vorschläge zum Subventionsabbau an anderen Stellen habe er jederzeit »ein offenes Ohr«, die Grundlage des Haushaltes stehe jetzt aber, und ohne Neuverschuldung »geht es nicht«. Er gehe davon aus, daß es noch vor dem Sommer eine Einigung in allen wichtigen Punkten geben werde.

      In der über den Haushalt 2004 hinausgehenden Finanzplanung wird mittels nicht besonders »belastbarer« Zahlenspiele das übliche zweckoptimistische Bild eines zunehmend konsolidierten Haushaltes vermittelt. Eine konkrete Festlegung findet sich in dem Zahlenwerk dennoch. Im Jahr 2007 soll der Verteidigungshaushalt »wegen der im verteidigungsintensiven Bereich erwarteten Ausgabenentwicklung« um knapp eine Milliarde auf 25,2 Milliarden Euro erhöht werden.

      http://www.jungewelt.de/2003/07-03/001.php
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      schrieb am 03.07.03 15:51:50
      Beitrag Nr. 3.366 ()
      Divide et impera

      USA verhängen Sanktionen über 35 Staaten


      Die Festnahme des ehemaligen Obersts der jugoslawischen Volksarmee, Veselin Sljivancanin, durch die serbische Antiterrorpolizei und dessen jetzige Überstellung an das Den Haager Tribunal folgte einer strengen Dienstanordnung aus Übersee. Bei ihrer Nichtbefolgung wäre Belgrad Finanzhilfe gestrichen worden. Bereits eingestellt wurde die Militärhilfe an Serbien-Montenegro. Aber nicht deshalb, weil die serbische Führung sich geweigert hätte, mutmaßliche Kriegsverbrecher auszuliefern, sondern weil sie im Gegenteil bisher noch nicht bereit war, mutmaßlichen Kriegsverbrechern, sollte es sich um Amerikaner handeln, Immunität zu gewähren und dies in einem bilateralen Abkommen mit den USA zu fixieren.

      Das konnten selbst die absolut US-hörigen Belgrader Behörden – noch – nicht über sich bringen: für die eigenen Bürger eine Dauerflugverbindung nach Den Haag einzurichten und gleichzeitig US-Bürger vor dem Zugriff der internationalen Strafjustiz zu bewahren; genau die Sorte von US-Bürgern, die aus der Luft über Monate Kriegsverbrechen an der jugoslawischen Zivilbevölkerung begangen haben. Es besteht kaum ein Zweifel daran, daß sich die Regierung Serbien-Montenegros auch diese Zumutung bieten lassen wird. Sie hat sich bislang geziert, um eine Eruption des nationalen Unmuts zu vermeiden. Die nächste Frist wird sie nicht mehr verstreichen lassen.

      Insgesamt sind es 35 Staaten, die für ihre Weigerung, mit dem IStG zu kooperieren, mit militärischem Liebesentzug bestraft wurden. Die US-Sanktionen werden ihre Wirkung kaum verfehlen, die Gruppe der 50 Länder, die den USA bereits das Recht zur alleinigen Rechtsprechung vertraglich eingeräumt haben, wird schnell anwachsen. Das auf das Staatenkollektiv bezogene Völkerrecht erodiert. Ein historisch gewachsenes System internationaler Beziehungen, das zumindest den Anspruch auf kollektive Sicherheit verfolgte, löst sich in seine Bestandteile auf, wird ersetzt durch ein System von Einzelbeziehungen, die von den USA mit dem Rest der Welt unterhalten werden. Noch nie ist der imperialistische Grundsatz des Divide et impera auf so drastische und umfassende Weise umgesetzt worden wie gegenwärtig von den USA.

      Die Privatisierung des Völkerrechts, die Nationalisierung der internationalen Sphäre durch die hegemoniale Nation ist nicht über Nacht erfolgt. Sie ist der konzentrierte Ausdruck einer seit dem Ende der Sowjetunion entstandenen Weltordnung, in der die Einteilung in Staaten, die zur Intervention kraft eigenen Gesetzes ermächtigt sind, und in solche, die zur Intervention freigegeben werden, als selbstverständlich vorausgesetzt wird.

      http://www.jungewelt.de/2003/07-03/002.php
      Avatar
      schrieb am 03.07.03 16:43:33
      Beitrag Nr. 3.367 ()

      US-Abgeordnete wollen Rüstungsmarkt abschotten


      Von Hubert Wetzel, Washington
      Zwischen der US-Regierung und dem Repräsentantenhaus bahnt sich ein heftiger Streit um neue, verschärfte Beschaffungsvorschriften für das Pentagon an. Die neuen Richtlinien, durch die der amerikanische Rüstungsmarkt weitgehend gegen ausländische Konkurrenz abgeschottet werden würde, sind Teil des Gesetzes über den Verteidigungsetat für 2004.
      Das Weiße Haus droht nach Angaben aus dem Kongress mit einem Veto gegen das gesamte Pentagon-Budget, sollte das Parlament die Vorschriften nicht noch kippen. Die Befürworter der geplanten Verschärfung argumentieren damit, dass die "rüstungsindustrielle Basis" in den USA geschützt werden müsse. "Das ist ein legitimes nationales Interesse unseres Landes", sagt der Abgeordnete Duncan Hunter. Der einflussreiche Republikaner, der unlängst eine deutliche Erhöhung des US-Verteidigungsetats gefordert hat, leitet den Armeeausschuss im Repräsentantenhaus und gilt als treibende Kraft hinter den neuen Vorschriften. Auch mehrere US-Unternehmen, die von den protektionistischen Klauseln profitieren würden, machen im Kongress Lobbyarbeit für das Gesetz.
      ... Erweiterte Liste
      Die neuen Vorschriften würden das Pentagon dazu zwingen, künftig 65 statt wie bisher 50 Prozent der Teile für Waffensysteme von US-Firmen zu kaufen. Auch die Liste der Güter, die das Pentagon ausschließlich in Amerika kaufen darf, würde erweitert, unter anderem um Reifen, Panzerketten, Bombenzünder und die Verpackungen für die Feldrationen der GIs.
      Zudem sollen nach Hunters Plänen bis 2007 sämtliche Teile für große US-Projekte nur noch auf Maschinen hergestellt werden dürfen, die komplett in den USA gebaut wurden. Dies könnte deutsche Hersteller treffen. Das Washingtoner Büro des Bundesverbands der Deutschen Industrie hat in einem Brief an den Senat gegen die Richtlinien protestiert.
      Der wohl bizarrste Teil der neuen Vorschriften betrifft die Schweiz: Hunters Gesetz fordert, dass Länder, die während des Irak-Kriegs den Export von Militärgütern in die USA verweigert haben, künftig ganz von Pentagon-Aufträgen ausgeschlossen werden sollen. Hintergrund ist eine Anweisung von Nicolas Hayek, Mehrheitseigner der Firma Swatch. Er soll im März der Swatch-Tochter Micro Crystal verboten haben, weiter Bauteile für Präzisionsbomben an US-Firmen zu liefern. Das, so Hunter, sei "ein Weckruf" gewesen und habe die Abhängigkeit der amerikanischen Rüstungsindustrie deutlich gemacht.
      ... (FTD, 3.7.03)

      ftd.de

      sovier zum Thema Freie Marktwirtschaft a la USA
      :confused:
      Avatar
      schrieb am 03.07.03 17:06:19
      Beitrag Nr. 3.368 ()
      Was uns die Regierung sagen will
      Die Bundesregierung gibt uns ein fürs andere Mal neue Rätsel auf. Das Steuervereinfachungsgesetz hat letztlich nicht viel mehr als Steuererschwerungen gebracht, die Ökosteuer neue Umweltverschmutzung und der Dosenpfand eine Besteuerung der Mobilität. Doch was will sie uns jetzt mit dem Vorziehen der Steuerreform sagen, frage ich mich?

      Am stärksten profitieren davon diejenigen, die ein hohes Einkommen haben. Und die Verlierer sind diejenigen, die rauchen und diejenigen, die sich ein Eigenheim bauen wollen. Lange habe ich versucht, die Puzzlesteinchen zusammenzusetzen, doch plötzlich hat sich ein stimmiges Bild ergeben:

      Man will mit dem Vorziehen der Steuerreform die Bürger zur Vernunft erziehen! Vernunft soll zukünftig belohnt und Unvernunft bestraft werden. Und das ist auch richtig so!

      Denn Rauchen ist unvernünftig, sich im Zeitalter des Bevölkerungsrückgangs ein Haus zu bauen, ist nicht nur unvernünftig, sondern sogar dämlich – und ein kleines Einkommen zu haben, ist ebenfalls unvernünftig. Viel vernünftiger ist, nicht zu rauchen, in vorhandenen Häusern zu wohnen und ein hohes Einkommen zu haben. Die Politik ist demnach endlich auf den Pfad der Rationalität eingeschwenkt.


      Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.

      [ Donnerstag, 03.07.2003, 12:00 ]
      instock.de
      Avatar
      schrieb am 03.07.03 17:07:09
      Beitrag Nr. 3.369 ()
      US-Arbeitslosenquote steigt stärker als erwartet

      (Instock) Die US-Arbeitslosenquote stieg im Juni im Vergleich zum Vormonat von 6,1 auf 6,4 Prozent – der höchste Stand seit 1994. Marktbeobachter hatten lediglich einen Anstieg auf 6,2 Prozent erwartet. Die Zahl der Beschäftigten außerhalb der Landwirtschaft fiel mit 30.000 stärker als prognostiziert. Analysten waren von einem Minus von 10.000 ausgegangen. Die entsprechenden Mai-Zahlen wurden von -17.000 auf -70.000 revidiert.

      Der durchschnittliche Stundenlohn legte wie erwartet um 0,2 Prozent auf 15,38 US-Dollar zu.
      [ Donnerstag, 03.07.2003, 14:30 ]
      instock.de
      Avatar
      schrieb am 03.07.03 19:38:34
      !
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      Avatar
      schrieb am 03.07.03 20:01:45
      Beitrag Nr. 3.371 ()
      Wechselbad der Gefühle

      von Jochen Steffens

      Aua. Was war das? Die heutigen US-Arbeitsmarktdaten wurden, wie Sie wissen, mit Spannung erwartet. Denn es fragte sich, ob die Tendenz der abnehmenden Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe nun weiter geht oder nicht. Doch es kam schlimmer als allgemein erwartet. Die Zahl der Erstanträge ist erneut auf 430.000 gestiegen. Erwartet wurden 412.000 bis 415.000 Erstanträge nach zuvor 409.000 (revidiert von 404.000). Auch in Gefahr, dass ich mich wiederhole, aber ich weiß wirklich nicht, wie lange die amerikanischen Bullen noch durchhalten werden. Wie lange kann man denn noch diese erschreckenden Nachrichten weghalluzinieren?

      Aber es gab noch weitere enttäuschende Zahlen. Allein ist die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosigkeit nicht wirklich aussagekräftig. Es könnten ja auch mehr Arbeiter eingestellt als entlassen werden. Aber auch die Zahl der Beschäftitgen (ex agrar) ist um 30.000 zurückgegangen. Erwartet wurde lediglich ein Rückgang um 15.000. Die vorherige Zahl wurde zudem von zunächst minus 17.000 auf minus 70.000 ! revidiert.

      Das führt natürlich dazu, dass die US-Arbeitslosenrate stark anzieht. Die Arbeitslosenrate wurde angesichts des Independence Day morgen in Amerika, bereits heute veröffentlicht. Sie stieg ebenfalls völlig unerwartet auf 6,4 %! Das ist der höchste Stand seit 1994. Volkswirte hatten mit 6,2 nach 6,1 % gerechnet.

      Auch wenn ich es schon so häufig geschrieben habe: Die amerikanische Wirtschaft ist überaus abhängig vom Konsum. Die Verbraucher werden jedoch angesichts solcher Arbeitsmarktdaten keine sonderliche Konsumbereitschaft aufbringen können. Vielmehr dürften sie, mit der Angst im Nacken den eigenen Job zu verlieren, nun versuchen ihre Schulden abzubauen und zu sparen. Natürlich werden die Arbeitsmarktdaten auch einen nachhaltigen Einfluss auf das Verbrauchervertrauen und die Einkaufsmanagerindizes haben. Für die Börsen ein herber Rückschlag.

      Ja, da schreibt man so schön. Und dann kommt es wieder ganz anders, aber so ist die Börse. Ein beständiges hin und her. Heute um 16 Uhr wurde der ISM Service Index veröffentlicht. Eigentlich hatte ich auf ein Non Event getippt. Der Wert wurde bei 55 Zähler nach zuvor 54,5 Zähler erwartet. Auch wenn er leicht höher gelegen hätte, dann hätte das den Effekt der wirklich schlechten Arbeitsmarktdaten nicht ausgleichen können. Aber der ISM-Index stieg nicht leicht, sondern deutlich in einem Rutsch auf 60,6 Zähler. Der Dienstleistungssektor ist für die amerikanische Wirtschaft eine wichtige Komponente, so dass man diesen ISM Service Index auf gar keinen Fall ignorieren kann. Die Börsen freute es, sie holten ihre durch die Arbeitsmarktdaten entstandenen Verluste schnell wieder auf.

      Für uns heißt das aber leider nichts anderes, als dass Sie und ich auf die Unternehmensnachrichten in den nächsten Wochen warten müssen. Die Arbeitsmarktdaten sind allerdings etwas aktueller als der ISM Service Index. Auch wurde die Erhebung zum ISM Service Index wohl im Hoch der allgemeinen Euphorie in Amerika vorgenommen. Mit anderen Worten, ich würde im Moment die Arbeitsmartdaten höher bewerten.

      Der Markt sieht das im Moment wohl noch anders. Wirklich aussagekräftig wird dieser Dienstleistungsindex erst, wenn er im nächsten Monat erneut auf diesem hohem Niveau notiert. Also konzentrieren wir uns auf die Unternehmensberichte zum zweiten Quartal und hier insbesondere auf die Prognosen der Firmen für das dritte und vierte Quartal. Trotzdem überlege ich, je nach Marktentwicklung, heute oder morgen früh eine erste kleine Short-Position aufzubauen. Eine, die nicht weh tut, wenn es noch einmal deutlich in die Gegenrichtung laufen sollte.

      Und dann kam es noch heftiger, plötzlich rutschten die Märkte ohne Grund erneut heftig weg. Gerüchten zufolge hatte es bei einem Verkauf einer US-Investmentbank eine Fehleingabe gegeben. Prompt zogen die Märkte wieder an. Was ein Tag!

      Kurz noch nach Europa: Nach einem Bericht der FTD hat Wim Duisenberg, Präsident der Europäischen Zentralbank, die Hoffnung von Analysten auf weitere Zinssenkungen im Euro-Raum in naher Zukunft enttäuscht.

      Er sagte, dass die gegenwärtige geldpolitische Haltung mit einem Zinsniveau von zwei Prozent unter der Berücksichtigung der Entwicklung, die die EZB mittelfristig erwartet, angemessen sei. Er erwartet, dass die Inflationsrate in den kommenden Monaten um zwei Prozent pendeln werde. Zwar rechne er auch damit, dass die Inflationsrate Anfang nächsten Jahres unter dieses Limit fallen werde, um sich dann jedoch bis 2005 wieder zu erholen.

      Ich weiß nicht, ob Sie es schon mitgekriegt haben, ich halte viel von diesem Niederländer. Er macht zumindest nicht die gleichen Fehler, wie die Fed. Zugegeben Europa hat ganz andere strukturelle Voraussetzungen als Amerika. Wenn es jedoch nach einigen Analysten gegangen wäre, hätte die EZB die Zinsen mittlerweile auf ein ähnliches Niveau wie die Fed gesenkt. Wahrscheinlich mit den gleichen katastrophalen Folgen. Aber wie ich bereits mehrfach andeutete: Wenigstens die EZB hat anscheinend aus den Erfahrungen in Japan gelernt.

      Eins noch: Für die, die noch nicht im Euro langfristig (auf Sicht von ein bis zwei Jahren) investiert sind. Bei 1,15 könnte man eine erste Position wagen, auch wenn der Euro noch Potential runter bis 1,13 hat. Wenn Sie bereits investiert sein sollten, dann warten Sie lieber noch etwas, wie sich der Euro entwickelt.

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      Siebel mit Gewinnwarnung

      von Jochen Steffens

      Der US-Softwarehersteller Siebel Systems teilte mit, dass das Unternehmen die Erwartungen der Analysten im 2. Quartal nicht erfüllen werde. Nein, an SARS lag es nicht. Siebel begründete die schlechten Zahlen damit, dass Kunden ihre Kaufentscheidung aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage überraschend verschoben hätten. Die insgesamt zurückhaltende Investitionsbereitschaft hätte sich deutlich ausgewirkt.

      Ein kleiner Einschub sei mir gegönnt. Diese Aussage ist auch wieder einer der vielen kleinen Hinweise, dass es um die amerikanische Wirtschaft nicht sonderlich gut bestellt ist. Eine konjunkturelle Erholung läuft zumeist parallel mit einer steigenden Bereitschaft zu Investitionen.

      Siebel schätzt nun, dass der Gewinn je Aktie bei 2 Cent liegen wird. Analysten hatten im Schnitt mit 3 Cent je Aktie gerechnet. Beim Lizenzerlöse erwartet Siebel rund 110 Mio. $, der Gesamtumsatz soll zwischen mit 330 Mio. $ bis 334 Mio. $ liegen.

      Der Siebel Kurs verlor zunächst deutlich konnte sich dann aber wieder erholen. Der Grund hierfür liegt auch darin, dass diese Gewinnwarnung nicht ganz unerwartet kam.

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      Widersprüchliche Wirtschaft

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Mein Freund Lord Rees-Mogg meinte vor kurzem: "Die Welt kann nicht gleichzeitig ein inflationäres und ein deflationäres Problem haben."

      Aber das ist es, was die Welt derzeit zu haben scheint.

      In den letzten 30 Jahren, unter der scheinenden Sonne des Dollarstandards, exportierten die USA nicht nur Dollar – sondern auch Arbeitsplätze, Gewinne und ganze Industriezweige. Jetzt hat der Rest der Welt von all diesen Dingen genug. Vielleicht zu viel. Wenn es um die Güter geht – es ist schwer, sich vorzustellen, dass irgendein Gut heute nicht billiger hergestellt wird als vor ein paar Jahren, dank des Booms der Kapazitäten in Übersee.

      In den USA selbst hingegen sieht es anders aus. Billionen von Dollar sind ins Ausland verschifft worden, und die USA haben sich diese Dollar dann zurück geliehen. Eine große Lücke hat sich geöffnet zwischen dem, was die Amerikaner verdienen und dem, was sie ausgeben; das Geld der Ausländer hat diese Lücke gefüllt.

      Und jetzt sind die USA in einem Widerspruch gefangen ... und die Dinge laufen in zwei Richtungen schief. Die Wirtschaft leidet unter dem deflationären Druck der Schulden und der weltweiten Überkapazitäten ... à la Japan ... während die Fed alles tut, was sie kann, um den Wert des Dollar zu verringern und eine Inflation hervorzurufen. Die amerikanischen Politiker und Zentralbanker zeigen nicht nur Zeichen von Inkonsistenz, sondern auch Zeichen von Schizophrenie, denn sie sagen uns einerseits, dass sich die Wirtschaft schön erholt und dass man sich vor einer Deflation nicht fürchten braucht, ... gleichzeitig werden aber die Zinsen gesenkt, nur für alle Fälle.

      Auch müssen sie den ausländischen Investoren versichern, dass der Dollar noch gesund ist – denn sie brauchen das Geld der Ausländer mehr als je zuvor-, und während sich die einheimischen Investoren Sorgen über eine Deflation machen, garantieren sie praktisch, den Wert des Dollar zu zerstören.

      Ein betrunkener irischer Volkswirt, der in eine Bar geht, könnte das zu den US-Entscheidungsträgern sagen:

      "Ihr sagt eine Menge Unsinn. Und Ihr wisst das. Denn von allem, was Ihr sagt ... sagt Ihr nur eine Minute später das Gegenteil. Ihr wisst nicht, was Ihr tut. Und jetzt können all die Heiligen im Himmel Euch nicht mehr retten. Ihr werdet in der Hölle braten, alle von Euch. Und Ihr verdient es, wirklich."

      Ich habe diesen irischen Volkswirt nur aus dramatischen Gründen in diesen Artikel eingebaut. Er ändert nichts. Was sein wird, wird sein. Aber wenn dieser Ire die Tür der Kneipe öffnet, bringt er ein bisschen frische Luft in eine festgefahrene Diskussion.

      Die Welt der Wirtschaft ist so verwirrend geworden, dass sie für einen besonnenen Mann kaum noch Sinn macht. Oder für einen, der mit Widersprüchen nicht leben kann. Die USA hängen jetzt mehr von den Krediten der Ausländer ab, als jemals zuvor eine andere Nation. Und ja, die USA bieten den Gläubigern dafür Zinsen, die unter der aktuellen Inflationsrate liegen. Und dennoch leihen die Ausländer den USA Geld!

      "Die Zinssätze sollen die Gläubiger nicht nur dafür kompensieren, dass sie das Geld nicht mehr nutzen können, sondern sie sollen auch das Verlustrisiko kompensieren", beobachtete ein französischer Kollege gestern. "Wenn die Zinssätze fallen, dann signalisiert das, dass die Gläubiger weniger Risiken am Horizont sehen. Aber was bedeutet es dann, wenn die Zinssätze negativ sind? Dann müssten die Gläubiger ja glauben, dass die Zukunft besser sein wird, als sie es sich in ihren wildesten Träumen ausmalen könnten!"

      Die reale Inflationsrate liegt in den USA laut Sung Won Sohn von der Wells Fargo Bank bei ungefähr 2,7 % ... womit die Leitzinsen der Fed bei realen –1,7 % liegen – dem niedrigsten Wert seit 20 Jahren. Im Endeffekt bezahlt die Fed die Leute dafür, dass sie sich Geld leihen.

      Nun, "was ist daran falsch?" fragt Mercury News.

      Meine Antwort: Zunächst einmal verleiten die negativen Zinssätze unkultivierte Investoren dazu, kluge Investmentrichtlinien zu verletzen und Geld von sicheren kurzfristigen Anlagen in spekulativere Investments mit höheren Renditen zu transferieren – wie in Junk Bonds (unsichere Anleihen).

      Aber: Wenn sich die Wirtschaftslage verschlechtert, dann werden riskante Investments am härtesten getroffen.

      Ich frage mich nicht, warum sich die Leute in Zeiten niedriger Zinsen verschulden. Ich frage mich, warum sie ihr Geld zu solchen Zinsen verleihen. Aber wahrscheinlich werden beide Gruppen – die Schuldner und die Gläubiger – leiden ... wenn sich die Dinge in konträren Richtungen schlecht entwickeln. Wenn die Gläubiger kein weiteres Geld mehr verleihen, dann steigen die Zinsen. Die Gläubiger werden herausfinden, dass sie Geld verloren haben. Und die Schuldner werden aufhören, sich weiter zu verschulden ... und sie werden herausfinden, dass sie mehr schulden, als sie gedacht hatten. Und mehr, als sie sich leisten können.

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      Gutes Urteil für US-Brokerhäuser

      von unserem Korrespondenten Eric Fry in New York

      Wow! Was für eine Erleichterung! Die großen Brokerhäuser an der Wall Street sind doch nicht einseitig und unehrlich!

      Bloomberg News berichteten: "Merrill Lynch, Goldman Sachs und Morgan Stanley sowie Credit Suisse konnten Klagen erfolgreich abwehren, in denen sie angeklagt wurden, dass sie Investoren mit einseitigen Analysen irregeführt hätten, um neue Unternehmenskunden für den Bereich Investmentbanking zu gewinnen. Die Urteile von zwei Richtern des Bundesgerichts in Manhattan waren die ersten Urteile in diesem Bereich seit April, als die großen Brokerhäuser eingewilligt hatten, vergleichbare Klagen durch Zahlung von 1,4 Mrd. Dollar beizulegen. Der zuständige Richter Milton Pollack sagte, dass die Investoren, die Merrill Lynch und den ehemaligen Staranalysten Henry Blodget verklagt hatten, `risikobewusste Spekulanten` waren, die `jetzt hoffen, die Bundesgesetze auszunutzen, indem sie diese als kostenlose Versicherung für Spekulationen nutzen wollen`".

      Das überraschende Urteil führte zu einer kleinen Rally bei den Aktien der Brokerhäuser. Das Urteil scheint die jahrelange Praxis der Wall Street zu unterstützen: Es ist nichts falsch daran, für fast alle Aktien Kaufempfehlungen auszusprechen, solange man ausreichend Kommissionsgelder dafür kassiert ...

      General Motors würde ein paar Kaufempfehlungen derzeit gebrauchen können ... Kaufempfehlungen für die eigenen Autos. Der problembeladene US-Autobauer fällt hinter seine asiatischen Rivalen zurück – egal, wie viel Kaufanreize General Motors den Käufern bietet.

      Die Ausgaben für Kaufanreize sprangen bei General Motors im letzten Monat um 1,4 % nach oben, auf durchschnittlich 3.969 Dollar Gegenwert pro Wagen. Die Umsätze stiegen auch um 1,4 %. Zum Vergleich: Toyota gab für Kaufanreize nur 2.238 Dollar pro Wagen aus, während die Umsätze letzten Monat um 11 % stiegen. Nissan gab 1.531 Dollar pro Auto aus, und die Umsätze von Nissan stiegen um 22 %.

      Anderes Thema: Gibt es eine Spekulationsblase am US-Immobilienmarkt? Ich stellte Robert Tracy von Apogee Research diese Frage. Robert antwortete: "Die zweistelligen Preissteigerungen bei US-Immobilien in Zeiten von Wirtschaftsschwäche und wachsender Arbeitslosigkeit sind nicht nur unhaltbar, sondern reif für eine Korrektur. Hinzu kommt, dass sich in der Geschichte alle Spekulationsblasen aufbauten, weil die Leute dachten, dass die Preise ewig steigen würden und man deshalb am besten sofort kaufen sollte. Und wenn man heute Kommentare zum US-Immobilienmarkt hört, dann klingen diese ähnlich. Das Haus, das man heute will, wird morgen angeblich teurer sein. Deshalb lebt die Psychologie, die Spekulationsblasen fördert, immer noch – und sie entwickelt sich gut."

      Ok, und wer wird darunter am meisten leiden? Robert Tracy antwortete: "Die Liste der Verlierer bei einem Platzen der Spekulationsblase wird lang sein, denn die gesamte Wirtschaft wird das spüren", so seine Prognose. "Die Konsumausgaben sind trotz steigender Arbeitslosigkeit und fallenden realen Einkommen relativ stark geblieben, da die Leute ihre Hypotheken erhöhten und das Geld in den Konsum steckten. Ein Crash bei den Immobilienpreisen wird dazu führen, dass viele Hausbesitzer merken werden, dass der Wert ihres Hauses geringer ist als ihre Hypotheken. In diesem Fall werden die Konsumenten dazu veranlasst werden, ihre Konsumausgaben zurückzuführen." (Wenn Sie den US-Immobilienmarkt "shorten" wollen, dann gibt es auch am deutschen Markt entsprechende Papiere, die dies ermöglichen. Siehe das Angebot von Optionsschein-Profits – www.optionsschein-profits.de).

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      Hochmut kommt vor dem Fall

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner, zurück in Paris

      *** Laut Reuters stagnierten die Einzelhandelsumsätze in den USA letzten Monat. Auch die Autoverkäufe.

      *** Die Kleinanleger kaufen weiterhin Aktien; die Insider verkaufen weiterhin. Die Insider verkauften letzten Monat für jede Aktie, die sie kauften, 6,45 Aktien.

      *** Der Goldpreis ist wieder über 350 Dollar gestiegen. Wenn man alle Aktien des Dow Jones kaufen will, dann würde einen das 25,7 Feinunzen Gold kosten. Vor 23 Jahren hätte man das mit einer einzigen Feinunze bezahlen können. Und man wird das wieder können – so meine Einschätzung. Ich erinnere die Leser an den ..."Trade der Dekade", der da lautet: Die Aktien des Dow Jones verkaufen und Gold kaufen.

      *** "Unsere Macht ist so groß, und es ist unwahrscheinlich, dass sie in den nächsten Jahren herausgefordert werden wird", so Admiral Stansfield Turner, ehemals CIA-Vorsitzender, gegenüber einem britischen Reporter. "Man muss schon nach Rom zurückblicken, um eine Parallele zu finden. Es reicht nicht aus, von den USA als Supermacht zu sprechen. Wir sind eine Super-Duper-Macht, und ich weiß nicht, ob die Welt so etwas schon einmal gesehen hat."

      "Westeuropa ist wörtlich ein sterbender Kontinent, demografisch und geistig", fügte Richard Neuhaus, ein neo-konservativer Theologe mit Freunden im Weißen Haus hinzu. "Während die Leute in Amerika voll von Energie sind, gefüllt mit technischer Erfahrung, ( ...)."

      Erinnern Sie sich, liebe(r) Leser(in)? Was kommt noch einmal vor dem Fall?
      -------------------------------------------

      Das Beispiel Argentinien, Teil 2

      von James Davidson

      Die zunehmende Bitterkeit und Polarisierung in der Politik in den heutigen USA ist zum Teil eine Konsequenz der wachsenden wirtschaftlichen Ungleichheit. Mit Beginn der "Informations-Volkswirtschaft" sind die Einkommen für die Leute mit hohen Fähigkeiten in diversen Bereichen dramatisch gestiegen, während die Löhne für ungelernte Arbeiter real sogar gefallen sind. 1998 besaßen die obersten 1 % der Amerikaner 47,3 % des "Netto-Finanzvermögens" aller amerikanischen Haushalte.

      Die Reichtumsverteilung ist in den USA sogar noch stärker konzentriert, als sie es in Argentinien in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war. Aber das bedeutet nicht zwangsläufig, dass die USA den Weg von Argentinien gehen werden.

      Vielleicht haben Sie ja schon meinen gestrigen Beitrag im Investor`s Daily zu Argentinien gelesen. Dort zeigte ich, dass es mit Argentinien wirtschaftlich bergab ging, als mit Ausweitung des Wahlrechts eine radikale Partei an die Macht kam, die bewusst die Mittelklasse künstlich kultivieren wollte. Die radikale Politik tendierte dazu, die Reichen zu bestrafen und Investitionen zu verhindern. Konsequenterweise war Argentinien eines der wenigen Länder, in denen es keinen Wirtschafsboom in den "Goldenen 1920ern" gab.

      Als 1929 die Weltwirtschaftskrise begann, war Argentinien ein stark polarisiertes Land. Es war für die meisten Gebildeten offensichtlich, dass der Präsident Hipolito Yrigoyen alt, senil und unfähig war. Es war weit bekannt, dass öffentliche Stellen verkauft wurden, und dass Yrigoyen neue, unnötige Posten schuf, um ein stetiges Angebot zu haben, das er vergeben konnte.

      Obwohl er 1928 wiedergewählt worden war, fehlte Yrigoyen die öffentliche Unterstützung. Niemand schien sich groß darum zu kümmern, was er machte. Es gab keine wirklichen Anhänger von Yrigoyen, keine Massen von leidenschaftlichen Demonstranten, die für ihren Glauben an Yrigoyen auf die Barrikaden gegangen wären.

      Am 5. September 1930 verlangte der respektierte Dekan der Gesetzesschule in Buenos Aires den Rücktritt von Yrigoyen. Am nächsten Tag putschten die Kadetten der Militärakademie, und die Regierung von Yrigoyen wurde gestürzt. Der Oberste Gerichtshof Argentiniens akzeptierte diesen Sturz von Yrigoyen. Das machte den Weg für mehr Katastrophen frei, obwohl die konservativen Regierungen, die Argentinien in den 1930ern regierten, mit der Weltwirtschaftskrise gut zurechtkamen. Die 1930er waren eine der wenigen Dekaden des letzten Jahrhunderts, in denen Argentinien sich besser als die reichen Volkswirtschaften entwickelten.

      Das Problem war, dass die relative starke wirtschaftliche Performance Argentiniens in den 1930ern von Regierungen erreicht wurde, von denen man annahm, dass sie die Wahlen nur durch Fälschungen gewonnen hatten. Da die Erweiterung des Wahlrechts eine permanente Mehrheit für eine Einkommensumverteilung geschaffen hatte, glaubten viele unter den Reichen, dass man eine gute Regierung nur durch Fälschen der Wahlergebnisse erhalten könnte.

      Besonders bekannt war, dass Farmer in der Provinz Buenos Aires bestochen oder eingeschüchtert wurden, damit sie die Kandidaten wählten, die von den großen Landbesitzern unterstützt wurden. Der Fakt, dass die Konservativen wiederholt die Wahlen gewannen, führte zu Bitterkeit und einer Polarisierung der Bevölkerung, nicht nur gegen die Reichen, sondern auch gegen die Gerichte, die die Wahlen für rechtens erklärten. Besonders der Oberste Gerichtshof wurde als Sprachrohr der Interessen der Reichen gesehen.

      1943 gab es in Argentinien einen weiteren Militärputsch, und einer der Führer dieses Putsches war Juan Peron – der als Führer gesehen werden wollte, der die Oberschicht "bestrafen" könnte. Die Pachtzahlungen der Kleinbauern wurden auf das Niveau von 1940 minus 20 % zurückgefahren und eingefroren. Das war – nicht überraschend – sehr populär unter den Kleinbauern, aber nicht bei den Großgrundbesitzern. Unabhängig von der Frage der Popularität hatte das einen verheerenden Einfluss auf die Getreideexporte Argentiniens – zu einem Zeitpunkt, als Argentinien seinen Anteil am Weltmarkt hätte vergrößern können. Aber die Getreideproduktion wurde zugunsten der Fleischproduktion zurückgefahren, da die Kleinbauern auch Vieh züchten wollten. Wachstum wurde verschenkt, weil man verhindern wollte, dass die Reichen noch reicher würden.

      Das Fehlen juristischer Unterstützung für die Eigentumsrechte an Grundstücken hat bis heute negative Nachwirkungen. Dieses Fehlen von Unterstützung seitens der Justiz ermöglichte die chronische Hyperinflation, die von 1960 bis 1994 andauerte. In ihrem fortgesetzten Bemühen, die Mittelklasse zu vergrößern, drängten die argentinischen Regierungen die argentinischen staatlichen Unternehmen zum Einstellen von Leuten, die eigentlich nicht benötigt wurden, was die Unternehmen wiederum zu erhöhter Verschuldung nötigte, um die Löhne bezahlen zu können.

      Im Gegenzug wurden die argentinischen Unternehmen vor ausländischem Wettbewerb geschützt. Wenn die Unternehmen ihre Lohnzahlungen nicht erbringen konnten – was regelmäßig passierte –, dann druckte die Zentralbank einfach Geld, um die Löcher in den Bilanzen stopfen zu können. So kam es zur Hyperinflation.

      Als Präsident Carlos Menem 1994 endlich wieder richtiges Geld einführte (indem er den Peso an den Dollar koppelte), wurden auch staatliche Unternehmen privatisiert und die Importbarrieren reduziert. Konsequenterweise hatten die argentinischen Firmen, die plötzlich mit dem Wettbewerb konfrontiert wurden, keine Wahl: Sie mussten produktiver werden. Und sie wurden es. Es wurden viele überflüssige Arbeitsplätze in ehemals staatlichen Unternehmen abgebaut. Die argentinische Industrie wurde schnell wieder wettbewerbsfähig. 1997 hatte Argentinien das zweithöchste Wirtschaftswachstum – nach China.

      Allerdings liefen auch die Staatsausgaben aus dem Ruder. Versuche, die Steuern zu erhöhen, um die erhöhten Ausgaben zu finanzieren, stießen auf Widerstand. Viele Argentinier weigerten sich einfach, zu bezahlen.

      Der einzige Weg, die erhöhten Ausgaben zu finanzieren, waren neue Schulden (das Anwerfen der Druckerpresse war wegen der Koppelung des Peso an den Dollar nicht mehr möglich). Der Präsident Fernando de la Rua hatte nicht die Überzeugungskraft, die Ausgaben zu kürzen. Und die anderen Politiker forderten immer höhere Ausgaben.

      Was kann man vom Beispiel Argentinien lernen? Die negativen Effekte einer Einkommensumverteilung intensivieren sich, wenn es einen größeren Prozentsatz reicher Leute in diesem Land gibt. Dieser größere Prozentsatz kann die Wähler polarisieren und zu einer Destabilisierung und Delegitimierung der Regierung führen. In den USA gab es zuletzt Entwicklungen, die mit der Situation in Argentinien im letzten Jahrhundert vergleichbar waren. So gab es in der Öffentlichkeit Widerwillen gegen Daytrader und "dot.com"-Millionäre, und gegen milliardenschwere Prominente. Wenn eine Wahl so polarisiert ist, dass die Entscheidung von marginalen Fehlern beim Zählen abhängt – wie die letzte US-Präsidentenwahl in Florida –, dann könnte die Politisierung der Gerichte (die über den Wahlausgang entscheiden) auch zu ernsten und perversen wirtschaftlichen Ergebnissen führen.

      Die USA und andere Länder imitieren auch in anderen Bereichen Argentinien. Sie sind sicher scharf darauf, ihre Währungen abzuwerten. Das macht den Besitz von Gold attraktiver. Es ist auch wahrscheinlich, dass die großen Währungsblöcke der Welt die Zinsen weiter senken werden, bis die Volkswirtschaften wieder zu einer robusten Erholung zurückgefunden haben. Da Deutschland und ein großer Teil Europas an der Schwelle zu einer Deflation stehen, werden die Zinsen in Euroland noch weiter sinken.

      Die Depression in Argentinien reflektiert das gewaltige Schuldenmachen und schließlich die Insolvenz – als ultimatives Ergebnis der Fehlinvestitionen des argentinischen Staates. Obwohl die Geldpolitik in den USA nicht so turbulent ist, wie sie es in Argentinien war, ist es nicht unmöglich, dass das argentinische Beispiel auch für die USA den Weg vorgeben wird. Die USA leiden unter einem Berg von Schulden, sowohl auf Bundesebene als auch auf Konsumentenebene ... und wie in Argentinien ist ein großer Teil dieser Schulden in Ausgabenposten geflossen, die es niemals auf höchste Priorität gebracht haben sollten.

      Diese unglückliche Ehe von leichten Krediten und Fehlinvestitionen in den USA hat in vielen Industrien zu Überkapazitäten geführt – und diese Industrien werden jetzt schmerzhaft restrukturiert. Ob diese "Restrukturierung" den USA erlauben wird, das Schicksal Argentiniens zu vermeiden, wird man sehen.

      investorverlag.de
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      schrieb am 03.07.03 20:11:51
      Beitrag Nr. 3.372 ()
      Bald Gefängnisstrafen für Schwarzarbeit?

      Das Bundeskabinett hat heute beschlossen, Schwarzarbeit künftig als Straftat und nicht mehr (wie bisher) als Ordnungswidrigkeit zu verfolgen. Während bisher also Bußgelder bis 100.000 Euro verhängt werden und Lohnsteuer und Sozialabgaben für die Schwarzarbeiter nachgezahlt werden müssen, könnte Schwarzarbeit bald als Straftatbestand im Strafgesetzbuch erscheinen und sogar mit einer Gefängnisstrafe bedroht werden - und zwar für Auftraggeber und Auftragnehmer, die dann beide vorbestraft wären. Zudem soll Schwarzarbeit künftig vom Zoll bekämpft werden, und nicht mehr von der Bundesanstalt für Arbeit.

      Die Regierung reagiert hiermit wohl auf die massiv gewachsene Schattenwirtschaft, die sie freilich selbst mit den Einschränkungen der Minijobs ab 1999 unterstützt hat. Erst die Lockerung der alten Billiglohnvorschriften (die fast einem Verbot der geringfügigen Beschäftigung gleichkamen) ab April 2003 haben zu einem Boom an neuen, legalen Minijobs geführt, aber kaum einen Schwarzarbeiter aus der Schattenwirtschaft in ein legales Beschäftigungsverhältnis zurückgeführt.

      Offenbar will man aber immer noch nicht einsehen, daß Abgabenquoten bis zu 75% (gerechnet auf die gesamten Personalaufwendungen) auch nach der weitgehenden Deregulierung der Minijobs wie übrigens auch der befristeten Beschäftigung und Arbeitnehmerüberlassung infolge des Hartz-Konzeptes das Arbeitsverhältnis noch immer nicht sehr attraktiv erscheinen lassen. Vorstandsvorsitzende und andere Führungskräfte, die mit goldenem Fallschirm wegen Unfähigkeit und Erfolglosigkeit abgeworfen werden, sind auch nicht gerade ein gutes Vorbild zur Ehrlichkeit - im Arbeitsverhältnis wie im Steuerrecht. Und da guter Aufsichtsrat teuer ist, wundert es nicht, daß was die Großen tun, die Kleinen schon lange können - nur halt in anderen Formen, nämlich "Schwarzarbeit".

      Doch der Beschluß ist unklug, und zwar auf zweierlei Art. Erstens werden Auftraggeber wie Auftragnehmer gleichermaßen kriminalisiert, was natürlich bedeutet, daß sie zusammenhalten - denn wer den anderen verpfeift, ist selber fällig. Nur durch eine Straffreiheitsregel bei Anzeige des jeweils anderen vertragsteiles könnte man das Problem knacken - denn dann hätte der Schwarzarbeiter u.U. sogar erst nach Abschluß der Arbeit einen Grund, sich selbst anzuzeigen, aber nur die Verurteilung des Auftraggebers zu riskieren.

      Weiterhin aber geht man offensichtlich den falschen Weg, nämlich den weiterer Einschränkungen und Ve rknappungen. Anstatt ein phänomen an seiner Ursache zu bekämpfen, nämlich den geradezu grotesk überhöhten Steuern und Abgaben, geht man gegen das Symptom vor, und unterwirft damit auch die legale, offizielle Wirtschaft neuen, bürokratischen Kontrollen und Fahndungsmaßnahmen. Das gilt auch hier, denn subtrahiert man die Schwarzarbeiter von der Arbeitslosenquote, dann haben wir möglicherweise beinahe Vollbeschäftigung - und auch schwarz verdiente Euros werden schließlich wieder legal ausgegeben. Eine (wirksame) Bekämpfung der Schattenwirtschaft schadet also der Allgemeinheit genau wie eine Bekämpfung der "legalen" Wirtschaft. Aber das sieht Rot-Grün nicht ein...

      Aber das kennen wir ja aus anderen Bereichen, etwa dem Krieg des Umweltministers gegen die Energiewirtschaft, die Verkehrsbranche oder gegen die Getränkeindustrie, die übrigens alle zahlreiche "legale" Arbeitsplätze gekostet haben: wo immer sich eine Nachfrage zeigt und zu einem blühenden Markt führt, wird nachhaltig verknappt: weg mit dem billigen Benzin, weg mit den Billigfliegern, weg mit den Getränkedosen, weg mit der stabilen Stromversorgung, die Mobilität Abschaffen, überall aussteigen und alles verteuern, Henry Morgenthau hätte seine helle Freude gehabt. Rot-Grün hat also nichts hinzugelernt. Wie immer. Nur daß Versailles jetzt Kyoto heißt.

      Den nächsten Akt in diesem Drama nimmt übrigens noch kaum einer zur Kenntnis: Die geplante Einführung einer Wirtschaftsnummer, die derzeit schon in einem Pilotprojekt im Landkreis Neumarkt ausprobiert wird, soll behördenübergreifende Datenabgleiche und Rasterfahndungen erleichtern. Das wird die nächste Waffe des Regimes im Kampf gegen den Markt.

      Links zum Thema: Übersicht zur Neuregelung der Minijobs | Steuer- und Abgabenbelastung in diesem unserem Lande | Das Dosenpfand kostet erste Arbeitsplätze | Die reale Zahl: 7,2 Millionen Arbeitslose? | Kleine Übersicht über das Hartz-Konzept zur Reform des Arbeitsmarktes | Die geplante Einführung einer Wirtschaftsnummer | LKW-Maut, Überwachung von Autofahrern und Energiepreise nach 2003 | CO2-Neurose und Nachhaltigkeits-Wahn | Was man so alles kaufen kann... oder sogar muß | EU-Parlament stimmt Plänen zu Zertifikatehandel zu | Benzin für 27 Cent (52,9 Pfennig) pro Liter | Photovoltaik-Kostenrechnung: 2,22 Euro pro Kilowattstunde! | Wissenschaftler gegen "Klimapolitik" und das Kyoto-Protokoll (interne Links)


      © Harry Zingel 2003; Boyneburgufer 10, 99089 Erfurt, Tel. 0172-3642082, 0361-2606029, Fax 0361-2118928
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      Avatar
      schrieb am 03.07.03 20:18:32
      Beitrag Nr. 3.373 ()
      LKW-Maut, Überwachung von Autofahrern und Energiepreise nach 2003

      Die kilometerabhängige LKW-Maut kommt nun doch ab 2003: am Freitag stimmte der Bundesrat einem entsprechenden Gesetz nach einem Vermittlungsverfahren zu. Damit ist der Weg frei zu einer weiteren Erhöhung der Mobilitätskosten in Deutschland.

      In der aktuellen Debatte wird oft vergessen, daß eine LKW-Maut ja bereits seit Jahren existiert, und zwar in der Form, daß die zu zahlende Gebühr deutschen Fahrzeughaltern bei der Kfz-Steuer gutgeschrieben wird, für ausländische Fahrzeughalter jedoch nicht erstattungsfähig ist. Wir haben also nicht mit einer Einführung, sondern mit einer Erhöhung der Maut zu tun.
      http://www.bwl-bote.de/20020323.htm
      Auch die gestrige Aussage von Kurt Bodewig, die Maut werde "überwiegend" zweckgebunden zum Ausbau des Straßennetzes genutzt, kann nur als Frechheit bezeichnet werden, denn die Regierung verwendet schon längst eine Menge Mittel aus Kfz-, Öko- und Mineralölsteuer für verkehrsfremde Projekte wie die Rentenversicherung oder etwa die Altschulden der Bahn. Sollte man hier vielleicht von Veruntreuung von Steuermitteln sprechen?

      Ob und wie die datenschutzrechtlichen Probleme in dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf ausgeräumt wurden, ist derzeit noch nicht bekannt. Problematisch war insbesondere, daß eine kilometerabhängige Überwachung ja eine Totalüberwachung aller Fahrten erfordert - denn anders läßt sich das ja kaum exakt abrechnen. Big brother ist watching you!

      Und man muß kein Hellseher sein um sich vorstellen zu können, was aus diesem System noch alles gemacht werden kann: daß eine kilometerabhängige Maut auch für PKW kommt, wurde ja schon mehr oder weniger direkt angekündigt, und mit dem neuen, europäischen Satellitennavigationssystem "Galileo" wäre man unabhängig von der Technologie der US-Militärs, d.h., könnte so schöne Dinge wie automatische Geschwindigkeitsbeschränkungen per Satellit oder die Bestrafung von Temposündern durch Geschwindigkeitsmessung aus dem Weltraum realisieren...

      Der Autofahrer ist der einzige Verkehrsteilnehmer, der nicht nur seinen eigenen Verkehrsweg finanziert, sondern auch noch eine Menge anderer Kosten trägt. Sicher wäre interessant zu überprüfen, wie sich das mit dem Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz aus Art. 2 Abs. 1 GG verträgt, aber da Deutschland keine echte Verfassung besitzt (Art. 146 GG), kümmert das wohl niemanden. Ebenso interessant wäre es zu sehen, wie sich die Eisenbahn fortentwickelt, wenn sie ausschließlich aus dem Verkaufsumsatz ihrer Leistungen ohne staatliche Zuschüsse ihr Streckennetz finanzieren müßte - genau wie jeder Unternehmer, der ja auch ohne staatliche Subventionen aus dem Verkauf seiner Produkte und Leistungen überleben muß.

      Doch wir sind noch lange nicht am Ende der Fahnenstange angekommen: Der sogenannte Rat für nachhaltige Entwicklung empfiehlt, durch CO2-Zertifikatehandel, d.h., durch drastische Benzinpreiserhöhungen, bis 2015 den Anteil des Individualverkehrs auf 70% zu beschränken. Wenn man sich von der Schreckensvision erholt hat, die in diesen Zeilen steckt, fällt zunächst auf, daß hier erstmals direkt zugegeben wird, daß der Zertifikatehandel mit extremen Preiserhöhungen verbunden sein wird - und all den gesellschaftlichen Verteilungskämpfen, die politische Preissetzungen nunmal mit sich bringen.

      In diesem Zusammenhang interessiert übrigens ganz sicher auch, daß letzte Woche alle im Bundestag vertretenen Parteien einstimmig das Protokoll von Kyoto ratifiziert haben, das den Weg zu Zertifikatehandel, d.h., zur Zwangsbewirtschaftung von Luft ebnet. Auch die CDU/CSU, die ja bereits angekündigt hat, die nächste Stufe der Ökosteuer ab 2003 aussetzen zu wollen, was nunmehr ungefähr so glaubwürdig ist wie die diversen Aussagen über nicht empfangene Spendengelder...

      Zugleich hat der E.ON-Vorstandsvorsitzende Ulrich Hartman am Donnerstag bei der Vorlage der Jahresbilanz seines Konzerns Strompreiserhöhungen von 10% und mehr angekündigt - das wird wohl nur ein Vorspiel verglichen mit den Dingen, die uns die CO2Zertifikate noch bringen werden...

      Den Lesern der Bundesregierung, die sich regelmäßig in der Log-Datei dieser Domain finden, sein ein Blick in das Grundgesetz, insbesondere die Lektüre und geistige Verarbeitung von Artikel 20 Abs. 3 und 4 empfohlen...

      Aktuell zum Thema: Unglaubliche Einschränkungspläne des sogenannten Nachhaltigkeitrates (externer Link).
      Avatar
      schrieb am 03.07.03 20:22:20
      Beitrag Nr. 3.374 ()
      Avatar
      schrieb am 03.07.03 21:24:40
      Beitrag Nr. 3.375 ()
      Menschenrechte gelten auch für Migranten

      Wanderarbeiterkonvention der Vereinten Nationen ist in Kraft / Bundesregierung und Arbeitgeber lehnen Initiative ab


      Von Albrecht Kieser



      Auf der Suche nach Schlupfloch und Job
      (dpa)



      In Genf wurde Sekt gereicht: Vertreter der Vereinten Nationen (UN), der mexikanische Botschafter als Vertreter der Unterzeichnerstaaten und Mitglieder von entwicklungspolitischen Organisationen feierten das Inkrafttreten der UN-Wanderarbeiterkonvention. Deutsche Regierungsvertreter hingegen fehlten bei der Feier im Palais des Nationes. Berlin lehnt die Konvention ab, die vor 13 Jahren von der Vollversammlung der Völkergemeinschaft verabschiedet wurde und allen Migranten weltweit dieselben Rechte zusichern soll wie einheimischen Arbeitskräften.

      Über 170 Millionen Menschen arbeiten Schätzungen der UN zufolge außerhalb ihrer Heimatländer. Die am 1. Juli in Kraft getretene Konvention geht auf die Initiative solcher Staaten zurück, aus denen seit vielen Jahren Menschen in großer Zahl emigrieren. So arbeiten allein fünf Millionen Bürger der Philippinen in Südostasien, im Nahen Osten und in Europa. Eine Million Marokkaner sind nach Europa emigriert, ebenso mehrere Hunderttausend Südamerikaner.

      Das treibende Motiv der Regierungen in den Herkunftsstaaten war, ihre Bürger gegen Diskriminierung, Gewalt und Ausbeutung im Ausland zu schützen. Das Entscheidende und Neue an der jetzt geltenden Konvention ist nicht nur, dass in 71 Artikeln die Menschenrechte, wie sie in den Erklärungen der UN definiert sind, für Migranten konkretisiert werden. Herausragend ist der Text, weil er allen Wanderarbeitern - jenen mit einem regulären Aufenthaltsstatus ebenso wie denen, die diesen nicht besitzen - die Menschenrechte zuerkennt. Die Grundsätze der Konvention wie etwa das Recht auf vereinbarten Lohn, auf Zugang zum Justiz- und Gesundheitssystem oder zum Schulwesen sollen in Zukunft allen Migranten zu stehen.

      Zwar wird den Staaten nicht das Recht abgesprochen zu entscheiden, welche Ausländer sie ins Land lassen und wen sie ausweisen wollen. Aber die Konvention stellt die Menschenrechte aller Migranten über diese juristischen Möglichkeiten für die jeweiligen Regierungen. Legale Migranten dürfen zum Beispiel nicht allein deshalb ausgewiesen werden, weil sie arbeitslos geworden sind und Sozialhilfe beziehen. Irregulären Migranten und ihren Kindern wird das Recht auf Schulbesuch und der Zugang zum Gesundheitswesen ebenso zugesichert, wie ein den Einheimischen vergleichbarer Lohn, gleiche Beschäftigungsbedingungen und gleicher Kündigungsschutz. Wenn nötig, soll auch ein "illegaler" Migrant seine Lohnansprüche auf dem Rechtsweg durchsetzen können. Schließlich darf einem Wanderarbeiter sein verdienter Lohn ausdrücklich nicht mit der Rechtfertigung abgenommen werden, er habe seine Arbeit als "Illegaler" verrichtet oder er müsse damit seine Ausweisungskosten finanzieren. Diese Praxis ist in Deutschland üblich.

      Mehr als 20 Herkunftsländer haben bislang die Konvention unterzeichnet, allerdings kein einziger Industriestaat. Auch die Bundesregierung hat sich geweigert, die Konvention, die nunmehr in den Beitrittsstaaten gültiges Völkerrecht ist, zu ratifizieren. "Die Position der Wanderarbeitnehmer in ungesetzlichen Situationen wird in dem Übereinkommen in einer Weise geschützt, die über das unbestrittene Erfordernis, ihnen grundlegende Menschenrechte nicht zu verweigern, weit hinausgeht", erklärten wortgleich die konservativ-liberale und die rot-grüne Regierung 1996 und 1999.

      Der Deutsche Gewerkschaftsbund unterstützt dagegen die Konvention. Sie schütze nicht nur illegale Migranten vor besonders schlimmer Ausbeutung, sondern sei auch im Interesse der deutschen Arbeitnehmer und der legal hier lebenden Wanderarbeiter. Denn sie sei ein Instrument, um die Spaltung des Arbeitsmarktes zu bekämpfen. Heute würden illegale Migranten besonders im Bau- und Reinigungsgewerbe, in Hotels und Gaststätten, aber auch in der Landwirtschaft dazu benutzt, Lohn- und Sozialdumping zu betreiben. Die Ratifizierung der Konvention und ihre Umsetzung in nationales Recht werde diese Politik unterbinden.

      Ablehnung signalisiert dagegen der Bundesverband der Deutschen Arbeitgeberverbände. Konsequenterweise blieben deshalb deutsche Regierungsvertreter fern, als die "UN-Konvention über die Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familien" in Genf gefeiert wurde.

      Die Konvention ist im Internet nachzulesen unter www.december18.net



      Dokumentation: Vom wirtschaftlichen Nutzen der illegal Eingewanderten



      fr-aktuell.de


      [ document info ]
      Copyright © Frankfurter Rundschau 2003
      Dokument erstellt am 02.07.2003 um 18:16:16 Uhr
      Erscheinungsdatum 03.07.2003
      Avatar
      schrieb am 03.07.03 21:32:34
      Beitrag Nr. 3.376 ()
      Vom wirtschaftlichen Nutzen der illegal Eingewanderten:( :( :(

      In den Treibhäusern Andalusiens sichern die Flüchtlinge aus Nordafrika Standortvorteil und Rendite der spanischen Gemüsebauern / Von David Neumann

      Täglich landen Einwanderer ohne gültige Papiere an der Südküste Europas. 16 504 Frauen und Männer wurden beispielsweise im vergangenen Jahr von der spanischen Küstenwache aufgegriffen und festgenommen. In Almería, südspanische Provinz in Andalusien und größter Gemüselieferant der EU-Regionen, rechnet man fest mit der Arbeitskraft dieser „Clandestinos“, um die eigene Wettbewerbsfähigkeit aufrechtzuerhalten. Das mit Hilfe der illegal Eingewanderten produzierte Gemüse ziert täglich die Sortimente der Supermärkte in Deutschland, Frankreich oder Italien. Der Beitrag ist ein Auszug aus der im Oktober 2002 an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz vorgelegten Magisterarbeit des Politologen David Neumann. (ber)





      Wirtschaftswandel in Almería


      Illegaler Einwanderer in Almería
      (afp)



      Bis in die siebziger Jahre hinein steckte die Provinz Almería in einer tiefen wirtschaftlichen Depression. Ihr Entwicklungsniveau lag nicht nur weit unter dem von Spanien, sondern auch unter dem der schon relativ armen Autonomie Andalusien, zu der Almería gehört. Das Pro-Kopf-Einkommen Almerías war das niedrigste in ganz Spanien, die Emigrationsrate der Provinz die höchste in ganz Andalusien, praktisch alle Wohlfahrtsindikatoren wiesen nach unten.

      Diese negative ökonomische Situation basierte auf der peripheren Lage Almerías, die zu einer unterentwickelten Infrastruktur führte. Die einst ergiebigen Blei-, Eisen- und Kupferminen waren ausgebeutet, der Anbau von Tafelwein und Orangen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war mühsam und blieb wirtschaftlich erfolglos. Almería war viele Jahrzehnte ein durch und durch unterentwickeltes Gebiet.

      Dies änderte sich zu Beginn der siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts, als in der Region des Campo de Dalías mit dem Intensivanbau von Gemüse begonnen wurde. Der Einsatz neuer Kultivierungstechniken in Treibhäusern, in denen praktisch das gesamte Jahr über Gemüse angebaut wird und bis zu drei Ernten pro Jahr eingefahren werden können, sorgte dafür, dass die Wirtschaft der Provinz wieder Anschluss an die nationalen und später auch internationalen Märkte fand.

      Die Ausbreitung der Gewächshäuser aus Plastikplanen und Holzpflöcken erfolgte geradezu explosionsartig, das so genannte "Plastikmeer" dehnte sich besonders in den späten achtziger und den frühen neunziger Jahren stark aus, bis schließlich nahezu die gesamte landwirtschaftliche Nutzfläche zwischen dem Gádor-Gebirge und dem Mittelmeer von Plastik bedeckt war. Auch heute noch breiten sich die Treibhäuser an den östlichen und westlichen Randzonen um ungefähr 1500 Hektar pro Jahr aus

      Zwischen 1967 und 1975 stieg das Pro-Kopf-Einkommen so stark wie in keiner anderen Provinz Spaniens. Während der nächsten zwei Jahrzehnte stabilisierte sich die Wirtschaft Almerías; der Tourismus-Sektor sowie die Ansiedelung von Industrie für den Landwirtschaftsbedarf (Pflanzenschutzmittel, Samen etc.) sorgten für ein zusätzliches Wachstum. Im Jahr 2001 war Almería die Provinz mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen von Andalusien und in ihr wurden in den letzten Jahren die meisten Arbeitsplätze aller Provinzen Spaniens geschaffen. Im Vergleich mit Andalusien lag die Arbeitslosigkeit in der Provinz mit 22 Prozent um zehn Prozentpunkte unter dem Durchschnitt. In Hochburgen des Intensivanbaus verzeichnet die offizielle Statistik nur zwei bis drei Prozent Arbeitslose, während die Arbeitslosenquoten in den Gegenden außerhalb des Intensivanbaus bis heute unvermindert hoch geblieben sind.

      Stärker als alle anderen Faktoren hat der Intensivanbau von Gemüse in Almería zum Wirtschaftsaufschwung geführt. Die neuen Anbautechniken brachten eine ca. sechzehnfache Steigerung der produzierten Tonnen Gemüse in der Zeit zwischen 1965 und 1995. Almería ist damit der größte spanische Gemüseproduzent. In der Saison 1997/98 wurde mit 2 676 887 Tonnen angebauten Treibhausprodukten im Wert von 151 951 Millionen Peseten (913 Millionen Euro) der bisherige Rekord erreicht. Die Provinz wurde in den neunziger Jahren zum größten spanischen Gemüseexporteur und Hauptgemüselieferant der Europäischen Union. 93 Prozent aller Gemüseexporte wanderten 1999 in Länder der Staatengemeinschaft, davon der Löwenanteil nach Deutschland, Frankreich, Niederlande, Großbritannien und Italien.

      Demographischer Wandel

      Nicht zuletzt wegen der erfolglosen Versuche in der Landwirtschaft war Almería in den ersten 70 Jahren des 20. Jahrhunderts durch Landflucht geprägt. Die Bewohner zogen in Richtung Zentrum oder zu den reicheren Küstengegenden in Valencia oder Katalonien. Die Emigration hatte ein so starkes Ausmaß, dass die Bevölkerungsgröße der Provinz 1970 fast identisch mit der aus dem Jahr 1900 war, während sie in ganz Spanien im selben Zeitraum um 80 Prozent zugenommen hatte. Ungefähr 350 000 Bewohner Almerías emigrierten in dieser Zeit.

      Das änderte sich nach Einführung der neuen Treibhaustechniken, die eine erfolgreiche Bebauung des Bodens ermöglichten. Eine erste Welle der Immigration setzte ein, hauptsächlich bestehend aus Bewohnern der benachbarten Gebiete, dem bergigen Binnenland der Alpujarra, später auch aus anderen Provinzen Andalusiens und Spaniens. Zunächst arbeiteten diese ersten Immigranten der siebziger Jahre als Tagelöhner. Doch schon bald konnten sich viele von ihnen Grundstücke im florierenden Gebiet des Campo de Dalías kaufen und wurden zu Landbesitzern. Land war billig, und Kredite wurden von den Banken zu günstigen Konditionen gewährt. Es herrschte Goldrauschstimmung. In der Regel arbeiteten die landwirtschaftlichen Betriebe als Familieneinheiten. In den kleineren Betrieben, die weniger als zwei Hektar Fläche bewirtschafteten, wurden meist keine abhängig Beschäftigten benötigt, in den etwas größeren nur ein bis zwei.

      In den Jahren 1982/83 endete die Binnenmigration allmählich, und die ersten nicht-spanischen Immigranten kamen, die meisten von ihnen waren Marokkaner. Zugleich erweiterten die Landbesitzer ihren Anbau, um den Profit zu steigern. Viele Familien konnten allein mit der eigenen Arbeitskraft ("autoexplotación") nicht mehr alles bewirtschaften. Auch war die familiäre Arbeitskraft nicht mehr in dem Umfang verfügbar wie zuvor, eine Folge der nun ökonomisch abgesicherten Lage und der Deckung grundsätzlicher materieller Bedürfnisse der meisten Familien. Die Schulerziehung der Kinder bekam Vorrang, Freizeit wurde höher bewertet, harte Arbeit zunehmend abgelehnt. Es entstand eine große Nachfrage nach Arbeitskräften. Da die erste Generation der Immigranten selbst zum größten Teil Landbesitzer geworden war, stellten die neuen Immigranten aus dem Ausland bald die Mehrheit der lohnabhängigen Arbeitskräfte in den Treibhäusern. Nach und nach reduzierten die landbesitzenden Familien ihren Arbeitseinsatz, konzentrierten sich auf leichtere Arbeiten und Organisationstätigkeiten.



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      Als sich herumgesprochen hatte, dass im Campo de Dalías ständig Arbeiter gesucht wurden (und das auch ohne gültige Papiere), änderte sich das Bild des "Almería emigrante". Zwischen 1981 und 1995 immigrierten etwa 50 000 Personen, nahezu alle aus Nordafrika, nach Almería und machten es von einer Auswanderungs- zu einer Einwanderungsprovinz.

      Das Tagelöhnersystem

      Trotz der Gliederung in meist kleine Familienbetriebe ist die Treibhausproduktion in Almería nicht als rückständig zu bezeichnen. Im Gegenteil: Die Arbeitsorganisation beim Intensivanbau von Gemüse ist den Anforderungen des spätkapitalistischen globalisierten Marktes perfekt angepasst. So ist es bei Anstieg der Nachfrage nach Gemüse ohne weiteres möglich, die Ernte zu beschleunigen. Zum einen geschieht dies durch die Regulierung von Temperatur und Feuchtigkeit in den Treibhäusern, zum anderen durch die vorübergehende Verpflichtung von Arbeitskräften, die immer zur Verfügung stehen: den so genannten "Illegalen", den Immigranten ohne gültige Papiere. Preisliche Konkurrenzfähigkeit wird durch niedrige Löhne erreicht, besonders für die unregelmäßig Beschäftigten. Meist liegen deren Löhne zwischen 18 und 25 Euro pro Tag und damit deutlich unter dem in Almería gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn von 32,45 Euro, dem niedrigsten in ganz Spanien.

      Die Arbeitszeit in den Treibhäusern, in denen Temperaturen bis zu 45 Grad Celsius und 90 Prozent Luftfeuchtigkeit herrschen, beträgt rund zehn Stunden täglich. Die eingesetzten Pestizide rufen nicht selten Hautirritationen bei den Erntehelfern hervor. Die schlechten Arbeitsbedingungen führen dazu, dass die meisten Immigranten, sobald sie eine Aufenthaltsgenehmigung erworben haben, den Campo de Dalías verlassen und in anderen Gegenden Spaniens Arbeit suchen.

      Arbeitsverträge mit den Immigranten werden in der Regel nur mündlich geschlossen, oft gelten sie nur für den jeweiligen Tag, was gesicherte Angaben über die tatsächliche Zahl der Beschäftigten praktisch unmöglich macht. Eine Vertragsbindung über eine ganze Saison hinweg ist die absolute Ausnahme. Zwar sind längerfristige Beschäftigungen eigentlich vom Gesetz her vorgesehen, jedoch erweist sich die Anstellung illegal Eingewanderter als nützlicher für die Landbesitzer. Der offizielle Weg über die Beantragung von Arbeitskräften, die dann mit einem gültigen Vorvertrag nach Almería einreisen, hat für sie viele Nachteile: Zum einen sind die jährlich durch die Zentralregierung festgelegten Kontingente viel zu niedrig, als dass sie die Nachfrage nach Arbeitskräften decken könnten. Die Kontingente haben sich in den letzten zehn Jahren trotz der Ausdehnung des Anbaus kaum erhöht. Zum anderen werden während der Erntephasen für jeweils kurze Zeit viele Helfer gebraucht, während in der restlichen Zeit deutlich weniger Arbeit anfällt.

      Aus Sicht der Landbesitzer dauert es über den offiziellen Weg viel zu lange oder es lohnt sich einfach nicht, Einreisewillige mit einem regulären Vorvertrag anzuheuern. Die Flexibilität wäre nicht mehr gegeben. Ein weiterer Punkt ist, dass die Landbesitzer die illegalen Arbeiter vor Ort genau kennen, während sie bei Beantragungen aus dem Kontingent nicht wissen können, wie gut der legale Einwanderer arbeiten wird.

      Und schließlich hilft den Arbeitgebern der illegale Status seiner Arbeiter, ihre Löhne niedrig zu halten, da diese keine Ansprüche einklagen können. Nur äußerst selten wird kontrolliert, wer illegal Eingewanderte beschäftigt, was Almería häufig zur ersten Anlaufstelle für diese macht. Kontrollen in den Treibhäusern, die nach dem Gesetz eine Ausweisung der illegal Eingewanderten nach sich ziehen müssten, würden das profitable System der Niedriglöhne empfindlich stören.

      Illegale Arbeiter werden täglich auf ganz informellem Weg angeheuert: An mehreren Treffpunkten innerhalb und außerhalb der Städte warten jeden Morgen zahllose Marokkaner auf die spanischen Landwirte, die diese nach Bedarf auswählen. Die Arbeiter, die dabei leer ausgehen, wechseln in andere Orte oder warten, bis sie eines Tages gebraucht werden. Nur ca. ein Drittel der Erntehelfer - meist ein bis zwei pro Betrieb - arbeitet das ganze Jahr durchgehend, der Rest - davon die große Mehrheit Einwanderer ohne Papiere - dient den Landbesitzern als stille Reserve, auf die sie in Erntezeiten zurückgreifen können. Diese stille Reserve muss daher ständig durch die Region vagabundieren, um sich den Lebensunterhalt zu verdienen. Die illegal Eingewanderten sind rechtlos und können keine Druckmittel gegen andere einsetzen.

      Durch das Tagelöhnerprinzip erreicht der Intensivanbau eine enorme Flexibilität, und die Landwirte können auf jede Marktschwankung reagieren. Das Überangebot an (illegal eingewanderten) Arbeitskräften trägt dazu bei, die Löhne niedrig zu halten, zumal seit Ende der neunziger Jahre auch Immigranten aus Litauen, Rumänien und vielen Ländern Lateinamerikas Arbeit in Almería suchen, was die Konkurrenzsituation unter den Arbeitern verschärft.

      Die Wohnstruktur

      Obgleich die Immigranten damit der Garant für hohen Profit sind, werden sie vom wirtschaftlichen Wohlstand der Region nicht nur materiell, sondern auch räumlich ausgeschlossen. Schon von den etwa 19 000 offiziell in Almería gemeldeten Ausländern wohnen nur 25 Prozent in Städten oder Dörfern. Der weitaus größere Teil lebt verstreut auf den Feldern in so genannten "cortijos" (wörtlich: Landhaus), Steinbaracken der früheren spanischen Immigranten, oder "chabolas" (Slumhütten), behelfsmäßigen Konstruktionen, die meist mit den gleichen Plastikplanen wie die Treibhäuser bedeckt sind und von den heutigen ausländischen Immigranten selbst aus Restmaterialien des Treibhausbaus konstruiert werden; manchmal handelt es sich auch um Lagerhallen, Werkzeugschuppen oder alte Schäferhütten.

      Ursprünglich dienten die "cortijos" den Immigranten der ersten Welle als Unterkunft, nach dem raschen Anstieg des Wohlstands lebt heute dagegen fast keiner von ihnen mehr darin. Die meisten von ihnen kauften sich nach dem raschen Wohlstandsanstieg Häuser im Stadtkern und/oder Ferienhäuser in nahe gelegenen Badeorten. Die neuen ausländischen Immigranten leben dagegen vereinzelt oder in kleinen Kolonien zwischen den Treibhäusern.
      Die meisten der Steinbaracken sind in einem ruinösen Zustand: Etwa 69 Prozent der "cortijos" im Campo de Dalías haben Strom, nur 45 Prozent fließendes Wasser, 43 Prozent sanitäre Anlagen, 56 Prozent eine Kochstelle. Busanbindungen an die Ortskerne sind die Ausnahme. Die Immigranten müssen nach verrichteter Arbeit mehrere Kilometer zu Fuß in die Stadt laufen, um sich mit frischem Wasser und Lebensmitteln zu versorgen.

      Lagerhallen und Werkzeugschuppen liegen meist direkt neben den Treibhäusern. Daher vermieten die Landbesitzer diese häufig als Wohnung an die Immigranten, die dafür die Treibhäuser bewachen oder andere Tätigkeiten darin verrichten müssen und einen Teil - meist um die 20 Prozent - ihres Lohnes abgezogen bekommen.




      Der Autor
      David Neumann, Jahrgang 1975, studierte in Mainz am Lehrstuhl von Professor Jürgen Falter Politikwissenschaften, außerdem Publizistik und Soziologie. Von 1998 bis 1999 arbeitete er wissenschaftlich in den USA und 2001 in Spanien. In den USA publizierte er im Internet; während des Studiums arbeitete der heute als freier Publizist in Mainz lebende Politologe bei afp, RTL und beim Hessischen Rundfunk. (ber)



      Bei der Betrachtung der Wohnsituation der wenigen Immigranten, die in den Ortskernen wohnen, finden sich Merkmale eines "zweiten Wohnungsmarktes": Die Wohnungen, die an Immigranten vermietet werden, sind meist ältere Häuser mit schlechterer Ausstattung, die Spanier nicht anmieten würden. Die Mieten sind jedoch deutlich erhöht, was dazu führt, dass die Immigranten große Wohngemeinschaften bilden müssen, um sie bezahlen zu können. Oft sprengen diese Gemeinschaften die Kapazität der Wohnungen, miserable hygienische Verhältnisse sind die Folge.

      Die Immigranten werden damit zur Sicherstellung weiterer Renditen aus sanierungsbedürftigen Wohnungen eingesetzt und bringen den Spaniern neben der billigen Arbeitskraft einen weiteren ökonomischen Vorteil.



      Wirtschaft: Menschenrechte gelten auch für Migranten


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      Dokument erstellt am 02.07.2003 um 16:36:01 Uhr
      Erscheinungsdatum 03.07.2003

      :( :( :(
      Avatar
      schrieb am 03.07.03 21:45:06
      Beitrag Nr. 3.377 ()
      Bye bye, New York

      Viele Auslandsbanken kehren Finanzmetropole den Rücken




      whp NEW YORK. Immer mehr ausländische Kreditinstitute brechen in New York ihre Zelte ab. In Zeiten einer schwächelnden Weltwirtschaft und des anhaltenden Konsolidierungsprozesses in der Branche scheint es sich für viele Banken nicht mehr zu rechnen, eine eigene Niederlassung zwischen Hudson und East River zu unterhalten.

      Nach Statistiken der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) ist die Zahl ausländischer Filialen oder Repräsentanzen in der Achtmillionen-Metropole in den vergangenen sechs Jahren um mehr als ein Drittel gesunken. Heute residieren nur noch 235 Auslandsbanken in New York, 1997 waren es noch 375. Anders gerechnet haben sich durchschnittlich zwei Banken pro Monat aus New York verabschiedet. Dieser Trend hat sich zuletzt sogar noch beschleunigt.

      Der größte Teil der Arbeitsplatzverluste im Finanzgewerbe während der letzten fünf Jahre geht auf das Konto der Auslandsbanken. Angeführt wird der Rückzug von den japanischen Banken, die auf ihren Heimatmärkten hohe Verluste erlitten. Von den einst 50 Nippon-Banken, die in New York operierten, sind nur etwa ein Dutzend übrig geblieben.

      Profitiert haben von diesem Abschied der Konkurrenten neben US-Instituten auch europäische Banken. Deutsche und Schweizer Geldhäuser konnten ihre Position weitgehend behaupten. Ihre Zahl ist zwar geschrumpft, allerdings hauptsächlich infolge von Zusammenschlüssen und Übernahmen. Etliche kleine Schweizer Privatbanken haben in New York nie Fuß gefasst. Sie bedienen den US-Markt aus Kanada.

      Seit Anfang des vergangenen Jahres werden vor allem Repräsentanzen geschlossen, die Geschäfte anbahnen sollen. "Ich vermute, dass in der Zukunft nur noch eine Handvoll Banken aus den wichtigsten Ländern in New York präsent sein wird", sagt Roy Smith, Professor an der Stern School of Business der New York University. Im September 2002 waren bei den in New York ansässigen Auslandsbanken 17 411 Männer und Frauen beschäftigt, 5100 weniger als 1993. Allein in den vergangenen fünf Jahren sind 18 Prozent der von Auslandsbanken geschaffenen Arbeitsplätzen verschwunden.

      Dies trifft auch die Anbieter gewerblicher Immobilien hart. Bei einem Durchschnittswert, der zwischen 75 und 150 Quadratmetern pro Angestellten liegt, ergibt sich rechnerisch, dass bis zu 74 000 Quadratmeter Bürofläche frei geworden sind.

      Die Abwanderung der Auslandsbanken steht in krassem Gegensatz zum Trend Anfang der Neunziger Jahre, als diese Institute im Gefolge der Krise bei US-Sparkassen und Geschäftsbanken am Finanzplatz New York aggressiv Stützpunkte eingerichtet hatten. Doch die Konsolidierung der US-amerikanischen Banken hat die Überlebenden - bei allerdings verschärftem Wettbewerb - deutlich gestärkt.


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      Dokument erstellt am 02.07.2003 um 18:04:19 Uhr
      Erscheinungsdatum 03.07.2003
      Avatar
      schrieb am 03.07.03 23:37:56
      Beitrag Nr. 3.378 ()
      Avatar
      schrieb am 03.07.03 23:39:02
      Beitrag Nr. 3.379 ()
      DER NEUE KRIEG: MACHT UND PROFIT IN DEN USA UND IM AUSLAND


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      Den 11.9. ausbeuten

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      Da die Pläne, eine militärische Invasion in Afghanistan durchzuführen, bereits bestanden, konnte man nun den 11. September zum Vorwand nehmen, eine internationale Politik zu starten, die zugleich eine Unterwerfung des ganzen Landes zum Ziele hatte. Unter dem Deckmantel einer Antwort auf die Terroranschläge vom 11. September brachten die Vereinigten Staaten eine internationale Staatenkoalition für einen Bombenkrieg gegen Afghanistan zusammen.

      Aber diese US-amerikanische Reaktion zeigt deutlich, dass dieser angebliche »Krieg gegen den Terrorismus« eben solche politisch motivierten Grausamkeiten beging, wie die Leute, die man zu bekämpfen vorgab, und damit wurde die Idee ad absurdum geführt, die Vereinigten Staaten handelten aus vorrangig humanitären Motiven heraus. Denn sogar die offizielle FBI-Definition von Terrorismus stellt fest: »Terrorismus ist die ungesetzliche Anwendung von Zwang oder Gewalt gegen Personen oder Sachen, mit der Absicht, eine Regierung, die Zivilbevölkerung oder einen Teil von ihr einzuschüchtern oder zu nötigen, und dadurch politische oder soziale Ziele zu befördern. «
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      Hungern und warten auf den Tod

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      Die westliche Strategie, Zivilisten als Ziele auszuwählen, um da- durch regionale soziopolitische Absichten zu verwirklichen - eine Strategie, die direkt unter die Terrorismus-Definition des FBI fällt - formulierte vielleicht am besten der Chef des bri- tischen Verteidigungsstabes, Admiral Michael Boyce. Mit Bezug auf die noch andauernde Bombardierung Afghanistans meinte er nur:

      »Dieser Druck wird so lange andauern, bis die Bevölkerung dieses Landes selbst erkennt, dass dies erst aufhört, wenn sie ihre Führung ausgetauscht hat.« Dieses Eingeständnis scheint klar darauf hinzuweisen, dass die angloamerikanische Strategie die Bestrafung der afghanischen Zivilbevölkerung als notwendiges Mittel betrachtete, um das Endziel eines Sturzes des Taliban-Regimes zu erreichen.
      .....

      Die Tatsache, dass der Krieg gegen Afghanistan selbst ein Akt des internationalen Terrorismus ist, entlarvt die Heuchelei dieses von den Vereinigten Staaten angeführten »Kriegs gegen den Terrorismus«. Die New York Times berichtete Mitte September: »Washington hat [von Pakistan] auch einen Stopp der Treibstofflieferungen verlangt und das Verbot von Lastwagenkonvois, die einen Großteil der für die afghanische Zivilbevölkerung vorgesehenen Lebensmittel und anderen Versorgungsgüter befördern.
      .....

      Der Luftkrieg

      Die Behauptung, dass es sich bei den Bombenangriffen auf die größeren afghanischen Städte um so genannte chirurgische Schläge« gehandelt habe - die angeblich »selektiv« gewesen seien und sich nur gegen militärische Einrichtungen gerichtet hätten -, kann kaum jemand ernst nehmen, der die blutige Tradition des Luftkrieges kennt.
      .....

      Ein Bericht des Obersten Rechnungshofs (General Accounting Office) der Vereinigten Staaten stellt zum Beispiel ganz offen fest, dass die Luftkampagne der »Operation Desert Storm« im Jahre 1991 mehrere Ziele verfolgte: »Es gab fünf Hauptkategorien von Zielen: Kommando- und Kontrolleinrichtungen, die Industrieproduktion, die Infrastruktur, die Moral der Bevölkerung und die Bodentruppen.« Die Bombardierung der zivilen Infrastruktur - Elektrizitäts- und Wasserversorgung, Kanalisation und anderer lebenswichtige Einrichtungen - sollte nach diesem Bericht »die Moral der Zivilbevölkerung schwächen«
      .....

      Bis zum heutigen Tag bombardieren die angloamerikanischen Flugzeuge, die unter dem Vorwand, die Bevölkerung vor Saddam Husseins Gräueltaten zu schützen, die Flugverbotszonen überwachen, routinemäßig nicht nur militärische, sondern auch zivile Ziele. Ein interner Sicherheitsbericht der Vereinten Nationen stellte für eine Zeitspanne von nur fünf Monaten fest:

      »41 Prozent der Bombenopfer waren Zivilisten, die sich in zivilen Zielen aufhielten: Dörfern, Fischereimolen, auf den Feldern und in breiten, baumlosen Tälern beim Hüten ihrer Schafe. Ein Schäfer, sein Vater, seine vier Kinder und sein Schaf wurden von einem englischen oder amerikanischen Flugzeug getötet, das sie sogar zweimal im Tiefflug angegriffen hatte.«

      Das militärische Eingreifen der NATO im Kosovo unter amerikanischer Führung folgte einem ähnlichen Muster.
      .....
      Im Mai gaben Generäle der NATO zu: »Sich nur auf die Bodentruppen zu konzentrieren genügt nicht. [...] Das (serbische) Volk muss an den Punkt kommen, dass es kein Licht mehr hat und seine Brücken blockiert sind, so dass es nicht mehr zur Arbeit gehen kann.« Oder wie der San Francisco Exammer berichtete: offizielle Stellen der NATO äußerten die Ansicht, dass ein starker Druck auf die Zivilbevölkerung das Regime unterminieren wird.
      .....

      Diese Ereignisse zeigen deutlich, dass sich die Vereinigten Staaten bei ihren Bombenangriffen nicht im Geringsten um das Leben der Zivilbevölkerung scherten. Sie zeigen aber auch, dass die Westmächte die Bestrafung des afghanischen Volkes für einen integralen Bestandteil ihrer militärischen Strategie hielten. Der amerikanische Journalist und Friedensaktivist Geov Parrish hat auf der Basis von Zeugenaussagen von Flüchtlingen und Berichten westlicher und pakistanischer Journalisten eine klare vorläufige Bilanz der seit dem Oktober registrierten systematischen Angriffe auf Zivilisten erstellt. Parrishs Analyse beschreibt eine Bombenkampagne, die sich mit System und jeden Tag gegen Zivilisten und die zivile Infrastruktur richtete. Einige wenige Beispiele seien im Folgenden herausgegriffen:

      »ln Dschalalabad wurde die Sultanpur-Moschee während des Abendgebets von einer Bombe getroffen, wobei 17 Menschen im Innern eingeschlossen wurden. Als Nachbarn hinzueilten, um die Verwundeten aus den Trümmern zu befreien, fiel eine weitere Bombe und tötete mindestens 120 Personen. In dem Dorf Darunta in der Nähe von Dschalalabad fiel eine amerikanische Bombe auf eine weitere Moschee. Zwei Personen wurden getötet und Dutzende - vielleicht sogar 150 Menschen - verwundet. Viele dieser Verwundeten vegetieren ohne medizinische Betreuung im Sehat-e-Ama-Krankenhaus in Dscfialalabad dahin, das nicht über die Mittet zur Behandlung der Verletzten verfügt. Die Zahl der getöteten Zivilisten geht wahrscheinlich in die Tausende und wird sich sicher durch zwei neue Entwicklungen sogar noch erhöhen. Die amerikanischen Piloten dürfen nun >nach eigenem Ermessen< feuern - also auf alles, was ihnen vors Visier kommt, ohne erst auf die Erlaubnis von Flugleitoffizieren und deren Auswertung von Satelliten- und Uberwachungsaufnahmen warten zu müssen. Es gibt sogar jetzt Gegenden des Landes, die man zu >Kill Boxes< (Tötungszonen) erklärt hat, die an die >Free-Fire Zones< (Feuer-Frei-Zonen) des Vietnamkriegs erinnern, und wo Afghanen ohne Vorwarnung angegriffen werden dürfen. Diese Kill Boxes werden Tag und Nacht von Tieffliegern überwacht, die den Auftrag haben, auf alles zu schießen, was sich in diesen Gebieten bewegt.«
      .....

      Oberstabsfeldwebel Dave Diaz räumt ein: »Wir fingen da mit so einem Spielchen mit den Begriffen an«, um damit Flieger zu motivieren, "die zögerten, Ziele anzugreifen, die nicht wie militärische Ziele aussahen. « Er gab gegenüber seinen neun Soldaten und einem Kampfbeobachter der Luftwaffe folgende Sprachregelung aus: »Klar ist es eine Zivilsiedlung, Lehmhütten, es sieht genauso aus wie die anderen Dörfer in diesem Land. Aber sagt das bloß nicht! Sagt, es sei ein Militärlager. Es gibt dort Gebäude, Kasernen, einen Kommandostand und einen Kontrollposten. Dasselbe gilt für die Konvois - wenn es sich in Wirklichkeit um einen Konvoi mit zivilen Transportfahrzeugen handelt, sollten wir nur sagen: >He, ein Militärkonvoi, ein Truppentransport!<«
      .....

      In einem Interview mit dem Ithaca Journal erzählte Guckenheimer, ein Ladeschütze bei der 10. Gebirgsjäger-Division in Fort Drum: »Uns wurde erzählt, es gebe dort keine freundlichen Truppen. Wer immer dort war, es war der Feind. Uns wurde ausdrücklich befohlen, wenn Kinder und Frauen dabei sein sollten, auch die zu töten.«

      Der »Krieg gegen den Terrorismus« benutzt also selber terroristische Methoden, um seine vorgeblichen Ziele zu erreichen. Nichts an diesem Krieg ist humanitär oder moralisch, es ist auch kein Krieg gegen den Temrismus, sondern selbst ein Terrorkrieg gegen Amerikas Feinde, bei dem es nur um strategische und wirtschaftliche Interessen geht und bei dem auf rassistische und fremdenfeindliche Weise das Lebensrecht der Afghanen und anderer dort lebender Völker völlig missachtet wird.
      .....

      Sicherung der geostrategischen Interessen

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      Fahima Vorgetts, die in Kabul ein Alphabetisierungsprogramm für Frauen leitete, bevor sie 1979 nach dem sowjetischen Einmarsch aus dem Lande fliehen musste, meint da- zu: jahrelang haben wir versucht, die Aufmerksamkeit auf die schlimme Situation der Frauen in Afghanistan zu lenken, und jahrelang hat man uns nicht beachtet. Wir mussten Leute regelrecht anbetteln, um eine Veranstaltung überhaupt organisieren zu können:«

      »Jetzt hören die Leute auf das, was wir über die Taliban erzählen, aber sie müssen auch auf das hören, was wir über die Nordallianz zu sagen haben, damit sich für das Land als Ganzes, vor allem aber für die Frauen, nicht dieselbe Tragödie wiederholt. Die Taliban sind furchtbar, und Afghanistan wird es ohne sie viel besser gehen, aber wir dürfen nicht vergessen, dass die Nordallianz während ihrer Regierungszeit von 1992 bis 1996 so viele Gräueltaten, so viele Verbrechen begangen hat, dass sie es den Taliban leicht gemacht hat, an die Macht zu kommen. Afghanistan leidet nun schon seit 23 Jahren - es gibt keine Schulen, Arbeitsplätze, Straßen, Fabriken oder Brücken mehr. Die Bombardierungen machen es nur noch schlimmer, sie verursachen nur noch mehr Schäden.«
      .....

      Aber die Interessen der afghanischen Bevölkerung waren unwichtig. Wichtig war nur die Institutionalisierung der Herrschaft verschiedener Gruppierungen, die alle in Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen verwickelt sind, um dadurch eine vereinte Föderation zu schaffen, die trotz der fortschreitenden Brutalisierung der Bevölkerung eine gewisse Stabilität gewährleisten kann.
      .....

      »Der verdeckte Einsatz im Krieg gegen den Terrorismus lässt sich in einem einzigen Wort zusammenfassen: Öl. Die Landkarte der von Terroristen beherrschten Gebiete und Ziele im Mittleren Osten und Zentralasien ist ebenso in hohem Maße eine Karte der wichtigsten Energiequellen der Welt des 21. Jahrhunderts. «
      .....

      Das Pipeline-Konsortium, das mit dem Baku-Ceyhan-Plan befasst ist und an dessen Spitze die britische Ölfirma BP steht, wird juristisch durch die Anwaltskanzlei von Baker & Botts vertreten, deren führender Anwalt James Baker III ist. Baker III war unter Präsident Bush Senior Außenminister. Er war auch der Hauptsprecher im Wahlkampf des jüngeren Bush im Jahr 2000, als man erfolgreich die Neuauszählung der Wahlzettel in Florida verhinderte.
      .....

      An Silvester, neun Tage nachdem die von Amerika unterstützte Regierung von Hamid Karsai ihr Amt in Kabul angetreten hatte, ernannte Präsident Bush einen früheren Berater der amerikanischen Ölgesellschaft Unocal, Zaimay Khalilzad, zum Sonderbotschafter in Afghanistan.
      .....
      Nach Berichten in der französischen Le Monde und der saudi-arabischen Zeitung AI Watan war auch der neu ernannte afghanische Regierungschef Hamid Karsai früher ein bezahlter Berater der Unocal.
      .....

      Madsens Informanten berichten, dass Karsai während des Krieges der Afghanen gegen die Sowjetunion »enge Beziehungen zu CIA-Direktor William Casey, Präsident Bush und ihren Partnern vom pakistanischen Geheimdienst Service Intelligence (ISI) unterhielt.«
      .....

      Selbst als der Afghanistankrieg allmählich zu Ende ging, wurden die neuen Wirtschaftsprogramme noch von der Einrichtung einer ständigen Militärpräsenz in dieser Gegend begleitet. Darüber berichtete die Los Angeles Times:

      »Hinter dem Schleier von Geheimabkommen sind die Vereinigten Staaten dabei, um Afghanistan herum einen Ring von neuen und ausgedehnten Militärstützpunkten anzulegen, die die Fähigkeiten der Streitkräfte stark erhöhen, Ziele in einem Großteil der islamischen Welt bekämpfen zu können:« »Nach Angaben des Pentagons sind seit dem 11. September Zeltstädte an über dreizehn Stellen in neun Nachbarländern Afghanistans errichtet worden, die das Netz der Stützpunkte in dieser Region beträchtlich verstärken. Alles in allem leben und arbeiten nun von Bulgarien und Usbekistan bis in die Türkei, nach Kuwait und darüber hinaus, über 60 000 amerikanische Militärangehörige in diesen vorgeschobenen Stützpunkten. Hunderte von Flugzeugen fliegen diese so genannten >Feldflugplätze< an.«
      .....

      In einem am 6. Januar in der Washington Post erschienenen Bericht hieß es, dass die Bush-Administration darüber hinaus plane, ein aus der Zeit des Kalten Krieges stammendes Gesetz außer Kraft zu setzen, das die Handelsbeziehungen einer Anzahl früherer Sowjetrepubliken mit den USA wegen deren schlechter Menschenrechtsbilanz beschränkte. [...] Diese Absicht hat schon den Widerspruch von Beobachtern dieser Region herausgefordert, die glauben, dies könne den Eindruck vermitteln, als ob die Vereinigten Staaten bereit seien, über Menschrechtsverletzungen dieser Länder als Belohnung für deren Wohlverhalten hinwegzusehen, «

      Die Ausdehnung der amerikanischen Hegemonie geht somit einher mit einer Legitimierung der Menschenrechtsverletzungen, der Diktaturen und der allgemeinen Unterdrückung in diesen Staaten. Die entscheidende Bedeutung, die der 11. September für diese Geostrategie hatte, hat keiner besser ausgedrückt als US-Senator Joseph Lieberman. In einer Rede vom 7. Januar 2002 auf dem Bagram-Luftstützpunkt bei Kabul stellte er fest: »Am 11. September haben wir für unsere mangelnde Beschäftigung mit Zentralasien einen sehr hohen und schmerzhaften Preis bezahlt. Dies wird uns nicht noch einmal passieren.«
      .....

      Die Krise und der Silberstreif am Horizont

      .....
      »Der Kongress hat Resolutionen verabschiedet, die dem Präsidenten 40 Milliarden Dollar und eine zeitlich unbeschränkte Vollmacht, zu militärischen Mitteln zu greifen, zubilligen. Der Senat und das Repräsentantenhaus haben ihn ermächtigt, je- de Nation, Organisation oder Person anzugreifen, die in die Terroranschläge vom 11. September verwickelt war oder bei deren Ausführung oder Vorbereitung geholfen hat. Diese Resolutionen nennen kein Land und keine Gruppe als Ziel und enthalten keine zeitliche Beschränkung.
      .....
      Im Gegensatz zu früheren Vollmachten zur Anwendung militärischer Gewalt, wie zum Beispiel im Libanon, gibt dies dem Präsidenten eine uneingeschränkte Machtbefugnis, die dem in der Verfassung vorgesehenen gegenseitigen Kontrollsystem der höchsten Staatsorgane widerspricht. Sie schafft die Kontrolle des Kongresses über die Anwendung staatlicher Gewalt quasi ab und legt die Entscheidung über Krieg und Frieden in die Hände eines einzigen Mannes, was den gefährlichen Weg von der Demokratie zur Herrschaft eines Einzelnen eröffnet. Die Entschließung erlaubt den Gebrauch von militärischer Gewalt gegen Nationen, die bei der Ausführung der Anschläge vom 11. September >halfen<. >Hilfe< ist ein sehr vager Begriff, der auch Angriffe auf Nationen erlauben könnte, die nur ganz entfernt etwas mit diesen Terrorangriffen zu tun hatten. Diese Entscheidung wird dann ohne die Aufsicht des Kongresses getroffen werden, ohne dass eine Zustimmung dieses Kongresses dazu erforderlich wäre.«
      .....

      Der neue amerikanische Polizeistaat

      .....
      »Erst neulich haben wir Justizminister Ashcroft sagen hören, er habe einseitig die Überwachung der Gespräche zwischen Anwälten und ihren Mandanten angeordnet, ohne überhaupt jemand davon informieren- er tat es ganz einfach, und dies trotz des im vierten Verfassungszusatzes (Amendment) ausgesprochenen Verbots von >unrechtmäßigen Durchsuchungen, Verhaftungen und Beschlagnahmungen< und des durch den Sechsten Verfassungszusatz garantierten >Rechts auf den Beistand eines Anwalts<.«
      .....

      Dennis Kucinich, ein Demokrat aus Ohio, den USA Patriot Act scharf als ein Gesetz, das in völligem Widerspruch zur amerikanischen Verfassung stehe. »Wir müssen das zugrundeliegende Prinzip des Patriot Act in Frage stellen, « stellte er fest, bevor er sich mit den Auswirkungen des Gesetzes auf die Verfassung beschäftigte:

      »Dies müssen wir uns fragen: Warum sollte Amerika in der Verfassung garantierte Rechte aufgeben? Wie können wir es rechtfertigen, faktisch den Ersten Verfassungszusatz abzuschaffen, der das Recht auf freie Rede und das Recht, sich friedlich zu versammeln, garantiert? Wie können wir es rechtfertigen, faktisch auch den Vierten Verfassungszusatz abzuschaffen, wenn wir auf das Recht auf ausreichende Begründung und damit auf die Sicherheit vor unrechtmäßigen Durchsuchungen, Verhaftungen und Beschlagnahmungen verzichten? Wie können wir es rechtfertigen, faktisch den Fünften Verfassungszusatz abzuschaffen, indem wir ein ordnungsgemäßes Rechtsverfahren aufgeben und damit einer unbegrenzten Inhaftierung ohne Prozess zustimmen? Wie können wir es rechtfertigen, faktisch den Sechsten Verfassungszusatz abzuschaffen, das Recht auf ein schnelles und öffentliches Verfahren? Und wie können wir es rechtfertigen, faktisch den Achten Verfassungszusatz aufzugeben, der gegen grausame und ungewöhnliche Bestrafung schützt?
      Wir können weit gespannte Abhörmaßnahmen und die Überwachung des Internets ohne, geschweige denn mit gerichtlicher Kontrolle nicht rechtfertigen. Wir können geheime Haussuchungen ohne Durchsuchungsbefehl nicht rechtfertigen. Wir können es nicht rechtfertigen, dem Justizminister zu erlauben, nach eigenem Ermessen zu entscheiden, wer als inländische Terrorgruppe zu betrachten ist. Wir können es nicht rechtfertigen, dem FBI einen totalen Zugang zu jeder Information zu gewähren, die irgendwo existieren könnte, wie zum Beispiel medizinische und finanzielle Daten. Wir können es nicht rechtfertigen, der CIA zu erlauben, Menschen in diesem Lande zu einem Ziel ihrer Aufklärungstätigkeit zu machen. Wir können es nicht rechtfertigen, eine Regierung zu haben, die ihrem Volk das Recht auf Unversehrtheit der Person und der Wohnung nimmt und dann für ihre eigenen Machenschaften ein Recht auf völlige Geheimhaltung reklamiert.«
      .....

      Außerdem wurden unter Führung von Justizminister Ashcroft Maßnahmen ergriffen, die den Zugang zu öffentlichen Unterlagen beschränken sollen, die bisher nach den Bestimmungen des U. S. Freedom of Information Act (FOIA; Gesetz über den freien Zugang zu Regierungsinformationen) von 1974 frei zugänglich waren.
      .....

      Noch beunruhigender ist der Bericht des Chronicle über die neue Politik des Justizministeriums, Anträge abzublocken, die sich auf den FOIA beziehen, in dem die offiziellen diesbezüglichen Anweisungen des Ministeriums zitiert und dessen Auswirkungen erläutert werden:

      »>Wenn Sie Anträge, die sich auf FOIA berufen, sorgfältig untersuchen und dann entscheiden, Akten oder Dokumente ganz oder teilweise zurückzuhalten, können Sie sicher sein, dass das Justizministerium Ihre Entscheidungen unterstützen und verteidigen wird<.
      .....
      Wenn man dann noch Präsident Bushs Executive Order vom 1.November dazu nimmt, die es ihm erlaubt, alle Präsidentschaftsakten seit 1980 zu sperren, dann macht einen das Ganze doch frösteln. [...] Das halbe Land hat auch die Befürchtung, dass die Regierung die Angst vor dem Terrorismus dazu benutzen könnte, ihre Beamten vor jedweder Aufsicht durch die Öffentlichkeit zu schützen.«
      .....

      Wer profitiert vom 11.9. ?

      .....
      Die Anschläge kamen somit für die Bush-Administration, das Pentagon, die CIA, das FBI, die Rüstungsindustrie und die Ölgesellschaften wahrlich zu einem sehr günstigen Zeitpunkt. Sie alle haben von dieser Tragödie immens profitiert. Professor Waiden Bello meint dazu: »Der Angriff der al-Qaida auf New York war angesichts der vor dem 11. September herrschenden historischen Situation das größtmögliche Geschenk für das amerikanische und internationale Establishment. «

      »Sie behaupteten, dass jetzt eine Beschleunigung des Liberalisierungsprozesses nötig sei, um die negativen Auswirkungen des 11. September auf die Weltwirtschaft abzufedern.
      .....
      Jim Wolfensohn, dessen Präsidentschaft und Institution von Links wie von Rechts stark kritisiert worden waren, hatte seinerseits den 11. September dazu benutzt, seine Weltbank zu einem Hauptpartner des Pentagons in dessen Krieg gegen den Terrorismus zu machen. Dabei übernahm er die >weiche< Rolle, etwas gegen die Armut zu tun, die ja bekanntlich dem Terrorismus den Boden bereitet, während das Pentagon für die >harte< Rolle zuständig war, nämlich die Terroristen zu vernichten.
      .....
      Die Anschläge des 11. September lieferten somit den entscheidenden Vorwand, den die Bush-Administration brauchte, um ihre Macht zu konsolidieren und eine drastische, unbeschränkte Militarisierung der Außenpolitik in die Wege zu leiten, die es in diesem Ausmaß noch nicht gegeben hatte.
      .....

      »In den Worten Colin Powells haben die verbrecherischen und blind zuschlagenden Anschläge des 11. September den >Reset-Schalter< gedrückt und damit eine Neuausrichtung der amerikanischen Außen- und Militärpolitik bewirkt.
      Solche historischen Entwicklungen hat es in diesem Ausmaß noch nie gegeben. Die praktisch ungehinderte Expanion des amerikanischen Imperiums zerstört gleichzeitig und systematisch gerade diejenigen Werte, die Amerika zu vertreten behauptet. Im ganzen Westen und weit darüber hinaus werden die bürgerlichen Freiheiten, die Grund- und Menschenrechte im Namen des Kampfs gegen den Terrorismus eingeschränkt, während man gleichzeitig Interventionen mit einem eventuellen Einsatz von Atomwaffen plant, die knallharte strategische und wirtschaftliche Interessen durchsetzen sollen, und all dies auf Kosten der einheimischen Bevölkerungen - und zu Gunsten der großen Unternehmen. Unter amerikanischer Führung scheint die ganze Welt auf ein globales Apartheidssystem zuzugehen, das von den im Westen sitzenden, internationalen Institutionen regiert wird und sich rasch zu einem globalen Polizeistaat entwickelt, der von den Mächtigen in ihrem eigenen Interesse verwaltet wird.

      Es gibt vielleicht keine bessere und maßgeblichere Beschreibung der amerikanischen Machtentwicklung nach dem 11.9. als die von Stephen Peter Rose, Inhaber des Kaneb- Lehrstuhls für nationale Sicherheit und militärische Angelegenheiten in Harvard und Direktor des Olin-lnstituts für strategische Studien: »Ein politisches Gebilde, das an militärischer Macht allen anderen haushoch überlegen ist und diese Macht dazu einsetzt, das innere Verhalten anderer Staaten zu beeinflussen, nennt man ein Imperium. Die Vereinigten Staaten [sind] freilich genau genommen nur ein indirektes Imperium, aber eben doch ein Imperium.«

      »Wenn das zutrifft, ist unser Ziel nicht die Bekämpfung eines Rivalen, sondern die Bewahrung unserer imperialen Position und die Aufrechterhaltung der imperialen Ordnung. Imperiale Kriege kann man mit weniger Beschränkungen führen (als zu der Zeit, als es auf der anderen Seite noch die Sowjetunion gab). Dabei können und sollten, so schnell es geht, umfassende Machtmittel eingesetzt werden, um damit eine starke psychologische Wirkung zu erzielen und zu demonstrieren, dass das Imperium nicht ungestraft herausgefordert werden darf. Jetzt geht es für uns darum, feindliche Regierungen zu beseitigen und stattdessen Regierungen einzusetzen, die uns freundlich gesinnt sind. Imperiale Kriege gehen zu Ende, aber dann müssen dort imperiale Besatzungstruppen jahrzehnte- lang stationiert werden, um Ordnung und Stabilität zu gewährleisten. Die Anfänge davon erleben wir ja gerade, zuerst auf dem Balkan, und jetzt in Zentralasien. Für diese Besatzungsaufgaben brauchen wir leicht bewaffnete Bodentruppen. Schließlich ist einer der Kernpunkte imperialer Strategie, das Auftauchen mächtiger, feindlicher Herausforderer des Imperiums zu verhindern: wenn nötig mit Krieg, wenn möglich durch imperiale Assimilation. China wird in der nächsten Generation eine größere Militär- und Wirtschaftsmacht sein, aber es ist noch nicht stark genug, das amerikanische Imperium herauszufordern, und das Ziel der Vereinigten Staaten muss sein, dass es dabei bleibt. Die Vereinigten Staaten könnten tun, was sie heute schon tun: ihren Freunden in Asien versichern, dass wir keine chinesische militärische Einschüchterung hinnehmen werden. Außerdem wäre es vielleicht gut, wenn wir unkonventionelle Waffen hätten, mit denen wir die Chinesen an die tatsächlichen Machtverhältnisse erinnern könnten.«

      Es erscheint somit angebracht, mit den Bemerkungen zu schließen, die Earling Carothers »Jim« Garrison, ein Bezirksstaatsanwalt von New Orleans, schon im Oktober 1967 in einem Interview äußerte. Er hatte den lokalen Geschäftsmann Clay Shaw im Zusammenhang mit der Ermordung John F. Kennedys vor Gericht gebracht. Garrison schrieb damals:

      »Am meisten macht mir Sorgen, und ich habe das in diesem Fall (der Ermittlungen zu Kennedys Ermordung, A. d.U.) exemplarisch erfahren, dass wir in Amerika in der großen Gefahr sind, langsam zu einem protofaschistischen Staat zu werden. Es wird ein anderer faschistischer Staat sein, als der, den es in Deutschland gegeben hat; der entstand aus der großen Depression und versprach Arbeit und Brot, während unserer, seltsam genug, anscheinend aus dem Wohlstand entspringt. Aber letzten Endes beruht er auf Macht und der Unfähigkeit, menschliche Ziele und das menschliche Gewissen über das Diktat des Staates zu stellen. Seine Ursprünge lassen sich auf die gigantische Kriegsmaschinerie zurückführen, die wir seit 1945 aufgebaut haben, der militärisch-industrielle Komplex vor dem uns Eisenhower vergeblich gewarnt hat, der jetzt jeden Aspekt unseres Lebens dominiert. Die Bundesstaaten und der Kongress haben ihre Macht unter den Bedingungen des Krieges allmählich an die Exekutivgewalten abgegeben; und so haben wir verfolgen müssen, wie hier ein arroganter, aufgeschwemmter bürokratischer Komplex entstanden ist, der sich von allen in der Verfassung vorgesehenen Kontrollmechanismen völlig befreit hat.

      In einem sehr realen und schrecklichen Sinn ist heute unsere Regierung die CIA und das Pentagon, und der Kongress ist zu einem Debattierklub herabgesunken. Natürlich entdeckt man diesen Trend zum Faschismus nicht, wenn man einfach so seine Umgebung betrachtet. Man kann nicht nach so deutlichen Zeichen Ausschau halten wie dem Hakenkreuz, denn man wird keine finden. Wir werden keine Dachaus und Auschwitze bauen; die kluge Manipulation durch die Massenmedien ist gerade dabei, ein Konzentrationslager für den Verstand zu errichten, das verspricht, das Volk viel wirksamer unter Kontrolle zu halten. Wir werden nicht eines Morgens aufwachen und plötzlich graue Uniformen anhaben und damit in Reih und Glied zur Arbeit marschieren. Aber das ist nicht der Test.

      Der Test ist: Was passiert mit der Person, die eine andere Meinung vertritt? In Nazideutschland wurde sie physisch vernichtet; hier ist der Prozess viel subtiler, aber am Schluss sind die Ergebnisse dieselben. Im letzten Jahr habe ich genug von den Machenschaften der CIA erfahren, um zu wissen, dass dies hier nicht mehr das Traumwelt-Amerika ist, an das ich einmal geglaubt habe. [...] Ich hatte immer eine Art automatisches Urvertrauen in die Grundintegrität meiner Regierung, welchen politischen Unsinn sie auch immer veranstaltete. Aber ich musste einsehen, dass einige Leute in Washington glauben, es sei ein natürliches Vorrecht ihres Amtes, die Öffentlichkeit manipulieren und betrügen zu dürfen. Huey Long sagte einmal: >Faschismus wird im Namen des Antifaschismus nach Amerika kommen.< Gestützt auf meine eigene lange Erfahrung, fürchte ich, dass der Faschismus im Namen der nationalen Sicherheit nach Amerika kommen wird.«


      SCHLUSSFOLGERUNGEN

      Siehe letzten Kommentar unten !!




      --------------------------------------------------------------------------------


      Aus dem letzten Kapitel "PROVOKATION DES KRIEGES: EIN HANDLUNGSMUSTER DER US-AUSSENPOLITIK" –mit "netten" Beschreibungen der "Vorfälle" wie z.B. "Die Versenkung der Lusitania", "Pearl Harbor" oder auch dem "Tonking-Zwischenfall", um nur einige zu nennen- möchte ich nur einen kleinen Teil aus "Die Milzbrand-Connection" zitieren:

      .....
      Eine Analyse der Rolle, die die US-Regierung bei den Anschlägen mit Milzbranderregern gespielt hat - sie fanden ebenfalls im September und im Oktober 2001 statt -, bestätigt wie zufällig die Schlussfolgerung zur »Eigenterror«-Strategie. Es gibt Erkenntnisse zu den Verbindungen zwischen Milzbrand-Anschlägen und US-Regierung, Militär und Geheimdiensten. Diese Erkenntnisse wiederum verbinden die historischen Informationen über die institutionalisierte Strategie der Provokation oder Erfindung von Kriegsgründen mit den in diesem Buch dokumentierten Fakten, die zeigen, wie die Politik von US-Regierung, Militär und Geheimdiensten die Anschläge am 11. September begünstigten. Angestellte des Weißen Hauses erhielten am 11. September 2001, noch vor den Milzbrand-Anschlägen, das Anthrax-Medikament Cipro. Die Nachrichtenagentur Associated Press berichtete am 24. Oktober 2001 über diesen Vorgang:

      »Zumindest einige Beschäftigte des Weißen Hauses erhielten vor sechs Wochen das Medikament Cipro. Sprecher des Weißen Hauses verweigerten jeglichen Kommentar zu der Frage, ob - und, wenn dies zutrifft, welche - im Haus tätige Personen in diesen Tagen Milzbrand-Antibiotika erhalten. [...] Am Abend des 11. September 2001 gab der medizinische Dienst des Weißen Hauses das Medikament Cipro an Mitarbeiter aus, die Vizepräsident Dick Cheney nach Camp David begleiteten. Diesen Mitarbeitern sagte man nach Auskunft einer unmittelbar beteiligten Person, es handele sich um eine vorbeugende Maßnahme.«
      .....


      Das ganze Ausmaß der Sauereien die da liefen kann, trotz der relativen Länge, diese "Ultrakurzfassung" nicht adäquat wiedergeben.

      Deshalb, meiner ganz persönlichen Meinung nach, sollte dieses Buch unbedingt komplett gelesen werden
      http://www.miprox.de/USA_speziell/Geheimsache_9-11-2_Teil.ht…
      Avatar
      schrieb am 03.07.03 23:55:01
      Beitrag Nr. 3.380 ()
      Der Fall "WorldCom" ...




      Brigitte Zarzer 23.06.2003
      ... oder die Ingredienzien der Management-Unkultur


      Zwei Berichte über das Missmanagement des Telecom-Konzerns WorldCom wurden kürzlich in den USA publiziert. Tun sich bereits bei der Lektüre der erstveröffentlichten Untersuchung, die das Unternehmen selbst bei dem Anwaltsbüro Wilmer, Cutler & Pickering in Auftrag gegeben hatte, Abgründe auf, so wirkt das 236 Seiten starke Dokument des Insolvenzgerichts wie eine Grundsatzkritik an einer außer Kontrolle geratenen Managementkultur. Die am Extremfall WorldCom aufgezeigten Strukturmängel und personellen Schwächen erinnern aber fatal oft an merkwürdige Praktiken in etlichen deutschen Konzernen, was zu denken geben sollte.

      Richard Thornburgh, Beauftragter des Konkursgerichts, gibt detailliert Einblick in die Management-Unkultur, die sich über die Jahre bei WorldCom etabliert hatte und schließlich zu einer der größten Pleiten der Wirtschaftsgeschichte Amerikas führte. Der Bericht zeigt, wie das Unternehmen von den späten 90er-Jahren an Bilanzbetrug anwandte, um so rund 11 Milliarden US-Dollar Verluste zu verschleiern. Dabei wird auch die Rolle interner und externer Bilanzprüfer sowie des Aufsichtsrats und Vorstands (Bernie Ebbers und Scott Sullivan) beleuchtet.

      Thornburgh zusammenfassend:

      Alles in allem glaubt der Prüfer, dass (..) die praktisch uneingeschränkte Machtbefugnis von Ebbers und Sullivan, kombiniert mit der passiven Akzeptanz der Geschäfte (Pläne) des Managements durch den Aufsichtsrat sowie einer Kultur, welche die Wichtigkeit interner Prüfungen, vorausschauender Planung und tiefgreifender Debatten oder Analysen herabsetzte, die Grundlage bildeten, welche das Unternehmen in die Insolvenz schlittern ließ.

      Hatte Thornburgh sich in seinem ersten Zwischenbericht primär auf die finanzielle Seite des Bankrotts konzentriert, so spricht er in dem jüngsten Papier dezidiert "Corporate Governance" an, also Fragen der Kompetenzverteilung, Kontrollmechanismen, etc - letztlich einfach Unternehmenskultur. Dies sei in Hinblick auf den Schutz von Shareholdern, Angestellten und Geldgebern wichtig. Thornburgh ist nach eigenen Worten davon überzeugt, "dass einige `Corporate Governance`-Fehler bei WorldCom auch in vielen anderen börsennotierten Unternehmen präsent sind und aus der WorldCom-Geschichte wichtige Lektionen zu lernen wären."

      Kaum verwunderlich also, dass er gleich eingangs grundlegende Management -Pflichten unter Berufung auf diverse andere US-Wirtschaftsprozesse anmahnte. Sorgfaltspflicht, Loyalität und Wahrheitspflicht wären teilweise grob vernachlässigt worden. Wer in dem Bericht ein wenig schmökert, fühlt sich manchmal in vorindustrielle Zeiten zurückversetzt. Hat man es tatsächlich mit einem Konzern zu tun? Vieles liest sich eher wie ein Bericht über einen feudalen Hofstaat - der schlecht geführt wurde.

      Da wurden Gelder an "loyale" Mitarbeiter und deren Anverwandte ohne jegliche Kontrolle verschenkt. So stellte Sullivan einmal 10.000-Dollar-Schecks für einige seiner Mitarbeiter aus und als Draufgabe die gleiche Summe auch gleich für deren Ehegesponse. Der persönlichen Bereicherung von Ebbers widmet Thornburgh im übrigen ein eigenes Kapitel. Der frühere CEO, der bekannt dafür war, jedem Angestellten kritisch gegenüber zu stehen, der WorldCom-Aktien verkaufen wollte, nahm selbst nicht nur einmal hohe Summen über Aktienverkäufe ein. So warf Ebbers September 2000 einen dicken Packen WorldCom-Shares auf den Markt und streifte 70 Millionen Dollar ein. Nur wenige Tage später, am 4. Oktober 2000, brach der Kurs rapide ein. Eine Aktie war nur mehr 2,25 Dollar wert. "Anstatt verantwortungsvolle Maßnahmen zu setzen, um WorldCom und deren Shareholder vor Mr. Ebbers` verschlechternden persönlichen Finanzsituation zu bewahren, vergrößerte das `Compensation Committee` das Problem. indem es ihm noch im selben Monat eine 75 Millionen Garantie und zusätzlich einen 25 Millionen Kredit gewährte. Letztlich erreichten die Darlehen für Mr. Ebbers eine Höhe von über 400 Millionen", hält Thornburgh fest.

      Größenwahn und Unterwürfigkeit

      Ganz allgemein war die Lohnpolitik bei WorldCom undurchsichtig. Gegenüber Thornburgh gab die Human Ressource-Abteilung an, keine lückenlose Dokumentation über die Praktiken früherer Jahre geben zu können. Unterlagen wurden schlicht nicht aufgehoben, vieles einfach verschlampt. Bruchstücke konnte Thornburgh dennoch rekonstruieren. So hatten sich in den verschiedenen Abteilungen Dutzende unterschiedliche Kommissionsvereinbarungen für das Verkaufspersonal etabliert, die im Gegensatz zu den anderen Angestellten grundsätzlich nicht jährlich, sondern vierteljährlich ausbezahlt wurden. Die Kriterien der Festlegung der Höhe wirkten auf den Gerichtsprüfer unergründlich. Es scheint zumindest lange Zeit keine objektivierbaren Kriterien gegeben zu haben. "Es wurde ein Umfeld kreiert, in dem das Verkaufspersonal das Kommissionssystem für den persönlichen Vorteil manipulieren konnte und dies auch tat", heißt es in dem Untersuchungsbericht.

      Ein weiterer Fehler scheint die exzessive Expansionspolitik des Telko-Konzerns gewesen zu sein. Kriterien der Nachhaltigkeit und vorausschauenden Planung rangierten offensichtlich auf der Werteskala der Führungsetage sehr weit unten. Eher scheint ab und an der Größenwahn ausgebrochen zu sein. So kaufte Ebbers nach einem nur 35-minütigen Telefongespräch den Telekomanbieter Intermedia für 6 Mrd. Dollar ein, obwohl keine Dokumente vorlagen. Der damalige Chefjurist Michael Salsbury (der im übrigen vergangene Woche zurückgetreten ist) stand daneben und es kam ihm kein Wort der Warnung über die Lippen. "Der Ermittler ist beunruhigt, dass keiner der Rechtsbeistände es für seine Verantwortung gehalten hat, den Vorstand auf seine treuhänderischen Pflichten hinzuweisen", schreibt Thornburgh.

      Wie die Lemminge standen hochdotierte Manager, Juristen, etc. daneben und sahen dem außer Rand und Band geratenen Treiben der Chefs tatenlos zu. Ohne ihnen jetzt definitiv "illegales Verhalten" unterstellen zu wollen, wäre aber auch die Rolle des Aufsichtsrats zu hinterfragen, der sich oft mit mehr als dürftigen Informationen zufrieden gab, meint Thornburgh. Kritisch durchleuchtet der Gerichtsbeauftragte auch die Rolle von externen Controllern wie Arthur Andersen. Die interne Kontrolle wäre überhaupt auf schwachen Beinen gestanden, sowohl von der strukturellen wie personellen Ausstattung her als auch was die Abhängigkeitsverhältnisse zur Geschäftsführung betraf. Ebenso müsse die Informationspolitik kritisch hinterfragt werden.

      Es scheint, dass in dieser feudalen Struktur namens WorldCom das Anheuern eines Hofnarrens vergessen wurde, der wie in früheren Zeiten dem Herrscher den Spiegel vorhielt und somit eine sozial- und psychohygienische Funktion im Machtgefüge einnahm. Für große Systeme notwendige Mechanismen des Machtausgleichs fehlten bei WorldCom. Hier schwiegen die führenden Kräfte. Freilich konnte Kritik tatsächlich existentiell gefährlich werden.
      "Show those numbers to the damn auditors and I`ll throw you out the f-----g window"

      So zitiert der Autor der Online-Kolumne von "Good Morning Silicon Valley" den ehemaligen Chef der Buchführung, als er einem Mitarbeiter einen "freundlichen Rat" erteilte. Auch die Revisionistin Cynthia Cooper ( Haben Freibeuter und Strahlemänner ausgedient?), die später vom Times-Magazine zur Frau des Jahres gekürt wurde, nachdem sie seltsame Buchungspraktiken bei WorldCom der Verwaltungsbehörde mitteilte, kann ein Lied davon singen, dass das Unternehmen keinen Wert auf konstruktive Kritik legte - selbst Kollegen nicht, die sie isolierten.

      In den USA reagierte man auf die Bilanzskandale von WorldCom und Enron mit dem Sarbanes-Oxley Act, wonach Bilanzen künftig beeidet werden müssen. Thornburgh verwies in dem neuen Bericht zu Recht auf die Corporate Governance, weil gute Unternehmensführung eben nicht nur mit Zahlen zu tun hat, sondern sich im Ergebnis auf lange Sicht auch die interne Kultur widerspiegelt. Corporate Governance wurde im Übrigen in Deutschland nach diversen Skandalen der jüngeren Zeit diskutiert - wenngleich oftmals recht umständlich.

      Im Prinzip sollte die Frage der Unternehmenskultur nämlich recht einfach zu lösen sein. Man wird über unabhängige Kontrollinstanzen diskutieren müssen und Doppelfunktionen in der Chefetage unterbinden. Neben der Frage nach dem Vermögen, nachhaltig zu handeln und den "social skills" von Managern, ebenso wie der grundsätzlichen Ausrichtung des Personalmanagments, wird es unabdingbar werden, die Ausgestaltung von Managerverträgen selbst zu durchleuchten.
      Am Augenfälligsten sind sicher die exorbitanten Gagen, die sich in den letzten Jahren eingebürgert haben. Diese verweisen zum einen auf ein fragwürdiges Menschenbild und sind zum anderen schlicht unlogisch. Erstens weil Manager von ihren Mitarbeitern erwarten, dass sie primär aus "Freude an der Arbeit" im Unternehmen tätig sein sollen, selbst aber nur nach dem Prinzip der Gagenmaximierung bereit sind, Leistung zu bringen. Unlogisch sind überhöhte Bezüge deshalb, weil kein Mensch Einkommen allein erwirtschaften kann. "Was wir produzieren, hat immer den Charakter eines Sozialproduktes. Mitarbeitende, Kollegen, Zulieferer, Kapitalgeber, Kunden - diese alle zusammen erlauben dem einzelnen erst die Erzielung eines Einkommens", schrieb Ulrich Thielemann, Vizedirektor des Instituts für Wirtschaftsethik der Universität St. Gallen in einem Artikel für das Schweizer "Tagblatt".

      Und er setzte noch treffend nach:

      Es dürfte kaum ein Zufall sein, dass die exorbitanten Gehälter vor allem jenen Managern zuflossen, deren Firmen nun in Schwierigkeiten geraten sind.

      Auch wenn in Deutschland die Einführung von Obergrenzen für Managergehälter kürzlich abgelehnt wurde, bleibt das Problem bestehen. Golden Handshakes für Manager, die ohnehin schon ordentlich absahnen durften, "Kopfprämien" für abgebaute Mitarbeiter, Boni-Systeme, die überhastetes Outsourcing befördern, Extra-Cash bei Fusionierungen etc. werden sich in den meisten Fällen langfristig nicht günstig auf börsenotierte Unternehmen auswirken und damit auch nicht auf die Gesamtwirtschaft.

      Sollten sich Vernunft und auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Entscheidungspraxis in der Wirtschaft durchsetzen, so wäre es begrüßenswert. Sollte sich aber bewahrheiten, was kürzlich ein Kolumnist der Financial Times mit abgründigem Humor aufgriff, nämlich, dass in den Unternehmen heute eher Personen gefragt sind, die wenn auch nicht wirklich dumm, so sich zumindest dumm stellen können, dann wird die ökonomische Zukunft wahrscheinlich düster aussehen.

      Wer sich über vermeintliche Dumpfbacken ärgert, die das Land oder seine Firma vor die Wand fahren, kann den Leuten ja einfach mal verschwörerisch zuzwinkern. Wahre Klugheit zeigt sich darin, dass man sich blöd stellen kann.

      Im Falle von WorldCom haben sich auf der Führungsetage so gut wie alle Leute skrupelloser Weise blöd gestellt oder es wurden überhaupt nur mehr die Doofen in höhere Hierarchien vorgelassen. Was daraus wurde, konnte man sehen. Kein simpler Crash. Betrug an den Aktionären, Mitarbeitern und letztlich enormer volkswirtschaftlicher Schaden.

      http://www.f25.parsimony.net/forum63351/messages/21132.htm
      Avatar
      schrieb am 04.07.03 01:17:52
      Beitrag Nr. 3.381 ()
      So, jetzt habe ich alle Beiträge im Juli gelesen

      und nicht einen einzig aufmunternden Satz gefunden!

      Gibt´s denn nirgends einen Hoffnungsschimmer, Licht
      am Ende des Tunnels?

      Was wäre wenn die Amis sagen:

      Wir gehen raus aus dem Irak, raus aus allen anderen Ländern
      und stecken dafür jährlich 100 Milliarden Dollar zusätzlich
      in die Infrastruktur??

      mfg
      thefarmer
      Avatar
      schrieb am 04.07.03 14:57:57
      Beitrag Nr. 3.382 ()
      Farmer - wenn bei dieser Ausage anstatt des Konjunktives der Imperativ gewählt würde, wäre das eine positive Nachricht. Dennoch gilt für die westliche Welt: wir haben lange und tief eingeatmet jetzt müssen wir lange und tief ausatmen. Das ist ganz natürlich - andernfalls würden die Lungen platzen!
      Avatar
      schrieb am 05.07.03 00:26:06
      Beitrag Nr. 3.383 ()
      Stormwatch #3380:

      Könnte es sein, daß Du die Evolution nicht berücksichtigst?

      Weil die "Westler" seit Jahrhunderten schneller laufen
      und kräftiger einatmen, hat sich ihr Lungen-Volumen
      auch deutlich vergrößert!

      mfg
      thefarmer
      Avatar
      schrieb am 05.07.03 10:18:20
      Beitrag Nr. 3.384 ()
      Farmer: Den Evolutionseffekt muss man sicher berücksichtigen - wir haben aber dennoch eine beachtliche Fallhöhe bis zum nächsten "Basislager", von dem aus wir wieder aufbrechen können, auch wenn dieses Basislager höher liegt als das Vorherige.

      Von Frauenbeauftragten bis zu aberwitzigen Gehältern in Sport und Wirtschaft (um nur zwei Beispiele zu nennen) gibt es eine Menge Exzesse abzubauen und Balast abzuwerfen. Das wird schmerzhaft, wenn nicht chaotisch - ist aber m.E. notwendig und zwangsläufig.
      Avatar
      schrieb am 05.07.03 17:12:41
      Beitrag Nr. 3.385 ()
      Der Rohölmarkt bewegt sich auf einem schmalen Grat – Viele Analysten unterschätzen oder ignorieren die Versorgungsprobleme
      (04.07.2003)

      Es ist schon verwunderlich, wie stur tatsächliche und vermeintliche Experten behaupten, dass der Preis für Rohöl überzogen hoch sei und dass er eher früher als später steil einbrechen werde. Dies wird gerade jetzt wieder einmal deutlich, da die Preisprognosen für das zweite Halbjahr und auch für 2004 neu formuliert wurden.

      Die Saga von fallenden Ölpreisen hält sich offenbar deshalb so hartnäckig, weil alle akuten Gründe, die das gegenwärtige Niveau rechtfertigen könnten, ausgeräumt zu sein scheinen. Der Streik in Nigeria und mit ihm verbundenen Unruhen werden bis jetzt noch als vorübergehendes, das Angebot nicht nennenswert berührendes Ereignis gewertet.

      Vielerorts scheint es an der Fähigkeit zu mangeln, das große Bild des Ölmarktes richtig zu sehen oder zu deuten. Dies ist schon daran zu erkennen, welche Bedeutung die Kommentatoren den wöchentlich erscheinenden Bestandszahlen des American Petroleum Institute (API) zuschreiben. Dabei müsste jedem klar sein, dass die Zahlen stark von Zufällen geprägt werden. Es wird sogar behauptet, sie würden mitunter aus opportunistischen Gründen "etwas geglättet".

      Die Unzuverlässigkeit der Daten des API, einem mächtigen Interessenverband, ergibt sich schon daraus, dass sie häufig im nachhinein stark revidiert werden. Das eigentliche Interesse sollte den Zahlen der staatlichen Energy Information Agency (EIA) gelten, die am Tag nach der Bekanntgabe der Daten des API erscheinen. Über sie wird in der Regel aber gar nicht gesprochen.

      Doch das ist nur ein keiner Exkurs, der deutlich machen soll, wie unsinnig und gefährlich es ist, kurzfristige Zahlen zu deuten und sich aus ihnen ein Bild von der Lage am Ölmarkt zurechtzuzimmern.

      Wirklich wichtig ist, dass sich die Ölbestände in den Ländern der OECD nach wie vor erheblich unter ihrem zu dieser Jahreszeit verzeichneten langjährigen Durchschnitt befinden. Wichtig ist ferner, dass alle Hoffnungen auf baldige umfangreiche irakische Exporte auf Sand gebaut sind. Von Bedeutung ist ferner, dass Unterbrechungen der Förderung und des Exports, wie sie jetzt in Nigeria drohen, weiter an den Beständen zehren, die so dringend erforderlich sind, um den nächsten Winter ohne Versorgungsprobleme und steil steigende Preise zu überstehen. Nicht vergessen werden darf auch, dass es auch in Venezuela weiter rumort. Neuerliche Lieferausfälle von längerer Dauer dieses besonders für die USA bedeutenden Produzenten wären ein Desaster.

      Neben anderen Aspekten bleibt noch Iran zu erwähnen. Es wird immer deutlicher, dass Präsident Bush in der Region richtig aufzuräumen gedenkt. Wenn der Sommer mit seinen hohen Temperaturen zu Ende geht, könnte die Propagandamaschine in Washington wieder auf volle Touren gebracht werden, um diesmal militärische Aktionen gegen Iran und seine nuklearen Vorhaben anzukündigen. Nicht auszudenken, was dies ausgerechnet vor dem Winter für den Ölmarkt bedeuten würde.

      Alle diese Aspekte rechtfertigen die herrschenden Ölpreise, gemessen an den nahen Terminkontrakten, ohne weiteres. Wenn die entfernteren aufzuholen und die Spreads schwinden, wäre dies ein untrügliches Zeichen dafür, dass auch die Zweifler und Ignoranten zu begreifen beginnen, welche Versorgungsprobleme noch drohen könnten.


      Arnd Hildebrandt

      Herausgeber
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      Wussten Sie schon, dass...?
      (04.07.2003)

      Die 400 vermögendsten Amerikaner hatten im Jahr 2000 ein Bruttoeinkommen von knapp 70 Milliarden Dollar. Dies waren 1,09 Prozent der Summe aller damaligen Einkommen in den USA. Im Jahr 1992 entfielen auf die 400 vermögendsten Amerikaner nur 0,52 Prozent aller Bruttoeinkommen.

      (Quelle: Internal Revenue Service, Washington)



      --------------------------------------------------------------------------------
      Copyright 2003 Tauros GmbH - www.taurosweb.de
      Avatar
      schrieb am 05.07.03 17:14:19
      Beitrag Nr. 3.386 ()
      Avatar
      schrieb am 05.07.03 17:15:49
      Beitrag Nr. 3.387 ()
      Die Baisse dauert an!

      Was spielt sich Ende Juli 2003 ab?


      21 Jahrestief (Fibonacci)
      Sinuskurve des Dow -1,618 (28. Juli 2003)
      29. Juli 2003 Tief nach dem Spiralkalender (1929;1987; 2003)
      Neumond 29. Juli 2003
      US Bankenskandal schockiert die Finanzwelt
      Es ist ratsam, diese turbulente Zeitphase zu meiden, denn sie wird dem unbedarften Anleger hohe Verluste bescheren.

      Die Vickers Weekly Insider Kalkulation zeigt, daß der 8 Wochen GD der Verkäufe verglichen mit den Käufen bei 4,11 zu 1 liegt. Das letzte Mal als der Ratio über 4 lag war im Mai 2002, bevor der Dow von 10353 auf 7286 fiel.

      Die Lumpen kommen in den Markt wie Touristen am Bus Terminal, bereit, um sich ausplündern zu lassen. Die American Association of Individual Investors geben an, dass deren Mitglieder mit 71,4% bullish sind, während nur 8,6% bearish angeben. Die bullishe Prozentzahl ist so hoch wie am Allzeithoch im Januar 2000, bevor der größte Bärenmarkt seit den 1930er Jahren begann.

      Die US Arbeitslosenrate lag diese Woche bei 6,4% (6,1% erwartet). Am Aktienmarkt gab es ein volatiles Auf und Ab. Der Dow endete -72,63 Punkte bei 9070,21. In der kommenden Woche werden die ersten Quartalsergebnisse der Unternehmen bekanntgegeben.

      Der 28. Juli 2003 ist ein wichtiges Datum. Wir markieren das 21 Jahrestief bei -1,618 in der Sinuskurve des Dow. Der Aktienmarkt steht vor einem gewaltigen Zusammenbruch. Ein TSUNAMI ist wieder im Anrollen mit verheerenden Folgen!

      Der nationale Einkaufsmanagerindex konnte die Marke 50 nicht überschreiten. Es ist höchste Aufmerksamkeit angesagt, denn ein Kollaps kann sehr sehr schnell stattfinden. Die Navigation läuft nach Elliott in eine große Welle 3. Dreier Wellen sind verheerend in einem Bärenmarkt. In einem Bullenmarkt generieren sie gute Gewinne. Dreier Wellen sind meist ausgedehnt. Nicht zu vergessen ist die Zeit um Ende Juli/Anfang August, ein signifikantes 21 Jahres-Tief. Eine neue "Blase" hat sich gebildet.

      Das Fibodatum hierzu wäre der 3./4. August 2003 (144 Tage seit demTief 12.3.2003) Montag 4. August 2003.


      evotrade.de
      Avatar
      schrieb am 05.07.03 17:36:13
      Beitrag Nr. 3.388 ()
      Independence Day und Terminator

      von Jochen Steffens

      Heute ist Unabhängigkeitstag in den USA, der 4 Juli. Mittlerweile dürfte dieser Tag doch eher mit dem Angriff von Außerirdischen in Zusammenhang gebracht werden, als mit dem historischen Hintergrund: Es ist der Tag, an dem die 13 britischen Kolonien in Nordamerika ihre Unabhängigkeitserklärung unterschrieben haben. Das war im Jahr 1776.

      Heute werden also die amerikanischen Börsen geschlossen bleiben, so dass auch im weiteren Verlauf an den europäischen Börsen kaum noch mit Impulsen zu rechnen ist. Es sei denn, große fliegende Untertassen würden über New York auftauchen. Doch seien wir ehrlich, sehr wahrscheinlich ist das nicht und ob es dann noch sinnvoll wäre short zu gehen, sei auch mal dahin gestellt. Auch die Anschlagsgefahr an diesem Tag wird von den amerikanischen Geheimdiensten als "gering" eingestuft.

      Heute morgen war ich auf der Site www.koeln.de. Dort ist speziell für FC Köln Fans ein besonderer Service eingerichtet. Der wahre Fan kann sich verschiedene Statistiken über Sieg oder Niederlage seines Vereins anschauen. Das besondere dabei: Der "rosa Brillen" Effekt. Wenn man diese rosa Brille anklickt, dann werden alle Spiele, die der FC verloren hat, einfach ausgeblendet. Ein wahres Fest für einen wahren Fan. Nur noch Gewinne. Was für eine Mannschaft.

      Ein wenig scheint mir, die amerikanischen Investoren haben den general Button "rosa Brille" angeklickt. Alle negativen Nachrichten über die konjunkturelle Entwicklung in Amerika werden schlichtweg "ausgeblendet". Ein wahrer Patriot. Anders ist es mir nicht erklärlich, dass nach den schlechten Arbeitsmarktdaten gestern, Analystenstimmen nun von einer konjunkturellen Erholung ohne den Arbeitsmarkt ausgehen. Begründet und erklärt wird diese These mit der immensen Liquidität, die den Markt überschwemmt.

      Doch so einfach ist es nicht. Offenbar beginnen die amerikanischen Investoren die internationalen Märkt zu entdecken. Sollte also diese "Liquidität" nicht in den amerikanischen, sondern in internationale Märkte fließen, dann könnte der Schuss der Zinspolitik der amerikanischen Notenbank (Fed) auch schnell zu einem Kopfschuss werden, siehe Japan. Erfreulich wäre natürlich, wenn dabei der Euroraum als Anlageziel "entdeckt" würde. Immerhin sind hier immer noch höhere Renditen zu erzielen. Das könnte dann einige stabilisierende Effekte auf die europäischen Wirtschaft haben.

      Aber noch einmal zurück nach Amerika. Mehrere amerikanische Bundesstaaten sind offenbar pleite, andere kurz davor. Darunter Kalifornien, der bevölkerungsreichste Bundesstaat der USA. Immerhin leidet die fünftgrößte Wirtschaftsregion unter einem Rekorddefizit von 38,2 Mrd. Dollar.

      Insgesamt haben 46 der 50 US-Bundesstaaten massive Finanzprobleme. Gründe sind die gestiegenen Ausgaben im Gesundheitsbereich aber auch die explosionsartig angestiegenen Ausgaben für Sicherheit. Der "Überwachungsstaat", den Präsident Bush initiiert hat, wird zu teuer. Nicht nur auf Bundesstaatenebene. Für die, die diese Entwicklung mit großer Besorgnis beobachtet haben, vielleicht ein Beruhigung. Lange wird Amerika die immensen Ausgaben für innere Sicherheit nicht mehr aufbringen können. Aber auch die finanziellen Probleme der einzelnen Bundesstaaten belasten zunehmend die Konjunktur. Wie baut man Schulden am einfachsten ab? Na, man inflationiert die Währung ... Wenn das mal alles gut geht!

      Und wie so oft, wenn es den Bürgern schlecht geht, kommt der Ruf nach einer starken Hand. (Wobei eine Bündelung der Kräfte zumeist erfolgversprechender ist) Ob es dabei nicht ein wenig übertrieben ist, auf den Terminator zu hoffen? Nachdem ein zweitklassiger Ex-Cowboy-Darsteller die Geschicke Amerikas gelenkt hat, soll nun ein erstklassiger Actionheld-Darsteller die Geschicke Kaliforniens verwalten? Noch ist Arnold Schwarzenegger nicht Gouverneur, aber es würde mich nicht wundern, wenn er es wird. Wir kennen ja die Amerikaner. Und wer weiß, vielleicht wird bald ein Österreicher auch Präsident der Vereinigten Staaten. Zumindest weiß der amerikanische Präsident dann wo Europa liegt.

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      Probleme mit dem Transrapid

      von Jochen Steffens

      Zunächst gab es das Aus für den Metrorapid in Nordrhein-Westfalen. Jetzt soll eventuell auch die geplante Transrapidstrecke in China scheitern. Offenbar soll es Hinweise darauf geben, dass in China die Entscheidung zu Gunsten der "Rad-Schiene-Technik" ausfallen könnte. Die deutsche Industrie hoffte bisher den 20 Mrd. Euro Investitions-Auftrag für den Bau einer 1300 km Transrapid-Strecke zwischen Peking und Shanghai zu kriegen. Diese Strecke ist jedoch nur das Kernstück in der chinesischen Verkehrsplanung, die den Bau von Hochgeschwindigkeitszügen auf einer Gesamtstrecke von 8000 Kilometer vorsieht.

      Das Problem ist wohl, dass das Aus in Nordrhein Westfalen den Kritikern an dem Transrapid in der chinesischen Regierung Rückenwind verschafft hat. Es ist schon wenig vertrauensschaffend, wenn das "Herstellerland" selbst von seinem eigenen Projekt Abschied nimmt. Eigentlich verständlich.

      Auch bei der Münchener Transrapidstrecke tauchen Probleme auf. So soll der Münchener Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) eine Klage gegen die geplante Streckenführung anstreben.

      Thyssen Krupp reagiert auf diese Nachricht und kommentiert, dass sich das Unternehmen auf Anschlussaufträge für kürzere Strecken konzentriere. Zudem sei noch keine Grundsatzentscheidung über die Eisenbahntechnik auf dieser Strecke seitens der chinesischen Regierung getroffen worden.

      Sollten Sie in einer der beiden betroffenen Firmen, Siemens und Thyssenkrupp investiert sein, geraten Sie nicht in Panik. Die Summen, die den beiden Firmen dadurch entgehen wird, sind relativ moderat. Deswegen verlieren die Aktienkurse der beiden Unternehmen auch kaum. Trotzdem sollten sie den Kursverlauf genau beobachten und eventuell dichte Stops setzten.

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      Lufthansa in Bedrängnis?

      von Jochen Steffens

      Der Preiskampf in der Luftfahrbranche geht in die nächste Runde. British Airways startet nun einen Preiskampf gegen die Lufthansa (ISIN DE0008232125). Nach dem Wettbewerb bei den Billigfluglinien ist nun der lukrative Markt mit den Geschäftskunden an der Reihe. So hat British Airways angekündigt, dass besonders die Vielflieger mit Rabatten von bis zu 40 % von der Deutschen Lufthansa weggelockt werden sollen.

      Eine acht Fluglinien umfassende Luftfahrtallianz namens "Oneworld" um British Airways hat in dieser Woche mit ihrer Deutschlandoffensive begonnen. In einer Aktion hat sich Oneworld an 15 000 Unternehmen in Deutschland gewandt und ihre Rabatte angeboten. Zwar stellen Firmenkunden nur 18 % des Passagieraufkommens der Lufthansa, aber sie bringen dem Unternehmen immerhin schätzungsweise bis zu 60 % des Umsatzes!

      Diesen Vorstoß muss man als massiven Angriff auf die Geschäftsfelder der Lufthansa werten. Das wird natürlich auch die Aktie der Lufthansa unter Druck setzten. Mit einer entsprechenden Reaktion der Lufthansa ist zu rechnen. Wie erwartet verhärtet sich der Preiskampf in diesem Segment. Trotzdem halte ich an meiner Prognose fest, dass die Deutsche Lufthansa zu den Firmen gehören wird, die diese Krise in der Flugbranche überleben wird.

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      Inflation oder Tod – wahrscheinliches beides

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Wieder einmal ein guter Tag an der Wall Street ...

      Zumindest könnte man das sagen, wenn man Unternehmensinsider wäre und seine Aktien zu Kursen, die nicht gerechtfertigt sind, verkauft hat; die kleinen Leute haben wieder gekauft.

      Eine Untersuchung von Vickers Weekly zeigt, dass das Verhältnis von Insiderverkäufen zu Insiderkäufen im Durchschnitt der letzten 8 Wochen bei 4,11 zu 1 lag. Das letzte Mal, als dieser Wert über 4 lag, war im Mai 2002 – kurz bevor der Dow Jones von 10.353 Zählern auf 7.286 Punkte fiel.

      Die Kleinanleger verhalten sich wie unvorsichtige Touristen, deren Geldbörsen leicht gestohlen werden können. Laut einer Vereinigung amerikanischer Kleinanleger (American Association of Individual Investors) stehen derzeit 71,4 % der Mitglieder auf der Bullenseite, und nur 8,6 % sind Bären. Der Anteil der Bullen erreicht fast das Allzeithoch, das am 6. Januar 2000 erreicht worden war – nur wenig später begann der schlimmste Bärenmarkt seit den 1930ern.

      Aber warum kümmern wir uns eigentlich darum? Ist das nicht so, wie es nun einmal funktioniert? Die Sonne geht im Osten auf und im Westen unter. Belegte Brote fallen mit der belegten Seite auf den Boden. Jede Menge armer Investoren machen wenige Investoren reich. Und wenn man sich darüber Sorgen macht, dass die Welt untergeht, dann kauft man Gold, um sich zu schützen.

      Manchmal bedroht Inflation das Papiergeldsystem der Welt. Manchmal wird es durch eine Deflation bedroht. Es ist theoretisch unmöglich, dass beide gleichzeitig als Drohung bestehen. Aber wir vom Investor`s Daily sind nicht zu einfach gestrickt, als dass wir uns über Widersprüche Sorgen machen würden; wir sehen eine Gefahr von beiden, sowohl von Inflation als auch von Deflation.

      "In einer lehrbuchmäßigen Deflation ist Bargeld König", versucht mein alter Freund Rick Ackermann diese verzwickte Situation zu erklären. "Das impliziert, dass man viel Bargeld oder Tagesgeld halten sollte, um eine solche Deflation zu überleben, bis der Boden erreicht ist. Aber derzeit sehen wir keine lehrbuchmäßige Deflation; stattdessen sehen wir eine Deflation, die es noch niemals zuvor in der Geschichte der Menschheit gegeben hat, denn sie wird die erste sein, die bei einem globalen Währungssystem erwächst, das hohl bis zum Kern ist."

      Überall in der Welt senken die Zentralbanken die Leitzinsen, drucken Geld, kaufen Staatsanleihen mit frisch gedrucktem Geld. Es heißt "Inflation oder Tod", so wie es Richard Russell nennt. Ich fürchte, es könnte beides sein. Einfach Geld zu drucken, wird nicht die Deflation bei Vermögenswerten stoppen oder die weltweit schwache Wirtschaftslage beleben. Aber das könnte die Papierwährungen zerstören, in denen dieses magische Geld geeicht ist. Im Gegensatz dazu wird reales Geld (Gold) mehr als zuvor geschätzt werden.

      "Gold ist das Investment unseres Lebens", so Richard Russell weiter. "Es bietet die Möglichkeit, die destruktive Kraft der Jahrtausenddeflation, die bestimmt das Nettovermögen von Millionen Investoren zerstören wird, zu hebeln ( ...). Lassen Sie mich festhalten, dass ich Ihnen empfohlen haben, sofort Gold zu kaufen, vielleicht mit 10 % bis 20 % ihres Investmentvermögens."

      "Soweit ich mich erinnern kann, war die Fluchtrute von einem ernsten wirtschaftlichen Abschwung niemals zuvor so günstig, so offensichtlich, und so risikofrei."
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      Bei Feuerwerken zum US-Unabhängigkeitstag wird gespart

      von unserem Korrespondenten Eric Fry an der Wall Street

      Die steigenden Kurse am Aktienmarkt benebeln – wie eine kräftige Droge – die Sensitivität der Inestoren in Bezug auf die gegenläufigen wirtschaftlichen Trends. Aber durch steigende Aktienkurse verschwinden die schlechten wirtschaftlichen Zahlen nicht. Egal, wie hoch z.B. die Aktie von Starbucks steigen mag – die Konsumenten leiden weiterhin unter einem riesigen Schuldenberg und die Unternehmen weigern sich weiterhin, Arbeiter einzustellen.

      "Abwarten und Tee trinken", das ist die vorherrschende Philosophie in den USA geworden – oder zumindest die Philosophie des nichtstaatlichen Sektors. Im öffentlichen Sektor ist die "Besteuern und Ausgeben"-Philosophie immer noch angesagt. Allerdings lag zuletzt bei vielen Regierungen von Bundesstaaten und Kommunen die Betonung auf "Besteuern". Seit Anfang 2002 haben 30 US-Bundesstaaten die Steuern auf Zigaretten erhöht. Aber es sind die Ausgabenkürzungen, die Ärger aufkommen lassen.

      "Am (heutigen) Unabhängigkeitstag werden die Feuerwerke kleiner als sonst ausfallen", so Reuters, "da einige Feuerwerke (der öffentlichen Hand) gestrichen bzw. verkleinert worden sind, wegen der Haushaltsprobleme der lokalen Regierungen. Da sich die wirtschaftliche Abschwächung auch bei den Steuereinnahmen von Bund und Bundesstaaten widerspiegelt, haben diese weniger Geld für Feuerwerke – die normalerweise zwischen 1.000 und 2.500 Dollar pro Minute kosten können."

      Da sich die Überschüsse der öffentlichen Haushalte in Luft aufgelöst haben, können Feuerwerke für 25.000 Dollar auf einmal eher pompös als patriotisch aussehen. Also vielleicht haben die Erbsenzähler in den Regierungen Recht, wenn sie bei den Feuerwerken sparen. Aber irgendwie scheint mir das auch nicht richtig zu sein. Denn ich könnte mir vorstellen, dass die meisten Steuerzahler lieber für ein schlechtes Feuerwerk zahlen würden, als für einen guten Kongressabgeordneten.

      Die schwachen Steuereinnahmen sind einfach nur eine Folge der Post-Spekulationsblasen Umgebung. Auch eine Bärenmarktrally ist eine Folge dieser Umgebung. "Selbst Bärenmärkte schießen manchmal nach oben", so erinnert uns David Tice. David ist ein Freund von mir, und er ist Manager des Aktienfonds von Prudent Bear.

      "Ganz bestimmt haben wir einen solchen Markt schon gesehen", so Tice. "Der S&P 500 hat 22 % seit dem März-Tief gewonnen, der Nasdaq 26 % ... das erinnert mich an die Situation in den USA 1999 oder in Japan 1993. Obwohl der Nikkei damals seit dem Topp 60 % verloren hatte, stieg er von Anfang März bis Anfang Juni 1993 um 25 % ... die April-Ausgabe der Business Week beschrieb die bullische Stimmung damals so: `Die Analysten denken jetzt, dass der Nikkei in nicht ferner Zukunft auf die Marke von 21.000 Punkten zusteuern wird. Das würde das durchschnittliche Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) auf luftige 70 bringen, verglichen mit 35 beim Boden letztes Jahr. Dennoch scheinen diese Aussichten den Aktienkäufern keine Sorgen zu bereiten.`"

      "Klingt das vertraut?" so Tice weiter. "Auch die heutigen Investoren in den USA machen sich wegen der hohen Bewertungen keine Sorgen. Egal, welchen Bewertungsmaßstab man nimmt – die Aktienbewertungen sehen eher so aus, wie man das beim Topp eines Bullenmarktes erwartet ... und nicht wie beim Tief eines Bärenmarktes. Der Enthusiasmus hat dazu geführt, dass Yahoo! jetzt mit dem Dreifachen der Umsätze der gesamten Online-Werbe-Industrie bewertet ist – eine Bewertung, die wirklich erklärungsbedürftig ist."

      Tice sagt, dass die Rally am Bärenmarkt fast vorbei sei ... aber der Bärenmarkt selbst sei noch lange nicht vorbei. Laut Tice wird der Bärenmarkt nicht enden, "solange nicht entweder (1) die Kurse substanziell fallen werden, oder (2) die Unternehmensergebnisse lange genug steigen werden, so dass die Bewertungen der Aktien wieder attraktiv werden ... für mich sieht es so aus, als ob dieser amerikanische Bärenmarkt noch einen langen Weg vor sich hat."

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      Günstig bewertete chinesische Aktien

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      *** Dank den Steuerplänen von Bush hat jemand, der 50.000 Dollar im Jahr verdient, diese Woche 8 Dollar mehr als sonst von seinem Einkommen behalten können. Ich habe noch nie so eine Steuersenkung erlebt. Ich frage mich, wo diese 8 Dollar herkommen. Hat die Fed die US-Truppen in Afghanistan oder im Irak dazu bewegt, auf ihr Mittagessen zu verzichten? Fährt Bush jetzt nur noch mit dem Taxi ins Pentagon? Haben die Universitäten entschieden, dass sie kein weiteres Buch von "Verstecktes Lesbentum in den Werken des Heiligen Thomas von Aquin" brauchen?

      "Nein", wird mir gesagt. "Sie haben sich das Geld von den Japanern geliehen."

      "Wie werden sie es zurückzahlen?" frage ich.

      "Armseliger Idiot", kommt die Antwort. "wir werden es nie zurückzahlen. Denn die Japaner verehren unsere dynamische Wirtschaft so stark, dass sie uns immer weiter Geld leihen werden, mehr und mehr, für immer. Nebenbei – wenn sie uns kein Geld mehr leihen würden, dann würden wir nicht mehr ihre Toyotas oder ihr Sushi kaufen."

      *** Der australische Dollar befindet sich gegenüber dem US-Dollar auf einem 5-Jahres-Hoch. Auch der neuseeländische und der kanadische Dollar befinden sich auf Mehrjahreshochs. Selbst der argentinische Peso steigt gegenüber dem US-Dollar ... er hat in den letzten 12 Monaten fast 30 % zugelegt.

      *** "Asien oder Untergang", so eine Schlagzeile im Barron`s Magazin. "Die US-Technologiegesellschaften verlegen verstärkt Arbeitsplätze nach Übersee." Kein Wunder. Ein Ingenieur in Shanghai verdient ungefähr ein Siebtel von einem Ingenieur im amerikanischen Silicon Valley. Also, Asien boomt ... während sich der Rest der entwickelten Welt so dahinschleppt.

      *** Wie man davon profitieren kann? Kaufen Sie eine Gesellschaft in Shanghai, schlägt Shu Yin Lee im Barron`s Magazin vor. Trotz des Wachstums liegen die Grundstückspreise in Shanghai bei gerade mal 30 % der Grundstückspreise in New York, und auch die Unternehmen sind billig. China Overseas Land hat ein KGV von 8,9. Hopson Development Holdings hat ein KGV von nur 8. Und das KGV von Shanghai Real Estate liegt bei nur 7,6.

      Warren Buffet mag Petrochina – eine große Ölgesellschaft, die ein KGV von 9 und eine Dividendenrendite von 5 % bietet.

      *** Heute wird in den USA die Unabhängigkeit gefeiert. Der Revolutionskrieg gegen die Briten wurde von den Amerikanern gewonnen – und ich erinnere an dieser Stelle daran, dass es ein paar kleine Details gibt, die man nicht vergessen sollte. Denn dieser Krieg wurde auch durch den Mut der Franzosen gewonnen, deren Flotte den Eingang zur Chesapeake Bay blockierte, so dass die britischen Truppen in Yorktown, Virginia, strandeten.
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      Leichter als Luft

      von unserem Korrespondenten Eric Fry

      Jetzt ist es offiziell: Am US-Anleihenmarkt gibt es eine Spekulationsblase. Die brandneue, 17,6 Mrd. Dollar schwere Anleihe von General Motors (GM) ist ein Beweis dafür.

      Die Investoren sind so auf der Suche nach Rendite – jeder Rendite –, dass sie auch riskante Anleihen – alle riskanten Anleihen – akzeptieren, um höhere Renditen erzielen zu können. Da kommt GM, mit wenig Bargeld und vielen Schulden, und GM bietet jede Menge Anleihen mit fast Junk Bond-Status, aber dafür mit 4 Prozentpunkten mehr Rendite als US-Bundesanleihen an. Und die Investoren stellten sich fleißig in die Reihe, um diese GM-Anleihen zu kaufen, sie ignorierten die mangelnde finanzielle Gesundheit dieses Autobauers.

      Leider ist größer nicht immer besser – besonders nicht im Fall von Anleihenrenditen. Und besonders dann nicht, wenn größer noch nicht einmal besonders groß ist. Aber wenn die Märkte steigen, dann tendieren die Investoren dazu, zuerst zu kaufen und Fragen später zu stellen. Mit anderen Worten: Die Anleihenkäufer sind sehr kritiklos geworden, und ein kritikloser Käufer ist ein dummer Käufer. Er folgt dem, was viele andere kritiklose Käufer machen – wie zum Beispiel am Anleihenmarkt. Und wenn in kurzer Folge viele dumme Käufe auftreten, dann steigen die Preise auf dumme Preisniveaus.

      Und bevor man es richtig begreift, hat man eine ausgeprägte Spekulationsblase.

      Die Spekulationsblase am Aktienmarkt der 1990er (so wie sie jeder mittlerweile nennt) war nur die erste von mehreren finanziellen Spekulationsblasen der Ära Greenspan. Und die Spekulationsblase am Anleihenmarkt ist nur die jüngste Kreation von Greenspan.

      Wenn – das ob ist nicht mehr die Frage – die Spekulationsblase am Anleihenmarkt platzt, dann könnten die dann folgenden gesamtwirtschaftlichen Probleme den dreijährigen Bärenmarkt am Aktienmarkt wie das Vorspiel zu einer Explosion des Vesuv aussehen lassen. Ein Platzen der Spekulationsblase am Aktienmarkt könnte die Aktienkurse einbrechen lassen, besonders die Kurse der Aktien, die mit dem US-Immobilienmarkt zusammenhängen.

      Selbst ein Investor, der nichts über die derzeitige wirtschaftliche Lage der USA weiß, aber ein bisschen über die Geschichte der Regierungsfinanzen, sollte von der historisch niedrigen Rendite von 3 % für 10jährige Staatsanleihen abgeschreckt werden. Das riecht einfach nicht gut – genauso wenig wie ein Tunfisch-Sandwich, das eine Woche alt ist.

      Die Beweise dafür, dass wir am US-Anleihenmarkt derzeit eine irrationale Kursübertreibung sehen, sind zahlreich. "Die Deflationswarnung hat die Sparer dazu veranlasst, die Leiter hinaufzuklettern, um nach Rendite am oberen Ende der Leiter zu greifen", beobachtet James Grant, Herausgeber von Grant`s Interest Rate Observer. Und die verrotteten Bilanzen von General Motors könnten eine der brüchigsten Sprossen dieser gesamten Leiter des Anleihenmarktes sein. Die Absicht der gigantischen 17 Mrd. Dollar Emission von General Motors – die größte Anleihenemission, die ein US-Unternehmen je durchgeführt hat – ist es, Schulden von einer Ecke der Bilanz in eine andere Ecke zu schieben.

      Wie ein Abiturient, der sich von seinen Eltern Geld leiht, um seinen Dispokredit zurückzahlen zu können, nutzt GM das Geld aus der Anleihenemission, um andere Schulden zurückzahlen zu können. Der größte Teil der frischen Mittel ist dafür vorgemerkt, die unterfinanzierten Pensionspläne von GM aufzupeppen ... natürlich "ist die Aufnahme von Schulden, deren Volumen ungefähr die Hälfte der eigenen Marktkapitalisierung erreicht, zur Finanzierung zukünftiger Verpflichtungen eine starke Erinnerung daran, dass das Schicksal von GM zum großen Teil von den Gewerkschaften und GM-Pensionären bestimmt wird", bemerkt Michael Santoli vom Barron`s Magazin.

      "Obwohl GM vorgegeben hat, dass die Anleihenemission `eine Bemühung ist, die Verbesserungen der GM-Bilanz zu beschleunigen und finanzielle Flexibilität zu erreichen`, ist die Wahrheit, dass GM nur eine Schuld, die zum größten Teil noch gar nicht in den Bilanzen steht, durch eine andere Schuld, die in den Bilanzen bleibt, ersetzt", beobachten die Analysten von Apogee Research sehr skeptisch. "Kann irgendjemand realistisch daran glauben, dass die Anleihenemission ein positiver Indikator für die zukünftigen Aussichten von GM ist? ... Das ist nichts anderes als eine rote Flagge, die signalisiert, dass die eskalierenden Zahlungen für die Pensionäre von GM zunehmend auf den Interessen der Aktionäre lasten."

      Und Apogee Research weiter: "Einfach gesagt – die 17 Mrd. Dollar frische Mittel (die GM durch die Anleihenemission erhält) fließen nicht in die Forschung oder die Produktentwicklung oder in eine Verbesserung des Produktionsprozesses – alles Dinge, die die Aussichten für die Aktionäre verbessern können. Stattdessen werden die frischen Mittel hauptsächlich die wachsenden finanziellen Bedürfnisse der Pensionäre von GM befriedigen."

      Insgesamt beträgt die Unterfinanzierung der Pensionsverpflichtungen von GM satte 75 Mrd. Dollar. Selbst die aktuelle Anleihenemission von 17 Mrd. Dollar ist deshalb noch keine Lösung des Gesamtproblems. Aber diese Mathematik scheint die Kleinanleger, die GM Milliarden Dollar leihen, wenig zu kümmern.

      Statistisch gesehen sieht der Anleihenmarkt sehr nach einer Spekulationsblase aus. "Der Kursanstieg am Aktienmarkt in den letzten Monaten sah so aus wie der Anstieg des Nasdaq-Composite von Ende 1999 bis Anfang 2000, als es von 3.000 auf 5.000 Punkte nach oben ging", so Donald Straszheim von Straszheim Global Advisors. "Bedenken Sie die Gemeinsamkeiten – US-Staatsanleihen und Nasdaq-Composite. Der Nasdaq-Composite stieg um 320 % (von April 1997 bis März 2000), von 1.201 auf 5.048 Punkte. Von Oktober 1998 bis März 2000 betrug das Plus 260 %, von 1.419 Punkte auf 5.048."

      "Beim Nasdaq-Composite brauchte der Sprung von 3.000 auf 4.000 Punkte nur 70 Handelstage. Wenn es jemals eine Manie gab – dann in diesem Zeitraum. Bei den 5jährigen Anleihen ist die Rendite um 70 % zurückgegangen (von Mai 2000 bis Juni 2003), von 6,83 % auf 2,08 %. Von April 2002 bis Juni 2003 ist sie um 57 % gesunken. Dieser Rückgang der Rendite (was einem Anstieg der Anleihenkurse entspricht) hat keine Vorgänger in der Nachkriegsgeschichte ... und die Deflations-Angst ist übertrieben worden", so Straszheim weiter.

      "Diese Story war eine Zeitlang populär, und die Fed hat jede Menge Möglichkeiten, das System mit Liquidität zu überfluten, um eine Deflation abzuwenden ... wir erwarten keinen inflationären Anstieg bei den Zinssätzen, aber die jüngsten Zinstiefs waren deutlich unter tragbaren Niveaus."

      Was diese "nicht tragbar" niedrigen Renditen unterstützt hat, war natürlich der massive Zustrom bei den Rentenfonds. In den 12 Monaten bis April flossen 160 Mrd. Dollar frischer Mittel in die US-Rentenfonds. "Der Anleihenmarkt ist überkauft und überbewertet", so Jim Bianco, Vorsitzender von Bianco Research in Chicago.

      Ich könnte ihm keine Gegenargumente liefern. Deshalb scheint es wohl am besten zu sein, diese Spekulationsblase vorbeiziehen zu lassen – und nicht im Weg zu stehen.
      investorverlag.de
      Avatar
      schrieb am 05.07.03 17:46:57
      Beitrag Nr. 3.389 ()
      Avatar
      schrieb am 05.07.03 18:03:53
      Beitrag Nr. 3.390 ()
      Konsumisten aller Klassen, bewegt Euch!

      Goedart Palm 04.07.2003
      Kanzler Schröders konsumistisches Manifest steht unter Finanzierungsvorbehalt


      Nun hat Kanzler Schröder bereits seine fünfte Regierungserklärung in dieser Legislaturperiode abgegeben: Deutschland bewegt sich. Nicht sehr viel anders als zuvor hat er wieder die üblichen Streicheleinheiten an die vorgeblich aufschwungbereiten Bürger und selbst die Gewerkschaftsmitglieder als - man höre und staune - "Akteure des Wandels" verteilt. Die sattsam bekannte Mitmach-Rhetorik spricht dafür, dass der permanente und bisher weitgehend folgenlose Reformeifer vor allem zum Ressort "Motivationspsychologie" gehört.






      Mit Schröders "größter Steuerentlastung der Nachkriegszeit" soll ein "Aufbruchsignal für die Menschen in unserem Land gesetzt" werden. Wie damit der auf der Intensivstation hechelnde Haushalt konsolidiert werden soll, bleibt dabei allerdings weiterhin die intrikate Frage. Konsumisten aller Klassen, hört also die Signale, auf zum nächsten Konsumrausch! Der Kanzler formuliert das freilich erhabener:






      "Denn was wir wollen, ist ja nicht nur ein kurzfristiges Signal des Aufbruchs. Wir sagen den Menschen in Deutschland nicht nur: Wir geben euch Geld - nun gebt es aus. Wir sagen ihnen: Es lohnt sich, in Deutschland zu leben, zu investieren und zu konsumieren."






      Wenn also erst mal die Konjunktur rollt, wird uns auch die lang versprochene Agenda 2010 ( Der milde Mut zur Besserung) aus dem Tal der Tränen herausreißen. In der politischen Zeitform des beschwörenden Indikativs sprach der Kanzler von Entscheidungen, die "für mehr Dynamik sorgen, für mehr Wachstum und mehr Beschäftigung". Mit anderen Worten: Es geht bereits voran, auch wenn bisher leider kaum einer was davon gemerkt hat.


      Reform ist gut, aber Finanzierung ist besser


      Vor der Konjunktur steht zudem der politische Konjunktiv, denn noch ist längst unklar, ob die Einigkeit der Parteien in Bundestag und Bundesrat, von Bund, Ländern und Kommunen hergestellt wird und der permanent verkündete Aufbruch wenigstens diesmal über die Phrase hinauskommt. Die Neuhardenbergsche Reformreform will die Kaufkraft der Bürger schon im Jahre 2004 stärken, indem 10 % weniger Einkommensteuer vereinnahmt werden. Die dritte Stufe der Steuerreform soll mit der zweiten zugleich gezündet werden. 18 Milliarden Euro weniger Steuern heißt das für den Steuerzahler im nächsten Jahr, die sich mit dem zweiten, bereits gegenfinanzierten zweiten Entlastungsschritt zu ansehnlichen 25 Milliarden Euro ergänzen.

      Doch dieser Batzen fehlt zunächst Bund, Ländern und Gemeinden. Also heißt es auch hier: Reform ist gut, aber Finanzierung ist besser. Privatisierung, Subventionsabbau, aber eben auch neue Schulden der ohnehin überstrapazierten Haushalte sollen des Kanzlers Konjunkturspritze möglich machen. Der Reformkanzler hofft auf Wachstum, Wachstum und immer wieder Wachstum, um so die vorgezogene Reform zu finanzieren und endlich außer Signalen auch Taten vorzuweisen.


      Wiesel Merkel und Co.


      Der Streit, der inzwischen auch die Unionsspitze entzweit, dreht sich um die Gegenfinanzierung, die auch bereits von der Europäischen Kommission kritisch beäugt wird. "Die Stimme der Vernunft", nach CDU-Vorsitzende Angela Merkel handelt es sich dabei um die Union, will grundsätzlich in dieselbe Richtung. Merkel, aber auch Stoiber wollen mit dem Reformkanzler ziehen, wenn wirklich eine Netto-Entlastung des Steuerzahlers damit verbunden ist und eine "seriöse Finanzierung" vorläge. Das ist die übliche "Ja-aber"-Kooperation, die letztlich doch wieder auf das "Parteiengezänk" hinaus laufen könnte, das der parteienübergreifende Harmonisierungskanzler so gar nicht brauchen kann ( Volle Panik auf der Titanic).

      Der Zick-Zack-Kurs von Merkel & Co. ist nun im Wesentlichen an dem Punkt angelangt, dem Kanzler vorzuwerfen, dass man nicht bereit sei, die "Detailarbeit" der Gegenfinanzierung zu leisten. Und in der Tat blieben die Ausführungen des Kanzlers in dieser Frage hinreichend unkonkret, als dass sich darüber schon die angemahnte Einigkeit der von Haus aus Uneinigen herstellen dürfte. Für die Kritiker aus den eigenen Reihen der Opposition sind die neuen Haushaltsschulden ohnehin inakzeptabel.

      Diese wankelmütige, an etliche Vorbehalte geknüpfte Solidarität mit den Plänen des Kanzlers könnte zur finanziell aussichtslosen Quadratur des Reformzirkels werden. Denn die Länder müssten ihre Haushalte neu kalkulieren und die Bereitschaft und Möglichkeit dazu scheinen gering zu sein. Schon wird mit dem Verfassungsgericht gedroht, als ob das Recht da noch viel (aus)richten könnte, wo die Politik wenig zu bestellen hat.

      Wohl nicht nur Friedrich Merz und der stellvertretende CDU-Vorsitzende Jürgen Rüttgers halten jedenfalls Verfassungsklagen für das probate Mittel, den in der Tat fatalen Reformverschuldungsmechanismus der ewigen Pumpwirtschaft zu stoppen. Auch der hessische CDU-Ministerpräsident Roland Koch will keine neuen Schulden akzeptieren. Vor allem glaubt Koch nicht an die Stimulanzwirkung der Steuererleichterungen für Wirtschaft und Bürger, die nun die Spendierhosen anziehen sollen. Da könnte Koch Recht haben.


      Von der Kunst des Möglichen zur Kunst des Magischen


      Die gesellschaftliche Verunsicherung über die Zukunft ( Bundeskanzler Schröder erklärt uns die Zukunft) sitzt inzwischen tief und jede weitere zwangsoptimistische Regierungserklärung aus der Not der Stunde heraus könnte die Sicherheitserwägungen der großen und kleinen Privathaushalte noch weiter in die andere Richtung drängen.

      Wenn der Kanzler nun den angeblich bereits spürbaren Mentalitätsumschwung "weg von der Besitzwahrung und hin zur Gestaltung von Zukunftschancen" fordert, ist das nicht mehr als eine blässliche Formel, die schönredet, dass die Zukunftschancen allein darin bestehen könnten, mit Mühe einen gewissen, will sagen: ungewissen Lebensstandard überhaupt zu erhalten. Zudem könnte das konsumistische Manifest des Kanzlers auch eine Mogelpackung sein, wenn etwa Eigenheimzulage und Entfernungspauschale geopfert werden und die lecken Privatkassen schließlich doch nicht viel anders aussehen als zuvor.

      Die Bosse begrüßen freilich die Konjunkturpolitik des Genossen. Auch die Liberalen sind wohl weiter gehend als die Christdemokraten mit des Kanzlers Konsumappell einverstanden, wenn wirklich Subventionen abgebaut werden und die Privatisierung neue Kohle in die ausgebrannte Kasse bringt. Roland Koch und der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Peer Steinbrück, reden bereits über einen konsensfähigen Plan zum Abbau von Subventionen. Bis 2010 sollen 45 Milliarden Subventionen eingedampft werden, was dann wieder vom Arbeitsmarkt verarbeitet werden muss.

      Geht es also nun demnächst mit der Konjunktur aufwärts? Dass die Aufbruchsignale des Kanzlers in der Wirtschaft wirklich angekommen sind, ist längst nicht ersichtlich. So sieht etwa das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) die potenziellen Wachstumszahlen für 2004 pessimistischer als die Bundesregierung. Denkwürdig ist in dieser Phase fragiler Zukunftsaussichten, dass die Politik nicht wirklich über unzweifelhafte Mittel verfügt, die wirtschaftlichen Verhältnisse und den katastrophalen Arbeitsmarkt ins Lot zu bringen. Auch hier weiß der Kanzler freilich mehr als wir. Die Hartz-Reformen hätten "so hohe Beschäftigungschancen erreicht wie nie zuvor." Chancen sind gut, aber wo bleiben die hoffnungsfrohen Statistiken, die uns zu Gläubigen des Konsumappells werden lassen?

      Die Agenda 2010 bindet sich an das Prinzip Hoffnung, dass Unternehmer und Konsumenten, wenn schon nicht an das große zweite Wirtschaftswunder, so doch zumindest an eine Konsolidierung aller maroden Kassen aus dem Geist des Konsums wenigstens wieder zu glauben wagen. Sollte Politik nicht nur die Kunst des Möglichen, sondern mindestens ebenso sehr die des Magischen sein, wenn dem Lahmen nun verordnet wird: "Nun steh` auf und geh`." Insofern atmet des Kanzlers konsumistisches Manifest auch ein wenig den Geist des Neuen Testaments, was schließlich auch als ein Grund für den neu entdeckten, indes recht fragilen und jederzeit widerrufbaren Schulterschluss von Christdemokraten und Sozis herangezogen werden mag.

      Fazit der neuen politischen Bewegungslehre des Kanzlers: "Ein klares Signal" (Schröder) bei weiterhin unklarer Zukunft.


      heise.de
      Avatar
      schrieb am 05.07.03 18:17:12
      Beitrag Nr. 3.391 ()
      Über das Freigeldsystem : “Die Schaffung eines Geldes, das sich nicht horten lässt, würde zur Bildung von Eigentum in wesentlicherer Form führen.”

      (Albert Einstein)
      Avatar
      schrieb am 05.07.03 20:42:19
      Beitrag Nr. 3.392 ()
      Schröpfköpfe angesetzt

      Regierung und Opposition begannen Verhandlungen über »Gesundheitsreform«


      Die Verhandlungsmaschine in Sachen »Reform« des Gesundheitswesens läuft warm. Sowohl Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) als auch der Verhandlungsführer der Union, Horst Seehofer (CSU), bekundeten am Freitag zum Auftakt ihrer Gespräche unisono guten Willen, die »größte Sozialreform seit der deutschen Einheit« (Seehofer) zu verwirklichen. Gleichzeitig widersprachen beide einem Bericht, dem zufolge sowohl die Vorsorge für Zahnersatz als auch für das Krankengeld privatisiert werden sollten. Ersteres ist eine Forderung der Union, letzteres Teil des von Schmidt im Bundestag vorgelegten Entwurfs für ein »Gesundheitssystemmodernisierungsgesetz« (GMG).

      Die Bild-Zeitung hatte in ihrer Freitagsausgabe berichtet, daß sich Regierung und Opposition faktisch schon geeinigt hätten, beide Verschlechterungen für die Patienten zum Bestandteil der »Reform« zu machen. Die beiden Zusatzversicherungen für Krankengeld und Zahnersatz sollen dem Bericht zufolge dann bei den gesetzlichen Krankenversicherungen abgeschlossen werden können. Ein Kassenpatient müsse dann künftig mindestens 7,50 Euro pro Monat für eine Krankengeldpolice zahlen, weitere 4,30 Euro wären für eine Zahnersatzpolice fällig.

      Schmidt erklärte dazu, es gebe keinerlei Vorentscheidungen in diesen Punkten. Und Seehofer kommentierte mit Blick auf den Bericht: »Totaler Quatsch«. Bislang plant die SPD unter anderem, daß Beschäftigte das Krankengeld zukünftig selbst finanzieren sollen. Die Gesundheitsministerin sagte dem Fernsehsender n-tv, Ziel sei es, die Krankenkassenbeiträge dadurch von jetzt durchschnittlich 14,4 auf unter 13 Prozent zu bringen. Die Verhandlungspartner vereinbarten Stillschweigen über den Inhalt der Gespräche. Ziel ist es, bis zum 12. Juli eine Einigung zu erzielen.

      Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) zog am Freitag erneut gegen die von der Regierung geplante besondere Rolle der Hausärzte zu Felde. Sie sieht das Recht der freien Arztwahl dadurch gefährdet, daß Patienten nach dem Willen Schmidts künftig zuerst immer den Hausarzt aufsuchen sollen. Direktes Aufsuchen eines Facharztes soll danach mit einer »Praxisgebühr« von 15 Euro »bestraft« werden, wovon aber beispielsweise Gynäkologen und Augenärzte ausgenommen sein sollen.

      Bundesärztekammerpräsident Jörg-Dietrich Hoppe forderte eine generelle Praxisgebühr statt der bislang von Schmidt vorgesehenen Facharztgebühr. »Wir müssen dazu kommen, daß Patienten vor der Inanspruchnahme medizinischer Leistungen darüber nachdenken, ob sie diese wirklich brauchen«, sagte er der Berliner Zeitung (Freitagausgabe). Die Versicherten sollten zehn bis 20 Euro pro Quartal dafür aufbringen. Gleichzeitig empfahl Hoppe allerdings in bezug auf die mögliche Einführung einer speziellen Versicherung für das Krankengeld, »die dafür nötigen Aufwendungen vollständig den Arbeitgebern zu übertragen«. Wenn die Finanzierung den Beschäftigten aufgebürdet werde, hätten die Unternehmer kaum noch Anreize, für strikte Gesundheitsvorsorge am Arbeitsplatz zu sorgen, so der Ärztepräsident.

      Auch Uwe Rogowski, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, meldete sich pünktlich zum Verhandlungsauftakt zu Wort und gab Richtungweisendes zu Protokoll: Die Festschreibung des »Arbeitgeberbeitrages« auf höchstens sechs Prozent sei ein Schritt in die richtige Richtung. Rogowski weiter: »Deutschland wird im Gesundheitssektor nur dann an Dynamik gewinnen, wenn die Gesundheitsmärkte durch mehr Freiheit und Wettbewerb entfesselt werden«. Was die Zähne betrifft, möchte der BDI-Chef einen über die Pläne der Union hinausgehenden Vorschlag der FDP verwirklicht wissen, der die Auslagerung sämtlicher Zahnbehandlungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung und eine Verpflichtung der Beschäftigten zur privaten Absicherung des Zahnkrankheitsrisikos vorsieht. Auf daß die privaten Versicherer noch ein bißchen mehr vom »Reform«kuchen abbekommen. (jW-Bericht)

      http://www.jungewelt.de/2003/07-05/001.php
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      schrieb am 05.07.03 20:44:50
      Beitrag Nr. 3.393 ()
      Kommentar
      Wolfgang Pomrehn

      Gehirnwäsche

      Große Koalition für Klassenkampf von oben


      Die ganz große Koalition steht: Die Regierungsfraktionen verhandeln seit gestern mit der CDU/CSU über die endgültige Abschaffung der paritätischen Krankenversicherung. Auch die FDP durfte einen Vertreter schicken, ist allerdings ein bißchen maulig, weil sie sich unterrepräsentiert fühlt. Nur von der PDS war bis Freitag nachmittag nichts zu hören. Wahrscheinlich hat es den »Reformern« im Karl-Liebknecht-Haus vor lauter Ärger, mal wieder vom Mitgestalten ausgeschlossen zu sein, die Sprache verschlagen.

      Während sich Grüne und FDP am Rande stritten, wer die besseren Liberalen sind, beschäftigten Union und Sozialdemokraten die Öffentlichkeit mit einem Scheingefecht, ob nun das Krankengeld oder der Zahnersatz oder vielleicht doch beides aus der paritätischen Versicherung herausgenommen wird. Nicht ungeschickt hat man damit die öffentliche Diskussion vom Wesentlichen abgelenkt: Über das Ende der Parität – die durch Zuzahlungen eh schon längst ausgehöhlt ist – sind sich alle Parteien einig. Es gehe darum, den Krankenkassenbeitrag auf 13 Prozent zu senken und die Wirtschaft zu entlasten, beschreibt CSU-Poltiker Seehofer recht freimütig den Umverteilungsauftrag, den der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) seiner Regierung und deren Opposition erteilt hatte. Auch der Betrag, den man Arbeitslosen, Rentnern und abhängig Beschäftigten aufladen will, wird dankenswerter Weise gleich beziffert: 20 bis 25 Milliarden Euro werden sie, setzt sich die große Koalition durch, künftig mehr für ihre Gesundheitsversorgung aufbringen müssen. Die Unternehmer werden um die gleiche Summe entlastet. Klassenkampf von oben in Reinkultur.

      Die Begründung ist immer die gleiche: Die Lohnnebenkosten, die in Wahrheit ein Bestandteil des Lohns sind, seien zu hoch. Mit anderen Worten: Arbeiter und Angestellte sollen Lohnraub hinnehmen, damit es den Unternehmen besser geht. Dann würde es schon genug Arbeitsplätze geben. Die Rechnung geht zwar schon seit über zwanzig Jahren, seitdem Schmidt (SPD) und Genscher (FDP) die Ära, des Sozialabbaus einleiteten, nicht auf, wie der massive Anstieg der Massenarbeitslosigkeit zeigt. Gebetsmühlenartig wiederholt hat die Argumentation allerdings inzwischen selbst so manches Gewerkschafterhirn gewaschen.

      Das sollte jedoch die Linke und die diversen sozialen Initiativen nicht davon abhalten, die Gewerkschaftsapparate massiv unter Druck zu setzen, damit endlich etwas gegen diese Kriegserklärung des BDI und seiner Handlanger geschieht. Ein heißer Herbst ist bitter nötig und sollte jetzt vorbereitet werden.

      http://www.jungewelt.de/2003/07-05/003.php
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      schrieb am 05.07.03 20:49:35
      Beitrag Nr. 3.394 ()
      Ausland
      Mumia Abu-Jamal

      Lukrative Kriegsbeute

      US-Wirtschaft wittert Profite in Irak. Lügen zur Rechtfertigung von Angriffen


      Unter dem immensen Druck US-amerikanischer Bomben und mit ergebener Einwilligung der UNO ist der irakische Staat zerstört worden. Was der Weltöffentlichkeit als eine letzte Schlacht gegen »Massenvernichtungswaffen« verkauft wurde, wandelte sich zu einem »Kampf gegen Saddam«, um das unterdrückte irakische Volk zu »befreien«. Jene, die vor ein paar Wochen noch bombardiert wurden, werden künftig Gastgeber einer Horde US-amerikanischer Unternehmer sein, die Milliarden daran verdienen werden, die zerstörte Infrastruktur des Landes wieder aufzubauen. Sie wurde im Verlauf der letzten zwölf Jahre vernichtet durch die Aggression der UN-Diplomatie und anglo-amerikanischer Angriffe.

      Ob es noch »Massenvernichtungswaffen« gab, interessiert heute kaum noch jemanden. »Das war gestern – heute ist heute«, verkünden die konzernhörigen Mediengiganten. Und die Bevölkerung der USA scheint mehr daran interessiert zu sein, was das Fernsehprogramm zu bieten hat, als an den Gründen, warum in ihrem Namen Krieg geführt wird. Daß sich niemand darum schert, hat seine Gründe. Erstens sind diejenigen, die bombardiert und attackiert wurden »Araber« (was noch ein freundlicher Begriff ist gegenüber »wogs«, mit dem die Briten verächtlich Inder und Araber belegen, oder »Wüsten-Nigger«, wie in den USA gebräuchlich). Zweitens ist es nicht das erste Mal, daß die US-Regierung Lügen benutzt, um die Bevölkerung in einen Kriegstaumel zu versetzen.

      Vor etwas mehr als zehn Jahren, als es darum ging, die USA-Bevölkerung in Kriegsstimmung zu bringen, verbreitete die Regierung die Nachricht von den »entführten Brutkasten-Babys« und ließ eine schluchzende Kinderkrankenschwester vor handverlesenen Kongreßabgeordneten von den skrupellosen irakischen Soldaten erzählen, die in kuwaitische Krankenhäuser eingedrungen seien. Diese Horrorgeschichte ging allen Menschen, die Kinder haben, unter die Haut, und es dauerte nicht mehr lange, bis Zehntausende irakischer Soldaten auf dem »Highway of Death« zur Hölle geschickt wurden. Später kam heraus, daß diese Geschichte ein Ammenmärchen war, das von den Medien rund um den Globus bereitwillig ausgestrahlt wurde. Die »Krankenschwester« war in Wahrheit Mitglied einer der kuwaitischen Herrscherfamilien, der al-Sabahs, und sie war noch nicht einmal im Land, als der irakische Einmarsch erfolgte. Der konnte auch nur erfolgen, weil die Botschafterin der USA, April Glaspie, Präsident Hussein persönlich versichert hatte, die USA würden sich »nicht in Ihre Grenzstreitigkeiten mit Kuwait einmischen«.

      Nach dem 1991er Golfkrieg beklagte sich der damalige General Colin Powell darüber, ihm gingen die Sündenböcke aus: »Machen Sie sich bitte klar, daß ich bald keine Bösewichter mehr vorzuzeigen habe. Mir gehen die Gauner aus.« (Toronto Star, 9.4.91) In den Augen der USA war Saddam Hussein auf die eine wie die andere Art äußerst nützlich. Als die islamische Revolution in Iran den mittlerweile verstorbenen Schah zum Abdanken zwang, drückten die USA Saddam Hussein an ihre Brust und bewaffneten ihn bis an die Zähne, um ihn einen verbrecherischen Stellvertreterkrieg gegen das iranische Volk führen zu lassen. Fast ein Jahrzehnt stürzten sich die beiden Nationen in ein beiderseitiges Blutbad, das erst beendet wurde, nachdem schon eine Million Menschen zu Tode gekommen war.

      Später war das Verlangen der USA nach dem, was unter dem irakischen Sand liegt, größer als nach Saddam Hussein, und so mußten sie sich eine Begründung zurechtzimmern, die der eigenen Bevölkerung an die Nieren gehen würde. Das Zauberwort war »Massenvernichtungswaffen«.

      Wie die »Brutkästen«-Geschichte, die irakische Soldaten als ruchlose Verbrecher darstellte, die Krankenhäuser überfallen und dabei Babys auf denFußboden werfen, traf die Geschichte mit den »Massenvernichtungswaffen« die Ängste der US-Bevölkerung an einer Stelle, die seit dem 11. September 2001 wie eine offene Wunde schwärte. Und nun, nachdem die US-Truppen jedes irakische Sandkorn gewendet haben und nicht ein Fitzelchen einer solchen Waffe gefunden wurde, insistiert die Bush-Administration darauf, der Krieg sei geführt worden, um die Irakis von einem brutalen Tyrannen zu »befreien«. Eben jene Kräfte, die diese Diktatur seit Jahrzehnten unterstützt haben, geben nun vor, das Volk von ihr zu befreien.

      Welche Kriege werden als nächste geführt? Gegen Iran? Gegen Syrien? Und welche Lügen wird die Propagandamschine der USA-Regierung uns dann auftischen?

      * Übersetzung: Jürgen Heiser
      http://www.jungewelt.de/2003/07-05/008.php
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      schrieb am 05.07.03 20:56:22
      Beitrag Nr. 3.395 ()
      Inland
      Sahra Wagenknecht

      Rechenschiebereien

      Vorgezogene Steuerreform und Agenda 2010 bringen Millionengeschenke für die Reichen. Kolumne


      Der Weg der Erkenntnis ist lang. Inzwischen hat es sich also bis ins Kanzleramt herumgesprochen, daß konjunkturelle Flauten und unausgelastete Kapazitäten nicht, wie obligatorisch betont, Folge von »Reformstau« und »hohen Lohnkosten« sein müssen, sondern womöglich aus mangelnder Nachfrage herrühren könnten. Konsumtive Nachfrage wiederum, das haben die Hofökonomen Gerhard Schröder beigebracht, resultiert aus dem Einkommen, das die Leute netto nach Hause tragen. Um also die Konjunktur wieder auf Trab zu bringen, hat der Kanzler flugs gefolgert, muß man die Einkommen steuerlich entlasten, je höher sie sind, desto mehr, und je eher, desto besser.

      Dieser Schluß gefiel der Wirtschaftslobby, die sofort die Trommel zu rühren begann. Und siehe da: in Neuhardenberger Idylle ward der vielbeschworene »Sparzwang« plötzlich vergessen und die letzte Stufe der Steuerreform, die eigentlich erst 2005 fällig gewesen wäre, kommt nun schon nächstes Jahr. Der Eingangssteuersatz wird demgemäß am 1. Januar 2004 von 19,5 auf 15 Prozent sinken und der Spitzensteuersatz von 48,5 auf 42 Prozent. Das steuerfreie Existenzminimum steigt auf 7664 Euro. Schätzungsweise 21 Milliarden Euro kostet das generöse Steuergeschenk die öffentliche Hand, 15,6 Milliarden mehr als ursprünglich geplant.

      Beschäftigte und mittelständische Firmen hätten damit, rechnete Schröder den angereisten Journalisten vor, »zehn Prozent weniger Einkommenssteuer zu zahlen als 2003«, ein Resultat, zu dem man für den individuellen Fall zwar auf den ausgetretenen Faden der üblichen Mathematik nicht gelangt, aber wenn Schröder einmal am Reformieren ist, warum dann nicht gleich auch die schnöden Rechengesetze... »Zehn Prozent weniger Einkommenssteuer«, erläuterte der Kanzler ferner seine neue Einsicht in den volkswirtschaftlichen Gesamtzusammenhang, »bedeuten zehn Prozent mehr für den Konsum«, weshalb er »positive Wachstumsimpulse« erwarte.

      Auf die wartet die SPD bekanntlich schon eine Weile, und es wird vorerst auch beim Warten bleiben. Denn so richtig es ist, daß mangelnde – genauer: durch Sozialkürzungen und niedrige Lohnabschlüsse abgeschnürte und abgewürgte – Kaufkraft eine wesentliche Ursache der volkswirtschaftlichen Malaise darstellt, so absurd ist die Annahme, daß die Steigerung des verfügbaren Einkommens als solche daran etwas ändern kann. Die statistische Gesamtgröße »verfügbares Einkommen« steht nämlich in keinerlei ursächlichem Zusammenhang zur Höhe der Konsumnachfrage. Der entscheidende volkswirtschaftliche Parameter ist die Verteilung dieses Einkommens.

      Das verfügbare Einkommen ist auch im letzten Jahr leicht gestiegen, was nichts daran änderte, daß die Ausgaben für privaten Konsum, die 60 Prozent der volkswirtschaftlichen Gesamtnachfrage ausmachen, um 0.5 Prozent zurückgingen. Der Grund liegt einfach darin, daß jeder, der einen Euro Einkommen erhält, damit prinzipiell zwei Dinge tun kann: Er kann sich etwas Schönes kaufen oder er kann ihn auf die hohe Kante legen. Je größer sein Gesamteinkommen, desto größer sind die Spielräume für letzteres, während jemand, der 600 Euro im Monat verdient, die Wahl zwischen Sparen und Konsumieren genau besehen gar nicht hat. Er ist dazu verdammt, von der Hand in den Mund zu leben, und steigt sein Einkommen, wird er auch dann zunächst eher sein Dasein etwas menschenwürdiger gestalten, bevor er dazu übergeht, Sparbücher anzulegen.

      Die Korrelation von hohem Einkommen und hoher Sparquote ist also plausibel und im übrigen statistisch nachgewiesen: Wer unter 1500 Euro netto verdient, spart im Schnitt so gut wie nichts, wer dagegen zwischen 5000 und 17 000 Euro im Monat nach Hause trägt, legt etwa ein Viertel davon als Reserve zurück. Die Sparquote von Einkommensmillionären wird statistisch nicht ausgewiesen, dürfte aber noch weit darüber liegen. Wenn also das verfügbare Einkommen bei gleichzeitiger Umverteilung von unten nach oben wächst, das heißt, wenn sich in erster Linie die über steigende Einkommen freuen, die schon vorher sehr hohe hatten, während Einkommensschwache sogar Einbußen erleiden, dann ist nicht zu erwarten, daß die Konsumausgaben steigen, sondern alles spricht dafür, daß sie sinken.

      Das aber ist genau das Szenario der Schröderschen Steuerreform im Kontext eines brachialen Sparkurses, den die »Agenda 2010« weiter forciert. Wer verheiratet ist und keine Kinder hat, wird bei einem Jahreseinkommen von 20000 Euro im nächsten Jahr 1168 Euro Steuern sparen, wobei schon Ulla Schmidts Gesundheitsreform ihm einen Teil wieder aus der Tasche zieht. Wer dagegen eine Million Euro im Jahr sein Einkommen nennt, spart das Hundertfache, nämlich 102453 Euro. Der überwiegende Teil des üppigen Steuergeschenks verschwindet also auf bewährte Weise in den dicken Brieftaschen der Spitzenverdiener und wird so allenfalls dem Aktienmarkt Impulse verleihen.

      Schlimmer noch: Die 21 Milliarden, die der öffentlichen Hand jetzt für 2004 fehlen, müssen aus irgendeiner Quelle finanziert werden. Prinzipiell stehen dazu drei Möglichkeiten offen: Der Staat kann andere Steuern erhöhen, er kann sich weiter verschulden oder er kann seine Ausgaben weiter kürzen. Hans Eichel hat das zweite und das dritte vor. Die Ausgabenkürzungen aber richten sich erneut vor allem gegen Langzeitarbeitslose, deren Einkommen auf Sozialhilfeniveau absinkt, und Rentner, die im nächsten Jahr eine Nullrunde bei gleichzeitig steigendem Anteil an den Krankenkassenbeiträgen, also eine faktische Rentenkürzung, hinnehmen müssen. Selbst wenn sich also der ein oder andere Snob von über 100000 Euro Steuerersparnis dazu hinreißen lassen sollte, die geschenkte Luxuslimousine tatsächlich als Zweitwagen zu kaufen oder der Gattin ein neues Juwel zu verehren, wird das den Nachfrageeinbruch seitens jener Millionen Geringverdiener, die künftig noch weniger wissen werden, wie sie ihren nackten Lebensunterhalt finanzieren sollen, nicht annähernd ausgleichen. Von der Erbärmlichkeit und Perfidie einer solchen Politik nicht zu reden.

      http://www.jungewelt.de/2003/07-05/018.php
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      schrieb am 05.07.03 21:00:56
      Beitrag Nr. 3.396 ()
      Gerd Bedszent

      Dauerkrieg

      Winfried Wolf untersucht den derzeitigen Kapitalismus


      Es knistert und knirscht vielerorts im Gebälk der kapitalistischen Weltwirtschaft. Kaum jemand wagt zu bestreiten, daß sich das kapitalistische System in der tiefsten Krise seit dem Ende des osteuropäischen Sozialismusmodells befindet.

      Winfried Wolf, Journalist, Kriegsgegner und Exbundestagsabgeordneter der PDS, unternimmt es in seinem Buch »Sturzflug in die Krise – Die Weltwirtschaft, das Öl, der Krieg«, die Zusammenhänge zwischen der weltweiten Wirtschaftskrise und der kriegerischen Normalität aufzuzeigen.

      Der Autor holt weit aus. Ausgehend von der »Weltwirtschaftskrise« im Jahre 1929, analysiert er die Entwicklung des kapitalistischen Wirtschaftssystems in den letzten Jahrzehnten bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt.

      Krisenzyklen sind in der Geschichte des kapitalistischen Wirtschaftssystems nichts Neues. Ein Komplex verschiedener Ursachen war es, der zur Heftigkeit der gegenwärtigen Rezessionsphase führte. Die mit der mikroelektronischen Revolution einsetzende Rationalisierungswelle und die damit verbundene Arbeitsplatzvernichtung hatten Spätfolgen: einerseits Stagnation bzw. Rückgang des Massengüterkonsums, andererseits ungeheure Mengen von freigewordenem Geldkapital. Kapital sucht naturgemäß Anlagemöglichkeiten. Und wo diese infolge des Rückganges der Konsumgüternachfrage im produktiven Bereich nicht gegeben war, suchte und fand es sie im Bereich der Spekulation.

      Dies sei – so Winfried Wolf – der Hintergrund für die mit Beginn der Internetära eskalierende Spekulationswelle mitsamt der damit zusammenhängenden kriminellen Machenschaften. Millionen profitsüchtiger Kapitalanleger stürzten sich gierig auf künstlich hochgepuschte Aktien der Telekommunikations- und Internetbranche und hofften auf das große Geschäft. Anhand zahlreicher Beispiele schildert Wolf, wie in hysterischem Spekulationsfieber kaum jemand zur Kenntnis nehmen wollte, daß von allen Internetfirmen, die an die Börse gingen, 93 Prozent keinen Gewinn erwirtschafteten und daß der Börsengang der Telekomriesen zu nicht unbeträchtlichem Teil auf Bilanzfälschungen beruhte. Ausführlich wird in dem Buch die ungeheure kriminelle Energie geschildert, mit der das Management versuchte, die eigentliche Wirtschaftslage der Unternehmen zu verschleiern, um die Aktienkurse an der Börse künstlich hochzutreiben. Es war programmiert, daß die gigantisch aufgeblähte Spekulationsblase irgendwann platzte. Die Kurse fielen ins Bodenlose. Der »neue Markt« verschwand genauso schnell wieder von der Bildfläche, wie er erschienen war. Mit den Resten beschäftigen sich höchstens noch Staatsanwälte und Insolvenzverwalter.

      Einen großen Teil des Buches macht die Analyse der Situation in verschiedenen Wirtschaftsregionen aus: Der einstige Industrieriese Japan stagniert seit Jahren und ist mittlerweile zu einem Zwerg verkommen; Staat und Banken stecken über sämtliche Ohren in nicht bezahlbaren Schulden. Im Jahre 2002 wurde das Exportvolumen Japans erstmals von dem einer anderen Industrienation überholt – von China. Auch die Anfang der 90er Jahren im Schatten der japanischen Wirtschaftsmacht aufstrebenden ostasiatischen »Tiger«staaten wurden als Folge der »Asienkrise« wieder auf das Niveau von Schwellenländern zurückgeworfen. Als noch gravierender schildert Wolf die Folgen der »Lateinamerikakrise«. Die seit 1999 in einer tiefen Rezession steckende Wirtschaft Argentiniens kollabierte im Jahre 2001; im November 2002 mußte das Land den internationalen Schuldendienst komplett einstellen und damit faktisch den Staatsbankrott erklären. Im benachbarten Uruguay konnte im August 2002 nur infolge restriktiver Eingriffe in den Bankensektor der finanzielle Zusammenbruch verhindert werden. Und das wirtschaftlich stärkste lateinamerikanische Land Brasilien bewahrte im Jahre 2002 nur ein 30-Millarden-US-Dollar-Kredit des Internationalen Währungsfonds vor dem Schicksal Argentiniens.

      Nach dem vermeintlich reinigenden Crash des »neuen Marktes« blieb der Widerspruch zwischen sinkender Massennachfrage und steigendem Kapitalangebot natürlich ungelöst. Mit zahlreichen Beispielen belegt Wolf, daß seit dem Jahre 2001 selbst Großunternehmen wegen mangelnder Auslastung ihrer Produktionskapazität regelmäßig Verluste einfahren. Der Autor schildert mehrere Strategien des bürgerlichen Staates und diverser Unternehmerverbänden, die die Profitrate erhöhen und damit die Wirtschaft wieder ankurbeln sollen:

      Die eine zielt auf eine »Entlastung« der Großunternehmen von lästigen Steuern sowie von Lohn- und Lohnnebenkosten. Die von der gegenwärtigen Bundesregierung geplante »Agenda 2010« ist Bestandteil eben dieser Strategie. Daraus resultierende Kaufkraftverluste der Bevölkerung und weitere Senkung des Massenkonsums werden als unabänderlich in Kauf genommen. Eine zweite Strategie zielt auf die drastische Senkung der Rohstoffpreise mittels gewaltsamer, militärischer Aneignung auswärtiger Rohstofflager, vor allem Erdölfelder. In Kauf genommen werden eine wachsende Staatsverschuldung infolge Aufstockung der Militärhaushalte sowie mögliche militärische Gegenschläge der Betroffenen.

      Selbstverständlich nimmt die Schilderung dieses permanenten Krieges ums Öl im Buch breiten Raum ein: Während des Afghanistan-Krieges wurde von den USA noch bestritten, daß es um die Sicherung des Zugangs zu den Ölvorräten Mittelasiens ging. Jetzt, nach dem Irak-Krieg, teilen sich die Sieger ganz unverhohlen die Ölfelder des besetzten Landes. Für die nahe Zukunft befürchtet der Autor weitere Kriege: gegen Syrien oder Palästina um einen billigen Transportweg des irakischen Erdöls zum Mittelmeer, gegen den Iran, als Nachbarstaat des Irak ebenso ölträchtig, gegen verschiedene Länder Westafrikas, vor deren Küste ebenfalls riesige Ölfelder lagern.

      Wolf beendet seine bittere Kritik am derzeitigen kapitalistischen System der Ausbeutung und des Krieges mit der Feststellung, daß »der gesellschaftliche Reichtum groß genug ist, um weltweit die elementaren menschlichen Bedürfnisse in vollem Umfang befriedigen und ein hohes Niveau von Kultur und Bildung gewährleisten zu können«. Die einzige Alternative zum System der kapitalistischen Profitmacherei sieht er in »einer anderen Ökonomie, die keinen Zwang zum Wachstum kennt«, in einer »Wiederentdeckung von Langsamkeit und Nähe« und der »Entwicklung regionalen Wirtschaftens«. Seine Hoffnung ist die »internationale Bewegung gegen die Globalisierung«, sind die »zehn Millionen Menschen, die am Global Action Day am 15. Februar 2003 weltweit gegen den Irak-Krieg demonstrierten«.
      http://www.jungewelt.de/2003/07-05/030.php
      Avatar
      schrieb am 05.07.03 21:34:02
      Beitrag Nr. 3.397 ()
      Avatar
      schrieb am 05.07.03 21:39:55
      Beitrag Nr. 3.398 ()



      Auf diesem 100-jährigen Chart sieht man, wie stark der Dow Jones in den letzten zwanzig Jahren gestiegen ist und wie wenig er seither eingebüsst hat. Die Beobachtung, dass Aktien zur Zeit historisch gesehen günstig sind, kann man vorsichtig ausgedrückt in Frage stellen. Oekonomen, Wirtschaftsjournalisten und Aktienanalysten haben sich genauso in der Aktienmarktentwicklung getäuscht, wie die Masse der Anleger. Während an den Börsen in 90er Jahren der grösste Wirtschaftsboom aller Zeiten gefeiert wurde, hatten die Staaten weltweit noch nie so viele Schulden aufgetürmt wie damals. Wenn aber die Wirtschaft boomt, müssten doch auch die Steuereinnahmen massiv steigen. Das war aber nicht der Fall. Die Gewinne der Unternehmen, die in Grossbuchstaben über die Börsenticker liefen, waren nie die Gewinne, die versteuert wurden. EBIT und EBITDA waren die Lieblings-Kennzahlen der Analysten, was übersetzt heisst: Gewinne vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Amortisationen. Diese Gewinne wurden in den Wirtschaftsblättern publiziert, Gewinne, die unter dem Strich gar nie existiert haben. Allein schon an dieser Tatsache kann man erkennen, dass die Massen genauso wie deren Führer (Politiker, Wirtschaftsbosse..) sich nicht an fundamentalen Begebenheiten orientierten. Ein anderes Phänomen war, dass Kleinanleger ihr hart verdientes Geld in Aktien investieren wollten, deren Firmen sie nicht kannten (Fantastic, Day Group, Global Crossing, Worldcom) Schon an den Namen ist zu erkennen, dass vor allem Phantasie und nicht Fakten gefragt war.

      Im Frühling des Jahres 2000 war die Firma Yahoo höher bewertet als VW, BASF, VEBA, Metro und Lufthansa zusammen. Der Unterschied war jedoch, dass Yahoo 1200 Mitarbeiter beschäftigte, einen Umsatz von 1.1 Mrd. DM und einen Gewinn von 0.1 Mrd. DM machte. Die fünf deutschen Unternehmen hingegen beschäftigten 563000 Mitarbeiter, machten einen Umsatz von 327 Mrd. DM und erwirtschafteten einen Gewinn von knapp 9 Mrd. DM.

      Aehnliches konnte am Ende des Immobilienbooms in Japan beobachtet werden, als das Gelände um den Kaiserpalast mehr Wert war als der US-Bundesstaat Kalifornien. Das Inselreich Japan mit 0.3 % der Weltfläche sollte 60 % des gesamten Weltbodenpreises kosten. Eine Uebertreibung wie sich herausstellte. Mit dem Einbruch 1990 war die Party zu Ende...

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      Wie ist es möglich, dass solche Uebertreibungen, die jenseits jeder Vernunft sind, sich immer wieder wiederholen? Entspricht der Mensch nicht seinem gehätschelten Selbstbildnis eines vernünftig denkenden, rational handelnden Wesens? Gustave Le Bon macht in seinem 1895 erschienenen Standardwerk "Psychologie der Massen" eine klare Unterscheidung zwischen dem Menschen, der als Individuum zu rationalen Entscheidungen fähig ist, aber als Teil der Massen zu einem Triebwesen mutieren kann, welches sich von Worten und Vorstellungen beeinflussen und zu Handlungen verführen lässt, welche seine augenscheinlichsten Interessen verletzen. Diese These, so ungemütlich sie sich auch darstellt, konnte und kann immer wieder beobachtet werden. Ob als Teil einer Religionsgruppe, Mitglied eines Fanklubs oder auch als "guter" Soldat einer Armee, die Menschen lassen sich in der Gruppe zu Taten hinreissen, die ihnen als Einzelperson nicht in den Sinn kommen würden. Dieses Gruppenverhalten, welches jeder Logik widerspricht, findet auch in der Mode (unbequeme Kleidung), im Reiseverhalten (Osterstau) oder wie eingangs beschrieben bei Anlegern statt. Nur so ist es zu erklären, dass gerade kurz vor dem Erreichen von Höchstkursen, die Massen einsteigen. Dabeisein ist alles.

      Dem Beobachten der Hochs und Tiefs solcher Massenphänomene haben sich verschiedene Disziplinen verschrieben. Alle gehen davon aus, dass der Mensch als Teil der Natur Zyklen folgt. Lesen Sie im Kapital „Zyklen“ mehr davon.
      http://www.zeitenwende.ch/default/l1/index.htm?nav=22&SUBnav…
      Avatar
      schrieb am 06.07.03 01:11:21
      Beitrag Nr. 3.399 ()

      Die Mär von der Kostenexplosion

      Das Defizit der Krankenkassen entsteht nicht durch steigende Ausgaben für die Patienten. Die Einnahmen brechen weg - vor allem, weil sich die Arbeitgeber entziehen


      Einmal mehr ist die Rede von "explodierenden" Kosten im Gesundheitswesen. Und einmal mehr hätten diese Ausgabensteigerungen ein "Rekorddefizit" zur Folge. Auf fünf Milliarden Mark beläuft es sich gerade, wie Gesundheitsministerin Ulla Schmidt gestern bekannt gab. Doch was sind explodierende Kosten? Und was verursacht die entstehenden Rekorddefizite?

      Selbst in seriösen Zeitungen und Zeitschriften findet man in Artikeln zur Diskussion über die Gesetzliche Krankenversicherung Balkendiagramme, die eine Kostenexplosion im Gesundheitswesen belegen sollen. Dazu werden Kostensteigerungen in DM zum Beispiel zwischen 1960 und der Gegenwart grafisch aufgetragen. Die nahe liegende Interpretation der stark ansteigenden Balkenlängen: Es ist nicht vorstellbar, dass unser Gesundheitssystem in Zukunft noch bezahlbar ist. Doch hier führen selbst richtige Zahlen zu falschen Schlüssen.

      Zunächst vergessen die Autoren, dass es Inflation gibt. Diese betrug zwischen 1960 und 2000 128 Prozent. Erst eine Kostensteigerung um weit mehr als den Faktor 2, mithin die Verdopplung der Balkenlänge in entsprechenden Grafiken, würde eine Konstanz der Kosten bedeuten.

      Die Kosten im Gesundheitswesen haben sich seit 1960 natürlich weit mehr als verdoppelt - schließlich wurde das medizinische Angebot deutlich ausgeweitet und verbessert. Man stelle sich vor, die Gesundheitsausgaben wären nur im Ausmaß der allgegenwärtigen Inflation gestiegen: Dann bekämen Beschäftigte im Gesundheitswesen heute Löhne, wie sie vor 40 Jahren üblich waren. Schon diese einfachen Zusammenhänge machen deutlich: die absoluten Kosten des Gesundheitswesens können und dürfen überhaupt nicht konstant bleiben. Der Anstieg wird wenigstens in Höhe der Zunahme der realen Wirtschaftsleistung einer Volkswirtschaft liegen, und diese betrug zwischen 1960 und 2000 rund 120 Prozent. Wenn Löhne steigen, dann tun sie das auch im Gesundheitswesen; und wenn die Produktivität der Wirtschaft wächst, so sind neue, bessere, aber häufig eben auch teurere Medikamente, Diagnose- und Therapieverfahren die Folge. Es ist sogar zu erwarten, dass sich die Gesundheitsausgaben mit steigendem Wohlstand überproportional erhöhen, da sich erst eine reiche Gesellschaft eine teure medizinische Versorgung leisten kann - und zumeist auch will.

      Will man also eine vernünftige Diskussion über unser Gesundheitswesen führen, so muss man immer den Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) untersuchen. Und wenn man diese Zahlen betrachtet, wird das Geschrei um eine Kostenexplosion im Gesundheitswesen völlig unverständlich. Legt man Zahlen des Instituts der Deutschen Wirtschaft zugrunde, so stieg der Anteil der Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung am Bruttoinlandsprodukt zwischen 1960 und 1980 von 3,1 auf 6,1 Prozent und blieb danach für zehn Jahre in etwa konstant. Zwischen 1991 und 1995 stieg der Anteil von 6,2 auf 6,8 Prozent, doch seit 1995 sinkt der Anteil der Ausgaben am BIP wieder ab. 1998 betrug er 6,6 Prozent, wo er bis heute verharrt: Gegenwärtig von einer "Kostenexplosion" im Gesundheitswesen zu reden ist ein frei erfundenes Märchen.

      Selbst wenn man die Kosten des gesamten Sozialsystems, also Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung zusammen betrachtet, findet man keine Steigerungen: der Anteil der Sozialausgaben am BIP, die so genannte Sozialleistungsquote, betrug bereits 1975 33 Prozent; zwischen 1980 und 1990 sank sie trotz steigender Arbeitslosigkeit auf unter 30 Prozent; aufgrund der Wiedervereinigung stieg sie auf 33,9 Prozent an, sinkt jedoch seit 1997 kontinuierlich ab. Die Kosten des Sozialstaates haben sich seit 26 Jahren offensichtlich nicht großartig geändert.

      Ein eklatanter Widerspruch tut sich auf: Während die Kosten des Sozialsystems konstant bleiben - also nur im Umfang des Bruttoinlandsprodukts wachsen -, müssen die Arbeitnehmer einen ständig steigenden Anteil ihrer Gehälter an die Sozialsysteme abgeben. Die Beiträge zur Krankenversicherung betrugen 1980 11,4 Prozent, im Jahr 2000 lagen sie bei ca. 13,6 Prozent; es war also eine Steigerung um 20 Prozent zu beobachten. Dies hat zwei zentrale Gründe:

      1) Die Löhne stiegen in der Vergangenheit häufig langsamer als das BIP: Wenn etwa die Kosten des Sozialstaates sowie das BIP real um 3 Prozent steigen, gleichzeitig die Löhne aber nur um 2 Prozent, so muss die Abgabenbelastung der unselbstständig Beschäftigten zunehmen.

      2) Weniger Versicherten stehen mehr Leistungsbezieher gegenüber: Wenn etwa die Zahl der Arbeitslosen steigt, so müssen deren Versicherungsleistungen von den Beschäftigten miterwirtschaftet werden. Wenn der Anteil an nicht versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen zunimmt, wird das Verhältnis ebenfalls ungünstiger.

      Das Problem der Sozialsysteme ist nicht auf der Ausgaben-, sondern auf der Einnahmeseite zu suchen. Will man die Abgabenbelastung reduzieren, so kommt man nicht umhin:

      - die Versicherungspflicht - ähnlich wie in der Schweiz - auf alle Beschäftigtengruppen auszuweiten, also vor allem auch auf die Selbständigen,

      - die Beitragsbemessungsgrenzen abzuschaffen,

      - Gewinn- und Vermögenseinkommen in die Beitragspflicht einzubeziehen und

      - Lohnsteigerungen zumindest in Höhe des Bruttoinlandsprodukts durchzusetzen.

      Im Jahre 1980 - so ist einer Aufstellung des Instituts der Deutschen Wirtschaft zu entnehmen - beteiligten sich die Unternehmen mit 32 Prozent an den Kosten des Sozialstaats. Diese Beteiligung (vor allem über die Arbeitgeberbeiträge) wurde fortan Jahr für Jahr zurückgefahren, im Jahr 1998 betrug sie nur noch 27 Prozent. Diese Verringerung um fünf Prozentpunkte bedeutet Einsparungen der Unternehmen in Höhe von 64 Milliarden Mark. Hätte es diese Verschiebung nicht gegeben, könnten die Beiträge zur Sozialversicherung um 10 Prozent geringer sein.

      Bei der Finanzierung der Pflegeversicherung kauften sich die Unternehmer frei, indem sie die Streichung eines Feiertags durchsetzten. Bei der Altersvorsorge haben sich die Arbeitgeber auch entlastet: Seit der Rentenreform sorgen die Arbeitnehmer in Teilen privat vor. In der Gesundheitsdiskussion bahnt sich Ähnliches an: Die Aufteilung wichtiger medizinischer Leistungen in Pflicht- und Wahlleistungen (etwa Anschluss-Rehas) stellt nichts anderes als eine Senkung der Arbeitgeberbeiträge zur Krankenversicherung dar. Ebenso verstärkt sich der Trend, dass man für essenziell benötigte medizinische Versorgungsleistungen unter Umständen hohe Zuzahlungen zu leisten hat - etwa für Krankenhausaufenthalte oder Fahrtkosten. Auch dies ist ein schleichender Rückzug der Arbeitgeber vom paritätischen Gesundheitswesen. Die diskutierte höhere Wahlfreiheit der Versicherungsnehmer, im Falle teurer Operationen auch Zuzahlungen von zum Beispiel 1.000 Mark zu leisten und dafür geringere Versicherungsbeiträge zu entrichten, senkt im Durchschnitt natürlich ebenfalls die Arbeitgeberbeiträge und belastet dafür die Arbeitnehmer, denn die Kosten entstehen in jedem Falle.

      Fazit: Dass Einsparpotenziale in der Gesundheitsversorgung existieren und realisiert werden müssen, ist unstrittig. Doch ständige Krisenmeldungen aus den Gesetzlichen Krankenversicherungen sowie aus allen anderen Sozialsystemen führen zu einer Stimmung, die eine Privatisierung und Deregulierung dieser Systeme gutheißen. Dabei werden Kostenprobleme maßgeblich dadurch verursacht, dass sich wohlhabende Schichten aus der Finanzierung dieser Systeme zurückziehen - und keinesfalls durch irgendwelche "Kostenexplosionen". Gäbe es die geschilderten Verschiebungen zuungunsten der Arbeitnehmer nicht und hätten auch Billigjobs, Scheinselbstständigkeit und Arbeitslosigkeit nicht zugenommen, die Sozialbeiträge wären seit 1975 überhaupt nicht gestiegen. Denn die Ausgaben für unser Sozialsystem haben in Relation zum Bruttoinlandsprodukt seit 25 Jahren nicht zugenommen, trotz steigender Arbeitslosigkeit und steigender Umschulungsmaßnahmen, trotz High-Tech-Medizin und trotz ungünstigerer Demografie! Wer diese Zusammenhänge nicht benennt und stattdessen die Unbezahlbarkeit der Sozialsysteme suggeriert, entzieht ihnen die Akzeptanz und forciert die neoliberale Sparwut. " HARALD KLIMENTA

      taz Nr. 6537 vom 31.8.2001, Seite 11, 295 Zeilen (Kommentar), HARALD KLIMENTA, taz-Debatte
      taz.de
      Avatar
      schrieb am 06.07.03 01:14:26
      Beitrag Nr. 3.400 ()
      Die Kassenkredite haben sich innerhalb der letzten 10 Jahre verzehnfacht. Hält der Pleitegeier nun Einzug in den Rathäusern?
      [03.07.2003 - 15:24 Uhr]
      Köln (ots) -

      Die Kassenkredite der Kommunen liegen bei derzeit 12 Milliarden
      Euro, während sie 1992 noch bei 1,2 Milliarden Euro lagen.

      Die Gemeindefinanzreformkommission ist dringend aufgefordert, noch
      heute ein Sofortprogramm zur Stärkung der Finanzkraft der Kommunen
      vorzulegen. "Die Zahlungsunfähigkeit der Kommunen steht unmittelbar
      bevor," alarmierte unter anderem der Hauptgeschäftsführer des
      Deutschen Städtetages, Dr. Stephan Articus, gegenüber komba
      gewerkschaft und Deutscher Bank AG auf der zweitägigen
      Fachveranstaltung der Kooperationspartner zum Thema
      Public-Private-Partnership vom 30. Juni - 1. Juli 2003 in Berlin.

      Deutscher Städtetag und komba gewerkschaft erklären als
      Hauptursache für die Verschärfung der Finanzmisere der Kommunen
      übereinstimmend den Verfall der Gewerbesteuer, deren Aufkommen weiter
      abnehme. Ebenso wird die von Bund und Ländern weiterhin
      fortbestehende, aber ungerechtfertigte Blockade verurteilt, ihren
      zwischen 2001 und 2004 von 20 auf 30 Prozent steigenden Anteil an dem
      Gewerbesteueraufkommen nicht wieder abzusenken. Durch eine Senkung
      der Gewerbesteuerumlage auf das Niveau vor der Steuerreform könnten
      die Kommunen noch in diesem Jahre um rund 3, 2 Milliarden Euro
      entlastet werden, bekräftigt Articus. Er begrüßt deshalb den Einsatz
      der Gemeindereformkommission, prognostiziert aber eine weitere
      Zuspitzung der dramatischen Lage, wenn die Einahmen- und
      Ausgabensituation der Kommunen nicht wirklich nachhaltig ab sofort
      verbessert würde. Er gibt zu bedenken, dass sich die Einnahmen und
      Ausgaben auf dem Niveau von 1992 bewegen.

      Zur Senkung der Sozialausgaben unterstreichen der Deutsche
      Städtetag und komba gewerkschaft die geplante Zusammenlegung von
      Arbeitslosen- und Sozialhilfe, allerdings mit der Forderung einer
      beim Bund liegenden Leistungsträgerschaft. Zielsetzung der
      Gemeindereformkommission könne nur sein, die Kommunen wieder so zu
      stellen, dass sie mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen wieder
      auskommen.

      Kommunen als Motor der Investitionen brauchen die erforderliche
      finanzielle Stärkung von Bund und Ländern ebenso wie ein Programm zur
      permanenten Optimierung von Verwaltungsabläufen durch
      Verfahrensbeschleunigung, Deregulierung und mehr Wirtschaftlichkeit.

      Ossenkamp hofft, noch heute Gehör zu finden. "Der Pleitegeier
      befinde sich jetzt noch über den Rathäusern. Sollte die
      Gemeindefinanzreformkommission aber nicht umgehend Ergebnisse
      bringen, dann werde der Pleitegeier schon sehr bald in den Rathäusern
      sitzen."


      ots Originaltext: komba gewerkschaft


      Pressekontakt:

      Wibke Krohn,
      komba gewerkschaft,
      Norbertstr. 3,
      53 173 Köln
      krohn@komba.de
      http://www.presseportal.de/story.htx?nr=460285
      Avatar
      schrieb am 06.07.03 22:26:26
      Beitrag Nr. 3.401 ()
      Quergedacht: Was viele denken aber wenige auszusprechen wagen
      Anstößige Texte zum Runterladen und Weiterverbreiten
      spatzseite.de

      Ein europäischer "New Deal"? 06.07.2003
      DIESE WOCHE
      Ausgehend von der Politik des "New Deal", mit der Roosevelt in den 30ern die Weltwirtschaftskrise beenden konnte, denkt der Spatz diese Woche über die Bedeutung von Großprojekten nach, und was gegen ihre Durchführung getan wird. Dabei werden auch die Rolle des Pseudo-Umweltschutzes und der Finanzwirtschaft demonstriert. Eigentlich eine Pflichtlektüre für Erstsemester entsprechender Studiengänge!


      Sparen, für wen?

      Beim EU-Ministertreffen unter der italienischen Präsidentschaft Berlusconis wird ein Plan diskutiert, den Giulio Tremonti vor einigen Wochen vorgeschlagen hatte. Es geht darum, die Infrastruktur in Europa auszubauen, ohne dabei die Schulden der einzelnen Staaten zu erhöhen - Methoden, die in den dreißiger Jahren diskutiert und mit viel Erfolg in Deutschland und mit weniger Erfolg aber wirksamerer Propaganda in den USA als "New Deal" angewandt worden sind. Aus den bekannten Gründen wird allenfalls der zeitweise US-Erfolg erwähnt.

      Der neue Plan geht auf den EU-Kommissar Delors zurück, der Ähnliches vor Jahren schon durchsetzen wollte; es aber wegen seiner west-orthodoxen Kollegen nicht konnte. Der Plan war beschlossen aber kaum umgesetzt worden. Die finanziellen Mittel wurden anderswo lustbetonter verpraßt. Der Plan umfaßte 14 sinnvolle Großprojekte zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur in Europa, wollte aber eigentlich einen Anstoß zu weiterer wirtschaftlicher Entwicklung geben, um die Arbeitslosen von der Straße zu bekommen und wieder Steuern zahlen zu lassen. Von den 14 Projekten wurden nur 3 in Angriff genommen. Nun sollen nach den Worten von EU-Kommissar van Miert 22 derartige Vorhaben umgesetzt werden, um die natürlichen Handels- und Verkehrsbarrieren in Europa (zum Beispiel die Alpen und Pyrenäen) zu überwinden. Neue Verkehrswege, vor allem Eisenbahnstrecken sind im Gespräch, Eisbrecher in der Ostsee und der Satellit Galileo, über den es möglich werden soll, regelnd in das Verkehrschaos einzugreifen. Der Chef der Europäischen Investment Bank (EIB) Philippe Maystadt unterstützt den europäischen New Deal, weil er "der Integration des Europäischen Binnenmarktes" dient und zu einer "produktiven Erholung der Wirtschaft" beiträgt.

      Der EIB soll bei der Finanzierung dieser Projekte, die so ausgelegt wird, daß sie die einzelnen Staatshaushalte nicht weiter belastet, eine wesentliche Rolle zufallen. Doch nicht alle "Experten" und Politiker begrüßen eine produktive Lösung der gegenwärtigen Wirtschaftskrise. Sie achten auf den Nutzen derer, die ihren Arbeitsplatz sichern und das sind nicht die Wähler, sondern diejenigen, die diesen glaubhaft weismachen lassen, was sie zu wählen haben.

      Die Grünen sind prinzipiell, die Roten zum Teil gegen Großprojekte. Sie sähen lieber, wenn in Eselkarren investiert würde, die dann als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme von Menschen gezogen werden, oder - wie kürzlich vom Bundesverbraucherschutzministerium beschlossen - in die Förderung der "Energetischen Nutzung" (also Verbrennung) "von festen Bioenergieträgern, insbesondere Getreide, Stroh und anderen nachwachsenden Rohstoffe außer Holz sowie in Felduntersuchungen zum Nachweis der Genehmigungsfähigkeit im Bereich dezentraler Wärmeerzeugungsanlagen < 1 MWh". Die Liberalen halten überhaupt nichts von staatlichen Wirtschaftsaktivität, der Staat soll sich nur darum kümmern, daß die Schuldner pünktlich ihre Schulden zahlen. Alle zusammen aber schwärmen von "Reformen". Die laufen, wie man sie auch dreht und wendet, immer auf die Angleichung der Einkommen hiesiger Mitmenschen (natürlich nicht ihrer eigenen) an thailändische Verhältnisse hinaus. Das werden ausnehmend gutverdienende Liberale so nicht stehen lassen wollen, sondern statt dessen versuchen den Tremonti Plan zu unterhöhlen, indem sie zum Beispiel gegen die EU-Präsidentschaft eines Berlusconi wettern. Der lädt allerdings durch seine eigenartigen Prozesse auch dazu ein. So nennt "Die Zeit" ihn schlimmer als Österreichs Jörg Haider und "Der Spiegel" hält ihn für ungeeignet, Europa vorzustehen. Martin Schultz (SPD) bezeichnete im Europaparlament so indirekt den Tremonti Plan als "Virus der Korruption", den Berlusconi heraufbeschwöre, und löste damit einen Sturm im Europaparlament aus. Der Skandal stahl der Sache - wie geplant - die Show. An Berlusconis Korruption ereifern sich ausgerechnet diejenigen, die uns einen Josef "Joschka" Fischer als würdigen Vertreter Deutschlands im Ausland aufs Auge gedrückt haben.

      Doch wie steht die deutsche Elite (wenn es denn so etwas geben sollte; leider merkt man nie etwas von ihrer Existenz) zum Tremonti Plan? Der Große Bruder nahm hierzu noch nicht eindeutig Stellung, also sie auch nicht. Ideologisch ist der Große Bruder nach wie vor gegen etwas derart Unmarktwirtschaftliches. Andererseits werden dort gegen die Krise ähnliche Pläne vorgeschlagen und vielleicht sogar umgesetzt, zum Beispiel das "Built America Bonds Act 2003". Das Gesetz sieht den Verkauf von Staatsanleihen im Wert von 50 Mrd. US$ vor, um die durch die langandauernde Einsparungen der Instandhaltung verlotterte Verkehrsinfrastruktur wieder auf die Beine zu stellen. "Jede Milliarde Dollar, die in das Verkehrswesen investiert wird, schafft bis zu 47.500 neue Jobs", lautet eine Begründung für das Gesetz. Andere schlugen ein "Rebuilt America Act 2003" vor. Es sieht ebenfalls Ausgaben von rund 50 Mrd. US$ vor, um 2,3 Millionen Jobs und eine Wirtschaftsaktivität im Umfang von rund 310 Mrd. US$ in Gang zu bringen. Die Zahlen stammen von der Bundesautobahnen Behörde in den USA (FHA). Schließlich reichte das Transportkomitee des Kongresses neben dem früheren National Rail Defense Act ein "Railroad Infrastructure and Expension Act" ein. Es sieht weitere 60 Mrd. US$ für den Ausbau eines Hochgeschwindigkeits-Eisenbahnnetzes in den USA vor.

      Doch "anerkannten" Bubis und Handlanger der wirklich starken Männer der Welt winken ab und deuten an, mit ganz anderen Lösungen schwanger zu gehen, die sie im allgemeinen Finanz- und Wirtschaftschaos durchzusetzen gedenken. Nach dem "Wall Street Journal" vom 30.6. trafen sich unter anderem Domingo Cavallo, der Argentinien von der Regierung aus wirtschaftlich platt gemacht hatte, mit Paul Volcker, einem Vorgänger von Greenspan, der in den 80er Jahren die Zinsen bis auf über 20% im Jahr hochgetrieben und damit die Schuldenkrise der 3. Welt ausgelöst hatte, mit Steve Hanke, von dem die Idee stammte, die nationale Souveränität durch die Einführung von Währungs-Aufsichtsräten zu unterhöhlen, mit dem früheren Zentralbankchef aus Israel, Jacob Frenkel, und ungenannten anderen Experten in dem mittelalterlichen Palazzo des Kanadiers Robert Mundell in Siena. Mundell war ein ausgesuchter Jünger Lord Lionel Robbins, einem Strippenzieher der City of London. In der angenehmen Umgebung plante man die Durchsetzung nur einer Weltwährung mit einer privaten Weltzentralbank wie der FED.

      Eine einzige Weltwährung schafft die einträgliche Währungsspekulation ab. Doch dafür ist schon Ersatz in Sicht. Auch mit CO2-, Methan und ähnlichen Zertifikaten und den Errungenschaften des wirtschaftlichen Sachverstandes, noch die Atemluft gewinnbringend verkaufen zu können, läßt sich vortrefflich spekulieren und "Geld machen". Es handelt sich um Erlaubnisscheine, die Atemluft mit CO2, Methan oder anderen Gasen anreichern zu dürfen. Diese sollen auf ausdrücklichen Wunsch der Grünen und Roten schon bald auf dem Markt feilgeboten werden. Kaufen muß Sie jeder, der künftig noch CO2 und andere Gase an die Atemluft abgeben will, also nicht Selbstmord begeht. Daß hierbei nicht geschummelt wird, macht einen entsprechenden, ganz neuen Überwachungsapparat notwendig und der schafft neue Arbeitsplätze. Hinterwäldlertum schafft leichter Arbeitsplätze als wirksame Technik. Doch wer sorgt für die entsprechenden Einkommen - die Grünen etwa?

      Die neuseeländische Regierung hat sich entschieden, diese Gewinnmöglichkeit nicht zu privatisieren sondern selbst auszuschöpfen. Sie hat kürzlich eine Furz-Steuer beschlossen, die zunächst nur für Tiere gelten soll, sich aber beliebig ausweiten läßt. Danach müssen Neuseelands Bauern ab Mitte nächsten Jahres für jedes Schaf 8 Cent und für jede Kuh und jedes Rind zwischen 54 und 72 Cent bezahlen, es gilt auch für Ziegenzüchter und Betreiber von Wildgehegen. Die Steuer ist der neuseeländische Beitrag zum "internationalen Klimaschutz" im Rahmen des Kioto-Protokolls. Die Tiere scheiden mit ihren Blähungen und Rülpsern Methan aus, das angeblich zur Klimaerwärmung beiträgt. Rund die Hälfte der in Neuseeland erzeugten Treibhausgase stammt vom Vieh, sagte Landwirtschaftsminister Jim Sutton zur Begründung des Gesetzes. Methan entsteht, soweit es nicht aus dem Inneren der Erde ausgegast wird, beim Verdauen von Gras und Grünkohl, aber auch in Reisfeldern und Sümpfen.

      Doch zurück zu den privaten Weltbeherrschern! Ihre Handlanger haben schon einen Namen für die neue Weltwährung gefunden, "Dey" (für Dollar, Euro und Yen). "Sie (die neue Währung) setzt den Erfolg der großartigsten aller Reformen, eine supranationale Zentralbank voraus". Sie tun gut daran, immer dann, wenn irgendwo das Wort "Reform" fällt - sich zu vergewissern, daß Ihre Taschen diebstahlsicher verschlossen sind. Tun Sie das auch, wenn von der "großartigsten aller Reformen" die Rede ist.

      Warum aber nun gerade eine Weltzentralbank? Lenin (oder war es doch Rothschild?) soll gesagt haben, "überlaßt mir die Zentralbank eines Landes, und ich bestimme seine Politik". Die laut geforderte "Unabhängigkeit der Zentralbank" war einer der ersten Schritte auf dem Weg zur endgültigen Abschaffung des Nationalstaats. Mit einer supranationalen Zentralbank haben Sie die Weltdiktatur der gut 300-Familien der Plutokratie. Sie streben die Weltherrschaft wahrscheinlich so an, wie sie Milliarden zu Milliarden häufen ohne zu wissen, was ihnen das Mehr bringt. Doch davon, die Welt unter dem eigenen Gewicht ächzen zu lassen, haben schon viele alte Herren geträumt und deshalb ihre jungen Haudegen ins Feld geschickt.

      Diese Weltherrschaft den "viel zu vielen" Habenichtsen (mit Ihren Peanuts gehören sie auch dazu) schmackhaft zu machen, dürfte nicht einfach sein. Der Spruch "mehr Privat, weniger Staat" weckte zwar Sympathien, aber wohl kaum die Zustimmung zu einer Zentralbürokratie, die in Zukunft alles Wesentliche (was Geld kostet) entscheiden will. Von einer solchen Weltbürokratie dürften auch "die Amerikaner" gar nichts halten. Wie hierfür ihre Zustimmung erreichen? Einfach das tun, wovor der Spatz letzte Woche gewarnt hat! Sollten die "Geldgeber" unversehenes die Leitzinsen als Maßnahme gegen die selbsterzeugte Inflation von 1% auf 10% anheben, sorgt das Chaos dafür, daß alle Zahlungsunfähigen unter dem miefigen Rock einer Weltzentralbank Schutz suchen, zumal wenn sie ihnen dann noch ein wenig Schuldenerlaß verspricht (nur so viel, daß die Leute nicht verzweifeln und weiter strampeln). Dann schreit alles "Hurrah" - bis es in der Kehle stecken bleibt.

      Wo steht Ihr Kanzler? An sich hat er nichts gegen Großprojekte und Arbeitsbeschaffung, angeblich auch nichts dagegen, mit den Zentralasiaten des Dreiecks Rußland, China, Indien ins Geschäft zu kommen. Der deutsche Export nach China hat allein im letzten Jahr um 20% zugenommen und so den Absturz unserer Wirtschaft etwas abgefedert. Die Frage ist nur, was ihm der große Bruder erlaubt. So hat er seinen Mann in Nordrhein Westfalen angehalten, den Metrorapid fallen zu lassen und mit dieser Entscheidung auch die Transrapid Peking Shanghai gekippt (Das Land will das Betriebsrisiko auf großen Strecken nicht alleine tragen). Dadurch verbaut er die Chance, daß ein New Deal der EU auch Nutzen für Deutschland bringt. Er hat das Gleiche zuvor mit der Transrapidstrecke Berlin - Hamburg und sein Vorgänger im Amt mit der besten Referenzstrecke für den Transrapid zwischen Frankfurt und Köln getan. Man setzt auf die Technik des vorletzten Jahrhunderts - in diesem Land, das glaubt nur noch rückwärts vorwärts gehen zu dürfen. Feiglingen ist nicht zu helfen.
      Avatar
      schrieb am 06.07.03 22:31:45
      Beitrag Nr. 3.402 ()
      Avatar
      schrieb am 06.07.03 23:04:43
      Beitrag Nr. 3.403 ()
      Avatar
      schrieb am 06.07.03 23:06:10
      Beitrag Nr. 3.404 ()
      Straight lines and worms






      Look For

      1) Parallel lines indicating support, resistance, channel and trend lines.

      2) Note how support lines can become resistance lines and vice versa

      3) Green flags here do not indicate safe bathing

      4) Broad market direction (light grey area)

      5) A Pair of Pink Worms

      6) Mar 2003 - WAR DIP

      7) There are two possible angle of steeper decline - blue lines and brown lines

      8) Brown trend lines indicate rapid crash mode

      http://www.contrarianthinker.com/dow_in_focus.htm
      Avatar
      schrieb am 07.07.03 14:24:25
      Beitrag Nr. 3.405 ()
      Avatar
      schrieb am 07.07.03 14:31:23
      Beitrag Nr. 3.406 ()
      Wussten Sie schon, dass...?
      (07.07.2003)

      Amerikanische Aktien im Wert von netto 2 Milliarden Dollar haben ausländische Anleger im ersten Quartal 2003 verkauft.

      Dies war das erste Kalendervierteljahr seit dem vierten Quartal 1998, in dem die Ausländer als Nettoverkäufer aufgetreten sind.

      Die Vergangenheit zeigt, dass die Ausländer meist ein oder zwei Quartale lang Nettoverkäufer amerikanischer Aktien waren, bevor sich an der Wall Street ein bedeutender oder sogar ein zyklischer Boden bildete. Beispiele sind die Zeiträume 1990/91, 1994 und 1998.

      (Quelle: Merrill Lynch)

      taurosweb.de
      Avatar
      schrieb am 07.07.03 14:43:28
      Beitrag Nr. 3.407 ()
      Größte Krise seit Zweitem WeltkriegHohe

      Sicherheitsausgaben und Steuersenkung: Die Bundesstaaten haben kein Geld mehr.




      Sacramento - Die Misere ist perfekt. Dass im von der Pleite bedrohten Kalifornien bald die Lichter ausgehen, ist unwahrscheinlich. Doch das riesige Finanzloch zwingt den amerikanischen Bundesstaat zu drastischen Schritten. Auch die meisten anderen 49 Bundesstaaten stehen vor der schwersten Finanzkrise seit dem Zweiten Weltkrieg. Außer Vermont müssen alle US-Bundesstaaten von Gesetz wegen ausgeglichene Haushalte vorlegen. Massachusetts hat deshalb 50.000 der Ärmsten aus der eigens für Geringverdiener eingerichteten staatliche Krankenversicherung geworfen. Kentucky entließ 1000 Gefangene vorzeitig aus den Gefängnissen. In Oregon wurden die Schulen früher geschlossen, um Reinigungskosten zu sparen.

      Wie gewonnen, so zerronnen

      Kalifornien ist mit einem Milliardenloch von 38 Milliarden Dollar (33 Milliarden Euro) einsamer Spitzenreiter. Dabei liegen die fetten Jahre noch nicht lange zurück: vor zwei Jahren überholte Kalifornien mit 1,3 Billionen Dollar Bruttoinlandsprodukt Frankreich als fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt. Der Überschuss betrug neun Milliarden Dollar. Heute malen Politiker den Bankrott-Teufel an die Wand.

      Bitte Warten

      Mehr als 30.000 Staatsangestellte erhielten anstelle der erwarteten Gehaltserhöhungen Warnungen, dass ihre Jobs in Gefahr sind. Die Community Colleges in Los Angeles haben nur noch Geld bis Ende August. "Es kann sein, dass wir das Licht ausmachen und allen sagen müssen, sie sollen nach Hause gehen", meinte der Kanzler des Distrikts, Mark Drummond. Auch die Kleinsten sollen für das Finanzloch "zahlen": wer nicht am 1. September fünf Jahre alt ist, soll ein Jahr länger auf den Kindergarten-Platz warten. Bisher war der Geburtstags-Stichtag der 2. Dezember.

      Kommt Schwarzenegger?

      Im Parlament in Sacramento blockieren sich Demokraten und Republikaner gegenseitig mit Rezepten zur Bewältigung der Krise: die Demokraten um Gouverneur Gray Davis wollen die Steuern erhöhen, die Republikaner wollen die Ausgaben senken. Die Demokraten haben zwar die Mehrheit in beiden Häusern, doch brauchen sie eine Zweidrittelmehrheit für das Budget. Die Republikaner haben bereits eine Wählerinitiative zur Absetzung von Davis gestartet. Sollte Davis tatsächlich sein Amt verlieren, könnte der aus Österreich stammende Filmstar Arnold Schwarzenegger als republikanischer Kandidat eine Chance auf dessen Nachfolge bekommen.

      Geld: Woher nehmen, und nicht stehlen

      Insgesamt schlossen 27 Staaten das vergangene Haushaltsjahr mit Fehlbeträgen ab. Der Verband der Budgetbeamten schätzt das gesamte Loch auf 53,5 Milliarden Dollar. Mindestens 41 Staaten rechnen im nächsten Jahr mit fehlenden Millionen. "Es ist eine der schlimmsten Situation, in der sich die Bundesstaaten seit dem 2. Weltkrieg je befunden haben, und das landesweit", sagte der Direktor des Verbandes, Scott Pattison, der Zeitung "Orlando Sentinel". Neben dem Niedergang der Konjunktur machen die Staaten auch einen massiven, aus Washington angeordneten Ausbau der Sicherheitsausgaben nach den Terroranschlägen vom 11. September und Steuersenkungen als Grund für die Misere geltend. Sie verlangen Bundeshilfe, doch Präsident George W. Bush ist auf diesem Ohr taub. Mit einem eigenen Rekorddefizit im Staatshaushalt von schätzungsweise 400 Milliarden Dollar in diesem Jahr und riesigen Ausgaben im Irak und anderswo im weltweiten Anti-Terror-Kampf ist in Washington nichts zu holen.

      http://www.kurier.at/wirtschaft/287441.php
      Avatar
      schrieb am 07.07.03 14:46:40
      Beitrag Nr. 3.408 ()
      Hannich-Kolumne: Crash-Gefahren im Finanzsystem
      07.07.2003 08:18:00



      Nach dem Ende des Irak-Krieges scheint sich auf dem Finanzmarkt wieder optimistische Stimmung durchgesetzt zu haben. Immerhin legte der DAX in den letzten Monaten einen seiner größten Anstiege seit seinem Bestehen hin. Die Entwicklung ähnelt jedoch der Börsenblase vor dem Jahr 2000 - auch damals wurden die fundamentalen Kriterien einfach ignoriert oder schöngeredet. Trotz Asien-, Russland-, Brasilien-Krise schossen die Finanzwerte nach oben, so als ob nichts passiert wäre. Das gleiche passierte nach dem Anschlag in New York im Jahr 2001.
      Heute scheinen die meisten Börsenteilnehmer das Ende des Irak-Konfliktes mit einer generellen Lösung aller Probleme gleichzusetzen. Doch wie sieht die Realität aus? Die reale Wirtschaft erleidet die größten Einbußen seit dem Ende des zweiten Weltkrieges, die Arbeitslosigkeit steigt unaufhaltsam, die Schulden ufern aus, die Kaufkraft der Bevölkerung sinkt und überhaupt wurden Probleme bisher keine gelöst, sondern nur in die Zukunft verschoben. Rechtfertigt dies alles einen Anstieg der Aktienkurse? Ich meine: Nein!

      Im Gegenteil: Die fundamentalen Daten zeigen, dass die Kurse in naher Zukunft wieder von der Realität eingeholt werden und auf neue Tiefststände zu sinken drohen. Schon zeigen sich zusätzliche Gefahren: So schätzt die West-LB, dass das Leistungsbilanzdefizit der USA dieses Jahr auf einen Rekordstand von 580 Mrd. Euro steigen könnte. Das bedeutet, dass die Verschuldung der amerikanischen Volkswirtschaft gegenüber dem Ausland in gleichem Maße steigt und einen entsprechenden Druck auf den Dollar-Kurs auslöst. Mit anderen Worten: Der hohe Dollarkurs, der die Börsenblase erst möglich machte, ist stark in Gefahr einmal massiv abzurutschen. Die Folgen wären fatal: Einbrechende Exporte in Europa, Deflation, Depression und Wirtschaftskrise.

      Wer da keine durchdachte und auf fundamentalen Kriterien beruhende Geldanlagestrategie hat, der wird herbe Verluste einfahren.

      http://www.finanzen.net/news/news_d...p?NewsNr=124140
      Avatar
      schrieb am 07.07.03 16:16:51
      Beitrag Nr. 3.409 ()
      Ausweitung der LKW-Maut schon ihrem Inkrafttreten beschlossen?

      Noch bevor die LKW-Autobahnmaut überhaupt erhoben wird, wurde nach Presseberichten ihre Ausweitung schon angekündigt. So will das Bundesverkehrs(verhinderungs)ministerium "recht kurzfristig" den Mautzwang ausdehnen, falls die Unternehmen versuchen, der Abzocke auszuweichen.

      Hintergrund ist offenbar, daß die Maut erst ab einem Gesamtgewicht von 12 Tonnen fällig wird - und nur auf Autobahnen. Schon jetzt sei aber abzusehen, daß immer mehr Fahrzeuge mit einem Gewicht von 11,9 Tonnen angemeldet würden, die daher nicht mautpflichtig wären. Auch rechnet das Ministerium wohl mit einem verstärkten Umgehungsverkehr auf Landstraßen.

      Einem Minister mit einer DDR-Vergangenheit, wie Stolpe sie nun mal hat, ist marktwirtschaftliches Denken natürlich fremd, und daß ein Unternehmen versucht, eine neue Repression durch entsprechende Gestaltungen zu umgehen, hätte man sich freilich vorher denken können. Wird also wahrgemacht, was nunmehr angekündigt wurde, werden die Unternehmen also dafür bestraft, sich rational im Sinne der Kostenminimierung zu verhalten, dann ist eine baldige Ausweitung der Maut auf alle Straßen außerhalb geschlossener Ortschaften wohl nur noch eine Frage der Zeit.

      Dies würde freilich erhebliche Investitionen in zusätzliche Kontroll- und Überwachungstechnik erfordern, so daß der nächste Schritt dann unvermeidlich wäre, denn wenn die Big-Brother-Technologie schon installiert wird, wäre es geradezu "Verschwendung", den Mautzwang nicht auch noch auch weitere Fahrzeugarten, am Ende auch noch auf PKW auszudehnen. Dies ist also, was uns die für nächste Zeit im Grunde angekündigt wurde: Maut für alle, immer und überall. Die totale Abzocke des Verkehrs, zugleich mit Totalüberwachung aller Fahrten, so daß ein komplettes Bewegungsbild aller Fahrzeuge möglich wird: endlich wird Realität, wovon die Politik schon immer geträumt hat. Wir kriegen endlich die totale Nachhaltigkeit: George Orwell (1903-1950) hätte es sich nicht besser ausmalen können. Nur mit "1984" hat er 30 Jahre daneben gelegen. Aber 2014 wird es wohl schon längst Wirklichkeit sein...

      Links zum Thema: Ausländische LKW auf deutschen Autobahnen mautfrei? | Doch keine Lkw-Maut? | Innenstadt-Maut bald auch bei uns? | Gesetz über Autobahnmaut tritt in Kraft (interner Links)


      Veröffentlicht am 06.07.2003
      © Harry Zingel 2003; Boyneburgufer 10, 99089 Erfurt, Tel. 0172-3642082, 0361-2606029, Fax 0361-2118928
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      Avatar
      schrieb am 07.07.03 16:37:19
      Beitrag Nr. 3.410 ()
      Die Krise und die Globalisierung der Wirtschaft

      Wenn von der Krise die Rede ist, dann denken die Leute meist nur an eine temporär begrenzte ökonomische Flaute in den Industrieländern des Nordens. Es ist nicht in ihrem Bewußtsein, daß die kapitalistische Wirtschaft seit ihren Anfängen dauernd irgendwelche Gebiete der Welt in solche Krisen stürzte, daß die Krise und die damit verbundenen Prozesse der Verarmung den »Untergrund« des kapitalistischen Akkumulationsmodells darstellen.

      Unser System benötigt dauernd Kolonien, um zu funktionieren: die fremden Völker, die Frauen und die Natur - das, was nicht offiziell zur Wirtschaft zählt, bildet den »Untergrund« des gesellschaftlichen Systems, in dem Gewalt und nicht ein Vertragsverhältnis herrscht.

      Die Krisen sind lediglich exportiert und externalisiert worden, und zwar in die Kolonien. Diese gehören genauso zum Kapitalismus wie die Lohnarbeit in den reichen Zentren, in denen akkumuliert wird. Das bedeutet auch, daß dieses Wirtschaftssystem, das heute beschönigend Marktwirtschaft genannt wird, immer schon ein Weltsystem war und ist.5.6 Ohne die Ausbeutung der Kolonien wäre der Kapitalismus nicht entstanden und hätte sich nicht erhalten. Daran hat auch die sogenannte Entkolonisierung, die Erreichung der politischen Unabhängigkeit der meisten Länder des Südens, nichts geändert. Unsere These ist, daß dieses Wirtschaftssystem nicht ohne fortgesetzte ursprüngliche Akkumulation existieren könnte, d.h. praktisch nicht ohne Kolonien, interne und externe, wo nicht vor allem die freie Lohnarbeit ausgebeutet wird, sondern die Nicht-Lohnarbeit, und wo nicht nur Vertrags- sondern auch Gewaltverhältnisse den Mehrwert erpressen, abgesehen von den billigen Rohstoffen, die diesen Ländern häufig geraubt werden. Diese Gebiete befinden sich also schon seit langem in einem Zustand der Krise.

      Dennoch: Wenn wir jetzt von der Krise im Zusammenhang mit der Globalisierung der Wirtschaft reden, dann ist damit eine weitere Phase in diesem historischen Prozeß der Kapitalakkumulation gemeint, nämlich die Verlagerung ganzer arbeitsintensiver Produktionsbereiche wie z.B. die Herstellung von Textilien und Kleidung, Elektronik, Spielwaren, Schuhe u.a. in Billiglohnländer des Südens, vor allem nach Südostasien und nach Mexiko. Dort wurden sogenannte freie Produktionszonen oder Weltmarktfabriken errichtet, in welchen meist junge, unverheiratete Frauen oft unter Zwangsverhältnissen Waren für den Weltmarkt herstellen. Diese Phase begann Anfang der siebziger Jahre und wurde auch als Neue Internationale Arbeitsteilung (NIAT) bezeichnet.5.7

      Diese NIAT war eine Strategie der Multinationalen Konzerne (MNKs) zur Senkung der Lohnkosten und der Bekämpfung der Krise in der Wirtschaft, die teils durch den Ölschock, teils durch hohe Lohnforderungen der Gewerkschaften verursacht wurde.

      Die Lösung war eine Restrukturierung der Weltwirtschaft durch die Schaffung von exportorientierten Industrieenklaven in den Billiglohnländern, in denen westliche und japanische Firmen produzieren und die Löhne um ein Vielfaches niedriger waren als in den Industrieländern. Das Kapital entdeckte die Frauen in Südkorea, auf den Philippinen, in Mexiko, Tunesien - später in Sri Lanka, Bangladesh, Indien und Malaysia als optimale Arbeitskräfte. Vor allem junge, unverheiratete Frauen wurden rekrutiert. Bis zu 80 Prozent der Arbeitskräfte in diesen Weltmarktfabriken waren und sind Frauen. Sie brachten alle Hausfrauenfähigkeiten mit, die für die Textil- und Elektronikindustrie gebraucht wurden, waren »docile« (gefügig), hatten »nimble fingers« (geschickte Finger)5.8 und konnten gefeuert werden, wenn sie heirateten. Sie sahen als Hausfrauen ihre Lohnarbeit nur als eine temporäre an. Außerdem verlangen die MNKs von den Regierungen dieser Länder bestimmte Konzessionen wie die Lockerung von Arbeitsgesetzen, in vielen Fällen das Verbot von Gewerkschaften, Steuererlaß bis zu 15 Jahren, eine Lockerung der Umweltauflagen, kostenlose Lieferung der nötigen Infrastruktur, Verbot von Streiks usw.

      Das war das Erfolgsrezept solcher Länder wie beispielsweise Südkorea. Heute hat sich dieses Produktionsmodell auf den ganzen Raum der eingangs aufgeführten Billiglohnländer ausgedehnt.

      Die Konzerne waren vor allem an einer Senkung ihrer Lohnkosten interessiert. 1987 waren die durchschnittlichen Lohnkosten pro Stunde im herstellenden Gewerbe in verschiedenen Ländern wie folgt:5.9


      Mexiko
      $0,97

      Brasilien
      $1,10

      Südkorea
      $1,43

      Japan
      $9,92

      Schweden
      $10,57

      USA
      $10,82

      Deutschland
      $13,16



      Die deutschen Arbeiter waren bisher die teuersten der Welt. Das hat sich auch bis heute nicht geändert. Nach einer Studie von Woodall waren 1994 die durchschnittlichen Lohnkosten pro Stunde in:5.10


      Deutschland
      $ 25,00

      USA
      $ 16,00

      Polen
      $ 1,40

      Mexiko
      $ 2,40

      Indien
      $ 0,50

      China
      $ 0,50

      Indonesien
      $ 0,50



      Kein Wunder, daß Minister Rexrodt einen Billiglohnsektor nach dem Muster der »Dritten Welt« in Deutschland errichten will.

      Die Integration der Drittweltländer in den Weltmarkt beschränkte sich jedoch in dieser Phase der Restrukturierung nicht nur auf die Industrie, sondern erfaßte auch die Landwirtschaft. Es war die Hochkonjunktur der »Grünen Revolution«, die vor allem durch die Chemie-, Saatgut- und Lebensmittelmultis gefördert wurde.

      Millionen von Menschen wurden von ihrem Land vertrieben, der Boden ausgelaugt und versalzen, die Wasservorräte aufgebraucht und die Artenvielfalt vernichtet. Viele Kleinbauern verloren ihre Existenzgrundlage und fanden auch keine Arbeit in den Städten. Die »Grüne Revolution«, die mit der Versprechung propagiert wurde, den Hunger zu beseitigen, entpuppte sich als permanente Krise, als Gewalt gegen die Natur und die Menschen.5.11

      Den verarmten und verelendeten Menschen, die in die Städte flohen, blieb nichts als die Arbeit im informellen Sektor, in dem wiederum vor allem Frauen, in Heimarbeit oder sogenannten Sweatshops, für einen Hungerlohn Waren für den internationalen Markt herstellten: Handarbeiten, Krimskrams, Lebensmittelkonserven, Kleidung. Viele Frauen waren gezwungen, sich zu prostituieren, um zu überleben.5.12

      Für die meisten Länder der »Dritten Welt«, die sich auf die Strategie der exportorientierten und kreditgesteuerten Industrialisierung/Modernisierung eingelassen hatten, endete dies mit einer Dauerkrise, mit Verschuldung und dem Diktat des Internationalen Währungsfonds (IWF) und seinen Strukturanpassungsprogrammen.

      http://www.nadir.org/nadir/archiv/PolitischeStroemungen/kris…
      Avatar
      schrieb am 07.07.03 16:38:18
      Beitrag Nr. 3.411 ()
      Globalisierung ohne »menschliches Gesicht«

      Die heutige Phase der globalen Umstrukturierung begann mit der Rezession um 1990. Sie ist einerseits gekennzeichnet durch die Fortsetzung und Expansion der schon vorher praktizierten Politik der exportorientierten Produktion in Industrie, Landwirtschaft und informellem Sektor, andererseits gibt es aber auch quantitative und qualitative Unterschiede zu den vorangegangenen Restrukturierungsphasen. Die Verlagerung der Produktionsstätten in Billiglohnländer bezieht sich heute nicht nur auf die »Dritte Welt«, sondern auch auf die deindustrialisierten Länder des Ostens und auf China. Während die erste Phase der Verlagerung sich vor allem in den arbeitsintensiven Bereichen der Leichtindustrie vollzog, wird heute auch die Schwerindustrie in den Bereichen Kohle-, Stahl-, Autoindustrie und Schiffsbau ausgelagert.

      Heute sind vor allem Männer in Europa und in den USA von Firmenschließungen betroffen. Es sind außerdem nicht nur die hohen Lohnkosten, die die MNKs in die Billiglohnländer treiben, sondern vor allem auch deren laxe Umweltgesetze. Darum sprechen die Gewerkschaften in den nördlichen Industrieländern von einem »social and environmental dumping«. Wie schon in der ersten Phase wird der heutige Prozeß der Umstrukturierung der Weltwirtschaft zu immer mehr exportorientierter Warenproduktion, auch im sogenannten Süden und Osten, von den großen MNKs vorangetrieben. Immer mehr Kapital konzentriert sich in ihren Händen. Die 15 großen MNKs, einschließlich General Motors, Exxon, IBM, Royal Dutch Shell, haben ein Bruttoeinkommen, das größer ist als das BSP von über 120 Ländern zusammen, einschließlich aller Drittweltländer.5.13 Die MNKs kontrollieren den Weltmarkt für Konsumgüter wie Computer, Autos, Haushaltgeräte, Textilien usw., aber auch denjenigen für Nahrungsmittel. Cargill, einer der größten MNKs, besitzt 60 Prozent des Welthandels von Getreide. Eine ähnliche Kapitalkonzentration gibt es auch im Bereich der Telekommunikation. Die Hälfte der MNKs befindet sich in den USA, die andere Hälfte in Europa und Japan. Die »Dritte Welt« ist von dieser Konzentration von Geld und Macht ausgeschlossen und wird von diesem Machtblock ausgebeutet.

      Diese neokoloniale Struktur der globalen Ökonomie wird ideologisch und politisch von einigen globalen Institutionen wie der Weltbank, dem IWF und seit 1993 vom General Agreement on Trade and Tariffs (GATT) - heute der WTO (World Trade Organisation) - aufrechterhalten. Die jetzige Phase der Umstrukturierung der Weltwirtschaft wird vor allem von diesen Institutionen bestimmt. Darüber hinaus sind es die großen neuen Wirtschaftsblöcke wie EU, NAFTA und APEC, die die günstigen Rahmenbedingungen für die MNKs herstellen. Diese Blöcke werden mit dem Schlagwort der Beseitigung der Arbeitslosigkeit propagiert, und viele Menschen fallen auf diese Propaganda herein, wie z.B. Schweden und Österreich.

      Vor allem das GATT ist erfunden worden, um die Freihandelsphilosophie des 19. Jahrhunderts noch einmal aufleben zu lassen. Das heißt zunächst, daß alle Handelsschranken, die die Staaten errichtet hatten (Zölle, Einfuhrbeschränkungen etc.), um bestimmte Sektoren ihrer Wirtschaft zu schützen, beseitigt werden, daß sie ihre Märkte für den Import der Güter aus der ganzen Welt öffnen müssen und daß die Multis überall ihre Standorte einnehmen können. Während sie sich in der ersten Phase noch auf Enklaven beschränken mußten, gehört ihnen praktisch nun die ganze Welt. Der letzte Überrest von nationaler Souveränität der einzelnen Staaten ist ans Ende gekommen.

      Die Freihandelspolitik geht davon aus, daß


      der Handel die Grundlage des Lebens ist,

      alle Handelspartner gleich sind,

      durch das Prinzip der sog. »comparative advantages« alle am meisten von diesem »freien« Handel profitieren würden.



      In der Praxis werden jedoch die schwächeren Partner, z.B. die Länder der »Dritten Welt«, gezwungen, Bestimmungen zu akzeptieren, die nicht nur ihre Souveränität erodieren, sondern auch ihre Landwirtschaft den Multis öffnen und ihre Politik der Selbstversorgung, vor allem im Nahrungsmittelsektor, aufzugeben und zuzulassen, daß toxischer Industrieabfall aus dem Norden in ihrem Territorium »entsorgt« wird und daß »schmutzige« Industrien aus dem Norden in ihre Länder verlagert werden. Außerdem müssen sie zulassen, daß Banken und Versicherungen des Nordens sich in ihrem Territorium breitmachen. Am gefährlichsten am Paket des Freihandels sind jedoch die »Trade Related Intellectual Property Rights« (TRIPs), die ausländischen Firmen und Wissenschaftlern erlauben, die biologische Vielfalt und das kulturelle Erbe der Länder der »Dritten Welt« zu patentieren, zu monopolisieren und zu kommerzialisieren.

      Das GATT und die TRIPs sind natürlich auch tödlich für die Kleinbauern und die KonsumentInnen im Norden, aber hier scheinen sich die Menschen dieser Gefahren, die die Liberalisierung vor allem des Agrarmarktes bedeutet, kaum bewußt zu sein. Wen kümmert z.B. schon das Bauernsterben, daß schließlich nur noch drei Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft arbeiten und unsere Nahrung von den Multis gentechnisch zusammengebraut wird. Das ist jedoch anders in der »Dritten Welt«, wo GATT, TRIPs und SAPs (Structural Adjustment Programms) die unmittelbaren Lebensgrundlagen der Menschen zerstören. Vandana Shiva hat die Konsequenzen von GATT und TRIPs für die indische Landwirtschaft, vor allem im Zusammenhang mit der Biotechnik, aufgezeigt. Chemie- und Nahrungsmittelmultis wie Cargill, Monsanto, W. R. Grace u.a. sind in großem Stil in die Biotechnologie eingestiegen und versuchen mit Hilfe von TRIPs und dem Patentrecht die Kontrolle über alle Lebensformen, Pflanzen, Tiere und schließlich die Menschen und ihre Gene zu erreichen, besonders im tropischen Süden, wo die Artenvielfalt noch nicht so zerstört ist wie im entwickelten Norden. Das heißt, daß z.B. die Bauern in Indien ihres traditionellen Wissens über die Pflanzenzucht durch die Patentinhaber beraubt und von multinationalen Saatgutfirmen abhängig gemacht werden. Jeder Bauer, der so patentiertes Saatgut benutzt und weiterverwendet, muß dann Lizenzgebühren an die Patentinhaber zahlen. Was also für Tausende von Jahren kollektives kulturelles Eigentum des Volkes war, vor allem von Frauen, nämlich das Wissen um die Regenerierung und Züchtung von Pflanzen, wird nun wie zur Zeit des Frühkolonialismus geraubt, patentiert, privatisiert, kommerzialisiert. Die Multis drängen darauf, daß alle Patentgesetze »harmonisiert«, d.h. dem amerikanischen Patentrecht angeglichen werden.5.14

      Auch im Norden hat die Biotechnologie, die von den Politikern und vor allem von den Chemiemultis (wie Hoechst) als die Zukunftstechnologie progagiert wird - z.B. als Arbeitsplatzbeschaffer -, verheerende Konsequenzen, die allerdings erst von wenigen wahrgenommen werden. In Kombination mit der EU, wo jetzt eine »Novel Food«-Bestimmung verhandelt wird, wird jetzt zentral von der Brüsseler EU-Kommission die Tür geöffnet für alle möglichen biotechnisch oder gentechnisch manipulierten Nahrungsmittel. Da die meisten Menschen in den Industrieländern bereits total vom Kauf der Waren aus dem Supermarkt abhängen, werden sie praktisch zu ZwangskonsumentInnen von Gen-Tech-Food gemacht. Sie verlieren die Freiheit zu wählen, was sie essen wollen.

      Was für den Nahrungsmittel- und Gesundheitssektor gilt, trifft im selben Maß für den Bereich der Reproduktion zu. Die neuen Reproduktionstechnologien - propagiert als Hilfsmittel für einzelne Frauen, ein Kind zu bekommen oder nicht zu bekommen und durch pränatale Diagnostik, Gentherapie an Föten, Sex-Selektion auch ein behindertes Kind zu verhindern.

      Diese Technologien eröffnen nicht nur Tür und Tor für rassistische, eugenische, sexistische Selektion, sondern verhindern auch das Verhalten aller Frauen zu etwas Normalem wie Schwangerschaft und Geburt. Alle diese Lebensprozesse werden medikalisiert und damit industrialisiert5.15. Darüber hinaus werden Frauen weltweit zunehmend nur noch als Produzentinnen von biologischem Rohmaterial instrumentalisiert, z.B. von »fötalem Material« für Forschungszwecke und Organtransplantationen.5.16

      Dem Zugriff der Multis auf die ganze Welt zum Zweck der Kapitalakkumulation steht der Zugriff auf alles Lebendige gegenüber. Beides entspricht dem totalitären Anspruch dieser kapitalistischen Wirtschaftsweise, die alles, was da ist, in Ware verwandeln will.

      Eines der größten Probleme dieser Wirtschaftsweise ist das Dilemma, daß diejenigen, die entsprechend dem Gesetz der fortgesetzten ursprünglichen Akkumulation ausgebeutet, hausfrauisiert, marginalisiert und pauperisiert werden, eben keine potenten KäuferInnen für all diese Waren sind, die global produziert werden. Die Märkte in den reichen Ländern expandieren nicht so sehr, wenigstens nicht mehr für die konventionellen Waren. Der IWF hat für diese ausgelaugten, verschuldeten Gebiete das Disziplinierungsprogramm der Strucutural Adjustment Programmes (SAPs) geschaffen. Diese SAPs sollen die verschuldeten Länder wieder unter das Regime des »freien Marktes« bringen, und zwar durch den Abbau aller Maßnahmen, die noch an Verteilungsgerechtigkeit und Keynesianismus erinnern. Alle staatlichen Subventionen für die Bauern, Frauen, für Gesundheit, Bildung, Soziales, Nahrung für Arme werden gestrichen. Herrschen soll der Sozialdarwinismus, »the survival of the most brutal«. Während der zweiten Periode der Globalisierung konnten die Armen sich noch an der Illusion wärmen, daß ihr Staat sich in Richtung Schwedens, Deutschlands oder anderer Wohlfahrtsstaaten entwickeln würde. Diese Illusion ist nach den SAPs, kombiniert mit GATT, TRIPs und den neuen Wirtschaftsblöcken endgültig vorbei. Eines der Probleme der Umstrukturierung der Weltwirtschaft ist die Tatsache, daß diejenigen, die für niedrige Löhne in den Billiglohnländern produzieren sollen, nicht gleichzeitig die Käuferschaft für diese Produkte sein können. Vor allem Frauen sind von dieser Entwicklung betroffen. Wenn sie überleben wollen, müssen sie neue/alte Wege der Subsistenz finden. Für das Kapital sind sie überflüssig, sowohl als ProduzentInnen wie als KonsumentInnen. Das ist der Grund dafür, daß sie zur Zielscheibe für die Bevölkerungskontrolleure geworden sind. Das ist z.B. in großem Ausmaß in Afrika der Fall; von diesem Kontinent ist kaum noch die Rede.

      Die Kairoer Bevölkerungskonferenz im September 1994 hat die notwendige ideologische Akzeptanz geschaffen, diese Armen, speziell die Frauen, als Hauptschuldige für Armut und Umweltzerstörung hinzustellen. Die »überflüssigen Menschen« sollen zum Verschwinden gebracht und dezimiert werden.

      Die jetzige Globalisierung führt aber nicht nur zur bedenkenlosen Eliminierung derer, die für den Markt uninteressant geworden sind, und trotz der Rhetorik über »eine Welt« oder »one global village« zu einer weiteren Polarisierung zwischen reichen und armen Ländern, sondern auch zu einer größeren Kluft zwischen Reich und Arm innerhalb dieser Länder, sowohl im Norden wie auch im Süden. Der Lebensstil der Eliten im Süden hat sich mehr und mehr dem der Eliten im Norden angeglichen.5.17 Diese stellen zusammengenommen einen riesigen Markt für Konsumgüter dar. In der Tat: Die Ökonomen erwarten von diesen Eliten oder Mittelklassen in Südkorea, Thailand, Indonesien und vor allem in China und Indien die notwendigen Wachstumsimpulse für eine weitere Runde der Kapitalakkumulation. Sie sollen, wie Pam Woods im »Economist« schreibt, »die reiche Welt aus der Rezession der frühen neunziger Jahre ziehen«. Nach einer Schätzung der OECD wird es in Indien, China und Indonesien im Jahre 2010 700 Millionen KonsumentInnen für moderne Konsumgüter geben. Dieser »nachholende Konsum« wird allerdings nicht für die Mehrheit der Bevölkerung dieser Länder gelten. Diese wird weiter verarmen und lediglich im informellen Sektor als »hausfrauisierte« ArbeiterInnen und BäuerInnen dafür sorgen, daß die Waren für den täglichen Bedarf wie Nahrung und Kleidung nicht zu teuer werden.

      Diese Polarisierung zwischen Reich und Arm wird aber auch im Norden zunehmen. Nicht nur, weil die Verlagerung ganzer Industriebereiche in die Billiglohnländer die Arbeitslosigkeit weiter steigern und die Reallöhne senken wird, sondern auch, weil, wie anfangs ausgeführt wurde, die Strategien der Krisenbekämpfung dieselben sind wie die in der »Dritten Welt«, nämlich Deregulierung, Hausfrauisierung, Informalisierung von Arbeitsverhältnissen, die Schaffung von Billiglohnsektoren à la Rexrodt inmitten der reichen Länder, in welchen hauptsächlich Frauen arbeiten, ein gradueller Abbau des Sozialstaates, die Eliminierung der Bauern und die Industrialisierung der Landwirtschaft und des Lebens.

      Die »Drittweltisierung« der »Ersten Welt« zeigt, daß die Globalisierung der Wirtschaft die Krise für das Kapital zeitweilig zu lösen scheint, aber daß sie keineswegs Wohlstand für alle bringt. Denn die fortgesetzte Kapitalakkumulation ist nur möglich, solange es externe und interne Kolonien gibt, Gebiete und Menschen, die als Nichtgleiche behandelt und ausgeraubt werden können. Pam Woodall hat dies unmißverständlich ausgedrückt, daß der komparative Kostenvorteil der armen Länder eben ihre billigen Arbeitskräfte und ihre laxe Umweltgesetzgebung sind und daß die Wirtschaft kein Interesse an Gleichheit hat:

      »Die Vorteile des internationalen Handels bestehen darin, daß man den Ländern (des Südens, M.M.) erlaubt, ihre komparativen Kostenvorteile auszubeuten, nicht aber darin, daß man verlangt, daß sie (den reichen Ländern, M.M.) gleich werden. Und vieles der komparativen Vorteile der Dritten Welt liegt, in der einen oder anderen Weise, in der Tatsache ihrer Armut: vor allem in ihrer billigen Arbeitskraft und ihrer größeren Toleranz gegenüber Umweltverschmutzung.« 5.18

      http://www.nadir.org/nadir/archiv/PolitischeStroemungen/kris…
      Avatar
      schrieb am 07.07.03 16:40:54
      Beitrag Nr. 3.412 ()
      Was bedeutet diese Analyse für die von der Krise Betroffenen?

      Das Ende der Illusion der Vollbeschäftigung im Norden - im Süden gab es sie sowieso nie.

      Den Abbau des Sozialstaates im Norden. Im Süden wurde er nie geschaffen.

      Der »Traum« von der Entwicklung für alle in der »Dritten Welt« ist zu Ende.

      Der »freie Lohnarbeiter«, die » freie Lohnarbeiterin« werden zu einer Randerscheinung, die weltweit in Konkurrenz zu den nichtfreien NichlohnarbeiterInnen stehen (These Claudia von Werlhof).
      Das bedeutet auch das Ende einer an bloßem Selbstinteresse festgemachten internationalen Solidarität des Proletariats. Die ArbeiterInnen des Nordens stehen faktisch in einem antagonistischen Verhältnis zu den ArbeiterInnen des Südens - auch des »Südens« in ihrem eigenen Land.

      Die Hoffnung auf »nachholende Entwicklung« erweist sich für die Mehrzahl der Menschen im Süden als Illusion. Gleichheit für alle ist im Rahmen des kapitalistischen Patriarchats nicht möglich.

      Ökologisch gesehen wäre eine »Gleichheit« der Konsummuster von Nord und Süd außerdem eine Katastrophe. Das Industriemodell ist nicht verallgemeinerbar für alle.

      Die weitere kapitalistische Industrialisierung ist auch nicht wünschenswert für den Norden (siehe die verschiedenen Dimensionen der Krise). Dieses Modell zerstört nicht nur die Grundlagen des Lebens auf diesem Planeten, sondern auch die Grundlage der Demokratie und ihrer Werte: Selbstbestimmung, Freiheit, Gleichheit, Solidarität. Das betrifft auch die sogenannten Gewinner dieses Systems.

      Es geht ums Überleben. Das Kapital kann kein Leben schaffen, es kann nur Leben in Geld und Kapital verwandeln. Es ist heute notwendigerweise totalitär. Die von der Krise am meisten Betroffenen müssen ihr Überleben selbst organisieren, es gibt für sie kein »soziales Netz« (mehr). Dabei sind sie quasi gezwungen, sich wieder auf die eigentlichen Grundlagen des Lebens zu beziehen: auf die unmittelbare Subsistenzproduktion.


      http://www.nadir.org/nadir/archiv/PolitischeStroemungen/kris…
      Avatar
      schrieb am 07.07.03 17:49:02
      Beitrag Nr. 3.413 ()
      Dauer-Stress verdrängt die Teepause
      Lange Arbeitszeiten und wenig Erholung machen immer mehr Engländer krank - die Risiken für die Volkswirtschaft sind unabsehbar

      von Thomas Kielinger

      Nicola Moule, eine Marketing-Beraterin in London, war gerade 26 Jahre alt, da begann es mit ihrer Gesundheit bergab zu gehen. Unerklärlich häufige Erkrankung der Atemwege, allgemeine Schwäche und eine an Depression grenzende Unlust belasteten die junge Frau. Dabei hatte sie als sprichwörtlicher Workaholic Eindruck gemacht. Die Ärzte rätselten lange, bis sie sich einigten auf überhöhte Arbeitsbelastung, schleichenden Burn-out, die Anzeichen eines kommenden Zusammenbruchs.


      Dass die Briten die Arbeitstiere Europas geworden sind, ist für viele in Deutschland ebenso neu wie auf der Insel die Kunde, dass die germanischen Vettern inzwischen an die Spitze der Faulheitsskala gerückt sind.


      Die Deutschen sind keine Fleißrekordler mehr, und die Briten keine Rekordler der die Arbeit unterbrechenden Teepause.


      Essen und Trinken während der Arbeit werden auf der Insel allenfalls noch im Eilschritt zwischen Büro und dem Gourmet-Laden an der Ecke erledigt. Will man am Freitag ein Büro auch noch nach 18 Uhr telefonisch erreichen, darf man sich meist auf einen ergiebigen Austausch freuen, so intensiv, als habe die Woche gerade erst begonnen. Die viel gerühmte Muße der Briten hat sich auf Kurz-Auszeiten beschränkt, überschattet vom schlechten Gewissen, dass man schon wieder so viel Arbeit unerledigt habe liegen lassen.


      Das ist alles andere als zum Lachen und belastet den Großteil der britischen Arbeitnehmer sowie wahre Heerscharen von Psychologen, die Fragen stellen nach den Folgeschäden für die Gesellschaft, für die Ausgewogenheit zwischen Beruf und Familie, und, ja auch das: nach dem volkswirtschaftlichen Nutzen dieser Getriebenheit.


      Denn produktiv ist sie nicht, im Gegenteil: Der britische Arbeitnehmer liegt an Produktivität durchschnittlich um 30 Prozent hinter seinem Konkurrenten auf dem Kontinent zurück. Aber mit der Thatcher-Revolution und der seitdem rapide gestiegenen Mobilität haben sich die Parameter verschoben. In England schafft der Dienstleistungssektor inzwischen mehr als die Hälfte des Bruttoinlandprodukts, das heißt: Billige Jobs zuhauf finden ihre Jobsucher, die nicht mit bestimmten Lohnhöhen zu Geld kommen, sondern nur noch mit unendlich ausgedehnten Arbeitszeiten.


      Vom Standpunkt der Produktivität her wäre es sinnvoller, die Arbeitszeit zu verkürzen und die Entlohnung anzuheben, oder bei guter Auftragslage in Überstunden auszuweichen.


      Aber so funktioniert das britische Arbeitsleben schon lange nicht mehr. Wo die Gewerkschaften so ausgespielt haben wie hier, ist es für Arbeitgeber preiswerter, niedere Löhne durch lange Arbeitszeiten auszugleichen: Man spart Überstunden, die fast kein Arbeitnehmer im Dienstleistungsbereich mehr zu reklamieren wagt, aus Angst, scheel angeschaut zu werden. Man arbeitet einfach durch: ein Drittel der Bevölkerung mehr als 50 Stunden in der Woche, und über die Hälfte zwischen 40 und 49 Stunden.


      Dienstleistungen en masse, damit Arbeitsplätze, damit Konsum und Verschuldung - und noch mehr Workaholismus als Ausweg. Das gibt dem Leben auf der Insel diesen gewissen Schwung, von dem viele Besucher sich blenden lassen, weil sie den Preis nicht kennen, den die Stresskultur fordert - für das allgemeine Wohlbefinden, für die Familien, für Partnerschaften, aber auch für die Wirtschaft selbst. Ein Zehntel der Arbeitnehmer haben psychische Probleme, jährlich gehen 80 Millionen Arbeitstage durch Krankheiten verloren, die durch Stress verursacht sind - ein finanzieller Ausfall von umgerechnet 7,5 Milliarden Euro.

      Einer, dem man dies am allerwenigsten zugetraut hätte, zog im vergangenen Monat die Notbremse: Alan Milburn, Vorzeigeminister in Blairs Kabinett, Chef der größten staatlichen Behörde Europas, des britischen Gesundheitsdienstes. Der 45-Jährige, den viele schon als künftigen Premier handelten, warf ohne Vorankündigung das Handtuch, reichte freiwillig seine Demission ein. Die Begründung, erstaunlich in unserer Karrieren-süchtigen Zeit: Er verpasse das Heranwachsen seiner beiden Söhne und mache sich Sorgen um die Beziehung zu seiner Lebensgefährtin Ruth Briel, der Mutter seiner Kinder. Kurzum: Rechtzeitig vor dem Burn-out widersagte Minister Milburn dem Kick des Workaholismus, dem Sex-Appeal der Macht und tauschte das Leben im Dauerstress Londons gegen die Rückkehr in seine nordenglische Heimat, zur Familie und zu einem weniger stressreichen Job.


      In die Anerkennungshymnen für diesen Mutigen mischte sich die resignierende Erkenntnis der Kommentatoren, dass es mehr als eines Alan Milburn bedürfe, um England wachzurütteln und es für zivilere, die Werte von Familie und Muße schonende Arbeitsbedingungen zurückzugewinnen.


      Artikel erschienen am 6. Jul 2003
      welt.de
      Avatar
      schrieb am 07.07.03 18:04:10
      Beitrag Nr. 3.414 ()
      mal was anderes

      Die Rede des Häuptlings Seattle an den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika:



      --------------------------------------------------------------------------------

      Meine Worte sind wie Sterne, sie gehen nicht unter

      Der große Häuptling in Washington sendet Nachricht, daß er unser Land zu kaufen wünscht.

      Der große Häuptling sendet uns auch `Worte der Freundschaft und des guten Willens`. Das ist freundlich von ihm, denn wir wissen, er bedarf unserer Freundschaft nicht. Aber wir werden sein Angebot bedenken, denn wir wissen - wenn wir nicht verkaufen - kommt vielleicht der weiße Mann mit Gewehren und nimmt sich unser Land. Wie kann man den Himmel kaufen oder verkaufen oder die Wärme der Erde? Diese Vorstellung ist uns fremd.

      Wenn wir die Frische der Luft und das Glitzern des Wassers nicht besitzen wie könnt Ihr sie von uns kaufen? Wir werden unsere Entscheidung treffen.

      Was Häuptling Seattle sagt, darauf kann sich der große Häuptling in Washington verlassen, so sicher wie sich unser weißer Bruder auf die Wiederkehr der Jahreszeiten verlassen kann.

      Meine Worte sind wie die Sterne, sie gehen nicht unter. Jeder Teil dieser Erde ist meinem Volk heilig, jede glitzernde Tannennadel, jeder sandige Strand, jeder Nebel in den dunklen Wäldern, jede Lichtung, jedes summende Insekt ist heilig, in den Gedanken und Erfahrungen meines Volkes. Der Saft, der in den Bäumen steigt, trägt die Erinnerung des roten Mannes.

      Die Toten der Weißen vergessen das Land ihrer Geburt, wenn sie fortgehen, um unter den Sternen zu wandeln.

      Unsere Toten vergessen diese wunderbare Erde nie, denn sie ist des roten Mannes Mutter. Wir sind ein Teil der Erde, und Sie ist ein Teil von uns. Die duftenden Blumen sind unsere Schwestern, die Rehe, das Pferd, der große Adler sind unsere Brüder. Die felsigen Höhen, die saftigen Wiesen, die Körperwärme des Ponys - und des Menschen - sie alle gehören zur gleichen Familie.

      Wenn also der große Häuptling in Washington uns Nachricht sendet, daß er unser Land zu kaufen gedenkt, so verlangt er viel von uns. Der große Häuptling teilt uns mit, daß er uns einen Platz gibt, wo wir angenehm und für uns leben können. Er wird unser Vater und wir werden seine Kinder sein. Aber kann das jemals sein? Gott liebt Euer Volk und hat seine roten Kinder verlassen. Er schickt Maschinen, um dem weißen Mann bei seiner Arbeit zu helfen, und baut große Dörfer für ihn. Er macht Euer Volk stärker. Tag für Tag. Bald werdet Ihr das Land überfluten wie Flüsse, die die Schluchten hinabstürzen nach einem unerwarteten Regen.

      Mein Volk ist wie eine ablaufende Flut - aber ohne Wiederkehr. Nein, wir sind verschiedene Rassen. Unsere Kinder spielen nicht zusammen, und unsere Alten erzählen nicht die gleichen Geschichten. Gott ist Euch gut gesinnt, und wir sind Waisen. Wir werden Euer Angebot, unser Land zu kaufen, bedenken. Das wird nicht leicht sein, denn dieses Land ist uns heilig.

      Wir erfreuen uns an diesen Wäldern. Ich weiß nicht - unsere Art ist anders als die Eure.

      Glänzendes Wasser, das sich in Bächen und Flüssen bewegt, ist nicht nur Wasser - sondern das Blut unserer Vorfahren. Wenn wir Euch das Land verkaufen, müßt Ihr wissen, daß es heilig ist, und Eure Kinder lehren daß es heilig ist und daß jede flüchtige Spiegelung im klaren Wasser der Seen von Ereignissen und Überlieferungen aus dem Leben meines Volkes erzählt. Das Murmeln des Wassers ist die Stimme meiner Vorväter. Die Flüsse sind unsere Brüder - sie stillen unseren Durst. Die Flüsse tragen unsere Kanus und nähren unsere Kinder.

      Wenn wir unser Land verkaufen, so müßt ihr Euch daran erinnern und Eure Kinder lehren: Die Flüsse sind unsere Brüder - und Eure - und Ihr müßt von nun an den Flüssen Eure Güte geben, so wie jedem anderen Bruder auch, Der rote Mann zog sich immer zurück vor dem eindringenden weißen Mann - so wie der Frühnebel in den Bergen vor der Morgensonne weicht. Aber die Asche unserer Väter ist heilig, ihre Gräber sind geweihter Boden, und so sind diese Hügel, diese Bäume, dieser Teil der Erde uns geweiht. Wir wissen, daß der weiße Mann unsere Art nicht versteht. Ein Teil des Landes ist ihm gleich jedem anderen, denn er ist ein Fremder, der kommt in der Nacht und nimmt von der Erde, was immer er braucht. Die Erde ist sein Bruder nicht, sondern Feind, und wenn er sie erobert hat, schreitet er weiter. Er läßt die Gräber seiner Väter zurück - und kümmert sich nicht. Er stiehlt die Erde von seinen Kindern und kümmert sich nicht. Seiner Väter Gräber und seiner Kinder Geburtsrecht sind vergessen. Er behandelt seine Mutter, die Erde, und seinen Bruder, den Himmel, wie Dinge zum Kaufen und Plündern, zum Verkaufen wie Schafe oder glänzende Perlen. Sein Hunger wird die Erde verschlingen und nichts zurücklassen als eine Wüste.

      Ich weiß nicht - unsere Art ist anders als die Eure. Der Anblick Eurer Städte schmerzt die Augen des roten Mannes. Vielleicht, weil der rote Mann ein Wilder ist und nicht versteht.

      Es gibt keine Stille in den Städten der Weißen. Keinen Ort, um das Entfalten der Blätter im Frühling zu hören oder das Summen der Insekten.

      Aber vielleicht nur deshalb, weil ich ein Wilder bin und nicht verstehe. Das Geklappere scheint unsere Ohren nur zu beleidigen. Was gibt es schon im Leben wenn man nicht den einsamen Schrei des Ziegenmelkervogels hören kann, oder das Gestreite der Frösche am Teich bei Nacht? Ich bin ein roter Mann und verstehe das nicht. Der Indianer mag das sanfte Geräusch des Windes, der über eine Teichfläche streicht - und den Geruch des Windes, gereinigt vom Mittagsregen oder schwer vom Duft der Kiefern. Die Luft ist kostbar für den roten Mann - denn alle Dinge teilen denselben Atem - das Tier, der Baum der Mensch - sie alle teilen denselben Atem. Der weiße Mann scheint die Luft. die er atmet, nicht zu bemerken; wie ein Mann, der seit vielen Tagen stirbt, ist er abgestumpft gegen den Gestank. Aber wenn wir Euch unser Land verkaufen, dürft Ihr nicht vergessen, daß die Luft uns kostbar ist, daß die Luft ihren Geist teilt mit all dem Leben, das sie enthält. Der Wind gab unseren Vätern den ersten Atem und empfängt ihren letzten. Und der Wind muß auch unseren Kindern den Lebensgeist geben. Und wenn wir euch unser Land verkaufen, so müßt Ihr es als ein besonderes und geweihtes schätzen, als einen Ort, wo auch der weiße Mann spürt, daß der Wind süß duftet von den Wiesenblumen.

      Das Ansinnen, unser Land zu kaufen, werden wir bedenken und wenn wir uns entschließen anzunehmen, so nur unter einer Bedingung. Der weiße Mann muß die Tiere des Landes behandeln wie seine Brüder.

      Ich hin ein Wilder und verstehe es nicht anders. Ich habe tausend verrottende Büffel gesehen, vorn weißen Mann zurückgelassen, erschossen aus einem vorbeifahrenden Zug. Ich bin ein Wilder und kann nicht verstehen, wie das qualmende Eisenpferd wichtiger sein soll als der Büffel, den wir nur töten, um am Leben zu bleiben. Was ist der Mensch ohne die Tiere? Wären alle Tiere fort, so stürbe der Mensch an großer Einsamkeit des Geistes. Was immer den Tieren geschieht - geschieht bald auch den Menschen. Alle Dinge sind miteinander verbunden.

      Was die Erde befällt, befällt auch die Söhne der Erde.

      Ihr müßt Eure Kinder lehren, daß der Boden unter ihren Füßen die Asche unserer Großväter ist. Damit sie das Land achten, erzählt ihnen, daß die Erde erfüllt ist von den Seelen unserer Vorfahren. Lehrt Eure Kinder, was wir unsere Kinder lehren: Die Erde ist unsere Mutter. Was die Erde befällt, befällt auch die Söhne der Erde. Wenn Menschen auf die Erde spucken, bespeien sie sich selbst. Denn das wissen wir, die Erde gehört nicht den Menschen, der Mensch gehört zur Erde - das wissen wir, Alles ist miteinander verbunden, wie das Blut, das eine Familie vereint. Alles ist verbunden. Was die Erde befällt, befällt auch die Söhne der Erde. Der Mensch schuf nicht das Gewebe des Lebens, er ist darin nur eine Faser. Was immer Ihr dem Gewebe antut das tut Ihr Euch selber an. Nein, Tag und Nacht können nicht zusammenleben. Unsere Toten leben fort in den süßen Flüssen der Erde, kehren wieder mit des Frühlings leisem Schritt, und es ist ihre Seele im Wind, der die Oberfläche der Teiche kräuselt.

      Das Ansinnen des weißen Mannes, unser Land zu kaufen, werden wir bedenken.

      Aber mein Volk fragt, was denn will der weiße Mann? Wie kann man den Himmel oder die Wärme der Erde kaufen - oder die Schnelligkeit der Antilope? Wie können wir Euch diese Dinge verkaufen - und wie könnt Ihr sie kaufen? Könnt Ihr denn mit der Erde tun, was Ihr wollt - nur weil der rote Mann ein Stück Papier unterzeichnet - und es dem weißen Manne gibt? Wenn wir nicht die Frische der Luft und das Glitzern des Wassers besitzen - wie könnt Ihr sie von uns kaufen? Könnt Ihr die Büffel zurückkaufen, wenn der letzte getötet ist?

      Wir werden Euer Angebot bedenken. Wir wissen, wenn wir nicht verkaufen, kommt wahrscheinlich der weiße Mann mit Waffen und nimmt sich unser Land. Aber wir sind Wilde. Der weiße Mann ist vorübergehend im Besitz der Macht, glaubt, er sei schon Gott - dem die Erde gehört. Wie kann ein Mensch seine Mutter besitzen?

      Wir werden Euer Angebot, unser Land zu kaufen, bedenken. Tag und Nacht können nicht zusammenleben - wir werden Euer Angebot bedenken, in das Reservat zu gehen. Wir werden abseits und in Frieden leben. Es ist unwichtig, wo wir den Rest unserer Tage verbringen.

      Unsere Kinder sahen ihre Väter gedemütigt und besiegt. Unsere Krieger wurden beschämt. Nach Niederlagen verbringen sie ihre Tage müssig - vergiften ihren Körper mit süßer Speise und starkem Trunk.

      Es ist unwichtig, wo wir den Rest unserer Tage verbringen. Es sind nicht mehr viele. Noch wenige Stunden, ein paar Winter - und kein Kind der großen Stämme, die einst in diesem Land lebten oder jetzt in kleinen Gruppen durch die Wälder streifen wird mehr übrig sein, um an den Gräbern eines Volkes zu trauern - das einst so stark und voller Hoffnung war wie das Eure.

      Aber warum soll ich trauern über den Untergang meines Volkes, Völker bestehen aus Menschen - nichts anderem. Menschen kommen und gehen wie die Wellen im Meer. Selbst der weiße Mann, dessen Gott mit ihm wandelt und redet, wie Freund zu Freund kann der gemeinsamen Bestimmung nicht entgehen. Vielleicht sind wir doch Brüder. Wir werden sehen.

      Eines wissen wir, was der weiße Mann vielleicht eines Tages erst entdeckt - unser Gott ist derselbe Gott. Ihr denkt vielleicht, daß Ihr ihn besitzt - so wie Ihr unser Land zu besitzen trachtet - aber das könnt Ihr nicht. Er ist der Gott der Menschen - gleichermaßen der Roten und der Weißen. Dieses Land ist ihm wertvoll - und die Erde verletzen heißt ihren Schöpfer verachten.

      Auch die Weißen werden vergehen, eher vielleicht als alle anderen Stämme. Fahret fort, Euer Bett zu verseuchen, und eines Nachts werdet Ihr im eigenen Abfall ersticken. Aber in Eurem Untergang werdet ihr hell strahlen - angefeuert von der Stärke des Gottes, der Euch in dieses Land brachte - und Euch bestimmte, über dieses Land und den roten Mann zu herrschen. Diese Bestimmung ist uns ein Rätsel. Wenn die Büffel alle geschlachtet sind - die wilden Pferde gezähmt - die heimlichen Winkel des Waldes, schwer vom Geruch vieler Menschen - und der Anblick reifer Hügel geschändet von redenden Drähten - wo ist das Dickicht - fort, wo der Adler - fort, und was bedeutet es, Lebewohl zu sagen dem schnellen Pony und der Jagd:

      Das Ende des Lebens und den Beginn des Überlebens. Gott gab Euch Herrschaft über die Tiere, die Wälder und den roten Mann, aus einem besonderen Grund - doch dieser Grund ist uns ein Rätsel. Vielleicht könnten wir es verstehen wenn wir wüßten. wovon der weiße Mann träumt - welche Hoffnungen er seinen Kindern an langen Winterabenden schildert - und welche Visionen er in ihre Vorstellungen brennt, so daß sie sich nach einem Morgen sehnen. Aber wir sind Wilde - die Träume des weißen Mannes sind uns verborgen. Und weil sie uns verborgen sind, werden wir unsere eigenen Wege gehen. Denn vor allem schätzen wir das Recht eines jeden Menschen so zu leben, wie er selber es wünscht - gleich wie verschieden von seinen Brüdern er ist.

      Das ist nicht viel was uns verbindet.

      Wir werden Euer Angebot bedenken. Wenn wir zustimmen, so nur, um das Reservat zu sichern, das ihr versprochen habt. Dort vielleicht können wir unsere kurzen Tage auf unsere Weise verbringen.

      Wenn der letzte rote Mann von dieser Erde gewichen ist und sein Gedächtnis nur noch der Schatten einer Wolke über der Prärie, wird immer noch der Geist meiner Väter in diesen Ufern und diesen Wäldern lebendig sein. Denn sie liebten diese Erde, wie das Neugeborene den Herzschlag seiner Mutter.

      Wenn wir Euch unser Land verkaufen, liebt es, so wie wir es liebten, kümmert Euch, so wie wir uns kümmerten, behaltet die Erinnerung an das Land, so wie es ist, wenn Ihr es nehmt. Und mit all Eurer Stärke, Eurem Geist, Eurem Herzen, erhaltet es für Eure Kinder und liebt es - so wie Gott uns alle liebt. Denn eines wissen wir - unser Gott ist derselbe Gott. Diese Erde ist ihm heilig. Selbst der weiße Mann kann der gemeinsamen Bestimmung nicht entgehen. Vielleicht sind wir doch - Brüder. Wir werden sehen.

      http://f23.parsimony.net/forum52169/messages/29720.htm
      Avatar
      schrieb am 07.07.03 18:05:30
      Beitrag Nr. 3.415 ()
      Avatar
      schrieb am 07.07.03 19:47:45
      Beitrag Nr. 3.416 ()
      Manager-Belohnung im Globalismus:
      Sengera nimmt dem deutschen Steuerkuli 1,7 Milliarden ab
      und wird dafür mit 3,25 Millionen Euro belohnt


      Der Globalismus benötigt sogenannte Manager. Diese Leute sorgen u.a.
      dafür, daß "feindliche Übernahmen" reibungslos ablaufen und daß stets im
      Sinne des Geldtransfers an die Mächtigen im Hintergrund gewirtschaftet
      wird. Der Steuer- und Abgabenkuli spielt im Globalismus nur noch die
      Rolle des wirtschaftlichen Kanonenfutters. Immer wenn ein Manager
      wieder einmal zugeschlagen und ein Unternehmen ganz oder teilweise
      ruiniert hat, wird er für seine Taten reich belohnt.

      Normalerweise müßte Jürgen Sengera, wäre er nicht "Bank-Manager" und
      bis vor kurzem Vorstandschef der staatlichen WestLB in Düsseldorf
      gewesen, Haus und Hof verlieren, für das, was er getan hat. Sengera stellte
      die amerikanische Kredit-Managerin Robin Saunders ein, die die Konten
      der WestLB abräumte und die Milliarden reichen Freunden zukommen ließ.
      Fau Saunders kassierte dabei gewaltig ab. Einmal von ihren Freunden, die
      ihr die dreistelligen Millionenbeträge verdanken, und selbstverständlich von
      ihrem Arbeitgeber WestLB.

      Der Chef von Frau Saunders, Jürgen Sengera, unterstützte die Aktivitäten von Frau Saunders nach
      Kräften. Ob Sengera von Frau Saunders für die genehmigten Millionenverluste ebenfalls belohnt
      wurde, ist bislang nicht bekannt. Allerdings hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
      (BaFin) nach Prüfung der WestLB-Bücher die Sache der Staatsanwaltschaft Düsseldorf übergeben:
      "Die BaFin habe im Zusammenhang mit der jüngsten Prüfung des Finanzierungsgeschäftes
      im Falle des britischen Unternehmens Boxclever Unterlagen an die Staatsanwaltschaft
      weitergeleitet, teilte die WestLB am Mittwoch mit." (Spiegel online, 25.6.2003)

      Sengera und Saunders transferierten dreistellige Millionenbeträge auf Konten von Kreditnehmern,
      die quasi bei Geldvergabe schon Pleite waren. Kein Wunder, daß Saunders von Herrn Green so
      reichlich beschenkt wurde. Unterstellt man dem "Manager" Sengera keine kriminellen Absichten, war
      er ein Vollidiot im Bankengeschäft: "Die Finanzaufsicht stellte dem Vernehmen nach sogar die
      die Eignung von Sengera als Vorstandschef in Frage." (SZ, 24.6.2003, S. 19) Egal ob
      Sengera nur ein Trottel oder gar ein Krimineller war, seine Taten werden in jedem Fall vom
      NRW-Ministerpräsidenten Peer Steinbrück mit mehreren Millionen Euro belohnt: "Für Sengera
      wird der Abschied mit einer Millionen-Abfindung versüßt. Nach Informationen der WELT
      wird der Investmentbanker rund 3,25 Mio. Euro erhalten." (Die Welt, 24.6.2003, S. 9)

      So ist`s recht, denn bezahlen muß der deutsche Steuer- und Abgabenkuli. Mal sehen wie lange der
      noch schnaufen kann!

      http://f23.parsimony.net/forum52169/messages/29712.htm
      Avatar
      schrieb am 07.07.03 20:08:38
      Beitrag Nr. 3.417 ()


      Vereinigte Staaten
      In den Etats amerikanischer Bundesstaaten klaffen Löcher


      07. Juli 2003 Das Autofahren in Alaska wird im kommenden Winter für manch einen der Einwohner des der Fläche nach größten Bundesstaates der Vereinigten Staaten einige Dollar teurer: 2,50 Dollar verlangt die Regierung dann von jedem, der zum besseren Fortkommen auf Eis und Schnee Stollenreifen auf seine Felgen ziehen läßt. Nun werden 10 Dollar (2,50 Dollar je Reifen) kaum jemanden in die Armut treiben. Die Reifenabgabe - die Regierung in Anchorage rechnet mit zusätzlichen Einnahmen von 2,3 Millionen Dollar - ist aber nur eines von vielen Beispielen für den Einfallsreichtum der amerikanischen Staatsregierungen, die verzweifelt versuchen, die Löcher in den öffentlichen Haushalten zu stopfen.

      Der Bundesstaat Missouri beispielsweise hofft auf mehr als 100 Millionen Dollar zusätzlich, nachdem der Eintrittspreis für die beliebten und rege frequentierten Casinoschiffe um 2 Dollar erhöht wurde; Nebraska hat die Steuern auf Bier, Wein und Schnaps heraufgesetzt und erwartet davon Mehreinnahmen von 3,6 Millionen Dollar. New Jersey hat die Gebühr für polizeiliche Führungszeugnisse von 3 auf 18 Dollar angehoben. Und West Virginia hat die Tabaksteuer je Zigarettenpackung von 17 auf 55 Prozent erhöht.

      Ausgaben um 14,5 Milliarden Dollar zurückgefahren

      Der Bundesstaat erhofft sich davon zusätzliche Einnahmen von 59,7 Millionen Dollar. Zu den Steuer- und Abgabenerhöhungen kommen in vielen Fällen Kürzungen staatlicher Leistungen hinzu, angefangen bei der Schließung von öffentlichen Bibliotheken bis zur Verschärfung der Anspruchskriterien für die Krankenversicherung für Bedürftige. Insgesamt, so hat die Vereinigung der Gouverneure der Bundesstaaten dieser Tage mitgeteilt, haben 37 Staaten ihre Ausgaben um zusammen 14,5 Milliarden Dollar jährlich zurückgefahren.

      Die nun schon mehr als zwei Jahre dauernde Wirtschaftsflaute in Amerika macht nicht nur der Regierung in Washington zu schaffen. Sinkende Steuereinnahmen, sei es bei der Einkommen-, der Mehrwert- oder der Spekulationssteuer auf Wertpapiererträge, und steigende Ausgaben, vor allem für die staatliche Krankenversicherung für Arme (Medicaid), reißen große Löcher in die Etats. Der Druck zur Konsolidierung ist deshalb so groß, weil die Regierungen der Bundesstaaten vielfach durch die Verfassung verpflichtet sind, zum Ende des Haushaltsjahres einen ausgeglichenen Etat auszuweisen.

      Ungewöhnliche Umbuchungen

      In einigen Staaten, in denen das Fiskaljahr vor einigen Tagen zu Ende gegangen ist (zum 30. Juni), führte die Finanznot zu ungewöhnlichen Umbuchungen einiger Ausgabenposten: Kansas verschob kurzerhand die Auszahlung von 213 Millionen Dollar für die öffentlichen Schulen um einen Tag und damit ins nächste Haushaltsjahr. Und Illinois verkaufte Anleihen am Kapitalmarkt, um die Verpflichtungen gegenüber dem staatlichen Pensionsfonds erfüllen zu können.

      Besonders von der Finanzkrise betroffen ist der bevölkerungsreichste Bundesstaat, Kalifornien. Im Budget von Gouverneur Gray Davis klafft eine Lücke von rund 38 Milliarden Dollar. Davis, der bei seiner Wahl 1998 noch einen Etatüberschuß von 12 Milliarden Dollar übernommen hatte, möchte nun die Mehrwertsteuer erhöhen und den Höchstsatz der bundesstaatlichen Einkommensteuer von 9,3 auf 11 Prozent heraufsetzen. Auf diese Weise sucht Davis schmerzhafte Kürzungen - die Ausgaben stiegen in den zurückliegenden vier Jahren um 38 Prozent - zu vermeiden.

      Eine schnelle Lösung und ein neuer Etat für 2004 sind nicht in Sicht; die Abgeordneten im kalifornischen Parlament sind zerstritten über die geeigneten Maßnahmen zur Konsolidierung. Die Verfassung schreibt zur Verabschiedung des Budgets eine Zweidrittelmehrheit vor. Die führenden Ratingagenturen Standard & Poor`s und Moody`s haben Kalifornien schon unter die Lupe genommen. Womöglich droht eine Herabstufung der Bonität.

      Text: ctg. / Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.07.2003, Nr. 155 / Seite 11
      Bildmaterial: F.A.Z.
      faznet.de
      Avatar
      schrieb am 07.07.03 20:17:40
      Beitrag Nr. 3.418 ()
      Bei Industrieproduktion droht Stagnation

      Der tag heute
      Die Produktion im deutschen Produzierenden Gewerbe dürfte nach Einschätzung von Analysten im Mai höchstens stagniert haben. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit wird die Daten voraussichtlich heute Mittag veröffentlichen. Der heftige Rückgang der Auftragseingänge lasse für die Produktionsdaten nichts Gutes erahnen, auch wenn nach Ansicht vieler Experten nach zwei Rückgängen eigentlich wieder ein Anstieg fällig wäre. "Bei starken Ausschlägen ist die Korrelation der beiden Werte relativ deutlich, weil die Gefahr besteht, dass statistische Sondereffekte eine größere Rolle gespielt haben", sagte Volker Nitsch von der Bankgesellschaft Berlin. So dürfte neben der schwachen Nachfrage aus dem In- und Ausland der zusätzliche Brückentag nach dem Mai-Feiertag einen Anstieg der Produktion verhindert haben. Volkswirte hatten vor Veröffentlichung der Auftragseingänge noch einen minimalen Anstieg der Industrieproduktion um ,2 Prozent zum Vormonat und ein Plus von 1,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr prognostiziert. Im April war die Produktion um 1,2 Prozent zum Vormonat geschrumpft. Viele Experten haben ihre Vorhersagen jedoch in Reaktion auf die Auftragsstatistik bereits gesenkt. "Nach den enttäuschenden Auftragseingängen erwarten wir jetzt ein Minus von 1, Prozent, nachdem wir letzte Woche noch von Minus ,6 Prozent ausgegangen waren", sagte Stefan Bielmeier von der Deutschen Bank. Ein Einbruch der Auslandsbestellungen hatte die Auftragseingänge in der deutschen Industrie im Mai überraschend deutlich um 2,2 Prozent schrumpfen lassen. Das Ministerium hatte den Rückgang vor allem mit dem starken Euro, der schwachen Weltkonjunktur und einem Kalendereffekt erklärt. Auch in den Einkaufsmanagerumfragen hatten die Firmen wiederholt über den starken Euro und die schwache Nachfrage geklagt. Auch Nitsch, der mit seiner Produktionsprognose von plus ,5 Prozent eher zu den Optimisten gezählt hatte, macht sich jetzt auf einen Rückgang gefasst. Seiner Ansicht nach dürfte sich der Kalendereffekt bei der Produktion noch deutlicher bemerkbar machen als bei den Orders: "Bei den Aufträgen kam mir die Begründung wenig plausibel vor - man kann ja eine Bestellung einfach einen Tag später aufgeben. Bei der Produktion sieht das natürlich anders aus." Weil dies jedoch lediglich ein statistischer Effekt sei, könne es im Juni dann ein deutliches Plus geben. Auch Bielmeier geht von einer recht hohen Korrelation zwischen Aufträgen und Produktion aus: "Der Auftragsbestand ist derzeit sehr niedrig, da können sich Veränderungen bei den Aufträgen direkt in der Produktion bemerkbar machen." rtr




      Artikel erschienen am 8. Jul 2003
      welt.de
      Avatar
      schrieb am 07.07.03 20:22:48
      Beitrag Nr. 3.419 ()
      Wachstum ohne Arbeit

      Die US-Arbeitslosigkeit steigt und entwickelt sich zum wichtigsten Wahlkampfthema

      von Martin Halusa

      New York - Am vergangenen Freitag feierten die Amerikaner ihren Unabhängigkeitstag wie immer mit reichlich Feuerwerk. Doch der "4th of July" war in diesem Jahr besonders: Es fiel auch der Startschuss für den Kampf ums Weiße Haus. Im November 2004 wählen die USA einen neuen oder wieder den alten Präsidenten. Schon jetzt zeigt sich, welches Thema im Zentrum der Fernsehduelle stehen wird: der Arbeitsmarkt.


      Die Arbeitslosigkeit ist soeben auf den höchsten Stand seit neun Jahren gestiegen und hat selbst die schon düsteren Prognosen der Ökonomen übertroffen: 6,4 Prozent. Finanzminister John Snow erwartet, dass die Quote nach dem Sommer sinkt.


      Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Konjunktur im zweiten Halbjahr wie erhofft auch anzieht. Die Chancen stehen nicht schlecht: Die US-Notenbank Federal Reserve hat die Leitzinsen auf den niedrigsten Stand seit 1958 gesenkt. Sie liegen derzeit bei einem Prozent. Der US-Kongress verabschiedete zudem ein 350 Mrd. Dollar (307 Mrd. Euro) schweres Steuerpaket.


      Trotz dieses positiven Umfelds erzeugt die Wirtschaft jedoch keine neuen Jobs. Ökonomen schätzen, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der USA um drei Prozent wachsen muss, damit die Wirtschaft zusätzliche Arbeitsplätze schafft. Derzeit wächst das BIP mit geschätzten 2,5 Prozent.


      Im Mai strichen die Unternehmen 70 000 Arbeitsplätze, im Juni weitere 30 000. In vielen Unternehmen steht jetzt die zweite oder dritte Kündigungswelle an. Allein in der einst hoch gelobten High-Tech-Branche fielen im Juni wieder 10 000 Stellen weg. Nach wie vor streichen die Unternehmen, wo sie können, um ihre Produktivität zu erhöhen und Kosten zu senken.


      Für George W. Bush wird die steigende Arbeitslosigkeit zu einem immer größeren Problem. Gelingt es dem Präsidenten nicht, den Trend umzukehren, ist seine Wiederwahl nach Ansicht politischer Beobachter ernsthaft gefährdet. Derzeit liegen die Zustimmungsraten zur Politik des Präsidenten zwar noch bei 60 Prozent, doch in Wirtschaftsfragen wird dem Chef des Weißen Hauses immer weniger Kompetenz zugeschrieben.


      Bush zeigt derweil, dass ihm die Konjunktur wichtig ist. Anders als sein Vater, der der Wirtschaftspolitik zu wenig Bedeutung beigemessen und deshalb seine Wiederwahl verloren hatte, lässt Bush Junior in kaum einer Rede die Themen Konjunktur und Arbeitsmarkt aus.


      Die demokratischen Herausforderer machen für die Misere vor allem Bush verantwortlich. Seit er ins Weiße Haus eingezogen ist, seien 2,4 Mio. Arbeitsplätze in den USA verloren gegangen. Damit sei Bush der erste Präsident seit Herbert Hoover - der in den Depressionsjahren 1929 bis 1933 regierte -, der mehr Jobs vernichtet als geschaffen habe.


      Bushs Berater und führende Wirtschaftsforscher sind sich aber einig, dass Bush nicht die Schuld an der schlechten Konjunktur gegeben werden kann. Vielmehr seien die High-Tech-Blase, der Börsenboom und Bilanzskandale mitverantwortlich für die Probleme. Hinzu gekommen seien während der Amtszeit Bushs die Terroranschläge des 11. September und die damit in Zusammenhang stehenden Kriege in Afghanistan und dem Irak.


      Die Konflikte trugen dazu bei, dass das Vertrauen der Investoren und die Kauflaune der Konsumenten weiter abgenommen hat. Letztere ist für die US-Wirtschaft besonders wichtig. Das Weiße Haus erklärt derzeit immer wieder, dass die Situation ohne Steuersenkung und niedrigere Zinsen noch weitaus bedrohlicher wäre

      Dennoch nutzen die Demokraten die Gunst der Stunde. Fast alle Herausforderer haben in den vergangenen Tagen der Regierung Unfähigkeit vorgeworfen. "Es ist eine Schande, dass so viele Amerikaner keinen Job finden können und der Präsident keine Ahnung davon hat, wie das zu ändern ist", polterte Senator John Edwards aus North Carolina. Es sei klar, dass die Steuergeschenke für die Reichen im Rest des Landes versagen.


      Bob Graham, ein Senator aus Florida, der sich Hoffnungen macht, von den Demokraten nominiert zu werden, kritisierte: "Die Arbeitslosenquote ist ein erneuter Beweis dafür, dass Bushonomics in Amerika versagen." Joseph Lieberman, Senator aus Connecticut, der Vize-Präsident unter Al Gore geworden wäre, forderte eine Rückkehr der Wirtschaftspolitik Bill Clintons: eine verantwortungsvolle Steuerpolitik, Investitionen in die Erziehung und Steuersenkungen für Unternehmen. Die Vorschläge anderer demokratischer Herausforderer reichen von Steuersenkungen für die Mittelklasse bis hin zum Versprechen, alle Jobs, die während der ersten 500 Tage der Regierung Bush weggefallen sind, wieder herzustellen.


      George W. Bush setzt auf den Faktor Zeit: Fast alle Volkswirte glauben an einen Aufschwung im zweiten Halbjahr, der sich dann auf das kommenden Jahr erstreckt. Gleichzeitig soll auch die Zahl der Jobs wieder steigen. Am "4th of July" wandte sich Bush jedoch noch einmal einem anderen Thema zu: Er verbrachte den Tag auf einem Air-Force-Stützpunkt in Ohio und verteidigte den Angriff auf den Irak.


      Artikel erschienen am 8. Jul 2003
      welt.de
      Avatar
      schrieb am 07.07.03 20:25:02
      Beitrag Nr. 3.420 ()
      Gewagter Balanceakt
      Ein nachhaltiger Aufschwung in den Vereinigten Staaten ist unwahrscheinlich. Stattdessen droht der Rückfall in die Rezession - Analyse

      von Anja Struve

      Die jüngsten Daten aus den Vereinigten Staaten lassen wenig Gutes erhoffen. Trotz der Steuersenkungen und einem historisch niedrigen Zinsniveau gibt es immer noch keine überzeugenden Anzeichen dafür, dass die US-Wirtschaft wieder zu alten Wachstumsraten zurückkehren könnte. Im Gegenteil: Die Zahl der Arbeitslosen stieg im Juni auf den höchsten Stand seit neun Jahren. Mit jeder Stelle, die zusätzlich wegfällt, wird es wahrscheinlicher, dass der private Konsum als wichtigste Stütze der weltgrößten Volkswirtschaft einknickt.


      Noch unbehaglicher als der Blick auf die Wirtschaftsdaten stimmt die Situation an den Finanzmärkten. Nach dem Aktienmarktcrash vor drei Jahren sorgen sich die Investoren nun vor allem um den Anleihenmarkt. Einen Vorgeschmack lieferten die Bondsmärkte nach der jüngsten Zinssenkung der Notenbank Federal Reserve. Aus Enttäuschung darüber, dass die Fed die Deflationsängste diesmal nicht mehr so stark betonte wie zuvor, trennten sich die Investoren in Scharen von ihren Staatspapieren und lösten damit einen Mini-Crash am Rentenmarkt aus.


      Das Beispiel zeigt, welche schwierige Gratwanderung die Fed jetzt vor sich hat. Nachdem sie Ende der 90er Jahre den von ihr selbst kritisierten "irrationalen Überschwang" der New-Economy-Wirtschaft erst sehr spät mit Zinserhöhungen zu bremsen versuchte, senkte sie seit 2001 die Zinsen sehr schnell, als eine Wirtschaftskrise drohte. Diese Rechnung ging zunächst auf - die befürchtete Rezession im Jahr 2001 fiel erstaunlich mild aus. Beflügelt von der Bereitschaft der Notenbank, die Zinsen immer weiter zu senken, finanzierten die US-Verbraucher den Kauf von Immobilien auf Pump und konsumierten, statt zu sparen.


      Doch genau hierin liegt die Gefahr. Mittlerweile steigt die Verschuldung der privaten Haushalte pro Jahr um zehn Prozent an und wächst damit laut Goldman Sachs doppelt so schnell wie das verfügbare Einkommen. In Zeiten fallender Zinsen ist das kein Problem, da die Kosten für den Schuldendienst geringer werden. Doch inzwischen hat die Federal Reserve den Spielraum für weitere Zinssenkungen fast komplett ausgeschöpft. Viel tiefer als ,75 Prozent kann der Leitzinssatz nicht fallen. Von den privaten Haushalten sind also keine großen Wachstumsimpulse mehr zu erwarten.


      Im Gegenteil: Sollten sich die Deflationsängste des Fed-Chefs Alan Greenspan nicht bewahrheiten, wird es am Rentenmarkt zu einem Kursverfall mit schnell steigen Zinsen bei lang laufenden Papieren kommen. Damit aber wird jeder Aufschwung im Keim erstickt.


      Denn eine Krise am Rentenmarkt könnte viele Amerikaner noch härter treffen als der Aktiencrash. Denn mit höheren Zinsen verringert sich das real verfügbare Einkommen, sobald alte Verbindlichkeiten abgelöst werden müssen.


      Zudem droht ein Preisrutsch am ohnehin überhitzten Immobilienmarkt. Hauseigentümer, die in einer solchen Phase die Schulden nicht mehr bedienen können, müssen privaten Konkurs anmelden.


      Damit werden die Aussichten für das amerikanische Wachstum düster: Kommt es zu einer Deflation, steckt die Wirtschaft zwangsläufig in einer Krise. Erweisen sich Greenspans Befürchtungen jedoch als unbegründet, droht durch den Absturz am Rentenmarkt der Konjunkturaufschwung im Keim erstickt zu werden.

      Diese wacklige Situation an den Finanzmärkten lässt also Greenspan keine andere Wahl, als zwischen Deflationsangst und Konjunkturhoffnung zu balancieren, damit der Crash am Rentenmarkt verhindert wird. Die Notenbank setzt gemeinsam mit der Regierung darauf, den amerikanischen Verbraucher solange bei Laune zu halten, bis die Unternehmen nach dem Investitionsboom Ende der 90er Jahre nun wieder als Konjunkturstütze in die Bresche springen. Das aber ist ein gewagter Balanceakt, der sich kaum steuern lässt.


      Artikel erschienen am 8. Jul 2003
      welt.de
      Avatar
      schrieb am 07.07.03 20:28:16
      Beitrag Nr. 3.421 ()
      --

      Ärger um Arbeitsvermittler

      Firmen werfen subventionierten Personalagenturen Dumping vor


      Berlin - Die neuen Personalserviceagenturen (PSA) der Arbeitsämter stoßen auf scharfe Kritik in der Zeitarbeitsbranche. Der Verhandlungsführer des Bundesverbandes Zeitarbeit, Jürgen Uhlemann, fordert im Gespräch mit der WELT "eine Abschaffung der derzeitigen Subventionspraktiken und eine komplette Überarbeitung des jetzigen PSA-Modells". Die gewerblichen Zeitarbeitsfirmen werfen den PSA, die mit Zuschüssen der Bundesanstalt für Arbeit (BA) gefördert werden, Dumpingpreise und Wettbewerbsverzerrungen vor. "Ein Teil der PSA-Betreiber bietet Zeitarbeitnehmer zu billigsten Honoraren im Markt an", kritisiert Uhlemann. "Das ist nicht nur wettbewerbs- und imageschädigend, sondern bringt auch dauerhaft niemand in Beschäftigung."


      In der Branche sind Angebote von 3,56 Euro pro Stunde für eine Bürokraft und 7,99 Euro für einen Lagerhelfer bekannt. Üblich sind 17 bis 18 Euro für eine Bürokraft und 12 bis 14 Euro für einen Hilfsarbeiter. "Teilweise liegen die Preise für den Entleiher unter der Entlohnung der Hilfskraft", kritisiert Hans-Peter Brömser, Direktor beim Marktführer Randstad.


      Die Bundesanstalt für Arbeit hat im Frühjahr in einer ersten Welle bundesweit 850 PSA mit 38 500 Plätzen ausgeschrieben, in einer zweiten Welle sollen im Sommer weitere 10 000 Arbeitslose, vor allem Jugendliche, in PSA untergebracht werden. Nach Branchenangaben sind Zuschläge für rund 400 Agenturen erteilt. Die genauen Zahlen gibt die Bundesanstalt heute in Nürnberg bekannt. Als Zielmarke peilt sie 50 000 PSA-Beschäftigte an.


      Zum Zuge kamen neben Zeitarbeitsfirmen auch Personalvermittler und Bildungsträger, die angesichts des rigiden Sparkurses der BA bei der Weiterbildung nach neuen Aufgaben suchen. Von einer gesunden Mischung spricht Ulrich Gawellek, der zuständige Referatsleiter der BA in Nürnberg. Die Vorwürfe aus der Zeitarbeitsbranche weist er zurück. Für ein flächendeckendes Preisdumping gebe es keinen Beleg, es seien allenfalls Einzelfälle bekannt. "Dass sich neue Anbieter mit günstigen Preisen einen Zugang auf dem schwierigen Markt für Zeitarbeit verschaffen müssen, liegt auf der Hand", gibt der BA-Mann aber zu.


      Arbeitgeberverband und Arbeitsmarktforscher hatten schon lange vor den neuen Arbeitsmarktsubventionen gewarnt. "Es droht ein staatlich subventionierter Wettbewerb zu Lasten der Privaten", hatte die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände bereits bei der Vorstellung des PSA-Modells durch die Hartz-Kommission kritisiert. "Den Arbeitslosen hilft so etwas nicht." svb




      Artikel erschienen am 8. Jul 2003


      welt.de
      Avatar
      schrieb am 07.07.03 20:30:06
      Beitrag Nr. 3.422 ()
      Schädliche Konkurrenz
      Der Kommentar
      von Stefan von Borstel

      Für Peter Hartz waren sie das Herz-Stück seiner Arbeitsmarktreform: Die Personalserviceagenturen, kurz PSA. Eine halbe Million Arbeitslose wollte der Wolfsburger Visionär als Zeitarbeiter in Unternehmen schicken - in der Hoffnung, dass sie so früher oder später einen festen Job angeboten bekommen.


      Hartz` Vision wird in diesen Tagen Realität. Die ersten PSA nehmen ihre Arbeit auf. Doch so hat sich Hartz das wohl nicht vorgestellt. Die mit Millionenbeträgen der Bundesanstalt für Arbeit subventionierten PSA schleusen ihre Mitarbeiter zu konkurrenzlos billigen Preisen auf den Markt - zum Schaden der privaten Zeitarbeitsfirmen, die ohne staatliche Gelder auskommen müssen.


      Auch den Arbeitslosen ist nicht geholfen. Schlimmstenfalls droht sogar ein Drehtüreffekt: Unternehmen entlassen Mitarbeiter, um subventionierte PSA-Jobber einzustellen. Die PSA suchen sich unter den Millionen Arbeitslosen diejenigen aus, die sie am einfachsten vermitteln können. Das können aber private Zeitarbeitsfirmen genauso, auch ohne staatliche Subventionen.


      Die Bundesanstalt für Arbeit sollte ihr PSA-Modell nachbessern. Eine sinnvolle Arbeitsteilung wäre besser als subventionierter Verdrängungswettbewerb. Die PSA könnten sich auf die Problemfälle des Arbeitsmarkts konzentrieren und die Vermittlung den Profis überlassen.


      Artikel erschienen am 8. Jul 2003
      welt.de
      Avatar
      schrieb am 07.07.03 20:48:06
      Beitrag Nr. 3.423 ()
      Verbände warnen vor Armut durch Reformen

      Sozialhilfe-Bedarf wird neu bemessen / Wohlfahrtsorganisation sieht Rückstand / DGB befürchtet Not im Alter



      Rentenkürzungen führen für Alte zu Sozialhilfe oder Grundsicherung
      (ap-Archiv)



      rb FRANKFURT A. M. Angesicht der bevorstehenden sozialpolitischen Reformen und Einschnitte warnen Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbände vor zunehmender Armut und gesellschaftlicher Ausgrenzung von Teilen der Bevölkerung. Insbesondere künftige Rentner und Arbeitslose seien davon bedroht, sagten übereinstimmend die DGB-Vize Ursula Engelen-Kefer und Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands, im Gespräch mit der FR.

      Nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit wird gegenwärtig die Armutsgrenze in der Bundesrepublik neu gezogen. Morgen will die Koalitions-Arbeitsgruppe zur Reform der Sozialhilfe über ein neues Bedarfsbemessungssystem entscheiden. Die Vorlage der Bundesregierung ergibt einen Regelsatz in der künftigen Sozialhilfe von 292 Euro für Alleinstehende oder Haushaltsvorstände, drei Euro weniger als der momentane Durchschnittssatz in den einzelnen Bundesländern. Hinzu kommt eine Pauschale von 54 Euro für die bislang von Fall zu Fall gewährten einmaligen Leistungen wie zum Beispiel Bekleidung. Kinder bis 13 Jahre sollen nur noch mit 45 Prozent dieses Regelsatzes berücksichtigt werden, derzeit sind es 50 bis 65 Prozent.

      Berechnet wird der neue Bedarf von den Sachverständigen der Regierung anhand des Verbrauchsverhaltens des unteren Einkommensviertels der Bevölkerung. Davon werden aber nur bestimmte Prozentsätze berücksichtigt. So wird bei der Ausgabengruppe "medizinische Erzeugnisse" nur die Hälfte der tatsächlichen Aufwendungen der Vergleichsgruppe anerkannt - ganze drei Euro sieht dieser verkappte Warenkorb im Monat für beispielsweise Heftpflaster, Aspirin oder Kondome vor.

      Nach einem Gutachten des Wohlfahrtsverbandes für die Arbeitsgruppe ist der geltende Regelsatz "objektiv um 5,6 Prozent oder 16 Euro zu gering bemessen, um tatsächlich den Mindestbedarf zu decken und vor Armut zu schützen". Grund: Seit 1988 sei die Anpassung der Hilfe an die Preisentwicklung mehrfach gedeckelt worden. Dadurch habe die reale Kaufkraft des Regelsatzes abgenommen. Der Verband kritisiert zudem die erwähnte Kürzung einzelner Ausgabepositionen bei der Bedarfsberechnung und den laut Schneider "zu niedrigen Satz für Kinder".

      Im Zusammenhang mit der geplanten Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe fordert DGB-Vize Engelen-Kefer "höhere Freibeträge bei der Vermögensanrechnung", sonst werde "die Altersvorsorge aufgezehrt". Weiterin sei es notwendig, dass die neue Leistung für Arbeitslose auch Rentenversicherungsbeiträge mit einschließt, "sonst ist ihre Armut im Alter programmiert". Engelen-Kefer warnte zugleich davor, schwer vermittelbare Erwerbslose in der Arbeitsmarktpolitik auszusortieren. Im Verwaltungsrat der Nürnberger Bundesanstalt seien die Pläne für eine Organisationsreform der Behörde beanstandet worden, weil die Vermittlung in Jobs und die soziale Integration von Problemgruppen zu strikt getrennt sei.

      Engelen-Kefer und Schneider pochen darauf, dass das Engagement der Kommunen für Betreuung und Beschäftigung von Hilfeempfängern durch die Reform nicht verloren gehen dürfe. Im Vorfeld der geplanten Job Center in Nürnberger Regie zögen sich die Kommunen bereits überall aus solchen Projekten zurück, hat Schneider beobachtet, während die Arbeitsämter sich nur auf die Leichtvermittelbaren konzentrierten.

      Dossier: Wie viel Staat braucht der Mensch?



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      Dokument erstellt am 06.07.2003 um 18:40:01 Uhr
      Erscheinungsdatum 07.07.2003
      Avatar
      schrieb am 07.07.03 20:51:22
      Beitrag Nr. 3.424 ()
      KOMMENTAR
      Vater Staat und König Kunde

      Von Stephan Hebel



      Eigentlich eine beneidenswerte Spezies: Er wird von allen umworben, sein Vertrauen ist gefragt wie kaum etwas sonst. Wenn er sich verweigert, hört er keine Vorwürfe, sondern alle zerbrechen sich den Kopf, wie sie ihn gewinnen können. Zeigt er Anzeichen von Verunsicherung, macht jeder sich Sorgen. Ja, er hat`s gut: der Konsument. Wenn er, wie jetzt, allzu oft vor der Ladentür kehrt macht, bekommt er sogar eine Steuerreform.

      Konsumenten sind wir bekanntlich alle, und wenn man hört, wie Unternehmer, Politiker und sogar Globalisierungskritiker über uns reden, könnte einem glatt ein Spruch aus der linken Ecke einfallen: Gemeinsam sind wir stark. Gerade haben wir die Bahn und ihr neues Preissystem durch blanke Verweigerung zur Strecke gebracht. Zwei Supermächte gebe es auf der Erde, "die USA und den Konsumenten", sagt Attac-Sprecher Sven Giegold. Solches Denken ist Lichtjahre entfernt von der Skepsis der Nach-68er, die Menschen würden, manipuliert durch Werbung, zu willigen Verbrauchern degradiert, bis sie zum Wohle des Kapitals verblöden.

      Stimmt es also, dass der Bürger - einst gedacht als denkendes Mitglied einer Gesellschaft, die er durch eigenes Zutun formt - seine Zukunfts-Wahl vor allem an der Ladentheke trifft? Dass die Wirtschaft schon läuft, wenn er durch niedrigere Steuern und Sozialabgaben mehr Geld in der Tasche hat und viele schöne Sachen erwirbt? Ist es gar wahr, dass er, wie Attac und Umweltverbände hoffen, durch ökologisch und sozial korrektes Kaufen mitbestimmt, was künftig wie produziert wird?

      An all dem ist etwas dran. Ganz unabhängig vom berühmten "Verbraucherverhalten" wird kein Unternehmer seine Geschäfte und kein Kanzler die Wirtschaft ins Laufen bringen. Mehr Geld in der Tasche ist immer ein Wachstumsfaktor, das wissen die viel geschmähten "Nachfragepolitiker" schon länger als Gerhard Schröder. Aber so einfach, wie manch einer uns weismachen will, funktionieren die Automatismen dann doch nicht.

      Die Leute übersehen nicht, wenn Steuernachlässe mit Sozialkürzungen und Schulden finanziert werden. Sie kennen ihre Lebensrisiken gut genug, um einiges von dem Geld, das sie zusätzlich in die Tasche bekommen, lieber in Altersvorsorge als in Konsumgütern anzulegen. Gerade jene, die notgedrungen jeden einkommenden Euro ausgeben - Rentner, Arbeitslose -, werden in der vagen Hoffnung auf Wachstum für alle so kurz gehalten, dass es dem Konsum mehr schadet als nutzt. Dass, beispielsweise, die klassische BahnCard nach Wiedereinführung um mehr als 40 Prozent teurer geworden ist, werden die Leute auf Dauer nicht übersehen, nur weil die Schienenmanager zwischendurch noch größeren Unsinn verkauft haben. Und Änderungen des Konsumverhaltens, wie Globalisierungskritiker sie zu Recht erträumen, haben meist nur dann stattgefunden, wenn das Angebot schlicht zu teuer war oder wenn negative Folgen bestimmter Produktionsweisen, von BSE über Ozonloch bis Kinderarbeit, ins allgemeine Bewusstsein vorgedrungen waren.

      Wer ein ökonomisch und sozial stabiles Gemeinwesen will, wird also mehr tun müssen, als den ohnehin Kaufkräftigen etwas zu geben, das er auch noch den Ärmeren zum Teil aus der Tasche zieht, und dann zu warten, bis Schluss ist mit "Geiz ist geil". Er sollte nicht nur darauf achten, dass bei aller notwendigen Modernisierung der Sozialsysteme die Gerechtigkeit nicht aus dem Blick gerät. Er wird auch Sorge tragen müssen, dass die Menschen nicht nur in ihrer Eigenschaft als Konsumenten Grund zum Optimismus haben.

      Ein paar Euro mehr in der Tasche reichen nicht aus, um für Kauf- und überhaupt gute Laune zu sorgen. Mindestens genau so wichtig ist ein Mindestmaß an Sicherheit und Verlässlichkeit. Dass sich eine (Arbeits-)Biografie nicht mehr so leicht vorausberechnen lässt wie in den Jahrzehnten nach dem Krieg, hat diese Gesellschaft gelernt. Die Bereitschaft, mit einem gewissen Risiko zum Eigen-Unternehmer zu werden, ist gerade in der jüngeren Generation größer als manche Politiker glauben. Allzu oft haben die Bürger die Erfahrung gemacht, dass der Rahmen nicht stimmt: Reformen riechen schon am Tag ihrer Einführung nach Verfallsdatum, und Prognosen über die Kosten von Alters- oder Gesundheitsvorsorge sind - siehe Riester-Rente - im Rekordtempo überholt. Als "Konsument" von Politik hat der geschätzte Verbraucher das Vertrauen in die Vertragstreue der Regierenden verloren, und das mit guten Gründen.

      Aus diesem Dilemma wird sich die Politik nur befreien können, wenn sie in den Bürgern mehr sieht als allzu enthaltsame Käufer oder teure Kostgänger des Staates. Sie wird einen neuen Gesellschaftsvertrag anbieten müssen, der den durchaus vorhandenen Willen, selbst anzupacken bei der Gestaltung sozialer Verhältnisse, ernster nimmt als bisher. Sie wird den Leuten klarer sagen müssen, wo der Staat noch steuern will und kann - und wo nicht. Wenn es stimmt, dass der klassische Sozialstaat nicht mehr funktioniert, muss endlich die Suche nach tragfähigen Alternativen beginnen. Die Serie hektischer Rückzugsgefechte des Staates schadet nicht nur dem Konsum. Sie untergräbt das Vertrauen in ein politisches System.

      Dossier: Wie viel Staat braucht der Mensch?



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      Dokument erstellt am 06.07.2003 um 17:45:42 Uhr
      Erscheinungsdatum 07.07.2003
      Avatar
      schrieb am 07.07.03 20:56:31
      Beitrag Nr. 3.425 ()
      Was der Nachwuchs alles (nicht) braucht

      Eine Branche kämpft um immer weniger Kunden / Besuch auf der Kölner Messe "Kind und Jugend"


      Von Christian Sywottek



      Es muss wirklich ein hartes Geschäft sein, wenn sich erwachsene Männer weiße T-Shirts anziehen, auf denen in Blaudruck "Diaper Champ" steht. Die drei "Windelchampions" lachen und kreisen um ihr Produkt, den Diaper Champ, eine weiße Plastiktonne, die bis zu 40 volle Windeln vollkommen geruchlos aufnehmen kann dank einhändig zu bedienender Zweikammer-Einfüllschleuse.

      Währenddessen preist die blonde Messehostess am Konkurrenzstand von "Safety first" ihre Windelbox an und drückt den Besuchern einen blauen, siebenfach versiegelten Plastikbeutel in die Hand. Im Beutel schwitzt eine Scheibe Salami vor sich hin. "Halten Sie die Tüte vor Ihre Nase", sagt die BWL-Studentin, "da riechen Sie nichts." Gestern hätte sie das mit einem kräftigen Camembert ausprobiert. Auch der habe sich nicht Luft machen können.

      Die Aussteller mussten sich schon etwas einfallen lassen auf der Messe "Kind und Jugend" in Köln, der weltgrößten Schau der Kinderausstatter-Branche mit 500 Anbietern aus 35 Ländern. Die deutschen Händler von Kinderkleidung melden für das erste Halbjahr 2003 einen Umsatzrückgang um neun Prozent gegenüber dem Vorjahr, an dessen Ende ein Umsatz von 2,7 Milliarden Euro stand. Auch bei der Hartware von Schnullern über Windelboxen bis Kinderwagen klagen 80 Prozent aller Händler über Absatzrückgänge.

      Die Branche leidet im Allgemeinen unter der Konsumflaute und im Speziellen an der nachlässigen Zeugungsneigung der Bürger. Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland 725 000 Kinder geboren, das sind 200 000 weniger als noch vor zehn Jahren. Für die Erstausstattung ihres Babys geben deutsche Eltern rund 650 Euro aus. Doch weil Geiz inzwischen geil ist, sinken die Preise quer durchs gesamte Sortiment. Die Folge: Vor allem kleinere Kinderfachgeschäfte müssen dichtmachen, und auch die Hersteller rangeln um immer weniger Kunden.

      Schwer ist es für die Kinderausstatter, zu punkten. "Es ist eigentlich alles vorhanden", sagt die Chefeinkäuferin Anke Tuhatschek von der Interessengemeinschaft der Kinderfachgeschäfte (IGEKA). Der Baby- und Kindermarkt sei inzwischen vor allem eine Frage von Lebensphilosophie und Stil. Solange die Sicherheit fürs Kind gewährleistet sei.

      Vielleicht entwickeln sich die Kinderwagen deshalb entweder zu Gefahrguttransportern oder Raumgleitern. Da gibt es "das Fahrzeug" mit dem patentierten 5-Punkt-Gurt mit Einhandbedienung und dem Herausfallschutz, der sich "bei Liegeposition der Rückenlehne" automatisch aufstellt. Bei einem anderen Hersteller thronen die Kinder in einer Sitzschale aus weich geformtem, grauem Plastik wie Captain Kirk im Chefsessel der Enterprise. Und trotzdem tun sich die schicken Verkäufer mit ihren rollenden Kisten auf der Messe schwer. "Eine revolutionäre Erfindung wird es kaum mehr geben", sagt einer, der lieber anonym bleiben will. Doch wenn sich der Wagen auf Knopfdruck zusammenfalten ließe, das wäre was.

      Noch schwerer haben es da nur noch die Hersteller, die mit den Basisfunktionen des Babys ihr Geld verdienen wollen: Essen, Schlafen, Ausscheiden - das bietet wenig Möglichkeiten für Innovationen. Ein Schlabberlatz ist ein Schlabberlatz bleibt ein Schlabberlatz. Irgendwann sind auch alle Nippelformen für Trinkfläschchen durchprobiert. Und trotzdem: Hier wird die Messe zur Spielwiese wahrer Erfinder. Der Franzose Michel Brun etwa präsentierte in Köln "die Schnuller-Innovation des 21. Jahrhunderts". Sein physiologisches Saughörnchen sei allen anderen Nuckeln überlegen, sagt Brun, denn es messe automatisch die Körpertemperatur des Babys. Färbten sich die wärmeempfindlichen Kristalle grün, habe das Kind leichtes Fieber, laufe der Nuckel blau an, sollte man besser zum Arzt gehen. "Die meisten Produkte brauchen Eltern nicht wirklich", grinst Brun. Er ist zufrieden mit der Resonanz auf der Kölner Messe. Man müsse sich eben nur etwas einfallen lassen. Vor Jahren hat Brun die Thalassotherapie für Pferde entwickelt.

      "Kinderausstattung ist eine ganz sensible Branche", sagt IGEKA-Einkäuferin Tuhatschek, "Eltern sind oft unerfahren und wollen das Optimum herausholen." Groß ist die Angst, etwas falsch zu machen. Da hilft die Industrie gern, etwa mit dem "WhyCry"-Schreianalysator, von führenden spanischen Hebammen empfohlen. Das Ding sieht aus wie ein Gameboy mit Mikrofon. Je nach Schreiprobe zeigt das Display lachende oder weinende Comic-Gesichter und signalisiert, ob der Nachwuchs hungert, müde ist, sich langweilt, Schmerzen erleidet oder innerlich aufbläht.

      Ist das Geschrei ordentlich analysiert, doch bleibt die elterliche Therapie erfolglos, soll der britische "Tummy Sleep" helfen - ein Stoffbär mit einem Lautsprecher auf dem Rücken. Tummy Sleep gibt auf- und abschwellenden, krächzenden Lärm von sich, der laut Hersteller den mütterlichen Herztönen im Unterleib entspricht und das Baby somit in den Schlaf lullt. Falls das nicht klappen sollte, liegt das vielleicht auch daran, dass die Eltern beim Füttern mit der Flasche nicht den taiwanesischen Saugaufsatz "Hygi-Nip 1" verwendet haben. Hygi-Nip 1 verhindert, dass beim Trinken Luft in den Magen kommt, was das Baby zum Brechen reizen kann.


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      Dokument erstellt am 06.07.2003 um 18:40:09 Uhr
      Erscheinungsdatum 07.07.2003
      Avatar
      schrieb am 07.07.03 21:09:16
      Beitrag Nr. 3.426 ()
      Aktuelle Börsensituation kommt den Pensionsfonds sehr zugute


      Pensionen lasten auf Dax-Unternehmen



      Von Gerhard Mauerer


      Seit der Baisse der vergangenen drei Jahre ist dem letzten Anleger klar: Fundamentale Kennzahlen börsennotierter Unternehmen zu betrachten, bewahrt vor manch böser Überraschung. So ziehen Investoren heute das KursGewinn-Verhältnis vor dem Aktienkauf und die Noten der Ratingagenturen vor dem Erwerb von Anleihen heran. Dagegen fristet die Belastung der Unternehmen durch Pensionslasten als fundamentales Kriterium noch immer ein Schattendasein – zu Unrecht, wie eine Studie der SES Research GmbH belegt.





      FRANKFURT/M. Der Studie zufolge sind bei etlichen der Unternehmen im Deutschen Aktienindex die Pensionsverpflichtungen kritisch (Tabelle). Die Aktien- und Anleihekurse können davon negativ beeinflusst werden. Bei Eon und Hypo-Vereinsbank stellt die Studie überdurchschnittlich hohe Personalzusatzkosten und Liquiditätsbelastungen durch die Betriebsrenten fest. Henkel und Thyssen-Krupp hätten sehr hohe Pensionsrückstellungen und müssten im Vergleich zu den Umsätzen hohe Rentenzahlungen leisten. Beachtliche Deckungslücken weisen die Pensionsfonds von Daimler-Chrysler und Siemens auf, heißt es weiter; ergebnisbelastende Nachschusszahlungen seien nicht auszuschließen.

      Am wenigsten betroffen sind der Studie zufolge Adidas-Salomon, Fresenius Medical Care, SAP, MLP, Metro und Deutsche Bank. Sonderfälle seien die ehemaligen Staatskonzerne Deutsche Telekom und Deutsche Post. Bei ihnen seien Personalabbau und Frühpensionierungen der vergangenen Jahre bedeutende Kostenfaktoren. Laut Matthias Volkert von der DZ Bank gilt: Je länger die Unternehmensgeschichte, niedriger die Profitabilität und höher Lohnkosten in Prozent der Gesamtkosten sind, desto wahrscheinlicher sind Probleme mit Pensionslasten.

      „In Einzelfällen können die Pensionsverpflichtungen zu unschönen Marktreaktionen führen, die Anleger zu spüren bekommen“, sagen die Analysten von SES Research. Volkert erklärt: „Erfahrungsgemäß verlieren Anleiheinvestoren dann zwar prozentual weniger als Aktieninvestoren.“ Subjektiv seien die Verluste für die risikoaversen Anleiheinvestoren aber ebenso schlimm.

      Generell gibt es zwei Finanzierungsmodelle für Pensionen: Interne Lösungen über Pensionsrückstellungen und externe Modelle über Pensionsfonds oder Pensionskassen (Kasten). Häufig wählen Unternehmen Zwischenlösungen.

      „Die aktuelle Börsensituation kommt den Pensionsfonds sehr zugute. Die Risiken durch die Pensionsverpflichtungen sollten kurzfristig weitgehend eingepreist sein“, sagt Eberhard Weinberger von der Vermögensverwaltung Dr. Jens Ehrhardt Kapital. Wenn es aber an den Börsen wieder abwärts gehen sollte oder bei einem Unternehmen etwas Unvorhergesehenes passiert, wäre das Thema Pensionsverpflichtungen schneller wieder aktuell, als manchem lieb sei – zumal die stillen Reserven der Unternehmen durch die Baisse stark an Wert verloren hätten. Zum Teil könnten diese nicht mehr als Rückhalt dienen, wenn es unerwartete Pensionslöcher zu stopfen gelte.

      Jüngstes Beispiel für die bisweilen bitteren Auswirkungen von Pensionsverpflichtungen für Anleger war Thyssen-Krupp. Nachdem die Ratingagentur Standard & Poor’s (S & P) ankündigte, das Rating des Stahlkonzerns wegen der Pensionsverpflichtungen herabzustufen und dies kurz darauf auch tat, verlor die Aktie über 30 % an Wert, die Anleihen rund 10 %. Dabei hatte sich an den Fundamentaldaten nichts geändert. S&P hatte sich nur dazu entschlossen, Pensionsrückstellungen künftig als Fremdkapital zu werten.

      Anleger können sich über die Situation der einzelnen Unternehmen in deren Bilanzen oder Geschäftsberichten informieren. Finanzierungslücken müssen die Unternehmen am Markt ad hoc mitteilen.


      HANDELSBLATT, Montag, 07. Juli 2003, 08:19 Uhr
      Avatar
      schrieb am 07.07.03 21:18:31
      Beitrag Nr. 3.427 ()
      Bären - vom Aussterben bedroht
      ++ Geldflut ++


      Die fundamentale Bewertung US-amerikanischer Aktien ist seit Jahren deutlich höher als an allen historisch bedeutenden Hochpunkten, höher also als vor den berühmten Aktiencrashs von 1929 und 1987. Das sprach und spricht langfristig gegen steigende Aktien. Gleichzeitig hat die US-Notenbank in längst zur Gewohnheit gewordener Weise die Welt mit frischgedrucktem Geld überflutet. Diese Liquidität wirkt natürlich preistreibend, prinzipiell auch an den Finanzmärkten, und spricht somit für steigende Aktienkurse. Die beiden gewichtigen Einflußfaktoren der Aktienmärkte, Liquidität und fundamentale Bewertung, gaben und geben uns also widersprüchliche Hinweise hinsichtlich der zu erwartenden Richtung der Aktienmärkte. In dieser Pattsituation avancieren die Sentiment-Indikatoren zum Zünglein an der Waage. Der ewige Kampf zwischen Gier und Angst hinterläßt an den Märkten seine Spuren und erzeugt markante Muster. In der Nähe wichtiger Wendepunkte liegt die große Mehrheit der Marktteilnehmer und Analysten regelmäßig ganz erbärmlich falsch. Grob gesprochen sind am Top fast alle optimistisch und erwarten weiter steigende Kurse, während Bären in die Rote Liste der vom Aussterben bedrohten Arten aufgenommen werden. An Tiefpunkten hingegen herrscht Pessimismus, und Prognosen weiterhin fallender Kurse dominieren. Dieser typische Ablauf wird mit Hilfe verschiedener Sentiment-Indikatoren quantifiziert, also meßbar gemacht. Wir haben im Laufe der vergangenen Monate bereits mehrfach auf die für einen ausgeprägten Bärenmarkt ungewöhnlichen Niveaus der Sentiment-Indikatoren hingewiesen. Trotz teilweise verheerender Kursverluste, die beispielsweise die Verantwortlichen der Deutsche Börse AG zur Abschaffung ihres einst so hochgelobten Marktsegmentes „Neuer Markt“ veranlaßten, ist der Glaube an die Aktienanlage ungebrochen hoch. Während des gesamten Bärenmarktes erreichten die unserer Meinung nach wichtigsten Indikatoren der Sentiment-Kategorie zu keiner Zeit Größenordnungen, die in der Vergangenheit an wichtigen unteren Wendepunkten zu verzeichnen waren. Diese Tatsache hat uns auch am März-Tief davon abgehalten, eine konstruktivere Haltung hinsichtlich der Aktienmärkte einzunehmen.

      ++ Neues Schneeballsystem ++

      Eine regelrechte Sensation liefert uns jetzt die Veröffentlichung des Investors Intelligence Advisor Sentiment. Dieser Sentiment-Indikator wird seit rund 40 Jahren erhoben. Dazu werden die zahlreichen US-amerikanischen Börsenbriefe daraufhin ausgewertet, ob ihre Autoren steigende oder fallende Aktienkurse erwarten. Bereits im Juni widmeten wir uns etwas ausführlicher diesem Indikator und begründeten, warum wir die gegenwärtige Aufwärtsbewegung nicht als den Beginn einer Hausse, sondern als Bearmarket-Rallye interpretieren. Offensichtlich erwarteten wir das Ende der Rallye zu früh, der Kursanstieg setzte sich fort, und mit ihm wuchs der Optimismus der Marktteilnehmer. Investors Intelligence (II) meldete 58,7 Prozent Bullen und 16,3 Prozent Bären. Mit diesen Zahlen wurden gleich drei Rekorde für die Zeit nach dem berühmten Crash von 1987 aufgestellt. Der Anteil der Bären war seit 1987 nie mehr so niedrig und das Verhältnis Bullen zu Bären seither nicht wieder so hoch wie jetzt. Die Differenz zwischen Bullen und Bären beträgt 42,4 Prozentpunkte und ist laut Peter Eliades von Stockmarket Cycles die größte seit dem 21. August 1987. Dieses Datum markierte fast exakt den Hochpunkt, aus dem heraus der Markt rund zwei Monate später in einen der spektakulärsten Aktiencrashs aller Zeiten überging. Selbst in den wilden Bubble-Jahren der späten 1990er, in denen dank einer „New Economy“ die Bäume in den Himmel wachsen sollten, war die Hoffnung auf steigende Aktienkurse nicht so universell verbreitet wie jetzt. Es scheint Alan Greenspan mit seiner heißlaufenden Geldpresse tatsächlich gelungen zu sein, ein neues Schneeballsystem anzustoßen. Wir wissen natürlich nicht, wann es enden wird, aber ein schlimmes Ende erscheint uns unausweichlich.

      Ein bemerkenswertes Charakteristikum des im März 2000 begonnenen Abwärtstrends war das Fehlen echter Panik. Ordentliche Marktverhältnisse waren zu jeder Zeit gegeben. Die Kursverluste verliefen in geordneten Verhältnissen, ein durch Panik hervorgerufener Crash blieb aus. Die oben geschilderte extrem einseitige Stimmungslage birgt natürlich das Risiko eines schnellen und scharfen Umschwunges. Der Ausgang dieses Kasinos ist relativ eng und das Potential für Enttäuschungen außerordentlich hoch.


      Claus Vogt leitet das Research der Berliner Effektenbank.

      instock.de
      Avatar
      schrieb am 07.07.03 21:35:01
      Beitrag Nr. 3.428 ()
      Reaktionen ...

      von Jochen Steffens

      Über das Wochenende sind viele Reaktionen auf den Artikel "sichtbare Rezession" und die in diesem Zusammenhang gestellte Frage bei mir eingetroffen. Erst einmal möchte ich mich natürlich für Ihre vielen Antwortmails bedanken. Ich kann natürlich nicht alle hier wiedergeben, aber ein paar kurze Ausschnitte will ich Ihnen nicht vorenthalten.

      Eine Leserin aus dem Norden: "Sie haben leider vollkommen recht. Die Rezession ist sichtbar; auch bei uns im Norden in den "kleinen Orten, Städten. Zum Beispiel im Nordseebad Otterndorf, in Cuxhaven, ja auch in Potsdam usw. haben wir viele leere Geschäftsräume gesehen. Ich glaube, dass ist noch lange nicht das Ende der Fahnenstange."

      Ein Leser vom Niederrhein schrieb: "Der Niedergang des Handels mangels Umsatz und folglich der Niedergang der Städte grassiert. Meine unmittelbare Nachbar-Großstadt ist Krefeld. Dort spricht man schon seit mindestens 1 Jahr von einer sterbenden Stadt und zieht Vergleiche zu inzwischen nahezu verblichenen Städten wie Duisburg u.a."

      Dazu aus Duisburg: "[ ...]ich komme heute in die Fußgängerzone und sehe die Schilder des Räumungsverkaufes bei "Hoselmann-Schuhe", ein fast hundertjähriges Fachgeschäft gibt auf."

      Ein Leser aus einer Stadt in Schleswig Holstein: "Wir sind hier ca. 20.000 Einwohner. Sie fragten zurück wie es bei uns mit Laden-und Gastronomie-Schließung aussieht und ich muss Ihnen sagen – leider wie in Köln auch – die gleiche Katastrophe!"

      Ein Projektentwickler für Stadtentwicklung schrieb eine längere Mail, in dem er die ganzen Missstände der Stadtentwicklung im Zusammenhang mit Politik, Filz und Fehlplanung aufzeigte. Im Osten sei es sogar noch schlimmer, so sein Kommentar. In Ihren Mails wurden viele Gründe und Erklärungsversuche angegeben: Die ausgelagerten Einkaufszentren, hohen Parkgebühren, hohen Mietpreise, falsche Stadtpolitik etc.

      Insgesamt zeichnen ihre Mails ein wirklich gespenstig düsteres Bild des deutschen Einzelhandels. Immer wieder wurde die Frage gestellt, war es das nun, oder ist es erst der Anfang – kommt es noch schlimmer? Eine Frage, die auch hier zum Teil sehr kontrovers diskutiert wird. Wir, also die amerikanischen Korrespondenten, Martin Weiss und ich, sind zumindest davon überzeugt, dass es in Amerika bald zum Zusammenbruch kommen wird. Nur wie lange es braucht, bis sich das auch im Bewusstsein der Amerikaner breit macht, wie lange die immense Liquidität den Markt noch stützen kann und wie lange der Dollar noch stabil bleiben kann, dass können wir Ihnen nicht sagen.

      Wenn ich jedoch Ihre düsteren Mails lese und dann sehe, dass der Dax heute nach einer 50 % Rallye noch einmal über 3,5 % steigt und sein Jahreshoch bricht, dann ist das schon ein krasser Kontrast. Dass das Jahreshoch erneut gebrochen wurde, ist charttechnisch ein überaus bullishes Signal. Es gab ..., ja man muss schon sagen: es gab (Vergangenheit) mal einen Grundsatz beim Traden, der vereinfacht ausgedrückt lautete: Trade was Du siehst! Ich weiß, was ich sehe, aber ich weiß auch, was der Markt macht und das passt nicht zueinander.

      Ich lese viele Kommentare von Wirtschaftswissenschaftlern, Volkswirten und Analysten. Und auch hier gibt überaus kontroverse Ansichten zu dem Fortgang der westlichen Börsen. Von: "Das war es nun!" (mit der Baisse) bis hin zu: "Das war es nun!" (mit der Welt, so wie wir sie kennen).

      Die komplexen Einflüsse, Faktoren und Störfaktoren, die die Weltwirtschaft beeinflussen, vermag wohl ein menschliches Hirn alleine nicht zu verarbeiten und zu einer verlässlichen Prognose zusammenzufassen. So verwundert es nicht, dass sich die meisten Ökonome in den letzten beiden Jahren ziemlich verhauen haben. Und vielleicht hat diesmal die Masse recht und die Insider unrecht, zum ersten Mal, wer weiß. Für mich bleibt die alte Regel: Lieber kein Geld verdienen, als welches zu verlieren. Da ich dieser Rallye nicht glaube, bleibe ich möglichst aus dem Markt und beobachte – bis die Kursentwicklung wieder mit meinem Gefühl übereinstimmt.

      Doch selbst wenn die Baisse tatsächlich nun vorbei sein sollte, heißt das nicht, dass wir nun wieder mit einem nachhaltigen konjunkturellen Aufschwung rechnen können. Die Geschichte hat gelehrt, dass nach solch immensen Kursverlusten immer eine Phase von durchschnittlich 16 Jahren ! Stagnation folgte. So auch in Japan. Niemand weiß, ob sich die Geschichte wiederholt. Aber immer noch sehe ich mehr Ansätze für eine ähnliche Entwicklung, als Ansätze dafür, dass es vorbei ist nun. Egal, ob die Börsen rauf oder runter gehen oder neue Jahreshochs ausbilden.

      Was bleibt ist, die Berichtsaison abzuwarten. Ich bin sehr gespannt, ob die Unternehmen die hohen Erwartungen erfüllen können. Hier gilt für den Markt das gleiche wie für Einzel-Aktien. Steigt der Markt in Erwartung guter Zahlen vor den Zahlen an und werden diese Erwartungen erfüllt, dann kommt es zu Gewinnmitnahmen (Sell the good news). Werden Sie nicht erreicht, dann kommt es zu starken Verkäufen. Nur wenn die Erwartungen deutlich übertroffen werden und die Aussicht noch besser sind, als erwartet, kommt es zu Anschlusskäufen.
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      Volkswagen mit MAN nach China?

      von Jochen Steffens

      Der Spiegel berichtete am Wochenende über das Interesse von Volkswagen an MAN. So soll VW (ISIN DE0007664005) mit der Allianz über einen Einstieg bei MAN (ISIN DE0005937007)verhandeln. Die Allianz hält fast 27 % an MAN. Die FTD berichtet sogar über direkte Kontakte zwischen MAN und VW. Es geht um die Nutzfahrzeugsparte von MAN. Nun wird spekuliert: Sollte VW diesen Bereich von MAN übernehmen, steigt VW zum drittgrößten Nutzfahrzeughersteller weltweit auf.

      Dafür müsste MAN zwar aufgespalten werden, aber es gibt Stimmen, die das durchaus für sinnvoll und machbar halten.

      Ich hatte vor ein paar Wochen davon berichtet, dass VW sich nun auch auf dem Nutzfahrzeugmarkt in China ebenso positionieren will, wie im PKW Sektor. Mit diesem Hintergrund wird klar, warum VW an MAN so interessiert sein könnte. Auf dem PKW Markt in China hat VW bereits die Markführerschaft mit 40 % Marktanteil. China ist der schnellst wachsende Automarkt der Welt.

      So wurde heute auch bekannt, dass VW nun ein weiteres Werk im Nordosten Chinas aufbauen will. Ein dort in Changung bereist bestehendes Werk soll ausgebaut werden, um die dortige Produktion zu verdoppeln. Aber auch in Schanghai soll die Produktion um 75 % erhöht werden. Insgesamt will VW die Produktion in China fast verdoppeln.

      Volkswagen hat nach eigenen Angaben seinen Umsatz in China in den ersten fünf Monaten um 62 % auf 270.000 Fahrzeuge steigern können. Für dieses Jahr rechnet VW mit einem Absatz von 600.000 Fahrzeugen allein in China. Die Mercedes Car Group verkaufte im ersten Halbjahr weltweit rund 609.000 Fahrzeuge. Rechnet man das aufs Jahr hoch wären das ca. 1,2 Mio. Fahrzeuge. Das heißt, dass VW etwa die Hälfte aller Autos, die Mercedes (nicht DaimlerChrysler) weltweit verkauft, allein in China absetzt.

      VW verkaufte in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres im amerikanischen Markt 145.958 Fahrzeuge. Es scheint verständlich, dass das Interesse von VW am amerikanischen Markt eher mäßig ist.

      Nun versucht VW ähnliche Zuwachsraten auch bei den Nutzfahrzeugen in China zu erzielen. Natürlich boomen bei einem wirtschaftlichen Aufschwung gerade auch die Nutzfahrzeuge.

      Ich bleibe dabei, dass sich Volkswagen in den nächsten beiden Jahren sicherlich besser entwickeln wird als der Gesamt-Markt. Dabei macht sich Volkswagen durch sein Egagement in China natürlich auch von den konjunkturellen Risiken in Europa und Amerika unabhängiger.

      Aber auch MAN profitierte von dieser Nachricht: Die Aktie stieg um 5,27 % auf 16,58 Euro. MAN befindet sich in einer Seitwärtsbewegung zwischen 12 und 17 Euro. Sollte MAN hier nachhaltig nach oben ausbrechen können, ist hat MAN ein Kursziel von 21–22 Euro.

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      Schering-Plough mit Gewinnwarung

      von Jochen Steffens

      Der US-Pharmakonzern Schering-Plough teilte mit, dass auch im zweiten Quartal dieses Jahres die Gewinnerwartungen der Analysten verfehlt würden. Begründet wurden diese schlechten Ergebnisse mit der starken Konkurrenz bei den verkaufsstarken Medikamenten gegen Allergie und Hepatitis C!

      Das Unternehmen hält es sogar für möglich, dass die Umsätze auch im zweiten Halbjahr niedriger sein werden als im ersten Halbjahr. Hm, Shering Plough mit einer Gewinnwarnung aber das kümmert die Märkte nicht weiter. Sie warten auf die Ergebnisse von General Electric, Juniper Networks und Yahoo.

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      Altana leidet unter der Euro Stärke


      von Jochen Steffens

      In einem Interview mit dem Tagesspiegel sagte der Altana Vorsitzende Nikolaus Schweickart, dass die selbstgesteckten Wachstumsziele für 2003 des Pharma- und Chemiekonzerns in Gefahr seien. Sollte der Euro auf dem Niveau von 1,15 bleiben, dann wird ein zweistelliges Wachstum nur schwer zu erreichen sein, so Schweikart. Doch hatte Schweikart bei seiner Prognose im Mai bereits vor den Gefahren eines Schwachen Dollars gewarnt.

      Altana erzielte im ersten Quartal 2003 ein Vorsteuerergebnis von 177 Mio. Euro, ein Zuwachs von um 37 %. Der Umsatz stieg um 10 % auf 678 Mio. Euro. Auch hier hatte sich der schwache Dollar schon negativ ausgewirkt.

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      Ernüchterung am Arbeitsmarkt ...

      von Martin Weiss

      Leicht verbessert beendeten die wichtigsten Aktienmärkte die erste Handelswoche des dritten Quartals. Die US-Börsen gingen ja bereits am Donnerstag aufgrund des Unabhängigkeitsfeiertages verfrüht ins Wochenende.

      Äußerst beachtlich sind die Entwicklungen, die sich momentan in Japan abzeichnen. Zum einen befindet sich der Nikkei225 schon seit Wochen im Aufwärtstrend, welcher sich in den letzten Tagen nach einem besser als erwartet ausgefallenen Tankan-Bericht verstetigte. Technisch betrachtet besteht durchaus noch Luft nach oben für den japanischen Aktienmarkt. Andererseits scheint sich bei den japanischen Renten eine erstaunliche Wende anzubahnen. In der vergangenen Woche erlebte der Rentenmarkt den größten Verlust seit fünf Jahren, die Renditen am langen Ende schnellten von 0,40 % auf über 1 % hoch! Insofern, beachten Sie auch in den kommenden Wochen die Entwicklung in Japan. Diese könnte auch für die internationalen Kapitalströme von höchster Bedeutung sein. Dahingegen kommen aus den USA, vor allem vom Arbeitsmarkt, absolut schlechte Nachrichten.

      Seit 20 Wochen liegt die Zahl der wöchentlichen Anträge auf Arbeitslosenunterstützung bei über 400 000, was ein klares Zeichen für einen schrumpfenden und weiterhin sehr angeschlagenen Arbeitsmarkt darstellt. In der Tat, die Situation jenseits des Atlantiks ist wahrlich sehr ernüchternd, wenn man bedenkt, daß in diesem Jahr bereits knapp 400 000 Arbeitsplätze in der US-amerikanischen Wirtschaft verloren gingen. Analysten schätzen nunmehr bereits, daß die Wirtschaft in den Staaten um drei Prozent jährlich wachsen müsse, damit neue Arbeitsplätze entstehen. Aber im ersten Quartal gab es nur einen vergleichsweise geringen Zuwachs um 1,4 Prozent, für das zweite Vierteljahr diesen Jahres sollen es 2 Prozent werden. Folglich wird es bei einem weiter schwachen Wachstum kaum Job-Expansion geben. Im Gegenteil, es wäre schon als Riesen-Erfolg zu werten, wenn der status-quo gehalten werden könnte.

      Denn auf der Unternehmensseite sind die Restrukturierungs- und Kostensenkungsprogramme ja noch längst nicht abgeschlossen. Von einem neuen Einstellungszyklus kann folglich kein Rede sein. Angesichts dieser Tendenzen ist es alles andere als überraschend, daß die Verbraucher sich immer mehr Sorgen um den Arbeitsplatz machen und demzufolge beim Konsum langsam aber sich auf die Bremse treten. Bestes Beispiel in diesem Kontext ist die Tatsache, daß auch bei den Bauausgaben im Mai diesen Jahres ein Rückgang von 1,7 Prozent zu verzeichnen war. Dabei handelt es sich um den größten Rückgang in einem Jahr. Schon seit Monaten ist der Trend bei den Gesamt-Bauausgaben rückläufig.

      Vor dem Hintergrund dieser Tatsachen ist es schon sehr verblüffend, daß sich die Aktienmärkte bisher so gut behaupten könnten. Ich geh jedoch mehr denn je davon aus, daß wir in den kommenden Monaten auch bei den Aktien wieder in den Abwärtstrend übergehen werden. Denn es wäre schon eine Riesen-Sensation, wenn die anstehende Quartalssaison explosionsartig steigende Unternehmensgewinne hervorbringen würde. Denn dies wäre dringend nötig, um das überaus hohe Kursniveau auch nur annähernd fundamental abzusichern.

      In Deutschland hingegen scheint die wahre Lage keinesfalls besser zu sein. Ansonsten würde die Regierung Schröder nicht zum letzten Strohhalm, nämlich dem Vorziehen der Steuerreform auf 2004 – nötigenfalls auch auf Pump finanziert – greifen. Hier geht es schlichtweg darum, ein größeres wirtschaftliches Desaster zu verhindern, zumal sich die Regierung wohl auch der möglichen mittelfristigen Gefahr für die Stabilität der demokratischen Ordnung bewußt zu werden scheint. Denn solch katastrophale Verhältnisse am Arbeitsmarkt kann kein Land der Welt auf Dauer aushalten.

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      Umfrage unter 54 Volkswirten

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Das Wall Street Journal hat 54 Volkswirte untersucht, um die herrschende Meinung unter ihnen herauszufinden. Die Zeitung sollte dafür einen Preis bekommen. Denn können Sie sich etwas Langweiligeres vorstellen, als sich mehr als 4 Dutzend der weltweit wichtigtuerischsten, langweiligsten und ahnungslosesten Leute anzuhören? Fast jeder von ihnen sagte das, was der vorherige gesagt hatte, ... einerseits, andererseits ... auf der einen Hand, auf der anderen Hand ...

      Laut dem Wall Street Journal gab nicht ein einziger von ihnen eine ehrliche Antwort ... die sich ungefähr so hätte anhören müssen:

      "Woher zum Teufel soll ich das wissen?"

      Stattdessen sagten sie fast alle das, was die herrschende Meinung zu sein scheint – dass die Dinge sich verbessern und dass das zweite Halbjahr besser sein wird als das erste.

      Ob sich die Dinge verbessern oder nicht, kann ich nicht sagen. Aber ich sehe es als ein schlechtes Zeichen, dass die Volkswirte sich darüber so einig sind ... und dass die Kleinanleger noch fast nie so bullisch gestimmt waren wie derzeit ... und dass die Unternehmensinsider derzeit sehr signifikant Aktien verkaufen.

      Ich sehe es auch als schlechtes Zeichen, dass die Renditen am US-Anleihenmarkt einen Boden gefunden haben könnten. Die Fed hat zwar die Leitzinsen gesenkt – aber die Renditen sind seitdem gestiegen. Der Zinssatz für eine 30jährige Hypothek ist auf 5,11 % gestiegen. Und auch in Japan sind die Anleihenkurse gefallen, dort sind die Renditen auf den höchsten Stand seit 4 Jahren gestiegen (was allerdings immer noch nicht hoch ist). Wenn die Refinanzierungsblase platzt – dann Gute Nacht.

      Clevere Investoren könnten sich diese einmalig niedrigen Zinsen langfristig sichern – z.B. durch Hypotheken mit Festzins. Weniger clevere Leute leihen sich weiterhin so gedankenlos Geld, als ob sie es niemals zurückzahlen müssten.
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      Die Lage am US-Hypothekenmarkt

      von unserem Korrespondenten Eric Fry in New York

      Eine Schlagzeile bei Bloomberg News teilte mit: "Die US-Aktien sind gefallen, weil die Arbeitsmarktdaten Sorgen wegen der wirtschaftlichen Entwicklung aufkommen lassen." Aber kurioserweise hat eine Bloomberg-Schlagzeile den Rückgang der Kurse am US-Anleihenmarkt so erklärt: "Die US-Anleihenkurse fallen, nachdem eine Umfrage gezeigt hat, dass sich die US-Dienstleistungswirtschaft im Juni verbessert hat."

      Mit anderen Worten: Die Aktienkurse sind gefallen, weil sich die Wirtschaftslage schwächer als erwartet gezeigt hat, und die Anleihenkurse sind gefallen, weil sich die Wirtschaft stärker als erwartet gezeigt hat. Deshalb hat der Amerikanische Unabhängigkeitstag (der letzten Freitag, 4. Juli stattfand) dieses Jahr sowohl den Aktienmarkt als auch den Anleihenmarkt "unabhängig" von den zugrunde liegenden wirtschaftlichen Realitäten gefunden.

      Der Aktienmarkt hat den Amerikanischen Unabhängigkeitstag bereits Monate vorher gefeiert – die Kurse sind nach oben geschossen, vollkommen unabhängig vom schwachen wirtschaftlichen Umfeld. Der Dow Jones hat fast so schnell Punkte gewonnen – wie die Wirtschaft Arbeitsplätze abgebaut hat.

      Letzte Woche gab es neue, schockierende Zahlen zum US-Arbeitsmarkt: Die Arbeitslosenquote ist von 6,1 % im Mai auf 6,4 % im Juni gestiegen – das ist der höchste Wert seit mehr als 9 Jahren. Auch die Zahl der wöchentlichen Erstanträge für Arbeitslosenhilfe ist gestiegen – um 21.000 auf heftige 430.000. Im produzierenden Gewerbe wurden letzten Monat 56.000 Jobs abgebaut, das ist der 35. Rückgang in Folge. Seit Juli 2000 ist die Zahl der Beschäftigten im produzierenden Sektor um 2,6 Millionen auf 14,7 Millionen zurückgegangen.

      Aber die schlechten Arbeitsmarktdaten reichten nicht aus, um weitere Kursgewinne am Aktienmarkt zu verhindern. Letzte Woche ist der S&P 500 Index per saldo um 1 % gestiegen (damit waren 5 der letzten 6 Wochen Gewinnwochen), der Nasdaq-Composite um 2,4 % (der größte Zuwachs seit 5 Wochen). Die Kurse der US-Staatsanleihen hingegen sind die dritte Woche in Folge gefallen, das ist der längste Kursrückgang seit November. Die Rendite der 10jährigen Anleihen ist auf 3,65 % gestiegen. Plötzlich steigen die Zinssätze fast so stark, wie sie im Mai gefallen waren. Am 16. Juni stand die Rendite der 10jährigen Anleihen noch bei 3,07 %. Hm ... riecht der Anleihenmarkt etwas ... vielleicht eine Inflation?

      Was passiert, wenn die Zinssätze weiter steigen? Wer wird darunter besonders leiden? Werden die mit Hypotheken überlasteten amerikanischen Konsumenten zusammenbrechen, wenn sie für ihre Schulden höhere Zinsen zahlen müssen? Ich persönlich habe gestern die Finanzierung meines Hauses geregelt (ich habe den Zinssatz von 5,75 % auf 15 Jahre festgeschrieben). Während ich die Unterlagen unterschrieb, begann ich mit den anwesenden Bankern eine Diskussion über den heißgelaufenen amerikanischen Hypothekenmarkt.

      "Also was für Trends sehen Sie?" fragte ich diese Banker. "Gibt es bei Ihnen Hypotheken ohne Tilgung oder jede Menge Erhöhungen bereits bestehender Hypotheken oder sonstige Hypotheken-Kuriositäten?" Die Antwort: "Ich sehe derzeit jede Menge Leute, die bestehende Hypotheken erhöhen, besonders Leute, die weniger als 100.000 Dollar pro Jahr verdienen ... von diesen Leuten nutzt fast jeder die frischen Mittel, um Kreditkartenschulden zurückzahlen zu können. Keiner steckt das Geld in sein Haus. Ich hatte ein Ehepaar, die zusammen 80.000 Dollar im Jahr verdienten und Kreditkartenschulden von 40.000 Dollar hatten. Also haben sie ihre Hypothek erhöht, nur um die Kreditkartenschulden bezahlen zu können."

      "Wow!" antwortete ich und heuchelte Überraschung über die komplett unüberraschenden Verschuldungstendenzen der amerikanischen Verbraucher.

      "Oh ja", so der Banker weiter, "die meisten Leute nehmen auch nur Hypotheken, bei denen die Zinssätze für maximal 5 Jahre festgeschrieben sind. Das ist auch der Grund, warum diese Leute großen Ärger haben werden, wenn die Zinsen steigen."

      Dann schaltete sich ein anderer Banker ein, einer, der hauptsächlich die besser verdienende Kundschaft bedient. "Meine Kunden sind das genaue Gegenteil. Sie erhöhen ihre Hypotheken nicht, und sie schreiben die niedrigen Zinssätze für 30 Jahre fest."

      Hmmm ... vielleicht ist das ein Grund, warum die Leute mit viel Geld immer noch Geld zum Ausgeben haben.

      Basierend auf dieser kleinen, unrepräsentativen Umfrage werden die Leute, die sich steigende Zinssätze am wenigsten leisten können, am meisten unter steigenden Zinssätzen leiden. Das klingt nicht nach einer guten Situation ... nicht für den Immobilienmarkt, nicht für die US-Hypothekenbanken wie Freddie Mac und nicht für die US-Wirtschaft.

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      Tango und Sushi, Inflation und Deflation ...

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner in Paris

      *** Die kleine Frau mit großem Kopf und langen dunklen Haaren wirbelte herum. Sie legte sich über das linke Knie ihres Tanzpartners. Dann warf sie ihr rechtes Knie in die Luft, zwischen den Beinen ihres Tanzpartners.

      "Oh là là ...", sie wandte sich mit einem immensen Lächeln an mich. "Das muss man genau richtig machen. Wenn man das Bein nicht hoch genug wirft, dann hat man keinen Style. Aber wenn man es zu hoch wirft, dann wird man keinen Tanzpartner haben. Ha, ha, ha ..."

      Dann wirbelte sie herum und wiederholte dieses Manöver, dieses Mal mit dem linken Bein.

      Ich war in einer Tangoschule. Und warum nicht? Ich bereite mich auf die Zukunft vor. Und in den Tagen, die vor uns liegen, werden wir sowohl Salsa als auch Sushi sehen, Tango und Kabuki, Inflation und Deflation.

      Amerika scheint die Ketten verloren zu haben, die es einst so sicher an die US-Verfassung gebunden hatten ... und an die ausgeglichenen Haushalte der Republikaner ... die Sparsamkeit seines Volkes ... als ob das alles unter der warmen Sonne des Dollarstandards dahin geschmolzen wäre. Und jetzt steigt der argentinische Peso gegenüber dem Dollar. Seit Januar hat sogar der mexikanische Peso gegenüber dem Dollar leicht zugelegt. Alle Pesos der Welt scheinen mehr wert zu sein als die nordamerikanischen Dollar, während die USA selbst in die Richtung jenseits des Rio Grande treiben ... hin zum Rio Plata ...

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      Land Of The Free"

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Ich habe diesen Artikel am 4. Juli geschrieben – dem amerikanischen Unabhängigkeitstag, einem Nationalfeiertag. Sollte ich die amerikanische Flagge raushängen ... oder eine schwarze Trauerflagge? Sollte ich weinen darüber, wie viel Amerika wir verloren haben, oder sollte ich früh über das sein, was noch übrig geblieben ist?

      Die "Stars and Stripes"-Flagge weht noch – aber weht sie immer noch über einem Land der Freiheit, frage ich mich? Oder über einem Land mit einer Überwachungskamera an jeder Straßenecke ... einer Nation, die so tief verschuldet ist, dass die Freiheit zu einem Luxusgut geworden ist, das man sich nicht mehr leisten kann?

      Welche Richtung ich auch nehme – ich nehme die Richtung hin zu einem Widerspruch. Die Dinge scheinen gleichzeitig schwarz und weiß zu sein.

      Das ist der Grund, warum ich jetzt angefangen habe, das Tango-Tanzen zu lernen (siehe mein Beitrag oben). Leute, die Tango tanzen oder Gedichte schreiben, lassen sich von Widersprüchen nicht ärgern. Soweit ich weiß, hat noch nie ein ernsthafter Tangotänzer Selbstmord begangen. Es sind die Mathematiker und Ingenieure, die sich umbringen.

      Ein Ideologe oder ein Mathematiker kann Widersprüche nicht tolerieren. Seine kleine Welt muss schön zusammenpassen, wie ein Puzzle. Jede Abteilung muss perfekt funktionieren.

      Aber das ist nicht die Art, wie das reale Leben oder reale Menschen funktionieren. Eine gesunde Frau liebt ihren Mann, aber sie hasst ihn auch oft. Sie hat zwei Augen, und mit jedem Auge hat sie einen minimal anderen Blick von ihm. Was ist daran falsch? Sogar ein Mann mit nur einem Auge wird bemerken, dass die Welt gleichzeitig von Inflation und Deflation bedroht wird ... und dass Amerika gleichzeitig frei und unfrei ist.

      Was ich an den Neo-Konservativen nicht mag, ist nicht ihre Ansicht, dass die Welt richtig oder falsch ist – denn wie sollte ich das wissen? –, sondern dass sie zu klein ist. Sie glauben wirklich an eine sehr kleine Welt ... eine, die keinen Platz für Mysteriöses, Widersprüche, Ignoranz oder Humanität hat. Sie muss klein sein, weil sie sie sonst nicht verstehen könnten.

      Die Neo-Konservativen denken, dass sie das sehen können, was kein Sterblicher je gesehen hat: Die Zukunft. Daher diese genialen "Präventivschläge"; sie stoppen einen Kriminellen, bevor er sein Verbrechen begehen kann!

      Die Neo-Konservativen denken, dass sie wissen, was kein Sterblicher je gewusst hat: Nicht nur zu wissen, was gut für ihn und sein Land ist ... sondern auch, was gut für die ganze Welt ist. Und sie wollen ihnen das, was sie für gut halten, geben ... ob sie das wollen oder nicht. Ich habe am 4. Juli von George W. Bush eine email erhalten, mit diesem Inhalt:

      " ... Freiheit ist das Geschenk Gottes für die Menschheit, das Geburtsrecht jedes Individuums. Die amerikanische Überzeugung bleibt so kraftvoll heute, weil sie die universelle Hoffnung der gesamten Menschheit repräsentiert."

      Hier werfe ich eine wilde Vermutung ein: Es gibt wahrscheinlich mehr als eine Handvoll Leute, die auf diesem Planeten herumrennen, für die die "amerikanische Überzeugung" weniger Grund zur Hoffnung als vielmehr Grund zur Furcht ist.

      Aber der Präsident schreibt weiter:

      "Wir gewinnen den Krieg gegen die Feinde der Freiheit, aber es bleibt noch viel zu tun. Wir werden in dieser noblen Mission die Oberhand behalten. Die Freiheit hat die Kraft, Hass in Hoffnung zu verwandeln."

      "Amerika ist die Kraft des Guten in der Welt", so der Führer der einzigen Supermacht der Welt weiter, "( ...) und indem wir auf den Mut unserer Gründerväter und auf die Entschlossenheit unserer Bürger bauen, umarmen wir willig die Herausforderungen, die vor uns liegen." Währenddessen stecken die amerikanischen Bürger tief in Schulden. Sie haben kaum eine andere Wahl, als das System, so wie es ist, zu unterstützen. Frei oder unfrei, solange das Geld fließt, ist das nicht entscheidend. Sie sind dazu gekommen, sich auf die Regierung zu verlassen. Sie brauchen die Hypothekenbanken wie Fannie Mae ... und die Arbeitslosenversicherung ... und die soziale Sicherheit ... und Jobs ... und die Fed ... und fiskalische Stimulierungen. Oder zumindest denken sie, dass sie das brauchen.

      Nach 50 Jahren Boom des Dollarstandards ist der durchschnittliche Amerikaner heute weniger frei als je zuvor. Er ist ein Sklave der größten Regierungsausgaben und der größten Staatsverschuldung der Geschichte ... und der höchsten Hypotheken und der größten privaten Schuldenlast, die es jemals gab. Der durchschnittliche Amerikaner hat sein Haus voll beliehen ... er hat Kreditkartenschulden aufgehäuft. Jetzt hat er keine Freiheit mehr; er muss seinen Job behalten ... er muss die Leitzinsen im Blick behalten ... er muss ein Interesse an der Regierung von George W. Bush haben (denn jetzt hängt er von dieser Regierung ab)!

      Richard Benson schrieb letzte Woche im Barron`s Magazin: "Am 4. Juli sollte die Freiheit und die Unabhängigkeit gefeiert werden, aber die Banker sind die einzigen, die sich freuen. Niemals zuvor waren die Amerikaner so verschuldet ( ...). Die Amerikaner glaubten früher, dass sie dann frei wären, wenn sie schuldenfrei wären. Heute wollen die Amerikaner nur die Freiheit, mehr Schulden zu machen, selbst wenn das bedeutet, dass man dadurch auf dem Weg ist, durch die Schulden versklavt zu werden."

      Der durchschnittliche Bürger ist nur ein paar Schecks von der Zwangsversteigerung seines Hauses entfernt. Er hat nicht länger die Freiheit, sich zurückzulehnen ... zu reflektieren ... zu denken ... sich Dinge durch den Kopf gehen zu lassen ... oder die Widersprüche zu genießen. Stattdessen muss er den Worten der Ökonomen lauschen, als ob diese etwas bedeuten würden ... und er muss sich vor den Politikern verbeugen, die sein Leben kontrollieren ... und er muss nach der Pfeife von Behörden tanzen, von denen er vielleicht einen Dollar bekommen könnte.

      Die Botschaft von George W. Bush endet mit einer einnehmenden persönlichen Note: "Laura und ich senden Ihnen unsere besten Wünsche für einen sicheren und erfreulichen Unabhängigkeitstag ..."

      Laura wer, fragte ich mich? Ach ja, ... die First Lady.

      Wie ich es geschafft habe, mit dieser Frau auf der Basis des Vornamens zu kommunizieren, weiß ich nicht. Ich habe sie nie getroffen. Warum sie mir einen glücklichen Tag wünschen sollte, verstehe ich nicht. Aber das sind die sonderbaren, barocken Überspanntheiten von Amerika, die es zu so einem einnehmenden Platz für seine Bürger und zu einem so reichen Schatz für zeitgenössische Ethnologen und Komiker machen.

      Auch diese Leute werden sich wegen der Widersprüche wundern. Warum feiern die Amerikaner die "Freiheit" noch lauter, während sie gleichzeitig immer weniger frei werden? Wie können Sie sich "Home Of The Brave", also Heimat der Tapferen, nennen, wenn sie kleine Dritte-Welt-Länder angreifen, die sich nicht verteidigen können? Wie können sie ihre eigene Unabhängigkeit hochleben lassen, wenn sie zwei ausländische Nationen besetzt haben?

      Die meisten Leute werden die Widersprüche komplett ignorieren. Viele werden sie als Heuchelei sehen. Einige werden entrüstet sein. Und ein paar wenige werden den Rhythmus eines Tangos hören und den Feiertag genießen
      investorverlag.de
      Avatar
      schrieb am 07.07.03 21:39:08
      Beitrag Nr. 3.429 ()
      Das Lügengebäude unserer Politiker

      Joschka Fischer, Grüne, Aussenminister

      Kein "Anti-Terror-Rabatt": "Unter keinen Umständen darf es bei der Bekämpfung des Terrors zu einer Aushöhlung von Grundnormen kommen." SZ, 8.6.2002, S.6
      Dagegen beschneidet das "Terrorismusbekämpfungsgesetz" drastisch die Grundrechte von Flüchtlingen, Migranten und Bundesbürger (Briefgeheimnis, Postgeheimnis, Fernmeldegeheimnis)


      Lügen von Hans Eichel, SPD, Bundesfinanzminister.

      "Wir machen keine Schulden, das haben wir immer klar gemacht, wir weichen nicht in Schulden aus." ARD, 1.9.2002, zitiert nach SZ, 5.12.2002, S.21.

      "Es wird keine Steuererhöhungen geben. Die Steuerbelastung wird nicht steigen, sondern sinken." Handelsblatt, 15.4.2002, zitiert nach SZ, 5.12.2002, S.21.
      Im vierten Quartal 2002 wurden von der wiedergewählten Regierung unter Schröder mit Finanzminister Eichel Steuern erhöht, obwohl sich die der Aussage vom 15.4. zugrunde liegende Situation nicht geändert hatte.

      Zur Frage, ob der EU Stabilitätspakt aufgeweicht werden dürfe: "Auf gar keinen Fall, es wäre ein fundamentaler Fehler, wir werden unsere hand dazu nicht reichen. Es wird übrigens auch nicht so sein. Ich bin sicher, wir kriegen keinen blauen Brief aus Brüssel." ARD, 17.9.2002, zitiert nach SZ, 5.12.2002, S.21.
      "Ich habe gerade die Steuereinahmen für den September auf den Tisch bekommen und damit muss ich wohl davon ausgehen, dass wir das Drei-Prozent Kriterium nicht werden einhalten können." ARD, 16.10.2002, zitiert nach SZ, 5.12.2002, S.21.

      Macht nichts wie wir ja nun wissen !!

      Hier gibts mehr !
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      Studie: Ein Drittel der Handelsunternehmen steht vor Aus

      München (dpa/lby) - Rückläufige Konsumausgaben und der Trend zu Billigmarken machen dem deutschen Handel zu schaffen. Rund ein Drittel aller Handelsunternehmen stehe vor dem Aus, ergibt eine Studie der Unternehmensberatung Wieselhuber und Partner, die am Montag in München veröffentlicht wurde.

      "Die aktuelle Wirtschaftskrise verstärkt strukturelle Probleme der Handelsunternehmen", sagte Wolfgang Groß, Geschäftsbereichsleiter Handel der Unternehmensberatung. Vor allem mittelständische Warenhäuser und Fachhändler seien in den kommenden fünf Jahren von der Pleite bedroht.

      Gewinner der Entwicklungen seien insbesondere Discounter und Handelsketten.
      Einen wirklichen Aufwärtstrend kann Groß trotz Meldungen über eine leichte Erholung der Branche nicht sehen. So hatte der Einzelhandel nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Mai im Vergleich zum Vorjahresmonat ein Umsatzplus von 0,3 Prozent verbucht. Der Absatz stieg demnach um 0,8 Prozent.

      Der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels hatte diese Ergebnisse als erste Anzeichen für ein Ende der Konsumkrise gewertet. "Gute Nachrichten kommen von den Verbänden, und die sind daran interessiert, für eine gute Stimmung zu sorgen", sagte Groß.
      dpa ca yyby ra 071730 Jul 03

      Tja Leute, wo geht ihr einkaufen ? Kauft ihr euren Rasierapparat bei Pro Markt oder beim E-Laden "um die Ecke" ? Wie heißt es doch so schön ?
      "Support your local Dealer". Nichts gegen Discounter, aber die Entwicklung nicht gutheißt, muß, wo es eben geht, halt zum kleinen Laden in der Nähe.

      http://www.miprox.de/News.html
      Avatar
      schrieb am 07.07.03 21:46:08
      Beitrag Nr. 3.430 ()
      #3427

















      Und Dir mal ein herzliches Dankeschön, bluemoons !
      Avatar
      schrieb am 07.07.03 21:54:11
      Beitrag Nr. 3.431 ()
      Wie das ZDF wirtschaftet

      Eis exklusiv


      Dem ZDF geht nach eigener Einschätzung bald das Geld aus. Der Mainzer Sender verfügt in diesem Jahr zwar über 1,8 Milliarden Euro, auf Dauer reiche selbst so ein Etat nicht, behauptet Intendant Markus Schächter.

      von Klaus Ott



      (SZ vom 08.07.2003) — Fast 350 Millionen Euro per anno benötige das TV-Unternehmen ab 2005 zusätzlich, sonst könne es kein gutes Programm mehr finanzieren. „Wir sparen überall“, sagt Schächter.

      Weil die Mittel knapp seien, habe die „Frische des Programms deutlich gelitten“. Folglich müsse die Rundfunkgebühr unbedingt erhöht werden.

      Um die Länder und deren Gebührenkommission KEF zu überzeugen, rechnet das ZDF bis ins Detail vor, wie sorgsam es wirtschaftet. Selbst beim Einkauf von Getränken und Nahrungsmitteln werde jede Chance genutzt, die Gebührenzahler zu entlasten.

      Für exklusive Abnahmeverträge hat die Anstalt auf dem Mainzer Lerchenberg, die dort einige tausende Beschäftigte sowie mehrere zehntausend Besucher pro Jahr versorgen muss, Investitionshilfen verlangt.

      57.000 Mark kamen so für den Bau eines Pavillons zusammen, in dem Gäste des ZDF-Fernsehgartens verköstigt werden, weitere 50.000 Mark gab es als Darlehen, das inzwischen getilgt ist.

      Im Gegenzug erhielt das Münchner Brauhaus Paulaner einen Vertrag über fünf Jahre und darf dem ZDF bis zum 30. Juni 2005 exklusiv Weißbier liefern, bis Ende April 2005 wird die Brauerei Jever aus Jever in Niedersachsen seine Produkte nach Mainz schicken.

      Beim Getränkekonzern Apollinaris & Schweppes in Hamburg kauft das ZDF bis Mai 2006 das Mineralwasser, Speiseeis kommt bis Ende 2004 ebenfalls aus der Hansestadt Hamburg, von der Langnese-Iglo GmbH.

      Diese leistete mit 25.000 Mark auch den größten Beitrag zu den Investitionshilfen, Apollinaris ist mit 12.000 Mark engagiert, die beiden Brauereien mit je 10.000 Mark. Vielleicht wäre beim Biereinkauf, nüchtern betrachtet und eiskalt verhandelt, ja noch etwas mehr herauszuholen gewesen.


      sueddeutsche.de
      Avatar
      schrieb am 07.07.03 22:17:31
      Beitrag Nr. 3.432 ()
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      Dollarkrise und das U.S.-Imperium
      von Jeffrey Sommers
      ZNet 20.06.2003


      Die Vereinigten Staaten haben den Tag der Abrechnung seit der Dollarkrise in den frühen 70ern aufgeschoben, als die in die Höhe schnellenden Kosten des „Vietnamesen Töten“, um die gleichen „zu befreien, und gleichzeitig andere Erhaltungskosten des Imperiums stiegen. Die Rechnung ging nur auf, als die USA ihre imperialen Bemühungen mit Projekten der Armutsbekämpfung koppeln mussten, die darauf ausgerichtet waren, die aufkommende demokratische Welle und die Hoffnungen, die dem Zweiten Weltkrieg entsprungen waren, zu bändigen. Der Rest der Welt sträubte sich vor den Ausgaben der Vereinigten Staaten, und die Zentralbanken begannen, Dollars gegen das versprochene Gold, das die U.S.-Währung stützte, einzulösen. ( Anm. d. Übersetzers: Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Währungssystem von Bretton-Woods mit einer festen Goldparität etabliert. Die U.S.-Zentralbank verpflichtete sich, pro 35 $ 1 Feinunze Gold zu tauschen. Als dann der Vietnam-Krieg und die nötige Sanierung der Sozialsysteme Kredite forderte, entwertete sich der Dollar faktisch, aber die Parität blieb bestehen. Somit wurden U.S.-Produkte für den ausländischen Markt zu teuer. Mit diesem Fakt im Hinterkopf wechselten viele Staaten ihre Dollarreserven schon früh in Gold um, also ein doppelter Verlust für die Vereinigten Staaten. Nixon löste das System der Goldparität auf)

      Also entledigten sich die US des Dollar-Gold-Standards und wechselten zu einem reinen Papiergeld, ohne wirkliche Deckung.

      Die Vereinigten Staaten stielten mit dieser Masche einen Reichtumstransfer vom Rest der Welt auf ihre Konten ein. Sie entwichen so gerade noch dem Ansturm auf den Dollar und verhinderten das Anschwellen von demokratischen Strömungen an der Heimatfront und in Übersee in den 70ern. Aber das Imperium schlug zurück. Die USA drehten die Krise zu ihren Gunsten, indem sie sich einer Kombination aus Experimentierfreudigkeit, Opportunismus und Planung zu eigen machten. Das U.S.-Finanzministerium machte aus der Herausforderung der mittlerweile horrend angestiegenen Ölpreise einen guten Deal. Es hatte keine andere Wahl. Die USA schlossen einen Vertrag mit den Saudis für Waffenlieferungen und abgesicherte Investitionen – im Gegenzug für den Ölreichtum. Die Saudis verschafften den Vereinigten Staaten eine Monopolstellung: der Papierdollar wurde zur Weltwährung. Dies war kein Entwicklung des Marktes, sondern Realpolitik, die die Dollardominanz sicherte, auch wenn dieser nicht mehr durch eine Goldparität gestützt wurde. Alle Nationen der Welt, die Öl kaufen wollten, mussten in U.S.-$ zahlen, und finanzierten damit indirekt reelle Warenwerte, die jetzt den Dollar repräsentierten. Die Saudis und andere ölproduzierende Staaten legten ihre Ölreichtum bei den U.S.-Banken und in T-Bills an. Die USA profitierten dadurch, da sie das Geld an andere Nationen verliehen und ernteten dadurch Massen von Zinsen, vor allem aus den ärmsten Ländern der Welt.

      Seit den 70ern haben die USA lediglich die Geldpresse angeschmissen, und haben Öl, andere Ressourcen und Fertigprodukte als Gegenleistung bekommen. Das einzige Problem mit dieser tugendhaften Geldzirkulation gegen effektive Waren ist, das irgendwann vielleicht der Rest der Welt nicht mehr mitspielt, und der Dollar dann kollabieren könnte.

      Die frühen Zeichen dieses Szenarios sind schon zu sehen. Der Euro wurde konzipiert, um an den Aktionen der Vereinigten Staaten zu profitieren – und Europas Spiel scheint zu funktionieren. In der Tat war eine der Kardinal-Sünden Saddam Husseins die Auszeichnung von Öl-Preisen in Euro anstelle des Dollar. Wären andere Öl-Anbieter diesem Vorbild gefolgt, wäre das ein harter Schlag für den Dollar gewesen. Noch bedrohlicher war, dass der malaysische Ministerpräsident Mahathir Mohamad verkündete, dass es kein Problem sei, Öl generell in Euro auszuzeichnen. Iran hat ähnliches geäußert, aber angesichts der jüngsten Geschehnisse in Irak und dem Säbelrasseln Richtung Nord-Korea und Syrien die Rhetorik etwas abgekühlt. Außerdem sichern sich unter anderem Länder wie China ihre eigene Währung in Euro ab und nicht in Dollar. Das Papiergeld braucht als Gegenleistung real existierende Waren, und je weniger Nationen den Dollar halten, desto geringer fällt die Unterstützung für die USA aus. Es ist eher die Dollar-Standard-Gaunerei, die den Vereinigten Staaten ermöglicht jedes Jahr eine halbe Trillionen $ Defizitfinanzierung zu erzeugen, welches der Rest der Welt zahlt, als der weberianischen Arbeitsethos und andere Quacksalberprinzipien, die versuchen, den „Erfolg“ der U.S.-Wirtschaft zu erklären – und selbst heute noch behaupten dies einige immer noch, nachdem der große Wertmarkt im Millenium stark eingebrochen ist. Dies ist gleichbedeutend mit einer globalen Unterstützung jeden U.S.-Bürgers. Aber natürlich sind in diesem Wohlstandsystem nicht alle Güter gleich verteilt. Die Reichen nehmen den Löwenanteil für sich, während der Rest sich zufrieden geben muss mit billigen Elektronikspielzeugen und anderen „Versüßungen“, die die Wirtschaft den Bürgern als Ausgleich für Gesundheitssysteme, Bildung oder anständige Wohnungen zur Verfügung stellt.

      Eine Umstrukturierung ist aber am Horizont zu sehen.

      In der Tat ist sie schon sichtbar. Bis jetzt konnten die USA ihr prolifigate spending durch die Zinszahlungen des Geldes finanzieren, was sie dem Rest der Welt entlockt haben, das auch, da die armen Länder mittlerweile schon so viele Zinsen bezahlt haben wie sie eigentlich an Kredit aufgenommen haben. Die Japaner bezahlen das prolifigate spending, indem sie das gesparte Kapital in T-Bills anlegen. Die Europäer, vor allem die Deutschen, halten dieses System in Schwung, da sie mit dem Kauf von Schuldverschreibungen der Regierung einen Großteil mitfinanzieren. Und Chinesen füllen ebenfalls den Graben auf, indem sie große Dollar-Reserven halten. Aber all diese Staaten haben ihre eigenen Probleme und brauchen vielleicht irgendwann die Ressourcen, die sie jetzt halten und damit die U.S.-Wirtschaft zu stützen und deren Defizitspending.

      Sollte dies passieren, würden die Führer der Elite den USA Konditionalität, Sparsamkeit und das Gift verordnen, dass den Rest der Welt seit dreißig Jahren belastete, und das mit neuer Energie. So gut wie sicher ist, dass uns die Intellektuellen und Gelehrten sagen werden, es sei das Beste für uns alle und gleichzeitig auch die „Schuldigen“ nennen, die für diese „Krankheit“ verantwortlich sind. Die Eliten vertrauen dem U.S.-Finanzministerium und in den Country-Clubs, die von Firmeninhabern dominiert sind, macht sich die Forderung breit, dass sich die Arbeiter schon mal an einen niedrigeren Lebensstandard gewöhnen sollen. Natürlich sind dies die selben, die sich daran gewöhnen mussten, zu dem 1% zu gehören, das die Spitze des Wohlstandes darstellt. Wie gewöhnlich soll unter den Reichen eine gewisse Art von „Sozialismus“ herrschen und für den Rest der brutale Kapitalismus.

      Durch die letzten Bemühungen dieser Lobby hat sich die Durchschnittsarbeitszeiten dramatisch gesteigert – sie übertreffen die der Japaner. Die meisten U.S.-Arbeiter müssen härter und mehr arbeiten, allerdings für weniger Geld und weniger Zuschüsse, zugleich wird die Arbeitslage immer schwieriger. Doch bisher sind die USA vornehm zu Grunde gegangen. Durch eine Deflationsspirale und dem Zusammenbruch des Dollar würden sie eine Klippe runterfallen, dies würde zusätzlich einen Vertrauensverlust in die Währung bedeuten.

      Solange werden die USA Länder wie zum Beispiel Japan, Deutschland und den Saudis mit Zerstörung ihrer Aktivposten in den Vereinigten Staaten drohen, um zu verhindern, dass sie ihre Investitionen in T-Bills nicht zurückziehen, oder dann eingreifen, wenn der Euro wirklich zu einer Dollar-Alternative werden sollte.

      Doch wenn globale Investoren und Zentralbank-Manager in Panik geraten, und die eigene interne Wirtschaftskrise voraussetzt, dass die Investitionen in den USA zurückgezogen werden, könnte es für die Vereinigten Staaten eng werden.

      Dies wäre nicht nur ein Horrorszenario für U.S.-Amerikaner, so gut wie sicher ist, dass das Kapital soviel Belastung wie möglich auf die Rücken der Durchschnittsbürger verteilt und natürlich auf den Rest der Welt. Eine Wirtschaftskrise in den USA würde die Welt in größere Bedrohung bringen, als militärische Abenteuer einer Regierung, die sowohl ablenken will von ihren innenpolitischen Problemen als auch Mittel sucht, ihr Imperium zu stützen.

      http://www.zmag.de/article/article.php?id=706
      Avatar
      schrieb am 07.07.03 22:26:55
      Beitrag Nr. 3.433 ()
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      Kapitalismus und Demokratie „kommen nicht gut miteinander aus“
      Reflexionen über Globalisierung

      von Paul Street
      Z Magazine 01.06.2000


      Enthusiastische Befürworter der ökonomischen Globalisierung wie zum Beispiel Bill Clinton, Madeline Albright, Tony Blair, Außenpolitik-Kolumnist der New York Times Thomas Friedman und die nicht legitimierten Offiziellen der Welt Handels Organisation (WTO) wiederholen immer wieder einen klassischen Fehler des Kalten Krieges, indem sie behaupten, dass die Globalisierung beide Seiten der historischen Medaille fördere: Kapitalismus und Demokratie. Man muss kein Marxist sein oder einer anderen Form von Radikalismus anhängen, um anzuerkennen, dass die fälschlicherweise zusammengebrachten Phänomene grundsätzlich Unterschiede haben, aus den einen fundamentaler Konflikt entsteht. Der Wirtschaftsliberale Lester Thurow schreibt, dass „Demokratie und Kapitalismus zwei grundverschiedene Ansichten über die angemessene Verteilung von Macht haben. Die Demokratie beruht auf einer Gleichverteilung der Macht: „Eine Mensch, eine Stimme.“ Während der Kapitalismus auf dem Gedanken beruht, dass der ökonomisch Stärkere den Schwächeren aus dem Geschäft schmeißt und so seinen Untergang besiegelt - ‚Survival of the fittest´ und eine ungleiche Machtverteilung ist das, worauf kapitalistische Wirtschaftlichkeit baut. Der individuelle Profit steht an erster Stelle und Firmen werden wirtschaftlich, um mehr Kapital anzusammeln. Um es in eine klare Aussage zu packen: Kapitalismus ist perfekt vereinbar mit Sklaverei. Demokratie nicht.“ Mit dem gleichen Gedanken schreibt der Wirtschaftskorrespondent der Chicago Tribune R.C. Longworth, ebenfalls kein radikaler, dass der „Kampf zwischen Kapitalismus und Demokratie“ das Kernstück der „gegenwärtigen Diskussion über die globale Wirtschaft ist. In der Theorie lassen sie sich vielleicht kombinieren“, behauptet Longworth, „aber die Grundzüge der Demokratie sind die Gleichheit vor dem Gesetz, das Recht eines jeden Menschen die Entscheidung selbst zu treffen, die sein Leben beeinflusst und die Schaffung einer Gesellschaft, die auf Gerechtigkeit und Gleichheit beruht. Die entscheidenden Faktoren des Kapitalismus sind: Ungleichheit, Profit für den Geldgeber und die Effizienz der Produktion und des Vertriebes.“

      Von radikaler Seite aus gibt es an den allgemein gehaltenen Aussagen Thurows und Longworths sicherlich einiges zu kritisieren. Aber im Großen und Ganzen sind beide einsichtig, ehrlich und auch korrekt; und das in einer Art, in der es die Clinton-Administration nicht ist, wenn sie behauptet, dass jedes lateinamerikanische Land, mit Ausnahme Kubas, den Schritt zur Demokratie hin erfolgreich zustande gebracht habe. Selbst der altehrwürdige und rechtsgerichtet Think-Tank Freedom House lehnt es ab, zahlreiche lateinamerikanische Staaten (das beinhaltet Mexiko, Brasilien, El Salvador, Guatemala, Haiti, Paraguay, Kolumbien, Peru und Ekuador) als „freie“ und demokratische Staaten zu bezeichnen, da sie kapitalistisch sind (die Bezeichnung „frei“ wird aber vom Freedom House für Chile verwendet, wo immer noch viele Arbeiter und Intellektuelle Angst haben, ihre Meinung frei zu äußern).

      Die große westliche Verknüpfung der Demokratie mit dem Kapitalismus hat seine Ursprünge in der Krise des europäischen Feudalismus und der großen europäischen und nord-amerikanischen Bourgeoisie-Revolutionen vom 17. bis zum 19. Jahrhundert. Sie erreichte ihren offiziellen Verbreitungshöhepunkt während des Kalten Krieges, als die U.S.-Propagandamaschine eine Alles-oder-Nichts-Teilung propagierte zwischen dem Kapitalismus in einer „freien Welt“ mit dem Hauptsitz in Washington DC; und einem expansionistischem „Kommunismus“ mit totalitärer Prägung personifiziert in Moskau. Diese Doktrin des Kalten Krieges liefert einen ideologischen Deckmantel für die Finanzierung zahlreicher pro-kapitalistischer und globalisierungsfreundlicher Diktaturen in der ganzen Welt. Sie vernebelt außerdem die wahren Bestrebungen der Industrienationen. Unterhalb der sichtbaren demokratischen Prozesse und generell starken Bürgerrechte sind diese Staaten komplett zentralisierten Entscheidungen, hierarchischer Wirtschaftsmacht und akkumuliertem Großkapital unterworfen – eine Bedingung die gut in die Postära des Kalten Krieges passt.

      Die Hartnäckigkeit des „Heimatlandes der demokratischen Werte“ ist dabei bemerkenswert (wie zu Zeiten des Kalten Krieges). Als der britische Ministerpräsident Tony Blair dem Chicago Economic Club erklärte, warum „die internationale Gemeinschaft (das sind die führenden Industriestaaten) nicht davor zurückschrecken darf, sich in die internen Angelegenheiten von „Schurkenstaaten“ wie zum Beispiel Irak und Serbien im vergangenen April einzumischen“, argumentierte er, dass „wenn Regime auf der Macht einer Minderheit beruhen, sie ihre Legitimität verlieren.“ Doch während Blair nicht im Traum daran denken würde, seinen U.S.-Seniorpartner als eine „Regime“ das durch eine „Minderheit regiert wird“ zu bezeichnen, sprechen nordamerikanische Reformer im Sinne eines weitverbreiteten Gedankens, wenn sie die U.S.-Wahlen als einen de facto Sieg des „Wohlstandsprivileg“ bezeichnen. Nordamerikanische Kandidaten ohne große finanzielle Ressourcen oder Zugang zu solchen, können den Gedanken ad acta legen, in den Wirtschafts- und Medienkampagnen ernst genommen zu werden. Viele U.S.-Bürger sehen das demokratische Ideal des „ein Bürger, eine Stimme“ negiert durch die harte Realität der „Dollar Diplomatie“ und der „goldenen Regel“ („die, die das Gold haben, regieren“). Die Kandidatenauswahl und die politisierenden Prozesse sind ein Privileg der obersten 10% der U.S.-Gesellschaft, die über mehr als 73,2% des Kapitals verfügen.

      Dies führe zu einem Rückzug des normalen Bürgers in ein scheinbar rationales Leben, wie der „Gelehrte“ der Mainstream-Medien William Pfaff letzten Juli mit außergewöhnlicher Offenheit anerkannte. „Als sich die Vereinigten Staaten den Präsidentschaftswahlen 2000 näherten, in denen mehr Geld als je zuvor ausgegeben wurde, mussten wir zugeben, dass die USA mehr einer Plutokratie glichen als einer Demokratie. Geld regiert die Regierung. Ein Wandel, der irreversibel sein könnte“, schrieb Pfaff in der Chicago Tribune. Aktivisten und Intellektuelle versuchen den Funken zu entzünden, der nötig ist, um die Fakten der politischen Opposition durch ein System zu verbreiten, in dem weniger als 10 Medienmogule mehr als 50% der nationalen Elektro- und Printmedien beherrschen. Kein Wunder also, dass die U.S-Reformer darüber nachdenken, die UNO um internationale Inspektionen anzurufen, die die Wahlen 2000 als „offenen und freien politischen Prozess“ bestätigen.




      Ein tägliches Referendum

      Als ob das alles noch nicht schlimm genug wäre, hat der Gebrauch des Wortes „demokratisch“ im Zusammenhang mit einem immer mehr allgemeingültigerem und weltumfassenden Kapitalismus etwas besonders verwerfliches, gerade wenn die U.S.-Eliten diese Verknüpfung herstellen. Wenige, wenn überhaupt irgendein Aspekt des zeitgenössischen Kapitalismus` ist weniger demokratisch, als vielmehr eine klare Tendenz zur Globalisierung hin. Wie Edward S. Herman erklärt, „liegt die Globalisierung der letzten Dekaden keiner demokratischen Legitimierung zugrunde – der Prozess hat als alleinige Triebfedern die freie Marktwirtschaft und die Strategien der freien Marktwirtschaft – also alles für die Absichten der freien Marktwirtschaft.“ Ganz oben auf der Liste „der Absichten der freien Marktwirtschaft“ ist die Aufweichung der Volkssouveränität. Das Kapital trachtet mit Hilfe der Globalisierung danach, die demokratische und staatliche Regulierung sowie den Einfluss der Gewerkschaften zu umgehen, zu stürzen und auszuschließen.

      Diesem Phänomen wird auch in den Mainstream-Medien der Zeit nach dem Kalten Krieg deutlich zugestimmt, da das scheinbare Fehlen eines antikapitalistischen Feindes eine neue Offenheit in Teilen der U.S.-Intelligentia hervorruft. Anfang des Jahres 1997 zitierte der Chicago Tribune Reporter William Neikirk den Verantwortlichen einer global führenden Firma für Sicherheit: „Es gibt einen globalen Kapital-Pool der täglich von Land zu Land fließt. Dadurch läuft es jeden Tag auf ein Referendum der Wirtschaftspolitik einer jeweiligen Regierung hinaus. So werden selbst die größten Länder diszipliniert und gezwungen ihre Politik in eine konservative Richtung zu dirigieren.“

      Neikirks Kollege vom Tribune R.C. Longworth äußerte sich ebenfalls sehr offen und frei: „An Arbeitgeber brauch noch nicht einmal Stellen nach Asien zu verlegen, um die Verbleibenden dazu zu bringen, die Lohnkürzungen zu akzeptieren. Die bloße Möglichkeit es zu tun reicht im globalen Zeitalter aus. `Die Möglichkeit kreiert die Realität,´ gab Norbert Walter, Manager der Deutschen Bank, zu. In Stuttgart erklärte mir Jürgen Müller, ein Manager von Daimler Benz, wie schnell die Arbeiter einer Lohnkürzung zustimmten, als Daimler mehrere Werke im Ausland eröffnete, eines in Tuscaloosa, Alabama. `Sie können sich gar nicht vorstellen, welche Wunder das Beispiel Tuscaloosa in der Diskussion mit unseren hiesigen Arbeitern wirkte,´ sagte er.“

      Laut des britischen Politikwissenschaftlers David Marquand, „halt die Rhetorik der Globalisierung schon von allen Dächern wieder... Warum Deregulierung? Um dem Druck des globalen Wettkampfes stand zu halten. Warum niedrige Steuern für die großen Firmen und nicht Zuschüsse für verarmte öffentliche Einrichtungen? Weil die Globalisierung der Finanzmärkte Steuererhöhungen ausschließt. Warum fallende Löhne und sinkende soziale Schutzmaßnahmen? Weil unsere ungelernten Arbeiter jetzt mit den Millionen von hungrigen Asiaten konkurrieren müssen, die froh sind, für weniger zu arbeiten.“

      Radikale Intellektuelle führen momentan eine interessante Debatte, in welchem Ausmaß die Globalisierung eine tatsächliche und strukturell neuartige Bedrohung darstellt für die Arbeiter und die Demokratie in den Kernstaaten des weltweiten Kapitalismus`. Keiner dieser Analysten der Linken würde der Gedanke kommen, dass allein der Diskurs eine potente Waffe ist, in den Händen der elitären Kreise der Wirtschaftsbosse. Neben der Frage, inwiefern hier die exakte strukturell-ökonomische Realität wiedergespiegelt wird, spielt der weitverbreitete, wechselseitige, feierliche und fatalistische Sprechgesang der Globalisierung die gleiche ideologische Rolle, wie es einst der Kalte Krieg tat. Die Globalisierung vermittelt ein Grundprinzip für die Dauerhaftigkeit und Unterstützung von Ungleichheit und Repression.





      Warum die U.S.-amerikanischen Chief Executive Officers Diktatoren bevorzugen

      Das alles liefert uns einen hervorragenden Background, um die neusten Forschungen über Demokratie, Handel, Investitionen, Lohn-Fixierungen und die U.S.-amerikanische Bevorzugung im Weltkapitalismus der Nach-Ära des Kalten Krieges zu verstehen. Laut einer jüngsten Studie des New Economy Information Service (NEIS) – ein gewerkschaftsnaher Think-Tank, der sich mit den Auswirkungen der Globalisierung befasst – fließt U.S.-amerikanischen Kapital mit Vorliebe in Länder, die von Diktatoren regiert werden. Nach mehreren Überprüfungen der Statistiken der U.S.-Regierung und der Weltbank zum Thema Welthandel und weltweiten Investitionen, und mit einer weiteren Gegenprobe des vergleichenden Rankings des Freedom Houses, hat das NEIS festgestellt, dass 72% aller Investitionen der USA in Entwicklungsländer fließen, die als „unfrei“ zu bezeichnen sind. Zur gleichen Zeit hat sich der Import der Vereinigten Staaten, der aus den „unfreien“ Ländern kommt, seit dem Ende des Kalten Krieges von der Hälfte auf fast zwei Drittel des Gesamt-Imports gesteigert, und das, obwohl die Kriterien des Freedom House für „freie“ und „teilweise freie“ Staaten deutlich gesunken sind. Außerdem sollte im Hinterkopf behalten werden, dass ein Großteil der Importware aus den Entwicklungsländern tatsächlich eine Verschiebung von Aktivposten von den Entwicklungsländern in U.S.-Branchen mit in den Vereinigten Staaten ansässigen, multinational operierenden Firmen sind.

      Um die obengenannten offenbaren Anomalien im nach USA- und WTO-Doktrin geprägten „demokratischen“ Kapitalismus zu erklären, gibt Longworth offen zu, dass „Löhne tiefer sind in diktatorische geführten Ländern, als in Demokratien, da Diktaturen den Firmen Vorteile bei Exporten ermöglichen. Die Investitionsfrage ist etwas komplexer, aber der NEIS-Report stellt eine Kombination aus Faktoren heraus – tiefere Löhne, kaum Umweltrechte, keine Gewerkschaften – die Diktaturen den Vorzug geben.“

      Diese Analyse ist durch eine Studie der Zeitung Business Week sachlich belegt worden. Laut des Harvard-Handelsökonom Dani Rudik, der ebenfalls die Kriterien des Freedom House für seine Kategorisierung von Freiheitsrechten benutzt, zahlen demokratische Länder Arbeitern wesentlich mehr Lohn als es Autokratien tun. Rudiks Studie mit 93 Ländern ergab, dass Arbeiter in „freien“ Ländern 30% mehr Lohn verdienen als Arbeiter in „teilweise freien“ Ländern und sogar 60% mehr Lohn als in „unfreien“ Nationen, und das bei gleicher Qualität. Es sei ein kapitalistischer Mythos, dass der freie Markt die Löhne bestimme: autoritäre Regime würden den Profit an das nationale und internationale Kapital auszahlen, wogegen Demokratien eine nicht unbeträchtliche Summe an die Arbeiter weiterleiten würden, die glücklich seien, in einem freien Land zu leben.

      Aufschlussreich ist Rudiks Vergleich zwischen China und Indien, beides Staaten die massiv wirtschaftlich aufholen, aber zwei vollkommen unterschiedliche politische Systeme haben. Er fand heraus, dass das relativ freie Indien in den Jahren von 1990 bis 1994 einen Jahresoutput von 3118 $ pro Arbeiter hatte. Indiens Fabrikarbeiter verdienten im Schnitt pro Jahr 1192 $. Mit einem fast ähnlichen Jahresoutput von 2885 $ pro Arbeiter zahlte das autoritäre China aber nur 498 $ Lohn während der gleichen Periode – ein entscheidender Unterschied, der erklärt, warum China eher als Indien die neue U.S.-Zone der Investitionen und des „Handels“ sei.

      Eher überraschend als diese Feststellung ist die Offenheit, mit der Longworth seine Erklärungen vertieft, indem er die Synergie zwischen den entscheidenden Überlegungen und den autoritären Werten der U.S.-amerikanischen Chief Executiv Officers und des Dritte Welt Faschismus anerkennt. Er schreibt, dass Diktatoren „im Allgemeinen starke Führer sind, die für schnelle Entscheidungen sorgen, Resultate liefern und die Opposition zerschmettern. Diese Qualitäten gefallen vielen Wirtschaftsmogulen, die selbst in anti-demokratischen Strukturen arbeiten.“

      Um diese außergewöhnlich ehrliche Analyse zu stützen, zitiert Longworth Ron Leven, ein Währungsexperte der internationalen Investmentfirma J.P. Morgan, der einen aufschlussreichen Satz über Indonesien sagte, als sie sich selbst durch die Absetzung des Diktators Suharto vom U.S.-Sponsoring abkapselten. „Demokratie ist eine wünschenswerte Regierungsform. Aber es ist nicht die effizienteste Form,“ proklamierte Leven. Oder wie AFL-CIO-Funktionär Thomas Palley es auf den Punkt brachte: „Profit und Moral passen nicht gut zusammen.“ Exakt – und das ist auch der Grund, warum Tausende von Arbeitern, Umweltaktivisten, Linke und andere beunruhigte Bürger bemerkenswerte Massenproteste bei der Tagung der Welt Handels Organisation, ein autokratisches Organ, das sich für die Freiheit des weltweiten Kapitals einsetzt, welches die Entwicklungsländer ausbeutet, in Seattle organisierten.

      Effizienz ist ein interessantes Schlüsselwort, bei dem ein konservativ ideologischer Unterton mitschwingt und zum festen Wortschatz der U.S-Wirtschaftseliten gehört. Die formale Wörterbuchdefinition ist: Effizienz ist eine Erreichung von mehr Output unter der Prämisse von gleich viel oder weniger Input. Der ideologische Gebrauch dieses Terminus ist bei den Meistern der Ökonomie der Vereinigten Staaten und Propaganda ein anderer. Für den speziellen Typ der Effizienz, die vor allem für die Kapitalisten und deren Intelligentia von Bedeutung ist, gibt es eine spezifischere Bedeutung: mehr Profit von gleich viel oder weniger Investment-Input ( was Marx als endlose Beschäftigung des Geldes – Ware – Kapital darstellt). Diese Ansicht wird von den radikalen Demokraten strikt abgelehnt, da sie Demokratie als wünschenswerten „Output“ oder als ein Ergebnis der Politik aus sich selbst heraus sehen, und nicht nur als ein weiteres Mittel zum Zweck des Profits. Wenn wir uns letzterwähntes zu eigen machen, umfasst es ein moralisches Universum hinter dem kalten, autoritären und egoistischen Kalkulationen des Kapitalismus. Es ist genau das Universum, das vielleicht mehr als nur ins Auge gefasst wurde in den Straßen von Seattle Ende November Anfang Dezember 1999.



      http://www.zmag.de/article/article.php?id=701
      Avatar
      schrieb am 08.07.03 00:40:46
      Beitrag Nr. 3.434 ()
      bluemoons:

      Wieder eine beeindruckende Sammlung von Texten, die
      Du da reingestellt hast!

      Es gibt aber auch einige positive Nachrichten:

      Die Bahn beispielsweise hat einige 100 neue Doppelstock-Wagons
      bestellt.

      Bahn ist ein gutes Thema, denn wer Californien, ein Land
      etwas größer als Deutschland kennt, weiss welchen Nachholbedarf
      die Amis an ÖPNV noch haben. Bis deren Schienen-Netz
      halbwegs europäische Standards erfüllt, haben noch viele
      Menschen reichlich Arbeit vor sich!


      mfg
      thefarmer
      Avatar
      schrieb am 08.07.03 21:10:20
      Beitrag Nr. 3.435 ()
      Euro-Sentiment:



      Euro-Image ist angekratzt

      Käufer warten auf tiefere Einstiegskurse


      gol Frankfurt - Die Erholung, die den Euro Anfang letzter Woche bis auf die 1,16er Marke hievte, war nur von kurzer Dauer. Bis zum Freitag gab die Einheitswährung das Gros ihrer Gewinne wieder ab. Der Start in die neue Woche knüpfte fast nahtlos an die Abwärtstendenz der letzten drei Handelstage an; nur dass der Verkaufsdruck sich zusehends verstärkte und mittlerweile die tiefsten Kurse seit Anfang Mai gehandelt werden.
      Der jüngste Kursverfall hat dem Aufwärtstrend des Euro zwar noch keinen dauerhaften Imageschaden zugefügt, jedoch sichtbare Auswirkungen auf die Stimmung der Akteure gehabt. Ein Blick auf den Bull/Bear-Index verrät, dass sich deren Optimismus reduziert hat. Auch dieses Mal zieht man es vor, sich auf eine Seitwärtsbewegung einzustellen. Von einer uneingeschränkten Bereitschaft mittelfristig agierender Akteure, den Euro in die Schwäche hinein zu kaufen, ist zwar bislang nichts zu spüren. Jedoch fielen bis zum Abschluss der Erhebung die Kurse auch noch nicht so kräftig.

      Die Kaufbereitschaft der Händler liegt wohl um das Niveau von 1,13 Dollar. Bis dahin wird eine gewisse Zurückhaltung im Markt nicht verwundern. Unter den jüngsten Käufern dürften daher überwiegend kurzfristig orientierte Händler zu finden sein. Sie spekulieren auf schnelle Gewinnmitnahmen nach einer Erholung. Ob diese Akteure aber in der Lage wären, mit solchen Aktionen ein Euro-Revival abzuwürgen, ist zweifelhaft. Solange also mittelfristige Anleger nicht massiv mit Käufen zugeschlagen haben - dafür gibt es derzeit keine Anzeichen - gibt es also keinen Grund zur Sorge, dass störendes Angebot im Wege stünde.

      Dass Investoren weiterhin auf eine Seitwärtsbewegung setzen, zeigt sich an weiter fallenden, impliziten kurzfristigen Optionsvolatilitäten. Warten auf tiefere Kurse scheint derzeit die Devise zu sein. Und darauf sollte sich auch der Euro verlassen können.





      Börsen-Zeitung, 8.7.2003




      Zurück
      Avatar
      schrieb am 08.07.03 21:14:20
      Beitrag Nr. 3.436 ()
      Avatar
      schrieb am 08.07.03 21:20:08
      Beitrag Nr. 3.437 ()
      AUSSICHTEN FÜR DIE US-BÖRSE

      P - O - P - P

      Von Thomas Hillenbrand

      Nach der beeindruckenden Rallye der vergangenen Wochen haben US-Aktien inzwischen ein höheres Kurs-Gewinn-Verhältnis als auf dem Höhepunkt des Booms im Jahr 2000. Allzu optimistischen Investoren droht ein böses Erwachen.



      AP

      Luftige Sache: Kaugummi-Fan Jeff Cirillo von den Colorado Rockies


      Hamburg - Selbst nach einer inzwischen fast vier Monate dauernden Rallye an den internationalen Aktienmärkten sind viele Investoren immer noch besoffen vor Optimismus. "Wir sind mit der Rallye noch lange nicht fertig", jubelt etwa James Grefenstette, Fondsmanager bei Federated Growth Strategies.
      Obwohl der Leitindex Dow Jones seit dem Tiefstand 11. März mehr als 20 Prozent zugelegt hat, sehen viele Experten immer noch reichlich Potenzial - sowohl für die USA als auch für Europa. Richard Davidson, europäischer Aktienstratege bei Morgan Stanley, glaubt zwar nicht an einen mehrjährigen Boom wie in den Neunzigern. "Dennoch gibt es keinen Grund, das Geld jetzt aus dem Markt zu nehmen, so der Experte. "Weitere 10 Prozent sind sicher".

      Die Mehrheit der Experten sieht das ähnlich. Nach einer Untersuchung des Marktforschers Investors Intelligence, der regelmäßig Börsenpublikationen auswertet, sind derzeit mehr als 70 Prozent der Investoren "bullish" gestimmt.

      "Denn seine Zuversicht vergeht, seine Hoffnung ist Spinnweb"

      Die überbordende Zuversicht ist erstaunlich. Denn während Aktienbewertungen und ökonomische Daten in Europa noch halbwegs passabel aussehen, muss jedem Anleger, der in den USA investiert hat, beim genaueren Hinsehen eigentlich der kalte Schweiß ausbrechen.

      Da wäre zunächst das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), das den Börsenwert eines Unternehmens relativ zu den erwirtschafteten Profiten misst. Die im amerikanischen Standard & Poor`s Index notierten 500 wichtigsten US-Aktien weisen derzeit ein KGV von 33 auf. Ein ähnlich hohes KGV gab es beim S&P zuletzt im März 2000 - kurz bevor die Aktienblase platzte.


      IN SPIEGEL ONLINE

      · Börse am Nachmittag: T-Aktie belastet den Dax (08.07.2003)

      · Wall-Street-Ausblick: Ab heute tägliches Herzflattern (07.07.2003)




      Boom-Apologeten wenden ein, die Maßzahl sei zwar sehr hoch, aber zurzeit nicht relevant. Wichtiger erscheint ihnen die Tatsache, dass die historisch niedrigen Zinsen für Staats- und Unternehmensanleihen eine Investition in Aktien angeblich besonders attraktiv machen. Die US-Notenbank Federal Reserve hat den Zinssatz unlängst auf ein 45-Jahres-Tief von einem Prozent gesenkt, zehnjährige US-Staatsanleihen werfen derzeit nur magere 3,7 Prozent Rendite ab - Aktien, so die Hoffnung, brächten wesentlich mehr.

      Das Argument hat einige Haken. Erstens steigt die Anleihenrendite umso stärker, je mehr Investoren wieder Aktien kaufen. Denn um sich mit Anteilsscheinen von Unternehmen einzudecken, verkaufen viele Investoren derzeit ihre Anleihen. Dadurch sinken die Kurse für Schuldpapiere, was wiederum deren Rendite steigen lässt. Bond-Experten erwarten, dass die Rendite für zehnjährige US-Staatsanleihen innerhalb der nächsten Monate über vier Prozent klettert - der Anreiz, Aktien zu kaufen wird also mit jedem Rallye-Tag geringer.

      Zweitens basiert die Rechnung, dass der Aktieninvestor den Bond-Anleger bei der Rendite mühelos schlägt, auf der Annahme, die Börse werde in diesem Jahr mindestens vier Prozent steigen. Auch hier ist vor allem das Prinzip Hoffnung im Spiel: Denn nur weil die Kurse an den Rentenmärkten fallen, muss die Wall Street noch lange nicht steigen.

      "Hab` ich das Gold zu meiner Zuversicht gemacht"

      Der zweite Stolperstein ist die finanzielle Situation der US-Konsumenten. Deren Lust am Shoppen hat die US-Wirtschaft in der jüngeren Vergangenheit immer wieder vor einem erneuten Abgleiten in die Rezession bewahrt. Der US-Einzelhandel verzeichnete in den vergangenen zwölf Monaten Umsatzzuwächse von mehr als sechs Prozent. Die meisten Aktienstrategen setzen für die kommenden Monate noch weitaus größere Hoffnungen in die amerikanischen Verbraucher: Die Märkte erwarten, dass die Gewinne der US-Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte um 14 Prozent steigen - ohne äußerst spendable Konsumenten wird dieses Wunder kaum möglich sein.

      Die Aktiengurus könnten wieder einmal daneben liegen. Denn es sieht so aus, als ob den privaten Haushalten demnächst die Puste ausgehen könnte. Schon seit Jahren leben die Konsumenten ihn den USA weit über ihre Verhältnisse. 14 Prozent ihres erwirtschafteten Einkommens müssen die Bürger inzwischen durchschnittlich für die Schuldentilgung aufwenden.



      Dass die Amerikaner mit ihrer "Buy now, pay later"-Mentalität in den vergangenen Jahren dennoch über die Runden kamen, lag vor allem am Immobilienmarkt. Weil die Preise für Grundbesitz in den vergangenen Jahren stark stiegen und die Zinsen fielen, konnten US-Hausbesitzer bestehende Hypotheken neu verhandeln und erhielten so zusätzliche Finanzmittel. Zudem haben amerikanischen Hausbesitzer sich größere Schuldenlasten auf die Dächer geladen als je zuvor. Charles Peabody vom Analysehaus Portalies Partners hat errechnet, dass der Durchschnittsamerikaner 1982 sein Haus nur zu 30 Prozent mit Krediten finanziert hatte. Heute sind es 55 Prozent.

      Die Hauspreise dürften in Zukunft kaum weiter steigen; viele Beobachter reden sogar von einer Immobilienblase, die bald platzen werde. Angesichts dieser Aussichten hält Peabody die hohen Hypotheken der US-Haushalte laut dem Wirtschaftsmagazin "Barron`s" für eine "unheilvolle Rezeptur".

      "Ein Baum hat Hoffnung, auch wenn er abgehauen ist"

      Zudem könnten die hoch verschuldeten Konsumenten schon bald in die Zinsfalle tappen. Sobald die Zinsen wieder steigen, werden die klammen Amerikaner Probleme beim Abstottern ihrer Kredite bekommen. Indizien für mittelfristig kletternde Zinsen gibt es reichlich. Im Frühjahr 2004 könnte die Fed den Leitzins wieder erhöhen. Auch die fallenden Kurse an den Anleihemärkten bewirken einen Zinsanstieg. Und dann ist da noch das völlig außer Kontrolle geratene US-Leistungsbilanzdefizit (das Saldo aus Kapitaleinfuhren und Ausfuhren), das die Fed ebenfalls dazu zwingen könnte, die Zinsen zügiger heraufzusetzen als bisher angenommen. Viele US-Bürger haben deshalb begonnen, ihr Geld beisammen zu halten: Die Sparquote, lange Zeit nahe Null, ist in den vergangenen Monaten stark angestiegen.





      Auch die ökonomischen Daten machen wenig Hoffnung. Die Arbeitslosigkeit ist im Juni auf ein Neun-Jahreshoch gestiegen und liegt inzwischen bei 6,4 Prozent. "Kann es seine wirtschaftliche Erholung ohne Jobs geben?" fragt Sung Won Sohn, Ökonom bei Wells Fargo. Und liefert die Antwort gleich mit: "Eine Erholung ohne Arbeitsplätze wird nicht von Dauer sein. Nach einiger Zeit wird sie in sich zusammenbrechen."

      Auch der Index des Institute of Supply Managers (ISM), der die Aktivität im verarbeitenden Gewerbe misst, deutet darauf hin, dass die Produktion zumindest in Teilen der US-Wirtschaft weiterhin schrumpft. Die ISM-Daten waren in fast allen Punkten ernüchternd. Dennoch gelang es der Wall Street vergangene Woche, sich auch diese augenscheinlich miesen Nachrichten schön zu drehen. Die Bullenfraktion pickte sich kurzerhand eine randseitige Zahl (den Eingang neuer Aufträge) aus dem ISM-Datensammelsurium heraus und erklärte diese laut "Wall Street Journal" zum einzig "wichtigen Indikator zukünftiger Aktivität". Unbeantwortet blieb leider die Frage, warum eine für die nahe Zukunft derart positiv gestimmte Branche laut ISM immer noch Leute entlässt.

      Optimismus ist eben doch alles: Nach Bekanntgabe der Zahlen war der Dow vergangene Woche zunächst deutlich eingebrochen. Nach der Umdeutung dreht er ins Plus.

      http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,256203-2,00.html
      Avatar
      schrieb am 08.07.03 21:24:51
      Beitrag Nr. 3.438 ()





      Schuldendienst der US-Haushalte

      Wie das Chart zeigt, liegt der Schuldendienst der privaten Haushalte (Zins- und Tilgungs- zahlungen in % des verfügbaren Einkommens) mit rund 14% nahe Rekordniveau. Es hat also durch Zinssenkungen gar keine Entlastung der Budgets gege- ben, weil die Habenzinsen stark, die Sollzinsen aber kaum gesun- ken sind und die Neuverschul- dung der Privaten den Effekt sinkender Zinsen wieder aufge- hoben hat. Ihre Verschuldung liegt bei 80% des nominalen BIP (1970: 44%; 1980: 50%; 1990: 62%; 2000: 71%). Der Schuldenstand liegt Mitte 2003 bei gut 105 % des verfügbaren Einkommens und damit auf historischem Höchststand. Natürlich sind auch ihre Vermögen angestiegen, insbesondere die Immobilienwerte. Der Anteil der Verbindlichkeiten an den Vermögenswerten ist dennoch mit knapp 20 Prozent so hoch wie nie zuvor. Sparen ist bei ihnen auch nicht angesagt. Die Sparquote liegt mit 3,7% unter dem langjährigen Durchschnitt von 7,8%. Die privaten Haushalte leben seit Jahren "über ihre Verhältnisse", indem ihre Konsumausgaben schneller ansteigen als die verfügbaren Einkommen. Bei einer im 2. Halbjahr 2003 vermutlich auf 7,0% ansteigenden Arbeitslosenquote [siehe oben] ist es mehr als fraglich, ob sie dieses Verhalten noch lange durchhalten können. Sollten sie aber tatsächlich ihr Verhalten ändern, weniger Schulden machen oder gar anfangen zu sparen, sind Rezession und Deflation fast unvermeidbar.

      Folgerung: Hoffnungen auf die privaten Haushalte als Impulsgeber für einen neuen US-Konjunkturaufschwung stehen im krassen Gegensatz zu deren Möglichkeiten. Die Wirtschaft wird in den nächsten 12 bis 18 Monaten kaum so stark wachsen, dass positive Wirkungen auf den Arbeitsmarkt ausgehen. Sie befindet sich in einem Konjunkturtal mit breiter Talsohle, das sich vielleicht länger hinzieht als vielfach noch angenommen wird.

      http://www.wallstreet-online.de/ws/news/news/main.php?&actio…

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      Kurze Infos dazu:

      Anzahl Haushalte USA: ca. 102 Mill. (http://www.census.gov/population/socdemo/hh-fam/98ppla.txt)
      Verschuldung US-Haushalte insg.: 8,66 Bill. $ (http://www.miprox.de/Graphiken/Growth_in_US_Credit_Market_De…

      Ergibt im Durchschnitt Schulden von knapp 85000 $/Haushalt.

      Das durchschnittliche US-Haushaltseinkommen betrug im Jahr 2000 knapp 38.000 Dollar. (http://www.newsbyte.ch/trendreport/us-trend0210.pdf)



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      USA: "Kalifornien und weitere 45 Bundesstaaten technisch bankrott"

      Am 15. Juni endete das Haushaltsjahr in Kalifornien, und auch der 1. Juli verstrich, ohne daß der Landtag einen Haushalt für das nun laufende Haushaltsjahr verabschiedet hat, wie es die Gesetze eigentlich vorschreiben. Das ist zwar nichts Neues, aber aufgrund des 38,2 Mrd. Dollar-Defizits und des Zusammenbruchs der Steuereinnahmen ist die Lage doch ganz anders als früher. Kurz vor Ablauf der gesetzlichen Frist erklärte der geplagte Gouverneur Davis: "Verzug [bei der Verabschiedung des Haushalts] war schon immer unverantwortlich; aber in diesem Jahr ist es absolut gefährlich". Auch der Finanzaufseher Westly warnte: "Kalifornien befindet sich in einer gefährlichen Lage." Das Land sei am Ende seiner Kreditmöglichkeiten angelangt, wenn kein neuer Haushalt beschlossen werde. Auch dann werden Kredite extrem kostspielig sein, da Kaliforniens Kreditwürdigkeit unter allen Bundesländern am schlechtesten bewertet wird und nur knapp über der von Ramschanleihen liegt. Am 3. Juli wurde angekündigt, daß sowohl Standard & Poor`s als auch Moody`s das Rating der Landesanleihen herabstufen könnten, wenn nicht bald ein Haushalt verabschiedet wird.

      Nach einem Gerichtsurteil vom Mai darf der Bundesstaat viele Programme nicht mehr finanzieren, solange kein gültiger Haushalt in Kraft ist. Deshalb gelten vom 1. Juli an automatische Kürzungen. 400 Mio. $ werden im Bildungswesen gesperrt, was vor allem die kommunalen Hochschulen und öffentlichen Schulen trifft. Die Mandatsträger des Landes und 1000 Landesbedienstete außerhalb der Verwaltungen werden nicht bezahlt. Wenn bis Mitte August kein Haushalt beschlossen wird, werden die Gehälter von fast 180 000 Landesbediensteten auf den Mindestlohn gekürzt. Nach Angaben der Vereinigung der Landesbediensteten von Kalifornien (CSEA) würde das Durchschnittsgehalt von derzeit 4200 $ um 72% auf 1188 $ (den Mindestlohn) fallen - ein Einkommensverlust von 37,9 Mio. Dollar. CSEA-Präsident Kenny sagte: "Die Leute werden ihre Rechnungen nicht bezahlen können... Eine Katastrophe erwartet uns." Darüber hinaus sind auch die Landesgelder für das staatliche Gesundheitsprogramm Medi-Cal erschöpft, nachdem bereits zahlreiche Krankenhäuser, Notaufnahmen etc. dem Rotstift geopfert wurden.

      Am 1. Juli, dem ersten Tag des neuen Haushaltsjahres, verordnete Gouverneur Davis eine Verlängerung des Einstellungsstopps und die Streichung der unbesetzten Stellen, um 250 Mio. $ einzusparen. Gleichzeitig hält er an seinem Plan fest, die Verkaufssteuer um einen halben Cent zu erhöhen. Mit diesen Einnahmen will er neue Anleihen, also Schulden, finanzieren. Davis will auch eine Gehaltskürzung bei den Landesbediensteten durchsetzen. Gelingt ihm das nicht, stehen 13 000 Entlassungen an. Wenn der jüngste "Haushaltskompromiß", den die Republikaner angeboten haben, angenommen wird, stehen noch brutalere Sparmaßnahmen bevor. Von den 7,9 Mrd. $ an "Einsparungen" (d.h. Kürzungen) betreffen 1,8 Mrd. $ den Bildungssektor. So soll z.B. das Eintrittsalter in die Vorschule um ein Jahr erhöht werden, so daß im Herbst 110 000 Schülern der Schulbesuch vorenthalten bleibt. Weitere 550 Mio. $ an "Einsparungen" treffen die Alten, Blinden und Behinderten.
      .....
      Kaliforniens Finanzlage ist katastrophal, aber das Land steht damit keineswegs alleine. 46 der 50 US-Bundesstaaten sind technisch bankrott. Ähnliche Haushaltskrisen herrschen in Connecticut, das von Tag zu Tag per Notverordnung regiert wird, und Nevada, dessen Gouverneur den Landtag verklagt hat, um ihn zur Verabschiedung eines Haushalts zu zwingen, was dieser verweigert. In mindestens 16 Bundesstaaten fanden oder finden Sondersitzungen der Landtage statt, um die Haushaltskrise beizulegen. Innerhalb von drei Wochen haben die Gouverneure dreier Bundesstaaten - Maryland, Massachusetts und Missouri - Haushaltssperren verhängt, die weitere Entlassungen und Kürzungen bei lebenswichtigen Dienstleistungen bedeuten.

      http://www.bueso.de/seiten/aktuell/an.htm#4

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      http://www.miprox.de/News.html
      Avatar
      schrieb am 08.07.03 21:26:47
      Beitrag Nr. 3.439 ()
      ARMUTSBERICHT DER UNO

      "Jahrzehnt der Verzweiflung"

      Die Vereinten Nationen haben eine neue Studie der über die weltweite Entwicklung von Armut und Reichtum veröffentlicht. Nach Ansicht der Uno geht es großen Teilen der Weltbevölkerung schlechter als noch vor einem Jahrzehnt - dafür machen die Forscher vor allem IWF und Weltbank verantwortlich.


      EPA/DPA

      Hungerndes Kind in Malawi: Harsche Kritik am Marktglauben von IWF und Weltbank


      Genf - Wenn das Ziel einer Halbierung der Armut bis zum Jahr 2015 noch erreicht werden solle, seien radikale Änderungen der Programme von Internationale Währungsfonds (IWF) und Weltbank erforderlich, heißt es in dem am Dienstag veröffentlichten Bericht zum Stand der globalen Entwicklung, dem Human Development Report 2003. Die Studie wird vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) herausgegeben.
      Die Verfasser des Berichts üben harsche Kritik an den beiden Finanzorganisationen. Der IWF und die Weltbank sollten die reichen Staaten zu verstärkter Hilfe drängen, anstatt die Regierungen der Entwicklungsländer zu Kürzungen der Staatsausgaben zu zwingen.

      "Der IWF und die Weltbank sollten nicht länger diese Obergrenzen für Ausgaben festlegen", sagte UNDP-Verwalter Mark Malloch-Brown. Er sprach sich für einen "Guerilla-Angriff" auf den Washingtoner Konsens aus, in dem die Grundprinzipien für die Entwicklungsprogramme der Weltfinanzorganisationen verankert sind: Ausgabenkontrolle, Steuerreform, Privatisierung und Liberalisierung des Außenhandels. Die Zeit, in der diese Grundsätze ihren Sinn gehabt hätten, sei überholt.


      AP


      Die Reichsten und die Ärmsten
      Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) veröffentlicht jedes Jahr seinen Weltentwicklungsbericht, den Human Development Report. Hier finden sie das komplette Ranking.


      WEITER

      Der Bericht wendet sich gegen die weit verbreitete Auffassung, dass es allen Ländern allmählich besser gehe. So sei die Bevölkerung in 54 Ländern ärmer als im Jahr 1990, heißt es in dem 367-seitigen Bericht. In 34 Ländern sei die durchschnittliche Lebenserwartung gesunken - vor allem unter dem Einfluss von Aids. Und in 21 Ländern habe der Anteil der Hungernden an der Gesamtbevölkerung zugenommen.

      "Für viele Länder waren die neunziger Jahre ein Jahrzehnt der Verzweiflung", bilanziert das UNDP. Halte die gegenwärtige Entwicklung an, dann gebe es kaum noch eine Chance, die im Jahr 2000 beschlossenen Millenniumsziele zu erreichen - die Halbierung der Armut bis 2015 und Fortschritte in der Bildung, in der sanitären Versorgung und im Gesundheitswesen.

      Der Bericht führt das Beispiel des südostafrikanischen Staates Malawi an, der eine Politik im Sinne des IWF verfolgt, aber dennoch keine spürbaren Fortschritte im Kampf gegen die Armut erzielt hat. "Malawi braucht einen weit größeren Beistand von Geberländern - wie viele andere Länder unter ähnlichen Bedingungen", heißt es in dem Bericht. Eine Strategie, die sich allein auf Marktkräfte und verstärkten Handel verlasse, führe nicht zum Erfolg. Um die Voraussetzungen für wirtschaftliches Wachstum zu schaffen, seien staatliche Eingriffe erforderlich, sagte die Chefautorin des Berichts, Sakiko Fukuda-Parr.


      IM INTERNET

      · Human Development Report (UNDP Homepage)


      SPIEGEL ONLINE ist nicht verantwortlich für die Inhalte externer Internetseiten.




      Der Bericht enthält wieder einen "Human Development Index", der 175 Länder nach durchschnittlichem Pro-Kopf-Einkommen, Lebenserwartung und Bildungsgrad bewertet. Zum dritten Mal in Folge wird diese Liste von Norwegen angeführt, gefolgt von Island und Schweden. Die Vereinigten Staaten fielen um einen Platz auf den siebten Rang zurück, überholten aber erstmals Kanada, das im Jahr 2000 noch auf dem ersten Platz lag. Die Schweiz belegt den zehnten Rang, Deutschland liegt hinter Luxemburg, Österreich und Frankreich auf Platz 18. Die untersten 25 Ränge werden von afrikanischen Staaten südlich der Sahara eingenommen, mit Sierra Leone auf dem letzten Platz.

      http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,256257,00.html
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      schrieb am 08.07.03 21:36:09
      Beitrag Nr. 3.440 ()
      Von den Anklagen des früheren Chefökonomen der Weltbank bekommt man Stielaugen Von Greg Palast.

      "Menschen wurden zum Tode verurteilt," erzählt der frühere Apparatschik. Es ist wie eine Szene von Le Carre: Der geniale alte Agent kommt aus der Kälte und erleichtert in stundenlangen Verhören sein Gedächtnis von allen Schreckenstaten, die im Namen einer politischen Ideologie begangen wurden, deren Verkommenheit er jetzt erkannt hat.

      Dabei habe ich einen weit größeren Fang vor mir als irgendeinen verbrauchten Spion aus dem kalten Krieg. Joseph Stiglitz war Chefökonom der Weltbank. Die neue Weltwirtschaftsordnung ist zum großen Teil seine, zum Leben erwachte Theorie.

      Ich "verhöre" Stiglitz mehrere Tage lang an der Universität Cambridge, in einem Londoner Hotel und schließlich im April 2001 in Washington während einer großen Konferenz der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds. Statt den Meetings der Minister und Zentralbankiers vorzusitzen, wird Stiglitz sicher hinter blauen Polizeiabsperrungen gehalten - ebenso wie die Nonnen mit dem großen hölzernen Kreuz, die bolivianischen Gewerkschaftsführer, die Eltern von AIDS-Opfern und die übrigen "Anti-Globalisierungs-Demonstranten". Der einstige ausgesprochene Insider ist nun outside.

      Die Weltbank feuerte Stiglitz im Jahr 1999. Ein stilles Ausscheiden wurde ihm nicht gestattet. Wie man mir sagte, verlangte der Sekretär im US-Schatzamt, Larry Summers, eine öffentliche Exkommunikation, nachdem Stiglitz einen ersten milden Dissens gegenüber einer Globalisierung im Stil der Weltbank geäußert hatte.

      In Washington vervollständigen wir das mehrstündige Exklusiv-Interview für den Observer und die BBC-Newsnight über die wirklichen, oftmals verborgenen Aktivitäten des IWF, der Weltbank und des 51-Prozent-Eigentümers der Bank, des US-Schatzamts.

      Und hier erhalten wir aus Quellen, die nicht genannt werden können (es ist nicht Stiglitz), Zugang zu einer Sammlung von Dokumenten, die als "vertraulich", "nur für den Dienstgebrauch" oder "nicht zur Veröffentlichung ohne Ermächtigung der Weltbank" gekennzeichnet sind.

      Stiglitz hilft, eines von ihnen aus der Bürokratensprache zu übersetzen: es ist eine "Country Assistance Strategy" (Hilfsstrategie für ein Land). Für jede ärmere Nation gibt es eine solche Hilfsstrategie, die nach Darstellung der Weltbank aufgrund einer sorgfältigen Untersuchung im Land entworfen worden ist. Dem Insider Stiglitz zufolge besteht eine solche "Untersuchung" durch die Mitarbeiter der Bank aus einer intensiven Überprüfung der 5-Sterne-Hotels des Landes. Sie wird abgeschlossen, indem die Bank-Mitarbeiter mit einem bettelnden, kaputten Finanzminister zusammentreffen und ihm ein "Umstrukturierungsabkommen" zur "freiwilligen" Unterschrift überreichen. (Ich besitze eine Auswahl von solchen Dokumenten).

      Dabei wird die Wirtschaft jeder Nation individuell analysiert, sagt Stiglitz, aber dann übergibt die Bank jedem Minister genau das gleiche Vier-Stufen-Programm.

      Die erste Stufe ist die Privatisierung - die Stiglitz zufolge treffender "Korruptisierung" genannt werden kann. Anstatt dem Ausverkauf staatlicher Betriebe zu widersprechen sagt er, verscherbeln nationale Führungspersönlichkeiten fröhlich ihre Elektrizitäts- und Wasserwerke. Dabei nutzen sie die Forderung der Weltbank aus, dass lokale Kritiker ruhig gehalten werden sollen "Man konnte zusehen, wie ihre Augen groß wurden" bei der Aussicht auf die zehnprozentigen Provisionen, die nur dafür auf Schweizer Bankkonten gezahlt wurden, dass einfach der Verkaufspreis des Staatsbesitzes um ein paar Milliarden gekürzt wurde.

      Und die US-Regierung wusste dies, klagt Stiglitz an, zumindest im Fall der größten dieser "Korruptisierungen", dem Ausverkauf Russlands im Jahr 1995. "Aus der Sicht des US-Schatzamtes war dies großartig, denn wir wollten die Wiederwahl Jeltsins erreichen. Dass es eine verfälschte Wahl war, interessierte uns nicht. Wir wollten, dass Jeltsin das Geld bekam," und er erhielt es als Schmiergeld für seine Wahlkampagne.

      Stiglitz ist kein Spinner, der von Verschwörung und von schwarzen Hubschraubern faselt. Der Mann war an diesem Spiel beteiligt; als Vorsitzender des wirtschaftlichen Ratgebergremiums des Präsidenten gehörte er dem Kabinett von Bill Clinton an.

      Am meisten macht Stiglitz krank, dass die US-gestützten Oligarchen Russland seiner industriellen Besitztümer beraubten. Der Effekt dieses Korruptionsplans war die Verminderung des Nationalprodukts um annähernd die Hälfte, was Wirtschaftsflaute und Hungertod verursachte.

      Nach der Korruptisierung ist die zweite Stufe des IWF/Weltbank-Einheitsplans zur Rettung der Volkswirtschaften die "Liberalisierung der Kapitalmärkte". In der Theorie ermöglicht die Deregulierung des Kapitalmarktes dem Investmentkapital frei zu- und abzufließen. Leider fließt aber das Geld wie in Indonesien und Brasilien immer nur ab. Stiglitz nennt dies den Kreislauf des "heißen Geldes". Das Geld kommt zum Zweck der Boden- und Währungsspekulation ins Land und flieht dann beim ersten Anschein von Problemen. Die Reserven eines Staates können in Tagen oder Stunden zu Ende gehen. Und wenn dies passiert, verlangt der IWF von diesen Staaten, ihre Zinssätze auf 30, 50 oder 80 Prozent zu erhöhen und damit den Spekulanten einen Anreiz zu geben, dass sie dem Land seine Kapitalgrundlage zurückbringen.

      "Das Ergebnis war vorherzusagen," sagt Stiglitz über die Flutwellen des heißen Geldes in Asien und Lateinamerika. Die erhöhten Zinsen verminderten den Wert des Eigentums, beeinträchtigten die industrielle Produktion und leerten die Staatsschätze.

      An dieser Stelle treibt der IWF das nach Luft schnappende Land in die dritte Stufe: marktbasierte Preisbildung, ein phantasievoller Ausdruck für die Erhöhung der Preise von Nahrungsmitteln, Wasser und Gas. Dies führt vorhersehbar zur Stufe dreieinhalb: was Stiglitz den "IWF-Aufruhr" nennt.

      Der IWF-Aufruhr ist schmerzlich vorhersehbar. Wenn ein Land "am Boden liegt, nutzt der IWF dies aus, um das letzte bisschen Blut aus ihm herauszupressen. Sie erhöhen den Druck, bis am Ende der ganze Kessel in die Luft geht," wie es 1998 geschah, als der IWF die Lebensmittel- und Brennstoff-Subventionen für die Armen in Indonesien beseitigte. Indonesien explodierte im Aufruhr; und es gibt noch mehr Beispiele: die Unruhen in Bolivien wegen der Wasserpreise im letzen Jahr und in diesem Februar, die Unruhen in Ecuador wegen der durch die Weltbank erzwungenen Erhöhung der Gaspreise. Man hat fast den Eindruck, die Unruhen wären ein Teil des Plans.

      Und das ist auch der Fall. Was Stiglitz nicht wußte, ist, dass BBC und Observer in Amerika verschiedene interne Dokumente der Weltbank erhielten, die mit jenen verflixten Warnungen "vertraulich", "nur für den Dienstgebrauch" und "nicht zur Veröffentlichung" gestempelt sind. Auf eines von ihnen wollen wir zurückkommen: die "Interm Country Assistance Strategy" (Vorläufige Landeshilfsstrategie) für Ecuador, in dem die Bank mehrmals - mit kalter Präzision - die Erwartung ausdrückt, dass ihr Plan "soziale Unruhen" auslösen könnte, wie ihr bürokratischer Ausdruck für eine Nation in Flammen lautet.

      Überraschend ist es nicht. Dem geheimen Bericht zufolge hat der Plan, den US-Dollar zu ecuadorianischen Währung zu machen, 51 Prozent der Bevölkerung unter die Armutsgrenze gedrückt. Der "Hilfs"-Plan der Weltbank schlägt vor, die Auflehnung und dem Leiden der Bürger einfach mit "entschiedenem politischem Auftreten" zu begegnen- und die Preise weiter zu erhöhen.

      Der IWF-Aufstand (und mit Aufstand meine ich hier friedliche Demonstrationen, die mittels Kugeln, Panzern und Tränengas zerstreut werden) hat eine erneute panische Kapitalflucht und Regierungspleiten zur Folge. Diese ökonomische Brandstiftung hat durchaus ihre positive Seite - für ausländische Gesellschaften, die nun die letzten verbliebenen Vermögenswerte zu Notverkaufspreisen einsammeln können - wie etwa ein noch fehlendes Schürfrecht oder einen Hafen.

      Wie Stiglitz anmerkt, sind IMF und Weltbank keine herzlosen Anhänger der Marktwirtschaft. Zur selben Zeit, als der IWF Indonesien veranlasste, die "Subventionierung" von Lebensmittelkäufen aufzugeben, "waren (Markt-) Interventionen willkommen, wenn es darum ging, die Banken freizukaufen." Der IWF organisierte zig Milliarden Dollar, um die indonesischen Kapitalgeber zu retten, und damit letztendlich die amerikanischen und europäischen Banken, von denen diese sich das Geld geliehen hatten.

      Hier wird ein Muster erkennbar. Es gibt eine Menge von Verlierern in diesem System und wenige eindeutige Gewinner: die westlichen Banken und das US-Schatzamt, die das dicke Geld bei diesem verrückten neuen internationalen Durchschütteln des Kapitals machen. Stiglitz berichtet über ein unseliges Zusammentreffen, das er am Anfang seiner Tätigkeit bei der Weltbank mit dem neuen Präsidenten von Äthiopien nach der ersten demokratischen Wahl des Landes hatte. Weltbank und IWF hatten Äthiopien angewiesen, Hilfsgelder zu erbärmlichen vier Prozent Zinsen auf ein Reservekonto beim US-Schatzamt umzulenken. Gleichzeitig musste sich das Land US-Dollars zu 12 Prozent borgen, um seine Bevölkerung versorgen zu können. Der neue Präsident bettelte Stiglitz an, ihm die Hilfsgelder für den Wiederaufbau des Landes zu lassen. Aber nein, der ganze Zaster landete direkt in den Gewölben des US-Schatzamtes im Washington.

      Nun kommen wir zur vierten Stufe von dem, was IWF und Weltbank ihre "Strategie zur Reduzierung der Armut" nennen: der Freihandel. Es handelt sich dabei um freien Handel nach den Regeln der Welthandelsorganisation und der Weltbank. Der Insider Stiglitz vergleicht den Freihandel nach WTO-Art mit den Opiumkriegen. "Da ging es auch darum, Märkte zu öffnen," sagte er. Wie im 19. Jahrhundert reißen Europäer und Amerikaner auch jetzt Handelsbarrieren in Asien, Lateinamerika und Afrika ein und verbarrikadieren gleichzeitig die eigenen Märkte gegen die Landwirtschaft der Dritten Welt.

      In den Opiumkriegen benutzte der Westen militärische Blockaden, um die Öffnung der Märkte für ihren ungleichgewichtigen Handel zu erzwingen. Heutzutage kann die Weltbank ebenso effektive finanzielle Blockaden anordnen - die manchmal eben so tödlich sind.

      Besonders erregt sich Stiglitz über das WTO-Abkommen zu den Rechten am geistigen Eigentum (es läuft unter der Abkürzung TRIPS, mehr darüber in den nächsten Kapiteln). Hier, sagt der Wirtschaftler, hat die neue Weltordnung "Menschen zum Tode verurteilt", indem sie unglaubliche Gebührensätze und Abgaben auferlegte, die den pharmazeutischen Firmen für Marken-Arzneimittel zu zahlen sind. "Sie kümmern sich nicht darum," sagte der Professor über die Gesellschaften und Bankkredite, mit denen er zu tun hatte, "ob Menschen leben oder sterben."

      Nebenbei gesagt: Lassen Sie sich nicht dadurch verwirren, dass in dieser Erörterung IWF, Weltbank und WTO vermischt werden. Es handelt sich dabei um austauschbare Masken ein und desselben Herrschaftssystems. Sie haben sich aneinandergekettet durch etwas, was die unerfreuliche Bezeichnung "Trigger" (Auslöser) hat. Durch die Annahme eines Kredits der Weltbank für eine Schule wird die Bedingung "getriggert", sämtliche "Konditionalitäten" zu akzeptieren, die von Weltbank und IWF festgelegt werden - das sind im Durchschnitt 111 für jedes Land. Tatsächlich verlangt der IWF von den Ländern, dass sie wirtschaftliche Strafmaßnahmen akzeptieren, die weiter gehen als die offiziellen Regeln der WTO.

      Stiglitz` größte Sorge besteht darin, dass die Pläne der Weltbank, die im Geheimen ausgearbeitet werden und von einer absolutistischen Ideologie getrieben sind, niemals offen für Diskurse und abweichende Meinungen sind. Während der Westen in der ganzen sich entwickelnden Welt auf Wahlen drängt, wird durch die so genannten "Armutsreduzierungsprogramme" die "Demokratie ausgehöhlt".

      Und sie funktionieren nicht einmal. Die Produktivität in Schwarzafrika ist unter der leitenden Hand der strukturellen "Hilfe" des IWF zur Hölle gefahren. Gibt es denn auch Länder, die diesem Schicksal entgangen sind? Ja, sagte Stiglitz, und verwies auf Botsuana. Worin der Trick bestand? "Der IWF musste seine Koffer packen."

      Daraufhin wende ich mich Stiglitz zu. Gut, aber wie würden denn Sie den Entwicklungsländern helfen, schlauer Professor? Stiglitz schlägt radikale Landreformen vor, einen Angriff auf das Herz des Großgrundbesitztums, auf die Wucherzinsen, die weltweit von den besitzenden Oligarchien erhoben werden und typischerweise 50 Prozent der Erträge der Pächter ausmachen. Mir drängt sich die Frage an den Professor auf: Als Sie Top-Ökonom bei der Weltbank waren, warum folgte die Bank da nicht Ihrem Vorschlag?

      "Wenn Sie [das Grundeigentum] herausfordern, verändert dies die Macht der Eliten. Und das hat bei der Weltbank keine Priorität." Offensichtlich nicht.

      Was ihn letztendlich dazu trieb, seinen Job an den Nagel zu hängen, war das Unvermögen der Banken und des US-Schatzamtes, ihren Kurs zu ändern, nachdem sie mit den Krisen konfrontiert wurden - Pleiten und Leiden, verursacht durch ihren monetaristischen Tanz im Vier-Viertel-Takt. Wann immer diese Lösungen auf Basis freier Märkte versagten, verlangte der IWF einfach noch mehr freie Marktwirtschaft.

      "Das ist fast wie im Mittelalter," erzählt der Insider. "Wenn der Patient starb, sagten sie: ‚Er beendete eben den Aderlass zu früh, es war immer noch etwas Blut in ihm.`"

      Von meinen Gesprächen mit dem Professor nehme ich mit, dass die Lösung für Armut und Krisen in der Welt einfach ist: Man entferne die Blutsauger.

      Anmerkung:
      Eine Fassung dieses Artikels wurde zuerst im April veröffentlicht unter dem Titel "The IMF`s Four Steps to Damnation" (Die vier Stufen des IWF zur Verdammnis) im Londoner Observer. Eine andere Fassung erschien im Big Issue - das ist die Zeitschrift, die von Obdachlosen auf den Bahnsteigen der Londoner U-Bahn verkauft wird. Big Issue bot dem IWF ebensoviel Raum an, aber dessen "Deputy Chief Media Officer" schrieb: "... angesichts der Tiefe und Breite der Gerüchte und der Fehlinformation in dem Bericht [von Palast] ist es für mich unmöglich zu antworten." Natürlich war es für den Deputy Chief schwierig zu antworten. Die Informationen (und Dokumente) stammen von der kleinen Schar der Unglücklichen innerhalb des IWF und der Weltbank selbst.

      Aus: The Observer, London, 10. Oktober 2001
      http://www.attac-netzwerk.de/rundbriefe/sandimgetriebe09_01.…
      Avatar
      schrieb am 08.07.03 21:53:34
      Beitrag Nr. 3.441 ()
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      [Klein ist fein

      Warum sich ökologische Politik der EU-Globalisierung widersetzen muss (2. Teil)


      von Dr. Wolfgang Hingst, Wien
      Wir drucken nachstehend den zweiten Teil eines Vortrages ab, den Dr. Wolfgang Hingst an der Jahresversammlung der Vereinigung CHance 21 in Luzern hielt. Im ersten Teil des Referates thematisierte er vor allem die Auswirkungen der zunehmenden Konzentration wirtschaftlicher und finanzieller Macht in den Händen von verhältnismässig wenigen Grosskonzernen. Als eine Folge nannte er die Entmachtung der Nationalstaaten durch transnationale Konzerne, für deren Kontrolle noch keine adäquaten politischen oder rechtlichen Mechanismen entwickelt worden seien. Hingst thematisiert die Folgen der totalen wirtschaftlichen Liberalisierung, als deren Gefahren er die Entdemokratisierung und Entsolidarisierung der Gesellschaft, den Abbau staatlicher Souveränität, die Gefahr des Faustrechts, zunehmenden Zentralismus - in Europa verkörpert durch EU und Brüssel - und den Verlust sozialer und ökologischer Errungenschaften im Bereich von Energiewirtschaft, Verkehr und Landwirtschaft ausmacht.

      Im vorliegenden zweiten Teil folgen den Darlegungen des Autors über die Gefahren einer Liberalisierung lebensnotwendiger Güter wie Wasser vor allem Ausführungen über Alternativen zur Überdimensioniertheit politischer und wirtschaftlicher Gebilde, zu deren Gefahren er vor allem die zugehörige Tendenz zählt, diese Macht auch militärisch absichern zu wollen. Klein ist fein - small is beautiful -, dies sein Plädoyer als theoretische und praktische Leitlinie für einen menschenfreundlichen Umgang mit uns und unseren Lebensgrundlagen.

      Beispiel: Wasser
      Die Schweiz ist ebenso reich an Wasser wie Österreich, das nach Berechnungen des Geographen Hubert Nagl über 400 Millionen Menschen mit sauberem Trinkwasser versorgen könnte, ohne den heimischen Verbrauch zu gefährden. Das weckt Begehrlichkeiten. Durch die Medien geistern seit Jahren Berichte über den Bau von Wasserpipelines bis zu den Ölscheichs im Vorderen Orient. Das ist weniger absurd, als man denkt.

      Ich hätte nichts dagegen, wenn wasserreiche Länder mit wasserarmen in Kontakt träten und etwa Energie gegen Wasser tauschten. Aber ich habe alles dagegen, dass die Länder von multinationalen Konzernen enteignet werden, dass die Lebensgrundlage Wasser zum Spielball von Raffgier und Kapitalakkumulation wird. Schon hält man gar Kriege ums Wasser für denkbar - ähnlich wie die Kriege ums Öl. Dahinter stecken nie die Interessen der Bürger, immer nur die von gewissenlosen Plutokraten.

      Transeuropäische Wassernetze
      Ich wurde zum erstenmal durch eine von Juan de Dios Izquierdo-Collado Anfang 1998 gestartete Initiative im Europäischen Parlament auf das Problem aufmerksam. Der Abgeordnete schlug vor, natürliche Wasserressourcen in der Europäischen Gemeinschaft von wasserreichen in wasserarme Gebiete umzuverteilen. Seinem Entschliessungsantrag über die «technische Realisierbarkeit transeuropäischer Wassernetze» wurde im EU-Parlament zugestimmt.

      Solange in der Kommission in dieser Frage das Prinzip der Einstimmigkeit herrscht, kann Österreich nicht überstimmt werden. Aber bekanntlich wird heftig daran gearbeitet, das Einstimmigkeitsprinzip zu Fall zu bringen. Und dann sieht die Sache ganz anders aus. Der Transitverkehr hat uns vor Augen geführt, was dann passiert. Kleine Länder werden einfach überfahren.

      Ausserdem haben österreichische Regierungen - egal ob rot oder blau-schwarz - gegenüber der EU immer devotest agiert. Da ist die Sorge mehr als berechtigt, dass sie sich auch in der Wasserfrage als Umfaller erweisen. Österreichische EU-Kritiker haben schon vor der Abstimmung 1994 auf die Wasserbegierden Brüssels hingewiesen. Es wurde ihnen wie immer Panikmache vorgeworfen.

      Brüssel plant «Wassermarkt»
      In Brüssel denkt man zweifellos an einen gigantischen - natürlich privatisierten - «Wassermarkt», an «freien Verkehr» des «blauen Goldes», ans Abzapfen. Wer das nicht zugibt, versucht die Bürger zu täuschen.

      Die Grosskonzerne winken mit gewaltigen finanziellen Mitteln - ein verlockendes Angebot für viele Gemeinden, deren budgetäre Situation in der Regel mehr als angespannt ist und die eine arbeitsintensive, kostspielige Sparte loswerden wollen.

      Risiken und Nachteile der Privatisierung von Wasser liegen auf der Hand. Wasserver- und Abwasserentsorgung gehören zur Daseinsvorsorge. Wasser ist ein Grundlebensmittel. Das kann man nicht Leuten überlassen, denen der Sinn nur nach Profit steht. Ausserdem würde die Kontrolle über diese wichtigste aller Ressourcen Privaten viel zu viel Macht über die Gesellschaft einräumen - abgesehen vom Sicherheitsrisiko.

      Dort, wo die Wasserversorgung bereits privatisiert ist, können wir weltweit gravierende Preissteigerungen und eine gravierende Verschlechterung der Wasserqualität beobachten. In Argentinien, Südafrika und Grossbritannien etwa stiegen die Wasserpreise nach der Privatisierung um bis zu 140%. Die Wasserqualität hat sich so verschlechtert, dass Fälle von Cholera, Dysenterie und Hepatitis A sprunghaft angestiegen sind.1

      Vom öffentlichen Monopol zum privaten Monopol
      Trotz dieser Erfahrungen hat die EU-Kommission im Juli 2002 unter dem Titel GATS,2 dem Dienstleistungsabkommen der WTO, über 70 Länder aufgefordert, ihre Wasserversorgung für ausländische Konzerne zu öffnen. GATS bedeutet nichts anderes als die Privatisierung des gesamten Dienstleistungssektors einschliesslich Bildung, Gesundheit, Kranken- und Pensionsversicherung, Energieversorgung, Tourismus, Transport, Umweltschutzeinrichtungen, Abwasserentsorgung und eben auch der Trinkwasserversorgung. Und WTO-Recht steht über EU-Recht - und beide über nationalem Recht.

      Dieser Verlust an demokratischer und öffentlicher Kontrolle ist nicht akzeptabel. Die Bürger haben die Wasserver- und -entsorgung durch Gebühren und Beiträge selbst finanziert. Die Umwandlung eines öffentlichen Monopols in ein privates Monopol hat schwerwiegende Nachteile für die Allgemeinheit. Die Kommune ist dem Allgemeinwohl verpflichtet - der private Träger seinen Aktionären. Gemeindebetriebe müssen nach dem Prinzip der Kostendeckung arbeiten, private Betriebe nach dem der Gewinnmaximierung. Der öffentliche Träger unterliegt der demokratischen Kontrolle, der private nicht. Nicht nur die sogenannte «Liberalisierung des Wassermarktes», das ganze GATS-Projekt muss daher entschieden verhindert werden.

      Zusammengefasst: Die Folgen der Triadisierung sind vor allem Entökologisierung, Faustrecht, Souveränitätsverlust, zunehmende Verarmung ganzer Kontinente, Arbeitslosigkeit und Entdemokratisierung der Politik. Die EU ist ein Teil dieser Triadisierung und kann daher die Probleme nicht lösen, sondern nur verschärfen. Sie ist als Teil des Systems nicht reformierbar. Die Globalisierung ist eine Katastrophe für Mensch und Umwelt. Mit Recht fragen wir uns daher nach Alternativen und Auswegen.

      II. Small is beautiful - Klein ist fein
      Small is beautiful: Das eröffnet den Globalisierungskritikern eine Chance. Motto: Der Einfalt die Vielfalt, der Erstarrung Beweglichkeit entgegensetzen. Was die Welt heute braucht, ist genau das Gegenteil von Eurokratie: Kreativität, Phantasie, Farbigkeit, Vielfalt, Individualismus, Vielseitigkeit, Toleranz, direkte Demokratie, Lebendigkeit, Polyphonie.

      Das Problem der «kritischen Grösse», der Überdimensioniertheit, beschäftigt kritische Geister wahrscheinlich seit dem Anfang der Zivilisation. Der berühmteste Satz des 20. Jahrhunderts zu diesem Problem stammt von dem deutsch-englischen Nationalökonomen Ernst Friedrich Schumacher und ist gleichzeitig der Titel seines 1973 erschienenen Bestsellers: «Small is beautiful». Gemeinsam mit Schumacher und dem Medizinkritiker Ivan Illich trat der aus Österreich stammende, 1938 in die USA emigrierte Nationalökonom und Politikwissenschafter Leopold Kohr, ein Freund Schumachers, für eine radikale Umkehr zu den kleinen Dimensionen ein.

      Das Mass aller Dinge ist der Mensch
      Leopold Kohr, der «Prophet des menschlichen Masses», hat schon 1957 in seinem Buch «Das Ende der Grossen» eine «Theorie der Kleinheit» entwickelt, die er den «sinkenden Titanics der Grossmächte» scharf entgegensetzt. Er schrieb:

      «Das Mass aller Dinge ist der Mensch, nicht die Menschheit, die Gesellschaft, die Nation oder der Staat [...]. Die beste Regierung ist nicht die stärkste, sondern die schwächste, die gerade ausreicht, dem Bürger ein aristotelisch gutes Leben zu sichern; eine Regierung, die nicht am meisten für ihn tut, sondern sich am wenigsten in seine Privatsphäre einmischt und ihn in Ruhe lässt.»

      Eine deutliche Parallele zur Weisheit der alten Chinesen. Laotse sagt: «Wessen Regierung still und unaufdringlich ist, dessen Volk ist aufrichtig und ehrlich. Wessen Regierung scharfsinnig und stramm ist, dessen Volk ist hinterlistig und unzuverlässig.» Und: «Dass das Volk schwer zu leiten ist kommt davon her, dass seine Oberen zu viel machen, darum ist es schwer zu leiten.»

      Überall auf der Welt haben sich in den letzten Jahren Fronten des Widerstands etabliert, die sich weltweit aus Arbeiterorganisationen und Gewerkschaften, Bauernbewegungen, Frauengruppen, Umweltbewegungen, -verbänden und -parteien, aus nichtstaatlichen Organisationen aller Art zusammensetzen zu einem, wie es die Globalisierungsgegnerin Naomi Klein nennt, «lebenden Internet».

      Da gibt es allerdings Probleme, deren Dynamik mir erst seit kurzer Zeit bewusst ist: Attac - ich bin auf diese und andere Gruppen in meinem Buch «Paradies oder Weltuntergang - wir haben die Wahl» genauer eingegangen - Attac Österreich hat auf seine Internetfahne das Motto «Globalisierung braucht Gestaltung» geschrieben. Ein problematischer Ansatz, weil er die Globalisierung akzeptiert, nur mit der Auflage, sie zu gestalten. Jean Ziegler schreibt in seinem neuen Buch «Die neuen Herrscher der Welt», es komme auf die «Härte des ursprünglichen Kerns» einer Anti-Globalisierungsgruppe an, auf ihre Resistenzkraft, ihre feste Identität, ihr Kollektivgedächtnis. Und dann wörtlich:

      «Und diese Erinnerung, dieses Imaginäre, dieses Ichbewusstsein, diese Autonomie können nur lokal sein.»3

      Lokal. Das ist doppelt zu unterstreichen. Wer glaubt, der Globalisierung nur Gestaltung entgegensetzen zu müssen und dann sei schon alles gelöst, verstösst gegen diesen Kernsatz.

      Europa der Kantone
      Leopold Kohr hat an der Verfassung von Wales mitgearbeitet und war 1967 massgeblich an der Gründung des kleinen Inselstaates Anguilla in der Karibik, auf den Kleinen Antillen, beteiligt. Für sein Lebenswerk, das der «Theorie der Kleinheit» - alles Überdimensionierte, Gigantische, Saurierhafte ist nicht menschenadäquat und muss zugrunde gehen - gewidmet war, erhielt er 1983 den Alternativen Nobelpreis. Für die Gegenwart schlägt Leopold Kohr ein «Europa der Kantone» vor. Alle Staaten sollten in ihre ursprünglichen historischen Landschaften aufgeteilt und so etwa gleich gross und friedfertig gemacht werden …

      Leopold Kohrs zentraler Satz ist: «Die Grösse - und nur die Grösse! - ist das zentrale Problem der menschlichen Existenz, im sozialen und im physischen Sinn.»

      Ähnlich wie es beim Atombombenuran eine «kritische Masse» gebe, so besitze alles einen Kipp- oder Siedepunkt, ab dem es zur Katastrophe komme.

      Die Theorie Leopold Kohrs ist bestechend, aber eindimensional, ein wenig zu «physikalisch». Sie erklärt nicht, wo die Wurzeln des Grössenwahns in der menschlichen Seele und in der Gesellschaft liegen. Und sie kann daher auch nicht erklären, warum es immer wieder zur Gigantomanie kommt.

      Ich habe dieses Thema ausführlich in meinem Buch «10 Thesen gegen Grosseuropa. Ein Essay wider den Grössenwahn», publiziert 1992, behandelt und will es hier nur bei folgender Andeutung lassen: Offenbar werden Macht, Reichtum und Fülle nur in Mengen von Materiellem gemessen. Wer hat mehr Pferde, Rinder, Schweine, mehr Geld, mehr Besitz? Wer baut das höchste Haus? Wer steht im Guinness-Buch der Rekorde? Wer hat die meisten Atombomben? Nicht Geistesgaben zählen, die sich in Mengeneinheiten nicht messen lassen - ausser man verwechselt sie mit dem Intelligenzquotienten -, sondern die Menge des Grossen.

      Aufgeblasene Gebilde neigen zur Implosion, Grossreiche zum Untergang
      Die EU ist schon eine Weltmacht - wirtschaftlich. Sie wird nach dem Gesetz der vorherrschenden politischen «Philosophie der Grösse», wie Leopold Kohr formuliert hat, auch militärisch die Nummer 1 werden wollen. Daher hat er das neutrale Österreich eindringlich vor einem EU-Beitritt gewarnt. In einem Interview sagte er prophetisch: «Ich glaube, dass hier ein grosser Irrtum begangen wird. Alle Probleme unserer Zeit sind Probleme der überwuchernden, unnotwendigen Grösse menschlicher oder wirtschaftlicher Gemeinschaften. Wir sollten vielmehr in Richtung kleiner, unabhängiger Einheiten gehen. Aufteilung braucht Arbeitsplätze und produziert viel mehr Arbeitsmöglichkeiten, als es Zusammenschlüsse tun, deren Sinn es ist, Arbeitskräfte zu sparen.»

      Aufgeblasene Gebilde neigen zur Implosion, Grossreiche zum Untergang. Dazu hat der französische Historiker und Demograf Emmanuel Todd - sein Grossvater war übrigens österreichischer Jude und amerikanischer Staatsbürger - eine provokante, aber wie ich meine richtige These entwickelt. Er prophezeit den Niedergang der USA und hat soeben einen Nachruf auf die Supermacht veröffentlicht.4 Die «Gewalttätigkeit, Instabilität und Arroganz der Amerikaner», so Todd, die «eine gefährliche und illegitime Politik betreiben», führe zur Degeneration Amerikas. Die Vereinigten Staaten seien nur noch militärisch eine Weltmacht, längst nicht mehr wirtschaftlich. Ich bin in meinem Buch zu ganz ähnlichen Schlüssen gekommen. Die USA sind mit 500 Milliarden Dollar Handelsbilanzdefizit von ausländischen Kapitalzuflüssen abhängig. Dagegen müssen, so Todd, Europa und Russland eine stabile strategische Struktur aufbauen.

      Heute könnte Europa, nach dem Scheitern der «Vielvölkerstaaten» und Zentralreiche, wieder ein Spielfeld partikulärer, buntscheckiger Kräfte werden. Die EU ist allerdings der zentralistische Gegenentwurf zu dieser Entwicklung. Die Grosseuropäer wollen die zentrifugalen Potentiale bändigen und rufen sie dadurch erst so richtig auf den Plan.

      Direkte Demokratie als Alternative
      Lassen Sie mich einige weitere Beispiele für Lösungsmodelle gegen den drohenden Untergang bringen, die ich im Buch ausführlich erläutert habe:

      Verantwortungslose Parteienoligarchie, autoritäre Parteienherrschaft und Scheindemokratie, welche Karl Albrecht Schachtschneider, Professor für Öffentliches Recht an der Universität Erlangen-Nürnberg, als «Verfallserscheinung der Republik» mit «zunehmend diktatorischem Charakter» bezeichnet, muss der Ausbau der Instrumente der direkten Demokratie entgegengesetzt werden. Sonst droht die schleichende Umwandlung der Demokratie zur Diktatur. Welchen Niedergang das mit sich bringt, sehen wir an der Geschichte des vorigen Jahrhunderts und an der heute drohenden Weltdiktatur der USA. Leider werden die Bemühungen um einen Ausbau der Rechte des wahren Souveräns in der Demokratie, des Volkes, auch in Europa systematisch bekämpft und niedergewalzt.

      Das alles funktioniert nur mit Gehirnwäsche in den Massenmedien und durch speziell programmierte Institute, deren Aufgabe es ist, Lügen so lange zu bearbeiten, bis sie plausibel klingen. Dieser Entwicklung zur Diktatur und dem Abbau des Rechts auf internationaler wie nationaler Ebene muss energisch Einhalt geboten werden. Auch durch die Entwicklung eigener Kommunikationsmöglichkeiten, vor allem im Internet.

      Die Sehnsucht des Menschen in all der Künstlichkeit, Gleichschaltung und Monotonie gilt dem Natürlich-Organischen, Vielfältigen, Farbigen. Davon bin ich überzeugt. Das Überdimensionale aus dem Buch der Rekorde dient bloss dem kurzlebigen Nervenkitzel. Nur das Massvolle und Überschaubare bleibt.

      III. Chancen des Widerstands
      Welche Chance haben wir? Die Möglichkeiten liegen auf der Hand: Den Lügen und Verdrehungen müssen wir Wahrheit entgegensetzen, Sachlichkeit und ethische Geradlinigkeit. - Mut zur Ethik ist angesagt. Dem Stumpfsinn der schieren Grösse können wir die Kraft der Ideen, der Spiritualität, der Lebendigkeit, der Vielfalt entgegensetzen.

      Die Eckpfeiler einer ökologischen Politik sind Sonnenenergie, ökologischer Landbau, globale Zivilgesellschaft, nachwachsende Rohstoffe, ethischer Umgang mit Geld, ethische Forschung, Technik und Wissenschaft, Friedenspolitik und direkte Demokratie - was Organisation, Finanzen und Medienzugang betrifft, allerdings unter ganz anderen Voraussetzungen als heute. Es muss unter allen wahlwerbenden Gruppen Fairness und Ausgewogenheit herrschen.

      Von ganz zentraler, alles entscheidender Bedeutung ist die Energiepolitik. Erdöl- und Atomlobby sowie Besserwisser aller Schattierungen behaupten ständig, dass nur ein kleiner Anteil der benötigten Gesamtenergiemenge mit erneuerbaren Energien hergestellt werden kann. Das ist schlicht falsch. Wahr ist vielmehr, dass eine Vollversorgung mit erneuerbaren Energien in ganz Europa bei realistischen Annahmen bis 2050 möglich ist. Das ist das Ergebnis des 2002 vorgelegten Endberichts der Enquetekommission des Deutschen Bundestages «Nachhaltige Energieversorgung unter den Bedingungen der Globalisierung und der Liberalisierung». Wir werden das auch bitter nötig haben, denn die Weltölförderung hat ihr Maximum erreicht, und Öl wird in Kürze unerschwinglich teuer werden.

      Noch einige andere entscheidende Punkte dürfen wir nicht aus den Augen verlieren. Vor allem: Der Prozess des Souveränitätsverlustes ist nicht unumkehrbar. Auch wenn es lange dauert. Wir sollten uns die verlorengegangene Selbstbestimmung und Eigenverantwortung durch zähe und friedfertige Arbeit wieder zurückholen!

      Ein weiteres Fundament ökologisch-sozialer Politik ist der moralische Umgang mit Geld, Investitionen von Kapital in umwelt- und sozialverträglicher Form. Da gibt es natürlich heftigen Widerstand. Aber auch hier ermutigt die Entwicklung der letzten Jahre. 1998 waren in Deutschland etwa 600 Millionen Mark in Ethik-Fonds investiert. Anfang 2002 registrierte man schon 2,5 Milliarden Euro. Mittlerweile existieren in Deutschland über 50 Ethik-Fonds. Viele schneiden wesentlich besser ab als ihre herkömmlichen Konkurrenten Dax, Neuer Markt oder Technologie-Fonds. Interessanterweise stammt der Löwenanteil schon von institutionellen Investoren. Ihr Kalkül: Unternehmen, die mit Ressourcen und Mitarbeitern verantwortlicher umgehen, werden zunehmend bessere Chancen haben, sich zu behaupten.5

      In moralisch fragwürdige Unternehmen darf nicht investiert werden. Dazu zählen Betriebe der Sparten Waffenproduktion und Wehrtechnik, Atomenergie, Gentechnik, Glücksspiel, Pornographie, Euthanasie und Tabak. Das Gleiche gilt für Unternehmen der Erdölindustrie und Hersteller von Suchtmitteln.

      Ein weiteres Leitbild: Ökologische Politik hängt eng mit Friedenspolitik zusammen. Auf sie müssen wir bauen. Meine Vision wäre, dass alle neutral, ökologisch und sozial orientierten Länder Europas sich aus der EU verabschieden und einen eng kooperierenden Block des Friedens und der Freiheit bilden.

      Ein offener Zukunftsentwurf setzt auf Nachhaltigkeit und Erneuerbarkeit, also gerade nicht auf Abgeschlossenes, sondern auf lebensfähige, laufend zu korrigierende, flexible Prozesse. Nur ein Entwicklungsprozess, der die Ausbeutung der Rohstoffe, die Belastungen der Umwelt, die Investitionsflüsse, die Ausrichtung der wissenschaftlich-technologischen Entwicklung und die sozialen und institutionellen Veränderungen mit den Bedürfnissen der Menschen weltweit und in Zukunft in Einklang bringt, ist langfristig zukunftsfähig.

      Das Prinzip Nachhaltigkeit ist behutsam mit dem Einsatz neuer Technologien zu koppeln. Es macht Hoffnung, dass dafür vor allem junge Leute zu begeistern sind. Dies zeigt ihre engagierte Mitarbeit in vielen Projekten, etwa im Rahmen lokaler Agenda-21-Projekte der Solarenergienutzung oder neuer Mobilitätskonzepte.

      Für einen treuhänderischen Umgang mit der Welt sehen Zukunftsforscher wie Rolf Kreibich gute Chancen, weil zahlreiche Pionierunternehmen, Netzwerke, Gewerkschaften, Organisationen, Verbände, Bürgerinitiativen und Familien dabei sind, das Konzept der nachhaltigen Entwicklung als Handlungsmaxime anzunehmen und umzusetzen. Wie sieht ein treuhänderischer Umgang mit der Welt aus? Als Antwort möchte ich, wie in meinem Buch, am Schluss einen Satz des spanischen Gartenkünstlers Fernando Caruncho zitieren:

      «Wir müssen Gärtner unserer Erde sein.» Und das heisst auch: Wir müssen einfach menschenfreundlich sein.

      1 Christian Felber. GATS. Wenn alles zur Ware wird. In: ACT, Mai-Juli 2003, Seite 14f.

      2 GATS = General Agreement on Trade in Services

      3 Jean Ziegler. Die neuen Herrscher der Welt und ihre globalen Widersacher, Seite 250

      4 Siehe Michael Mönninger. Die Schwäche der Sieger. Interview mit Emmanuel Todd. In: Die Zeit, 24.4.2003, Seite 11

      5 Wolfgang Hingst. Paradies oder Weltuntergang, Seite 144 ff.



      Dr. phil. Wolfgang Hingst ist Historiker und arbeitet heute als freier Schriftsteller und Journalist. Von 1967 bis 1998 war er als Redakteur und Reporter beim Österreichischen Rundfunk ORF tätig (Help, Argumente, Brennpunkt).

      Er ist Autor von zahlreichen Fernsehdokumentationen und Büchern zu aktuellen ökologischen Themen, unter anderem «Zeitbombe Radioaktivität» (1987), «Zeitbombe Gentechnik» (1988), «Öko-Tricks und Bio-Schwindel» (1991), «10 Thesen gegen Gross-Europa», «Ihre Zukunft als EU-Bürger: Abgezockt, verkauft und angeschmiert» (1999).

      Sein neuestes Buch «Paradies oder Weltuntergang. Wir haben die Wahl. Soziale, ökonomische und ökologische Überlebensmodelle gegen das Versagen von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik» erschien kürzlich im Verlag Zeit-Fragen. 1991 erhielt er den Konrad-Lorenz-Preis, 1993 den Ehrenpreis der Österreichischen Gesellschaft für Onkologie.

      Artikel 3: Zeit-Fragen Nr.25 vom 7. 7. 2003, letzte Änderung am 8. 7. 2003
      Avatar
      schrieb am 08.07.03 22:09:08
      Beitrag Nr. 3.442 ()
      Terrorisierung der Armen – Subventionierung der Reichen
      von Tom Turnipseed

      Z Magazine 15.06.2003
      Auszug

      Zurück in Amerika, wo auch Menschen hungern. Die Titel-Story der USA Today vom 30. Oktober verkündete in seiner Überschrift, „Harte Zeiten für Entlassene und Niedrig-Lohn-Arbeiter“, „Nach dem Anschlag steigt die Arbeitslosenquote und eine Unterstützung wird schwerer zu beantragen sein“ und „Arbeitslosigkeit auf dem Höchststand seit 10 Jahren.“ Die Story veröffentlichte, dass die Arbeitslosenquote von 5,5 Millionen im September 2000 auf 7 Millionen im September 2001 angestiegen ist. Mit mehr als 300,000 Kündigungen seit dem 11. September, prognostizieren die Ökonomen, dass weitere 1,5 Millionen ihren Job im nächsten dreiviertel Jahr verlieren werden. Das wird ein harter Test für die Effektivität der 1996er „Sozialreform“, da manche Sozialhilfe-Empfänger keinen Anspruch mehr auf die Leistung haben, gerade jetzt, als viele Betriebe Teile ihrer Belegschaft entlassen (Anm. d. Übersetzers: Die 1996er „Sozialreform“ ist ein Gesetz, dass die Sozialhilfe auf 5 Lebensjahre beschränkt, läuft diese Zeit ab, wird die Leistung nicht mehr gezahlt). Teilweise haben die Staaten sogar die fünfjährige Zahlungsspanne für Sozialhilfe heruntergesetzt. Hilfszentren für sozial Benachteiligte, wie zum Beispiel Essensstationen wurden geschröpft zu Gunsten von Umverteilung für spezielle 11.-September-Unterstützungsfonds. Akademiker und gelernte Arbeiter verlieren ihre Arbeit und ungelernte sind im Nachteil, wenn sie um die wenigen Jobs wetteifern. Unglücklicherweise ist auch die Arbeitslosen-Hilfe unzureichend und liegt weit unter der Armutsgrenze. Weniger als 40% der arbeitslosen Amerikaner haben im letzten Jahr Arbeitslosen-Hilfe bezogen. Das Wall Street Journal berichtete, dass laut dem Amt für Arbeits-Statistik große Firmen in den letzten Monaten nach dem 11 September mehr als 117,000 Angestellte entlassen haben. Während die Arbeiterklasse und Armen entlassen werden von den großen Firmen und von der Regierung ignoriert, ermöglichte das U.S.-Repräsentantenhaus riesige Steuer-Vergünstigungen für große Betriebe auf Kosten der entlassene Arbeiter im Gesetzesentwurf für „wirtschaftlichen Ansporn“, dem letzte Woche zugestimmt wurde.

      Das 100-Billionen-$-Gesetz ist hauptsächliche ein Steuersegen für die Wirtschaft, der den Abbau-Plan für Arbeitsstellen beschleunigen würde und das die Minimum-Besteuerung aufhebt, die Firmen mit starken Steuer-Abzügen zumindest zwingt, eine bundesstaatliche Einkommenssteuern zu zahlen. Die Aufhebung dieser alternativen Minimum-Besteuerung würde den großen Firmen zusätzlich 24,4 Billionen $ im nächsten Jahr in die Tasche spielen:
      Ford Motor Co. 2,4 Billionen $ - IBM 1,4 Billionen $ - General Motors 832 Millionen $ - General Electric 671 $ - Chevron 314 Millionen $ - Enron 254 Millionen $ - K-Mart 102 Millionen $ - U.S. Steel 39 Millionen $ und Kroger 9 Millionen $. Der Sprecher der Minderheit im Repräsentantenhaus Dick Gephardt sagte über die Gesetzes-Vorlage, die mit 216 zu 214 Stimmen abgenickt wurde: „Dieser Gesetzesvorschlag ist ein riesiges Steuergeschenk an die Mega-Firmen“ und, dass „die joblosen Arbeiter nur die Krümel abkriegen.“ Andere spötteln, dass dies die Belohnung für die großzügigsten Geber der Republikaner sei. Dieser Akt der bundesstaatlichen Freigiebigkeit, die zu den Reichen durchsickert, geht jetzt zur Abstimmung in den U.S.-Senat und wird dort hoffentlich abgeändert, so dass die Steuerabschreibungen der großen Firmen gestrichen werden und für das freigesetzte Geld Arbeitslosenhilfe und medizinische Zuschüsse erhöht werden. Der Kongress-Abgeordente Lindsay Graham aus Süd-Carolina stimmte für das Steuergeschenk und wird am Donnerstag vom in Rente gehenden Strom Thurmund für seinen frei werdenden Senats-Stuhl vorgeschlagen.

      Süd-Carolina ist ein Staat, der sich auf den untersten Rängen des pro-Kopf-Einkommens wiederfindet und steigenden Arbeitslosenzahlen gegenübersteht; sinkende Steuereinnahmen und Budget-Kürzungen werden vor allem Sozialeinrichtungen treffen wie zum Beispiel Gesundheitsfürsorge und öffentliche Schulen und Kindergärten. Graham hat mittlerweile über 2 Millionen $ für seine Senats-Kampagne ausgegeben, und das meiste Geld stammt von großen Firmen, die von dem „Ansporn“-Packet begeistert sind. Ich frage mich, was passieren würde, wenn ein paar arbeitslose Arbeiter aus Süd-Carolina oder zerlumpte Flüchtlinge aus Afghanistan beim Lunch des Senatoren-Komitees auftauchen – der pro Person 1,000 $ kostet –, bei dem Graham die Segnung des Strom Thurmond bekommt, seinen Sitz einzunehmen?


      http://www.zmag.de/article/article.php?id=711
      Avatar
      schrieb am 08.07.03 22:11:20
      Beitrag Nr. 3.443 ()
      Sie wollen die Gesundheitsfürsorge ausschlachten
      von Lee Sustar
      Socialist Worker / ZNet 13.03.2003


      George W. Bush hat den HMO-Bossen, die über 2 Millionen Menschen, die einen Anspruch auf Gesundheitsfürsorge haben, den Laufpass gegeben haben, ein Angebot gemacht. Kommt zurück – und wir werden euch Profit in Höhe eines Seniorpartners garantieren.

      Die Bush-Administration enthüllte letzte Woche ihren „überarbeiteten“ Gesundheitsfürsorge-Plan, der eine Unterstützung für verschreibungspflichtige Medikamente verspricht; und das für die 34 Millionen Menschen, die im staatliche geführten Fürsorgeprogramm sind – aber nur wenn sie sich den Plänen der HMOs und anderen privaten Versicherungen fügen.

      Diejenigen, die bei der herkömmlichen Form der Gesundheitsfürsorge bleiben, würden nur eine 10- bis 15-prozentige Entlastung auf verschreibungspflichtige Medikationen bekommen – daraus resultiert bei vielen Rentnern keine große Verbesserungen im Portemonnaie – und selbst nach dem Beitritt in solche Kassen, und nach Zahlung von 4.500$ und mehr aus eigener Tasche, gibt es nur eine katastrophale Unterstützung. Personen mit geringem Einkommen würden eine lumpige Unterstützung von gerade mal 600$ bekommen.

      Bush und seine Verbündeten hoffen darauf, dass annähernd 10 Millionen Menschen die Gesundheitsfürsorge erhalten, aber keine Versicherung für verschreibungspflichtige Medikamente, so verzweifelt sind, dass sie diesen Schachzug akzeptieren. Faktisch ist die „Reform“ Bushs ein nackter Erpressungsversuch annähernd 35 Millionen Rentner und 6 Millionen körperlich und geistig eingeschränkte Menschen, die von der staatlichen Gesundheitsfürsorge partizipieren, dazu zu bringen, die fortschreitende Privatisierung des Systems zu akzeptieren.

      Selbst der konservative Republikaner Charles Grassley aus Iowa sieht das kritisch. „Die Frage ist doch, ob dieser Plan die Bedürfnisse von ausreichend Menschen erfüllt, und sich nicht ein „Club“ bildet, der über den Dingen steht und allein von diesem Plan profitiert.“

      Bruce Vladeck, der unter Clinton für die Gesundheitsfürsorge zuständig war, sagt, dass es ihm beim Anblick des Bush-Plans so vorkommt, als ob „der Vorschlag von den Pharmafirmen selbst gekommen ist, damit sie ihre eigene Rechnung schreiben können.“

      Und in der Tat, sie haben es getan. Laut dem Center for Responsive Politics ließen die Pharmafirmen den Republikanern 30 Millionen $ und den Demokraten 8 Millionen $ Spenden zukommen bei den letzten zwei Wahlen. HMO und andere Gesundheitsversicherungen ließen in der gleichen Zeit weitere 10 Millionen $ in die Kassen der Republikaner fließen, während sie den Demokraten weitere 5 Millionen $ zuschoben.

      Jetzt ist Zahltag – und wenn Bush so kann wie er will, werden die älteren US-Amerikaner leiden, um die Einkünfte der Firmen zu garantieren. „Alle Reformen sind profitorientiert, ihre orthodoxe Mission ist, den Reichen noch mehr Geld in die Taschen zu spielen, nicht etwa mit dem vorhandenen Geld ein möglichst gerechtes Gesundheitssystem aufzubauen“, sagt Helen Halpin, eine Gesundheitssystem-Expertin von der University of California-Berkley.

      Halpin macht deutlich, dass der Anteil der Staatskosten, die das Gesundheitsfürsorge-System in Anspruch nimmt, nur 3% des administrativen Portemonaie in Anspruch nehmen – also viel weniger als die geplanten Kosten des freien Marktes, wo die Staatskasse zu 20%-30% belastet werden würde. Die 6 Millionen Menschen, die schon bei HMO und anderen Firmen eine Versicherung unterschrieben haben, sehen sich jetzt schon gravierende Kürzungen gegenüber – oder der vollkommenden Streichung der Bezuschussung.

      „Private Firmen haben es abgelehnt ältere Menschen in ländlichen Gegenden zu versichern; sie haben 2,4 Millionen Rentnern gekündigt, da sie in unprofitablen Kommunen wohnten; und in den Plänen sind weitere Beitragserhöhungen geplant, dem gegenüber stehen sinkende Bezüge“, erklärte Ron Pollack, Direktor der Families USA, eine Interessenvertretung für Menschen, die Unterstützung im medizinischen Bereich benötigen.

      Während die Freie-Markt-Orthodoxie Bushs und der riesigen Firmen USAs schon viele Arbeiter-Leben zerstört hat, ist es Zeit einen Schlussstrich zu ziehen. Wir müssen das Gesundheitsfürsorge-Netz ausbauen und es nicht den Wirtschafts-Bossen überlassen – wir müssen für ein Gesundheitssystem kämpfen, dass für alle Sorge trägt.


      http://www.zmag.de/article/article.php?id=710
      Avatar
      schrieb am 08.07.03 22:13:46
      Beitrag Nr. 3.444 ()
      Der wundersame Anstieg der Renditen japanischer Staatsanleihen – Eine weitere Warnung für die internationalen Finanzmärkte
      (08.07.2003)

      Die Rendite zehnjähriger japanischer Staatsanleihen ist in den vergangenen vier Wochen um mehr als 100 Prozent gestiegen, und zwar von 0,43 Prozent auf rund 0,9 Prozent. Dies entspricht einem Kursverlust von knapp 5 Prozent.

      Charttechnisch handelt es sich eindeutig um eine dynamisch verlaufende Tendenzwende. Viele Fundamentalisten feiern das Ereignis als Beweis dafür, dass die Deflation in Japan besiegt sei und dass nun endlich wieder die lange herbeigesehnte Inflation vor der Tür stehe.

      Dahinter steht natürlich die Erwartung, dass sich auch die japanische Wirtschaft belebt, weil jene, die investieren und konsumieren müssen oder wollen, angesichts der tatsächlich oder vermeintlich drohender Preissteigerungen sofort zur Tat schreiten. Morgen nämlich könnte das Investieren und das Konsumieren teurer schon sein als heute (zum Gegenteil: "Wussten Sie schon, dass...?" vom 8.7.2003).

      Wir sind nicht so sicher, dass die These vom Sieg über die Deflation in Japan Substanz hat. Vielmehr vermuten wir bis zum Beweis des Gegenteils, dass der Markt für japanische Staatsanleihen wegen der beständig wachsenden Staatsverschuldung dort und der damit verbundenen Dauer-Emission von Anleihen übersättigt ist.

      Die Nachfrage könnte einfach nicht mehr ausreichen, um das Angebot an staatlichen Zahlungsversprechen (denn nichts anderes sind Staatsanleihen) aufzunehmen. Im übrigen können renditehungrige japanische Anleger, darunter besonders Versicherungen, vergleichsweise sichere Staatsanleihen neuerdings auch im Euroraum und in den USA wieder zu einer ansehnlich gestiegenen Verzinsung erwerben. Die in den nächsten Wochen erscheinenden Daten über die Kapitalflüsse dürften bestätigen, dass japanisches Kapital bevorzugt nach Übersee fließt und den heimischen Markt für Staatsanleihen meidet.

      Für die Regierung in Tokio bedeutet der krasse Anstieg der Renditen für ihre Papiere einen harten Schlag. Er verteuert den Schuldendienst immens. Dies wäre nur dann belanglos, weil verkraftbar, wenn die Konjunktur in Japan wirklich anspringen und das Steueraufkommen steil steigen lassen würde. Doch das ist wenig wahrscheinlich.

      So muss der Anstieg der Rendite japanischer Staatsanleihen wohl als weitere, sehr ernst zu nehmende Warnung für die internationalen Finanzmärkte verstanden werden. Ein Grund zum Feiern ist dies gewiss nicht.


      Arnd Hildebrandt

      Herausgeber


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      Wussten Sie schon, dass...?
      (08.07.2003)

      "D-Wort" steht für Deflation. Vor allem Geld- und Realpolitiker scheuen sich, das gefährliche Phänomen beim vollen Namen zu nennen. Sie fürchten, dass es den Attentismus vieler, die investieren und konsumieren sollen, um die Wirtschaft wenigstens in Gang zu halten, nur noch weiter erhöht. Im Prinzip geht es um die Frage, warum man heute investieren oder kaufen sollte, wo das Angestrebte morgen doch billiger zu erlangen sein könnte.

      Der britische ECONOMIST hat einen "D-Wort-Index" geschaffen. Er erfasst, wie häufig in der britischen FINANCIAL TIMES und im amerikanischen WALL STREET JOURNAL der Begriff Deflation erwähnt wird.

      Dieser Index zeigt, dass das Wort Deflation in beiden Zeitungen während des zweiten Quartals 2003 so häufig erschienen ist wie seit den dreißiger Jahren nicht mehr.



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      Avatar
      schrieb am 08.07.03 22:27:56
      Beitrag Nr. 3.445 ()
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      Liquidität und März 2000


      von Jochen Steffens

      Und wieder sprang der Nasdaq100 gestern zeitweise um fast 4 % nach oben. Ausgelöst durch positive Analystenstimmen zum Hightechsektor. Verrückt, mehr fällt mir dazu im Moment nicht ein. Denn es sind im Prinzip die gleichen Analysten, die vor wenigen Wochen den Hightechsektor herabgestuft haben. Hüh und Hott. Schäfchen treiben.

      Wissen Sie, es kommen Mails von Ihnen, die anfragen, ob wir uns mit unserer bearishen Einschätzung offensichtlich nicht wohl verschätzt hätten. Die Börsen stehen schließlich auf tiefgrün. Nein, wir haben uns nicht verschätzt in den konjunkturellen Problemen, die sich belastend auf die Börsen auswirken. Wir haben uns wenn, in der Leichtgläubigkeit der Amerikaner verschätzt. Hier in Europa scheinen die Anleger die konjunkturelle Entwicklung bei weitem skeptischer zu beurteilen. Dieser Unterschied hat einen Grund, dazu gleich mehr.

      Eine Leserin fragte zu dem Thema: "sichtbare Rezession" ob denn nicht vielleicht einfach der konjunkturelle Tiefpunkt erreicht sei und die Börsen nun einen Aufschwung vorwegnähmen.

      Auch das habe ich mich natürlich bereits gefragt. Aber ich kann im Moment noch keine fundamentalen Bedingungen erkennen, die eine konjunkturelle Erholung anzeigen. Unabhängig von diesem Aspekt, Übertreibungen stehen immer auf ungesunden Füßen. Im Moment sind wir in einer solchen "Übertreibung". Etwas anderes wäre es gewesen, wenn es zu moderaten Kursentwicklungen mit sich ganz leicht verbessernden Konjunkturdaten gekommen wäre. Dann würde ich nun "kaufen" schrei(b)en. Zudem habe ich die Entwicklung in Japan im Kopf, auch da kam es zu solch signifikanten Rallyes, die dann wieder in sich zusammenbrachen und noch tiefere Kurse verursachten. Ich will hier lediglich warnen.

      Mir ist gestern ein interessanter Vergleich aufgefallen: Es ist hauptsächlich die Liquidität, die dieses Kursfeuerwerk gegen jede Vernunft verursacht. Die Unternehmen machen zwar wieder Gewinne, aber diese resultieren aus massiven Kosteneinsparungen und Investitionskürzungen. Der Konkurrenzkampf wächst währendessen. Das US Verbrauchervertrauen sinkt, die Arbeitslosigkeit steigt. Das ist kein günstiges Umfeld für eine konjunkturelle Erholung. Also bleibt die Liquidität als kurstreibender Faktor. Erinnern Sie sich an 1999–2000. Da war es im Prinzip auch die enorme Liquidität, die den Markt derart unverständlich, übertrieben hochpuschte (Damals haben übrigens sowohl Martin Weiss als auch Bill Bonner sehr früh bereits zur Vorsicht gemahnt).

      Im Jahr 1999-März 2000 entstand diese enorme Liquidität dadurch, dass Hinz und Kunz, Schroeder und Merkel, Schmidt und Meier Aktien kauften. Ich weiß aus vielen Berichten, dass sogar Oma und Opa für wilde Aktienspekulationen den Sparstrumpf geplündert haben. Das Geld wurde an den Börsen in vergleichbar "wenige" Aktien platziert. So führte diese Liquidität dazu, dass völlig unrealistische Kurse entstanden. Die KGVs von damals waren völlig losgelöst jeder Realität.

      Und jetzt? Wieder ist es eine enorme Liquidität die den Markt überschwemmt. Nur diesmal ist eine "geschuldete" Liquidität. Fragen Sie sich, würden Sie einer Firma ihr Geld anvertrauen, die hoffnungslos überschuldet ist. Einer Firma, die im Prinzip sagt, wir können so lange Schulden machen wie wir wollen und wir werden noch viel mehr Schulden machen. Ich für meinen Teil nicht. Bevor ich in eine Aktie langfristig Geld investiere, schaue ich mir genau an, wie die Kapitaldecke ist, wie die Verbindlichkeiten sind. Insgesamt verrät die Art wie eine Firma mit ihrem Geld umgeht viel über das Management.

      Aber genau auf eine völlig überschuldete Firma setzen Sie im Prinzip, wenn Sie auf diese Rallye setzten. Auf die Firma mit dem Namen "USA" und einem Vorstandsvorsitzenden namens "Bush". Der Finanzvorstand dieser Firma ist unter dem berüchitgten Namen Alan Greenspan bekannt.

      Sicher 1999 konnte man enorm viel Geld mit Aktien verdienen. Nur, erinnern Sie sich, die meisten Menschen haben dieses enorm viele Geld in den folgenden Jahren nicht nur wieder verloren, sondern auch noch wesentlich mehr Geld zusätzlich, indem sie nachkauften, zeitweise Schulden machten, etc. In Europa ist uns dieses Ereignis noch sehr gegenwärtig, deswegen sind die Anleger hier wesentlich vorsichtiger. Aber warum scheint das bei den Amerikaner anders zu sein?

      Die Amerikaner haben mit dem 11. September einen schweren "kulturellen" Schock erlitten. Meines Erachtens befinden sie sich in einer Art posttraumatischen Schockzustand. Die steigenden Kurse geben das Gefühl von Sicherheit, es sei wieder alles in Ordnung. Deswegen müssen die negativen Nachrichten verdrängt werden, denn sie würden wieder zur Unsicherheit führen, zur Angst. Das erklärt, warum die Amerikaner im Gegensatz zu den Europäern die Erfahrung aus der Hausse bis zum März 2000 nicht umsetzen. Für die Amerikaner bleibt: Der Irak als "Ersatzfeind" (in Anbetracht eines fehlenden fassbaren Feindes) ist besiegt, Amerika hat also seine alte Stärke wieder erreicht, die Börsen steigen wieder, deswegen ist alles ist in Ordnung. Nach 3 Jahren der Unsicherheit ist wieder "Land" in Sicht, ein fester Boden. Beruhigend. Alles was nicht in das Bild passt wird ignoriert.

      Und genau dieser Verdrängungsmechanismus im Zusammenhang mit dieser immensen Liquidität führen dazu, dass der weitere Fortgang dieser Rallye schwer einzuschätzen ist. Leider führen diese Aspekte dazu, dass sich charttechnische Fehlsignale mehren, dass Stimmungsindikatoren und andere Indikatoren versagen, dass schlechte US-Konjunkturdaten ignoriert werden. Damit fallen viele wichtige Kriterien zur Analyse weg. Solche Phasen gibt es immer wieder (z.B. 1999–2000). Da kann man nur zuschauen, sich eventuell kurzfristig positionieren und mit dichten Stops größere Verluste verhindern.

      Gestern wurden erneut wichtige charttechnische Marken nach oben gebrochen. Die vorangegangene Konsolidierung verlief unerwartet moderat. Beides ist bullish zu bewerten. Doch muss dieser Bruch Nachhaltigkeit beweisen.

      Bis dahin spricht auch einiges für ein bearishes Szenario: Der Nasdaq100 hat seinen Aufwärtstrend, wenn auch nur Intraday, gebrochen. Der Dow zeigt sich noch unerwartet schwach. Der Euro hält sich in der Nähe seiner unteren Aufwärtstrendlinie auf, er hat also wieder Aufwärtspotential. Der Goldpreis hält sich trotz des Anstiegs der Indizes in den letzten Tagen überaus stabil. Viele Charts zeigen deutliche Anzeichen von Schwäche. Das im Zusammenhang mit dem Beginn der Nachrichtensaison macht mich skeptisch.

      Sollten sich die Märkte jedoch weiter derart stark zeigen und den Bruch nachhaltig bestätigen, ist mit weiteren Kursgewinnen zu rechen. Dann hat der Dax ein (theoretisches s.o.) charttechnisches Potential bis knapp an die 3500 Punkte. Die Rallye kann weiter gehen, sofern die Ergebnissen und Ausblicke der Unternehmen die Erwartungen übertreffen oder die Amerikaner "schwächere Ergebnisse" ebenfalls ignorieren.

      Und zum Schluss habe ich noch einen kleinen Link für Sie: www.toptips.com/debtclock.html (oder auf www.brillig.com und dann auf den dritten Link von oben "U.S. National Debt Clock) (Dabei möchte ich darauf hinweisen, dass wir natürlich keine Haftung für den Inhalt und die Richtigkeit der bei uns angegebenen Links übernehmen) Schauen Sie mal rein. Hier wird die aktuelle Staatsverschuldung der USA angezeigt (es geht dabei nicht um Genauigkeit, dass sind statistische Berechnungen, keine offiziellen Zahlen). Sie können es verfolgen: Jede Minute vergrößert sich das Defizit um ca. 1 Mio. Dollar. Am Tag um 1,55 Mrd. Dollar. Rechnet man die aktuelle Verschuldung auf die Einwohner Amerikas um, dann sind das 22.865 Dollar pro Einwohner. Auf eine vierköpfige Durchschnittsfamilie hochgerechnet ca. 100.000 Dollar. Tendenz stark steigend.
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      Deutsche Arbeitslosenzahl steigt auf höchsten Juni-Stand seit 13 Jahren


      von Jochen Steffens

      Die saisonbereinigte Arbeitslosenzahl ist im Juni gegenüber dem Vormonat überraschend deutlich gesunken. Doch leider erreichte sie damit den höchsten Juni-Wert seit 1990. Zum Vormonat fiel die Arbeitslosenzahl, nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeit, um 33.0000 auf 4,407 Mio. Erwerbslose. Im Vergleich zum Vorjahreswert liegt die Arbeitslosigkeit in diesem Juni um 320.000 Erwerbslose höher.

      Die Bundesanstalt für Arbeit betonte, dass die Verbesserung zum Vormonat nicht auf einer Verbesserung der konjunkturellen Entwicklung beruhe, sondern auf verstärkten Maßnahmen zur Aktivierung von Arbeitslosen. Viele hätten sich in die Nicht-Erwerbstätigkeit abgemeldet. Auch habe sich der späte Ferienbeginn positiv ausgewirkt. Doch selbst die Hartz-Reform wirkt sich aus. Immerhin 33.000 Arbeitslose haben sich in Form der neuen Ich-AG selbstständig gemacht.

      Auch auf dem Lehrstellenmarkt herrscht immer noch düstere Stimmung. Derzeit fehlen ca. 164.000 Lehrstellen
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      KFW kündigt in Aktien der Telekom wandelbare Anleihe an

      von Jochen Steffens

      Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) überraschte die Börsen mit der Ankündigung einer in Aktien der Deutschen Telekom (ISIN DE0005557508 ) wandelbaren Anleihe. Die Aktie der deutschen Telekom rutschten nach dieser Ankündigung zeitweise um über 4 % in Minus.

      Damit setzt die Bundesregierung ihren Privatisierungskurs fort. Die Anleihe hat eine Laufzeit von 5 Jahren und ein Gesamtvolumen von über 4,5 Mrd. Euro. Das entspricht einem Anteil an der Deutschen Telekom von ca. 5,7 %. Damit ist das die größte Wandelanleihe, die jemals weltweit begeben wurde. Bisher hält die KJW 12 % an der Telekom. Rechnet man das Hoch, dürfte sich durch diese Anleihe ihr Anteil auf etwas mehr als 6 % reduzieren.

      Gerüchten zu Folge solle diese Anleihe auch der Finanzierung der vorgezogenen Steuerreform dienen. Das hat ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums allerdings abgestritten. Diese Anleihe hätte nichts mit diesen Plänen der Regierung zu tun. Vielmehr wurde dieser Schritt mit den guten Rahmenbedingungen für Wandelanleihen begründet. Auch seien positive Effekte für die T-Aktie zu erwarten, da der Streubesitz erhöht würde, so das Finanzministerium.

      Sicherlich ein geschickter Schachzug in dieser aktuellen Rallye so eine Anleihe zu platzieren.

      Dass die Aktie der Telekom durch diese Nachricht heute ihren Aufwärtstrend gebrochen hat, ist charttechnisch nicht erstaunlich. Der Chart zeigte deutliche Ansätze eines sich verengenden Trends. Das war bearish zu werten (Bearkeil). Wird dieser Trendbruch nun bestätigt, dann ist wieder mit Kursen bis 11 Euro zu rechnen. Dann müssten aber auch die amerikanische Indizes wegbrechen. Ich bin gespannt
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      Dollarkrise, Teil I

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Die verrückte Welt des Dollarstandards dreht sich weiter ... das amerikanische Labor Department hat die Arbeitsmarktzahlen für April und Mai noch einmal unter die Lupe genommen, und siehe da ... es wurde entdeckt, dass mehr Jobs abgebaut worden sind, als zuvor verkündet worden war. Ungefähr 100.000 mehr.

      Was passierte mit diesen Jobs?

      "Es ist schwer, das aus den Zahlen zu beantworten", erklärte mir ein britischer Investor, der mich am Wochenende besuchte. "Sie berichten, dass die Umsätze der Unternehmen steigen, und jeder sieht das als ein gutes Zeichen. Aber viele dieser Umsätze gehen nach Übersee. Deshalb denke ich, dass das ein gutes Zeichen für die chinesische Wirtschaft ist ..."

      "Microsoft Corporation beginnt, US-basierte Jobs nach Indien zu verlegen", so ein Reuters-Bericht.

      Im produzierenden Gewerbe hat sich dieser Trend bereits gut entwickelt ... wie die Iren während der großen Kartoffel-Hungersnot, so packen jetzt die US-Arbeitsplätze ihre Sachen und hoffen auf ein besseres Leben jenseits des Ozeans, 179.000 von diesen Jobs alleine im letzten Monat.

      Machen Sie sich keine Sorgen. Die USA haben immer noch ihren Exportschlager Nummer 1 – den Dollar. Solange die Ausländer den Dollar akzeptieren, wird diese monetäre Epoche weitergehen.

      Aber die Entscheidungsträger bei der Fed sind in einem Widerspruch gefangen. Sie müssen den Gläubigern und Anleihenbesitzern versichern, dass der Dollar seinen Wert halten wird ... während sie den Konsumenten und Schuldnern versichern, dass er das nicht tun wird. Um das System des Dollarstandard am Leben zu erhalten – in diesem System werden die Leute dazu ermutigt, über ihre Verhältnisse zu leben – muss die Fed eine Deflation um jeden Preis vermeiden. Japan könnte eine Deflation schön überleben, aber in Amerika würde dadurch eine ganze Generation verarmen.

      Die gesamten Kreditmarkt schulden lagen in den USA zu Beginn der 1950er bei weniger als 130 % des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Anfang der 1970er – als das System des Dollarstandards begann – lagen sie immer noch bei weniger als 150 %. Jetzt liegt diese Kennziffer bei 300 % ... oder mehr als 31 Billionen Dollar. Wenn sich diese Schuldenlast nur ein bisschen vergrößern würde ... und real wäre das bei einer Deflation der Fall ... dann könnte die Nation ruiniert sein.

      Natürlich versichert die Fed der Welt, dass dies nicht passieren wird: "Wir werden Tag und Nacht die Druckerpressen arbeiten lassen ... wenn wir das müssen ... bis sie rot und heiß werden ... bis der Stahl schmilzt." Diese Worte hat der Fed-Gouverneur Ben Bernanke noch nicht benutzt. Aber das hat er sagen wollen.

      Und hier ist der entscheidende Punkt. Die amerikanische Nation der Schuldner hängt davon ab, dass ihr Sparer-Nationen das Geld zurück leihen, das sie dorthin ausgeben. Die chinesischen Fabrikbesitzer müssen ihre Gewinne nehmen und damit US-Anleihen kaufen, oder der Vorhang wird sich über das ganze Dollarstandard-Spektakel senken. Andernfalls können die amerikanischen Konsumenten es sich nicht leisten, soviel zu konsumieren ... und wenn sie nicht diese ganzen Güter kaufen, wer sonst?

      Und dennoch – wer will US-Anleihen kaufen, wenn die Hüter der Währung, in der diese Anleihen nominiert sind, die Druckerpressen auf Höchstbetrieb laufen lassen und wenn diese Währungshüter so sprechen, als ob sie verrückt geworden seien?

      "Wenn die Ausländer verstehen würden, dass die US-Politik das ist, für das ich sie halte", so Ned Davis im Barron`s Magazin, "nämlich die, aus Müll Geld zu machen ... warum würden sie dann ihre 3 Billionen Dollar (Netto-Investments in Dollar-Vermögenswerten) in diesem Land halten? Ab dem Punkt, ab dem sie das realisieren, wird dieser schöne kleine Kursrückgang des Dollar plötzlich richtig schlecht werden."

      "Eine Dollarkrise ist nur eine Frage der Zeit", fügt Marc Faber hinzu.
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      Dollarkrise, Teil II

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Bis jetzt hat der Dollar zwar im Vergleich zum Euro deutlich verloren – aber nicht gegenüber den asiatischen Währungen. Diese haben sich gegen den Trend gestemmt, indem sie entweder am Devisenmarkt interveniert haben, um den Dollar hoch und ihre Währungen niedrig zu halten, oder indem sie – wie es die Chinesen getan haben – ihre eigene Währung in einem fixen Verhältnis an den Dollar gekoppelt haben.

      Niemand in der Welt will den relativen Handels-Nachteil einer starken Währung haben. Sogar die Schweizer haben verkündet, dass sie den Schweizer Franken niedriger sehen wollen, wenn notwendig. "Wir sind bereit dazu, einzuschreiten und zu intervenieren, wenn der starke Franken unsere Exporte verletzt", sagte der Präsident der Schweizer Nationalbank vor kurzem.

      Die Leute erwarteten auch, dass EZB-Präsident Wim Duisenberg seinen Beitrag zur weltweiten Inflation leisten würde und die Leitzinsen senken würde. Aber letzten Donnerstag ging die EZB-Sitzung ohne Zinssetzung vorüber. Das wird wohl bedeuten, dass der Dollar ziemlich bald seinen Abschwung gegenüber dem Euro fortsetzen wird. Langfristig werden allerdings alle Papierwährungen gegenüber dem realen Geld – Gold – fallen.

      "Ich denke, dass die harten Werte wie Edelmetalle, Immobilien, Kunst etc. nicht nur gegenüber dem Dollar, sondern gegenüber allen Währungen steigen werden", erklärte Marc Faber. "Tatsache ist ... dass die Rohstoffpreise bereits gestiegen sind – in einigen Fällen stark –, wenn man die Tiefs des Zeitraums 1998–2002 betrachtet."

      Eine Liste von 20 Rohstoffen zeigt einen durchschnittlichen Gewinn von 77 % seit den historischen Tiefs Ende der 1990/Anfang der 2000er. *** Zwei Charts in der aktuellen Ausgabe des Barron`s Magazins sind mir aufgefallen. Einer zeigt, wie die Summe der Hypotheken in den USA seit 1982 gewachsen ist. Nach 20 Jahren Boom sind die Hypothekenschulden so hoch wie nie. 1982 besaß der durchschnittliche Hausbesitzer fast 70 % seines Hauses selbst (der Rest war noch fremdfinanziert). Im ersten Quartal 2003 lag dieser Wert bei nur noch 55 %.

      *** Der zweite Chart zeigt, was die Autoren das `KGV des Immobilienmarktes` nennen. Diesen Wert errechnen sie, indem sie die `existierenden Hausverkäufe mit dem durchschnittlichen Verkaufspreis` multiplizieren und diesen Wert dann durch das persönliche verfügbare Einkommen teilen. Nach diesem Maßstab ist das `KGV des Immobilienmarktes` von einem Tief von ungefähr 6 im Jahr 1982 auf ein Hoch von fast 16 heute gestiegen.

      Zu schade, dass die Hausbesitzer nicht mehr von ihren Häusern besitzen. Denn indem sie ihre Hypotheken immer weiter erhöht haben, hat sich ihr effektiver Besitz an ihren Häusern verringert. Zu einem Zeitpunkt, als die Immobilienpreise stiegen
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      Eine kurze Geschichte der fantastischen Inkompetenz der Regierung


      vom "Mogambo Guru" – nicht ganz Ernst gemeint

      Ich weiß, dass Ihr immer klugen und gut ausgebildeten Leute den alten Spruch kennt, den Karl Marx und der Brite Philip Guedalla so gerne sagten: "Die Geschichte wiederholt sich." Nun, wir werden sehen, dass dies bei der Geschichte der fantastischen Inkompetenz der Regierung zutreffend ist, wie wir jetzt sehen werden.

      William L. Anderson vom Mises Institute, der auch Volkswirtschaf an der Frostburg State University lehrt, schreibt auf der Homepage vom Mises Institute: "Jahrelang haben die Ökonomen geglaubt, dass es in einer Volkswirtschaft nur eine begrenzte Anzahl von Arbeit gibt, und dass die Leute keine Arbeit haben, sobald diese Dinge getan sind. Aber die Wahrheit ist das genaue Gegenteil; es gibt wirklich eine unbegrenzte Zahl von Dingen, die getan werden muss. Wie Alchian und Allen in ihrem Buch `Exchange an Produktion` (1983) gezeigt haben, werden wegen der verbesserten Produktivität immer Arbeitskapazitäten frei, die sich um andere Dinge kümmern können. So wächst eine Wirtschaft – eine simple Wahrheit, die den meisten professionellen Ökonomen entgangen zu sein scheint."

      Und ich füge hinzu, dass DAS den meisten professionellen Ökonomen nicht nur komplett entgangen ist, lieber Professor, sondern dass sie auch zunehmend ignoriert haben, dass diese "unbegrenzte Zahl von Dingen, die getan werden muss" jetzt zu Jobs der Regierung geworden ist, indem die Regierung Leute dafür bezahlt, dass sie Güter und Dienstleistungen anbieten, weil ihr Ziel pervers so beschrieben worden ist: "Dem amerikanischen Volk mehr Güter und Dienstleistungen anzubieten".

      Das erinnert mich an die Zeit, als ich – vor Jahren – eine bestimmte amerikanische Stadt in Haushaltsfragen beriet. Ich unterhielt mich mit dem Kämmerer, und er hatte ein oberflächliches Kredo in seinen Papieren, wo stand, dass die Stadt es als Ziel habe, "ein kontinuierlich höheres Service-Niveau anbieten zu können". Ich erinnerte ihn höflich daran, dass dies höhere Kosten und damit höhere Steuern und Abgaben verlangen würde, und dass er deshalb gegen die Interessen der Steuerzahler arbeiten würde. Dieser Mann starrte mich ziemlich ungläubig an.

      Nun, um ehrlich zu sein war ein Teil seiner Ungläubigkeit vielleicht durch die Tatsache zu erklären, dass ich das erste Mal theatermäßige Techniken bei einer Präsentation angewandt hatte. Während unseres Gesprächs hatte ich ein Seil in der Hand und knüpfte daraus einen Knoten für einen Galgen. Als ich damit fertig war, schrieb ich auf ein Schild "Steuerzahler" und hängte es mir um den Hals. Ohne ein Wort – ich konnte sehen, dass der Kämmerer durch meine Performance baff war – stieg ich dann auf den Stuhl und legte mir den Galgen um den Hals und zog das Seil fest. Ich stellte mich auf ein Bein und zuckte mit dem anderen Bein so in der Luft, wie es in meiner Vorstellung ein Gehängter im Todeskampf tun würde. Ich ließ meine Zunge aus dem Mund hängen und rollte meine Augen zurück. Oh, das war ein aufregender Moment!

      Ich reizte diese Szene so lange wie möglich aus, und stand für fast eine volle Minute so, mit der Schlinge um meinen Hals und mit fast einem Krampf im Bein. Man hätte die sprichwörtliche Nadel fallen hören können.

      Danach wollte ich noch die Rolle eines Geistes spielen, der symbolisch für die wirtschaftlich strangulierten Steuerzahler der Stadt stehen sollte, die den Stadtrat verfluchen. Aber sobald ich das Geistkostüm angezogen hatte und das Licht ausgemacht hatte sowie mit einer Taschenlampe unter mein Kinn leuchtete (weil das wirklich gruselig aussieht), veranlasste der Kämmerer aus Gründen, die ich nicht nachvollziehen kann, dass ich von einer überraschend starken Sekretärin rüde aus dem Büro geführt wurde. Dabei muss diese Frau mindestens 70 Jahre alt gewesen sein. Und ich musste mir eine Tirade des Kämmerers anhören, dass dies sein Büro und seine Stadt sei, und dass er seine Anweisungen vom Stadtrat beziehe, und wenn ich noch etwas zu sagen habe, dann solle ich das denen sagen, und ich dürfe nie wieder einen Fuß in sein Büro setzen, bla bla bla.

      Ich habe die Details von dem, was er sagte, vergessen, aber ich erinnere mich daran, dass es irgendwie cool war, als er in einer kurzen Zeitspanne sehr oft das nicht gerade höfliche amerikanische Wort, das mit "F" beginnt, sagte.

      Wie auch immer – der Ökonom Paul Craig Roberts betont, dass "die relativ gut ausgebildeten aber niedrig bezahlten Arbeiter in vielen asiatischen Ländern einen Vorteil gegenüber den US-Arbeitern haben wegen ihrer rechtlichen Stellung." Was, hm? Aber die Erklärung folgt: "Der Vorteil (der ausländischen Arbeiter) steigt mit der Abwesenheit von Steuerbehörden ( ...) und anderen regulierenden Bürokratien, deren Budgets verlangen, dass ein nie endendes Angebot an Gesetzesbrechern bestraft wird."

      Ich klatsche mein Handfläche an meine Stirn und sage: "Das ist die Wahrheit, Bruder!" Hätte die Regierung nichts Besseres zu tun? Es scheint mir ein Naturgesetz zu sein, dass Regierungen immer größer und stärker werden.

      Und Roberts weiter – da scheint er mich übrigens zitiert zu haben: "Wir können nicht eine große, eindringende Regierung und eine gesunde Wirtschaft gleichzeitig haben." Nun, obwohl er mich fast wörtlich zitiert hat, hat er NICHT auf die Quelle seines profunden Wissens verwiesen. Und er hat ausgerechnet die besten Stellen weggelassen, denn ich hatte gesagt: "Ihr einfach gestrickten amerikanischen Wähler, die ihr die demokratischen und republikanischen Heulsusen wählt, die euch Sicherheit von der Wiege bis zur Bahre versprechen und Unterstützung für alles und jeden, ihr denkt in euren erbsengroßen Hirnen, dass ihr eine große, grausame, unterdrückende, faschistische, korrupte und repressive im totalitären Sinne Regierung haben könnt und gleichzeitig eine gesunde Wirtschaft. Aber das geht nicht, ihr unglaublich hohlen Dummköpfe!"

      Naja gut, seine Version ist kürzer, aber dafür fehlt ihr das Feuer, das die Wichtigkeit dieses Themas verlangt. Aber Sie können sicher sehen, wie er mich gekürzt hat, oder?

      Tja, die Zeiten sind verrückt. Aber dass sie das in der Wirtschaft sind, spiegelt doch nur den allgemeinen Zeitgeist wider. Vergleichen Sie doch mal, wie oft sie im Fernsehen eine total sinnlose Game- oder Talkshow sehen können, und wie oft es Mozart im Fernsehen gibt. Dann bedenken Sie, dass diese Game- und Talkshows von vielen Leuten stundenlang gesehen werden, während sie Mozart, den bis jetzt größten Komponisten der Musikgeschichte, vollkommen ignorieren.

      Stellen Sie sich das vor!

      Jetzt gehen Sie in die Geschichte zurück und suchen Sie eine vergleichbare Gesellschaft. Die Gesellschaft, an die ich dann sofort denken würde, ist natürlich die von Sodom und Gomorrah. Ich meine damit die Party-Städte des Alten Testaments, aber das Ende für diese Städte war nicht gerade gut, wie ich mich erinnere.

      Vielleicht fragen Sie: "Aber wie konnten die diesen deliziös hedonistischen Lebensstil finanzieren?" Nun, ich bin sicher, dass diese Frage schon viele Bibelgelehrte beschäftigt hat, und ich persönlich verbringe jede Menge Zeit mit der Frage, wie ich meinen EIGENEN hedonistischen Party-Lebensstil finanzieren kann.

      Nun, die Antwort steht in einem kleinen Teil der Bibel irgendwo am Ende, denn niemand will diesen Teil über monetäre und fiskalische Politik lesen.

      Auch ich habe von diesem Teil noch nie gehört, und zwar aus dem Grund, weil dieser Teil NICHT von Sex und Partys und Orgien und Betrunkenwerden handelt, sondern es darum geht, wie man für den Sex und die Partys und die Orgien und das Betrunkenwerden bezahlt. Und ich habe herausgefunden, dass sie das alles auf Pump finanzierten. Und ich bin glücklich zu berichten, dass das, was vor 2000 Jahren galt, auch heute noch relevant ist. Weder ich noch irgendjemand den ich kenne haben sich jemals wirklich Sorgen gemacht, wie man eine wundervolle Zeit finanziert, WÄHREND man diese wundervolle Zeit gerade genießt. Ein paar flüchtige Gedanken daran, vielleicht. Vielleicht ein höfliches Abwinken. Aber niemals Sorgen. Und immer auf Pump.

      Jahr für Jahr finanzierten die Regierungen von Sodom und Gomorrah sich durch Schuldenmachen. Jahr für Jahr! Mehr und mehr! Mehr Schulden! Mehr neues Geld! Alles dreht sich! Und dann eines Tages hieß es – Kawumm! Und dann beginnt der Teil, der die große Lektion sein soll, eine der instruktiven Parabeln, für die die Bibel so berühmt ist.

      Und so ist die Bibel auch der Vorläufer der Volkswirte der sogenannten österreichischen Schule, die sagen, dass das Anhäufen von Schulden, die nicht mehr verkraftet werden können, keine gute Idee ist.

      Aber wir sind an einem Punkt angelangt, an dem niemand mehr auf die Geschichte achtet, auch dann nicht, wenn es in der Bibel steht. Deshalb ist es wohl nicht abzusehen, dass irgendeine Regierung irgendwann damit aufhören wird, den Weg in die finanzielle Insolvenz zu wiederholen.
      investorverlag.de
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      schrieb am 08.07.03 22:35:10
      Beitrag Nr. 3.446 ()
      Subventionsabbau
      Das endgültige Aus für Bauherren?

      Autor: Gerrit Rudolph

      Vor allem Familien mit Kindern träumen den Traum vom eigenen Heim. Mit der Eigenheimzulage gelang es bisher auch vielen einkommensschwächeren Familien sich diesen Traum zu erfüllen. Der Traum könnte jedoch für viele Familien bald ausgeträumt sein, wenn die Bundesregierung ihre Pläne in die Tat umsetzt.
      Die Eigenheimzulage steht nämlich ganz oben auf der Streichliste von Hans Eichel. Das Förderprogramm kostet den Staat jährlich fast 10 Milliarden Euro. Die würde der Finanzminister gerne behalten, um damit das Vorziehen der Steuerreform zumindest teilweise gegenzufinanzieren.

      [plusminus hat Familien begleitet, die sich die Eigenheimzulage noch sichern wollen und Familien besucht, die sie schon nutzen. Familie Borth aus der Nähe von Frankfut hat schon beim Sparen auf das eigene Haus einen Nachteil. Mutter Beate Borth zieht drei Kinder groß. Als Hausfrau verzichtet sie auf ein eigenes Einkommen und kann nicht mitverdienen. Die Eigenheimzulage gleicht diesen Nachteil für Familien mit Kindern nicht vollständig aus. Sie ist aber eine unverzichtbare Hilfe für Familien.
      Jetzt sind die Borths auf der Suche nach einem geeigneten Haus. Wenn sie sich die Eigenheimzulage in diesem Jahr noch sichern, bekämen sie die maximale Fördersumme von knapp 33.000 €. Das Geld würde den Borths über eine Laufzeit von acht Jahren ausbezahlt – pro Jahr wären das also 4.090 € Förderung vom Staat.

      [plusminus hat nachgerechnet. Die vorgezogene Steuerreform bringt Familien wie den Borths wesentlich weniger, als ihnen mit der Streichung der Eigenheimzulage entgehen würde. Wer auf ein Einkommen verzichtet, um Kinder groß zu ziehen, der sollte auch Anspruch haben auf staatliche Förderung.(genau, so sollte es normalerweise sein, aber was ist schon normal auf dieser Welt , lieber (finanziert)subventioniert man die leistungslosen Einkommensbezieher, die Zinsfresser:( :( ) Mit der Eigenheimzulage würde eine der wenigen Hilfen für Familien geopfert. Ein fatales Signal.

      Dieser Text gibt den Fernseh-Beitrag vom 08.07.2003 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.


      http://www.hr-online.de/fs/plusminus/2003070824.html
      Avatar
      schrieb am 08.07.03 22:42:32
      Beitrag Nr. 3.447 ()
      Steuerreform
      Kommt jetzt das Konsumwunder?

      Autor: Oliver Feldforth

      Endlich sollen die Steuern runter, so will es zumindest die Bundesregierung. Die 3. Stufe der eigentlich erst für 2005 geplanten Einkommensteuerreform soll bereits auf das Jahr 2004 vorgezogen werden. Wie die Steuerentlastung gegenfinanziert werden soll, das steht jedoch noch in den Sternen. Mehr Schulden oder doch höhere Abgaben - darüber streitet sich jetzt auch die Opposition.

      Doch was wollen eigentlich die Menschen in Deutschland? [plusminus hat sich umgehört, mit vielen Bürgern gesprochen. Viele glauben anscheinend der Regierung nichts mehr. Sie erleben die rot-grüne Politik als ein Hin und Her und was am Ende der Reformen wirklich in ihrem Portemonnaie übrig bleibt, das wollen sie erst mal sehen. Die Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren, ist ebenfalls sehr präsent, genauso wie die Unsicherheit über die eigene zukünftige Rente. Nur wenige sind deshalb wirklich gewillt, das Geld aus der Steuerentlastung auch gleich wieder auszugeben. So wie es sich die Regierung wünscht, um mit Hilfe des Konsums die deutsche Konjunktur wieder anzukurbeln.

      Der größere Teil der Befragten ist skeptisch, will abwarten und das Geld sparen für zukünftige Ausgaben. Solch eine erhöhte Sparquote müsste ja eigentlich den Banken und Sparkassen Geschäft bringen. Aber auch diese glauben nicht daran, dass die Steuerreform für sie mehr Umsatz mit Vorsorgeprodukten bedeutet.
      Viele Menschen würden wohl erstmal ihre Schulden abbauen und den Rest konsumieren und nicht ansparen.

      Lediglich in der Gastronomie zeigten sich bei unserer Umfrage die meisten Wirte optimistisch, dass die Durststrecke nach der Euroumstellung mit der Steuersenkung ein Ende findet. Denn das Essen und Trinken lassen sich die Deutschen durch keinerlei Steuerpläne vermiesen.

      Dieser Text gibt den Fernseh-Beitrag vom 08.07.2003 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.

      http://www.hr-online.de/fs/plusminus/2003070823.html
      Avatar
      schrieb am 08.07.03 22:46:57
      Beitrag Nr. 3.448 ()
      Gesundheitsreform
      Was bringt ein 10 %-iger Selbstbehalt?

      Autor: Herbert Stelz

      Mitte Juni hat Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt ihr „Gesundheits-Modernisierungs-Gesetz“ (GMG) in den Bundestag eingebracht. Zur gleichen Zeit stellte die CDU/CSU-Opposition ihren Antrag „Für ein freiheitliches, humanes Gesundheitswesen“ im Parlament. Kurz davor machte der Streit zwischen dem Gesundheitsexperten der Union, Horst Seehofer, und den beiden Parteivorsitzenden Angela Merkel und Edmund Stoiber um die Herausnahme des Zahnersatzes aus der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) Schlagzeilen.
      Der Streit ist vorläufig beigelegt, doch hat er überdeckt, dass die Union in ihrem Antrag einen viel weitergehenden Vorschlag gemacht hat: Sie will über alle Leistungsbereiche hinweg eine 10 %-ige Selbstbeteiligung der Patienten einführen.

      Das bedeutet, dass vor allem die Kranken die Einsparungen im Gesundheitswesen bezahlen sollen. Bis zu einer Obergrenze von 2 % des Jahreseinkommens soll die Selbstbeteiligung gelten. [plusminus hat sich diesen Vorschlag genauer angesehen und in Szenarien versucht, die Wirkungen und Folgen darzustellen.

      Bei genauerer Analyse fallen dabei vor allem folgende Probleme auf:

      80 % der Gesundheitsleistungen werden von nur etwa 20 % der Versicherten verbraucht. Die Selbstbeteiligung würde sich also vor allem auf dieses Fünftel der Versichertengemeinschaft konzentrieren. Das sind vor allem die Kranken und die Alten. Eine 10 %-ige Selbstbeteiligung in dieser Betroffenengruppe dürfte aber bei sehr vielen sehr schnell dazu führen, dass sie an die 2 %-Grenze ihres Jahreseinkommens geraten. Von allen Leistungen jenseits dieser Grenze könnten also keine 10 % mehr abgeschöpft werden. Damit, so kommentiert die Sprecherin des Verbandes der Angestellten- und Ersatzkassen, Dr. Doris Pfeiffer, würden die Einnahmen lange nicht so hoch werden wie von der Union erhofft.


      Wenn die Selbstbeteiligung über alle Leistungsbereiche hinweg erhoben würde, müsste es eine Stelle geben, die alle Gesundheitsdaten des Versicherten zusammenführt und kontrolliert. Auch müsste geprüft werden, wann die 2%-Grenze beim einzelnen Versicherten erreicht ist. Das könnten nur diejenigen Krankenkassen machen, die solche Prüfungen auch jetzt schon bei einer kleinen Gruppe der Versicherten durchführen, wenn diese besonders hohe Zuzahlungen bei den Medikamenten zu leisten haben. Nach dem CDU/CSU-Vorschlag aber dürfte die Anzahl dieser Prüfungen 40 bis 50 mal höher werden. Eine enorme zusätzliche Prüfungsbürokratie würde nötig.


      Zuzahlungen gibt es jetzt bereits bei Medikamenten, im Krankenhaus sowie bei Heil- und Hilfsmitteln, nicht jedoch bei den niedergelassenen Ärzten. Schon heute beklagen die Ärzte, dass sie zum Zeitpunkt ihrer Leistung am Patienten noch lange nicht wissen, wie viel sie für diese Leistung an Honorar bekommen. Das wird erst sehr viel später über ein kompliziertes Punktesystem ermittelt, mit dem die Kassenärztlichen Vereinigungen erst nach einer Abrechnungsperiode das einzelne Honorar ermitteln.
      Von einem Honorar, das aber noch nicht bekannt ist, kann man auch keine 10 % berechnen. Die Lösung könnte nur sein, dass lange nach Erbringung der Leistung die Kassenärztlichen Vereinigungen jedem Patienten eine gesonderte Rechnung über seine 10 %-ige Selbstbeteiligung schicken. Bei 250 Millionen ärztlich behandelten Fällen im Jahr, eine enorme bürokratische Herausforderung für die Kassenärzte, zumal 50 Millionen Behandlungen davon unter 15 € kosten.


      Eine 10 %-ige Selbstbeteiligung bei den Arzneimitteln dürfte für schwer und chronisch Kranke sehr schnell zu einer erheblichen Belastung führen. Für einen von [plusminus befragten schwer kranken Patienten vervierfacht sich die monatliche Zuzahlung somit von etwa 40 auf über 160 €. Für den Durchschnittskunden einer Apotheke aber könnte sich der Unions-Vorschlag sogar lohnen. Dessen Zuzahlung, so Apotheker Jens Bojunga im hessischen Ranstadt, könnte um 20 bis 25 Prozent sinken. Ausgerechnet der Markt mit den höchsten Preissteigerungen, der Arzneimittelmarkt, wäre am wenigsten betroffen.
      Somit dürfte der Vorschlag der Union viel soziale Ungerechtigkeit, viel zusätzliche Bürokratie, aber weit weniger Geld bringen als erwartet. Die Experten, die [plusminus befragt hat, meinten, dass eher diejenigen zur Sanierung des Gesundheitssystems beitragen sollten, die auch an ihm verdienen, z.B. Ärzte, Apotheker und vor allem die Pharma-Industrie. Und nicht die Patienten.(das iss es)

      Dieser Text gibt den Fernseh-Beitrag vom 08.07.2003 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.


      http://www.hr-online.de/fs/plusminus/2003070825.html
      Avatar
      schrieb am 08.07.03 23:14:47
      Beitrag Nr. 3.449 ()





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      08.07. 12:44

      VDAX: DAX Vola zieht an


      DAX Volatilitätsindex (VDAX)

      Aktueller Stand : 26,93 Punkte (+0,2%)

      Der VDAX gilt als sogenannter "Angstmesser" und eignet sich deshalb als mittelfristig auswertbarer Indikator. Sehr hohe Werte zeigen ein steigendes bearishes Marktsentiment an. Ein zunehmend bearishes Marktsentiment ist zunehmend als Kontraindikator für weiter nachgebende Kurse in den Indizes wie DAX und Nemax zu interpretieren. Umgekehrt zeigen sehr niedrige VDAX Readings eine Zunahme des bullishen Marktsentiments an. Sehr niedrige Readings sind im Sinne eines Kontraindikators bearish für den Kursverlauf der Indizes zu werten.

      Aktuelles Update des Tageschartabgleichs zwischen VDAX (oben) und DAX (unten).

      Der VDAX konnte gestern kein neues Jahrestief ausbilden und steigt auch heute trotz des neuen Zwischenhochs im DAX leicht an.
      Der VDAX und der DAX laufen somit nicht mehr entgegengesetzt, sondern gleichgeschaltet, was im aktuellen Fall als bärische Divergenz zu deuten ist. Offensichtlich haben einige Marktteilnehmer angesichts der massiven übergeordneten Widerstände die bei 3366 im DAX beginnen Sorgenfalten. Die heutige bärische Intraday Divergenz zwischen VDAX und DAX ist als Achtungszeichen zu verstehen und muss erst noch bestätigt werden.

      Zusatzinfo: Steigt der VDAX könnte der DAX im Gegenzug bald fallen.

      Tageschart (IT):




      VDAX - Monatschartabgleich mit Kaufsignal 30.06. 14:49

      DAX Volatilitätsindex (VDAX)

      Aktueller Monatschartabgleichs zwischen VDAX (oben) und DAX (unten).

      Aktueller Stand :

      VDAX : 26,76 Punkte und DAX : 3.252,x Punkte

      Geht es nach dem äußerst träge verlaufenden Monatschartabgleich, so steht der VDAX weiter auf Kauf. Im Juni wurde eine wichtige Supportlinie, die eine Wende nach oben hätte einleiten können, nach unten gebrochen. Der VDAX steht mit fallender Tendenz mitten in der übergeordneten mehrjährigen Range.



      .....


      VDAX - Indikator mit Stärken und Schwächen

      Im mittelfristigen Zeitfenster stellt der VDAX einen verläßlichen Sentimentindikator dar, der Signale insbesondere dann gibt, wenn obere bzw. untere Extremwerte erreicht werden. Der Verlauf vom VDAX weist eine Antikorrelation zum Verlauf vom DAX auf. Steigt der DAX an, fällt der VDAX ab. Fällt der DAX, steigt der VDAX im Gegenzug an.

      Ein steigender VDAX zeigt eine Zunahme des bearishen Marktsentiments an. Zunehmend geht ein sich etablierender Marktpessimismus in "Angst" unter den Marktteilnehmern über. In dem Maße wie die Angst zunimmt, nimmt auch der Verkaufsdruck zu, weil ängstliche Marktteilnehmer nun einmal emotional reagieren und verkaufen. Wir fassen diese Feststellung nochmals in einer Formel zusammen :

      Steigender VDAX = Zunehmendes bearishes Martksentiment = Zunehmende "Angst" unter den Marktteilnehmern = Steigender Verkaufsdruck = Fallende Indizes

      Diese Formel kann durch die Benennung von Intensitätsgraden zu einem komplexen Regelkreis ergänzt werden. Ein steigender VDAX zeigt ein zunehmend bearishes Marktsentiment an. Marktpessimismus in verschiedenen Ausprägungsformen geht schließlich in "Angst" unter den Marktteilnehmern über. Zunehmende Angst bedeutet einen zunehmenden Verkaufsdruck im Markt! Je weiter die Angst ansteigt, desto stärker wird der Verkaufsdruck. Aus Angst wird Panik. Der VDAX erreicht obere Extreme Readings über 45 Punkten. Der Verkaufsdruck steigt auf Maximalniveau an. Der Markt geht in einen Sell Off über, beginnt regelrecht zu kollabieren. VDAX Extreme Readings im Bereich von 55 - 57 Punkten zeigen eine Sell Off Stimmung an. Innerhalb kürzester Zeit werden größere Mengen Aktien auf den Markt geworfen, wobei nicht mehr das Motiv "Ich möchte für meine Aktien einen möglichst guten Preis" im Vordergrund steht, sondern nur noch die Absicht, a) möglichst schnell und b) möglichst viel (wenn nicht alles) loszuwerden. Aufgrund der Panik sind Marktteilnehmer in einer solchen Abverkaufsphase bereit, zu "jedem" möglichen Preis zu verkaufen. Schließlich kommt es zu einer Sättigung des Verkaufsdrucks, weil "alle Angsthasen verkauft und ihr Material in der Endphase des Sell Offs für Spottpreise auf den Markt geworfen haben". Der Boden für die nächste kurz/mittelfristige Aufwärtsbewegung ist enstanden ...

      Professionelle Marktteilnehmer halten in einen Sell Off ihre Hand auf und sammeln Positionen auf.

      (Wer das Geschäft besonders "sorgfältig" betreibt, der shortet den Sell Off zunächst. Schnelle heftige Kursverluste innerhalb kürzester Zeit, das sind optimale Markt Set Ups für Shortseller. Der GodmodeTrader ist auf das Shorten solcher Set Ups spezialisiert. In den letzten Wochen und Monaten bieten immer mehr größere deutsche Broker auch Shortselling von deutschen Aktien overnight an.)

      Auch im Bärenmarkt heißt es "Buy low, sell high". Gegenüber der Hausse kauft man allerdings ganz besonders "low" und verkauft bereits möglichst rechtzeitig, um nicht von der nächsten größeren Verkaufswelle getroffen zu werden.

      Ein hoher stagnierender VDAX ist ähnlich zu interpretieren, wie ein charttechnischer Indikator, der sich phasenweise im stark überkauften Bereich bewegt. Ein Stochastik oder RSI im überkauften Bereich gibt nicht automatisch ein "Signal". Ein Stochastik, der fortlaufend in den stark überkauften Bereich "hämmert", stellt für den professionellen Marktteilnehmer sogar eher zunächst ein trendbestätigendes Signal dar. Es sollte also das Phänomen einkalkuliert werden, daß ein anhaltend hoher VDAX trendbestätigend wirkt. Also eindringlich der Hinweis, daß der WENDEPUNKT vom VDAX als entscheidend anzusehen ist! (Das gilt übrigens für nahezu alle Sentimentindikatoren). Wer beispielsweise ab dem 32 - 45er VDAX Bereich einfach "blind" in den DAX kauft, weil der VDAX Indikator schon weit gestiegen ist und jetzt einfach schon "sehr hoch" steht, der wird sich wundern, wenn er nicht den oberen Wendepunkt abwartet. Ein VDAX, der im oberen Extrembereich nämlich weiter ansteigt, ist gleichbedeutend mit schnell und stark fallenden Kursen im DAX. Wer sich also verfrüht einkauft, wenn der VDAX noch nicht seinen oberen Wendepunkt ausgebildet hat, der ist sehr schnell mit größeren Kursverlusten seines gerade erst "billig" gekauften Pakets konfrontiert.

      Der beschriebene Regelkreis durchläuft selbstverständlich nicht immer alle Stufen! 45er oder gar 57er Extreme Readings werden nicht oft erreicht. Beachten Sie, daß sich der VDAX in einem Bärenmarkt über einen längeren Zeitraum im oberen Extrembereich aufhalten kann. Außerdem möchten wir darauf hinweisen, daß keine 1:1 Antikorrelation zwischen dem Kursverlauf von DAX und VDAX besteht. Es kann also durchaus sein, daß der VDAX nur leicht steigt, der DAX im Gegenzug relativ stark nachgibt.

      Abschließend der Hinweis, daß sehr niedrige VDAX Readings für einen zunehmenden Marktoptimismus sprechen. Ein fallender VDAX, der Marktoptimismus bis hin zu Euphorie anzeigt, der ist gleichbedeutend mit zunehmendem Kaufdruck und damit steigenden Indizes. Erst der untere Wendepunkt, - also der Wechsel vom fallenden zum steigenden VDAX -, gibt dann das Verkaufssignal.

      Unserer Ansicht nach ist die KONKRETE charttechnische Auswertung der einzelnen Indizes und anderer "Basiswerte" als absolut übergeordnet anzusehen! Die Sentimentanalyse, - also auch die Beobachtung und Auswertung vom VDAX und VIX -, sollte als ZUSATZINFORMATION angewendet werden, aber nicht als alleiniges Anlagekriterium.


      .............................



      @#3444 von bluemoons


      Ich meine, der Artikel ist recht irreführend. Erstens gibt es schon in den meisten regionalen Immobilienmärkten, allen vorran Ost-und Norddeutschland, einen erheblichen Überschuß an Wohn- und Gewerbeangeboten und zweitens hat die Eigenheimzulage als Steuersubventionierung schon immer
      vorallem die Ineffizienz im Baugewerbe gefördert, da mit ihrer Hilfe die Bau- und Kaufpreise aufgebläht werden konnten.

      Jetzt, ohne die Eigenheimzulage, müssen mangels Cash der potentiellen Käufer die Immobilienverkäufer und Bauleister halt schärfer und besser kalkulieren.
      So what ??? Ist doch gut.
      Wenn unser Gemeinwesen an etwas leidet, dann doch wohl an die übermäßig ineffizienten Verwertung von vorhandenden Kapitalmittelen.

      Man stelle sich vor, der Staat würde auch Familienautos oä. fördern. Das wäre schön für die Autoindustrie und anderen Anbietern von "Familienprodukten". Nur nutzen würde es den Familien wenig, weil es nur die Folge hätte, dass die Preise dieser Güter um die Zuschußhöhe, die die Familien vom Staat bekommen, steigen würden.



      .......

      Preisabschläge nach Wegfall der Eigenheimzulage

      Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) rechnet bei einem Wegfall der Eigenheimzulage mit sinkenden Immobilienpreisen. Wenn die Eigenheimzulage größtenteils entfällt, sinken die die Preise "über die konjunkturell bedingte Flaute hinaus", sagte der DIW-Immobilienexperte Bernd Bartholmai dem Nachrichtenmagazin "Focus". Bei der durchschnittlichen Gebrauchtimmobilie rechnet er mit Preisminderungen um zehn Prozent. Bei Grundstücken, deren Preise jahrelang zugelegt haben, seien sogar noch größere Nachlässe möglich. Für Neubauten erwarte er hingegen nicht mehr als fünf Prozent Preisrückgang(Aha, mit fallenden Baupreisen ist also die fehlende Eigenheimzulage gut kompensiert), denn die meisten Baufirmen ständen seit Jahren unter Druck, sie könnten ihre Preise nicht viel weiter senken. dpa




      Artikel erschienen am 7. Jul 2003


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      MfG
      H_S
      Avatar
      schrieb am 08.07.03 23:22:54
      Beitrag Nr. 3.450 ()
      USA: Konsumentenverschuldung steigt
      (©GodmodeTrader - http://www.godmode-trader.de)



      Die amerikanischen Verbraucher haben sich im Mai noch mehr verschuldet, wie aus aktuellen Wirtschaftszahlen hervorgeht. Danach stieg die Zahl der US-Konsumentenkredite im Mai um 7,3 Milliarden $ auf 1,76 Bio $. Der Nettokredit, also der Verbraucherkredit abzüglich der hinterlegten Sicherheiten, stieg um 5% im Mai nach einem 5,4%igen Anstieg im April. Die Schulden durch Kreditkarten stieg um 5,3% im Jahresvergleich, was den höchsten Zuwachs seit vier Monaten bedeutet. Der nichtrevolvierende Kredit (wie der KFZ-Kredit) stieg um 4,9%.
      Avatar
      schrieb am 08.07.03 23:23:42
      Beitrag Nr. 3.451 ()
      08.07. 23:17
      Verschuldung der Entwicklungsländer steigt
      (©GodmodeTrader - http://www.godmode-trader.de)



      Wie aus aktuellen Daten von Dealogic hervorgeht, haben sich die Entwicklungsländer zuletzt weiter deutlich verschuldet. Dies könne man daran ablesen, dass im ersten Halbjahr 2003 34% mehr Staatsanleihen begeben wurden als noch im Vorjahr. Der Zuwachs betrug in absoluten Zahlen 57 Milliarden $. Am prekärsten sah die Lage zuletzt in Lateinamerika aus: Dort wurden 21 Milliarden $ und damit 55% mehr Anleihen begeben als noch im Vorjahr.
      Die Entwicklungsländer innerhalb von Europa emittierten Anleihen im Wert von 15,5 Milliarden $, womit man den Vorjahreswert verdoppelte. In Asien wurden 14 Milliarden $ an Anleihen begeben, was einen Rückgang von 13% bedeutet.
      Avatar
      schrieb am 08.07.03 23:32:35
      Beitrag Nr. 3.452 ()
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      Hans Eichel will Hedge Funds zulassen


      Bundesfinanzminister Hans Eichel stellt am Donnerstag in Frankfurt die Eckpunkte mehrerer Gesetzgebungsvorhaben vor, die tiefgreifende Reformen des Finanzsektors bringen sollen. Das "Investmentgesetz 2003" und das "Investmentsteuergesetz" sind Teile eines zahlreiche Maßnahmen umfassenden Kataloges, der Wettbewerbsnachteile im Vergleich zu Finanzplätzen wie Luxemburg oder der Schweiz ausgleichen will; zugleich wird möglicherweise schon klammheimlich der Handel mit sogenannten "Klimascheinen" vorbereitet, der vom Europäischen Parlament schon im vergangenen Jahr für die Zeit ab 2005 beschlossen wurde. Mit der Zulassung von Hedge Funds paßt Deutschland sich allerdings auch internationalen Gepflogenheiten an.

      Ein Kernelement wird übrigens möglicherweise die Zulassung von Hedge Funds sein, die als besonders risikoreiche Anlageform die deutsche Finanzlandschaft beleben aber auch gründlich durchschütteln könnten. Bei einem Hedge Fund handelt es sich um nur schwach regulierte Investment-Partnerschaften (sogenannte Kapital-Pools), bei denen sogenannte "General Partners" die täglichen Geschäfts tätigen, die Finanzmittel aber von "Limited Partners" stammen, die keine Entscheidungsbefugnis haben und nur ihren Return on Investment maximieren. Hohe Vergütungen bis zu 1% des Fondsvermögens plus einen zweistelligen Anteil des Fondsgewinnes ziehen die besten Fondsmanager in die General Partnership; ebenfalls hohe Mindesteinlagen der Limited Partners (typischerweise im Millionen Euro Bereich) lassen diese Anlageform nur für finanzstarke Investoren attraktiv erscheinen, die ihr Geld bislang im Rahmen solcher Investitionen vor dem deutschen Fiskus in Sicherheit bringen wollten. Jetzt soll das Hedge-Fund-Geschäft offenbar auch hier gestartet werden - mit den entsprechenden Steuereinnahmen.

      Hedge Funds bewegen Milliarden, und das macht sie gefährlich, denn wenn ein Hedge Fund hustet, kriegt eine ganze Nation oft Schnupfen. Da die Einlagedauer der Limited Partner für Zeiträume zwischen ein paar Tagen und wenigen Jahren festgelegt ist, haben wir es mit Termineinlagen zu tun; volkswirtschaftlich wuchtet ein Hedge Fund also große Summen der Geldmengen M3 und u.U. sogar M4 durch die Finanzwelt. Die Hedging-Geschäfte sind damit nicht inflationsrelevant, aber was passiert, wenn - zum Beispiel aufgrund einer Finanzkrise, wie sie angeblich schon mal vorgekommen ist - das Vertrauen der Investoren in die Hedge Funds generell verlorengeht? Dann würden die riesigen dort zirkulierenden Geldmengen entweder durch Verluste vernichtet, oder durch Liquidierung zu einem Teil der Geldmenge M2, und damit nachfragewirksam. Und das buchstabiert sich wie Inflation.

      Allerdings ist diese Gefahr nicht neu: die Derivatverbindlichkeiten alleine der deutschen Bank beliefen sich schon in 2001 auf mehr als das Fünffache des Bruttosozialproduktes Deutschlands. Die Vermutung liegt daher nahe, daß man in Wirklichkeit versucht, den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben: da die Finanzblase schon seit einiger Zeit zu platzen droht, und weder der Krieg noch der induzierte Ökochondrismus und die damit begründete Einführung von Klimascheinen, also handelbaren Steuern auf Luft die Finanzwirtschaft nachhaltig retten konnten, versucht man es mit einem noch risikoreicheren Finanzmarktinstrument, das zudem auch große Steuereinnahmen verspricht - mit viel weniger Widerstand als etwa bei der Ökosteuer.


      Und zudem eignen sich Hedge Funds durch ihre geringe Regelungsdichte besonders auch für Investitionen in sogenannte Finanzinnovationen, und "Klimascheine" gehören definitiv dazu: so bereitet man im Wege einer bevorstehenden Finanzmarktreform, die eigentlich eine Finanzmarktderegulierung ist, auch die Einführung des unseligen Protokolls von Kyoto vor.

      Wie nachhaltig diese Politik ist, werden wir aber noch sehen. Wir haben nämlich die Wirtschaft nicht von unseren Eltern gekauft, sondern von unseren Kindern ausgeliehen.

      Links zum Thema: CO2-Neurose und Nachhaltigkeits-Wahn | EU-Parlament

      http://www.bwl-bote.de/index.htm
      Avatar
      schrieb am 08.07.03 23:39:44
      Beitrag Nr. 3.453 ()
      Verkehr
      EU stellt Lastwagen-Maut in Frage


      08. Juli 2003 Die geplante Lastwagen-Maut in Deutschland könnte am Widerstand der Europäischen Kommission scheitern. Der Vorschlag der Brüsseler Behörde für eine neue EU-Rahmenregelung zur Anlastung der Wegekosten wird voraussichtlich weitreichende Änderungen der deutschen Pläne erzwingen. Nach dem dieser Zeitung vorliegenden Entwurf, der in zwei Wochen offiziell vorgestellt werden soll, muß die Bundesregierung sowohl die Höhe der Maut überprüfen als auch die Verwendung der Einnahmen neu regeln. In der Regel sollen die Mittel vollständig in den Ausbau der Straße fließen; nur in Ausnahmefällen, besonders in ökologisch sensiblen Berggebieten, wäre eine Finanzierung zugunsten des Schienenverkehrs möglich. Auf keinen Fall dürften Einnahmen aus der Maut, wie in Deutschland geplant, in den allgemeinen Haushalt eingestellt werden. Auch die von der Kommission angestrebte einheitliche "EU-Methodologie" für die Ermittlung der zulässigen Mauthöhe könnte das Prestigeprojekt der Bundesregierung ins Schlingern bringen.

      Die Kommission nimmt die deutsche Lastwagenmaut nun aber auch beihilfenrechtlich in die Zange. Die Behbörde wird ein Verfahren gegen die Entschädigungsregelung eröffnen, welche deutschen Spediteuren einen Ausgleich von jährlich rund 600 Millionen Euro für die Mautgebühr verschaffen soll. "Unsere Entscheidung ist gefallen", sagte ein Mitarbeiter von Verkehrskommissarin Loyola de Palacio. Nach den Plänen der Bundesregierung sollen Speditionsunternehmen die Mautkosten zum Teil mit der in Deutschland gezahlten Mineralölsteuer verrechnen können. Außerdem sind eine Absenkung der Kraftfahrzeugsteuer auf EU-Mindestniveau sowie Zuschüsse zur Anschaffung abgasarmer Fahrzeuge geplant. De Palacio sieht darin eine wettbewerbsverzerrende staatliche Subvention zu Lasten ausländischer Unternehmen, die gegen den EU-Vertrag verstoße. Mit einer förmlichen Entscheidung zur Einleitung des Verfahrens sei in der kommenden Woche zu rechnen, hieß es. Das Verfahren hat jedoch keine aufschiebende Wirkung, so daß die Maut dennoch wie geplant Ende August in Kraft treten könnte.

      500 Milliarden Euro benötigt

      Mit dem Vorschlag für die Wegekostenanlastung will die Kommission Wettbewerbsverzerrungen im EU-Binnenmarkt durch unterschiedliche nationale Mautregeln verhindern und zusätzliche Finanzmittel für den Ausbau der Verkehrsinfrastrukturen erschließen. Allein um die Lücken in den wichtigsten grenzüberschreitenden Verbindungen zu schließen, würden wenigstens 500 Milliarden Euro benötigt, heißt es in dem Entwurf. Während die Bundesregierung sämtliche Autobahnen in die Maut einbeziehen will, müßte sie sich nach dem Kommissionsvorschlag auf die sogenannten Transeuropäischen Netze beschränken.

      Entscheidender Parameter für die zulässige Mauthöhe wären nach dem Brüsseler Vorschlag die tatsächlichen Wegekosten in Form von Abschreibung und Unterhaltung. Sehr detaillierte methodische Vorgaben sollen dabei ein einheitliches Berechnungsverfahren sicherstellen. Einbezogen werden könnten auch die Unfallkosten, soweit sie nicht durch Versicherungen abgedeckt werden. Die EU-Länder könnten die so ermittelte "Grundgebühr" je Kilometer nach mehreren Faktoren staffeln. Dazu gehören Gewicht und Schadstoffklasse des Fahrzeugs, die Region, zum Beispiel unterschieden nach städtischen und ländlichen Gebieten, sowie die Verkehrsbelastung der jeweiligen Strecke. Zuschläge von bis zu zwanzig Prozent will die Kommission in ökologisch besonders sensiblen Gebieten akzeptieren. Um die Kosten für die Spediteure teilweise aufzufangen, bekämen die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, die Kraftfahrzeugsteuern ganz oder teilweise zu streichen.

      Ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums sagte, Brüssel dürfe die nationalen Handlungsspielräume nicht einengen. Dies gelte etwa für die Verwendung der Mittel. Eine Beschränkung auf den Straßenbau komme nicht in Frage. Die Bundesregierung wolle in der Verteilung auf die verschiedenen Verkehrsträger frei sein. Ferner will Berlin darauf bestehen, daß die Gebühren auf allen Autobahnen erhoben werden dürfen, nicht nur auf den Transeuropäischen Netzen.

      Text: bü. / Frankfurter Allgemeine Zeitung, 09.07.2003, Nr. 156 / Seite 11
      Bildmaterial: dpa/dpaweb
      Avatar
      schrieb am 08.07.03 23:42:12
      Beitrag Nr. 3.454 ()
      Konjunktur
      Schlechte Vorzeichen für die Wirtschaft


      08. Juli 2003 Die deutsche Produktion ist im Mai gesunken und hat damit die Chancen auf Wirtschaftswachstum im zweiten Vierteljahr weiter verringert. Volkswirte rechnen nun mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im zweiten Quartal. Auch die jüngsten Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin weisen auf eine sinkende Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal hin.

      Von April auf Mai hat die Erzeugung im Produzierenden Gewerbe saisonbereinigt um 0,7 Prozent abgenommen, wie das Bundeswirtschaftsministerium (BMWA) am Dienstag mitteilte. Ausschlaggebend für das Minus waren vor allem Produktionsrückgänge am Bau und der Industrie. Das deutsche Baugewerbe verbuchte einen monatlichen Rückgang der Produktion um 3,9 Prozent - damit erfüllte sich die Hoffnung einiger Analysten noch nicht, daß sich eine hohe Zahl von Baugenehmigungen bereits in vielen Baubeginnen niederschlagen könnte.

      Brückentage und Streiks wirken sich aus

      „Bei der Entwicklung der Produktion im Mai ist zu berücksichtigen, daß dieser Monat anders als sonst üblich einen zusätzlichen Brückentag aufwies", erklärte das BMWA mit Blick auf die Lage des Mai-Feiertags. Die wochenlangen Streiks in der ostdeutschen Metallindustrie dürften die Produktion im Juni weiter belastet haben: Die Autoherstellung sank im vergangenen Monat um ein Fünftel.

      Das produzierende Gewerbe hatte bereits im April hatte 1,2 Prozent weniger hergestellt. Damit ergab sich im weniger schwankungsanfälligen Zweimonatsvergleich April/Mai zu Februar/März den BMWA-Angaben zufolge ein Rückgang der Erzeugung um 1,7 Prozent. In Westdeutschland produzierte der Sektor 0,6 Prozent weniger als im April, das ostdeutsche Produzierende Gewerbe stellte 1,4 Prozent weniger her.

      Der bereits am Freitag veröffentliche Rückgang des Auftragseingangs um 2,2 Prozent im Mai hatte viele Volkswirte skeptischer im Vergleich zu ihrer ursprünglichen Prognose werden lassen. Davor hatten sie noch im Schnitt mit einem Anstieg um 0,2 Prozent gerechnet.

      DIW-Konjunkturbarometer deutet

      Volkswirte sahen im Produktionsrückgang ein schlechtes Vorzeichen für die gesamte Wirtschaftsentwicklung im zweiten Vierteljahr. Dieter Wermuth von United Financial Japan rechnet mit einem Rückgang des BIP im zweiten Quartal. Die am Dienstag in Berlin veröffentlichten Berechnungen des DIW bekräftigten diese Prognosen. „Aktualisierte Ergebnisse des DIW-Konjunkturbarometers für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung im zweiten Quartal dieses Jahres weisen ebenso wie im Vormonat einen Rückgang des realen Bruttoinlandsprodukts um 0,1 Prozent aus“, teilte das DIW mit. Die gesamtwirtschaftliche Schwäche in Deutschland setze sich fort.

      Lage „unverändert schwach“

      Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) nannte die wirtschaftliche Lage trotz des überraschenden Rückgangs der Arbeitslosigkeit „unverändert schwach". Mit 4,407 Millionen Erwerbslosen im Juni und einem Rückgang der Arbeitslosenquote von 10,4 auf 10,2 Prozent liegt die Arbeitslosigkeit auf dem höchsten Juni-Stand seit der Wiedervereinigung.

      Mit einem Rückgang des BIP im zweiten Quartal würde die deutsche Wirtschaft weiter in die Rezession sinken. Im ersten Vierteljahr war die reale Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal geschrumpft. Im vierten Quartal 2002 sprachen Volkswirte bei einem Rückgang um 0,03 Prozent von einer „roten Null“.

      Text: @nal
      Bildmaterial: ZB
      faznet.de
      Avatar
      schrieb am 08.07.03 23:46:08
      Beitrag Nr. 3.455 ()
      Sinkende Arbeitslosigkeit kein Grund für Entwarnung

      Später Ferienbeginn verzerrt Statistik / Hartz-Reformen zeigen erste Wirkung / Mangel an Lehrstellen nimmt zu






      rb FRANKFURT A. M. "Die konjunkturelle Schwäche belastet nach wie vor den Arbeitsmarkt", sagt der Chef der Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit, Florian Gerster. Der Rückgang der Erwerbslosenzahlen im Juni habe vor allem saisonale Gründe und lasse nicht auf eine Erholung schließen. Erst vom nächsten Jahr an sei damit zu rechnen, dass eine wirtschaftliche Belebung sich auch auf die Lage am Arbeitsmarkt auswirke. Positiv wertet er das geplante Vorziehen der Steuerreform. Bei einem voraussichtlichen Wachstumsimpuls von zusätzlich 0,3 Prozent könne dies 50 000 Menschen in Beschäftigung bringen. Hoffnungen setze er auch auf den Umbau der Bundesanstalt, durch den die Vermittlung beschleunigt werde, sowie auf die Agenda 2010 der Regierung.

      Aktuell hätten die Hartz-Reformen am Arbeitsmarkt erste Wirkung gezeigt, betont Gerster. Neben Förderungen wie der so genannten Ich-AG würden die Arbeitsämter andererseits höhere Anforderungen zur Mithilfe bei der Erwerbssuche stellen. Dadurch habe sich eine bestimmte Zahl Betroffener weniger arbeitslos gemeldet, erklärt Gerster. Die Reformen hätten wesentlich dazu beigetragen, dass die Zahl der Arbeitslosen auch saisonbereinigt im Vergleich zum Vormonat um 33 000 gesunken sei.

      Überdies hätten die späten Sommerferien in Deutschland zur Folge, dass die zum Ferienstart üblichen Arbeitsmarkt-Belastungen im Juni noch nicht zu Buche geschlagen hätten. Viele Unternehmen nutzen Betriebsferien zur vorübergehenden Verkleinerung ihrer Belegschaft. Dieser Effekt wird nach Einschätzung von Arbeitsmarkt-Experten dafür um so stärker im Juli wirksam werden. Trotzdem lag die Erwerbslosigkeit auf dem höchsten Juni-Stand seit der Vereinigung.

      Nach wie vor werden mehr Leute entlassen. Die Arbeitslosmeldungen von zuvor erwerbstätigen Personen waren auch im Juni zahlreicher als vor einem Jahr (plus 38 900 auf 275 800). Zugleich gab es aber auch deutlich mehr Abmeldungen in Arbeit (plus 29 900 auf 274 700). Ausschlaggebend dafür waren mehr Existenzgründungen, Rückrufe und selbstgesuchte Jobs. Vor allem aber haben sich die Abgänge in Nichterwerbstätigkeit stark erhöht (plus 96 200 auf 335 000).

      So ist Schätzungen des Statistischen Bundesamtes zufolge die Erwerbstätigkeit im April 2003 gegenüber März um 173 000 auf 38,15 Millionen gestiegen, gegenüber dem April 2002 gab es aber 544 000 Erwerbstätige weniger.

      Der Ausbildungsstellenmarkt ist nach wie vor erheblich angespannter als vor einem Jahr. Die Differenz zwischen unbesetzten Lehrstellen und unversorgten Bewerbern ist mit 163 700 um 32 000 größer als vor einem Jahr. Bis Ende September sei mit bis zu 70 000 fehlenden Lehrstellen zu rechnen. "Trotz der insgesamt angespannten Lage gibt es in einigen Berufen und je nach Region noch offene Lehrstellen", berichtet Heinrich Alt, Vorstandsmitglied der Bundesanstalt. Stellen könnten teils auch deshalb nicht besetzt werden, betont Alt, weil Anforderungs- und Bewerberprofile nicht übereinstimmen.

      Im Etat der Bundesanstalt ist im ersten Semester ein Defizit von 5,2 Milliarden Euro aufgelaufen.

      Siehe Kommentar



      fr-aktuell.de
      Avatar
      schrieb am 08.07.03 23:47:42
      Beitrag Nr. 3.456 ()
      KOMMENTAR

      Schwalben





      Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer und spätere Sommerferien verleihen dem Arbeitsmarkt noch keine Flügel. Dennoch ist es in dieser stimmungsmäßig dunklen Zeit ein deutlicher Lichtblick, wenn bereits zum wiederholten Mal die saisonbereinigten Zahlen gesunken sind. Allerdings sind sie nicht ganz bereinigt, ist doch der erwähnte Kalendereffekt nicht herausgerechnet.

      Was die von Florian Gerster angesprochene Wirkung der Hartz-Reformen angeht, hat vor allem der Part "Fordern" einen zahlensenkenden Effekt, während der Teil "Fördern" erst anläuft. Nur gut 2000 Arbeitslose sind beispielsweise bislang in den Personal-Service-Agenturen geparkt. Dagegen schlagen sich die höheren Anforderungen und Zumutungen der Ämter in der Rubrik der aktuellen Statistik mit der schönen Bezeichnung "Abgänge in sonstige Nichterwerbstätigkeit" nieder. Rund 335 000 Erwerbslose verschwanden wegen "Nichterneuerung der Meldung" oder "fehlender Mitwirkung" aus der Kartei. Sperrzeiten dämpfen zumindest die registrierte Arbeitslosigkeit.

      Aber wollen wir den kleinen Aufschwung nicht allzu mies machen und mit Gerster auf den großen Aufschwung 2004 hoffen. Bevor die Union sagt, was sie unter einer "seriösen" Gegenfinanzierung versteht, hat der Behördenchef schon einmal 50 000 Jobsuchende weniger durch das Vorziehen der dritten Stufe der Steuerreform gebucht. Wenn am Ende "seriös" mit weiterem Abbau von Sozialleistungen übersetzt wird, geht die Wirkung der Spritze im Kreislauf der Volkswirtschaft verloren. Auch der Hoffnungsfaktor Agenda 2010 bringt zunächst nur einen Ausfall an Konsumnachfrage und damit den Verlust von Jobs.

      Bleibt noch die Erwartung, dass die geplante Organisationsreform die beiden "Kunden"-Gruppen der Ämter - Arbeitslose und Unternehmer - rascher zueinander bringt. Das funktioniert aber nur, wenn die Arbeitgeber nicht für ständig wachsenden Nachschub an Entlassenen sorgen. rb



      Wirtschaft: Sinkende Arbeitslosigkeit kein Grund für Entwarnung



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      Copyright © Frankfurter Rundschau 2003
      Dokument erstellt am 08.07.2003 um 18:04:09 Uhr
      Erscheinungsdatum 09.07.2003
      Avatar
      schrieb am 08.07.03 23:52:06
      Beitrag Nr. 3.457 ()
      Dumping der EU treibt Jamaikas Milchbauern in den Ruin

      Produzenten können gegen Konkurrenzprodukte aus Übersee nicht bestehen / Thema soll Welthandelskonferenz beschäftigten


      Von Knut Henkel



      "Immer mehr Bauern müssen ihre Milch wegkippen, weil niemand sie mehr kaufen will", klagt Fiona Black. Die 41-jährige Jamaikanerin war früher Vorsitzende der dortigen Milchbauernvereinigung und ist mittlerweile als freie Beraterin tätig. "Milchwirtschaft in Jamaika unter den derzeitigen Marktbedingungen hat keine Zukunft", ist sich die Lobbyistin sicher.

      Dabei sind die Voraussetzungen für die Milchwirtschaft in Jamaika günstig. Die Karibikinsel hat reichlich Weideland, keine Wasserknappheit und mit der "Jamaika Hope" eine gute Rinderrasse. Auch das Verkaufspotenzial ist da, denn jährlich konsumieren die rund 2,7 Millionen Einwohner rund 140 Millionen Liter an Milch und Milchprodukten. Die nationale Produktion liegt derzeit jedoch nur bei etwa 17,8 Millionen Litern. Glänzende Perspektiven für die Milchbauern des Landes sollte man meinen.

      Weit gefehlt. Denn mit den Preisen für billiges Milchpulver können die rund 3000 Bauern nicht konkurrieren. Das drängt seit 1992 auf den lokalen Markt -jenem Jahr, in dem die Zollschranken dafür fielen. Seitdem hat sich der Import von Milchpulver mehr als verfünffacht. 67 Prozent der Einfuhren kommen aus der EU, die ihren Produktionsüberschuss auf dem Weltmarkt verkauft. Allerdings zu stark subventionierten Preisen.

      Eine Studie, die von Nichtregierungsorganisationen, unter ihnen Germanwatch, in Auftrag gegeben wurde, kommt zu dem Ergebnis, dass die Exportpreise für Milchpulver nur die Hälfte der eigentlichen Produktionskosten ausmachen. Rund 2,5 Millionen Euro an EU-Geldern flossen in den vergangenen Jahren durchschnittlich in die Milchproduktion. 1,5 Milliarden davon wurden allein für Exportsubventionen ausgegeben - um den Überschuss auf dem Weltmarkt zu verkaufen. Ohne diese Subventionen könnten Jamaikas Milchbauern gegen die Konkurrenz aus Übersee durchaus bestehen. So aber haben sie gegen den Verkauf unterhalb der Produktionskosten, im Fachjargon Dumping genannt, keine Chance.

      Jamaika ist nicht der alleinige Leidtragende der EU-Exportpraxis. Auch die indischen Milchproduzenten mussten in den vergangenen Jahren einen Verfall des Preises auf dem heimischen Markt hinnehmen. In Jamaika begann der ruinöse Wettbewerb allerdings wesentlich früher. 1992 wurde im Zuge einer Kreditvergabe durch die Weltbank und des damit einhergehende Strukturanpassungsprogramms der jamaikanische Milchmarkt liberalisiert. Die Jamaika Commodity Trading Company (JCTC), bis dahin alleiniger Milchpulverimporteur, verlor ihr Monopol und die Milchbauern dadurch einen Schutz vor Billigeinfuhren.

      Importmilch wurde nämlich bis dahin mit einem Zoll belegt, wovon ein Teil zur Förderung der lokalen Produktion an die Bauern floss. Diese relativ bescheidene Subvention sorgte bis 1992 für eine kontinuierliche Zunahme der Milchproduktion auf 39 Millionen Liter. Seitdem sind die heimische Erzeugung und der Preis pro Liter stetig gesunken: "Von rund 66 Jamaikanischen Dollar auf derzeit maximal 22", so Beraterin Black. Umgerechnet sind das etwa 33 Euro-Cent pro Liter. Auf den ersten Blick kein niedriger Preis, doch immer mehr Kleinbauern geben die Milchwirtschaft auf, da sie sich nicht mehr rechnet. Transport- und Kühlkosten werden den Kleinbauern, die oft nur einige wenige Kühe haben, in Rechnung gestellt und die Abnahmekontingente der großen Ankäufer, unter anderem Nestlé, werden seit Jahren reduziert. "Faktisch erhalten die Kleinbauern etwa 13 Jamaika-Dollar pro Liter und die Preise haben weiterhin stark sinkende Tendenz", berichtet Black.

      Viele der Kleinagrarier haben längst aufgegeben. Von 2,5 Millionen Liter sank deren Milchproduktion auf gerade 300 000 Liter. Doch auch die Kontingente der größeren Milchfarmen mit 25 bis 100 Kühen sind kontinuierlich zurückgegangen. Während 2001 noch zehn Millionen Liter eingekauft wurden, waren es im Vorjahr nur noch sechs Millionen. "Die jamaikanischen Bauern verlieren langsam aber sicher ihren nationalen Markt", so die Milchexpertin aus der Karibik.

      Auf Proteste der Milchbauernvereinigung hat die Europäische Union bisher nicht reagiert. "Es wird kaum zur Kenntnis genommen, dass Milchdumping Jamaikas Bauern in den Ruin treibt", klagt Black. Sie hofft mit der Unterstützung von Germanwatch und anderen Organisationen das Thema auf die Agenda der Welthandelskonferenz im mexikanischen Cancún setzen zu können. Dort verhandelt die Ministerrunde im September und das Agrarabkommen steht ganz oben auf der Tagesordnung.

      Der deutschen Landwirtschaftsministerin Renate Künast wurden kürzlich in Berlin von drei Nichtregierungsorganisation schon einmal die Unterschriften von 21 000 Bundesbürgern übergeben, die gegen das EU-Agrardumping protestieren.



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      Dokument erstellt am 08.07.2003 um 18:04:33 Uhr
      Erscheinungsdatum 09.07.2003
      Avatar
      schrieb am 09.07.03 00:18:15
      Beitrag Nr. 3.458 ()
      Geld Volkswirtschaft wissen.de
      mit der Entwicklung des Tauschverkehrs entstandenes, vielgestaltiges Gut mit mannigfachen Aufgaben, das den zweiseitigen Akt des Naturaltausches in zwei einseitige Akte des Kaufs und des Verkaufs zerlegt und dadurch den Wirtschaftsverkehr der einzelnen Wirtschafter untereinander erleichtert.

      Das Problem mit dem Geld ist, dass es als Tauschmittel und als Hortungsmittel verwendet werden, aber beide Funktionen niemals gleichzeitig ausfüllen kann. Bei übertriebener Hortung kann deshalb der Geldfluss (Konjunktur) behindert oder ganz unterbunden werden (Deflation). Ein weitere Problem ist, dass es einen entschiedenen Vorteil gegenüber Arbeit besitzt. Arbeit unterliegt einem Angebotszwang. Das bedeutet, dass jemand welcher Waren oder Dienstleistungen anbietet darauf angewiesen ist, dass diese auch nachgefragt werden, da sonst die Waren veraltern, Lebensmittel verderben, Lagerhaltung kostet Geld, Produkte verlieren an Aktualität usw. Ja, und außerdem muss er von den Einnahmen seinen Lebensunterhalt bestreiten und sein Geschäft unterhalten. Geld jedoch unterliegt keinem Angebotszwang. Wer mehr Geld besitzt als er für die Befriedigung seiner Bedürfnisse verwendet, kann dieses horten. Er ist nicht gezwungen dieses anzubieten, also in Umlauf zu bringen. Würden viele Menschen dieses zu hause horten, gebe es irgendwann einen Geldmangel. Es könnten weniger Geschäfte getätigt, Kredite vergeben werden usw. Damit der Geldbesitzer das Geld jedoch in den Wirtschaftskreislauf frei gibt, bietet man ihm sozusagen ein Lockmittel in Form eines Zinses an. Er kann sein Geld zur Bank bringen und bekommt dafür einen Zins. Er bekommt diese Zinsgutschrift vor allem deshalb, weil er das Geldangebot verknappen kann. Da Geld eigentlich ein öffentliches Mittel ist, welches von Jedermann als Tauschmittel verwendet werden soll, aber auch gleichzeitig als Privateigentum aus dem Kreislauf herausgezogen werden kann, gibt es dieses Problem.

      Nun ist es ja so, dass dieses Geld was der Geldverleiher als Zins bekommt von irgend jemanden erwirtschaftet werden muss. Ohne Schuld kein Guthaben, ist doch klar. Es muss also jemanden geben, welcher einen Kredit aufnimmt, mindestens in Höhe der Zinsgutschrift plus der Bankmarge, denn die Bank will auch etwas daran verdienen und trägt auch das Risiko bei der Kreditvermittlung. Zusätzlich kommt noch sozusagen eine Knappheitsgröße hinzu, damit das Kapital nicht abgezogen wird.

      Wenn nun aus konjunkturellen Gründen, weil Märkte irgendwann Sättigungserscheinungen zeigen, zu wenig Geschäftsleute, Unternehmer und Konsumenten also Kredite nachfragen, jedoch die Zinsgutschriften von langfristigen Anlagen bei den Geldverleihern als feste Größe feststehen kommt es zu einem Ungleichgewicht. Verschärft wird dies auch noch, wenn die einmal erhaltenen Zinsen auf dem Guthabenkonto stehen bleiben und sich so durch den Zinseszinseffekt expotential entwickeln. Dieses Geld muss durch die Wirtschaft erbracht werden und so kommt es zum Wachstumszwang! Natürlich werden die Leitzinsen gesenkt. Jedoch kann der Zinsanreiz für die Geldverleiher nicht zu stark herabgesetzt werden, weil diese sonst ihr Kapital abziehen. Und das tun diese auch heutzutage vermehrt, wie man an den Aktien-, Anleihen-, und Immobilienblasen erkennen kann. Das Kapital sucht sich immer die beste Möglichkeit zur Rendite und dieses über den ganzen Globus in Milliarden USD Höhe. Ein Arbeiter kann jedoch nicht immer gerade dort sein, wo ein noch rentablerer Arbeitsplatz entsteht - nächstes Problem.

      Um einer Kapitalflucht vorzubeugen, hat nun der Staat in konjunkturell schlechteren Zeiten mit hohen Investitionen versucht die Konjunktur am Laufen zu halten. Deshalb hat der Staat auch oft eigentlich überflüssige Großprojekte gefördert, wie z.B. Ausbau von Flüssen, Straßenbau, Raumfahrt oder Rüstung. Mit großen Investitionen lassen sich eben auch große Gewinne machen und wenn diese noch vom Staat – mit unseren Steuermitteln – gefördert werden, fließen besonders hohe Gewinne. Dadurch hat sich der Staat mit der Zeit immer mehr verschuldet. Mit der Zeit wird er immer Handlungsunfähiger, da die Schulden durch die Zinsen und Zinseszinsen ebenfalls expotential eskalieren. Es wird weniger investiert und damit immer mehr Kapital zum Spekulationsobjekt – siehe Aktienblase. Deflation naht. Große Aktienspekulationen waren schon immer die Vorläufer eines Systemcrashs ob 1873, 1929 und heutzutage.

      Das Problem besteht also in der Möglichkeit Kapital zurückhalten und dadurch Zinsen erpressen zu können. Mit der expotentialen Wirkung Zinseszins entwickelt sich der Wachstumszwang, da das Kapital immer bedient werden muss, sonst zieht es sich zurück, wird in Immobilien, Gold oder sonstwas investiert was für die Wirtschaft jedoch Rezession und Deflation bedeuten. Eine Lösung könnte die Einführung eines umlauf gesicherten Geldes sein, wodurch der Zins nebensächlich wird.

      Eine Hauptursache für das immerwieder propagierte Wirtschaftswchstum liegt also im Geldsystem begründet. Geldsysteme sind von Menschen erdacht und lassen sich ändern. Wirtschaftswachstum ist also kein Naturgesetz, wie auch Zins nicht.
      kopiert
      aus http://f7.parsimony.net/forum9673/messages/29823.htm
      naknak
      Avatar
      schrieb am 09.07.03 00:21:36
      Beitrag Nr. 3.459 ()
      Rally der Internetaktien


      Großes Juhu um Yahoo ist übertrieben



      Von Gertrud Hussla, Handelsblatt


      Sie sind wieder wer: Internetaktien wie Ebay, Amazon oder Yahoo haben in den vergangenen Wochen Rallys erlebt, die denen vor dem Platzen der Spekulationsblase ähnelten.


      HB DÜSSELDORF. Die Aktie des Informations- Service-Unternehmens Yahoo etwa, die einst zu Kursen um 230 $ pro Aktie handelte und in ihren dunkelsten Momenten nach dem Platzen der Blase nur noch 8,50 $ wert war, hat ihren Wert in den vergangenen neun Monaten mehr als verdreifacht und notiert bei knapp 35 $.

      Das ist leider schon wieder eine sehr hohe Prämie für das – zugegeben – erfolgreiche Management. Als eines der wenigen Überlebenden der Ausleseschlacht glänzt Yahoo mit jährlichen Umsatzwachstumsraten um die 30 %. Gleichzeitig kann das Unternehmen inzwischen eine gewisse Gediegenheit vorweisen. Vorbei die Zeiten, zu denen der – inzwischen geschasste – Tim Koogle als Yahoo-Chef in seinem lila Auto bei jeder Silicon Valley Party auftauchte. Der 60-jährige Terry Semel, der das Unternehmen seit zwei Jahren führt, lässt sich ganz traditionell von seinem Chauffeur kutschieren. Ideen und Kreativität haben unter seiner Regie nur eine Chance, wenn sie ökonomisch sinnvoll sind und in die Gesamtstrategie passen. Und die lautet: wohl überlegte Zukäufe, vor allem im Marketing und im Breitbandbereich, ansonsten die Kunden in immer mehr kostenpflichtige Bereiche wie Online- Kontaktanzeigen oder interaktive Hotelpreislisten locken. Semel ist auf gutem Weg, aus den etwa 230 Millionen Nulltarif-Nutzern im Schnellgang zahlende Kunden zu machen.

      Schon tragen die Anleger wieder Dollarzeichen in den Augen. Unter Semel, der zuvor 20 Jahre lang erfolgreich die Geschäfte des Filmproduzenten Warner Brothers leitete, entwickelt sich Yahoo zu einer Firma, die richtig Geld verdient. Für den morgen anstehenden Quartalsbericht erwartet man einen Gewinn von 8,4 Cent pro Aktie, im Vorjahresquartal waren es nur 3 Cent.

      Die aus den Schlagzeilen bekannte Mary Meeker, Internet-Analystin von Morgan Stanley und eine der wenigen ihrer Zunft, die trotz spekulativer Lobreden auf überteuerte Werte noch im Amt ist, hat Yahoo schon wieder einen 40-Seiten-Bericht gewidmet und jubelt „übergewichten“. Wer nach den Rekordhochs den Ausstieg verpasst hat, mag sich gar ermutigt sehen, die Aktie so lange zu halten, bis sie sämtliche Verluste wettgemacht hat.

      Doch solche Träume gehören in den Bereich der Illusion: „Die Aktie ist teuer, teuer, teuer“, sagt Ioannis Papassavvas, Manager des DIT-Technologiefonds. Das Kurs-Gewinn- Verhältnis, das den Preis einer Aktie zum Gewinn in Beziehung setzt, hat mit 140 bereits astronomische Höhen erreicht. Auch das Kurs-Buch- Verhältnis von acht ist extrem hoch. „Acht“ heißt, der Marktwert von Yahoo ist acht Mal höher als die Summe der Bilanzposten. Maximal ein vierfacher Wert gilt als akzeptabel.

      Optimisten mögen es mit Andreas Kraft halten, der für die DWS zwei Technologiefonds verwaltet. Er glaubt, dass das rasche Umsatzwachstum trotz des überteuerten Kurses weiter Anleger locken wird. „Wir halten die Aktie noch“, sagt er nach den kräftigen Kursgewinnen der letzten Wochen. Allerdings dürfte er auch zu wesentlich günstigeren Kursen eingestiegen sein als viele Privatanleger.

      Richtig gut getroffen hat es auf jeden Fall Yahoo-Chef Semel: Zu seinem Antritt im Mai 2001 kaufte er eine Mill. Aktien zu je 17 $ – jetzt ist sein Investment 35 Mill. $ wert. Einen Privatanleger, der ein oder zwei Jahre vor Semel Yahoo-Papiere gekauft hat, sollte das unbeeindruckt lassen. Raus mit den Yahoo-Aktien, solange wenigstens ein Teil der Verluste wieder eingeholt ist, ist hier zu raten. Viel besser wird’s nicht mehr.


      HANDELSBLATT, Dienstag, 08. Juli 2003, 06:02 Uhr
      Avatar
      schrieb am 09.07.03 00:26:47
      Beitrag Nr. 3.460 ()
      Droht eine neue Blase?

      (Instock) Internetaktien sind erneut zu den Lieblingen der Anlegergemeinde avanciert. An dreistellige Kurs/Gewinn-Verhältnisse haben sich Investoren längst wieder gewöhnt. So markierte Yahoo (Nasdaq: YHOO) gleich zu Wochenbeginn ein neues 52-Wochenhoch. Das Internet-Portal wird am Mittwoch nach Börsenschluss seine Bücher öffnen: Die Experten von J.P. Morgan erwarten einen Gewinn von 9 Cents je Aktie. Zugleich sollen bei Yahoo im zweiten Quartal 317 Millionen Dollar durch die Bücher geflossen sein. Im Gesamtjahr wird der Gewinn auf 35 Cents je Aktie geschätzt. Beim Umsatz werden 1,28 Milliarden Dollar erwartet.

      Die Bewertung der Aktie hat längst abgehoben: Auf Basis der Gewinnschätzungen für 2003 erreicht der Wert auf ein KGV von rund 100. Der Börsenwert hat mittlerweile rund 21,3 Milliarden Dollar erreicht. Das entspricht nahezu dem 17fachen des geplanten Jahresumsatzes.

      Auch Internet-Auktionator Ebay (Nasdaq: EBAY) knüpft an alte Zeiten an: Die Aktie notiert bei rund 114 Dollar. Vor gut drei Jahren, am Hochpunkt der Internet-Euphorie, wurden für das Papier bis zu 127,50 Dollar bewilligt. Es scheint nur noch eine Frage der Zeit, bis auch dieses Allzeithoch fällt. Ebay soll laut Analysten im vergangenen Quartal 35 Cents je Aktie verdient und 502 Millionen Dollar umgesetzt haben. Im Gesamtjahr 2003 werden rund 1,46 Dollar Gewinn je Aktie erwartet - dies würde ein Gewinnanstieg von 42 Prozent gegenüber 2002 bedeuten. Der Umsatz soll in diesem Jahr 2 Milliarden und im nächsten 2,89 Milliarden Dollar erreichen.

      Entsprechend ambitioniert fällt die aktuelle Bewertung der Aktie aus: Beim KGV 2003 kommt Ebay auf 78. Der Börsenwert von gut 36 Milliarden Dollar entspricht dem 18fachen des geplanten Jahresumsatzes. Ob Ebay die Vorschusslorbeeren rechtfertigen kann, wird sich am 24. Juli bei Vorlage der Quartalsbilanz zeigen.


      [ Dienstag, 08.07.2003, 14:14 ]
      instock.de
      Avatar
      schrieb am 09.07.03 00:39:52
      Beitrag Nr. 3.461 ()
      @Bluemoons

      Hey, du nutzt den Link www.bwl-bote.de und hast uns nicht diesen überaus interessanten Artikel reingestellt ???

      Du schlimmer, schlimmer Finger! Schäm dich mal......... :laugh: :laugh: :laugh:


      ............


      Die Furzsteuer kommt !

      Obwohl der BWL-Bote manchmal zu Satire neigt, so ist dieses doch ernst gemeint, bitter ernst, denn was wir hier sehen ist ein Modell für die verrücktgewordene europäische Beamtenclique, und wer weiß, wann sowas auch hier ausprobiert wird.

      Die neuseeländische Regierung hat bekanntgegeben, daß ab Mitte nächsten Jahres also tatsächlich eine Flatulent Animal Tax auf die Gasemissionen von landwirtschaftlichen Tieren erhoben werden soll, die Furzsteuer: Für jedes Schaf sollen die Landwirte 9 Cent, für jede Kuh zwischen 54 Cent und 72 Cent zahlen - was bei Durchschnittsfarmern zu einer Steuerlast von ein paar hundert, bei Großfarmern zu ein paar Tausend Dollar führen wird. Und Neuseeland ist für seine riesigen Schafherden bekannt.

      Unter dem Vorwand des "Klimaschutzes" wird hier eine ganze Berufsgruppe brutal abgezockt - der deutsche Autofahrer kennt das ja. Das Monster des Kyoto-Vertrages kommt also über Neuseeland - und auch für Deutschland gibt es schon ähnliche Beschlüsse, wenngleich die auch in der derzeitigen Krisensituation noch ein wenig unter der Decke gehalten werden.

      Besonders an diesem Fall wird die Absurdität und Menschenfeindlichkeit der ganzen Klimaschutz-Ideologie schlaglichtartig deutlich: wollte man die neuseeländische Mentalität nämlich konsequent fortsetzen, so müßte man auch Moore und Bäume besteuern, denn beide produzieren "Klimagase", besonders letztere, denn der von Wäldern ausgehende Wasserdampf ist nämlich ein viel effektiverer "Klimakiller" als CO2. Auch Hülsenfrüchte aller Art wären hoch besteuert, und selbstverständlich müßte jeder Mensch bald eine Furz- und Rülps-Abgabe zahlen, die eigentlich eine Art Lebensberechtigungssteuer wäre: Wer nicht zahlen kann, muß sterben :D :laugh: . Das hat man letztes Jahr schon ausprobiert: mit zahllosen Tieren, die unter dem Vorwand von BSE oder Maul- und Klausenseuche "gekeult" und auf riesigen Scheiterhaufen verbrannt wurden. So hat die EU ihr Furzproblem schon mit deutscher Gründlichkeit gelöst.

      Aber Angst macht nicht mehr immer gefügig und der Öko-Katastrophismus ist kein wirksames Herrschaftsmittel mehr: Während der deutsche Michel an den Stammtischen über die "Öko"steuer schimpft, regt sich bei den neuseeländischen Farmern offener Widerstand. Und die Regierung ist gut beraten daran zu denken, daß schon ganz andere Regime von den Bauern gestürzt wurden. Aus dieser Sicht wäre freilich eine möglichst harte Durchsetzung der Furzsteuer wünschenswert, denn sie beschleunigt den Regimewechsel in Neuseeland und den Paradigmenwechsel in der restlichen Welt, weg von Ökochondrismus und grüner Abzocke und zurück zu materieller Produktion und industriellem Fortschritt.

      Literatur zum Thema: Ohne Verfasserangabe: "»Gas-Steuer« auf neuseeländischem Vieh", in: Neue Zürcher Zeitung, 30.06.2003

      ..........................


      H_S(Der sich fast totlacht.....Gröhl...:D :laugh: )
      Avatar
      schrieb am 09.07.03 20:15:02
      Beitrag Nr. 3.462 ()
      Der US-Dollar: Ein Anstieg wie Phönix aus der Asche ?
      (09.07.2003)

      Es ist schon verwunderlich, wie viele Dollar-Haussiers und Euro-Baissiers in jüngster Zeit aus der Versenkung aufgetaucht sind. Nichts scheint die Meinung einer großen Zahl von Marktanalytikern und –kommentatoren so prägen zu können, wie ein dynamischer Trend. Dabei vergessen sie nur zu gerne die Argumente, die sie zuvor zur Erläuterung der entgegengesetzten Tendenz angeführt hatten.

      Uns stellt sich die Frage, was sich an den fundamentalen Bedingungen für den US-Dollar so geändert haben könnte, dass seine Baisse nun vielerorts als abgeschlossen bezeichnet wird. Die Antwort muss lauten: nichts. Die den Ausschlag gebenden internen und die externen Defizite der USA wachsen zumindest tendenziell weiter. Ausländisches Kapital muss sie finanzieren.

      Zumindest die externen Defizite würden weiter zunehmen, falls sich herausstellen sollte, dass der gegenwärtig für die USA zu vernehmende Konjunkturoptimismus Substanz hat. Dann nämlich würden die Importe des Landes beschleunigt steigen.

      Noch kann es nicht anhand stichhaltiger Daten nachgewiesen werden, doch es bestehen triftige Gründe für die Annahme, dass die Kurssteigerungen an der Wall Street die treibende Kraft hinter der Stärke des Dollar sind. Es fließt verstärkt Auslandskapital in amerikanische Aktien, da sich die Auffassung durchsetzt, dass die Aufwärtsbewegung dort Teil eines neuen, noch länger dauernden und weiter nach oben reichenden Haussezyklus ist. Wir teilen diese Ansicht aus einer Reihe von Gründen nicht.

      Das gewichtigste Argument gegen einen wieder nachhaltig erstarkenden Dollar ist in unseren Augen, dass vor allem asiatische Zentralbanken ihre Währungsreserven seit inzwischen einem guten Jahr neu ordnen. Sie sehen die Dollar-Risiken sehr wohl und streuen ihre immensen Reserven daher konsequent. Die einzige Währung, die unter Aspekten des Volumens eine Alternative zum Greenback bietet, ist der Euro.

      Wir haben wiederholt auf diesen Prozess hingewiesen und unterstrichen, dass es sich bei der Umschichtung von Währungsreserven nicht um ein taktisches Manöver, sondern um einen strategischen Plan handelt. Solche Pläne erstrecken sich über Jahre.

      Und zum Schluss noch etwas: Wo steht geschrieben, dass der erste große Abschwung im Rahmen einer dynamischen Baisse, wie sie der Dollar bis vor kurzem durchgemacht hat, mehr ist als nur eine überfällig gewordene technische Korrektur?


      Arnd Hildebrandt

      Herausgeber


      www.taurosweb.de
      --------------------------------------------


      Wussten Sie schon, dass...?
      (09.07.2003)

      Die Agrarfläche, die mit gentechnisch veränderten Saaten und Pflanzen bebaut wurde, betrug 2002 weltweit 58,7 Millionen Hektar. Gegenüber 2001 bedeutet dies eine Zunahme um 6,1 Millionen Hektar oder 12 Prozent.

      (Quelle: International Service for the Acquisition of Agri-biotech Applications –ISAAA)



      taurosweb.de
      Avatar
      schrieb am 09.07.03 21:07:55
      Beitrag Nr. 3.463 ()
      Fundamentaldaten rechtfertigen den Kursanstieg der großen Indizes kaum noch


      Neue Euphorie, alte Gefahren



      Von GERHARD MAUERER


      Auf Ab folgt Auf. Und dann geht’s erstmal seitwärts. Schablonenhaft glichen sich die Jahresprognosen für die Aktienkurse. Bis jetzt liegen die Strategen richtig. Seit März eilen die Notierungen nach oben. Der Deutsche Aktienindex (Dax) stieg in der Spitze um 53 % und markierte gestern ein neues Jahreshoch. Der breiter gefasste US-Index S&P 500 stieg immerhin um rund 30 %.


      FRANKFURT/M. Wo bleibt aber nun die prophezeite Seitwärtsbewegung der Kurse bis zum Jahresende? Wünschenswert wäre eine längere Verschnaufpause an den Börsen allemal.

      Denn viele Investoren und Banken haben aus alten Fehlern nichts gelernt. Geldhäuser vergessen eigene, erst wenige Monate alten Prognosen und blasen zum Einstieg, aufgescheuchte Anleger springen auf, obwohl die Kurse luftige Höhen erklommen haben und an Schwung verlieren. Kaum ist der Irak-Krieg vorbei, haben sich die Kurse schon wieder auf Jahreshochs gemogelt. Gemogelt, weil es nüchtern betrachtet mehr Gründe für stagnierende als für steil steigende Kurse gibt.

      Sicher, im Vorfeld des Irak- Kriegs waren die Aktien zu tief gesunken. Doch das ist mehr als aufgeholt. Und was hat sich seit dem Krieg fundamental verändert oder gar verbessert? Wenig: Die Wirtschaftsdaten sind weiter durchwachsen. Beispielsweise steigt in den USA zwar die Konjunkturzuversicht, doch gleichermaßen auch die Arbeitslosenzahlen. In Deutschland erwarten die Unternehmen zwar hohe Gewinnsteigerungen, doch ist dies erstens nach den Einbrüchen in 2002 keine Kunst, und zweitens sind die Gewinne vor allem aus Kostensenkungen, nicht aus Wachstum generiert – mithin nicht nachhaltig, denn dies Spareffekte fallen nur einmal an.

      Dennoch liegen die Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGVs) von Dax und S&P bereits wieder über ihren langfristigen Durchschnitten. Die KGVs einiger Tech-Werte von 147 (Yahoo) oder 114 (Ebay) sollten dunkle Erinnerungen wecken und Anleger frösteln lassen – doch gerade diese Aktien steigen am unverdrossensten. Die Möglichkeit neuerlicher Enttäuschungen wird ausgeblendet.

      Für nachhaltige Kursgewinne entscheidend bleiben aber die langfristigen Trends – und der Dax ist noch weit entfernt von seiner langfristigen Abwärtstrendlinie, die etwa bei 4 200 Punkten verläuft. Der Kursanstieg ist vorerst nicht mehr als eine überfällige Gegenbewegung in einem intakten Abwärtstrend.

      Zur Vorsicht gemahnen auch die seit Wochen massiven Aktienverkäufe von US-Managern. Die Führungskräfte liegen in der Regel richtig, weil sie am besten wissen, wie das Geschäft läuft. Und Anhänger der „contrary opinion“-Theorie verweisen auf den Anteil pessimistischer US-Börsenbriefe, der mit 21 % seit Wochen extrem niedrig ist. Sollten die Kurse in den USA nach unten drehen, wird sich auch der Dax dem nicht entziehen können.

      Die extrem positive Kursentwicklung in extrem kurzer Zeit muss die Frage aufwerfen, ob diese enorme Kursrally noch fundamental unterlegt ist. Carsten Klude von M.M. Warburg meint lapidar: „Es existieren kaum Anzeichen für einen Wirtschaftsaufschwung, der diesen Namen auch verdient.“ Wenig deutet dennoch derzeit darauf hin, dass der letzte Teil der Prognosen – die Seitwärtsbewegung bis zum Ende des Jahres – eintreffen wird. Dabei sollte sie es, zumindest bis sich der Staub gelegt hat und die grobe Richtung der Weltkonjunktur klar ist – denn Erfahrungen mit Kurseinbrüchen nach dramatischer Überbewertung sollten Investoren genug gesammelt haben.


      HANDELSBLATT, Mittwoch, 09. Juli 2003, 06:47 Uhr
      Avatar
      schrieb am 09.07.03 21:11:58
      Beitrag Nr. 3.464 ()
      "Flächendeckendes Netz der Einflussnahme auf politische Entscheidungsträger“ in NRW


      Taskforce deckt systematische Korruption beim Anlagenbau auf



      Von EVA ENGELKEN, MAXIMILIAN STEINBEIS


      Köln war kein Einzelfall. Beim Bau von Müllverbrennungsanlagen in Nordrhein-Westfalen wird im großen Stil bestochen – systematisch und flächendeckend. Am Mittwoch hat der „Untersuchungsstab Antikorruption“ in NRW den Abschlussbericht über seine dreizehnmonatigen Ermittlungen vorgelegt – und dies ist das Ergebnis. „Unsere schlimmsten Befürchtungen sind leider wahr geworden“, sagte gestern Innenminister Fritz Behrens (SPD).


      DÜSSELDORF. Zum ersten Mal in Deutschland suchten die Ermittler flächendeckend nach Anhaltspunkten zu korrupten Strukturen in der Müll-Branche. Und siehe: Wo immer sie Einblick in die Akten nehmen konnten, wurden sie fündig. In drei Fällen führte die Untersuchung bereits zu staatsanwaltlichen Ermittlungen: Mit der Müllverbrennungsanlage (MVA) Asdonkshof im Kreis Wesel befasst sich inzwischen die Staatsanwaltschaft Wuppertal, mit der MVA Iserlohn die Staatsanwaltschaft Bochum und mit der MVA Weisweiler bei Aachen die Staatsanwaltschaft Köln.

      Den vollständigen Abschlussbericht der Taskforce lesen Sie hier.
      Aus Sicht des Korruptionsexperten Wolfgang Schaupensteiner, Oberstaatsanwalt in Frankfurt, handelt es sich nicht um ein typisches Phänomen der Müllwirtschaft. „Im Kern steht der Anlagenbau“ – also alle großen Bauprojekte, ob Heizkraftwerk oder U-Bahn-Schacht. Die in NRW aufgedeckten Fälle wiesen „klassische Strukturen“ auf, die diesen Rückschluss zuließen. Er gehe auch fest davon aus, dass außerhalb der Landesgrenzen von NRW die Korruptionsstrukturen nicht wesentlich anders beschaffen sind. „Wer das behauptet, ist naiv.“

      Die rot-grüne NRW-Landesregierung hatte die Taskforce 2002 eingesetzt – als Reaktion auf den Bestechungsskandal um die Müllverbrennungsanlage in Köln-Niel, der die Kölner SPD die Macht und den einstigen „Müllkönig“ Hellmut Trienekens zeitweilig die Freiheit kostete. Trienekens’ Entsorgungsunternehmen, das inzwischen zum Energiekonzern RWE gehört, steht nach den Feststellungen der Arbeitsgruppe im Zentrum des Korruptionsnetzes: Es habe „ein flächendeckendes Netz der Einflussnahme auf politische Entscheidungsträger aufgebaut“, so Behrens.

      Kommunalpolitiker und Betreibergesellschaften hatten den Ermittlern dabei ihre Arbeit nicht leicht gemacht. Im Fall der MVA Oberhausen wurde von den Gesellschaftern, den Städten Oberhausen und Duisburg, laut Bericht die „Entscheidung bis zur Auflösung des Untersuchungsstabes hinausgezögert“. In Bielefeld bekam die Arbeitsgruppe nur Unterlagen zu sehen, die „mangels Vollständigkeit nicht aussagekräftig“ waren, wie es in dem Bericht heißt. In Hamm und Krefeld wurde eine Überprüfung erst gar nicht zugelassen – Argument: Man könne doch wegen ein paar Einzelfällen jetzt nicht jede Kommune unter Generalverdacht stellen. Der Krefelder CDU-Fraktionschef Wilfrid Fabel hatte im September die Ermittlungspraxis der Taskforce sogar mit Nazi-Methoden verglichen. Auch nach Veröffentlichung des Abschlussberichtes hält der Städtetag NRW an seiner Kritik fest: „Das Verfahren steht auf rechtlich wackligen Beinen, denn Ermittlungen gehören ausschließlich in die Hände der Staatsanwaltschaft“, sagt Personaldezernent Helmut Fogt.

      Im Bereich Müllverbrennung findet die Korruption besonders günstigen Nährboden, heißt es in dem Bericht der Arbeitsgruppe. Der Druck auf die Kommunen, die Anlagen zu privatisieren, sei hoch. Und je nach gewählter Rechtsform sei die Kontrolle über die privatisierten Betriebe schwierig und intransparent. Den kommunalen Vertreter in den Aufsichtsräten fehle zudem meist jeder Sachverstand.




      HANDELSBLATT, Mittwoch, 09. Juli 2003, 18:17 Uhr
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      schrieb am 09.07.03 21:13:08
      Beitrag Nr. 3.465 ()
      Bundesregierung will Beitrtrag stabil halten


      Rentenbeitrag steigt wohl 19,9 Prozent



      Die Konjunkturflaute zehrt weiter die Rentenkassen aus und lässt einen weiteren Anstieg des Beitragssatzes befürchten. Für das kommende Jahr droht eine Erhöhung des Rentenbeitragssatzes von derzeit 19,5 auf 19,9 Prozent. Das ist das Ergebnis der jüngsten Schätzung von Experten der Rentenversicherer, des Sozialministeriums und der Aufsichtsbehörde, das der dpa am Mittwoch in Berlin vorlag. Bisher wurde ein Anstieg auf 19,8 Prozent angenommen.


      HB/dpa BERLIN. Die Bundesregierung will jedoch mit massiven Einsparungen den Beitragssatz stabil halten. An diesem Ziel halte Sozialministerin Ulla Schmidt (SPD) fest, hieß es auf Anfrage. Die jüngste Schätzung sei keine Vorfestlegung für 2004. Es werde eine Besserung der Wirtschaftslage sowie der Beschäftigung in den kommenden Monaten erwartet. Die „Momentaufnahme“ unterstreiche die Notwendigkeit „sorgfältig vorbereiteter Maßnahmen“, über die später entschieden werde, hieß es im Sozialministerium.

      Für den drohenden Anstieg des Beitragssatzes waren nach Angaben des Schätzerkreises die Beschäftigungsentwicklung sowie der Beitragseingang in den ersten sechs Monaten dieses Jahres verantwortlich. Die Einnahmen seien im Juni zwar leicht um 0,9 Prozent gestiegen, jedoch unter den Planungen (plus 1,4 Prozent) geblieben, verlautete aus dem Gremium.

      Ein Sprecher der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) verwies darauf, dass sich der drohende Anstieg zwischen 19,8 und 19,9 Prozent bewege. Das genaue Ausmaß stehe zum jetzigen Zeitpunkt angesichts wirtschaftlicher Risiken noch nicht fest.

      Die Bundesregierung muss nun prüfen, welche Maßnahmen sie ergreifen will, um den bisherigen Renten-Beitragssatz stabil zu halten und so einen weiteren Anstieg der Lohnnebenkosten zu begrenzen. Eine endgültige Entscheidung, auf welchem Niveau sich der Beitragssatz im kommenden Jahr bewegt, soll im Oktober fallen.

      Rot-Grün will trotz der Kürzung des Bundeszuschusses um 2 Mrd. Euro den Beitragssatz bei 19,5 Prozent halten. Nach Angaben von SPD-Fraktionschef Franz Müntefering macht dies zusammen 5 bis 6 Mrd. Euro aus und wird Konsequenzen haben, die „nicht populär“ seien. Darüber und über die Pflegeversicherung müsse im Herbst gesprochen werden, sagte er.

      Zur Einschätzung des künftigen Beitragssatzes kommen die Versicherungsträger, das Sozialministerium sowie die Aufsichtsbehörde regelmäßig zur „Rentenschätzung“ zusammen. Dabei werden Einnahmen und Ausgaben hochgerechnet.


      HANDELSBLATT, Mittwoch, 09. Juli 2003, 16:35 Uhr
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      schrieb am 09.07.03 21:24:52
      Beitrag Nr. 3.466 ()
      Software
      Microsoft-Aktie wird durch „Optionsverzicht“ unheimlich teuer


      09. Juli 2003 Die Entscheidung war überfällig, nun wird sie Fakt. Der Softwareriese Microsoft spielt Vorreiter bei einer Bewegung, die die Bewertungsregeln an den Börsen verändern könnte.

      Denn das Unternehmen wird von September an keine neuen Aktienoptionen mehr an seine Mitarbeiter ausgeben. Außerdem werden ab Juli alle bestehenden Optionen als Kosten bilanziert. Auch sollen alle Mitarbeiter des Softwareunternehmens im Laufe der Zeit automatisch Microsoft-Aktien als Teil des Gehalts erhalten.

      Mitarbeiteroptionen nicht als Kosten verbucht

      Das könnte insgesamt vor allem bei den als Wachstumsunternehmen bezeichneten Firmen deutliche Folgen haben. Denn bisher hatten sie mit so genannten Aktienoptionen die Gehälter ihrer Mitarbeiter aufgebessert. Der variable Gehaltsanteil fiel zumindest bei steigenden Börsen oft sogar deutlich höher aus als das vereinbarte Grundgehalt. Denn mit den Optionen erhält der Mitarbeiter das Recht, Aktien des eigenen Unternehmens zu einem vorher festgelegten Preis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu kaufen. Vor allem während er Hausse in den neunziger Jahren war das ein äußerst lukratives Geschäft und hat manche Mitarbeiter zu Millionären gemacht.

      Dieses Konstrukt war nicht nur für die Mitarbeiter, sondern auch für die Unternehmen attraktiv. Denn die Optionskontrakte mußten zumindest bisher nicht als Kosten verbucht werden. Dadurch wurden die Gehaltsausgaben gesenkt. Denn Mitarbeiter, die Aktienoptionen oder Mitarbeiteraktien erhalten, bekommen fast immer ein geringeres Fixgehalt. Und nur dieses wird in der Kostenrechnung als Aufwand verbucht.

      Spätestens mit der Ausübung der Optionen ist allerdings das Ende der „Milchmädchenrechnung“ erreicht. Denn dann erhöht sich die Aktienzahl des Unternehmens und die Rechte der bisherigen Anteilseigner werden verwässert.

      Verbuchung von Optionen mindert die Gewinne

      Nicht nur Microsoft, sondern auch DaimlerChrysler wird künftig voraussichtlich auf Aktienoptionen verzichten. Wenn das für den Rest des Marktes nicht als Signalwirkung reicht, dürfte früher oder später der Gesetzgeber regulierend eingreifen. Spätestens dann werden auch prominente Unternehmen wie Intel nicht mehr drücken können. Mit der Konsequenz, daß die Gewinne künftig deutlich geringer ausfallen werden. Der von Microsoft wäre im vergangenen Jahr beispielsweise satte 32 Prozent tiefer ausgefallen. Bei anderen Unternehmen dürfte die Korrektur deutlicher ausfallen.

      Das wird die Bewertung der Unternehmen nach den jüngsten Kursgewinnen noch weiter steigen lassen und sollte zumindest theoretisch den Appetit auf die „buchtechnisch kreativen Wachstumswerte“ deutlich dämpfen. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis für das Jahr 2003 würde von 27 auf satte 38 steigen und damit die Aktie unheimlich teuer machen. Möglicherweise geht der Effekt aber auf Grund der jüngsten Aktieneuphorie einfach unter und der Trend nach oben setzt sich fort. Um so härter wäre später in der irgendwann kommenden Korrektur das Erwachen, denn sie müßte dann um so weiter nach unten führen.


      faznet.de
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      schrieb am 09.07.03 21:36:55
      Beitrag Nr. 3.467 ()
      Gastkommentar
      „Blase II“ am Aktienmarkt - ein Risiko, das man eingehen muß :confused: (eingehen muss? kann wer wohl angebrachter)
      Von Chet Currier, Bloomberg News

      09. Juli 2003 Gerade eben erst hat eine Erholung am Aktienmarkt eingesetzt, und schon machen sich Anleger Sorgen um die nächste Katastrophe. Aber so spielt nun einmal das Leben im Zusammenhang mit Aktien und Aktienfonds.

      Es dauerte fast drei Jahre, den Markt von der Spekulationsblase der späten 90er herunterzuholen. Jetzt - weniger als zwölf Monate, nachdem die Baisse ihren Tiefpunkt erreicht hat - sind alle möglichen pessimistischen Prognosen zu hören.

      Stimmen warnen vor einem „zähen Bärenmarkt“

      „Die „Blase II“ befindet sich aktuell im Entstehungsprozeß,“ warnt Ben Stein, Co-Autor des Buches „Yes, You Can Time the Market“, in einem Brief an das Wall Street Journal.
      „Es ist nach wie vor empfehlenswert, den Kopf gesenkt zu halten,“ so Jeremy Grantham, Chairman des Bostoner Vermögensverwalters Grantham, Mayo, Van Otterloo, mit seiner rasch wachsenden Fondsgruppe Mittel von mehr als 25 Milliarden Dollar verwaltet.

      „Noch vor dem Höhepunkt der Spekulationsblase,“ schreibt Grantham in einem Aktionärsbrief, „habe ich behauptet, daß der Bärenmarkt lange anhalten und mindestens eine oder wahrscheinlich sogar zwei wirtschaftliche Belebungen beinhalten würde, bevor er schließlich seinen Tiefpunkt erreicht. Hiervon bin ich noch immer überzeugt. Eine wirtschaftliche Erholung rechtfertigt nicht auf wunderbare Weise einen überbewerteten Markt.“

      Sollte der Anleger solche Warnungen als sinnlosen Pessimismus mit einem Achselzucken einfach abtun, oder sollte er darauf hören und aus dem Aktienmarkt entsprechend flüchten? Keines dieser beiden Extreme ist besonders reizvoll.

      Aktien sind nach wie vor teuer

      In der Vermögensverwaltung sind wir dazu angehalten, immer wieder auf die eine oder andere Weise zu investieren - und zwar unter Berücksichtigung geeigneter Absicherungen wie etwa der Diversifizierung. Im Rahmen dieser von uns wahrzunehmenden Aufgabe sind wir dazu verpflichtet, den lauernden Gefahren die nötige Aufmerksamkeit sowie gebührenden Respekt zu schenken.

      Nach den meisten historischen Messgrößen sind Aktien heutzutage nicht billig zu haben. Während ich dies schreibe, liegt das KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) der im Standard & Poor`s 500 Index aufgeführten Unternehmen bei 32,5, basierend auf den Gewinnen der letzten zwölf Monate. Die Dividendenrendite dieser Titel beläuft sich im Durchschnitt auf klägliche 1,6 Prozent.

      Verglichen mit den Renditen am amerikanischen Rentenmarkt, wo die zweijährige Treasury-Anleihe in jüngster Zeit mit etwa 1,3 Prozent und die zehnjährige Treasury-Anleihe mit 3,7 Prozent rentierten, erweist sich diese Dividendenrendite als etwas weniger dürftig. Dividenden können nämlich steigen, während die Zinszahlungen bei Anleihen auf eine bestimmte Höhe festgesetzt sind. Trotzdem beginnt diese relativistische Aussage vor dem Hintergrund steigender Zinsen - die wir im Rahmen einer nachhaltigen wirtschaftlichen Erholung auf jeden Fall erwarten würden - fraglich zu erscheinen.

      "Double-Dip" ist nicht ganz auszuschließen

      Es gibt unzählige Präzedenzfälle für einen so genannten "Double-Dip"-Bärenmarkt. Anleger eines gewissen Alters müssen hierzu kein Geschichtsbuch zu Rate ziehen. Sie können sich nur zu genau daran erinnern, wie es das letzte Mal passiert ist - in den späten 60ern bis Mitte der 70 er Jahre.

      Während des Rückgangs zwischen 1968 bis 1970 erreichte der Dow Jones Industrial Average im Mai 1970 mit 631 Zählern seinen niedrigsten Tagesschlussstand. Die anschließend einsetzende Erholung am Aktienmarkt ließ ihn im Januar 1973 bis auf 1052 Punkte ansteigen, bevor er im Dezember 1974 wieder auf 578 Punkte absackte. Viereinhalb Jahre nach dem Höhepunkt der Baisse im Jahre 1970 erreichte der Dow also einen Tiefstand, der mit 8,4 Prozent noch unter dem ersten lag. Würde sich dieses Muster jetzt wiederholen, sähen wir den Dow irgendwann um den Mai des Jahres 2007 herum bei einem Stand von 6.674 Zählern.

      Selbst wenn sich die Geschichte nie exakt wiederholt, so führen die grausigen Details von vor 30 Jahren doch eine bezwingende Botschaft mit sich. Könnte sich ein solches Szenario wiederholen? Sicherlich könnte es das! Obendrein wurde uns gezeigt, daß es sich inmitten des größten Wohlstands ereignen kann, den die Welt je erfahren hat.

      Vollkommene Sicherheit gibt es nicht

      Der Gedanke, all seine Hoffnungen einem derart kostspieligen Risiko auszuliefern, wirkt in der Tat abschreckend. Und doch, was bleibt uns anderes übrig? Sollen wir etwa unsere kompletten Pensionsgelder in Anleihen oder am Geldmarkt investieren, mit Zinsen nahe eines 40-Jahres-Tiefs? Darauf zu warten, bis endlich jeder kluge Kopf von der Sicherheit der Dividendenpapiere als Anlagemedium überzeugt ist, wird nicht funktionieren.

      In den vergangenen 50 Jahren konnte der S&P 500 im Schnitt um jährlich 11,4 Prozent zulegen, in den vergangenen zehn Jahren betrug die durchschnittliche Jahresrate zehn Prozent - und zwar jeweils bis einschließlich Mitte des Jahrs 2003 betrachtet. Zu keinem Zeitpunkt während dieser beiden Zeiträume war es jemals „sicher“ gewesen, in Aktien anzulegen. Anleger, die auf einem KGV des S&P 500 von, sagen wir mal, 12 oder weniger beharren, haben seit 1989 keinen einzigen Penny investiert.(und auch nicht verloren. heute überwiegen die Risiken
      die Chancen, Timing ist wichtig. )

      Aktien bieten die Hoffnung auf üppige Erträge, eben weil sie riskant sind. Nimmt man die Herausforderung an, diese Risiken und Erträge irgendwie im Gleichgewicht zu halten, wäre es eindeutig von Vorteil, sie zunächst als solche zu erkennen.

      faznet.de
      Avatar
      schrieb am 09.07.03 21:38:59
      Beitrag Nr. 3.468 ()

      Devisen-Experten erwarten einen weiteren Anstieg des Euro zum US-Dollar


      Frankfurt/Main - Die jüngsten Kursverluste des Euro zum Dollar sind nach Einschätzung vieler Analysten nur eine vorübergehende Erscheinung. In einer Umfrage sprachen die Experten von einer kurzlebigen Korrektur. Das Ende des Euro-Anstiegs zum Dollar sei damit noch nicht gekommen.


      Die befragten Analysten gaben im Schnitt an, der Euro werde bis Ende Juli auf 1,1440 Dollar steigen. Für Ende September prognostizierten sie im Mittel einen Stand von 1,1650 Dollar, für Ende des Jahres von 1,1900 Dollar. Seit Mitte Juni, als der Euro zuletzt sein Allzeithoch von 1,1932 Dollar erreichte, fiel die Gemeinschaftswährung zeitweise auf Kurse unter 1,13 Dollar.


      "Zurzeit erleben wir nur eine Korrektur. In Zukunft werden wir wieder einen stärkeren Euro sehen", sagte Analyst Klaus Schrüfer von der SEB in Frankfurt. "Die USA haben nach wie vor dieselben Probleme." Shahab Jalinoos von der UBS sagte: "Der jüngste Kapitalfluss in den USA, der notwendig war, um das dortige Defizit in der Leistungsbilanz zu finanzieren, ist nicht gesund." Der Analyst geht davon aus, dass das Leistungsbilanzdefizit den Dollar erneut schwächen und den Euro innerhalb der kommenden zwölf Monate auf rund 1,30 Dollar katapultieren wird.


      Die Leistungsbilanz ist die umfassendste Messgröße für den internationalen Handel einer Volkswirtschaft. Sie berücksichtigt nicht nur den grenzüberschreitenden Güter- und Dienstleistungsaustausch, sondern auch den Investitionsfluss und Transferzahlungen. Zur Finanzierung des Defizits sind die USA auf massive Kapitalströme aus dem Ausland angewiesen. Bleiben diese aus, droht eine deutliche Abwertung des Dollar. Im ersten Quartal 2003 hatten die USA in ihrer Leistungsbilanz ein Rekorddefizit erreicht. Der Fehlbetrag war auf 136,11 Mrd. Dollar gestiegen, nachdem er im vierten Quartal 2002 bei 128,59 Mrd. Dollar gelegen hatte. rtr




      Artikel erschienen am 10. Jul 2003



      WELT.DE
      Avatar
      schrieb am 09.07.03 21:53:45
      Beitrag Nr. 3.469 ()
      "Bush hat der Dritten Welt den dritten Weltkrieg erklärt"

      Die südafrikanische Anti-Kriegs-Koalition über den US-Präsidenten, neue Kolonialisten und alte Verhaltensweisen


      US-Präsident George W. Bush ist nach Ansicht des Südafrikaners Salim Vally ein Kriegsverbrecher. Der Sprecher der Anti-Kriegs-Koalition, die sich kurz vor dem US-Angriff auf Irak gebildet hat und inzwischen 300 Organisationen zählt, vergleicht Bushs Reise nach Afrika mit dem Vorgehen der alten Kolonialherren. Die Anti-Kriegs-Koalition hat für den heutigen Mittwoch in Pretoria zu einer Großdemonstration gegen die US-Regierung aufgerufen. Mit Salim Vally sprach FR-Korrespondent Johannes Dieterich.



      Frankfurter Rundschau: George W. Bush, der mächtigste Mann der Welt, ist in Afrika. Freut Sie das?

      Salim Vally: Absolut nicht. George W. Bush ist eine Bedrohung der Menschheit und des gesamten Planeten. Er hat sein Volk und die Welt mit der Behauptung betrogen, wegen Massenvernichtungsmitteln gegen Irak in den Krieg zu ziehen. Heute wissen wir, dass es die gar nicht gab: Bush selbst ist das Massenvernichtungsmittel. Er muss vor ein Kriegsverbrechertribunal gestellt werden.

      Bush kommt aber mit Geschenken nach Afrika, beispielsweise einen 15 Milliarden Dollar fassenden Topf zur Bekämpfung der Aids-Pandemie.

      Das ist bloße Augenwischerei. Die Auszahlung ist an zahllose Bedingungen geknüpft, und der Chef der Stiftung ist ein Ex-Direktor des Pharmakonzerns Eli Lilly, der wiederum zu Bushs großzügigsten Unterstützern im Wahlkampf zählte. Wäre es Bush Ernst mit dem Kampf gegen Aids, würde er die Herstellung von billigen generischen Aids-Medikamenten ermöglichen. Genau das verhindert er jedoch. Er kommt nach Afrika, um die Interessen der amerikanischen Geschäftswelt durchzusetzen.

      Er will aber auch den Handel zwischen den USA und Afrika ankurbeln.

      Die von Bush anvisierten Handelsbeziehungen nützen vor allem den US-Firmen. Sie kommen in den Genuss der völligen Handelsliberalisierung, während die afrikanischen Staaten Bedingungen erfüllen müssen, um in den Kreis der bevorzugten Staaten aufgenommen zu werden. Dieselbe Heuchelei erleben wir im Agrarbereich: Bush behauptet, mit genmanipuliertem Saatgut den afrikanischen Landwirten helfen zu wollen, entzieht ihnen in Wahrheit jedoch mit der massiven Subventionierung der US-Farmer die Lebensgrundlage. Wie früher die Missionare und Kolonialisten kommt Bush unter der Flagge nach Afrika, die Errungenschaft der westlichen Zivilisation zu bringen. In Wirklichkeit aber hat er der Dritten Welt den dritten Weltkrieg erklärt.

      Kann es sich Afrika überhaupt leisten, der Supermacht die kalte Schulter zu zeigen?

      Wir sind mit Millionen von Menschen auf der ganzen Welt der Überzeugung, dass wir Prinzipien und nicht in erster Linie dem Profit zu folgen haben. Während des Anti-Apartheidskampfes haben wir hier in Südafrika zu Wirtschaftssanktionen aufgerufen, obwohl das unsere eigenen Leute schädigte. Wir müssen Bush stoppen, sonst wird die Welt immer gefährlicher.

      Ihre eigene Regierung hat Bush aber herzlich willkommen geheißen.

      Die Regierung ja, aber nicht die große Mehrheit der Bevölkerung. Wir haben Präsident Thabo Mbeki aufgefordert, sich nicht kaufen oder einschüchtern zu lassen. Unglücklicherweise folgt seine Regierung jedoch dem neoliberalen Modell der USA - mit verheerenden Konsequenzen: Die Arbeitslosigkeit nimmt zu, und der Graben zwischen arm und reich wird immer tiefer. Jetzt soll hier auch noch ein Anti-Terrorgesetz nach dem Vorbild des "Patriotischen Gesetzes" in den USA verabschiedet werden - ein weiteres Indiz dafür, wie Bush die Welt beherrscht und ruiniert.



      International: US-Präsident verurteilt Sklaverei als Verbrechen



      fr-aktuell.de

      [ document info ]
      Copyright © Frankfurter Rundschau 2003
      Dokument erstellt am 08.07.2003 um 17:56:11 Uhr
      Erscheinungsdatum 09.07.2003
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      schrieb am 09.07.03 22:27:38
      Beitrag Nr. 3.470 ()
      Berichtssaison und Bewertungen

      von Jochen Steffens

      Das erste Unternehmen hat gestern Zahlen vermeldet. Interessant, wie verschiedene Analysten die gleiche Nachricht bewerten. Natürlich kann man sich von seiner inneren Einstellung nur selten frei machen. Immer wieder ist der Versuch der Objektivität ein Kampf. Sie kennen vielleicht den Effekt: Sie sind in einer Aktie investiert und mittlerweile durch ihre Recherche völlig überzeugt von diesem Wert. So länger Sie investiert sind, um so mehr filtern Sie die Nachrichten. Mit anderen Worten, Ihre Wahrnehmung verliert die Objektivität. Ein Umstand, der auch immer wieder alte Hasen übermannt. Negative Analystenstimmen werden dann gerne als Scharlatanerie abgestempelt, während die positiven Stimmen überbewertet werden. Es "menschelt" sozusagen in der Betrachtung. Der "rosa Brille" Effekt hat sich eingestellt.

      Gestern hat Alcoa, der weltweit größte Aluminiumhersteller, seine Zahlen veröffentlicht und damit die Berichtssaison eingeleitet. Ich gebe Ihnen mal einige der Headlines verschiedener Nachrichtenmagazine und Informationsdienste wieder:

      ARD Börse: Alcoa: Und Kostolany hatte doch Recht (sehr positiv); Instock: Alcoa übertrifft Erwartungen; BBC: Alcoa warns on outlook; Der Bund CH: Alcoa-Gewinn sinkt im zweiten Quartal; VWD: Alcoa von hohen Kosten und geringer Nachfrage im 2. Quartal belastet; Manager-Magazin: Alcoa: Aluminium-Riese schlägt die Erwartungen; Moneysense: lcoa profit slips on higher energy costs; FOX News: Alcoa Profit Hurt by Higher Energy Costs; Tiscali Finanzen: Höhere Energiekosten belasten Gewinn bei Alcoa; finanzen.net: Alcoa steigert Umsatz um sieben Prozent.

      Und genauso unterschiedlich wie die Überschriften klingen, werden die Nachrichten auch bewertet.

      Im Prinzip geht es darum, dass Alcoa zwar die Analystenerwartungen übertreffen konnte, aber das Quartalsergebnis ist um 3,7 % auf 216 Mio. Dollar gesunken. Begründet hat Alcoa das mit den höheren Energiekosten (Gerade bei der Aluminiumherstellung ein wichtiger Faktor. Aufgrund der gestiegenen Energiekosten hatten die Analysten die Erwartungen bereits herunter geschraubt. Die hohen Energiekosten werden auch allgemein von einigen Analysten als Grund angegeben, warum die amerikanischen Firmen Schwierigkeiten haben könnten, ihre Gewinnziele zu erreichen.) Aber auch die schwache Nachfrage der Luftfahrt hätte das Ergebnis eingetrübt. Erfreulich und beachtlich ist, dass der Umsatz um 6 % gesteigert werden konnte. Die Umsatzsteigerung bei Alcoa lässt also hoffen. Beim Ausblick patzte Alcoa wiederum: Es sei keine Verbesserung des Marktumfelds zu erkennen.

      Je nachdem, welche Brille sie nun aufhaben, die rosa oder die schwarze, werden sie die verschiedenen Aspekte bewerten und zu ihrer Headline machen. "Umsatz unerwartet gestiegen", "Analystenerwartungen übertroffen" oder "Energiekosten belasten" und "Gewinnrückgang".

      Mit meiner aktuell schwarzen Brille bewerte ich diese Nachricht: Ausblick schlecht: Ah, hier die Energiekosten, wusste ich es doch. Die hohen Energiekosten, die werden letztlich der amerikanischen Wirtschaft das Rückrad brechen. Umsatzsteigerung, ach Blödsinn: Zufall – bestimmt durch enorme Preissteigerungen verursacht, zudem trotz Umsatzsteigerung bei Gewinnverschlechterung, schlechtes Zeichen ... da kann man den Umsatz mal getrost ignorieren (nicht ganz ernst gemeint ...).

      Heute nach Börsenschluss wird Yahoo Zahlen bringen. Achten Sie nicht auf die Zahlen, diese werden vermutlich besser. Achten Sie auf die Reaktion der Börse nach diesen Zahlen. Nehmen wir an, die hohen Erwartung werden erfüllt oder sogar noch übertroffen. Nehmen wir an, der Umsatz steigt dramatisch. Wenn dann die Börsen anschließend trotzdem fallen, ist es ein untrügliches Zeichen dafür, dass es auch im weiteren Verlauf der Berichtssaison zum "sell the good news" kommen wird. Dazu morgen dann mehr.

      Leider wird die Börse ihre wahren Absichten nie wirklich zu erkennen geben. Sie bleibt geheimnisvoll, unergründlich und unberechenbar. So verwundert es nicht, dass der Dax in manchen Boards von Tradern mittlerweile "Miss Dax" genannt wird. Vielleicht gibt es auch deswegen Stimmen die behaupten, Frauen seien die besseren Trader.

      Dabei wird die Bösre (nicht die Frauen) immer alles tun, alles versuchen, um die meisten Anleger auf den Arm zu nehmen. Die Börse geht den Weg des größten Schmerzes. Aktuell leiden die Bären Höllenqualen, während die Bullen gesättigt ihre Triumphe feiern und höhnisch über die Bären lachen. Doch aufgepasst, nicht umsonst heißt es: Hochmut kommt kurz vor dem Fall ...

      -----------------------------

      Aktienmarkt: Situation mit 1999 vergleichbar

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Summertime, and the living is easy ...

      Mein Kollege Eric Fry hat frei und ist am Strand ... und mein Kollege Addison Wiggin ist auf dem Weg ins Krankenhaus, wo seine Frau ein Baby erwartet.

      Hier in Paris (wie Sie wissen, lebe und arbeite ich seit ein paar Jahren in Paris) scheint die Sonne ... es ist warm. Die Restaurants mit Sitzen im Freien und die Straßencafés sind voll ... und auch der Obdachlose, der nur im Sommer in der rue de la Verriere auf der Straße lebt, ist wieder zurück. Ich sah in heute morgen, als ich zur Arbeit ging, als er wie ein Seuchenopfer auf dem Bürgersteig lag.

      An den Börsen scheint man sich wieder im Jahr 1999 zu befinden. Auch das führte dazu, dass ich mich jünger fühle ... und ein bisschen weiser. Denn immer dann, wenn die Sonne am längsten und am heißesten scheint, weiß ich jetzt, was als nächstes passieren wird: Die Tage werden kürzer.

      Alles schien gestern wie 1999 zu sein. Der Goldpreis fiel unter die Marke von 350 Dollar. Und der Dollar stieg sogar gegenüber dem Euro.

      Und obwohl die USA derzeit durch die längste Periode (seit dem Zweiten Weltkrieg) ohne Wachstum bei der Beschäftigtenzahl gehen, denkt die Zeitung USA Today, dass sie eine Erholung sieht. Eine Schlagzeile in dieser Zeitung teilt jedenfalls mit: "Verschiedene Signale weisen auf Erholung am Arbeitsmarkt hin."

      Die Zeiten sind überall auf der Welt wieder gut. Die Franzosen haben einen Mini-Boom an der Börse. Auch die deutschen Aktien sehen gut aus. Und in Japan – wo die Aktien vor kurzem noch ein 20-Jahrestief erreicht hatten – scheint der Nikkei wieder gen Norden gerichtet zu sein. Gestern erreichte er ein 11-Monatshoch.

      Ist es Zeit, jetzt wieder japanische Aktien zu kaufen, fragte mich ein Leser. Als ob ich das wissen würde.

      "Vielleicht", ist meine Antwort.

      "Ich glaube, dass wir am japanischen Aktienmarkt noch ein großes Tief erreichen werden", so schätzte Marc Faber im Mai. Jetzt sieht es aus, als ob das Tief schon erreicht und durchschritten worden ist.

      "Irgendwann in diesem Jahr", so Faber weiter, "werden die Investoren japanische Aktien kaufen und japanische Anleihen verkaufen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Investoren ihr Geld aus dem lächerlich hoch bewerteten Anleihenmarkt (Rendite weniger als 0,6 %) abziehen werden und Aktien kaufen werden."

      Zuletzt sind die japanischen Anleihenkurse gefallen. Und die Kurse von US-Anleihen. Und die Kurse von Anleihen fast jeder anderen Nation.

      "Die mexikanischen Anleihen mit den größten 1-Tages-Kursverlusten seit 4 Jahren", so Bloomberg.

      Nachdem es vor wenigen Wochen noch so ausgesehen hatte, dass Alan Greenspan die Leitzinsen um 50 Basispunkte senken würde, hat er die Anleiheninvestoren mit einer Zinssenkung enttäuscht, die nur halb so groß ausfiel. Dann, letzten Donnerstag, kündigte Wim Duisenberg an, dass die EZB die Leitzinsen nicht weiter senken wird.

      Wir leben in einer so verrückten Welt, dass die Anleiheninvestoren ihre Anleihen verkaufen aus Angst, dass die Zentralbanken die Zinsen nicht noch tiefer senken ... und dass eine Deflation à là Japan doch nicht vor der Tür steht ... und dass die Sommerzeit an den Aktienmärkten länger andauern wird, als sie zuvor gedacht hatten.

      Natürlich stehen alle Zentralbanker der Welt derzeit auf der Seite der Inflation. Sie tolerieren sie nicht nur – sie bestehen auf sie. Derzeit setzen sowohl die Aktien- als auch die Anleihenbesitzer darauf, dass sie das bekommen, was sie wollen. Die Aktienbesitzer setzen auf eine Erholung der Wirtschaft, die Anleihenbesitzer auf eine weitere Wachstumsschwäche, die zu weiteren Zinssenkungen führen würde.

      Ich bin mir da nicht so sicher, dass beide Seiten das bekommen werden, was sie wollen.
      ----------------------------------------

      Spekulationsblasen und ausgebeulte Fahrradreifen

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Ich habe einen großen Teil des Wochenendes mit dem Reparieren von Fahrrädern verbracht. Als ich in den Reifen nach Löchern suchte, merkte ich, dass sich ein Reifen an unvorhersehbaren Stellen ausbeult, wenn man zuviel Luft hineinpumpt. Aus Amüsement pumpte ich immer weiter Luft hinein. Die Ausbeulungen wurden zahlreicher; der Reifen deformierte sich ... bis dann irgendwann die Blase platzte und aus dem ganzen Ding die Luft auswich.

      "Hey, Dad, was machst Du mit meinem Reifen?" wollte mein Sohn Edward wissen, und er brachte mich zu meiner eigentlichen Aufgabe zurück ... die nämlich nicht war, den Effekt von zuviel Luft zu beobachten, sondern meinem Kind ein funktionierendes Fahrrad zu geben.

      Deshalb fuhren wir in die Stadt und kauften einen neuen Schlauch, setzten ihn ein ... und Edward fuhr mit seinen Freunden, Adrien und Otto, los.

      Wie es vorauszusehen war, begann ich über Mr. Alan "Spekulationsblase" Greenspan nachzudenken, der mehr und mehr Geld in die gesamte Weltwirtschaft gepumpt hat, trotz grotesker Deformationen. Er gab vor, dass er das nicht bemerkt hätte, und er ließ es zu, dass sich die größte Spekulationsblase der Geschichte am Aktienmarkt entwickelte. Dann, als sie platzte, holte er schnell einen Flicken und begann wieder zu pumpen. Dieses Mal kam es am Anleihenmarkt zu einer Blase. Genauso wie die Investoren in den späten 1990ern geglaubt hatten, dass der "Maestro" Greenspan es nicht zulassen würde, dass den Aktienkursen etwas Schlimmes passieren würde, so glaubten sie in den frühen 2000ern, dass er keinen Kollaps der Anleihenkurse erlauben würde – nein, könnte.

      Letzte Woche hörte es sich so an, als ob die Luft aus der Blase am Anleihenmarkt entweichen würde. Investoren mit scharfen Ohren sollten diese spitzen. Denn auch die Blase am Hypothekenmarkt könnte ein Leck haben. Seit der letzten Zinssenkung um 25 Basispunkte von Alan Greenspan sind die langfristigen Hypotheken gestiegen. Wenn die Hausbesitzer nicht weiter ihre Hypotheken erhöhen können, um das Geld in den Konsum stecken zu können ... was werden sie dann tun? Wird uns die ganze Spekulationsblasen-Wirtschaft um die Ohren fliegen?

      Wie kann man vom Kollaps der Blase am US-Anleihenmarkt profitieren? Ein Rat von meinem Freund Dan Denning:

      "Hier ist eine Investmentidee, wenn Sie denken, dass die Blase am Anleihenmarkt zwar angestochen ist, aber noch jede Menge Luft entweichen kann. Kaufen Sie einfach Put-Optionsscheine auf entsprechende Basiswerte, also z.B. einen T-Bond Put für den US-Markt oder einen Bundfuture-Put für den deutschen Markt."

      *** Als ich an dem Obdachlosen in der rue de la Verriere vorbeiging (siehe oben), dessen magerer Körper auf der Straße ausgebreitet lag, berührte ich ihn mit dem Fuß, um zu sehen, ob er noch lebte.

      "Hey ... Oracle ... wach auf ..."

      "He? Oh, ... Sie sind es ..."

      Der Mann rollte seinen Kopf vom Boden und versuchte, aufzustehen. Er öffnete seine Augen langsam ...

      "Haben Sie vielleicht einen oder zwei Francs für mich ..." fragte er, und vergaß, dass es in Frankreich seit fast 2 Jahren keine Francs mehr gibt.

      "Ja, aber zuerst eine Frage ... sehen wir derzeit das Ende des Bärenmarktes, der 2000 begann? Oder nur eine Bärenmarktrally?"

      "Ich habe Ihnen schon das letzte Mal, als Sie das fragten, gesagt: Wenn Sie so einen Rat wollen, dann wird sie das mehr als ein paar Francs kosten."

      "Ok ... was ist damit ... eine 2 Euro-Münze ..."

      "Ok, das ist schon besser ... ahja ... der Bärenmarkt ... vergessen Sie`s. Vergessen Sie den Aktienmarkt. Die wirkliche Story ist der Dollar. Also was soll`s, wenn die amerikanischen Aktien um weitere 10 % oder 20 % steigen ...? Wenn der Dollar um 50 % fällt, wie er es im letzten Dollar-Bärenmarkt getan hat, dann wird man eine Menge mehr verlieren, als man gewinnen wird. Aber ich habe News für Sie. Das ist nicht nur ein zyklischer Dollar-Bärenmarkt. Es ist ein vielleicht epochaler Dollar-Bärenmarkt. Das letzte Mal, als der Dollar fiel, hatten die USA kein Leistungsbilanzdefizit. Überhaupt keins. Jetzt ist dieses Defizit größer als 5 % des US-Bruttoinlandsproduktes."

      "Und damals hatte Alan Greenspan seinen Posten als Fed-Vorsitzender gerade erst angetreten, das war also, bevor er das weltweite Dollar-Angebot stärker erhöhen konnte als alle Fed-Vorsitzenden vor ihm zusammen – um mehr als 2 Billionen Dollar. Man müsste schon verrückt sein, wenn man unter diesen Umständen US-Anleihen kaufen würde ... haha ... da wäre es schon besser, wenn man MIR Geld leihen würde! Hier ist mein Rat. Verkaufen Sie Aktien. Verkaufen Sie Anleihen. Kaufen Sie Gold, immer wenn es unter 350 Dollar pro Feinunze fällt. Dann – abwarten. Bleiben Sie locker. Bis das hier vorbei ist, werden Sie mit ihrem Gold eine Menge mehr Aktien und Anleihen kaufen können als jetzt. Und wenn nicht – dann können Sie sich immer noch eine Flasche kaufen und sich zu mir setzen."

      "Hier, das ist auf jeden Fall 2 Euro wert ..."

      Vielleicht mehr.

      Maybe more.
      ------------------------------------

      Litanei der Hoffnung

      von John Mauldin

      Die Welt scheint sich zu erholen. Die globalen Aktienmärkte – und bis vor kurzem auch die Anleihenmärkte – haben fantastische Aufwärtsbewegungen genießen können. Die Immobilienpreise steigen auch zum größten Teil, und die Konsumenten geben ihr Geld weiterhin fleißig aus. Natürlich gibt es ein kleines Problem mit der Arbeitslosigkeit, und auch der Dollar sieht nicht so toll aus.

      Genau so wenig wie die "Zwillings-Defizite" (US-Haushaltsdefizit und US-Handelsbilanzdefizit). Aber hey ... die Fed steuert uns in sichere Gewässer, oder? Das ist der Preis, den wir für eine Wirtschaftserholung zahlen müssen, oder?

      Lassen Sie uns die Absichten der Fed untersuchen.

      Es gibt drei große Stützen der US-Wirtschaft: Die Unternehmensinvestitionen, den Immobilienmarkt und die privaten Konsumausgaben. Die Fed hofft derzeit, dass die letzteren beiden einfach lange genug aushalten können, bis das normale Wirtschaftswachstum (auch wenn es unterdurchschnittlich ist) die Überkapazitäten beseitigt haben wird – weil dann die Unternehmensinvestitionen wieder steigen werden. Und dann gäbe es wieder eine Quelle von größerem wirtschaftlichem Wachstum.

      Das Problem ist, dass der Immobilienmarkt und die Konsumausgaben nur in zwei Umgebungen gedeihen. Entweder braucht man niedrige Zins- und Hypothekensätze, um den Immobilienmarkt und die Konsumausgaben zu stimulieren, oder die Wirtschaft muss aggressiv überdurchschnittlich wachsen – da dann die Zahl der Jobs und das persönliche Einkommen steigen, so dass diese Märkte auch bei steigenden Zinssätzen ein stetiges Wachstum vorweisen können.

      Der zweite Fall beschreibt ganz bestimmt nicht das heutige wirtschaftliche Umfeld. Deshalb hat die Fed so geantwortet, wie sie es nur konnte: sie hat eine massive und lange Serie von Leitzinssenkungen begonnen, begleitet von einem signifikanten Wachstum der Geldmenge. Während einige meinen, dass die Fed damit sowohl am Immobilien- als auch am Anleihenmarkt zwei neue Spekulationsblasen geschaffen hat, hat die Fed es geschafft, die Stärke des Immobilienmarktes zu erhalten, und indem sie die Kreditkosten gesenkt hat, ist auch der US-Konsumentenmarkt ziemlich unverwüstlich geblieben.

      Deshalb hat die Fed-Politik der Zinssenkungen bis letzte Woche dazu geführt, dass die Zinssätze fallen und die Wirtschaft vorwärts kommt ... wenn auch nur im Schneckentempo. Aber vielleicht wird das traditionelle Mittel der Zinssenkungen plus Rhetorik nicht mehr länger ausreichend sein.

      Vor 2 Wochen hat die Fed ihre Zinssenkungspolitik durch die Zinssenkung um 25 Basispunkte fortgesetzt. Aber was sie zu der Zinssenkung zu sagen hatte, klang fast identisch wie die früheren Mitteilungen bei Zinssenkungen – es waren bedeutungslose Statements. Art Cashin von CNBC Fame schrieb zu der letzten Zinssenkung:

      "Lassen Sie uns über die Direktive und ihre Sprache sprechen, um zu sehen, was wir daraus schlussfolgern können über die Art und Weise, wie die Fed die derzeitige Wirtschaftslage und Geldpolitik einschätzt. In Paragraf 2 beginnen sie so: `Das Komitee glaubt weiterhin, dass die Politik des leichten Geldes zusammen mit einem robusten Produktivitätswachstum weiterhin eine wichtige Unterstützung für die wirtschaftliche Aktivität bilden. Die jüngsten Signale zeigen, dass sich die Konsumausgaben und die finanziellen Bedingungen verbessern, und der Arbeitsmarkt und die Produktmärkte stabilisieren sich.`"

      "Das klang vage bekannt, deshalb habe ich mir die Direktiven der letzten 3 Jahre angesehen, die zu Zinssenkungen veröffentlicht wurden. Ich fand, dass sich dieses Schema ziemlich wiederholte. Im Dezember 2002 war die Direktive im ersten Teil fast identisch formuliert."

      "Ich konnte mir keinen Reim darauf machen. Sie können das übrigens sehr leicht schnell selbst überprüfen, indem Sie auf die Internetseite der Fed gehen, und dort die Direktiven der letzten 3 Jahre lesen."

      "Insgesamt ist die letzte Direktive ein Teil einer Litanei der Hoffnung. 13 Zinssenkungen und die Hoffnung, dass sich die Dinge verbessern werden, wie sie es immer getan haben (laut den Lehrbüchern)."

      Ich diskutierte mit Art Cashin während eines Abendessens diese Direktiven der Fed und den Mangel an unterschiedlichen Formulierungen in ihnen. Art machte eine sehr interessante Beobachtung. Was die Märkte von der Fed wirklich hören wollen, sagte er, ist, dass alles wieder in Ordnung kommen wird – alles wird gut.

      Aber das hörten die Märkte dieses Mal nicht – wenn man sich den Kurseinbruch bei den Anleihenkursen nach der letzten Zinssenkung ansieht. Da nur eine Woche nach der Zinssenkung ziemlich schwache Arbeitsmarktdaten reinkamen, obwohl die Fed proklamiert hatte, dass sich "der Arbeitsmarkt ... stabilisiert", könnte die Sorge bestehen, dass die Fed keine Lösung weiß.

      Die Investoren wollen einfach eine bestimmte Sicherheit der Zukunft haben. Sie vertrauen der Fed, solange die Reden der Fed-Gouverneure konstant und wiederholt ihre Absicht proklamieren, daran zu arbeiten, dass auch die langfristigen Zinsen unten bleiben.

      Aber das jüngste Fed-Statement, zusammen mit dem 30. Vers der Litanei der Hoffnung, gab kein Zeichen davon. Einige nahmen das als Hinweis dafür, dass die Fed eine starke Erholung voraussieht und deshalb die Zinsen bald erhöhen wird. Andere dachten, dass dies die letzte Zinssenkung sein würde, weshalb die Anleihenkurse nur noch fallen könnten. Verwirrung – der Feind der Anleihen – war offensichtlich vorhanden.

      Die Renditen am Anleihenmarkt stiegen daraufhin – was bedeutet, dass die Anleihenkurse fielen (fallende Kurse gleich steigende Renditen und umgekehrt). In einer Woche stieg die Rendite der 10jährigen Anleihen von 3,07 % auf 3,65 %. Die Zinskurve zwischen kurz- und langfristigen Anleihen ist steiler geworden – was genau das Gegenteil von dem ist, was die Fed will.

      Es ist nicht schwer, sich vorzustellen, dass die Hypothekenzinsen ziemlich schnell um 0,5 Prozentpunkte steigen werden. Angesichts der Geschwindigkeit, mit der die Zinsen aktuell steigen – ist da ein weiterer Anstieg um 0,5 Prozentpunkte drin? Ist ein Anstieg um 1 Prozentpunkt ausreichend, um den Immobilienmarkt zu verletzen? Ich will damit nicht sagen, dass der Immobilienmarkt implodieren wird, aber angesichts der Zerbrechlichkeit der Wirtschaft und der steigenden Arbeitslosenrate könnte das das Wachstum so stark verlangsamen, dass wir in einer Rezession landen würden.

      Die Fed spielt ein gefährliches Spiel. Auch die Anleihenmärkte in Japan und Europa sind auf dem Rückzug, d.h. dort steigen derzeit die Renditen. Das Blutbad am japanischen Anleihenmarkt führt dazu, dass die Entwicklung am US-Anleihenmarkt vergleichsweise ruhig aussieht. Am 4. Juli teilte uns die Financial Times mit, dass die Rating-Agentur S&P damit gedroht hat, das Rating japanischer Anleihen weiter zu senken, angesichts der jüngsten Turbulenzen am japanischen Anleihenmarkt.

      Wen sich die Lage am Anleihenmarkt auf aktuellem Niveau stabilisiert, dann werden sich meine Sorgen in Luft auflösen. Die langfristigen Zinssätze sind immer noch niedrig genug, um den Immobilienmarkt und die Konsumausgaben vor einer Krise zu bewahren. Aber meine Sorge ist, dass sich ein neuer Trend entwickelt – nämlich der Trend steigender Zinsen –, der die Stabilität des Immobilienmarktes stören würde und uns hin zu einer Rezession und Deflation führen würde.
      investorverlag.de
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      schrieb am 09.07.03 22:30:33
      Beitrag Nr. 3.471 ()
      Bahn-Privatisierung in Großbritannien

      Der Traum vom Staats-Express


      Die Deutsche Bahn bekommt auf den Regionalstrecken den Wettbewerb seitens privater Anbieter zu spüren. Doch dass Konkurrenz die Geschäfte nicht zwingend zu Gunsten der Kunden belebt, zeigt der Blick nach Großbritannien.

      von Caroline Daamen



      Das schlechte Image scheint hausgemacht: ein schwer durchschaubares und unflexibles Buchungssystem, überforderte Mitarbeiter und hohe Preise. Hat der hartnäckige Kunde das Ticket endlich in der Hand, geht das Abenteuer Bahnfahrt allerdings häufig erst los.

      Denn zu Stoßzeiten sind die oft wenig komfortablen Abteile gerne überfüllt und regelmäßig zu spät. Oder es werden kurzerhand ganze Züge gestrichen - Endstation Bahngleis. Die Rede ist hier nicht etwa vom vielgescholtenen System der Deutschen Bahn (DB), sondern vielmehr vom traurigen Bild britischer Bahn-Realität sieben Jahre nach Beginn der offiziellen Privatisierung des Bahnbetriebs.

      Dass die Privatisierung der Bahnstrecken auch hierzulande voranschreitet, ist im Dauerkonflikt um "Plan und Spar" und Bahncardtarife etwas in den Hintergrund getreten. Doch kaum ist die Preisreform durch, widmet sich die DB dem Konkurrenzkampf auf den Gleisen.

      Ins Visier des Staastbetriebes ist dabei die private Anbieterin Connex geraten, deren Tochter Nord-Ostsee-Bahn (NOB) vom Land Schleswig-Holstein den Zuschlag für die Strecke Hamburg-Westerland (Sylt) bekommen hat. Sehr zum Missfallen der DB, die vom privaten Wettbewerber schlicht unterboten wurde.

      Der Einwand der DB: Dem kleinen Konkurrenten fehle es an der erforderlichen Zuverlässigkeit sowie der nötigen finanziellen Absicherung. Das könnte man leicht als Überheblichkeit des unterlegenen Staatsunternehmens abtun. Ein kurzer Blick nach Großbritannien mag da jedoch als kleine Warnung dienen.



      Briten wünschen sich Staatsbetrieb zurück
      Dort wurde der Bahnbetrieb bereits 1996 privatisiert – und die Briten wünschen sich sehnlichst das alte System einer rein staatlich getragenen Bahn zurück, so der Guardian.

      Der Grund: Insgesamt 25 private Gesellschaften und Franchisenehmer machen ein einheitliches und für den Kunden übersichtliches Preissystem unmöglich, von Koordination und Pünktlichkeit der Züge ganz zu schweigen.

      Erst in der Vorwoche musste Premierminister Blair in der üblichen Fragestunde gegenüber Oppositionsführer Iain Duncan Smith einräumen, dass sich die Pünktlichkeit der Züge in den vergangenen Jahren nicht etwa verbessert, sondern weiter verschlechtert habe.

      Da passt das Desaster um das Privat-Unternehmen Railtrack, das als Monopolist über das britische Streckennetz für die Kontrolle der Bahninfrastruktur zuständig war, sehr gut ins Bild. Nur durch ständigen Zuschuss von Steuermitteln konnte der Bahnbetrieb auf der Insel aufrecht erhalten werden — und so wurde Railtrack auf Betreiben der Labour-Regierung Ende 2002 in die gemeinnützige Gesellschaft Network Rail umgewandelt.

      Unter dem neuen Management soll nun alles besser werden. Doch eben jener Railtrack-Nachfolger ließ nun wissen, dass sich die leidgeprüften britischen Bahnfahrer mindestens noch bis 2010 gedulden müssten, bevor eine flächendeckende Pünktlichkeit der Züge wieder zu erwarten sei.



      Connex in den Schlagzeilen
      Auch der Name Connex geriet Ende Juni auf der Insel in die Schlagzeilen. Wie BBC und Guardian meldeten, kündigte die Strategic Rail Authority (SRA, eine Art Aufsichts- und Regulierungsbehörde) Connex South Eastern den laufenden Franchisevertrag für wichtige Strecken in den Grafschaften Kent und Sussex auf, die jährlich bis zu 132 Millionen Bahnfahrer nutzen.

      Nachdem die SRA Ende letzten Jahres 58 Millionen britische Pfund an Födermitteln für Connex bereitgestellt hatte, waren vermehrt Zweifel am Finanzmanagement des Unternehmens aufgekommen — da Connex kürzlich um eine weitere Finanzspritze in Höhe von 200 Millionen Pfund gebeten hatte. Hinzu kamen laut BBC Beschwerden über Verspätungen, Annullierungen von Zügen, ständig überfüllte Abteile oder gar Flohbefall der Waggons.

      So hat die SRA die Notbremse gezogen und führt die Geschäfte der Connex South Eastern über eine eigens gegründete Gesellschaft ab Ende des Jahres weiter, bevor ein weiterer Privatanbieter Ende 2004 sein Glück versuchen darf.

      Denn so sehr sich die zahlende Kundschaft die öffentliche British Rail wieder herbei wünscht – die britische Regierung setzt weiter auf Privatisierung.


      sueddeutsche.de
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      schrieb am 09.07.03 22:36:11
      Beitrag Nr. 3.472 ()
      Avatar
      schrieb am 09.07.03 22:38:56
      Beitrag Nr. 3.473 ()
      Ausland
      Rainer Rupp

      Armutszeugnis

      UN-Bericht über wirtschaftliche und soziale Entwicklung räumt mit neoliberaler Heilsideologie auf


      Der am Dienstag veröffentlichte, umfassende UN-Bericht über die wirtschaftliche und soziale Entwicklung (U.N. Human Development Report 2003) des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) räumt endgültig mit einem im bürgerlichen Lager weit verbreiteten Dogma des internationalen Kapitals auf. Der detaillierte Bericht belegt, daß aufgrund der Mitte der 90er Jahre geplatzten und von neoliberalen Kräften verursachten Spekulationsblase heute 54 Länder sehr viel ärmer sind, als sie es noch zehn Jahre zuvor waren. Damit zeigt der UN-Bericht ungewollt eine Parallele zwischen nationaler und internationaler Entwicklung auf. Innerhalb der hochentwickelten Industrieländer konnte als Resultat des Vormarschs des von allen sozialen Zwängen befreiten Kapitals beobachtet werden, wie in den zurückliegenden Jahren mit zunehmender Geschwindigkeit die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer geworden sind.

      Der UN-Bericht hat nun den Beweis erbracht, daß die wachsende Kluft zwischen Reich und Arm innerhalb der Industrieländer auch auf das Verhältnis zwischen reichen und armen Ländern zutrifft. Zugleich führt der Bericht das inzwischen an allen bürgerlichen Universitäten als alleinige Wahrheit gelehrte neoliberale Wirtschaftsglaubensbekenntnis ad absurdum. Während der vergangenen zwei Jahrzehnte haben insbesondere der Internationale Währungsfonds (IWF) und seine Schwesterorganisation, die Weltbank, den Ländern der sogenannten Dritten Welt mit der Drohung der Verweigerung des Zugangs zu Krediten und Märkten das angeblich heilbringende, neoliberale Wirtschaftskonzept aufgezwungen. Hinter dem IWF und der Weltbank steht die US-Regierung als größter Anteilseigner, gefolgt von den Regierungen der wichtigsten Verbündeten. Hinter den Regierungen stehen die eigentlichen Profiteure der Globalisierung: Die Großkonzerne, die auf den Abbau aller Hindernisse im internationalen Handel und Finanzverkehr drängen, mit denen die ärmeren Länder ihre zerbrechlichen, regionalen wirtschaftlichen Entwicklungen schützen und fördern könnten.

      Der UN-Bericht gibt weiterhin darüber Aufschluß, daß auch bei wachsenden Volkswirtschaften die zunehmende Armut breiter Bevölkerungsschichten kaschiert werden kann. Beispiel Polen: Während die polnische Volkswirtschaft im Zeitraum von 1988 bis 1995 kräftig wuchs und das Pro-Kopf-Einkommen im Jahresdurchschnitt um 2,4 Prozent zulegte, ist im gleichen Zeitraum der Anteil der als arm eingestuften polnischen Bürger von sechs auf 20 Prozent gewachsen.

      »Am Ende des sogenannten großen Jahrzehnts ist eine sehr bedeutende Zahl von Ländern (wirtschaftlich) noch weiter zurückgefallen, und die Menschen sind ärmer geworden«, kommentierte der UNDP-Mitarbeiter Mark Malloch Brown den Bericht, der die wirtschaftliche Entwicklung von 175 Ländern auf die zur Jahrtausendwende von den hochentwickelten Industrieländern großspurig angekündigten acht UN-Entwicklungsziele bis zum Jahr 2015 untersucht. Viele dieser Länder können diese Ziele inzwischen nicht einmal mehr in 50 Jahren erreichen. Die meisten der afrikanischen Länder südlich der Sahara gehören zu den 54 Staaten, denen es heute schlechter geht als vor zehn Jahren. Bei 20 dieser Länder würde es dem Bericht zufolge bis 2129 dauern, bis für alle Kinder eine allgemeine Grundschulbildung gesichert wäre, bis 2147, um die extreme Armut zu halbieren, und bis 2165, um die Kindersterblichkeit um zwei Drittel zu reduzieren.

      Dringend erforderlich sei es, daß die reichen Länder ihre Entwicklungshilfe von derzeit insgesamt etwa 50 Milliarden US-Dollar auf 100 Milliarden Dollar erhöhen, fordert die UN. »Jede europäische Kuh wird derzeit mit durchschnittlich drei Dollar pro Tag subventioniert, während 40 Prozent der in Afrika lebenden Menschen über weniger als einen Dollar pro Tag verfügen«, mahnte Brown. In den USA etwa erhielten Baumwollfarmer Subventionen von 10,7 Millionen Dollar pro Tag, dreimal mehr als die gesamte Region südlich der Sahara an Entwicklungshilfe bekommen würde.

      In einer indirekten aber scharfen Kritik am Neoliberalismus fordert der UNDP-Bericht eine umfassende Neubewertung der bisher verfolgten (neoliberalen) Entwicklungsstrategien, die den Entwicklungsländern helfen sollten, der extremen Armut zu entrinnen. Dies sei nicht möglich mit dem sogenannten Washington Consensus der Weltbank und des IWF, der Deregulierung, Liberalisierung von Handel und Finanzen und strikte Haushaltsdisziplin von Entwicklungsländern verlange. IWF und Weltbank müßten dringend ihre Politik ändern, forderte Brown. »Die Statistiken sind beschämend«, heißt es im Bericht, »mehr als 13 Millionen Kinder starben im vergangen Jahrzehnt allein an Durchfallerkrankungen. Jedes Jahr sterben eine halbe Million Frauen – jede Minute eine – im Kindbett. Mehr als 800 Millionen Menschen leiden an Unterernährung. Die Lösungen für diese Probleme sind bekannt... und sie erfordern keine Hochtechnologie.«


      http://www.jungewelt.de/2003/07-10/011.php
      Avatar
      schrieb am 09.07.03 22:53:34
      Beitrag Nr. 3.474 ()
      US-FARMER

      Im Würgegriff der Biotech-Konzerne


      Von Marc Pitzke, New York

      Wer steckt hinter der Kampagne der USA für genmanipulierte Lebensmittel? Nicht nur eine Multi-Milliarden-Dollar-Industrie - sondern auch hunderttausende darbende Farmer, die um ihre Existenz fürchten.


      [M] DPA

      Maiskolben und Sojabohnen: Genmanipulierte Saat löst die Probleme, die sie selbst geschaffen hat


      New York - Mark Pietz schwört auf Gen-Anbau. "Mit Biotech-Saat zu arbeiten ist so viel einfacher", sagt der US-Landwirt, alle Zweifel an der umstrittenen Technologie abweisend. So sind inzwischen 80 Prozent der Sojabohnen und Maispflanzen, die auf seiner 970-Hektar-Farm im Südwesten Minnesotas wachsen, gentechnisch manipuliert: "Hilft gegen Unkraut und Insekten."
      Und es nimmt dem Farmer Mühe ab: Da das Designer-Grünzeug, zum Beispiel der "Bt"-Mais, derart konstruiert ist, dass es Schadinsekten ganz von alleine killt, muss Pietz selbst nur noch halb so oft mit dem Traktor um die Äcker zuckeln. Auch fällt ihm im Herbst die Ernte leichter, da die Pflanzen länger wachsen können.

      Kein Wunder, dass Pietz, als Chef des Minnesota Soybean Research and Promotion Councils (einer Lobbygruppe für Gen-Soja), zum Apologeten der umstrittenen Biotech-Branche geworden ist.

      Pietz spricht für über eine Million US-Farmer, die sich, zum Schrecken ihrer europäischen Kollegen, mittlerweile auf Laborsaat verlassen, größtenteils zumindest. Mehr noch: Viele sind längst ganz von der Klonkost - und damit von Gen-Giganten wie Monsanto abhängig.

      Zu 81 Prozent transgen

      Dies ist die andere Seite der Medaille: Im jüngsten Handelskrieg zwischen den USA und der Europäischen Union (EU) über genveränderte Lebensmittel geht es weniger darum, "den Hunger der Welt zu stillen", wie US-Präsident George W. Bush unlängst voller Pathos postulierte. Sondern um die Milliardengeschäfte einer großen Industrie - und auch um die nackte Existenz der meisten US-Farmer.


      Mit Gen-Lebensmitteln gegen den Welthunger? Diskutieren Sie mit anderen SPIEGEL-ONLINE-Usern!

      Jahrhundertdürre, Überschwemmungen, miese Ernten: Die US-Landwirtschaft steckt in der schwersten Krise seit Generationen. Als letzte Hoffnung gilt vielen die Biotechnik. Billig und praktisch - nur mittels Genzucht glauben die Farmer, wieder Fuß fassen zu können. Die ökologischen Bedenken, mit denen das Thema befrachtet ist, sind ihnen reichlich egal.

      "Die Farmer greifen nach jeder nur denkbaren Technologie, um überleben zu können", sagt Rich Pottorff, Chefökonom der Doane Agricultural Services Company im US-Bundesstaat Missouri. "Biotechnologie hilft ihnen, die Kosten zu senken und Ernteverluste durch Schädlinge so niedrig wie möglich zu halten."

      Und so wachsen in den USA inzwischen auf über 40 Millionen Hektar Biotech-Pflanzen - das ist fast die Hälfte des gesamten Farmlandes. 81 Prozent aller US-Sojabohnen sind heute transgene Gewächse (voriges Jahr waren es noch 75 Prozent), 73 Prozent der Baumwolle, 40 Prozent des Maises.

      Der Made das Leben madig machen

      Warum? Zum Beispiel wegen des - ausgerechnet europäischen - Maiswurms. Der richtete in den nordamerikanischen Maisfeldern jährlich einen Schaden von rund einer Milliarde Dollar an. Genmanipulierter "Bt"-Mais enthält nun aber ein Pestizid, das der Made das Leben madig macht.

      Zahlen, die ein neues Licht auf die Biotech-Debatte mit der EU werfen: Mais und Sojabohnen sind die zwei wichtigsten Exportprodukte der US-Landwirtschaft. "Wir verlassen uns für zwei Drittel unserer Ernte auf Exportmärkte", sagt Mary Kay Thatcher, die Direktorin der American Farm Bureau Federation.

      Dass dies nun durch die neu verschäfte EU-Kontrollpolitik für Genprodukte bedroht werde, nennt Thatcher "einen Alptraum".

      Schon nach dem EU-Genfood-Moratorium von 1998 ist die US-Maisausfuhr nach Europa von 1,5 Millionen Tonnen auf magere 23.000 Tonnen geschrumpft. "Ausradiert", sagt Hayden Milberg, Sprecher der National Corn Growers Association in St. Louis, die über 33.000 Maisbauern vertritt


      Monsantos "Terminator"

      Oder, wie Bob Callanan, Milbergs Kollege bei der American Soybean Association, es sarkastisch formuliert: "Da kann man ja gleich einen Totenkopf auf unsere Packungen drucken."

      So etwas nennen die Amerikaner einen "Catch 22", eine paradoxe Situation: Die Wirtschaftsmisere hat die US-Farmer in die Arme der Gentechnologie getrieben - und die wiederum verschärft nun die Misere weiter.


      AP

      Greenpeace-Demo in Mexiko: Retter der verlorenen Banane


      Schuld sind aber auch die gewieften Marketing-Strategien der Biotech-Giganten, die die Agrarkrise durch immer neue, clevere Produkte zu ihren Gunsten ausgenutzt haben.

      Etwa Monsanto in St. Louis, mit einem Jahresumsatz von 4,7 Milliarden Dollar der größte Biotech-Produzent der USA und der zweitgrößte der Welt, nach dem Schweizer Multi Syngenta (Jahresumsatz 6,2 Milliarden Dollar). Das Tolle an Monsantos Gen-Sojabohne "Roundup Ready": Sie kann wesentlich höhere Dosen des Monsanto-Pestizids "Roundup" vertragen. Eins bedingt das andere - so etwas nennt man Sinn fürs Geschäft.

      Berüchtigt auch Monsantos "Terminator"-Saatgut. Dessen Keime sind sterilisiert worden, damit sie sich nicht fortpflanzen können. Folge: Die Farmer müssen jedes Jahr wieder ganz neue Saat kaufen. (Wegen öffentlicher Kritik verzichtet das Unternehmen vorerst auf die Markteinführung.)

      Lohnende Investition

      Wer sich durch die Statistiken der Lobbygruppe Council for Biotechnology Information gräbt, erlebt indes eine Überraschung. Nur zwei der in der Genmanipulation von US-Saatgut aktiven Großfirmen sind tatsächlich Ur-Amerikaner: Monsanto und Dow AgraScience, eine Tochter des Chemiekonzerns Dow Chemical (Jahresumsatz drei Milliarden Dollar). Alle anderen stammen aus Europa: Bayer (Deutschland), Rhone-Poulenc und DuPont (Frankreich) sowie Syngenta (Schweiz).

      Über seinen US-Ableger ist Weltmarktführer Syngenta aber nicht nur auf den Gen-Äckern Amerikas vertreten - sondern auch im Machtzentrum Washington.

      Mit Parteispenden von 295.918 Dollar (zwei Drittel davon an die Republikaner) gehörte das Unternehmen zu den fleißigsten Polit-Finanziers des vergangenen Jahres. Auch andere aus der Branche ließen sich nicht lumpen: Der National Cotton Council überwies 202.023 Dollar in die Wahlkampfkassen der US-Politiker, die Alabama Farmers Federation 162.975 Dollar und Dow Chemical 134.400 Dollar.

      Insgesamt machte die Sparte im vorigen Jahr 8,1 Millionen Dollar locker, auf dass ihr der Kongress (Legislative) und das Weiße Haus (Exekutive) geneigt blieben. Eine Investition, die sich lohnte.

      Schmecke die Zukunft

      Darüber hinaus mischen die Unternehmen indirekt über Verbände, Institutionen, Think Tanks und Interessengruppen in Washington mit. Hauptredner auf der letzten Jahrestagung der Biotechnology Industry Organization (BIO) war niemand anders als Präsident Bush.

      Der Council for Biotechnology Information (CBI) hatte eine besonders pfiffige Lobby-Idee: Es publizierte ein 26-seitiges PR-Büchlein namens "Taste the Future" (Schmecke die Zukunft).

      Das sieht wie ein Gourmet-Magazin aus und enthält industriefreundliche "Reportagen". Zum Beispiel über die Rettung der indischen Bananen-Industrie durch Gensaat.

      Und, für die Hausfrau von heute, Biotech-Kochrezepte. Darunter für einen genmanipulierten "Papaya-Smoothie" und "geröstetes Wurzelgemüse Napoleon".


      http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,256423-2,00.html
      Avatar
      schrieb am 09.07.03 22:59:06
      Beitrag Nr. 3.475 ()
      Wird der Euro bald zum Neuro?
      Querdenker wollen frisches Geld einführen und so eine gerechtere Welt schaffen

      Von Thilo Alexe

      Müssen sich die Dresdner bald auf eine neue Währung einstellen? Wohl kaum. Doch eine Arbeitsgruppe für natürliche Wirtschaftsordnung will den Euro quasi abschaffen. Grund: Er ist zu teuer.

      „Geld“, sagt Karsten Sinning, „muss auch mal verrotten können.“ Aus dem Mund des jungen Mannes, der als Sozialpädagoge arbeitet, klingt das nicht versponnen. Sinning wirkt weder arrogant, noch scheint er die Moneten im Überfluss zu besitzen. Er hängt mit rund zehn anderen Dresdnern einer Theorie an, die auf eines setzt: gerechtere Finanzkreisläufe.

      Das alternative Modell, das der Arbeitsgruppe für natürliche Wirtschaftsordnung vorschwebt, will – großspurig gesagt – eine bessere Welt. Deren jetziger Zustand kranke daran, dass das Geld immer dorthin strömt, wo es seinesgleichen findet. „Durch den Zinsfluss werden bestehende Vermögen noch gestärkt“, sagt Sinning. „Das Geld fehlt dann woanders.“ Sein Beispiel: Ein Bäckermeister, der sich über Kredit einen neuen Ofen kauft, zahlt diesen samt Zinsen an die Bank zurück. Um das Geld zu erwirtschaften, verkauft er in der Regel sein Brot teurer – und gibt die Erhöhung an die Kunden weiter. „Von jedem Euro, den wir ausgeben, geht bereits ein knappes Drittel für Zinsen weg“, weiß Sinning. Letztlich wird also – folgt man der im Kern Ende des 19. Jahrhunderts entwickelten Theorie – alles teurer und für die Mehrzahl das Geld knapper. Gibt es einen Ausweg? Die natürlichen Wirtschaftordner, die längst bundesweit aktiv sind, fordern Alternativgeld. „Wir stellen uns vor, dass sich Gewerbetreibende, Stadt, Kultureinrichtungen, Versorger und Privatleute zu einem Verein zusammenschließen“, sagt Sinning. Die Mitglieder – das ist durch das Zentralbankgesetz gedeckt – tauschen dann ihre Euros eins zu eins in eine eigene Währung um. „Als Namen dafür sind Sax und Neuro im Gespräch.“ Mit dieser Währung soll dann bei den Teilnehmern bezahlt werden können – doch das allein macht den Clou nicht aus. „Die Idee ist, dass das Geld ständig zirkuliert und nicht zurückgehalten wird“, sagt Sinning. Im Klartext: Wer die Scheine, die von Kindern entworfen werden sollen, zu Hause bunkert, muss eine geringe Gebühr bezahlen. Teilnehmer, die viel ausgeben, sparen also.

      Das Modell hat Schwächen – eine dürfte die Kontrolle über Gebühren und zurückgehaltenes Geld sein. Doch Sinning, der für das Modell schwärmt, sieht kaum Alternativen. Der Anreiz zum Ausgeben führe letztlich dazu, dass die Umsätze angekurbelt werden – und das Geld nicht als Zinsen wenige große Privatvermögen weiter steigert. Sinning: „Das alternative Geld ist wie die Blutzufuhr in einen blutarmen Kreislauf.“ Der Bäcker kauft mit dem Neuro beim Fleischer, der geht dafür ins Kino und jenes kann davon seine Putzfrau bezahlen – alles bleibt nach dieser ein wenig sozialromantischen Vorstellung in einem Kreislauf. Sinning: „Geld ist mittlerweile mehr wert als die Produkte, die man dafür kauft.“ Soll man es aus Protest deshalb gleich verrotten lassen? Das nicht, finden die Initiatoren. Aber rasch ausgeben. Wird der Verein dazu bald gegründet. Sinning: „Es wird schwer.“

      Die AG trifft sich jeden zweiten und vierten Mittwoch im Umweltzentrum, Schützengasse 16. Weitere Informationen zum Alternativgeld unter:


      http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=500681
      Avatar
      schrieb am 09.07.03 23:11:17
      Beitrag Nr. 3.476 ()
      Tod durch langsame innere Verbrennungen: Wie Amerika seine eigenen Truppen radioaktiv verseucht
      08.07.2003 von tyler

      Tod durch langsame innere Verbrennungen: Wie Amerika seine eigenen Truppen radioaktiv verseucht.
      Was «Unterstützt unsere Truppen!» wirklich bedeutet
      von Amy Worthington, Idaho
      Am 30. März zeigte ein Photo von Associated Press (AP) einen amerikanischen Kriegsaktivist mit einem Plakat in der Hand, auf dem steht: «Verstrahlt die Dreckskerle - es hat schon 1945 funktioniert!». Das ist genau das, was George Bush jetzt getan hat.

      Amerikas letzter, viele Milliarden teurer Krieg im Irak war tatsächlich ein atomarer Krieg. Bush und Cheney haben auf zirka 17 Millionen Irakern Waffen abgeladen, welche tonnenweise abgereichertes Uran enthielten, ein Befreiungsgeschenk, das sie noch lange weiter beschenken wird. Abgereichertes Uran ist eine Komponente von giftigem atomarem Abfall, das normalerweise an sicheren Orten gelagert wird. Diejenigen, die damit hantieren, benutzen eine Schutzausrüstung.

      Vor mehr als 10 Jahren beschlossen die Kriegstreiber im Pentagon, dieses tödliche Abfallprodukt in einen grossen Teil ihres Waffenarsenals zu integrieren. Kriegschiffe, welche mit Schnellfeuerkanonen ausgerüstet sind, können Salven von Tausenden Geschossen pro Minute abfeuern. Die von Kriegsschiffen und Unterseebooten abgefeuerten Tomahawk Cruise Missiles sind mit abgereichertem Uran bestückt , die M1 Abrams Panzer sind damit ausgerüstet . Ebenso wie die englischen Challenger ll Panzer sind sie voll gepackt mit solchen Geschossen, welche die Soldaten in und um den Panzer herum dauernd verseuchen . Die speziell für die Panzerbekämpfung ausgerüsteten A10 Flugzeuge schiessen solche Geschosse auf dem Schlachtfeld auf Fahrzeuge und Menschen.

      Munition mit abgereichertem Uran wurde von den Vereinten Nationen mit einem Beschluss als illegale Massenvernichtungswaffen bezeichnet. Wer sie verwendet, bricht alle internationalen Rechte, Abkommen und Konventionen, die giftenthaltende Waffen verbieten, um unnötiges Leiden zu vermeiden.

      Ironischerweise wird die Unterstützung für unsere Soldaten weit über diesen Irak-Krieg hinausgehen. Die Amerikaner werden für viele Jahre die Veteranen des zweiten Golf-Krieges unterstützen müssen, während diese langsam und schmerzhaft den Folgen der Verstrahlungen erliegen werden. Die in dieser Region eingesetzten US-amerikanischen und englischen Truppen sind wandelnde Tote. Alle Menschen und Tiere, ob Freund oder Feind in der Zone des Fallouts sind zu einer langen Abwärtsspirale von chronischer Krankheit, Behinderung verurteilt. Nierenversagen und Lungenschäden, blutiger Stuhlabgang, extreme Müdigkeit, Gelenkschmerzen, unsicherer Gang, Gedächtnisverlust und Hautausschläge, schliesslich Krebs und vorzeitiger Tod erwarten diejenigen, die dem abgereicherten Uran ausgesetzt waren.

      Der Journalist und Preisträger Will Thomas schrieb: «Der letzte Golf-Krieg zeigte in barbarischer Art und Weise, dass das Immunsystem der Soldaten, das schon wegen verschiedener experimenteller Impfstoffe schwach ist, wenig Widerstand gegen chemische Waffen, industrielle Gifte, Stress, Koffein, Insektenvernichtungsmittel und verstrahlte Überreste des letzten Krieges leisten konnte. Dies ist ein Krieg, den auch die Sieger verlieren werden.»

      Wenn ein Geschoss mit abgereichertem Uran abgefeuert wird, zündet es beim Aufschlag. Uran und Spuren von Plutonium und Americium zerstäuben in winzige, radioaktiv strahlende Staubpartikel. Einmal eingeatmet, strahlt im Körper aufgenommenes oxidiertes Uran dauernd. Gemäss Roger Coghill, einem englischen Strahlenexperten, kann ein einziges Partikel in einem Lymphknoten das ganze Immunsystem zerstören.

      Die Royal Society of England hat Daten publiziert, die zeigen, dass Soldaten, die auf dem Schlachtfeld grosse Mengen von abgereichertem Uran eingeatmet oder geschluckt haben, innert Tagen Nierenversagen erleiden können. Nur diejenigen Soldaten im Irak, die nicht atmen, atmen den radioaktiven tödlichen Staub nicht ein. Während der ersten zwei Wochen des Krieges haben 700 Cruise Missiles, jede 1.3 Millionen Dollar teuer, den irakischen Grundbesitz in radioaktiv strahlende pilzförmige Wolken zersprengt. Neun Millionen uranhaltige Panzergeschosse liegen im Gelände herum. Die Räumung dieser Geschosse ist nicht möglich, weil es auf dieser Welt keinen Ort gibt, wo soviel strahlender Schutt gelagert werden könnte.

      Der erste Golf-Krieg von Bush Senior war ebenfalls ein Atomkrieg. 320 Tonnen DU (Depleted Uranium = abgereichertes Uran) wurden 1991 gegen den Irak eingesetzt. Ein Bericht der US Agency for Toxic Substances (Behörde für toxische Substanzen) bestätigt, dass das Einatmen von DU die gleichen Symptome verursacht, die viele Veteranen aufwiesen, die am «Golf-Krieg Syndrom» litten.

      Die Vereinigung der Golf-Kriegsveteranen berichtet, dass jetzt mindestens 300 000 Veteranen des ersten Golf-Krieges an Krankheiten leiden, die zu Invalidität führen. Bis heute haben 209 000 Veteranen aufgrund von Verletzungen und Krankheiten, die sie auf ihren Kampfeinsatz in diesem Krieg zurückführen, Ansprüche auf Invaliditätsrenten eingereicht.

      Dr. Asaf Durakovic, Professor für Nuklearmedizin an der Georgetown University, ist ein ehemaliger medizinischer Experte der Armee. Er informierte im vergangenen Jahr in Paris Nuklearwissenschaftler, dass Zehntausende britischer und amerikanischer Soldaten, krank von der radioaktiven Strahlung, der sie im ersten Golf-Krieg ausgesetzt waren, jetzt im Sterben liegen. Er stellte fest, dass 62% der untersuchten kranken Veteranen Uran-Isotope in ihren inneren Organen, Knochen, Gehirn und Urin aufweisen. Labors in der Schweiz und Finnland haben diese Ergebnisse bestätigt.

      In anderen Untersuchungen haben die kranken Veteranen sogar Uran in ihrem Sperma aufgewiesen. Ihre Sexualpartner haben sich oft über ein brennendes Gefühl während des Geschlechtsverkehrs beklagt, gefolgt von eigenen Krankheiten, die zu Invalidität führten.

      Unvergleichlich hoch ist die Krebsrate und sind die Geburtsschäden, an denen die irakische Bevölkerung gelitten hat, die eine aggressive atomare Bestrafung über Jahre ertragen musste.

      Bei den US-Luftangriffen gegen den Irak wurde seit 1993 zweifellos atomare Munition verwendet. Die Bilder von grotesk deformierten irakischen Säuglingen, die nach 1991 geboren wurden, sind erschreckend. Genauso wie die Kinder der Veteranen des ersten Golf-Kriegs werden auch viele Säuglinge von Soldaten, die jetzt im Irak sind, entsetzliche Deformationen, neurologische Schäden und/oder Blut- und Atemkrankheiten bekommen.

      Als Militärphysiker wurde Doug Rokke in den Mittleren Osten geschickt, um Panzer zu bergen, die im ersten Golf-Krieg von DU verseucht wurden. Sein Geigenzähler deckte auf, dass die Kriegsgebiete des Irak und Kuweits mit Beta- und Gammastrahlen von bis zu 300 Millirem pro Stunde, sowie mit tausend bis Millionen Einheiten Alphastrahlen pro Minute verseucht worden sind. Rokke hat neulich den Medien mitgeteilt: «Das ganze Gebiet ist immer noch verseucht. Es ist hier immer noch heisser als die Hölle. Dieses Zeug geht nicht weg.»

      DU bleibt 4.5 Milliarden Jahre lang `aktiv`. Dr. Helen Caldicott, Expertin für radioaktive Strahlung, bestätigt, dass die staubbeladenen Winde in den mit DU verseuchten Gebieten, «für alle Ewigkeit wirksam radioaktiv bleiben.» Die tödlichen Sandstürme, die die Koalitionstruppen während der ersten Tage der gegenwärtigen Invasion einschlossen, werden mit Gewissheit bedeutende Auswirkungen auf ihre Gesundheit haben. Rokke und seinem Aufräumteam wurden für ihre gefährliche Arbeit nur mit dünnen Staubmasken ausgerüstet. 30 von den 100 Mann aus Rokkes Dekontaminationsteam sind bereits «tot umgefallen». Rokke selber ist an Strahlenschäden an Lunge und Niere erkrankt. Er hat Hirnveränderungen, Hautpusteln, leidet an chronischer Müdigkeit, hat ständig pfeifenden Atem und Weichteilschmerzen am ganzen Körper. Rokke warnt, dass jeder, der DU ausgesetzt wird, adäquaten Atemschutz und spezielle Schutzanzüge haben muss, um seine Kleider zu schützen, weil man, wie er sagt, Uranpartikel nicht mehr von seinen Kleidern wegbekommt. Das US-Militär bleibt dabei, dass DU auf dem Schlachtfeld kein Problem sei. Colonel James Naughton von der US-Armee Materialverwaltung sagte kürzlich im BBC, dass «Klagen, die wegen DU eingereicht worden sein, keine medizinische Grundlage hätten.»

      Die Dokumente des Militärs selber strafen dies Lüge. Ein Pentagon-Dokument aus dem Jahr 1993 warnt, dass «wenn Soldaten DU-Staub einatmen oder verdauen, dann gehen sie das Risiko eines potentiellen Anstiegs von Krebserkrankungen ein.» In einem US-Handbuch zur Militärausbildung wird verlangt, dass jeder, der sich in einem Umkreis von 25 Metern mit DU verseuchtem Material bewegt, Atem- und Hautschutz tragen muss. Das Institut für Umweltpolitik der US-Armee gab zu: «Wenn DU in den Körper eintritt, besteht die Möglichkeit von schwerwiegenden medizinischen Folgen.» Das Institut stellte auch fest, dass, falls die Truppen realisieren würden, was sie ausgesetzt wurden, «wären die finanziellen Folgen für Langzeit-Invaliditätsrenten und die Kosten der Gesundheitsversorgung horrend. Aus pragmatischen Gründen zieht das Verteidigungsministerium (DOD) es vor, zu lügen und alles abzustreiten.

      Dr. Rokke bestätigt, dass das Pentagon über die Gefahren des DU lügt und kriminell fahrlässig ist, indem es die medizinische Sorgfalt, die die mit DU verseuchten Veteranen gebraucht hätten, vernachlässigt hat. Er sagt voraus, dass die Anzahl amerikanischer Soldaten, die am DU des zweiten Golf-Krieges erkranken werden, überwältigend sein wird. Wenn sie langsam immer schwerer erkranken und ein langsames Verbrennen bis ins Grab erleiden, dann wird das Pentagon abstreiten, so wie nach dem ersten Golf-Krieg, dass ihr Elend und ihr Tod eine Folge ihres Irak-Einsatzes sei.

      Dr. Rokkes Offenheit hat ihn seine Karriere gekostet. Dr. Durakovics Untersuchungen über die Folgen der radioaktiven Strahlungen bei Veteranen des ersten Golf-Krieges waren bei den US-

      Führungskräften auch nicht gerne gesehen. Dr. Durakovic wurde dem Vernehmen nach gesagt, dass sein Leben in Gefahr sei, wenn er seine Forschungen weiterführen würde. Er verliess die USA, um seine Forschungen im Ausland weiterzuführen.

      Naive junge Koalitionssoldaten, die jetzt im Irak sind, sind sich höchstwahrscheinlich kaum bewusst, wie tödlich die Umwelt des Schlachtfeldes wirklich ist. Die Truppen des ersten Golf-Krieges wurden in Unwissenheit gelassen. Soldaten hantierten mit DU Fragmenten und einige trugen sogar Klumpen an ihrem Hals. Ein DU Projektil sendet in 5 Stunden mehr radioaktive Strahlen aus, als es in einem ganzen Jahr gemäss den Standards für die unbedenkliche Strahlendosis für die Zivilbevölkerung erlaubt wäre. «Wir wussten es nicht besser», sagte Kris Kornkven dem Nation Magazine.

      «Erst lange, nachdem wir zu Hause waren, fanden wir heraus, dass es so etwas wie DU gab.» George Bushs gegenwärtiger Krieg in Afghanistan ist auch ein atomarer Krieg. Kurz nach dem 11. September kündigten die Vereinigten Staaten an, sie würden sich einen Vorrat an taktischen Nuklearwaffen zulegen, unter ihnen kleine Neutronenbomben, atomare Minen und Granaten, die für den Kommandokrieg in Afghanistan geeignet wären. Ende September 2001 kamen Bush und der russische Präsident Vladimir Putin überein, dass die USA taktische Nuklearwaffen in Afghanistan einsetzen würden, während Putin Nuklearwaffen gegen die Tschetschenen einsetzen würde.

      George Smith beschreibt die sich in den Boden bohrende Atombombe B-61-11 des Pentagon in einem Artikel in der Village Voice: «Sie ist rammtauglich gebaut, mit einem Mantel aus Schwermetall, so dass sie sich durch Beton und in die Erde eingraben kann, und sie explodiert mit der Kraft von ungefähr 340 000 Tonnen TNT. Das ist ganz schön viel Knallerei für das Geld, buchstäblich zwei apokalyptische Bomben in einer, ein hochgetunter Plutonium-Feuerwerkskörper, genannt Ðdie ersteð und schwerer Wasserstoff als zweite, damit es den guten alten Wasserstoff Bomben-Feuerball gibt.»

      Die unterirdische Wasserversorgung Afghanistans, das immer wieder von Dürreperioden heimgesucht wird, ist jetzt von diesen atomaren Waffen verseucht. Experten des Medizinischen Forschungszentrums für Uran berichten, dass Urinproben von Afghanen den höchsten Uraniumgehalt aufwiesen, der je bei der Zivilbevölkerung gemessen wurde. Von afghanischen Soldaten und Zivilisten wird berichtet, dass sie starben, nachdem sie an starkem Erbrechen, ernsthaften Atemproblemen, inneren Blutungen und anderen Symptomen erkrankt waren, die mit einer Strahlungsvergiftung einhergehen. Tote, in Bäumen sitzende Vögel werden aufgefunden, die teilweise verschmort sind und denen Blut aus dem Schnabel rinnt.

      Afghanistans neuer Präsident, Hamid Karzai, ist eine von Washington installierte Marionette. Unter dem Schutz amerikanischer Soldaten erreicht Karzais Regime einen neuen Rekord für die Opiumproduktion. Sowohl Berichte der Uno wie auch der USA bestätigen, dass die riesige Opiumernte des Jahres 2002 Afghanistan zum führenden Opiumproduzenten der Welt macht. Dank der atomaren Waffen ist Afghanistan jetzt für die Bush-Cheney Drogenindustrie gesichert. Die Nachrichtenagentur ABC-News behauptet, dass es Jahrzehnte alliierter Besetzung brauchen wird, um den «Frieden» in Afghanistan zu gewährleisten. In den kommenden Jahren werden die «Friedenstruppen», die dem Pentagon dabei halfen, diesem Land jene gefährliche karzinogene Umweltverschmutzung aufzubürden, die sie über das Essen, das Trinken und die Luft in sich aufnehmen.

      Als Gouverneur von Arkansas während der Iran-Contra Ära wusch Bill Clinton mehrere Millionen Dollar aus Kokainprofiten für den damaligen Vizepräsidenten George Bush Senior. Als Partner in der berüchtigten Verbrechensmaschinerie der Bush-Familie überliess Präsident Clinton der Nato US-Truppen für ihren Feldzug auf dem Balkan, einer herausragenden Produktions- und Verschiffungsregion für Heroin. Die Aktionen des Verteidigungsministeriums für die Kontrolle und Reorganisation des dortigen Drogenhandels für die Bush-Mafia war ein weiteres atomares Projekt.

      Jahrelang feuerten die USA und die Nato Raketen mit abgereichertem Uran auf dem Balkan ab und verseuchten so die Menschen in Serbien, Bosnien und im Kosovo. Als diese Uranmunition auf die Chemiefabriken abgeworfen wurde, wurde die Umwelt grauenvoll vergiftet und brachte auch die Menschen in Albanien, Mazedonien, Griechenland, Italien, Österreich und Ungarn in Gefahr. Bis 1999 berichteten Untersuchungsbeauftragte der Uno, dass geschätzte 12 Tonnen abgereicherten Urans der Umwelt in Jugoslawien irreparable Schäden zugefügt hatten, die die Landwirtschaft, die Viehzucht, die Luft, das Wasser und somit die öffentliche Gesundheit stark betroffen haben.

      Wissenschaftler bestätigen, dass die Bewohner des Balkan mit dem Urin Uran ausscheiden. Im Jahre 2001 berichtete ein jugoslawischer Pathologe, dass Hunderte von Bosniern auf Grund der von der Nato verwendeten Munition aus abgereichertem Uran an Krebs gestorben seien. Viele Mitglieder der Nato-Friedenstruppen sind heute krank. Die Leukämie, Krebs- und andere Erkrankungen werden unter «Balkan-Syndrom» zusammengefasst. Richard Cighill sagt voraus, dass die Munition aus abgereichertem Uran, die während des Balkan-Krieges verwendet wurde, zu mindestens 10 000 tödlichen Krebserkrankungen führen wird.

      US-Bürger daheim zahlen ebenfalls einen hohen Preis für kriminelle Kriegsführung. Das Verteidigungsministerium ist ein Umweltschwein. Der Rechnungshof (General Accounting Office) stellte 9181 gefährliche militärische Liegenschaften in den USA fest, deren Dekontamination Milliarden von Dollars kosten wird. Der Rechnungshof berichtet, dass das Verteidigungsministerium seinen Verpflichtungen zur Dekontamination nur schlampig und falsch nachkommt. Das Pentagon übt jetzt Druck auf den Kongress aus, es von allen Umweltgesetzen auszunehmen, so dass es die Umwelt ungehindert verschmutzen und vergiften kann.

      Die Marine benutzt erstklassige Fischgründe vor der Küste des Staates Washington, um Munition aus abgereichertem Uran (DU-Munition) zu testen. Im Januar tadelte der Abgeordnete des Staates Washington, Jum McDermott, die Marine: «Einerseits erwartet man von den Soldaten, dass sie ein Sicherheitstraining für DU-Munition durchlaufen und Schutzkleidung tragen, wenn sie mit DU-Munition umgehen, und U-Boote müssen sich aus DU-verseuchtem Wasser fernhalten. Diese Politik deutet darauf hin, dass es einen begründeten Anlass zur Sorge gibt. Andererseits hat das Verteidigungsministerium verschiedentlich verneint, dass DU irgendeine Gefahr darstellt. Man hat keine Gewissensbisse, Tonnen von DU-Munition in der Erde fremder Länder zu hinterlassen, und es scheint auch keine Bedenken zu geben, es im Wasser des eigenen Landes zu hinterlassen.

      DU wurde bei militärischen Manövern in Indiana, Florida, New Mexiko, Massachusetts, Maryland und Puerto Rico verwendet. Nachdem die Marine DU-Munition auf der puertoricanischen Insel Vieques getestet hatte, erkrankten 1/3 der Bevölkerung der Insel ernsthaft. Viele Leute haben einen hohen Urangehalt im Körper. Hunderte haben eine Gruppenklage gegen die Marine über 100 Millionen Dollar erhoben und behaupten, dass die DU-Verseuchung zu weitverbreiteten Krebserkrankungen führt.

      Der Luftwaffenstützpunkt Fallon bei Fallon im Staat Nevada ist ein Morast aus 26 giftigen Liegenschaften. Er ist ebenso ein Übungsfeld für DU-Bomben und Raketen. Bewohner der Gegend berichten über bizarre Erkrankungen, unter anderem auch von 17 Kindern, die sich innerhalb von 5 Jahren Leukämie zuzogen. Eine Untersuchung des Grundwassers im Gebiet um Fallon ergab, dass beinahe die Hälfte aller Quellen mit radioaktivem Material verseucht waren.

      Das Material für die DU-Munition wurde hauptsächlich in drei Atomfabriken in Kentucky, Ohio und Tennessee verarbeitet, wo Arbeiter, die mit Plutonium verseuchtem Uran hantieren, jahrzehntelang an Krebs und Schwächeerkrankungen ähnlich dem Golfkriegssyndrom litten.

      Ermutigt durch die Erfolge der Machtergreifung, die durch das abwegige Projekt 11. September für seine Regierung erst möglich gemacht wurden, erklärt Präsident Bush, dass die USA ein Recht dazu haben, jede Nation anzugreifen, die ihr als potentielle Gefahr erscheint. Im Jahre 2002 sagte er in der Militärakademie West Point: «Wenn wir warten, bis die Gefahren sich voll ausgebildet haben, dann haben wir zu lange gewartet.» Daher kann es als sicher gelten, dass die zukünftigen präventiven atomaren Bush-Cheney Kriege so klar aufgereiht sind wie herumstehende Flugzeuge auf der Rollbahn. Sowohl Cheneys Halliburton Corporation als auch die Carlyle Group der Familie Bush profitieren von den US-Verteidigungsabkommen, daher ist endloser Krieg nichts anderes als ein gutes Geschäft.

      Die «Washington Post» berichtete, dass das Pentagon spezielle Nuklearwaffen entwickeln will, um sie gegen Koreas unterirdische Nuklearfabriken einzusetzen. Im kommenden August werden sich die Kriegsmacher der USA treffen, um Pläne für eine neue Generation von «Mini-», «Mikro-» und «winzigen» Atombomben sowie in Bunker eindringende Geschosse zu beschliessen. Diese Waffen werden dem US-Arsenal hinzugefügt, um möglicherweise gegen Länder eingesetzt zu werden, die keine Atomwaffen besitzen, wie den Iran, Syrien und den Libanon.

      Die Lösung? Die Amerikaner müssen aufhören, skrupellose Kriminelle zu wählen, die die Nation regieren sollen. Wir müssen unsere Mitbürger davon überzeugen, dass Schurken wie Saddam Hussein in den USA erschaffen werden, um einen Grund für endlose Firmenprofite aus dem Krieg gegen sie zu ziehen. Saddam wurde von der CIA an die Macht gebracht. Jahrelang versorgten ihn Regierungsbehörden der USA unter der Schirmherrschaft von George Bush Senior mit chemischen und biologischen Waffen. Unsere nationalen Atomlabors, zusammen mit Unisys, Dupont und Hewlett Packard, verkauften Saddam Material für sein Atomwaffenprogramm. Dick Cheney war Direktor von Halliburton in den späten 90er Jahren, als dessen Tochtergesellschaften Verträge über 73 Millionen Dollar schwere neue Verträge zur weiteren Belieferung Saddams abschlossen. Der gemeine Schurke im Irak wurde jahrzehntelang von den amerikanischen militärisch-industriellen Piranhas als Melkkuh gehegt.

      Wenn Amerika wirklich seine Truppen unterstützen will, dann muss es aufhören, sie in den nuklearen Holocaust zu schicken, nur um ein paar Gauner zu bereichern. Die Zeit wird knapp. Wenn die DU-Irren im Pentagon und ihr Hexensabbat von Hausierern mit nuklearen Waffen nicht in Zaum gehalten werden, dann wird Amerika bald keine kampfbereiten Truppen mehr haben. Alle Menschen dieser Welt werden schwer krank, schrecklich deformiert werden und nur kurze Zeit leben. Wir müssen es schaffen, dem Gebot der Stunde zu folgen, der Wahrheit ins Auge zu sehen und entschlossen handeln. Sollte uns das nicht gelingen, dann wird es nirgendwo ein Versteck vor den bevorstehenden gnadenlosen nuklearen Orgien von Bush und Cheney geben, oder vor der unvermeidlichen nuklearen Vergeltung, die diese Orgien mit Sicherheit hervorrufen werden.

      Amy Worthington ist Reporterin des «Idaho Observer»

      http://www.der-ruf-nach-freiheit.de/www/include.php?path=con…
      Avatar
      schrieb am 09.07.03 23:22:19
      Beitrag Nr. 3.477 ()
      »In diesem Geschäft ist nichts heilig«

      Interview mit Winfried Beck* zum Verhältnis von Medizin und Ökonomie


      An Hysterie grenzt die Art und Weise, wie die Debatte um die Gesundheitsreform im Moment in der Öffentlichkeit geführt wird. Permanent »explodieren die Kosten«, »bricht das System zusammen«, ist »die medizinische Versorgung der Bevölkerung nicht mehr gewährleistet«, wenn nicht bald etwas passiert... Um die Lohnnebenkosten nicht weiter durch steigende Beitragssätze zu belasten, so das vorherrschende Argument, wird es zu einer Individualisierung des Kostenrisikos bei Krankheit kommen. Wo die wirklichen Probleme und ihre Ursachen liegen, wird dabei überhaupt nicht erörtert.

      F: Was sind Ihrer Einschätzung nach die zentralen Probleme des deutschen Gesundheitswesens?

      Da muß man zwei Seiten unterscheiden: Wie ist zum einen die finanzielle Ausstattung des Gesundheitswesens, und wie ist zum anderen das Gesundheitswesen strukturell aufgebaut? Fangen wir mit dem letzteren an.

      Unser Gesundheitswesen ist nicht systematisch geplant oder gestaltet worden, sondern Ergebnis von Lobbyistenarbeit und da insbesondere von der der Ärzteschaft. Wir haben erstens eine tiefe Kluft zwischen stationärer und ambulanter Versorgung, die fast unüberwindlich ist. Das liegt daran, daß es die niedergelassenen Ärzte über ihre Kassenärztliche Vereinigung (KV) geschafft haben, sozusagen das wichtigere Element in der Gesundheitsversorgung darzustellen – im Gegensatz zu den stationären Ärzten. Das heißt, wenn die Kluft weg wäre, wenn die Krankenhäuser sich öffnen würden für ambulante Versorgung, gäbe es weniger zu tun für die niedergelassenen Ärzte.

      Zweitens haben wir im niedergelassenen Bereich, also in der ambulanten Medizin, Fachärzte. Das gibt es nur ganz selten auf der Welt. Andernorts sagt man: Die ambulante Medizin wird von gut ausgebildeten Allgemeinmedizinern gemacht, die dann, wenn es kompliziert wird, die Patienten an Fachärzte in Krankenhäusern überweisen, weil sie sonst ja auch eine Riesenausstattung bräuchten.

      Das wird in Deutschland interessengesteuert durch die Fachärzte. Die sagen: Wir haben eine Praxis als »Einzelkämpfer«, Kleinunternehmer und können dort ordentlich verdienen – mehr als ein angestellter Arzt im Krankenhaus.

      Mit der Einzelleistungsvergütung bei den Niedergelassenen kann man natürlich mehr Geld verdienen, weil man es selbst steuern kann. Ich kann viel machen; ob der Patient oder die Patientin das braucht, ist eine andere Frage. Die Tatsache, daß die niedergelassenen Ärzte Privatunternehmer sind, führt notwendigerweise zu einer Verbetriebswirtschaftlichung des Denkens – das ist ganz klar. Jeder niedergelassene Arzt hat Computerprogramme, die z.B. bei der Diagnose Rückenschmerz sagen, was er alles machen kann. Und wenn ich ein guter Unternehmer bin – ist gleich: schlechter Arzt –, dann mache ich das alles. Deswegen sind die ökonomischen Verlierer die, die sich ärztlich verhalten oder in Gegenden ihre Praxis haben, wo der Beratungsbedarf hoch ist und Technik nicht so nachgefragt wird und wo es zur Kompensation dessen wenig Privatpatienten gibt.

      Aber alles das ist nicht Zufall. Die Ärzteschaft hat es in der Hand gehabt, ob es so oder anders wird. Die Ärzte haben die Gebührenordnung gemacht, sie haben die Verhandlungen geführt.

      F: Suchen die meisten Leute direkt den Facharzt auf, oder gehen viele zuerst zu ihrem Hausarzt?

      Die Mehrheit geht direkt zum Facharzt. Das ist aber abhängig vom Bildungsstand und vom Einkommensniveau. Je höher das Einkommen und je höher die Bildung, um so eher wird der Facharzt aufgesucht. Alles, worüber wir hier reden, gilt natürlich nur für Versicherte der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).

      Zurück zu den deutschen Eigenarten. Auch im Krankenhaus haben wir Strukturen, die es woanders nicht gibt: die Hierarchie von Chefarzt, Oberarzt, Assistenzarzt. Muß es die geben? Wer hat daran Interesse? Wieder die leitenden Ärzte. Nur die dürfen privat liquidieren, private Sprechstunde halten, all diese Geschichten. Und das ist etwa seit der Gründung des Hartmannbundes so, einer Kampforganisation der Ärzte gegen die Krankenkassen, also etwa seit 1900. Damals haben die Ärzte gesagt: Wir können nur gewinnen, indem wir uns als Monopol verstehen gegenüber den zersplitterten Krankenkassen – vorher war es umgekehrt –, also brauchen wir einen Verband und treten geschlossen auf. Der Durchbruch kam dann in der Nazizeit, als ihnen die reichsweite Kassenärztliche Vereinigung gegeben wurde – ein großer Wunsch der Ärzteschaft. Sie wurde zwar kurz nach dem Krieg mal aufgelöst, aber faktisch hat sich das Monopol seit dieser Zeit erhalten. Erst jetzt beginnt es zu bröckeln.

      Es gehört noch zur Struktur des Gesundheitssystems, daß auf der anderen Seite, nämlich der Seite der Kostenträger, immer Zersplitterung herrschte und noch herrscht, und nicht etwa ein Monopol. Es gibt derzeit über 300 Krankenkassen – früher waren es mal mehrere tausend –, deren Verbände getrennt voneinander mit der Ärzteschaft verhandeln. Ein weiteres strukturelles Problem ist, daß die Krankenkassen ihre Mitglieder schon lange nicht mehr im ursprünglichen, »basisdemokratischen« Sinn repräsentieren. Es gibt ja keine richtigen Wahlen. Die Kassen sind im Grunde nichts anderes als eine Verwaltung, die ängstlich darauf achtet, nicht mehr auszugeben, als an Geldern rein gekommen ist. Ursprünglich waren die Krankenkassen etwas anderes. Das waren die Vertretungen ihrer Mitglieder, eine Art Selbsthilfegruppen.

      F: Und was ist mit dem Wettbewerb, der mittlerweile unter den Krankenkassen eingeführt wurde?

      Der Wettbewerb hat bislang hauptsächlich um die Prämien stattgefunden und nur bedingt um die Leistungen. Und solange es nur um Prämien geht, ist die Kasse am besten, die am billigsten ist. Einen anderen Wettbewerb gibt es nicht. Wie kann eine Kasse billig sein? Indem sie nur gesunde Mitglieder hat, dann muß sie nichts ausgeben. Also wirbt sie um Gesunde und verdrängt möglichst Kranke. Oder, wie jetzt die TKK sagt: Die Gesunden sparen Geld, weil sie nicht zum Arzt gehen; damit kann man die Prämien senken. Es ist allerdings noch die Frage, ob das längerfristig geht.

      F: Das zweite große Problem ist die Einnahmeseite der GKV.

      Es ist so, daß die Finanzierung gekoppelt ist an die Lohnsummenentwicklung, also an die Löhne und Einkommen der abhängig Beschäftigten. Das bricht dann zusammen, wenn die Lohnsummen relativ sinken im Vergleich zu den Einnahmen durch Kapital, Vermögen usw. Und diese Situation haben wir jetzt schon eine ganze Weile. Hauptgrund dafür ist die Arbeitslosigkeit, aber nicht allein. Auch die gestiegene Produktivität trägt dazu bei, denn es wird ja nicht nach Produktivität der Firmen in die Krankenkasse eingezahlt, sondern nach Lohn. Also ist die sinkende Lohnquote der entscheidende Punkt. Und da das so ist, kommt auf einmal weniger Geld rein, obwohl die Kosten nicht sinken. Im Gegenteil, sie steigen natürlich tendenziell – wegen des medizinischen Fortschritts, wegen der demographischen Entwicklung und weil die Menschen länger leben. Letzteres wirkt aber auf die Kassen nicht so stark, wie häufig vermutet wird. Die Kosten steigen auch des Anspruchsdenkens wegen – aber nicht der Patienten, sondern der Anbieter. Also weil immer mehr gemacht wird, als eigentlich nötig ist.


      F: Nun stecken ja auch Sie als kritischer, linker Arzt in diesen objektiven Zwängen. Sie müssen von etwas leben. Sie haben diese Rolle des privaten Unternehmers erst mal nicht freiwillig gewählt, als Sie niedergelassener Arzt werden wollten.

      Genau, die ambulante Versorgung kann man in Deutschland nur als privater Unternehmer machen – bis auf die Anstellung in Polikliniken, was derzeit aber nicht vergleichbar ist. Und es ist keine Frage, daß ich im Laufe der 26 Jahre, in denen ich das gemacht habe, faule Kompromisse eingegangen bin, daß mir irgendwann auch dieses Denken ein paar Sachen kaputt gemacht hat. Es wäre aber viel schlimmer, wenn ich nicht die Chance gehabt hätte, zu reflektieren in politischen Gruppierungen usw. Wer das aber nicht hat, der wird deformiert mit der Zeit.

      Zur finanziellen Seite noch folgendes. Eigentlich müßten die Ärzte interessiert sein an hohen Lohnabschlüssen; sie müßten – objektiv gesehen – daran interessiert sein, ja auch bei Streiks für höhere Löhne etc. mitmachen, sich vorne dran stellen und sagen: Jawohl, wir brauchen für die Metallarbeiter eine Lohnerhöhung, die saftig ist. Denn die beeinflußt das Einkommen der Ärzte. Irrerweise ist es umgekehrt. Sie identifizieren sich eher mit der Pharmaindustrie oder überhaupt mit der Industrie, mit den Arbeitgebern, obwohl das objektiv falsch ist für sie.

      F: Die Ärzte sind eben selbst Unternehmer. Da scheint doch das Sein das Bewußtsein zu bestimmen...

      Ja, aber das ist dann etwas Ideologisches, nichts objektiv Rationales. Es ist ein: Wohin-gehören-wollen. Das kommt unter anderem daher, daß die Industrie, und zwar die medizinische Geräte- und die Pharmaindustrie, die Ärzteschaft von morgens bis abends und von der Wiege bis zur Bahre bearbeitet – ideologisch und ökonomisch.

      Problematisch wird es, wenn Krankheiten erfunden werden. Wenn kleine Störungen im Funktionieren des Organismus zur Krankheit gemacht werden, die man behandeln muß. Die naturwissenschaftliche Objektivität in der Medizin, die gibt es nicht. Dahinter stecken Interessen. Und so kommt eine Krankheit nach der anderen dazu. Alles wird zu Krankheiten, die man behandeln kann und dann – weil es ja neue Krankheiten sind – gibt es entsprechend innovative Arzneimittel, die dem Patentschutz unterliegen und für die jeder Preis genommen werden kann. Die sind irrsinnig teuer. Also da ist nichts heilig in diesem Geschäft.

      F: Eines der Argumente der KVen gegen die gesundheitspolitischen Vorstellungen, auch jetzt gegen die Nullrunde im Vorschaltgesetz (Stichwort: Ärztestreik), ist ja, daß dadurch viele Praxen in ihrer Existenz gefährdet seien.

      Kürzlich habe ich bei der KV Hessen nachgefragt, wie viele Praxen denn pleite gegangen sind, also Konkurs gemacht haben – wie ein Metzger, der sagt, ich muß jetzt verkaufen, und der Rest kommt vor den Konkursverwalter. Das gibt es nicht in Hessen. Nicht eine einzige Praxis. Ja, sagen die dann: Die hören einfach auf... Aber »einfach aufhören« ist etwas anderes als ein Konkurs. Das ist das eine.

      Das andere ist: Es gibt ein Durchschnittseinkommen, von der KV selbst ermittelt, das bei 70 000 Euro pro Jahr liegt. Einkommen heißt hier Gewinn, die Kosten sind davon also schon abgezogen. Der Gewinn ist vergleichbar mit dem Bruttoeinkommen; er ist etwas ungünstiger, weil die Arbeitgeberanteile der Sozialversicherung fehlen. Doch das ist der Durchschnitt für das, was die Ärzte mit Kassenpatienten der GKV verdienen. Dazu kommen die Einnahmen durch die Privatpatienten oder die Gutachten und was man noch so alles machen kann. Es gibt ungefähr zehn Prozent Privatpatienten in Deutschland, die einen Umsatz von 20 Prozent ausmachen. Es gibt unter den Ärzten Einkommensmillionäre, aber es gibt auch viele, die viel weniger haben.

      F: Finden diese Differenzen innerhalb der niedergelassenen Ärzte ihren Ausdruck auch in politischen Konflikten innerhalb der KVen?

      Nein. In den KVen haben die das Sagen, die auf der besseren Seite sind: Laborärzte, Radiologen und die Techniker. Und die, die benachteiligt sind – dazu gehören auch die Psychotherapeuten – sagen eher nichts. Die machen bei Boykottaufrufen mittags nicht zu, aber sie gehen auch nicht hin und machen eine Presseerklärung darüber. Der Kleinunternehmer ist ja per se eher unpolitisch. Der macht seinen Laden, und das war’s; der hat auch keinen Team-Kontakt oder Kontakt mit anderen Kollegen, wo man so etwas bespricht, im Gegensatz zur Situation im Krankenhaus.

      F: Ein anderer Punkt, der in der Argumentation der KVen eine Rolle spielt, ist die Frage der Qualität.

      Die Ärzte sind interessiert am Status quo, nicht an einer Qualitätsverbesserung. Und das wird mit dem Begriff »Therapiefreiheit« umschrieben. Das ist ein Kampfbegriff. Autonomie professionellen Handelns ist etwas anderes als Therapiefreiheit. Letztere bedeutet nämlich: Ich kann machen, was ich will; ob das sinnvoll ist, ist egal, es darf vor allem keiner reingucken. Daß aber ihre professionelle Autonomie in Gefahr ist durch Kontrollen von außen – von den Krankenkassen, dem Medizinischen Dienst – aufgrund der Ökonomisierung, dagegen kämpfen sie weniger. Das ist aber die eigentliche Gefahr. Auch, daß ihnen ihre Basis entzogen wird, wenn man die GKV kaputtmacht, das sehen sie nicht.

      F: Wir hatten vorhin die Lohnquote als das bestimmende Moment für die Einnahmen der Krankenversicherung angesprochen. Zuletzt hat der DGB-Chef darüber nachgedacht, ob man eine Steuerfinanzierung in die Sozialversicherungssysteme mit einbringt. Was halten Sie von solchen Überlegungen?

      Die Steuerfinanzierung ist eigentlich die gerechteste Variante. Weil ja eigentlich jeder Steuern zahlen sollte – auch die Unternehmen. Und immerhin gibt es in der Steuer eine Progression. In Kanada gibt es ein steuerfinanziertes Gesundheitswesen, in Dänemark ebenfalls, das heißt, es zahlen alle ein. Das hat aber auch Nachteile. Dann können nämlich die Regierung oder der Bundestag ganz schnell nach unten verändern – wie z.B. in England. Das ist von der Struktur her ein super Gesundheitswesen, aber finanziell einfach ausgehungert worden. Was nützt mir ein tolles System, wo die Patienten Mitsprache haben, wenn sie zwei Jahre auf eine Totalprothese warten müssen. Deswegen wäre eine Mischform anzustreben.

      F: Wie kann man sich die Organisation eines solidarischen Gesundheitssystem heute vorstellen?

      In Deutschland haben wir als erste in der Welt ein solidarisches Gesundheitswesen gehabt: das Bismarck-System, es war ein riesen Exportschlager. Historisch betrachtet merkt man erst, was man damit verlieren würde. Denn das, was jetzt gewünscht wird, ist mit einem gutgefüllten Haifischbecken, in welches Fische geworfen werden, zu versinnbildlichen. Im Moment gilt es das, was man hat, zu bewahren. Ausbauen läßt es sich in der jetzigen Situation kaum. Auch die Linke muß das heute zunächst bewahren.

      F: Was sie ja früher auch kritisiert hat. Es ist ja nicht so, daß die Linke das Bismarck-System immer verteidigt hätte. Wenn man an die siebziger Jahre denkt... oder auch vorher schon. Dieses Gesundheitssystem war ja nicht unbedingt ein Sieg der Arbeiterbewegung.

      Die Kritik ist angebracht. Gleichwohl muß gesehen werden, daß – ich habe es konkret in meiner langjährigen Praxis erlebt – es nie vorkam, daß ich nicht alles hätte verschreiben oder machen können, was ich für nötig erachtet habe. Es ist eigentlich eine Superlösung, daß wir arbeiten können, ohne Geld dazwischen, durch das Sachleistungsprinzip. Nicht mal bei Hippokrates war das so: Ich kriege einen Schein und fertig. Es kann sich hier keiner vorstellen, was ist, wenn wir das amerikanische System übertragen würden.

      F: Die Wettbewerbsideologen sagen ja, überall, wo die Leute nicht merken, daß es auch etwas kostet, machen sie es bis zum Erbrechen.

      Natürlich gibt es bei gewissen Patienten eine Art Freibiermentalität, die, da die Kosten für die Beiträge nicht schmerzen, sich übertherapieren lassen. Aber mal ehrlich, ist es denn so wahnsinnig angenehm, sich von oben bis unten operieren zu lassen oder sich wiederholt unter das Röntgengerät zu legen? Krankheit ist kein Konsumgut wie ein Fernseher. Da geht es schon einmal um Existenzgefährdung, um Ängste, um Nichtplanbarkeit und Nichtverfügbarkeit. Da ist die Freibiermentalität absurd. Ein Herzinfarkt ist kein Luxus, den man sich mal eben leistet wie Freibier, weil gerade das Wetter schön ist und der Zapfhahn geöffnet ist.

      In der aktuellen politischen Debatte gibt es kaum andere Vorstellungen als die, daß alles über das Geld und über den Markt gesteuert werden soll. Diese Ideologie ist allgegenwärtig. Dann gehen aber nicht die zum Arzt, die es sollten. Da rennt man im Moment gegen eine Wand. Ich meine nach wie vor: Es muß Freiräume geben, in denen der Markt keine Rolle spielen darf. Denn ökonomisch gesehen kann es auch sehr richtig sein, Patienten falsch oder gar nicht zu behandeln. Ökonomie und die medizinische Vernunft sind häufig unvereinbar.

      F: Die haben erst mal nichts miteinander zu tun. Die können zusammengehen, aber es kann auch genau das Gegenteil der Fall sein. Und das kann fatale Konsequenzen haben. Wenn man es zuspitzt, kommt man zu dem, was die Nazis gemacht haben, beispielsweise die Selektion: Was ist lebenswertes Leben, was ist lebensunwertes Leben...

      Wenn man es dauernd weiter fortdenkt, kommt man dazu. Wenn einer sagt, ich behandle die besser, die mir mehr Geld geben, als die, die mir weniger Geld geben, das ist Darwinismus. Die, die viel haben, kriegen alles, und die, die kein Geld haben, kriegen gar nichts.

      Das Gespräch führten

      Nadja Rakowitz und Rolf Schmucker

      * Winfried Beck hatte bis Ende 2002 eine orthopädische Praxis in Frankfurt/M. und ist Vorsitzender des Vereins demokratischer Ärztinnen und Ärzte (VDÄÄ); Nadja Rakowitz und Rolf Schmucker arbeiten als wissenschaftliche Mitarbeiter am Institut für medizinische Soziologie der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt a.M. (zuerst erschienen in: express. Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, Nr.2/2003 und Nr.3/2003, Offenbach)

      http://www.jungewelt.de/2003/07-08/004.php
      Avatar
      schrieb am 10.07.03 14:41:37
      Beitrag Nr. 3.478 ()
      Titel
      Ralf Wurzbacher

      Gefälschte Zahlen

      Arbeitslosigkeit weiter auf Rekordniveau. Clement preist statistische Bereinigung


      Die Arbeitslosigkeit in Deutschland verharrt weiterhin auf Rekordniveau. Trotz eines leichten Rückgangs im Vergleich zum Vormonat um 85000 erreichte die Zahl der im Juni offiziell registrierten Erwerbslosen nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeit (BA) mit bundesweit 4257400 den höchsten Juni-Stand seit 1990. Der Chef der Nürnberger Behörde, Florian Gerster, erklärte am Dienstag, der Rückgang habe vor allem saisonale Gründe und lasse nicht auf eine wirtschaftliche Erholung schließen. Dennoch hätten die von der Bundesregierung ins Werk gesetzten »Reformen« am Arbeitsmarkt wesentlich dazu beigetragen, daß die Zahl der Arbeitslosen verglichen mit der Mai-Statistik auch saisonbereinigt um 33000 zurückgegangen sei.

      Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der im Juni bei den Arbeitsämtern gemeldeten Arbeitslosen erneut um insgesamt 303100 Personen. Die Arbeitslosenquote betrug damit bundesweit 10,2 Prozent. In Ostdeutschland erreichte die Arbeitslosenzahl mit 1594400 gemeldeten Personen bei einer Quote von 18,3 Prozent sogar den höchsten jemals gemessenen Juni-Wert. In den alten Bundesländern waren mit 2663000 Menschen so viele arbeitslos gemeldet wie zuletzt im Juni 1998. Die Arbeitslosenquote belief sich im Westen auf 8,1 Prozent.

      Trotz des im Vorfeld nicht erwarteten Rückgangs der Erwerbslosen sieht Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) noch »keine Trendwende«. Die hohe Zahl der Arbeitslosen sei nach wie vor »bedrückend«, erklärte der Minister am Dienstag in Berlin. Dennoch ließ er es sich nicht nehmen, von einem »erfreulichen Signal« der BA zu fabulieren. Die Entwicklung zeige, daß »wir mit unseren Maßnahmen auf dem Arbeitsmarkt richtig liegen und jede weitere Verzögerung der Maßnahmen der Agenda 2010 schädlich« wäre. Die minimale Entspannung auf dem Arbeitsmarkt führte der Minister auf zwei Ursachen zurück: Diejenigen, die keine Arbeit mehr suchten, würden nicht mehr gefördert. Zweitens hätten viele Joblose die Chance genutzt, sich selbständig zu machen. Über 100000 Männer und Frauen ohne Arbeit hätten bereits in diesem Jahr mit staatlicher Förderung den Weg in die Selbständigkeit gewagt.

      Was sich hinter diesen Zahlen verbirgt, ließ die Financial Times Deutschland (FTD) vom Dienstag in dankenswerter Offenheit wissen. Mit den sogenannten Hartz-Gesetzen werde der Druck auf Arbeitslose in einer Weise erhöht, daß sie jede zumutbare Arbeit annehmen müßten. »Tun sie dies nicht, streicht das Arbeitsamt die Leistungen ganz oder teilweise.« Der Druck habe daneben aber auch den Effekt, daß viele Erwerbslose sich beim Arbeitsamt nicht mehr meldeten und damit aus der »Statistik verschwinden«, erläuterte die Kapitalpostille. Dem Bericht zufolge läge die Zahl der offiziell gemeldeten Arbeitslosen ohne diese »Vermittlungsoffensive« nach Einschätzung von BA-Experten bereits heute bei fünf Millionen. Das »Problem« dieser Art der Statistikbereinigung aber hat man sogar bei der FTD erkannt: »Häufig melden sich diese Arbeitslosen nach wenigen Monaten bei ihren Ämtern zurück«.

      Derlei Weitsicht deckt sich mit dem Zahlenwerk der Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen. »Zunehmend werden Arbeitslose nicht mehr in der Statistik geführt, obwohl sie weiterhin arbeitslos sind«, erklärte Martin Künkler von der Koordinierungsstelle am Dienstag per Pressemitteilung. Seinen Angaben zufolge seien die sogenannten »Abgänge in sonstige Nichterwerbstätigkeit« im Juni auffällig um rund 96000 beziehungsweise 40 Prozent gegenüber dem Vormonat gestiegen. »Statt einer Vermittlungsoffensive erleben wir eine massive Ausgrenzungsoffensive der Arbeitsämter.« Alles in allem belaufe sich die Zahl der Erwerbslosen, die aus fragwürdigen Gründen allein im letzten Monat aus der Statistik verschwunden seien, auf rund 175000. Was für den Gewerkschafter ein »Skandal« ist, verkauft Wolfgang Clement als Errungenschaft. Im Zuge der Hartz-Reformen würden »immer mehr Arbeitslose identifiziert, die gar keinen Job suchen und damit aus der Statistik fallen«, freute sich der Wirtschaftsminister am Dienstag.

      Alles andere als »erfreulich« ist die neueste BA-Statistik zum deutschen Ausbildungsmarkt. Laut BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt stehen bei gleichbleibender Bewerberzahl dieses Jahr voraussichtlich 70000 Lehrstellen weniger zur Verfügung. Knapp 280000 Jugendliche hätten bislang noch nicht vermittelt werden können – 13200 mehr als im Vorjahr.

      http://www.jungewelt.de/2003/07-09/001.php
      Avatar
      schrieb am 10.07.03 22:23:02
      Beitrag Nr. 3.479 ()
      So seh ich es (dann sehen sie es falsch)


      Die Freizeitgesellschaft muss mehr arbeiten
      Von Lothar Späth


      ( Die Freitzeitgesellschaft die Exportweltmeister geworden ist und sein Bruttoinlansprodukt seit 1960 ver13- facht hat? Hat die arbeitende Bevölkerung fast davon oder nur die Unternehmen die durch Freihandel und Globaliseirung ihre Monopolisierung von Geld, Öl und Nahrungsmittel voran treiben.

      (für wen ?
      Wieso haben wir dann so eine Arbeitslosigkeit?
      Arbeit wer genug da , nur fehlt den einfachen Bürgern das Geld für die Nachfrage nach Gütern un DL. Das Bruttosozialprodukt wurde seit 1960 mehr als ver-dreitzehnfacht,aber die Lohnquote ist gesunken.
      Mit dem Wirtschaftswachstum haben sich auch die Arbeitslosenzahlen erhöht, sonst wird immer gerne behauptet , durch Wirtschaftswachstum entstehen Arbeitsplätze. Sie entstehen nur dann , wenn die Arbeiter an den erwirtschafteten Gewinnen teilhaben können und nicht in dem die Lohnquote von Jahr zu Jahr gesenkt wird. Die erwirtschafteten Gewinne werden aber nicht an die Arbeiter weiter gegeben, sie werden lieber für die Rationalisierung benutzt um durch weniger Arbeiter noch mehr herzustellen und noch mehr Gewinne zu machen und diese wiederum wird wieder für Rationalsierung oder für die Verlagerung der Arbeit in Billigländern investiert.
      Die Arbeiter im Inland müssen dann mit den von ihnen erwirtschafteten Gewinnen gegen die billigen Arbeitskräfte im Ausland konkurrrieren. Ein schöne Welt! Fragt sich nur für wen ?:mad: :( :confused: :rolleyes:
      ------------------------------------



      Es kommt einem vor, als sei die Aussicht auf geringere Steuern eine Art Urlaubsgeld für die deutsche Bevölkerung: Jetzt gehen alle beruhigt in die Ferien, und wir können weitermachen wie bisher. Bundesweit ist die Feriensession auf 14 Wochen gestreckt, damit wir die alljährliche Völkerwanderung in den Süden geregelt bekommen. Wenn der eine Teil aus dem Urlaub zurückkehrt, fährt der nächste los. Ist dann das letzte Bundesland mit den Sommerferien durch, beginnt bereits eine Woche später das erste mit den Herbstferien. Damit die Zeit zwischen den Ferien aber nicht zu lange wird, haben wir den Kalender noch mit allerlei Feiertagen bestückt.

      Am beliebtesten sind solche Feiertage, die auf einen Montag oder einen Freitag fallen – und das Wochenende für einen Kurzurlaub verlängern. Beim Karfreitag hatte man ja keine Wahl, wohingegen der Pfingstmontag ein echter Beleg für den deutschen Pragmatismus ist.

      Nicht zuletzt aus diesem Pragmatismus heraus ist auch die Idee so genannter „Brückentage“ geboren. Zu Zeiten, als samstags noch fleißig in der Schule gelernt wurde, haben wir unvorsichtigerweise viele Donnerstage zu gesetzlichen Feiertagen gemacht. Doch als der Samstag dann schulfrei wurde, war uns der übrig gebliebene, allein stehende Freitag stets ein Dorn im Auge. Es setzte sich schließlich eine Praxis durch, wonach man den einsamen Arbeitstag mit Urlaub überbrückte.

      Das Ausland, das nicht einmal ein vergleichbares Wort für den deutschen Brückentag besitzt, beneidet uns um so viel Einfallsreichtum in puncto Freizeitschöpfung. Mit der Existenz der Brückentage wuchs natürlich auch erneut der Bedarf an Urlaubstagen. Wir erkannten in Deutschland schnell, dass man diesem Problem nur mit der Gewährung eines höheren Urlaubsanspruchs begegnen kann.

      So in etwa ist es in der glorreichen Freizeitgeschichte der Bundesrepublik Deutschland gelaufen. Machen wir hier einen Schnitt und stellen einmal unverblümt die Frage, worüber wir eigentlich seit Jahren und in den letzten Wochen ganz verschärft diskutieren: Deutschland in der Krise – einer Krise, die weit mehr ist als ein Effekt weltwirtschaftlicher Konjunkturschwächen. Sie ist nämlich zum guten Teil das Ergebnis struktureller Verkrustung, die im Laufe der Verteilungskämpfe der letzten Jahrzehnte der Wirtschaft die notwendige Dynamik genommen hat. Die Wohlstandsfalle, in die wir nicht als erstes Land in der Geschichte der Menschheit getappt sind, hält uns – so scheint es – mit unverminderter Kraft fest. Denjenigen, die Deutschland in früheren Zeiten für seine Freizeitrekorde kritisieren wollten, konnten wir gelassen unsere außerordentlich produktive Wirtschaftskraft entgegenschmettern. Heute können wir es in der Summe nicht mehr.

      Mit einem kleinen Zahlenbeispiel zum Vergleich des Freizeitanspruchs von früher und heute wird die Dimension des Problems schnell deutlich. Wir arbeiten heutzutage rund 700 Stunden jährlich weniger als noch in den sechziger Jahren. Das sind nur noch 70 Prozent der damaligen Arbeitszeit. Dagegen war so lange nichts einzuwenden, wie die relative Produktivität es im Vergleich zum Ausland zugelassen hat. Doch die internationale Konkurrenz hat stark zugelegt. Und während in diesen Tagen beispielsweise die Chinesen am Jangtse aus rein wirtschaftlichen Erwägungen zwei Millionen Menschen umsiedeln, halten wir es für vollkommen unzumutbar, wieder länger beziehungsweise häufiger zu arbeiten. Auch dazu ein kleines Zahlenspiel:

      Eine Kalenderwoche hat 168 Stunden. Bei der Annahme von nächtlich acht Stunden Schlaf besitzt ein Mensch 112 Wachstunden pro Woche. Hiervon arbeitet er in Deutschland – sagen wir – 37,5 Stunden. Dann verbleiben ihm 74,5 Stunden, in denen er weder schläft noch arbeitet. Damit hat ein Bundesbürger in einer normalen Arbeits-Kalenderwoche doppelt so viel Freizeit wie Arbeitszeit. Hinzu kommen jährlich an die 30 Tage Urlaub sowie – je nach Bundesland und Kalender – um die zehn Feiertage, woraus sich unterm Strich zusätzlich acht Wochen bezahlte Freizeit im Jahr ergeben. Allein das sind wiederum 15 Prozent von 52 Wochen. Die Verkürzung der Lebensarbeitszeit ist bei dieser Rechnung noch genauso wenig berücksichtigt wie die allgemeine Verbesserung der Arbeitsbedingungen.

      Ist es also bei der kritischen Wirtschaftslage eigentlich nicht selbstverständlich, unser Freizeitbedürfnis wieder ein Stück zurückzuschrauben? Verlieren wir denn tatsächlich unsere Lebensqualität, wenn wir auf einem solch hohen Niveau das Verhältnis von Freizeit und Arbeitszeit ein bisschen zu Lasten der Freizeit verringern? Letztlich ist es doch genau umgekehrt: Die Freizeitsucht dezimiert den Wohlstand und damit unseren hohen Lebensstandard. Um das zu verhindern, brauchen wir einen Mentalitätswandel. Anstatt also jetzt dem Vorziehen der Steuerreform eine Zauberkraft anzudichten, müssen wir die Ärmel hochkrempeln und die Brückentagmentalität aufgeben. Unser Lebensglück maßgeblich in der Befreiung von Arbeit zu sehen ist der falsche Weg.

      Und die Befreiung von Arbeit als Lebensziel unseren Kindern und Enkelkindern mit auf den Weg zu geben, indem auch in den Schulen die geringen Unterrichtszeiten schon eher Brückentagcharakter gewinnen, wird die alternde Gesellschaft teuer zu stehen kommen. Eine Spaßgesellschaft kann ihren Spaß auch an der Arbeit und am Lernen finden und muss deshalb nicht zu einer sich langweilenden Freizeitgesellschaft degenerieren. Unser Aufbruchslogan sollte daher heißen: „Mehr Arbeit wagen“!


      HANDELSBLATT, Mittwoch, 09. Juli 2003
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      siehe hier #3267
      Länger heißt keineswegs weniger

      Dauer der Arbeitszeit sagt nichts über Erwerbslosigkeit aus




      wal FRANKFURT A. M. Lange Arbeitszeiten sind kein Garant für niedrigere Erwerbslosenzahlen. Andererseits steht eine kurze Verweildauer der Beschäftigten an Werkbank und Schreibtisch einem hohen Beschäftigungsniveau nicht im Weg. Darauf weist Hartmut Seifert, Experte des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI), hin. Er zieht internationale Vergleiche heran, die eindeutig belegten, "dass beschäftigungspolitisch erfolgreiche Länder die kürzesten tatsächlichen Arbeitszeiten haben".

      Der Wissenschaftler des gewerkschaftsnahen Instituts verweist auf unsere westlichen Nachbarn: "Nirgendwo in Europa arbeiten die Beschäftigten so kurz wie in den Niederlanden." Dort lag die durchschnittliche tatsächliche Wochenarbeitszeit aller Arbeitnehmer - einschließlich Überstunden einerseits und Teilzeitarbeit andererseits - im vergangenen Jahr bei 29,5 Stunden. Dem stand der Durchschnitt der 15 Staaten der Europäischen Union gegenüber, der 35,5 Stunden betrug.

      Gleichzeitig wies die Arbeitslosenquote in den Niederlanden mit 3,2 Prozent nach Luxemburg den niedrigsten Wert der Union auf. Die 15 Mitglieder kamen auf einen Durchschnittswert von rund acht Prozent.

      Mit Blick auf Griechenland betont Seifert, dass lange Arbeitszeiten nicht vor hoher Erwerbslosigkeit schützen. Mit 39,4 Stunden arbeiten die Griechen zwar viel, mit mehr als zehn Prozent gehört die griechische Arbeitslosenquote aber auch zu den höchsten der EU-Staaten.

      Die Zeit, die Arbeiter und Angestellte an ihrem Arbeitsplatz verbringen, lasse also keine zwingenden Schlussfolgerungen über die Lage auf dem Arbeitsmarkt zu, resümiert Seifert.

      fr-aktuell.de
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      schrieb am 10.07.03 22:33:49
      Beitrag Nr. 3.480 ()
      Der Markt für High-Tech-Aktien ist „heiß gelaufen


      An der US-Börse Nasdaq droht eine Korrektur



      Von Micheal Riesnert


      US-Technologie-Aktien befinden sich in der Endphase einer seit März laufenden Aufwärtsbewegung. Solange kurzfristig der Widerstand von 1 687 Punkten nicht unterschritten ist, bleibt die Chance auf dass Erreichen von 1 770 Punkten. Dennoch steht der Markt steht vor einer Wende.


      FRANKFURT/M. Nach einem kurzen Rückschlag bis Ende Juli und einem erneuten Anstieg sind im Frühherbst kräftige Kursverluste an der Nasdaq zu erwarten. Mit signifikant steigenden Kursen ist erst im Oktober wieder zu rechnen.

      Seit dem Tief bei knapp 1 100 Punkten ist der Nasdaq Composite um mehr als 50 % gestiegen. Die Aufwärtsbewegung wird von einer hervorragenden Marktbreite gestützt, was an dem starken Anstieg der neuen 52-Wochen Höchststände abgelesen werden kann. Dieser Indikator zeigt aber, dass der Markt „heiß gelaufen“ ist.

      Eine Korrektur ist überfällig. Technische Warnzeichen stützen die Einschätzung. So ist der steile Aufwärtstrend von rund 4,4 Punkten pro Handelstag (seit Mitte März) nicht aufrecht zu halten. Zudem ist über die Chartstruktur ein Elliott-Impuls zu erkennen, der zwar vom Grundsatz her als „bullish“ angesehen werden kann, sich allerdings in einem sehr reifen Stadium befindet.

      Der Index hat mit dem Ausbruch über den Widerstand bei 1 687 Punkten neue Kaufsignale generiert, die auf ein Kursziel von 1 730 bis 1 770 Punkten hindeuten. Nach der Elliott-Wave-Theorie befindet sich der Nasdaq-Index in einer Welle fünf, womit die Haussebewegung so gut wie beendet ist und die genannten Ziele lediglich ein Restpotenzial darstellen. Kurzfristig negativ ist auch die Zyklik zu interpretieren. Hier ist von einem bevorstehenden oberen Wendepunkt auszugehen. Ein Indiz für bevorstehende Schwäche sind die seit Wochen sehr hohen Insiderverkäufe, die vom absoluten Niveau her den höchsten Stand der letzten beiden Jahre erreicht haben.

      Michael Riesner ist Technischer Analyst der DZ Bank in Frankfurt am Main.


      HANDELSBLATT, Donnerstag, 10. Juli 2003, 09:07 Uhr
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      schrieb am 10.07.03 22:35:41
      Beitrag Nr. 3.481 ()
      Autobahn AG vorgeschlagen


      Carstens will Autofahrern ans Portemonnaie



      Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Manfred Carstens (CDU), will zur Haushaltskonsolidierung und Finanzierung der Steuerreform eine allgemeine Autobahngebühr auch für Autos einführen. Carstens erwartet davon für 2004 einmalig 14 Mrd. € Mehreinnahmen durch Veräußerung des Autobahnnetzes. Das Bundesverkehrsministerium wies einen Vorschlag in Berlin zurück.





      HB/dpa BERLIN. Über Autobahngebühren zwischen 20 und 150 € sollen dann jährlich fünf Mrd. € eingenommen werden, heißt es in einem am Donnerstag vorgelegten Diskussionspapier. Diese sollen vornehmlich in den Autobahnbau fließen.

      „Alle wichtigen Nachbarn“ hätten sich längst für diesen Weg entschieden, sagte Carstens. „Deutschland ist die große Verkehrsdrehscheibe in Europa. Diese Verkehrslage ist angemessen für unser Land nutzbar zu machen“, heißt es in dem Papier. Carstens, der seinen „Diskussionsbeitrag“ als Vorsitzender des Ausschusses vorlegte, schlug vor, das deutsche Autobahnnetz auf die „Deutsche Autobahn AG“ zu übertragen, die als 100-prozentige Tochter des Bundes „unsere Autobahnen erhalten und weiter ausbauen soll“.

      „Das ist nicht unsere Linie“, sagte ein Ministeriumssprecher am Donnerstag in Berlin. Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) habe mehrfach klar gemacht, dass eine Straßenbenutzungsgebühr für Personenwagen nicht geplant sei.

      Das bestehende Autobahnnetz soll nach dem Vorschlag von Carstens kostenlos übertragen werden. Die Gesellschaft solle aber die dem Bund entstandenen Kosten für die noch im Bau befindlichen Strecken - im wesentlichen würde dies die Verkehrsprojekte Deutsche Einheit (VDE) betreffen - erstatten, diese fertig stellen und anschließend ebenfalls unterhalten. Dafür habe die Autobahn AG im Jahr 2004 „einmalig 14 Mrd. € an den Bund zu leisten und am Kreditmarkt zu finanzieren“.

      Mit den Einnahmen aus der Vignette könne spätestens von 2005 an neben der Bedienung des 14 Milliarden-Kredites der Autobahnbau forciert werden. Für die Deutsche Bahn AG hält Carstens eine Erhöhung des für 2004 aus dem Bundeshaushalt vorgesehenen Betrages von 4,2 auf 5,0 Mrd. € für erforderlich, der später in Richtung sechs Mrd. gehen sollte. Auch für Bundeswasserstraßen und Bundesstraßen gebe der Haushalt künftig mehr Raum.

      Der Ausschussvorsitzende forderte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) auf, „diesen Vorgang zur Chefsache“ zu machen. Die Opposition und die Bundesländer sollten „sich an der Umsetzung konstruktiv beteiligen“. Auf diese Weise könnte der Bund sowohl die Maastricht- Kriterien einhalten als auch einen verfassungsgemäßen Haushalt vorlegen, argumentierte der Ausschussvorsitzende. Bei den anstehenden Verhandlungen stünden so auch Mittel für „ein gewisses Entgegenkommen des Bundes gegenüber den Bundesländern“ zur Verfügung.

      Carstens rechnet bei „Umsetzung dieser Vorschläge in Verbindung mit der vorgezogenen Steuersenkung“ mit einem „kräftigen und nachhaltigen Effekt für die Ankurbelung der Wirtschaft, den Abbau der Arbeitslosigkeit und nicht zuletzt auch für die Stabilisierung der Staatsfinanzen“. Für die deutschen Autofahrer sollte „spätestens ab 2006 eine adäquate und EU-rechtlich einwandfreie Entlastung gefunden werden“. Er erwarte auf diesen Weise, „dass es in zehn Jahren keine Staus mehr auf unseren Autobahnen gibt“, sagte der CDU-Politiker.


      HANDELSBLATT, Donnerstag, 10. Juli 2003, 11:14 Uhr
      Avatar
      schrieb am 10.07.03 22:41:05
      Beitrag Nr. 3.482 ()
      Die Konjunkturhoffnungen sind auf Sand gebaut – Die Märkte locken die Optimisten in eine gefährliche Falle
      (10.07.2003)

      Es ist schon bemerkenswert, wie selbst gestandene Ökonomen und Strategen angesichts der Entwicklung von Märkten einknicken und versuchen, sich argumentativ für den Fall abzusichern, dass sich ihre Grundhaltung als falsch erweisen sollte. Nur wenige Aufrechte wagen es, auf ihrem Kurs zu bleiben und die "Sprache der Märkte" oder das, was als solches wahrgenommen wird, zu ignorieren.

      So befinden sich die Dollar-Baissiers auf dem Rückzug, und es dauert wohl nicht mehr lange, bis die meisten von ihnen im Lager der Dollar-Haussiers wiederzufinden sind. Verschwindend gering ist inzwischen sogar die Zahl der Haussiers an den Märkten für Staatsanleihen geworden. Dafür sprechen nun sehr viele vom Platzen einer spekulativen Blase hier. Mit Blick auf die Aktienmärkte füllt sich das Lager der Haussiers von Tag zu Tag mehr. Hier scheinen die Baissiers aber immer noch ein gewichtiges Wort mitreden zu können, und dies liegt nicht zuletzt daran, dass sich im Technologiesektor schon wieder ins Auge stechende Exzesse zu bilden beginnen.

      Das Umdenken der Ökonomen und der Strategen kann sich bis zu diesem Zeitpunkt nicht auf konkrete Daten stützen, die eine Besserung der Konjunktur in Aussicht stellen würden. Es sind noch nicht einmal begründete Erwartungen, wenn man einmal von Basiseffekten absieht, die mit fortschreitender Zeit immer positivere Wirkungen auf die Zahlenwerke ausüben.

      Wenn es aber nicht begründete Erwartungen sind, die Optimismus verbreiten, dann kann es sich nur um Hoffnungen oder um "das Gefühl" handeln, dass sich die Verhältnisse zum Besseren wenden. Doch es ist eine Binsenwahrheit, dass nur Toren eine Strategie für die Märkte auf Hoffnungen gründen.

      Das Gefühl, die Dinge würden sich bessern, wird natürlich vom Verhalten der Märkte genährt. Selten hat man in der jüngeren Vergangenheit häufiger als in diesen Tagen die These vernommen, die Aktien- und noch mehr die Anleihemärkte seien aller Erfahrung nach bewährte vorlaufende Konjunkturindikatoren.

      An dieser Erkenntnis machen nun viele, die noch vor nicht allzu langer Zeit zu den Skeptikern oder gar Pessimisten zählten, ihre Aussagen fest. Sie sind angesichts der Erfahrungen aus besseren Zeiten schwer zu widerlegen, aber es ist auch klar, dass sich die positiven Impulse von den Finanzmärkten und die konjunkturellen Hoffnungen inzwischen wechselseitig emporschaukeln.

      Nicht bedacht wird, dass sich die Grundbedingungen heute völlig anders darstellen als in vorausgegangenen Phasen konjunktureller Schwäche oder sogar Rezessionen. Diesmal kommen die deflationären Tendenzen hinzu, und das wird offenkundig gering geschätzt oder ignoriert. Bis sie verschwunden sind, wird viel Zeit vergehen.

      Dies setzt voraus, dass nicht nur die Überkapazitäten beseitigt, sondern auch die drückenden Schulden des privaten Sektors der Volkswirtschaften in der westlichen Hemisphäre auf ein akzeptables Niveau abgebaut sind.

      Man muss nicht immer auf Japan zurückgreifen, um eindrucksvoll beschreiben zu können, worum es geht. Aber ist doch hilfreich, dieses triste Beispiel gelegentlich zu betrachten. Was hat sich in den zurückliegenden 13 Jahren dort nicht alles an Hoffnungen als Schall und Rauch erwiesen! Und es hat in dieser Zeit auch drei Phasen gegeben, in denen die Börse in Tokio um 50 bis 60 Prozent gestiegen ist, nur um später auf immer neue zyklische Tiefs einzubrechen.

      Fazit: Vorsicht ist besser als Nachsicht. Keines der brennendsten Probleme ist auch nur im Ansatz gelöst. Im Gegenteil, ihr schon drückendes Gewicht wächst immer weiter. Aber kaum jemand will das wahrhaben.


      Arnd Hildebrandt

      Herausgeber
      www.taurosweb.de
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      Wussten Sie schon, dass...?
      (10.07.2003)

      Auf amerikanische Firmen des Finanzsektors entfielen im ersten Quartal fast 40 Prozent aller von Aktiengesellschaften in den USA erwirtschafteten Gewinne. Nach der Rezession Anfang der neunziger Jahre waren es nur 15 Prozent und bei gleicher Gelegenheit zehn Jahre zuvor nur 5 Prozent.

      (Quelle: The Economist)


      www.taurosweb.de
      Avatar
      schrieb am 10.07.03 23:37:31
      Beitrag Nr. 3.483 ()



      rot =large spec.
      gelb= commercial hedgers
      hellbl= small traders

      net long- /short contracts
      Avatar
      schrieb am 10.07.03 23:50:30
      Beitrag Nr. 3.484 ()


      faznet.de
      Avatar
      schrieb am 10.07.03 23:57:09
      Beitrag Nr. 3.485 ()
      Gastkommentar
      Einbruch am japanischen Aktienmarkt wahrscheinlicher als am Anleihemarkt
      Von William Pesek Jr., Bloomberg News

      10. Juli 2003 Die jüngste Aufregung über die Entwicklungen am japanischen Anleihemarkt läßt eine wichtige Tatsache außer acht: den Anlegern in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt fehlt es an alternativen Investitionsmöglichkeiten.

      Die Blase am japanischen Anleihemarkt könnte angesichts des verschwindend geringen Renditeniveaus - die Zehn-Jahres-Renditen fielen im vergangenen Monat auf 0,43 Prozent - und des zunehmenden Volumens an Staatsanleihen, das die japanische Regierung zur Vermeidung einer Rezession auf den Markt werfen muß, durchaus platzen. Die Rating-Unternehmen könnten Japans Rating bald erneut herabstufen.

      Japanische Investoren haben keine Alternative zu Anleihen

      Die Anleger befürchten, daß sie nicht ausreichend für das Risiko entschädigt werden, das mit dem Besitz japanischer Staatsanleihen einhergeht. Immerhin bieten amerikanische Anleihen im Zehn-Jahres-Segment 3,64 Prozent; in Japan liegt das Renditeniveau selbst nach einem umfangreichen Kurseinbruch lediglich bei 1,07 Prozent.

      Aber welche Alternativen haben Banken, Versicherungsunternehmen und Privatanleger hier in Japan zur Investition in Anleihen? Sie könnten ihr Engagement in Aktien erhöhen. Allerdings haben sie in den vergangenen dreizehn Jahren in diesem Bereich vielfach Verluste erlitten. Sie könnten in den Vereinigten Staaten anlegen, wenn dort nicht so viele Unsicherheiten bestünden und zu befürchten wäre, daß der Dollar fällt.

      Praktisch alle Investoren in Japan haben nur noch eine Möglichkeit: den Anleihemarkt. Darüber hinaus versuchen die Bank of Japan und die Wirtschaftspolitik, den Rentenmarkt zu schützen. Die Behörden lassen zunehmend verlauten, daß sie die Anleiherenditen genau beobachten.

      Nachfrage nach Anleihen scheint aber nachzulassen

      Die heute stattfindende Auktion für Schatzwechsel mit einer Laufzeit von fünf Jahren wird der Prüfstein sein. Fällt es der Regierung schwer, die Emission im Umfang von 1,9 Billionen Yen (16 Milliarden Dollar) am Markt zu plazieren, so könnte sich der Kursrückgang am Markt beschleunigen. Eine gute Aufnahme der Auktion am Markt könnte dagegen die Befürchtungen zerstreuen, die nach der enttäuschenden Plazierung der zehnjährigen Anleihe in der vergangenen Woche aufgetreten sind. Die Anzahl der Gebote war lediglich halb so hoch wie im Vormonat.

      Aber selbst wenn die Renditen ansteigen, muß die Blase am japanischen Anleihemarkt nicht unbedingt platzen. Dies ist darauf zurückzuführen, daß die Marktzinsen hier mehr und mehr zum Thema werden und inzwischen mehr Aufsehen erregen als der Wechselkurs des Yen.

      Kursentwicklung des Yen tritt in den Hintergrund

      Die Regierung scheint sich nahezu rund um die Uhr für eine Schwächung der Währung einzusetzen. Da jetzt aber die Anleiherenditen eine eindeutige und drohende Gefahr darstellen, dürften die Behörden alles Erforderliche tun, um die Märkte ruhig zu halten. Der Anleihemarkt ist zu bedeutend, um zu scheitern.

      Bei einem Kurseinbruch am Rentenmarkt würden nicht nur die Banken, sondern das gesamte Finanzsystem in Mitleidenschaft gezogen. Japan verfügt über den größten Anleihemarkt der Welt, der zu über 96 Prozent im Besitz einheimischer Anleger ist. Staatsanleihen sind für Banken, Pensionsfonds, Versicherungsgesellschaften, staatliche Institutionen und das Postsparsystem die wichtigste Anlagemöglichkeit. Wenn die Renditen ansteigen, schadet das praktisch allen.

      Aktiva der Geschäftsbanken sind der Knackpunkt

      Höhere Zinsen sind das Letzte, was die Wirtschaft derzeit braucht. Sie könnten sich äußerst negativ auf den Aktienmarkt auswirken. Die breite Palette von Inhabern japanischer Anleihen ist auch ein Grund dafür, warum es derzeit sehr viel risikoloser ist, japanische Anleihen im Portfolio zu haben als Aktien. Vereinfacht ausgedrückt, könnten sich japanische Aktien als entbehrlicher herausstellen als Anleihen. Ein Kurseinbruch am Aktienmarkt könnte der Wirtschaft weniger schaden als ein Anstieg der Anleiherenditen.

      Die Bank of Japan ist sich der Schlüsselrolle des Anleihemarkts für die Wirtschaft bewußt und dürfte alle ihre Anstrengungen darauf konzentrieren, ihn zu stützen. Japans bekanntermaßen anfällige Banken halten über ein Drittel des japanischen Markts für Staatsanleihen. Sinken die Kurse für japanische Staatsanleihen, so werden die Bilanzen der Banken noch weiter in Mitleidenschaft gezogen. Dies kann die Bank of Japan derzeit nicht zulassen.

      Regierung muss entweder den Anleihe- oder den Aktienmarkt opfern

      In den letzten Wochen hat sich die Nachfrage nach Anleihen aufgrund der Erholung des Nikkei 225 verringert. Damit befindet sich Premierminister Junichiro Koizumi in einem Dilemma: bei seinen Bemühungen um eine Konjunkturstimulierung läßt sich ein Kurseinbruch entweder am Aktienmarkt oder am Anleihemarkt kaum vermeiden. Ein Markt muß möglicherweise geopfert werden.

      Durch die Verstaatlichung von Banken oder den Konkurs scheintoter Unternehmen werden große Rückschläge für den Nikkei in Kauf genommen. Die Regierung dürfte zwar wohl kaum wünschen, daß die Aktienkurse fallen; ein Anstieg der Zehn-Jahres-Renditen auf drei Prozent z.B. könnte jedoch von sehr viel größerem Schaden sein. Das gleiche gilt für die übrigen asiatischen Länder, die durch Turbulenzen an den größten Kapitalmärkten der Region - nämlich den japanischen - ebenfalls erschüttert würden.

      Geschäftsbanken anfälliger bei einem Einbruch der Anleihekurse

      Sinkende Aktienkurse stellen in der Tat ein ganz eigenes Problem dar. Die japanischen Banken haben in der Vergangenheit Aktien als Sicherheit für Kredite akzeptiert, so daß sie jetzt umfangreiche Buchverluste verzeichnen. Durch den Rückgang des Nikkei wurde das Bankensystem zusätzlich geschwächt. Obwohl der Nikkei in diesem Jahr bereits um über 13 Prozent gestiegen ist, sollten sich die Anleger Sorgen um die Solvenz von Unternehmen machen, die Aktien als Aktiva in ihrer Bilanz ausweisen. Dazu gehören Banken, Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds.

      Die Finanzinstitute sind jedoch noch anfälliger für steigende Anleiherenditen. Die Regierung versteht es recht gut, die Anleiherenditen niedrig zu halten. Sie leitet umfangreiche Ersparnisse der privaten Haushalte über das Postsparsystem in den Anleihemarkt und hält Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds dazu an, dasselbe zu tun. Da Ausländer weniger als vier Prozent der Staatsanleihen halten, ist das Risiko der Kapitalflucht gering.

      Dank dieses Arrangements ist die hohe Staatsverschuldung - die um über 40 Prozent größer ist als das jährliche BIP - noch tragbar. Allerdings besteht das Risiko, daß die Gesetze von Angebot und Nachfrage wieder zum Tragen kommen und die Renditen daher in die Höhe schnellen. Daher rechnen zahlreiche Anleger damit, daß die Blase am Anleihemarkt platzen könnte, und sind in Bezug auf Japan vorsichtig.

      Japanische Zentralbank verstärkt die Nachfrage nach Anleihen

      Die verstärkten Ankäufe von Anleihen durch die Bank of Japan könnten dieses Risiko auf kurze Sicht mindern. Die Zentralbank hat in dieser Hinsicht keine Wahl, da es sich bei dem japanischen Anleihemarkt weniger um einen Markt im eigentlichen Sinn des Wortes handelt als vielmehr um einen Mechanismus, um Kapital von den privaten Haushalten zur Regierung zu transferieren.

      Bei japanischen Anleihen handelt es sich nicht um eine risikolose Investition. Aber angesichts der ungünstigen Situation von Japans Volkswirtschaft, der Möglichkeit, daß sich die Deflation verschärfen könnte, und der politischen Kräfte könnte der Nikkei sehr viel anfälliger für einen Kurseinbruch sein als der Anleihemarkt.

      Text: Bloomberg
      faznet.de
      Avatar
      schrieb am 11.07.03 00:02:14
      Beitrag Nr. 3.486 ()
      Schaden- und Unfallversicherer wollen die Beiträge erhöhen
      von Jan Dams

      Frankfurt/Main - Nachdem 2002 bei den deutschen Versicherern als das zweite Katastrophenjahr in Folge galt, hofft die Branche nun auf eine Entspannung. So rechnen die hiesigen Schaden- und Unfallversicherer damit, dass 2003 den Konzernen ein ausgeglichenes Ergebnis bringen könnte, sagte Edmund Schwake, der Vorsitzende des Hauptausschusses Schaden- und Unfallversicherung beim Branchenverband GDV. Darauf weist vor allem das erste Quartal hin, in dem die Schäden deutlich niedriger waren als im Vorjahr.


      Sicher aber ist in der Versicherungsbranche gar nichts. Denn nur wenn die Schäden nach dem Hochwasser- und Sturmkatastrophen des vergangenen Jahres bis zum Jahresende auf Normalmaß bleiben und auch die Unfälle in der Kraftfahrtversicherung nicht zunehmen, dürfte die Assekuranz nicht wieder in die roten Zahlen rutschen. 2002 hatte die Branche 2,5 Mrd. Euro eingebüßt.


      Für viele Kunden dürften sich die Sanierungsbemühungen der Unternehmen vor allem in steigenden Prämien niederschlagen. So erwartet Schwake, dass die Kfz-Versicherung im Durchschnitt um rund zwei Prozent steigen werde. Auch im Industriegeschäft, das in weiten Bereichen über Jahre Verluste einfuhr, würden die Versicherungsbeiträge steigen.


      Schlecht dagegen läuft der Terrorversicherer der Branche - Extremus. Bislang nahm das Unternehmen nur 105 Mio. Euro an Prämien ein. Das ist gerade einmal ein Drittel der geplanten 300 Mio. Euro im ersten Jahr. Insgesamt haben zwar rund 1010 Firmen Verträge bei der Gesellschaft unterschrieben. Dabei aber handelt es sich offensichtlich vor allem um kleinere Firmen. Die Großkonzerne dagegen suchen nur zu einem sehr geringen Teil bei Extremus Schutz.


      Dafür gibt es bei den Unternehmen eine Reihe von Gründen: Für viele ist der Versicherungsschutz gegen die Folgen von Terrorattacken in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zu teuer. Gleichzeitig aber gilt dieser Schutz nur in Deutschland. Internationale Konzerne mit Töchtern im Ausland müssten sich daher weitere Policen in anderen Ländern einkaufen. Das aber ist bisher unüblich.


      Schwake vom GDV gibt sich trotzdem optimistisch: "Extremus hat die kritische Größe überschritten." Das Unternehmen sei auf Kurs. Branchenkenner indes bezweifeln das. Denn sollte sich Extremus weiter entwickeln wie bisher, dürfte der Terrorversicherer sein reduziertes Ziel von 120 bis 140 Mio. Euro Prämieneinnahmen verfehlen.


      Artikel erschienen am 11. Jul 2003
      welt.de
      Avatar
      schrieb am 11.07.03 00:04:42
      Beitrag Nr. 3.487 ()




      Internet macht Zeitungen schwer zu schaffen

      Anzeigenflaute hält an / Attacke gegen EU / Kritik an Geschäften von ARD, ZDF und Post





      wüp BERLIN. Die Zeitungen in Deutschland leiden weiter unter Rückgängen bei Anzeigen und Auflagen. Die Verleger sehen aber "keine Krisenstimmung". Der Post sowie ARD und ZDF wirft die Branche unzulässigen Wettbewerb vor und droht mit Klagen.

      Die Zeitungsbranche stecke in einem "tiefgreifenden Strukturwandel", der sich durch die schwache Konjunktur und das Internet enorm beschleunigt habe, sagte Volker Schulze, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDVZ). Voriges Jahr sackte der Umsatz der 350 Zeitungshäuser mit Anzeigen und Beilagen um 12,5 Prozent auf 5,3 Milliarden Euro, nach einem Minus von 14 Prozent in 2001.

      Dieses Jahr ist der Einbruch bisher geringer. Bis Ende Mai sank der Werbeumsatz um knapp sieben Prozent. Dafür war vor allem mit einem Minus von 38 Prozent der weiterhin stark schrumpfende Markt der Stellenanzeigen verantwortlich. Etwas erfreulicher sieht die Branche die Auflagenentwicklung. Im ersten Quartal wurden täglich knapp 29 Millionen Exemplare verkauft - minus 1,7 Prozent. Im Vorjahr war die Auflage noch um 2,6 Prozent gesunken. Die Reichweite aber bleibt hoch: Nahezu vier von fünf Bundesbürger lesen täglich Zeitung. Die Vertriebserlöse legten 2002 um fast vier Prozent auf 4,1 Milliarden Euro zu. Damit stand unterm Strich ein Umsatzminus von knapp sechs Prozent auf 9,4 Milliarden Euro. Auch für 2003 rechnet BDZV-Geschäftsführer Jörg Laskowski nochmals mit einem erheblichen Rückgang.

      Trotzdem ruft der Verband nicht nach Subventionen. Wichtiger seien "vernünftige und faire Rahmenbedingungen", betont Schulze. Die Verlage müssten die Chance erhalten, bei Druck, Vertrieb und Anzeigen enger zu kooperieren. Bisher erschweren Pressefusionskontrolle und Kartellrecht solche Allianzen. Der Verband will die Kontrollschwelle für Medienfusionen erhöhen. Gespräche mit der Bundesregierung seien geplant.

      Schwere Geschütze fahren die Verleger gegen die EU-Kommission auf, die "immer mehr zur Plage der Medien" werde, so Schulze. Nach dem Tabakwerbeverbot plane Verbraucherkommissar David Byrne "schwere Eingriffe" in die Gestaltung von Werbung für Lebensmittel und bei Reklame, die auf Kinder ziele. Dadurch werde "unter dem Deckmantel des Verbraucherschutzes" das Fundament der Werbewirtschaft und der Medien gefährdet.

      Fragwürdigen Wettbewerb sieht sich die Branche durch die Prospektverteiler der Deutschen Post ausgesetzt. Hier mache ein Monopolist lokale Märkte mit Dumpingpreisen kaputt, klagt der Verband, der den Regulierer angerufen hat. Auch die Internetgeschäfte der öffentlich-rechtlichen Anstalten empfinden die Verleger als unzulässig. ARD und ZDF sollten sich, wie von der Ministerpräsidentenkonferenz gefordert, auf ihre originäre Aufgabe beschränken, fordert Schulze. Entsprechenden Selbstverpflichtungen der Anstalten sehe man gespannt entgegen.



      fr-aktuell.de

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      Copyright © Frankfurter Rundschau 2003
      Dokument erstellt am 10.07.2003 um 18:00:22 Uhr
      Erscheinungsdatum 11.07.2003
      Avatar
      schrieb am 11.07.03 00:24:42
      Beitrag Nr. 3.488 ()
      Sell the good news

      von Jochen Steffens

      Ich hatte es erwartet. Yahoo erfüllt die sowieso schon hohen Erwartungen, übertrifft sie sogar leicht (unten dazu mehr). Und was machen die Börsen? Sie fallen. Wahrscheinlich sehr zum Unverständnis viele Anleger. Aber das ist der übliche Effekt bei guten Nachrichten auf die im vorhinein spekuliert wurde.

      Dieses Szenario signalisiert auch, dass sich meine gestrige Vermutung als richtig erweisen könnte. Ich erwarte, dass sich die gesamte Berichtssaison in Bezug zu den Indizes verhalten wird, wie ein erwartet guter Quartalsbericht bei Aktien. Die Börsen stiegen vorher an, alles wettete sozusagen auf gute Quartalsergebnisse, die guten Ergebnisse treffen die Erwartungen. Damit ist die Wette "eingelöst". Mit der Folge: Gewinnmitnahmen – die Kurse fallen.

      Wenn sich diese Tendenz nun weiter fortsetzt, dann wird es zu einer sehr nachhaltigen Konsolidierung kommen, die den Bullen schmerzhafte Wunden zufügen wird. Wenn ein Großteil der Bullen diesen Schmerzen erlegen ist und auf der Bärenkoppel sich erholen will, wird es zu einem letzten heftigen Anstieg kommen. So zumindest die Theorie.

      Vielleicht kommt alles auch anders. Denn die Reaktion auf die sich weiter verschlechternden Arbeitsmarktdaten blieb diesmal aus.

      Woche 21: Arbeitslosenzahl weiterhin über 400.000. Diesmal liegt der Wert sogar über den um 4.000 nach oben revidierten Zahlen von der vorigen Woche, nämlich bei 434.000.

      Ja, ich habe es vernommen. Es soll gerade in Amerika zu einer liquiditätsgetragenen wirtschaftlichen Erholung ohne eine Erholung am Arbeitsmarkt kommen. Ist ja nicht so, dass die Wirtschaft bei diesen hoch verschuldeten Amerikaner jeden liquiden Arbeitnehmer braucht, um die Konsumbereitschaft aufrecht zu erhalten. Aber gut, in Amerika wird es aufwärts regnen. Oder sagen wir so, eigentlich regnet es im Moment in Amerika aufwärts.

      Die direkte Folge dieser schlechten Zahlen: Das Verbrauchervertrauen wird weiter rückläufig sein. Konsumenten werden das "Sparen" entdecken, um sich vor möglichen Jobverlusten abzusichern. Zumindest werden sie versuchen, ihre Schulden abzubauen. Auch dieses Geld wird dem Konsum fehlen. Aber ich wiederhole mich.

      Heute will ich noch einmal auf den Irak eingehen. Es ist ein Trauerspiel. Es war Ihnen und mir klar, dass die Gründe für den Irakkrieg vorgeschoben waren. Hier in Deutschland sind die meisten Menschen (laut einer Umfrage von damals über 70 %) davon ausgegangen, dass es lediglich ein Krieg ums Öl war. Nun bestätigen Berichte aus Amerika und auch aus England, dass die meisten Hinweise, Beweise und andere Indizien auf Massenvernichtungswaffen auf "Täuschung" beruhten.

      Das Traurige dabei ist, wie wenig Konsequenzen das für die beteiligten Politiker hat. Auch, dass sich Amerika schnell wieder aus dem Irak zurückziehen werde, hat sich als unhaltbare Aussage erwiesen. Aber auch das hatte kaum je einer geglaubt.

      Jetzt wurde bekannt gegeben, dass die offiziellen Kosten des aktuellen Irak Einsatzes der Amerikaner mittlerweile bei 4 Mrd. Dollar je Monat liegen. Natürlich sind das bei einer täglich um 1. Mrd. wachsenden Staatsverschuldung Erdnüsse. Auch wenn dazu noch die knapp 1 Mrd. Dollar je Monat für Afghanistan dazu gerechnet werden muss.

      General Tommy Franks sieht keine Möglichkeit die Truppenstärke zu Reduzierung. Kein Wunder, dass Amerika auf Unterstützung aus anderen Länden hofft.

      Leider ist es offenbar im Moment auch noch nicht möglich, die irakischen Ölquellen so schnell wie erwartet anzuzapfen und daraus Profit zu schlagen. Zu marode sind die Erdölförderanlagen. Der Irakkrieg könnte zu einem sehr teueren Unterfangen werden. Also Herr Greenspan, passen Sie auf, dass ihre Gelddruckanlagen nicht heißlaufen ...

      Kurz nach Deutschland: Es hatte diesmal auch wirklich keiner damit gerechnet, dass die EZB die Zinsen senkt, für den Dax ein Non Event. Aber der Euro wird davon profitieren, zumal wieder die britische Nationalbank überraschend ihre Zinsen gesenkt hat. Damit wird das Pfund für Anleger wieder etwas uninteressanter. Zumal zu befürchten ist, dass die britische Nationalbank die Zinsen weiter an das europäische Niveau anpassen wird.

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      Der Bär hinter den Büschen

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      Die Internet-Aktien sind die Top-Performer der letzten Wochen. Ebay stehen kurz vor einem neuen Allzeithoch. Diese Aktien rücken immer weiter vor ... nicht ins "Silicon Valley", sondern in das "Valley of Death", also ins Tal des Todes.

      Sie werden da wahrscheinlich nicht lebend herauskommen, so meine Einschätzung.

      Alle großen Bärenmärkte werden von einer großen Bärenmarktrally begleitet. Das wird diesmal nicht anders als sonst sein. Womit ich nicht sagen will, dass diese aktuelle Bärenmarktrally nicht noch eine längere Zeit weiterlaufen kann und noch eine Menge Leute dazu führen wird, zu denken, sie werden reich.

      Aber das ist schließlich die Idee, die einen großen Bärenmarkt ausmacht; ein solcher Bärenmarkt braucht viele große Investoren, die mit ihm abwärts gehen.

      Mein Kollege Eric Fry ist immer noch in Urlaub, am Strand. Und mein Kollege Addison Wiggin war heute wieder auf dem Weg ins Krankenhaus, zu seiner schwangeren Frau, nachdem es gestern einen Fehlalarm gegeben hatte. Und so bleibe ich alleine übrig, aber immerhin hat mir Eric Fry einen Artikel aus dem Urlaub geschickt, den ich Ihnen nicht vorenthalten will (siehe unten).

      Wer versteckt sich dort im Busch? Ah, der Bär! Natürlich kann er jetzt noch nicht herauskommen und jeden erschrecken. Er will erst abwarten, bis sich die Leute richtig sicher fühlen ... bis sie denken, dass sie sich wegen nichts Sorgen machen müssen. Deshalb hat der Bär sich auch zurückgezogen, temporär. Aber die anderen denken, dass er vollständig von uns gegangen wäre.

      "Es ist ok ...", sagen sie sich. "Der langfristige Bullenmarkt ist immer noch im Geschäft. Seid keine Feiglinge ... kommt schon, lasst uns Spaß haben ..."

      Diese "gute Zeiten"-Stimmung kann noch viel Schweiß und Tränen kosten, bevor sie schließlich vergehen wird. Wir befinden uns im 40. Monat des großen Bärenmarktes, und dennoch glauben die Investoren derzeit an einen ewigen Bullenmarkt an der Wall Street. Sie sind von den Aktien in Anleihen gewechselt ... und jetzt scheinen sie zurück in die Aktien zu switchen (wer will schon den nächsten Bullenmarkt verpassen!).

      Aber der Glaube in das System – der Glaube an die Wall Street ... an den amerikanischen Kapitalismus ... an die Fed und den Dollar ... an die demokratische Regierung ... an das soziale Sicherungssystem ... an die Arbeitslosenhilfe ... an die Hypotheken ... und alle Institutionen des großen sozialen Staates der späten Periode des Dollarstandards – bleibt intakt.

      Wie kann das sein, frage ich mich? Wie können die Leute nicht nur daran glauben, sondern sogar wirklich richtig daran glauben, mit mehr Vertrauen ins amerikanische System, als die russischen Marxisten jemals in den Kommunismus hatten?

      Meine Antwort ist simpel. Wir befinden uns zwar seit 40 Monaten in einer Korrektur, aber der Boom, der vorher kam, hat sich im Laufe einer ganzen Generation entwickelt und deren Gewohnheiten geformt. Der Dollarstandard wurde geschaffen, als Richard Nixon in den frühen 1970ern das Gold aus dem internationalen Geldsystem eliminierte. Seitdem wurden die Reserven der Zentralbanken primär in Dollar und nicht mehr hauptsächlich in Gold gemessen. Und seitdem waren die Amerikaner dazu fähig, so viele Dollar zu drucken, wie sie wollten, ohne die Sorge, ob diese Dollar durch Gold gedeckt waren.

      Es gibt wahrscheinlich niemand Ausgabefreudigeren, als einen Mann, der in seiner eigenen Garage richtiges Geld drucken kann. Ab dem 15. Jahr des Dollarstandards waren die USA ein Schuldner, wenige Jahre zuvor waren sie noch der größte Gläubiger der Welt gewesen. Ab dem 30. Jahr des Dollarstandards waren sie so tief in den Schuldensumpf gesunken, dass sie der größte Schuldner der Welt geworden waren ... und der größte Schuldner, den die Welt je gesehen hat.

      Die USA haben auch einen anderen Rekord erreicht. Im US-Handel mit China fiel das größte Defizit zwischen zwei Ländern an, das die Welt je gesehen hat. Alleine Walmart hat aus China soviel Waren bezogen, dass Walmart der achtgrößte Handelspartner von China ist, noch vor Großbritannien und Russland, so als ob Walmart eine souveräne Nation wäre. Und die Lücke vergrößert sich weiter!

      Dazu Automotive News: "Der Wechsel hin zur chinesischen Produktion wird im produzierenden amerikanischen Gewerbe vielleicht Hunderttausende Jobs kosten. Und er wird Druck auf die kleineren amerikanischen Anbieter mit wenig Geld ausüben, auf einem entfernten Kontinent riskante Investitionen zu tätigen."

      "Sowohl Ford als auch General Motors (GM) arbeiten auf zwei Kontinenten. Wenn ein Anbieter eine Fabrik in China baut, dann kann er Autozubehör an eine Fabrik von Ford oder GM in China verkaufen, und diese Teile werden dann in die nordamerikanischen Fabriken von GM und Ford transportiert. Und diese Transporte vermehren sich. Laut dem US-Handelsministerium importierten die USA im letzten Jahr für 2,2 Mrd. Dollar Automobilkomponenten- das ist fast das Dreifache des Volumens von 1997."

      "China wird den Einfluss, den Mexiko auf die US-Autoindustrie hat, in den Schatten stellen", so David Littmann, Volkswirt in Detroit. Aus der Perspektive der nordamerikanischen Einkaufsmanager ist laut Littmann "China weit mehr interessanter als Mexiko".

      "Für die Autobauer sieht China wie ein Schnäppchen aus. Für die Zulieferer kann das teuer werden. In den kommenden Jahren könnten Segmente der Zuliefererindustrie nach Asien auswandern."

      Die russischen Kommunisten scheiterten am Materialismus, den sie verehrten. Überall, wo sie außerhalb ihres eigenen Landes hinsahen, wurden die Leute durch marktwirtschaftliche Volkswirtschaften reich. Ihr sozialistisches System konnte da nicht mithalten. Deshalb gaben sie es auf.

      Jetzt sind die Amerikaner an der Reihe. Diejenigen, die vom amerikanischen System weiterhin überzeugt sind, scheinen nicht zu bemerken, dass der Sozialismus auch in den USA Fuß gefasst hat. Und damit meine ich nicht nur die Renten- und Arbeitslosenprogramme. Ich rede davon, dass es wenig im amerikanischen Leben gibt, dass nicht durch die Regierung auf irgendeine Art und Weise sozialisiert, reguliert, kontrolliert oder bedroht ist. Freiheit in den USA ist heute, wie ein Sänger es ausgedrückt hat: "ah ... that`s just some people talking."

      Warum akzeptieren die Amerikaner das? Warum geben sie ihre Freiheit ohne Kampf auf ... und unterstützen "das System" mehr als je zuvor ... im Namen der "Freiheit"?

      Ich habe in einem Buch von Gerard Maudrux diese Passage gefunden:

      "Bismarck schuf das erste allgemeine Wohlfahrtssystem der Welt im Jahr 1889. Warum? Aus einem Gefühl der Fürsorge, Menschenfreundlichkeit, oder aus staatsbürgerlichem Geist? Nein. Dieser brillante und ehrgeizige Politiker hatte einen guten Weg gefunden, um die Untertanen seines Reichs sanftmütig zu machen. Seine Begründung war einfach: Wenn alle Bürger vom Staat abhängen, dann werden sie nicht versuchen, diesen zu stürzen oder zu destabilisieren, und deshalb werden sie sogar ihre fundamentalen Freiheiten leicht dafür opfern. Der Staat wird dann stabil und ewig dauernd werden ... so lange das System nicht scheitert, weshalb man dieses System um jeden Preis erhalten muss."

      Aber jetzt machen die globalisierten Märkte es für das sozialisierte Amerika schwer, wettbewerbsfähig zu bleiben. Das System wurschtelt sich so durch, aber man kann keine deutlichen Fortschritte sehen. Es werden Hunderte Milliarden neuer Dollar gedruckt, aber die US-Wirtschaft wächst kaum. Die Leitzinsen sind 13 Mal gesenkt worden, aber immer noch werden Arbeitsplätze abgebaut. Währenddessen können die Chinesen – die nicht durch Anwälte und Gesundheitsversorgung und Schuldenberg und Neo-Konservative belastet werden – fast alles produzieren, was auch die USA produzieren können. Nur schneller und billiger.

      Und der Bär versteckt sich hinter den Büschen.

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      "Man kann davon leben ..."

      von unserem Korrespondenten Bill Bonner

      *** Der Goldpreis ist weitere 4 Dollar pro Feinunze gefallen. Verrückt. In einer Welt, in der die Inflation auf dem Vormarsch sein soll, fällt das Fieberthermometer der Inflation. Aber sehen wir es einmal so: Wenn man alle Widersprüche der Finanzwelt beseitigen würde – dann bliebe nichts mehr übrig.

      *** Gestern beim Mittagessen hatte ich ein unerwartetes Vergnügen. Eine junge Frau kam und und setzte sich auf meinen Schoß. "Hey, big spender", begann sie zu singen, und suggestiv wackelte sie herum.

      Später, als die Performance vorbei war, ließ sie einen Hut herumgehen, in den ich eine Euromünze warf. "Ist das eine profitable Arbeit?" wollte ich wissen.

      "Man kann davon leben", kam die Antwort.

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      Fannie Mae und Freddie Mac


      Von unserem Korrespondenten Eric Fry

      Letzte Woche erhielt ich den Leserbrief eines französischen Lesers: "Bonsoir, J`aimerais bien connaître l`opinion de M. Eric Fry en ce qui concerne Freddie Mac et Fannie Mae, les grandes firmes americaines de refinancement hypothecaire. Merci."

      Übersetzung – Bill Bonner sei Dank: "Ich würde gerne die Meinung von Eric Fry über Freddie Mac und Fannie Mae, die beiden großen amerikanischen Hypothekenbanken, erfahren. Danke."

      Ich freue mich, persönlich angesprochen zu werden. Aber ich werde diese Bitte nicht erfüllen. Ich werde keine Meinung abgeben. Aber ich werde froh eine Reihe von skeptischen Beobachtungen in Bezug auf Fannie Mae abliefern. Um es vorweg zu sagen: Meine Beobachtungen führen nicht dazu, dass ich die Aktie von Fannie Mae mag oder nicht mag – sondern eher dazu, dass ich sie fürchte.

      Es ist nicht leicht, zu einer Aktie, die ein KGV von 9 hat, eine negative Einstellung zu bekommen. Aber das heißt nicht, dass es schwierig wäre, sie zu fürchten. Fannie ist wie ein sehr leckeres Dessert mit wenigen Kalorien – einfach zu gut, um wahr zu sein. Angefangen bei den Garantien der Regierung für das Geschäft von Fannie Mae bis hin zum unglaublich konsistenten Ertragswachstum – es gibt fast nichts an Fannie Mae, das NICHT zu gut ist, um wahr zu sein. Die Gesellschaft ist ein finanzielles Wunder.

      Wenn eine Hypothekenvergabe-Institution ihre Gewinne Jahr für Jahr um das Vielfache des Wachstums des Bruttoinlandsproduktes steigert, dann ist da etwas zu gut, um wahr zu sein ... besonders dann, wenn diese spektakulären Wachstumsraten Hand in Hand mit einem gleichfalls spektakulären Anstieg der Schulden gehen. Irgendwie schafft es Fannie Mae, Jahr für Jahr ein glattes und konsistentes Gewinnwachstum vorzuweisen. Wie passiert das? Ist es Magie? Oder einfach ein brillantes Management?

      Die Investoren müssen glauben, dass es letzteres ist, denn sonst hätten sie Fannie Mae bei der Bewertung nicht eine Prämie gegenüber den anderen Hypothekenbanken zugestanden. Fannie Mae hat ein Kurs-Buchwert-Verhältnis von fast 4. Zum Vergleich: Die Citibank und die Bank of Amerika haben beide ein Kurs-Buchwert-Verhältnis von ungefähr 2,5.

      "Fannie (Mae) und Freddie (Mac) betreiben beide gleiche Art der `Glättung` der Gewinne", so Robert Tracy, führender Analyst bei Apogee Research. Tracy hat sich tief in die Zahlen von Fannie Mae und einigen anderen Hypothekenbanken gegraben. "Natürlich bezeichnen die Buchhalter von diesen Hypothekenbanken ihre ungewöhnlichen Bilanzierungspraktiken als `akkurater` und `für den Investoren hilfreicher` als die konventionellen Bilanzierungsvorschriften nach GAAP. Aber diese Feststellung kann man sehr in Frage stellen", so Tracy. "Eins ist allerdings sicher – die kosmetisch verschönerten Gewinne haben mitgeholfen, die Kurse und Bewertungen zu erhöhen. Und eine höhere Bewertung bedeutet auch größere Zahlungen für das Management, das jede Menge Aktienoptionen besitzt."

      Tracy meint, dass die Ära des "Gewinnglättens" bald zu Ende gehen könnte. Wenn das der Fall wäre, dann wäre auch der Bullenmarkt bei den "operativen Gewinnen" vorbei. Was wiederum bedeutet, dass sich die Premium-Bewertungen, die Titel wie Fannie Mae erreicht haben, in Luft auflösen werden.

      Tracy weiter: "Das Hypothekengeschäft, das Derivate nutzt, um die verschiedenen Zinsänderungsrisiken abzusichern, würde von Natur aus sehr schwankende Gewinne aufweisen, wenn man nach GAAP bilanzieren würde. Um diese Gewinne zu glätten, haben sowohl Freddie als auch Fannie auf `pro forma`-Gewinne umgestellt. Eine Methode, bei der Fannie ihre pro forma-Zahlen als `Kerngewinne` vorstellt, und Freddie bezeichnet diese als `operative Gewinne`. Sie haben die Investmentgemeinschaft dazu ermuntert, nicht auf die Gewinne laut GAAP zu sehen, sondern auf die pro forma-Gewinne, die bestimmte Posten ausschließen, wie den Einfluss von Wertänderungen der Derivate."

      "Im Hauptquartier von Fannie Mae spricht das Management weiterhin von `Kerngewinnen`. Ich denke, man kann ihnen nicht vorwerfen, dass sie versuchen, das Beste aus den Dingen zu machen – solange sie damit durchkommen. Die pro-forma-Gewinne von Fannie Mae zeigen schließlich einen befriedigerenden und konsistenteren Gewinntrend als die schwankenden Ergebnisse, die man laut GAAP erhalten würde. Und die pro-forma-Gewinne für die letzten 6 Quartale lagen bei Fannie Mae bei 9,7 Mrd. Dollar, während sie sich laut GAAP auf 8,5 Mrd. Dollar belaufen hätten. Wer würde nicht gerne einen Zuwachs von 1,2 Mrd. Dollar bei den Gewinnen haben, nur durch eine andere Bilanzierungspraxis? Man muss zugeben, dass die Umstellung auf die pro-forma-Gewinne für Fannie Mae selbst nur Vorteile bringt: Nicht nur, dass das Gewinnwachstum plötzlich stetiger geworden ist – nein, plötzlich sind die Gewinne der letzten 6 Quartale auch 1,2 Mrd. Dollar größer!"

      "Also, kennen wir alle schlechten Nachrichten über die Hypothekenbanken?" fragte ich. "Immerhin hat der Chairman von Freddie Mac, Shaun F. O`Malley, am 25. Juni erklärt: `Die Gesellschaft bleibt sicher und gesund.`"

      "Ich glaube ihm nicht", antwortete Tracy. "Ich denke nicht, dass er lügt. Aber er könnte falsch aufgefasst werden. Die Investoren haben immer noch keinen Zugang zu genug Details, die es ihnen erlauben würden, mit Vertrauen in die Aktien von Fannie Mae zu investieren."

      Mit anderen Worten – bei den Hypothekenbanken macht Ignoranz nicht glücklich.

      Die Business Week fragt provokant: "Was wäre passiert, wenn Freddie bei der Zinsentwicklung auf die falsche Richtung gesetzt hätte, oder wenn die anderen Banken sich geweigert hätten, die Anleihen von Freddie Mac (die diese zur Refinanzierung herausgibt) zu kaufen? Die Probleme von Freddie zeigen nur, wie wenig man über die innere Arbeitsweise dieses Hauses weiß. Und sie weisen deutlich auf das Risiko hin, dass die Märkte das Vertrauen in die Fähigkeit des Managements von Freddie Mac verlieren – in die Fähigkeit, das große Portfolio mit Derivaten zu managen."

      Wenn diese Gesellschaften nicht so groß wären, könnte es uns egal sein, wie sie ihre Derivate verbuchen. Aber Freddie Mac und Fannie Mae sind nicht nur ein Teil des US-Hypothekenmarktes – sie sind der US-Hypothekenmarkt.

      "Fannie und Freddie haben in ihren Bilanzen jetzt astronomische 1,6 Billionen Dollar stehen, nach 962 Mrd. Dollar im Jahr 1999", so die Business Week. Und der Contrary Investor schreibt: "Das sind die Leute im Herzen der (und verantwortlich für die) aktuelle(n) Kreditschaffung unseres wirtschaftliche Systems." Viele dieser Hypothekenbanken haben große Positionen an Derivaten, als Komponente ihres Risikomanagements in Bezug auf Kreditvergabe und Zinsänderungen. Und diese Derivate-Transaktionen laufen völlig außerhalb des regulierten amerikanischen Bankensystems.

      Nicht überraschend ist es, dass diese zwei gigantischen Kreditgeber auch einen riesigen Einfluss auf die gesamte US-Wirtschaft haben. Im letzten Jahr flossen durch die Hypotheken bestehender Hypotheken zusätzliche 100 Mrd. Dollar in die Taschen der Konsumenten, und diese Entwicklung hat sich in diesem Jahr noch beschleunigt, was den schweren Rückgang bei den Investitionen kompensiert. Wenn diese beiden Gesellschaften die Wirtschaft mit gerade Mal einer Hand stützen können – könnten sie die Wirtschaft dann nicht auch mit einer Hand abstürzen lassen?

      Ist es eine Übertreibung, anzunehmen, dass ernsthafte Probleme bei einer dieser beiden Gesellschaften ernste und besorgniserregende Konsequenzen für ihre Aktienkurse, den Immobilienmarkt, den Anleihenmarkt, den Dollar und die US-Wirtschaft allgemein hätten? Jim Grant schrieb dazu im Grant`s Interest Rate Observer: "Was ein Sterblicher leicht sehen kann, ist, dass ein Unfall bei Freddie sowohl ein Unfall des Dollars als auch ein Unfall der Unternehmens-Finanzen sein würde." Mit anderen Worten – die Volatilität der Finanzmärkte unter Kontrolle bringen zu wollen, ist ein bisschen so, wie einen Sack Flöhe hüten zu wollen. Wer kann schon sagen, was für Traumata aus der "brave new world" der Volatilität von Fannie Mae und Freddie Mac entstehen könnten? Niedrigere Aktienkurse scheinen mir da noch das "best-case"-Szenario zu sein.

      "Ich hoffe das Beste", so Tracy, "aber ich fürchte das Schlimmste. Jetzt, wo die zwei prominentesten Mitglieder der Hypothekenbanken-Familie im hellen Licht der Enthüllungen stehen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis ihre Aktienkurse die Volatilität der realen Welt und die Unsicherheit ihrer Gewinne widerspiegeln. Und `Unsicherheit` ist nur ein anderes Wort für `fallende Aktienkurse`".

      investorverlag.de
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      schrieb am 11.07.03 00:27:26
      Beitrag Nr. 3.489 ()
      Rumsfeld ruft Hilfe

      Anhörung im US-Senat: Zu hohe Kriegskosten, zu viele tote Soldaten


      Donald Rumsfeld gab am Mittwoch abend (Ortszeit) in Washington den Unschuldsknaben. Könnte sein, die Begründung für den Angriff auf Irak sei eine Fälschung gewesen, meinte der Verteidigungsminister. Auch würde er »zur Stabilisierung der Lage in Irak« die Unterstützung von so vielen Ländern wie möglich begrüßen. Dazu gehörten auch die damaligen Kriegsgegner Deutschland und Frankreich, sagte Rumsfeld vor dem für die Streitkräfte zuständigen Senatsausschuß in Washington. Er gestand zugleich ein, daß die Besatzungskosten explodieren. Derweil haben am Donnerstag zwei neue Angriffe auf US-Truppen in Irak die Zahl der getöteten amerikanischen Soldaten seit dem offiziellen Ende der Kampfhandlungen auf 76 steigen lassen. Vor deren Bekanntwerden berichtete das Pentagon am Mittwoch von 212 getöteten US-Soldaten seit Beginn des Irak-Kriegs am 20. März.

      »Unter den Hunderten und Hunderten von Papieren, die wir jeden Tag sehen«, könnte natürlich die Information gewesen sein, daß »die Nachricht eine Fälschung war«. Mit der »Nachricht« meinte Rumsfeld die US-Begründung für den Angriff auf Irak, wonach Saddam Hussein im Niger Uran hätte kaufen lassen – eine inzwischen sogar vom Weißen Haus eingestandene Lüge. Daß es sich bei der von Bush mehrfach wiederholten Behauptung um eine gefälschte Nachricht gehandelt hatte, war der CIA bereits viele Monate bekannt gewesen. Inzwischen wies der Geheimdienst nach, daß er das Weiße Haus und die entsprechenden Regierungsstellen darüber unterrichtet hatte. Dennoch war der angebliche Urankauf des Irak eine der Schlüssellügen, die Außenminister Powell im Januar dieses Jahres dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen präsentierte, um so den Krieg gegen Irak zu rechtfertigen.

      Die Niger-Geschichte sei nur »ein nachrichtendienstliches Papierschnipsel« gewesen, »das in den Argumenten der Administration für einen Krieg lediglich eine untergeordnete Rolle gespielt« habe, erklärte dagegen Rumsfeld. Bei den Nachrichtendiensten ändere sich ohnehin ständig die Lage: Die Tatsache, daß diese spezielle Nachricht später modifiziert wurde, habe ihn »weder überrascht noch geschockt«, sagte Rumsfeld in seiner gewohnt schnodderigen Art. Vor dem Krieg gegen Irak habe man »keine dramatisch neuen Beweise« über Massenvernichtungswaffen gehabt. Das sei jedoch für den Krieg nicht ausschlaggebend gewesen. Vielmehr sei die potentielle Gefahr, die von (angeblichen) irakischen Massenvernichtungswaffen ausging, von der Bush-Administration nach dem 11.September in einem »dramatisch neuen Licht« gesehen worden. Rumsfeld wörtlich: durch »das Prisma des 11.Septembers«.

      Die Anhörung war vom Streitkräfteausschuß des Senats einberufen worden, der auch wissen wollte, wie teuer die derzeitigen US-Kriege sind. Nach Angaben von Rumsfeld kostet der Irak-Krieg die USA monatlich 3,9 Milliarden Dollar, bedeutend mehr, als bisher geschätzt wurde. Auf beharrliche Fragen der Senatoren gab Rumsfeld zum ersten Mal auch Auskunft über die Kosten der US-Operationen in Afghanistan. Mit 900 bis 950 Millionen Dollar im Monat liegen diese weit über den Schätzungen des US-Kongresses in Höhe von 500 Millionen Dollar. Bereits tags zuvor, am Dienstag, hatte das US-Abgeordnetenhaus die »Verteidigungsausgaben« für das Haushaltsjahr 2004 in Höhe von 368,7 Milliarden Dollar mit überwältigender Mehrheit gebilligt. Das in der Zahl enthaltene Wachstum von 1,3 Prozent ist jedoch nicht aussagekräftig, denn Mitte des laufenden Haushaltsjahres war ein Nachtragshaushalt von 62,4 Milliarden Dollar für den Irak-Krieg verabschiedet worden, der im laufenden »Verteidigungshaushalt« nicht eingeschlossen ist. Auch in den fast 370 Milliarden fürs kommende Jahr sind die Irak-Kriegskosten nicht enthalten.

      Vor dem Hintergrund des riesigen US-Rüstungshaushaltes dürften es weniger die Kosten der US-Besatzung, sondern die zunehmende Zahl von toten und verwundeten US-Soldaten gewesen sein, welche die Senatoren dazu veranlaßte, Verteidigungsminister Rumsfeld erneut und mit großer Dringlichkeit aufzufordern, andere Länder – insbesondere Deutschland und Frankreich – dazu aufzufordern, den USA bei der Besatzung und Unterdrückung des Irak mit Soldaten behilflich zu sein. Daher zeigten sich die Senatoren, von denen einige gerade von einer Erkundungsmission im Irak zurückgekommen waren, sichtlich verärgert, daß Rumsfeld nur vage über den Stand der amerikanischen Truppenanforderungen an Deutschland und Frankreich informiert zu sein schien. Rumsfeld erklärte lediglich, daß eine entsprechende Forderung bereits vor Monaten durch das US-Außenministerium an die Länder gegangen sei. Auch habe sein Stellvertreter Paul Wolfowitz schon im Dezember in der NATO eine solche Forderung gestellt. Ohne näher auf den Inhalt einzugehen, verwies Rumsfeld statt dessen auf Großbritannien und Polen, die 20000 zusätzliche Soldaten für den Irak versprochen hätten, und darauf, daß die NATO den Polen dabei behilflich sei.

      http://www.jungewelt.de/2003/07-11/001.php
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      schrieb am 11.07.03 00:35:14
      Beitrag Nr. 3.490 ()
      Mauritius is not for sale

      Zur amerikanischen Außenhandelspolitik in Afrika


      Die aktuelle Reise des US-amerikanischen Präsidenten kommt ohne große wirtschaftspolitische Höhepunkte aus: business as usual. Bereits im Januar waren in der mauritianischen Hauptstadt Port Louis die Vertreter von 48 afrikanischen Ländern südlich der Sahara zusammengekommen, die sich gemäß den Bestimmungen des African Growth and Opportunity Act (AGOA) alle zwei Jahre treffen müssen. Sie mußten mit einem Vertreter der USA, diesmal dem Repräsentanten des US-Handels Robert Zoellick, erneut über ihre Teilnahme an diesem Zoll- und Freihandelsabkommen verhandeln.

      Der Köder

      Der AGOA ist eine einseitige Festlegung. Es handelt sich um ein Gesetz des US-Kongresses, das die Importzölle für Waren aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara festsetzt. Für das Jahr 2001 betraf dies Waren im Wert von insgesamt ca. sieben Milliarden US-Dollar. Damit beispielsweise Textilien auf dem US-Markt verkauft werden dürfen, müssen sie aus Rohmaterialien, die aus den USA oder Afrika stammen, hergestellt werden. Waren, deren Rohmaterial z.B. aus Indien, Pakistan, Malaysia oder China kommt, dürfen nicht auf dem US-Markt verkauft werden. Diese Bestimmung traf auch auf mauritianische Textilien zu, weil die Hersteller zum Teil mit billigen Rohstoffen aus Asien arbeiten. Es gibt zwei Möglichkeiten, diese Handelsbarriere zu umgehen: Entweder muß ein Land von den USA als »weniger entwickelt« bzw. »sehr arm« eingestuft werden, d.h. das Pro-Kopf-Einkommen muß unter 1500 US-Dollar (Stand 1998) im Jahr liegen, was für alle Länder südlich der Sahara außer Äquatorialguinea, Gabun, Mauritius, die Seychellen und Südafrika gilt. Oder aber das Land muß vom US-Präsidenten »auserwählt« werden, unter die AGOA-Bestimmungen zu fallen – wie Mauritius. Für dortige Unternehmen, wie z.B. das größte Textilunternehmen Floréal Knitwear, bedeutet das einen 17prozentigen Zollnachlaß für seine Waren auf dem US-Markt – allerdings nur, solange dies der US-Textilindustrie nicht schadet! Das ist der »Köder für die Bosse« in Mauritius, in deren Namen die mauritianische Regierung den Bedingungen von AGOA zugestimmt hat – immerhin ist Mauritius der drittgrößte Pulloverexporteur der Welt. Aber es gibt keinen Köder ohne einen Haken... Der Haken sind die Bedingungen, die ein Land erfüllen muß, um »auserwählt« zu werden. An diesem Haken aber wird sich die arbeitende Bevölkerung verschlucken, warnen die Linken. 30 Gewerkschaften und linke soziale Bewegungen, die schon lange gegen AGOA und dessen Vorgänger kämpfen, formierten sich deshalb zum People’s Forum und organisierten parallel zur offiziellen Veranstaltung ein Seminar, riefen zu Protestaktionen auf und verteilten über die ganze Insel 10000 Broschüren in kreolischer Sprache, die über AGOA und die dazugehörigen Bedingungen aufklären. Die Bewegung versteht sich explizit als Teil der Antiglobalisierungsbewegung und als Fortsetzung der Proteste in Seattle, Genua etc.

      Der außenpolitische Haken

      Daß es sich bei AGOA um mehr handelt als bloß ein »Zoll- und Freihandelsabkommen«, wurde bei der Demonstration am 17. Januar 2003 deutlich. Denn hier wurde der Protest gegen AGOA verbunden mit dem Protest gegen den drohenden Krieg gegen den Irak. Wenn einer der Demonstranten rief: »Who let the bombs out?«, skandierten die anderen: »Bush, Blair, Bérenger...« und meinten den stellvertretenden Premierminister und Vorsitzenden des links-sozialdemokratischen Movement Militant Mauricien (MMM), Paul Bérenger. Vor drei Jahren war dieser noch in der Opposition und reihte sich ein in die Proteste gegen die von der damaligen Regierung Ramgoolam eingebrachte Public Security Bill, eine Art Notstandsgesetz. Schon damals waren die Linken in Mauritius diesem Verhalten gegenüber skeptisch, denn der Wahlkampf hatte begonnen, und die Chance, sich zu profilieren, war günstig, auch wenn Bérenger vorher selbst für Law and Order plädiert hatte. Seit den Wahlen im November 2000, ist Bérenger stellvertretender Premierminister und mitverantwortlich für die Unterzeichnung und Fortführung des AGOA und damit auch für die Akzeptanz der daran geknüpften wirtschafts-, innen- und außenpolitischen Bedingungen. Letztere bedeuten u.a., daß die teilnehmenden Länder den außenpolitischen Kurs der USA mitzutragen haben.

      Mauritius ist für die USA strategisch äußerst wichtig, weil die zu den Chagos-Inseln und damit zu Mauritius gehörende Insel Diego Garcia eine der weltweit größten Atombasen ist und immer noch unter US-Verwaltung steht. 1965 hatte die damalige Kolonialmacht Großbritannien einige Inseln aus dem Gebiet der Kolonien Mauritius und Seychellen ausgegliedert und dem neu gegründeten British Indian Ocean Territory (B.I.O.T.) zugeschlagen, um sie sich für militärische Zwecke zu sichern, bevor man Mauritius (1968) und die Seychellen (1976) in die Unabhängigkeit entließ. Die meisten Inseln des British Indian Ocean Territory wurden an Mauritius und die Seychellen zurückgegeben. Nur Diego Garcia und einige wenige Chagos-Inseln blieben unter britischer Verwaltung. 1966 verpachtete die Regierung in London Diego Garcia für 50 Jahre an die USA, die dort eine riesige, atomar ausgestattete Militärbasis errichteten. Washington gab den Briten dafür beim Kauf eines Satzes nuklearer Polaris-Raketen einen »Rabatt« von fünf Milliarden Dollar. Die mehr als 1000 dort lebenden Menschen wurden zwangsweise nach Mauritius und auf die Seychellen umgesiedelt – einige kamen allerdings nie dort an. Es wird vermutet, daß sie umgebracht wurden. Bis heute darf kein Mauritianer Diego Garcia auch nur besuchen, denn die Insel ist die wichtigste Militärbasis der USA in diesem Raum und diente sowohl im zweiten Golfkrieg 1991 als auch im Afghanistan- und Irak-Krieg als Basis für Kriegsoperationen.

      Spätestens seit Dezember 2000 ist die völkerrechtswidrige Konstruktion von 1966 ins Wanken geraten. Seit einigen Jahren verweisen die ehemaligen Bewohner von Diego Garcia vor der UNO immer wieder auf die UN-Menschenrechtskonvention, nach der niemand zwangsweise exiliert und von seinem Heimatland entfernt gehalten werden darf. Die Nichtpaktgebundenen bekräftigten 1992 auf ihrem Gipfel in Jakarta ihre »volle Unterstützung für die Souveränität von Mauritius über den Chagos-Archipel, einschließlich Diego Garcia« und forderten die frühere Kolonialmacht auf, den Archipel zurückzugeben. Das Oberste Gericht in London hat im Dezember 2000 die Unrechtmäßigkeit der Zwangsumsiedlung und das Rückkehrrecht der Bewohner Diego Garcias anerkannt. Praktische Konsequenzen hatte das Londoner Urteil allerdings bisher nicht, denn die Entscheidungsgewalt über Diego Garcia und seine Einwohner liegt längst in Washington. Heute sind auf Diego Garcia B52-Bomber und B2-Stealth-Bomber der Air Force stationiert, und so, wie die weltpolitische Lage sich den Regierenden der USA darstellt, werden diese den Stützpunkt so schnell nicht auf- und zurückgeben.

      Der Zusammenhang zwischen Diego Garcia und AGOA läßt sich an folgenden Ereignissen ablesen: Kurz nachdem die Regierung von Mauritius ihre Forderung wiederholt hatte, daß Diego Garcia an Mauritius zurückgegeben werden soll, fand der US-Zoll Gründe, daß Textilien aus Mauritius nicht mehr unter AGOA fallen und deshalb nicht mehr zollfrei in die USA eingeführt werden konnten. Nachdem im August 2002 dann der mauritianische Staat im UN-Sicherheitsrat – gegen großen Widerstand im eigenen Land – die Bombardierung Afghanistans unterstützte, galten plötzlich die AGOA-Bestimmungen für mauritianische Textilien wieder. Heute gehört es zu den AGOA-Bedingungen, daß der Irak-Kurs der USA unterstützt werden muß.

      Kosten des Freihandels

      Anfang der 90er Jahre änderten die USA ihre Afrikapolitik; man wollte Afrika nicht mehr länger den ehemaligen Kolonialmächten – vor allem Großbritannien und Frankreich – als Markt überlassen und verfolgte dabei zwei Ziele: ein wirtschaftspolitisches und ein militärisches. Zum einen ging es darum, multinationalen Konzernen den Zugang zu bzw. größere Marktanteile auf dem afrikanischen Markt – vor allem für Rohstoffe wie Gold, Öl, Kupfer und Diamanten – zu verschaffen. Zum anderen ging es darum, einen stärkeren militärischen bzw. außenpolitischen Rückhalt in Afrika zu finden. Seither wird versucht, über ein umfassendes »Freihandelsgesetz«, gekoppelt an entsprechende politische Konditionen, beides zu verbinden. Dieses Gesetz mußte zunächst verschiedene Hürden überwinden, wurde abgelehnt im Kongreß, immer wieder modifiziert und mit immer neuen Namen erneut verhandelt: Zunächst hieß es unter Bill Clinton Africa Bill, dann African Growth and Opportunity Bill, Africa Act oder Trade and Tariff Act. Seit der endgültigen Verabschiedung im Jahr 2000 heißt es bei »African Growth and Opportunity Act«. Mit diesem US-Gesetz wird der afrikanische Kontinent zunächst aufgeteilt in eine Zone nördlich und eine südlich der Sahara, die von der Weltbank »Sub-Saharan-Africa« genannt wird und die Kritiker in den verschiedenen Ländern an Kolonialzeiten erinnert, wo im »Berliner Abkommen« (1884) der Kontinent unter den verschiedenen Kolonialmächten aufgeteilt wurde. Es werden zwar 48 Länder in dem Gesetz namentlich erwähnt, aber bis September 2008 liegt es am US-Präsidenten, alle zwei Jahre zu entscheiden, für die Waren und Dienstleistungen welchen Landes er den US-Markt öffnen will. Im Moment gehören 36 Länder dieser Zone zu den »auserwählten«.

      Rajsoomer Lallah, Mitglied des UN-Menschenrechtskomitees, sieht deshalb durch AGOA die Souveränität der afrikanischen Länder gefährdet. In einem Interview mit der mauritianischen Zeitung L’Express sagte er: »AGOA ist kein multilaterales Abkommen, sondern ein internes Gesetz der USA. Es autorisiert den US-Präsidenten, nach seinem Belieben auf Grund von bestimmten Kriterien Länder auszuwählen oder nicht, die in den Genuß der Vorzüge von AGOA kommen. ... Ich frage mich, in welchem Artikel unsere Verfassung in politischen oder ökonomischen Fragen wie z.B. der Privatisierung oder der Abschaffung kontrollierter Preise die Unterwerfung der Amtsausübung der Exekutive unter eine ausländische Macht erlaubt.«

      So berechtigt die Empörung über diese Politik ist, sie ist auch ein wenig naiv gegenüber bürgerlich-kapitalistischen Verhältnissen, denn sie unterstellt die politisch-staatliche Souveränität als eine, die auch die Gesellschaft bestimmt – verwechselt die Form mit dem Inhalt. Solange der Export in den US-Markt für Entwicklungsländer – real oder fiktiv – von entscheidender Bedeutung für die ökonomische Entwicklung ist, steht der politischen Souveränität immer die ökonomische Abhängigkeit und damit die Erpreßbarkeit gegenüber. Für Lindsey Collen und Ram Seegobin ist AGOA ein gutes Beispiel, wie heutzutage kapitalistische Globalisierung funktioniert: »Der US-Kongreß verabschiedet ein Gesetz; dieses ermöglicht steigende Profite für Kapitalisten in den USA und in Mauritius; das macht es durch eine Politik, die vom Staat Mauritius durchgesetzt wird; und all das direkt auf Kosten der arbeitenden Menschen in Afrika, die das alles zu bezahlen haben, in Form der Bedingungen, die ihren Lebensstandard beschneiden, sie ihrer Menschenrechte berauben und ihre winzige demokratische Stimme, die sie sich in den vergangenen Kämpfen errungen haben, noch mehr vermindern.«

      Zwang zur Privatisierung

      »Der Präsident ist dazu bevollmächtigt, ein Land südlich der Sahara als berechtigtes zu bestimmen, wenn der Präsident bestimmt, daß das Land eine Marktwirtschaft etabliert hat oder kontinuierliche Fortschritte macht bei der Herstellung einer Marktwirtschaft, die das Recht auf Privateigentum schützt, verbunden mit freiem Handel und wenig Einmischung der Regierung in die Wirtschaft, z.B. durch Maßnahmen wie Preiskontrollen, Subventionen und staatseigenes Kapital.« (AGOA, Abschnitt 104, Auswahlkriterien)

      Damit soll die gesamte Wirtschaft einschließlich öffentlicher Aufgaben privatisiert werden und soziale Leistungen wie Gesundheit, Bildung, Renten, aber auch die Versorgung mit Wasser, Elektrizität, Telekommunikation, der öffentliche Transport etc. müßten zu Waren gemacht werden. Alle bisherigen Maßnahmen, den Reichtum umzuverteilen und die soziale Ungleichheit der Klassen wenigstens einzudämmen, wie z.B. Unternehmenssteuern, Kapitalsteuern etc., könnten dann vergessen werden. Selbstredend gehört dazu auch die Forderung nach der Aufhebung aller Preiskontrollen für Grundnahrungsmittel. Ein vollständig »freier«, liberalisierter Markt, auf dem alles in der Hand privater Unternehmen wäre, wie es IWF und Weltbank von der mauritianischen Regierung seit den 70er Jahren fordern, wurde und wird allerdings von der starken linken Opposition in Mauritius – einschließlich der Gewerkschaften – bislang so sehr bekämpft, daß es der Regierung nicht gelang, die Forderungen nach Totalprivatisierung umzusetzen.

      Privateigentum bzw. Privatisierung des öffentlichen Sektors bedeuten nicht mehr Freiheit, sondern Entdemokratisierung. »Privatisierung ist eine Form der Enteignung unseres kollektiven Erbes. In afrikanischen Ländern war der Ausbau des öffentlichen Sektors ein Mittel der Entkolonisierung, um ausländische Unternehmen und deren Regierungen davon abzuhalten, strategisch wichtige Sektoren der Wirtschaft zu kontrollieren und alle Gewinne wegzuzaubern. Die Privatisierung macht den historischen Fortschritt der Entkolonisierung wieder zunichte und setzt die afrikanischen Länder wieder einer Rekolonisierung aus.« (R. Lallah)

      Klassenkonflikte vor Ort

      Die einheimische Bourgeoisie ist natürlich interessiert an der Durchsetzung des AGOA, weil ihr bzw. ihren Waren damit der US-Markt geöffnet wird und sie durch den zunehmenden ökonomischen Druck, die starke Arbeiterbewegung in ihre Schranken verweisen kann. Diese wurde vor die Entscheidung gestellt, neuen, schlechteren Arbeitsbedingungen zuzustimmen, anderenfalls werde die Produktion nach Madagaskar verlegt. Dort sind nicht nur die Löhne niedriger, auch die Gewerkschaften sind dort nicht annähernd so mächtig wie in Mauritius. Das größte und älteste Textilunternehmen Floréal Knitwear hat deshalb bereits 40 Prozent seiner Produktionsstätten nach Madagaskar verlegt und begonnen, Arbeiter und Arbeiterinnen zu entlassen. Andere Fabriken folgten, und rund 100000 Arbeitsplätze in den Free Production Zones auf Mauritius sind bedroht.

      Nachdem es in Madagaskar im Umfeld der Präsidentenwahl 2000 politische Unruhen gegeben hatte, schien diese Option für die mauritianischen Kapitalisten zunächst nicht mehr zu bestehen. Doch bei der AGOA-Konferenz im Januar in Port Louis versuchten die Lobbyisten aus Madagaskar und Tansania erneut, mauritianische Unternehmen dazu zu bringen, ihre Produktion zu verlagern. Ähnlich wie für das westeuropäische Kapital ist es für das mauritianische viel lukrativer, die Produktion in Gesellschaften mit weniger ausgeprägten sozialstaatlichen Regulierungen zu verlagern.

      Die im AGOA enthaltene Forderung, Subventionen für Grundnahrungsmittel wie Reis und Mehl, für Medizin, Impfstoffe, empfängnisverhütende Mittel, Subventionen für kleine Bauern, für Fischer etc., die zum Leben für viele Menschen in Afrika unerläßlich sind, zu streichen, wird von den linken Kritikern in den gleichen Zusammenhang gestellt. Diese Subventionen waren genauso wie bestimmte protektionistische Maßnahmen zum Schutz der lokalen Produktion, die jetzt abgeschafft werden sollen, Teil der selbständigen Politik dieser Gesellschaften nach ihrer Unabhängigkeit. Gegenüber Deregulierung und Liberalisierung à la AGOA werden sie als Errungenschaften von den Linken zunächst auch verteidigt.

      Was sich dann für uns leicht nach Standortlogik anhören könnte, stellt sich hier, in einer Gesellschaft mit jahrhundertelanger Kolonialgeschichte und in einer Lage, in der diese Gesellschaft eher Objekt denn Subjekt imperialistischer ökonomischer Strategien ist, anders dar. Die Linken in Mauritius verstehen es, ihre Kritik an einer radikalen Öffnung der mauritianischen Ökonomie für den Weltmarkt und ihre Verteidigung der lokalen Wirtschaft so zu diskutieren, daß dabei die mauritianische Gesellschaft als Klassengesellschaft sichtbar bleibt (oder wird) und die einheimische Bourgeoisie entsprechend kritisiert und bekämpft wird. Für die Linke in den Ländern südlich der Sahara ist klar, daß sie ihren Widerstand gegen AGOA fortsetzen wird. Es wird Zeit, daß wir in Europa davon Kenntnis nehmen und den Protest gegen AGOA unterstützen.

      * Weitere Informationen: http://www.labournet.de.
      Die offizielle Quelle der US-Regierung findet sich unter: http://www.agoa.gov.
      http://www.jungewelt.de/2003/07-11/004.php
      Avatar
      schrieb am 11.07.03 01:08:39
      Beitrag Nr. 3.491 ()
      Debatte: Das Ende des US-Imperiums? (1)


      Die Burg zieht die Zugbrücke hoch

      Oliver Fahrni




      Der Krieg im Irak ist für die USA nur ein Vorspiel. Ihr Ziel ist der Weltbürgerkrieg einer globalisierten Elite gegen den Rest der Menschheit. Aristokratische Herrschaftsformen des Altertums sind das Modell.



      Dieses Leoparden-Teil, ist es von Malentino? Von Tior? Oder, wahrscheinlicher, von Tommy Hilflos? Jeder amerikanische Krieg hat seine modischen Kollateralschäden. Nach Vietnam trug man Ray-Ban-Sonnenbrillen. Jetzt haben sie den Ausgeh-Kampfanzug erfunden. Tadellos. So steht er also, adrett gebügelt, jung, schwarz, eine Spur schüchtern («süss!», schreien Susi und Rodolfo) vor der kasernierten JournalistInnenschar im «Centcom» von Katar und sagt: «Today, I have two clips for you.» Wahrscheinlich hat ihn irgendeine Casting-Agentur gefunden. Er zeigt uns den ersten humanitären Krieg. Wir kannten die humanitäre Intervention (Somalia), den Krieg ohne Bilder (Grenada), den Operetten-Krieg (Haiti) und ein paar Spielarten mehr. Die Clips kennen wir von 1991. Irgendein Viereck, er sagt «Bunker» oder «Chemiewaffenfabrik». Aha!, sagen wir – Flash. Playstation 4 (die Japaner sind diesmal auch in der Koalition der Genötigten, letztes Mal hat sie ihr Pazifismus hernach elf Milliarden Dollar gekostet). Nur die Tonspur ist wie verschoben: «Die Koalition der Willigen wird dies nicht davon abhalten, die Iraker zu befreien. Wir führen einen humanen Krieg.»
      Ob ihm jemand diese humanen Superbomben glaubt, kümmert die Texter hinter dem Offiziersdarsteller nicht. Egal, ob es nach Propaganda riecht, nach den Lügen des ersten Golfkrieges (wir erinnern uns: die Babys, aus Brutkästen gerissen ...), nach den noch dreisteren Lügen und Schiebereien, mit denen dieser seit langem beschlossene zweite Krieg herbeigeredet wurde. Es geht nicht mehr um Propaganda. Propaganda will überzeugen; Massenverdummungswaffen müssen, sollen sie wirken, plausibel scheinen. Diesmal lautet die Botschaft nicht, Saddam Hussein sei ein übler Finger (das wissen wir), die Botschaft heisst: «Was immer wir euch erzählen – es ist der Text, den ihr runterzubeten habt. Die Wahrheit ist ein Popanz, die Geschichte zählt nichts. Wir haben die Macht. Basta. Entscheidet euch, ob ihr mit uns seid oder gegen uns.»
      Der italienische Journalist, der nachfragte («Woher haben Sie diese Information, Sie scheinen generell nicht besonders gut informiert?»), die Generäle, die vor dem Krieg warnten, die vielen Nahostspezialisten, die ihn für unnötig und gefährlich halten (Saddam wäre zu entwaffnen gewesen, sein Sturz ist in der Entwicklung der irakischen Gesellschaft angelegt) – sie alle verstehen nicht, dass dieser Krieg einer anderen Rationalität folgt. Ein paar Forscher und Autoren, die im Thinktank Cargo 3 (Hamburg, Marseille) zusammenarbeiten, haben siebzehn Gründe erörtert, die Präsident George W. Bushs Warlords zum Kriegszug bewegt haben könnten. Geopolitische, geowirtschaftliche, gesellschaftlich-anthropologische, private Interessen, Korruption. Etliche Motive sind stark.
      Umbrüche, Kriege, Revolutionen haben meist mehr als einen Grund. Bündelt man diverse Motive, ergibt sich ein deutliches Bild. Uns vom Thinktank Cargo 3 schien nach einigen Wochen Arbeit klar: Der Kern des Problems liegt nicht in Nahost, das Problem liegt in den USA. Interessant, wie viel Energie Kriegsminister Donald Rumsfeld, Dick Cheney, Donalds Stellvertreter Paul Wolfowitz darauf verwenden, die reaktionärste Fraktion des Klerus im Iran zu stärken, Europa zu brüskieren, die islamische Welt zu demütigen oder die Nordkoreaner zu reizen. Es scheint, die Bush-Regierung habe es darauf abgesehen, möglichst viele gefährliche Konflikte in der Welt zu schüren, was Anatol Lieven von Carnegie Stiftung zum Urteil veranlasste, Amerika sei eine Gefahr für sich und die Welt.
      Man könnte das mit der brutalen Persönlichkeit, mit Temperament und Wille der Lenker erklären. Rumsfeld, der Rabauke, war Navy-Pilot, er hat in Princeton studiert, das dem militärischen Komplex immer stark verbunden war, er hat seine Millionen in der Chemie gemacht. Cheney hält einen Atomkrieg für gewinnbar und wollte schon 1991 gegen den Irak Atomwaffen einsetzen. Wolfowitz, der sich rühmt, seit 1977 den Irak besetzen zu wollen, wird von Exmitarbeitern «Velociraptor» genannt, ein besonders schneller, bösartiger Raubdino, der immer auf die Kehle des Gegners zielt. Eine alte Regel des politischen Handwerks aber besagt: Unterstelle einem Akteur nie irrationale Motive. Saddam Hussein handelt rational. Die nordkoreanische Führung handelt rational. Bush handelt rational. Suche die materiellen Gründe.

      Die Clans übernehmen die Aussenpolitik
      Der kleinen Mühe sollte man sich unterziehen, wenn eine Politik seit zwanzig Jahren von einer Reihe rechter Lobbygruppen und Denkfabriken konzipiert wird. Das American Enterprise Institute, die Hoover Institution, das Center for Security Policy, das Jewish Institute for Security Affairs, das Hudson Institute, die Heritage Foundation, das Cato-Institute, das Institute for American Values haben sie formuliert. Die meisten dieser Thinktanks sind einflussreiche, personell stark besetzte Organisationen, meist gegründet und finanziert vom militärisch-industriellen Komplex, von den Ölkonzernen und anderen Konzernen. 1997 führte William Kristol eine Koalition von rechten Revolutionären, Neokonservativen und christlichen Fundamentalisten im Project for the New American Century (PNAC) zusammen. Übrigens auch beim Projekt für das neue amerikanische Jahrhundert dabei: die Bush-Familie, mit Cheb Bush, der damals noch der Kronprinz war, aber als Gouverneur von Florida eine wichtigere Rolle zu spielen hatte, bei der erzwungenen Wahl George Doubleyous. Jetzt muss er ein wenig warten, bis er als Bush III. ins Weisse Haus einziehen darf. Gore Vidal (Gore-Clan) hatte uns gewarnt: Amerika wird von Claninteressen regiert.
      12 der 25 Erstunterzeichner des PNAC zogen in die Regierung Bush oder sie beratenden Institutionen ein, darunter die Schlüsselfiguren Rumsfeld, Cheney, Wolfowitz, Richard Perle (er musste seinen Posten gerade räumen, wegen allzu offensichtlicher Kollision mit seinen Geschäftsinteressen). Das möchte man keine Beeinflussung mehr nennen, sondern einen Überfall: Der PNAC hat die US-Regierung, zumindest in der Aussenpolitik, übernommen. Noch eine Verschwörungstheorie? Nein, die Sache liegt simpler: Die Übernahme wurde in aller Öffentlichkeit betrieben, mit letztem Aufwand und hoher Disziplin der PNAC-Köpfe. Ihre Politik, das dürfen wir vermuten, ist kohärent. Sie folgt einem Plan.
      Emmanuel Todd hat eine Vermutung. Er baut sein Buch «Weltmacht USA. Ein Nachruf» um die These, nicht die Stärke treibe Amerika zum aggressiven Umbau der Welt, sondern die militärische und wirtschaftliche Schwäche. Das Empire sei ein Hegemon im Niedergang. Mit Gestikulationen, mit der Simulation imperialer Macht durch Kriege gegen schwache Gegner wie den Irak suchten die USA ihre Plünderungsökonomie zu retten. Dadurch sei Amerika ein Stör- und Krisenfaktor für die friedliche Entwicklung der Welt. Das werde Europa zur Einigung um das deutsch-französische Paar und zum Schulterschluss mit Japan und der wiedererweckten Atommacht Russland zwingen. Am Ende sieht er eine multipolare Welt entstehen.
      Dieser Blick überrascht vor allem darum, weil ihn ein Mann auf die USA wirft, der in Frankreich im rechten Lager steht und Francis Fukuyamas These von der zwangsläufigen Demokratisierung der Welt anhängt. Da tut sich ein breiter Atlantikgraben auf. Jacques Chirac wird sich die Sicht zu Eigen gemacht haben. Er vertraut Todd, seit ihm dieser mit einem Strategiepapier über die sozialen Gräben im Land in den Neunzigern zum Wahlsieg verhalf.

      Lufthoheit über die Köpfe
      Wolfowitz, Kristol und ihre Freunde werden das mit harten Worten als typische französische Polemik abtun. Sie haben sich in den USA und nach Europa hinein mit der These vom «mildtätigen Imperialismus» die Lufthoheit über die Köpfe gesichert. Knapp: Nur die USA könnten die Welt zu Frieden und Demokratie führen, indem sie ihr das amerikanische Modell aufdrückten – notfalls mit Gewalt. Es ist die Weiterführung des Lehrsatzes aus fordistischen Zeiten: Was gut ist für General Motors, ist gut für Amerika. Heute heisst er: Was gut ist für Amerika, ist gut für die Welt. Bushs Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice schrieb im Januar 2000: «Amerikas Werte sind universell.» In religiöser Verklärung machte Bush daraus den «Auftrag Gottes» an den Präsidenten und die amerikanische (auserwählte) Nation, ihr Modell, also Gottes Modell, der Welt aufzudrücken.
      Freilich ist die Lufthoheit der Wolfowitz-Kristol-Gang eine mediale Täuschung. Vor und nach Todd haben verschiedene US-Denker den Niedergang des Empires beschrieben. Immanuel Wallerstein, einer der führenden Historiker an der Yale-Universität, schrieb in der Zeitschrift «Foreign Policy» einen langen Aufsatz («The Eagle Has Crash Landed») unter der Frage: «Werden die Vereinigten Staaten lernen, ruhig zu verblassen, oder wird der Widerstand der Konservativen den langsamen Niedergang in einen raschen und gefährlichen (für die ganze Welt gefährlichen) Fall verwandeln?» Anatol Lieven von der Carnegie-Stiftung fragt, ob wir nicht gerade «das Ende des Westens» erlebten. Charles Kupchan, Professor an der Georgetown University glaubt, Europa sei die kommende Macht («The End of the American Era»). Das neuste Buch von Joseph S. Nye, der die Kennedy School of Government in Harvard leitet, heisst: «Das Paradox der amerikanischen Macht. Warum die einzige Supermacht der Welt Verbündete braucht.» Nye glaubt, dass die Bush-Leute durch die Vernachlässigung der «Soft Power» (Zusammenarbeit, Verträge, Überzeugung, positive Anreize, US-Modell etc.) scheitern werden, zum Nachteil Amerikas. Im Pariser «Le Monde» gab Graham Fuller, lange Nummer zwei der CIA, den Europäern den kaum kaschierten Hinweis, auf ihrem Widerstand gegen Bushs Pläne zu beharren – Europa sei ein historisch einmaliges Modell, schrieb er.
      Merkwürdig aber ist: Jeder dieser Köpfe hat Ansätze für eine Kritik des Empire – doch keiner wagt sich auf das Terrain der revolutionären Weltsicht von Wolfowitz/Kristol, denn sie haben ihre Schlüsse aus der Entwicklung des Kapitalismus gezogen. In einer Art radikaler Umkehrung der Kritik an der entfesselten Globalisierung rüstet diese Gang für den Weltbürger- krieg einer globalisierten Elite gegen den Rest der Menschheit. Sie hat weder die Illusion noch den Wunsch, die wachsenden sozialen Unterschiede in Amerika oder in der Welt und die Konflikte, die daraus wachsen, zu zähmen. Genau dies aber bleibt bei Todd, aber auch Europas Sozialdemokraten, bei Nye oder den US-Demokraten ungesagt und unwidersprochen. Sie halten sich in einer Zeit, in der sich die grossen Konzerne und das Finanzkapital längst ihren Gesellschaften und den Nationalökonomien entzogen haben, an das alte Bild von der Konkurrenz zwischen Nationen. Sie blenden aus, dass wir mitten in einem historischen Umbruch stehen, der eine 500-jährige Epoche beendet.

      Wo steht der Feind?
      Kurze Rückblende. Um das Jahr 1990 herum, am Ende des Kalten Krieges, befiel die Sieger Depression. Bisher war die Welt ein harscher Platz, mit der Konkurrenz der Systeme, der gegenseitigen atomaren Bedrohung und dutzenden von Stellvertreterkriegen in der Dritten Welt (mehr als zwanzig Millionen Tote), aber die Teilung machte sie für die Amerikaner doch zu einem geordneten Platz. Die Nationen waren nur Fähnchen auf der Generalstabskarte: Entweder gehörten sie zur einen oder anderen Seite, Staatsstreiche, Bürgerkrieg oder Interventionen sorgten für den Wechsel des einen oder anderen Staates auf die richtige Seite. Um die Gesellschaften brauchte man sich nicht zu kümmern – es ist verblüffend, wie wenig die Amerikaner zum Beispiel über Mittelamerika und Vietnam wussten oder wie sehr sie die islamische Revolution in ihrem Protektorat Iran überraschte. Unter der Decke der Blockkonfrontation konnte der globale Klassenkampf weitergehen. Die koloniale Plünderung wurde in nachkolonialen, billigeren Formen weitergeführt.
      1990 war der Feind weg, und unvermittelt stand Amerika einer zerrissenen, zu zwei Dritteln armen Welt gegenüber. Alle Erklärungsmodelle brachen zusammen. Die eigene Ideologie vom alles fügenden Markt war nackt. Gleichzeitig erfuhr die Globalisierung einen scharfen Schub. Globalisierung wird bei uns gerne schwammig als die Ausdehnung des kapitalistischen Marktes auf die ganze Welt gesehen, als Beschleunigung der Kommunikation, der Kapitalflüsse etc. Tatsächlich ist Globalisierung ein soziales Erdbeben: die Lösung eines entscheidenden Teils des Kapitals von ihren Gesellschaften, also die Emanzipation von jener Form der politischen Organisation der Menschheit, die das Kapital mitgeschaffen hatte. Zwischen 1985 und 1995 entstanden mehr transnationale Konzerne als in den zweihundert Jahren zuvor. Sie erwirtschaften heute fünfzig Prozent der Wertschöpfung. Da ist eine Ökonomie entstanden, die sich jedem politischen Zugriff entzieht. Bill Clinton folgerte: «Big government is over.»
      In jener Zeit setzte eine rege Tätigkeit in Thinktanks und an Universitäten ein. Eine neue griffige Beschreibung der Welt musste gefunden werden. Samuel Huntingtons These vom Krieg der Kulturen, später Fukuyamas Buch über das Ende der Geschichte wurden bestimmend für die Diskussion. Inzwischen ist die Unterteilung der Welt in Barbaren (die Armen) und Zivilisierte (wir, die Reichen) ein Muster, das die amerikanische Wissenschaft und die Politik beherrscht und durchdringt, wie Mark B. Salter von der amerikanischen Universität in einer erhellenden Studie zeigt. «Die Behauptung scheint krass», sagt Salter, «aber es ist ein Konzept, das sich in unterschiedlichsten Ausformungen in alle möglichen Denkmuster drängt.» Das binäre Weltbild hat sich längst auch in europäische Köpfe geschlichen. Es hat einen bestechenden Vorteil: Es öffnet die barbarische Welt (die armen Länder) für die Gewalt der «Zivilisierten». Salters Buch schmückt ein Bild der Gefangenen von Guantánamo unter weisser Folter. Darüber der Titel: «Barbaren & Zivilisierte».

      Das künftige Lebensmodell der Eliten
      Darin liegt das Entscheidende. Die rechten Revolutionäre um Wolfowitz & Kristol glauben, dass die Menschheit vor der Alternative steht, entweder mit der Marktwirtschaft zu brechen – was sie nicht wollen – oder mit zunehmenden sozialen Differenzen, zunehmender Gewalt, dem molekularen Bürgerkrieg zu leben. Dafür rüsten sie. Die Burg zieht die Zugbrücke hoch. Gated Communities sind das künftige Lebensmodell für die Eliten. Amerika sucht keine territoriale Ausdehnung. Sein Imperialismuskonzept ist nicht mehr amerikanisch – es ist das Unterfangen, sich den globalisierten Eliten als Gewaltmonopolist anzubieten. Um das durchzusetzen, werden Feinde geschaffen. Wieder hat Huntington mit «Muslim Wars» für das notwendige Konstrukt gesorgt. «Was wir jetzt brauchen», sagte Paul Wolfowitz im März 2001, ein paar Monate vor dem 11. 9., «ist ein Pearl Harbour.» Ähnlich stand es auch in einer PNAC-Studie, die zur Vorlage für die nationale Sicherheitsstrategie wurde. Sie haben den 11. 9. ersehnt. Der 11. 9. ist ihr Mantra. Der 11. 9. ist der Hammer, der auf jede Schraube passt. Früher harsch und konfliktuell, aber geordnet, ist die Welt nun nur noch «gefährlich», ein Niemandsland aller Gefahren (ausserhalb der Gated Communities). Bush sagt es in jeder Rede dreimal.
      Was nicht nur Todd in der Tragweite des Vorgangs verschleiert, ist ein typisches Phänomen historischer Umbrüche: Wir stehen mit einem Bein in der alten geschichtlichen Sequenz (Konkurrenz und Bündnisse zwischen Nationalstaaten) und mit dem anderen Bein schon in einer neuen – einer Welt, in der die Staaten nicht mehr die Funktion haben, zwischen Kapital und Arbeit zu vermitteln, unterschiedliche Interessen auszugleichen, Konflikte zu zivilisieren, sondern nur noch für die Sicherheit der Eliten und die Ruhigstellung der Bewohner (die dann keine Bürger im eigentlichen Sinne mehr sind) zu sorgen. Dafür, und das übersieht man vor lauter Krieg in Mesopotamien auch, bauen der christliche Fundamentalist John Ashcroft (Justiz) und das Ministerium für Homeland Security unter Tom Ridge den Überwachungsstaat und zersetzen den Rechtsstaat. Ashcrofts Vorstellung von einer guten Ordnung ist die Theokratie.
      Wolfowitz und Kristol sind Atheisten. Ihr Leitphilosoph ist Léo Strauss, der in Chicago lehrte, dem Hort der rechten Revolution. Die Straussianer werden unterschätzt. Sie haben die Politikwissenschaften an fast allen grösseren Universitäten unterwandert. Fukuyama ist einer von ihnen. Strauss machte eine radikale Kritik der bürgerlichen Ideologie und griff auf aristokratische Herrschaftsformen des Altertums zurück: Sein Idealstaat wird von einer kleinen Elite von Denkern verwaltet, die Demokratie ist nur noch eine Form. «Demokratie», hat Robert Kaplan, ein anderer Lieblingsautor Washingtons geschrieben, «wird nur eine kurze Klammer in der Geschichte gewesen sein.»
      Was die Bush-Leute da in Szene setzen, ist ein antizivilisatorisches Projekt. Der Westen wird liquidiert, internationale Öffentlichkeit wird liquidiert, «Weltzivilgesellschaft» und «Weltinnenpolitik» werden liquidiert. Besser: sollen liquidiert werden. Es ist eben – nur ein Projekt. Umbruchzeiten sind auch Zeiten, die Chancen für Veränderung, demokratische Organisation, Widerstand bieten. Vorausgesetzt, wir können auf beiden Beinen, in beiden Sequenzen stehen und handeln. Und: Das Zeitfenster ist klein.


      http://www.woz.ch/wozhomepage/usa03/fahrni14j03.htm
      Avatar
      schrieb am 11.07.03 01:20:12
      Beitrag Nr. 3.492 ()
      Avatar
      schrieb am 11.07.03 17:43:01
      Beitrag Nr. 3.493 ()
      Der *Generationenvertrag* - Sozialstaatlüge 4/5von Wal Buchenberg am 08. Juli 2003 14:03:48:

      4. Teil.

      4. Der "Generationenvertrag" – Umlage- oder Versicherungsprinzip



      Das von den Rentenkassen angesparte Kapital wurde von den Nazis zur Finanzierung ihrer Raubkriege benutzt, nach 1945 bestanden die Guthaben der Rentenkassen nur noch aus wertlosen Forderungen an die Staatskasse. Durch den Staatsbankrott von 1949 wurden 50% dieser Forderungen annulliert. In den Geschichtsbüchern der Bundesrepublik wird dieser Raub an den Rentenbeiträgen der Lohnarbeitern als "Währungsreform" gefeiert.

      Die Rentenansprüche wurden zwar 1:1 von Reichsmark auf DM umgestellt, aber die Guthaben der Rentenkasse waren verschwunden und Rentenzahlungen waren auf staatliche Zuschüsse angewiesen. Gleichzeitig wurde den demobilisierten und invaliden Soldaten Hitlers großzügige Eintrittsmöglichkeiten in die Rentenkassen ermöglicht.

      Während allmähliche Lohnsteigerungen Anfang der 50er Jahre die erneut einsetzende Geldentwertung ausglichen und übertrafen, blieb das Rentenniveau niedrig. "So erreichten bis zur Reform des Jahres 1957 die Renten in der Arbeiterrentenversicherung nur ein Niveau von ca. 28 Prozent und in der Angestelltenversicherung nur ein Niveau von 22 Prozent des durchschnittlichen Arbeitsentgelts vergleichbarer Versicherter."[01] Die Rente reichte nicht für den nötigsten Lebensunterhalt und war nichts mehr als ein Unterhaltszuschuss für die Familien, die ihre Alten versorgten.

      Das sogenannte Umlageverfahren[02], bei dem die anfallenden Rentenzahlungen aus den aktuell eingehenden Rentenbeiträgen bezahlt werden, wurde längst praktiziert, bevor Adenauer aus dieser finanziellen Not der Staatskasse eine sozialpolitische Tugend machte. (Die vollständige Einführung des Umlageverfahrens brachte dann ein Gesetz von 1969, in dem die Reserven der Rentenkassen auf eine die jährliche Liquidität sichernde "Schwankungsreserve" reduziert wurden.)

      Politischer Stichwortgeber für Adenauers Rentenreform war der Geschäftsführer des Bundes Katholischer Unternehmer (BKU), Wilfried Schreiber, der 1955 schrieb: "Das `vitale Problem im Industriezeitalter` ... sei die Verschiebung des allein im produktiven Lebensabschnitt jedes einzelnen erzielten Lebenseinkommens auf die unproduktiven Phasen der Kindheit und des Alters; dies sei letztlich nur möglich, wenn die `jeweils zwei Generationen` der Kinder und Erwerbstätigen einerseits und der Erwerbstätigen und der Alten andererseits `Solidarverträge` schlössen."[03]

      Das Lohneinkommen, das vom Kapital nur für aktive Arbeit gezahlt wird, soll vom Staat auch auf die für das Kapital "unproduktiven Phasen" "verschoben" werden. Damit wurde erstens ausgesprochen, dass nicht die Kapitalisten für "unproduktive" (zukünftige und ehemalige) Lohnarbeiter aufzukommen haben, sondern die "produktiven" Lohnarbeiter selber.
      Zweitens sollte auf das Ansparen, auf das sogenannte "Kapitaldeckungsverfahren" verzichtet werden.
      Diese "Lösung", die die Finanzierung der Sozialversicherungen nach dem Kettenbriefprinzip organisierte – "die Letzten beißen die Hunde" -, wird seither als "Generationenvertrag" gepriesen.

      Adenauer konnte also guten Gewissens die verbliebenen Rücklagen der Rentenkassen verstaatlichen und mit vergleichsweise geringfügigen Beitragserhöhungen sofort höhere Rentenzahlungen ausschütten. Mit dieser Rentenreform fuhren Adenauer und die CDU ihren größten Wahlerfolg ein und erhielten die absolute Mehrheit aller abgegebenen Stimmen.

      "Wissenschaftlich" untermauert wurde dieses Pyramidenschema der Rentenfinanzen durch einen Professor Mackensen, der behauptete: "Nun gilt der einfache und klare Satz, dass aller Sozialaufwand immer aus dem Volkseinkommen der laufenden Periode gedeckt werden muss. Es gibt gar keine andere Quelle und hat nie eine andere Quelle gegeben, aus der Sozialaufwand fließen könnte. Es gibt keine Ansammlung von Fonds, keine Übertragung von Einkommensteilen von Periode zu Periode, kein `Sparen` im privatwirtschaftlichen Sinne... Volkswirtschaftlich gibt es nämlich keine Ansammlung eines Konsumfonds, der bei Bedarf konsumiert werden kann und dann gewissermaßen zum Volkseigentum einer späteren Periode eine willkommene Zugabe wäre. Jede Fondsansammlung wird in der Geldwirtschaft zur volkswirtschaftlichen Kapitalbildung, einmal gebildetes Kapital kann man nicht mehr verzehren."[04]

      Auf den ersten Blick erscheint die These von Mackensen reichlich absurd. Behauptet er doch, eine Gesellschaft könne nichts ansparen. Jeder weiß jedoch, dass Einzelne und Kollektive sehr wohl ansparen können und müssen, und dass das Angesparte zu späterer Zeit verzehrt werden kann.
      Herr Mackensen wies jedoch darauf hin, dass in einer kapitalistischen Volkswirtschaft alles Angesparte in Kapital verwandelt wird. Durch diese Verwandlung würde es produktiv genutzt, und könne dann später nicht mehr konsumtiv genutzt werden, - außer der angesammelte Kapitalstock wird reduziert und damit den Kapitalisten Schaden zugefügt.
      Verständlich ausgedrückt: Die Sozialversicherungen sind konsumtive Ausgaben, die möglichst begrenzt sein sollen, um die Akkumulation von Kapital nicht zu behindern. Je billiger die Sozialversicherungen sind, desto besser für das Kapital. Und kann es billigere Sozialversicherungen geben, also solche, die auf Rücklagenbildung verzichten?

      In der Tat besagt die Theorie des Herrn Mackensen nichts weiter, als dass das Kapitaldeckungsverfahren auf die Gesellschaft übertragen für das Kapital teurer und ungünstiger ist als das Umlageverfahren. Da hat der Herr Professor wohl recht.

      Dass in der Tat die Lohnarbeiter selber die Versicherungskosten für die Risiken der Lohnarbeit tragen, das wird durch die dreifache Form der Beitragserhebung nur notdürftig verschleiert: Ein Teil der Beiträge heißt "Arbeitgeberbeitrag", ein Teil wird den Lohnarbeitern vom Bruttolohn abgezogen. Klar ist, dass beides Lohnbestandteile sind. "Heute bezweifelt niemand mehr, dass die Arbeitgeberbeiträge zu den Sozialversicherungen echte Lohnbestandteile sind."[05]
      Zu verlangen, dass die Kapitalisten den vollen Beitrag zu den Sozialversicherungen zahlen, würde an den Finanzen der Rentenkassen und der Lohnarbeiter kein Härchen ändern - nur auf unseren Lohnabrechnungen wäre der Bruttolohn um die Sozialversicherungsbeiträge vermindert. Die Nettolöhne blieben ebenso unverändert wie die Einnahmen der Rentenkassen.

      Auch der dritte Einnahme-Bestandteil, der Bundeszuschuss, stammt aus Steuergeldern und hauptsächlich aus den Taschen der Lohnarbeiter. "Ökonomisch besteht zwischen dem `Beitrag` und einer Steuer kein Unterschied. Was die Beitragsfinanzierung aus Sicht der Politik allerdings attraktiv macht, ist - in den Worten des zuständigen Abteilungsleiters im Bundesministerium für Arbeit Werner Niemeyer – ihre `finanzpsychologische Vorteilhaftigkeit.` Im Klartext: Solange die Leute glauben, sie täten etwas für sich, tun sie es bereitwilliger."[06]
      "Durch die Spaltung der Sozialabgaben in Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge, durch die steuerfinanzierten Zuschüsse zu den Systemen der sozialen Sicherung und durch die Vielzahl von Finanztransfers wird der Eindruck vermittelt, dass soziale Leistungen nur relativ wenig kosten."[07]

      Die gefeierte Rentenreform von 1957 verminderte die Bundesgarantie erheblich: „Hatte nach dem 2. Weltkrieg der Bund nach § 5 Abs. 2 des Sozialversicherungs-Anpassungsgesetzes (SVAG) von 1949 noch die erforderlichen Mittel für die dauernde Aufrechterhaltung der Leistungen über die Bundesgarantie zur Verfügung zu stellen, so sind seit dem Rentenreformgesetz von 1957 durch den Bund nur noch die Mittel aufzubringen, die das Defizit der Ausgaben für die Dauer eines Kalenderjahres notwendig macht.“[08] Diese Garantie des Bundes ist nichts wert. Wer behauptet, die Bundesgarantie mache die Renten "sicher", der ist entweder ein Lügner oder ein Dummkopf.

      Die angeblichen Umverteilungs-Wohltaten des "Sozialstaats" sind eine große Propagandalüge. Der Sozialstaat senkt durch die Zwangsversicherung die gesellschaftlichen Lohnkosten für das Kapital auf ein Minimum und wälzt gleichzeitig die Folgekosten der Lohnarbeiterrisiken auf die Lohnarbeiter selber. "Insgesamt ist die Ausgleichswirkung der Sozialpolitik eher die eines ... Ausgleichs ... zwischen verschiedenen Generationen derselben sozialen Schicht ... als die eines ... Ausgleichs zwischen verschiedenen sozialen Schichten und Klassen."[09]

      Dieses vernichtende Urteil über die angeblichen "Wohltaten des Sozialstaats" wird auch von anderen bestätigt: "Unter Berücksichtigung von Subventionen und sozialen Transferleistungen ergab sich ..., dass Haushalte mit mittlerem Einkommen per Saldo weitaus stärker als solche mit höheren ... Einkommen durch staatliche Umverteilungsmaßnahmen zur Ader gelassen wurden."[10]
      "Wenn Vertreter der Regierungen sich der enormen Höhe dieses Sozialbudgets rühmen, erwecken sie oft den Eindruck, dass damit dank ihrer Initiative der bedürftigen Bevölkerung ein besonderes Geschenk bewilligt worden ist. Jedoch werden alle diese Mittel zum größten Teil von den gegenwärtigen und zukünftigen Empfängern selbst aufgebracht."[11]
      Sogar die Kommission einer CDU-Regierung musste das zugegeben: "Die Sozialpolitik kann immer nur den Konsum und die Versorgung bestimmter Bevölkerungsgruppen heben, indem sie die Versorgung der Masse der Bevölkerung an anderer Stelle ... reduziert."[12]

      4.1. Was ist von diesem Sozialstaat zu halten?
      Unsere staatstreuen bis staatsgläubigen Linken sind ein Herz und eine Seele, wenn es um "Verteidigung des Sozialstaates" und seiner "Errungenschaften" geht. Für solche mit der Existenz von Lohnarbeit und Kapitalismus konforme Linke verkörpern unsere Sozialversicherungen ganz ihr Ideal eines bürokratischen Umverteilungs-Sozialismus, und der SPD-Linke Johano Strasser spricht ihnen alle aus der Seele, wenn er meint: "Im erweiterten Sinne von Sozialpolitik als `Gesellschaftsgestaltung` kann man sagen, dass das Ziel der Sozialpolitik in der Tat der Sozialismus ist."[13]

      Selbst wo eine staatskritische und antikapitalistische Linke den Sozialstaat nicht als Rohmodell ihrer eigenen Sozialismusidee missverstehen, sahen und sehen sie häufig im sozialstaatlichen Bereich ein kapitalismusfremdes, wenn nicht sogar kapitalismusfeindliches Element. In diesem Sinn schrieb Rosa Luxemburg: "Der heutige Staat ist ... Vertreter der kapitalistischen Gesellschaft, d.h. Klassenstaat. Deshalb ist auch die von ihm gehandhabte Sozialreform ... eine Kontrolle der Klassenorganisation des Kapitals über den Produktionsprozess des Kapitals. Darin, d.h. in den Interessen des Kapitals, findet denn auch die Sozialreform ihre natürlichen Schranken."[14]

      Tatsächlich bilden staatliche Sozialreformen in Gestalt der Sozialversicherungen keine Schranke gegen die Interessen des Kapitals, sondern die staatlichen Zwangsversicherungen wurden von den kapitalistischen Produktionsverhältnissen selber hervorgebracht.
      Staatlichen Zwangsversicherungen wurden nötig, durch die Trennung der Lohnarbeiter von jedem Eigentum, das als Vorsorge für Notzeiten in Betracht kommt.
      Staatliche Zwangsversicherungen senken gegenüber privaten Versicherungen die Beitrags- und damit die Gesamtlohnkosten für das Kapital. In den staatlichen Zwangsversicherungen finden die Interessen des Kapitals keine Schranke, sondern ihre historisch notwendige gewordene Verwirklichung.

      4.2. Die Finanzsystematik der deutschen Rentenversicherung
      Das Umlageverfahren der Rentenversicherungen beruht auf dem einfachen Prinzip: Was in einem Jahr ausgegeben wird, muss in einem Jahr eingenommen werden. Oder:
      Jahreseinnahmen = Jahresausgaben.

      Da es mehrere Einnahmearten und mehrere Ausgabenarten gibt, ergibt sich die folgende ausführlichere Gleichung:
      Anzahl Beitragszahler mal Beitragshöhe plus Bundeszuschuss = Anzahl Rentenbezieher mal Rentenhöhe plus versicherungsfremde Leistungen plus Verwaltungskosten [15]

      Versicherungsfremde Leistungen sind Leistungen, "denen keine Beitragsleistungen gegenüberstehen ... zum Beispiel Leistungen für Kriegsfolgen und Rehabilitationen..."[16]
      Ursprünglich hatte der Bundeszuschuss nur die Aufgabe, etliche versicherungsfremde Leistungen abzudecken, die seit 1957 ebenfalls über die Rentenversicherungen abgewickelt wurden: "Der Bundeszuschuss hatte nach dem II. Weltkrieg auch die Aufgabe, die hohen Kriegsfolgelasten zu finanzieren."[17] Im Jahr 1996 wurden nur 68,5 Prozent der Einnahmen für Rentenzahlungen genutzt. Mit den restlichen 31,5 % wurden Löcher an anderen Stellen des Staatshaushalts gestopft.

      "Der Anteil des Bundeszuschusses (nimmt) an der Gesamtfinanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung trendmäßig ab..."[18] "Die Struktur der Finanzierungsseite der gesetzlichen Rentenversicherung hat sich in der Nachkriegszeit fortlaufend gewandelt, die quantitative Bedeutung des Bundeszuschusses ständig abgenommen. Der Bund zahlte im Jahr 1985 rund 17,8% der Gesamtausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung gegenüber ca. einem Drittel in den 50er Jahren. Hingegen ist der Anteil der Beitragseinnahmen und der sonstigen Einnahmen, die im wesentlichen aus der Auflösung von Liquiditätsreserven resultieren, an den gesamten Einnahmen stark gestiegen."[19]

      Unsere Politiker erwecken gerne den Eindruck, als würden die Renten durch die Bundesgarantie "sicher". Das ist eine bewusste Irreführung, denn im Falle der Zahlungsunfähigkeit der Rentenversicherung garantiert der Bund "laut § 1384 RCD und § 111 AVG ... eine Deckung der Ausgaben der Rentenversicherungsträger."[20] Damit garantiert der Bund keineswegs die gesicherte Auszahlung der Renten in einer bestimmten Höhe.
      "Bei näherer Untersuchung bedeutet die Bundesgarantie im Prinzip nichts anderes, als dass unter gesetzlicher Regelung die Einnahmen und die Ausgaben der Rentenversicherungsträger wieder ins Lot gebracht werden sollen."[21] Im Klartext: Im Falle der Zahlungsunfähigkeit der Rentenversicherung kürzt der Bund die Renten und erhöht die Rentenbeiträge, damit die Versicherung wieder zahlungsfähig wird. Tolle Garantie! "Vielmehr `garantiert` die zur Zeit gültige Fassung nur ein finanzielles Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben der Rentenversicherung für ein Jahr und keine materielle Sicherheit der Renten hinsichtlich ihrer Höhe."[22] Wer behauptet, die Bundesgarantie garantiere "sichere Renten", der ist entweder ein Dummkopf oder ein Lügner.

      4.2.1. Politische Manipulation der Rentenversicherung
      Zu der konkreten Ausgestaltung der heutigen Rentenkassen muss man sagen: "Das umlagefinanzierte Rentensystem, bei welchem sowohl der Beitragssatz als auch die Höhe der Leistungen zur Disposition stehen, hat ... eine fundamentale Schwäche: Es ist politisch hochgradig manipulierbar!"[23] Die Finanzen der Rentenkassen sind hochgradig manipulierbar, aber dennoch tun heute alle Politiker so, als seien die Rentenfinanzen jetzt und in Zukunft allein durch die demografische Entwicklung bedroht, die die Zahl der Rentenbezieher erhöhe und gleichzeitig die Zahl der Beitragszahler senke.

      Kleine Selbständige
      Die Zahl der Rentenbezieher wurde immer mehr dadurch ausgeweitet, dass Berufsgruppen wie Landwirte, Selbständige und Höherverdienende plötzlich einen Rentenanspruch geschenkt bekamen, ohne vorher entsprechend in die Versicherungskassen eingezahlt zu haben.
      "Schließlich machten sehr viele Versicherte, insbesondere viele ältere, von der vorteilhaften Nachversicherungsmöglichkeit Gebrauch ..."[24] "Verglichen mit einem Arbeiter entrichtet ein Bauer nur ein Viertel bis ein Fünftel des Beitrags für eine Rente gleicher Höhe; und die zu 78% aus öffentlichen Geldern finanzierte Rente kommt zudem unterschiedslos dem armen Einödbauern und dem Großagrarier mit mehreren 100.000 DM Jahreseinkommen zugute."[25]

      Frührentner
      Die Zahl der Neurentner ist auch abhängig von der wirtschaftlichen Konjunktur und vom Rationalisierungstempo der Kapitalisten. In Zeiten der Rezession wie in Zeiten hoher Innovation und Rationalisierung sortiert das Kapital verstärkt die älteren Lohnarbeiter aus dem Arbeitsleben aus und entlässt sie in Arbeitslosigkeit oder in Rente. Ihre Beitragszahlungen verschwinden auf der Einnahmenseite der Rentenkassen und gleichzeitig tauchen sie eventuell als Frührentner auf der Ausgabenseite auf.[26] Diese Frührentner werden heute von den Rentenkassen zunehmend mit Rentenkürzungen abgestraft: "bei der maximal möglichen vorzeitigen Inanspruchnahme (des vorgezogenen Renteneintritts) von drei Jahren errechnet sich also eine um 10,8 Prozent niedrigere Rente."[27]

      Arbeitslose
      Die Einnahmenseite wird erheblich von der Zahl der Arbeitslosen beeinflusst, für die weniger oder gar keine Rentenbeiträge mehr eingehen. In den 70er Jahren rechnete man mit einem jährlichen Einnahmeausfall bei den Rentenkassen von 5000 DM jährlich für jeden Arbeitslosen, also 1 Milliarde DM je 200.000 Arbeitslose.[28]

      Eheleute
      Ehegatten, bei denen die Ehefrau nicht berufstätig war, erhalten höhere Leistungen als Alleinstehende oder Paare, bei denen beide lohnabhängig sind, weil beide Ehegatten Rentenleistungen beziehen können, auch wenn nur einer eingezahlt hat.[29]

      Bisherige und künftige Rentner
      Zwar liegt die gegenwärtige Durchschnittsrente bei Frauen nur bei rund 500 Euro und bei Männern bei rund 1000 Euro, dennoch erhielten die Rentner der Vergangenheit bis in die Gegenwart der Bundesrepublik für relativ geringe Eigenleistungen Rentenzahlungen, wie sie nie wieder vorkommen werden. Bei vielen jetzigen Rentnern wird die staatliche Rente noch durch Betriebsrenten aufgebessert. "Die Rentner der ausgehenden 50er, der 60er und auch noch der 70er Jahre, als das Rentenniveau vom Taschengeld auf Spitzenwerte von bis zu 73,8 Prozent des Lohnniveaus kletterte, müssen sich wie Sterntalerkinder vor dem Dukatenesel gefühlt haben: Zeit ihres Arbeitslebens oder zumindest die größten Teile davon hatten sie Beiträge lediglich in Pfennighöhen entrichtet und erhielten dafür nun fast lohnersetzende Renten für immer längere Ruhestandszeiten!"[30] "Die heutige Rentnergeneration (genießt) eine Altersversorgung ..., die sie als privater Versicherungsteilnehmer auf der Basis der eingezahlten Beiträge nie hätte erzielen können."[31]

      Beamte
      Beamte zahlen keine Beiträge für ihre Rente, erhalten aber steuerfinanzierte Pensionszahlungen. Beamte genießen also heute schon eine rein steuerfinanzierte Rente, die manche Linke als Sozialreform der Zukunft herbeisehnen. Diese Linken meinen wohl, es könnten alle Bürger gleichsam zu Beamten werden und bequem auf Kosten der Steuereinnahmen leben.
      Das steuerfinanzierte Altengeld der Beamten liegt deutlich über den Leistungen der gesetzlichen Rentenkassen. So wurden im Jahr 1985 für Beamtenpensionen Für 36,8 Mrd. DM und für Rentenleistungen der gesetzlichen Rentenversicherung rund 153,3 Mrd. DM. aufgewendet.[32] Die Beamten stellen weniger als 9% der Lohnabhängigen, aber diese Personengruppe von 9% erhält rund 20% der gesamten Altersruhegelder (Renten plus Pensionen).

      "Im Jahr 1987 belief sich das Bruttoversorgungsniveau für Arbeiter und Angestellte auf 45,2%."[33] Die Beamten erreichten schon 1980 einen durchschnittlicher Ruhegehaltssatz von ca. 72%. "Damit liegt das Bruttoversorgungsniveau des beamtenrechtlichen Systems deutlich oberhalb des Bruttoversorgungsniveaus in der Gesetzlichen Rentenversicherung."[34] Im Gegensatz zur gesetzlichen Rentenversicherung kennt die Beamtenpension auch keine Höchstgrenze. Diese Regelung erlaubt unseren Herren Politiker in wechselnden Staatsämtern astronomische Pensionsansprüche anzusammeln, die ihre letzten Bezüge weit übertreffen. Unser Finanzminister hat z.B. einen legalen Rentenanspruch, für den ein Durchschnittslohnarbeiter 450 Jahre lang Rentenbeiträge zahlen müsste. Aufmerksame Autoren stellen deshalb verwundert fest: "Eigenartigerweise findet man in der Literatur kaum Aussagen über die Entwicklung der Beamtenpensionszahlen."[35]

      4.3. Die allgemeine "Grundrente" macht alles nur schlimmer
      Die Idee einer steuerfinanzierten Grundrente tauchte erstmals 1985 in einer Studie von Kurt Biedenkopf auf. Der Biedenkopf-Vorschlag sah vor, dass eine "Grundrente", die nicht für den vollen Lebensunterhalt ausreicht, aus dem allgemeinen Steueraufkommen finanziert wird. Sozialversicherungsbeiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgeber sollen entfallen, dafür werden Steuern erhöht. Diese Grundrente solle mit 40% vom jeweiligen Durchschnittsnettolohn noch unter dem Sozialhilfesatz liegen.

      Direkte und indirekte Steuern werden jedoch ebenfalls hauptsächlich aus den Löhnen finanziert und die Umverteilung durch den Sozialhaushalt spielt "sich fast ausschließlich innerhalb der großen Masse der abhängig Arbeitenden ab..."[36] Eine steuerfinanzierte Rente würde die Finanzen der jetzigen Sozialkassen innerhalb der Lohnarbeiterklasse nur anders umschichten. An der Tatsache, dass die Lohnarbeiter selber für die Armutsrisiken aufkommen müssen, kann und wird sich dadurch nichts ändern.
      Zu erwarten ist, dass durch die Anhebung der untersten Renten das Durchschnitts-Rentenniveau insgesamt sinken müsste.

      Mit der Reduzierung der sogenannten "Lohnnebenkosten" würden jedoch die Gesamtlohnkosten für das Kapital sinken. Das Kapital würde durch eine steuerfinanzierte Grundrente noch stärker entlastet als es im jetzigen System der gesetzlichen Sozialversicherung der Fall ist.

      Bei der Diskussion um die Grundrente wird die Finanzlage des Staates gerne verschwiegen oder außer Acht gelassen. Die Bundesrepublik Deutschland treibt dem Staatsbankrott entgegen. Inzwischen schlucken die Zinsen für Staatsschulden schon rund 20% der Steuereinnahmen[37]. Leute wie Biedenkopf wollen den unvermeidlichen Staatsbankrott hinauszögern und hoffen, mit Einführung einer billigen Grundrente, Sozialausgaben zu sparen. Eine solche Grundrente ist nur ein schöneres Wort für Alten-Sozialhilfe. Wer das jetzige Rentensystem für so eine Grundrente aufgibt, der verhält sich wie "Hans im Glück" im Märchenbuch von Grimm: Er tauscht seine Kuh gegen ein Schwein und das Schwein gegen eine Gans.

      Wer meint, eine steuerfinanzierte Grundrente könne für die Masse der Rentner mit Renten von vielleicht 1500 Euro im Monat ein auskömmliches Leben ermöglichen, der hat von der politischen Ökonomie des Kapitalismus und seiner Staatsfinanzen nicht das Geringste verstanden. Gerade in wirtschaftlichen Krisenzeiten, wenn die Leistungen des "Sozialstaats" am dringendsten und massenhaftesten von den Lohnarbeitern nachgefragt werden, dann ist am wenigsten Geld da. Das war so nach dem ersten Weltkrieg, das war so in der Weltwirtschaftskrise von 1929-39, das war so nach dem zweiten Weltkrieg und das ist auch so in der jetzigen Wirtschaftskrise. Der kapitalistische Staat verfügt nur so lange über reichlich Geld, so lange die Profitwirtschaft boomt und das "soziale Netz" kaum beansprucht wird.

      Wer 1000 oder 1500 Euro Grundrente für alle fordert, der ignoriert die kapitalistischen Finanzkrisen ebenso wie das Profitinteresse des Kapitals. Wer eine so hohe "Grundversorgung" fordert, der will zwar das Kapital und die Lohnarbeit bestehen lassen, will aber die Nutznießung des Kapitals den Kapitalisten nehmen und durch eine "Umverteilung von oben nach unten" den Lohnarbeitern zukommen lassen. Eine solche "Umverteilung" ist ebenso realistisch, wie eine Umverteilung, die die Existenz von Himmel und Hölle nicht antastet, aber allen Teufeln im Himmel Wohnrecht verschaffen will.

      Ende des vierten Teils. Es folgt morgen der letzte Teil mit einer "Kosten/Nutzenrechnung" der Arbeitslosenversicherung
      Wal Buchenberg 8.7.2003
      Benutzte Literatur
      Borchert, Jürgen: Renten vor dem Absturz. Ist der Sozialstaat am Ende? Frankfurt 1993.
      Buchenberg, Wal (Hrsg): Karl Marx, Das Kapital. Kommentierte Kurzfassung aller drei Bände. Verlag für Wissenschaft und Forschung VWF Berlin 2002. http://www.vwf.de/autoren/3-89700-360-0.php3
      Gillen, Gabi/Möller/Michael: Anschluss verpasst. Armut in Deutschland. Dietz Bonn 1992.
      Hanesch, W. /Krause, P./Bäcker, G.: Armut und Ungleichheit in Deutschland. rororo Reinbek 2000.
      Kaufhold, Karl Heinrich: Die Epoche des Merkantilismus. In: Schäfer, Hermann (Hrsg): Wirtschaftsgeschichte der deutschsprachigen Länder vom frühen Mittelalter bis zur Gegenwart. Würzburg 1989
      Lampert, Heinz: Staatliche Sozialpolitik im Dritten Reich. In: Bracher/Funke/Jacobsen (Hrsg): Nationalsozialistische Diktatur 1933 – 1945. Eine Bilanz. Bundeszentrale für politische Bildung Bonn 1986: 177 – 205.
      Luxemburg, Rosa: Sozialreform oder Revolution? Leipzig 1899. In: Rosa Luxemburg, Gesammelte Werke Bd.1.1.: 367 – 466.)
      Marx, Karl: Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie (Rohentwurf). 1857/58. Berlin 1974.
      Müller, Wolfgang: Die Grenzen der Sozialpolitik in der Marktwirtschaft. In: Schäfer, Gerd/Nedelmann, Carl: Der CDU-Staat. Analysen zur Verfassungswirklichkeit der Bundesrepublik. Bd.I. es Frankfurt 1969. 14 – 47.
      Nolte, Detlev: Die Gesetzliche Rentenversicherung als unüberwindliche Barriere der Sozialpolitik? Analyse des Rentenversicherungssystems in Hinblick auf die Finanzierung der Sozialrenten. (Diss. Wiso Osnabrück 1987) Frankfurt 1988.
      Petersen, Hans-Georg: Sozialökonomik. Stuttgart 1989.
      Rudzio, Wolfgang: Das politische System der Bundesrepublik Deutschland. UTB 2. Aufl. 1987.
      Strasser, Johano: Grenzen des Sozialstaats? Soziale Sicherung in der Wachstumskrise. EVA Köln 1979.
      Swaan, Abram de: Der sorgende Staat. Wohlfahrt, Gesundheit und Bildung in Europa und den USA der Neuzeit. Frankfurt 1993. (Originalausgabe: Amsterdam 1989).
      Ziegler, Gerhard: Alter in Armut? Das Fiasko der staatlichen Altersversorgung. Hamburg 1992.
      Zöllner, Detlev: Sozialpolitik. In: Benz, Wolfgang (Hrsg): Die Bundesrepublik Deutschland. Geschichte in drei Bänden. Bd. 2: Gesellschaft. Frankfurt 1983.

      Borchert: 45. zurück!
      „Bei dem Kapitaldeckungsverfahren werden Teile der Versichertenbeiträge einem Kapitalfonds zugeführt, so dass die Erträge des Kapitalfonds und der Fonds selbst die jeweils fällig werdenden Ansprüche der Versicherten abdecken können. Demgegenüber wird bei dem Umlageverfahren kein Fonds gebildet, sondern die Beiträge der aktiven Versicherten dienen in der selben Periode zur Deckung der Rentenansprüche der passiven Versicherten. Es wird hier natürlich auch hier eine gewisse Liquiditätsreserve erforderlich sein, um kurzfristige Schwankungen der Einnahmen und Ausgaben auffangen zu können. Diese Reserve stellt allerdings nur einen verschwindend kleinen Bruchteil eines nach dem Kapitaldeckungsverfahren notwendigen Fonds dar.“ (Petersen: 128.) zurück!
      Borchert: 58 zurück!
      zit. n. Borchert: 51f. zurück!
      Wilfried Schreiber, zit. n. Borchert: 110. zurück!
      Borchert: 113 zurück!
      Nolte: 39 zurück!
      Nolte: 64f. zurück!
      Strasser: 60, Anm. 76. zurück!
      Rudzio: 362. zurück!
      Müller: 22. zurück!
      Sozialenquete der Bundesregierung von 1965, Müller: 27. zurück!
      Strasser: 63. zurück!
      Luxemburg: S. 392 zurück!
      „Es kommt zu keinem Ungleichgewicht, wenn in einer Periode (t) die Summe der Beitragseinnahmen Bt der Summe der Rentenausgaben At entspricht. Bezugsgrößen für die Beitragseinnahmen sind neben dem Beitragssatz b das durchschnittliche beitragspflichtige Bruttoarbeitsentgelt aller Versicherten (Ld) und die Zahl der pflichtversicherten Beitragszahler (BZ). Demgegenüber steht auf der Ausgabenseite die Zahl der Rentenbezieher (RB) mit ihren Individualrenten (IR). Hieraus ergibt sich die Formel: Ld x b x BZ = RB x IR.“ Nolte: 120.
      Ebenso: „Es muss also folgende Gleichung erfüllt sein: Bt = Rt, Wobei Bt die Beitragssumme und Rt die Rentenzahlungen des Jahres t darstellen. Die Beitragssumme ist abhängig von der Zahl der Beitragspflichtigen Zb, dem durchschnittlich beitragspflichtigen Arbeitsentgeld 1 sowie dem Beitragssatz b. Dann resultiert die Beitragssumme B1 aus:(2) Bt = Zb x 1 x b. Die gesamte Rentenzahlung Rt ist von der Zahl der Rentenbezieher Zr und der durchschnittlichen Rente r abhängig, so dass sich auf der Ausgabenseite die Gleichung (3) Rt = Zr x r ergibt.“ (Petersen: 137f.) zurück!
      Nolte: 62. zurück!
      Petersen: 171. zurück!
      Petersen: 171. zurück!
      Petersen: 170. zurück!
      Nolte: 64 zurück!
      Nolte: 64 zurück!
      Nolte: 65. zurück!
      Borchert: 32. Vgl.: „Während sich das Kapitaldeckungsverfahren dadurch auszeichnet, dass – jedenfalls theoretisch – eine ... strikte Gleichwertigkeit (‚Äquivalenz’) zwischen den Beitragszahlungen in der Vergangenheit und den Rentenleistungen in der Gegenwart und Zukunft bestehen soll, ist diese strikte Äquivalenz beim Umlageverfahren aufgehoben. ... Beim Umlageverfahren ..., bei dem stets nur so viel an Beiträgen erhoben wird, wie an Leistungen in derselben Periode auszugeben ist, stehen grundsätzlich ... sowohl der Beitragssatz als auch die Höhe der Leistungen zur Disposition.“ (Borchert: 29f.) zurück!
      Borchert: 77. zurück!
      Strasser: 84. zurück!
      vgl. Petersen: 105f. zurück!
      Borchert: 34 zurück!
      Strasser: 83 zurück!
      vgl. Petersen: 134. zurück!
      Borchert: 111. zurück!
      Nolte: 41. zurück!
      Petersen: 200 zurück!
      Petersen: 191. zurück!
      Petersen: 184. zurück!
      Petersen: 117 zurück!
      Müller: 24. zurück!
      "Die Verschuldung des Bundes in Höhe von fast 750 Mrd. Euro engt den finanzpolitischen Spielraum nach wie vor stark ein. Die Zinszahlungen binden rund 20% der gesamten Steuereinnahmen des Bundes." Bundesministerium der Finanzen. Finanzplan des Bundes 2001 bis 2005. Berlin, 13. Juni 2001. zurück!

      http://www.f27.parsimony.net/forum66069/messages/3078.htm
      Avatar
      schrieb am 11.07.03 17:44:35
      Beitrag Nr. 3.494 ()
      Struktur der Erwerbstätigen in Deutschland 1985 und 1998 (alte Bundesländer):

      Vollzeitlohnarbeiter:
      1985: 64,6 % - 1998: 58,8 %

      Lohnabhängige ohne Vollzeitarbeit:
      1985: 23,3 % - 1998: 31,4 %

      Lohnarbeiter insgesamt:
      90,2 %.

      Selbständige und mithelfende Angehörige
      1985: 12,0 % - 1998: 9,7 %

      Nach: W. Hanesch, P. Krause, G. Bäcker: Armut und Ungleichheit in Deutschland. Der neue Armutsbericht der Hans-Böcklerstiftung, des DGB und des Paritätischen Wohlfahrtsverbands. rororo November 2000. (DM 26,90). S. 166.
      Avatar
      schrieb am 11.07.03 18:07:01
      Beitrag Nr. 3.495 ()
      An den Aktienmärkten rückt die Stunde der Wahrheit näher – Die allgemeinwirtschaftlichen Folgen eines Rückschlags können enorm sein
      (11.07.2003)

      Die Aktienmärkte in der westlichen Hemisphäre haben sich in den vergangenen Monaten benommen, als stünde ein immenser Konjunktur-Boom bevor. Überflüssig, zu sagen, dass davon keine Rede sein kann. Der Senkung des Leitzinses durch die Bank of England vom Donnerstag ist nur ein aktuelles Indiz dafür, dass es mit der Wirtschaft in Großbritannien nicht zum Besten steht. Gleiches gilt für die Wirtschaft aller westlichen Industrieländer. Ein weiteres Indiz, diesmal aus Asien stammend, sind die sich mehrenden Hinweise auf eine Rezession in Südkorea. Die Wirtschaft dieses Landes gilt wegen der breiten Palette exportierbarer Industrieerzeugnisse als zuverlässiger Indikator für den Zustand der Weltkonjunktur. Und ... und ... und.

      Alles spricht dafür, dass die bislang verzeichneten Kurssteigerungen an den Aktienmärkten ein Produkt der extrem hohen Liquidität sind, die vor allem von der US-Notenbank (Fed) bereitgestellt wird. Diese Liquidität wird von der realen Wirtschaft in den USA nicht zu produktiven Zwecken benötigt, denn es wird unter anderem nicht investiert.

      Die immense Liquidität soll verhindern, dass Kreditklemmen entstehen, die wiederum eine wachsende Zahl von Unternehmen und privaten Haushalten kollabieren ließen. Neben katastrophalen Folgen für die Wirtschaft würde im Falle eines solchen Kollapses aus den vorhandenen deflationären Tendenzen eine reale, unkontrollierbare Deflation. Das weiß die Fed nur zu gut.

      Daher ist sie bis jetzt auch sehr zufrieden über die Kurssteigerungen an der Wall Street gewesen. Abgesehen davon, dass teurer werdende Aktien auch eine Variante der inzwischen willkommenen Inflation sind, drückt sich darin auch Konjunkturoptimismus aus, ob er begründet ist oder nicht. Die Fed hofft nun darauf, dass dieser Optimismus ansteckt und zum Investieren und Konsumieren anregt. Mehr als eine Hoffnung ist dies aber nicht.

      Nach dem, was sich in den vergangenen Monaten vor allem bei den Technologiewerten ereignet hat, müsste die Fed nun wieder höchst besorgt sein, dass abermals „irrationaler Überschwang“ entstanden ist oder entsteht. Dass diese Sorge sehr berechtigt ist, beweisen viele Indikatoren, die Aufschluss über die Stimmung unter den Börsianern an der Wall Street geben.

      Doch zurück zur Liquidität. Sie ist offenkundig so hoch, dass sie nur zum Teil benötigt wird, um das Bankensystem intakt zu halten und Kreditklemmen größeren Ausmaßes zu verhindern. Der überschießende Teil dieser Liquidität bildet einen Puffer oder eine Versicherung für den Fall, dass plötzlich, aus welchen Gründen auch immer, mehr von diesem Lebenselexier der Wirtschaft benötigt würde. Solange solcher Bedarf nicht besteht, sucht der überschießende Teil nach Anlagemöglichkeiten.

      Zunächst haben sich Zinstitel und dann Aktien als „erste Wahl“ für diesen Zweck erwiesen. Vor dem Hintergrund einer extrem schwach wachsenden Wirtschaft und geringer Aussicht auf nachhaltig steigende Unternehmensgewinne können die Kurssteigerungen nur als Fehlleitung von Geld und Kapital bezeichnet werden. Solche „Irrtümer“ haben sich in der Vergangenheit stets gerächt.

      Sollte das auf Sand gebaute Kursgebäude besonders an der Wall Street wieder in sich zusammenfallen, was nicht wenige technisch orientierte Analysten für unausweichlich halten, müsste die Fed von vorne anfangen. Dass sie dabei versuchen würde, Einfluss auch auf den Aktienmarkt zu nehmen, steht für viele Kenner der Verhältnisse außer Frage. Doch ob sich der Markt von solchen Eingriffen auf Dauer beeindrucken ließe, erscheint sehr fraglich. In Japan und in anderen asiatischen Ländern hatten Manipulationen der Börsen durch die Notenbanken jedenfalls nie durchschlagenden Erfolg.


      Arnd Hildebrandt

      Herausgeber
      ------------------------------------


      Wussten Sie schon, dass...?
      (11.07.2003)

      Die Auslastung der Kapazitäten in der amerikanischen Wirtschaft lag zuletzt bei 74,3 Prozent und damit auf dem niedrigsten Niveau seit 20 Jahren.


      (Quelle: U.S. Bureau of the Census)


      www.taurosweb.de
      Avatar
      schrieb am 11.07.03 18:12:10
      Beitrag Nr. 3.496 ()
      Erste Stromabschaltungen in Italien: wann wird auch in Deutschland rationiert?

      In Italien ist vor zwei Wochen passiert, was der BWL-Bote schon seit längerer Zeit befürchtet: es gab die ersten Stromabschaltungen wegen akuten Energiemangels. Die Frage, wann auch bei uns, im Lande der CO2-Neurose und des Nachhaltigkeits-Wahnes die ersten Lichter ausgehen, ist damit nicht mehr nur theoretisch, sondern von praktischer Relevanz.

      Die anhaltende Hitzewelle hatte in Italien den Stromverbrauch massiv in die Höhe getrieben, denn anders als die Deutschen, die bekanntlich keine Klimaanlagen mögen, stellten die Italiener bei zunehmenden Temperaturen ihre Klimageräte immer höher. Zudem hat Frankreich wegen erhöhten Eigenbedarfes aus demselben Grund den Stromexport seines billigen Atomstromes gedrosselt. Die italienischen Stromversorger sahen sich daher genötigt, kurzfristig bis zu 5% der Verbraucher abzuschalten - ohne Vorwarnung. Das Chaos muß unbeschreiblich gewesen sein.

      noch die tieferen Ursachen der möglicherweise erst beginnenden italienischen Energiekrise könnten denen in Deutschland gleichen: eine jahrzehntelang verfehlte Energiepolitik gefolgt von einer innovations- und investitionsfeindlichen Deregulierung haben die Kapazität immer weiter reduziert während der Bedarf kontinuierlich anstieg. So weht auch in Italien der Wind nicht immer dann, wenn Rot-Grün Wirbel macht, so daß "konventionelle" Energiequellen nicht aufgrund der Installation von "erneuerbaren" Energiequellen abgeschaltet werden dürften, weil die Naturkräfte sich nicht nach menschlichen Bedürfnissen richten. Kein Wunder also, daß an heißen und windstillen Sommertagen, an denen der Energiebedarf besonders groß ist, es erstmals nicht mehr gereicht hat.

      Und das könnte in den kommenden Jahren schlimmer werden: die Deregulierung hat nämlich zu einem Preiswettbewerb unter den Energieversorgern geführt, die investitionsbehindernd wirkt, weil Strom nur über den Preis (und nicht seine angeblich gelbe Farbe) verkauft wird und daher alle nicht absolut kurzfristig notwendigen Investitionen zur Kostensenkung unterlassen werden. In Italien ist der Kraftwerksbau daher wie in Deutschland seit Ende der 90er zum Stillstand gekommen. Trotz steigender Nachfrage sinkt deshalb die installierte Kapazität, also das verfügbare Angebot. Der Ökostaat folgt nicht den Bedürfnissen der Bürger, sondern institutionalisiert die Verknappung und in ihrer Folge die Verarmung, bedient sich aber - und das unterscheidet ihn vom Sozialismus - des Marktes (oder was der dafür hält).

      Früher galt es als schick, sich ökologisch zu profilieren, aber gebracht hat uns das einen rabiaten Ökologismus, der aus Industrienationen schon jetzt Drittweltländer gemacht hat. Wenn sich nicht bald was ändert, werden Rationierung und Kontingentierung bald die Stichworte der Energieversorgung sein. Sogar Kalifornien hat das schon erlebt - Stromknappheit im Musterland der Marktwirtschaft -, was man aber in der europäischen Diskussion gerne verdrängt. In der DDR hieß es einst, von der Sowjetunion zu lernen hieße siegen zu lernen. Wann also folgt der amerikanische Musterschüler mit kalifornischen Maßnahmen?

      http://www.bwl-bote.de/index.htm
      Avatar
      schrieb am 11.07.03 18:27:25
      Beitrag Nr. 3.497 ()
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      Der gnadenlose Kunde

      Milch von Aldi, eine Uhr von Armani - die Deutschen geizen und prassen zugleich. Verlierer sind die Marken aus der zweiten Reihe. Ein Streifzug durch die neue Einkaufswelt


      Von Götz Hamann und Marcus Rohwetter



      Foto: Burkhard Schittny www.schittny.de
      Tilmann Altenberg, Wissenschaftler der spanischen Literatur, ist Apple nie untreu geworden: "Die Computermarke gibt mir seit zehn Jahren das gute Gefühl, zu einer kleinen, ein bisschen elitären Gruppe zu gehören."
      Die Marke. Etwas anderes kommt mir nicht in die Tüte.“ Quer durch die Republik prangt die Botschaft auf Plakaten des Markenverbandes, zu dem Konzerne wie Dr. Oetker, Beiersdorf (Nivea) und Unilever (Iglo, Langnese) gehören. Eigentlich müsste sie lauten: Bitte Marken kaufen, nicht zu Aldi laufen!

      Dash, Blendi und Sunil. Kitekat, Flora Soft und Palmin. Früher kannte sie jeder. Heute stehen in jedem Ladenregal einige Markenprodukte, die bessere Zeiten gesehen haben, weil Aldi und Lidl das Land mit Billigware überfluten. In den vergangenen zehn Jahren haben die Discounter ihren Anteil am Lebensmitteleinzelhandel auf 35 Prozent verdoppelt.

      Droht ein großes Markensterben? Es wäre eine gefährliche Perspektive für eine Branche, die jährlich 339 Milliarden Euro umsetzt. Die Deutschen hätten ihre „Lust am Konsum“ verloren, sagt Johann Lindenberg, Deutschland-Chef von Unilever und Präsident des Markenverbandes. Ove Gley, Geschäftsführer der Werbeagentur Jung von Matt und Vater der „Geiz ist geil“-Kampagne, interpretiert den Trend weg von der Marke als Folge einer zunehmenden Zügellosigkeit. Die Deutschen seien einfach auf „geilen Schnäppchen-Sex“ aus.

      Lustlos oder lustvoll, Hauptsache, billig und in jedem Fall triebgesteuert, so also sind deutsche Verbraucher. Oder?

      Ein Irrtum.

      Mitten in der Wirtschaftsflaute tritt den Herstellern ein selbstbewusster Konsument entgegen, der die Extreme liebt: Hier treibt ihn die Lust an der Extravaganz – dort der Verzicht. „Das Verhalten der Verbraucher polarisiert sich“, sagt David Bosshart, Trendforscher des Schweizer Gottlieb Duttweiler Instituts. „Grundbedürfnisse werden zu möglichst niedrigen Preisen gedeckt, auf der anderen Seite steht die Suche nach immateriellen Werten durch Konsum.“ Es ist ein Phänomen, das Trendforscher und Werbestrategen schon länger prognostiziert haben. Doch erst jetzt, da die Konsumenten aufs Geld achten und die Hersteller um den Absatz fürchten, beginnt die gnadenlose Auslese.

      Für viele Deutsche ist es kein Widerspruch mehr, am Körper ein Häkelkleid von H&M für 9,90 Euro zu tragen, am Handgelenk aber eine Armbanduhr, die mehr als das Hundertfache gekostet hat. 100 Gramm Champagner-Trüffel für vier Euro harmonieren heute mit einer Packung Billig-Salami für 89 Cent. Billig geht. Teuer auch. Was dazwischen liegt, wird weitgehend ignoriert und fliegt aus dem Markt.

      Ausgangspunkt ist eine Welt, in der die Mehrheit trotz steigender Arbeitslosigkeit nicht um ihre materielle Existenz fürchten muss. 1962 gaben die Bundesbürger 37 Prozent ihres Monatsbudgets für Essen und Getränke aus, heute sind es keine 13 Prozent. Rechnerisch hat jeder Haushalt eine Waschmaschine, mehr als einen Kühlschrank und 1,5 Fernseher.

      Wohin also mit dem Geld? „Echte Bedürfnisse wie Hunger oder Durst kann man befriedigen. Wünsche hingegen sind unendlich“, sagt Trendforscher Bosshart. Das Hamburger BAT-Freizeit-Forschungsinstitut hat in mehreren Umfragen ermittelt: 49 Prozent der Deutschen bezeichnen sich inzwischen als „Erlebniskonsumenten, die sich Außergewöhnliches leisten, auch wenn sie dafür gelegentlich zu viel Geld ausgeben oder gar über ihre Verhältnisse leben“. Bei den 14- bis 29-Jährigen sind es sogar 68 Prozent. Erlebnisse und Erfahrungen zu kaufen sind längst nicht die einzigen Wünsche. Viele Verbraucher hoffen auf Gesundheit, Seelenheil, Schönheit, Einzigartigkeit, Erfolg, Modernität, Bequemlichkeit und Geselligkeit.

      Von genereller Konsum-Unlust kann also keine Rede sein. Aber nur die Hersteller von Markenartikeln, die glaubhaft versprechen, ihre Waren könnten zumindest einen Wunsch wirklich erfüllen, werden zu den Siegermarken gehören.


      Gott auf vier Rädern. Wären Autos bloß ein Transportmittel – sie sähen wie Kisten auf vier Rädern aus. Stattdessen belegen die Verkaufszahlen den Trend zu Fahrzeugen, die auf persönliche Vorlieben zugeschnitten sind. In den ersten vier Monaten des Jahres haben die Deutschen 28 Prozent mehr Geländewagen gekauft, etwa den Toyota RAV4 oder den BMWX5. Steigenden Absatz meldeten auch die Hersteller von so genannten Minivans (Opel Zafira), Vans (VW Sharan), Luxusklasseautos (Mercedes S-Klasse) und Sportwagen (BMW Z4). Früher war hierzulande der VW Golf das Maß der Dinge – heute kämpfen die Von-jedem-ein-bisschen-Autos verzweifelt um Marktanteile.

      Eines der erfolgreichsten Nischenautos ist zwei Meter fünfzig kurz und hat sich binnen viereinhalb Jahren in den westeuropäischen Großstädten etabliert: der Smart. Andere Hersteller wie Kia und Daewoo, die den deutschen Markt erobern wollten, scheiterten hingegen kläglich, weil sie einfach das Bestehende nur billig kopierten.

      Doch Smart hatte anfangs Probleme. Die Erfinder wollten das zu DaimlerChrysler gehörende Auto als Ökomarke und Teil eines umfassenden Mobilitätsgedankens positionieren, aber „das war zu intellektuell. Es hat jedenfalls nicht gut funktioniert“, sagt Marketingchef Philipp Schiemer. Die Wende kam, als man auf die Kunden hörte. Smart schnitt das Auto auf jene drei Käufergruppen zu, die den Wagen interessant fanden: Geschäftsleute (etwa für ihre Pizza-Liefer-Flotte), Familien (als Zweitwagen) und junge Berufstätige. Individualität auf Rädern, in drei Modellen und mehr als 400 Ausstattungsvarianten. Bei jedem zweiten Smart sitzt ein Mann am Steuer – andere Kleinwagen werden fast nur von Frauen gefahren. Umfragen zeigen, wie unterschiedlich der Smart gesehen wird: Einige Besitzer assoziieren mit ihm teure Luxusstereoanlagen von Bang & Olufsen, andere kultige Billigmöbel von Ikea.

      So ist es Smart gelungen, an drei vollkommen unterschiedliche Zielgruppen europaweit mehr als 120000 Autos zu verkaufen. Trotz Konsumflaute hat das Unternehmen nach eigenen Angaben auch im April und Mai wieder Rekorde erzielt. Allein vom neu eingeführten Smart-Roadster wurden in nur sechs Wochen 5000 Stück abgesetzt.


      Essen ohne Mühe. Eines der wenigen Wachstumssegmente bei Lebensmitteln ist Tiefkühlkost. Aufreißen, Aufwärmen, Aufessen – nach Angaben des Deutschen Tiefkühl-Instituts ist der Pro-Kopf-Verbrauch in den vergangenen fünf Jahren um fast ein Drittel gestiegen – auf 34,5 Kilo im Jahr. Der Trend zum Gefrierfach-Essen ist unübersehbar.

      Schon Ende der sechziger Jahre brachte Iglo den Gefrierfisch Iglo Schlemmerfilet auf den Markt. In ihrer Werbung positioniert sich die Firma entsprechend dem Selbstverständnis moderner Konsumenten: „Iglo. So isst man heute!“ Nicht unbedingt besser, aber auf jeden Fall bequemer. Auch andere Marken nutzen den Trend. Wagner und Dr. Oetker streiten um die Vorherrschaft bei Tiefkühlpizza. Frosta proklamiert das „Reinheitsgebot“ für sein Gefriergemüse und verzichtet auf Geschmacksverstärker. Der Wettbewerb in den Kühltruhen wird härter.

      Doch Convenience-Food bleibt schon fast das einzige Nahrungsmittel-Segment, in dem Unternehmen noch Wachstumschancen sehen. Viele Deutsche halten Essen für das Grundbedürfnis überhaupt, und das will billig gestillt sein. Lebensmittel, sagt Unilever-Chef Lindenberg, seien hierzulande „zehn Prozent billiger als in Frankreich, 24 Prozent billiger als in England, rund ein Drittel günstiger als in der Schweiz“. Und auch der Staat hat längst festgelegt, wie viel gesunde und vitaminreiche Ernährung kosten darf: 4,60 Euro am Tag. Damit muss ein Sozialhilfeempfänger in Hamburg Frühstück, Mittag- und Abendessen finanzieren.

      Mit besserer Qualität, dem klassischen Argument der Markenprodukte, sind längst nicht alle zu überzeugen. Vier von zehn Deutschen glauben nicht, dass Markennahrung besser ist als No-Name-Ware von Ja! (Rewe), Tip (Extra) oder Gut & Günstig (Edeka). Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Aachener Marktforschungsunternehmens Dialego. „Lebensmittelskandale treffen ja immer auch die Markenhersteller“, sagt Wolfgang Twardawa vom Marktforschungsunternehmen GfK. So kam beim Nitrofen-Skandal vor gut einem Jahr heraus, dass sogar Ökoputenfleisch vergiftet worden war.


      Balsam für die Seele. Was hiesige Verbraucher an den Nahrungsmitteln sparen, geben sie für Schönheit und Gesundheit wieder aus. So stiegen im ersten Quartal 2003 die Ausgaben für Cremes, Heilmittel und Kosmetika, obwohl der Einzelhandelsumsatz insgesamt sank. Es gehe Verbrauchern „mehr denn je um existenzielle Lebens-Chancen“, glaubt die Freiburger Marktforschungsfirma ifm. „Wer nicht gut aussieht, verliert.“ Schönheit, Gesundheit und Wohlbefinden sind zum Megatrend der Gesellschaft geworden – und damit zur Megachance für Markenprodukte. Man hat ja im Leben nur einmal die Möglichkeit, Haarausfall oder Falten vorzubeugen.

      Vertreiben die Hersteller ihre Heil versprechenden Produkte über Apotheken, haben sie ihre Kunden im Griff. Dort erwartet niemand ein Schnäppchen. Eine Rolle Vitamin-C-Brausetabletten von Hermes kostet beim Apotheker 2,90 Euro, viermal so viel wie das No-Name-Vitamin aus dem Drogeriemarkt. Und das, obwohl der Wirkstoff in beiden Fällen der gleiche ist: Ascorbinsäure.

      Immer neue Produkte kommen auf den Markt, die immer wieder das alte Versprechen abgeben – gesünder, leistungsfähiger und entspannter zu machen. So enthält das neue „Wellness“-Wasser von Nestlé Ginseng und Kräuteressenzen, denen das Unternehmen „vitalisierende Wirkung“ andichtet. Aloe-vera-Extrakte, lange vor allem in Hautcremes zu finden, gibt es nun im Jogurt von Onken – immerhin hilft der eingedickte Aloe-Saft laut Brockhaus gegen Verstopfung. Und die Zauberblumen Ylang Ylang und Patschuli adeln das Duschgel von Palmolive zum „Anti-Stress“-Produkt.



      Foto: Burkhard Schittny www.schittny.de
      Anthony Schmude, 33, Software-Entwickler: "Wer Markenprodukte herstellt, von dem erwarte ich, dass er sich ethisch korrekt verhält."
      Ob Kunden bereit sind, den höheren Preis einer Marke zu bezahlen, ist für GfK-Forscher Wolfgang Twardawa „eine Frage des Risikos“. So gebe es bei Babynahrung neben Alete und Hipp kaum Platz für Namenlose – wer will schon riskieren, seinem Kind nicht das Beste zu geben? Das Spiel mit dem realen oder eingebildeten Risiko rechnet sich für Markenhersteller fast immer. Es sei denn, die Stiftung Warentest durchkreuzt ihre Pläne. Beispiel Sonnencreme: Obwohl Sonnenbaden ein hohes Risiko birgt, nämlich Hautkrebs, gehört es fast zur Allgemeinbildung, dass billige Cremes bei Tests besser abschneiden als manches Markenprodukt. Und dann wird es für eine Helena Rubinstein Golden Defense Sun Milk zum Problem, siebenmal teurer zu sein als die Hausmarke der Drogeriekette Rossmann.


      Die zweite Haut. Konsequentes Billigsein macht einige Firmennamen sogar selbst zur Marke – wie den schwedischen Bekleidungs-Discounter H&M. Er zieht Topmodels wie Heidi Klum (die schon für Edelmarken wie Givenchy posiert hat) seine preiswerten Klamotten an und lässt sie von Plakatwänden herunterschmachten. Die Folge: im Jahresvergleich plus 12 Prozent Umsatz, plus 28 Prozent Gewinn bis Ende Mai. Täglich werden die Filialen mit neuer Ware beliefert, die Kette kann sofort auf modische Trends reagieren und lässt laut der Unternehmensberatung McKinsey seine Konkurrenten „klar hinter sich, wenn es um Innovation und ein attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis geht“.

      Durch den Verzicht auf fremde Markenkleider hält sich H&M außerdem eine Menge Ärger vom Hals. Denn nichts hassen Markendesigner mehr, als wenn ihre Kleider unter Niveau verkauft werden. So liegt Dolce & Gabbana (D&G) aus Mailand mit dem deutschen Kaufhof im Clinch. Vor einigen Monaten hatte das Warenhaus eine „neue Zusammenarbeit“ verkündet und D&G-Hemden in Anzeigen beworben. Doch der italienische Edelschneider behauptet, es habe „niemals eine Verkaufskooperation mit Kaufhof gegeben“. Hat sich das Warenhaus etwa im Ausland eingedeckt und den Markennamen ausgebeutet? Kaufhof bleibt bei seiner Darstellung, D&G hat den Fall seiner Rechtsabteilung übergeben.


      Kontrollierte Selbstzerstörung. Auf den Kunden, der immer selbstbewusster entscheidet, für welche Produkte er einen hohen Preis zahlt, reagieren manche Hersteller mit teils kontrollierter, teils panischer Selbstzerstörung. Niedrigere Preise, mehr Inhalt, Gratiszugaben – so versuchen zunehmend auch beste Adressen, Kunden zu gewinnen. Bei Kellog’s Smacks Frühstücksflocken sind schon mal 100 Gramm mehr in der Schachtel, Bounty-Küchentücher gibt’s zum selben Preis, dafür aber mit elf Prozent mehr Blättern auf der Rolle. Und „Plus 1 Riegel meeeehr Inhalt“ heißt es jetzt auch auf den Vorratspackungen von Mars und Snickers. „Die Spirale an Preis-Promotions unterspült die Wertschätzung der Marke beim Konsumenten“, warnt Unilever-Chef Lindenberg. „Kurzfristig kann man damit natürlich Umsatz machen. Aber langfristig ist das für Marken keine wertschöpfende Strategie.“

      In anderen Fällen haben Markenhersteller gesellschaftliche Trends längst akzeptiert: Der Nahrungsmittelriese Nestlé trennt sich von einigen seiner einstmals schillernden Namen – zum Beispiel von Bärenmarke und Glücksklee. Auch Unilever und Procter & Gamble beschränken sich. Noch Ende der neunziger Jahre bewarb Unilever weltweit rund 1600 verschiedene Marken – heute sind es bloß noch 745, Tendenz fallend. Von den jetzt noch 60 Unilever-Marken in Deutschland soll in den kommenden Jahren jede zweite verschwinden. Lipton Tea im Beutel gibt es schon nicht mehr, und Unox soll zu Knorr werden




      Endlich verzichten. Nach Meinung von Trendforscher Bosshart ist Reduktion der richtige Weg. Der Verbraucher fühle sich von der heutigen Auswahl überfordert. „Beim Fernsehen ist das doch genauso“, sagt er. „Hat man 10 Sender, will man 20. Hat man 20, will man 50 – aber dann zappt man nur herum und ärgert sich, dass man nichts gefunden hat.“ Die Menschen seien der unendlichen Wahlmöglichkeiten überdrüssig. Ein Indikator dafür ist der Erfolg von Büchern wie Simplify your Life, das schon 250000 Deutsche gekauft haben und das seit 66 Wochen auf der Spiegel-Bestsellerliste steht.

      In einer breit angelegten Untersuchung hat der Schweizer Zukunftsforscher Andreas Giger den Willen zum Weniger nachgewiesen. Seit sieben Jahren befragt er 750 ausgewählte Trendsetter. Das jüngste Ergebnis: In den kommenden Jahren wollen sie ihre Konsumausgaben fast um ein Fünftel senken.

      Für Mittelklasse-Marken ist in so einer Welt kaum noch Platz. Die Zahlen der GfK belegen: Zwischen 1998 und 2002 ist der Marktanteil der Spitzenmarken über alle Sortimente hinweg fast konstant geblieben. Der Sieg der No-Names ging fast ausschließlich zulasten der Marken aus der zweiten und dritten Reihe und wird durch das Verhalten zahlreicher Einzelhändler noch verstärkt. „Der hat ja auch keine Gummiregale“, sagt Twardawa. „Er räumt nicht die Top-Marken raus, wenn er seine No-Name-Produkte unterbringen will, sondern die nicht so starken Produkte.“ Auf Deutsch: Es lebe Persil! Es lebe das namenlose Waschmittel! Aber was ist mit Spee und Dash? Oder Sunil, der Nummer vier am Markt? Quer durch alle Warengruppen droht Marken unterhalb der Spitze, dass sie noch stärker unter Druck geraten. Harte Zeiten – selbst für Kraftprotze wie Meister Proper und den Weißen Riesen.


      (c) DIE ZEIT 10.07.2003 Nr.29

      ZUM ARTIKELANFANG



      http://www.zeit.de/2003/29/marken-gesellschaft_2
      Avatar
      schrieb am 11.07.03 18:55:36
      Beitrag Nr. 3.498 ()
      Auf Jobsuche im Graubereich
      Die Wirtschaftskrise in den USA drängt immer mehr Arbeitssuchende in den informellen Sektor


      Von Max Böhnel, New York

      Sie werden täglich mehr – die »working poor«. Immer mehr US-Amerikaner müssen sich seit dem Beginn der Wirtschaftskrise im Frühjahr 2001 mit mehreren Niedriglohnjobs durchschlagen, um ihre Existenz zu sichern.
      Es kriselt. Überall ist zu spüren, dass die rosigen Zeiten vorbei sind.« Dies meint Shalina Jackson, auf einen Spaten gebeugt, während einer Verschnaufpause in ihrem Vorgarten. Sie lebt mit ihrem Sohn Thomas in einem bescheidenen Einfamilienhaus im Städtchen Montclair im Bundesstaat New Jersey, eine dreiviertel Stunde Fahrzeit von New York entfernt. Den Feierabend verbringt die 43-Jährige mit Vorliebe draußen im Freien. Umgraben, Unkraut jäten und neue Blümchen zu pflanzen hilft ihr beim Entspannen – und beim Nachdenken.
      Shalina Jacksons Sorge gilt ihrem 20-jährigen Sohn Thomas. Er ist nach einer kurzen Phase, die er für ein knappes Jahr mit einem relativ guten Anfangsgehalt in einer örtlichen Webdesign-Firma verbrachte, wieder arbeitslos. Und die Chancen, innerhalb der kommenden Monate eine Anstellung mit sicherem Auskommen zufinden, sind gering, nicht zuletzt, weil die Jacksons Afroamerikaner sind.

      Die höchste Quote seit 55 Jahren

      .......http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=38270&IDC=2
      Avatar
      schrieb am 11.07.03 19:02:28
      Beitrag Nr. 3.499 ()
      Sead Husic

      Die Regenmacher


      KRISENSTIMMUNG - Es herrschen Wirtschaftsflaute,
      Arbeitslosigkeit, Staatsdefizit - und niemand kennt die Rezepte für
      einen Aufschwung. Eine Beobachtung der Politik- und
      Wirtschaftselite dieser Republik


      Da steht er, der leibhaftig gewordene Geist der Geschichte. Dr. Helmut
      Kohl, Bundeskanzler a.D., Vater der Deutschen Einheit, aus der guten,
      alten Zeit von Wirtschaftskraft und Freizeitparadies - Made in Germany.
      Kohl spricht Ende Juni anlässlich des 40-jährigen Bestehens des
      CDU-Wirtschaftsrates vor einem vollbesetzten Konferenzsaal im Berliner
      Hotel Intercontinental und erinnert an vergangene Tage. Er ist das Beste,
      was der Wirtschaftsrat zu bieten hat.

      Eigentlich soll über die Zukunft des Standortes Deutschland diskutiert
      werden. Der Wirtschaftsrat hat Experten eingeladen, die angeblich Wege
      aus der Krise kennen. Die wissen, was das Land jetzt braucht. Aber erst
      erinnert Kohl an die Zeit seiner Regierung und daran, dass die CDU, die
      Partei der "Sozialen Marktwirtschaft" ist. Die Leute im Saal klatschen.

      Fast zur gleichen Stunde veröffentlichen Wirtschaftsinstitute die neuesten
      Daten. Das Hamburgische Welt Wirtschafs-Archiv erwartet ein weiteres
      Sinken des Bruttoinlandsproduktes und spricht von Stagnation, aus der
      bald eine Rezession werden könne. Doch die Eliten der Republik verfangen
      sich in Phrasen. Bei ihren Auftritten erinnern sie an Regenmacher, die
      tanzen, um Regenwetter während schlimmer Dürreperioden
      herbeizuzaubern. Deutschlands Regenmacher versprechen, Wasser auf die
      Mühlen der Wirtschaft leiten zu können. So wie die Leute auf dem
      Wirtschaftstag, der als christlich-demokratischer Think Tank gilt. Die
      Botschaft lautet, wir sind dran an den Themen dieser Tage und arbeiten an
      Konzepten für einen schnellen Kurswechsel, sobald die Christenpartei
      wieder regiert.

      "Wahrheit, Mut, Aufstieg" ist das Motto des Treffens. Und Kohl verkündet,
      dass es im Osten doch heute wirklich viele blühende Landschaften gebe.
      Friedrich Merz, Finanz- und Wirtschaftsexperte der Union, sitzt in der
      ersten Reihe des Publikums und klatscht dazu mit weiten, ausholenden
      Bewegungen, so dass jeder sehen kann, dass er den Kanzler toll findet.
      Kohl findet Merz auch toll und unterstützt ihn innerhalb der Union, denn
      Kohl mag Merkel nicht. Merkel sitzt nicht im Publikum.

      Merz will irgendwann Bundesminister werden und "das Land erneuern". Er
      zeigt mit Vorliebe, wie intelligent er ist und jeden Winkelzug der Steuer-
      und Finanzpolitik kennt und versteht. Und dass er weiß, wie man das alles
      besser machen kann. Für die Arbeitslosen, die Unternehmer, die Banken,
      den Staat. Merz wird gleich einen Vortrag halten über "Neue Prioritäten in
      der Steuerpolitik - Strukturreformen und Entlastung". Sein Publikum
      besteht vornehmlich aus Mitgliedern des Wirtschaftsrates, aus
      mittelständischen Unternehmern, die gern ungezwungen schimpfen auf die
      Arbeitslosen und Sozialschmarotzer. Merz darf also Tacheles reden.

      Dunkler Reformteint

      Aber auch Angela Merkel will zeigen, dass sie sich mit den Themen der
      Wirtschaftspolitik verdammt gut auskennt. Deshalb hält sie einen Vortrag
      auf der Jahrestagung der "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft", die im
      ehemaligen Staatsratsgebäude der DDR stattfindet. Die CDU-Vorsitzende
      referiert nur wenige Tage nach dem CDU-Wirtschaftstag, doch ins
      DDR-Staatsratsgebäude sind weder Merz, noch Kohl geladen.

      Die "Initiative" war einst Merkels Idee und als Gegenentwurf zur Schröders
      "Neuer Mitte" gedacht. Mit der "Neuen Sozialen Marktwirtschaft" wollte die
      CDU-Chefin Führungskompetenz beweisen und dem Rest der Republik
      sagen, wo es lang geht. Mit Kürzungen der Sozialleistungen, hartem
      Vorgehen gegen Arbeitslose, kurz mit neoliberaler Politik.

      In diesem Saal handelten vor 13 Jahren die letzte DDR-Regierung und
      Kohls damaliger Intimus, Wolfgang Schäuble, den Einigungsvertrag aus.
      Merkel räuspert sich und tritt ans Mikrofon. Die Journalisten richten ihre
      Kameras auf sie. Ein Video-Beamer projiziert Merkel auf eine Leinwand,
      damit sie auch für jeden Zuhörer gut einsehbar ist. Auf dem Podest, an
      dem sie nun steht, ist zu lesen: "Chancen für alle!"

      Tage später: In der Landesvertretung von Nordrhein-Westfalen herrschen
      strenge Sicherheitsvorkehrungen. Journalisten und Gäste der "7.
      Internationalen Wirtschaftstagung" werden im lichtdurchfluteten Foyer
      streng kontrolliert. Zugegen sind: Gerhard Schröder, Hans Eichel,
      Wolfgang Clement und als Gastredner der EU-Kommissar für
      Stabilitätspolitik, Pedro Solbes. Schröder, Eichel, Clement, das Dreigestirn
      des Aufbruchs, mit gesundem dunklen Reformteint. Noch vor zwei Tagen
      waren sie alle in Neuhardenberg - bei Sonnenschein - und beschlossen, die
      dritte Stufe der Steuerreform um ein Jahr vorzuziehen. Daraufhin titelt
      Bild-Chefredakteur Kai Diekmann: "Der Kanzler haut die Steuern runter".

      Lange hat Gerhard Schröder nach einem Thema gesucht, das der
      Regierung Auftrieb geben könnte. In zwei Jahren wählen die
      Nordrheinwestfalen eine neue Landesregierung. Schon 2004 wird der
      Wahlkampf voll entbrennen, und das bedeutet für Schröder fast völligen
      Stillstand, prognostizieren seine Berater. Also muss er jetzt punkten.
      Nirgends scheint ihm das wohl so bewusst wie in der
      NRW-Landesvertretung. Ein einstiger Vertrauter Schröders sagt: "Stellen
      Sie sich vor, ein Haus brennt lichterloh, doch der Hausherr steht davor und
      sagt: Is nich schlimm, ich hab alles im Griff. So verhält sich der Kanzler."

      Der tritt ans Mikro, dunkler Anzug, hellblaue, weißgepunktete Krawatte.
      Sie passt zu dem weißen Strahlenkranz auf blauem Untergrund hinter ihm
      an der Wand. Sein Gesicht drängt ans Licht, der dunkle Scheitel sitzt, die
      Inkarnation des Bild-Bams-und-Glotze-Kanzlers. Er schaffte es, mit dem
      Thema Steuerreform die Opposition unter Druck zu setzen. "Ich sach
      wirklich zur Opposition, vergesst was uns trennt, lasst uns das ´nen
      Moment vergessen, wer nicht mitmacht, wird bald politisch abgestraft."
      Beifall.

      Auch die fast tausend Zuhörer im Interconti-Konferenzsaal sind begeistert,
      als Friedrich Merz in Fahrt kommt. Das Vorziehen der Steuerreform ist
      bereits angekündigt. "Die Regierung nähert sich unserer Steuerkonzeption
      vor sechs Jahren an", sagt Merz. "Wir brauchen ein einfaches, niedriges
      und transparentes Steuersystem." Tage später wird Merz gegen das
      Vorziehen der Steuerreform sein, weil Merkel dafür ist. Jetzt aber gibt er
      eine Show. Weil das Land im Stillstand verharre, gehe es immer weiter
      bergab, doziert er, die Augen sind weit geöffnet, der Zeigefinger ist
      erhoben. "Wir haben es mittlerweile in diesem Land mit Sozialhilfekarrieren
      in zweiter und dritter Generation zu tun." Die Stimmung der Gäste steigt.
      "Für die Sozialhilfeempfänger muss gelten, es gibt keine Leistung ohne
      Gegenleistung." Der Saal tobt.

      Nach seiner Rede sitzt Merz auf dem Podium zwischen dem bayerischen
      CSU-Finanzminister Kurt Faltlhauser und dem Chef des Bundes der
      Deutschen Industrie, Michael Rogowski. Schwarze Sessel, Rogowski hat
      das faltengezeichnete Gesicht eines alten Mannes, doch seine modisch,
      kurzgeschnittene Frisur und die tiefe Solariumbräune machen ihn jünger.

      Neben der Dreiergruppe sitzen der Chefvolkswirt der Deutschen Bank,
      Hermann Remsperger, der Finanzvorstand des Henkel-Konzerns, Jochen
      Krautter, und der Staatssekräter im Finanzministerium, Volker Halsch, der
      es schwer hat in dieser Runde. Als Merz spricht, nicken sie alle, bis auf
      Halsch. "Die deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle, weil wir an einem
      Reformstau in der Wirtschafts- und Finanzpolitik leiden", sagt Remsperger.
      Das Staatsdefizit wachse, weil die Regierung stets von zu hohen
      Wachstumsraten bei ihren Haushalten ausginge und damit höhere
      Neuverschuldungen rechtfertige, sagt der Volkswirt.

      Arbeitshandschuhe

      Die Deutsche Bank verspekulierte sich in den vergangenen zwei Jahren an
      den Aktienmärkten - vor allem, weil die Banker von ständig steigenden
      Kursen träumten. Aber das erwähnt Remsperger nicht. Er verlangt vielmehr
      niedrige Unternehmenssteuern, dabei zahlt die Deutsche Bank kaum noch
      Steuern in diesem Land.

      Rogowski freut sich über die Steuerreform. Er dreht sich in seinem
      schwarzen Sessel zum Publikum und sagt: "Zur Gegenfinanzierung
      empfehle ich die Rasenmähermethode: Alle Subventionen müssen um 20
      Prozent gekürzt werden." Klatschen. "Seien wir doch ehrlich, kein Mensch
      braucht die Eigenheimzulage." Heftiger Applaus. Viele der Zuhörer sind
      Vermieter und Eigenheimbesitzer. Dann ist Krautter dran: "Ich finde es
      traurig, wie Herr Merz angegriffen wurde für seine Kritik an den
      Gewerkschaften und ihm niemand zur Seite stand ... Diese
      Bundesregierung ist doch nicht handlungsfähig!"

      Wie reformstark und handlungsfähig die rot-grüne Führungstruppe in Berlin
      ist, will Wolfgang Clement bei der "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft"
      beweisen. Angekündigt wird er mit dem Satz: "Der Macher aus NRW". Der
      Superminister für Wirtschaft und Arbeit, der Umkrempler des Landes, der
      Mann, der gegen Gott und die Gewerkschaften antritt, weil er fordert, dass
      ein Feiertag abgeschafft wird, um mehr zu arbeiten, produktiver zu werden.
      "Auch diese Veranstaltung sollte an einem Sonntag stattfinden, damit in
      Ihren Betrieben nicht ein Arbeitstag flöten geht", sagt er. "Sie mögen mich
      ja für einen Phantasten halten, aber ich halte Vollbeschäftigung für
      möglich", verkündet er auf einer SPD-Tagung nur eine Woche später. Die
      Arbeitslosenzahl liegt in diesem Augenblick bei 4,25 Millionen.

      Als im Staatsratsgebäude die "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" mit
      einem Schlusswort von Hans Tietmeyer, dem ehemaligen
      Bundesbankchef, endet, schreitet das Unternehmer-Mittelstands-Publikum
      die breiten Treppen des Hauses hinab. In der Eingangshalle drücken ihnen
      Hostessen weiße Tüten in die Hände. Darauf liest man: "An die Arbeit!" In
      der Tüte liegen ein paar Arbeitshandschuhe. Die Regenmacher haben sie
      eigentlich nicht nötig.
      http://www.freitag.de/2003/29/03290501.php
      Avatar
      schrieb am 11.07.03 19:08:14
      Beitrag Nr. 3.500 ()
      GM-Lebensmittel geschaffen um die Reichen zu ernähren, nicht die Welt
      10.07.2003


      Dr Gyorgy Scrinis

      http://www.smh.com.au/articles/2003/07/09/1057430279267.html


      Die öffentliche Ablehnung genveränderter Nahrungsmittel ist ein Bremsklotz bei der Kommerzialisierung genveränderter Planzen und Tiere gewesen. Die Agri-Biotech-Industrie hofft, mit genveränderten Lebensmitteln mit "benutzerfreundlichen" Merkmalen diese Ablehnung überwinden zu können.

      Aber sie haben auch große Werbekampagnen laufen lassen, um die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, daß genveränderte Nahrungsmittel notwendig seien, um "die Welt zu ernähren". Das ist die Art vorhersehbarer Argumente, die auf dem Internationalen Kongreß für Genetik in Melbourne verbreitet werden.

      In Wahrheit werden die Gentechnologien größtenteils zu benutzt, die Macht und die Profite der Agrar-Nahrungs-Unternehmen zu vergrößern und es ist wahrscheinlicher, daß sie die Probleme weitverbreiteten Hungers und Unterernährung in der Dritten Welt noch verschlimmern als sie zu lindern.

      Genveränderte Produkte sind vorrangig darauf hin entwickelt, in ein groß angelegtes, chemieintensives, mechanisiertes und kapitalintensives Landwirtschaftssystem zu passen. Beispielsweise die Herstellung nicht weich werdender Früchte für einen langen Transportweg, damit wohlhabende Konsumenten das ganze Jahr über mit Früchten versorgt werden können.

      Gentechnologien begünstigen auch die schnelle Integration von Firmen und die Konzentrierung des Nahrungssystems, denn eine handvoll Unternehmen sind dabei, jeden Zwischenschritt des weltweiten Lebensmittelsystems in ihren Besitz und unter ihre Kontrolle zu bringen. Eine Strategie für diese monopolistische Kontrolle ist die Patentierung genveränderter Pflanzen, um zu verhindern, daß Bauern ihr eigenen Saatgut aufheben und wieder aussäen.

      Insgesamt erleichtern Gentechnologien einen Wechsel von einer chemisch-industriellen zu einer, die ich "genetisch-unternehmerisch" nenne, Landwirtschaft - und dieses Nahrungssystem untergräbt die Nahrungssicherheit der Armen und Unterernährten der Welt.

      Weitverbreiteter Hunger existiert schon heute, angesichts eines weltweiten Nahrungsüberschusses. Das ist eine der bösartigsten Ironien unserer heutigen Zeit. Die meisten Länder mit den größten Vorfällen von Armut und Hunger sind Netto-Exporteure von Nahrungsmitteln. Der Anbau von mehr Nahrungsmitteln kann tatsächlich die Nahrungsmittelunsicherheit für die Ärmsten der Welt verschlimmern, je nachdem, wie, wo und von wem die Nahrungsmittel produziert werden.

      Genetisch veränderte Pflanzen und Tiere bedrohen die Nahrungsmittelsicherheit der Armen auf mehrere Arten. Erstens ermöglichen sie in dem Ausmaß, wie sie großen, chemisch-industriellen Bauern erlauben, ihre Produktivität oder ihre Profitabilität zu erhöhen, durch diesen Wettbewerbsvorteil das Herausdrängen von Kleinbauern.

      Zweitens könnten genveränderte Pflanzen zu einem weiteren Abbau von Arbeitsplätzen in armen ländlichen Gegenden führen, indem mehr Menschen ersetzende Technologien eingesetzt werden.

      Drittens wollen die Agri-Nahrungs-Unternehmen durch die Sterilisation ihrer Ernten und den Aufkauf kleinerer Saatgutunternehmen die Verfügbarkeit von nicht patentierten und sich selbst reproduzierenden Saatgütern verhindern.

      Verfechter genveränderter Pflanzen haben die Schaffung einer Reissorte, die reich an Vitamin A ist (der sogenannte "goldene Reis") als ein Beispiel einer Pflanze gefeiert, die - wenn sie in einem Jahrzehnt oder so frei verfügbar ist - helfen wird, die Unterernährung in der Dritten Welt zu lindern. Dies ist ein atemberaubendes Beispiel dessen, was ich "Ideologie der genetischen Präzision" nenne.

      Diese Argumente fördern die Vorstellung, daß Unterernährung das Ergebnis ernährungstechnisch minderwertiger Nahrungsmittel ist und durch die Veränderung der Ernährungswerte dieser Nahrungsmittel gelindert werden könnte und nicht die Folge einer mangelhaften Verfügbarkeit einer angemessenen und reichhaltigen Ernährung.

      Das soll nicht bestreiten, daß Gentechnologien dazu verwendet werden könnten, traditionelle Pflanzen so zu verändern, daß sie kleinen, kapitalarmen Bauern nützen. Aber das hieße, das Gesamtbild hinsichtlich der vorrangigen Richtung der Genforschung und der vorrangigen Gründe für Hunger und Unterernährung außer Acht zu lassen.

      Was wirklich nötig ist, ist eine Umverteilung fruchtbaren Landes, von Einkommen und von wirtschaftlicher Macht und nicht der Zugang zu genetisch veränderten Produkten.

      In der Vorstellung, daß genveränderte Pflanzen "die Welt ernähren" würden oder daß die Armen durch uns ernährt werden müßten, liegt eine obszöne Arroganz. Denn in Wirklichkeit werden arme Menschen und Gemeinschaften überall auf der Welt sich entweder selbst ernähren oder niemand ernähren.

      Genetisch-unternehmerische Landwirtschaft ist tatsächlich ein System, um sich durch die Welt zu ernähren und nicht, die Welt zu ernähren. Es ist ein System, durch das Unternehmen und wohlhabende Konsumenten sich durch die Nahrung, die billige Arbeit und andere ausnutzbare Ressourcen der Dritten Welt ernähren, durch das große industrielle Produzenten kleinere und am Existenzminimum arbeitende Produzenten und ländliche Gemeinschaften zerstören und ersetzen, und es geht dabei um länderübergreifende Agri-Nahrungs-Unternehmen, die sich von der Arbeit von Bauern ernähren, indem sie die Saaten und das Wissen aufsaugen und patentieren, die von traditionellen Bauern in tausenden von Jahren entwickelt worden sind.


      http://www.freace.de/artikel/jul2003/gm100703.html
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